Lydia Klos Runensteine in Schweden
Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer
Band 64
≥ Walter de Gruyter · Berlin · New York
Lydia Klos
Runensteine in Schweden Studien zu Aufstellungsort und Funktion
≥ Walter de Gruyter · Berlin · New York
앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 978-3-11-021464-2 ISSN 1866-7678 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Laufen Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
Ä2DNWDG GHQQD nUKXQGUDGHQDV SLHWHWVO|VD IUDPIDUW PHG YnUD UXQVWHQDU VWnlQQXQRJPnQJDNYDUSnGHWVWlOOHGlUGHHQJnQJDIHIWHUOHIYDQGH UHVWV I|U DWW YL VNROD HUKnOOD HQ IXOOW NODU I|UHVWlOOQLQJ RP KYLONHQ SODWV VRPYDOGHVI|UPRQXPHQWHQ³ Otto von Friesen, Upplands Runstenar (1913)
Vorwort Der vorliegende Band ist eine leicht überarbeitete Version meiner Dissertation, die im Wintersemester 2007/2008 von der Philosophischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel angenommen wurde. Eine Dissertation schreibt man nicht alleine, auch wenn nur ein Name auf der Titelseite erscheint. Insofern ist sie durchaus vergleichbar mit einem Runenstein, an dessen Entstehung und Vollendung ebenfalls weit mehr Menschen beteiligt sind, als die Inschrift nachher vermuten lässt. Daher sollen auf dieser Seite auch jene genannt werden, welche die ein oder andere Rune in diese Arbeit, die mir manchmal wie ein schwerer Stein vorkam, geritzt haben: Ohne die tatkräftige Unterstützung von Familie, Freunden, Professoren, Instituten und Institutionen wäre ein solches Unterfangen zum Scheitern verurteilt. Daher danke ich zunächst meinen Betreuern, Frau Prof. Dr. Edith Marold und Herrn Prof. Dr. Dr. hc. mult. Michael Müller-Wille, deren Anregungen und Hilfestellungen jedweder Art für mich unverzichtbar waren und deren unermüdliches Interesse am Fortgang dieser Arbeit mich immer wieder motivieren konnte. Mein herzlicher Dank gilt außerdem den Herren Professoren Heinrich Beck, Dieter Geuenich und Heiko Steuer für ihre hilfreichen Verbesserungsvorschläge und die Aufnahme in die Reihe der Ergänzungsbände. Ohne die Hilfe von Dr. Astrid van Nahl, die viele Stunden in die Formatierung dieser Arbeit investierte, würde ich vermutlich immernoch über Indices und Absätze grübeln – danke, Astrid, für die konstruktive und aufmunternde Zusammenarbeit! Für ihre Unterstützung, motivierende Gespräche und Verbesserungsvorschläge danke ich außerdem Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim und Prof. Dr. Hain Rebas. Diese Arbeit wurde erst durch die Gewährung eines großzügigen Stipendiums der Gerda Henkel Stiftung in Düsseldorf ermöglicht, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ich sehr herzlich danken möchte. Mein Forschungsaufenthalt in Schweden 2005 konnte durch ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes finanziert werden. Auch die Unterstützung meiner Mitdoktoranden und Freunde, die sich als ausgezeichnete Korrekturleser bewährt haben, war mir eine große Hilfe, insbesondere Michaela Helmbrecht, Mareike Wellmann-Hrkac, Ann-Dörte Kyas, Ines Galling, Ute Zimmermann und Eiken Friedrichsen. Ohne die
VIII
Vorwort
unermüdliche Motivation von Dr. Oliver Grimm hätte ich vermutlich irgendwann verzweifelt aufgegeben, danke für jeden einzelnen Mensakaffee! Neben der Textarbeit sollte dem Leser auch etwas fürs Auge geboten werden: Daher danke ich Dipl. Graph. Des. Holger Dieterich für seine unermüdlichen Hilfestellungen und Korrekturen, die ich immer viel zu kurzfristig erbeten und trotzdem immer rechtzeitig wieder zurück erhalten habe. Die nötigen Sprachkenntnisse verdanke ich drei starken Frauen: Britt Schuhmann, Camilla Håkansson und Margrét Pálsdóttir. Ein Forschungsaufenthalt am Riksantikvarieämbetet in Stockholm wurde durch die freundliche Unterstützung von Erik Elvers, Urban Mattson und allen stets hilfsbereiten Mitarbeitern der Avdelning för kunskapsförmedling, Registerenheten, in Stockholm ermöglicht. Auch in Uppsala wurde ich mit offenen Armen am Institut för Arkeologi och antik historia empfangen, herzlichen Dank an Anne-Sofie Gräslund, Stefan Brink, Ola Kylberg und Henrik Williams für ihre fachliche und organisatorische Unterstützung sowie Alexandra Sanmark, Annika Larsson und Jhonny Thérus für die schöne Doktorandenzeit in Uppsala, die mir viel Kraft und Motivation geschenkt hat. Der größte Dank gebührt meiner Familie, die mich in den vergangenen Jahren jederzeit unterstützt hat, insbesondere meine Mutter Ingrid sowie Sven. Jetzt haltet ihr eine Arbeit, die eben zum großen Teil auch eure ist, endlich in den Händen. Der größte Teil der Forschungsliteratur zu Runensteinen bezieht sich auf einzelne Inschriften. Die vorliegende Arbeit möchte zeigen, dass der Runenstein als komplexes Konzept weit mehr als nur eine Inschrift ist. Genauso ist auch jede Doktorarbeit mehr als der geschriebene und zur Benotung vorgelegte Text. Alle hier genannten Personen haben eine oder mehrere Kerben in den Stein geritzt und ihn damit zu dem gemacht, was er jetzt ist. Nur die Standortfrage ist noch ungeklärt...
Kiel, Februar 2009
Lydia Klos
Inhaltsverzeichnis Vorwort ....................................................................................................vii Abkürzungsverzeichnis .......................................................................... xv 1
Einführung .......................................................................................... 1 1.1 1.2 1.3 1.4
Den Stein ins Rollen bringen ........................................................ 1 Meilen-Steine ................................................................................ 3 Stein und Standort (Fragestellung).............................................. 10 Inhaltliche Abgrenzung ............................................................... 11 1.4.1 Runensteine und Gräber ................................................... 15 1.4.2 Runensteine und Wege .................................................... 17 1.4.3 Runensteine an Kirchen ................................................... 20 1.4.4 Runensteine auf Grenzen ................................................. 21 1.4.5 Grundlagenstudien ........................................................... 22 1.4.6 Stand der Forschung......................................................... 25 1.5 Runen ......................................................................................... 26 1.5.1 Ráð þú rúnar: Eine Einführung........................................ 26 1.5.2 Vígnjótr reisti stein: Die Runensteine ............................. 31 1.6 Wenn ein Fundstück zum Thorshammer wird ............................ 34 1.7 Räumliche und zeitliche Abgrenzung der Arbeit ........................ 36 1.8 Terminologie und Probleme ........................................................ 37 1.9 Die Materialgrundlage ................................................................ 40 1.10 Vorgehensweise .......................................................................... 43
2
Archäologische Untersuchungen .................................................... 46 2.1 Einleitung und Quellenlage ........................................................ 46 2.2 Verteilung des Materials ............................................................. 48 2.2.1 Sekundärer Standort ......................................................... 50 2.2.2 Versetzungen und Verluste ............................................... 53 2.2.3 Runensteine am ursprünglichen Standort.......................... 56
Inhaltsverzeichnis
X
2.3 2.4
2.5
2.6 2.7 2.8
3
Chronologie ..................................................................................... 135 3.1 3.2 3.3 3.4
4
2.2.4 Geographische Verteilung ................................................ 58 2.2.5 Zusammenfassung ............................................................ 60 Methodik ..................................................................................... 61 Die Befunde ............................................................................... 63 2.4.1 Wege ................................................................................ 65 2.4.2 Brücken ............................................................................ 72 2.4.3 Wasser .............................................................................. 76 2.4.4 Gräber............................................................................... 80 2.4.5 Siedlungen ........................................................................ 88 2.4.6 Landwirtschaft, Ackerfläche ............................................ 92 2.4.7 Einzelfunde ..................................................................... 94 2.4.8 Horte ................................................................................ 95 2.4.9 Kultplätze ......................................................................... 96 2.4.10 Thingplätze und die volkstümliche Überlieferung ......... 100 2.4.11 Grenzen .......................................................................... 104 2.4.12 Andere Steindenkmäler ................................................. 108 2.4.13 Andere Denkmäler und fundleere Bereiche .................. 109 Gesamtüberblick ....................................................................... 112 2.5.1 Der unmittelbare Kontext .............................................. 113 2.5.2 Der weitere Umkreis ...................................................... 118 Ergebnis .................................................................................... 122 In der Regel gibt es Ausnahmen ............................................... 126 Regionale Untersuchung ........................................................... 130
Relative Chronologie ................................................................ 135 Stilchronologie .......................................................................... 136 Standortchronologie .................................................................. 138 Zusammenfassung ..................................................................... 143
Sprachliche Untersuchung............................................................. 144 4.1 Die Inschriften .......................................................................... 144 4.2 Inschriften und Denkmäler........................................................ 145 4.2.1 aurr m. ........................................................................... 147 4.2.2 bjarg n. ........................................................................... 149 4.2.3 braut f. ............................................................................ 152 4.2.4 brú f. ............................................................................... 156
Inhaltsverzeichnis
XI
4.2.5 bryggja f. ........................................................................ 161 4.2.6 bý͍ m. ............................................................................. 163 4.2.7 haugr m. ......................................................................... 169 4.2.8 hlaðbrú f. ........................................................................ 173 4.2.9 hreyr, reyrr m. ................................................................ 176 4.2.10 hválf n. ........................................................................... 180 4.2.11 kirkja f. .......................................................................... 182 4.2.12 líkhús n. ......................................................................... 184 4.2.13 mark n. / mdžrk f. ............................................................ 187 4.2.14 óðal n............................................................................. 189 4.2.15 spdžng f. .......................................................................... 191 4.2.16 steinar m. (Pl.) .............................................................. 193 4.2.17 sælahús n. ...................................................................... 196 4.2.18 þing n............................................................................. 197 4.2.19 ta, tá n. .......................................................................... 200 4.2.20 vegr m. .......................................................................... 202 4.2.21 Zusammenfassung ......................................................... 204 4.3 Substantive, die den Runenstein selbst bezeichnen .................. 206 4.3.1 hella f. ............................................................................ 206 4.3.2 kumbl n. .......................................................................... 209 4.3.3 merki n............................................................................ 221 4.3.4 viti m. ............................................................................. 226 4.3.5 vitring f. .......................................................................... 227 4.4 Zusammenfassung ..................................................................... 230
5
Eine interdisziplinäre Analyse ...................................................... 232 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
6
Inschrift und Befund ................................................................. 233 Zwischenstand ........................................................................... 241 Widerspruch oder Bestätigung .................................................. 241 Ein Stein, der kein Stein ist ....................................................... 243 Wo stehen Runensteine? ........................................................... 249
Liggr folginn í þeimsi haugi – Das Gräberfeld ......................... 252 6.1 Quellenkritik ............................................................................. 253 6.2 Von der Notwendigkeit eines Grabes ....................................... 255 6.2.1 Ritualisierte Handlungen ................................................. 257 6.2.2 Beigaben.......................................................................... 259
Inhaltsverzeichnis
XII
6.3 Die jenseitige Welt .................................................................... 261 6.3.1 Walhall: Odin und Freja .................................................. 262 6.3.2 Hel ................................................................................... 264 6.3.3 Rán .................................................................................. 264 6.3.4 Die Toten im Berg........................................................... 265 6.3.5 Die Toten im Hügel......................................................... 265 6.3.6 Von lebenden Leichen..................................................... 267 6.3.7 Jenseitsvorstellungen und die Funktion des Gräberfeldes .................................................................... 268 6.4 Das Gräberfeld: Platz der Lebenden und Toten ........................ 270 6.4.1 Ahnenkult ........................................................................ 270 6.4.2 Kenotaphhügel ................................................................ 274 6.5 Gräber für die Lebenden ........................................................... 275 6.5.1 ár ok friðr ........................................................................ 276 6.5.2 sitja á haugi ..................................................................... 277 6.5.3 Der haugóðalsmaðr......................................................... 280 6.6 Zusammenfassung ..................................................................... 280 6.7 Runensteine an Gräbern. Mögliche Deutungen ........................ 282 6.7.1 Grenzen und Pforten ....................................................... 282 6.7.2 Der Eingang in eine andere Welt .................................... 285
7
Ok hann lét kristna Jamtaland – Die Christianisierung ........... 291 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9
8
Die Christianisierung Schwedens ............................................. 292 Christliche Gräber und heidnische Hügel ................................. 297 Grabsteine ................................................................................. 299 Die Gräberfeldweihe ................................................................. 301 Kontinuität oder Bruch: Runensteine in Kirchen ...................... 305 Englische Steindenkmäler ......................................................... 310 Kontinentale Steindenkmäler .................................................... 311 Steine statt Beigaben ................................................................. 317 Runensteine und Christianisierung – Eine Zusammenfassung . 320
At minnum manna, meðan menn lifa – Erinnerung in Stein...... 322 8.1 8.2 8.3 8.4
Das kulturelle Gedächtnis und die eigene Identität ................... 323 Die subjektive Erinnerung ........................................................ 325 Elemente des Erinnerns ............................................................. 326 Monumente visualisieren Erinnerung ....................................... 330
Inhaltsverzeichnis
8.5 8.6 8.7 8.8 8.9
9
XIII
Materialität und Textualität ....................................................... 331 Die Funktion der Schrift ........................................................... 332 Die Zeiten ändern sich .............................................................. 333 Mental und monumental ........................................................... 335 Erinnerung in Stein. Zusammenfassung ................................... 338
Schlusskapitel ................................................................................. 340 9.1 Zusammenfassung ..................................................................... 340 9.1.1 Einleitung ........................................................................ 340 9.1.2 Wo stehen Runensteine: Archäologische Untersuchung 340 9.1.3 Chronologie ..................................................................... 342 9.1.4 Wo stehen Runensteine: Sprachliche Untersuchung ....... 342 9.1.5 Eine interdisziplinäre Analyse ........................................ 343 9.1.6 Liggr folginn í þeimsi haugi. Runensteine und Gräber ... 344 9.1.7 Ok hann lét kristna Jamtaland. Runensteine und Christianisierung ............................................................ 345 9.1.8 At minnum manna, meðan menn lifa. Runensteine und Erinnerung ....................................................................... 347 9.2 Von Steinen, die es nicht gibt. Schlussbetrachtung .................. 348
Literaturverzeichnis ..............................................................................351 Indices .................................................................................................... 387 Anhänge ................................................................................................. 407 Anhang I:
Kartierung des Untersuchungsgebietes .......................409
Anhang II: Beispiel eines Formblatts (siehe Kap. 2.3), Sö 101 ...410 Anhang III: Schematische Darstellung zu Runensteinen und archäologischem Befund ...............................................412 Anhang IV: Runensteine am ursprünglichen Standort (Tab. 34)....415 Anhang V: Bilder ...............................................................................422 Anhang VI: Karten ...............................................................................435
Abkürzungsverzeichnis SRI DRI NIäR NIyR KJ
Sveriges Runinskrifter Danmarks Runeindskrifter Norges indskrifter med de ældre runer Norges indskrifter med de yngre runer Krause / Jankuhn 1966
Bl Bo D Da Gä G Ha Hr Hs J L M Nä
Blekinge Bohuslän Dalsland Dalarna Gästrikland Gotland Halland Härjedalen Hälsingland Jämtland Lappland Medelpad Närke
No Öl Ög S Sm Sö U Vr Vg Vs Vä Å
Norrbotten Öland Östergötland Skåne Småland Södermanland Uppland Värmland Västergötland Västmanland Västerbotten Ångermanland
ae. ags. ahd. air. fär. germ. got. griech.
Altenglisch Angelsächsisch Althochdeutsch Altirisch Färöisch Germanisch Gotisch Griechisch
idg. lat. ndä. nisl. nnorw. schwed. shetl.
Indogermanisch Latein modernes Dänisch Neuisländisch modernes Norwegisch modernes Schwedisch Shetländisch
FMIS Fv LexPo NgL NOR ONP
Fornminnesinformationssytem Fornvännen Lexicon Poeticum Norges gamle love Nytt om Runer Ordbog over det norrøne prosasprog
Abkürzungsverzeichnis
XVI
RAÄ RGA SOFI
Riksantikvarieämbetet, Stockholm Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Ortnamnsregistret, Uppsala
BS BZ Hd Hk Lv
Bautastein Bronzezeit härad Heimskringla Lausavisa
Ma Nz RS Sn
Mittelalter Neuzeit Runenstein socken
Akk. Dat. f. Gen. m.
Akkusativ Dativ feminin Genitiv maskulin
n. Nom. Pl. Sg.
neutrum Nominativ Plural Singular
Bei Zitaten wird die Orthographie der jeweiligen Ausgabe wiedergegeben. Siehe dazu das Literaturverzeichnis im Anhang. Die altnordischen Namen werden unflektiert wiedergegeben. Die Runeninschriften werden nach Rundata zuerst in der gelesenen, dann in normalisierter Form wiedergegeben.
1 Einführung 1.1 Den Stein ins Rollen bringen : hir : skal : stenta : staena : þisiR : runum : ru-niR : raisti : k---auk : at syni : sina : auk : hielmlauk : at bryþr : sina 1 So lautet die Inschrift eines Runensteins aus der Kirche von Överselö im schwedischen Södermanland (Sö 2062). Zwei kunstvoll nebeneinander angebrachte Runenschlingen mit für die Runensteinornamentik so charakteristischer Kopf- und Fußform zieren den ca. 1,2 m hohen Stein. Wie der größte Teil der schwedischen Steininschriften ist die Inschrift kurz (Abb. 24).3 Man mag sich fragen, warum diese knappen Notizen bereits über so viele Jahrhunderte die Forschung beschäftigen konnten und ebenso Grundlage der hier vorliegenden Arbeit sind. Die Antwort ist die, dass hinter den wenigen Zeichen so viele Rätsel, Informationen und Hinweise verborgen sind, dass auch in Zukunft noch viele wichtige Arbeiten zu leisten sein werden. Allein in der hier zitierten Inschrift kann man, wenn man die Inschrift zunächst einmal übersetzt und damit in Ansätzen bereits gedeutet hat,4 die unterschiedlichsten weiterführenden Fragen stellen. 1
2
3
4
Normalisierung: Hér skal standa steinar þessir, rúnum ro[ð]nir, reisti G[uðl]aug at sonu sína, ok Hjalmlaug at brœðr sína. Übersetzung: ‘Hier sollen diese Steine stehen, mit Runen rot gefärbt: Guðlaug errichtete (sie) nach ihren Söhnen und Hjalmlaug nach ihren Brüdern.’ Hier und im Folgenden werden die einzelnen Runensteine mit der in der Forschung gebräuchlichen Nummerierung der einzelnen Korpusbände (Sveriges Runinskrifter, Danmarks Runeindskrifter und Norges indskrifter) wiedergegeben. Dabei stehen die Buchstaben für eine schwedische Landschaft (Sö = Södermanland), gefolgt von einer laufenden Nummerierung. Die Inschrift auf dem Runenstein von Rök in Östergötland (Ög 136) besteht aus 750 Runen und ist damit die längste bislang gefundene Steininschrift. Allein die Deutung einer Inschrift aus einer Zeit mit nicht festgelegter Orthographie sowie dem Fehlen jeglicher Sprach- und Zeichenkonventionen kann zu einer Lebensaufgabe werden. Desweiteren fehlen uns heute vermutlich viele wichtige kulturhistorische Informationen, die für die Deutung der Inschriften wichtig sind.
2
Einführung
Beispielsweise, woher zwei Frauen die ökonomischen Mittel für die Errichtung dieses Steins hatten und warum die Namen der Söhne bzw. Brüder nicht genannt werden. Auch ganz praktische Hinweise sind in der Inschrift verborgen, nämlich, dass die Runen rot eingefärbt wurden. Die Angabe runum ru-niR könnte außerdem ein raffiniertes Spiel mit der Sprache sein, denn die Alliterationen in der ersten Zeile und die Verwendung eines Verses zeugen von Sprachverständnis und Kunstfertigkeit. Nicht nur die Inschrift selbst, auch der Runenstein an sich, wirft Fragen auf, beispielsweise, warum der Stein genau zwischen den beiden Runenschlingen gespalten wurde und warum man ihn in die Kirche von Överselö brachte. Beschäftigt man sich intensiver mit dem Stein, fallen sicher noch weitaus mehr Fragen zu ihm ein, die jeweils eine Einzeluntersuchung wert sein mögen. Selbst dieser einzelne Stein wird daher Grundlage für mehrere Studien sein. Bei einem Gesamtvolumen von ca. 6 500 Runeninschriften bleibt also weiterhin viel zu tun. Runensteine sind die einzigen schriftlichen Primärquellen der Jüngeren Eisenzeit. Sie bieten Informationen aus erster Hand zu Sprache, Kultur und Lebensart ihrer Errichter. Bereits zur Zeit ihrer Errichtung waren die Runensteine Monumente der Vergangenheit, denn die Personen, für die sie errichtet wurden, waren in den meisten Fällen verstorben. Heute werden die Monumente der Vergangenheit als materieller Ausdruck des kulturellen Gedächtnisses wahrgenommen und erfüllen damit weiterhin eine wichtige Funktion. Vielleicht ist dies ein Grund dafür, dass die Runensteine, ganz im Gegensatz zu anderen antiquarischen Denkmälern, so lange unbeschadet die Zeiten überdauern konnten. Die Steine stehen in Schweden5 noch heute zum großen Teil in der Landschaft und trotzen bereits seit über tausend Jahren Wind und Wetter. Den Titel ‘Erinnerungsdenkmal’ (schwed. minnesmärke) haben sich die Runensteine verdient, die Namen der Errichter und ihrer Angehörigen sind bis heute nicht vergessen. In der vorliegenden Untersuchung soll über die Inschrift des einzelnen Runensteins hinausgegangen werden. Eine Information, die bei den Deutungen der Inschriften häufig ignoriert oder übersehen wird, ist auch in der zu Beginn zitierten Inschrift zu finden, deren erste Zeile lautet: hir : skal : stenta : staena : þisiR. Zum Ersten ist hier die Rede von mehreren Steinen, also nicht nur dem Runenstein allein. Außerdem wird betont, dass 5
Diese Beobachtung gilt ausschließlich für Schweden, wo bereits früh festgestellt wurde, dass zur Bewahrung der Runensteine nicht nur der Stein selbst, sondern auch dessen Umfeld gehört, so dass es einer Zerstörung des Denkmals gleich kommen würde, wenn man den Runenstein von seinem ursprünglichen Standort entfernt. In Dänemark und Norwegen dagegen befinden sich viele Runensteine in Museen oder sekundär vermauert in Kirchen.
Einführung
3
diese Steine ‘hier’ stehen sollen, an einem eigens dafür bestimmten Ort. Der Standort des Runensteins und die Verknüpfung mit anderen Denkmälern war den Errichtern der Runensteine genauso viel Platz in der Inschrift wert wie die eigenen Namen, obwohl gerade die Inschriften im Jüngeren Futhark zumeist knapp und formelhaft sind. Nicht nur das Gedenken an eine bestimmte Person sollte zum Ausdruck gebracht werden, auch der Ort, an dem jenes Gedenken stattfinden sollte, war für die Errichter wichtig. Wieso wählte man gerade diese Plätze aus? Für wen sollten sie dort ein Zeichen sein?
1.2 Meilen-Steine Bevor diese Fragen beantwortet werden, soll zunächst in einem kurzen Überblick die bisherige Erforschung von Runensteinen skizziert werden, um daran anschließend und sich davon abhebend auf die Standortfrage zu kommen. Denn es wird sich zeigen, dass gerade die ältere Forschung zur Fragestellung der vorliegenden Arbeit bereits wichtige Grundlagen liefern konnte, die hier erstmals in einem übergeodneten Kontext analysiert werden wird. Die erste schriftliche Erwähnung erfuhr ein Runenstein in Västergötland (Vg 90, Torestorp) in einem Brief des schwedischen Königs Magnus Ladulås (1275–1290), datiert auf den 19. März des Jahres 1287: Hos terminos inter premissa pascua statuimus, videlicet. de vinnbro. jn jadhurin. jnde in Runustenen. jnde in mædhalstenen. jnde in Hallinæ owæn widh odhens kyældu.6
Zusammen mit einer Brücke, einem Fluss, einem weiteren Stein und einer Quelle galt der Runenstein im 13. Jahrhundert als Grenzmarkierung zwischen dem Kloster von Gudhem und dem Dorf Håkantorp7 in Västergötland. Diese Erwähnung zeigt, dass Runensteine bereits im Mittelalter bekannt waren und als Landmarken wahrgenommen wurden. Die ersten wissenschaftlichen Abhandlungen, die sich mit Runensteinen beschäftigten, entstanden im Skandinavien des 16. Jahrhunderts. Die 6
7
Übersetzung: ‘Als Grenzen zwischen den besagten Weiden beschließen wir, nämlich. Von Vinnbro. Über Jadhurin. Über den Runenstein. Über den Mædhalstein. Oberhalb von Hallinæ bei Odins Quelle.’ Zitiert nach Jungner / Svärdström 1958– 70, S. 150. „Jadhurin“ ist im 13. Jahrhundert vermutlich eine veraltete Bezeichnung für die Flüsse Hornborgaån oder Slafsån [Sandberg 1961 nach Ortnamnsregistret, SOFI, Uppsala].
4
Einführung
Brüder Johan und Olaus Magnus erwähnten ein ganzes Runenalphabet in ihrem Werk Historia de omnibus gothorum sveonorumque regibus von 1554, Olaus Magnus benannte den Runenstein Vg 55 in Kapitel 30 des ersten Buches seiner Historia de gentibus septentrionalibus von 1555,8 sowie Runen in seiner Carta Marina von 1539. Das erste wissenschaftliche Werk, welches sich ausschließlich mit Runensteinen beschäftigte, war Johannes Bureus Arbeit mit dem Titel Runakänslones lärespån, welche 1599 gedruckt wurde.9 In Dänemark beschäftigte sich Ole Worm mit der wissenschaftlichen Bearbeitung der Runensteine und seine Abhandlung Runar sea Danica Literatura antiquissima, vulgo Gothica dicta erschien 1651. Im 17. Jahrhundert wurden umfangreiche Inventarisierungsmaßnahmen in Schweden ergriffen, die so genannten Rannsakningar efter antikviteter entstanden. Auf den Befehl von Karl XI. wurden im ganzen Land, zumeist von Lehrern und Geistlichen, in den Jahren 1667–1693 archäologische Denkmäler registriert, darunter viele Runensteine, die zusätzlich von Johan Hadorph auf seinen „antiquarischen Reisen“ aufgesucht wurden. Die erste Reise führte ihn 1669 nach Västergötland. Hadorphs Ziel war das große Runenwerk Monumenta Runica SueoGothica, welches er jedoch bis zu seinem Tod 1693 nicht vollenden konnte. Johan Peringer (später Peringskiöld), der bereits unter Hadorph viele Runensteine zeichnete, führte diese Arbeit bis zu seinem Tod 1720 weiter.10 J. Göranssons Bautil war der erste große Bildband über Runensteine und kam im Jahr 1750 heraus. Die Holzschnitte des Buches waren die gesammelten Arbeiten der Künstler (u.a. Peringskiöld), welche bereits im 17. Jahrhundert im Land unterwegs waren. Er gilt noch heute als unschätzbare Vorlage für die Deutung mittlerweile verlorener Runensteine, die Zeichnungen waren genau und gaben detailliert Inschriften, Ornamentik und in einigen Fällen sogar die Umgebung des Runensteins wieder. Auch in den nächsten Jahrhunderten ging die Inventarisierung von Denkmälern und somit auch der Runensteine weiter, Liljegrens Runurkunder (1833) und Richard Dybecks Sverikes runurkunder (1855–1859) 8
9
10
Das Werk wurde 2001 als unveränderter Nachdruck einer Edition der Michaelisgillet in Stockholm aus dem Jahr 1909 herausgegeben. Diese Edition wiederum ist die erste Übersetzung des Werkes von 1555 ins Schwedische. Einsehbar in der Handschriftensammlung der Königlichen Bibliothek in Stockholm unter der Signatur Fa 6. Peringskiöld veröffentlichte 1710 das erste Werk der Reihe mit den Runensteinen aus Vaksala/Uppland, 1719 einen zweiten Band mit den Runensteinen aus Ulleråker/Uppland. In der Handschriftensammlung der Königlichen Bibliothek in Stockholm befinden sich seine gesammelten Schriften mit den Abhandlungen über weitere schwedische Landschaften in insgesamt 10 Bänden (Signatur Fh).
Einführung
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erschienen. Dybeck beschrieb insbesondere die Umgebung der Runensteine und andere Denkmäler in ihrer Nähe.11 1883 begann die Arbeit an einer umfassenden Zusammenstellung aller schwedischen Runensteine, mit der Hans Hildebrand betraut wurde. Gleichzeitig arbeitete George Stephens an seinem Werk The Old-Northern Runic Monuments of Scandinavia and England.12 Im Jahr 1886 beauftragte Svenska Vitterhetsakademien Hildebrand damit, unter dem Titel Sveriges Runinskrifter13 die schwedischen Runensteine zu katalogisieren. Der erste Band dieser bis heute nicht abgeschlossenen monumentalen Reihe erschien im Jahr 1906. Entsprechende Werke gibt es ebenso für Dänemark14 und Norwegen15. Neben den ausführlichen Materialpublikationen entwickelte sich die Runologie als Wissenschaft. Zunächst versuchte man, einzelne Inschriften zu entziffern und zu deuten. Bis heute gelten einige Inschriften als ungedeutet und viele Inschriften erfahren ebenso viele Deutungen, wie es die Anzahl der beteiligen Runologen vermuten lässt. Dabei sind die wikingerzeitlichen Runensteine in ihrer Deutung am unproblematischsten, da sie eine gewisse Formelhaftigkeit aufweisen und somit auch fragmentarische Inschriften einigermaßen sicher rekonstruiert werden können. Neben den Deutungen einzelner Runensteine16 entwickelte die Forschung schnell übergeordnete Fragestellungen, die mithilfe der Runensteine untersucht wurden. Die wissenschaftlichen Arbeiten zur Runologie der vergangenen 400 Jahre aufzuzählen, würde den Rahmen und die Intention dieser Arbeit sprengen. Daher wird im Folgenden die Entwicklung der Runologie nur mit Einzelbeispielen erläutert, um aufzuzeigen, wie wichtig Runensteine als Quellen für die unterschiedlichsten Fragestellungen und Forschungsdisziplinen sein können. Die frühesten Abhandlungen sind von einem stark 11 12 13
14
15
16
Dybeck 1860. Stephens 1884. Sveriges Runinskrifter utgivna av Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien in den Bänden I–XV, Stockholm 1900–1981. Im Folgenden wird das Gesamtwerk als SRI zitiert. Lis Jacobsen / Erik Moltke, Danmarks Runeindskrifter, Bd. 1–4, København 1941 –1947. Im Folgenden als DRI abgekürzt. Sophus Bugge, Norges indskrifter med de ældre runer, Bd. 1–3, Christiania 1905– 1924. Im Folgenden als NIäR abgekürzt. Sophus Bugge, Norges indskrifter med de yngre runer, Bd. 1–2, 1902–1906. Im Folgenden als NIyR abgekürzt. Beispielsweise Einzeldeutungen der Runensteine von Rök (Ög 136): Grønvik 2003, Gustavson 1991b, Bugge 1910, Wessén 1958, Höfler 1952; Möjbro: Krause / Jankuhn 1966 (KJ 99; U 877); Karlevi (Öl 1): Olsen 1957 oder Sparlösa (Vg 119): von Friesen 1940; Hyenstrand 1991.
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Einführung
nationalistischen Denken geprägt.17 Der Götizismus, der die hohe Stellung der schwedischen Kultur auf ihre Abkunft von den Goten zurückführte, prägte den wissenschaftlichen Diskurs. Die Herkunft der Runen wurde ab dem 17. Jahrhundert diskutiert und neben einer göttlichen Eingebung führte man die Runen auf die hebräische,18 griechische19 oder lateinische20 Schrift zurück. Die Frage nach der Herkunft der Runen dominierte die frühesten Werke und ist doch bis heute nicht eindeutig gelöst.21 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden auffallend viele esoterische Theorien zu den Runen, ihr magischer Gebrauch und ihre geheimen Botschaften wurden betont.22 Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde dieser Trend immer schärfer zurückgewiesen und ist heute im wissenschaftlichen Diskurs nur noch marginal vertreten.23 Profane Inschriften im Älteren Futhark mit Schenker-, Benutzer- oder Herstellernamen lassen eine rein magische Deutung der Runen nicht mehr zu. Neben den vielen sprachwissenschaftlichen Abhandlungen zu Runen kamen in den 1930er Jahren die Abhandlungen von Wolfgang Krause und Helmut Arntz heraus, die neben sprachwissenschaftlichen Kriterien auch den Kontext der Runenfunde, beispielsweise Fundumstände und Trägergegenstand, beachteten. Ihre Werke24 gelten auch heute noch als Standardwerke zur Runologie. Einen Einstieg in das Studium der Runen und Runensteine bieten mehrere moderne Überblickswerke, beginnend bei von Friesen 1913a über Wessén 1957 zu Moltke 1976 und 1985, Page 1999, Düwel 2001 und Nielsen 2000. Darüber hinaus geben mehrere Ergänzungsbände des Reallexikons der Germanischen Altertumskunde25 und die Publikationen der regelmäßig stattfindenden Symposien zu Runen und Runeninschriften26 sowie eine eigene Bibliographie Nytt om Runer der 17
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Beispielsweise Olof Rudbeck (1630–1702), der, in Übereinstimmung mit Peringskiöld, dafür eintritt, dass die Runen von den Schweden/Goten erfunden wurden; Rudbeck 1698. Worm 1651. Benzelius 1724. Liljegren 1833. Siehe dazu auch Kapitel 1.5. Beispielsweise Agrell 1927, 1931; Nordén 1937; zuletzt Flowers 1986. Flowers’ These, dass keine Inschrift im Älteren Futhark profan gedeutet werden könne, wurde scharf kritisiert (zuletzt bei McKinnell / Simek / Düwel 2004, S. 31). Siehe dazu McKinnell / Simek / Düwel 2004 oder Nielsen 1985. Krause 1937; Arntz 1938; Arntz 1944; Krause / Jankuhn 1966. Bammesberger / Waxenberger 2006; Heizmann / van Nahl 2003; Düwel / Marold / Zimmermann 2001; Düwel 1998; Birkmann 1995; Düwel 1994. Zuletzt erschienen: Stoklund et al. 2006.
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Universität Oslo27 Auskunft über aktuelle Forschungsergebnisse. Neben Materialsammlungen, Überblickswerken und Einzeldeutungen wurden die Runensteine vermehrt in einen übergeordneten Rahmen eingebunden und zur Klärung einzelner gesellschaftlicher Aspekte herangezogen. Die Rolle der Frau innerhalb der Gesellschaft wurde beispielsweise ausgehend von den Runensteinen in einem neuen Licht präsentiert, da die Runensteine Frauen als in der Gesellschaft aktive Persönlichkeiten darstellen, die durchaus die ökonomischen Mittel besaßen, um beispielsweise Brücken errichten zu lassen und gesellschaftlich so gut situiert waren, dass sie die Errichtung eines Runensteins in Auftrag geben konnten.28 Die Christianisierung Skandinaviens verläuft zeitlich parallel zur Errichtung der vielen wikingerzeitlichen Runensteine in Skandinavien, und einige Steine geben Anlass anzunehmen, dass zumindest die jüngeren Runensteine und die Christianisierung miteinander verknüpft sind. Der große Runenstein von Jelling29 sowie der Runenstein von Frösö30 weisen mit ihren Inschriften auf die Christianisierung einzelner Regionen hin. Die Ornamentik und Kreuzformen auf den Runensteinen und eine damit verbundene angelsächsische Mission wurden in der Forschung diskutiert.31 Einen wichtigen Beitrag zu einer engen Verbindung zwischen Runensteinen und Christianisierung leistete das Uppsalienser Projekt Sveriges Kristnande mit seinen zahlreichen Publikationen32 oder das Projekt Det medeltida Sverige in Stockholm. Dort bezog man sich auch auf frühere Werke zur Christianisierung, die bereits die Verbindung zu Runensteinen aufzeigten.33 Eigene Studien zu Ornamentik und Stil wurden durchgeführt, wobei die unterschiedlichen Stile auf den Runensteinen herausgestellt und gedeutet34 und mithilfe der Stile eine zeitliche Abfolge der Runensteine erarbeitet wurden.35 Gerade die Stilstudien von Gräslund haben neue Ansätze zur 27
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Abrufbar unter http://ariadne.uio.no/runenews/nor_2007/bibl06.htm auch im Internet. Gräslund 1989, 1995, 2003; Jesch 1991; Sanness Johnsen 1983; Sawyer 1991; Staecker 2003. Roesdahl 1997. Gräslund 1996b; Brink 1996b. Lager 2002. Nilsson 1992, 1996, 2001. Beispielsweise Ljungberg 1938; Gardell 1937; Nerman 1945; Ruprecht 1958. Horn Fuglesang 1980, 2004 und 2005. Gräslund 1991b, 1992a.
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Datierung der Runensteine geliefert,36 die zunächst auf den mittelschwedischen Bereich, in jüngerer Zeit jedoch auch für weitere schwedische Landschaften angewendet wurden.37 Für die Datierung insbesondere der dänischen Runensteine ist außerdem die Arbeit von Stoklund zu nennen, die einige ältere Datierungen von Krause und DRI revidieren konnte.38 Weitere Studien zu Ikonographie und insbesondere zu den Tierdarstellungen lieferte Oehrl.39 Die in Runeninschriften mit der so genannten „Ritzerformel“ benannten Handwerker Åsmund Kåreson,40 Fot41 und Öpir42 und weitere Ritzer wurden Gegenstand der Forschung und in eine chronologische Abfolge gebracht.43 Auch der Wortschatz der Inschriften,44 daran festzumachende sprachliche Entwicklungen,45 Binderunen46 und punktierte Runen47 wurden untersucht. Eine erste Edition und darauf folgende Untersuchung der angelsächsischen, skandinavischen und kontinentalen Runengedichte (sog. Runica Manuscripta) lieferte Bauer,48 mit den Inschriften in metrischer Form beschäftigte sich Hübler.49 Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Untersuchungen Brates.50 Runensteine dienen zudem als Quellen für die soziale Entwicklung in Skandinavien. Ihre Aussagen zu Auslandsfahrten,51 Herrschaft und Staatenbildung,52 Siedlungsgeschichte53 und Rechtsgeschichte54 wurden untersucht. 36
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Einen guten Überblick zur Datierung der Runensteine gibt Dybdahl, Hagland 1998. Gräslund 2002a. Stoklund 2006, S. 358 ff. Oehrl 2006. Thompson 1975. Crocker 1982. Åhlén 1997. Axelson 1993; Stille 1999. Peterson 2002. Palm 2004, Williams 1990. MacLeod 2002. Lagman 1990. Bauer 2003. Die englischen Runica Manuscripta wurden von Derolez bereits 1954 publiziert. Hübler 1996. Brate 1891. Während Brate 167 Inschriften eine metrische Form bescheinigt, wertet Hübler 203 Inschriften genauer aus und untersucht neben der metrischen Form auch Ritzer und geographische Verbreitung. Larsson, M. 1990. Norr 1998; Hyenstrand 1996; Randsborg 1980, S. 29 ff. Tollin 1999; Gräslund 1992b; Hyenstrand 1984; Larsson, M. 1998; Rahmqvist
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Interdisziplinäre Studien unter Mitwirkung von Sprachwissenschaft, Archäologie und Religionsgeschichte führten zu neuen Forschungsprojekten. Durch ein verstärktes Einbeziehen theoretischer Überlegungen in der Archäologie und die damit verbundene Frage nach dem Verhältnis von Mensch, Raum und Landschaft wurden Runensteine zunehmend als feste Elemente der sog. „mentalen Landschaft“ wahrgenommen, die besonders in Schweden stark diskutiert wird.55 Das Lundenser Projekt Vägar till Midgård oder die Untersuchungen von Johansen,56 Brink57 und Hedeager58 behandelten diesen Zusammenhang inspiriert durch die wegweisenden Arbeiten von Tilley,59 Hirsch60 und Bradley.61 Auch alte Fragestellungen, beispielsweise die Verbindung von Runen und Magie, werden gegenwärtig wieder aufgegriffen.62 Bezeichnend ist dabei die von Page entwickelte Einteilung der Runologen in skeptische und imaginative Runologen,63 die in jüngster Zeit jedoch eher zu einer qualitativen Auf- bzw. Abwertung einiger Forscher führt, da das Prädikat imaginativ in der Regel abschätzig gebraucht wird.64 Insgesamt verändert sich die Erforschung der Runensteine zu einer ganzheitlichen und interdisziplinären Forschung, die Runensteine als komplizierte Monumente mit vielen Facetten ansieht. Davon ausgehend wird auch eine Überarbeitung des bisherigen Forschungsstandes auf der Basis einer interdisziplinären und kontextuellen Neuinterpretation der Runensteine vorgeschlagen.65 Moberg kritisiert das „gespaltene Verhältnis“ zwischen Runologen und Archäologen als Konsequenz aus der sog. „New Archaeology“.66 Hills weist darauf hin, dass man nur gemeinsam zu einer 54 55
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1994; Riddersporre 1989; Wideen 1955; Sporrong 1985. Sawyer 1988; Sjöholm 1991. Für die Bedeutung der Landschaft in der altnordischen Kosmologie war der Aufsatz von Gurevich aus dem Jahr 1969 prägend (Gurevich 1969). Johansen 1997. Brink 2001, 2004. Hedeager 1999. Tilley 1994. Hirsch / O’Hanlon 1995. Bradley 1998a, 1998b, 1993, 2000. Reaktion auf die New Archaeology bzw. Processual Archaeology, deren Kritik sich gegen einen zu funktionalistischen Ansatz der New Archaeology richtet. Wegweisend dabei u.a. Hodder 1982. McKinnell / Simek / Düwel 2004. Page 1973, S. 13 f. Düwel / Heizmann 2006, S. 32. Andrén 2000, S. 27. Moberg 1985, S. 230. In den 1960er Jahren hauptsächlich in der angelsächsischen
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allgemeinen Deutung kommen kann,67 da Runensteine weder losgelöst von ihrer Inschrift, noch der Ornamentik, ihrem Standort in der Landschaft oder der Verknüpfung mit anderen Denkmälern betrachtet werden können. Die Errichter haben bewusst alle diese Elemente kombiniert und eine Interpretation, die diese Einheit löst, kann zu keinem allgemein gültigen Ergebnis kommen. Wäre nur die Inschrift wichtig, hätte man keinen Stein benutzt, wäre nur der örtliche Kontext wichtig, hätte man die Tradition der inschriftlosen Bautasteine fortgeführt. Eine moderne, kontextuelle Runologie muss daher neben Inschrift, Ornamentik, Ikonographie und sozialen Analysen auch den Standort des Runensteins in eine Analyse mit einbeziehen. Einen Grundstein dazu möchte die vorliegende Arbeit legen.
1.3 Stein und Standort (Fragestellung) Huruvida funktionen eller texten, själva budskapet, kommer i första rummet kan naturligtvis diskuteras, men att placeringen är funktionsrelaterad torde stå utom vart tvivel.68
Runensteine sind im Gegensatz zu persönlichen Gegenständen öffentliche, immobile Monumente, die mit ihrer Sichtbarkeit die Wahrnehmung der Landschaft verändern und die Aufmerksamkeit nicht zuletzt wegen ihrer Größe und Farbigkeit auf sich ziehen. Die Entscheidung der Errichter, ihre Inschriften gerade auf diese Objekte zu schreiben oder schreiben zu lassen, zeigt, dass die Intention der Steine durch ihre äußere Form und Platzierung mitgetragen wird. Wer ein solches Monument errichtet, fordert bewusst ein Zusammenspiel von Inschrift, Ornamentik und Umgebung. Das Wissen um die Unvergänglichkeit des Materials Stein, welches nicht umsonst auch heute noch vorherrschend unter den Grabmonumenten ist, war sicher ein Grund für die Wahl dieses Inschriftenträgers. Allerdings hätte man nur allein zur Konservierung von Namen nicht unbedingt aufrecht stehende, bis zu vier Meter hohe Steine wählen müssen. Neben der Erinnerung muss auch noch ein Wunsch nach monumentaler und öffentlicher Erinnerung bei den Menschen eine Rolle gespielt haben. Grundthese der vorliegenden Arbeit ist also, dass die Menschen das Material, die Ausführung und den örtlichen Kontext ihres Runensteins mit
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Archäologie proklamierte Forschungsrichtung, die eine Verwissenschaftlichung und Objektivisierung der Archäologie fordert. Wegweisend ist dabei u.a. Binford 1962, in Bezug auf den Umgang mit dem Tod Binford 1972. Hills 1991, S. 41, 59. Wilson 1994, S. 54.
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Bedacht gewählt haben. Jeder Stein ist Resultat eines aufwändigen Konzeptes im Zusammenspiel von Text, Ornamentik, Farbe und Umgebung. Während bereits mehrere Studien zur Interpretation von Inschriften, ihrem kulturwissenschaftlichen Kontext und der visuellen Gestaltung erschienen sind, wurde der örtliche Kontext der Runensteine bislang in keiner Einzelstudie für die schwedischen Steine problematisiert. Die Untersuchung des Standortes der Runensteine ist daher Ziel der vorliegenden Arbeit. Damit verknüpft sind weitere Fragestellungen zu beantworten: Kann heute überhaupt noch rekonstruiert werden, wo die Runensteine einst standen? Gab es bevorzugte Aufstellungsorte? Stehen sie zusammen mit anderen Denkmälern oder isoliert in der Landschaft? Gibt es chronologische oder regionale Muster in der Wahl des Standortes? Was tragen die Inschriften selbst zu Aufstellungsort und Intention bei? Neben diesen Fragen, die in der vorliegenden Arbeit zunächst untersucht werden müssen, ist es notwendig, auch den Blick von dem einzelnen Stein abzuwenden und sich mit der Bedeutung der Runensteine für die Gesellschaft auseinander zu setzen. Der Standort der Runensteine liefert neue Ansätze zur Gesamtinterpretation, doch welche Funktion erfüllt dieser Ort generell? In welchem Zusammenhang stehen Standort und die Intention hinter der Errichtung des Runensteins? Welche Rolle spielen die gesellschaftlichen Umbrüche in Schweden in der ausgehenden Wikingerzeit für die Funktion der gerade dann so häufig errichteten Steine?
1.4 Inhaltliche Abgrenzung Übereinstimmung erzielt man gegenwärtig in der Feststellung, dass der Standort der Runensteine für eine Gesamtinterpretation des jeweiligen Steins wichtig ist: „Frågan om runstenarnas placering är av mycket hög dignitet.“69 Eine gewisse Unsicherheit besteht jedoch in der Frage, wo Runensteine ursprünglich errichtet wurden, bzw. ob man dies auf Basis des gegenwärtigen Forschungsstands überhaupt rekonstruieren kann. Einerseits werden die Standorte der Runensteine beinahe beiläufig als Selbstverständlichkeit erwähnt: Most of them are in public places, beside roads and bridges, or at parish or farm boundaries.70 De placerades oftast i anslutning till kommunikationsnätet, på platser där de skulle kunna ses av många förbipasserande. Man finner runstenarna vid väg69 70
Williams 1996a, S. 64. Jesch 1991, S. 63.
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korsningar, broar, vadplatser eller angöringsplatser för båtar. På tingsplatser och andra samlingsplatser har runstenar rests och tämligen ofta finner man dem också i eller nära kyrkorna.71
Andererseits gibt es Forscher, die eine gegenteilige Meinung vertreten, nämlich, dass der örtliche Kontext von Runensteinen bislang völlig unerforscht ist und eine Aussage darüber nicht eindeutig zu treffen ist: Runstenarnas placering och samband med andra fornlämningar, som de äldsta forskarna genom sitt inventeringsarbete i dåtidens relativt orörda landskap var så väl medvetna om, har inte blivit föremål för någon övergripande genomgång från arkeologisk sida.72 Wenn die Inschriften auch kaum etwas über die Wege mitteilen, so könnte eine kartographische Aufnahme von Runensteinen an ihrem ursprünglichen oder sicher rekonstruierbaren ursprünglichen Standort ein instruktives Bild der wikingerzeitlichen Wege und Wegscheiden bieten, eine Aufgabe, die meines Wissens noch zu leisten ist.73
Wie kann es zu solch gegensätzlichen Auffassungen in Bezug auf die Standorte der Runensteine kommen? Einerseits wird deutlich gesagt, dass sie bislang nicht untersucht wurden, andererseits scheint es einen gewissen Katalog an Standorten zu geben, die von einigen Forschern in dieser Frage aufgezählt werden. Auf welche Untersuchungen gründet sich dieser Katalog und woher kommt die große Unsicherheit in Bezug auf diese Frage? Im Folgenden soll die aktuelle Forschungslage skizziert und in thematischer Abfolge Arbeiten vorgestellt werden, die sich mit Runensteinen und ihrem Standort beschäftigen. Wie in der allgemeinen Forschungsgeschichte zu Beginn dieser Arbeit zu erkennen ist, begann bereits im 16. Jahrhundert die wissenschaftliche Bearbeitung der skandinavischen Runensteine. Bei der Aufnahme der Steine wurde dabei auch großer Wert auf die Fundgeschichte und Platzierung des einzelnen Steins gelegt. So erfragten die Kompilatoren der frühesten Corpuswerke74 in der Bevölkerung die frühesten Geschichten zu den Runensteinen und fertigten Zeichnungen an, welche teilweise nicht nur den Runenstein, sondern auch seine Umgebung abbilden. Diese wichtigen Informationen aus der Zeit vor den großen landwirtschaftlichen und landschaftlichen Veränderungen in Schweden75 sind besonders wertvolle 71 72 73 74 75
Åhlén 1994, S. 33. Larsson, M. 1990, S. 13. Düwel 1986, S. 90. Siehe dazu auch das Kapitel 2.1. Die schwedische Landschaft Närke wurde im beginnenden 19. Jahrhundert binnen-
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Quellen für ein Studium der Runensteine. Beim Erstellen der Einzelbände zur Reihe SRI hat man deshalb mit großer Sorgfalt gerade diese frühen Berichte und Zeichnungen zu jedem Stein geprüft und abgedruckt. Man könnte daher sagen, dass die Umgebung der Runensteine mit den Angaben aus SRI ausreichend beschrieben wurde und daher einfach nachgelesen werden kann. Der besondere Quellenwert dieser Angaben soll nicht bezweifelt werden, zu bedenken ist allerdings, dass diese Aussagen und Untersuchungen von den unterschiedlichsten Personen zu verschiedenen Zeiten getätigt und dabei auch einige Landschaftsbeobachtungen angeführt wurden, die später nach genauen Untersuchungen revidiert werden mussten. So ist heute klar, dass der vermeintliche Grabhügel bei dem Runenstein von Järsberg (Vr1) nach einer Untersuchung durch Jansson im Jahr 1975 als Kenotaph (Abb. 28) behandelt werden muss.76 Diese Fehleinschätzung beruht nicht unbedingt auf einer unzureichenden Qualifikation der Bearbeiter,77 sondern ist auch vor dem geistigen Hintergrund der Zeit zu sehen, in welcher die genannten Arbeiten begannen. Der Götizismus im 17. Jahrhundert, die Romantik im 19. Jahrhundert, die skandinavische Staatenbildung und das damit verbundene erstarkende Nationalgefühl lassen die Erforschung der eigenen Vergangenheit wichtig werden, Könige greifen höchstpersönlich zum Spaten78 und Monumente wie die Hügel von Uppsala werden zu nationalen Denkmälern erklärt. So ist beispielsweise Rudbeck im 17. Jahrhundert der Auffassung, Gamla Uppsala sei die Urheimat aller Weltkulturen.79 Etwas außerhalb von Uppsala lässt sich Professor Verelius in „einem ättehög abseits des Kirch-
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kolonisiert, indem man Moore austrocknete und den Wasserstand vieler Seen absenkte. Dies wurde auch in vielen anderen Gebieten, beispielsweise Valle hd (Västergotland) oder auf Gotland, zur gleichen Zeit versucht. Auch die Einführung des Tiefpflügens im 19. Jahrhundert in der Landwirtschaft und der immer größere Bedarf an Ackerland als Resultat einer modernen Landwirtschaft durch immer effektivere Maschinen erforderten die Zerstörung zahlreicher vorgeschichtlicher Stätten im ganzen Land. Jansson 1978, S. 36. Wovon in diesem Falle nicht die Rede sein kann. Die Aussage, ob der Hügel ein Grab beinhaltet, kann nur nach einer Untersuchung eindeutig gemacht werden, worauf die wenigsten inventarisierten Gräber tatsächlich untersucht worden sind. Die Angaben der Inventarisierung können also nie eindeutige Belege für vorzeitliche Fundstellen sein, wobei hier je nach Untersuchungsgrad der Fundstätte und dem Kenntnisstand des Bearbeiters Unterschiede zu machen sind. Mehr zu diesem Aspekt in „Quellenkritik“, Kapitel 2.1 der vorliegenden Arbeit. Karl XI. nimmt an den Ausgrabungen in Uppsala im Jahr 1689 teil, Karl XV. fördert die Ausgrabung des Osthügels 1846 (Duczko 1996b, S. 95). Grandien 2000, S. 51.
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friedhofs begraben“, sein Wegbegleiter Rudbeck errichtet auf diesem Hügel später sogar einen „Runenstein“.80 König Karl XIV Johan lässt sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf den „Königshügeln“ von Studenten mehrfach feiern. Zur Zeit des Götiska Förbundet werden die berühmtesten Werke schwedischer Romantik, Vikingen 81 oder Fritjofs saga 82 geschrieben. Vor diesem geistigen Hintergrund entsteht das romantische Bild des Runensteins auf dem Ättehög, dem Ahnengrab; ein romantisches Bild von Wikingerzeit, Großmacht und Identität, welches bis ins 20. Jahrhundert bestehen blieb. Da die ersten Runenstein-Inventarisierungen (sog. Rannsakningar) im 17. Jahrhundert entstanden sind, müssen die Angaben vor diesem geistigen Hintergrund kritisch überprüft werden. Doch auch spätere Hinweise zu Standort und Fundumständen in SRI dürfen nicht ohne eine Überprüfung übernommen werden. Die einzelnen Autoren geben jeweils die Forschungsgeschichte zum einzelnen Runenstein wieder, dabei muss bedacht werden, dass es sich um die Beobachtungen der einzelnen zitierten Autoren handelt. Diese Informationen dürfen nicht losgelöst von einer Überprüfung mit Karten und aktuellen archäologischen Befunden verwendet werden. Als Beispiel sei der Runenstein von Söderby krog in Södermanland (Sö 306) genannt, der sich aller Wahrscheinlichkeit nach noch am ursprünglichen Standort befindet und in mehreren Schriftquellen erwähnt wird.83 Die früheste Quelle zu diesem Stein ist Rhezelius,84 der angibt, der Stein stehe widh stor wägen 85 und auch später in den Rannsakningar steht zum Standort weedh Landzwägen.86 Noch ist der Stein zwischen der Landstraße und der Autobahn E4/E20 zu finden, unbekannt war jedoch, dass die Landstraße ein wikingerzeitliches Gräberfeld schneidet (Salem 1:1), das sich 28m westlich des Runensteins befindet und mittlerweile teilweise untersucht wurde. Nimmt man also die Angaben aus SRI, würde man vermuten, der Stein stehe an einem Weg; zusammen mit dem archäologischen Forschungsstand ergibt sich, dass der genannte Weg jünger ist, da er ein wikingerzeitliches Gräberfeld schneidet, das sich unmittelbar bei dem Runenstein befindet. 80 81 82 83 84
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Müller-Wille 2004, S. 277 f. Geijer 1811. Tegnér 1825. „Stenen står alltjämt kvar på sin ursprungliga plats, [...].” (Sö: 282). Rhezelius arbeitete zusammen mit Johannes Bureus (1568–1652) an dessen runenkundlichen Untersuchungen. Zitiert nach Brate / Wessén 1924, S. 282. Ibid.
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Genauso wie die romantische Vorstellung einer Einheit von Runenstein und Gräberfeld einige Beobachter inspiriert hat, können andere, nicht obertägig sichtbare Denkmäler bei der Beschreibung vergessen worden sein. Daher ist im Umgang mit den Angaben in SRI immer eine Kombination aller zugänglichen Quellen sinnvoll. Wer also aufgrund der Angaben von SRI schließt, die Standorte der Runensteine seien hier bereits ausreichend dokumentiert, verlässt sich dabei ausschließlich auf diese schriftlichen Quellen ohne Bezug auf den aktuellen archäologischen Forschungsstand. 1.4.1 Runensteine und Gräber Entsprechend dem historischen Verlauf wurde bereits früh in der Forschung angenommen, dass Runenstein und ättehög zusammen gehören. Otto von Friesen resümierte in seiner Untersuchung zu den uppländischen Runensteinen: „Det stora flertalet af våra runstenar stå i själfa verket på gårdens graffält.“87 Ihm fiel jedoch auf, dass in einigen Inschriften auch andere Denkmäler benannt wurden und er gab entsprechend an, dass, auch wenn die meisten Runensteine auf dem Gräberfeld stünden, einige womöglich auch an Wegen, Brücken und Thingplätzen errichtet wurden. Auch die Redakteure der ersten Bände von SRI fassten zusammen: Med säkerhet kan man därför antaga, att en stor del även av de övriga runstenar, som stå resta i närheten av byar och gårdar, på åkrar och gärden o. dyl., från början ha haft ett gravfält i grannskapet.88
Ebenso übernahm Lindqvist es als „självklar sak“, dass Runensteine und Hügel zusammen stehen: „En annan, självklar sak är, att kublen, d. v. s. de ristade stenarna, ofta rests i omedelbart samband med högar.“89 Eine Untersuchung zur Bestätigung dieser „Selbstverständlichkeit“ wurde jedoch auch von Lindqvist nicht durchgeführt. Bezugnehmend auf die immer kritischer werdende Forschung, insbesondere aus Dänemark, die den Zusammenhang von Runensteinen und Gräbern abwies, gab Gardell zu bedenken, dass unter diesen Umständen die Wikingerzeit die einzige Zeit in Skandinavien ohne Grabsteine sei: In der Zeit davor wurden Bautasteine als Grabmarkierung verwendet, ab dem Mittelalter Grabsteine auf Friedhöfen.90 Für ihn galten daher die meisten Runensteine als Sepulkralsteine, deren Umgebung 87 88 89 90
von Friesen 1913a, S. 14. Brate / Wessén 1924–1936, S. LI. Lindqvist 1928, S. 279. Gardell 1937, S. 43.
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archäologisch untersucht werden sollte, um dort die vermuteten Gräber zu finden, denn die Totenmemoria ist nach Gardell Hauptintention aller Runensteine.91 Den konkreten Zusammenhang von Runenstein und Grab untersuchte Bæksted. Ältere Forschungen legten nahe, dass 45 Steine im Älteren und fünf Steine im Jüngeren Futhark nicht nur bei, sondern sogar in Grabhügeln gefunden wurden. Nach kritischer Durchsicht der Fundberichte konstatierte Bæksted, dass sich nur zwei von 45 Runensteinen im Älteren Futhark eindeutig in einem Grab befunden haben, von den wikingerzeitlichen Steinen gibt es für diese These keinen einzigen eindeutigen Beleg.92 Die Untersuchungen Bæksteds zeigen, dass zumindest die These, dass Runensteine in einem Grab platziert werden, nur für wenige Steine galt. Zum generellen Verhältnis von Runenstein und Gräberfeld äußerte sich jedoch Bæksted nicht. Einige Jahre später erschien Ruprechts Bearbeitung der wikingerzeitlichen Runensteine. Er gab an, dass Runensteine auf Gräberfeldern errichtet wurden und stellte zudem die These auf, dass sie dort christliche Gräber markieren.93 In seiner Bearbeitung des Ahnenkultes in Norwegen stellte Birkeli fest, dass Runensteine eine Weiterentwicklung von Bautastein und römischem Grabstein sind.94 Als Grabstein hätten zwölf der frühesten norwegischen Runensteine eine örtliche Verbindung zu Gräbern. Er deutete daher Runensteine insgesamt als Grab-, Erinnerungs- und Opfersteine, zumeist nahe bei „Ahnengräbern“ errichtet.95 Wijkander stellte in seiner Untersuchung der wikingerzeitlichen Höfe fest, dass sich Runensteine an Gehöften mit Grabhügeln befinden, ging dann jedoch nicht näher auf die Runensteine und ihre nähere Verbindung sowie einer Deutung in Zusammenhang mit den Grabhügeln ein.96 Wenige Jahre später untersuchte Gräslund die uppländischen Runensteine97 und stellte in Anlehnung an die grundlegenden Überlegungen durch von Friesen98 fest, dass die Ausbreitung der Runensteine mit der Siedlungsgeschichte übereinstimmt und 35% der Runensteine im nördlichen Uppland an Gräberfeldern stehen. Sie folgert daraus: „Denna summariska genom91 92 93 94 95 96 97 98
Gardell 1937, S. 46. Bæksted 1951, S. 88, 91. Ruprecht 1958, S. 46. Birkeli 1973, S. 36. Birkeli 1973, S. 47. Wijkander 1983, S. 65 f. Gräslund 1987. von Friesen 1913a.
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gång visar enligt min mening helt klart att runristningar och gravfält i vissa fall har ett samband.“99 Zum ersten Mal wurde hier eine breitere Materialbasis genommen und mit den Runensteinen als Ausgangspunkt die Frage nach ihren Standorten beantwortet. Gräslund schlug darüber hinaus vor, dass diese Runensteine heidnischen Gräberfeldern eine christliche Weihe geben, bevor genügend geweihte Friedhöfe zur Verfügung standen, eine These, die sie in späteren Arbeiten100 wiederholte und weiter entwickelte. Burström wies währenddessen darauf hin, dass Bildsteine, die in Gräbern gefunden wurden, auch sekundär in dieses Grab gelangt sein könnten und das Gräberfeld damit nicht der ursprüngliche Standort gewesen sein muss.101 Er bezog sich damit jedoch eher auf Bildsteine, die in jüngeren Gräbern fragmentiert gefunden wurden, beispielsweise in Tomteboda/Uppland.102 1.4.2 Runensteine und Wege Als Kritik an einer Romantisierung der Vergangenheit wurde andernorts betont, dass die Runensteine nicht an Gräberfeldern stehen, sondern in der Tradition römischer Steine an bekannten Prachtstraßen errichtet wurden.103 Wenn Runensteine durch diese römischen Steine inspiriert wurden, dann müssen sie nach Steenstrup auch an ähnlichen Standorten zu finden sein und somit hauptsächlich an Wegen und Anhöhen stehen.104 Zweites Indiz für die Prachtstraße als Standort der Runensteine ist Vers 72 aus den Hávamál: Sialdan bautarsteinar | standa brauto nær | nema reisi niðr at nið.105 Dabei wird diese mittelalterliche Spruchweisheit sehr wörtlich genommen, denn ein Satzpartikel mit dem Anfangsbuchstaben „B“ ist hier für den Stabreim zwingend erforderlich. Der Zusatz brauto nær gibt an, dass der Stein nahe am Weg stehen soll, gleichwohl nicht unbedingt unmittelbar daneben bzw. dort allein. Andere Denkmäler können also ebenfalls in der Nähe von Weg und Runenstein zu finden gewesen sein, ohne, dass dies den Hávamál widersprechen würde. Einen eindeutigen Hinweis darauf, dass Runensteine primär an Wegen errichtet wurden, ist 99 100 101 102 103 104 105
Gräslund 1987, S. 254. Gräslund 1991a, 1991c, 1992c, 1996a, 2001. Burström 1996, S. 24. Siehe Gustavson / Hamilton / Kitzler Åhfeldt 2006. Steenstrup 1927, S. 66. Steenstrup 1927, S. 61. Übersetzung: ‘Selten stehen Bautasteine am Weg, wenn nicht ein Verwandter sie errichtet nach dem Verwandten.’
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dieser Vers nicht, ganz abgesehen davon, dass überhaupt noch bewiesen werden müsste, dass Bauta- und Runensteine gleichzusetzen sind. Bezieht man sich in der Frage nach den Standorten der Runensteine also hauptsächlich auf diese Strophe, muss eine genaue Analyse des Textes unter Berücksichtigung seiner Eigenarten (z.B. Stabreim) erfolgen. Der Wegthese Steenstrups widersprach von Friesen mit dem Argument, dass die römischen Steine für die Elite, Runensteine aber für Bauern errichtet worden seien.106 Cnattingius dagegen argumentierte neben dem bereits genannten Vers 72 der Hávamál mit einer Runeninschrift, die seiner Interpretation zu Folge den Stein als brautar-kuml bezeichnet.107 Damit ist vermutlich der Runenstein von Sälna in Uppland (U 323) gemeint, dessen Inschrift in ihrer Deutung nicht unumstritten ist. Schon Beck stellte fest, dass mit brautar-kuml nicht der Runenstein selbst gemeint ist, sondern sich auf die zuvor genannte Brücke108 bezieht.109 Auf Grundlage dieser Inschrift und Vers 72 der Hávamál entwickelte Cnattingius eine allgemeine Regel für den Standort der Runensteine, er schreibt in einem späteren Aufsatz: „Som allmän regel om runstenarna här liksom i andra trakter gäller, att de rests vid eller i närheten av bebyggelse och oftast vid en väg.“110 Auch in der dänischen Forschung wehrte man sich gegen die Gleichsetzung von Runenstein und Grabstein als romantische Verklärungen der Vergangenheit und stellte exemplarisch fest, dass zumindest die dänischen Runensteine in erster Linie an Kommunikationswegen errichtet wurden.111 Eine noch heute viel zitierte schwedische Arbeit zu Runensteinen und Wegen stammt von Gunnar Ekholm, der betonte, dass auch Gräberfelder an 106 107 108
109 110 111
von Friesen 1933, S. 168. Cnattingius 1929, S. 128. U 323, Inschrift: × iystin × auk × iuruntr × auk × biurn × þiR [× byryþr × risþu] ... ...stin × trums × f[aþur] × sin × kuþ × ihlbi × ons × ont × auk × selu + fur+kifi × onum × sakaR × auk × sutiR × × hi × mun × ligia × meþ + altr + lifiR × bru × hrþ×slagin × briþ × e[ft × k]uþ-- suenaR k[arþu ×] at × sin × faþur × mo × igi × brutaR×kuml × betra × uerþa +. Normalisierung: Eysteinn/Jósteinn ok Jdžrundr ok Bjdžrn þeir brœðr reistu ... ...stein Drums(?), fdžður sinn. Guð hjalpi hans džnd ok sálu, fyrirgefi honum sakar ok syndir. Ei/Hér mun liggja, með aldr lifir, brú harðslegin, breið ept góð[an]. Sveinar gerðu at sinn fdžður. Má eigi brautarkuml betra verða. Übersetzung: ‘Eysteinn/Jósteinn und Jdžrundr und Bjdžrn, die Brüder errichteten ... ...-steinn Clumsy(?), ihrem Vater. Gott helfe seiner Seele, vergebe ihm Dinge und Sünden. Hier soll liegen, solange die Menschen leben, die Brücke, hart geschlagen, breit nach dem Guten. Die Burschen machten (sie) nach dem Vater. Es wird kein besseres Weg-kumbl geben.’ Beck 1978, S. 559. Cnattingius 1930, S. 117. Jacobsen / Moltke 1942, S. 911.
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Wegen angelegt wurden.112 Runensteine und Gräberfelder würden laut Ekholm an Wegen errichtet, wobei der Runenstein eben aufgrund des Weges und nicht aufgrund des Gräberfeldes gerade an diesem Ort stünde. Er argumentierte mit chronologischen Aspekten, nämlich, dass das Gräberfeld „från en helt annan och äldre tid än runstenen“113 sei. Als konkretes Beispiel nennt er das uppländische Gräberfeld von Lunda und den Runenstein U 356. Gleichwohl konnten nur Stichproben in den ca. 200 Grabanlagen gemacht werden, die eine Belegung des Gräberfeldes bereits ab Christi Geburt nachweisen. Wie die jüngsten Gräber datieren, ist bislang unsicher, so dass auch nicht eindeutig gesagt werden kann, dass das Gräberfeld „nära ett årtusende äldre än runstenen“114 ist. Davon abgesehen wurden auch Teile des Weges in die Zeit ab Christi Geburt und zeitgleich mit dem Gräberfeld datiert.115 Da also sowohl Teile des Gräberfeldes als auch Teile des Weges bereits um Christi Geburt bestanden haben, ist dies kein Kriterium für die Errichtung des Runensteines am Weg. Es ist unsicher, ob Weg oder Gräberfeld ausschlaggebend für die Errichtung eines Runensteins waren, denn Gräberfelder mussten durch Wege erreicht werden und Wege verbanden alle Denkmalgruppen miteinander. Eine scharfe Abgrenzung zwischen Weg und Gräberfeld sollte daher nicht gemacht werden, stattdessen ist denkbar, dass gerade die Kombination von Weg und Gräberfeld einen besonders guten Standort für einen Runenstein ausmachte. Von Friesens These, dass Runensteine hauptsächlich an Gräbern stehen, hält Ekholm für eine Überschätzung: „Men det förefaller, som skulle den proportionella storleken av denna runstensgrupp [m.A. Runensteine am Gräberfeld] blivit i hög grad överskattad.“116 Auch Wideen gab an, dass Runensteine an Höfen und Wegen errichtet wurden.117 Seine Untersuchungen erfolgten nach dem Ausschlussverfahren. Die Argumentation stützte sich auf die These, dass Kirchen bei Gräberfeldern errichtet wurden und die in den Kirchen vermauerten Steine von eben diesen Gräberfeldern stammen. Da in Westschweden weniger als die Hälfte der Runensteine in sakralen Gebäuden vermauert sind (nach seinen Berechnungen 46%), standen entsprechend auch nur wenige Runensteine auf Gräberfeldern. Stattdessen fand man sie nach Wideen an Kommunikationswegen und bei den Höfen, in Einzelfällen jedoch auch an Gräber112 113 114 115 116 117
Ekholm 1950, S. 139. Ekholm 1950, S. 138. Ibid. Larsen 1949–51, S. 129. Ekholm 1950, S. 145. Wideen 1955, S. 125 f.
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feldern bzw. an einer Kombination von Gräberfeld und Weg.118 Düwel fasste später nochmals die enge Verbindung von Runensteinen zu Wegen zusammen.119 Gustavson sah Runensteine in der Tradition Ekholms als wichtigste Quelle für wikingerzeitliche Wege, deren vornehmster Platz die Hauptstraße war.120 In Hagunda härad standen nach seiner Auffassung acht Runensteine an der Eriksgata,121 außerdem wurde der Wegebau durch Inschriften belegt. Einen Zusammenhang von Runenstein und Gräberfeld hielt er auch für möglich, stellte aber fest, dass die Überlieferungslage hier schlecht sei, da viele Gräberfelder mittlerweile zerstört und vergessen seien. Er vertrat die These, dass Runensteine an unterschiedlichen Standorten errichtet werden konnten, zumeist jedoch an Wegen. Grundlage dieser Annahme sind sieben schwedische Runeninschriften sowie der bereits zitierte Vers 72 der Hávamál. Andersson untersuchte den Runenstein von Jädra in Västmanland122 und die in direktem Anschluss gefundene wikingerzeitliche Brücke, die in der Inschrift erwähnt wird.123 Da viele Inschriften den Brückenbau benennen, argumentierte Andersson, dass Runensteine zumeist an Wegen errichtet wurden, die man in Feuchtgebieten durch eine Brücke erweiterte. In jüngster Zeit stellte Brink nochmals die enge Verbindung von Runensteinen, Wegen und Brücken am Beispiel småländischer Steine dar.124 Seine Argumente basieren ebenfalls auf den bereits genannten sieben Inschriften, die den Wegebau erwähnen sowie Vers 72 aus den Hávamál. 1.4.3 Runensteine an Kirchen Einen Zusammenhang von Runenstein und Kirche hatte Wideen bereits angedeutet und argumentierte, dass dieser Zusammenhang (Abb. 26) auf den Gräberfeldern beruhe, die sich häufig in unmittelbarer Nähe zu Kirchen 118 119 120 121
122 123 124
Wideen 1955, S. 116 ff. Düwel 1986, S. 88. Gustavson 1991a, S. 58. Für das Mittelalter ist belegt, dass schwedische Könige die Eriksgata reiten mussten, um sich von ihrem Volk huldigen zu lassen. Der genaue Verlauf der Eriksgata ließ sich bislang nur für einige Teilstücke anhand der Schriftquellen rekonstruieren. Im Zusammenhang mit Runensteinen kann es daher schnell zu Zirkelschlüssen kommen, wenn man angibt, dass Runensteine an der Eriksgata stehen und andererseits der Verlauf der Eriksgata mithilfe von Runensteinen rekonstruiert wird; siehe Brink 2000, S. 52; Petersson 1982, S. 17; Lagerqvist 1982, S. 5 ff. Vs Fv1988; 36. Andersson 1994. Brink 2002.
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befinden.125 Später stellte Anglert eine Relation zwischen Runensteinen und Kirchen in Skåne fest.126 Hallencreutz nahm den Gedanken von Anglert und Widéen auf und konstatierte, dass Runensteine an den Orten standen, wo man später Kirchen errichtete.127 Als Beleg führte er an, dass an einigen Runensteinen noch deutliche Farbreste erhalten sind und die Steine daher nur kurz nach ihrer Aufstellung vermauert worden sein müssen. An welchen Orten die Runensteine vor ihrer Vermauerung jedoch standen, ließ Hallencreutz offen. In Anlehnung an Anglert und Hallencreutz untersuchte Wilson das Verhältnis von Runensteinen und Kirchen und nahm an, jene Runensteine seien auf dem Thingplatz errichtet worden, der später zum Kirchplatz wurde.128 In seiner Monographie aus dem Jahr 1994 untermauerte er diese These nochmals und stellte fest, dass sich 2030% der Runensteine in Kirchen befinden.129 Vier der 18 von Wilson ausgewählten Kirchen mit Runensteinen stehen außerdem in räumlichem Kontext zu einem Gräberfeld.130 Möglicherweise befanden sich die Runensteine auf diesen Gräberfeldern, bevor sie in die Kirche gelangten. In Bezug auf Runensteine und Kirchen untersuchten Hagenfeldt und Palm den Zusammenhang von Standort und Steinart und stellten fest, dass 80% der Runensteine, die in Kirchen gefunden wurden, aus Kalkstein bestehen. Ihrer These zu Folge hatten jene Kalkstein-Runensteine ihren ursprünglichen Standort bereits in der Kirche [Hagenfeldt, Palm 1996:88]. Liegende Grabsteine mit Runeninschrift sowie die sog. Eskilstunakistor, waren ebenfalls von Anfang an für eine Verwendung im kirchlichen Bereich gedacht,131 gelten jedoch in dieser Arbeit nicht als Runensteine. Es handelt sich dabei vermutlich um „Nachfolgemodelle“ der Runensteine, die in der Tradition der Runensteine zusammen mit neuen Einflüssen weiter entwickelt worden sind. 1.4.4 Runensteine auf Grenzen Schließlich gibt es Forscher, die der Auffassung sind, dass Runensteine bereits während ihrer Aufstellung dazu dienten, Grenzen zu markieren. Es ist 125 126 127 128 129 130 131
Wideen 1955, S. 108. Anglert 1989, S. 223. Hallencreutz 1991, S. 26. Wilson 1992, S. 52. Wilson 1994, S. 7. Wilson 1994, S. 77 ff. Eine Untersuchung dieser Steine für Västergötland wurde von Lundberg ausgeführt (Lundberg 1997).
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jedoch problematisch, die Grenzen der Wikingerzeit zu rekonstruieren, da die Gemeindegrenzen frühestens aus dem Mittelalter stammen. Über den Verlauf wikingerzeitlicher oder noch früherer Grenzen kann man daher nur mutmaßen.132 In seiner Untersuchung konnte Larsson für 91% der Auslandsfahrersteine und 89% seiner Referenzsteine eine örtliche Verbindung zu Gräbern belegen. Er deutete Runensteine jedoch nicht als Grabsteine, sondern als Steine, die das Eigentum begrenzen.133 Zwei Jahr später untersuchte Zachrisson Runensteine, Horte und Gräber in Gästrikland und Uppland und stellte fest, dass Runensteine auf Grenzen errichtet wurden. Auf diesen Grenzen binden sie die Ahnen an den Hof, die ihrerseits den Hof schützen.134 1.4.5 Grundlagenstudien Während alle genannten Untersuchungen auf die Frage nach dem Standort der Runensteine eine Antwort oder zumindest eine Vermutung formulierten, legte niemand eine Grundlagenstudie vor. Lediglich einzelne Steine und kleinere Gebiete wurden in Bezug auf die Standorte der Runensteine untersucht. Zumeist fehlte jedoch auch dann eine Klärung der Grundfrage, nämlich, ob die jeweiligen Steine überhaupt am ursprünglichen Standort stehen. Im Jahr 1990 untersuchte Måhl im Rahmen eines Aufsatzes den ursprünglichen Standort von gotländischen Bildsteinen und fasste zusammen, dass die frühesten Steine hauptsächlich an Gräberfeldern, die jüngeren an Kommunikationswegen stehen.135 Da auch gotländische Bildsteine teilweise mit einem Runenband verziert wurden, ist eine solche Untersuchung als Vergleichsmaterial für die festlandschwedischen Runensteine von großer Bedeutung; die Ergebnisse dürfen jedoch nicht direkt übertragen werden, da zwar eine ähnliche Intention hinter beiden Denkmalgruppen stehen mag, diese jedoch bislang nicht eindeutig belegt werden konnte. Die Bildsteine müssen daher als eine eigene Denkmalgruppe aufgefasst werden, die womöglich nach anderen Kriterien und somit auch an anderen Plätzen errichtet wurden. Im gleichen Jahr kritisierte Larsson erstmals, dass Ekholm für seine Untersuchungen aus dem Jahr 1950 keine statistischen Grundlagen be132 133 134 135
Siehe dazu Brink 1999 (Rezension von Zachrisson 1998). Larsson, M. 1996, S. 143. Zachrisson 1998, S. 200. Måhl 1990, S. 16 f.
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saß.136 Das Fehlen dieser statistischen Grundlage ist und bleibt Hauptkritikpunkt aller bislang vorgestellten Arbeiten, da entweder die Materialbasis zufällig gewählt wurde oder nur einzelne Regionen von den Untersuchungen berührt sind. Grundlagenuntersuchungen auf breiter Materialbasis zum Standort der Runensteine wurden nicht gemacht, bislang hat man auf Einzelfälle zurückgegriffen. Im Jahr 1997 erschien Johansens Stockholmer Dissertation mit dem Titel Ormalur. Aspekter av tillvaro och landskap. In ihrer Erläuterung der eisenzeitlichen Landschaft und deren Wahrnehmung wurden auch Runensteine als Teil der Landschaft an ihren ursprünglichen Standorten untersucht. Johansen stellte fest, dass einige Runensteine im Älteren Futhark auf Hügeln errichtet wurden137 und untersuchte daraufhin die Standorte der Steine im Jüngeren Futhark auf der Basis der Angaben von SRI und DRI.138 Leider nahm sie keine eigenen Untersuchungen zu der Frage vor, welche Steine überhaupt noch am ursprünglichen Standort stehen, so dass ihr Ergebnis durch viele Steine verändert wurde, die nachträglich an den jeweiligen Ort gebracht wurden bzw. deren Fundumstände unklar sind. Sie kam zu dem Ergebnis, dass Runensteine im Durchschnitt zu 15% an Gräbern, 28% an Kommunikationswegen, 31% an Kirchen und 26% an übrigen Orten errichtet wurden.139 Da Gräber nach diesem Ergebnis unterrepräsentiert seien, nahm sie an, dass die vermauerten Steine in den Kirchen ursprünglich auf einem Gräberfeld in der Nähe der Kirche errichtet worden sind.140 Die von Johansen erbrachten Ergebnisse sind jedoch unbedingt zu überprüfen, da sie erstens nicht untersucht, ob die von ihr genannten Steine überhaupt am ursprünglichen Standort stehen können und sie zum Zweiten die Angaben zum Standort der Runensteine nur auf Basis der Corpuswerke bestimmt, jedoch weder archäologische noch topographische Untersuchungen benennt. Eine Beurteilung des Zusammenhangs von archäologischen Befunden und Runensteinen kann jedoch nur auf Basis verlässlicher archäologischer Quellen geschehen. In dem Fall wären die Angaben der Landesdenkmalpflege in Stockholm den eher 136 137
138 139 140
Larsson, M. 1990, S. 13. Illustriert durch ein Bild des Järsbergsteins auf einem Hügel, wobei Jansson in SRI bereits deutlich beschrieben hat, dass es sich hier um einen natürlichen Hügel handelt. Lindqvist hatte bereits im Jahr 1928 festgestellt, dass der einzige bis dahin bekannte Runenstein, der nachweislich vom Tag seiner Errichtung an auf einem Hügel stand, die neuzeitliche Rekonstruktion eines Grab- und Runensteinensembles im Freilichtmuseum Skansen in Stockholm ist Lindqvist 1928, S. 280. Johansen 1997, S. 162. Johansen 1997, S. 163. Ibid.
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antiquarischen Berichten aus SRI vorzuziehen oder zumindest stichprobenhaft abzugleichen. Ihre Ergebnisse werden in ihrer Arbeit außerdem nicht belegt, sondern lediglich referiert. An folgendem Beispiel soll erläutert werden, warum Johansens Vorgehensweise zu ungenauen Ergebnissen führte: Nach ihrer Untersuchung konnte auf Grundlage der Angaben in SRI für Östergötland festgestellt werden, dass nur acht Runensteine im Kontext eines Gräberfeldes stehen. Der SRI Band für Östergötland stammt aus dem Jahr 1911.141 Nimmt man dagegen die Fundbücher der schwedischen Landesdenkmalpflege für Östergötland in Verbindung mit einer Karte des Lantmäteriverkets auf dem Stand des Jahres 2007 zur Hand, auf der die Runensteine eingezeichnet sind, erhält man als Ergebnis, dass 21 Runensteine in Östergötland in Verbindung zu einem Grab stehen. Eine Überprüfung der beinahe einhundert Jahre alten Angaben aus SRI wäre somit grundlegend für eine solche Fragestellung gewesen. Diese Überprüfung fand bei Johansen nicht statt. Sie hat in ihrer Untersuchung somit eine Materialgrundlage, deren Beweiskraft aufgrund undeutlicher Auswahlkriterien überprüft werden muss. Eine zweite Untersuchung zum Thema Runensteine und Standorte wurde auf der Grundlage der dänischen Runensteine von Øeby Nielsen im Rahmen ihrer Dissertation am Archäologischen Institut Aarhus angefertigt.142 Sie untersuchte zu Beginn ihrer Arbeit, welche dänischen Runensteine am ursprünglichen Standort stehen und erhielt damit eine Materialbasis von 80 Runensteinen. Sie stellte fest, dass die Steine an Hügeln, Steinsetzungen, Brücken, Kirchen und Kommunikationswegen errichtet wurden.143 Eine Regelmäßigkeit oder Abstufung der Standorte konnte jedoch aufgrund der geringen Materialmenge nicht gemacht werden. Diese Standorte könnten ihrer Ansicht nach außerdem aufgrund der spärlichen Überlieferungslage ein falsches Bild zeichnen. Ein Großteil der dänischen Runensteine wurde sekundär verwendet oder versetzt, viele archäologische Fundstellen mittlerweile zerstört. Im weiteren Verlauf der Arbeit widmete sich Øeby-Nielsen daher der Frage, welche Funktion sekundär vermauerte Runensteine haben können. Sie deutete Runensteine allgemein als Monumente von Macht und Kontinuität.144 In Bezug auf die Standorte resümierte sie, dass Runensteine in Dänemark monumental und sichtbar in der 141 142 143
144
Brate 1911. Øeby Nielsen 2004a. Mündlich vorgetragen anlässlich ihrer Disputation unter Leitung von Prof. Else Roesdahl am 09. September 2004 in Århus, die Druckfassung der Arbeit liegt noch nicht vor. Øeby-Nielsen 2005a, S. 137.
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Landschaft errichtet und später symbolisch in Kirchen wieder verwendet wurden.145 Øeby-Nielsens Materialbasis ist gut motiviert und überzeugend ausgewertet, für allgemeine Tendenzen jedoch zu gering. Es ist daher sinnvoller, eine größere Ausgangsbasis an Runensteinen anzunehmen, damit nach Überprüfung des ursprünglichen Standortes noch genügend Runensteine für eine Untersuchung zu Verfügung stehen. Eine solche Arbeitsgrundlage schafft nur das schwedische bzw. das gesamte runische Material. 1.4.6 Stand der Forschung Durch die fortschreitende Herausgabe der einzelnen Bände der Reihe SRI und der Aufbereitung von Runeninschriften und deren Fundgeschichte wird die Standortfrage zwar in den meisten Einzelbänden der Reihe thematisiert, jedoch nur ausweichend damit beantwortet, dass Runensteine an unterschiedlichsten Orten errichtet wurden. Als Beispiel formulieren Jungner und Svärdström diplomatisch, Runensteine stehen an Wegen, Brücken und Gräberfeldern.146 Die bislang erbrachten Untersuchungen ergeben, dass der Standort des Runensteins keiner erkennbaren Regelmäßigkeit entspricht. Dieses unbefriedigende Ergebnis beruht auf der Herangehensweise an diese Fragestellung: Keine der genannten Arbeiten hat eine ausreichend große und in der Auswahl motivierte Materialgrundlage, um eindeutige Standorte für Runensteine bestimmen zu können. In den meisten Arbeiten zu dieser Frage wird nicht zwischen primärem und sekundärem Standort unterschieden. Jüngere Arbeiten selektieren Einzelbeispiele und sprechen diesen allgemeine Gültigkeit zu. Auch hier wurde weder darauf Bezug genommen, dass der Runenstein möglicherweise versetzt wurde, noch darauf, dass es regionale oder chronologische Unterschiede in der Standortwahl für Runensteine gegeben haben könnte. Statistische Grundlagen liefern nur wenige Arbeiten,147 in diesen Fällen ist die Auswahl regional begrenzt. Untersuchungen mit einer überregionalen Materialgrundlage148 arbeiten nur mit den Fundberichten der Corpuswerke als Basis für die Standortbestimmung, ohne aktuelle archäologische Untersuchungen einzubeziehen. Andere Arbeiten fußen auf einer rein archäologischen Fragestellung, Ausgangspunkt dieser Untersuchungen sind nicht die Runensteine selbst, sondern ein 145 146 147 148
Øeby-Nielsen 2001, S. 170. Jungner / Svärdström 1970, S. XXVIII. z. B. Gräslund 1987. z. B. Johansen 1997.
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ausgewählter archäologischer Befund (Gräber, Kirchen, usw.). Die Runensteine verwendete man als Bestätigung einer These und nicht um ihrer selbst willen. Die Inschriften, Ornamentik oder kulturwissenschaftliche Erkenntnisse wurden ebenfalls so gut wie nicht beachtet. Linguistische Abhandlungen149 nehmen keinen Bezug auf den Aufstellungsort der Runensteine und auch in den bekannten Übersichtswerken zu Runen150 fehlen Angaben zum Standort. Die Frage nach dem ursprünglichen Platz und dessen Umgebung wird den Archäologen überlassen, wobei gerade hier eine interdisziplinäre Bearbeitung mit dem Runenstein als Ausgangspunkt wünschenswert wäre. Im Gegensatz zu den bereits bearbeiteten Aspekten darf sich hier nicht ausschließlich auf die Fundplatzangaben aus SRI und DRI verlassen werden. Um aktuelle Angaben zum Standort zu erhalten, sind ein aktueller archäologischer Forschungsstand sowie eine Kartierung notwendig. Dabei sollte von Anfang an deutlich gemacht werden, welche Runensteine noch an ihrem ursprünglichen Standort stehen. Als Grundlage muss außerdem ein entsprechend großes und überregional verteiltes Material dienen, da chronologische oder regionale Eigenarten in dieser Frage durchaus denkbar sind. Eine solche Grundlagenstudie will die vorliegende Arbeit erbringen und damit eine lang bemängelte Forschungslücke schließen.
1.5 Runen 1.5.1 Ráð þú rúnar: Eine Einführung151 Das Wort „Rune“ wird in den Steininschriften verwendet, beispielsweise auf dem Stein von Einang/Oppland.152 Als Grundlage nimmt man ein germ. *rnjnǀ- an, aus dem sich die jüngeren Belege im Altnordischen, Gotischen und Althochdeutschen entwickelt haben.153 Im Deutschen ist die Bedeutung in dem Wort ‘raunen’ oder ‘Geraune’ noch erhalten. Unser modernes Wort ‘Rune’ ist eine in Skandinavien im 17. Jahrhundert entstandene „gelehrte Neubildung“ des germanischen Wortes.154 149 150 151
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u. a. Antonsen 2002; Birkmann 1995; Høst 1976; Nielsen 2000. u. a. Düwel 2001; Jansson 1987; Moltke 1976/1985; Wessén 1957. Beginn der Inschrift von U 11: raþ| |þu : runaR : Normalisierung: Ráð þú rúnar. Übersetzung: ‘Deute du die Runen’. Stein von Einang, Oppland, Norwegen, Inschrift: daga.tiRrunofaihido. Übersetzung: ‘(Ich, Guda)gasti schrieb/malte die Rune’; Spurkland 2001, S. 53. Got. rnjna, anord. rún, ahd. rnjna, ae. rnjn, mhd. rûne. Weiteres zur Etymologie des Wortes in Kluge / Seebold 2002 oder Pierce 2003 und dort angegebene Literatur. Düwel 2001, S. 1.
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Die Runen treten im 2. Jahrhundert nach Christus zum ersten Mal in Südskandinavien auf, die genaue Herkunft verbleibt ungeklärt. Allgemein wird heute angenommen, dass sie aus einem mediterranen Alphabet entstanden sind,155 um welches es sich dabei handelt, ist allerdings immer noch Gegenstand einer lebhaften Forschungsdiskussion.156 Die literarischen Quellen geben der Schrift einen göttlichen Ursprung, die entsprechend Rúnatalsþáttr Óðins157 von Odin in einem Initiationsritus empfangen wurden.158 Auch andere Passagen der Edda159 handeln von der Verwendung der Runen und ihrem magischen Gebrauch.160 Auf dem Runenstein von Noleby (Vg 63) steht, dass die Runen von den Göttern stammen.161 Man nimmt an, dass der Stellenwert einer Schrift, die von den Göttern selbst stammt, besonders hoch ist.162 Da nach den literarischen Quellen Odin die Runen empfangen und benutzt hat, stellt sich der Runenritzer in diese göttliche Tradition. Daher wird immer noch diskutiert, ob die Runen insgesamt magisch oder profan zu deuten sind. Bereits die frühesten Inschriften deuten jedoch eher auf eine auch im Alltag gebräuchliche Verwendung der Runen hin, denn Hersteller-, Benutzer- und Schenkerinschriften sind zunächst profane Angaben. Inwieweit der Träger den Gegenstand nach der Anbringung von Runen als magisch gedeutet hat, ist für uns heute nicht mehr nachvollziehbar. Gerade durch ihre Kürze und teilweise auch Undeutbarkeit wird ein Großteil der Inschriften im Älteren Futhark magisch gedeutet.163 155 156
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McKinnell / Simek / Düwel 2004, S. 11. In Frage kommen das lateinische (Wimmer 1887; Moltke 1985; Odenstedt 1990; Williams 1996c, Lund Hansen 2003), das griechische (Bugge / Olsen 1905–1924; von Friesen 1913b] und eines der südalpinen/etruskischen Alphabete (Marstrander 1952). Odins Runenlied, Edda, Hávamál 138–145. Dillmann 1995, S. 16. Hávamál 80, Skírnismál 36, Rigsþula 43, Sigrdrífomál 5–19. Zur magischen Verwendung der Runen: McKinnell / Simek / Düwel 2004; Düwel / Heizmann 2006. Vg 63, Inschrift: runo fahi raginakudo toj-a unaþou ÷ suhurah : susi(h)---tin hakuþo, Übersetzung: ‘Eine Rune (=geheimnisvolle Kunde) male [ich], eine von den göttlichen Mächten stammende. Ich bereite [dem Toten] Zufriedenheit. … (=diese Formel) möge Haukoþu (=den Habichtgleichen) scharf machen’ (Krause / Jankuhn 1966, S. 150 f.). Neuere Deutungen der Inschrift, die unter anderem von Grønvik (1994, S. 52) vorgelegt wurden, unterscheiden sich in der Übersetzung der hier relevanten Stelle raginakudo, ‘von den Göttern stammende’ nicht. Gustavson 2002, S. 22. Zuletzt bei McKinnell / Simek / Düwel 2004. Im Mittelalter ist die Verwendung der Runen als alltägliche Gebrauchsschrift durch Runenfunde in den Stadtkernen
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Die Verbreitung der insgesamt etwa 6 500 Runendenkmäler erstreckt sich geographisch über einen weiten Raum, die Eckpunkte markieren Grönland im Norden und Westen, Russland im Osten und Piräus im Süden164, ist jedoch sehr unausgewogen: Über die Hälfte aller bislang gefundenen Runendenkmäler stammen aus Schweden. Auch zeitlich herrscht ein Ungleichgewicht: Während besonders in der ausgehenden Wikingerzeit viele Runensteine im schwedischen Uppland errichtet wurden, waren Runensteine zur gleichen Zeit in Dänemark schon Geschichte, auf dem Kontinent sind Runen bereits im 7. Jahrhundert verschwunden, auf Island finden sie sich dagegen erst ab dem 13. Jahrhundert auf christlichen Grabplatten. Ab dem 5. Jahrhundert treten sie auf den Britischen Inseln erstmals auf, wo sich eine eigene Runenreihe entwickelte.165 In einigen schwedischen Regionen wurden Runen noch bis in die Neuzeit verwendet.166 Inschriftenträger in der frühesten Phase167 sind vor allem mobile Gegenstände aus Edelmetall: Von 421 Inschriften im Älteren Futhark168 befinden sich mehr als 150 auf Goldbrakteaten.169 Die frühesten Funde stammen aus dem südlichen Dänemark, so dass auf dem gegenwärtigen Stand der Forschung argumentiert werden kann, dass die Runen auch dort entstanden sind. Nachdem ein mediterraner Einfluss bei der Entwicklung des Alphabetes vorausgesetzt wird, werden die Runen im Norden entwickelt und wandern später wieder in den südgermanischen Raum.170 Da die frühesten Fundstücke mobil sind und die Runen nicht zwangsläufig dort angebracht wurden, wo man die Gegenstände hergestellt oder später deponiert hat, sind diese Aussagen jedoch noch immer unter Vorbehalt zu treffen. Zur Wikin-
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von Bergen, Trondheim oder Schleswig gut belegt (siehe dazu Spurkland 1993; Liestøl 1964). Düwel 2001, S. 3. Sie verteilen sich wie folgt: Schweden, Norwegen, Dänemark, Island, Färöer, Grönland, Deutschland, England, Irland, Orkney, Niederlande, Belgien, Frankreich, Österreich, Schweiz, Bosnien-Herzegowina, Polen, Rumänien, Tschechien, Ukraine, Ungarn und Russland. McKinnell / Simek / Düwel 2004, S. 14. Kalenderstäbe oder sog. Dalrunor in der Landschaft Dalarna. Die älteste erhaltene Inschrift ist der Kamm von Vimose, der nach neuesten Erkenntnissen auf 160 n. Chr. datiert wird (Stoklund 2006, S. 358). Die Fibel von Meldorf ist älter (1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr.), ob es sich bei der Inschrift wirklich um Runen handelt, ist unsicher. Man bezeichnet die Zeichen auf der Fibel heute zumeist als „Proto-Runen“ (zuletzt McKinnell / Simek / Düwel 2004, S. 13). Ein Dank an Dr. Ute Zimmermann, Kiel, die mir diese aktuelle Zahl freundlicherweise genannt hat. Düwel 2003b, S. 526. Martin 2003, S. 197.
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gerzeit werden besonders viele Steine beschriftet, im Mittelalter zumeist Holzstäbchen.171 Insgesamt kommt alles, was beschreibbar ist, auch als Inschriftenträger einer Runeninschrift in Frage,172 wobei die Erhaltungsbedingungen für Runen auf organischem Material von Natur aus schlechter sind. Die Runenschrift wird auch als Futhark bezeichnet, entsprechend dem Lautwert der ersten sechs Runen in der Runenreihe. Insgesamt bilden 15 Inschriften die genaue Abfolge der Runenreihe im Älteren Futhark ab.173 Die Runen werden sowohl im Älteren wie auch im Jüngeren Futhark in drei Gruppen, sog. ættir, eingeteilt.174 Neben dem Lautwert wird einzeln stehenden Runen von einigen Forschern auch ein Begriffswert zugeordnet, der aus jüngerer Zeit in den Runica Manuscripta belegt ist.175 Die Anordnung von Zeichen und Lauten und ihre Verteilung auf die ættir wurde bislang nicht erklärt, man benutzt diese jedoch für die Verschlüsselung von Inschriften, sog. Geheimrunen.176 Bis etwa 800 sind die Inschriften im sog. Älteren Futhark, einem Alphabet aus 24 Runenzeichen, abgefasst, die danach auf 16 Zeichen zum sog. Jüngeren Futhark reduziert wurden.177 Das Anglo-Friesische Futhark erweitert im 9. Jahrhundert die Anzahl der Runen auf 28.178 Das Jüngere Futhark in Skandinavien tritt ab 800 in zwei voll
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Zahlreiche Neufunde erbrachten die Stadtkerngrabungen von beispielsweise Schleswig, Sigtuna, Lödöse, Trondheim oder Bergen. Organisches Material: Holz, Bernstein, Knochen, Walbein, Elfenbein, Geweih, Tierhaut. Anorganisches Material: Stein, Ton, Glas, Edel-, Bunt-, Schwer- und Eisenmetall (Düwel 2003a, S. 500 f.). Düwel / Heizmann 2006, S. 4. Düwel 2001, S. 9. Die ættir im jüngeren Futhark lauten: fuþârk : hnias : tbmlR. Eine solche Einteilung findet man unter anderem auf den Brakteaten von Vadstena, Vadstena-C, IK 377,1 und Grumpan, Grumpan-C, IK 260 oder in den Runica Manuscripta. Die Futhark-Inschrift von Schleswig belegt neben der Einteilung der Runen in ættir außerdem eine Nummerierung der Geschlechter und kann somit als „Schlüssel zur Herstellung und Entzifferung von Geheimschriften gedient haben“ (Fjellhammer Seim 2003, S. 567). Da die Begriffsrunen ausschließlich aus der Manuskriptüberlieferung bekannt sind und man entsprechend nicht aus den Inschriften den Begriffswert erschließen kann, bleibt dies eine von vielen möglichen Deutungen einer Inschrift und wird mehr und mehr abgewiesen. Ein gutes Bespiel für unterschiedliche Geheimrunen ist der Runenstein von Rök in Östergötland, Ög 136. Eine Übergangsinschrift zwischen Älterem und Jüngerem Futhark ist beispielsweise der Schädel von Ribe (Stoklund 2006, S. 365). Dargestellt auf dem Thames Scramasax (McKinnell / Simek / Düwel 2004, S. 19).
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entwickelten Varianten auf, Lang-179 und Kurzzweigrunen,180 die sich in der Ausformung der einzelnen Zeichen unterscheiden,181 im Laut- und Begriffswert einander jedoch größtenteils entsprechen. Das Jüngere Futhark wird später durch Interpunktion erweitert, ab 1200 neben dem lateinischen Alphabet gebraucht und von diesem langsam verdrängt. Im Mittelalter finden sich Runeninschriften auf Grabplatten, z. T. gleichwertig neben einer lateinischen Inschrift,182 und Holzstäbchen mit Runen, die in den mittelalterlichen Städten in jüngster Zeit vermehrt gefunden wurden.183 Dabei hat die Runenschrift zumeist den Charakter einer profanen Gebrauchsschrift. Wichtig für ein Verständnis der Inschriften ist, wer diese lesen und auch schreiben konnte. Vorchristliche Importfunde aus dem Mittelmeerraum im Norden belegen den regen kulturellen Austausch zwischen Nord und Süd, in dessen Zuge auch die Schrift in den Norden gekommen sein könnte. Um daraus jedoch eine eigenständige Schrift zu entwickeln, muss mehr bekannt gewesen sein als eine kurze Inschrift und es muss Menschen gegeben haben, die diese Schrift lesen, gebrauchen und der eigenen Sprache anpassen konnten.184 Es muss sich bei den frühesten Runenkundigen also um Menschen gehandelt haben, die auf die eine oder andere Weise Kontakt zu Schriftkundigen anderer Alphabete gehabt haben oder vielleicht sogar selbst die Ursprungsalphabete beherrschten. Noch ungeklärt innerhalb der Forschung ist, ob die Runenritzer185 auch tatsächlich runenkundig waren oder ob sie nicht die Inschriften nach einer Vorlage angebracht haben. Moltke schlägt vor, dass nur der Runenmeister186 die volle Runenkenntnis 179 180 181
182 183 184 185
186
Diese werden auch Normalrunen oder Dänische Runen genannt. Diese werden auch Stutzrunen oder Schwedisch-Norwegische Runen genannt. Im Unterschied zu den Kurzzweigrunen sind die Langzweigrunen bei einigen Runen komplexer gestaltet, beispielsweise in der Ausführung der Runen b, R, s oder m. Ob diese Unterschiede aufgrund von unterschiedlichen Inschriftenträgern (Holz oder Stein) oder geographischer Verbreitung (Schweden/Norwegen oder Dänemark) gewählt wurde, wird weiterhin diskutiert (Fjellhammer Seim 2003, S. 568). Eine dritte Variante der Runen im Jüngeren Futhark bilden die in Mittelschweden entwickelten „Stablosen Runen“ bzw. Hälsingerunor. Ihnen fehlt der Mittelstab. Gardell 1937, S. 126. Düwel 2001, S. 153 ff. Laur 2006, S. 11. Zur Diskussion des Begriffes erilaR für den Runenmeister siehe McKinnell / Simek / Düwel 2004, S. 13 und die dort angegebene Literatur. Die Bezeichnung Runenmeister wurde indirekt vom aisl. rúnameistari des Codex Wormianus der Snorra Edda entliehen (Dillmann 2003, S. 537).
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hatte und in der Lage war, eine Inschrift zu entwerfen; während Runenritzer mit der rein technischen Ausführung des Ritzens betraut wurden, aber nicht zwangsläufig runenkundig sein mussten.187 Eine solche Deutung ist jedoch umstritten, denn gerade auf Grundlage der annähernd 4 000 runischen Gegenstände Schwedens ist eine elitäre Klasse von Runenmeistern eher abwegig. Aufgrund der wertvollen Gegenstände und Waffen, die mit Runen in ältester Zeit beschrieben wurden, kann man davon ausgehen, dass Runen und Literarizität zunächst Sache der gesellschaftlichen Elite war. Bei den wikingerzeitlichen Inschriften muss jedoch eine größere Literarizität in der Bevölkerung angenommen werden, da die große Anzahl der Runensteine im 11. Jahrhundert in Mittelschweden voraussetzt, dass diese Inschriften gelesen und die einzelnen Zeichen verstanden wurden. 1.5.2 Vígnjótr reisti stein: Die Runensteine188 Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit Runensteinen, so dass im Folgenden noch einige Charakteristika zur Entwicklung und aktuellen Interpretation der Steininschriften vorgestellt werden sollen: Erst im 4. Jahrhundert kommen die Runen in Stein geritzt im Norden vor, die Steine von Vetteland und Einang in Norwegen gehören zu den ältesten Runensteinen.189 Damit wurde an die Tradition der aufrecht stehenden Bautasteine angeknüpft, die mit einer Inschrift und z.T. auch Bildern versehen wurden. Die frühesten Runensteine finden sich in Norwegen und Schweden,190 erst später verbreitete sich diese Tradition nach Dänemark und den Britischen Inseln.191 Die Inschriften der ältesten Steine192 sind im 187 188
189
190 191 192
Jacobsen / Moltke 1942, S. 928 f. Beginn der Inschrift von Sm 1, Inschrift: [ui]h[nk]ut[r] : [r]esti : sten ... Normalisierung: Vígnjótr reisti stein. Übersetzung: ‘Vígnjótr errichtete den Stein’. Nielsen 2000, S. 280. Die Datierung der Runensteine ist ein fortwährendes Problem, da man das Grundmaterial Stein nicht zeitlich einordnen kann und die groben sprachlichen Abstufungen zu ungenau für eine exakte Datierung sind. Außerdem muss man dabei auch lokale Sprachvarianten berücksichtigen. In wenigen Fällen konnten Runensteine durch archäologische Beifunde datiert werden, dies ist jedoch die Ausnahme. Historische Ereignisse werden selten auf Runensteinen genannt und geben einen terminus post quem, eine relative Chronologie durch den Vergleich von Steinen oder eine Typologie aufgrund von Stil, Schrift und Sprache verbleibt unsicher (Palm 1992, S. 22). Ältester schwedischer Runenstein ist die Steinplatte von Kylver (G 88) um 400. Düwel 2001, S. 34. Es gibt insgesamt 54 Runensteine und 504 mit Runen beschriftete Gegenstände im Älteren Futhark. In Schweden wurden bislang 21 Runensteine im Älteren Futhark und 52 mobile Gegenstände gefunden (Runenprojekt Kiel, Stand März 2007).
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Stil anderer gleichzeitiger Runeninschriften auf mobilen Objekten kurz und oft schwer zu deuten. Ihre geringe Anzahl verleiht ihnen eine gewisse Exklusivität, so dass einige Forscher die Runensteine im Älteren Futhark als Monumente der Elite bezeichnen,193 andere sehen sie in Verbindung zum vorchristlichen Kult.194 Erst ab dem 11. und insbesondere im 12. Jahrhundert steigt die Zahl der Runensteine rapide an, allein in Uppland errichtete man über 1000 Steine. Die Steininschriften der Wikingerzeit sind länger und stark formelhaft, es handelt sich fast ausnahmslos um Gedenkinschriften für Verwandte oder Kameraden. Neben der stereotypen Gedenkformel „X errichtete den Stein für Y“ finden sich in den Inschriften Gebete, Ritzersignaturen oder weitere Angaben zur Beziehung zwischen Steinsetzer und der mit dem Stein bedachten Person. Neben der Inschrift werden die Steine der Wikingerzeit reich verziert und farbig abgesetzt.195 Diese plötzliche Veränderung in der Runensteinsitte trat also nicht zusammen mit den Sprachveränderungen um 800 auf, wie man es vermuten könnte, sondern ca. 200 Jahre später.196 Am Übergang zu dieser „neuen Runensteinwelle“ steht beispielsweise der dänische Runenstein von Jelling (DR 42),197 der in vielerlei Hinsicht mit den Konventionen bricht. Er ist an mehreren Seiten beschriftet, die Schrift verläuft waagerecht von links nach rechts und auf einer Seite ist eine eindeutige Christusdarstellung sichtbar. Auch die Inschrift ist für ihre Zeit einzigartig. Harald Blauzahn, Errichter des Monumentes, gibt an, dass er ganz Dänemark und Norwegen gewonnen habe und die Dänen zu Christen machte. Die Inschrift ist also nur vorgeblich ein Erinnerungsdenkmal für Verwandte (in diesem Fall seine Eltern Thyra und Gorm) und hauptsächlich Beweis von persönlicher Macht und Stärke. Neben den standardisierten Inschriften sind die jüngeren Runensteine auch in ihrem Äußeren anders, der vermehrte Gebrauch von Kreuzen und die Verwendung komplizierter Ornamentik kann beobachtet werden. Die zunehmende Zoomorphisierung der Runenschlinge fällt besonders auf (Abb. 29) und gelangt in Uppland unter dem Runenritzer Öpir zur handwerklichen Vollendung. Warum sich der Charakter der Runensteine um die Jahrtausendwende ändert und was diese Steine überhaupt bedeuten, wird in der Forschung 193 194 195
196 197
Lager 2002, S. 15. Düwel 2001, S. 11. Reste ursprünglicher roter Farbe haben sich auf mehreren Runensteinen erhalten, z. B. den Steinen aus Köping, Öland. Lager 2002, S. 18. Nach jüngsten Diskussionen ungefähr in das Jahr 970 datiert (nach seiner Taufe 965 und vor seiner Niederlage in Haithabu 974) (Stoklund 2006, S. 369).
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weiterhin diskutiert und unterschiedlich beantwortet. Einig ist man sich ihrer primären Funktion als Erinnerungssteine. Doch das plötzliche Ansteigen dieses Bedarfs im 11. und 12. Jahrhundert lässt einen weiteren Grund vermuten. In dem genannten Zeitraum treten große soziale, religiöse und politische Veränderungen in Skandinavien auf, die eine Errichtung der Runensteine als Reaktion auf diese tief greifenden Umbrüche nahe legen. Neben der Meinung, dass eine Kombination verschiedener Auslöser für die Runensteinerrichtung verantwortlich ist,198 gibt es auch einige Forscher, die gewissen Auslösern den Vorzug geben wollen. Möglich wären hier die Christianisierung, politische Veränderungen (Staatenbildung, Machtstreitigkeiten) sowie organisatorische Veränderungen (Bildung der socknar 199). Viele Forscher deuten Runensteine als Monumente der Christianisierung200 und innerhalb dieser beispielsweise als Werkzeuge für den neuen Glauben,201 Protest gegen den heidnischen Tempel von Uppsala,202 als Fürbitte für Verstorbene (die möglicherweise noch Heiden waren)203 oder zur Weihe christlicher Gräber auf heidnischen Gräberfeldern.204 Dass die Missionare selbst für einige Runensteine verantwortlich sein könnten, wird ebenfalls vorgeschlagen.205 Runensteine als soziale oder politische Denkmäler lassen einige Forscher dafür plädieren, dass Runensteine in erster Linie Monumente eines veröffentlichten Erbfolgerechtes sind.206 Dem widersprechen beispielsweise Sjöholm,207 Herschend208 sowie Stoklund.209 Als Manifest sozialer Hierarchie in einer Zeit des politischen Wandels sehen andere den vermehrten Bedarf an Runensteinen.210 Als Statussymbol,211 Zeichen der Elite212 und 198 199
200
201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211
Gräslund 1987, S. 241. Schwedische Verwaltungseinheit, vergleichbar mit deutschen ‘Gemeinden’. Am ehesten als ‘Kirchspiele’ zu übersetzen. Anglert 1989; Birkeli 1973; Bodin 1997, S. 143f; Hallencreutz 1991; Herschend 1994; Lager 2002. von Friesen 1913a, S. 72. Ljungberg 1938, S. 272. Hyenstrand 1972, S. 186. Gräslund 2002b, 1992c, 1991a. Larsson, M. 1991, S. 66; Zachrisson 1998, S. 157 f.; Palme 1962, S. 92. Sawyer 1988, zuletzt 2000; Carlqvist 1977. Sjöholm 1991. Herschend 2002, S. 29. Stoklund 2005. Anglert 1995; Herschend 1999. Lönnroth 1982.
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Markierung neuer sozialer Klassen213 werden Runensteine zu gesellschaftlichen Monumenten. Auch als Ergebnis der Wikingerfahrten werden sie diskutiert, indem angenommen wird, dass man für auf den Wikingerfahrten im Ausland verstorbene Verwandte auf heimischem Grund einen oder auch mehrere Runensteine errichtete.214 Dem widerspricht Sawyer, die feststellt, dass nur 10% der Runensteine für Verstorbene im Ausland errichtet wurden.215 Als organisatorisches Mittel zur Kommunikation in einer Zeit rascher Veränderungen könnten Runensteine ebenfalls gedient haben,216 Brink bescheinigt ihnen den Wert eines „Schwarzen Bretts“ für wichtige Ereignisse, beispielsweise für Erbangelegenheiten.217 In ihrer Funktion als Wahrer der Kontinuität fördern sie die Kommunikation mit der Vergangenheit.218 Bei so vielen unterschiedlichen Deutungen ist die Frage sicherlich berechtigt, ob die Uniformität der wikingerzeitlichen Inschriften den Runensteinen gleichzeitig auch einen uniformen Sinn gibt. Zu einer zufrieden stellenden Deutung wird man sicherlich erst dann kommen können, wenn man den Runenstein als Monument untersucht und das gewollte Zusammenspiel von Text, Motiven, Farbe, aber auch den Stein insgesamt, sowie seinen örtlichen Kontext einbezieht.219 Die Frage nach dem ursprünglichen Standort der Runensteine und deren Verbindung zu anderen archäologischen Denkmälern ist daher für die Frage nach dem Sinn der Runensteine von zentraler Bedeutung.
1.6 Wenn ein Fundstück zum Thorshammer wird Eine Arbeit, die sich sowohl mit schriftlichen als auch archäologischen Hinterlassenschaften befasst, muss zunächst verdeutlichen, warum beide Disziplinen mit ihren spezifischen Quellen und Forschungsansätzen in dieser Fragestellung verwendet werden sollten. Auch wenn Philologie und 212 213 214
215 216 217 218 219
Palm 1992, S. 255. Randsborg 1980, S. 44. Jansson 1987, S. 38 f.; Koefoed 1963, S. 116 f., Ruprecht 1958, S. 40 ff. Ein Beispiel für diese Sitte sind die sog. Ingvarsteine, die für Teilnehmer an der Expedition des Ingvar gesetzt wurden, z. B. U 439, U 644 und Sö 9. Sawyer 2000, S. 16. Gren 1994, S. 87; Zilmer 2005, S. 46; Williams 2001, S. 177. Brink 2002, S. 108. Øeby Nielsen 2001, S. 170. Zur Frage nach einer kontextuellen Deutung siehe auch Andrén 2000 oder Jesch 1998.
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Archäologie zwei unterschiedliche Disziplinen sind, kann man gerade bei Studien zum wikingerzeitlichen Skandinavien keine der beiden Disziplinen ausschließen, sie sind auf einander angewiesen. Die meisten Schriftquellen, die uns für den genannten Zeitraum zu Verfügung stehen, sind retrospektive Quellen, die im Mittelalter aufgeschrieben wurden und entsprechend die Wikingerzeit so wiedergeben, wie man sich diese im Mittelalter auf Island vorgestellt hat. Sicher haben sie ihre Wurzeln in der wikingerzeitlichen Gesellschaft und einzelne Stoffe wurden bereits vorher mündlich tradiert, gerade über diese Form der Mnemotechnik wurden vermutlich auch einige Stoffe verändert. Die altnordischen Schriftquellen, Sagas und Eddas, können somit keinesfalls als wikingerzeitliche Primärquellen gedeutet werden; bei ihrer Verwendung muss man immer beachten, dass auch sie „nur“ nachträglich aufgeschriebene Geschichten, aber keine Geschichte sind. Archäologische Quellen bergen immer das Problem, dass man nie weiß, mit welcher Intention sie in den Boden gelangten. Selbst bei einem ungestörten Grabkontext können Archäologen nicht mit Sicherheit sagen, ob die gefundenen Beigaben tatsächlich Gegenstände des Toten oder vielleicht Familienerbstücke aus älterer Zeit sind oder die Gegenstände aus dem Besitz von Freunden und Verwandten stammen. Fundstücke können typologisiert und chronologisiert werden, man kann sie unter Vorbehalt unterschiedlichen Fundschichten, Gesellschaftsgruppen oder Geschlechtern zuordnen, doch die eigentliche Interpretation kann häufig nur mithilfe der Schriftquellen erfolgen. Ein sehr passendes Beispiel wird dabei von Neil Price gegeben, der im einleitenden Teil seiner Dissertation das Folgende zu Bedenken gibt: „The moment that a small T-shaped object became a ‘Þórr’s-hammer amulet’, then written sources were being employed.“220 In dem Moment, wenn man von der Beschreibung des Objektes zu einer Interpretation überleitet, bedient man sich der Schriftquellen, die einen so passenden Hintergrund für die meisten Fundstücke liefern. Beachtet man dabei die besonderen Eigenarten der Schriftquellen in textkritischer Weise, ist eine solche Zusammenführung eine interdisziplinäre Studie, die dem Studienobjekt und der Interpretation der genannten Zeit zugute kommen kann. Runensteine, Materialgrundlage dieser Arbeit, gehören für beiden Fächer zu den Quellen der zu untersuchenden Zeit. Die Inschriften sind die einzigen Primärquellen der Eisenzeit im Norden, die einzigen Texte, die tatsächlich zu jener Zeit verfasst wurden und für jene Zeit aktuell waren. Für Philologen sind diese Inschriften für die Entwicklung der Sprache im Nordgermanischen Raum von unschätzbarem Wert. Den Archäologen 220
Price 2002, S. 32.
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gelten die Runensteine als Fundgruppe. Die dargestellten Bilder können archäologische Funde illustrieren und erweitern, die Inschriften erklären Zusammenhänge, die Steine selbst sind Indiz für Besiedlung an diesem spezifischen Platz. Übergeordnet werden sie zur Rekonstruktion von Landschaften verwendet, sie gelten als Hinweise für Zentralplätze und Machtzentren.221 Als archäologische und philologische Quellengattung sollen Runensteine daher auch mit den verschiedenen Herangehensweisen beider Disziplinen in der vorliegenden Studie untersucht werden.
1.7 Räumliche und zeitliche Abgrenzung der Arbeit Der bislang älteste Runenstein Schwedens ist der Stein von Kylver/Gotland (G 88), der in die Völkerwanderungszeit um 400 datiert wird. Auch die Felsritzung im Älteren Futhark von Himmelstalund/Östergötland (Ög N250) und der Stein von Ellestad/Östergötland (Ög N269) stammen vermutlich aus dieser Zeit. Die jüngsten im Rahmen dieser Arbeit behandelten Runensteine sind der Stein von Harg/Uppland (U 595) und die Futharkinschrift von Halahult/Blekinge (DR 361), beide aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Die hier genannten 800 Jahre (ca. 400–1150) werden unterschiedlichen chronologischen Perioden zugerechnet. Sie gehen weit über die Wikingerzeit hinaus, die im Allgemeinen für Skandinavien vom ausgehenden 8. bis in die Mitte des 11. Jahrhunderts reicht.222 Die Eisenzeit dagegen beginnt bereits vor Christi Geburt, so dass auch dieser chronologische Terminus den Zeitraum nicht umschreiben kann. Mangels eines geeigneten Zeitbegriffs wird daher in der vorliegenden Arbeit der Terminus „Runenstein-Zeit“ verwendet, dieser bezeichnet die Jahrhunderte zwischen Kylver und Harg, die zeitliche Grundlage dieser Arbeit. Eine Untersuchung aller Runensteine würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit bei weitem überschreiten. Die Anzahl der Runensteine Norwegens ist für eine solche Untersuchung zu gering, die meisten befinden sich heute in Museen. Das Material Dänemarks wurde bereits einer ähnlichen Untersuchung unterzogen, die jedoch im Ergebnis feststellen musste, dass der ursprüngliche Standort in der Landschaft nur für verhältnismäßig 221
222
Beispielsweise im Zentralplatzmodell von Fabech / Ringtved 1998 oder Brink 1996a. Als historische Fixpunkte nimmt man für den Beginn der Wikingerzeit den Überfall auf das englische Kloster Lindisfarne 793 an, das Ende der Wikingerzeit wird mit dem Battle of Hastings 1066 oder der Aufgabe von Haithabu, dessen letztes Dendrodatum ein Brunnen aus dem Jahr 1020 liefert, angegeben.
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wenige Steine geklärt werden kann.223 Grundlage dieser Untersuchung sind daher alle Runensteine des modernen Schwedens, die zum größten Teil in den einzelnen Bänden von SRI einheitlich und übersichtlich präsentiert werden. Die zur Wikingerzeit dänischen Landschaften Blekinge, Halland und Skåne, sowie die ehemals norwegischen Landschaften Bohuslän, Härjedalen und Jämtland werden ebenfalls mit in die Untersuchungen eingehen, um zu überprüfen, ob sich hier Unterschiede zu den restlichen Landschaften feststellen lassen. Durch die frühen Inventarisierungen von Runensteinen im 16. und 17. Jahrhundert ist es gerade in Schweden gut möglich, festzustellen, welche Steine im Verlauf der landwirtschaftlichen Veränderungen, insbesondere des 19. Jahrhunderts, versetzt wurden. Erst in dieser Zeit begann man in weiten Teilen Schwedens auch schwer zugänglicher Waldgebiete urbar zu machen, legte Landstriche trocken,224 arbeitete mit neuen Technologien in der Landwirtschaft, beispielsweise dem Tiefpflügen, und schließlich erfand Alfred Nobel 1867 das Dynamit, mit dessen Hilfe viele Runensteine als Hindernisse für den Ackerbau gesprengt wurden. Die Angaben aus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert sind daher besonders wichtig, da hier die Landschaft größtenteils dem mittelalterlichen Bild entsprach und Runensteine nur in Ausnahmen versetzt wurden. Die archäologische Landesaufnahme ist heute zentral im Fornminnesregister des Riksantikvarieämbetet in Stockholm zugänglich, in einigen Teilen bereits digitalisiert in dem Programm FMIS. Neben Verzeichnissen über Funde und Befunde findet man hier alle Informationen zu bereits durchgeführten Untersuchungen und deren Ergebnissen. Die breite Arbeitsgrundlage und geographische Variation des Materials lässt neben einer allgemeinen Untersuchung Raum für regionale weiterführende Detailstudien. Schweden eignet sich daher aufgrund des vorhandenen Materials, aber auch dessen guter Dokumentation und Verfügbarkeit, besonders gut für eine Untersuchung von Runensteinen und archäologischem Kontext.
1.8 Terminologie und Probleme Im Folgenden sollen noch einige Ausdrücke und praktische Vorgehensweisen erläutert werden. Alle fremdsprachigen Ausdrücke werden in kursiver Form wiedergegeben. Die Fachtermini stensträng und skärvstenshög 223 224
Øeby Nielsen 2004a. Beispielsweise wurde die Nutzlandschaft von Närke durch Austrocknung von Mooren deutlich vergrößert.
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aus dem Schwedischen wurden in dieser Arbeit nicht übersetzt, sondern übernommen, da eine deutsche Übersetzungen dieser Begriffe bereits eine Interpretation beinhalten würden.225 Da der gegenwärtige Forschungsstand keine eindeutige Interpretation liefert, soll diesem Forschungsdesiderat nicht durch eine Übersetzung vorgegriffen werden.226 Die bloße Übertragung in das Deutsche als „Steinstrang“ und „Steinbrockenhaufen“ scheint hier wenig sinnvoll. Ähnliches gilt für die Bezeichnung von Gebäuden und anderen Befundgruppen: Gebäude können auf Grundlage vorhandener Pfostenlöcher identifiziert werden, während ihre Funktion unsicher ist. Es gibt gewisse Indizien, die ein Gebäude als Kulthalle, Königssitz oder Wohnstallhaus erscheinen lassen, eindeutige Belege dafür lassen sich aber nur selten finden. Dementsprechend werden die in FMIS vorgegebenen Bezeichnungen verwendet. Falls keine weiteren Informationen zum Pfostenbefund aufgeführt sind, bleibt der Befund auch in meinen Aufzeichnungen das, was er zunächst ist: ein Pfostenloch. Zur weiteren Terminologie und Ansprache archäologischer Befunde sei auf die jeweiligen Kapitel im folgenden Text verwiesen. Ein weiterer Ausdruck, der vor dem Beginn der Analyse problematisiert werden sollte, ist „Heidentum“ als Bezeichnung für den Glauben, den die Skandinavier vor der Christianisierung pflegten. „Heidentum“ ist weder als Abwertung zu verstehen,227 noch verbirgt sich dahinter eine einheitliche Religion mit beispielsweise heiliger Schrift und einheitlichen Tempeln. Die altnordischen Quellen geben ein sehr diffuses Bild dieses Glaubens wieder, an einigen Stellen finden sich deutliche Anlehnungen an das Christentum, so dass hier möglicherweise die Phantasie des Verfassers den Text diktiert.228 Es ist daher nicht einmal sicher, ob die dort geschilderten 225
226
227
228
Der Begriff ‘Lesesteinhaufen’, der in einigen Publikationen als Übersetzung zu skärvstenshögar verwendet wird, interpretiert, dass diese Haufen aus einfachen Steinen bestehen, die vom Feld aufgesammelt wurden, da sie für den Ackerbau hinderlich waren. Die Erkenntnis, dass die Steine der skärvstenshögar zum größten Teil Verbrennungen ausgesetzt waren, wird bei dieser Übersetzung nicht beachtet. Zur Forschungsdiskussion und Bedeutung von stensträngar siehe Burström 1994; Carlsson 1979; Cassel 1996; Hedvall 1997; Lindgren-Hertz 2004; Nordén 1930; Olausson 1995. Zu skärvstenshögar beispielsweise Kaliff 1997 und dort angegebene Literatur. „Paganism has been avoided because its obvious negative connotations“ (Sanmark 2004b, S. 15 mit Verweis auf Hultgård). Die Vorstellungen des 13. Jahrhunderts haben einige Texte beeinflusst, die Darstellung des Heidentums erfolgt aus der Sicht eines christlichen, mittelalterlichen Verfassers, der beispielsweise Tempel wie heidnische Kirchen beschreibt (Færeyinga saga, Eyrbyggja saga).
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Heiden wirklich an Hel und Walhall glaubten oder ob dies nicht Interpretationen Snorris in Anlehnung an das christliche Konzept von Himmel und Hölle sind. Gewisse Akzente dieses Glaubens scheinen nur lokal verbreitet gewesen zu sein, so spielt der Gott Freyr in Schweden vermutlich eine größere Rolle als in Norwegen oder Dänemark. Die genannten Beispiele zeigen, dass hier nicht von einer Religion gesprochen werden kann, so dass „Heidentum“, sowie damit zusammenhängend „heidnisches Gräberfeld“, „heidnischer Glaube“, etc. verwendet werden ohne, dass der Terminus einen einheitlichen, überregionalen oder genau festgesetzten Glauben voraussetzt. Absichtlich wird in diesem Kontext nicht von „heidnischer Religion“ gesprochen, da „Religion“ einen einheitlichen Glauben mit festen sowie einheitlichen Konventionen impliziert. Wenn in der vorliegenden Arbeit das Wort „heidnisch“ benutzt wird, dient er als Umschreibung für eine Weltanschauung, die uns heute in größten Teilen unbekannt ist. Während „vorchristlich“ eine zeitliche Unterscheidung macht, die die Zeit vor der Christianisierung betrifft, dient der Terminus „heidnisch“ als Umschreibung eines kulturellen Phänomens, dessen zeitliche Einordnung unbestimmbar ist. Runensteine werden mit Landschaftskürzel und laufender Nummer angegeben, wie es in den Corpuswerken entsprechend vorgegeben wird.229 In den Corpuswerken nicht aufgenommene oder neu gefundene Runensteine werden mit Landschaftskürzel und ihrer ersten Publikation angegeben.230 Diese Vereinfachung der Wiedergabe ermöglicht dem Leser, jedes Kürzel in der Samnordisk Runtextdatabas Version 2.0 (kurz: Rundata)231 wiederzufinden oder in den Corpusbänden nachzuschlagen. Dort sind weiterführende Angaben zum jeweiligen Stein übersichtlich dargestellt. Eine Angabe von Fundort und/oder Kirchspiel wird nicht gemacht, da es hier zu Verwechslungen kommen kann, beispielsweise dann, wenn die Angaben zum Fundort ungenau oder widersprüchlich sind. Die zitierten Runeninschriften werden nach Rundata wiedergegeben. Neben der fett gedruckten Inschrift wird stets auch die normalisierte Form in einer Fußnote kursiv angegeben, um das Textverständnis der nicht immer 229
230
231
Beispiel Vr 1 für den Runenstein von Järsberg, Varnums sn, Värmland. Vr ist das Landschaftskürzel der Landschaft Värmland, 1 die laufende Nummer, nach der die Steine in SRI publiziert wurden. Beispiel Vr NOR1994;27 für den im Jahr 1994 in der Zeitschrift Nytt om Runer erstmals publizierten Runenstein von Stommen, Skramles udde, Gunnarskogs sn, Värmland. Vr steht für die Landschaft Värmland, NOR1994;27 für die erstmalige Publizierung des Steins in Nytt om Runer, Ausgabe 1994, Seite 27. Neben NOR kann als Abkürzung außerdem Fv für die Zeitschrift Fornvännen vorkommen. Samnordisk Runtextdatabas, Institutionen för Nordiska Spåk, Uppsala Universitet.
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einheitlichen Orthographie zu erleichtern. Die normalisierte Form wird entsprechend der Vorgabe in Rundata zitiert, die dort vorgenommene Orthographie übernommen. In Rundata wurde für den altnordischen Buchstaben dž die Schreibweise ô gewählt. Diese Gleichsetzung von zwei ganz unterschiedlichen Lauten wird in der vorliegenden Arbeit korrigiert. Alle Inschriften werden außerdem übersetzt, wobei die Übersetzungen, wenn nicht anders angegeben, von der Verfasserin in Anlehnung an Rundata angefertigt wurden. Die archäologischen Funde werden nach der Fundinventarisierung des Riksantikvarieämbetet in Stockholm (kurz: RAÄ) wiedergegeben, die Runensteine nach SRI, Neufunde nach ihrer Bezeichnung in Rundata. Als Beispiel hat die Sigurdsristning von Ramsund, Gemeinde Jäder/Södermanland nach SRI und Rundata die Bezeichnung Sö 101. In den Inventarbüchern des RAÄ ist sie unter der Nummer Jäder 39:1 vermerkt. Diese Runenritzung wird in der vorliegenden Arbeit als Sö 101 angegeben, wogegen die archäologischen Funde im Umkreis der Ritzung als Jäder 39:2, etc. entsprechend der Einteilung des RAÄ wiedergegeben werden. Die Problematik einzelner archäologischen Quellen wird im entsprechenden Kapitel dieser Arbeit angesprochen. Die modernen Bezeichnungen der skandinavischen Länder sowie ihrer einzelnen Landschaften werden benutzt, um ein Gebiet geographisch zu umreißen. Die einzelnen schwedischen Landschaften existierten zur Runenstein-Zeit noch nicht, so dass in dieser Arbeit auch nicht von „den Västgötar“ oder „den Schweden“ die Rede sein kann. Diese Namen dienen dem Leser zur geographischen Orientierung, bezeichnen jedoch keine eisenzeitlichen Verhältnisse.
1.9 Die Materialgrundlage Die Erfassung des Materials erfolgte in einem ersten Schritt mit den Informationen aus den einzelnen Teilbänden von SRI, die durch Informationen der Datenbank Rundata erweitert wurden. Schließlich wurden durch Bibliographieren der relevanten Zeitschriften232 die Neufunde bis zum Stand von Februar 2005 eingearbeitet. Das gesamte Material verteilt sich daher wie folgt:
232
Insbesondere TOR, Fornvännen und Nytt om Runer.
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Landschaft
Anzahl
Anteil in %
Blekinge Bohuslän Dalarna Gästrikland Gotland Halland Hälsingland Jämtland Lappland Medelpad Närke Öland Östergötland Skåne Småland Södermanland Uppland Värmland Västergötland Västmanland Ångermanland Västerbotten Norrbotten Dalsland Härjedalen
15 16 5 23 410 6 21 4 1 20 39 190 430 181 190 451 1 467 11 311 37 – – – – –
0,392 0,418 0,131 0,601 10,734 0,157 0,548 0,104 0,026 0,522 1,019 4,962 11,230 3,293 4,727 11,779 38,313 0,287 8,122 0,966 – – – – –
Gesamt
3 828
100%
Tab. 1: Verteilung der Runendenkmäler Schwedens auf die einzelnen Landschaften.
Es ergibt sich auf dem Stand von Februar 2005 eine Materialbasis von 3 828 Runendenkmälern, die auf 20 Landschaften verteilt sind. In den Landschaften Ångermanland, Västerbotten, Norrbotten, Dalsland und Härjedalen wurden bislang keine Runendenkmäler entdeckt. Aufgenommen wurden zunächst alle Gegenstände mit Runen, die auch in SRI unter einer eigenen fortlaufenden Nummer vermerkt waren, dies gilt jedoch nicht für neuzeitliche Runen und Runenimitationen, beispielsweise die große Gruppe der neuzeitlichen Dalrunor.
42
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Landschaft
Grabplatte
mobiler Runenträger
Gesamt
Blekinge Bohuslän Dalarna Gästrikland Gotland Halland Hälsingland Jämtland Lappland Medelpad Närke Öland Östergötland Skåne Småland Södermanland Uppland Värmland Västergötland Västmanland
2 1 – – 163 2 – – – – 9 6 175 4 23 28 17 – 73 1
5 8 3 1 171 2 2 3 1 – 7 25 24 111 38 12 139 7 103 8
7 9 3 1 334 4 2 3 1 – 16 31 199 115 61 40 156 7 176 9
Gesamt
504
670
1 174
Tab. 2: Runendenkmäler, die in dieser Untersuchung nicht als Runensteine gelten.
In einem nächsten Schritt erfolgte eine Unterscheidung von mobilen und immobilen Runenträgern, wobei die mobilen Runenträger nicht weiter in die Untersuchung eingehen werden, da es sich dabei nicht um Runensteine handelt. Es können 670 mobile Runenträger aus der weiteren Untersuchung ausgeschlossen werden. Dabei handelt es sich z. B. um mit Runen verzierte Trachtbestandteile, Waffen, Holz- und Knochenstäbchen. Auch Inschriften an Kirchenpfeilern, Wandputz oder Hauswänden zählen nicht zu den Runensteinen. Weiterhin wird zwischen Runensteinen und mittelalterlichen Grabplatten unterschieden. Da Grabplatten in Kirchen und auf Friedhöfen zu finden sind, ist eine Diskussion ihres ursprünglichen Standortes überflüssig. Des Weiteren waren sie nicht zur Aufstellung gedacht, sondern wurden von Beginn an als liegende Grabdenkmäler in kirchlichem Kontext konzipiert.
Einführung
43
In der Datenbank sind 504 Grabplatten mit Runeninschrift enthalten, die in die weitere Untersuchungen nicht eingehen werden. Bildsteine werden in meiner Arbeit zu den Runensteinen gerechnet, soweit sie eine Runeninschrift tragen; als Bildstein gelten sie, falls sie nur über eine Bilddarstellung verfügen. Zwischen Bautasteinen und Runensteinen wird unterschieden; als Bautastein wird ein aufrecht stehender Stein bezeichnet, der weder Inschrift noch Ornamentik besitzt. Insgesamt 1 174 der 3 828 in die Datenbank aufgenommenen Runendenkmäler sind somit keine Runensteine und werden daher in dieser Arbeit nicht behandelt. Ein Runenstein ist ein mit Runen beschrifteter Stein oder Felsblock, der an einem ausgesuchten Platz in der Landschaft errichtet wurde bzw. dort anstehend ist. Grabplatten mit Runeninschrift, die von Beginn an für eine Platzierung in der Kirche oder auf dem Kirchfriedhof konzipiert waren, gelten nicht als Runensteine, ebensowenig mobile Inschriftenträger oder Ritzungen in Kirchenwände. Die nun verbliebenen 2 654 Runensteine bilden die Materialbasis der vorliegenden Arbeit. Sie stammen aus 19 schwedischen Landschaften, der einzige Runenfund Lapplands wurde auf einem mobilen Inschriftenträger angebracht.
1.10 Vorgehensweise Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Beantwortung der einleitend formulierten Fragestellungen (Kapitel 1.3) in interdisziplinärer Herangehensweise. Begonnen wird mit der Untersuchung der archäologischen Befunde im Umkreis der Runensteine. Dazu muss zunächst überprüft werden, welche Runensteine noch am ursprünglichen Standort zu finden sind. Es wird analysiert, welche archäologischen Denkmäler im unmittelbaren räumlichen Kontext der Runensteine registriert wurden, und die archäologischen Befunde in der Umgebung der Runensteine werden nach Befundgruppen geordnet vorgestellt. Die Auswertung erfolgt auf quantitativer Basis und zeigt, welche archäologischen Denkmäler am häufigsten mit Runensteinen in einem Kontext stehen und welche Denkmäler hier nicht bzw. erst in einem gewissen Abstand registriert wurden. Bei der Auswertung wird auf mögliche regionale Besonderheiten Rücksicht genommen. Das dritte Kapitel wird als Ergänzung zur archäologischen Analyse die Runensteine chronologisch gliedern um festzustellen, ob gewisse Standorte zu bestimmten Zeiten bevorzugt wurden und sich die Standortwahl und damit auch die Bedeutung des Runensteins mit der Zeit änderten. Grundlage der Datierung ist dabei die Stilchronologie nach Anne Sofie
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Einführung
Gräslund.233 Im vierten Kapitel erfolgt die Beantwortung der Frage „Wo stehen Runensteine?“ auf Grundlage der Runeninschriften. Dafür können alle 2 654 Runensteine als Materialbasis herangezogen werden. Ziel ist es, in den Inschriften jene Wörter zu ermitteln, die andere Denkmäler beschreiben und somit Hinweise auf den Standort des Runensteins und dessen Umgebung geben können. Außerdem sollen zusätzlich die Wörter untersucht werden, die auf den Runenstein selbst bezogen sind, dafür jedoch nicht das Substantiv „Stein“ verwenden. Es wird angenommen, dass je nach Bezeichnung des Runensteins der örtliche Kontext variiert. Nach der Selektion einzelner Wörter innerhalb der Inschriften und einer kontrastiven Analyse dient das sechste Kapitel als eine Synthese aus archäologischer und philologischer Untersuchung. Auf Grundlage von Runensteinen, die zum einen am ursprünglichen Standort stehen und zum anderen weitere Denkmäler in ihrer Inschrift benennen, soll untersucht werden, ob die Steine tatsächlich an den Orten stehen, die sie in ihrer Inschrift erwähnen. Mit dem sechsten Kapitel dieser Arbeit kann daher die Frage, an welchem Ort Runensteine errichtet wurden, endgültig beantwortet werden. Sie leitet über zum zweiten Teil dieser Arbeit, der das Ergebnis auf Grundlage der gesellschaftlichen, religiösen und politischen Umstände interpretiert. Zunächst wird der Ort vorgestellt, an dem die Runensteine in der Regel errichtet wurden. Die übergeordnete Bedeutung dieses Platzes soll dabei vorgestellt werden um zu zeigen, wie dieser Platz zur Runenstein-Zeit wahrgenommen wurde, und wie der hier platzierte Runenstein die Bedeutung dieses Ortes verstärken oder veränderten konnte und welche Bedeutung dieser Standort für die Interpretation der Runensteine im Allgemeinen haben kann. Neben dem Ort wird im achten Kapitel die Zeit diskutiert, in der die Runensteinerrichter gelebt haben. Religiöse und gesellschaftliche Veränderungen, die chronologisch parallel mit den verschiedenen Phasen der Runensteinerrichtung verliefen, hatten vermutlich auch einen Einfluss auf die einzelnen Denkmäler und deren Intention. Daher wird der Verlauf der Christianisierung in Schweden kurz skizziert und zu den Runensteinen in Relation gestellt. Es erfolgt außerdem ein Ausblick auf die kontinentalen Verhältnisse, die hier möglicherweise Impulsgeber waren. Es wird in diesem Kontext auch darauf eingegangen, warum so viele Runensteine sekundär in sakralen Gebäuden vermauert wurden und ob diese Vermauerung möglicherweise mit Absicht erfolgte. 233
Gräslund 1991b und 1992a.
Einführung
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Das neunte Kapitel behandelt die Runensteine ausgehend von ihrer offensichtlichsten Funktion als Erinnerungsdenkmäler. Es wird aufgezeigt, wie Runensteine die Memoria beeinflussten und als Monumente wahrgenommen wurden. Auch die Einführung der Schrift als besonderes Mittel der Erinnerung wird in diesem Kontext angesprochen. Insgesamt wird die Arbeit damit eine Grundlagenstudie mit einer breiten Materialbasis leisten und die dort erbrachten Ergebnisse vor einem geistesgeschichtlichen Hintergrund diskutieren.
2 Archäologische Untersuchungen 2.1 Einleitung und Quellenlage Im vorliegenden Kapitel soll die Analyse der archäologischen Denkmalgruppen in einem festgelegten Umkreis zur Beantwortung der Frage führen, wo Runensteine errichtet wurden. Nur Runensteine, die am ursprünglichen Standort stehen, bzw. deren ursprünglicher Standort rekonstruiert werden kann, können in der archäologischen Untersuchung als Materialgrundlage dienen. Diese Runensteine werden jeweils einzeln auf archäologische und topographische Befunde in einem zuvor einheitlich festgesetzten Radius untersucht. Es folgt schließlich eine Auswertung der Befunde. Bevor die Untersuchung in allen Einzelheiten vorgestellt wird, soll zunächst die spezifische Forschungslage und damit verbundene Probleme erläutert werden. Die Untersuchung der archäologischen Denkmäler erfolgt auf Basis der archäologischen Landesaufnahme,1 deren Fundbeschreibungen in die Inventarisierungsbücher des Riksantikvarieämbetet in Stockholm eingingen und dort vor Ort eingesehen werden konnten. Die Inventarisierung archäologischer Denkmäler in Schweden erfolgte von Anfang an einheitlich auf einem dafür konzipierten Formblatt, die nach Gemeinden sortiert wurde. Die Angaben eines Inventarisierungsblattes bestehen aus statistischen Angaben2 und einem freien Textfeld. Da es sich hier um eine Landesaufnahme handelt, die von unterschiedlichen Mitarbeitern durchgeführt wurde, sind die Fundstellen unterschiedlich beschrieben worden und es oblag dem Verfasser der jeweiligen Seite, welche Informationen er vermerken wollte. Daher entspricht die Selektion der gegebenen Informationen der Subjektivität des Bearbeiters. Schließlich wurden die Inventarbücher zumeist handschriftlich ausgefüllt und es war mir in einigen Fällen nicht möglich, das Geschriebene vollständig zu entziffern. 1
2
Dabei im wesentlichen Förstagångsinventeringen der Jahre 1938–1977 (Hyenstrand 1984, S. 5). Laufende Nummer nach RAÄ, Anzahl der Befunde, Koordinaten der Fundstelle, Lokalisierung, geographische Beschreibung des Fundplatzes, geologische Beschreibung des Fundplatzes, Angabe der Fundumstände, vorgenommene Untersuchungen und Funde.
Archäologische Untersuchungen
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Eine Revision älterer Angaben der Landesaufnahme fand ab dem Jahr 1974 statt. Alle bis dato gemachten Angaben zur Inventarisierung werden seit August 1991 im Rahmen des Projektes Fornminnesinformation digitalisiert und in einem Programm (FMIS) verarbeitet, welches mir bereits in einer unvollständigen vorläufigen Form zur Verfügung stand. Forschungsstand meiner Auswertung ist März–Juli 20053 und alle Informationen durch Inventarisierungen und archäologische Ausgrabungen, die bis zu diesem Zeitpunkt Eingang in die Akten des RAÄ fanden, wurden berücksichtigt. Landschaften, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht oder nur teilweise in FMIS digitalisiert waren, konnten mithilfe der Inventarbücher und Karten (Lantmäteriverket, topographische Karte 1:50 000) des RAÄ ebenfalls in die Untersuchung einbezogen werden. Die Inventarisierung von archäologischen Denkmälern durch Mitarbeiter des RAÄ erfolgte zum größten Teil durch Flurbegehungen, in denen die obertägig sichtbaren Denkmäler eingemessen, dokumentiert und ihrem Typ entsprechend klassifiziert wurden. Daher ist verständlich, dass gewisse Denkmaltypen in den Inventarisierungen überwiegen, beispielsweise Grabhügel, die leicht obertägig sichtbar sind.4 Andere Denkmäler wie Flachgräber oder Siedlungsspuren können nur durch zufällige Funde oder Grabungen entdeckt werden und sind daher im Material unterrepräsentiert. Durch die verstärkte Siedlungsarchäologie in den letzten Jahren konnten gerade in jüngerer Zeit auf diesem Gebiet viele Ergänzungen gemacht werden. Von den aufgenommenen Denkmälern wurde ein Bruchteil wissenschaftlich untersucht, und nur für diese wenigen Fundstellen ist eine gesicherte Datierung und Gesamtinterpretation des Befundes zugänglich. Andere Denkmäler verbleiben unsicher. So ist bei vielen als Grabhügel markierten Befunden unklar, ob in diesem Hügel tatsächlich ein Grab zu finden ist oder ob es sich um einen Kenotaph5 handelt. In den meisten Fällen sind die von Menschen errichteten Hügel als Grabhügel zu werten, Kenotaphhügel dürfen jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen werden.
3 4 5
Variiert je nach Landschaft. Hyenstrand 1984, S. 9. Als Kenotaph wird ein Grabmal zur Erinnerung an einen Toten bezeichnet, welches jedoch keinen Leichnahm birgt und niemals geborgen hat. Daher muss ein Kenotaph deutlich von einem beraubten Grab oder einem Grab abgegrenzt werden, in welchem die Bodenverhältnisse ein besonders schnelles Vergehen der Leiche hervorrufen können. Der Aufbau des Kenotaphs ist vergleichbar mit einem Grab, es muss sich um ein von Hand geschaffenes Denkmal handeln, welches sich in der Regel in Aufbau und Beigabensitte von einem vollständiger Grab gleicher Zeitstellung nicht unterscheiden lässt.
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Archäologische Untersuchungen
Die Datierung der nicht untersuchten Befunde erfolgte in den Inventarbüchern auf Basis der obertägig sichtbaren Strukturen und deren verbreiteter Datierung. Eine absolute Sicherheit in Bezug auf die Datierung kann hier daher nicht voraus gesetzt werden. Neben unsicheren Befunden6 ist auch die tatsächliche Anzahl der registrierten Fundstellen vage. Die Anzahl der angegebenen zeigt nur einen Bruchteil der ursprünglich vorhandenen Denkmäler. Ambrosiani konnte beispielsweise feststellen, dass bei einer Untersuchung von Gräberfeldern in Uppland und Södermanland im Durchschnitt doppelt so viele Anlagen angetroffen wurden, wie vorher in den Inventarbüchern registriert waren.7 Eine weitere Beeinträchtigung der Aussagefähigkeit des archäologischen Materials bildet die Zerstörung vieler Denkmäler, beispielsweise durch ausgedehnte Landnutzung.8 Mit der Einführung der Binnenkolonisation einzelner Landstriche durch Austrocknung von Mooren oder die Absenkung des Wasserstandes (beispielsweise in Närke) wurden große Veränderungen in der Topographie herbeigeführt und archäologische Denkmäler zerstört. Auch eine veränderte Agrarnutzung mit Tiefpflügen und einem vermehrten Ackerlandbedarf und damit verbunden einer Verringerung von Wald- und Weideflächen, begünstigten die unbemerkte Zerstörung archäologischer Denkmäler. Die registrierten Befunde sind also keineswegs als vollständig zu bezeichnen, sondern markieren nur „toppar på isberg“.9 Im Rahmen der folgenden Untersuchung wurden keine Neubewertungen einzelner Befunde durchgeführt, ebenso wenig wurde ausführliche Sekundärliteratur zu einzelnen Fundstellen als Vergleichsmaterial heran gezogen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung basieren ausschließlich auf den Angaben der schwedischen Landesaufnahme und den dort vermerkten Untersuchungsergebnissen auf dem Stand des Jahres 2005. Topographische Angaben erfolgen auf Basis der topographischen Landkarte im Maßstab 1:50 000 und repräsentieren die modernen topographischen Begebenheiten.
2.2 Verteilung des Materials Bereits im einleitenden Kapitel der vorliegenden Arbeit wurde die Materialgrundlage der Arbeit erläutert. Von 3828 Runendenkmälern, die in den 6
7 8 9
Einige als Gräber angesprochene Hügel können sich nach einer Untersuchung als natürliche Strukturen erweisen. Ambrosiani 1964, S. 58. Hyenstrand 1984, S. 9. ibid.
Archäologische Untersuchungen
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Corpuswerken und anderen relevanten Quellenbänden aufgeführt sind, befinden sich 2 654 Inschriften auf Runensteinen. Ein Runenstein im Sinne der vorliegenden Arbeit ist ein mit Runen beschrifteter Stein oder Felsblock, der an einem ausgesuchten Platz in der Landschaft errichtet wurde bzw. dort anstehend ist. Grabplatten mit Runeninschrift, die von Beginn an für eine Platzierung in der Kirche oder auf dem Kirchfriedhof konzipiert waren, scheiden daher für diese Untersuchung aus. Für jene 2 654 Runensteine muss daher zunächst ermittelt werden, ob sie noch an ihrem ursprünglichen Standort stehen oder dieser rekonstruierbar ist. Die dafür notwendigen Quellen bildeten die ausführlichen Angaben zu Fundkontext und Fundgeschichte in SRI und dort angegebene älteste Literatur. Die einzelnen Steine werden, soweit sie nicht verloren sind, auf Karten lokalisiert und überprüft, inwieweit sich die frühesten Schriftquellen zum Standort der einzelnen Steine und die heutige Position decken. Die Fundangaben der einzelnen Runensteine in SRI sind in den meisten Fällen sehr ausführlich und unterschiedliche Quellen wurden zitiert. Damit kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass sich ein einzelner Verfasser in der Bezeichnung des Steins und dessen Fundplatz geirrt hat, da zumeist genügend Referenzquellen angeführt wurden, die in einem eindeutigen Fall einander in der Standortfrage nicht widersprechen dürfen. Die ältesten Schriftquellen zu Runensteinen und deren Lokalisierung stammen aus dem 17. Jahrhundert,10 einer Zeit, in der die landwirtschaftliche Nutzung des Landes noch mit einfachen Mitteln erfolgte. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass zu dieser Zeit und an diesem Ort registrierte Runensteine an dem jeweiligen Standort errichtet wurden. Runensteine, die bereits bei ihrer erstmaligen Auffindung nur noch fragmentarisch erhalten waren, können hingegen nicht eindeutig einem Standort zugewiesen werden, da unsicher ist, ob die Zerstörung des Steins dort geschah, wo man später die Fragmente fand oder ob einzelne Fragmente zu einer Stelle gelangten, nachdem man sie bereits sekundär verwendet hatte. Die vielen dicht bewaldeten Flächen, die man noch heute in Schweden findet, sind mit dafür verantwortlich, dass viele Runensteine an den ursprünglichen Aufstellungsorten verblieben und lange Zeit in Vergessenheit gerieten. Dies führt u. a. dazu, dass noch heute jährlich Runensteine neu entdeckt werden. Bedenkt man die Größe und das Gewicht eines durchschnittlichen Runensteins, kann man leicht erahnen, wie schwer es für den jeweiligen Bauer war, diesen Stein zu versetzen, falls er ihn als hinderlich für seinen Ackerbau empfunden hatte. Daher ist anzunehmen, dass man zumindest die 10
Siehe dazu das Kapitel Forschungsgeschichte (1.2) in der vorliegenden Arbeit.
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Archäologische Untersuchungen
größeren Runensteine an ihrem Fundplatz liegen ließ und sie stattdessen beispielsweise als deutliche Begrenzungen des Eigentums benutzte.11 Erst mit der Erfindung des Dynamits in Schweden im Jahr 1867 war es möglich, die großen Steine, die für eine landwirtschaftliche Nutzung störend waren, zu entfernen, indem man sie in kleine Teile sprengte und dann fort trug. Für die Feststellung des ursprünglichen Standortes eines Runensteins ist daher wichtig, dass die ältesten Quellen zu Fundumständen und Fundort aus dem 18. Jahrhundert oder früher stammen. Der in diesen Quellen genannte Platz muss in modernen Karten rekonstruierbar sein und sich mit dem heutigen Standort des Runensteins decken. Zum Zeitpunkt der Auffindung darf der Runenstein nicht fragmentiert vorliegen, wobei einzelne, durch Witterungseinwirkungen abgeplatzte Fragmente nicht als Fragmentierung gelten. Sind die frühesten Schriftquellen zum Standort des Runensteins widersprüchlich, wird angenommen, dass der Runenstein versetzt wurde. Dokumentierte Standortwechsel des Runensteins im Bereich von bis zu 10 m, beispielsweise aufgrund von Straßenverbreiterungsmaßnahmen, gelten nicht als Versetzung des Steins. Dokumentierte Standortwechsel, die nicht angeben, wie weit und aus welchem Grund der Stein versetzt wurde, gelten als Indiz für eine Versetzung des Steins. Ein auf diese Weise redundanter Stein steht nicht mehr am ursprünglichen Standort. Es ist davon auszugehen, dass Bewegungen von Runensteinen vor Beginn des 19. Jahrhunderts nur in Ausnahmefällen vorkommen. Da dies heute nicht mehr nachvollziehbar ist, muss es als kleiner Unsicherheitsfaktor in dieser Untersuchung verbleiben. Runensteine am ursprünglichen Standort sind also diejenigen Steine, deren ursprünglicher Standort anhand der ältesten Schriftquellen aus dem 17. und 18. Jahrhundert rekonstruierbar ist. Es ist dabei durchaus möglich, dass der Stein heute in einem Museum oder an einem anderen Ort steht. Inschriften in Felsen befinden sich dagegen immer eindeutig am ursprünglichen Standort.
2.2.1 Sekundärer Standort Unter den 2 654 Runensteinen werden zunächst die Steine ermittelt, die ganz eindeutig nicht mehr am ursprünglichen Standort stehen. Dazu zählen solche Runensteine, die sekundär vermauert wurden und von deren ursprünglicher Position in der Landschaft keine oder nur widersprüchliche Aufzeichnungen vorliegen. Die meisten der hier angeführten Steine wurden bereits sehr früh, hauptsächlich in sakralen Gebäuden, vermauert. Dies 11
Dies belegt auch die Tatsache, dass die meisten Runensteine auf administrativen Grenzen zu finden sind (siehe Kapitel 2.4.11).
Archäologische Untersuchungen
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geschah vermutlich bereits beim Bau oder der Renovierung eines Gebäudes, so dass man in vielen Fällen die Vermauerung der Steine datieren kann. Inwieweit diese Runensteine über weite Strecken transportiert oder vor Ort als Baumaterial entnommen wurden, wird immer noch in der Forschung diskutiert.12 Gegen einen weiten Transport spricht, dass an einigen Steinen noch Farbreste der ursprünglichen Bemalung gefunden wurden,13 nachdem man sie aus den Mauerwerken der Gebäude wieder entfernt hatte (Abb. 25). Da diese Farbe bei wechselnder Witterung nicht lange hält, muss man davon ausgehen, dass die Steine bereits sehr bald nach ihrem Errichten vermauert und somit vermutlich nicht über weite Strecken transportiert wurden. Vermutlich über weite Strecken versetzt wurde der Runenstein Gs 8, der in der Kirche von Torsåker vermauert wurde. 1927 fand man den unteren Teil des Steins bei Grabungen auf dem Friedhof.14 Nach Jansson gehören die Fragmente, die man einige Jahre später in Väster Hästbo bei einem Grabhügel fand, zum selben Stein und belegen, dass man ihn zerstörte und vom Gräberfeld zur 6 km entfernten Kirche brachte.15 Dies wird auch in allen Schriftquellen zum ursprünglichen Standort von Gs 8 ab dem Jahr 1758 angenommen.16 Inwieweit Runensteine also über weite Strecken transportiert und dann vermauert wurden, bleibt unsicher. Es gibt jedoch einzelne Hinweise, die eine solche Vermutung bestärken. Aus welchem Grund die Steine über so weite Strecken transportiert wurden, bleibt dabei offen.
12
13
14 15 16
Siehe dazu die Diskussion von Jansson und Lindqvist in der Zeitschrift Fornvännen (Jansson 1946; Lindqvist 1947). Insbesondere die Runensteine U 779 und U 762 gaben Anlass zu dieser Diskussion. Beide wurden von Jorundr nach Jarl errichtet, U 779 befindet sich in der Kirche von Svinnegarn, U 762 in einem Ofen in Brunna, Vårfrukta sn. Der Abstand beider Orte beträgt 10 km Luftlinie. Während Jansson (1946, S. 276) davon ausgeht, dass die Steine ursprünglich zusammen gestanden haben und entsprechend mindestens einer der Steine über weite Strecken vom ursprünglich gemeinsamen Standort entfernt wurde, argumentiert Lindqvist (1947, S. 51), dass die Steine bereits ursprünglich an unterschiedlichen Orten errichtet wurden. Beispielsweise auf einigen Runensteinen in Köpings Kyrka, Öland. Siehe dazu Tronner / Nord / Gustavson 2002, S. 200. Jansson 1981, S. 72. Jansson 1977, S. 11. Jansson 1981, S. 72.
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Archäologische Untersuchungen
Landschaft Blekinge Bohuslän Dalarna Gästrikland Gotland Halland Hälsingland Jämtland Lappland Medelpad Närke Öland Östergötland Skåne Småland Södermanland Uppland Värmland Västergötland Västmanland
Gesamt
Friedhof
Kirche
Profanes Geb.
Brücke
Gesamt
– 1 – 1 13 – 3 – – – – 27 27 10 12 10 76 – 13 –
2 – – 7 36 1 8 – – 8 9 102 82 15 30 84 319 – 44 4
– 1 1 3 6 1 3 – – 3 4 8 23 8 6 40 146 1 8 7
– 1 – – – – – – – 1 – 5 3 3 – 1 1 – 3 –
2 3 1 11 55 2 14 – – 12 13 142 135 36 48 135 542 1 68 11
193
751
269
18
1 231
Tab. 3: Runensteine, die sekundär als Baumaterial verwendet wurden.
Tabelle 3 zeigt, dass insgesamt 193 Runensteine auf einem Friedhof stehen,17 751 in einem Kirchengebäude18 und 269 in einem profanen Gebäude vermauert wurden19 und 18 Runensteine als Bausteine zum Bau einer Brücke dienten.20 Insgesamt 1 231 Runensteine wurden auf diese Arten sekundär wieder verwendet. Im Fall der Runensteine auf Friedhöfen könnte man auch spekulieren, dass die Runensteine dort von Anfang an standen.21 Aufgrund der großen Unsicherheit in dieser Frage wurden diese Steine aus der archäologischen Untersuchung ausgeschlossen, um das 17 18 19 20 21
Beispielsweise Sm 63 auf dem Friedhof von Värnamo. Beispielsweise Sm 10 in der Domkirche zu Växjö. Beispielsweise Sm 14 in einem Kamin des Trottagården. Beispielsweise Vg 137 in der Brücke von Sörby. Siehe dazu die Untersuchungen von Hagenfeldt/Palm 1996.
Archäologische Untersuchungen
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Ergebnis so aussagekräftig wie möglich zu gestalten. Auch für Runensteine in Kirchen wurde angenommen, dass sie vielleicht nicht für die Kirche selbst konzipiert wurden, aber zumindest in der Nähe der Kirche gestanden haben könnten und somit nicht weit von ihrem ursprünglichen Standort stehen.22 Eine solche Theorie ist zwar durchaus denkbar, jedoch ist nicht zu entscheiden, in welcher Entfernung die Steine von der Kirche ausgehend standen. Die erhaltenen Farbreste an den Steinen und die damit verbundene zügige Vermauerung sprechen jedoch dafür, denn es muss davon ausgegangen werden, dass diese Steine vermauert wurden, während zumindest Angehörige, wenn nicht sogar die Errichter selbst, am Leben waren.23 Da dies jedoch ebenso unsicher ist wie die Runensteine auf Friedhöfen, werden die vermauerten Steine aus Kirchen in der folgenden Untersuchung keine Beachtung finden. Im Prinzip gilt Ähnliches auch für vermauerte Steine in profanen Gebäuden und Brücken. In erster Linie hat man die Runensteine vor dem Eingang zum Stall oder als Treppenstufe benutzt. Eine Mitteilung Peringskiöld aus dem 17. Jahrhundert zu dieser Praxis lautet: Vid källarens inrättande hafwa denne gårdz bessitiare af enfaldighet ifrån yppna fältet och nästa ättebackar infört tvenne märkelige Runestenar, inmurades en på hvardera wäggen, den ena på norra, den andra på södra sidan.24
Da die Steine zumeist beachtliche Größe haben, kann davon ausgegangen werden, dass man sie in der Nähe fand und als leicht zugängliches Baumaterial verwendet hat. Dabei war in den meisten Fällen sicher nicht einmal klar, dass der verwendete Stein mit einer Runeninschrift versehen war. Es sollte somit nicht immer von einer absichtlichen Vermauerung ausgegangen werden. Von 2 654 Runensteinen wurden 1 231 Steine sekundär verwendet. Es verbleiben daher für eine weitere Untersuchung von Runensteinen und ihrem ursprünglichen Standort noch 1 423 Runensteine. 2.2.2 Versetzungen und Verluste Um den ursprünglichen Standort der verbliebenen 1 423 Runensteine zu bestimmen, wurden die Angaben zu Fundumständen der Runensteine in den Teilbänden von SRI sorgfältig überprüft und mit Karten und, soweit vorhanden, weiteren Untersuchungen des RAÄ verglichen. Auch die frühen Zeichnungen der Steine mit ihrer Umgebung wurden gesichtet und be22
23 24
Dazu die Arbeiten von Anglert 1989; Hagenfeldt/Palm 1996; Hallencreutz 1991; Wideen 1955 und Wilson 1994. Siehe dazu Kapitel 7.5. Jansson/Wessén 1949–1951, S. 147.
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Archäologische Untersuchungen
wertet. Dabei ist es nur möglich, den Standort des Runensteins bis in das 17. Jahrhundert zu verfolgen, frühere Aufzeichnungen liegen zu den einzelnen Runensteinen und deren Platzierung in der Landschaft nicht vor.25 Trotzdem kann wohl davon ausgegangen werden, dass vom 11. bis in das 17. Jahrhundert keine wesentlichen Veränderungen in der Landschaft eingetreten sind, abgesehen von den noch heute fortschreitenden Landhebungen und -senkungen. Die dichten Waldgebiete blieben zunächst unberührt, und auch die landwirtschaftliche Nutzung gerodeter Flächen beschränkte sich auf eine einfache Nutzung kleiner Flächen. Zwar kann angenommen werden, dass kleinere Runensteine, die für den Ackerbau hinderlich waren, über kürzere Strecken versetzt wurden, um eine durchgehende Nutzung des Ackers zu ermöglichen, weitere Transporte waren jedoch sehr mühsam und nicht notwendig. Zu rechnen ist außerdem mit einer gewissen Scheu, die die Menschen veranlasste, diese Steine nicht zu zerstören. Viele Sagen handeln von unheimlichen Begegnungen an Runensteinen und geben an, dass das Zerstören oder Forttragen des Steins oft mit großem Unglück endete. Auf diese Weise schützte man die Runensteine bereits sehr früh vor Zerstörung oder Versetzung.26 Voraussetzung ist dabei natürlich, dass man sich darüber bewusst war, dass der betreffende Stein mit einer Inschrift versehen war. Einige Steine wurden vermutlich auch unachtsam vom Feld getragen oder vergraben, da man die Inschrift nicht erkannt hatte. Versetzte und verlorene Steine werden daher in der folgenden Tabelle dargestellt:
25
26
Der bereits 1287 erwähnte Runenstein von Torestorp (Vg 90) wird in seiner Beschaffenheit als Grenzstein angesprochen, seine Positionierung jedoch nicht weiter beschrieben. Trotzdem ist dies eine wertvolle Quelle dafür, dass der Stein zu diesem Zeitpunkt auf einer Grenze stand. Eine Sage gegen das Vermauern der Runensteine: Nachdem ein Kätner den Runenstein Sm 17 von seinem ursprünglichen Platz entfernte und in einem Ofen vermauern ließ, verstarb dessen Frau noch am selben Tag, nachdem sie das Haus mit dem vermauerten Stein betreten hatte (Kinander 1935, S. 69). Eine Sage zum Schutz vor Schatzjägern: Der Tagelöhner Hacke-Jonas suchte unter dem Runenstein Sm 29, Ingelstad, nach Kostbarkeiten. Dabei erhielt er schlimme Visionen und wurde verrückt (Kinander 1935, S. 95).
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Archäologische Untersuchungen
Landschaft
Versetzt
Verloren
Unsicher
Gesamt
Blekinge Bohuslän Dalarna Gästrikland Gotland Halland Hälsingland Jämtland Lappland Medelpad Närke Öland Östergötland Skåne Småland Södermanland Uppland Värmland Västergötland Västmanland
– 1 – 2 1 – – – – 1 – 3 16 7 7 45 137 – 13 4
1 – 1 1 1 – 1 – – 2 – 3 21 3 6 32 133 – 4 3
1 1 – 6 13 – 1 – – – 4 7 20 7 18 52 99 1 12 2
2 2 1 9 15 – 2 – – 3 4 13 57 17 31 129 369 1 29 9
Gesamt
237
212
244
693
Tab. 4: Versetzte oder heute verlorene Runensteine.
Die Tabelle zeigt, dass 237 Steine versetzt wurden27 und 212 Steine heute verloren sind.28 Ihr ursprünglicher Standort kann dabei heute nicht mehr rekonstruiert werden. Bei 244 Steinen sind die Angaben unsicher.29 Steine dieser Kategorie wurden beispielsweise erst sehr spät gefunden, so dass nicht mehr eindeutig festgestellt werden kann, ob sie nicht bereits vorher vom ursprünglichen Standort entfernt wurden, oder es handelt sich um Steine, zu denen die Fundangaben zu dürftig sind oder widersprüchlich waren. Viele Runensteinfragmente gehören in diese Kategorie, da bei einem Fragment nicht sicher ist, wo der restliche Teil des Runensteins verblieb und ob der Stein an seinem ursprünglichen Standort zerstört und liegen gelassen wurde oder ob man ihn zerstörte und dann in Einzelteilen fort trug. 27 28 29
Beispielsweise Sm 59, Horda, heute Rydaholm 116:1. Beispielsweise Sm 148, Lilla Hälleberg. Beispielsweise Sm 113, Tångerda, heute Vetlanda 19:1.
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Archäologische Untersuchungen
Von 1 423 Runensteinen, die nicht sekundär vermauert wurden, scheiden daher 693 Runensteine aus der archäologischen Untersuchung aus, deren ursprünglichen Standort unsicher und nicht mehr eindeutig rekonstruierbar ist. Es verbleiben 730 Runensteine für eine weitere Bearbeitung. 2.2.3 Runensteine am ursprünglichen Standort Für 730 Runensteine gilt der ursprüngliche Standort unter Berücksichtigung der frühesten Fundbeschreibungen und eventuell vor Ort durchgeführter Untersuchungen als rekonstruierbar, bzw. befindet sich der Stein noch heute an diesem Ort. Doch auch unter diesen Steinen gibt es in Bezug auf den ursprünglichen Standort Unterschiede, die in folgender Tabelle verdeutlicht werden sollen: Landschaft
UPS30
Blekinge Bohuslän Dalarna Gästrikland Gotland Halland Hälsingland Jämtland Lappland Medelpad Närke Öland Östergötland Skåne Småland Södermanland Uppland Värmland Västergötland Västmanland Gesamt
3 – – 1 3 – 2 – – 2 3 4 21 4 32 65 218 1 25 6 390
Felsinschrift – 1 – – – – – – – – 1 – 4 – – 41 81 – – 1 129
UPS ungef. – 1 – – 3 – – 1 – 3 1 – 5 – 9 28 65 1 12 1 130
UPS Rek.
Gesamt
1 – – 1 – – 1 – – – 1 – 9 9 9 13 36 – 1 – 81
4 2 – 2 6 – 3 1 – 5 6 4 39 13 50 147 400 2 38 8 730
Tab. 5: Runensteine am ursprünglichen Standort. 30
UPS = Ursprünglicher Standort. UPS Rek. = Ursprünglicher Standort wurde rekonstruiert, der Stein steht heute an anderer Stelle, z.B. in einem Museum.
57
Archäologische Untersuchungen
Unter den 730 Runensteinen am ursprünglichen Standort sind insbesondere die 129 Felsinschriften zu nennen, für die in der Frage nach dem ursprünglichen Standort absolute Sicherheit besteht (Abb. 22). Weitere 390 Runensteine können aufgrund der bereits oben angeführten Gründe als an ihrem ursprünglichen Standort stehend angesprochen werden, hier stimmen älteste schriftliche Aufzeichnungen, Zeichnungen und heutige Lokalisierung überein. 81 Steine stehen heute nicht mehr an ihrem ursprünglichen Standort; mithilfe von schriftlichen Quellen und Zeichnungen kann dieser jedoch rekonstruiert werden,31 zumeist, bevor sie aus Schutzgründen in ein Museum oder ein anderes Ausstellungsgebäude gebracht wurden. Schließlich erhalten 130 Steine in Bezug auf den ursprünglichen Standort die Überschrift „ungefähr“. Es handelt sich dabei um Steine, die zu späterer Zeit nur um wenige Meter versetzt wurden,32 beispielsweise bei der Verbreiterung einer Straße oder dadurch, dass sie aufgrund eines feuchten Untergrundes an ihrem direkten Standort keine ausreichende Standfestigkeit mehr hatten und umzustürzen drohten. Diese Standortwechsel sind gut dokumentiert. Hinsichtlich der Fragestellung dieser Arbeit verändert dies die Befundsituation des Steins nicht nachhaltig. Insgesamt können also 730 Runensteine in der archäologischen Untersuchung bearbeitet werden. Sie werden in Tabelle 34 im Anhang der vorliegenden Arbeit vollständig aufgelistet. Im Vergleich zu ursprünglich 3828 registrierten runischen Denkmälern in Schweden verbleiben 19% des gesamten Materials als Runensteine am ursprünglichen Standort. Gesamt
% (100% = 3 828)
Kein Runenstein:
1 174
31%
Sekundär verwendet:
1 231
32%
Unsicherer Standort:
693
18%
Am ursprünglichen Standort:
730
19%
Tab. 6: Prozentuale Verteilung des gesamten Materials im Hinblick auf den Standort.
31
32
Beispielsweise Sm 80, Sävsjö, heute Vallsjö 10:1, der ursprüngliche Standort Vallsjö 84:1. Beispielsweise Sm 62, Ed, Voxtorp 18:1.
58
Archäologische Untersuchungen
Nimmt man die Gesamtzahl der Runensteine nach der Definition der vorliegenden Arbeit (2 654 Runensteine), machen Runensteine am ursprünglichen Standort 28% aller Runensteine aus. Für die Aussagefähigkeit der folgenden archäologischen Untersuchung ergibt dies, dass ca. 1/3 aller bislang entdeckten Runensteine zur archäologischen Standortbestimmung des Materials beitragen können. Gesamt
% (100% = 2 654)
Sekundär verwendet:
1 231
46%
Unsicherer Standort:
693
26%
Am ursprünglichen Standort:
730
28%
Tab. 7: Prozentuale Verteilung der Runensteine im Hinblick auf den Standort.
2.2.4 Geographische Verteilung Die geographische Verteilung der 730 Runensteine ist unregelmäßig. Daher soll neben dem in Tabelle 6 genannten prozentualen Anteil der Runensteine am ursprünglichen Standort als Durchschnittswert gezeigt werden, welche Landschaften von diesem Mittelwert besonders abweichen, um dies in einer späteren Interpretation der Ergebnisse nicht zu Fehldeutungen führen zu lassen. In der folgenden Tabelle 8 sind alle schwedischen Landschaften33 verzeichnet, in denen bislang Runensteine gefunden wurden. Dazu kommt der prozentuale Wert für Runensteine am ursprünglichen Standort für diese Landschaft (in der ersten Zeile), unsichere oder verlorene Runensteine (Zeile 2), Steine, die sekundär als Baumaterial verwendet wurden (Zeile 3) und Denkmäler, die keine Runensteine im Sinne dieser Arbeit sind (Zeile 4).
33
Unter dem Kürzel, welches die Runensteine der Landschaft in SRI führen. Bei Landschaften, die noch nicht in SRI publiziert wurden, habe ich das Kürzel entsprechend angepasst: Bl = Blekinge, Bo = Bohuslän, Da = Dalarna, Gä = Gästrikland, G = Gotland, Ha = Halland, Hä = Hälsingland, J = Jämtland, L = Lappland, M = Medelpad, N = Närke, Öl = Öland, Ög = Östergötland, Sk = Skåne, Sm = Småland, Sö = Södermanland, U = Uppland, Vr = Värmland, Vg = Västergötland, Vs = Västmanland.
59
Archäologische Untersuchungen
1 2 3 4
1 2 3 4
Bl
Bo
Da
Gä
G
Ha
Hä
J
L
M
Ø
27 13 13 47
13 13 19 56
0 20 20 60
9 39 48 4
2 4 13 81
0 0 33 67
14 10 66 10
25 0 0 75
0 0 0 100
25 15 60 0
19 18 32 31
Nä
Öl
Ög
Sk
Sm
Sö
U
Vr
Vg
Vs
Ø
15 10 33 41
2 7 75 16
9 13 31 46
7 9 20 64
27 16 25 32
33 29 30 9
27 25 37 11
18 9 9 64
13 9 22 57
22 24 30 24
19 18 32 31
Tab. 8: Prozentuale Gesamtverteilung des Materials auf einzelne Landschaften.
Die besonders auffälligen Zahlen der Landschaften Dalarna, Lappland, Halland und Jämtland beruhen darauf, dass es dort insgesamt nur sehr wenige Runendenkmäler gibt.34 Stark abweichende Werte haben die beiden Ostseeinseln Öland und Gotland vorzuweisen. Während auf Gotland 81% des Materials keine Runensteine im eigentlichen Sinn sind (dagegen besonders viele Runendenkmäler im kirchlichen Kontext, beispielsweise Grabplatten oder Putzinschriften), wurden auf Öland 75% sekundär vermauert. Im Vergleich zu den Durchschnittswerten stehen in Blekinge, Småland, Södermanland und Uppland verhältnismäßig viele Steine am ursprünglichen Standort. Während man für die Region Småland argumentieren kann, dass die stark bewaldete und hügelige Landschaft nur wenig Ackerbau zuließ, muss in Uppland und Södermanland, den an Runensteinen reichsten Landschaften Schwedens, eher davon ausgegangen werden, dass in der Bevölkerung eine gewisse Sensibilisierung bezüglich dieser Denkmäler bestand, die eine großflächige Zerstörung anscheinend verhinderte. Im Fall von Blekinge liegt es an der geringen Gesamtzahl der Runensteine. Dagegen haben Gotland, Östergötland, Skåne und Öland nur sehr wenige Runensteine in situ bewahrt. Im Fall von Gotland liegt es an der geringen Anzahl von Runensteinen im Sinne dieser Arbeit, auf Öland wurden die meisten Steine als Baumaterial verwendet. Skåne und Östergötland sind landwirtschaftlich stark genutzte Regionen. Hier waren Runensteine ver34
Lappland: 1, Jämtland: 4, Dalarna: 5, Halland: 6 (Im Vergleich dazu Uppland: 1 467, Södermanland: 451, Östergötland: 430) .
60
Archäologische Untersuchungen
mutlich bereits früh für den Ackerbau hinderlich und wurden entfernt bzw. zerstört. Viele verlorene Steine hat Gästrikland zu beklagen, doch auch Södermanland verzeichnet hier einen überdurchschnittlichen Wert. Im Vergleich zum Durchschnitt sind die Verluste in Gotland, Öland, Värmland und Västergötland gering. Gotland und Öland wurden in ihren Eigenarten bereits mehrfach angesprochen, Värmland besitzt insgesamt nur sehr wenige Runensteine. Auffallend viele Denkmäler mit Runen, die keine Runensteine im Sinn dieser Arbeit sind, finden sich in Skåne, Bohuslän, Halland, Gotland, Värmland und Västergötland. Es handelt sich dabei ausschließlich um südschwedische Landschaften, die scheinbar früh dazu übergingen, christliche Grabplatten mit Runen in den Kirchen anzubringen, statt Runensteine in der Landschaft zu platzieren. Hier finden wir also einen möglichen Hinweis darauf, dass die Errichtung der Runensteine eine Verbindung zur Christianisierung des Landes hat. Gästrikland, Södermanland und Uppland, als mittelschwedische Landschaften, haben im Vergleich viele Runensteine, dafür weniger Grabplatten. In den nördlichen Landschaften Hälsingland und Medelpad ist die Anzahl vermauerter Steine auffällig hoch, auch Gästrikland und Öland haben hier einen überdurchschnittlichen Wert. Blekinge, Gotland und Värmland hatten scheinbar den geringsten Bedarf an steinernem Baumaterial. Es deuten sich hier Unterschiede in der Runensteinsitte in Süd- und Mittelschweden an, welche im Verlauf dieser Arbeit beachtet werden müssen. 2.2.5 Zusammenfassung Von insgesamt 3 828 Runendenkmälern kann für 730 Runensteine der ursprüngliche Standort als bekannt angesehen werden. Dies ist eine Materialgrundlage von 19% des Ausgangsmaterials, verteilt auf 17 schwedische Landschaften.35 Eine besonders große Anzahl von Runensteinen (32%) wurde sekundär vermauert, fast ebenso viele sind keine Runensteine im Sinn dieser Untersuchung (31%) und 18% der Runensteine wurden versetzt oder verloren. Die Verteilung der Runensteine zeigt lokale Unregelmäßigkeiten. Die Runensteinsitte auf Gotland unterscheidet sich von den festlandschwedischen Steinen, zu denen im Hinblick auf die Verteilung auch Öland gerechnet werden muss. Abgesehen von Gotland können keine lokalen Gruppen ausgemacht werden, die nördlicheren Landschaften zeigen 35
Blekinge, Bohuslän, Gästrikland, Gotland, Hälsingland, Jämtland, Medelpad, Närke, Öland, Östergötland, Skåne, Småland, Södermanland, Uppland, Värmland, Västergötland und Västmanland.
Archäologische Untersuchungen
61
insgesamt weniger Runensteine, die Verteilung von vermauerten und versetzten Runensteinen ist jedoch von Landschaft zu Landschaft unterschiedlich, gemeinsame Verhaltensmuster lassen sich hier nicht ermitteln. Es kann keine Einteilung nach geographischen Mustern erfolgen, wie sie Lager und Palm in Bezug auf ihre Fragestellungen herausgearbeitet haben.36
2.3 Methodik Im Folgenden soll meine Vorgehensweise zur Analyse der 730 Steine kurz beschrieben werden. Für jeden einzelnen der 730 zu bearbeitenden Runensteine, die in Tabelle 34 im Anhang nach Landschaften geordnet aufgelistet sind, wurde ein Formblatt angelegt. Als Illustration findet sich im Anhang (Anhang 2) eines dieser Formblätter für den Stein Sö 101 in Jäder. Wie dort ersichtlich, wurden zunächst die Bezeichnung und Nummer eines jeden Runensteins ermittelt, unter der er in den Registern des RAÄ geführt wird. Dabei konnten nur zwei Runensteine nicht eindeutig zugeordnet werden.37 Die übrigen Steine wurden einzeln erfasst, indem alle registrierten archäologischen Fundstellen in einem Umkreis von insgesamt 1000 m eingemessen wurden.38 Die kleinste messbare Einheit ist 1 m. Die Auswertung erfolgt in fünf abgestuften Radien: 25, 50, 100, 500 und 1000 m. 25 m bilden den ersten auswertbaren Messradius, die unmittelbare Umgebung des Runensteins. 1000 m wurden als äußerster Radius gewählt. Die Festsetzung eines Maximalradius (im vorliegenden Fall einen Umkreis von 1000 m) bedeutet immer, dass interessante und wichtige Informationen außerhalb dieses Rahmens liegen können. So liegt im Fall von M 11 oder Nä 34 jeweils eine große wikingerzeitliche Halle nur etwas weiter als 1000m entfernt. Diese wird im festgelegten Radius für die Untersuchung entsprechend nicht erfasst werden, wäre aber für die Gesamtinterpretation des Runensteins in seiner Umgebung möglicherweise wichtig.
36 37 38
Lager 2002, S. 93 ff.; Palm 1992, S. 252 f. U Fv1992;157 und Sm 91. Innerhalb des gewählten Radius um den Runenstein wurden die gemessenen Befunde eingetragen und mit folgenden Informationen versehen: Bezeichnung der Fundstelle nach RAÄ, Abstand vom Runenstein gemessen in Meter, Windrichtung, Beschreibung des Befundes mit eventuellen Grabungsergebnissen und Datierungen.
62
uchungen Archäoloogische Untersu
nd 1000 m um m die Runenrittzung Abbb. 1: Die untersuchten Radieen 100, 500 un F Sö 101 (Jädder 39:1) mit Fundstellen.
Die Enntscheidung für f 1000 m liiegt in der Frrage nach deem direkten K Kontext a 1000 m vvon dem der Runnensteine beegründet. Allle Befunde, die weiter als n n den unmitteelbaren Konntext des Stein enntfernt liegen, gehören nicht mehr in f die Standdortwahl Steins, wobei der inndirekte Konntext trotzdem relevant für geweseen sein könnnte. In weitteren Mikroaanalysen muuss daher auuch das weiteree Umfeld dees Steins inn Fallbeispieelen analysieert werden, da der mmer auch Teil der Lanndschaft Runensstein nicht loosgelöst stehht, sondern im und dees von Meenschen gesschaffenen Monumentensembles ddort ist. S Welcheer Radius füür welchen Stein in seineer Gesamtinnterpretation wichtig n ist, kannn sehr untersschiedlich auusfallen und es müssen neben der kullturellen h regionale Eigenheiten E bbeachtet Einordnnung des Steeins beispiellsweise auch bieten bereitss in einem klleineren werdenn. Findet sichh in dicht bessiedelten Geb mos, so kann in wenigeer dicht Umkreiis ein geselllschaftlicherr Mikrokosm besiedeelten Gebieteen Entfernunng ganz andeers wahrgenoommen werdden, die n. Abstännde sind entspprechend weeiter zu fassen
Archäologische Untersuchungen
63
Neben archäologischen Fundstellen wurden von den Mitarbeitern der Landesaufnahme ebenfalls Plätze mit einer RAÄ-Nummer versehen und inventarisiert, die von besonderer kultureller Bedeutung sind. Dazu zählen Barockschlösser, genauso wie frühneuzeitliche Eisenhütten oder natürliche Plätze mit „besonderer Geschichte“. Diese Geschichte kann beispielsweise eine Sage oder ein historisches Ereignis sein, welches sich an diesem Ort zugetragen haben soll. Diese und andere nicht direkt archäologischen Befunde, welche zeitlich nach der Errichtung der Runensteine entstanden, wurden ebenfalls mit aufgenommen. Neben den archäologischen Denkmälern und, soweit vermerkt, der volkskundlichen Überlieferung, konnten aufgrund der detaillierten Karten auch Abstände zu Flüssen und Seen eingemessen werden. Auf die Erfassung von Höhenunterschieden wurde verzichtet, durch landwirtschaftliche Nutzung, Bodenerosion oder das absichtliche Schleifen von Hügeln zur Ackerverbesserung wurden diese Angaben in jüngerer Zeit zu stark verändert. Eine genaue Untersuchung der hydrographischen Verhältnisse zur jeweiligen Errichtungszeit des einzelnen Steins war im Rahmen dieser Untersuchung ebenfalls nicht möglich, so dass bei der späteren Interpretation der Ergebnisse Schwankungen im Wasserstandsniveau berücksichtigt werden müssen. Auch die Umleitungen einiger Wasserläufe haben die Landschaft nachhaltig verändert und müssen in einer Analyse bedacht werden. In der nun folgenden Auswertung steht der Runenstein im Zentrum der Analyse. Dies bedeutet, dass alle Informationen auf den Stein bezogen sind, es spielt daher beispielsweise keine Rolle, wie viele Gräberfelder im Umkreis des Steins gefunden wurden, sondern nur, dass der Runenstein in einem gewissen Umkreis Gräber hat.39
2.4 Die Befunde Die archäologische Untersuchung der Runensteine erfolgt, wie schon ausgeführt, auf die Weise, dass alle registrierten Funde und Befunde im 39
Dazu ein Beispiel: Der Stein U 52 hat im Umkreis von 100 m ein Gräberfeld mit insgesamt 54 Gräbern unterschiedlicher Typen. U 30 hat im gleichen Umkreis ein Gräberfeld mit nur 6 Gräbern unterschiedlicher Typen. In der Auswertung gelten beide Steine als jeweils bei einem Gräberfeld stehend, unabhängig davon, um wie viele Gräber es sich insgesamt handelt. Wichtig ist nur, dass beide Steine im gleichen Umkreis die Bindung an ein Gräberfeld besitzen. Auch, wenn U 52 ein weiteres Gräberfeld im gleichen Umkreis hätte, würde er trotzdem in der Rubrik „Gräber“ mit der Zahl 1 bedacht, dies bedeutet: Ein Runenstein (U 52) hat im Umkreis von 100 m Gräber, deren Anzahl ist dabei unbedeutend.
64
Archäologische Untersuchungen
Umkreis von 1 km um den Runenstein vermerkt werden. Die Terminologie der archäologischen Befunde orientiert sich an den vorgegebenen Befundkategorien in FMIS und den Inventarbüchern. Diese wurden von Hyenstrand auf Basis der von Selinge 1969 erarbeiteten Terminologie in den Arbeitsvorschriften für die Mitarbeiter der revidierten Inventarisierung entwickelt.40 Mit den von Hyenstrand vorgegebenen Begrifflichkeiten arbeitet auch das Programm FMIS, dessen Terminologie bei Blomqvist41 ausführlich dargestellt wird. Es finden sich dort insgesamt 163 Denkmaltypen.42 Im für die Untersuchung gewählten Maximalradius von 1000m um die Runensteine konnten 131 verschiedene Arten archäologischer Konstruktionen ausgemacht werden. Da eine sinnvolle Auswertung nicht in 131 Kategorien erfolgen kann, wurden diese Konstruktionen in Kategorien zusammengefasst, die zum großen Teil so auch bereits in FMIS vorgegeben werden. In der näheren Umgebung von Runensteinen ist häufig nicht nur eine Befundkategorie, sondern gleich mehrere anzutreffen. Dies erklärt sich dadurch, dass ein Runenstein, der sich bei einem Bach und einer Brücke befindet, somit auch bei beiden Standortkriterien in der Berechnung erfasst wurde. Zu erwarten wäre, dass Brücke und Wasser immer in Kombination vorkommen, dies entspricht jedoch nicht der Realität. Zu erklären ist dies im Charakter der wikingerzeitlichen Brücken, die nicht immer als Brücke im modernen Sinn zu verstehen sind, sondern auch Bohlenwege über feuchtes Gelände sein können. Diese Feuchtigkeit muss nicht durch einen Wasserlauf hervorgerufen werden, sondern kann auch durch Regen auf ein stark genutztes Areal (z. B. einen Marktplatz) verursacht werden. Eine weitere häufige Standortkombination ist Weg und Brücke, da Brücken an die Wege anschließen oder Weg und Grab, da Gräberfelder immer auch über Zugangswege verfügten. Es ist nicht eindeutig zu bestimmen, ob diese Standortkombination absichtlich gewählt wurde. Diese Frage ist nur dann zu beantworten, wenn der Stein beispielsweise direkt auf einem Grabhügel stand. Doch selbst dann könnte noch eine Verbindung zum Weg im Vordergrund gestanden haben, und die Positionierung auf dem Hügel diente nur der Hervorhebung des Steins, so dass er schon von weitem sichtbar war. Eine Verbindung zu dem Bestatteten im Hügel muss daher nicht einmal dann zwangsläufig bestehen, wenn der Runenstein auf dem Grab errichtet wurde. Daher wurden in der vorliegenden Auswertung sämtliche Standorte zunächst einzeln untersucht. Die Verteilung der 40 41 42
Hyenstrand 1984. Blomqvist 2004. Blomqvist 2004, S. 3.
Archäologische Untersuchungen
65
Runensteine auf die einzelnen Befundgruppen werden aus diesem Grund im Folgenden nacheinander ausgehend von der Befundgruppe vorgestellt. 2.4.1 Wege Önundr konungr lét brjóta vegu um alla Svíþjóð, bæði um markir og mýrar og fjallvegu. Fyrir því var hann Braut-Önundr kallaðr.43
Als König von Svitjod, dem östlichen Mittelschweden, wird König Önundr in der Ynglinga saga des Snorri Sturluson vorgestellt, sein Sitz ist Tíundalandi, wo auch Uppsalir liegt.44 Nach Snorri herrscht dieser schwedische König in einem Gebiet, welches im modernen Uppland liegt, und er war dafür bekannt, dass er Wege durch unwegsames Gelände brechen ließ und das Land damit urbar machte. Sein Beiname BrautÖnundr ist für Snorri der Beleg für die Richtigkeit dieser Angaben. Das Anlegen von Wegen war bereits im Mittelalter eine so wichtige Angelegenheit, dass der König selbst dafür Sorge trug und sich damit Anerkennung verdiente. Daher waren Menschen, die aktiv zum Wegebau beitrugen und dies in einer Runeninschrift belegten, gesellschaftlich hoch angesehen. Im Jahr 1350 setzte König Magnus II. (Magnus Eriksson) genaue Maße für Wege fest: Ein Königsweg sollte mindestens 10 Ellen breit sein.45 Auch die Landschaftsgesetze regelten den Wegebau und gaben genaue Maße für unterschiedliche Wege vor.46 Für den Unterhalt der Wege im Mittelalter waren die Bauern selbst verantwortlich, erst mit dem staatlichen Wegebaugesetz aus dem Jahr 1841 wurden in Schweden Wege auf Kosten der Staatskasse gebaut.47 Doch nicht nur Könige machen beim Wegebau von sich reden, auch Bischof Bengt in Skara war für seinen Wegebau bekannt.48 Bischof Kol aus Östergötland ließ im 12. Jahrhundert die Kolsbro über den Svällingeån anlegen, die noch bis ins 18. Jahrhundert stand und damit seinen Namen der Nachwelt erhielt.49 Im Jahr 1314 hatte der Bischof von Durham all denen, die für den Bau der Straße von Brotherton nach
43
44 45 46 47 48 49
Ynglinga saga 37. Übersetzung: ‘König Džnundr ließ in ganz Svitjod Wege brechen, sowohl durch Wälder als auch Moore und durchs Gebirge; daher nannte man ihn Braut (=Weg)-Džnundr.’ Zum Substantiv braut siehe Kapitel 4.2.3. Ynglinga saga 34. Berglund 1994, S. 5. Brink 2000, S. 23. Berglund 1994, S. 5. Biskopskrönikan als Beilage zum Västgötalagen. Brink 2000, S. 30.
66
uchungen Archäoloogische Untersu
4 blass in Ausssicht gestelllt.50 Der Ab Ferrybrridge spendeeten, einen 40tägigen he hohe Stelllung. Doch worum Wegebau erhielt also eine gessellschaftlich handeltt es sich genaau, wenn wirr von vorgeschichtlichen Wegen spreechen? n über Wag gen- und Trittspuren erkeennen,51 Einffache Wege lassen sich nur L u finden sinnd. Die einffachsten die leddiglich in unngestörter Landschaft zu b Wege bestanden auus Reisig, Ässten und bearrbeiteten Stäämmen, die qquer zur Fahrtricchtung verlegt wurden (sschwed. kaveelbro), wie inn Abb. 2 darrgestellt. w eine gänngige Praxis zur Überwiindung von Feucht- undd ÜberDies war mmungsgebieten. Auf deen Planken können k schwem auch Radspuren nachgewiesen werden. Ettwas soliderr aber auch teurer wareen Bohlenweege aus behaueenen Stämmeen. Erst in der d vorrömisschen Eisenzeit sind diee ersten 52 a Stein beelegt, einerr Zeit, die im m Norden von v Umbrüchhen und Wege aus mt war, wie viele v pferplätze zeiigen. Konflikkten bestimm Moorop Bekkanntester miit Steinen auusgelegter Weg (vägbankk) war die Erriksgata, Ü g erwähnt wird. Es handdelt sich die aucch in der schhriftlichen Überlieferung u den Wegg, den ein scchwedischer König nahm m, um das L Land zu dabei um bereisen und sich zuu präsentiereen.53
2 Phasen der Wegkonstruk ktion zu Wikinngerzeit Abb. 2: 2 S. 6). (nach Schoou Jørgensen 2001,
z m den erstenn Steinmit Da Schhou Jørgenseen belegen koonnte, dass zusammen werden, straßenn in Dänemaark auch derr Import stieeg, kann anggenommen w m dass man Straßenn insbesondeere für den Handel annlegte: Wolllhändler Thomaas von Oxforrd baute unteer der Regierrung Heinricchs III. (12166–1272) d Notwenddigkeit herau us seine Woolle vermarkkten zu eine Sttraße aus der 50 51 52 53
Szaabó 1996, S. 277. Carrlie 1999, S. 400. Schhou Jørgensen 1988, S. 101. Laggerkvist 1982, S. 5.
Archäologische Untersuchungen
67
können.54 Eine Funktion von Wegen ist somit die Stärkung des Handels, vom Wegebau profitierten Großhändler, lokale Unterhändler und Käufer. Die Brücke von Ravninge/Jütland aus dem 10. Jahrhundert,55 die zu gleicher Zeit wie die Trelleburgen errichtet wurde, zeigt, dass auch der militärische Ausbau des Landes Landwege erforderte. Vielleicht ließ sich Harald Blauzahn dabei von Karl dem Großen inspirieren, der nach den Lorscher und Metzer Annalen vor dem Feldzug gegen die Sachsen im Jahr 785 dem Heer die Wege bereiten ließ.56 Eine weitere Funktion von Wegen ist daher Unterstützung des Truppentransportes in Kriegszeiten. Neben dem Transport von Kriegern und Ausrüstung waren es schließlich auch die Missionare, die ein gut ausgebautes Wegenetz benötigten, um auch entlegenere Gebiete zu erreichen und dort zu predigen. Damit erklärt sich der Umstand, dass gerade die Kirche den Wegebau voran trieb. Wege wurden also aus ganz unterschiedlichen Gründen gebaut: Die Zentralmacht benötigte Wege für militärische Aktionen, die Handelsleute, um ihre Waren zu transportieren und die Kirche für den Ausbau ihrer Mission in den entlegenen und nur schwer zugänglichen Landesteilen. Für den Runensteinerrichter war neben diesen ökonomischen Gründen außerdem der Nachruhm, der dem Bereiter der Wege nachfolgte, ausschlaggebend für ein so kostspieliges Unterfangen. Denn ein massiver Steinweg ist ein langlebiges, sichtbares Bauwerk, welches den Errichter vermutlich an Lebenszeit überdauert. Durch den Bau eines Weges konnte man daher den eigenen Namen mit diesem Bauwerk „lebendig“ halten und so künftigen Generationen im Gedächtnis bleiben. Und dieses Gedächtnis war sicher der Grund dafür, dass man den Bau von Wegen zusammen mit dem eigenen Namen in den Inschriften oder Annalen vermerkte. Neben König Anund und Bischof Kol denken wir beim Wegebau daher auch an Holmfastr aus Nesby (Sö 311) und die anderen Wegebauer, deren Namen durch Runensteine heute ebenso bekannt sind, wie die Namen von Geistlichen und Herrschern durch Annalen und Chroniken. Vielleicht war es gerade dieser wichtige Nachruhm, der dazu führte, dass das Wegenetz im Norden und Süden Europas am weitesten fortgeschritten war.57 Heute wird häufig argumentiert, dass Wegkarten des 18. und 19. Jahrhunderts für die Rekonstruktion vorgeschichtlicher Wege verwendet werden können.58 Begründet wird dies damit, dass erst mit der Industrialisie54 55 56 57 58
Szabó 1996, S. 27. Siehe dazu beispielsweise Roesdahl 1990 und dort angegebene Literatur. Szabó 1996, S. 28. Szabó 1996, S. 38. Brink 2000, S. 58.
68
Archäologische Untersuchungen
rung ganz neue Wegstrecken benötigt werden, da die gewundenen Wege aus älterer Zeit für die neuen Geschwindigkeiten und Fahrzeuge nicht mehr ausreichten. Eine solche Begründung erscheint allerdings unzureichend, denn es ist kaum anzunehmen, dass man im 11. und 12. Jahrhundert vergleichbar viele Wegstrecken wie im 18. oder 19. Jahrhundert benötigt hat. Die Bevölkerungsdichte war viel geringer und weite Teile des Landes noch völlig unbesiedelt. Schwere Lasten waren einfacher über die Wasserwege zu transportieren, Westerdahl betont, dass Wasserwege für schwere und große Ladungen die wichtigsten Transportwege waren.59 Nicht umsonst fanden die wichtigsten Märkte, beispielsweise Distingsmarknad in Uppsala oder Samtinget in Strängnäs, im Winter statt, damit die Waren über die zugefrorenen Flüsse transportiert werden konnten. Eine einfache Übertragung von neuzeitlichen auf vorgeschichtliche Wege ist sehr fraglich.60 Sie wird in der vorliegenden Untersuchung entsprechend nicht vorgenommen. In der Inventarisierung der archäologischen Denkmäler werden alle Befunde, die mit Wegstrecken zu tun haben, unter der Sammelbezeichnung färdväg vermerkt.61 Die unterschiedlichen Wegebauarten62 geben keinen Hinweis auf die Datierung, nur in Ausnahmefällen wurden die einzelnen Balken einer hölzernen Weganlage mithilfe der Dendrochronologie datiert. Da solche Wegstrecken zumeist über mehrere Jahrhunderte benutzt wurden, indem man immer wieder neue Äste und Kieselschichten aufschüttete, nützt auch eine solche Datierung wenig und kann nur ein Datum der Benutzung liefern, welches jedoch weder Errichtungsdatum des ersten Weges an diesem Ort noch jüngster Nachweis für dessen Benutzung sein muss. Im Zusammenhang mit dem Runenstein kann innerhalb dieser Kategorie daher nur festgehalten werden, dass hier ein Weg av ålderdomlig typ och konstruktion 63 verlief, ob Runenstein und Weg gleichzeitig waren, verbleibt unsicher. In der vorliegenden Untersuchung wurde so vorgegangen, dass alle Wegtypen aufgenommen wurden, die in der Landesaufnahme auch als Befunde markiert waren. Zusätzlich wurden moderne Wege eingemessen, 59 60
61 62
63
Westerdahl 2002, S. 43. Eine gute Übersicht zu vorgeschichtlichen Wegen liefert der Sammelband von Lars Larsson, Kommunikation i tid och Rum (Larsson, L. 2001), das Sonderheft der Bebyggelsehistorisk Tidskrift 39/2000 oder die Zeitschrift Braut. Nordiske veghistoriske studier. Blomqvist 2004, S. 18. Auch Runeninschriften unterscheiden zwischen unterschiedlichen Wegformen, beispielsweise vegȐ, braut, brú, bryggja oder tæ. Blomqvist 2004, S. 18.
Archäologische Untersuchungen
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um der oben genannten Forschermeinung Rechnung zu tragen, die postuliert, dass gegenwärtige Wege zumeist auf älteren Vorgängern angelegt wurden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden an dieser Stelle die Wegfunde, soweit möglich, chronologisch gegliedert. Zu vorgeschichtlichen Wegen gehören Anlagen, die als steinerne oder hölzerne Weganlagen gefunden wurden und der oben skizzierten Wegebauentwicklung zur Eisenzeit im Norden entsprechen. Archäologisch nachgewiesene eisenzeitliche Wege sind beispielsweise Sollentuna 67:3 oder Odensala 122:1. Zur Gruppe der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wege zählen jene, die in älteren Flurkarten bereits eingezeichnet sind, beispielsweise Ramstigen in Närke oder die Via Regia in Småland aus dem 18. Jahrhundert. Inwieweit diese Wege auf eisenzeitliche Wege zurückgehen, kann nicht belegt werden, wird jedoch von einigen Forschern für möglich gehalten.64 Als Hinweis auf frühneuzeitliche Wege gelten Meilensteine, die ab dem 17. Jahrhundert (1649) in Schweden errichtet wurden.65 Sie markieren Ganze-, Halbe- und Viertelmeilen und sind oft mit dem Monogramm des aktuellen schwedischen Regenten verziert und können somit datiert werden. Über ganz Schweden verteilen sich diese Steine und belegen Wege der frühen Neuzeit von überregionaler Bedeutung, die möglicherweise ältere Vorgänger hatten. Neben Meilensteinen werden außerdem väghållningsstenar mit einbezogen, Steine, die den Verlauf des Weges zur Winterzeit angeben und wie Meilensteine mit Monogrammen oder anderen lokalen Angaben versehen sind. Daher sind auch Meilen- und Wegsteine Indizien frühneuzeitlicher Wege. Als „moderne Wege“ werden solche bezeichnet, die heute als Straßen auf den Karten verzeichnet sind. Hier ist eine genaue Altersbestimmung nur mit intensiven Studien älterer Flurkarten möglich. Nicht registriert wurden Autobahnen und Schienenverkehr. Die folgende Tabelle zeigt die Verbindung von Runensteinen zu Wegmonumenten der hier genannten Typen. Eine Rekonstruktion wikingerzeitlicher Wege ist nicht zuletzt auch anhand von Runensteinen vorgenommen worden.66 Dabei wurde davon ausgegangen, dass Runensteine an Wegen errichtet wurden. Tatsächlich zeigt der archäologische Befund, ersichtlich an Tabelle 9, dass eine Verbindung von Runenstein und Weg nicht so natürlich ist, wie zumeist angenommen wird. Gerade 5% aller Runensteine stehen im unmittelbaren Kontext zu einem archäologisch nachgewiesenen Weg. 64 65 66
Beispielsweise Brink 2002. Montelius 2000, S. 8. Beispielsweise Ambrosiani 1987, Brink 2002, Cnattingius 1930 oder Gustavson 1991a.
70
Archäologische Untersuchungen
–25m
a b c
67
Weg VZ Weg ma/ frühe NZ68 Weg modern69 a + b zus.
35 21 333 56
% –50m
5 3
% –100m
% –500m
% –1000m
%
45 28
6 4
72 39
10 5
135 146
19 20
233 281
32 38
46 437
60
518
71
718
98
72970
100
10
111
15
192
26
407
8
73
56
Tab. 9: Runensteine und Wege.
Erweitert man den Radius auf 50 m, erhöht sich die Anzahl um 10 Runensteine auf 6%. Im Radius von 100 m haben immerhin 10% aller Runensteine einen archäologisch nachgewiesenen Weg, im Umkreis von 500 m verdoppelt sich die Zahl auf 19% und im Umkreis von 1 km liegt die Zahl der archäologisch nachgewiesenen Wege bei 233 Runensteinen, 32%. Frühneuzeitliche Wege, die auf Flurkarten eingezeichnet sind, haben ebenfalls nur geringe Relevanz für Runensteine. Hier sind die absoluten Zahlen noch geringer als bei den archäologisch nachgewiesenen Wegen. Die Annahme, dass Runensteine an diesen Wegen stehen, fußt entsprechend nicht auf einer breiten statistischen Grundlage, sondern ist nur in Einzelfällen nachzuweisen. Bis zum Radius von 100m um den Runenstein konnten nur bei 5% der Steine solche Wege nachgewiesen werden. Im Umkreis von 500 m erhöht sich diese Anzahl auf 20%, die sich im Umkreis von 1 km dann auf 38% beinahe verdoppelt. Im näheren Umkreis der Runensteine ist die Anzahl archäologisch nachgewiesener Wege deutlich höher als die Zahl von frühneuzeitlichen Wegen, die anhand der lokalen Überlieferung rekonstruiert werden konnten. Erst in einem größeren Umkreis überwiegt die Anzahl der frühneuzeitlichen Wege, was womöglich Produkt der Runensteinforschung ist. Im unmittelbaren Kontext der Runensteine wurden vermutlich häufiger Grabungen durchgeführt als weiter ent67
68
69
70
Dazu zählen archäologisch nachgewiesene Wege sowie Hohlwege, die jedoch zumeist nicht sicher datiert werden konnten (FMIS: färdväg, vägbank, hålväg). Dazu zählen historische Wege, die auf älteren Flurkarten eingezeichnet sind sowie Meilensteine und Begrenzungssteine (väghållningsstenar). Dazu zählen moderne Straßen und Wege, jedoch keine Autobahnen und das Schienennetz. Dieser Wert wurde nur angenommen, da es für mich in Anbetracht des erforderlichen Zeitaufwandes unmöglich war, im Umkreis von 1 km alle dort vorhandenen Wege manuell einzumessen.
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fernt, so dass Wege, die obertägig nicht sichtbar waren, erst durch wissenschaftliche Untersuchungen entdeckt werden konnten. Im weiteren Umkreis der Runensteine wurden solche Untersuchungen im Durchschnitt seltener durchgeführt, so dass hier die Anzahl der bekannten älteren Wege überwiegt. Trotzdem gilt für beide Gruppen, dass sie nur wenig Relevanz für den Standort der Runensteine haben. Nur 111 Runensteine,71 15% der Gesamtmenge, haben im Umkreis von 1–100 m einen archäologisch oder durch frühneuzeitliche Flurkarten nachgewiesenen Weg, der belegen könnte, dass der jeweilige Runenstein an einem Weg errichtet wurde. Die in der Forschung häufig vertretene These des deutlichen Zusammenhangs von Runensteinen und Wegen kann auf dieser Grundlage widerlegt werden. Woher kommt nun die zählebige Auffassung, Runensteine stünden an Wegen? Es ist zu vermuten, dass die modernen Wege den Grund dafür bilden, denn beinahe die Hälfte aller Runensteine (46%) stehen in direktem Kontext zu einem modernen Weg, im Umkreis von 50 m sind dies bereits 60%. Im Umkreis von 500 m verläuft im Prinzip überall in Süd- und Mittelschweden ein Weg, so dass hier in 98% der Fälle ein moderner Weg nachgewiesen werden konnte. In einigen Fällen mag es durchaus vorkommen, dass auch moderne Straßen und Wege ältere Wege überlagern. Die schwedische Infrastruktur im 21. Jahrhundert ist jedoch keinesfalls auf die Runenstein-Zeit zu übertragen. Nur in entlegenen Gebieten ist heute im Radius von 1km kein Weg zu finden, in den meisten Fällen ist das moderne schwedische Straßen- und Wegenetz dem sehr verstreuten Landesausbau angepasst. Viele Dörfer und Einzelhöfe liegen in weitem Abstand zum nächsten Nachbarn, so dass im Vergleich zur Einwohnerdichte ein sehr gut ausgebautes Wegenetz besteht. Eine weit geringere Einwohnerdichte zur Runenstein-Zeit und andere Verkehrsmittel erforderten deutlich weniger Wege, als heute nötig sind. Die Waren wurden größtenteils über Wasser transportiert, Landwege wurden dagegen für lokale Kommunikation genutzt, beispielsweise von Hof zu Hof oder vom Hof zum Gräberfeld. Moderne Wege können also keinesfalls als Beleg dafür dienen, dass Runensteine an Wegen errichtet wurden. Eine solche These kann nur auf Grundlage archäologisch nachgewiesener Wegstrecken erwogen, möglicherweise durch frühneuzeitliche Wege unterstützt werden. Rechnet man die Anzahl von Runensteinen, die an diesen älteren Wegen stehen zusammen, kommt man im unmittelbaren Umkreis der Runensteine gerade auf 56 Steine, 8% der Gesamtmenge.
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72 Runensteine an einem archäologisch nachgewiesenen Weg und 39 Runensteine an einem durch frühneuzeitliche Flurkarten rekonstruierten Weg.
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2.4.2 Brücken Und jeder, der nach ihrem Beispiel schwierige Wegabschnitte in sumpfigem oder sonstwie grundlosen Gelände durch die Aufschüttung von Dämmen oder durch Brückenschlag über Bäche und Flüsse oder durch die Ausbesserung von verrotteten Brücken in eigener Arbeit oder auf eigene Kosten passierbar mache oder sich jegliches zu fördern bemühe, was dem Gemeinwohl diene, der solle in der Zeit seiner Not auch eine Tröstung finden, die er nicht erst zu suchen brauche, sondern die sich ihm von selbst anbiete.72
Brücken sind Wege, die über andere Wege und topographische Hindernisse, beispielsweise Wasser oder Schluchten, führen. Ohne einen Weg ist eine Brücke sinnlos, denn sie erweitert das bestehende Wegenetz. Eigentlich müssten Brücken daher in der gerade behandelten Kategorie „Wege“ genannt werden. Sie sollen jedoch als eigene Denkmalkategorie behandelt werden, da auch die Runensteinerrichter zwischen Weg und Brücke unterschieden haben. Der Bau von Brücken wird in vielen Inschriften explizit mit dem Substantiv brú, im Einzelfall auch bryggja, benannt.73 Für den Wegebau, der ebenfalls in Inschriften erwähnt wird, werden die Substantive braut oder vegȐ benutzt,74 daher sollen im Folgenden Brücke und Weg getrennt behandelt werden, denn vielleicht war auch die Absicht, die hinter dem Bau einer Brücke stand, eine andere, als die Absicht, die man mit dem Bau eines Weges verfolgte. Landstriche, die durch Wasserläufe von einander getrennt waren, wurden durch Brücken verbunden und hier passiert die maximale Anzahl von Menschen. Deshalb ist die Möglichkeit, Informationen an möglichst viele Menschen weiterzugeben, die im betreffenden Landstrich vielleicht nicht einmal wohnen und nur zufällig hier vorbeikommen, an einer Brücke durch ihre Nadelöhrfunktion am besten gegeben. Neben der Funktion als Verkehrsweg, der im Abschnitt zu Wegen bereits ausführlich erläutert wurde und in den nordischen Landschaftsgesetzen gut belegt ist,75 wird den Brücken noch eine weitere Funktion zugeschrieben: Düwel gibt an, dass Brückeninschriften immer für „das Seelenheil eines Verstorbenen er72 73
74
75
Vita Godeschalcus Handschrift A:11, 2, nach Assmann 1979, S. 65. Beispielsweise Sm 73 mit der Inschrift (Normalisierung): Holmi lét gera brú eptir Þorgaut, fƭður sinn. Übersetzung: ‘Holmi ließ eine Brücke machen nach Þorgaut, seinem Vater.’ Zur unterschiedlichen Bedeutung von brú und bryggja siehe Kap. 4.2. Beispielsweise Sö 311 mit der Inschrift (Normalisierung): Holmfastr lét braut ryðja eptir Ing[i]..., móð[u]r sína gó[ða] ... sína. Übersetzung: ‘Holmfastr ließ einen Weg roden nach Ingi..., seiner guten Mutter...’. Siehe dazu Beck 1978, S. 560 f.
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folgten“.76 Papst Alexander III. (1159–1181) erließ ein Dekret, welches beim Brückenbau als christliche Tat Ablass verspricht.77 Pontifex als Bezeichnung für den Papst bedeutet nichts anderes als ‘Brückenbauer’. Brückenbau war die einzige Arbeit, die auch an Sonntagen ausgeführt werden durfte.78 Auch in vielen Visionen wird der segensreiche Brückenbau erwähnt, beispielsweise in der einleitend zitierten Vita Godeschalcus, wo Brückenbau mit einem paradiesischen Jenseits vergolten wird.79 Das Motiv der Seelenbrücke ist bei Gregor Florentinus, Bischof von Tours, im Jahr 577 zum ersten Mal genannt, auch bei Gregor dem Großen, dessen Werk sogar ins Altnordische übersetzt wurde, wird die Seelenbrücke schon im Jahr 593 erwähnt.80 Es handelt sich dabei um die Brücke ins Himmelreich, welche die Seele des Verstorbenen überschreiten wird. In der altnordischen Literatur wird diese Jenseitsbrücke rezipiert, die Eiriks saga viðförla 4, aufgeschrieben in der Flateyarbók aus dem 14. Jahrhundert, schildert eine Steinbrücke zum Paradies, die von einem Drachen bewacht wird.81 Der Held Helgi in der Helgakviða Hundingsbana II erreicht Walhall über eine Brücke. Eine Verbindung zwischen Brücke und Weg und der doppelten Bedeutung der Seelenbrücke zeigt die Tradition, dass die Leichenbretter, auf denen man Verstorbene zum Friedhof transportierte, später als Stege benutzt wurden.82 Die besondere Bedeutung der Brücke, die nicht nur als Verkehrsweg dient, sondern auch symbolische Bedeutung haben kann und in Zusammenhang zu Tod und Jenseits steht, wird hier deutlich. Eine praktische Unterscheidung zwischen Weg und Brücke ist jedoch nicht so einfach, wie es für uns heute erscheint: Brücken im heutigen Sinn, die große komplizierte Steinbauwerke darstellen, dürfen wir im Norden nicht voraussetzen und finden mit Sigrids Brücke in Södermanland83 bislang nur eine derartige Brücke im modernen Sinn in Schweden.84 In der 76 77 78 79
80 81 82 83 84
Düwel 1986, S. 91. Kinander 1935–61, S. 9. Dinzelbacher 1973, S. 181. Handschrift A: 11, 2, Beginn siehe S. 72: „Jene Jämmerlinge aber, die sich aus Faulheit einer so segensreichen Tätigkeit entzogen und sich in der ganzen Zeit ihres Schaffenskrafttum die Erfüllung nützlicher Aufgaben herumgedrückt hätten, denen solle mit Recht die Gnade fern sein, und in der Zeit ihrer eigenen Not sollten sie einsam bleiben.“ (nach Assmann 1979, S. 65.) Dinzelbacher 1973, S. 12. Dinzelbacher 1973, S. 62, Dinzelbacher 1973, S. 192. Sö 101, Ramsundsristningen. Lindqvist 1914, S. 205. Vielleicht ist auch die Brücke (Abb. 17 und 18), die auf dem Runenstein von Frösö erwähnt wird, eine Freibrücke, da sie das Festland mit
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Wikingerzeit bezeichnen Brücken zumeist Wegdämme über sumpfiges Gelände oder eine mit Steinen ausgelegte Furt über ein flaches fließendes Gewässer.85 Sie sind daher als Befund schwer von Wegresten zu unterscheiden. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Brücke ist ‘Balken’86 und nichts anderes muss darunter zunächst verstanden werden. Während das moderne Wort heute zuerst an eine Freibrücke denken lässt, legt die Wortbedeutung nahe, dass es sich ganz allgemein um eine durch Balken oder ähnliches möglich gemachte Überquerung eines Geländeabschnitts handelt, der (eventuell zeitlich begrenzt) keinen festen Untergrund besitzt. Die hölzerne Brücke selbst ist daher nur selten erhalten, lediglich die Brückenfesten, so genannte „Pfahljoche“, können an beiden Seiten des zu überquerenden Abschnitts gefunden werden. Diese werden häufig für jüngere Brücken an gleicher Stelle wieder verwendet, so dass eine zeitliche Einordnung schwer fällt. Ist der Weg mit Steinen gepflastert, kann eine Brückenkonstruktion dadurch unterschieden werden, dass die Steinkonstruktion in eine Holzkonstruktion (Bohlenweg) übergeht, wie man es beispielsweise in Risby auf Seeland/Dänemark beobachten kann. Die 35 m lange Brücke geht in einen gepflasterten Weg über.87 Für römische Brücken ist überliefert, dass man an ihren Enden häufig Säulen und aufrechte Steine errichtete, um deren architektonische Wirkung zu verstärken.88 Auch dort waren zwei Brückentypen bekannt, einerseits Steinbrücken, außerdem jedoch auch „Flachkonstruktionen mit Stützen oder Pfeilern und hölzernem Sprengewerk“,89 die den nordischen Brücken entsprechen. Inwieweit Runensteine an den Enden der nordischen Brücken errichtet wurden, soll die obige Tabelle zum Zusammenhang von Runensteinen und Brücken zeigen. Auch hier wurden eindeutige archäologische Befunde vorgeschichtlicher Brücken und frühneuzeitliche Brückenkonstruktionen, die möglicherweise ältere Vorgänger haben, zunächst unterschieden.
85
86 87 88 89
der Insel verbindet. Archäologische Belege dafür fehlen jedoch. Düwel 1986, S. 90. Als risbro bezeichnete man einen mit Reisig ausgelegten Weg in feuchtem Gelände, stockbro war ein mit längs verlaufenden dünnen Holzstämmen ausgelegter Weg, ein spå war der Weg aus längs verlaufenden abgeflachte Stämmen oder Brettern, eine kavelbro ein Weg mit quer gelegten Hölzern (Brink 2000, S. 33). Ebenbauer 1978, S. 555. Becker 1978, S. 578. Cüppers 1978, S. 575. Cüppers 1978, S. 574.
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–25m % –50m % –100m % –500m 90
Brücke/Furt VZ Brücke/Furt MA/ NZ91 Beide zusammen
% –1000m %
23 23
3 3
25 34
3 5
31 52
4 7
38 5 80 11
57 8 107 15
44
6
58
8
79 11
110 15
150 21
Tab. 10: Runensteine und Brücken.
Über 100 Inschriften berichten vom Brückenbau. Umso mehr verwundert es daher, dass nur je 23 Runensteine direkt an archäologisch nachgewiesenen bzw. neuzeitlichen Brücken stehen. Fasst man den Untersuchungsradius etwas weiter, steigt die Anzahl der registrierten Brückenfunde nur wenig an, im Umkreis von 50 m auf 25, im Umkreis von 100 m auf 31. Selbst bei 500 m stehen nur 38 Runensteine an archäologisch nachgewiesenen Brücken, im Umkreis von 1 km gerade einmal 57. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 8%. Nimmt man die modernen Brücken hinzu, steigt die Anzahl im unmittelbaren Kontext von 25 m Radius auf 44 Belege,92 6% des gesamten Materials. Im Umkreis von 50 m ergibt sich insgesamt ein Wert von 58 Belegen,93 bei 100 m 79 Belegen.94 Fasst man moderne und archäologisch nachgewiesene Brückenfunde zusammen, entspricht das Ergebnis eher dem, was die Inschriften der Runensteine erwarten lassen. Allerdings ist es auch möglich, dass die Inschriften nicht auf Brücken in direktem Kontext der Runenstein Bezug nehmen, sondern vom Bau irgendwelcher Brücken berichten, die mit dem Aufstellungsort des Runensteins nichts zu tun haben. Diese Frage kann nur ein Vergleich von Inschriften und archäologischem Befund liefern, der in Kapitel 5 der vorliegenden Arbeit vorgenommen wird. Das Ergebnis beeinflussen kann 90
91
92
93
94
Dazu zählen archäologisch nachgewiesene Brücken und Furten sowie selbige, die durch Ortsnamen belegt sind, z.B. Rassvad /Byarums sn, Småland. Dazu zählen Brücken, die noch heute an diesem Ort zu finden sind oder auf älteren Flurkarten eingezeichnet wurden. Es ist möglich, dass sie auf älteren Vorgängern errichtet wurden. 23 archäologisch nachgewiesene Brücken und 23 neuzeitliche Brücken. In zwei Fällen (Ög 29 und Ög 30) wurde für die moderne Brücke ein älterer Vorgänger archäologisch nachgewiesen. Auch hier wurde bei einem Stein (Vg 140) für die moderne Brücke ein älterer Vorgänger archäologisch nachgewiesen. Bei vier Steinen (Ög 29, Ög 30, Vg 140 und Sm 20) wurde für die moderne Brücke ein älterer Vorgänger archäologisch nachgewiesen.
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Archäologische Untersuchungen
außerdem, dass die in Inschriften erwähnten Brücken zum größten Teil einfache Bohlenkonstruktionen waren, die heute nicht mehr erhalten sind. Wichtig in diesem Kontext ist die Feststellung, dass „Furten die häufigste Form der Flußübergänge [sic] zumindest bei den flachen Ober- und Mittelläufen und bei Bächen waren“.95 Tatsächliche Brücken wurden vermutlich nur bei überregional wichtigen Straßen gebaut, während man die kleineren Bäche bei Furten überquerte. Eine solche Furt kann nur durch Zufall bzw. bei einer gezielten Untersuchung rekonstruiert werden. Ellmers stellt heraus, dass besonders häufig Schalensteine an Furten gefunden wurden, allerdings gibt es zu diesem Thema bislang keine systematischen Untersuchungen.96 Es ist daher lohnenswert, nicht nur sichtbare Baudenkmäler (Brücken und Wege) in diesem Kontext zu untersuchen, sondern die Verbindung von Runensteinen zu Wasserläufen und damit erforderlichen Furten darzulegen. 2.4.3 Wasser kalmi : risþi : stin : þena : eftiR : helka : sun : sin : iaR : turknaþi97 (Vg 174) Die Runeninschriften geben Auskunft darüber, wie wichtig und präsent das Wasser jederzeit war. Als einzige Todesart neben dem Tod im Kampf wird das Ertrinken explizit in Runeninschriften erwähnt, wie das oben zitierte Beispiel aus Västergötland verdeutlicht. In Schweden bilden die Wasserwege den größten Raum für eine Infrastruktur. Das Land ist dicht bewaldet und ein Fortkommen in waldreichen Gebieten ist teuer, gefährlich und zeitraubend. Daher wurden insbesondere Wasserwege als Kommunikationsadern genutzt: Das dichte Netz an Seen und Flüssen schafft Verbindungen, die tief in das Land einschneiden. Hauptadern dieses Systems waren die großen Seen: Mälaren im Osten schuf mit seinen vielen Seitenarmen eine Verbindung zur Ostsee. Von dort aus ereichte man Hjälmaren, um tiefer in das Inland vordringen zu können. Weitere wichtige Seewege boten die beiden größten schwedischen Seen, zunächst Vänern, über den man Värmland und die norwegische Grenze erreichte und Vättern, der die beiden fruchtbaren Landschaften Väster- und Östergötland miteinander verbindet und einen Weg von Småland nach 95 96 97
Ellmers 1998, S. 260. Ellmers 1998, S. 265 f. Normalisierung: Gamli(?)/Galmi(?) reisti stein þenna eptir Helga, son sinn, er druknaði. Übersetzung: ‘Gamli/Galmi errichtete diesen Stein nach Helgi, seinem Sohn, der ertrunken war’.
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Norden schafft. Nur kurze Strecken mussten über Land zurückgelegt werden, wenn man direkt von der Ostsee über Mälaren, Hjälmaren, Vänern und Vättern die Westküste erreichen wollte. Doch auch die vielen kleineren Seen und Flüsse boten lokale Verbindungen von Siedlung zu Siedlung und wurden häufig genutzt, im Sommer mit dem Boot und im Winter, wenn sie bequem zu Fuß oder auf Skiern überquert werden konnten. Zur Runenstein-Zeit hatten Wasserwege vermutlich eine höhere infrastrukturelle Relevanz als die bereits untersuchten Landwege.98 Wasseradern sind seit der Steinzeit Lebensadern, hier errichteten die Menschen ihre ersten Siedlungen. Der Rohstoff Wasser ist als Lebensmittel unersetzlich, als Kommunikationsweg bietet er die grundlegende Infrastruktur, die für Siedlungen notwendig ist. Wasser wird seit jeher kultische Verehrung zuteil. Der seit der Jüngeren Steinzeit belegte Wasserkult99 war jedoch nicht uniform, sondern passte sich vermutlich den vorherrschenden Glaubensvorstellungen an.100 Dabei ist der Quellkult am häufigsten vertreten, oft an Plätzen, die eine besonders lange Kultplatzkontinuität aufweisen.101 Jener Quellkult als prominentester Vertreter eines Wasserkultes wird bereits im Jahr 727 von dem Langobardenkönig Liutprand unter Strafe gestellt.102 Viele der heidnischen Opferquellen werden in christlicher Zeit zu Pilgerorten. Sie erhalten die Namen von Heiligen, ihr Wasser hat magische Kräfte. Allein in Dänemark gibt es 618 heilige Quellen.103 Das Wasser ist dabei das Mittel, welches das Opfer aufnimmt und weiterleitet, nicht der eigentliche Empfänger des Opfers,104 das fließende Wasser unterstützt nach Brink die Kommunikation mit den Göttern.105 Sakrale Gewässernamen im Norden belegen den Zusammenhang von Wasser und Kult, z.B. Tirsvad oder Gudensø in Jütland/Dänemark. Runensteine in der Nähe von Wasser bilden daher die dritte Gruppe in der archäologischen Auswertung, auch, wenn Wasserwege keine eigentliche archäologische Fundgruppe bilden. Wasser wurde jedoch als Begren98
99 100 101
102 103 104 105
Eine moderne Zusammenstellung der Wasserwege im heutigen Schweden findet sich in der mehrbändigen Reihe Sveriges inre vattenvägar von Yngve Rollof (1977–1981). Zur Bedeutung der Wasserwege siehe Westerdahl 2002. Müller-Wille 1999, S. 11. Nielsen 1976, S. 7. Am prominentesten für Schweden sind sicher Röekillorna und Gårdslösa in Skåne. Dazu Stjernquist 1970 und dort angegebene Literatur. In Röekillorna besteht vermutlich eine Kultplatzkontinuität von 5000 Jahren (Brink 2001, S. 97). Capelle 2000a, S. 101. Liebgott 1976, S. 19. Nielsen 1976, S. 14. Brink 2004, S. 307.
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zung wahrgenommen106 und mit Furten und Brücken überquert. Da Furten ansonsten nur schwer archäologisch nachweisbar sind, ist die Verbindung von Runenstein und Wasser ein möglicher Hinweis auf diese infrastrukturellen Anlagen. Möglicherweise war es jedoch auch ein kultischer Aspekt, der Runenstein und Wasser miteinander verbunden hat. Es geht somit in dieser Kategorie nicht um Wasser als natürlichen Rohstoff, sondern um die Verbindung, die der Mensch zum Wasser hat. Bevor die Auswertung im Folgenden vorgestellt wird, muss darauf hingewiesen werden, dass die besondere hydrographische Entwicklung im Rahmen dieser Arbeit nicht beachtet werden konnte. Einige Inschriften in Wassernähe scheinen „unglücklich“ platziert zu sein, da sie sich weit oberhalb der Wasseroberfläche befinden und schlecht vom Boot aus gelesen werden könnten. Dabei muss man jedoch bedenken, dass in der Wikingerzeit in einigen Teilen Schwedens der Wasserstand höher war als er heute ist. Seit dem 11./12. Jahrhundert steigt das Land an, im Fall von Stockholm liegen die Werte im Durchschnitt bei 4 mm im Jahr.107 Neben ausgetrockneten Mooren, die nur noch mithilfe von Flurnamen rekonstruiert werden können, sind auch Flüsse und Bäche verlandet bzw. in ihrem Lauf verändert worden. Soweit ein solcher Eingriff registriert wurde, konnte der betroffene Wasserweg in die Untersuchung einbezogen werden; Ortsnamen, die auf Moore deuten, wurden ebenfalls registriert.108 Im Zweifelsfall wurden die Höhenlinien in die Untersuchung mit einbezogen, um die vergangene Ausbreitung des Wasserlaufs zu erfassen. Eine hohe Anzahl von Runensteinen, insgesamt 15%, steht in unmittelbarem Kontext zum Wasser. Eine deutliche Steigerung des Wertes erfolgt zwischen 100 und 500m, da hier auch die untersuchte Grundfläche deutlich ansteigt. Hier wird die Anzahl von Runenstein am Wasser mehr als verdoppelt, von zunächst 280 auf 600 Belege und damit 82% der Gesamtmenge. Da Schweden generell sehr reich an Wasserläufen ist, scheint die 106
107
108
Bei der Landnahme Islands wurden die Wasserwege als Landgrenzen benannt (Strömbäck 1970a, S. 143), in der Edda besitzt Wasser ebenfalls häufig Grenzfunktion (Gansum 1999, S. 462). Löfstrand 1973, S. 137. Allerdings gibt es auch immer wieder Transgressionsphasen, die eine Landhöhung aufhalten, bzw. weniger stark ansteigen lassen, so dass die Werte nur Richtlinien sind, für eine Abfolge von mehreren Jahrhunderten jedoch in jedem Fall einzeln überprüft werden müssen. Die Landhöhungen sind außerdem regional stark unterschiedlich. Löfstrand gibt an, dass die Werte für Stockholm 5,3, das etwas nördlicher gelegene Björn hingegen bereits 7,3 mm im Jahr sei (Löfstrand 1973, S. 138). Beispielsweise der Flurname Runkärret in der Nähe des Runensteins Sm 80, Vallsjö 10:1, Småland.
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Verteilung von Wasser und Runensteinen daher zum größten Teil natürlich bedingt zu sein. Aufgrund der besonderen Hydrographie Schwedens ist es daher nicht verwunderlich, dass im Radius von 1 km um den Stein beinahe alle Runensteine (96%) von Wasser umgeben sind. –25m % –50m % –100m % –500m % –1000m % a b c d e f
Bach Fluss See Meer Quelle Moor Ges.109
69 16 12 1 9 7
9 2 2 1 1
108 15 25 3 18 2 3 11 2 7 1
191 26 45 6 39 5 4 1 13 2 11 2
469 64 117 16 153 21 9 1 41 6 18 3
582 166 254 14 102 51
80 23 35 2 14 7
111 15
163 22
280 38
599 82
700 96
Tab. 11: Runensteine und Wasser.
Die hohen Werte der Umkreise 1–25 m und 101–500 m können auf Grundlage der Einzelgruppen genauer untersucht werden. Während Bäche in allen untersuchten Umkreisen deutlich dominieren, sind es gerade Flüsse, Seen und Quellen, die im Umkreis von 101–500 m deutlich ansteigen. Hier ist also zu bemerken, dass Flüsse, Seen und Quellen nicht unmittelbar bei dem Runenstein zu finden waren, Bäche dagegen schon. Eine Verbindung von Runensteinen zu beispielsweise Quellkulten kann damit abgewiesen werden. Auch die Relation zu Mooren, die eine mögliche kultische Verbindung hätte darstellen können, ist sehr gering. Nur sieben Runensteine stehen unmittelbar an einem Moor, selbst bei einem Umkreis von 1 km kann der Wert nicht über 7% ansteigen. Die absoluten Zahlen für Quelle und Moor sind gering (je 1% im direkten Umkreis). Auffällig ist weiterhin, dass Runensteine nur selten am Meer zu finden sind und somit deutlich inländische Phänomene darstellen. Selbst in der an Runensteinen reichsten Landschaft Uppland, die über eine lange Küstenlinie verfügt, befinden sich nur zwei von 400 Runensteinen im Umkreis von 100 m am Meer.110 In der Gruppe Wasser ist es also der Bach, der für den Runenstein am ehesten standortrelevant ist. Möglicherweise hat man mithilfe des Runensteins Bäche oder dort befindliche Übergangsstellen markiert. Eine Beantwortung dieser Frage ist in der Untersuchung der Inschriften zu erwarten. 109
110
Aufgrund von Doppelnennungen kann es in der Summe zu Abweichungen kommen. Es sind dies U 530 und U 1138.
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Archäologische Untersuchungen
2.4.4 Gräber En naturlig plats för en runsten är gravfältet.111
Neben infrastrukturellen Anlagen sind es zumeist Gräber, die als begleitende Denkmäler von Runensteinen genannt werden, wie das genannte Zitat von Kinander aus SRI für Småland unterstreicht. Ein Gräberfeld ist per Definition des FMIS ein Befund mit mehr als fünf vorgeschichtlichen Grabanlagen, deren Abstand zueinander höchstens 20 m umfassen darf.112 Friedhöfe und Gräberfelder werden unterschieden, wobei ein Friedhof ein christliches Begräbnis in geweihter Erde voraussetzt, womit nicht auszuschließen ist, dass einzelne christliche Gräber auf Gräberfeldern angelegt wurden. Ein Friedhof gibt nicht an, um welche Glaubenszugehörigkeit es sich bei dem Bestatteten handelt, sondern erläutert die Art der Begräbnisstätte als kollektiven Grabplatz in geweihter Erde in der Nähe einer Kirche. Er ist, wie das Wort „Friedhof“ nahe legt, ein eingefriedeter, also deutlich umgrenzter Bereich. Friedhöfe und Gräber werden in der vorliegenden Untersuchung daher getrennt behandelt, Friedhöfe unter der Gruppe „Kultplätze“ in Kapitel 2.4.9 zusammen mit Kirchen in Relation zu den Runensteinen gesetzt. Gräberfelder gehören zur am besten untersuchten Denkmalgruppe in Schweden, in den Jahren 1960 bis 1990 wurden dort ca. 13 000 Gräber untersucht.113 Trotzdem ist nur ein Bruchteil der Gräber bekannt, da Oberflächeninventarisierungen nur Gräber erfassen können, die obertägig sichtbar sind. Einzelne Gräberfelduntersuchungen zeigen jedoch, dass vorher registrierte Gräber im Durchschnitt höchstens 30% des gesamten Grabmaterials eines Gräberfeldes ausmachen.114 Gansum konnte im Rahmen einer Totaluntersuchung eines halländischen Gräberfeldes feststellen, dass von den ergrabenen 148 Gräbern nur 25 vor der Totaluntersuchung bekannt und registriert waren.115 Die vorhandenen Flachgräber gaben dem Gräberfeld völlig neue Dimensionen. Dementsprechend muss auch im Rahmen dieser Untersuchung damit gerechnet werden, dass noch viele Gräberfelder unentdeckt sind und die Dimensionen der registrierten Gräberfelder vermutlich zu gering bemessen sind. Gräberfelder treten ab der Jüngeren Bronzezeit in Schweden auf, einer Zeit, in der die Grabsitten deutlich verändert und kollektive Grabanlagen 111 112 113 114 115
Kinander 1935–61, S. 7. Blomqvist 2004, S. 48. Lagerlöf 1991b, S. 14. Kaliff 1997, S. 26. Gansum 1999, S. 482.
uchungen Archäoloogische Untersu
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etablierrt wurden.1166 Im Nordenn überwiegt zu allen Zeiten die Braandgrabu sitte, die Toten weerden verbrannnt und in unterschiedli cher Form im Grab beigeseetzt. Trotzdeem kommen während der gesamtenn Eisenzeit eeinzelne ortschreitendeen Christianiisierung Körperrbestattungenn vor, die sicch mit der fo etablierren. v G Grabtypen der d Eisenzeiit sind Hüggel und Am meisten verbreitete Steinseetzungen. Hüügel werden aus Steinen und Erde auufgeschüttett, häufig utlich in derr Landschaftt hervor mit Grrassoden abggedeckt.117 Sie treten deu und köönnen über 30 m im Durcchmesser errreichen. Hüggel kommen sowohl B a E m in der Bronzeals auch in der Eisenzeit vorr, besonders monumental e Hügel d Älteren Bronze- un nd Vendel-, bzw. Wikinngerzeit werdenn zumeist der zugeorddnet. Kennzeeichnend fürr die Jüngere Eisenzeit sind mehrere kkleinere nterschiedlichhen Steinsettzungen Hügelggräber, oft in Verbinduung mit un A (siehe Abb. 3).
3 Grabformenn (nach Mülleer-Wille1993, S. 59). Abb. 3:
r m Profil nur sschwach und im Steinseetzungen sindd in den meiisten Fällen rund a Steinblöccken ohne Zugabe Z Erde, in gewölbbt. Sie bestehhen häufig aus von E w h Einzelffällen könnenn sie mit Erdde bedeckt werden. Oft haben sie einne deutN lich siichtbare Raandkette auss Steinen. Neben rundden Steinsettzungen mige und dreeieckige kommeen quadratiscche, ovale, rechteckige, schiffsförm mige Steinseetzungen sinnd Schiffssettzungen Steinseetzungen vorr. Schiffsförm g sehr ähhnlich, wobeei Schiffssetzungen aus einzelnen großen Steinbblöcken 116 117
Hyeenstrand 1984,, S. 84. üngeren Eisenzzeit siehe Mülller-Wille Zu den unterschieedlichen Grabformen der Jü 19993 und dort anggegebene Literratur.
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Archäologische Untersuchungen
bestehen, die in entsprechender Form angeordnet sind, während schiffsförmige Steinsetzungen nur in der Draufsicht als schiffsförmig zu erkennen sind, die einzelnen Steine sowie die Anlage insgesamt sind kleiner. Neben Steinsetzungen und Hügeln gibt es viele, zumeist nur lokal verbreitete Grabtypen, beispielsweise Bautasteine, hällkistor, domarringar und rösen. In den Sagas sind Bautasteine erwähnt,118 die von der Bronzezeit bis zur Wikingerzeit als aufrecht stehende Steine Gräber markieren. Allerdings gibt es hier lokale Unterschiede, in Mittelschweden kommen Bautasteine häufiger in der Älteren Eisenzeit vor, während sie in Südschweden eher in der Jüngeren Zeit verbreitet sind.119 Hällkistor sind Steinkammergräber, die besonders häufig in Westschweden vorkommen. Eine einheitliche Datierung konnte aufgrund fehlender systematischer Untersuchungen bislang nicht erarbeitet werden. Rösen wurden in der älteren Forschung zumeist der Bronzezeit zugewiesen. Es handelt sich dabei um aus kleineren Steinen aufgeschichtete Haufen, die überall in Schweden mit gewissen Konzentrationen auftreten können.120 Zeitlich reichen röse-Gräber vom Neolithikum bis in die Eisenzeit, ohne, dass die äußere Form oder geographische Verteilung Anhaltspunkte für eine genauere Datierung liefern könnte.121 Sie sind außerdem leicht mit den skärvstenshögar zu verwechseln, die ebenfalls aus der Bronzezeit stammen, jedoch mit Siedlungen in Verbindung gebracht werden, da sie in der Regel kein Grab beinhalten. Domarringar treten zumeist in Südschweden auf und werden dort der Älteren Eisenzeit zugeordnet.122 In Mittelschweden dagegen werden sie hauptsächlich in die Jüngere Eisenzeit datiert, so dass hier eine ungefähre Chronologie aufgrund der regionalen Verteilung erfolgen kann.123 Abgesehen von den unterschiedlichen Grabtypen ist auch der Grabbrauch von großem Interesse. Neben dem Aufbewahren der Leiche fanden am Grab unterschiedlichste Handlungen statt, vom besonderen Ankleiden und Ausstatten der Leiche bis zum Totenmahl. All diese rituellen Handlungen können in einer Landesaufnahme der archäologischen Befunde nicht registriert werden. Nur in wenigen Fällen wurden die registrierten Gräber untersucht, so dass eine eindeutige Datierung für das jeweilige Grab vorhanden ist. Dabei ist zu bedenken, dass auf Gräberfeldern in der Regel 118 119
120 121 122 123
Beispielsweise Egils saga Skalla-Grímssonar 22 oder Ynglinga saga 8. Burenhult 1999b, S. 254. Hyenstrand 1984, S. 57. Hyenstrand 1984, S. 59. Siehe Sahlström 1942. Hyenstrand 1984, S. 73.
Archäologische Untersuchungen
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nur einzelne Gräber untersucht wurden und nur eine ungefähre zeitliche Einordnung, aber keine absolute Gesamtchronologie erarbeitet werden konnte. Eine geschlechtsspezifische oder soziale Einordnung der Gräber und Lokation, Deposition, Position und Orientierung des Toten ist jedoch nur bei untersuchten Gräbern möglich. Entsprechend kann bei vielen Gräbern im Kontext von Runensteinen nicht zwischen Körper- und Brandbestattung unterschieden werden, sofern nicht die äußeren Grabbauten nur für eine Variante belegt sind. Es wird in der vorliegenden Untersuchung daher zwischen „Grab“ als sichtbarem Bauwerk und Ruhestätte eines Toten und der Bestattungssitte als komplexem Ritus im Umgang mit dem Toten unterschieden. In dieser Untersuchung werden die Angaben der Landesdenkmalpflege zugrunde gelegt, die es nur in besonders gut dokumentierten Einzelfällen möglich machen, über die äußere Grabform hinaus Aussagen zur Bestattungssitte zu treffen. Es wäre von Interesse, die einzelnen Gräber im Kontext von Runensteinen genauer zu untersuchen, beispielsweise die Verteilung von Brand- und Körpergräbern, Geschlechtsbestimmung und Beigabenfrequenz. Dies ist jedoch nur in aufwendigen Einzelstudien möglich, die weitere Literatur- und Archivstudien voraussetzen und kann in dieser übergreifenden Untersuchung nicht geleistet werden. Die hier vorliegende Auswertung muss sich auf äußere Konstruktionen, das Grab, beschränken, während die Bestattung und die damit verbundenen Riten am Grab verborgen bleiben. Das Verhältnis von Runensteinen zu Gräbern erläutert die folgende Tabelle. Insgesamt zeigt Tabelle 12, dass im unmittelbaren Kontext der Runensteine bei einem Drittel Gräber zu finden sind (Abb. 19 und 20). Im Radius von 50 m erweitert sich dieser Faktor bereits auf 40% und im Umkreis von 100 m wurden bereits für mehr als die Hälfte der untersuchten Runensteine Gräber nachgewiesen. Die Anzahl steigt im Verhältnis zur vergrößerten Fläche unregelmäßig an. Im direkten Kontext der Runensteine befinden sich besonders viele Gräber, während bei doppelter Grundfläche (von 25 auf 50 m) die Anzahl der Gräber weniger stark ansteigt. Dies zeigt, dass die meisten Runensteine unmittelbar bei den Gräbern errichtet wurden. Brand- und Körpergräber können im Hinblick auf die Runensteine nicht zugeordnet werden, da – wie oben erwähnt – nur wenige Gräber im Kontext von Runensteinen tatsächlich untersucht wurden. In den Inventarbüchern des RAÄ wird nur selten dokumentiert, um welchen Grabtypus (Brand- oder Körpergrab) es sich handelt. Bei den wenigen registrierten Fällen handelt es sich auffallend häufig um Körpergräber, wobei dies keine generelle Aussage dahingehend zulässt, dass Runensteine hauptsächlich an Körpergräbern stehen, sondern nur eine für die Wikingerzeit ungewöhn-
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Archäologische Untersuchungen
lichere Begräbnisart darstellt und daher in der Fundbeschreibung explizit erwähnt wird, während die häufiger vorkommenden Brandgräber unerwähnt bleiben. –25m % –50m % –100m % –500m % –1000m % 124
103 14
132 18
183 25
448 61
578 79
Steinsetz.
181 25
217 30
314 43
581 79
670 92
126
andere
101 14
116 16
152 21
355 49
543 74
Gesamt
243 33
289 40
389 53
631 86
704 96
Hügel
125
Tab. 12: Runensteine und Gräber, Gesamtüberblick.
Einige untersuchte Körpergräber im Kontext der Runensteine sollen an dieser Stelle vorgestellt werden: Öl 46 steht 30 m südwestlich von sechs Körpergräbern, die ost-westlich orientiert waren und nur mit wenigen Beigaben ausgestattet wurden (Köping 161:1). Sie datieren in die späte Wikingerzeit und damit gleichzeitig mit dem Runenstein, der in die Mitte des 11. Jahrhunderts eingeordnet wird. Genau unter G 95 wurde beim Versetzen des Steins ein wikingerzeitliches Körpergrab entdeckt, welches für einen Mann angelegt wurde (När 40:1), seine Beigaben waren Kamm und Wetzstein. Auch U 1070 befand sich auf einem Gräberfeld mit mehreren Körpergräbern, u.a. auch eine Bestattung in west-östlicher Orientierung.127 Sieht man sich die Verteilung der einzelnen Grabtypen an, dominieren Steinsetzungen in allen Radien, was sich auch mit der allgemeinen Verteilung der Grabtypen in Schweden deckt. Dies liegt daran, dass Steinsetzungen in der Landschaft am deutlichsten sichtbar und erhalten sind, da Hügel häufiger durch Ackerbau und Winderosion abgetragen werden, während die massiven Steine der Randkette die Steinsetzung vor der Zerstörung schützen. Das Resultat spiegelt weniger die tatsächlichen Verhältnisse als den aktuellen Bewahrungszustand der Denkmäler wider. 124
125
126
127
Hügel von >5 bis <30 m Durchmesser, die meisten jedoch ca. 5–10 m Durchmesser. Steinsetzungen in jeder Ausführung (rund, oval, dreieckig, rechteckig, quadratisch), zumeist jedoch rund. Grabtypen, die keine Steinsetzungen oder Hügel sind, beispielsweise hällkistor, Flachgräber, Bautasteine, rösen, Körpergräber ohne obertägige Markierung oder Gräber unbekannten Typus. Nordahl 1949–51, S. 56.
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Archäologische Untersuchungen
Runensteine und Grabhügel
Anzahl Runensteine
600 500 0-25m
400
0-50m
300
0-100m 0-500m
200
0-1000m
100
>30m
20-30m
15-30m
15-20m
10-30m
10->30m
10-20m
5-30m
10-15m
5-20m
5-15m
5-10m
2-20m
2-15m
2-10m
2-5m
0
Hügelgröße (Durchmesser)
Abb. 4: Runensteine und Grabhügel.
Es kann folglich keine besondere Bindung von Runensteinen an einzelne Grabtypen herausgestellt werden. In der Mehrzahl der Fälle ist pro Gräberfeld nur ein Runenstein verzeichnet, der sowohl an Hügeln, als auch an Steinsetzungen stehen kann. So befindet sich die Felsritzung Sö 41 (Abb. 22) am Rand eines Gräberfeldes mit 43 Hügeln und 198 runden Steinsetzungen (Västerljung 6:1). Dies gilt auch für Sm 61 auf einem Gräberfeld mit 23 Hügeln und 35 runden Steinsetzungen (Tånnö 23:1). Die Runensteine stehen gerade bei diesen großen Gräberfeldern eher am Rand anstatt in Verbindung zu einem bestimmten Grabtypus, der für die Runensteinerrichter folglich nicht entscheidend war. Die meisten Runensteine stehen an Gräberfeldern mit Hügeln und Steinsetzungen, es gibt jedoch auch Steine an Gräberfeldern, die ausschließlich aus Steinsetzungen (Nä 31, Ög 98) oder Hügeln (Sm 42, Sö 336) bestehen. Vergleicht man die Größe der einzelnen Hügel, die in der Nähe zu Runensteinen registriert wurden, stehen Runensteine am häufigsten an Hügeln mit einem Durchmesser von 5–10 m, beispielsweise U 813 zwischen zwei Hügeln mit sieben (Hjälsta 17:1) und acht Meter (Hjälsta 17:2) im Durchmesser. Hügelgräber dieser Größe kommen auch insgesamt am häufigsten auf Gräberfeldern der Jüngeren Eisenzeit zusammen mit
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Archäologische Untersuchungen
Steinsetzungen vor. Nur wenige Runensteine befinden sich an besonders großen Hügeln, dazu zählt beispielsweise Sö 183 an einem Hügel mit einem Durchmesser von 35 m (Kärnbo 112:2) oder Vs 13 am Fuß des bekannten Anundshög in Västergötland mit einem Durchmesser von 60 m (Västerås 431:1). Die Größe des Hügels hat entsprechend keinen Einfluss darauf, ob ein Runenstein in der Nähe errichtet wurde oder nicht. Da mit besonders großen Hügeln häufig auch die sozialen Oberschichten verbunden werden, kann diese Auswertung zeigen, dass Runensteine entsprechend nicht gezielt an den Gräbern der Oberschicht errichtet wurden. Das Verhältnis von Runensteinen zu Steinsetzungen zeigt, dass sie zumeist bei runden Steinsetzungen errichtet wurden, dem Typus, der generell auf Gräberfeldern der Jüngeren Eisenzeit am häufigsten verbreitet ist. Einzelne Steine wie Ög 183 stehen nahe einer abgelegeneren runden Steinsetzung (Ledberg 14:1), während das restliche Gräberfeld (Ledberg 3:1) ca. 80m entfernt ist. Diese Situation ist auch bei Sö 39 zu beobachten, welcher zusammen mit Sö 359 an einer zumindest heute isoliert erscheinenden runden Steinsetzung steht (Trosa-Vagnhärad 178:4). Sö 199 dagegen steht am nordwestlichen Rand eines Gräberfeldes mit 92 runden Steinsetzungen (Ytterselö 143:1), U 729 westlich von 40 ausschließlich runden Steinsetzungen (Löt 15:1).
Runensteine und Steinsetzungen
Anzahl Runensteine
700 600 500
rund oval
400
dreieckig 300
rechteckig
quadrat. 200 100 0 0-25
0-50
0-100
0-500
0-1000
Umkreis (m)
Abb. 5: Runensteine und Steinsetzungen.
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Archäologische Untersuchungen
Es konnte zudem beobachtet werden, dass Runensteine häufig an rechteckigen Steinsetzungen zu finden waren, wenn diese auf dem Gräberfeld registriert wurden.128 U 496 steht nach der Zeichnung in SRI inmitten einer solchen rechteckigen Steinsetzung (Husby-Långhundra 24:1), die heute jedoch zerstört ist, U 789 auf einem Gräberfeld, welches ausschließlich aus 20 rechteckigen Steinsetzungen besteht (Tillinge 137:1). Nur ovale Steinsetzungen trifft man selten im Kontext der Runensteine an, allerdings sind sie auch ansonsten nur wenig verbreitet. Runensteine werden nicht an ausgewählten Typen von Steinsetzungen errichtet, sie schließen ebenso wenig besondere Formen der Steinsetzung aus. Das Verhältnis von Runensteinen und anderen Grabtypen außer Hügeln und Steinsetzungen zeigt, dass Runensteine selten im Kontext von rösen errichtet wurden. Dieser Grabtypus findet sich eher weit vom Runenstein entfernt. Das liegt darin begründet, dass die meisten rösen in die Bronzezeit datieren und deutlich älter als Runensteine sind. Die Errichter haben ihre Runensteine also hauptsächlich an Gräbern platziert, die aus einer ähnlichen Zeit wie die Steine selbst stammen. Auch hällkistor spielen für die Platzwahl des Runensteins keine Rolle, weil auch sie in der Regel früher datieren.
Runensteine und andere Grabtypen 350
Anzahl Runensteine
300
Schiffssetzung
250
Bautastein
Domarring
200
Röse 150
Flachgrab Skelettgrab
100
Hällkista
50 0 0-25
0-50
0-100
0-500
0-1000
Umkreis (m)
Abb. 6: Andere bei Runensteinen registrierte Grabtypen außer Hügel und Steinsetzungen. 128
Gräslund 1987, S. 257.
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Archäologische Untersuchungen
Einzelne Runensteine besitzen jedoch eine Anbindung an ungewöhnliche Grabtypen, so steht Nä 31 im nördlichen Teil des Gräberfeldes von Götlunda inmitten einer Schiffssetzung. Sm 35 steht ca. 20m nordwestlich einer Schiffssetzung mit Brandbestattung, das restliche Gräberfeld erstreckt sich weiter östlich. DR 360 steht zusammen mit neun aufrecht stehenden Bautasteinen in einem domarring (Listerby 96:1), auch Ög 210 steht nahe des domarrings innerhalb des Gräberfeldes Viby 1:1. Sm 60 steht innerhalb einer röse (Rydaholm 185:1) auf der Krone einer Moräne, Vg 161 ebenfalls mit einer röse zusammen (Härna 3:1). Vg 66 steht an einer hällkista, in deren Umgebung mehrere verbrannte Knochen gefunden wurden (Norra Vånga 1:1), ebenso Vg 195 (Tranemo 465:1). In Bezug auf Gräber ist daher zusammenfassend festzustellen, dass besonders viele Runensteine an Gräbern errichtet wurden. Dabei kann nicht beobachtet werden, dass Runensteine an bestimmte Grabtypen gebunden sind. Sie befinden sich weder bei besonders monumentalen Hügeln noch ausschließlich an Hügeln und flankieren damit nicht nur die Gräber der Elite, wenn man monumentale Hügel ohne Untersuchung pauschal als Gräber der Elite ansprechen möchte. Es scheint eher so, dass Runensteine nicht an ein ausgewähltes Grab geknüpft sind, sondern ganz allgemein auf einem Gräberfeld errichtet werden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Gräberfelder der Jüngeren Eisenzeit, deren Belegung bis in die Gegenwart der Runensteinerrichter reichte. Stichproben datierter Gräbern belegen dies. Weitere Ergebnisse können hier nicht benannt werden, da ansonsten eine ausführliche Untersuchung des jeweiligen Gräberfeldes notwendig wäre. In der Tendenz sind Runensteine weder geschlechtsspezifisch noch sozial hierarchisch an ausgewählten Gräbern errichtet worden. Dies wird dadurch belegt, dass keine besondere Grabform bevorzugt und auf Gräberfeldern zumeist nur ein einzelner Runenstein errichtet wurde, der eher am Rand zu finden ist, anstelle ein ausgesuchtes Grab zu flankieren. 2.4.5 Siedlungen Wie bereits im Abschnitt zur Quellenlage erläutert, war die Landesaufnahme zunächst hauptsächlich eine Inventarisierung von Grabdenkmälern,129 da diese in der Landschaft deutlich sichtbar sind. Die Anzahl registrierter Siedlungen ist im Vergleich dazu geringer, besonders in dicht bewachsenen Gebieten ist eine Identifizierung von Siedlungen schwierig.130 Eine verstärkte Konzentration auf das Forschungsfeld „Siedlungsarchäo129 130
Hyenstrand 1978, S. 71. Hyenstrand 1984, S. 43.
Archäologische Untersuchungen
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logie“ in der jüngeren Forschung versucht indes, sich dieser Problematik durch besondere Prospektionsmethoden und verstärkte Forschung auf diesem Gebiet anzunehmen. Die Bedeutung von Siedlungs- und Zentralplatzarchäologie erbrachte in jüngster Zeit viele neue Siedlungskomplexe, die auch in Verbindung zu ihrem Umland ausführlich untersucht wurden.131 Insofern ist die Zahl der registrierten Siedlungen zwar immer noch gering, aber bereits repräsentativer als noch vor wenigen Jahren. Problematisch ist im Bezug auf das Verhältnis von Siedlungen zu Runensteinen, dass gerade bei Siedlungen mit einer Kontinuität vom Mittelalter bis in die moderne Zeit zu rechnen ist.132 In Östergötland wurde nachgewiesen, dass alle untersuchten mittelalterlichen Dörfer wikingerzeitliche Vorgänger aufweisen konnten.133 Lindgren-Hertz sieht daher zur Jüngeren Eisenzeit einen Bruch in der Siedlungskontinuität, da die Siedlungen der Älteren Eisenzeit nicht fortgeführt werden und verbindet dies mit einer neu aufkommenden Elite. Zur Jüngeren Eisenzeit wird also eine Siedlungskontinuität etabliert, die bis in die Neuzeit Bestand hat.134 Dies bringt mit sich, dass Runensteine im Siedlungskontext in heute dicht besiedelten Gebieten zu finden wären und daher häufiger versetzt oder zerstört wurden. Da versetzte und zerstörte Steine nicht mehr zur Rekonstruktion der ursprünglichen Standorte herangezogen werden können, ergibt sich hier eine Schwierigkeit für die Repräsentativität des Materials. Gräslund konnte belegen, dass die Verbreitung der Runensteine mit den Siedlungsgebieten der Wikingerzeit in Uppland übereinstimmt.135 Sie gibt jedoch nicht an, wie das Verhältnis von Runenstein und Siedlung im Detail zu sehen ist, ob beispielsweise Runensteine unmittelbar bei den Höfen zu finden sind oder sich eher weiter von den eigentlichen Gebäuden entfernt in der Ackerlandschaft oder auf Grenzen befinden. Zachrisson greift die Verbindung von Runensteinen und Siedlungen auf und gibt an, dass Runensteine nicht unmittelbar bei den Höfen, sondern auf Eigentumsgrenzen errichtet wurden.136 Eine unmittelbare Verbindung zu Siedlungen auf dem privaten Eigentum reicher Bauern wurde von Larsson für den
131
132 133 134 135 136
Stellvertretend seien hier nur die ausführlichen Untersuchungen im südschwedischen Uppåkra erwähnt, deren Publikationsreihe, Uppåkrastudier betitelt, bereits 10 Bände umfasst. Carlsson 1979, S. 39. Lindgren-Hertz 2004, S. 59. Sporrong 1971, S. 103. Gräslund 1987, S. 242 ff. Zachrisson 1998, S. 194 ff.
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Archäologische Untersuchungen
Standort der Runensteine festgestellt.137 Die Verbindung von Runenstein und Siedlung ist daher mit dem Problem verknüpft, dass Siedlungen der Jüngeren Eisenzeit bis in die Neuzeit belegt sind und Runensteine an diesen Orten größerer Zerstörung ausgesetzt waren. Da nach Zachrisson Runensteine nicht unmittelbar bei den Höfen, sondern eher auf deren Grenzen errichtet wurden, dürfte sich diese Verbindung von Runenstein und Siedlung als nicht relevant herausstellen. Die Repräsentativität des Materials dürfte daher nicht beeinflusst werden. Um den Thesen von Carlsson, Sporrong und Lindgren-Hertz Rechnung zu tragen, wurden in der vorliegenden Statistik auch neuzeitliche Siedlungen erfasst und die Ergebnisse chronologisch unterteilt. Die nachfolgende Tabelle ist also wie folgt zu lesen: Ziffer 1 bezeichnet Siedlungen, die bereits vor den Runensteinen bestanden,138 2. gleichzeitige Siedlungen,139 3. Siedlungen, die erst nach den Runensteinen etabliert wurden, möglicherweise jedoch aufgrund der oben genannten Siedlungskontinuität auf zeitgleiche Vorgänger zurück gehen140 und schließlich unter 4. moderne Einzelhöfe, Dörfer und Städte. Die genannte Siedlungskontinuität von Jüngerer Eisenzeit bis in die frühe Neuzeit konnte belegt werden, eine Siedlungskontinuität bis in die moderne Zeit ist dagegen nicht zu erkennen, da die modernen Siedlungen einer weitaus größeren Zahl von Einwohnern entsprechen müssen, mit denen zur Jüngeren Eisenzeit nicht zu rechnen war. Daher wurden moderne Anlagen gesondert und nicht zusammen unter 3. angegeben.
1. 2. 3. 4. 2.+3.
–25m 12 4 30 5 26
% –50m 2 17 1 8 4 40 1 15 4 38
% 2 1 6 2 5
–100m % –500m 35 5 134 20 3 127 62 9 239 29 4 187 65 9 262
% –1000m 18 254 17 265 33 447 26 388 36 464
% 35 36 61 53 64
Tab. 13: Runensteine und Siedlungen. 137 138 139
140
Larsson, M. 1998, S. 643; 1990, S. 97. Siedlungsfunde aus Steinzeit, Bronzezeit und Kaiserzeit. Neben eindeutig datierbaren Siedlungen in die Völkerwanderungszeit, Vendelzeit und Wikingerzeit zählen in diese Kategorie auch nicht datierte Siedlungsfunde wie Herdstellen und Pfostenlöcher, da hier zumindest die Möglichkeit besteht, dass sie zur Zeit der Runensteine existiert haben. Hierzu gehören Siedlungen aus Mittelalter und früher Neuzeit, sowie undatierte Siedlungsterrassen und Schlösser der frühen Neuzeit.
Archäologische Untersuchungen
91
Tabelle 13 zeigt, dass Siedlungen unterschiedlicher Zeitstellungen im unmittelbaren Kontext der Runensteine wenig bis überhaupt nicht relevant waren, lediglich Siedlungen der frühen Neuzeit finden sich bei 4% der Runensteine. Auch im nächsten Radius von 50 m erhöhen sich diese Zahlen nicht nennenswert. Erst ab 100 m verdoppeln sich die Werte aller untersuchten Siedlungsgruppen, verbleiben insgesamt unter 10%. Ein großer Anstieg ist von 100 auf 500 m zu erkennen. Während sich die Belege für Siedlungen von Typus 1 und 3 verdreifachen, steigt die Anzahl von Siedlungen, die möglicherweise gleichzeitig mit den Runensteinen datieren sowie moderne Siedlungen um ein sechsfaches an. Zwischen 500 und 1000 m verdoppeln sich alle Belege. Nur auf die Zahlen bezogen dominieren die frühneuzeitlichen Siedlungen in allen untersuchten Umkreisen. Der deutliche Anstieg von gleichzeitigen Siedlungen zwischen 100 und 500 m zeigt, dass Runensteine erst im Abstand von über 100 m zu Siedlungen errichtet wurden. Nur fünf Runensteine stehen in unmittelbarem Kontext zu einer vermutlich gleichzeitigen Siedlung, im Umkreis von 500 m sind dies bereits 128. Trägt man den Untersuchungen Rechnung, dass eine Siedlungskontinuität etwa ab 700/800 bis in die frühe Neuzeit zu beobachten ist,141 ist es lohnend, gleichzeitige und frühneuzeitliche Siedlungen zusammenzufassen. Während im Radius von 100m um den Runenstein derlei Siedlungen nur eine geringe Rolle spielen, steigt die Anzahl im Umkreis von 500 m auf 36% an. Im Umkreis von 1 km befinden sich bei 64% der Runensteine gleichzeitige oder frühneuzeitliche Siedlungen. Das Ergebnis unterstützt die These von u.a. Zachrisson, die vorschlägt, dass Runensteine nicht an den Hofgebäuden, sondern im äußersten Grenzbereich des Siedlungsareals errichtet wurden.142 Die nächste Siedlung befindet sich dabei mehr als 100m entfernt vom Runenstein. Es ist daher als nächster Schritt sinnvoll zu untersuchen, inwieweit Äcker, welche den zentralen Hof umgeben, in der Nähe der Runensteine zu finden sind. Dies könnte Aussagen darüber zulassen, in welchem Gesamtverhältnis Runenstein, zentrale Siedlung, bearbeitetes Land und die umliegenden Gräberfelder, in Relation verhalten. Als zweites muss auch überprüft werden, ob sich viele Einzelfunde in der Nähe der Runensteine befinden, da insbesondere Einzelfunde zur Ortung von Siedlungen führen, die nicht durch obertägig sichtbare Strukturen sichtbar sind, sondern aufgrund einer besonderen Funddichte und Kulturschichten rekonstruiert werden können. 141 142
u. A. Sporrong 1985, S. 195. Zachrisson 1998, S. 194 ff.
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Archäologische Untersuchungen
2.4.6 Landwirtschaft, Ackerfläche Zunächst soll hier also die Verbindung von Runensteinen zu Ackerflächen dargestellt werden. Eine gewaltige Anzahl registrierter Runensteine wurde bei landwirtschaftlichen Arbeiten gefunden. Aufgrund ihrer Größe wurden Runensteine oft als für den Ackerbau hinderlich empfunden und zusammen mit anderen Findlingen entweder gesprengt oder zumindest entfernt. Es ist anzunehmen, dass nur auf einem Bruchteil der auf diese Weise bewegten Steine Runen überhaupt erkannt und vermutlich auch nicht jeder Fund dem Amt für Denkmalpflege gemeldet wurde. Auch wenn neuzeitliche Äcker also für die Fundgeschichte der Runensteine eine große Rolle spielen, sind sie für diese Untersuchung unerheblich. Hier soll es um Flächen gehen, die das landwirtschaftlich genutzte Areal einer Siedlung markieren, die zur Gegenwart der Runensteine bestand. Im Zusammenhang mit der im vorherigen Abschnitt bereits erläuterten erstarkten Siedlungsarchäologie in jüngerer Zeit werden auch zunehmend landwirtschaftliche Nutzflächen als archäologische Befundgruppe registriert und wissenschaftlich bearbeitet.143 Insbesondere im Rahmen der Kulturgeographie wurde dies schon früh ausführlich betrieben.144 Das Verhältnis von Acker, Siedlung und Gräberfeld untersuchte Lindquist und stellte fest, dass sich Äcker und Gräberfelder nicht unmittelbar bei der Siedlung befinden, sondern dort zunächst eine Fläche von ca. 3–10 ha als direkte Weidefläche genutzt werden.145 Eine solche Weidefläche ist archäologisch nicht nachweisbar. Da ein Zusammenhang von Runensteinen und Gräberfeldern festgestellt wurde und eine Verbindung zu Siedlungen im unmittelbaren Kontext eher abgewiesen werden kann, könnte also als Bestätigung der Theorie Lindquists eine Verbindung von vorgeschichtlichen Äckern und Runensteinen deutlich werden. Es muss jedoch auch mit einem großen Anteil an Brachland zur RunensteinZeit gerechnet werden, so dass ein negatives Ergebnis hier der Theorie Lindquists nicht widersprechen würde. Problematisch sind die im archäologischen Befund durch eine Oberflächeninventarisierung nur schwer fassbaren Äcker. Von Seiten der Kulturgeographie wurde die Ackerentwicklung daher zumeist in einer Kombination von Felduntersuchungen mit historischen Karten betrieben und exemplarisch untersucht.146 Zu den archäologisch fassbaren Strukturen des vorgeschichtlichen Ackerbaus 143 144 145 146
Siehe beispielsweise Gren 1991. Siehe beispielsweise Carlsson 1979 oder Lindquist 1968. Lindquist 1968, S. 46. Hyenstrand 1984, S. 102.
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Archäologische Untersuchungen
zählen Ackerterrassen, Parzellen, Lesesteinhaufen und stensträngar.147 Gerade das parzellierte Ackersystem, welches vermutlich während der Wikingerzeit etabliert wurde, kann die Ackerflächen zeitlich einordnen.148 Doch auch andere Ackersysteme werden der Jüngeren Eisenzeit zugeteilt, da zwischen Völkerwanderungs- und Vendelzeit eine deutliche Zuwucherung älterer Ackerflächen beobachtet werden konnte.149 In Bezug auf Äcker, insbesondere Terrassen ist es jedoch schwer auszumachen, ob diese Struktur den Rest eines Hauses oder eines Ackers wiedergibt. Äcker werden also hauptsächlich im Rahmen archäologischer Untersuchungen registriert und untersucht. Bei Flurbegehungen sind sie nur schwer nachweisbar. Ihre bislang registrierte Anzahl ist entsprechend gering. –25m % –50m % –100m % –500m % –1000m % 150
Acker
stensträng
151
6 1
17 2
27 4
113 16
254 35
8 1
11 2
27 4
146 20
263 36
Tab. 14: Runensteine und landwirtschaftliche Nutzflächen.
Die Verbindung von Runensteinen und vorgeschichtlichen Äckern wird auf dem gegenwärtigen Forschungsstand nicht deutlich. Auch wenn man stensträngar als sehr diffuse und unklare Befunde hinzunimmt, scheinen landwirtschaftliche Nutzflächen keine standortrelevanten Faktoren für Runensteine zu sein. Erst im Umkreis von 500 m erreicht der prozentuale Anteil von Runensteinen an landwirtschaftlichen Nutzflächen einen Wert 147
148 149 150
151
Stensträngar sind eine Mischung aus Lesesteinhaufen (odlingsröser) und Mauern, sie begrenzen vielerorts Äcker, verlaufen jedoch auch teilweise sehr chaotisch, so dass man ihnen keine eindeutige Funktion zuweisen kann. In der Forschung wurde ihre Bedeutung vielfach diskutiert, siehe dazu beispielsweise Burström 1994, Nordén 1930 oder Olausson 1995. Hyenstrand 1984, S. 106. Ibid. Dazu zählen Ackerparzellen, nach Sporrong ab dem 11. Jh. (Sporrong 1971, S. 198), Ackerterrassen und sog. röjningsrösen. Dabei handelt es sich um Steinansammlungen, die durch das Absammeln größerer Steine von Äckern entstanden sind. Da die Forschungsgeschichte nicht eindeutig sagen kann, dass stensträngar landwirtschaftliches Areal umgrenzen, bzw. belegen, werden sie hier einzeln und unabhängig von den eindeutigen Ackerbefunden aufgeführt.
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von 16% bzw. 20%. Bei 1 km Umkreis steigt der Wert auf 35% bzw. 36% an. Runensteine werden daher nicht auf landwirtschaftlichen Nutzflächen errichtet, diese befinden sich, ähnlich wie die Siedlungen, in einem weiteren Abstand zu den Runensteinen. 2.4.7 Einzelfunde Neben landwirtschaftlichen Nutzflächen sind auch Einzelfunde für die Siedlungsarchäologie relevant. Gut dokumentierte und kartierte Einzelfunde dienen häufig dazu, eine ansonsten nicht sichtbare Fundstelle zu erfassen und darauf aufbauend weitere Untersuchungen, beispielsweise Bodenprospektionen, einzuleiten. Allerdings ist ein Großteil der Einzelfunde nur mäßig dokumentiert, oft konnte der genaue Fundort nicht mehr eindeutig angegeben werden. Inwieweit die zumeist im Frühling und Herbst auf den Äckern abgesammelten Einzelfunde daher aus Befundkomplexen wie beispielsweise Siedlungen stammen, kann nur geklärt werden, wenn der Fundort genau angegeben und der betroffene Platz daraufhin untersucht wird. Bis eine solche Untersuchung stattgefunden hat, verbleibt der Einzelfund zunächst ein zusammenhangloses Einzelstück. Sie können daher nicht ohne weitere Untersuchung den Siedlungsfunden zugeordnet werden, denn auch obertägig nicht sichtbare oder zerstörte Gräber lassen sich durch Einzelfunde entdecken. Schließlich ist es auch möglich, dass der Träger den Gegenstand absichtlich an einem abgelegenen Ort deponiert oder ihn unwissentlich verloren hat. Einzelfunde werden daher in der vorliegenden Untersuchung als eigene Kategorie aufgenommen. Sie können keine Hinweise auf die spezifische Arealnutzung geben. Stellt sich jedoch heraus, dass im Umkreis der Runensteine besonders viele Einzelfunde angetroffen werden, ist dies entweder Indiz dafür, dass die von mir erstellten Kategorien in dieser Fragestellung unzureichend sind oder dass hier noch viele unerforschte Konstruktionen zu erwarten sind, die das Bild nachhaltig verändern können. Auch als Hinweis auf Kultplätze können besondere Einzelfunde dienen. –25m % –50m % –100m % –500m % –1000m % Gesamt
6 1
9 1
23 3
135 19
Tab. 15: Runensteine und Einzelfunde.
282 39
Archäologische Untersuchungen
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Bis zum Umkreis von 500 m ist die Anzahl der Einzelfunde sehr gering, dabei handelt es sich größtenteils um Steingegenstände. Im Radius von 500 m befinden sich bei 19% der Runensteine Einzelfunde, davon mehr als die Hälfte Steinartefakte wie beispielsweise Schaftlochäxte und Pfeilspitzen. Hinzu kommen typische Siedlungsfunde wie Mahlsteine und Keramikscherben sowie Waffen, Schmuck und Glas, die auch aus einem Grabkontext stammen können. Innerhalb von 1 km sind bei 39% der Runensteine Einzelfunde gemacht worden. Von 282 Befunden sind dies 172 Steinartefakte, ca. 70 Siedlungsfunde (Spinnwirtel, Gefäße, Mahlsteine) sowie 14 Waffenfunde. Dazu kommen einzelne Schmuckgegenstände, Perlen und Münzen. Die Zahlen entsprechen den Erwartungen, mit einem solchen Anteil an Lesefunden ist generell auf einem 1 km² Areal zu rechnen. Die Gegenstände stammen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, weder Grab- noch Siedlungsfunde überwiegen. Sakrale Funde (beispielsweise herausragende Goldgegenstände, guldgubber, o. ä.) wurden nicht gemacht, so dass eine absichtliche Deponierung von Gegenständen an Runensteinen als mögliche Opfer damit ausgeschlossen werden kann. 2.4.8 Horte Neben den Einzelfunden sollten auch Hortfunde als archäologische Fundgattung in diesem Kontext untersucht werden, insbesondere im Hinblick darauf, dass viele Menschen den Runensteinen eine gewisse Mystik und damit verbundene Kultfunktion zusprechen wollen. Daneben werden viele Runensteine mit Sagen verbunden, ein weit verbreitetes Motiv ist dabei die Geschichte, dass unter dem Runenstein ein Schatz vergraben sei.152 Um zu überprüfen inwieweit diese Sagen auf reale Befundsituationen zurückgehen, wurde die Kategorie „Horte“ in die Untersuchung miteinbezogen. Dabei unterscheiden sich Horte von der Kategorie Einzelfunde durch ihre Stückzahl. Als Hort werden im Rahmen dieser Arbeit Fundkonzentrationen mit drei oder mehr Fundstücken bezeichnet, die keiner anderen Befundkategorie (beispielsweise Grab- oder Siedlungsfunden) zugeordnet werden können. Dabei müssen sie zusammen deponiert worden sein und entweder in einem chronologischen oder intentionalen Zusammenhang stehen.153 152
153
So beispielsweise Sm 78 (Vallsjö 19:1), unter dem eine Kupferkiste vergraben sein soll. Chronologischer Zusammenhang: Die Funde wurden zeitgleich niedergelegt (z.B. Handwerkerdepot); Intentionaler Zusammenhang: Die Funde wurden zu unterschiedlichen Zeiten am gleichen Ort mit vermutlich gleicher Intention (Opferdepot) hinterlegt.
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Gesamt
–25m
–50m
0
0
–100m % 3
–
–500m
%
–1000m
%
23
3
51
7
Tab. 16: Runensteine und Horte.
Die Tabelle zeigt, dass die verbreiteten Sagen zu Runensteinen und Schätzen keinen Hinweis auf deponierte Horte geben. Trotzdem dürfen sie nicht als bloße volkstümliche Erfindung dargestellt werden, denn sie können beispielsweise auch auf einen Grabfund in der Nähe des Runensteins Bezug nehmen. Unter keinem Runenstein wurde ein Hort deponiert, erst in einem Abstand ab 51m befinden sich Hortfunde bei drei von 730 Runensteinen (Nä 32, Ög 138 und Sm 138). Dabei handelt es sich jeweils um eine Konzentration von steinernen Gegenständen (Schaftlochäxte und Pfeilspitzen). Von „Kupferkisten“ und anderen Schätzen kann auch hier keine Rede sein. Erst im Umkreis von 500 m befinden sich mehr Edelmetall- und Münzhorte als Steindepots. Mit insgesamt 28 Belegen ist die Zahl für den Standort des Runensteins unbedeutend. Von den insgesamt 65 Horten im Umkreis von 1 km um den Runenstein bestehen 36 aus Edelmetall und/oder Münzen, 29 aus Steinartefakten. Insgesamt kann man daher sagen, dass sowohl Einzelfunde als auch Horte keine Rolle für die Standortwahl eines Runensteins spielten. Opferungen von prestigeträchtigen Gegenständen in der Nähe der Runensteine konnten nicht nachgewiesen werden. Es sollte daher weiter untersucht werden, inwieweit tatsächlich nachgewiesene Kultplätze in der Nähe von Runensteinen angetroffen werden können. 2.4.9 Kultplätze Kultplätze sind archäologisch nur selten eindeutig nachweisbar und daher in der hier untersuchten Zeit Interpretation einer archäologischen Befundsituation in Kombination mit der Topographie und anderen Belegen, beispielsweise Schriftquellen. Erst ab der Christianisierung lassen sich Kultgebäude als Bauwerke nachweisen (Kirchen, Klöster, Kapellen). Der vorchristliche Kult fand dem gegenwärtigen Forschungsstand zu Folge entweder im Privaten oder Freien statt, so dass vorchristliche Kultgebäude, die ausschließlich diesem Zweck dienten, bislang nur in wenigen Ausnahmefällen nachgewiesen werden können.154 Neben Bauwerken kann je154
Kleinere Gebäude im Kontext großer Hallen werden von Forschern zunehmend als Kultgebäude angesprochen, so beispielsweise in Uppåkra/Skåne.
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doch auch eine besondere Befundsituation einen Kultplatz auszeichnen, beispielsweise Opferdepots oder Quellen. Die Ansprache als vorchristlicher Kultplatz für einen gewissen Ort ist daher höchst vage und wird nur in seltenen Fällen in der Landesaufnahme registriert. Diese Kategorie wird trotzdem in die Untersuchung miteinbezogen, da eine Verbindung zwischen Runenstein und vorchristlichem Kultplatz in der Forschung mehrfach angesprochen wurde.155 In Bezug auf Runensteine müssen die Kultplätze chronologisch unterteilt werden. Neben vorchristlichen Kultplätzen aus der Gegenwart der Runensteine werden hier auch christliche Kultplätze (Kirche, Kloster), sowie Kultplätze aus der Zeit vor den Runensteine (Schalengruben und Felszeichnungen der Bronzezeit) behandelt. Die bronzezeitlichen Kultplätze schienen mir in diesem Zusammenhang erwähnenswert, da dieser Kult möglicherweise noch bzw. schon bekannt war, als man die Runensteine an diesen Orten errichtete. Dafür spricht die Tatsache, dass einige Runeninschriften in Steine geritzt wurden, die bereits mit Schalengruben versehen waren, beispielsweise U 791, Tillinge sn. Auf dem Stein befinden sich neben der Runeninschrift ca. 40 Schalengruben und 4-5 Rinnen. Christliche Kultplätze sollten an dieser Stelle ebenfalls benannt werden, allerdings verändern Runensteine in Kirchen oder auf Friedhöfen das Ergebnis nachhaltig. Da diese Steine nicht mehr am ursprünglichen Standort stehen, können sie auch nicht in diese Untersuchung eingehen. Es ist bislang nicht eindeutig nachgewiesen worden, dass die Runensteine tatsächlich aus der nächsten Umgebung der Kirchen stammen, in denen sie vermauert wurden. Die Ergebnisse dieser Auswertung dürfen daher nur unter Vorbehalt genutzt werden und müssen mit verändertem Forschungsstand nochmals kritisch überprüft werden. Es ist dennoch sinnvoll, das Verhältnis von Runensteinen am ursprünglichen Standort und in der Nähe befindlichen Kirchen zu untersuchen. Falls es in diesem Fall überhaupt keine Belege gibt, wäre gerade dies ein Indiz für eine systematische Runensteinvermauerung von Steinen, die im Kontext von Kirchen standen. Die Kategorie „Friedhöfe“ wurde hier unter der Überschrift „christlicher Kult“ behandelt, da Friedhof und Kirche örtlich zusammengehören und nicht getrennt behandelt werden können. Ein Friedhof ist ein deutlich 155
Es wurde ausführlich im Zusammenhang mit dem Schlagwort „Kultplatzkontinuität“ in der Forschung diskutiert, dass Kirchen und darin vermauerte Runensteine auf vorchristlichen Kultplätzen errichtet wurden (beispielsweise bei Brink 1992, 2001; Gräslund 1992c; Hultgård 1992 oder Olsen 1986). Daneben gelten auch Orte als vorchristliche Heiligtümer, in deren Umgebung man Runensteine gefunden hat, beispielsweise Hügel (Ängeby 1994), Thingplätze (Ekström 1948, Wilson 1994), Gräber (u.a. Kaliff 1997) oder fornborgar (Olausson 1995).
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Archäologische Untersuchungen
umgrenztes Gebiet in räumlicher Verbindung mit einer Kirche. Erst in der Neuzeit wurden einzelne Friedhöfe auch abseits von Kirchen angelegt, beispielsweise Mausoleen von Adligen, die explizit nicht bei einer Kirche bestattet werden wollten. Diese sind jedoch für die Untersuchung der Runensteine nicht mehr relevant. Wichtig sind hier die frühesten Kirchen und Friedhöfe aus der Zeit kurz nachdem, bzw. möglicherweise sogar noch während man die Runensteine errichtete.156 –25m
%
–50m
%
–100m
%
–500m
%
–1000m
%
VZ157
11
2
16
2
29
4
124
17
235
32
158
1
-
1
-
2
-
4
1
11
2
159
1
-
5
1
6
1
38
5
120
16
GZ
NZ
Tab. 17: Runensteine und Kultplätze.
Die Tabelle zeigt deutlich, dass der vorchristliche Kult in keinem Zusammenhang zu Runensteinen steht, sofern man nicht bereits den Runenstein allein als Indikator eines Kultplatzes werten möchte. Nur in elf Fällen160 konnte ein heidnischer Kultplatz innerhalb von 1 km Umkreis um die Runensteine ausgemacht werden. Dies muss jedoch näher spezifiziert werden: In drei Fällen handelt es sich dabei um eine Quelle, die in der volkstümlichen Tradition als Opferquelle bekannt ist,161 einmal um einen in der Volkstradition bekannten heiligen Hain.162 In drei Fällen werden Gräberfelder als Orte des heidnischen Kultes in der örtlichen Tradition angesprochen.163 Über Ortsnamen und volkstümliche Überlieferung hinaus156
157 158 159
160
161
162 163
Dass es bereits frühe Kirchen gab während man die Runensteine errichtete, zeigen aktuellste Ergebnisse der Untersuchungen von Varnhems Kloster in Västergötland. Die erste Holzkirche an diesem Ort datiert in das 10. Jahrhundert, die ältesten christlichen Gräber sogar in das 9. Jahrhundert [Sandberg in DN am 27.09.2007]. Dazu zählen bronzezeitliche Schalengruben und Felszeichnungen. Dazu zählen vorchristliche Kultplätze aus der Gegenwart der Runensteine. Dazu zählen christliche Kultplätze (Kirche, Kloster, Kapelle, Kirchenruinen, Friedhöfe) und damit verbundene mögliche hölzerne Vorgängerbauten, die zeitgleich mit den Runensteinen gewesen sein könnten. DR 361, Nä 15, Sm 7, Sm 35, Sö 240, U 321, U 326, U 327, U 1165, U Fv1977;162A und Vr 2. Beispielsweise die Opferquelle mit dem Namen Östra Ve (Väse 352:1) 879 m südöstlich von Vr 2, Väse sn. Rosen- oder Frulund 200 m nordwestlich von Sm 7, Skatelövs sn. Beispielsweise der Helgedomsbacken als volkstümliche Bezeichnung für das
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gehende Hinweise auf einen heidnischen Kultplatz findet man nur in vier Fällen, bei U 321, U 326, U 327 und U 1165. U 321, Skånela sn, steht 860 m südwestlich von Skånela 23:1, einer Plattformkonstruktion in einem heute verlandeten See. An den Seiten der Holzkonstruktion fand man eine Vielzahl verbrannter Tierknochen, Hinweise auf mögliche Opfer im See. U 326 und U 327, Markims sn, stehen zusammen ca. 590 m nordwestlich von Markim 164:1, einem Mooropferplatz, an dem man eine Vielzahl von eisenzeitlichen Gefäßen deponierte. U 1165, Härnevi sn, schließlich steht 712 m südöstlich von Vårfrukyrka 505:1, einem Platz, an dem man eine Konzentration von Tierknochen (Pferd und Schwein) gefunden hat. Diese wenigen aussagekräftigen Befunde, die hier ausführlich dargestellt wurden, weil heidnische Opferplätze eine sehr problematische Fundgattung sind, zeigen, dass Runensteine und heidnische Kultplätze in keinem Verhältnis zueinander stehen. Alle vier letztgenannten möglichen Opferplätze befinden sich mindestens 580 m vom Runenstein entfernt und können somit nicht ausschlaggebend für die Standortwahl gewesen sein. Die Zahl der bronzezeitlichen Kultplätze dagegen ist größer. Bis zu 100 m um den Runenstein finden sich nur selten bronzezeitliche Kultplätze, eine Verbindung zu diesen Orten sollte mit dem Runenstein nicht angestrebt werden. Im Umkreis von 500 m befinden sich bereits bei 124 Runensteinen Felszeichnungen und Schalengruben. In 1 km wird dieser Wert auf 235 Steine beinahe verdoppelt. Man wählte also keine bronzezeitlichen Kultplätze als Standort für den Runenstein. Viel eher scheint es so, dass auch bronzezeitliche Kultplätze in der Nähe von den Plätzen angelegt waren, die später auch für die Runensteine relevant wurden. Bæksted nimmt an, dass Runensteine Weiterentwicklungen von bronzezeitlichen Felszeichnungen sind, die hauptsächlich im Kontext von Gräbern gefunden wurden.164 Die Verbindung von Felszeichnungen zu Gräbern wird auch in jüngerer Zeit betont.165 Dabei ist das Besondere, dass Felszeichnungen nicht an bronzezeitlichen Gräbern gefunden wurden, sondern eisenzeitliche Gräber als mögliche Rezeption dieser Felszeichnungen dort später angelegt wurden.166 Nicht die Gräber waren ausschlaggebend für die Platzwahl der Felszeichnungen, sondern genau umgekehrt die Felszeichnungen für die jüngeren Gräber, an denen wiederum in noch jüngerer Zeit auch häufig Runensteine errichtet wurden.
164 165 166
Gräberfeld Ed 53:1 966 m südwestlich des Runensteins U Fv1977;162A, Eds sn. Bæksted 1951, S. 66. Bengtsson 2004, S. 131; Bradley 2000, S. 138. Bertilsson 1986, S. 19.
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Archäologische Untersuchungen
Schließlich bleiben die christlichen Kultplätze übrig, die durchschnittlich häufig in Verbindung mit Runensteinen anzutreffen sind. Im Kontext von 25 m steht ein Runenstein in der Nähe einer Kapelle, Sm 122. Im Umkreis von 50 m befinden sich fünf Runensteine (Sm 122, Hs 6, DR 259, U 985 und Vg 11) an einem christlichen Kultplatz, bei 100 m kommt ein weiterer hinzu. Nur 5% der Runensteine haben eine Kirche im Umkreis von 500 m, bei 1 km sind es 16%. Eine systematische Vermauerung von Runensteinen könnte also für den Umkreis von 25 m angenommen werden, bzw. könnte man diesen auf 100 m erweitern und annehmen, dass die sechs Runensteine nur zufällig von einer solchen Vermauerung nicht betroffen waren. Die alternative Deutung ist, dass der Ort, an dem man Runensteine errichtet, für den Bau von Kirchen unattraktiv war. Dem widersprechen jedoch die vielen in sakralen Gebäuden vermauerten Runensteine, die belegen, dass Kirche und Runensteine in einem örtlichen Kontext zu einander standen. Eine systematische Vermauerung von Runensteinen in frühen Kirchen ist daher sehr wahrscheinlich. Es wäre denkbar, dass Kirchen an den gleichen Plätzen wie Runensteine errichtet wurden und die vielen vermauerten Steine aus der nächsten Umgebung stammen. Da diese These jedoch nicht mehr belegbar ist, kann dies nur als Hypothese im Raum stehen bleiben. 2.4.10 Thingplätze und die volkstümliche Überlieferung Bereits im Kontext der Kultplätze musste die Forschung auf volkskundliche Überlieferung zurückgreifen, denn die Archäologie allein kann hier keine Befunde liefern. Da für den heidnischen Kult keine eindeutigen Tempel nachgewiesen sind, kann entsprechend auch kein Kulthaus ähnlich einer christlichen Kirche mit charakteristischer Form als Bodendenkmal von den Archäologen gefunden werden. Ebenso verhält es sich, wenn man versucht, Thingplätze zu rekonstruieren. Auch hier gibt es bislang keinen Nachweis dafür, dass Thing in einem bestimmten Gebäude mit charakteristischer Form abgehalten wurde, welches sich im Boden erhalten haben könnte. Ganz im Gegenteil belegt das bekannte, auf Island gelegene Þingvellír, dass zumindest das höchste Gericht Islands unter freiem Himmel tagte und als Schutz vor Wind und Wetter nur zeltähnliche búðir aufgebaut wurden. So muss auch für Schweden angenommen werden, dass die regelmäßigen Thingversammlungen unter freiem Himmel abgehalten wurden und nicht mithilfe von Resten fester Konstruktionen rekonstruiert werden können. Da jedoch mindestens drei schwedische Runensteine in ihrer Inschrift einen Thingplatz nennen (U 212, U 225 und Sö 137), darf diese Kategorie in dieser Auswertung nicht fehlen.
Archäologische Untersuchungen
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Nur wenige Wissenschaftler haben sich bislang mit der Erforschung von Thingplätzen beschäftigt.167 Bereits im 17. Jahrhundert wurde die These aufgestellt, dass domarringar Thingplätze sind, dem widersprach Arne168 und stellte heraus, dass domarringar Bestattungen enthalten und somit Gräber seien. Ähnliches stellte Capelle für Schiffssetzungen fest, die ebenfalls als Thingplätze angesprochen wurden, jedoch in den meisten Fällen Bestattungen enthalten.169 Sowohl domarringar als auch Schiffssetzungen finden sich in dieser Untersuchung daher unter der Kategorie „Gräber“. In Bezug auf einen Zusammenhang zwischen Thingplatz und Gräbern schlug Andersen vor, leere Grabhügel170 als mögliche Thingplätze anzusehen.171 Auch Ängeby machte auf die Funktion von besonders großen Hügeln als Thinghügel aufmerksam.172 Eine Verbindung von Thingplätzen und Runensteinen an Orten, an denen später eine Kirche errichtet wurde versucht Wilson zu rekonstruieren,173 seine Belege dafür sind jedoch sehr spekulativ.174 Zuletzt hat Stefan Brink einen „Denkmalkatalog“ erstellt, in dem er angibt, welche Denkmäler häufig in der Nähe von Thingplätzen angetroffen wurden.175 Brink stellt diese Denkmäler u.a. nach altnordischen Schriftquellen zusammen, angelehnt an den Thingplatz der Asen bei der Esche Yggdrasil und Mimirs Brunnen. Nach seinen Überlegungen gelten Grabhügel, oft in der Nähe von Bächen, und ein mit (Runen-)Steinen gesäumter Weg als Thingplatzindikatoren.176 In jedem Einzelfall müssen diese sehr häufig zusammen auftretenden Denkmäler für die Bestimmung eines mög167
168 169 170
171 172 173 174 175 176
Schon früh wurde vermutet, dass vé einen Thingplatz beschreibt (Nordén 1945), in jüngerer Zeit ist man jedoch dazu übergegangen vé allgemein mit ‘Heiligtum’ zu übersetzen. Auch das Wort stafgarðr wurde zeitweise als Bezeichnung für einen Thingplatz verwendet. Arne 1938, S. 165 ff. Capelle 1986, S. 33. Die Bezeichnung „leerer Grabhügel“ ist irreführend, da ein Grabhügel ein Grab beinhaltet und es daher einen leeren Grabhügel in diesem Sinn nicht geben kann. Die Bezeichnung „leerer Grabhügel“ oder besser „leerer Hügel“ bezeichnet daher Hügel, die von Menschenhand errichtet wurden (im Gegensatz zum natürlichen Hügel), jedoch keine Spur einer Primärbestattung erkennen lassen (also auch keinen Leichenschatten oder ähnliche Reste einer Bestattung). Andersen 1951, S. 114. Ängeby 1994, S. 75, bereits früher bei u.a. Wildte 1926. Wilson 1994, S. 125 ff. Larsson, M. 1995, S. 281. Brink 2004, S. 308 ff. Brink 2004, S. 312 f.
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lichen Thingplatzes überprüft werden, man kann sie nicht ohne Untersuchung als Schablone verwenden. Gräberfelder werden häufig an Bächen angelegt, zu jedem Gräberfeld führt ein Weg und auch Runensteine befinden sich dort. Hier jedes Mal einen Thingplatz annehmen zu wollen, führt zu einer so großen Anzahl von Thingplätzen insbesondere in Uppland, dass diese Faktoren nicht die einzigen Hinweise auf einen solchen Platz sein können. Zur Erforschung von Thingplätzen in Schweden erarbeitet Alexandra Sanmark, Uppsala, gerade ein Projekt,177 dessen Ergebnisse mit Spannung erwartet werden dürfen. Eine erste Untersuchung widmete sie dem vermuteten Thingplatz von Aspa, Södermanland.178 Bis die Ergebnisse dieses Projekts möglicherweise mehr Klarheit in dieser Frage bringen, bleibt für eine Rekonstruktion von Thingplätzen nur die Möglichkeit, sich auf die volkskundliche Überlieferung zu beziehen. Einige Orts- und Flurnamen mit dem Namensglied Ting- können als Hinweis gelten, außerdem historische Thingstätten des Mittelalters, die möglicherweise ältere Vorbilder haben sowie die volkskundliche Überlieferung, die einen bestimmten Ort als Thingplatz anspricht. Ein auf diesen Quellen basierendes Ergebnis kann nur grobe Schemata aufzeigen und ist kein adäquates Mittel zur tatsächlichen Rekonstruktion von Thingplätzen. Dafür sind ausführliche Feldstudien notwendig, die jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden können. Neben Information zu möglichen Thingplätzen wurden auch andere lokale Überlieferungen im Fundregister des RAÄ registriert und kartiert. Es handelt sich dabei um volkstümliche Überlieferungen zu gewissen Orten, beispielsweise Sagen, die sich um diesen Ort ranken. Hierzu zählen Sagen zu historischen Schlachten genauso, wie Spukgeschichten oder Trolle, die Steine auf Kirchtürme werfen (schwed. jättekast). Zum Teil wurden Plätze mit Namen versehen, um ihn mit einer Geschichte zu verbinden, auch diese Namen wurden im Fundregister registriert. Die mündliche Überlieferung bezeugt häufig den galgbacke (Galgenhügel) als Hinrichtungsplätze, der aufgrund von Pfostenlöchern auch archäologisch nachgewiesen werden kann oder in historischen Quellen genannt wird.179 Die volkstümliche Überlieferung als Quelle für besondere Orte soll daher in dieser Kategorie in Verbindung zu Runensteinen gebracht werden. 177 178 179
Das Projekt trägt den Titel Tingplatsen som arkeologiskt problem. Sanmark 2004a. Beispielsweise Skatelöv 401:1, als Hinrichtungsplatz für das Jahr 1780 historisch erwähnt. Er befindet sich ca. 190 m nordwestlich vom Runenstein Sm 7, Skatelövs sn.
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–25m % mögl. Thingpl. 180
Andere
–50m % –100m % –500m % –1000m %
8 1
8 1
8 1
57 8
61 8
67 9
23
3
122 17
37
5
234 32
Tab. 18: Runensteine und volkstümliche Überlieferung.
Insgesamt acht der 730 Runensteine stehen auf einem vermuteten Thingplatz.181 Dieser Wert verdreifacht sich im Umkreis von 500 m auf 23 Steine, 3% der Gesamtmenge. Bei 1000 m um den Runenstein wurden 37 vermutete Thingplätze registriert. Diese Werte sind sehr gering und zeigen, dass auf dem gegenwärtigen Stand der Forschung eine Verbindung von Runensteinen zu Thingplätzen ausgeschlossen werden kann. Es sollte daher nochmals überdacht werden, ob Runensteine tatsächlich als Thingplatzindikatoren gelten können. Andere Aspekte volkstümlicher Tradition sind häufiger an Runensteine gebunden. Dies liegt daran, dass der Runenstein bereits früh im Bewusstsein der Lokalbevölkerung als Besonderheit wahrgenommen wurde. Nicht umsonst werden diejenigen, die einen Runenstein forttragen oder zerstören, lokalen Sagen zu Folge hart bestraft.182 Die große Anzahl von Runensteinen, die in der volkstümlichen Überlieferung eine Rolle spielen (insgesamt 57 Steine), sind zumeist Steine, die einen lokal bekannten Namen erhalten, welcher häufig eine Ableitung einer in der Inschrift erwähnten Person oder einer fiktiven Person ist, die beim Runenstein begraben liegen soll.183 Im Umkreis von 500m können für 17% der Runensteine solche lokalen Sagen belegt werden. Der Runenstein war also in einigen Fällen 180
181 182
183
Dazu zählen Sagen; lokal verbreitete Namen für bestimmte Plätze; natürliche Denkmäler (Bäume, Felsen); von Menschenhand errichtete und durch Namen interpretierte Denkmäler (Runensteine, Ruinen); Cholera- oder Pestfriedhöfe, die nicht zu (Kirch-)Friedhöfen zählen, da sie immer außerhalb der Gemeinschaft angelegt wurden und häufig mit Spukgeschichten und Unheil verbunden werden; neuzeitliche Erinnerungssteine sowie Angaben zu einem galgbacke oder jättekast. Nä 11, Öl 46, Sö 54, Sö 106, U 225, U 226, U 1093 und Vs 13. Für Sm 17 wird beispielsweise erzählt, dass die Frau eines Kätners plötzlich verstarb, nachdem man den Stein von seinem ursprünglichen Platz entfernt und in einem Ofen in der Kate vermauert hatte (Kinander 1935, S. 69). Beispielsweise Sm 11, Furuby 18:1, Småland wird als „Kung Kåres sten“ bezeichnet, der Stein des Königs Kåre: klaka × suniR × letu × hakua * stein * eftiR : -aþur * sin : auk : eftiR : kala : auk : uikik : bryþr : sina. Eine Fehlinterpretation des Eigennamens „Kala“ als „Kara“ könnte der Grund dieser Geschichte sein.
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Gegenstand einer lokalen Sagentradition und häufig wurde die Umgebung, in der der Runenstein errichtet wurde, als besonders wahrgenommen. Dieses Ergebnis kann zwar nicht ohne weiteres einen bevorzugten Standort für den Runenstein erbringen, zeigt jedoch die Wahrnehmung dieses Ortes in späterer Zeit und belegt außerdem, dass es sich um einen außergewöhnlichen Ort gehandelt haben muss. Dass diese Wahrnehmung nicht allein auf dem Runenstein selbst beruht, zeigt der Umstand, dass auch in einem weiteren Umkreis von 500 bzw. 1000m um den Runenstein viele solcher Sagen, Namen und Geschichten verbreitet sind. 2.4.11 Grenzen Eine weitere nicht durch archäologische Denkmäler fassbare Kategorie bilden die administrativen Grenzen. Es ist belegt, dass Runensteine häufig als Grenzsteine verwendet wurden, ältestes Beispiel dafür ist die Verwendung des Runustenen Vg 90 als Grenzmarkierung für die Ländereien Gudhems in Västergötland. Dies liegt vornehmlich an der auffälligen Form und Größe der meisten Runensteine, die oft am Rand der Ackerflächen zu finden waren und sich somit gut als Grenzmarkierung eigneten. Als Grenzstein konnte diesem in vielen Fällen als „Hindernis“ wahrgenommenen Stein, den man aus unterschiedlichsten Gründen nicht weit von seinem Fundort wegschaffen konnte/wollte, eine praktische Funktion zugeschrieben werden. Die Benutzung von Runensteinen in historischer Zeit als Grenzmarkierungen wird daher auch von vielen Forschern angenommen,184 denn auch andere vorgeschichtliche Monumente wurden in moderner Zeit als Landmarken gebraucht.185 Die wichtige Frage in diesem Kontext ist jedoch, inwieweit diese eindeutig sekundäre Verwendung der Runensteine bereits als Intention für den Standort der Steine galt? Haben bereits die Errichter der Runensteine diese Erinnerungsdenkmäler absichtlich auf Grenzen platziert, um beispielsweise Eigentum zu markieren und Erbansprüche deutlich zu machen? Um diese Frage beantworten zu können, müsste man den Grenzverlauf zur Runenstein-Zeit rekonstruieren. Da die vermutlich schon in der Wikingerzeit etablierte Hundertschaft (schwed. hundare) als administrative Grenze bis in die Neuzeit Bestand hatte186 und eine landwirt184 185 186
Siehe z.B. Anglert 1995 oder Tollin 1999. Effros 2001, S. 99. Zumindest in Uppland war das hundare bereits zur Runenstein-Zeit bekannt, denn in der Inschrift von U 212 wird huntari verwendet. Der zweite Teil der Inschrift lautet: × iarlabaki × lit raisa × stain × þin- at sik kuikuan × auk × þinkstaþ × þina × karþi + auk × ain ati + alt hu-(t)ari × þita +. Normalisierung: Jarlabanki
Archäologische Untersuchungen
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schaftliche Flurnutzung ab der Jüngeren Eisenzeit bis in die frühe Neuzeit größtenteils unverändert ablief, gehen einige Forscher davon aus, dass zumindest die modernen schwedischen Gemeindegrenzen Produkt einer wikingerzeitlichen Landeinteilung sein können.187 Göthberg hingegen weist die direkte Übertragung von modernen auf vorgeschichtliche Grenzen ab und stellt fest, dass moderne Grenzen oft vorgeschichtliche Strukturen, beispielsweise Gräberfelder, schneiden und somit jünger sein müssen.188 Auch Brink bezweifelt die Funktion von Runensteinen als Grenzsteine, da nicht mehr feststellbar ist, ob der Runenstein auf einer bereits bestehenden Grenze errichtet wurde oder ob man später die Grenze dort anlegte, wo ein Runenstein bereits als deutliche Markierung stand.189 Dagegen formuliert Tollin die These, dass Runensteine fernab von Siedlungen schon während ihrer Errichtung eine Grenze markierten.190 Die Forschungsdiskussion zeigt deutlich, dass Runensteine und Grenzen diskutiert werden191 und eine Verbindung besteht, es allerdings unklar ist, ob die Runensteine während ihrer Errichtung auf bestehenden Grenzen platziert wurden oder man den Runenstein nachträglich als deutlich sichtbaren Grenzstein benutzte. Neben Runensteinen markieren auch andere, in den vorhergegangenen Untersuchungen bearbeitete Befunde Grenzen. Andersson schlägt vor, dass Brücken Eigentumsgrenzen markierten.192 Auch stensträngar wurde eine Funktion als Grenzmarkierung zugewiesen,193 dies wurde jedoch 1930 von Nordén194 und 1997 nochmals von Hedvall195 abgewiesen. Eine abgren-
187 188 189 190 191 192
193 194
lét reisa stein þenn[a] at sik kvikvan, ok þingstað þenna gerði, ok einn átti alt hu[n]dari þetta. Übersetzung: ‘Jarlabanki ließ diesen Stein errichten nach sich selbst und diese Thingstelle machen und besaß allein das ganze hundare’. – Das Konzept des hundare muss daher nach den Untersuchungen von Gustavson und Selinge auf Basis der Jarlabankesteine (Gruppe uppländischer Runensteine, die von einem Mann und dessen Familie errichtet wurden, der sich selbst Jarlabanke nannte) bereits im 11. Jahrhundert entstanden sein (Gustavson/Selinge 1988, S. 73). Beispielsweise Zachrisson 1998. Göthberg 2000, S. 220. Brink 2002, S. 110 f. Tollin 1999, S. 51 ff. Eine ganze Untersuchung widmet Zachrisson 1998 dieser Frage. Andersson 1994. Angegeben unter der Überschrift „Gränsmarkörer“. Der Text enthält keine Seitenzahlen, sondern ist auf der Website des Verfassers nachzulesen: Lars Andersson, http://web.telia.com/~u86408152/artiklar.htm (29.10.2007). Burström 1994, S. 69; Lindquist 1968, S. 40. Nordén argumentiert, dass stensträngar keine Grenzen markieren können, da die stensträngar unvermittelt aufhören, was von einer Grenze nicht zu erwarten ist (Nordén 1930, S. 85).
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Archäologische Untersuchungen
zende Funktion des Wassers wird von Gansum auf Basis seiner Untersuchung der Edda angenommen.196 Wasser wird nach Strömbäck auch in der Landnámabók als Begrenzung des Privateigentums angesehen, ebenso wie Grabhügel.197 Gräber wurden von mehreren Forschern als mögliche Grenzmarkierungen angesprochen.198 Die Bedeutung von Wegen als Grenzen und damit „neutralem Gebiet“ wird von Rudebeck betont.199 Als Beleg dafür, dass auch Runensteine als Grenzmarkierung dienten, gibt Östgötalagen an, dass ein härad von Steinen begrenzt wurde.200 In Östund Västgötalagen kann man lesen, dass ein Holzstab als Eigentumsmarkierung gilt, der in einigen Fällen (Gutalag) durch ein Holzkreuz ersetzt wurde.201 Möglicherweise auch durch einen Stein? Diese kurze Zusammenfassung zeigt, dass Grenzen in der wissenschaftlichen Diskussion eine große Rolle spielen, gerade weil der Verlauf der wikingerzeitlichen Grenzen unbekannt ist. In einer ausführlichen Diskussion von Runensteinen und ihrem ursprünglichen Standort dürfen daher auch Grenzen in der Diskussion nicht fehlen. Drei unterschiedliche Formen von Grenzen waren auf den mir zu Verfügung stehenden Karten markiert. Die administrative Grenzen von Provinzen (Län), Kreisen (Härad) und Gemeinden (Socken) sind dabei am ehesten bereits früh etablierte Verwaltungseinheiten. Ebenfalls schon älter sind Grenzsteine und sog. gränsröser, Lesesteinhaufen, die als Grenzmarkierung der frühen Neuzeit dienten, wo weder Katasteramtskarten noch andere Dokumente dafür zur Verfügung standen. Sehr jung dagegen sind die modernen Grundstücksgrenzen. Vergleichbar mit modernen Straßen können moderne Grundstücksgrenzen unmöglich auf wikingerzeitliche Verhältnisse übertragen werden, da die Einwohnerdichte zu dieser Zeit weit geringer war. Die Bedeutung von privat und öffentlich war zur Wikingerzeit vermutlich ebenfalls anders, als wir es heute verstehen. Wo heute eindeutige Grenzen zur Festsetzung der „Privatsphäre“ notwendig sind, wurde zur Runenstein-Zeit über diese Begrifflichkeiten möglicherweise 195
196 197 198
199 200 201
Hedvall (1997, S. 603) argumentiert, dass stensträngar und neuzeitliche Flurgrenzen räumlich nicht übereinstimmen und zu chaotisch . Gansum 1999, S. 461 f. Strömbäck 1970, S. 143. In Bezug auf Gräber allgemein als Grenzmarkierungen Kaliff 1997 oder Rindal 2004a, fundleere Gräber werden von Jansson, K. 2002 als Grenzmarkierungen interpretiert. Rudebeck 2002, S. 183. Hedvall 1997, S. 607. Strömbäck 1970, S. 162.
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Archäologische Untersuchungen
nicht einmal nachgedacht. Während das Wohnhaus für uns heute als privater Rückzugsort gilt, den man mit Hecken und Zäunen abschirmt, war die Halle früher Ort der Zusammenkunft, Türen schützten vor Unwetter und Kälte, jedoch nicht vor anderen Menschen. Für die Errichter des Runensteins waren heutige Grundstücksgrenzen in ihrer Standortwahl nicht relevant, da sie zu jener Zeit noch nicht existierten. Es ist daher anzunehmen, dass die Besitzer beim Festlegen der Grundstücksgrenzen die bereits in der Landschaft stehenden Runensteine als sichtbare Grenzmarken nutzten und nur in den Fällen, wo kein Runenstein vorhanden war, auf Grenzsteine zurückgriffen. Anders sind Provinz-, Kreis- und Gemeindegrenzen zu werten, für die in der Forschung ein hohes Alter angenommen wird. Auch frühneuzeitliche Grenzsteine könnten an älteren Grenzen stehen, da die landwirtschaftlichen Nutzflächen ähnlich bleiben und auch die Technik des Ackerbaus bis in die frühe Neuzeit unverändert bleibt. Hier sind mögliche Übereinstimmungen mit älteren Grenzen zu erzielen. –25m
a Socken-/Häradsgrenze
34
b Grenzstein, Gränsröse
1
c Grundstücksgrenze gesamt a+b
% –50m % –100m % –500m
5
7
2
351 48 35
50
5
9
4
473 65 51
67
7
% –1000m %
203 28 21
3
361 49 50
7
573 79
695 95
700 96
70 10
215 29
383 52
Tab. 19: Runensteine und Grenzen.
Innerhalb von 25 m stehen 35 Runensteine, 5% des Gesamtmaterials, an einer solchen Grenze. Dieser Wert steigt nur langsam an, im Umkreis von 100 m sind dies 9, bzw. 10%. Im Umkreis von 500 m steigt dies auf 28, bzw. 29%, fast jeder dritte Runenstein steht in höchstens 500 m Abstand zu einer Grenze. Innerhalb von 1 km befindet sich bei jedem zweiten Runenstein eine Gemeindegrenze. Man kann daher folgern, dass der unmittelbare Grenzkontext für die Standortwahl des Runensteins nicht relevant war, man die Steine jedoch gerne in Grenznähe, bzw. die Grenzen in Steinnähe etablierte. Eine Grenze war also nicht der primäre Grund, einen Runenstein an diesem Ort zu errichten. Es ergibt sich eine Parallele zu der vorher
108
Archäologische Untersuchungen
besprochenen Kategorie der volkstümlichen Überlieferung, denn auch hier war es nicht der Runenstein an sich, der hauptsächlich Anlass zu Sagen und Geschichten gab, sondern etwas, das sich im Umfeld des Runensteins befindet und vermutlich auch für die Errichter des Runensteins Grund zur Aufstellung des Steins an diesem Ort gab. 2.4.12 Andere Steindenkmäler Zuletzt fällt auf, dass Runensteine nicht allein, sondern oft zusammen mit anderen unbeschriebenen Bautasteinen oder weiteren Runensteinen stehen. Aufrecht stehende Bautasteine werden häufig auf Gräberfeldern angetroffen und können in den meisten Fällen als Grabdenkmäler angesprochen werden. In diesen sicheren Fällen wurden diese auch der Kategorie „Gräber“ zugeordnet. Es gibt jedoch auch Bautasteine, die zusammen mit dem Runenstein ohne ein eindeutig in der Nähe befindliches Grab auftreten, beispielsweise Västerhaninge 259:2, der an einem Ende der Brücke von Västerhaninge steht, während Sö 237 am anderen Ende zu finden ist. Hier gibt es also vermutlich eine Verbindung zwischen Bautastein und Runenstein als gemeinsame Brückenmarkierung ähnlich den römischen Stelen, die häufig an den Enden von Brücken zu finden sind-202 Auch eine Kombination von zwei oder mehr Runensteinen kann beobachtet werden.203 Eine Untersuchung von Runensteinen am ursprünglichen Standort und ihre Verbindung zu weiteren Steinen kann zeigen, ob eine solche „Verdoppelung der Steinkraft“ vielleicht sogar die Regel war oder ob es sich dabei eher um Zufall handelt, da die Errichter beider Steinmonumente den gleichen Standort aus einem anderen Grund favorisierten. Auch Bildsteine ohne Runeninschrift wurden in dieser letzten Kategorie beachtet.
Gesamt
–25m
%
–50m
%
–100m
%
–500m
%
–1000m
%
158
22
178
24
208
29
333
46
477
65
Tab. 20: Runensteine und weitere Steindenkmäler.
Die Auswertung zeigt, dass 22% der Runensteine nicht allein in der Landschaft stehen, sondern in direktem Kontakt zu mindestens einem weiteren Stein. Jene 158 Runensteine haben in 146 Fällen mindestens einen weiteren Runenstein neben sich stehen, 27 Ensembles bestehen aus Runen- und 202 203
Siehe dazu Kapitel 2.4.2. Beispielsweise Sö 112 und Sö 113, Stenkvista 3:1 und 3:2, Södermanland.
Archäologische Untersuchungen
109
Bautasteinen. Diese Zahl erhöht sich in 50 bzw. 100 m nur wenig, so dass deutlich wird, dass die Steine zusammen aufgestellt wurden und nicht zufällig nahe beieinander stehen, weil es beispielsweise in diesem Gebiet besonders viele Runensteine gibt. Im Umkreis von 500 m erhöht sich die Anzahl von weiteren Steinen auf 46%, was dann auf das dichte Netzwerk der Runensteine und ihre Konzentration an gewissen Orten hinweisen könnte. Mit steigendem Abstand zu den Runensteinen verändert sich auch das Verhältnis von Bauta- und Runensteinen. Während im unmittelbaren Kontext 79% der Steinensembles aus mindestens zwei Runensteinen bestehen und nur bei 17% eine Kombination von Runen- und Bautastein zu beobachten ist, steigt die Anzahl der Bautasteine an, während die Zahl der Runensteine sinkt. Während die Bautasteine also relativ gleichmäßig in der Landschaft verteilt sind, werden Runensteine mit Absicht nahe beieinander aufgestellt. Grund dafür ist entweder, dass man mehr als einen Runenstein aufstellen wollte, oder dass Runensteine an diesem bestimmten Ort häufiger errichtet werden als an anderen Plätzen. Dabei wäre es interessant zu untersuchen, ob diese Steine gleichzeitig bzw. von den gleichen Errichtern in Auftrag gegeben wurden. Bildsteine spielen generell eine geringe Rolle, im Umkreis von 25 m findet man sechs Bildsteine, im Umkreis von 1 km insgesamt elf. Bei 41 Runensteinen wurde im Umkreis von 25 m ein weiterer Runenstein gefunden, der jedoch nicht am ursprünglichen Standort steht. Möglicherweise wurde er erst nachträglich an diesen Platz gebracht. 2.4.13 Andere Denkmäler und fundleere Bereiche Alle registrierten Befunde im Umkreis von 1 km um die Runensteine wurden in den vorangegangenen Untersuchungen systematisch mit den Runensteinen in einen örtlichen Zusammenhang gebracht und ausgewertet. Es bleiben jedoch noch einige Konstruktionen übrig, die nur vereinzelt auftreten, bzw. nicht eindeutig zu bestimmen sind. Auch zur Runenstein-Zeit war der Alltag der Menschen nicht nur von Landwirtschaft geprägt, spezialisierte Handwerkstätigkeiten wurden ebenfalls ausgeführt. Zumeist waren diese Handwerksplätze in die Siedlungen integriert, es finden sich dort die unterschiedlichsten Typen von Produktion, beispielsweise Kammmacher oder Böttcher. Eine Gruppe von Handwerkern wird jedoch in fast allen Kulturen als abseits der Siedlungen arbeitend beschrieben, da sie mit dem Übernatürlichen im Bunde stehen und beispielsweise zauberkundig sind: die Schmiede.204 Da im Verlauf der 204
Jón Hnefill Aðalsteinsson 2004, S. 196.
110
Archäologische Untersuchungen
Landesaufnahme großer Wert auf die Bewahrung und Inventarisierung von vorindustrieller Produktion gelegt wurde, ist es möglich, diese zu kartieren. Gerade in den schwedischen Landschaften, die reich an Bodenschätzen sind und für den Erzexport des Landes stehen,205 wurde auch schon in der Frühzeit Eisen verarbeitet, wie eine Vielzahl von Schlackefunden belegen kann. Allerdings ist diese Schlacke schwer zu datieren, und nur die in den Inventarbüchern als explizit vorgeschichtlich angegebene Schlacke wurden als solche aufgenommen. –25m Ges.
%
1
–50m
%
1
–100m
%
2
–500m
%
–1000m
%
12
2
31
4
Tab. 21: Runensteine und Schmiedehandwerk.
Die Tabelle 21 zeigt das Vorkommen von Schlackefunden und Schmiedetätigkeiten. Nur sehr selten kommt es im Umfeld der Runensteine vor und hat entsprechend keinen Einfluss auf die Standortwahl der Runensteine. Es gibt Befunde, die bereits in den Inventarbüchern keiner Befundgruppe eindeutig zugeordnet werden konnten. Dabei handelt es sich häufig um unbestimmbare Kulturschichten, die oft nicht fachmännisch untersucht oder bereits zerstört wurden. Inwieweit diese Funde eher auf Gräber oder auf Siedlungen oder auf etwas anderes schließen lassen, konnte dabei nicht festgestellt werden.
Ges.
–25m
%
–50m
%
–100m
%
–500m
%
–1000m
%
5
1
8
1
10
1
28
4
51
7
Tab. 22: Runensteine und unbestimmbare Befunde.
Die Anzahl der nicht näher zuzuordnenden Befunde im Bereich der Runensteine ist so gering, dass sie die Ergebnisse der Untersuchung nicht beeinträchtigen können. Nur sehr wenige Funde sind unbestimmbar und damit unsicher. Schließlich gibt es auch Runensteine, die in den gewählten Umkreisen als einzige Monumente zu finden sind. Dies kann zunächst Folge unzu205
Beispielsweise die Region „Bergslagen“ in den Landschaften Västmanland, Dalarna und Värmland.
111
Archäologische Untersuchungen
reichender Forschung sein, da mögliche Bodenfunde bislang unentdeckt blieben. In dichten Waldgebieten erschwert der Bewuchs eine sichere Aufnahme von Denkmälern, und gerade hier finden sich die meisten Runensteine in fundleerer Umgebung. Auch bereits zerstörte Denkmäler lassen ein Gebiet fundleer erscheinen. Dies ist dann häufig der Fall, wenn in jüngster Zeit die Landschaft nachhaltig und mit schwerem Gerät verändert wurde. Neben all diesen Unzulänglichkeiten muss jedoch auch einfach damit gerechnet werden, dass an jenem Ort tatsächlich keine anderen Denkmäler errichtet wurden. In einer letzten Tabelle werden Runensteine vorgestellt, welche im jeweiligen Umkreis fundleer waren. Im Gegensatz zu allen anderen wird dieser Wert naturgemäß mit steigendem Umkreis niedriger.
Ges.
–25m
%
–50m
%
–100m
%
–500m
%
–1000m
%
102
14
39
5
6
1
–
–
–
–
Tab. 23: Runensteine in fundleerer Umgebung.
Die Tabelle 23 zeigt, dass 14% der Runensteine keine weiteren Denkmäler in ihrer unmittelbaren Umgebung haben und dort möglicherweise von Anfang an allein standen. Dieser Wert verringert sich bereits im Umkreis von 50 m auf 5%. Insgesamt sechs Runensteine haben auch im Umkreis von 100m keine Funde, weder archäologisch nachweisbar, noch durch besondere topographische Phänomene hervorgehoben, noch in der volkstümlichen Überlieferung erwähnt. Nicht einmal ein Bach fließt bei den uppländischen Runensteinen U 45, U 101, U 797, U 803, U 893 und U 1104 im Umkreis von 100 m. Diese wenigen Belege für einen fundleeren Umkreis der Runensteine liegen vermutlich daran, dass neben archäologischen Befunden auch infrastrukturelle Befunde, sowie Wasser und Grenzen in diese Untersuchung einbezogen wurden, und nur wenige Gebiete in Schweden so dünn besiedelt sind, dass im Radius von 1 km nicht zumindest ein Weg oder Wasserlauf zu finden wäre. Hierbei bedenke man, dass sich die Runensteine über Süd- und Mittelschweden verteilen, und die weniger dicht besiedelten Landschaften im Norden des Landes zu finden sind. Würde man ausschließlich archäologisch nachweisbare und sicher datierbare Befunde behandeln, wäre das Ergebnis anders. Der Charakter der Runensteine und die Fragestellung erfordern meines Erachtens jedoch eine Ausweitung des Begriffs „Archäologische Denkmäler“, denn auch, wenn man Wasser-
112
Archäologische Untersuchungen
straßen und Thingplätze nicht archäologisch erfassen kann, waren sie den Menschen zur Runenstein-Zeit so präsent, dass sie diese auch in den Inschriften erwähnten. Würde man diese Kategorien aus der Untersuchung ausschließen, wäre das Ergebnis zwar weniger unsicher, dafür ebenso weniger realistisch. Und schließlich belegen die Zahlen für fundleere Runensteine noch etwas anderes, das grundlegend für diese Untersuchung ist: Sie beweisen, dass eine Untersuchung wie sie gerade durchgeführt wurde, sinnvoll ist. Hätte die letzte Tabelle erbracht, dass die meisten Runensteine überhaupt nicht an weitere Denkmäler gebunden sind, ergäbe die Fragestellung der vorliegenden Untersuchung überhaupt keinen Sinn. Es wäre nicht sinnvoll, nach der Verbindung von Runensteinen zu anderen Denkmäler zu fragen, wenn sich schließlich herausstellte, dass Runensteine isoliert stehen würden. Dies konnte jedoch mit dieser letzten Auswertung belegt werden: Runensteine stehen nicht isoliert in der Landschaft, sondern sind Teil einer monumental geprägten Landschaft und im Kontext dieser Denkmäler zu interpretieren. Die Errichter der Runensteine wählten mit Bedacht einen gewissen Kontext für ihren Runenstein aus. Um welchen es sich dabei zum größten Teil handelt, kann eine Gesamtauswertung aller bisher erbrachten Teilergebnisse aufzeigen.
2.5 Gesamtüberblick Eine Bindung von Runensteinen an gewisse Denkmäler liegt, wie oben erarbeitet wurde, eindeutig vor. Auf der Grundlage von 730 Runensteinen wurden fünf unterschiedliche Radien um jene Runensteine vermessen und in Bezug auf archäologische Denkmäler, infrastrukturelle Anlagen, volkskundliche Überlieferung sowie besondere natürliche Befunde ausgewertet. Diese Auswertung erbrachte 13 Befundgruppen, die in den vorangegangenen Untersuchungen im Einzelnen vorgestellt wurden. Die Auswertung wird in zwei Schritten erfolgen: Als erstes soll in einer übersichtlichen Zusammenstellung gezeigt werden, auf welche natürlichen und menschengemachten Strukturen Runensteine Bezug nehmen. Für die Beantwortung dieser Frage ist zunächst nur der unmittelbare Kontext der Runensteine (25 m) wichtig. Da großflächige Befunde, wie beispielsweise Siedlungen oder Gräberfelder, in ihrer Gesamtausdehnung nur schwer erfasst werden können und zumeist nur ein Kernbereich registriert wird, während der eigentliche Bereich viel weiter zu fassen wäre, ist es als Kontrolle sinnvoll, diesen unmittelbaren Umkreis auf 100 m zu erweitern. Entsprechend der grundlegenden Fragestellung wird in dieser ersten Aus-
Archäologische Untersuchungen
113
wertung das Hauptaugenmerk auf der quantitativen Verteilung der einzelnen Denkmaltypen im unmittelbaren Kontext der Runensteine gelegen sein. Als zweiter Schritt erfolgt eine qualitative Beurteilung der Standortwahl. Dabei wird die Verteilung der Denkmalgruppen im Hinblick auf die sich vergrößernde Grundfläche der untersuchten Radien interpretiert. Es muss bedacht werden, dass gewisse Denkmalgruppen generell häufiger vertreten sind als andere und ein besonders hoher Wert im unmittelbaren Kontext der Runensteine nicht unbedingt bedeuten muss, dass diese Denkmäler relevant für die Standortwahl der Runensteinerrichter waren. Es ist möglich, dass diese Denkmalgruppen gleichmäßig verteilt sind, aber in ihrer Gesamtsumme häufiger vorkommen, als andere. Wenn Gräber besonders häufig im unmittelbaren Umkreis der Runensteine vorkommen, muss überprüft werden, ob sie nicht auch weiter entfernt ähnlich häufig auftreten. Treten sie in Relation zur vergrößerten Grundfläche auch in den weiteren Umkreisen genauso stark auf, bedeutet dies, dass die Verbindung von Runensteinen zu Gräbern gar nicht so deutlich ist, wie die absoluten Zahlen es vermuten lassen. Findet man beispielsweise Horte besonders selten bei Runensteinen, muss deutlich werden, dass sie auch in weiterer Entfernung ebenso selten sind und nicht den Runenstein als Standort explizit meiden bzw. gemieden werden. In dieser zweiten Analyse muss daher nicht mit absoluten Zahlen, sondern mit Steigerungen im Vergleich zur ansteigenden Grundfläche argumentiert werden. Für die Darstellung der Ergebnisse werden nur die Befundgruppen herangezogen, die tatsächlich für die Aufstellung des Runensteins relevant waren. Chronologisch aufgeteilte Denkmalgruppen wie Wege oder Siedlungen werden nur für den für die Errichtung der Runensteine relevanten Zeitabschnitt aufgenommen. Typologische Unterteilungen, beispielsweise unterschiedliche Grabtypen werden zusammengefasst, denn in der Summe ist relevant, dass es sich um ein Grab handelt. Bei Äckern dagegen können Acker und stensträng nicht zusammengefasst werden, da nicht sicher ist, ob stensträngar überhaupt zu Äckern gehören. Auch die unterschiedlichen Arten von Wasser müssen einzeln dargestellt werden, da Quellen anders zu bewerten sind als Flüsse oder Moore. 2.5.1 Der unmittelbare Kontext Die archäologische Untersuchung hat den unmittelbaren Kontext der Runensteine untersucht und festgestellt, welche Denkmalgruppen unmittelbar bei Runensteinen gefunden wurden. Für den Umkreis von 25 m um den Runenstein ergibt sich folgende Verteilung der Denkmäler (siehe Tabelle 24): Den quantitativ höchsten Wert aller Denkmalgruppen erreichen
114
Archäologische Untersuchungen
Gräberfelder, die im unmittelbaren Kontext von 243 Runensteinen gefunden wurden. Dieser Wert entspricht einem Drittel des gesamten Materials. Auch weitere Steine haben einen hohen Wert, insgesamt 158 von 730 Runensteinen haben in diesem Umkreis mindestens einen weiteren Stein. Über ein Fünftel der Runensteine wurden daher nicht einzeln errichtet, sondern stehen unmittelbar zusammen mit mindestens einem weiteren Stein, der in den meisten Fällen ebenfalls ein Runenstein ist. –25m
% (von 730)
Gräber
243
33
weitere Steine
158
22
fundleer
102
14
Bach
69
9
Weg
56
8
Brücke
44
6
Grenze
35
5
Siedlung
26
4
Fluss
16
2
See
12
2
Kultplatz (Bronzezeit)
11
2
Quelle
9
1
stensträng
8
1
Thing
8
1
Moor
7
1
Acker
6
1
Einzelfund
6
1
Meer
1
–
Kultplatz (Eisenzeit, heidnisch)
1
–
Kultplatz (Eisenzeit/Mittelalter, christlich)
1
–
Schmied/Handwerk
1
–
Hort
-
–
Tab. 24: Gesamtverteilung aller Denkmalgruppen in einem Umkreis von 25 m um die Runensteine.
Archäologische Untersuchungen
115
14% der Runensteine, insgesamt 102, haben in ihrem nächsten Umkreis keine weiteren Denkmäler, was entweder so beabsichtigt wurde oder Produkt eines unzureichenden Forschungsstandes ist. 69 Runensteine (9%) stehen an einem Bach, möglicherweise an Übergangsstellen. Eine ähnlich große Zahl, in der Summe 56 Runensteine, stehen an Wegen, 44 an Brücken. 35 Steine stehen auf einer Grenze, wobei hier die Problematik der Übertragbarkeit von modernen auf vorgeschichtliche Grenzen bedacht werden muss. Nur wenige Runensteine, insgesamt 26 von 730, stehen im Kontext von Siedlungen, dabei wurden sämtliche bekannten Siedlungen von der Völkerwanderungszeit bis in die frühe Neuzeit hier zusammengefasst. Alle weiteren Denkmalgruppen erreichen in ihrer Summe höchstens 2% der Gesamtmenge. Hier kann nicht von einer systematischen Auswahl dieser Denkmalgruppen als Standort für einen Runenstein ausgegangen werden Es handelt sich eher um zufällige Verbindungen einzelner Runensteine mit Flüssen, Seen, Kultplätzen, Quellen, stensträngar, Thingplätzen, Mooren, Äckern, Einzelfunden, dem Meer und Handwerksplätzen. Horte kommen im unmittelbaren Kontext der Runensteine überhaupt nicht vor. Unterscheidet man die Kultplätze chronologisch, zeigt sich, dass immerhin 11 Runensteine an bronzezeitlichen Kultplätzen errichtet wurden, während gleichzeitige oder jüngere Kultplätze eine viel geringere Rolle spielen. Am deutlichsten wird der Zusammenhang von Runenstein und Gräberfeld. Zusammen mit den Steinen, die keinerlei Befunde in ihrer nächsten Umgebung haben, sind dies 47% aller Runensteine. Bedenkt man insbesondere, dass viele kleinere Gräberfelder vermutlich zerstört wurden und gewisse Grabtypen oberflächlich nicht sichtbar sind, ist dieser Wert, insbesondere in Relation zu den anderen Denkmalgruppen, bemerkenswert hoch. Während 240 Runensteine unmittelbar an einem Gräberfeld stehen, findet man nur 56 Steine an einem Weg, eine Gruppe, die jedoch in der Forschung als besonders häufig in Verbindung mit den Runensteinen genannt wird. Runensteine stehen seltener unmittelbar an Verkehrswegen wie Bächen, Wegen oder Brücken. Viele der Steine stehen nicht allein, sondern zumeist zusammen in Gruppen mit anderen Runensteinen. Grenzen und Siedlungen wurden nur in wenigen Fällen als Standort für einen Runenstein ausgesucht. Aufgrund dessen, dass gerade großflächige Befundgruppen oft als kleiner registriert werden als sie eigentlich sind, soll hier zur Überprüfung der Ergebnisse der Umkreis von 0–50 m ebenso ausführlich dargestellt werden:
116
Archäologische Untersuchungen
–50 m
% (von 730)
Gräber
289
40
weitere Steine
178
24
Bach
108
15
Weg
73
10
Brücke
58
8
Grenze
51
7
fundleer
39
5
Siedlung
38
5
Fluss
25
3
See
18
2
Acker
17
2
Kultplatz (Bronzezeit)
16
2
Quelle
11
2
stensträng
11
2
Einzelfunde
9
1
Thing
8
1
Moor
7
1
Kultplatz (Eisenzeit/Mittelalter, christlich)
5
1
Meer
3
–
Kultplatz (Eisenzeit, heidnisch)
1
–
Schmied/Handwerk
1
–
Hort
–
–
Tab. 25: Gesamtverteilung aller Denkmalgruppen in einem Umkreis von 50 m um die Runensteine.
Diese Darstellung des Umkreises von 50 m zeigt im Prinzip die gleiche Verteilung der einzelnen Denkmalgruppen wie die Tabelle zu 25 m. Es bleibt dabei, dass Gräberfelder die größte Gruppe ausmachen, 40% aller Runensteine haben im Umkreis von 50 m Gräber. Nur die Kategorie „fundleer“ verringert sich, denn mit ansteigendem Umkreis ist es wahrscheinlicher, dass weitere Befunde hinzukommen. An der generellen Verteilung
117
Archäologische Untersuchungen
ändert dies indessen nichts. Die Anzahl von Flüssen steigt von 2 auf 3%, alle anderen bereits genannten Kategorien unter 2% bleiben gleich niedrig. Im Umkreis von 50 m sind keine Veränderungen zum Radius von 25 m zu beobachten, nur die absoluten Zahlen steigen entsprechend eines vergrößerten Radius’ an. Auch im Umkreis von 100 m bleibt die Verteilung in etwa gleich mit steigenden Zahlen. –100 m
% (von 730)
Gräber
389
53
weitere Steine
208
29
Bach
191
26
Weg
111
15
Brücke
79
11
Grenze
70
10
Siedlung
65
9
Fluss
45
6
See
39
5
Kultplatz (Bronzezeit)
29
4
stensträng
27
4
Acker
27
4
Einzelfunde
23
3
Quelle
13
2
Moor
11
2
Thing
8
1
fundleer
6
1
Kultplatz (Eisenzeit/Mittelalter, christlich)
6
1
Meer
4
1
Hort
3
–
Kultplatz (Eisenzeit, heidnisch)
2
–
Schmied/Handwerk
2
–
Tab. 26: Gesamtverteilung aller Denkmalgruppen in einem Umkreis von 100 m um die Runensteine.
118
Archäologische Untersuchungen
Gräber sind bei den meisten Runensteinen vertreten, im Umkreis von 100m haben bereits mehr als die Hälfte aller Runensteine Gräber. An der Hierarchie der folgenden Hauptgruppen ändert sich nichts. Stein, Bach, Weg, Brücke, Grenze und Siedlung verbleiben in dieser Reihenfolge, die absoluten Zahlen steigen entsprechend dem vergrößerten Radius an. Nur der fundleere Bereich nimmt ab, nur noch sechs Runensteine sind im Umkreis von 100 m fundleer. Bei den Gruppen, die quantitativ weniger relevant für den Runenstein sind, verändert sich bereits etwas mehr. Während die Anzahl von Quellen etwas absinkt, kommen mehr bronzezeitliche Kultplätze hinzu, auch Horte wurden gefunden. Moore werden etwas häufiger, Thingplätze nehmen ab. Auch wenn es daher leichte Veränderungen in der Hierarchie der selten vertretenen Denkmalgruppen gibt, steigen die Werte jedoch nur wenig an. Keine Denkmalgruppe zeigt hier ein auffälliges Ansteigen oder Absinken. Insgesamt 100 m reichen zur Erfassung des unmittelbaren Kontextes von Runensteinen daher aus. Das Bild, welches sich bereits im ersten Untersuchungsradius von 25 m gezeigt hat, bestätigt sich auch in den folgenden Untersuchungsradien von 50 m und 100 m. Die meisten Runensteine stehen an Gräbern, viele außerdem häufig zusammen mit weiteren Steinen. Auch infrastrukturelle Anlagen werden als direkter Standort gewählt. Andere Kategorien, beispielsweise Kultplätze, sind für den Standort eines Runensteins unerheblich und in Einzelfällen wahrscheinlich nur zufällig. Bedenkt man einschränkend, dass die unterschiedlichen Kategorien in variierender Häufigkeit auftreten, verändert dies das hier erbrachte Ergebnis nicht. Auch wenn es naturgemäß insgesamt mehr Gräber und Siedlungen als beispielsweise Thing- oder Kultplätze gibt, bleibt die Grundfrage, ob an diesen Orten Runensteine errichtet wurden. Hätten die Menschen den seltener vorkommenden Thingplatz als Standort für Runensteine gewählt, wäre dies in der vorliegenden Untersuchung deutlich geworden, unabhängig davon, wie viele Thingplätze oder Siedlungen es insgesamt gibt. 2.5.2 Der weitere Umkreis Die quantitative Verteilung der Denkmäler im unmittelbaren Umkreis der Runensteine beantwortet die Frage nach dem Zusammenhang von Runensteinen und archäologischen Denkmälern. Mithilfe des weiter gefassten Umkreises von 1km kann man weitere Schlussfolgerungen ziehen, nämlich, welche Denkmäler ganz offensichtlich nicht in der unmittelbaren Nähe von Runensteinen zu finden waren. Dies sind zunächst all jene Denkmal-
119
Archäologische Untersuchungen
gruppen, die in der quantitativen Auswertung nur wenig vertreten waren. Allerdings kann in einem weiter gefassten Untersuchungsraum auch deutlich werden, welche Denkmalgruppen nicht nur selten beim Runenstein selbst vorkommen, sondern möglicherweise auffallend häufig in weiterem Abstand. Dies bedeutet, dass diese Denkmalgruppen für die Errichtung eines Runensteins absichtlich gemieden wurden. Um hier zu unterscheiden, können nicht ausschließlich die absoluten Zahlen benutzt werden. Die Denkmalgruppen sind nicht homogen auf die Landschaft verteilt, sondern kommen in variierenden Häufigkeiten vor. Eine kleine Anzahl im unmittelbaren Kontext des Runensteins bedeutet keine absichtliche Meidung, wenn die Anzahl auch in weiterer Entfernung gering bleibt. Steigt sie jedoch deutlich an, muss eine Kausalität erwartet werden. Daher soll im Folgenden dargelegt werden, wie die Anzahl der einzelnen Denkmäler von Umkreis zu Umkreis steigt. Dazu wird jeweils die Steigung der Denkmalgruppe im Vergleich zum vorherigen Umkreis ermittelt (siehe Abb. 7). Im unmittelbaren Kontext der Runensteine bis 100m verläuft die Steigung im Bereich von 1–1,5 bei allen Denkmalgruppen gleichmäßig. Ab 100 m sind dagegen Unterschiede zu beobachten, die in der folgenden Graphik für alle Denkmalgruppen dargestellt werden:
Steigerung ab 100m
Gräber
9,00
Stein
8,00 7,00
Bach
Steigerung
6,00
Weg
5,00 4,00
Brücke
3,00 2,00
Grenze
1,00
Siedlung
0,00 50 zu 100
100 zu 500
500 zu 1000
Umkreis
Abb. 7: Die Steigerung der einzelnen Denkmalgruppen im Bereich von 50 bis 1000 m.
Fluss
120
Archäologische Untersuchungen
Die Graphik zeigt eine im ersten Moment homogen erscheinende dachförmige Steigerung aller Denkmalgruppen. Im Übergang von 50 zu 100 m liegt die Steigerung in einem vergleichbaren Bereich, alle Denkmalgruppen steigen um 1 bis 2,5. Nur Horte, die erst ab einem Umkreis von 500 m vorkommen, haben entsprechend keine Steigerung von 50 auf 100 m. Erst von 100 auf 500 m können deutlichere Unterschiede in der Steigerung beobachtet werden: Während in den vorherigen Bereichen die Steigerung zwischen 1 und 1,5 bzw. 1 und 2,5 schwankte, können plötzlich variierende Steigerungen von 1,5 bis 7,5 beobachtet werden. Während der Steigerungswert für Brücken bei 1,5 verbleibt, steigen Horte sprunghaft von 0 auf 7,5 an. Hier sind also unterschiedliche Typen anhand ihrer Steigerung fassbar, die in drei Gruppen unterteilt wird: 1) Denkmalgruppen, deren Wert nur leicht ansteigt (zwischen 1,5 – < 2,0) 2) Denkmalgruppen, deren Wert stärker ansteigt (zwischen 2,0 – < 3,5) 3) Denkmalgruppen, deren Wert besonders stark ansteigt (zwischen 3,5 – < 8) Die unterschiedlichen Denkmalgruppen sind hier wie folgt verteilt: Zur ersten Gruppe mit einer leichten Steigerung zählen Brücke, Gräber, Steine, Moor, Weg und Kultplatz (Eisenzeit, heidnisch). Analog zu den vorherigen Umkreisen steigen die Werte nur mäßig an, was mit der Vergrößerung der Grundfläche einhergeht. Im Fall von Brücke, Gräber, Steine und Weg ist jedoch der Ausgangswert bei 25 m bereits besonders hoch, wogegen Moor und Kultplatz (EZ, heidnisch) nur geringe Anfangswerte haben. Es kann daher festgestellt werden, dass Brücke, Gräber, Steine und Weg für den unmittelbaren Kontext des Runensteins von hoher Bedeutung waren (aufgrund ihrer Quantität) und im weiteren Abstand zum Runenstein gleichmäßig entsprechend einer vergrößerten Grundfläche weiter steigen. Eine direkte Verbindung zum Runenstein wird daher deutlich. Zur zweiten Gruppe mit stärkerer Steigung zählen Meer, Bach, Fluss, Thing, Grenze und Quelle. Während Meer und Fluss bei den absoluten Zahlen seltener vorkommen und entsprechend der geringen Ausgangszahlen größeren Schwankungen obliegen (Meer: 2,25 und Fluss: 2,6), haben Grenze (3,07), Quelle (3,15) und Thing (2,88) bereits einen ungefähren Anstieg von drei. Grenze, Quelle und Thing wurden also tendenziell eher in gewissem Abstand zum Runenstein gefunden, ihre Ausgangswerte sind relativ niedrig und ihre Steigerung ab 500m bereits größer als im Nahbereich. Der Bach hat bereits im unmittelbaren Kontext der Runensteine einen hohen Wert, in der quantitativen Analyse steht er mit 69 Steinen an der dritten Position nach Gräbern (243) und weiteren Steinen (158). Bäche sind in Schweden von Natur aus weit verbreitet, daher kommen sie erwartungsgemäß auch häufig bei Runensteinen vor, ohne, dass
Archäologische Untersuchungen
121
dies ein bevorzugter Standort für die Errichter der Runensteine gewesen sein muss, die Verbindung zum Runenstein ist in vielen Fällen vermutlich zufällig. In einigen Fällen kann jedoch durch eine Furt eine Absicht hinter einer Kombination von Runenstein und Bach gestanden haben. Die Steigerung der Kategorie „Bach“ von 2,46 ist daher weder besonders hoch noch niedrig, sondern entspricht den natürlichen Begebenheiten. Zur dritten Gruppe gehören nun die noch fehlenden Denkmalgruppen See, Siedlung, Acker, Kultplatz (Bronzezeit), stensträng, Einzelfund, Schmied/Handwerk, Kultplatz (MA/NZ, christlich) und Hort. Die Steigerung der einzelnen Gruppen beträgt 3,9 bis 7,7 und ist damit besonders hoch. Bei Gruppen, die generell sehr selten vorkommen (Hort, Schmied/ Handwerk und Kultplatz christlich) sind die hohen Steigerungen darin begründet, dass die absoluten Zahlen gering sind und eine Steigerung von 3 auf 23 oder 2 auf 12 bereits hoch ist. Verglichen mit anderen Werten bleiben die absoluten Zahlen jedoch weiterhin gering und für die Standortwahl damit unerheblich. Bei den verbleibenden Gruppen deutet der hohe Anstieg darauf hin, dass sie in den vorherigen Umkreisen unterrepräsentiert waren. Während beispielsweise nur 26 Siedlungen im unmittelbaren Kontext eines Runensteins zu finden sind, können ab 500 m bereits bei 262 Runensteinen Siedlungen nachgewiesen werden. Im Fall eines stensträng steigt der Wert von 8 (25 m) auf 146 (500 m), eine deutliche Steigerung, die in dem Maße in den vorherigen Umkreisen nicht zu beobachten war. Die Werte steigen alle relativ einheitlich im Schnitt um 1,5 an, bis dann ab 500 m die Zahlen deutlich in die Höhe schnellen. Dies kann nur bedeuten, dass See, Siedlung, Acker, Kultplatz (Bronzezeit), stensträng und Einzelfund in der Regel nicht bei Runensteinen gefunden werden, sondern stattdessen besonders weit von ihnen entfernt sind. Meine These ist daher, dass die Denkmäler, die im unmittelbaren Kontext der Runensteine in besonders hoher Zahl auftreten und später mit Vergrößerung der Entfernung in absoluten Zahlen weiter ansteigen, standortrelevant waren (a). Denkmalgruppen, deren Werte eher durchschnittlich sind und aufgrund der vergrößerten Grundfläche insgesamt erwartungsgemäß ansteigen, sind „normal“ verteilt. Sie haben keinen Zusammenhang mit dem Standort der Runensteine und werden weder als standortrelevant angesehen noch explizit gemieden (b). Eine dritte Gruppe bilden Denkmäler, deren Anzahl im unmittelbaren Kontext der Runensteine klein ist, jedoch in einer gewissen Entfernung plötzlich stark ansteigt. Diese wurden von den Steinerrichtern absichtlich gemieden (c). Die Kategorien Gräber, Stein, Weg und Brücke haben die größte Steigung am Anfang und entwickeln sich später relativ gleichmäßig. Sie entsprechen Beispiel a. See, Siedlung, Acker und Einzelfunde dagegen steigen erst im
122
Archäologische Untersuchungen
hinteren Teil der Graphik stärker an und werden dann sogar stärker als andere Gruppen, daher entsprechen sie Beispiel c. Alle anderen Kategorien steigen eher gleichmäßig an, sie entsprechen Beispiel b. Gruppe a und c sind somit für den Standort relevant, Gruppe b nicht. Während die Denkmäler in einer Verteilung entsprechend Typ a ausschlaggebend für die Standortwahl sind, werden Denkmäler mit der Verteilung nach Typ c absichtlich gemieden. Da sich für Schweden kein Material findet, welches in gleichem Maße wie die vorliegende Untersuchung die genannten Kategorien in den hier festgelegten Radien untersucht hat und somit als unabhängiges Vergleichsmaterial dienen könnte, muss dies als Unsicherheitsfaktor im Ergebnis verbleiben. Es ist nicht sicher, in welchem Verhältnis sich die einzelnen Denkmaltypen in den definierten Radien entwickeln, da dies auch von anderen Faktoren abhängig ist, beispielsweise der lokalen Bevölkerungsdichte und Topographie. Trotzdem ist klar, dass eine für die Errichtung eines Runensteins bevorzugte Befundgruppe besonders häufig im unmittelbaren Kontext der Runensteine zu finden sein muss. Außerdem wird ihre Gesamtzahl weniger stark ansteigen, je weiter man sich vom Runenstein entfernt. Entsprechend gilt der Umkehrschluss, dass Befundkategorien, die einerseits seltener im direkten Umkreis des Runensteins gefunden werden und zusätzlich deutlich ansteigen, je weiter man sich vom Runenstein weg bewegt, für die Aufstellung des Runensteins in der Hinsicht, dass sie explizit gemieden werden, relevant sind. Ist die Anzahl durchschnittlich und der Anstieg im Verhältnis gleichmäßig zur ansteigenden Entfernung, ist hier weder eine Relevanz für den Runenstein noch eine deutliche Meidung bei der Standortwahl zu sehen. Es handelt sich dann um eine zufällige Anordnung der Befundgruppen und damit am ehesten auch eine zufällige Platzierung des Runensteins an diesem Ort.
2.6 Ergebnis In der archäologischen Untersuchung wurden – ausgehend von den Angaben in FMIS – alle Befunde im Umkreis von 1km um die Runensteine registriert. Die unterschiedlichen Befunde wurden zur besseren Bearbeitung in 13 Kategorien zusammengefasst, einzeln vorgestellt und im Bezug auf die Runensteine untersucht. Neben einer detaillierten Auswertung der einzelnen Kategorien in Kapitel 2.4 erfolgte am Schluss eine Zusammenstellung aller Kategorien und ihrer Verteilung auf die zu untersuchenden 730 Runensteine und der fünf vorher festgelegten Untersuchungsradien.206 206
25 m, 50 m, 100 m, 500 m und 1000 m.
123
Archäologische Untersuchungen
Neben einer quantitativen Gegenüberstellung wurde außerdem das Verhältnis der einzelnen Befundkategorien und die Steigerung der einzelnen Umkreise untersucht. Das Ergebnis der quantitativen Auswertung gestaltet sich wie folgt: –25m % –50m % –100m % –500m % –1000m % Gräber
243 33
289 40
389 53
631 86
704 96
weitere Steine
158 22
178 24
208 29
333 46
477 65
fundleer
102 14
6
–
–
39
5
1
–
–
Bach
69
9
108 15
191 26
469 64
582 80
Weg
56
8
73 10
111 15
192 26
407 56
Brücke
44
6
58
8
79 11
110 15
150 21
Grenze
35
5
51
7
70 10
215 29
383 52
Siedlung
26
4
38
5
65
9
262 36
464 64
Fluss
16
2
25
3
45
6
117 16
166 23
See
12
2
18
2
39
5
153 21
254 35
KP (BZ)
11
2
16
2
29
4
124 17
235 32
Quelle
9
1
11
2
13
2
stensträng
8
1
11
2
27
4
Thing
8
1
8
1
8
1
23
3
37
5
Moor
7
1
7
1
11
2
18
3
51
7
Acker
6
1
17
2
27
4
113 16
254 35
Einzelfunde
6
1
9
1
23
3
135 19
282 39
Meer
1
–
3
–
4
1
9
1
14
2
Kultplatz (EZ, heidnisch)
1
–
1
–
2
–
4
1
11
2
Kultplatz (EZ/MA, christlich)
1
–
5
1
6
1
38
5
Schmied/Handwerk
1
–
1
–
2
–
12
2
31
4
Hort
–
–
–
–
3
–
23
3
51
7
41
6
102 14
146 20
263 36
120 16
Tab. 27: Gesamtverteilung aller Denkmalgruppen und aller untersuchten Umkreise.
124
Archäologische Untersuchungen
Die Darstellung aller Befunde in den untersuchten fünf Umkreisen zeigt, dass Gräber das Bild dominieren. Da sie von Anfang an stark vertreten sind, gelten sie als eindeutig standortrelevant, insbesondere wenn man bedenkt, dass hier der Forschungsstand berücksichtigt werden muss. Viele Denkmäler sind zerstört, einige noch unentdeckt und viele nur in geringerem Ausmaß erfasst. Dies gilt für alle Denkmalgruppen, so dass die absoluten Zahlen in Zukunft vermutlich immer wieder korrigiert werden müssen. Das gezeigte Ergebnis ist jedoch eindeutig, die Werte aussagekräftig und die Abstände der einzelnen Denkmalgruppen untereinander sehr deutlich. Die Untersuchung konnte daher zeigen, dass die meisten Runensteine an Gräbern errichtet wurden. Andere Denkmalgruppen, beispielsweise infrastrukturelle Anlagen und weitere Steine wurden ebenfalls im Kontext der Runensteine gefunden, jedoch weit seltener, als dies bislang von der Forschung angenommen wurde. Die meisten anderen Denkmalgruppen spielen für den Standort der Runensteine keine Rolle: Kultplätze können als Standort ebenso ausgeschlossen werden, wie Thingplätze. Anhand der absoluten Zahlen zeigt sich, dass nur Gräber, Steine, Bach, Brücke, Weg, Grenze und Siedlung für den unmittelbaren Kontext der Runensteine als standortrelevant in Frage kommen. Eine zweite Auswertung hat sich der Frage nach der Steigerung der einzelnen Denkmalgruppen in den unterschiedlichen Umkreisen gewidmet. Dabei konnten gezeigt werden, dass insbesondere im Umkreis von 500 m einige Denkmalgruppen stark ansteigen. Dies deutet darauf hin, dass diese Denkmalgruppen absichtlich als Standorte für einen Runenstein gemieden wurden, bzw. entsprechend ihrem Verhältnis zu anderen Denkmalgruppen hier nicht vorkommen können. Da die quantitative Analyse bereits einige Denkmalgruppen in relevant/irrelevant unterscheiden konnte, soll dies auf Basis der als relevant eingestuften Denkmalgruppen verdeutlicht werden. Die Abbildung 8 zeigt jene sieben Denkmalgruppen, die in der quantitativen Auswertung besonders häufig im unmittelbaren Kontext der Runensteine angetroffen wurden und deren Steigerung von 50 zu 100 m, 100 zu 500 m und 500 zu 1000 m. Im Bereich von 50 zu 100 m steigen alle Gruppen gleichmäßig an. Während zwischen 100 und 500 m Brücke, Stein, Gräber und Weg ebenfalls weiter mäßig ansteigen, verdoppeln, verdreifachen und vervierfachen sich die Werte für Bach, Grenze und Siedlung. Während die Denkmalgruppen mit geringer Steigerung also hauptsächlich im unmittelbaren Kontext der Runensteine zu finden sind, sind andere Denkmalgruppen besonders weit von diesen entfernt. Dieses Ergebnis war zu erwarten, denn Gräber und Siedlungen schließen einander räumlich aus.
125
Archäologische Untersuchungen
4,50 4,00 3,50
Gräber
3,00
Stein Bach
2,50
Weg
2,00
Brücke
1,50
Grenze
1,00
Siedlung
0,50 0,00 50 zu 100
100 zu 500
500 zu 1000
Abb. 8: Steigerung der Denkmalgruppen, die aufgrund ihrer absoluten Zahlen als relevant für die Standortwahl gelten können.
Wenn die meisten Runensteine an Gräberfeldern stehen, müssen sie entsprechend weit von Siedlungen entfernt sein. Da angenommen wird, dass Grenzen bereits früh etabliert wurden, fallen sie vermutlich häufig mit den Siedlungen zusammen. Dagegen müssen Brücken und Wege sowohl an Gräbern als auch bei Siedlungen zu finden sein, denn sie verbinden beides miteinander. Sie sind daher auch im Kontext der Runensteine häufig vertreten. Auch bronzezeitliche Kultplätze sind zum Teil bereits unmittelbar bei den Runensteinen, zumeist jedoch erst ab 500 m in gewissem Abstand zu den Runensteinen zu finden. Untersuchungen zu Felszeichnungen konnten belegen, dass sich diese häufig dort befinden, wo auch eisenzeitliche Gräberfelder angelegt wurden. Meines Wissens fehlt für eine solche Annahme jedoch eine statistische Grundlage. Sollte dies der Fall sein, werden Felszeichnungen und Runensteine an unterschiedlichsten Stellen der Gräberfelder zu finden sein, denn nicht selten erstreckt sich ein Gräberfeld über mehrere hundert Meter. Die Einzeluntersuchungen zeigten, dass beispielsweise die volkstümliche Überlieferung häufig in der Nähe der Runensteine besonders oft von Sagen und Spukgeschichten zu berichten weiß, die jedoch nicht auf den Runenstein selbst bezogen sind. Dies liegt daran, dass ein Gräberfeld seit der Christianisierung den Menschen als geheimnisvoller Ort der Toten gilt.
126
Archäologische Untersuchungen
Runensteine wurden also am häufigsten an Gräberfeldern errichtet, oft zusammen mit einem weiteren Stein. Eine Anbindung an Wasseradern ergibt sich durch die starke Hydrographie des Landes, ist jedoch für die Standortwahl nicht ausschlaggebend. Brücken, Furten, Wege und für die Schiffahrt nutzbare Bäche verbinden diese Orte miteinander und ermöglichen als Vernetzung von Siedlung und Gräberfeld sowie überregionalen Handelswegen eine gute Infrastruktur. Entsprechend finden sich die Runensteine ebenfalls an Wegen. Die alltägliche Umgebung der Menschen, die durch Siedlungen, Grenzen und Äcker repräsentiert wird, findet sich in deutlichem Abstand zu Runensteinen (ab 500 m).
2.7 In der Regel gibt es Ausnahmen Es konnte belegt werden, dass die meisten Runensteine in Schweden an Gräbern errichtet wurden. Allerdings trifft dies nicht für alle untersuchten 730 Runensteine zu, 98 Runensteine haben im Umkreis von 500 m keine Gräber.207 Diese Steine sollen daher im Folgenden nochmals im Hinblick auf ihren Standort, Forschungsprobleme und Gemeinsamkeiten untersucht werden. Es zeigt sich, dass 73 der 98 Steine in diesem Umkreis überhaupt keine archäologischen Funde haben. Ein Beispiel dafür ist Sö 74 (Västra Vingåker 36:1), im Umkreis von 1 km wurde hier keine einzige archäologische Entdeckung gemacht. Sö 294 steht zwischen Eltomta und Grödinge, außer einem See 620 m westlich findet sich im Umkreis von 1 km um den Stein ausschließlich Wald. Ähnlich das Bild bei U 804, der am Waldrand steht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass hier nicht möglicherweise mit Funden zu rechnen wäre, es könnte sich hier auch um zerstörte oder bislang unentdeckte Befunde handeln. Auf zerstörte Befunde weist auch die Beobachtung hin, dass 50 der 98 Steine innerhalb einer neuzeitlichen Bebauung stehen, dabei häufig an größeren Bauwerken wie Herrenhäusern oder Schlössern. Hier wurde die 207
DR 282–286, DR 323, DR 361, G 40, G 280, Hs 6, Hs 15, J RS 1928;66, M 1, Ög 38, Ög 45, Ög 63, Ög 104, Ög 137, Ög 214, Sm 31, Sm 45, Sm 48, Sm 55, Sm 75, Sm 80, Sm 90, Sm 96, Sm 99, Sm 100, Sm 134, Sö 2, Sö 74, Sö 110, Sö 126, Sö 144, Sö 171, Sö 178, Sö 235, Sö 269, Sö 292, Sö 294, Sö 298, Sö 301, Sö 305, Sö 308, Sö 344, Sö Fv1986;218, Sö SB 1965;19, U 35, U 36, U 100, U 112, U 114, U 164, 165, U 177, U 306, U 409, U 421, U 423, U 1355, U 429, U 595, U 646, U 662, U 727, U 732, U 735, U 742, U 798, U 804, U 809, U 857, U 889, U 899, U 904, U 1042, U 1059, U 1136, U 1150, U 1157, U 1162, U 1171, Vg 6,Vg 13, Vg 16, Vg 49, Vg 61, Vg 76, Vg 140, Vg 152, Vg 174, Vg 189, Vs 9, Vs 10, Vs 17, Vs 23 und Vs 27.
Archäologische Untersuchungen
127
Umgebung der Runensteine bereits früh nachhaltig verändert und möglicherweise hat man archäologische Fundstellen dabei zerstört. Dies gilt unter Umständen für das Monument von Hunnestad, welches man 1626 in einem Acker fand. In der Nähe der Steine fand man die Reste einer Burg sowie 126 m westlich ein Dorf, dessen früheste schriftliche Erwähnung bis in das Jahr 1496 reicht (Skårby 8:1). Burg und Dorf könnten vorgeschichtliche Befunde überlagert oder zerstört haben. Auch die bekannten Runensteine U 164 und U 165, die zusammen Jarlabankes Brücke flankieren, stehen heute an der Hauptstraße mitten in Täby. Die Umgebung ist dicht bebaut, mögliche Funde nur noch im Westen zu erwarten, wo jedoch die Reste einer frühneuzeitlichen Siedlung entdeckt wurden (Täby 198:1). Auch hier wurden also bereits früh Eingriffe in die Landschaft getätigt. Ähnliches ist für Schwedens nördlichsten Runenstein auf der Insel Frösö zu verzeichnen. Inmitten des Stadtteils Hornsund der modernen Großstadt Östersund steht der Runenstein, nur ein einziger archäologischer Fund, eine eiserne Pfeilspitze (Frösö 195:1), wurde 720m südwestlich des Steins gefunden. Ansonsten hat die neuzeitliche Besiedlung den gesamten Umkreis des Steins überzogen. Neben neuzeitlichen Siedlungen sind es außerdem industrielle Anlagen, die die Landschaft nachhaltig verändern und mögliche Befunde zerstören können. Ein Beispiel ist DR 323, der auf einer Anhöhe am Rande eines Feuchtgebietes stand, welches jedoch 1830 im Rahmen der Binnenkolonisation für eine erweiterte Landwirtschaft trocken gelegt wurde.208 Vielleicht fielen dieser Urbarmachung auch einige archäologische Denkmäler zum Opfer, denn auffallend ist, dass hier in einem großen Gebiet außer wenigen steinzeitlichen Lesefunden keine archäologischen Denkmäler entdeckt wurden. In Hälsingland ist es ein Sägewerk, welches zur Verbreiterung des Flusses und einer Veränderung der Landschaft in der Umgebung von Hs 15 führte. Nur eine frühneuzeitliche Steinbrücke wurde hier von der Denkmalpflege registriert. Die Gewinnung von Teer hat die Umgebung des Runensteins U 177 vermutlich nachhaltig beeinflusst, auch hier findet man außer den Industrieanlagen den 19. Jahrhunderts und einem Cholerafriedhof 960 m südlich keine Befunde. Insgesamt elf Runensteine stehen in der Nähe von industriellen Anlagen, die die Landschaft nachhaltig verändert haben. In zwölf Fällen wurde beobachtet, dass Runensteine am Rande eines Moorgebietes stehen, auch hier fanden sich bislang keine weiteren Befunde. Ein Beispiel dafür ist das Runkärr als nördlicher Ausläufer des Fjällmosse in Vallsjö/Småland. Der Runenstein Sm 80 steht innerhalb 208
Siehe dazu die Fundbeschreibung Lilla Harrie 25:1 in FMIS.
128
Archäologische Untersuchungen
dieses tief liegenden Feuchtgebietes, welches heute mit Nadelwald bepflanzt wird, im Umkreis von 1km um den Runenstein ist kein einziger archäologischer Fund hier verzeichnet. Es muss daher gefragt werden, warum man einen Runenstein in der Nähe eines Moores errichtete, an dem sicher nur wenige Reisende vorbeikommen, um die Botschaft zu lesen und auch kein Memorialkontext durch ein Gräberfeld gegeben ist. Der Bau von Wegen und Brücken im Moor wird nur auf zwei der zwölf Runensteine, die ein Moor in der Nähe haben, genannt (Sm 80 und Vg 76). Während man also hier einen Dienst an der Gemeinschaft für das Seelenheil annehmen kann, deutet die Inschrift von U 804 in einen anderen Kontext, sie lautet: kuþ ialbi ant anunta.209 Sie Inschrift weicht von den verbreiteten wikingerzeitlichen Formeln ab, nur der Name des Verstorbenen und der Wunsch nach Gottes Gnade sind erwähnt, während Todesort und -art, Name der Nachkomme und Ritzersignaturfehlen. Da sowohl Aufstellungsort als auch Inschrift außergewöhnlich sind, wäre hier anzunehmen, dass ߬nund möglicherweise in diesem Moor verstarb oder einen so unrühmlichen Tod fand, dass die Nachkommen sich hier nicht mit Namen benennen wollen. Die verbliebenen neun Inschriften in der Nähe von Mooren hingegen gehören zu den Standardinschriften ohne Besonderheiten, möglicherweise ist das Moor als Aufstellungsort hier daher nicht primärer Grund gewesen. Weniger zufällig erscheint die Platzwahl von 27 Runensteinen, die keine Gräber im Umkreis von 1 km haben, dafür jedoch auf bzw. nahe bei der Kirchspielgrenze stehen. Zunächst mag diese Tatsache nebensächlich sein, da völlig ungeklärt ist, ob moderne Kirchspielgrenzen bereits zur Gegenwart der Runensteine eine Rolle gespielt haben. Der Runenstein von Film, U 1136, lässt dagegen etwas ganz anderes vermuten. Er steht genau auf der Grenze der Kirchspiele Film, Morkarla und Valö/Uppland, bereis im 17. Jahrhundert wird er als Grenzstein benannt210. Nur noch zwei Runen, r und s, sind von der Inschrift übrig geblieben, der Rest wurde gewaltsam aus dem Stein geschlagen. Die Vermutung liegt daher nahe, dass man bereits sehr früh den Runenstein in der Nähe fand und ihn als Grenzstein bei der Festlegung der Kirchspiele benutzen wollte. Um hier nicht in Konflikt mit der Denkmalpflege oder möglichen Nachkommen der Steinerrichter zu kommen, versuchte man, die Runen aus dem Stein zu schlagen, so dass er wie ein normaler Grenzstein wirken würde, die in Schweden weit verbreitet sind. Es wird daher vorgeschlagen, dass dies für viele der 27 Grenzsteine ohne Gräber in der Nähe gilt. Vermutlich hat man sie bereits sehr früh von ihrem ursprünglichen Standort entfernt und als Grenzsteine genutzt. 209 210
Normalisierung: Guð hjalpi džnd Ƭnunda. Übers.: ‘Möge Gott ߬nunds Seele helfen.’ Siehe Inventarisierungsblatt Film 5:1, RAÄ.
Archäologische Untersuchungen
129
Ein weiterer Runenstein ohne Gräber ist DR 361, der in einem Gebiet mit vielen bronzezeitlichen Schalengruben und Felszeichnungen errichtet wurde. Dieser Stein stammt nicht aus der Wikingerzeit, sondern ist vermutlich eine mittelalterliche, möglicherweise sogar neuzeitliche Imitation. Die verwendeten Runen erinnern stark an Kalenderrunen. In das 12. Jahrhundert datieren auch Sö 308, U 595 und Vg 76, die damit zu den jüngsten Runensteinen gehören. Vielleicht hat man bei diesen Steinen bereits andere Standorte bevorzugt. Zuletzt fallen unter den 98 Runensteinen ohne Gräber 29 Steine auf, die eine Brücke oder Übergangsstelle flankieren könnten. Dies ist jedoch auch bei vielen Runensteinen der Fall, in deren Nähe außerdem ein Gräberfeld zu finden war. Gräberfelder oder Siedlungen können eher zerstört werden bzw. bleiben leichter unentdeckt als ein Fluss, der solange Teil der Landschaft ist, bis man ihn austrocknet oder seinen Lauf verändert. Von den 29 Steinen stehen 18 an einem Bach, ohne dass es Belege für eine wikingerzeitliche Brücke oder Furt gibt. Drei der Steine (Ög 104, Sm 55 und Vg 61) stehen an einer Furt, die nicht zu datieren ist und sechs Steine stehen an einer archäologisch nachgewiesenen Brücke (Sm 96, Sm 99, Sö 481 U 164, U 165 und U 904). Alle sechs Inschriften erwähnen den Brückenbau, so dass hier mit Sicherheit gesagt werden kann, dass diese Steine absichtlich und ursprünglich an dieser Brücke errichtet wurden. Die Untersuchungen der Steine, die kein Gräberfeld in ihrer Nähe haben, weisen keine Gemeinsamkeiten auf, die einen alternativen Standort für Runensteine ergeben könnten. Mit Ausnahme von sechs bis neun Runensteinen, die an einer Brücke errichtet wurden, zeigen alle anderen Steine Indizien dafür, dass sie versetzt wurden oder man ihr unmittelbares Umfeld im Lauf der Zeit verändert und mögliche Befunde zerstört hat. Dafür spricht, dass acht der 98 Steine Hinweise auf beschädigte Gräber in ihrer Nähe lieferten. Das Umfeld des Runensteins von Grötlingbo, G 40, wurde in jüngster Zeit erneut untersucht. Dabei wurden mehrere Lesefunde gemacht, die „härrör sannolikt från ett överplöjt kulturlager men delvis också från bortodlade gravar“.211 Auch für den zweiten gotländischen Stein ohne Gräber, G 280, gibt es im Inventarblatt des Fornminnesregister den Zusatz „Enl[igt] ett par ortsbor skall dock fyndplatsen vara i ett nu borttaget stenröse ute på gärdet N om den nordligaste gården i Pilgårds“.212 Beim Bau der E4 wurde eine Phosphatkartierung in einem Acker nahe des Runensteins von Njurunda (M 1) durchgeführt, die als Hinweis auf bislang nicht registrierte Befunde im Acker auffällig hohe Phosphatwerte er211 212
Siehe FMIS Eintrag Grötlingbo 165:1 und der Zusatz Dnr 321-725-2004. Siehe FMIS Eintrag Boge 97:1 unter dem Vermerk „Tradition“.
130
Archäologische Untersuchungen
brachte.213 Für die beiden Runensteine im Schlosspark von Norrsunda, U 423 und U Fv1988;241, ist eine Angabe in SRI von Interesse, die man nur findet, wenn man einige Seiten zurückblättert: Als Ortsangabe zum Runenstein U 420, der sich nur 300m südwestlich von U 423 und U Fv1988;241 befindet, ist zu lesen, dass sich hier laut Aschaneus und Hadorph „märkelige ättehögar“ und mindestens zwei Runensteine befunden haben.214 Beim Pflügen beobachtete ein Bauer südlich des Runensteins von Edsvära, Vg 61, Kohlereste und dunkle Verfärbungen im Boden. In der Nähe von Vg 16 und Vg 49 wurden ein Goldring und eine Glasperle durch Zufall gefunden, Hinweise darauf, dass hier weitere Befunde zu erwarten sind. Die genaue Überprüfung der Runensteine, die zunächst mit Gräbern nichts zu tun zu haben scheinen, zeigt, dass hier ebenfalls mit diesen zu rechnen ist. Diese Runensteine befinden sich häufig in stark bebauten oder industriell genutzten Gebieten, bei anderen ergeben aufmerksame Beobachtungen einiger Bauern oder neue Erkenntnisse durch Rettungsgrabungen vor größeren Baumaßnahmen Hinweise, dass hier doch mit bislang unentdeckten bzw. zerstörten Befunden zu rechnen ist. Entgegen einer Platzierung auf dem Gräberfeld können einige Steine angesprochen werden, die an einer Übergangsstelle errichtet wurden und zusätzlich den Bau einer Brücke in ihrer Inschrift nennen. So kann die Brücke als alternativer Standort für Runensteine festgestellt werden, möglicherweise eine neue Sitte, die durch eine chronologische Einteilung von Runensteinen und Standorten näher beleuchtet werden könnte.
2.8 Regionale Untersuchung Die archäologische Untersuchung von 730 Runensteinen an ihrem ursprünglichen Standort und deren Verbindung zu archäologischen Denkmälern erbrachte ein gesamt-schwedisches Ergebnis. Die untersuchten Runensteine stammen aus 17 schwedischen Landschaften mit schwankender Runensteindichte von einem (Jämtland) bis zu 400 (Uppland) Runensteinen. Das Endergebnis erhält damit eine deutliche Prägung der an Runensteinen reicheren Landschaften. Bereits bei der Feststellung der Anzahl von Runensteinen, die noch am ursprünglichen Standort stehen, wurden Unterschiede in den einzelnen Landschaften aufgezeigt (siehe Kapitel 2.2.4). Um mögliche regionale Unterschiede herauszustellen und somit auszuschließen, dass eine bestimmte, runensteinreiche Region das 213 214
Siehe FMIS Eintrag Njurunda 116:1 und der Zusatz Dnr 330F/92. Wessén / Jansson 1945, S. 203.
131
Archäologische Untersuchungen
Gesamtbild diktiert, wurde die archäologische Untersuchung zusätzlich nach Landschaften getrennt ausgeführt. Im Rahmen dieser Untersuchung, deren Hauptaugenmerk auf einer Grundlagenstudie liegt, kann die regionale Analyse nicht so ausführlich dargestellt werden wie die Gesamtanalyse. Es wurden daher exemplarisch ausgewählte Denkmalgruppen im Umkreis von 100 m um die Runensteine in den einzelnen Landschaften miteinander verglichen und zu den in der archäologischen Untersuchung (Kapitel 2) ermittelten Durchschnittswerten aller Landschaften in Relation gesetzt. 215 Bl Bo Gs G H 1
0
0
0
0
2
0
0
0
0 66 100
U
Vr
Vg
Vs
Ø
0 23
0 18
7
10
50
13
38
10
0
0 13
8 26 14
7
50
13
50
11
3 50 50 100 50 33
0 80 67 100 56 39 43 55
54
0
45
25
53
4 25
0
0
0
28
100
29
63
32
50 17 66
0 20
Öl Ög S Sm Sö
0
0
0
J M N 0
0 46 15 49 28
5 25 50
0
0
0
0
0
0
25
0 54
4
3
4
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0
13
5
6
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0 17
25
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2
1
1
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0
13
1
0
50 28
8 12
8
8
0
21
0
10
0
0
0
0
0
7 25
0
0
0
0 100
0
0
Tab. 28: Regionale Verteilung und Standorte.
Die Analyse zeigt, dass die Landschaft Uppland mit allen Werten genau im Durchschnitt liegt. Hier gelten also die Ergebnisse der allgemeinen Untersuchung, nämlich, dass die meisten Runensteine an Gräberfeldern stehen und weitere Steine und Wasser ebenfalls relevant sind. Dies liegt darin begründet, dass sie über die Hälfte der untersuchten Runensteine stellt. Auch Södermanland und Västergötland entsprechen mit geringen Abweichungen diesen Durchschnittswerten. Alle anderen Landschaften zeigen größere Abweichungen, so dass sie gesondert erläutert werden sollten. Zunächst muss festgestellt werden, dass die abweichenden Werte einiger Landschaften darin begründet sind, dass sie insgesamt nur wenige Runensteine haben und jeder weitere Stein das Gesamtbild sofort verändern würde. Dies trifft für die Landschaften Bohuslän, Gästrikland, Jämtland und Värmland zu, die nur jeweils 1–2 Runensteine zu dieser Untersuchung beitragen konnten. Auch die drei Steine aus Hälsingland sowie je vier 215
1 = Archäologisch nachgewiesener Weg; 2 = Brücke; 3 = Gräberfeld; 4 =Bach, Fluss; 5 = Siedlung vz; 6 = Thingplatz und 7 = Grenze.
132
Archäologische Untersuchungen
Steine in Blekinge und Öland lassen nur wenig Aussagen zur Runensteintradition der Landschaften zu. In Blekinge, Gästrikland und Öland dominieren Gräber das Bild, wogegen in Hälsingland, Jämtland und Värmland die Verbindung mit dem Wasser für die wenigen Steine gewichtiger war. Doch ob dies tatsächlich lokale Tradition oder eine Fehlinterpretation aufgrund des geringen Fundmaterials ist, kann nicht entschieden werden. Auch in Gotland, Medelpad und Närke sind nur wenige Runensteine am ursprünglichen Standort überliefert. In allen drei Landschaften dominiert aber eindeutig die Anbindung der Runensteine an Gräber. Bei Gotland liegen die Werte aus allen Kategorien mit Ausnahme der Gräber unter dem Durchschnitt bzw. bei Null (vgl. Einleitung). 80% der Runensteine Medelpads stehen an Gräbern. Sieht man von den Landschaften mit 1–4 Runensteinen ab, so ist dies der höchste Wert für diese Kategorie. Auch Närke hat einen hohen Wert in der Kategorie Gräber (67%). Die einzige Landschaft, die dem Durchschnittsbild völlig widerspricht, ist die südschwedische Landschaft Skåne. Hier muss eine völlig andere Runensteintradition angenommen werden, anders sind die großen Unterschiede nicht zu erklären. Nur 13 Runensteine stehen noch am ursprünglichen Standort, davon stehen über die Hälfte an Orten, wo bereits in Steinund Bronzezeit gesiedelt wurde. Insgesamt wurden in Skåne besonders viele frühe Siedlungen entdeckt. In allen anderen Kategorien liegen die Werte für Skåne unter dem Durchschnitt. Die Bindung an archäologische Denkmäler ist eher selten, nur wenige schonische Steine stehen an Gräberfeldern, an vorgeschichtlichen Wegen steht kein einziger Stein. Auch Wasserwege sind in dieser Landschaft unbedeutend, die sich in der Runensteintradition vielleicht eher an Dänemark orientiert, zu dem es bis in das Mittelalter zählte. Nördlich von Skåne liegt das dicht bewaldete Småland, mit 51 Runensteinen am ursprünglichen Standort wurden hier besonders viele Steine in der Landschaft bewahrt. Sie stehen im Vergleich zu Uppland oder Södermanland häufiger an infrastrukturellen Anlagen, dafür seltener an Gräbern, wobei betont werden muss, dass trotzdem 43% der Runensteine ein Gräberfeld in diesem Umkreis haben. Vielleicht ist dies auch Produkt dessen, dass Småland archäologisch noch weitgehend unentdeckt ist,216 sicher sind noch einige Gräberfelder in den dichten Waldgebieten des småländischen Hochlandes zu erwarten. Nordöstlich von Småland liegt Östergötland, mit 39 Runensteinen am ursprünglichen Standort ähnlich in der Anzahl vertreten wie das genau westlich gelegene Västergötland mit 38 Steinen. In Östergötland stehen die 216
Hansson 1998, S. 49.
Archäologische Untersuchungen
133
meisten Runensteine am Gräberfeld, doch auffallend viele auch an Wasserwegen. Auch archäologisch untersuchte Wege kommen häufiger an den Runensteinen Östergötlands vor, möglicherweise ein Ergebnis der ausgedehnten Kulturlandschaftsforschung in der offenen Götalandschaft. Den auffälligsten Wert bilden jedoch die 28% der Runensteine, die an Kirchspielgrenzen stehen, im Vergleich zu anderen Landschaften besonders hoch. Die letzte Landschaft, die sich vom Durchschnitt abhebt, ist das mittelschwedische Västmanland. Nur ein Viertel der Runensteine stehen an Gräbern, ein besonders niedriger Wert im Vergleich zu allen anderen Landschaften. Dagegen sind die Werte für Wasserläufe, Brücken und Wege hier deutlich höher. In Västmanland hat man Runensteine im Gegensatz zu anderen Landschaft eher an infrastrukturellen Anlagen und weniger an Gräberfeldern errichtet. Hier finden sich auch besonders viele Brückensteine. Eine Gruppierung der Landschaften fällt schwer, allerdings ist auffällig, dass Västergötland den Landschaften um den Mälarsee näher steht als beispielsweise Östergötland. Uppland, Södermanland und Västergötland bilden eine Einheit in Bezug auf die Runensteinsitte, die meisten Runensteine stehen an Gräberfeldern, andere Kategorien sind eher seltener vertreten. Während Skåne einem ganz anderen Muster als alle anderen Landschaften folgt, kann man auch in Blekinge, Bohuslän und Gotland Gemeinsamkeiten sehen. Jeweils die Hälfte der Steine steht an Gräbern, vorgeschichtliche Siedlungsplätze kommen häufiger vor. Öland, als zweite Ostseeinsel oft mit Gotland verglichen, ist ebenfalls ähnlich. Östergötland ähnelt sehr stark den oben genannten mittelschwedischen Landschaften, allerdings entsprechen die vielen Wasserwege eher dem südlichen Nachbarn Småland. Vielleicht sollte man tatsächlich das südwestliche und das nordöstliche Östergötland unterscheiden, wie Lager es in ihrer Dissertation aus dem Jahr 2002 vorschlägt.217 Besonders in Östergötland ist außerdem die Anbindung an Kirchspielgrenzen und die große Anzahl archäologisch nachgewiesener Wege auffallend hoch. In Småland stehen Runensteine im Vergleich zu anderen Landschaften seltener an Gräbern, was in dem nur schlecht untersuchten småländischen Hochland vermutlich Produkt unzureichender Forschung ist. In Västmanland dominieren infrastrukturelle Anlagen eindeutig vor Gräberfeldern, was diese Landschaft von allen anderen unterscheidet. In Medelpad und Närke überwiegen Gräber mit 80% bzw. 67% eindeutig.
217
Lager 2002, S. 93 ff.
134
Archäologische Untersuchungen
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bei allen Landschaften mit Ausnahme von Skåne, Hälsingland, Jämtland, Värmland und Västmanland Gräberfelder als der am häufigsten gewählte Standort für den Runenstein dominieren.218 Sie entsprechen damit alle dem Ergebnis, welches die archäologische Untersuchung als Hauptergebnis erbrachte. Die Runensteinerrichter bevorzugen in allen Landschaften ähnliche Standorte, mit Ausnahme von Skåne, das in der Runensteintradition eher dem dänischen Muster folgt und Västmanland, wo Runensteine am häufigsten an infrastrukturellen Anlagen errichtet wurden.
218
In Småland ist der Wert von Bach, Fluss 49% und Gräber 43% ähnlich hoch.
3 Chronologie 3.1 Relative Chronologie Der größte Teil der Runensteine wird in Schweden dem 11. Jahrhundert zugewiesen, bei einer genaueren Datierung herrscht jedoch Unsicherheit. Die genaue Datierung der Runensteine bereitet gegenwärtig noch Probleme, denn auch, wenn diesem Thema bereits viele Arbeiten gewidmet wurden, konnte immer wieder nur festgestellt werden, dass ein solcher Datierungsversuch nie eindeutig und absolut sicher sein kann.1 Insbesondere die vielen Neufunde verändern und erweitern bereits bekannte Chronologien.2 Eine zeitliche Abstufung der Runensteine kann auf unterschiedlichen Argumenten beruhen und entsprechend unterschiedliche Ergebnisse erbringen. Naturwissenschaftliche Methoden zur Datierung des Steinmaterials können nicht benutzt werden, da man Stein nicht direkt datieren kann und außerdem das Alter des Steins für den Zeitpunkt der Anbringung der Runenschrift völlig irrelevant ist. Eine Datierung des Inschriftenträgers ist daher nur bei archäologischen Objekten sinnvoll, doch auch hier ist eine Datierung höchst unsicher, denn sie erfolgt zumeist auf der Basis der Typologie des Gegenstandes, der den Herstellungszeitpunkt des Inschriftenträgers ergibt, nicht jedoch den Zeitpunkt seiner Beritzung. Neben der archäologischen Datierung kann auch der sprachliche Wandel Runeninschriften datieren und wird in den meisten Untersuchungen als Grundlage einer Datierung angegeben.3 Eine sprachliche Datierung, die ebenfalls nur ungefähre Daten liefern kann, erfolgt anhand von Sprach- und Zeichenentwicklung.4 Die Zeichenentwicklung bezieht sich dabei auf die 1
2
3 4
Einen ersten Überblick in das Thema gibt der Sammelband Innskrifter og datering. Dating Inscriptions, herausgegeben von Audun Dybdahl und Jan Ragnar Hagland (Dybdahl / Hagland 1998). Er beschäftigt sich nicht nur mit der Datierung von Runensteinen sondern insgesamt dem runischen Fundmaterial. Zuletzt wurde dies von Marie Stoklund nochmals betont, da gerade in der dänischen Chronologie oftmals mit veralteten Datierungen unreflektiert gearbeitet wird (Stoklund 2006, S. 377). Siehe dazu Düwel 2003b und dort angegebene Literatur. Hagland 1998, S. 9.
136
Chronologie
einzelne Runen, das Runenzeichen und dessen Formentwicklung. Die Sprachentwicklung bezieht sich auf die Sprache, die durch die einzelnen Runenzeichen wieder gegeben wird. Am deutlichsten sichtbar ist die Zeichenentwicklung am Übergang von Älterem zu Jüngerem und von Jüngerem zu Mittelalterlichem Futhark, wobei eine Zeichenreduktion und Umgestaltung einzelner Runenzeichen erfolgte5. Die Sprache entwickelte sich spätestens im 8. Jahrhundert vom Urnordischen zum Altnordischen,6 wobei auch hier nur eine ungefähre Zeitangabe erfolgen kann und immer mit regionalen Besonderheiten und Ausnahmen zu rechnen ist, insbesondere deshalb, weil die zum größten Teil nur gesprochene Sprache keiner Normierung unterlag. Schließlich bleibt zur Datierung noch der Inhalt der Inschriften, die durch historische Ereignisse und Personen in seltenen Fällen zeitlich eingeordnet werden können. Allerdings erfolgt auch hier die Datierung nur vage, Steine, die beispielsweise nach der Expedition von Ingvar errichtet wurden, datieren entsprechend, während das genaue Datum der Expedition, die mehrere Jahrzehnte dauerte, ebenso unbekannt ist wie die Beantwortung der Frage, wie viele Jahre danach die Steine errichtet wurden. Auch genealogische Untersuchungen können Runensteine nicht datieren, sondern höchstens eine Zeitabfolge geben. Wird ein Stein von einem Sohn nach dem Vater gesetzt und ein weiterer Stein von der Ehefrau dieses Sohnes nach ihrem Mann, ist die relative Chronologie klar ersichtlich, die absolute dagegen nicht.
3.2 Stilchronologie Anne-Sofie Gräslund weist die gängigen sprachlichen, historischen und genealogischen Datierungen als zu unsicher ab.7 Sie unterteilt, aufbauend auf den Studien von Claiborne Thompson, die mittelschwedischen Runensteine zunächst in zwei Gruppen:8 Die erste Gruppe ist der Typ Fågelperspektiv (Fp), wo die Runenschlinge in der Draufsicht dargestellt wird 5
6 7 8
Obwohl über diesen Zeichenwandel viel diskutiert wurde, kann man in der Forschung hier keine einheitlichen Jahreszahlen lesen, ungefähr fällt der Übergang des Älteren zum Jüngeren Futhark jedoch in die Zeit um 800, der Übergang vom Jüngeren zum Mittelalterlichen Futhark um 1200 (Hagland 1998, S. 10 f.). Stoklund gibt an, dass erste Sprachveränderungen hin zum Jüngeren Futhark bereits in den Inschriften der Brakteaten sichtbar seien (Stoklund 2006, S. 364). Ranke / Hofmann 1988, S. 11. Gräslund 1991b, S. 113 f. Gräslund 1991b, S. 115 ff.
Chronologie
137
und entsprechend beide Augen des Runentieres sichtbar sind.9 Die zweite vorgestellte Gruppe sind Runensteine mit komplizierter Ornamentik, deren stilistische Parallelen am ehesten im Urnesstil zu finden sind.10 Diese Steine datiert Gräslund als besonders spät und gibt an, dass möglicherweise bereits viele dieser Steine ihren ursprünglichen Standort in Kirchen oder auf Friedhöfen hatten.11 Aufgrund stilistischer Ähnlichkeit zu datierbaren Fundstücken erhält Gräslund somit eine Stilchronologie. Ein Jahr später erweiterte Gräslund diese und erarbeitet für die mittelschwedischen Runensteine eine Stilchronologie in fünf Gruppen.12 Die Einteilung geht zunächst von der gesamten Ornamentik des Runensteins aus, ergänzt durch eine detaillierte Betrachtung des Runentiers in Bezug auf dessen Kopf- und Fußform, den Abschluss und die Form der Runenschlinge, Musterkonstruktion und Gesamteindruck. Die daraus entstandenen fünf Stilgruppen werden von Gräslund Pr 1–Pr 5 genannt.13 Die Runenstein-Chronologie wurde neben der Stilabfolge durch genealogische Steine und datierbare Objekte mit ähnlicher Ornamentik überprüft. Überlagerungen der einzelnen Gruppen aufgrund von lokalen und persönlichen Gründen der Auftraggeber und Ritzer sowie einer absichtlichen Imitation älterer Stile kommen dabei vor. Die Datierung der Runensteine nach Gräslund auf Basis einer Stilchronologie sieht wie folgt aus:14 Pr 1: ca. 1010–1040 Pr 2: ca. 1020–1050 Pr 3: ca. 1045–1075 Pr 4: ca. 1070–1100 Pr 5: ca. 1100–1130 Fp: gleichzeitig mit Pr 1 und Pr 2, ca. 1010–1050 Diese Chronologie wurde zunächst nur für die mittelschwedischen Runensteine entwickelt, kann jedoch auch auf andere Landschaften übertragen werden, sofern sich Aspekte der von Gräslund als Datierungsgrundlage herangezogenen Ornamentik auf den jeweiligen Steinen finden. Als Beispiel erarbeitete Gräslund selbst eine Runensteinchronologie für die südschwedische Landschaft Småland.15 9 10 11 12 13 14 15
Gräslund 1991b, S. 115. Gräslund 1991b, S. 125 ff. Gräslund 1991b, S. 133. Gräslund 1992a. Gräslund 1992a, S. 178 ff. nach Gräslund 1998, S. 86. Gräslund 2002a.
138
Chronologie
Problematisch bei dieser Form der Datierung ist die Frage, ob die Ornamentik des Steins tatsächlich einer zeitlichen Mode oder dem persönlichen Geschmack des Auftraggebers oder der Kunstfertigkeit des Ritzers unterliegt. Auch wenn dies in einigen Fällen zu Überschneidungen der Stile führt, argumentiert Gräslund jedoch, dass die Ornamentik der Runensteine einer Mode unterliegen, deren Phasen datierbar sind.
3.3 Standortchronologie Für die vorliegende Arbeit ist eine chronologische Einordnung der Runensteine wichtig, um zu zeigen, ob möglicherweise gewisse Standorte zu ausgesuchten Zeiten bevorzugt wurden. Auf Basis der von Gräslund entwickelten Chronologie wurden daher alle Runensteine, die sich noch am ursprünglichen Standort befinden, chronologisch eingeteilt. Die zeitliche Verteilung der Runensteine zeigt, dass zu Beginn und Ende des 11. Jahrhunderts jeweils eine besonders hohe Runensteinproduktion zu verzeichnen war.16 Während die Produktion von Runensteinen in Dänemark und Norwegen zu Beginn des 11. Jahrhunderts endete, wurden gerade die vielen uppländischen Runensteine erst in den Jahren 1070–1100 errichtet.17 Innerhalb Schwedens ergeben sich daher unterschiedliche Produktionsgruppen. Lager konnte auf Basis der Stilchronologie Gräslunds nachweisen, dass die südschwedischen Runensteine (Västergötland, Småland, Östergötland) hauptsächlich um das Jahr 1000 errichtet wurden. Ab ca. 1020 bis 1050 war die Produktion in den eher abgelegen Landschaften Gästrikland, Hälsingland, Medelpad und Jämtland am stärksten, etwas später auf Gotland. Die Runensteinproduktion schließt in Uppland und Södermanland mit einem Schwerpunkt in den Jahren 1070–1100 ab.18 Daher soll im Folgenden für die 730 Runensteine, die noch am ursprünglichen Standort stehen, untersucht werden, ob eine chronologische Abfolge der Standorte vorliegt. Dazu wurden die Standorte Gräber, Bach/ Brücke, Steine, und Kirche exemplarisch untersucht und nach Zeiten getrennt miteinander verglichen. Als Vergleich wurde außerdem noch angeführt, welche Runensteine keine Denkmäler in diesem Umkreis haben und welche Runensteine in der Nähe von bronzezeitlichen Denkmälern stehen. Für diesen Vergleich wurden die archäologischen Denkmäler, die sich im Umkreis von 400 m um den Runenstein befinden, in die 16 17 18
Lager 2002, S. 89. Ibid. Lager 2002, S. 93 f.
139
Chronologie
Untersuchung einbezogen und zeitlich gegliedert. Die Auswertung fand nach den von Gräslund vorgegebenen wikingerzeitlichen und mittelalterlichen Stilgruppen statt, frühere Runensteine wurden grob in die Zeiträume 200–500, 500–700 und 700–900 eingeteilt. Die einzelnen Datierungen der Runensteine wurden der Datenbank Rundata Version 2.0, der Datenbank Mälsten 19 und SRI entnommen. Für Runensteine im Älteren Futhark wurden die Angaben aus Krause/Jankuhn 1966 (KJ) benutzt, ergänzt durch Informationen des Kieler Runenprojektes.20 Wenn es insgesamt zu unterschiedlichen Datierungen kam, wurden die Angaben aus Rundata bevorzugt, da es sich dabei um die aktuellste chronologische Einteilung für Runensteine im Jüngeren Futhark handelt. Untersuchungen zu einzelnen Steinen und eine eventuell dort vorgestellte abweichende Datierung konnten nicht beachtet werden. Eine zeitliche Einteilung der 730 Runensteine am ursprünglichen Standort sieht wie folgt aus: Jahr
19
20
Stilgruppen Gräslund
Steine gesamt
Anteil in %
200–500
3
0,5
500–700
6
1
700–900
4
0,5
900–1000
3
0,5
985–1010
RAK
102
14
985–1050
RAK–Pr 1
9
1
1010–1040
Pr 1
27
4
1010–1050
Fp
98
13
1020–1050
Pr 2
61
8
1020–1080
Pr 2–Pr 3
16
2
1050–1080
Pr 3
94
13
1050–1100
Pr 3–Pr 4
28
4
1070–1100
Pr 4
156
21
Databas Mälsten, entstanden aus dem Projekt Mälardalens Runstenar unter Leitung von Anne-Sofie Gräslund und Frands Herschend, Arkeologiska Institutionen, Uppsala Universitet. Mein besonderer Dank gilt Anne-Sofie Gräslund für die Bereitstellung und eine Einführung in diese Datenbank. Runenprojekt Kiel. Sprachwissenschaftliche Datenbank der Runeninschriften im Älteren Futhark unter der Leitung von Prof. Dr. Edith Marold und (seit 2004) Dr. Christiane Zimmermann. Im Internet abrufbar unter www.runenprojekt.uni-kiel.de (Stand 2007). Herzlichen Dank an Ute Zimmermann für vielfache Hilfestellungen in diesem Zusammenhang.
140
Chronologie
Jahr
Stilgruppen Gräslund
Steine gesamt
Anteil in %
Pr 5
22
3
Wikingerzeit (8.–12. Jh.)
87
12
Mittelalter (12.–16. Jh.)
3
0,5
Neuzeit (ab 16. Jh.)
2
–
nicht datierbar
9
1
730
100%
1100–1135 21
Gesamt
Tab. 29: Datierung der Runensteine am ursprünglichen Standort.
Insgesamt stehen 730 Runensteine am ursprünglichen Standort für diese Untersuchung zu Verfügung. Runensteine der Völkerwanderungs- und Vendelzeit machen nur einen sehr geringen Anteil am Gesamtvolumen von ca. 2% aus. Die meisten Steine stammen aus der Zeit von 1070–1100, wobei es sich hier fast ausschließlich um uppländische Steine handelt. Nur neun Steine konnten nicht datiert werden. Zur Erstellung einer Zeitabfolge wurden die sich überschneidenden Stilgruppen später zusammengefasst. Die Verteilung der Denkmalgruppen wird in der folgenden Tabelle dargestellt, alle Angaben erfolgen in Prozent. Für den Untersuchungsradius von 400 m ergibt sich die folgende Tabelle: Zeit 200–500 500–700 700–900 900–1010 1000–1050 1050–1100 1100–1200
Gräber 100 100 50 82 83 80 67
Bach
Steine 67 83 75 62 66 61 63
33 17 0 20 34 41 42
Kirche fundleer 0 0 0 11 4 1 0
0 0 0 2 1 3 4
Bronzezeit 33 0 0 10 11 13 13
Tab. 30: Auswertung 400 m in Prozent.
21
Steine, die keine sichere Grundlage für eine Stildatierung liefern konnten, weil sie beispielsweise nur fragmentarisch erhalten sind, wurden aufgrund ihres Gesamteindrucks in Wikingerzeit, Mittelalter und Neuzeit unterteilt.
Chronologie
141
Da die Mehrheit der Runensteine an Gräbern steht, ist dies auch erwartungsgemäß in dieser Untersuchung die stärkste Gruppe. Zu allen Zeiten steht mindestens die Hälfte der Runensteine an Gräbern, Steine im Älteren Futhark sogar ausschließlich, während in der Zeit zwischen 700 und 900 nur die Hälfte der Steine an Gräbern steht. Die Zahlen und Ergebnisse der Jahre 200–900 sollten jedoch nicht allzu leichtfertig benutzt werden, da in diesen Zeitraum von 700 Jahren nur 13 der 730 Runensteine einzuordnen sind und somit jeder Neufund das Ergebnis deutlich korrigieren könnte. Die Materialgrundlage für diesen zeitlichen Bereich ist so gering, dass eine allgemeingültige Aussage hier nicht zu treffen ist. Ab dem Jahr 900 ist die Bindung der Runensteine an Gräber sehr deutlich. Erst im 12. Jahrhundert nimmt sie ab, möglicherweise entsprechend der Theorie von Gräslund, dass die Runensteine der Gruppe Pr 5 von Beginn an dafür vorgesehen waren, in sakralen Gebäuden und auf christlichen Friedhöfen aufgestellt zu werden.22 In dem Zeitraum zwischen 1020 und 1050 haben sogar 90% der Runensteine im Umkreis von 400m ein Gräberfeld. Auch eine Verbindung zu Bach, Weg und Brücke kann hergestellt werden, die gerade in den Jahren 200–900 hoch ist. Der Wert bleibt ab 900 konstant und schwankt nur leicht im Bereich von 60%. Anders ist das Verhältnis bei weiteren Steinen, die zusammen mit den Runensteinen, bzw. in deren Kontext Runensteine errichtet werden. Dieser Standort für einen Runenstein wird erst im Lauf der Zeit beliebt und erreicht seinen Höhepunkt zu einer Zeit, als die Runensteine seltener werden und an den meisten Orten bereits von Grabsteinen verdrängt wurden. Am Ende des 11. Jahrhunderts und zu Beginn des 12. Jahrhunderts findet man besonders viele Runensteinensembles. Dies könnte einerseits eine veränderte Tradition sein, die den Runenstein frei sichtbar als Steinmonument in Kombination mit weiteren Steinen offen in der Landschaft platziert. Möglich wäre auch, dass die hohe Runensteinproduktion dieser Zeit es unumgänglich macht, dass Steine an Orten errichtet werden, wo bereits andere Steine standen. Die hohe Anzahl der Steinensembles zum Ende der Wikingerzeit geht daher mit großer Wahrscheinlichkeit auf die hohe Gesamtzahl der Runensteine zurück und wird daher nicht als eine neu aufkommende Mode in Bezug auf die Standortwahl angesehen. Die Verbindung von Runensteinen und Kirchen ist in der archäologischen Auswertung zu Beginn dieser Arbeit als nicht relevant herausgearbeitet worden, da sich nur wenige Runensteine im Kontext von Kirchen befinden, wenn sie noch am ursprünglichen Standort stehen. Es kann eher davon ausgegangen werden, dass man Runensteine im Kontext einer 22
Gräslund 1991b, S. 133.
142
Chronologie
Kirche später in diese gebracht hat. Trotzdem erscheint es sinnvoll, auch diese wenigen Belege für den Zusammenhang zwischen Runenstein und Kirche zeitlich einzuordnen, denn dieses zeitliche Verhältnis kann zu neuen Indizien in der Frage nach dem Verhältnis von Runenstein und Kirche führen. Die Untersuchung erbringt ein überraschendes Ergebnis, denn nur in dem kleinen Zeitfenster um die Jahrtausendwende findet man die Kombination von Kirche und Runenstein. In dem untersuchten Zeitraum von über 1000 Jahren (200 bis in das Mittelalter) sind es gerade die wenigen Jahre um 1000, in denen über 1/10 aller Runensteine am ursprünglichen Standort im Kontext einer Kirche stehen. Direkt anschließend wird die Zahl wieder geringer, vorher gibt es überhaupt keine Verbindung. Werden jüngere Steine eher in der Kirche vermauert, während man ältere Steine an ihrem Platz stehen lässt? Zum Vergleich sollte an dieser Stelle außerdem angeführt werden, welche Runensteine ohne weitere archäologische Denkmäler in der Landschaft stehen und ob es hier zeitliche Schwerpunkte gibt. Die Tabelle zeigt, dass in einem Umkreis von 400m um den Runenstein nur wenige Steine tatsächlich allein stehen, dies ist meist darauf zurückzuführen, dass die Umgebung der betreffenden Steine bereits in der frühen Neuzeit bebaut und verändert wird. Es zeigt sich, dass zu keiner Zeit der Runenstein als isoliertes Denkmal in der Landschaft errichtet wurde. Zum Ende der Runensteinsitte steigt der Wert langsam an, konträr zu der Feststellung, dass aufgrund der besonders vielen uppländischen Steine es zu möglichen Platzproblemen kam. Ein weiterer Vergleich ist die Verbindung von Runensteinen zu Orten, die bereits zur Zeit der Errichtung der Steine „historisch“ waren, da sie bereits mit Monumenten der Vergangenheit ausgestattet waren. Damit ist die häufige Verbindung von Runensteinen zu bronzezeitlichen Felszeichnungen und Schalengruben gemeint, die noch bis in die Neuzeit als Opferplätze dienten und in denen man Speisen deponierte. Ob sie dabei als Monumente der Vorzeit oder als Bestandteil der eigenen Gegenwart wahrgenommen wurden, ist heute nicht mehr zu entscheiden. Die zeitliche Abfolge zeigt, dass bronzezeitliche Strukturen eher zum Ende der Runenstein-Zeit als Standort attraktiv waren. Ob man zu dieser Zeit ein besonderes Bedürfnis nach Identität und dem Bezug zur eigenen Vergangenheit hatte?
Chronologie
143
3.4 Zusammenfassung Die einzige Entwicklung, die wirklich ein Produkt veränderter Zeiten und Traditionen sein könnte, ist die Beobachtung, dass die ältesten Steine vornehmlich an Bach, Brücke oder Weg stehen, während das Gräberfeld etwas weiter entfernt ist, und die jüngeren Steine der Wikingerzeit unmittelbar am Gräberfeld stehen, während Bach, Brücke oder Weg etwas entfernt bzw. überhaupt nicht mehr wichtig sind. Insgesamt dominiert die Anbindung an Gräberfelder durch alle Jahrhunderte der Runensteinerrichtung, ein Ansteigen von Steinensembles im ausgehenden 11. Jahrhundert lässt sich vermutlich auf die vermehrte Produktion der Runensteinproduktion in einem begrenzten Gebiet (Uppland) zurückführen. Besonders in der ausgehenden Wikingerzeit wurde beobachtet, dass man die Runensteine häufig in einiger Entfernung zu Monumenten der Bronzezeit errichtet, während man zur Jahrtausendwende eine Kombination von Kirche und Runenstein beobachten kann. Mit der ausgehenden Runensteinsitte nimmt die Tradition, diese an Gräbern zu errichten, um mehr als 10% ab. Die einzige anhand der Chronologie erkennbare Tendenz wäre somit, dass mit der ausgehenden Runensteinsitte in Uppland Gräberfelder an Bedeutung verlieren und schließlich die Sitte vollständig zum Erliegen kommt. Stattdessen werden die Steine an Plätzen errichtet, an denen sich keine anderen Denkmäler befinden. Die absolute Anzahl von Steinen, die jünger als 900 sind, ist insgesamt zu gering, um hier sinnvolle Aussagen treffen zu wollen.
4 Sprachliche Untersuchung 4.1 Die Inschriften In der Übersicht zur Forschungsgeschichte wurde kritisch angemerkt, dass, sofern der Standort der Runensteine überhaupt eine Rolle spielte, eine Antwort aus rein archäologischen Gesichtspunkten gegeben wurde. Eine statistische archäologische Grundlagenstudie wurde im vorherigen Kapitel erarbeitet. Als einzigartige Denkmäler sind Runensteine jedoch nicht nur archäologischer Befund, sondern außerdem mit einer Inschrift versehen. Daher liegt es nahe, auch diese Inschriften zur Standortbestimmung bei Runensteinen einzubeziehen. Das Untersuchungsgebiet der vorliegenden Arbeit ist das moderne Schweden und entsprechend werden alle Runeninschriften berücksichtigt, die in den schwedischen Landschaften bislang entdeckt und publiziert wurden. Insofern unterscheidet sich die sprachliche Analyse von der archäologischen Bearbeitung des Materials, da in den voran gegangenen Untersuchungen nur diejenigen Runensteine berücksichtigt werden konnten, die sich am ursprünglichen Standort befinden. Es wurden allerdings nur Runensteine und deren Inschriften untersucht1, mobile Inschriftenträger sowie mittelalterliche (Grab-) Inschriften werden auch in dieser Analyse beiseite gelassen. Es ergibt sich eine Materialgrundlage von 2 654 Runensteinen mit Inschriften. Die Wiedergabe von Inschrift und Normalisierung erfolgt auf Grundlage des Programms Rundata, Version 2.0, die deutsche Übersetzung wurde von mir angefertigt, wenn nichts anderes angegeben ist. Mögliche Ungenauigkeiten in der Analyse können dadurch hervorgerufen werden, dass einige Inschriften nur fragmentarisch überliefert und relevante Wörter daher nicht erhalten sind. Andere Steine sind heute verloren und die Transkriptionen möglicherweise unvollständig oder fehlerhaft. Die Materialgrundlage bringt auch mit sich, dass die Hälfte des zugrunde liegenden Materials aus der Landschaft Uppland stammt und somit lokale Besonderheiten in einem Gesamtüberblick irreführend sein können. Dies muss in einer späteren Analyse bedacht werden. 1
Mehr dazu unter Kapitel 1.9.
Sprachliche Untersuchung
145
4.2 Inschriften und Denkmäler Während Inschriften im Älteren Futhark schwer zu deuten sind und teilweise nur aus ein bis zwei Wörtern bestehen, sind die Inschriften der Wikingerzeit länger, aber zumeist formelhaft. Sie beinhalten in der Regel Aussagen zum Errichter und zu der Person, für die der Stein aufgestellt wurde. Einige Inschriften geben darüber hinaus noch an, welcher Runenmeister den Stein hergestellt hat, wie das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen Errichter und Gepriesenem ist oder wo der Gepriesene verstarb. Auch Glaubensformeln kommen auf Runensteinen vor. Neben diesen standardisierten Elementen gibt es aber auch Besonderheiten, die einige Inschriften von anderen unterscheiden, dazu zählen auch Angaben darüber, wo der Runenstein errichtet wurde bzw. errichtet werden sollte. Bei der Überprüfung der Inschriften konnte festgestellt werden, dass auffallend viele Runeninschriften die bekannte Formel „X errichtete den Stein für Y“ erweitern, indem sie angeben, an welchem Ort der Runenstein stehen soll. Diese Information wird ganz unterschiedlich gegeben und kann entsprechend nicht als „Standortformel“ angesprochen werden2. Dies ist sicher auch ein Grund dafür, dass die Angaben zum Standort des Runensteins in der Inschrift bislang nicht systematisch untersucht worden sind. Das formelhaft klingende hér mun standa begegnet uns nur in wenigen Inschriften, stattdessen wird der Standort eher durch ein den Standort beschreibendes Substantiv (beispielsweise Brücke) zusammen mit einem Demonstrativpronomen angezeigt. Der Standort des Runensteins war für die Errichter also so wichtig, dass sie ihn zum Teil sogar in der Inschrift selbst benannt haben. Diese Standortbeschreibungen sollen in der folgenden Analyse vorgestellt und untersucht werden. Neben einer ausführlichen Darstellung von Wörtern und Inschriften erfolgt daher auch eine Übersetzung des jeweiligen Wortes. Die Wörter werden dabei in zwei Gruppen unterteilt: 1) Substantive, die sich auf andere Denkmäler beziehen 2) Substantive, die sich auf den Runenstein selbst in möglicher Kombination mit anderen Denkmälern beziehen Dabei ist es zunächst unerheblich, ob solche Denkmäler archäologisch bislang erfasst wurden bzw. erfassbar sind. Neben von Menschen gemachten Denkmälern werden auch natürliche oder nicht materiell fassbare Denkmäler in die Untersuchung aufgenommen, beispielsweise Berge oder 2
Die Formulierung hér mun standa könnte möglicherweise als Formel gedeutet werden oder sich auf einen anderen, ansonsten nicht überlieferten Text beziehen.
146
Sprachliche Untersuchung
heilige Plätze, wenn dies in den Inschriften benannt wird. Unter Berücksichtigung möglicher Adverbien und Pronomen wird untersucht, ob ein konkreter örtlicher Zusammenhang aus der Inschrift hervorgeht. Zur zweiten Substantivgruppe zählen Wörter, die in der Inschrift den Runenstein selbst bzw. das gesamte vom Errichter konzipierte Monument beschreiben. In der Regel wird der Runenstein als steinn bezeichnet. Für insgesamt 1 424 Inschriften ist die Verwendung von steinn als Bezeichnung für den Runenstein belegt.3 Seltener wird steinn durch andere Substantive ersetzt und denkbar wäre, dass diese anderen Substantive dabei nicht nur den Runenstein, sondern das gesamte Monumentensemble zusammen mit anderen Denkmälern beschreiben oder zumindest Hinweise auf die den Runenstein umgebenden Denkmäler geben. Alle in Frage kommenden Substantive werden daher in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt. Zur Übersetzung dieser Wörter wird neben altwestnordischen Wörterbüchern auch der Sprachstand des Altschwedischen befragt, zum Teil auch ein älterer Sprachstand als die Inschriften selbst angegeben, um sicher zu stellen, dass alle möglichen Übersetzungen für die angeführten Wörter benannt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Orthographie der Runeninschriften nicht mit einer tradierten Schriftsprache verglichen werden kann, es kommen viele lokale Schreibvarianten vor und auch Ritzfehler sowie Auslassungen müssen bei einer Interpretation der Wörter beachtet werden. Neben den Substantiven selbst werden auch die begleitenden Pronomen und andere Wörter im Zusammenhang mit dem zu untersuchenden Begriff betrachtet. Ein Demonstrativpronomen in Verbindung mit dem zu untersuchenden Substantiv gilt dabei als Hinweis dafür, dass damit ein Denkmal gemeint ist, welches sich auch räumlich bei dem Runenstein befunden hat. Durch Zusatz des zusammengesetzten Demonstrativpronomens sjá mit einem Substantiv (z.B. brú) ergibt sich die Formulierung þessa brú (Akk. Sg. f.), die eine Erweiterung des Substantivs ist und den Wortsinn dahingehend verändert, dass damit kein beliebiges sondern ein bestimmtes Denkmal gemeint ist. Während also einige Inschriften lediglich vom Bau einer Brücke sprechen, wird in anderen Inschriften explizit gesagt, dass es sich um d i e s e Brücke handelt, die Brücke, die auch räumlich bei dem Runenstein zu finden war. Neben den Demonstrativpronomen ist auch das Adverb hér ‘hier’ zu nennen, welches in einer Runeninschrift ebenfalls den Standort bestimmen kann, indem nicht nur die Rede von einer Brücke irgendwo ist, sondern von einer Brücke, die hier, unmittelbar an dem Ort, wo man auch die Inschrift lesen kann, gebaut wurde. Daher wird in der 3
Peterson 2006, S. 73 ff.
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Analyse der Inschriften großen Wert auf Pronomen und Adverbien gelegt, aber auch andere Besonderheiten der Inschrift, sofern sie in Zusammenhang mit dem Standort des Runensteins stehen können, werden untersucht und bewertet. Es muss jedoch auch ausdrücklich gesagt werden, dass Demonstrativpronomen, Adverbien und andere das Substantiv erweiternde Wörter nicht ausschließlicher Beweis für eine örtliche Verbindung von Runenstein und Denkmal sind. Die gebräuchlichste Bezeichnung für den Runenstein, das Substantiv steinn m. wird häufig durch Demonstrativpronomen ergänzt, kann jedoch auch durchaus ohne diese stehen und bezeichnet dennoch den Runenstein selbst. Daher darf eine Verbindung von Runenstein und Denkmal nicht abgewiesen werden, wenn Adverb oder Demonstrativpronomen fehlen. Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, stellen jedoch keine Regel dar. 4.2.1 aurr m. In drei Fällen ist auf Runeninschriften vermutlich von einem aurr m. die Rede, was in den gängigen Wörterbüchern mit ‘sandiger Boden’4 oder ‘mit Stein untermischter Sand’5 oder ‘Kiesel, Sandboden’6 übersetzt wird.7 In der ørvar-Odds saga wird aurr als Bezeichnung für etwas verwendet, das am ehesten Kieselsteinen entsprechen könnte, ein Material, das in seiner Beschaffenheit genau zwischen Stein und Sand liegt.8 In der Gylfaginning 16 ist zu lesen, dass um den Brunnen der Nornen aurinn 9 zu finden ist.10 In der Dichtung verwendet man das Wort auch als Bezeichnung für die Alben.11 Im Bergbúaþáttr 3 wird aurs epli als Kenning für Steine benutzt,12 in Alvíssmál 10 ganz allgemein für die Erde. Viele Ortsnamen mit aurr als 4 5 6 7
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Baetke 2005, S. 35. de Vries 1962, S. 20; Fritzner 1973, I, S. 99. LexPo, S. 23 f. de Vries (1962, S. 20) gibt als weitere Übersetzungsmöglichkeiten des Begriffs ausgehend von schw. dial. örja = Sumpf ‘Feuchtigkeit, Nässe’ an, wobei dies im Kontext der Runeninschriften keinen Sinn ergeben würde. Eine dritte Übersetzungsmöglichkeit nach de Vries (1962, S. 20) ist ‘Glanz’, ausgehend von urgerm. *auzom ‘Glanz, glänzende Flüssigkeit’. ONP 2000, S. 824. Eine populäre Edda-Übersetzung von Simrock verdeutlicht, wie unsicher das Wort aurr ist, er übersetzt beispielsweise mit ‘Dünger’ (Simrock 1995, S. 274). Häny (1990, S. 42) übersetzt aurr in diesem Kontext mit ‘nasser Schlamm’. Faulkes 1982, S. 19. LexPo, S. 24. LexPo, S. 24.
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Erstglied sind bekannt, beispielsweise das Dorf Aura in Südmöre/Norwegen oder der Fluss Aurá auf Island.13 Im mittelalterlichen Schwedisch ist fiskis ör f. belegt, der eine Sandbank mit guten Fischgründen bezeichnet.14 In hauptsächlich nord- und ostschwedischen Dialekten bezeichnet Ör einen Steingrund oder eine Sandbank, das germ. Grundwort ist *aura- ‘Kiesel, Stein’.15 In Orts- und Gewässernamen ist diese Etymologie nachvollziehbar, beispielsweise bei dem schwedischen Seenamen Örlen. Gerade bei Ortsnamen (z.B. Örebro) ist jedoch unsicher, ob die Herleitung von aurr oder eyrr (‘Insel’) vorzuziehen ist.16 Um eine sinnvolle Übersetzung des Wortes zu erhalten, folgt nun der Blick auf die einzelnen Inschriften: Als erste Inschrift verwendet U 996 das Substantiv aurr in folgendem Kontext: ainkriþ × auk × in[k]ik[i]r * l[i]tu × r[i]sa × stin * auk ‚ kera ‚ aur ‚ u(t)a (i) (s)u[n]ti ‚ iftiR ‚ þuri ‚ faþur [s]in ‚ þur-- ...(t) ‚ kira ‚ siluaus ‚ iftR ink-[þu]ru × kunu * sina ‚ auk ‚ iftR ‚ -(a)(r)tu iaR17 Die beiden Töchter haben nach ihrem Vater draußen im Sund ein aurr gemacht. Die Herleitung des Wortes und die unterschiedlichen Übersetzungen geben gemeinsam an, dass es sich um ein natürliches Gebilde handelt, welches am ehesten aus Steinen und Sand besteht. Wie soll man sich daher eine Sand- oder Steinfläche im Sund vorstellen? Es handelt sich dabei vermutlich um eine Furt. Eine Furt ist eine seichte Stelle in einem Gewässer, die man durchqueren kann, häufig wird sie leicht befestigt, damit der Sand nicht fortgespült wird. Auch Kieselsteine wurden dabei zur Befestigung unter den Sand gemischt. In der Runeninschrift wird also als weiteres Denkmal vermutlich eine Furt úta í sunti erwähnt ‘draußen im Sund’. Damit wird gleichzeitig auch gesagt, dass der Runenstein nicht unmittelbar an dieser Furt steht, sondern man diesen Bau nur als gute Tat der Töchter in der Inschrift vermerkte, übrigens ebenso, wie die gute Tat des nun verstorbenen Vaters, der eine Herberge bauen ließ. Eine zweite Inschrift, die eine Furt erwähnt, ist die fragmentarische Inschrift U Fv 1974;203: 13 14 15 16 17
Fritzner 1973, I, S. 99. Söderwall 1884–1918, S. 252. Hellquist 1957, S. 1462. Hellquist 1957, S. 1462. Normalisierung: Ingríðr(?) ok Ingigerðr létu reisa stein ok gera aur úti(?) í sundi eptir Þóri, fƭður sinn. Þór[ir](?) [lé]t gera sæluhús eptir Ing[i]þóru, konu sína, ok eptir <-artu>
. Übersetzung: ‘Ingríðr und Ingigerðr ließen den Stein errichten und machten den sandigen Boden draußen im Sund nach Þórir, ihrem Vater. Þórir (?) ließ die Herberge machen nach Ingiþóra, seiner Frau und nach ?.’
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...mn ‚ nu ‚ aor ‚ gera * ayti ‚ s(u)ni sena ‚ suna ‚ ok ‚ hulR(g)... ...-i Rikit -....18 Sie gibt an, dass nach den Söhnen eine Furt gemacht wurde, über deren Position und mögliche Nähe zum Runenstein wird in der Inschrift jedoch nichts weiter ausgesagt. Eine dritte Inschrift, die möglicherweise eine Furt behandelt, ist Ög Fv1983;240 bei der Kirche von Appuna, die Inschrift lautet: + tufi + karþi × uþ × þans- hftiR + tuli sua sa19 Leider ist die Inschrift bei den Runen karþi uþ beschädigt, ein Stück des Steins ist hier herausgebrochen. Aufgrund des vorhandenen Platzes und der Orthographie der restlichen Inschrift ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass es sich hier um zwei Runen handelt. Ein ergänztes Demonstrativpronomen þenna würde ein maskulines Wort voraus setzen (Akk. Sg. mask.). Strid übersetzt daher mit ‘Furt’ und geht von einem bislang nicht belegten altschwedischen Substantiv *oþ ‘Furt’ aus.20 Dies entspricht einer Herleitung von germ. *wǀþ-, aus der sich das im Deutschen bekannte Verb waten, schwed. vada gebildet hat. Da der Stein jedoch an eben dieser Stelle beschädigt ist, wäre anstelle der Runenfolge uþ vom Platzangebot und der Art der Runen her auch ur möglich, was die Verbindung zu aurr erleichtern würde. Das Wort aurr m. tritt in mindestens zwei, möglicherweise auch drei Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist aurr m. ‘Kieselsand, Furt’. Beide eindeutigen Belege stammen aus Uppland, ein unsicherer Beleg aus Östergötland. Keine der beiden sicheren Inschriften legt nahe, dass sich die jeweiligen Runensteine auch bei dieser Furt befinden. In allen drei Inschriften tritt das Denkmal zusammen mit dem Verb gera ‘machen’, auf. 4.2.2 bjarg n. Drei Inschriften (DR 295, DR 296 und G 203) geben an, dass ein Runenstein auf einem biarki stehen soll. Bjarg n. ist ein Substantiv mit der Be-
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Normalisierung: ... ok(?) aur gera eptir sonu sína Sona ok Holmg[eir merk]i mikit ...Übersetzung: ‘...und ließ eine Furt machen nach seinen Söhnen Soni und Holmgeirr, das große merki...’. Normalisierung: Tófi gerði óð(?) þenn[a] eptir Tóli, son sinn. Übersetzung: ‘Tófi machte dieses ? nach Tólir, seinem Sohn.’ Strid 1983, S. 242.
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deutung ‘Felsen, Felsklippe, steiler Felsabhang, Felsblock, Steinblock’21 oder ‘Berg, Klippe, Fels’.22 Nach Hellquist lautet die germanische Wurzel germ. *berЈa-.23 Im Ordbog over det norrøne prosasprog (ONP) wird angegeben, dass im Altnordischen zwischen fjalla und bjarga unterschieden wird und bjarg daher kleiner als ein fjall (‘Gebirge, Hochland’) ist.24 Dort wird außerdem angegeben, dass ein bjarg auch eine Klippe im Sund oder an der Küste oder auch ein einzelner größerer Felsblock sein kann.25 Die Verbindung eines bjarg zum Meer heben Cleasby/Vigfússon hervor,26 während Fritzner betont, dass auch ein einzelner Steinblock als bjarg bezeichnet werden kann.27 In der poetischen Sprache wird bjarg für ‘Klippen, insbesondere am Meer’ benutzt.28 Das Blut des bjarg ist bei Einarr Skúlason der Fluss und die Bewohner der bjargar die Riesen,29 die nach der Mythologie in den Bergen beheimatet sind. Allerdings werden die Wörter in der Skaldik mit besonders großem Bedeutungsumfang verwendet, neben dem benutzten bjarg hätte auch ein anderes Grundwort, beispielsweise Erde, verwendet werden können. Die poetischen Belege zeigen daher nur, dass bjarg ein Ort sein muss, in dem Riesen leben können und aus dem Flüsse entspringen könnten. Im Altschwedischen wird biarki als bærgh oder mit e-Brechung biærgh wiedergegeben, welches heute noch in einigen Ortsnamen erhalten ist, beispielsweise Bjärby.30 Auch eine kleine Erhöhung im Terrain kann hier bereits als biærgh bezeichnet werden, es ist also nicht zwingend ein Fels oder Gebirge gemeint, ein in der Landschaft gut sichtbarer Hügel oder ein einzelner Felsblock reicht für eine solche Bezeichnung bereits aus. Auch im modernen Schwedisch blieb berg ‘Berg, Gebirge’ erhalten.31 Im Neuisländischen hat sich die ältere Form bjarg bis heute für ‘Berg’ erhalten.32 Eine mögliche Verwandtschaft besteht zu ags. beorg (‘barrow’) ‘Grabhügel’.33 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33
Baetke 2005, S. 54. Fritzner 1973, I, S. 143. Fritzner 1973, I, S. 63. ONP 2000, S. 354. ONP 2000, S. 355. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 64. Fritzner 1973, I, S. 143. LexPo, S. 48. LexPo, S. 48. Hellquist 1957, S. 63. Prismas 2001, S. 43. de Vries 1962, S. 39. de Vries 1962, S. 39.
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Die beiden schonischen Inschriften, die das Substantiv verwenden, klingen im für diese Untersuchung relevanten Teil sehr ähnlich, DR 295 lautet: A: askil : sati : stin : þansi : ift[iR] : tuka : kurms : sun : saR : hulan : trutin : saR : flu : aigi : at : ub::salum; B: satu : trikaR : iftiR : sin : bruþr stin : o : biarki : stuþan : runum : þiR : C: (k)(u)(r)(m)(s) (:) (t)(u)(k)(a) : kiku : (n)(i)(s)(t)[iR]34 und DR 296 lautet: : oskautr : ristþi : stin : þansi (:) (:) (i)ftiR : airu : brþur : sin : ian : : saR : uas : him:þiki : tuka : nu : : skal : stato : stin : o : biarki :35 In beiden Inschriften finden wir die Formulierung steinn á bjargi. Der verstorbene Erra von DR 296 war Gefolgsmann des auf DR 295 gepriesenen Tóki, so dass es möglich ist, dass beide Inschriften gleichzeitig in Auftrag gegeben wurden. Dabei hat man sich auch womöglich über einen gemeinsamen Standort verständigt, nämlich auf einem Berg, was dann in beiden Inschriften festgehalten wurde. Auch G 203 benutzt eine ähnliche Formulierung, Seite C der Inschrift lautet: ... hier : mun : stanta stain : a[t] : merki bietr a : bierki36 34
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Normalisierung: A: Áskell setti stein þenna eptir Tóka Gorms son, sér hollan dróttin. Sá fló eigi at Uppsƭlum. B: Settu drengjar eptir sinn bróður stein á bjargi stœðan rúnum. Þeir C: Gorms Tóka gƭngu næstir. Übersetzung: A: ‘Áskell setzte diesen Stein nach Tóki, Gorms Sohn, für ihn ein treuer Herr. Er floh nicht bei Uppsala.* B: Die Burschen setzten nach ihrem Bruder den Stein auf der Anhöhe, bestehen bleibend durch Runen. C: Gorms Leute waren Tóki am nächsten. Normalisierung: Ásgautr reisti stein þenna eptir Erru, bróður sinn. En sá var heimþegi Tóka. Nú skal standa steinn á bjargi. Übersetzung: ‘Ásgautr errichtete diesen Stein nach Erra, seinem Bruder. Und er war Tókis Gefolgsmann. Nun soll der Stein auf der Anhöhe stehen.* Vollständige Inschrift: A: sigmutr let rasa sain eftiR bruþr : sina : auk : bro : kierua : eftiR : sikbiern : santa mikal hie[lbi] ... ...ans auk : at : botraif auk at sigraif : auk : at aibiern : faþur þaiRa : altr : auk bikui han : i by : sunarst kaiRuiþr lekþi ormaluR nemR : in[t]i uR; B: sikmutr [--fiR :] sliku : unit kuml; C: karmanum : þet aR [:] ... kun : hier : mun : stanta stain : a[t] : merki bietr a : bierki in bro furiR; D: :roþ(b)iern risti run(i)R [þ]esa kaiRl-ifR sumaR aR karla kan. Normalisierung: A: Sigmundr lét reisa stein eptir brœðr sína ok brú gera eptir Sigbjƭrn, sankta Mikjáll hjalpi [sál h]ans, ok at Bótreif ok at Sigreif ok at Eibjƭrn, fƭður þeira allra, ok bjó hann í bý sunnarst. Geirviðr lagði ormálur, Næmr/næmr innti ór. B: Sigmundr [he]fr slíku unnit kuml. C: Karlmƭnnum þat er ... kunn. Hér mun standa steinn at merki, bjartr á bergi, en brú fyrir. D: Hróðbjƭrn risti rúnar þessar, Geirl[e]ifr sumar, er gørla kann. Übersetzung: A: ‘Sigmundr errichtete den Stein nach seinen Brüdern und machte die Brücke nach Sigbjìrn.
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Es wurde daher vorgeschlagen, dass die Inschriften hier bekannte Gedichte zitieren, was dadurch unterstützt wird, dass die gesamte Inschrift von G 203 metrisch ist und einen Vers wiedergibt.37 Da die Inschriften insgesamt jedoch unterschiedlich formuliert sind, kann man bjarg nicht als einfaches Formelwort abtun. Während DR 296 und G 203 in der Inschrift angeben, dass der Stein auf der Anhöhe stehen soll (durch skal stato und mun stanta), wird in DR 295 gesagt, dass die Burschen den Stein auf die Anhöhe setzten (satu trikaR), d.h. aktiv den Runenstein auf der Anhöhe platzierten. Bei G 203 kann man außerdem den Zusatz hier mun stanta, also ‘hier möge der Stein stehen’, lesen. Durch das Adverb hér ‘hier’ wird die absichtliche Platzierung des Steins auf dieser Anhöhe deutlich. Alle drei Inschriften geben also an, dass der Runenstein auf der in der jeweiligen Inschrift genannten Anhöhe errichtet wurde. Sie wird in allen drei Inschriften erwähnt und eine absichtliche und wissentliche Platzierung auf dieser Anhöhe wird ebenfalls durch die Inschriften deutlich. Die in der Deutung des Wortes betonte Verbindung zu Klippen am Meer kann für Hällestad (DR 295 und DR 296) nicht belegt werden, da die Kirche im Landesinneren liegt, die Küste ist ca. 30 km Luftlinie entfernt. Gleiches gilt für Hogrän (G 203), welches ebenfalls mitten im Landesinneren der Ostseeinsel Gotland zu finden ist, das Meer ist über 15 km Luftlinie entfernt. Sowohl Hällestad als auch Hogrän liegen in einer offenen Ackerlandschaft ohne nennenswerte Erhebungen, so dass der in den Inschriften erwähnte bjarg nicht sonderlich hoch gewesen sein muss, um sichtbar zu sein. Eine Übersetzung mit Anhöhe wäre daher am sinnvollsten. Das Substantiv bjarg n. tritt mindestens in drei Inschriften auf. Die Übersetzung des Wortes im Kontext der Runeninschriften ist bjarg n. ‘Anhöhe’. Zwei Belege stammen aus Skåne, ein weiterer Beleg aus Gotland. Alle drei Inschriften legen nahe, dass sich die jeweiligen Runensteine auch auf dieser Anhöhe befinden. 4.2.3 braut f. Von der Anlage eines Weges kann man in vielen Runeninschriften lesen. Dabei wird das Wort braut verwendet, das einerseits substantivisch mit der
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Möge St. Michael seiner Seele helfen. Und nach Bótreifr und nach Sigreifr und nach Eibjìrn, Vater von ihnen allen. Und er lebte auf dem südlichsten Hof. Geirviðr legte das Schlangenband, Næmr führte aus.’ B: ‘Sigmundr findet Gefallen an einem solchen kumbl.’ C: ‘Den Männern dies ist bekannt... Hier möge der Stein stehen als merki, leuchtend auf der Anhöhe und die Brücke davor.’ D: ‘Hróðbjìrn ritzte diese Runen, Geirleifr einige, die er vollkommen kann.’ Ich danke E. Marold für diesen Hinweis.
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Übersetzung ‘Weg, Pfad’, andererseits adverbiell mit der Übersetzung ‘fort, weg’ gebraucht werden kann.38 Die idg. Wurzel von braut ist *bhru-, im Germanischen dann als Verb breutan ‘brechen’ belegt.39 Im Fall der zu diesem Wort vorliegenden Runeninschriften handelt es sich ausnahmslos um den substantivischen Gebrauch. Das altschwedische Substantiv bröt bezeichnet ganz allgemein den Weg.40 Bei Schlyter ist zu lesen, dass ein altschwed. bröt einen angelegten Weg (rödd och banad) bezeichnet.41 Die Betonung liegt auch hier auf dem Verb ‘angelegt’, denn im Gegensatz zu einem Trampelpfad, der sich je nach Benutzung zu einem Weg entwickelt und irgendwann womöglich befestigt wird, ist ein als braut oder bröt bezeichneter Weg ein neu angelegter Weg in schwierigem Terrain. Auch in jüngerer Zeit blieb das Wort erhalten, u. a. in nisl. oder nnorw. braut in der Bedeutung für ‘Weg’.42 Nach der Heimskringla nannte man den schwedischen König Anund auch Braut-ønundr, da er besonders viele Wege bauen ließ.43 Im Unterschied zu den altnordischen Substantiven vegr, stigr oder gata, die ebenfalls alle mit ‘Weg’ übersetzt werden können, bezeichnet braut einen Weg, der durch Fels oder Wald gebrochen wurde.44 Im Corpus der Runeninschriften wird zweimal explizit angegeben, dass der Runenstein neben einem Weg errichtet wurde. Die Inschrift von Sö 34 lautet: styrlaugR * auk * hulmbR * staina * raistu * at * bryþr * sina * brau(t)u * nesta …45, ähnlich U 838: […] hir maa ‚ stanta ‚ stain ‚ ner ‚ brautu […]46 Braut wird hier jeweils im Dativ Singular verwendet und durch die Adverbien hér bzw. nær wird deutlich, dass Runenstein und Weg einen räumli38 39 40 41 42 43 44 45
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ONP 2000, S. 684; Fritzner 1973, I, S. 179. Torp 1909, S. 282. Hellquist 1957, S. 1382. Schlyter 1877, S. 99. de Vries 1962, S. 55. ONP 2000, S. 687. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 76; de Vries 1962, S. 55. Normalisierung: Styrlaugr ok Holmr steina reistu at brœðr sína, brautu næsta. Übersetzung: ‘Styrlaugr und Holmr errichteten die Steine nach ihren Brüdern nahe am Weg.’ Normalisierung: Hér mun standa steinn nær brautu. Übersetzung: ‘Hier möge der Stein stehen, nahe am Weg.’
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chen Zusammenhang bei der Aufstellung hatten. Nicht so eindeutig ist die Inschrift von U 323, die wie folgt lautet: × iystin × auk × iuruntr × auk × biurn × þiR [× byryþr × risþu] ... ...stin × trums × f[aþur] × sin × kuþ × ihlbi × ons × ont × auk × selu + fur+kifi × onum × sakaR × auk × sutiR × × hi × mun × ligia × meþ + altr + lifiR × bru × hrþ×slagin × briþ × e[ft × k]uþ-- suenaR k[arþu ×] at × sin × faþur × mo × igi × brutaR×kuml × betra × uerþa +47 Das Substantiv braut wird hier im Genitiv Singular verwendet und bezeichnet zusammen mit dem später noch zu erläuternden Wort kumbl einen Weg-kumbl. Die gängigen Übersetzungen gehen davon aus, dass damit der Runenstein selbst bezeichnet wird (z.B. SRI oder Rundata), wobei diese Übersetzung nicht so gesichert ist, wie sie zunächst erscheint. Die Inschrift gibt an, dass drei Brüder diesen Runenstein nach ihrem Vater errichten ließen. Daneben haben sie außerdem eine Brücke erbauen lassen. Erst im letzten Satz ist von einem brutaË-kuml die Rede und in Anbetracht dessen, dass im Satz davor die Rede von einer robusten Brücke ist, liegt der Gedanke nahe, eher diese Brücke als Weg-kumbl zu bezeichnen, da eine Brücke die Fortsetzung eines Weges über einen Bach o. ä. ist. Ähnlich deutet auch Beck die Inschrift: Seiner Ansicht nach ist brautarkumbl auf die Brücke bezogen.48 Der Runenstein wird nicht als Weg-kumbl bezeichnet und hat in der Inschrift auch keinen unmittelbaren Bezug zum Weg. Inwieweit Weg, Brücke und Runenstein zusammen stehen und ob sie möglicherweise ein Gesamtmonument bilden, erfahren wir durch die Inschrift nicht. BrautaËkumbl reicht daher nicht aus, den Runenstein als Wegmonument zu bezeichnen und gibt meiner Ansicht nach auch keinen räumlichen Zusammenhang zwischen Runenstein und Weg wieder. Ähnlich verhält es sich mit vier Runensteinen, die in ihren Inschriften von der Anlage eines Weges berichten, ohne den räumlichen Zusammen-
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Normalisierung: Eysteinn/Jósteinn ok Jƭrundr ok Bjƭrn þeir brœðr reistu ... ...stein Drums(?), fƭður sinn. Guð hjalpi hans ƭnd ok sálu, fyrirgefi honum sakar ok syndir. Ei mun liggja, með aldr lifir, brú harðslegin, breið ept góð[an]. Sveinar gerðu at sinn fƭður. Má eigi brautarkuml betra verða. Übersetzung: ‘Eysteinn/ Jósteinn und Jìrundr und Bjìrn, diese Brüder errichteten … Stein nach Trym (?), ihrem Vater. Möge Gott seiner Seele helfen, möge er ihm dessen Schuld und Sünden vergeben. Ewig soll hier liegen, solange die Menschen leben, die hart geschlagene Brücke, breit, als Erinnerung an den Guten. Die Burschen machten in Erinnerung an ihren Vater. Es wird keinen besseren Weg-kumbl geben.’ Beck 1978, S. 559.
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hang zum Runenstein anzugeben. Bei Sö 31149, Sö 31250, U 10151 und U 14952 ist zu lesen, dass ein Weg gerodet wurde, braut ryðja. Der Akkusativ Singular von braut steht hier zusammen mit dem Verb ryðja ‘roden’. Während die Inschrift von Sö 311 lediglich die Information enthält, dass Holmfastr einen Weg roden ließ, erweitert Sö 312 diese Information dadurch, dass dieser nicht nur den Weg roden ließ, sondern außerdem noch eine Brücke erbaute (brú gera). Dem gleichen Prinzip folgt Jarlabanke, der auf U 149 angibt, dass er eine Rodung veranlasste, auf U 101 dies damit erweitert, dass er zusammen mit seinem Bruder Hemingr außerdem Brücken baute (brúar gera). Keiner der vier Steine gibt jedoch an, dass die genannten Wege, Brücken und Runensteine in einem örtlichen Zusammenhang miteinander stehen. Das Substantiv braut f. tritt mindestens in sieben Inschriften auf. Die Übersetzung des Substantivs im Kontext der Runeninschriften ist braut f. ‘Weg (gebrochen durch unwegsames Gelände)’. Alle Belege stammen aus dem Mälarseegebiet, davon drei aus Södermanland und vier aus Uppland. Zwei der sieben Inschriften legen durch Erweiterung des Substantivs mit einem Adverb einen räumlichen Zusammenhang zwischen Weg und Runenstein nahe, bei den anderen fünf Inschriften ist dieser Zusammenhang aufgrund der Inschriften nicht erkennbar.
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Inschrift: hulfastr + lit + braut + ruþia + aftR + ik----(þ)i + mu(þ)-r + sina + ku-- + -r-a... + sina +. Normalisierung: Holmfastr lét braut ryðja eptir Ing[i]..., móð[u]r sína gó[ða] ... sína. Übersetzung: ‘Holmfastr ließ einen Weg roden nach..., seiner guten Mutter...’. Inschrift: hulfastr lit × braut × ryþia × auk × bro kiara iftiR gam-- × faþur × sin × sum × byki| |i : nesby × kuþ × hialbi ant hans aystain. Normalisierung: Holmfastr lét braut ryðja ok brú gera eptir Gam[al], fƭður sinn, sem bjó í Nesbý. Guð hjalpi ƭnd hans! Eysteinn. Übersetzung: ‘Holmfastr ließ einen Weg roden und eine Brücke machen nach Gamal (?), seinem Vater, der in Nesby lebte. Gott helfe seiner Seele. Eysteinn.’ Inschrift: × henmikr × auk × iarlabaki × þaiR × litu × braut + ryþia × auk × broaR × kiara × eftiR × faþur × sin × auk × estriþ × eftiR suni × sina × inkifast × auk × inkuar + kuþ × hialbi × ant × þaiRa ×. Normalisierung: Hemingr ok Jarlabanke þeir létu braut ryðja ok brúar gera eptir fƭður sinn ok Ástríðr eptir sonu sína Ingifast ok Ingvar. Guð hjalpi ƭnd þeira. Übersetzung: ‘Hemingr und Jarlabanke ließen den Weg roden und Brücken machen nach ihrem Vater und Ástríðr nach ihren Söhnen Ingifast und Ingvar. Gott helfe ihren Seelen.’ Inschrift: [iarlabaki × lit × -... ...tain × at * sialfan * sik * auk * braut ruþia]. Normalisierung: Jarlabanke lét ... [s]tein at sjalfan sik ok braut ryðja. Übersetzung: ‘Jarlabanke ließ... Stein nach sich selbst und den Weg roden.’
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4.2.4 brú f. Das altnordische Wort für ‘Brücke’ ist brú f., dazu als Verb brúa ‘eine Brücke bauen’.53 Damit kann auch eine erhöhte Wegkonstruktion über sumpfiges Terrain gemeint sein,54 was in Skandinavien häufiger auftritt als die uns bekannte Freibrücke. Archäologische Untersuchungen konnten bislang nur wenige sichere Freibrücken in Skandinavien rekonstruieren, beispielsweise „Sigrids Brücke“ bei dem Runenstein Sö 101, Jäders sn.55 Auch das dazu gehörige Verb brúa wird nicht nur für den Bau von Brücken, sondern auch allgemein für die Anlage von Wegen benutzt.56 Das Verb sowie auch das altschwedische bró gehen auf ein germanisches *brǀwǀ ‘Brücke’ zurück.57 Die Bedeutung angelegter Wege über sumpfiges Terrain lebt in vielen schwedischen Dialekten bis heute fort und geht in einige Ortsnamen ein,58 beispielsweise Broby/Skåne. In den modernen skandinavischen Sprachen ist das Wort bis heute vorhanden, so beispielsweise als schwed./ndän. bro. Neben einer normalen Holzbrücke (brú) begegnet uns in zwei Inschriften die Bezeichnung steinnbrú f. ‘Steinbrücke’. 129 Belege für das Wort brú findet man in den Runeninschriften, die deshalb hier nicht alle ausführlich dargestellt werden können. Um herauszufinden, ob zwischen Runenstein und Brücke ein örtlicher Zusammenhang besteht, muss daher zunächst ermittelt werden, in welchen Inschriften mit dem Substantiv brú auch ein Demonstrativpronomen gefunden werden kann. In 37 Runeninschriften findet sich das Substantiv brú in Verbindung mit dem Demonstrativpronomen sjá,59 beispielsweise Ög 162: + hakun + karþi + bru + þasi + ian + su skal + haita + kunas + bru + iai saR + uaR × sua + hakunaR +60
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Baetke 2005, S. 72; Cleasby/Vigfússon 1957, S. 83; Fritzner 1973, I, S. 195. ONP 2000, S. 835. Lindqvist 1914, S. 205. ONP 2000, S. 835. de Vries 1962, S. 59; Hellquist 1957, S. 99. Hellquist 1957, S. 99. Ög 162, Öl 41, Ög 10, Ög 45, Ög 68, Ög 157, Ög 162, Ög 214, Ög 212, DR 269, Sm 17, Sm 80, Sm 99, Sm 100, Sm 137, Sö 101, Sö 127, Sö SB1965;19, Vg 2, Vg 76, Vg 182, Vg 183, U 69, U 126, U 127, U 135, U 164, U 165, U 261, U 335, U 345, U 476, U 617, U 901, U 904, U 947 und U Fv1992;157. Normalisierung: Hákon gerði brú þessa, en sú skal heita Gunnars brú, en sá var sonr Hákonar. Übersetzung: ‘Hákon machte diese Brücke und sie soll Gunnars Brücke genannt werden. Und dieser war Hákons Sohn.’
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Das Demonstrativpronomen legt nahe, dass die erwähnte Brücke für den Leser der Inschrift sichtbar war. Neben den Demonstrativpronomen geben auch Adverbien den örtlichen Zusammenhang zwischen Runenstein und Brücke wieder, beispielsweise das Adverb hér in der Inschrift von G 203 zusammen mit der Präposition fyrir. Die Inschrift lautet: …hier : mun : stanta stain : a[t] : merki bietr a : bierki in bro furiR …61 Die häufiger anzutreffende Formulierung hér mun standa steinn gibt an, dass der Stein eben genau an diesem Ort errichtet wurde, und zwar leuchtend auf dem Berg. Während der Runenstein auf der Anhöhe steht, hat man die Brücke dazu unmittelbar im Tal unterhalb des Runensteins gebaut. Einen räumlichen Zusammenhang zwischen Runenstein und Brücke dürfen wir auch für U 316 annehmen, dessen einzige Inschrift lautet: þorþr a bro62 Die Inschrift weicht von den gängigen stereotypen Inschriften ab, indem sie keine Erinnerungsschrift für einen Verwandten darstellt, sondern nur die Besitzverhältnisse einer Brücke festlegt. Die Inschrift wird zwar nicht durch Pronomen, Adverbien oder andere Hinweise ergänzt, welche belegen, dass es sich um eine Brücke unmittelbar bei dem Runenstein handelt; einen Runenstein mit dieser Inschrift jedoch nicht an die in der Inschrift gemeinte Brücke zu stellen, wäre unsinnig, da die Runeninschrift die Eigentumsverhältnisse für die Brücke verdeutlichen will und dies nur dann Sinn macht, wenn der Leser der Inschrift die Brücke, bzw. der Benutzer der Brücke die Inschrift sieht. Hier darf also auch ohne weitere Wörter ein räumlicher Zusammenhang angenommen werden. Möglicherweise stand dieser Stein in räumlicher Verbindung zu weiteren Runensteinen (z. B. U 314) und ergänzt damit eine andere Inschrift, die vom Brückenbau berichtet. Da der Runenstein jedoch in einem Herrenhaus vermauert wurde, kann diese Frage heute nicht mehr geklärt werden. Der Stein muss daher als Einzeldenkmal aufgefasst werden. Einen letzten Hinweis auf einen räumlichen Zusammenhang zwischen Runenstein und Brücke gibt die Inschrift von Ög 10: […] litu kiara brou þasi is i aini likr […]63 61
62
Normalisierung: Hér mun standa steinn at merki, bjartr á bergi, en brú fyrir. Übersetzung: ‘Hier möge der Stein stehen als merki, leuchtend auf der Anhöhe und die Brücke davor.’ Normalisierung: Þórðr á brú. Übersetzung: ‘Þórðr gehört die Brücke.’
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Sprachliche Untersuchung
Während die Transkription des Runensteins in SRI den Zusatz is i aini likr anführt,64 findet sich dieser Zusatz nicht in der Transkription der Inschrift in Rundata. Insbesondere der mittlere Teil der Inschrift ist heute derart verwittert, dass nicht mehr nachvollzogen werden kann, was in dieser senkrechten Zeile genau gestanden hat. Brate gibt an, dass als erste Rune der mittleren Zeile ein s sichtbar ist und ergänzt ein i. Auch die weiteren Runen sind sehr undeutlich, so dass Brate diesen Teil nur als Hypothese in SRI ergänzt.65 Es ist anzunehmen, dass die dort noch erkennbaren Stäbe Runen sind, welchen Inhalt sie verbergen, bleibt unsicher. Die von Brate vorgenommene Ergänzung der Inschrift ist für die Frage nach dem Zusammenhang von Inschrift und Standort nicht zwingend notwendig. Es ist in jedem Fall die Rede von brou þasi, diese Runenfolge gilt als gesichert. Durch das Demonstrativpronomen ist der räumliche Zusammenhang gegeben, möglicherweise haben wir hier außerdem noch den Hinweis auf einen Fluss unmittelbar bei dem Runenstein. Dies wäre allerdings die einzige bislang gefundene Runeninschrift in Schweden, die auf einen Fluss hinweist Bei weiteren 90 Belegen,66 die in ihrer Inschrift eine Brücke erwähnen, wird durch die Inschrift nicht deutlich, ob zwischen Brücke und Runenstein ein örtlicher Zusammenhang besteht oder ob die Brücke möglicherweise an einem anderen Ort errichtet wurde. Ein Beispiel für die restlichen 90 Brückeninschriften ist U 267 mit der Inschrift × kiluk × lit × rais[a × stina × a]uk × bro × kiara × eftiR biarn × sun × sin ×67
63 64 65 66
67
Normalisierung: ... ok Geir... létu gera brú þessa ... Übersetzung: ‘... und Geir... ließen diese Brücke machen...’. Brate 1911, S. 11. Brate 1911, S. 11. Sö 157, Vg 4, Sö 149, G 309, Hs 12, J RS 1928;66, Ög 132, Sm 15, Sm 73, Sm 96, Sm 130, Sm 157, Sö 22, Sö 30, Sö 141, Sö 142, Sö 149, Sö 174, Sö 178, Sö 299, Sö 300, Sö 312, Sö 328, Sö Fv1948;282, Vg 30, Vg 173, Vs 9, Vs 28, Vs 31, Vs Fv1988;36, U 36, U 45, U 92, U 101, U 102, U 118, U 142, U 143, U 145, U 146, U 200, U 217, U 224, U 236, U 267, U 272, U 279, U 310, U 311, U 317, U 323, U 327, U 330, U 347, U 353, U 363, U 376, U 377, U 378, U 456, U 462, U 475, U 489, U 497, U 505, U 514, U 565, U 572, U 586, U 638, U 791, U 818, U 828, U 839, U 854, U 856, U 859, U 861, U 867, U 993, U 995, U 1017, U 1020, U 1031, U 1033, U 1041, U 1046, U 1108, U 1114, U 1133, U ATA4909/78 und U Fv1978;226. Normalisierung: Gillaug lét reisa steina ok brú gera eptir Bjƭrn, son sinn. Übersetzung: ‘Gillaug ließ Steine errichten und eine Brücke machen nach Bjìrn, ihrem Sohn.’
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Hier ist nur angeführt, dass man sowohl einen Runenstein als auch eine Brücke stiftete, wobei aus der Inschrift nicht hervor geht, dass die Brücke in der Nähe des Runensteins steht. Etwas weniger deutlich wird dies in der Inschrift von U 323, sie lautet: …hi × mun × ligia × meþ + altr + lifiR × bru × hrþ ×slagin × briþ × …68 Man wäre in diesem Fall versucht, in der Normalisierung der Inschrift hi als hér wieder zu geben und hätte in dem Fall dann ein Adverb „hier“ als Standortbeschreibung vorliegen, vergleichbar mit der Inschrift von G 203. Dies ist in diesem Fall jedoch wenig wahrscheinlich, hi muss stattdessen als altnordisch ei wiedergegeben werden, welches mit ‘immer’ übersetzt wird. Die gesamte Inschrift ist ein Vers und ei trägt in dieser Zeile den Stab. Ein räumlicher Zusammenhang zwischen Runenstein und Brücke ist daher nach der Inschrift nicht zwangsläufig gegeben. Einen Beleg dafür, dass Runenstein und Brücke nicht zusammen stehen müssen, wenn der Brückenbau in der Inschrift erwähnt wird, geben die vielen Steine, die von Jarlabanke gesetzt wurden. Während er auf U 101 ritzen ließ, dass er Brücken machte (auk broaË kiara), kann man beispielsweise auf U 261 lesen, dass er eine Brücke bei dem Runenstein bauen ließ (auk bru þisa karþi). Daher verhält es sich bei der Interpretation der Inschrift von U 101 vermutlich so, dass sie sich auf den konkreten Brückenbau, der in anderen Inschriften (z. B. U 261) zu lesen ist, beziehen. Es ist also durchaus denkbar, dass Brücken irgendwo errichtet wurden und man diese Tat auf einem Runenstein, der an einem anderen Ort steht, nochmals erwähnte. Neben einer normalen Holzbrücke (brú) begegnet uns in zwei Inschriften die Bezeichnung steinnbrú f. ‘Steinbrücke’ (Sö 157 und Vg 4). Dies könnte möglicherweise Hinweis auf eine Freibrücke im modernen Sinn sein. Beide Runensteine stehen auch heute noch am ursprünglichen Standort neben einem Bach, und in beiden Fällen befindet sich dort auch heute noch eine steinerne Freibrücke. Möglicherweise steht diese Brücke auf Fundamenten aus der Wikingerzeit. Es wäre damit durch Inschriften möglich, den Typ der wikingerzeitlichen Brücke festzustellen, ohne dass Ausgrabungen vor Ort ausgeführt wurden, bzw. ausgeführt werden können. In keinem der beiden Fälle ist ein anlautendes s für einen Stabreim notwendig, so dass man hier ohne weiteres ein einfaches brú hätte schreiben kön68
Normalisierung: Ei mun liggja, með aldr lifir, brú harðslegin, breið ept góð[an]. Übersetzung: ‘Immer soll liegen, solange die Menschen leben, die hart geschlagene Brücke, breit, nach dem Guten.’
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nen, wenn man dies gewollt hätte. Vg 4 steht dabei außerdem vermutlich an der Eriksgata, einer „Prachtstraße“ des Mittelalters, an der eine Steinbrücke durchaus angemessen gewesen wäre. Das Substantiv brú f. tritt mindestens in 129 Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist brú f. ‘Brücke’. Die Belege stammen aus den Landschaften Gotland (2), Hälsingland (1), Jämtland (1), Öland (1), Östergötland (8), Skåne (1), Småland (10), Södermanland (16), Uppland (78), Västergötland (7) und Västmanland (4). Auffallend ist dabei, dass die Landschaften Småland und Västmanland prozentual einen hohen Anteil an Brückeninschriften haben: In Småland haben 7, in Västmanland 14% der Runensteine eine Brückeninschrift.69 Warum gerade Småland und Västmanland derart viele Brückeninschriften haben, mag ganz unterschiedliche Gründe haben. Im Gegensatz zu Västmanland ist Småland noch bis in die moderne Zeit waldreich und unwegsam, Landwirtschaft ist nur sehr eingeschränkt möglich. Dies gilt auch für den nordwestlichen Teil Västmanlands, hier finden sich jedoch keine Runensteine. Diese stehen hauptsächlich im Osten an der Grenze zu Uppland, wo die Landschaft jedoch flach und wasserreich ist und daher ebenfalls viele Brücken benötigt. Beide Landschaften befinden sich in verkehrsgünstiger Lage, wenn man über den Landweg nach Norden bzw. Westen kommen möchte, muss man zwangsläufig eine dieser beiden Landschaften bereisen. Vielleicht waren diese infrastrukturellen Gründe ausschlaggebend für einen vermehrten Brückenbau. Interpretiert man Brücken und Brückensteine als Denkmäler einer fortgeschrittenen Christianisierung70 widerspricht dies einem Kapitel aus Snorri Sturlusons Heimskringla. Der in Belangen der Christianisierung sehr eifrige norwegische König Sigurd Jorsalafari (1103–1130) macht sich noch 1123 zu einem Kreuzzug in das heidnische Småland auf.71 Allerdings ist bekannt, dass viele Christianisierungsversuche und Kreuzzüge eher der persönlichen Bereicherung der Könige als einem christlichen Verkündigungsdrang entsprachen. Woher also gerade in Småland und Västmanland die vielen Brückeninschriften kommen, mag ganz unterschiedliche Gründe haben. 37 der 129 Brückeninschriften legen durch Erweiterung des Substantivs mit Demonstrativpronomen einen räumlichen Zusammenhang zwischen Brücke und Runenstein nahe, eine weitere Inschrift belegt dies durch das 69
70 71
Gotland 1%; Öland 1%; Skåne 1%; Östergötland 2%; Västergötland 3%; Södermanland 4%; Hälsingland 5%; Uppland 6%; Småland 7%; Västmanland 14%; Jämtland 100% (in Jämtland wurde bislang nur ein Runenstein gefunden). Siehe dazu Kapitel 2.4.2 (S. 72 ff). Sigurðar saga Jórsalafara, Eysteins ok Ólafs, Kap. 27 mit der Kapitelüberschrift Kristnuð Smálönd.
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Adverb hér. In einem Fall ist die Zusammengehörigkeit von Runenstein und Brücke sehr wahrscheinlich (U 316). Bei den restlichen 90 Inschriften ist ein örtlicher Zusammenhang anhand der Inschriften nicht erkennbar. 4.2.5 bryggja f. Neben brú als bekanntestem Wort für eine Brücke gibt es eine, möglicherweise sogar zwei Inschriften, die eine bryggja erwähnen. Die Bezeichnung bryggja kann zwar auch ganz allgemein als Wort für ‘Brücke’ dienen, könnte jedoch auch eine andere Bedeutung haben. Als eine weitere Bedeutung neben ‘Brücke’ und ‘Bootssteg’ gibt Baetke für bryggja als Übersetzung ‘Kai, Pier, Bollwerk’ an.72 Ein Kai, bzw. eine Landungsbrücke ist eine Brücke, an der die Schiffe anlanden und be- und entladen werden. Sie ist aus Holz und „überbrückt“ damit die wenigen Meter zwischen Schiff und Land. In späterer Zeit werden die Landungsbrücken immer länger, um mehr Schiffen Platz zu bieten und entsprechend dem zugenommenen Tiefgang der Schiffe Rechnung zu tragen, die die meisten Häfen nicht mehr direkt anfahren können und bereits weit vor dem eigentlichen Ufer ankern müssen. Hier ergeben sich Wortüberschneidungen zum später noch vorzustellenden Wort hlaðbrú. Auch im Altschwedischen ist das Wort als bryggia oder brygga belegt, die germ. Grundform ist *bruЈjǀ-.73 Hellquist übersetzt auch dieses Wort mit ‘Brücke’. Schlyter dagegen übersetzt bryggja ohne weitere Angaben mit ‘Schiffsbrücke’.74 Söderwall behandelt das Substantiv ausführlicher und gibt an, dass altschwedisch bryggja neben Brücke auch Schiffsanleger bedeuten kann und einen Ort bezeichnet, an dem viele Schiffe liegen.75 Die erste Inschrift mit diesem Substantiv ist auf dem Runenstein U 512 zu finden, sie lautet: A: fryb... ... ...i × huk f(r)... ...(f)-þr × þiR ristu × sti- -...(n)a × iftiR × kuþ-ar × ...(a)þur × sin kuþan × huk tuma + (b)...-þur × sin ×× kuþ ...i ot × þiRa × huk × salu × hu... ... ...uþiR × bitr × þan × þiR × -ar- × h......ir × skal × stan=ta × stin × uiþ- bryku × suniR × at × faþuR satu * kuþan * kaiR -... ... --(u)-aR × mirki × at × bua...76 72 73 74 75 76
Baetke 2005, S. 73. Hellquist 1957, S. 104. Schlyter 1877, S. 96. Söderwall 1884–1918, S. 153. Normalisierung: A Freyb[jƭrn] ... ... ok Fr[ey]...(?) ...f [i]nnr, þeir reistu stei[n
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Da der Stein bereits früh nur fragmentarisch erhalten war und man zwei weitere Fragmente erst 1952 fand, ist die Inschrift stark beschädigt und schwer lesbar. Im mittleren Teil der Inschrift steht ein formelhaftes hér skal standa steinn, was darauf deutet, dass der Runenstein mit Absicht an diesen Platz gesetzt wurde. Auch wenn das Wort bryggja bislang nur hier eindeutig belegt ist, handelt es sich nicht um ein Füllwort, welches beispielsweise durch einen Stabreim benötigt wurde. Es markiert den gewünschten Standort des Runensteins. In der Inschrift jedoch nicht belegt wird, ist, ob diese Brücke/dieser Anleger von den Söhnen gebaut wurde oder bereits vorher an dieser Stelle stand. Eine zweite Inschrift, für die ein bryggja zumindest angenommen wird, findet sich auf Vs Fv1988;36. Die Inschrift lautet: taf : lit : risa : estn : þina : hitiR : kri(m)ut ÷ uas : farin : sun : (u)iþfast-- : aust:arla ulfr : auk : uibiurn : -... kitilas : krþi : b-...(u) * (o) : s---77 Diese Inschrift ist in ihrer Orthographie so uneinheitlich und mit Ritzfehlern versehen, dass eine Deutung der vorletzten lesbaren Rune als Beginn des Wortes bryggja nur sehr vage ist. Ebenso gut kann es sich in diesem Fall um das Substantiv brú handeln. Diese Inschrift wird daher nicht in die Deutung des Wortes mit einbezogen. Zur Übersetzung des Wortes bryggja muss anders vorgegangen werden als bei den restlichen Substantiven, da nur eine Inschrift das Wort belegt und es mehrere Möglichkeiten der Übersetzung gibt. Im folgenden Kapitel 6 werden Runensteine vorgestellt, deren archäologisches Umfeld mit den Angaben der Inschrift verglichen wird, um festzustellen, ob die Runensteine dort errichtet wurden, wo sie laut Inschrift stehen. U 512 steht jedoch nach meiner Definition78 nicht mehr am ursprünglichen Standort, da der
77
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þe]nna eptir Guð[m]ar/Guð[v]arð(?), [f]ƭður sinn góðan ok Tuma/Tumma, b[ró]ður sinn. Guð [hjalp]i ƭnd þeira ok sálu o[k Guðs m]óðir betr en þeir [g]er[t] h[afa]. B [H]ér skal standa steinn við[r] bryggju. Synir at fƭður settu góðan. Geir.../Geirr ... ... C ... merki at bó[nda] ... Übersetzung: ‘Freybjìrn ... und Frey... errichteten diesen Stein nach Guðmar/Guðvarð (?)... ihrem guten Vater und Tumi, ihrem Bruder. Gott helfe ihrer Seele und Gottes Mutter besser als bisher. Hier möge der Stein stehen bei dem Schiffsanleger, den die Söhne nach dem guten Vater setzten... das merki nach dem Ehemann (?)...’ Normalisierung: Taf(?) lét reisa stein þenna eptir Grímmund. Var farinn, sonr Viðfast[ar], austarla. Ulfr ok Vébjƭrn ... Ketilas(?)/Ketilhƭss(?) gerðu b[ryggj]u á ... Übersetzung: Taf(?) ließ diesen Stein nach Grímmundr errichten. Gefahren war der Sohn des Viðfastr nach Osten. Ulfr und Vébjìrn ... Ketilas(?)/Ketilhìss(?) machten den Schiffsanleger nach ... Zur Definition des ursprünglichen Standorts siehe Kapitel 2.
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Stein bereits zu seiner frühesten Erwähnung nur als Fragment vorlag und vermutlich zerstört und versetzt wurde. Auch wenn man im Jahr 1952 zwei weitere Fragmente fand, bleibt der ursprüngliche Standort unsicher. Daher wird dieser Stein nicht im übernächsten Kapitel in Zusammenhang mit der Inschrift vorgestellt. Die Fundumstände der Fragmente sind in diesem Fall für die Deutung des Substantivs bryggja jedoch hilfreich. Unter der Bezeichnung Fasterna 59:1 ist der ungefähre Fundplatz der Fragmente in den Inventarbüchern der Landesdenkmalpflege registriert. Ca. 120 m südlich befindet sich der Metsjö, der durch einen Bach mit dem weiter östlich liegenden Långsjö verbunden ist. Dieser wiederum ist durch einen Fluss mit weiteren Seen verbunden, so dass schließlich die Ostsee per Schiff erreicht werden kann. Der Metsjö ist dabei der See, der sich am weitesten im Inland befindet. Zur Wikingerzeit ist an diesem See mit einer Hafenanlage, bzw. einem Steg zu rechnen und es ist sehr gut vorstellbar, dass sich dieser nur wenige Meter südlich des Runensteins befunden hat. Während das gegenüberliegende Seeufer steil ansteigt und felsig ist, ist unmittelbar bei dem Runenstein ein seichteres Ufer mit den auch heute noch dort befindlichen Anlegeplätzen. Da die meisten Waren über Seewege transportiert wurden, ist anzunehmen, dass alle Höfe, die bequem über den Seeweg erreichbar waren, auch auf diese Weise angefahren wurden und man sich nur für lokale Kontakte auf die beschwerlichen und unwegsamen Landwege verließ. Die Verbindung von Inschrift, Wortkontext und Topographie zeigt, dass eine Interpretation von bryggja als Schiffsanleger sehr wahrscheinlich ist und sie sich damit auch von dem Wort brú unterscheidet. Während eine brú eine Erweiterung des Landwegenetzes darstellt, ist eine bryggja die Erweiterung des Seewegenetzes. Das Substantiv bryggja f. tritt mindestens in einer Inschrift auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist bryggja f. ‘Schiffsanleger’. Der einzige eindeutige Beleg stammt aus Uppland. Ein räumlicher Zusammenhang zwischen Schiffsanleger und Runenstein wird in der Inschrift durch die Formel hér skal standa bezeugt. 4.2.6 býË m. Das altnordische Substantiv býË m. wird zumeist mit ‘Hof, Gehöft’ übersetzt79 und leitet sich von germ. *bnjwi- ab.80 Neben den einzelnen Gebäuden des Hofes und dem Landbesitz wird das Wort auch als Bezeichnung 79 80
Baetke 2005, S. 81; Fritzner 1973, I, S. 227 f. de Vries 1962, S. 67.
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der frühesten skandinavischen Städte benutzt,81 wobei Fritzner einschränkt, dass sich býË auch dort nur auf ein einzelnes Gehöft in der Stadt bezog.82 Auch das Gebiet, auf dem ein späteres Dorf errichtet wurde, kann als býË bezeichnet werden.83 Im Altschwedischen ist bý(Ë) m. ebenfalls für ‘Hof, Dorf’ verwendet worden.84 Viele Ortsnamen belegen den vielfachen Gebrauch des Ortsnamengliedes býË, beispielsweise der Name Hagaby in einer Handschrift aus dem 13. Jahrhundert.85 Zum Substantiv býË gehört das Verb búa ‘wohnen’, welches sich von germ. *bǀwan ‘wohnen’ ableiten lässt.86 Insgesamt gibt es 10 Belege für das Substantiv býË m. auf Runensteinen. Zunächst sollen die Inschriften vorgestellt werden, in denen Hof und Runenstein in einem räumlichen Zusammenhang stehen. Dabei gilt das Demonstrativpronomen wieder als deutlicher Hinweis auf eine solche Kombination. Erster Beleg für Substantiv und ein darauf bezogenes Demonstrativpronomen ist die Inschrift auf dem Stein U 130: …’ iR þisi biR ‚ þaiRa uþal uk at(r)fi ‚ finuþaR sun o ilhiastaþum87 Die Bezeichnung býË im Nominativ Singular zusammen mit dem Demonstrativpronomen þessi gibt an, dass der genannte Hof in der Nähe des Runensteins zu finden sein muss, da das Demonstrativpronomen auf býË bezogen ist. Gleiches gilt für U 209, dessen Inschrift lautet: þurtsain × kiarþi| |if×tiR irinmunt × sun sin auk| |kaubti þinsa bu × auk × aflaþi × austr i karþum88 Der Akkusativ Singular bý wird durch das Demonstrativpronomen þenna erweitert, der hier erwähnte Hof ist also dieser Hof, der ganz in der Nähe des Runensteins zu finden sein muss. Eine weitere Kombination von bý und þenna findet man in der Inschrift von U 331: 81 82 83 84 85 86 87
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ONP 2000, S. 1032 f. Fritzner 1973, I, S. 229. Fritzner 1973, I, S. 229. Hellquist 1957, S. 115. Söderwall 1884–1918, S. 166. Torp 1909, S. 272. Normalisierung: Er þessi býr þeira óðal ok ætterfi, Finnviðar sona á Elgjastƭðum. Übersetzung: ‘Dieser Hof ist ihr óðal und Familienerbe, Finnviðars Söhne in Elgjastaðir.’ Normalisierung: Þorsteinn gerði eptir Erinmund, son sinn, ok keypti þenna bý ok aflaði austr í Gƭrðum. Übersetzung: ‘Þorsteinn machte nach Erinmund, seinem Sohn, und kaufte diesen Hof und starb im Osten in Gardar.’
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… han × at[i +] ain ×× by × þina × eftiR × sikfast × faþur × sin × …89 Eine Kombination von dem Substantiv býR und dem Adverb hér findet man in der Inschrift von Öl 37, dessen letzte Zeile lautet: … ati un hiar halfan bu90 Hier, also bei dem Runenstein, besaß Unn den halben Hof, welcher als Akkusativ Singular (bý) angegeben wird. Eine beinahe gleichlautende Inschrift ist Sö 145, die Seite B des Steins lautet: …[: tuki : ati : ru harfan : krimulfu :: ati : hafan : iu : ata i :: uþuli]91 Auch in dieser Inschrift besitzt der Gepriesene den halben Hof, der möglicherweise an die Hinterbliebenen, die Errichter des Steins, weitergegeben wird. Allerdings fehlt bei Sö 145 das Adverb hér, so dass aus der Inschrift nicht deutlich wird, ob sich der Runenstein bei diesem Hof befindet. Diese Beobachtung gilt auch für Sö 367, dessen Inschrift lautet: …þaiR otu : by : slaiþa:bru …92 Bei Vg 4, dessen Inschrift wie folgt lautet: …(i)(s) : (a)(t)(i) : (þ)ria : buia : i : homri * auk : þria : tiauku : marka : at : airiki93 ist die Rede von drei Höfen (þriá býja), deren räumlicher Kontext zum Runenstein aus der Inschrift nicht hervorgeht. Bei Hs 14 steht das Substantiv býË im Dativ Plural, der letzte Teil der Inschrift lautet: … kiulfiR uarþ um lanti þisu in þa nur i uika i þrim bium in þa lanakr in þa fiþrasiu94 89 90 91
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Normalisierung: Hann átti einn bý þenna eptir Sigfast, fƭður sinn… Übersetzung: ‘Er besaß allein diesen Hof nach Sigfast, seinem Vater.’ Normalisierung: Átti Unn hér halfan bý. Übersetzung: ‘Unn besaß hier den halben Hof.’ Normalisierung: B Tóki átti bý(?) halfan(?), Grímulfr átti halfan(?) bý(?) alda(?) í óðali(?). Übersetzung: ‘Tókí besaß den halben Hof, Grímulfr besaß den halben Hof auf Lebenszeiten als Óðal.’ Normalisierung: Þeir áttu bý Sleðabrú. Übersetzung: ‘Sie besaßen den Hof Sleðabrú.’ Normalisierung: Er átti þrjá býja í hamri ok þrjá tigu marka at Eiríki. Übersetzung: ‘Der drei Höfe besaß in Hamarr und 30 Mark (Land) zusammen mit Eirikr.’
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Diese Inschrift gibt an, dass der Gepriesene dieses Land erhielt (lanti þisu) und weitere Höfe bzw. Dörfer im Norden. Das Land, auf dem der Runenstein steht, ist also Eigentum des Gylfi, wobei nicht gesagt wird, dass dieses Land besiedelt ist. Die drei Höfe, die er später erwarb, befinden sich weiter im Norden. Da der Runenstein daher nur auf dem Landbesitz des Gylfi steht, kann über die Entfernung zu einem Hof keine Aussage gemacht werden. Auch die berühmte Inschrift von Vs 24 über die tüchtige Hausfrau von Hassmyra macht keine Angaben dazu, ob Runenstein und Hof in einem räumlichen Kontext stehen, wenn dort zu lesen ist: buonti × kuþr × hulmkoetr × lit × resa × ufteR × oþintisu × kunu × seno × kumbr × hifrya × til × hasuimura × iki betr × þon × byi raþr roþbalir × risti × runi × þisa × sikmuntaR × uaR ... sestR × kuþ95 Die Inschrift zeigt Odindisa als Hausfrau des Hofes, in welcher Entfernung sich dieser zum Runenstein befindet, geht aus der Inschrift nicht hervor. Auf U 729 finden wir das Substantiv býË im Genitiv Plural, […]hier mn * stanta * stan * miþli * bua …96 Diese Inschrift ist deutlicher Beleg dafür, dass der Runenstein nicht unmittelbar bei einem Hof stand, sondern zwischen zwei Höfen, also weiter entfernt und möglicherweise auf einer Grenze. In Bezug auf den Standort des Runensteins ergibt sich eine Ähnlichkeit zu der zuvor genannten Inschrift von Hs 14, in der ebenfalls erwähnt wurde, dass der Runenstein auf dem Landeigentum aber nicht direkt bei einem Hof steht. Neben Angaben zu Besitztümern und Höfen geben auch viele Runensteine an, wo die auf dem Stein erwähnten Personen lebten, beispielsweise U 114: … þaiR byku ‚ i rynby ‚ auk ‚ bo atu …97 94
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Normalisierung: Gylfir varð um landi þessu, en þá norðr í Vika/vega í þrim býjum, en þá Lønangri, en þá Feðrasjó.Übersetzung: ‘Gylfir erhielt dieses Land und dann in Vika im Norden drei weitere Höfe und dann Lønangr und dann Feðrasjór.’ Normalisierung: Bóndi góðr Holmgautr lét reisa eptir Óðindísu, konu sína. Kemr hýfreyja til Hƭsumýra eigi betri, en býi ráðr. Rauð-Ballir risti rúnar þessar. Sigmundar var [Óðindísa] systir góð. Übersetzung: ‘Der gute Hausherr Holmgautr ließ nach Odindisa errichten, seiner Frau. Nach Hassmyra kommt keine bessere Hausfrau, die den Hof organisiert. Rauð-Ballir ritzte diese Runen. Sigmundr war ... der Schwester gut.’ Normalisierung: Hér mun standa steinn miðli býja. Übersetzung: ‘Hier möge der Stein stehen zwischen den Höfen.’ Normalisierung: B Þeir bjoggu í Runbý ok bú áttu. Übersetzung: ‘Sie lebten in Runby und besaßen den Hof.’
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Anstelle des Substantivs býË wird hier bú n. ‘Haushalt, Hof’ verwendet. Dieser genannte Hof hat jedoch, soweit es aus der Inschrift zu erkennen ist, mit dem Standort des Runensteins nichts zu tun. Ähnliche Angaben zu Landbesitz oder Wohnort findet man auf U 348: an * ati bo * i þorsulmi * ok i rolstam * -kibliþ98 und Vg 12: olafr hnaki …ra famtan bo99 Nur ein Runenstein gibt bei der Angabe von Wohnsitz oder Besitz an, dass dieser mit dem Standort des Runensteins zusammen fällt. Auf U 703 ist zu lesen: -sui * let [*] rnisa * stain [*] þisa * at * anulf * sun * sen * koþan ** han * byki * her ...100 Auf diesem Stein wird berichtet, dass Arnulf hier lebte, wo auch der Runenstein errichtet wurde. Hier wird das Verb búa mit der Bedeutung ‚leben, wohnen’, verwendet. Allerdings macht die Inschrift nicht deutlich, ob der Runenstein bei Arnulfs Hof errichtet wurde oder ob sich der Stein auf dessen Landeigentum befindet. Möglicherweise wird auch im letzten Teil der Inschrift, die hier zerstört ist, ein Hofname angeführt. Das Verb búa wird in weiteren Inschriften erwähnt, ohne dass Angaben zum Standort des Runensteins und dessen Verhältnis zum genannten Wohnort deutlich werden. Dazu gehört beispielsweise Ög 132 mit folgender Inschrift: hulmstein : reisþi : stein : þena : auk : bru kiarþi : eftiR : miur : faþur : sin : iR : buki : i : iatunstaþum :101 Weitere Inschriften mit Angaben zum Wohnort des Gepriesenen sind:
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99 100
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Normalisierung: Hann átti bú í Þorsholmi ok í Hrólfsstƭðum [s]kiplið. Übersetzung: ‘Er besaß einen Hof in Þorsholmr und eine Schiffsgemeinschaft in Hrólfsstaðir.’ Normalisierung: Ólafr Hnakki ... fimtán bú ... Übersetzung: ‘Olaf Hnaki ... 15 Höfe.’ Normalisierung: [Á]své lét reisa stein þenna at Arnulf, son sinn góðan. Hann bjó hér ... Übersetzung: ‘Ásvé ließ diesen Stein nach Arnulf, seinem guten Sohn, errichten. Er lebte hier...’. Normalisierung: Holmsteinn reisti stein þenna ok brú gerði eptir Mýr(?), fƭður sinn, er bjó í Jƭtunstƭðum. Übersetzung: ‘Holmsteinn errichtete diesen Stein und machte die Brücke nach Mýr (?), seinem Vater, der in Jìtunstaðir lebte.’
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Sprachliche Untersuchung
Ög 28 Ög 60 Ög 94 Ög 198 Sö 195 Sö 208 Sö 214 Sö 312 U 57 U 160 U 336 U 355 U 508 U 710 U 729 U 744 U 755 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118
iaR buki a kautaun102 barþi iattin þikra i iatustun103 iaR buki haþistaþum104 iR buki i u-auaþi105 by-i i –ru-aiki106 buki i frayslutum107 byki arbi108 sum byki nesby109 byki ulsunti110 buki i skulobri111 þiR buku baþiR i baristam112 i myriby buki113 þu biku i114 …byki…115 han byki agurstam116 auk byki haruistam117 buki i kalþtaþum118
Normalisierung: er bjó á kautaun. Übersetzung: ‘Der auf Gotland lebte’. Normalisierung: er bjó(?) <þikra> í Jƭtunstƭðum. Übersetzung: ‘Der hier in Jìtunstaðir lebte’. Normalisierung: er bjó í Haðistƭðum. Übersetzung: ‘Der in Haðistaðir lebte’. Normalisierung: er bjó í Ey[r]avaði. Übersetzung: ‘Der in Eyravaði lebte’. Normalisierung: bjó í [B]rú[s]aeiki. Übersetzung: ‘lebte in Brúsæki’. Normalisierung: bjó í Freyslundum. Übersetzung: ‘lebte in Freyslunda’. Normalisierung: bjó í Árbý. Übersetzung: ‘lebte in Árbý’. Normalisierung: sem bjó í Nesbý. Übersetzung: ‘der in Nesbý lebte’. Normalisierung: bjó í Ulfsundi. Übersetzung: ‘lebte in Ulfsunda’. Normalisierung: hann bjó í Skolhamri. Übersetzung: ‘Er lebte in Skolhamri’. Normalisierung: þeir bjoggu báðir í Báristƭðum. Übersetzung: ‘sie lebten beide in Báristaðir’. Normalisierung: í Mýribý bjó. Übersetzung: ‘in Mýribý lebte’. Normalisierung: þau bjoggu í ...Übersetzung: ‘Sie lebten in...’. Normalisierung: ... [ha]nn bjó í H[úsbý](?) ... Übersetzung: ‘…Er lebte in Húsbý (?)…’. Normalisierung: hann bjó í Ƭgurstƭðum. Übersetzung: ‘Er lebte in ߬gurstaðir’. Normalisierung: ok bjó í Harvistƭðum. Übersetzung: ‘und lebte in Harvistaðir’. Normalisierung: bjó í Kelsstƭðum. Übersetzung: ‘lebte in Kelsstaðir’.
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U 805 buki uiki119 U 809 buki herfistam120 U 932 suarthaf --k- suþrby121 und U RR1987;134/Granby bua i hu-um122 Das Substantiv býË m. tritt mindestens in 10 Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist býË m. ‘Hof’. Die Belege stammen aus den Landschaften Hälsingland (1), Öland (1), Södermanland (2), Uppland (4), Västergötland (1) und Västmanland (1). Drei der zehn Inschriften legen durch Erweiterung des Substantivs mit einem Demonstrativpronomen einen räumlichen Zusammenhang zwischen Hof und Runenstein nahe, eine weitere Inschrift belegt dies durch das Adverb hér. In zwei Fällen wird deutlich, dass sich der Runenstein nicht bei dem Hof, sondern auf dem Landbesitz des Eigentümers befindet, eine der beiden Inschriften gibt an, dass der Stein zwischen zwei Höfen, vermutlich also auf der Grenze beider Höfe, steht. Bei den restlichen vier Inschriften ist ein solcher örtlicher Zusammenhang anhand der Inschriften nicht erkennbar. Neben dem Substantiv býË ist in diesem Zusammenhang das Substantiv bú n. ‘Haushalt, Hof’ zu nennen, welches dreimal auf Runensteinen erwähnt wird (Uppland und Västergötland). Hier werden jedoch keine Angaben zum Standort des Runensteins gemacht. Dies gilt auch für das Verb búa ‘wohnen, leben’ welches insgesamt 24 x in Inschriften verwendet wird (Uppland, Östergötland, Södermanland). In einem Fall ist das Verb mit dem Adverb hér erweitert, allerdings deutet dies nur auf den Landbesitz des Gepriesenen hin, gibt jedoch keinen konkreten Anhaltspunkt auf einen Hof bei dem Runenstein. 4.2.7 haugr m. Das Substantiv haugr ist nach Uecker „der terminus technicus einer heidnischen Bestattung“.123 Die Übersetzung des Substantivs lautet ‘Erdhügel, Anhöhe oder Grabhügel’, germ. *haugaz steht im grammatischen Wechsel
119 120 121 122 123
Normalisierung: bjó í Víkbý(?). Übersetzung: ‘Lebte in Vikbý’. Normalisierung: bjó í Hervistƭðum. Übersetzung: ‘Lebte in Hervistaðir’. Normalisierung: svarthƭf [ða bjó í] Suðrbý. Übersetzung: ‘Svarthìfði, der in Suðrbý lebte’. Normalisierung: þ[a]u mœðgin búa í Hú[s]um(?). Übersetzung: ‘Mutter und Sohn lebten in Hu…’. Uecker 1966, S. 2.
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Sprachliche Untersuchung
zu *hauhaz.124 Hellquist gibt als germanischen Stamm für haugr ein *hauZ(w)a- / *hauh(w)a- an.125 In einigen Texten der altnordischen Literatur tritt das Wort bautasteinar häufig zusammen mit haugr m. ‘Hügel, Grabhügel’ auf,126 was eine räumliche Verbindung von Hügeln und Bautasteinen auf den Gräberfeldern nahe legt. Dies wurde im archäologischen Befund bestätigt. Zu haugr gibt es als Komposita haugsöld f. ‘das Zeitalter der Grabhügel’ oder haugstaðr m. ‘Begräbnisplatz’.127 Cleasby/Vigfússon geben an, dass die am häufigsten vorkommende Übersetzung für haugr ‘Grabhügel’ ist, in wenigen Fällen konnte mit dem Substantiv jedoch auch ein natürlicher Hügel in der Nähe des Hofes gemeint sein, den der Eigentümer des Hofes als Aussichtspunkt benutzte.128 Fritzner gibt an, dass ein Hügel eine leichte Erhöhung in der Landschaft ist, die sowohl natürlich als auch von Menschen angelegt worden sein kann und in den meisten Quellen Grabhügel, aber auch die vergangene heidnische Zeit allgemein, bezeichnet.129 Finnur Jónsson betont, dass sowohl natürliche als auch von Menschen gemachte Hügel als haugr bezeichnet werden können und eine Unterscheidung schwer fällt.130 In der Dichtung ist jedoch zumeist die Bedeutung ‘Grabhügel’ anzunehmen, da das Substantiv zusammen mit den Verben bera í, ganga í, o.ä. gebraucht wird.131 Im Altschwedischen findet sich das Wort als högher,132 welches in schwedischen Ortsnamen mit einem Personennamen als Erstglied belegt ist, beispielsweise Anundahögh (Anundshög) in Västmanland.133 In den modernen skandinavischen Sprachen ist das Wort als nisl. haugur, fär. heyggjur, heygur, nnorw. haug, schwed. hög und ndä. høi in gleicher Bedeutung erhalten geblieben. Möglicherweise gab es auch die altnordische Form, die auf germ. *hugila ‘Hügel’ zurückgeht und die in einigen schwedischen Ortsnamen belegt ist, beispielsweise Hugelsta.134 Drei Inschriften erwähnen einen haugr, zunächst Öl 1 im Dativ Singular in der Formulierung: 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134
de Vries 1962, S. 214. Hellquist 1957, S. 392. Möbius 1963, S. 168. Möbius 1963, S. 168. Cleasby/Vigfússon 1957, S. 241. Fritzner 1973, I, S. 743. LexPo, S. 230. LexPo, S. 230. Söderwall 1884–1918, S. 570. Hellquist 1957, S. 393. de Vries 1962, S. 214; Uecker 1966, S. 2 f.
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…fulkin : likr : hins : fulkþu : flaistr (:)* uisi * þat * maistar * taiþir : tulka * þruþar : traukr : i : þaimsi * huki *…135 Das Substantiv haugr wird in dieser Inschrift durch das Demonstrativpronomen þessu erweitert. Entsprechend der Herangehensweise in den vorhergegangenen Inschriftenuntersuchungen deutet dies darauf hin, dass ein Hügel unmittelbar bei dem Runenstein gemeint ist, ein Hügel, den der Leser der Inschrift sieht, wenn er die Formulierung ‘dieser Hügel’ liest. Allerdings ist die Inschrift, im Gegensatz zu den bislang vorgestellten Inschriften, eindeutig poetisch. Dies ändert nichts an der Erwähnung eines Hügels als Standortmarkierung des Runensteins, denn das Wort haugr ist für den Stabreim unbedeutend, der Stab liegt in dem zweiten Vers auf d (dæðir, dolga und draugr).136 Neben dem Demonstrativpronomen ist für die Deutung des Wortes haugr in dieser Inschrift wichtig, dass die auf dem Stein genannte Person in diesem Hügel liegt (liggr í þessu haugi). Die Inschrift belegt, dass der Gebrauch des Wortes haugr im Kontext von Runeninschriften auf Grabhügel bezogen ist. Ebenfalls durch ein Demonstrativpronomen wird bei U 135 die räumliche Verbindung zwischen Runenstein und Hügel deutlich. Die Inschrift lautet: × ikifastr × auk × austain × auk × suain × litu * raisa + staina þasa * at * austain faþur × sin × auk × bru × þasa karþu × auk × hauk þana137 Die Söhne errichteten neben dem Runenstein weitere Steine, eine Brücke sowie einen Hügel (Akk. Sg.) als auch räumlich zusammenhängendes Monument. Ähnlich wie bei den bereits genannten Brückeninschriften gibt es auch bei Erwähnung eines Hügels eine Inschrift, aus welcher der unmittelbare räumliche Zusammenhang nicht direkt hervor geht, es ist dies U 269 mit der Inschrift 135
136 137
Normalisierung: Folginn liggr hinns fylgðu, flestr vissi þat, mestar dæðir dolga Þrúðar draugr í þessu haugi. Gerade Wortfolge: Dolga Þrúðar draugr hinns fylgðu mestar dæðir – flestr vissi þat liggr Folginn í þessu haugi. Übersetzung: ‘Der Baum (das Gespenst) der Kampf-Þrúð (ĺWalküre ĺKrieger), dem die meisten Großtaten folgten – die meisten wussten das liegt verborgen in diesem Hügel. Gerade Wortfolge und Übersetzung nach Marold 1998a, S. 671. Allerdings liegt zusammen mit draugr ein Binnenreim vor. Normalisierung: Ingifastr ok Eysteinn ok Sveinn létu reisa steina þessa at Eystein, fƭður sinn, ok brú þessa gerðu ok haug þenna. Übersetzung: ‘Ingifastr und Eysteinn und Sveinn ließen diese Steine nach Östen errichten, ihrem Vater, und sie machten diese Brücke und diesen Hügel.’
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Sprachliche Untersuchung
× iluki + lit × raisa × stina × auk × hauk × (k)[iara ef](t)iR × biarn × broþur × sin ×138 In der Inschrift wurde nicht angegeben, dass der erwähnte Hügel oder die weiteren Steine, die der Bruder errichten ließ, in räumlichem Kontext zum Runenstein standen. Im Fall von zwei Inschriften im Älteren Futhark besteht in der Deutung und damit ihrer Verbindung zu haugr Unsicherheit. Es handelt sich dabei um den Runenstein von Noleby (Vg 63) mit der Inschrift runo fahi raginakudo tojeka unaþou ÷ suhurah : susi(h)---tin hakuþo sowie den Runenstein von Norra Vånga (Vg 65) mit der Inschrift haukoþuz. Von Friesen deutet die Runen in Anlehnung an haugr als ‘Hügellegung’, diese Deutung weist Nordén ab.139 Allerdings bevorzugt auch Nordén eine Ableitung vom Wort haugr für die beiden genannten västergötländischen Steine. Nordén übersetzt Vg 65 mit ‘der, welcher aus dem Grab stammt, Wiedergänger’. Hier allerdings einen Hinweis auf eine Hügellegung zu vermuten, ist sehr unsicher. Geht man von haugr als Grundwort aus, müsste man erklären, warum in der Inschrift das g durch ein k ersetzt wurde. Auf Vg 63 ist im ersten Teil der Inschrift das Wort raginakudo zweifelsfrei zu lesen und somit die Rune X für den Lautwert g belegt. Warum sollte man dann das Wort haukoþuz mit einem k schreiben, wenn ein g gemeint wäre? An eine Fehllesung der einzelnen g-Rune ist hier auch nicht zu denken, da die Zeichen auf Vg 63 deutlich zu erkennen sind und allein aus Platzgründen das k nicht durch ein g ersetzt werden kann. Von Friesens und Nordéns Interpretation mit dem Grundwort haugr für die genannten beiden Inschriften ist daher abzuweisen. In der Deutung beider Inschriften geht man heute von dem Substantiv haukr m. ‘Habicht’ (urn. *ha0ukaË) als Grundwort in der Ableitung aus und deutet das Wort damit entweder als Eigenname140 oder als ‘Habicht-artig’.141 138
139 140 141
Normalisierung: Illugi lét reisa steina ok haug gera eptir Bjƭrn, bróður sinn. Übersetzung: ‘Illugi ließ Steine errichten und machte einen Hügel nach Bjìrn, seinem Bruder.’ Jungner / Svärdström 1970, S. 106. Antonsen 1975, S. 193. Krause / Jankuhn 1966, S. 148. Und damit die gesamte Inschrift von Vg 63 als: ‘Eine Rune (=geheimnisvolle Kunde) male [ich], eine von den göttlichen Mächten stammende. Ich bereite [dem Toten] Zufriedenheit. ... (=diese Formel) möge Haukìþu (=den Habichtgleichen) scharf machen.’ (Nach Krause / Jankuhn 1966, S. 150 f.).
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Das Substantiv haugr m. tritt mindestens in drei Inschriften auf. Zusätzlich sind zwei Inschriften im Älteren Futhark aus Västergötland bekannt, deren Deutung umstritten ist und auf dem heutigen Stand der Forschung nicht mit haugr in Verbindung gebracht werden kann. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist haugr m. ‘Grabhügel’. Zwei Belege des Wortes stammen aus Uppland, ein weiterer Beleg aus Öland. Eine bis zwei Inschriften legen durch Verwendung des Demonstrativpronomens nahe, dass sich die jeweiligen Runensteine auch bei dem jeweiligen Hügel befinden. Die dritte Inschrift gibt einen solchen räumlichen Zusammenhang nicht eindeutig wieder. 4.2.8 hlaðbrú f. Wie bereits bei dem Wort bryggja angedeutet, gibt es noch einen weiteren besonderen Brückentypus, die hlaðbrú, ein zusammengesetztes Substantiv aus hlað n. und brú f. Zumeist wird hlað n. übersetzt als ‘mit Steinen gepflasterter Weg vor dem Hause, Kopfschmuck’,142 Fritzner ergänzt die Übersetzungen noch durch ‘Stapel, Haufen’,143 de Vries ergänzt ‘Kornlade’.144 In der Dichtung kommt nur die Bedeutung ‘Schmuckband’ vor.145 Das Substantiv hlaða f. bezeichnet eine Scheune.146 Das Kompositum könnte sich auch aus dem Verb hlaða und dem Substantiv brú zusammengesetzt haben. Hlaða bezeichnet das ‘Beladen eines Schiffes’,147 Fritzner ergänzt neben der genannten Übersetzung noch ‘stapeln, aufladen’.148 Auch im poetischen Gebrauch wird das Verb zunächst für ‘aufstapeln’ verwendet, beispielsweise im Kontext einer Leichenverbrennung, auch das ‘Beladen eines Schiffes’ wird als hlaða bezeichnet.149 Söderwall gibt als Übersetzung für das altschwedische ladha f. neben ‘Scheune’ auch ‘Nebengebäude eines Hofes’ an, das Verb ladha übersetzt er mit ‘auf einen Haufen legen’, ‘beladen’.150 Daraus entwickelt sich vermutlich das noch heute in Schweden gebräuchliche Wort ladugård für eine Scheune. Die bereits im Altschwedischen belegten ladhugardher zum Substantiv ladha ‘etwas Aufgestapeltes’ 142 143 144 145 146 147 148 149 150
Möbius 1963, S. 186. Fritzner 1973, II, S. 1. de Vries 1962, S. 234. LexPo, S. 258 f. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 268; Fritzner 1973, II, S. 1 f. Möbius 1963, S. 186; Cleasby / Vigfússon 1957, S. 268. Fritzner 1973, II, S. 1. LexPo, S. 259. Söderwall 1884–1918, S. 720.
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sind die ältesten namentlich bekannten Konstruktionen aus Torf oder Stein zur Verwahrung von Tieren.151 Der schwedische König Magnus Birgersson (†1290) erhält den Beinamen Ladulås,152 da er wünscht, dass alle Scheunen mit einem Schloss versehen werden. Bei den mittelalterlichen schwedischen Ortsnamen fand bereits eine Weiterentwicklung des Wortes statt, Hellquist übersetzt das uppländische Läby als ‘Dorf an der Wegstrecke’.153 Im nnorw. blieb hlað mit der Bedeutung ‘Steinschicht, Stapel, Kopfschmuck’ erhalten, eine Verwandtschaft besteht zu ae. hlæd ‘Last’.154 Dazu gehört das altnordische hlaðberg, welches einen Felsenabsatz beschreibt, an dem Boote ausgeladen werden können.155 Nach den Belegen in der altnordischen Literatur ergeben sich daher drei Übersetzungsmöglichkeiten: Nimmt man als Grundwort das Substantiv hlaða mit der Bedeutung ‘Scheune’ an, wäre hlaðubrú als ‘Scheunenbrücke’ zu übersetzen. Zum Zweiten kann man vom Verb hlaða mit der Bedeutung ‘Beladen eines Schiffes’ ausgehen und erhält so die Übersetzung ‘Beladebrücke’. Schließlich wäre auch noch die Übersetzung ‘gepflasterte Steinbrücke’ möglich, wenn man Hellquists Deutung des Ortsnamens Läby und Möbius’ Übersetzung mit einbezieht. Eine hlaðbrú wird auf Seite A des Runensteins U 114 benannt, die Inschrift lautet: * ikriþ ‚ l[i]t * laþbo * kiara ‚ auk * stain * haku[a eftir] ikim[a]r (b)(o)[ta s]in * auk * eftar * tan * auk * eftir * baka * suni * sina156 Die Inschrift berichtet davon, dass Ingríðr nach ihrem Mann und ihren Söhnen den Stein und eine hlaðbrú machen ließ. Ob beide Denkmäler in einem räumlichen Kontext stehen, wird durch die Inschrift nicht gesagt. Die Inschrift benennt lediglich den Bau selbst, nicht jedoch den Ort dieses Bauwerkes und dessen Verhältnis zum Runenstein. Da sich die Ritzung 151 152
153 154 155 156
Hellquist 1957, S. 554. Söderwall 1884–1918, S. 720. Der Beiname wird zum ersten Mal in Visbykrönikan aus dem Jahre 1412 erwähnt. Der Beiname bezieht sich auf das von Magnus erlassene Alsnö stadga, einem Privilegienbrief aus dem Jahr 1280. Mit diesem Privileg wurde ein neues Verwaltungssystem eingeführt. Hellquist 1957, S. 554. de Vries 1962, S. 234. de Vries 1962, S. 234. Normalisierung: A. Ingríðr lét hlaðbrú gera ok stein hƭggva eptir Ingimar, bónda sinn, ok eptir Dan ok eptir Banka/Bagga, sonu sína. Übersetzung: ‘Ingríðr ließ die gepflasterte Steinbrücke machen und den Stein schlagen nach Ingimar, ihrem Ehemann und nach Dan und nach Banka/Bagga, ihren Söhnen.
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von U 114 in einer Felswand befindet, ist der ursprüngliche Standort in Upplands-Väsby unbestreitbar. Die Umgebung ist allerdings vollkommen bebaut, der Runenstein steht unmittelbar neben dem Bahndamm in der Ortsmitte. Bei Arbeiten an der Bahnstrecke erhielt Björn Ambrosiani 1967 die Gelegenheit, einen Suchschnitt vor dem Runenstein anzulegen, der jedoch keinerlei Ergebnisse erbrachte, da hier bereits vor längerer Zeit ein Überlaufschacht für die Bahngleise angelegt worden war und mögliche Befunde im Boden dadurch zerstört wurden.157 Im Jahr 2001 erbrachte jedoch eine weitere Untersuchung in Zusammenhang mit Bahnarbeiten, dass nördlich des Runensteins eine 8 m lange, in ost-westlicher Richtung verlaufende Steinkonstruktion angelegt war.158 Diese Konstruktion verläuft vermutlich weiter über den östlich des Steins gelegenen Bach. Hlaðbrú könnte daher tatsächlich eine gepflasterte Steinbrücke bezeichnen. Während eine brú eine Holzbrücke ist, ist eine steinnbrú eine steinerne Freibrücke. Ein aurr ist eine Furt aus Kieselsteinen und Sand, die hlaðbrú eine befestigte Furt mit großer Ähnlichkeit zur Brücke, indem man den zu überquerenden Flussabschnitt mit größeren Steinen auslegte und somit passierbar machte. Diese Steine setzen sich am Ufer dann noch ein Stück fort und könnten mit der Steinkonstruktion nördlich des Runensteins gemeint sein. Da sie 8 m lang ist, ist nicht anzunehmen, dass es sich dabei um die Reste eines mit Steinen angelegten Stapelplatzes zum Entladen der Schiffe handelt, denn hier wäre eher ein quadratischer gepflasterter Platz zu erwarten. Eine gepflasterte Brücke zu einer großen Ladescheune wäre ebenfalls möglich, allerdings müsste man dann in unmittelbarer Nähe des Runensteins zumindest die Pfostenlöcher einer so großen Scheune finden können. Mir ist außerdem aus der Literatur keine so große Kornlade bekannt, dass man zum Beladen dieser Scheune eine steinerne Brücke anlegen müsste, deren Bedeutung über das Privatwohl hinausginge (ansonsten wäre der Bau dieser „Brücke“ auf einem Runenstein nicht erwähnenswert). In Zusammenhang mit dem archäologischen Befund ist daher eine Deutung als gepflasterte Steinbrücke am wahrscheinlichsten. Das Substantiv hlaðbrú f. tritt mindestens in einer Inschrift auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist hlaðbrú f. ‘gepflasterte Steinbrücke’. Der einzige Beleg stammt aus Uppland, die Inschrift allein gibt keine Auskunft darüber, dass der Runenstein an einer solchen Brücke errichtet wurde.
157 158
Inventarblatt Ed 45:1, RAÄ. Inventarblatt Ed 45:1, RAÄ.
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4.2.9 hreyr, reyrr m. Das Wort, welches in Runeninschriften als hrauË bezeichnet wird, ist besonders schwer zu deuten. Rundata normalisiert den Runentext mit hreyr m., eine Gleichsetzung, die in ähnlicher Weise auch de Vries durchführt. Bei de Vries findet man das Substantiv hreyrr oder reyrr m. mit der Übersetzung ‘Steinhaufen’, welches im Runenschwedischen als hrauË belegt ist.159 Fritzner verzeichnet reyrr m. ‘Steinhaufen, Rös’.160 Hellquist unterscheidet zwischen altnordisch hrauË ‘Grabkiste’ und reyrr ‘Rohrgewächs’. Im Altschwedischen ist hreyr als rör belegt, die schwer zu bestimmenden germ. Grundform könnte *hrauza- oder möglicherweise auch *hraurasein.161 Dort bezeichnet rör oder stenrör ein Steingrab, in südschwedischen Dialekten wird beispielsweise kisterör synonym für die sog. hällkistor verwendet.162 Im Neuschwedischen blieb rör als ‘Steinhaufen, Grenzstein’ erhalten,163 dazu ist er in einigen Ortsnamen belegt, beispielsweise Rök in Östergötland. Cleasby / Vigfússon unterscheiden zwischen hreysi n., was sie mit ‘Steinhaufen, Röse’ übersetzen,164 und hrör, welches mit ‘Leiche’ oder metaphorisch auch mit ‘alte verfallene Dinge, Ruinen’ übersetzt wird.165 In der Ynglinga saga Kapitel 23 wird ein Vers des Skalden Eyvindr skáldaspillir von der Bestattung des König Guðlaugr zitiert. Dort ist zu lesen, dass dieser König in einem hreyr steini merkt bestattet liegt, einem ‘Grab gekennzeichnet mit einem Stein’. Im Ynglingatál dagegen wird hreyr als Bezeichnung für die Leichen der Könige benutzt, beispielsweise Ynglingatál 6 Yngva hrør oder Ynglingatál 7 Dygva hrør. Das altnordische hrör mit der Bedeutung ‘Leichnam’ leitet sich von germ. *hruza- ‘Leichnam’ ab.166 Im Lexicon Poeticum wird für hrör in allen Fällen die Bedeutung ‘Leiche’ angegeben,167 reyr und reyrr als ‘Stängel’.168 Uecker vermischt die beiden Deutungen, indem er angibt, sie seien nur „Varianten ein und desselben Wortes“ und übersetzt hreyrr sowohl mit 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168
de Vries 1962, S. 255. Fritzner 1973, III, S. 98. Hellquist 1957, S. 875. Hellquist 1957, S. 875. de Vries 1962, S. 255. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 284. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 290. de Vries 1962, S. 264. LexPo, S. 289 f. LexPo, S. 464 f.
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‘Leiche’ als auch mit ‘Ort wo die Leiche begraben ist’.169 Laut Uecker handelt es sich bei dem Substantiv um einen Terminus der heidnischen Bestattung, welcher nie im christlichen Kontext verwendet wird. Uecker stellt die These auf, dass es sich bei einem hreyrr um eine Nachbestattung in einem Hügel handelt.170 Während Uecker also zwei Wörter miteinander vermischt, verbleibt die Frage, welches der beiden möglichen Wörter das Runenschwedische hrauR nun tatsächlich meint. In Frage kommen, folgt man Uecker, einerseits ein altnordisches hrör aus germ. *hruza- mit der Bedeutung ‘Leichnam’ oder andererseits ein altnordisches hreysi aus germ. *hrauza-/*hraura- mit der Bedeutung ‘Steinhaufen, Steingrab’. Reyrr mit der vornehmlichen Bedeutung ‘Rohr, Stengel’ kann in diesem Kontext sicher ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zu Uecker gehe ich jedoch davon aus, dass ein Altschwedisches hrau͍ nicht von germ. *hruza- kommen kann. Zur Klärung dieser Frage folgt nun der Blick auf die Inschriften. Sö 47 gibt das Substantiv im Nominativ Singular wieder, die vollständige Inschrift lautet [ry]...R : kiarþi : kuml : þat:si : eftiR : osmunt : sun : sin + han : is : krafin : o * ku... rauR uart : at : ryR:iks : sun171 Ein Vater lässt ein Monument für den toten Sohn errichten, der an einem anderen Ort begraben wurde. Zunächst spricht der Vater in der Inschrift von einem kumbl, mit dem entweder ein Denkmal in der Nähe des Runensteins gemeint ist (kumbl þetta) oder der Runenstein selbst als kumbl bezeichnet wird.172 Der Sohn ist o ku... begraben, leider ist die Inschrift hier beschädigt. Für die Vervollständigung des Wortes schlägt Rundata Gotland oder kumbl vor, Brate nimmt dagegen an, dass ku eine Abkürzung für kirkja ‘Kirche’ ist und die Inschrift nicht unvollständig ist, sondern mit der Rune u aufhört.173 Als Unterstützung dieser These zitiert Brate die Inschrift von DR 88, sie lautet uarþ : tuþr : o : ku174 169 170 171
172 173 174
Uecker 1966, S. 20. Uecker 1966, S. 20 f. Normalisierung: Hrœ[rík]r gerði kuml þetta eptir Ásmund, son sinn. Hann er grafinn á Go[tlandi]/ku[mli] hreyr at Hrœríks son. Übersetzung: ‘Hrørikr machte dieses kumbl nach Ásmund, seinem Sohn. Er ist begraben auf Go… (Gotland?). Das hrauË war (gemacht) für Hræriks Sohn.’ Mehr zur Diskussion des Begriffs kumbl im folgenden Kapitel dieser Arbeit. Brate / Wessén 1924–1936, S. 37. Allerdings gibt Rundata diese Inschrift nur als [...uþ : ...] wieder.
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Dort werden die Runen ku als griechische Insel Kos gedeutet. Da die Inschrift eben genau hier beschädigt ist, kann ebenso kirkja in der Inschrift stehen, eindeutig lesbar ist nämlich nur k, das u ist nur vage zu erkennen. Wo auch immer der Sohn nun bestattet wurde, gibt die Inschrift außerdem an, dass ein hrauË für Hræriks Sohn gemacht wurde. Diese Angabe erfolgt jedoch nicht in normal verbreiteten Runen, sondern in Geheimrunen. Zunächst mit häufiger verbreiteten Zweigrunen,175 im zweiten Teil die seltener vorkommenden Isrunen.176 Für die Entschlüsselung der Geheimrunen ist es wichtig, die einzelnen ættir zu kennen, denn die Geheimrunen geben mit den ersten Balken die ætt und mit den zweiten Balken die Position der gemeinten Rune in der jeweiligen ætt an. Im Jüngeren Futhark wird im Vergleich zum Älteren Futhark die Reihenfolge der ættir umgedreht.177 Übersetzt man die Geheimrunen nach den ættir des Jüngeren Futhark, erhält man die Runenfolge rauR firt, da die Beistäbe der sechsten Rune nach Brate etwas undeutlicher sind, möglicherweise auch rauR fart. Der Vater lässt für den toten Sohn ein hrauË errichten und gibt dies auch in der Inschrift an, allerdings in Geheimrunen. Dienten die Geheimrunen dazu, die Kunstfertigkeit des Monuments zu erhöhen oder sollte diese Angabe tatsächlich verschlüsselt und somit geheim gehalten werden? Für einen Beweis der Kunstfertigkeit spricht, dass dieser letzte Teil der Inschrift in Versform verfasst und mit einem Stabreim versehen wurde. Es wäre möglich, dass es sich bei den verschlüsselten Runen um ein Totengedicht handeln könnte.178 Wir wissen nicht viel über das Bestattungsritual der Wikingerzeit, wie mit dem Tod umgegangen wurde und wie man ein Begräbnis auffasste. Womöglich war ein Totengedicht jedoch etwas, das nur im Kontext einer Bestattung ausgesprochen werden durfte und ansonsten aufgrund des Inhalts wie ein Fluch wirkte oder zumindest Unglück über die Lebenden bringen könnte. Vielleicht war Hrærik sich dessen bewusst, wollte das Totengedicht jedoch anführen, weil der Sohn ansonsten ohne diese (traditionellen?) Worte bestattet wurde, denn in einer Kirche wurden diese alten Totengedichte sicher nicht mehr gesprochen.179 Möglicherweise war es auch die Angst vor Strafe, die Hrærik veranlasst hat, den vorchristlichen Brauch eines Toten175 176 177 178 179
u. A. auch auf dem Runenstein von Rök in Östergötland zu finden (Ög 136). Mehr zu Isrunen und dem „Isruna-Traktat“ aus dem 9. Jahrhundert bei Düwel 2001, S. 184 f. Statt fuþark - hnias - tbmlR gilt tbmlR als erstes, fuþark als zweites und hnias als drittes ætt. Meinen Dank an Prof. Marold, Kiel für diesen Hinweis. Siehe dazu das Konzil von Toledo 589, welches Grabgesänge als heidnischen Brauch untersagt (Hartmann 2003, S. 130).
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gedichts zu verschlüsseln. In jedem Fall sollte möglichen Totengedichten auf Runensteinen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, um diese noch ungeklärte Frage zu beantworten. Für die vorliegende Arbeit ist relevant, dass ein hrauË für jemanden gemacht wurde und entsprechend nicht mit Leichnam übersetzt werden kann. Es muss sich daher um die Bedeutung ‘Steingrab, Steinhaufen’ handeln, einen Steinhaufen, mit dem man den Leichnam bedeckte. HrauË kann jedoch auch eine ansonsten nicht belegte poetische Umschreibung des Runensteins selbst sein. Ein weiterer Runenstein aus Södermanland (Sö 176) erwähnt in der folgenden Inschrift ein hrauË : ...(n) * þina| |aft * mik * sialbR * in aft kaiRulf * bruþur min : uarb iak * hrauR || hi(n)uslik(R) * hi(a)-- * an(a)-- * || [u](l) * af-raiþu ÷ i[n h]uariaR * aiku (l)(o)kmuþrk(u) þriaR * bar(n) (s)(i)ak(s) * bas[t] *180 Die Runen sind schlecht erhalten, einige Zeichen sind unleserlich, so dass eine komplette Interpretation der Inschrift heute nicht mehr möglich ist. Wir erfahren durch die Inschrift, dass der Errichter den Stein zunächst für sich selbst errichten ließ. Nach seinem Bruder uarb iak hrauR, warf der Errichter ein hrauË auf. Das hier zu lesende Verb uarb ist die Präteritumsform von verpa mit der Bedeutung ‘werfen, aufwerfen’. Verpa haugr bedeutet ‘einen Grabhügel für einen Toten aufwerfen’.181 Mit dieser Information wird deutlich, dass ein hrauË mit einem Grabhügel vergleichbar ist, der ebenfalls aufgeschüttet wird. Es handelt sich bei der vorliegenden Inschrift um den bislang einzigen Beleg für das Verb verpa in einer Runeninschrift.182 Gerade die in Runeninschriften verwendeten Verben geben Hinweise auf die Beschaffenheit eines Denkmals, während Runensteine in den meisten Fällen aufgestellt werden (reisa), hat man Brücken gemacht (gera). Das Wort haugr wurde in dieser Arbeit bereits untersucht und mit ‘Grabhügel’ übersetzt, in dem Zusammenhang benutzte man das Verb gera. Während also ein Grabhügel, ein haugr, genau wie eine Brücke gemacht wird, wirft man ein hrauË auf. Ein hrauË könnte daher ein aufgetürmter Steinhaufen sein. Dafür sind keine weiteren Menschen nötig, die beim Bau helfen (ganz anders beim Grabhügel), ein hrauË kann ohne 180
181 182
Normalisierung: A ... [stei]n þenna ept mik sjalfr, en ept Geirulf, bróður minn, varp ek hreyr. B: (?) ... C af [a]reiðu(?) en hverjar eigu langmœðgur þrjár bƭrn sex, bezt. Übersetzung: ‘...diesen Stein nach mir selbst. Und nach Gerwulfr, meinem Bruder, warf ich das hrauË auf...Und jede der drei Vorfahren hatte sechs Kinder, die besten... Baetke 2005, S. 724. Peterson 2006, S. 84.
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größere Mühen oder Zeitaufwand aus Lesesteinen aufgetürmt werden. Womöglich muss hier, im Gegensatz zum haugr, auch kein Leichnam begraben werden. Es ist eher ein Erinnerungsdenkmal, möglicherweise an dem Ort, wo sich die auch in der Inschrift erwähnten Vorfahren befinden. Eine Bezeichnung für den Runenstein ist es auf jeden Fall nicht. Aus der Inschrift ist nicht zu entnehmen, ob Runenstein und Steinhaufen in örtlichem Kontext zueinander stehen. Nimmt man die Wortetymologie und die beiden Inschriften zusammen, wird eine Deutung von hrauË als Steinhaufen wahrscheinlich, welcher womöglich in Gedenken an einen Toten, der andernorts begraben liegt, auf einem Gräberfeld aufgeworfen wurden. Ein mögliches in der Inschrift verschlüsseltes Totengedicht und in der anderen Inschrift erwähnte Vorfahren stützen diese These. Es ist jedoch auch möglich, dass es sich um ein einfaches Steingrab handelt, in welchem Steine den Leichnam des Toten bedecken. Das Substantiv hreyr m. tritt mindestens in zwei Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist hreyr m. ‘Steinhaufen’. Beide Belege stammen aus Södermanland, so dass hier möglicherweise eine lokale Tradition vorliegt. Bei beiden Belegen ist jedoch unsicher, ob Runenstein und Steinhaufen in einem örtlichen Kontext zueinander stehen. 4.2.10 hválf n. Das altnordische Substantiv hválf n. wird übersetzt als ‘Wölbung, Gewölbe’183 oder ‘Gewölbe, Grabgewölbe, Schildinnenseite’.184 Im Altschwedischen ist hválf n. und f. als Grabplatte im Kontext einer Kirche belegt,185 nach Gardell als kistformad gravsten från tidig medeltid.186 Die erste Inschrift mit dem Substantiv befindet sich auf Ög 240: × keitil : l(a)gþi : hualf : þ... ... ... si- : kuþ : hia(l)...- : [t]una : salu ×187 Hier ist die Rede davon, dass ein hválf gelegt wird (lagði hválf þetta), so dass eine Übersetzung mit ‘Gewölbe’ unpassend erscheint. Ein Gewölbe ist 183 184 185 186 187
Baetke 2005, S. 283. Fritzner 1973, II, S. 110. Söderwall 1884–1918, S. 527. Gardell 1937, S. 485. Normalisierung: Ketill lagði hvalf þ[etta] ... ... si[nn]. Guð hjal[pi] Tunna/Tonna sálu. Übersetzung: ‘Ketill legte diese Grabplatte ... sein ... Gott helfe Tunnas Seele.’
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im modernen Sprachgebrauch ein unterirdisches steinernes Bauwerk mit Rundbögen, welches man häufig unter sakralen Gebäuden findet. Eine Krypta unter einer Kirche ist beispielsweise ein Gewölbe. Um ein solches Bauwerk handelt es sich in der vorliegenden Inschrift daher sicherlich nicht. Ein Gewölbe, welches über einen Toten gelegt wird, könnte beispielsweise ein Steinsarg oder auch ein Grabhügel sein, wobei der eigentliche Terminus für Grabhügel haugr ist. Zur Wortklärung folgt daher zunächst der Blick auf weitere Inschriften mit dem hier zu besprechenden Substantiv. Die Inschrift von U 170 lautet: [: kuni * auk * as(a) * litu * raisa * st-- þina * auk * hualf * iftiR * akn- -un sin an ... ...auþr * i akru * a- -R * krafin * i * kirikiu*karþi * fastulfR * risti * runaR * kuin * raisti * stainhal þisa *]188 In der Inschrift ist die Rede davon, dass die Eltern diesen Stein und das Gewölbe errichten lassen. Zunächst könnte man denken, dass auch das Gewölbe errichtet wurde, da die Inschrift létu reisa st[ein] þenna ok hválf lautet. Dies muss jedoch nicht zwingend der Fall sein, da in Aufzählungen auf Runensteinen häufiger das zweite Verb ungeschrieben bleibt und vom Leser in der Inschrift ergänzt werden muss.189 Ein lagði oder gerði wäre hier also zu ergänzen. Der tote Sohn ist auf Eykrey verstorben und auf dem Friedhof begraben worden. Dies spricht für ein christliches Begräbnis eines bereits getauften Sohnes, da ihm ansonsten die Bestattung in heiliger Erde verwehrt worden wäre. In einem letzten Satz betont Gunni nochmals, dass er diese steinhelli aufstellen ließ. Damit kann entweder der Runenstein oder das hválf gemeint sein, wobei zu Beginn der Inschrift gesagt wurde, dass Gunni beides zusammen mit seiner Frau Ása in Auftrag gab. Das Demonstrativpronomen þessa gibt jedoch den Hinweis darauf, dass mit steinhelli hier mehrere Steindenkmäler gemeint sind, so dass es sich weder auf den Runenstein noch das hválf allein beziehen kann, sondern beide damit meint. Der Beginn der Inschrift ist das formelhafte „x ließ den Stein für y errichten“, im letzten Teil der Inschrift betont Gunni nochmals, dass er es war, 188
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Normalisierung: Gunni ok Ása létu reisa st[ein] þenna ok hvalf eptir Eyn[d, s]on sinn. Hann [varð d]auðr í Eikrey(?). Ha[nn e]r grafinn í kirkjugarði. Fastulfr risti rúnar. Gunni reisti steinhelli þessa. Übersetzung: ‘Gunni und Ása ließen diesen Stein und das Gewölbe errichten nach Eyndr, ihrem Sohn. Er starb auf Eikrey. Er ist auf dem Friedhof begraben. Fastulfr ritzte die Runen. Gunni errichtete diese Steinplatten.’ Bei U 135 lautet die Inschrift × ikifastr × auk × austain × auk × suain × litu * raisa + staina þasa * at * austain faþur × sin × auk × bru × þasa karþu × auk × hauk þana ×. Bei raisa staina und bru karþu liegt jeweils ein Verb vor, im letzten Teil muss bei hauk þana das Verb ergänzt werden.
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der beide Denkmäler in Auftrag gab. Wir erfahren aus dieser Inschrift also, dass ein hválf auch als steinhallr bezeichnet werden kann. Es muss sich dabei um eine Steinplatte handeln, vermutlich eine Grabplatte. Möglich wäre, dass die Eltern damit die Grabplatte ihres Sohnes auf dem Friedhof meinen. Die dritte Inschrift mit dem zu untersuchenden Wort ist nur noch sehr fragmentarisch erhalten, Ög HOV12:21 lautet: ... : lagþi : hual...190 Das Fragment bestärkt die Auskunft der ersten in diesem Zusammenhang zitierten Inschrift (Ög 240), nämlich, dass eine Grabplatte gelegt wurde. Wie bereits erläutert, muss in der Inschrift von U 170 das Verb ergänzt werden, so dass auch dort ein lagði oder leggja anzunehmen ist. Man kann also schlussfolgern, dass ein hválf zunächst gelegt wurde und in einen christlichen Kontext gehört, da U 170 angibt, dass der Gepriesene bereits Christ war und auch Ög 240 mit einem Gebet endet. Es kann nicht den Runenstein selbst bezeichnen, da dieser erstens im Gegensatz zur Grabplatte errichtet und nicht gelegt wurde und zweitens bei U 170 Runenstein und hválf als zwei unterschiedliche Denkmäler unter dem Wort ‘Steinplatten’ zusammengefasst werden. Ein Grabhügel kommt dabei nicht in Frage, da man einen Hügel aufschüttet und nicht legt und Hügel nicht als Steinplatten bezeichnet werden können. Ein hválf kann daher nichts anderes als eine Grabplatte sein, die sich häufig in Kirchen findet und im Mittelalter in Schweden sogar teilweise sowohl mit Runen als auch lateinischer Schrift beschrieben wurde. Das Substantiv hválf n. tritt mindestens in drei Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist hválf n. ‘Grabplatte’. Zwei Belege stammen aus Östergötland, ein Beleg aus Uppland. Der örtliche Zusammenhang von Runenstein und Grabplatte ist in allen drei Fällen unsicher. 4.2.11 kirkja f. Das altnordische Substantiv kirkja f. mit der Bedeutung ‘Kirche’ kommt fünfmal in Runeninschriften vor, es handelt sich dabei um ein Lehnwort, möglicherweise aus dem Griechischen,191 wobei das Wort nicht direkt aus der Ursprungssprache nach Skandinavien kam, sondern vermutlich über das Englische oder Altsächsische verbreitet wurde. Im Zusammenhang der 190 191
Normalisierung: ... lagði hval[f] ... Übersetzung: ‘… legte die Grabplatte...’. Hellquist 1957, S. 541.
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Inschriften ist die Kirche jedoch nie in der Nähe des Runensteins erwähnt, sondern immer der Ort, wo diejenigen, für die der Runenstein errichtet wurde, begraben192 oder verstorben193 sind. Beispiel für eine solche Inschrift ist U 170: ... an ... ...auþr * i akru * a- -R * krafin * i * kirikiu ...194 Es wird nur angegeben, dass der Tote in der Kirche begraben wurde. Wo sich diese Kirche befindet und in welcher Relation zu diesem Ort der Runenstein steht, verbleibt ungesagt. Die Inschrift von Öl ATA4377/56A ist zu fragmentarisch, um überhaupt gedeutet werden zu können, nur das Wort kirkra ‘Kirche’ ist dort zu lesen. Im Fall von Sö 47 handelt es sich vermutlich nicht um das Substantiv kirkja, denn die Inschrift lautet [ry]...R : kiarþi : kuml : þat:si : eftiR : osmunt : sun : sin + han : is : krafin : o * ku... rauR uart : at : ryR:iks : sun195 Die Formulierung o ku... spricht eher dafür, dass es sich um einen Ort handelt, möglicherweise Gotland, da das Begräbnis in einer Kirche in anderen Fällen mit i statt o wiedergegeben wird. Ein Beispiel dafür ist die Inschrift von Öl 36, sie lautet: ... han × iaR × krafin × i × kirikiu ×...196 Sogar der Name der Kirche wird auf U 687 zusammen mit dem Ort benannt, die Inschrift lautet: ... an uaR : tauþr : i hulmkarþi : i olafs * kriki ...197 Der Tote verstarb in Holmgard in der Kirche des Heiligen Olaf, wobei die Formulierung hann var dauðr nicht bedeutet, dass er in dieser Kirche starb, sondern nur, dass sich seine Leiche dort befindet. Er könnte daher durchaus
192 193 194 195
196 197
U 170, Öl 36 und Sö 47. U 687. Normalisierung: ann [varð d]auðr í Eikrey(?). Ha[nn e]r grafinn í kirkju. Übersetzung: ‘Er starb in Eikrey (?). Er ist begraben in der Kirche...’. Normalisierung: Hrœ[rík]r gerði kuml þetta eptir Ásmund, son sinn. Hann er grafinn á Go[tlandi]/ku[mli] hreyr at Hrœríks son. Übersetzung: ‘Hrørikr machte dieses kumbl nach Ásmund, seinem Sohn. Er ist begraben auf Go… (Gotland?). Das hrauË war (gemacht) nach Hrøriks Sohn.’ Normalisierung: Hann er grafinn í kirkju. Übersetzung: ‘Er ist in der Kirche begraben.’ Normalisierung: Hann var dauðr í Holmgarði í Ólafs kirkju. Übersetzung: ‘Er blieb tot in Holmgarðr in der St. Olafs Kirche.’
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andernorts verstorben sein, während sein Körper später zur Kirche gebracht wurde. Das Substantiv kirkja f. tritt mindestens in fünf Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist kirkja f. ‘Kirche’. Je zwei Belege stammen aus Uppland und Öland und ein Beleg aus Södermanland. Bei keiner Erwähnung wird gesagt ob Runenstein und Kirche in einem örtlichen Kontext stehen. 4.2.12 líkhús n. Bei zwei Runeninschriften ist die Rede von einem sog. líkhús, für dieses Wort gibt es zwei sehr unterschiedliche Deutungen: Brate nimmt an, dass es sich dabei um líknhús handelt, welches in seiner Zusammensetzung das n verloren hat.198 Dies ist insofern möglich, als im Altnordischen häufiger zwischen zwei Konsonanten der mittlere Konsonant (im vorliegenden Fall das n) schwindet. Líknhús leitet sich von líkn f. ‘Gnade, Heilung, Rettung, Vergebung’ ab, dazu gehört das Verb líkna ‘gnädig sein, helfen, vergeben’.199 Hús n. bedeutet ‘Haus, Zimmer’, im Plural auch ‘Gehöft’.200 Übersetzt wird dieses Kompositum mit ‘Gnadenhaus’, welches als ‘Herberge’ interpretiert wird. Jansson dagegen deutet das Wort ausgehend von lík n. ‘Körper, Leiche’201 und hús ‘Haus’ und erhält das Kompositum ‘Leichenhaus’, welches als ‘Grab’ oder ‘Sarg’ interpretiert wird.202 Beide Inschriften (Sö 174 und U 818) sind in ihrem Wortlaut sehr ähnlich. Bei Sö 174 heißt es: [ub]lubR * lit * kira : kuml : likhus : auk : bru * at sun sin : biurn : uaR trebin : a : kut:lanti : [...]203 Das genannte líkhús sowie kumbl und eine Brücke wurden nach Bjdžrn von seinem Vater gemacht, nachdem der Sohn auf Gotland getötet wurde. Bei U 818 ist zu lesen: 198
199 200 201 202 203
Jansson / Wessén 1949–1951, S. 435. Baetke 2005, S. 385; Fritzner 1973, II, S. 525. Baetke 2005, S. 282; Fritzner 1973, II, S. 100. Fritzner 1973, II, S. 519. Jansson / Wessén 1949–1951, S. 435. Normalisierung: Ólafr(?)/Óblauðr(?)/Upphlaupr(?) lét gera kuml, líkhús/líknhús ok brú at son sinn Bjƭrn, var drepinn á Gotlandi. Übersetzung: ‘Óblauðr (?) ließ kumbl, Leichenhaus/Herberge und Brücke machen nach Bjìrn, seinem Sohn. Er wurde auf Gotland getötet.’
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[knutr : auk : arnburk : auk : kusu]ir : auk : ku[n]ar : auk : halftan : auk : ikifastr [: ristu : stain : þinsi ... ---- i : k]rutum : auk : likhus : auk : bru : k[uþ : hiabi : ot has : nu]204 Die verlorenen Runen geben möglicherweise den Ort an, wo die Person starb, für die die genannten Monumente gemacht und errichtet wurden. Damit ist beiden Inschriften gemeinsam, dass sie nach Personen gesetzt wurden, die an einem anderen Ort verstorben sind und dass man außer dem líkhús auch noch eine Brücke stiftete. Geht man davon aus, dass durch den Wegfall des Konsonanten n hier mit einem Gnadenhaus, bzw. einer Herberge zu rechnen ist, muss man die Frage beantworten, warum man für eine solche Herberge zwei unterschiedliche Wörter auf Runensteinen findet: Während Sö 174 und U 818 líkhús benutzen, wird auf U 996 sælahús für eine Herberge verwendet. Im Altschwedischen sind außerdem sog. siælagardher als Herbergen belegt,205 während es für lík- oder líknhús bislang keine Belege im Altschwedischen gibt. Für eine Interpretation als ‘Leichenhaus’ spricht, dass beide Inschriften dann wörtlich zu nehmen sind und man hier weder mit Schreibfehlern (die sicher nicht auf beiden Belegen an gleicher Stelle vorkommen) oder Konsonantenschwund argumentieren müsste. Aber was könnte ein solches Leichenhaus sein? An ein Haus, welches die Gebeine der Verstorbenen aufnimmt, erinnern Eskilstunakistor (siehe Abb. 9). Dabei handelt es sich um oberirdische Sarkophage aus Stein, die ihre Bezeichnung nach dem ersten Fundort Eskilstuna in Södermanland erhielten, wo besonders viele dieser Grabkisten zu finden sind. Durch die beiden Seitengiebel, die, wie auch der Rest des Sarkophages, reich verziert sind, erhalten sie eine Hausform. Die Verzierung der Eskilstunakistor wurde bereits mehrfach in der Forschung als Weiterentwicklung der späten Runensteine bezeichnet.206 Die ersten Eskilstunakistor datieren in das 11. Jahrhundert207 und sind Indikator für die frühesten Kirchen in Schweden.208 Sie werden zeitlich also parallel zu den Runensteinen eingeordnet, so dass die Errichtung eines Runensteins und die Stiftung eines solchen Sarkophages gleichzeitig erfolgen konnten. 204
205 206 207 208
Normalisierung: Knútr ok Arnbjƭrg ok Guðvér(?) ok Gunnarr ok Halfdan ok Ingifastr reistu stein þenna ... ... í Grjótum ok líkhús/líknhús ok brú. Guð hjalpi ƭnd hans nú. Übersetzung: ‘Knútr und Arnbjìrg und Guðvér und Gunnarr und Halfdan und Ingifastr errichteten diesen Stein ... in Grjótum (?) und Leichenhaus/ Herberge und Brücke. Gott helfe nun seiner Seele.’ Hellquist 1957, S. 918. Kitzler Åhfeldt 2002; Wienberg 1998. Neill / Lundberg 1994. Gräslund 1996a.
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uchung Spracchliche Untersu
Abb. 9: 9 Darstellung einer Eskilstuunakista (nach h Þórhallur Þrááinsson 1999,, S. 24).
Für einne Interpretaation als ‘Leeichenhaus’ spricht, dasss beide Insschriften w dann wörtlich zu neehmen sind und man hieer weder mit Schreibfehllern (die n sicher nicht auf beiiden Belegenn an gleicherr Stelle vorkkommen) oder Kona en müsste. Aber A sonanteenschwund argumentiere was könnnte ein solchhes Leiw chenhaaus sein? Ann ein Haus, welches die Gebeine derr Verstorbennen aufbb. 9). Dabeii handelt es ssich um nimmt,, erinnern Esskilstunakistoor (siehe Ab m ersten oberirddische Sarkopphage aus Stein, die ihree Bezeichnuung nach dem Fundorrt Eskilstunaa in Södermaanland erhielten, wo bessonders vielee dieser n Seitengiebeel, die, wie aauch der Grabkisten zu findeen sind. Durcch die beiden Rest dees Sarkophagges, reich veerziert sind, erhalten e sie eine Hausfoorm. Die Verzierrung der Eskkilstunakistor wurde berreits mehrfacch in der Forrschung als Weeiterentwickllung der spääten Runenssteine bezeicchnet.209 Diee ersten Eskilstuunakistor daatieren in daas 11. Jahrhu undert210 undd sind Indikkator für 211 die frühhesten Kirchhen in Schweeden. Sie werden zeitlich also parrallel zu den Ruunensteinen eingeordnet,, so dass die Errichtungg eines Runeensteins und diee Stiftung einnes solchen Sarkophages S gleichzeitig erfolgen konnnten. 209 210 211
Kitzzler Åhfeldt 20002; Wienbergg 1998. Neiill / Lundberg 1994. Grääslund 1996a.
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Eskilstunakistor sind eindeutig christliche Monumente, die nur bei Kirchen gefunden wurden. Dazu passt die gute Tat für das Leben nach dem Tod, die Stiftung einer Brücke, die in beiden Inschriften erwähnt wird. Beide Runensteine stammen außerdem aus dem Mälarseegebiet, wo Eskilstunakistor ihre größte Verbreitung haben. Durch ihre Hausform, ihre Verwendung als Sarkophage und die Gleichzeitigkeit mit den Runensteinen sowie ihr Vorkommen in Södermanland und Uppland macht es daher am wahrscheinlichsten, dass man mit líkhús eine in der heutigen Forschung als Eskilstunakista bekannte Grabform ansprach. Für eine Herberge benutzte man dagegen das sowohl auf Runensteinen als auch im Altschwedischen belegte sælahús. Das Substantiv líkhús n. tritt mindestens in zwei Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist líkhús n. ‘Leichenhaus, Eskilstunakista’. Die Belege stammen aus Södermanland und Uppland. Zusammen mit dem Leichenhaus wird in beiden Fällen auch eine Brücke gestiftet. In keiner der beiden Inschriften wird gesagt, dass Runenstein, Brücke und Leichenhaus in einem örtlichen Kontext stehen. 4.2.13 mark n. / mdžrk f. Im Folgenden sollen zwei Inschriften mit dem Substantiv mark oder mdžrk vorgestellt werden. Bislang wurden die hier zu besprechenden Substantive beider Inschriften zu mark n. gestellt212 und ganz allgemein als ‘Zeichen’ übersetzt. Eine solche Interpretation ist jedoch nicht ohne weiteres durchführbar, da ein neutrales Substantiv mark kein -u im Genitiv oder Dativ aufweisen kann, was jedoch in einer der beiden Inschriften eindeutig vorliegt. Im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Wörtern werden daher an dieser Stelle zunächst die Inschriften und die dadurch überlieferte Form des Substantivs vorgestellt, bevor eine Herleitung und Übersetzung des Substantivs gegeben wird. Die erste Inschrift, die das Substantiv verwendet, ist Sö 11: fraybiarn : auk : kuþrun : þau : ritu : stain : at * romunt * sun * sin * snialan * haiR * at * marhu * roþkais * broþiR * kuþ * hialbi * antu * ybiR * hiok runaR [iRma : k]213 212 213
Peterson 2006, S. 42. Normalisierung: Freybjƭrn ok Guðrún þau réttu stein at Hróðmund, son sinn snjallan, hér at mƭrku, Hróðgeirs bróðir. Guð hjalpi ƭndu. Œpir hjó rúnar. ... Übersetzung: ‘Freybjìrn und Guðrún errichteten den Stein nach Hróðmund, ihrem tüchtigen Sohn, hier auf Grenzen, Hróðgeirs Bruder. Gott helfe seiner Seele. Œpir schlug die Runen...’
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Sprachliche Untersuchung
Das hier zu behandelnde Substantiv wird Runenschwedisch als marhu geschrieben, davor steht die Präposition at. Diese Präposition steht entweder vor dem Dativ oder dem Genitiv des nachfolgenden Substantivs. In Ausnahmefällen steht sie auch mit dem Akkusativ, eine Übersetzung, die in dem vorliegenden Fall jedoch nicht möglich ist. At ist hier außerdem weder als Infinitivzeichen noch als Konjunktion oder als Adverb vor einem Komparativ aufzufassen, es verbleibt nur die Möglichkeit von Dativ oder Genitiv des nachfolgenden Substantivs. Folgt man den gängigen Deutungen des Substantivs als mark n. müsste der Genitiv marks, der Dativ marki lauten. Die Endung -u im Dativ ist jedoch nur für Feminina belegt. Die in dieser Inschrift vorliegende Formulierung at mdžrku kann daher keinesfalls von mark n. kommen, sondern muss auf ein feminines Substantiv zurückgehen. Dabei kommt das feminine Substantiv mdžrk f. in Frage. Es gehört zu den femininen ǀ-Stämmen und geht vermutlich auf ein germ. *markǀ-, f. mit der ursprünglichen Bedeutung ‘Grenze’ zurück.214 Die urnordische Endung im Dativ Singular ist dabei ein -u, welches zur Brechung des Vokals in der ersten Silbe führte, danach jedoch geschwunden ist. In einigen Fällen haben wir auch im Altnordischen jenes Dativ -u noch erhalten, beispielsweise bei vielen Feminina auf -ing oder –ung.215 Es könnte daher möglich sein, dass in der vorliegenden Runeninschrift das Dativ -u des Substantivs noch erhalten geblieben ist. Aufgrund des Kasus ist es daher nicht möglich, das Substantiv auf mark n. zurückzuführen. Stattdessen ist in diesem Fall das zugrunde liegende Substantiv mdžrk f. vorzuziehen. Mdžrk f. wird in den gängigen Wörterbüchern mit ‘Wald, Grenzland’216 oder ‘Wald, unbebautes Grenzland’217 übersetzt. Auch Hellquist stellt das altschwedische mdžrk zu got. und ahdt. marka, ‘Grenze’, von germ. *markǀf. ‘Grenze, Grenzwald’.218 Eine Verwandtschaft besteht zu ae. mearcian, ags. markon, ahd. marchon ‘abgrenzen, bestimmen’, air. marg, got. marka oder ae. mearc ‘Grenze’.219 In der Runeninschrift von Sö 11 wird der Dativ Singular von mdžrk zusammen mit dem Adverb hér benutzt, der Runenstein soll hér at mdžrku stehen. Geht man von einer Übersetzung als ‘Wald, Grenze, Grenzland’ aus, so wäre der Runenstein entsprechend der Inschrift „hier auf der Grenze“ errichtet worden. 214 215 216 217 218 219
Hellquist 1957, S. 630. Beispielsweise im Fall von dróttning [=Königin], dessen Dativ dróttningu lautet. Möbius 1963, S. 305; Baetke 2005, S. 435. Fritzner 1973, II, S. 653. Hellquist 1957, S. 630. de Vries 1962, S. 379.
Sprachliche Untersuchung
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Die zweite Runeninschrift, die vermutlich das Substantiv mdžrk f. beinhaltet, findet sich auf dem Runenstein Vg 4. Auch sie unterstützt die These, dass es sich bei dem genannten Substantiv um ein (Wald-)Grenzgebiet handelt. Die Inschrift lautet: utr : skalt : raisti : stain : þinsi : aftir : þurstain : sun : sin : auk : stain:bru : karþi : (f)(i)(r)(i)(r) : (i)(s) : (a)(t)(i) : (þ)ria : buia : i : homri * auk : þria : tiauku : marka : at : airiki220 Die genannte Person besaß also drei Höfe und 30 marka. Eine Übersetzung von mark n. ‘Zeichen’ würde auch in diesem Kontext keinen Sinn machen. Dagegen wäre es jedoch möglich, dass der Großbauer Oddr neben seinen drei Höfen noch 30 Landgebiete besitzt, die zum Grenzland gehörten. Auch 23 Waldgebiete wären in diesem Kontext möglich. Allerdings ist in der Inschrift nicht zu lesen, dass der Runenstein in einem dieser Gebiete errichtet wurde. Das Substantiv mdžrk f. tritt mindestens in zwei Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist mdžrk f. ‘Grenzwald, Grenze’. Die Belege stammen aus Västergötland und Södermanland. Die Inschrift aus Södermanland legt nahe, dass sich der Runenstein auch auf dieser Grenze befindet. 4.2.14 óðal n. Das Substantiv óðal wird auf zwei Runensteinen genannt und bedeutet ‘Eigentum, erblicher Grundbesitz, Familieneigentum, Stammgut’.221 Das altschwedische óþal/óþol, in schwedischen Dialekten auch als o(e)l/ole vorkommend, wird mit ‘Grundstücksbesitz’ oder ‘Erberde’ übersetzt, etymologisch verwandt mit altsächs. ôthil ‘Erberde’, ahd. uodal ‘Heimat’ und got. haimôþil ‘Heimat’.222 Es handelt sich dabei also um Landbesitz, der innerhalb der Familie weiter vererbt wurde. Ein óðalborinn ist im Altnordischen ein freier Mann,223 der sich durch seinen Landbesitz, óðal, von Leibeigenen und Sklaven unterscheidet. 220
221 222 223
Normalisierung: Oddr Skald reisti stein þenna eptir Þorstein, son sinn, ok steinbrú gerði fyrir. Er átti þrjá býja í hamri ok þrjá tigu marka at Eiríki. Übersetzung: ‘Der Skalde Oddr errichtete diesen Stein nach Þorsteinn, seinem Sohn, und machte die Steinbrücke für ihn. Er besaß drei Höfe in Hamarr und 30 abgegrenzte Stück Land bei Eirikr.’ Baetke 2005, S. 463; Möbius 1963, S. 320; Cleasby / Vigfússon 1957, S. 470; Fritzner 1973, II, S. 859. Hellquist 1957, S. 723. siehe Baetke 2005, S. 463.
190
Sprachliche Untersuchung
Dazu ist auf dem Runenstein von U 130 Folgendes zu lesen: biurn ‚ finuiþaR sun lit ‚ haukua ‚ hili þisa ‚ aftiR ulaif bruþur sin ‚ hon uarþ suikuin o f(i)(n)aiþi ‚ kuþ hialbi on hons ‚ iR þisi biR ‚ þaiRa uþal uk at(r)fi ‚ finuþaR sun o ilhiastaþum224 Bjdžrn, Stifter des Steins, gibt durch Verwendung des Nominativs Singular óðal zusammen mit dem Demonstrativpronomen þisi an, dass der Runenstein auf dem Grundbesitz der Erben errichtet wurde. Þessi býË, dieser Hof, wird als óðal der Hinterbliebenen bezeichnet. Im Fall von Sö 145 ist dieser räumliche Zusammenhang zwischen Runenstein und Land nicht gegeben, die Inschrift lautet: A: [: tusti : austin : þiR : raistu : at : tuka : sniR : kiarþu * at : san :: faþur :: snialan :] B: tuki : ati : ru harfan : krimulfu :: ati : hafan : iu : ata i :: uþuli225 Zwar wird auch hier von Erbbesitz gesprochen, der für immer im Besitz der Familie verbleiben soll, aber der örtliche Zusammenhang zum Standort des Runensteins bleibt hier ungenannt. Das óðal des Vaters, welches ein Hof ist, den er sich mit einem anderen Mann teilte, geht der Inschrift zu Folge auf die beiden Söhne über. Als óðal kann somit auch nur ein Teil eines Hofes angesprochen werden. Das Substantiv óðal n. tritt mindestens in zwei Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist óðal n. ‘erblicher Grundbesitz’. Die Belege stammen aus Uppland und Södermanland. Die Inschrift aus Uppland legt nahe, dass sich der Runenstein auch auf diesem erblichen Grundbesitz befindet.
224
225
Normalisierung: Bjƭrn, Finnviðar sonr, lét hƭggva helli þessa eptir Óleif, bróður sinn. Hann varð svikvinn á Finnheiði. Guð hjalpi ƭnd hans. Er þessi býr þeira óðal ok ætterfi, Finnviðar sona á Elgjastƭðum. Übersetzung: ‘Bjìrn, Finnviðs Sohn, ließ diese Steinplatten schlagen nach Óleifr, seinem Bruder. Er wurde in Finnheiðr betrogen. Gott helfe seiner Seele. Dieser Hof ist ihr erblicher Grundbesitz und Erberde der Finnviðs Söhne in Elgjastaðir.’ Normalisierung: A: Tosti, Eysteinn, þeir reistu at Tóka. Synir gerðu at sinn fƭður snjallan. B: Tóki átti bý(?) halfan(?), Grímulfr átti halfan(?) bý(?) alda(?) í óðali(?).Übersetzung Seite A: ‘Tosti und Eysteinn errichteten nach Toki. Die Söhne machten nach ihrem tüchtigen Vater.’ Seite B: ‘Toki besaß die Hälfte des Hofes, Grímulfr besaß den halben Hof für immer als erblichen Grundbesitz.’
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4.2.15 spdžng f. Das Substantiv spdžng f., welches im Plural spengr lautet, wird als ‘dünne Platte, Metallband, Eisscholle’ und ‘Eisbrücke’ übersetzt.226 Möbius übersetzt als ‘Platte’ oder ‘Eisstücke, die als Brücke dienen können’.227 Cleasby / Vigfússon geben als Übersetzung ‘Spange’ an, oft im Kontext von Rüstungen. Auch Eisschollen, die eine Brücke über das Wasser bilden, werden als spdžng bezeichnet.228 Fritzner übersetzt mit ‘Metallband, dünne Platte’ und gibt als deren Verwendung Rüstungen oder kultische/liturgische Gegenstände an.229 Im Altschwedischen wird spång als ‘Steg über einen Bach’ übersetzt,230 ein Substantiv, welches aus germ. *spangǀ- entstanden ist. Die ursprüngliche Bedeutung war ‘Spange, dünne Metallplatte, Eisgürtel über den Fluss’, später auch eine ‘kleine schmale Fussgängerbrücke’.231 Als ‘Fussgängerbrücke’ oder ‘Kleiderspange’ deutet auch Söderwall das Altschwedische spang.232 Zwei Inschriften belegen dieses Substantiv, nämlich Ög 147 und Sö 74. Ög 147 lautet: suin * auk * satar * þa[im *] kirþu s(b)akaR * iftiR * fukla * br(u)þur*sun * sin233 Hier wird berichtet, dass nach dem Neffen spengr gemacht wurden. Die Inschrift von Sö 74 lautet: þuraaR : raisti : stain : þansi : at : sun : sin : kurR : auk : kiarþi : sbankaR : ufiR * sun :234 In dieser Inschrift wurde ebenfalls ein Stein und mehrere spengr nach dem Verwandten, in diesem Fall dem Sohn, gemacht. Die verwendete Präpo226 227 228 229 230 231 232 233
234
Baetke 2005, S. 59. Möbius 1963, S. 404. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 585. Fritzner 1973, III, S. 505. de Vries 1962, S. 540. Hellquist 1957, S. 1056. Söderwall 1884–1918, S. 462. Normalisierung: Sveinn ok Sandarr þeir gerðu spengr eptir Fugla, bróðurson sinn. Übersetzung: ‘Sveinn und Sandarr machten spengr nach Fugli, Sohn ihres Bruders.’ Normalisierung: Þórir(?)/Þorgeirr(?) reisti stein þenna at son sinn Gorm/Gyrð(?) ok gerði spengr yfir son. Übersetzung: ‘Þórir (?) errichtete diesen Stein nach seinem Sohn Gorm und machte spengr über den Sohn.’
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sition yfir kann in diesem Fall zu einer Deutung führen. Yfir wird gemeinhin mit ‘über’ übersetzt und im Kontext von Runeninschriften immer dann benutzt, wenn ein Stein über einen Verstorbenen gelegt wird, womit eine Grabplatte gemeint ist. Ein Beispiel dafür ist z. B. Vg 50, eine Grabplatte aus dem beginnenden 11. Jahrhundert. Untersucht man alle Inschriften, die eine Präposition yfir beinhalten, handelt es sich dabei ausschließlich um Grabplatten.235 Der hier vorliegende Sö 74 ist jedoch eindeutig keine Grabplatte, da in der Inschrift zu lesen ist, dass man den Stein errichtete. Auch Fundkontext und Ornamentik geben keinen Hinweis darauf, dass hier eine Grabplatte vorliegen könnte. Trotzdem besagt die Inschrift, dass spengr über den Verstorbenen gemacht wurden. Würde man das Substantiv spdžng entsprechend der jüngeren schwedischen Belege als ‘kleine Brücke’ deuten, ist nicht ersichtlich, warum statt der zumeist verwendeten Präposition eftir in diesem Kontext yfir benutzt wird, welches ansonsten ausschließlich im Kontext von Grabplatten benutzt wird. Brücken errichtet man zwar für bzw. nach Verstorbenen aber niemals über ihnen. Es muss sich bei spdžng also um ein Denkmal handeln, was man auch über Verstorbenen errichten konnte. Zusammen mit der Präposition yfir, die ausschließlich in Verbindung mit Grabplatten benutzt wird, könnte es sich dabei womöglich um eine hölzerne Grabplatte handeln. Diese sind für das Mittelalter auf christlichen Friedhöfen häufig belegt, Zajic beschreibt sie wie folgt: Die älteste Form des Grabmals in unserem Raum ist die schlichte, den Grabschacht oder das einfache Erdebegräbnis der Leiche bedeckende Grabplatte, in ihren Maßen etwa der Größe des menschlichen Körpers angepaßt, manchmal annähernd trapezförmig ist.236
Die zu Beginn dieses Abschnitts angeführten Wortübersetzungen für spdžng in den gängigen Wörterbüchern als ‘dünne Platte’ oder ‘Zierspange’ schließen eine solche Wortbedeutung nicht aus. Sie zeigen außerdem, dass die Grundbedeutung des Wortes ‘etwas zusammenhalten’ sein muss, denn diese Bedeutung ist in ‘Spange’ ebenso wie ‘Metallband’ und ‘Fußgängerbrücke’ erhalten. Es ist außerdem belegt, dass man „seit der Völkerwanderung bei den Germanen verbreitet“ die Bretter, die zum Transport der Leiche dienten, nach dem Begräbnis als kleine Holzbrücken verwendet hat,237 eine Bedeu235
236 237
Vg 87, Vg 21, Ög HOV8;19, Ög 141, Vg 50, Ög 213, Ög FV1943;317b, Sö 74, Sm 95, Vg 53, Ög FV1958;252, Ög N290, Ög 52, Ög FV1959;246, Ög FV1959;248, Sm 79, Sm 166, Ög N251, Ög HOV4;18, Ög N294, Ög HOV17;23 (nach Peterson 2006). Zajic 2004, S. 160. Dinzelbacher 1973, S. 630.
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tung, die für das Wort spdžng belegt ist. Es könnte sich bei dem Wort spdžng daher auch möglicherweise um diese Leichenbretter handeln, die nach dem Begräbnis als Stege benutzt wurden und damit die Verbindung von einer im Bestattungskontext benutzten Präposition yfir zu einer Brücke bilden; der Wortbedeutung, die spdžng in jüngerer Zeit im Schwedischen erhielt. In beiden genannten Inschriften ist keine Aussage zum örtlichen Verhältnis von Runenstein und jenen spengr gemacht worden. Das Substantiv spdžng f. tritt mindestens in zwei Inschriften auf. Eine mögliche Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist spdžng f. ‘Holzbrett, Steg’. Die Belege stammen aus Östergötland und Södermanland. Keine Inschrift gibt an, dass zwischen dieser Platte und einem Runenstein eine räumliche Verbindung besteht. 4.2.16 steinar m. (Pl.) Das Substantiv steinn m. ist sicher das am häufigsten vorkommende Wort auf Runeninschriften, da es Bestandteil der gebräuchlichsten Formel „x errichtete den Stein für y“ ist. Über die Übersetzung des Wortes besteht Einigkeit: Das altnordische Substantiv steinn m. entspricht dem deutschen ‘Stein’ und ist in allen skandinavischen Sprachen in gleicher Bedeutung weiterhin erhalten. Es handelt sich dabei um die standardisierte Bezeichnung für den Runenstein, die in 1 424 Inschriften verwendet wird, damit jedoch keinerlei Auskünfte über Besonderheiten oder den Standort des jeweiligen Steins gibt. Interessant für die Standortfrage ist, wenn in den Inschriften der Plural von steinn, steinar, angegeben wird. Dies deutet darauf hin, dass neben dem Runenstein noch weitere Steine errichtet wurden, beispielsweise weitere Runensteine, aber auch Bild- oder Bautasteine, die mit dem Runenstein ein Ensemble bildeten. 114 Inschriften benutzten dieses Substantiv im Plural und geben damit an, dass neben dem jeweiligen Runenstein noch weitere Steine gesetzt wurden.238 Die Belege verteilen sich dabei auf 12 der insgesamt 19 schwe238
DR 365, KJ 80, G 134, G 136, G 280, Hs 14, Öl 3, Öl 4, Öl 15, Öl 21, Öl 22, Öl 40 Öl Fv1911;274, Öl ATA 4064/60A, Öl ATA 4065/60D, Öl ATA 411-45681998B, Ög 107, Ög 166, Ög 197, Ög 202, Ög 212, DR 314, DR 317, DR 321, DR 328, DR 329, DR 330, Sm 33, Sm 122, Sm 151, Sm 169, Sö 34, Sö 35, Sö 36, Sö 134, Sö 169, Sö 178, Sö 206, Sö 328, Sö 356, Vg 23, Vg 27, Vg 170, Vs 1, Vs 13, U 2, U 23, U 36, U 62, U 72, U 127, U 135, U 136, U 137, U 141, U 147, U 150, U 153, U 155, U 164, U 165, U 207, U 208, U 216, U 226, U 236, U 239, U 243, U 255, U 256, U 261, U 267, U 269, U 285, U 289, U 293, U 296, U 297, U 326, U 329, U 330, U 332, U 352, U 357, U 376, U 545, U 546, U 549, U 608, U 631, U 647, U 706, U 766, U 778, U 779, U 831, U 876, U 901, U 904, U 937, U 959, U 991, U 997, U 999, U 1013, U 1041, U 1057, U 1067, U 1142, U 1144, U 1165,
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dischen Landschaften, in denen bislang Runensteine entdeckt wurden.239 Das Substantiv steht dabei 63 x zusammen mit dem Verb reisa ‘errichten, aufrichten’, je 14 x mit den Verben rita ‘schreiben’ und rísta ‘ritzen’, sechsmal zusammen mit hdžggva ‘schlagen’, je zweimal zusammen mit standa ‘stehen’ und setja ‘setzen’ und einmal zusammen mit gera ‘machen’. Bei 12 Steinen ist kein Verb vorhanden bzw. ist die Inschrift so fragmentarisch, dass das Verb nicht mehr eindeutig lesbar ist. Von den insgesamt 114 Inschriften mit dem Substantiv steinn im Plural haben 46 Inschriften ein Demonstrativpronomen, welches anzeigt, dass die erwähnten Steine bei dem Runenstein errichtet wurden. Ist von ‘diesen Steinen’ in der Inschrift die Rede, muss der Leser dieser die genannten Steine auch sehen können. Ein Beispiel dafür ist U 778 mit der Inschrift: þialfi × auk × hulmnlauk × litu × raisa × staina þisa × ala × at baka × sun sin × is ati × ain × sir × skib × auk × austr × stu[rþi ×] i × ikuars × liþ × kuþ hialbi × ot × baka × ask(i)l × raist240 Die Inschrift gibt an, dass Þjalfi und Holmlaug alle diese Steine nach ihrem Sohn errichten ließen. Vier weitere Steine benutzten den Zusatz báðir ‘beide’, beispielsweise Sö 178 mit der Inschrift hikkulfr × auk × aulfr × þaiR × letu × raiisa × staina × baþa × at + broþur × sin × kitilmut * auk × bro × iftiR × somu × moþur × sina × in × iruni × (h)iuk × broþiR + hinaR ×241 Auch in diesen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass beide Steine, die errichtet wurden, auch zusammen standen.
239
240
241
U ATA 6243/65, U Fv1953;274 und U Fv1973;194. Blekinge (1), Bohuslän (1), Gotland (3), Hälsingland (1), Öland (10), Östergötland (5), Skåne (6), Småland (4), Södermanland (9), Västergötland (3), Västmanland (2) und Uppland (69). Es fehlen Dalarna, Gästrikland, Halland, Jämtland, Medelpad, Närke und Värmland. Normalisierung: Þjalfi ok Holmlaug létu reisa steina þessa alla at Banka/Bagga, son sinn. Er átti einn sér skip ok austr stýrði í Ingvars lið. Guð hjalpi ƭnd Banka/ Bagga. Áskell reist. Übersetzung: ‘Þialfi und Holmlaug ließen alle diese Steine errichten nach Banka/Bagga, ihrem Sohn. Er besaß für sich ein Schiff und nach Osten steuerte er in Ingvars Gefolge. Gott helfe Bankas/Baggas Seele. Áskell ritzte.’ Normalisierung: Helgulfr(?) ok Eyjulfr þeir létu reisa steina báða at bróður sinn Ketilmund ok brú eptir Sómu, móður sína. En Brúni(?) hjó, bróðir hennar. Übersetzung: ‘Helgulfr und Eyjulfr ließen beide Steine errichten nach ihrem Bruder Ketilmund und die Brücke nach Sóma, ihrer Mutter. Und Bruni, ihr (fem.) Bruder, schlug (die Runen).’
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Einziger Stein mit einer Inschrift im Älteren Futhark in diesem Kontext ist der Runenstein von Rävsal, Stala sn/Bohuslän mit der Inschrift Hariwulfs/Hariþulfs * staina-242 Jene Steine, die für Herjulfr/Hreiðulfr gesetzt wurden, stehen vermutlich alle an einer Stelle, was durch die Inschrift belegt wird, der archäologische Fundkontext des Steins bestätigt dies. Eine in diesem Zusammenhang sehr interessante Inschrift, die mit Rävsal vergleichbar ist, ist der Runenstein von Tomstad in Norwegen. Norwegische Steine werden in dieser Untersuchung nicht behandelt, allerdings trägt der Stein im Älteren Futhark die Inschrift ...an : waruR, von Krause/Jankuhn werden die Runen an als Rest eines Personennamens und waruR als ‘Steingehege’ gedeutet.243 Vielleicht haben wir hier den einzigen inschriftlichen Beleg für eine Steinsetzung. Im Jüngeren Futhark bzw. in Schweden müssen wir jedoch weiter mit dem Plural steinar vorlieb nehmen und es ist davon auszugehen, dass es sich dabei ebenfalls um eine Steinsetzung handelt. Nicht so eindeutig im Bezug auf zusammen stehende Steine verhält es sich mit der Inschrift von Sö 35, sie lautet: lit * igikeR * anan * raisa * stain * at * suni * sina * su[n*]a * kiarþi * kuþ * hialbi * ant * þaira × þuriR * hiu *244 Die Stifterin des Steins gibt an, dass sie hier einen weiteren Stein (annan stein) für ihre Söhne errichtet hat. Allerdings wird aus dieser Feststellung nicht deutlich, ob beide Steine für die Söhne auch tatsächlich am gleichen Ort errichtet wurden. Daher ist diese Inschrift nicht als Beleg für weitere Steine neben dem Runenstein zu werten. Ebenfalls besonders ist die Inschrift von Sö 34, die wie folgt lautet: styrlaugR * auk * hulmbR * staina * raistu * at * bryþr * sina * brau(t)u * nesta * [...]245 In dieser Inschrift erfahren wir nicht nur, dass an diesem Ort mehrere Steine errichtet wurden, sondern dass sie sich außerdem nahe am Weg befin242 243 244
245
Übersetzung: ‘Steine des Hariwulf’ (Krause / Jankuhn 1966, KJ 80). KJ 79. Normalisierung: Lét Ingigeirr/Ingigerðr annan reisa stein at sonu sína, sýna gerði. Guð hjalpi ƭnd þeira. Þórir hjó. Übersetzung: ‘Ließ Ingigerðr einen weiteren Stein errichten, nach ihren Söhnen, sichtbar gemacht. Gott helfe ihrer Seele. Þórir schlug (die Runen).’ Normalisierung: Styrlaugr ok Holmr steina reistu at brœðr sína, brautu næsta. Þeir enduðust í austrvegi, Þorkell ok Styrbjƭrn, þegnar góðir. Übersetzung: ‘Styrlaug und Holmr errichteten die Steine nach ihren Brüdern nahe am Weg.’
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den. Deutliche Parallelen zu Hávamál 72 sind hier in der Inschrift zu erkennen,246 außerdem wurde sie poetisch formuliert, zwei Verse mit Stabreim sind hier angeführt (styrlaugË und staina sowie bryþr und brautu). Das Substantiv steinar als Nominativ Plural von steinn m. tritt mindestens in 114 Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist steinar ‘Steine’. Die Belege stammen aus Blekinge (1), Bohuslän (1), Gotland (3), Hälsingland (1), Öland (10), Östergötland (5), Skåne (6), Småland (4), Södermanland (9), Västergötland (3), Västmanland (2) und Uppland (69). Auffallend ist dabei, dass die Landschaften Blekinge und Bohuslän prozentual einen hohen Anteil an Pluralinschriften haben, in Blekinge haben 12, in Bohuslän 14% der Runensteine eine Inschrift, in der steinn im Plural vorkommt.247 46 der 114 Inschriften legen durch Erweiterung des Substantivs mit einem Demonstrativpronomen einen räumlichen Zusammenhang zwischen dem Runenstein und weiteren Steinen nahe, vier Inschriften belegen diesen durch báðir. In einem Fall ist die Erwähnung weiterer Steine in der Umgebung des Runensteins sehr wahrscheinlich (Rävsal). Bei den restlichen 63 Inschriften ist ein solcher örtlicher Zusammenhang anhand der Inschriften nicht erkennbar. 4.2.17 sælahús n. Bei der Diskussion von líkhús wurde bereits darauf hingewiesen, dass in einer Inschrift (U 996) der Bau eines sælahús erwähnt wird. Dieses Wort setzt sich zusammen aus sæla ‘Glück, Seligkeit’ und hús ‘Haus’ und wird als ‘Herberge, Rasthaus für Reisende’ übersetzt.248 Cleasby/Vigfússon differenzieren noch als ‘refuge, hospice in deserts or mountains to receive travellers’ beispielsweise im Dovrefjell, sie konnte aber auch unmittelbar neben einer Kirche erbaut werden.249 Im Altschwedischen sind sog. siælagardher belegt, bei denen es sich um Herbergen oder Versorgungsanstalten für Arme handelte.250 246 247
248 249 250
Hávamál Vers 72: Sjaldan bautarsteinar | standa brautu nær, | nema reisi niðr at nið. Was jedoch an der geringen Gesamtzahl der Inschriften liegt: In Blekinge hat 1 von 8, in Bohuslän 1 von 7 Inschriften eine Pluralform von steinn. In den übrigen Landschaften ist die prozentuale Verteilung wie folgt: Östergötland 2%; Västergötland 2%; Södermanland 2%; Småland 3%; Gotland 4%; Hälsingland 5%; Uppland 5%; Öland 6%; Västmanland 7%; Skåne 9%. Baetke 2005, S. 633. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 617. Hellquist 1957, S. 918.
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Die Inschrift des hier in Frage kommenden Runensteins U 996 lautet: ainkriþ × auk × in[k]ik[i]r * l[i]tu × r[i]sa × stin * auk ‚ kera ‚ aur ‚ u(t)a (i) (s)u[n]ti ‚ iftiR ‚ þuri ‚ faþur [s]in ‚ þur-- ...(t) ‚ kira ‚ siluaus ‚ iftR ink-[þu]ru × kunu * sina ‚ auk ‚ iftR ‚ -(a)(r)tu iaR251 Der Verstorbene hatte selbst ein Rasthaus erbauen lassen, bevor seine Töchter den Runenstein für ihn errichteten und eine Furt im Sund anlegten.252 Diese Tat liegt allerdings schon einige Zeit zurück, da Þórir nun verstorben ist. Er selbst hatte für diese Tat keinen eigenen Runenstein errichtet, zumindest ist dieser meines Wissens bislang nicht entdeckt worden. In Bezug auf die vorliegende Fragestellung kann jedoch festgestellt werden, dass die Töchter diesen Bau vermutlich nur auf dem Stein vermerkten, um eine Großtat des Vaters zu erwähnen, für die er möglicherweise im Jenseits besondere Gunst erfahren sollte. Als Standort des Runensteins kommt das sælahús nach dieser Inschrift jedoch nicht in Frage. Das Substantiv sælahús n. tritt mindestens in einer Inschrift auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist sælahús n. ‘Herberge’. Der einzige Beleg stammt aus Uppland. Die Inschrift gibt nicht an, dass Runenstein und Herberge am gleichen Ort errichtet wurden. 4.2.18 þing n. Das altwestnordische und altschwedische Substantiv þing n., welches sich vermutlich aus germ. *þingaz 253 entwickelte, bezeichnet einen Versammlungsplatz, die sog. Thingstätte.254 Das Substantiv ist bis in die moderne Zeit überliefert. Die Thingstätte ist durch sechs Inschriften auf schwedischen Runensteinen belegt, jeweils drei der Inschriften stammen aus Södermanland und Uppland. Begonnen wird mit der Inschrift von Sö 137, die wie folgt lautet: A: þura : raisþi : stin : þ--si at : ubi : buanti : sin || B: : stain : saR:si : stanr : at : ybi : o þik*staþi : at ¶ : þuru : uar : han : uestarla : uakti : karla ¶ [sa þar] * sunr þaþ * rakna251
252 253 254
Normalisierung: Ingríðr(?) ok Ingigerðr/Ingigeirr létu reisa stein ok gera aur úti(?) í sundi eptir Þóri, fƭður sinn. Þór[ir](?) [lé]t gera sæluhús eptir Ing[i]þóru, konu sína, ok eptir <-artu> Übersetzung: ‘Ingríðr und Ingigerðr ließen den Stein errichten und machten die Furt draußen im Sund nach Þórir, ihrem Vater. Þórir (?) ließ die Herberge machen nach Ingiþóra, seiner Frau und nach ?.’ Siehe dazu die Ausführungen zu aurr in Kapitel 4.2.1 der vorliegenden Arbeit. Hellquist 1957, S. 1187. Möbius 1963, S. 450; Fritzner 1973, III, S. 1019 f.
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suatau(k)i(f)maR[sua]255 Þóra hat diesen Stein nach ihrem Mann gesetzt und in der Inschrift vermerkt, dass steinn þessi stendr á þingstaði,256 dieser Stein auf dem Thingplatz steht. Sie gibt damit in der Inschrift den genauen Standort an. Der bekannte Runensteinerrichter Jarlabanke hat in Uppland viele Runensteine errichten lassen, einige davon sogar nach sich selbst, während er noch lebte.257 Einer dieser Steine ist U 212, auf dem außerdem zu lesen ist, dass Jarlabanke einen Thingplatz etablierte. Die zweiseitige Inschrift lautet: × iarlibaki × lit × raisa × stan + þina × a... ... ...kuan + han × ati ain × tabu × alan × -... ... ont hans + || × iarlabaki × lit raisa × stain × þin- at sik kuikuan × auk × þinkstaþ × þina × karþi + auk × ain ati + alt hu-(t)ari × þita +258 Der Stein, den Jarlabanke nach sich selbst setzen lässt, trägt die Botschaft, dass er Täby und das gesamte Hundare allein besitzt. Außerdem hat er den Thingplatz eingerichtet, auf dem er auch den Stein errichten lässt. Dies wird durch die Formulierungen stein þenna und þingstað þenna mit den dort verwendeten Demonstrativpronomen deutlich. In der Forschung wurde mehrfach diskutiert, ob der erste Teil der Inschrift auf Seite A früher als Seite B angebracht wurde und ob ein Standortwechsel des Runensteins dazwischen stattgefunden hat.259 Gustavson und Selinge argumentieren für diese These, die in der Frage nach dem Standort des Runensteins jedoch nicht von Relevanz ist, da der Thingplatz in der späteren Inschrift als 255
256 257 258
259
Normalisierung: A: Þóra reisti stein þ[enn]a at Œpi, bónda sinn. B: Steinn þessi stendr at Œpi á þingstaði at Þóru ver. Hann vestarla væknti(?) karla, sá þar sonr þat... Übersetzung A: ‘Þóra errichtete diesen Stein nach Œpir, ihrem Ehemann.’ B: ‘Dieser Stein steht nach Œpir auf dem Thingplatz nach Þóras Ehemann. Er bewaffnete seine Männer im Westen, sein Sohn sah dies...’. Stain : saR:si : stanr : at : ybi : o þik*staþi Die Runenfolge saRsi muss als þessi interpretiert werden. Eine Zusammenstellung und Kartierung aller Jarlabanke-Steine bei Gustavson / Selinge 1988, S. 22. Normalisierung A: Jarlabanke lét reisa stein þenna a[t sik kvi]kvan. Hann átti einn Tábý allan. [Guð hjalpi] ƭnd hans. B: Jarlabanke lét reisa stein þenn[a] at sik kvikvan, ok þingstað þenna gerði, ok einn átti alt hu[n]dari þetta. Übersetzung Seite A: ‘Jarlabanke ließ diesen Stein nach sich errichten, während er noch lebte. Er allein besaß ganz Täby. (Gott helfe) seiner Seele.’ Seite B: ‘Jarlabanke ließ diesen Stein nach sich selbst errichten, während er noch lebte, und machte diesen Thingplatz und besaß einzig dieses ganze Hundare.’ Gustavson / Selinge 1988, S. 46 f.
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Standort für den Runenstein erwähnt wird. Ob der Stein nun bereits dort stand oder erst später dorthin gebracht wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass er schließlich und nach Absicht des Errichters auf dem Thingplatz stehen sollte. Allerdings sagt die Inschrift nicht aus, ob der Runenstein auf einem bereits bekannten Thingplatz aufgestellt wurde, sondern dass Jarlabanke diesen Runenstein und diesen Thingplatz machte. Möglicherweise wurde also auch der Thingplatz an dem Ort etabliert, wo der Runenstein stand. Ein weiterer Thingplatz wird auf U 225 erwähnt: ... uk * arkil * uk * kui * þiR * kariþu * iar * þikstaþ ... ...unu * iki mirki * maiRi * uirþa * þan * ulfs * suniR * iftiR * kir... ...iR * suinaR * at * sin * faþur260 Drei Söhne machten an der Stelle, wo der Runenstein errichtet wurde, einen Thingplatz im Gedenken an ihren Vater. Den örtlichen Zusammenhang von Thingplatz und Runenstein gibt die Formulierung gerðu hér ‘machten hier’. Auch sie geben dadurch in der Inschrift an, dass sie den Runenstein auf dem Thingplatz errichtet haben bzw. den Thingplatz dort etablierten, wo auch der Runenstein stand. Sö 33 berichtet durch seine Inschrift von einem Thingplatz im Osten: + gnubha ÷ liþ : raisa : stain : þinsa : hibtiR : kulaif : bruþur sin han : antaþis : austr : at þikum261 Der Stein wird jedoch nicht auf einem Thingplatz aufgestellt, sondern für den Bruder, der während eines Things im Osten verstarb. Der Thingplatz ist hier nicht Aufstellungsort des Runensteins, sondern Todesort des Gepriesenen. Über den Aufstellungsort des Steins schweigt die Inschrift. Ähnlich handelt auch die Inschrift von Sö 196 von einem Thing im Osten: * hikifriþr * lit * r-isa * sain * þna * iftiR * ayulf * faþur * sin * auk * staf * ayulf- (k)iarþi ** þat * ausþiki * hiuk * asur * ifnti * kina * uistr262 260
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Normalisierung: [Ulfkell](?) ok Arnkell ok Gýi þeir gerðu hér þingstað ... [M]unu eigi merki meiri verða, en Ulfs synir eptir ger[ðu], [snjall]ir sveinar, at sinn fƭður. Übersetzung: ‘Ulfkell(?) und Arnkell und Gýi machten hier den Thingplatz... Wahrscheinlich werden keine merki größer sein als (jene, welche) die Söhne von Ulfr nach ihm (machten), tüchtige Burschen nach ihrem Vater.’ Normalisierung: Gnúpa lét reisa stein þenna eptir Gulleif, bróður sinn. Hann
endaðist austr at þingum. Übersetzung: ‘Gnúpa ließ diesen Stein errichten nach Gulleifr, seinem Bruder. Er starb auf dem Thing im Osten.’ Normalisierung: Ingifríðr lét r[e]isa stein þenna eptir Eyjulf, fƭður sinn, ok staf.
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Die Tochter errichtete den Stein nach ihrem Vater, der ein Thing, welches vermutlich sehr berühmt war, da sie es þat austþingi nannte, im Osten machte. Mit der Formulierung þat austþingi legt sie nahe, dass der Leser der Inschrift weiß, um welches berühmte Thing im Osten es sich dabei handelt. Runenstein und Thing haben nach der Inschrift jedoch räumlich nichts miteinander zu tun. Der bislang letzte Runenstein mit dem Substantiv þing in der Inschrift (U 668) handelt von einem Thinggefolge: ‚ sterkar * auk ‚ hioruarþr ‚ letu * reisa * þensa * stein at ‚ faþur sin keir(a) ‚ sum ‚ uestr ‚ sat ‚ i þikaliþi * kuþ hialbi salu263 Die Inschrift gibt an, dass zwei Söhne den Stein nach ihrem Vater setzten, der im Westen im Thinggefolge saß. Dies bedeutet entweder, dass der Vater auf einem Thing im Westen war, oder, dass er zum Thinggefolge gehörte, welches in den Westen gezogen ist. Von dort kehrte er nicht zurück. Dieser Thingplatz hat ebenso wenig wie die beiden letztgenannten Inschriften etwas mit dem Standort des Runensteins zu tun. Das Substantiv þing n. tritt in mindestens sechs Inschriften auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist þing n. ‘Thingplatz, Versammlungsplatz’. Jeweils drei der Belege stammen aus Uppland und Södermanland. Drei Inschriften geben an, dass der Runenstein auf dem Thingplatz errichtet wurde, wobei unsicher ist, ob der Runenstein auf dem Thingplatz aufgestellt werden sollte oder ob das Thing dort etabliert wurde, wo auch der Runenstein (womöglich aus anderen Gründen) stand. 4.2.19 ta, tá n. Das altnordische Wort tá n. bezeichnet einen ‘festgetrampelten Platz vor dem Haus’.264 Fritzner übersetzt tá als ‘Weg’ oder ‘offener Platz’.265 Das altschwedische ta (manchmal auch thaa) tritt in ganz unterschiedlichen Schreibweisen im Altschwedischen auf, so wird es in schwedischen Dialekten auch als tä, tää, taam, taom oder tääm geschrieben und bezeich-
263
264 265
Eyjulf[r] gerði þat austþingi(?). Hjó øzurr. Efndi(?) Ginna vestr. Übersetzung: ‘Ingifríðr ließ diesen Stein errichten nach Eyjulfr, ihrem Vater und die Stäbe. Eyjulfr machte jenes Thing im Osten. øzurr schlug. Ginna im Westen.’ Normalisierung: Styrkárr ok Hjƭrvarðr létu reisa þenna stein at fƭður sinn Geira, sem vestr sat í þingaliði. Guð hjalpi sálu. Übersetzung: ‘Styrkárr und Hjìrvarðr ließen diesen Stein nach ihrem Vater Geiri errichten, der im Westen saß im Thinggefolge. Gott helfe seiner Seele.’ Baetke 2005, S. 640. Fritzner 1973, III, S. 655.
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net eine ‘Dorfstraße’ oder einen ‘Feldweg’.266 Schlyter gibt als alternative Schreibform noch zusätzlich tæ an und übersetzt ebenfalls mit ‘Weg, Straße, Feldweg’, zusätzlich noch ‘Hohlweg’.267 Als Sonderbezeichnung gibt Schlyter außerdem an, dass ein ta außerhalb der bebauten Fläche eines Dorfes lag und „således omgaf alla byns tomter“.268 Hellquist nennt neben der Übersetzung ‘Dorfstraße’ einen ‘festgetrampelten Platz vor dem Haus’ und leitet das Wort von germ. *tanhu- oder *tanhwia- ab.269 In einigen Ortsnamen blieb das Wort bis heute erhalten, beispielsweise Täby in Uppland. Im Gegensatz zu vegr oder braut handelt es sich bei einem ta um einen kleinen Weg, der in den meisten Fällen unbefestigt ist und sich außerhalb des Dorfes befindet. Von einem solchen tá aus tré n. (=Baum, Holz), also einem ‘hölzernen Weg’, ist in der Inschrift von Sö 122 die Rede. Sie lautet: stain : stanr : at : hastain : raisþi : stalfR : faþiR : at : sun : tauþan : oskutr : kiarþi : tre[te]270 Während der Vater den Stein selbst nach dem Sohn errichtete, gab er einen hölzernen Weg in Auftrag. Ein solches Bauvorhaben ist nur auf diesem einen Runenstein vermerkt. Während ein braut in unwegsamen Gelände angelegt wurde, eine brú über Feuchtgebiete führt und einem vegr ein befestigter Weg ist, kann ein hölzerner tá als ein Weg verstanden werden, der sich außerhalb des Dorfes befindet und die Höfe miteinander verbindet. Einen tá legt man vermutlich nicht an, sondern er entwickelte sich aus oft benutzten Trampelpfaden. Ásgautr befestigte diesen Trampelpfad mit Holz. Dadurch, dass der Runenstein möglicherweise (dies wird nicht explizit durch ein Demonstrativpronomen oder Ähnliches betont) an einem solchen tá stand, bedeutet dies vielleicht auch, dass der Stein außerhalb der Siedlung errichtet wurde. Möglicherweise versuchte der Vater einen Vers mit Stabreim in die sehr individuell formulierte Inschrift einzubringen, in der tauþan und trete den Stabreim tragen. Die Inschrift insgesamt ist nicht metrisch, obwohl Stabreim als Schmuck hier denkbar wäre. Ob der Runenstein unmittelbar an diesem mit Holz verstärkten Trampelpfad steht, geht aus der Inschrift nicht hervor. 266 267 268 269 270
Söderwall 1884–1918, S. 608. Schlyter 1877, S. 632. Schlyter 1877, S. 632. Hellquist 1957, S. 1259. Normalisierung: Steinn stendr at Hástein. Reisti sjalfr faðir at son dauðan. Ásgautr gerði . Übersetzung: ‘Der Stein steht nach Hásteinn. Selbst errichtete ihn der Vater nach dem toten Sohn. Ásgautr machte den Bohlenweg.’
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Das Substantiv tá n. tritt in mindestens einer Inschrift auf. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist tá n. ‘Trampelpfad, Feldweg’. Der einzige Beleg stammt aus Södermanland. In der Inschrift wird nicht gesagt, ob der Runenstein auch an diesem Weg errichtet werden sollte. 4.2.20 vegr m. Das Substantiv vegr m. bedeutet ‘Weg, Flussbett, Reise’.271 Möbius übersetzt vegr m. mit ‘Weg, Richtung, Ehre’,272 Fritzner übersetzt mit ‘Ehre, Fortschritt, Reise, Weg, ausgetrocknetes Flussbett, Ausweg, Richtung’.273 Das altschwedische Substantiv vægher ist von germ. *weЈa- abgeleitet und in einigen schwedischen Ortsnamen belegt, beispielsweise Vägby/Västmanland.274 In der Dichtung wird vegr für ‘Weg, Richtung, Ehre’ benutzt.275 Das Wort begegnet uns in vier Inschriften, von denen die beiden småländischen Inschriften nicht nur von einem vegr sondern einem vegamót sprechen. Die erste der beiden småländischen Inschriften, Sm 45, lautet: * uestin * kar-- * --b- * þesi * efteR * esburn * bruþur * sin * uitrik * þesi * a u-ki*muti276 Nach dem Bruder wird ein Denkmal errichtet, welches á vegamóti stehen sollte. Ähnlich formuliert ist auch die zweite småländische Inschrift, Sm 60, sie lautet: A: * sen * uk u*starki * karþu *; B: * kubl * þesi * efeiR * kuþmut * faþur * sin * uitrk * þasi * o ueha*muti *277 Beide Inschriften besitzen beinahe denselben Wortlaut, so dass hier möglicherweise ein Gedicht oder eine andere Formel zugrunde liegt, die 271 272 273 274 275 276
277
Baetke 2005, S. 707; Cleasby / Vigfússon 1957, S. 689. Möbius 1963, S. 502. Fritzner 1973, III, S. 891 ff. Hellquist 1957, S. 1382. LexPo, S. 599 f. Normalisierung: Vésteinn ger[ði ku]m[l] þessi eptir Ásbjƭrn, bróður sinn, vitring þessa á v[e]gamóti. Übersetzung: ‘Vésteinn machte diese kumbl nach Ásbjìrn, seinem Bruder. Dieses Zeichen an der Wegkreuzung.’ Normalisierung: A: Sveinn/Steinn ok Óstarki gerðu. B: kuml þessi eptir Guðmund, fƭður sinn, vitring þessa á vegamóti. Übersetzung Seite A: ‘Sveinn und Óstarki machten Seite’. B: ‘Dieses kumbl nach Guðmundr, ihrem Vater. Dieses Zeichen an der Wegkreuzung.’
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sehr an die beiden schonischen Inschriften DR 295 und DR 296 erinnert, die eine ähnliche Übereinstimmung der Formulierung in Bezug auf den Standort ‘Anhöhe’ haben. Zunächst wird das Denkmal als kumbl bezeichnet, dann als vitring á vegamóti. Der gleiche Vokal u bzw. der Konsonant v278 deutet auf einen gewollten Stabreim hin. Wie auch im Fall der schonischen Inschriften wird vorausgesetzt, dass trotz aller Formelhaftigkeit der Inschriften hier trotzdem ein reales vegamót zu finden war. Während ueha ein vegr m. ‘Weg’ wiedergibt, kommt muti von mót, n. was einerseits ‘Zeichen, Kennzeichen, Beschaffenheit’ bedeutet, andererseits auch für ‘Treffen, Zusammenkunft’ verwendet wird. Die Übersetzung des Kompositums lautet also entweder ‘Wegkreuzung’ oder ‘Wegzeichen’. Zur passenden Übersetzung verhilft die Präposition á ‘an, auf, bei’. Da in Verbindung mit der Präposition nur ‘Wegkreuzung’ als sinnvolle Übersetzung des Wortes in Frage kommt, sollen Sm 45 und Sm 60 also an einer Kreuzung errichtet werden279. Ähnlich dem hier genannten vegamót n. ist auch brautamót n. für ‘Kreuzung’ im Altnordischen belegt.280 Eine weitere småländische Inschrift benutzt das Substantiv vegr, Sm 75 lautet: s(i)[k]u(a)rþr * (l)e(t) reisa : stein : eftiR * --... --þur : (s)in : at*menr ---- * uek sin : (b)e-an : kuþ hialbi (o)nt : h(a)ns281 Kinander liest in Übereinstimmung mit von Friesen die Runenfolge als uek sin und übersetzt dies mit ‘sein Weg’ oder ‘sein Ansehen’.282 Da in der Deutung des Wortes durch die fragmentarische Überlieferung der Inschrift Unsicherheit besteht, kann sie für die Standortfrage hier nicht weiter benutzt werden. Geht man davon aus, dass hier tatsächlich der Akkusativ Singular veg gemeint ist, so wird über die Relation des Runensteins zu diesem Weg in der Inschrift nichts ausgesagt. Die einzige nicht-småländische Inschrift mit dem Substantiv vegr ist Sö 62, sie lautet:
278 279 280 281
282
Mit der Rune für u geschrieben, sprachlich handelt es sich um den Konsonanten v (w). Zur Bedeutung von Kreuzungen siehe Puhvel 1989. ONP 2000, S. 687; Fritzner III, S. 889. Normalisierung: Sigvarðr lét reisa stein eptir ... [fƭ]ður/[bró]ður sinn. Ættmenn ... veg sinn . Guð hjalpi ƭnd hans. Übersetzung: ‘Sigvarðr ließ den Stein errichten nach ... seinem Vater/Bruder... nach Verwandten ... sein Weg. Möge Gott seiner Seele helfen.’ Kinander 1961, S. 192 ff.
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kuni : rasti stan : þansi : a ragna : sun san : kuþan : i uak : uaþ : taþR uastr283 Mit dem Substantiv vegr wird hier der Todesort des Gepriesenen beschrieben, der auf dem Weg westwärts verstarb. Mit dem Standort des Runensteins hat dieser Weg nichts zu tun. Das Substantiv vegr m. tritt in mindestens vier Inschriften auf. Eine mögliche Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist vegr m. ‘Weg, Richtung’. Drei Belege stammen aus Småland, ein Beleg aus Södermanland. Die auffällige Häufung in Småland deutet eine lokale Tradition an. Zwei Inschriften geben an, dass der Runenstein auf einer Wegkreuzung errichtet werden sollte, wogegen die beiden anderen Inschriften mit Weg eine Richtung beschreiben, die der Tote nahm, mit dem Standort des Runensteins jedoch nichts zu tun hat. 4.2.21 Zusammenfassung Insgesamt wurden in schwedischen Runeninschriften 20 unterschiedliche Wörter nachgewiesen, die weitere Denkmäler neben dem Runenstein selbst bezeichnen. Es handelt sich dabei um die Wörter aurr m. ‘Kieselsand, Furt’; bjarg n. ‘Anhöhe’; braut f. ‘Weg’ (gebrochen durch unwegsames Gelände); brú f. ‘Brücke’; bryggja f. ‘Schiffsanleger’; bý͍ m. ‘Hof; haugr m. ‘Grabhügel’; hlaðbrú f. ‘gepflasterte Steinbrücke’; hreyr m. ‘Steinhaufen; hválf n. ‘Grabplatte’; kirkja f. ‘Kirche’; líkhús n. ‘Leichenhaus, Eskilstunakista’; mdžrk f. ‘Grenzwald, Grenze’; óðal n. ‘erblicher Grundbesitz’; spdžng f. ‘Holzbrett, Steg’; steinar m. Pl. ‘Steine’; sælahús n. ‘Herberge’; þing n. ‘Thing, Versammlung’; tá n. ‘Trampelpfad, Feldweg’ und vegr m. ‘Weg, Richtung’. Diese 20 Wörter verteilen sich auf 301 Runeninschriften. In 11% aller Runeninschriften werden also andere Denkmäler, die sich in vielen Fällen auf den Standort des Runensteins beziehen, erwähnt. In Anbetracht der zumeist standardisierten und kurzen Inschriften bedeutet dies, dass der Standort des Runensteins für die Errichter von Belang war. Einige Inschriften geben an, dass ein benanntes Denkmal eindeutig in örtlichem Zusammenhang zu dem Runenstein steht. Dafür werden in den Inschriften Demonstrativpronomen und Adverbien benutzt. Durch ein Substantiv und ein darauf bezogenes Demonstrativpronomen werden folgende Denkmäler in Runeninschriften als in örtlichem Kontext zu Runensteinen beschrieben: bjarg n. ‘Anhöhe’ (3 von 3); braut f. ‘Weg’ (2 von 7); 283
Normalisierung: Gunni reisti stein þenna at Ragna, son sinn góðan, í veg varð dauðr vestr. Übersetzung: ‘Gunni errichtete diesen Stein nach Ragnar, seinem guten Sohn, der auf dem Weg westwärts verstarb.’
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brú f. ‘Brücke’ (41 von 129); bryggja f. ‘Schiffsanleger’ (1 von 2); bý͍ m. ‘Hof’ (4 von 10; 2 von 10 auf Grenze); haugr m. ‘Grabhügel’ (2 von 3); hválf n. ‘Grabplatte’ (1 von 3); mdžrk f. ‘Grenzwald, Grenze’ (1 von 2); óðal n. ‘erblicher Grundbesitz’ (1 von 2); steinar m. Pl. ‘Steine’ (51 von 114); þing n. ‘Thing, Versammlung’ (3 von 6); und vegr m. ‘Weg, Richtung’ (2 von 4). Andere Denkmäler können aufgrund der Inschriften eindeutig als Standort für den Runenstein abgewiesen werden. Dazu zählen Kirchen, die in Inschriften ausschließlich den Ort beschreiben, an dem der Gepriesene bestattet wurde. Ebenfalls nicht als Standort in Frage kommt das sælahús (Herberge), denn die einzige Runeninschrift, die den Bau einer Herberge erwähnt, rühmt dieses als Tat der verstorbenen Person, während die Errichter des Steins ein anderes Denkmal als Erinnerung für den Toten benennen. Alle verbleibenden Denkmäler sind als Standorte für Runensteine möglich, denn ein Demonstrativpronomen kann nicht als einziger Beleg für einen örtlichen Zusammenhang zwischen Denkmal und Inschrift gelten. Als Teil einer stark formalisierten Inschriftentradition verbunden mit Versen dürfen die einzelnen Wörter einer Inschrift nicht ausschließlich wörtlich genommen werden, bzw. entspricht ihr Fehlen einer Absicht, die im Inschriftenkonzept des Steins begründet liegt. In einigen Fällen geben Steingröße, Runenanordnung und Vers die Anzahl und Art der benutzten Wörter vor. Demonstrativpronomen und Adverbien machen das genannte Denkmal als Standort wahrscheinlicher, sind aber keinesfalls die einzig gültigen Hinweise dazu. Die Denkmäler, die auf den Runensteinen in Zusammenhang mit dem Standort des Runensteins benannt werden, kann man folgenden Gruppen zuordnen: 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)
herausragende natürliche Plätze infrastrukturelle Anlagen Siedlungen Gräber Grenzen Steinmonumente Versammlungsplätze
Denkmäler, die seltener auf Runensteinen benannt werden, müssen nicht zwangsläufig weniger Relevanz haben. Dies ist zunächst ausschließlich Ergebnis dessen, was die Stifter der Steine als Inschrift bevorzugten, und dabei ist zu bedenken, dass aufgrund des geringen Platzangebotes für Runen auf dem Stein, ästhetisches Empfinden, Mode und gewollte Stabreime einige Wörter häufiger als andere benutzt wurden. Für einige Errich-
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ter war es möglicherweise nicht wichtig, den Standort des Runensteins in der Inschrift zu erwähnen, er ist ja offensichtlich und vermutlich allgemein bekannt. Vielleicht sind es daher nur die besonderen Standorte, die von einer allgemeinen Tradition abweichen, welche in den Inschriften explizit erwähnt werden. Eine Wertung oder gar Abstufung kann daher mit dieser Untersuchung keinesfalls einhergehen. Ein eindeutiges Bild über Runensteine und die sie umgebenden Denkmäler ist erst in einer Verknüpfung von archäologischen und sprachlichen Ergebnissen zu erhalten, die im Verlauf dieser Arbeit noch folgen wird. Zuvor werden im Rahmen der sprachlichen Auswertung der Inschriften die Bezeichnungen für den Runenstein selbst analysiert, um möglicherweise weitere Hinweise auf den Standort der Steine zu erhalten.
4.3 Substantive, die den Runenstein selbst bezeichnen Neben Denkmälern wie beispielsweise Brücken, die in den Runeninschriften erwähnt werden, findet man dort auch Wörter, die vermutlich den Runenstein selbst bezeichnen. Die gebräuchlichste Formulierung ist dabei steinn m. ‘Stein’, die oft durch ein Demonstrativpronomen ergänzt wird. Dies ist jedoch nicht zwangsläufig der Fall und auch Formulierungen ohne Demonstrativpronomen bezeichnen durchaus den Runenstein und nicht einen wahllosen Stein an einem anderen Ort284. Während die Bedeutung von steinn m. als ‘Stein’ eindeutig ist und dabei weder Angaben zur Beschaffenheit, Größe noch Umgebung des Runensteins gemacht werden, können andere Bezeichnungen für den Runenstein durchaus in diesen Fragen weiter führen. Sie sollen daher im Folgenden alphabetisch vorgestellt werden. 4.3.1 hella f. Das Substantiv hella f. trägt zunächst die Bedeutung ‘flacher Stein, Steinplatte’.285 Fritzner ergänzt noch mit ‘flache, abgespülte Klippe im Meer, Steintafel’.286 Im Altschwedischen ist das Substantiv als hæl(l), hælla m./f. belegt, das germ. Paradigma *hallu- tritt als Grundform in vielen schwedi-
284 285 286
Siehe dazu die einführenden Worte zu Beginn dieses Kapitels (4.1). Möbius 1963, S. 177; Cleasby / Vigfússon 1957, S. 255; Fritzner 1973, I, S. 785. Fritzner 1973, I, S. 785.
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schen Ortsnamen auf, z.B. Hälleby (Hælliby).287 Es bezeichnet einen flachen Stein, häufig einen Grabstein.288 Auffallend ist, dass das Wort häufig in feststehenden Wendungen auftritt, die mit dem Tod zu tun haben. Die Formulierung hlaða hellum at hdžfði e-s bedeutet wortwörtlich ‘eine Steinplatte auf den Kopf vom jmd. legen’, als feststehende Wendung wird sie übersetzt mit ‘jemand unter Steinen begraben’. Ætla at hlaða hellum at hdžfði e-s bedeutet wörtlich ‘beabsichtigen, jemandem eine Steinplatte auf den Kopf zu legen’ und wird übersetzt mit ‘jemanden zu töten beabsichtigen’.289 Das Substantiv hella wird also als eine Art Grabstein verstanden. Insgesamt 12 Runeninschriften beinhalten hella, dazu kommen noch zwei mögliche Belege für ein steinn-hella, auf die später noch näher eingegangen wird. Es zeigt sich, dass hella eine Sonderform des Runensteins ist und in der Inschrift entweder von hella oder von steinn als Bezeichnung für den Runenstein die Rede ist, der Runenstein wird niemals als steinn und als hella bezeichnet,290 ebensowenig als merki oder kumbl. Hella kommt ausschließlich im Singular vor. In fünf Fällen ist außerdem vom Bau einer Brücke die Rede. Beispiel für eine typische hella-Inschrift ist U 90: × uifiriR × lit × hkua × ili × þisa × eftiR × brþur × sin × þerf × auk × munti × at × mah × sin ×291 Acht der 14 Inschriften nennen neben dem Substantiv das Demonstrativpronomen þisa und geben damit an, dass der runentragende Stein selbst gemeint ist.292 Ein Beispiel dafür ist der Runenstein Ög 45 mit der Inschrift : harþi : auk : sikrif : litu : haukua : haili : þaisi : auk : kairþu : buru : þaisi : aiftiR : nan : buþur : sin :litu hakua haili þaisi293 287 288 289 290 291
292 293
Hellquist 1957, S. 384. Söderwall 1884–1918, S. 450. Baetke 2005, S. 246. Eine Ausnahme sind die beiden steinn-hella, die jedoch noch angesprochen werden. Normalisierung: Véfríðr lét hƭggva helli þessa eptir bróður sinn Þerf, ok Mundi at mág sinn. Übersetzung: ‘Véfríðr ließ diese Steinplatte schlagen nach Þerfr, ihrem Bruder, und Mundi nach seinem Schwager.’ Es sind dies: Ög 45, U 90, U 102, U 130, U 145, U 170, U 435 und U RR 1987; 134. Normalisierung: Harði ok Sigreifr létu hƭggva helli þessa ok gerðu brú þessa eptir Nann, bróður sinn. Übersetzung: ‘Harði und Sigreifr ließen diese Platte schlagen und machten diese Brücke nach Nannr, ihrem Bruder.’
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Bei den sechs weiteren Belegen für hella in einer Runeninschrift liegt kein Demonstrativpronomen vor.294 Trotzdem kann aber hier davon ausgegangen werden, dass das Wort hella den Stein selbst bezeichnet. In Anlehnung daran, dass hella eine flache Platte ist, die häufig im Kontext von Tod und Bestattung benutzt wird, wäre es möglich, dass auch Runensteine, die als hella bezeichnet werden, im Kontext einer Bestattung errichtet wurden. Möglicherweise erhalten sie aber diesen Kontext auch bereits dadurch, dass Runensteine generell der Toten Ruhm darstellen, ohne eindeutig über oder neben dem Toten errichtet zu werden. In diesem Fall ist es daher wichtig, den gesamten Stein in die Untersuchung mit einzubeziehen. Es zeigt sich, dass 12 der 14 Runensteine mit dem Wort hella keine einzelnen, aufrecht stehenden Runensteine sind, sondern Felsen, die mit einer Runeninschrift versehen wurden. Nur U 170 und U 435 sind vermutlich aufrecht stehende Runensteine, allerdings ist U 170 heute verloren und U 435 wurde vermauert. Damit erklärt sich erstens die auffällige geographische Verteilung der hella-Inschriften, da Runeninschriften in Felsen in Uppland am häufigsten verbreitet sind und ansonsten nur je einmal in Östergötland und Södermanland vorkommen. Zum zweiten erklärt sich die Verwendung des eher untypischen Verbums hdžggva. Während man einen konventionellen Runenstein bearbeitet und aufstellt, ist der Fels in seiner Form vor Ort schon vorhanden und muss entsprechend nur noch bearbeitet werden. Das Verbum reisa im Kontext der Felsinschriften erfüllt damit keinen Sinn. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass das ansonsten stark verbreitete Verb reisa ‘errichten’ im Kontext von hella nur zweimal vorkommt, nämlich eben genau auf U 170 und U 435, die einzigen beiden aufrecht stehenden Steine, die als hella bezeichnet werden. Dagegen kommt das Verb hdžggva ‘schlagen’, welches generell seltener ist, hier elfmal vor und das Verb rísta ‘beritzen’ zweimal295. Da Runen auf Steine und in Felsen auf ähnliche Art und Weise angebracht wurden, ist zunächst nicht ersichtlich, warum im Bezug zu hella das Verb hdžggva, bei steinn zumeist rísta benutzt wurde. In einigen Fällen wäre es denkbar, dass hella und hdžggva eine Alliteration erbringen, die ebenso durch risti runar erreicht wird und ein möglicher Grund für die Verwendung dieses Verbes sein könnte. Vielleicht war es jedoch auch eine andere Art der Steinbearbeitung, die im Kontext von Felsen das Schlagen der Runen, bei Steinen dagegen ein Ritzen erforderlich machte. Besonders ist schließlich, dass eben diese beiden Inschriften (U 170 und U 435) die einzigen sind, die nicht von einer hella, sondern steinn-hella 294 295
Es sind dies: Sö 359, U 146, U 163, U 265, U 360 und U 497. In der Inschrift von U 163 kommen sowohl hƭggva als auch rísta vor.
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sprechen. Bei genauem Blick auf diese beiden Inschriften fällt auf, dass die Inschrift von U 435 genau an dem Wort steinn-hella abgebrochen ist und eigentlich nur die Runen stain eindeutig lesbar sind. Selbst Wessén/ Jansson geben an, dass hier in der Interpretation der folgenden beiden Runen, die als il gedeutet werden, möglicherweise ein Fehler vorliegt, da erwartungsgemäß ein iftiR folgen müsste.296 Die Rune l bzw. f wurden hier also möglicherweise falsch gelesen oder falsch geritzt. Der folgende Teil der Inschrift ist abgebrochen. All dies spricht dagegen, diese Inschrift überhaupt als hella zu bezeichnen, da es sich bei dem Stein nicht um einen Fels handelt und untypischerweise hier das Verb reisa eindeutig lesbar ist. Auch U 170, die noch übrig bleibende Inschrift mit einem möglichen steinn-hella, ist weit weniger eindeutig als es zunächst scheint. Die Lesung ist stainhal. Die Flexion von hella macht eine Form hal nur schwer möglich, hier wäre nur mit lokaler Orthographie oder Schreibfehlern zu argumentieren, wogegen eine Flexion von hallr, m. hier weitaus wahrscheinlicher ist. hallr m. bedeutet ‘großer Stein’,297 was als Übersetzung ebenso gut passen würde. Aufgrund der Tatsache, dass alle anderen Belege für hella ausschließlich auf einem Felsen zu finden sind und zusammen mit den Verben hdžggva oder rísta stehen und nur die beiden letztgenannten Steine von diesem Muster abweichen, erscheint diese Deutung wahrscheinlich. Die Inschriften haben nichts mit einer hella f. zu tun. Es ist daher zusammenfassend zu sagen, dass hella f. in mindestens 12 Inschriften vorkommt. Die Übersetzung im Kontext der Runeninschriften ist hella f. ‘Fels’. 10 der insgesamt 12 Belege stammen aus Uppland und je ein Beleg aus Södermanland und Östergötland. Es ist daher mit einer lokalen Tradition zu rechnen, die darin begründet liegt, dass man nur in den genannten Landschaften Felsen beritzte. Eine Anbindung an einen Grabkult ist möglich, da das Wort in der späteren Literatur häufig im Kontext von Tod und Bestattung auftritt. Eindeutig festzustellen ist, dass hella einen Felsen mit Runeninschrift bezeichnet und sich allein schon in der äußeren Form dadurch von einem Runenstein unterscheidet. Dafür spricht, dass hella ausschließlich im Singular vorkommt und keine weiteren Denkmalsbezeichnungen (z.B. kumbl oder merki) führt. 4.3.2 kumbl n. Das viel diskutierte kumbl n. ist neben steinn die bekannteste Bezeichnung für den Runenstein. Allerdings ist das Wort bis heute nicht eindeutig ge296 297
Wessén / Jansson 1945, S. 227. Fritzner 1973, I, S. 710.
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deutet und somit auch nicht übersetzt worden298. Es wird in den gängigen Wörterbüchern mit ‘Merkzeichen, Denkmal, Grabhügel’299 oder ‘Zeichen, Markierung, Monument’300 übersetzt. Bei de Vries kommt außerdem als Übersetzung ‘Grabmal, Helmzeichen, Helm’ dazu.301 Möbius übersetzt mit ‘Erhöhung von Grabhügeln’ und gibt an, dass in den Isländersagas kumbl ausschließlich auf Grabhügel bezogen ist.302 Cleasby/Vigfússon unterscheiden die Verwendung in schwedischen und dänischen Runeninschriften und den Gebrauch in der altnordischen Literatur und stellen fest, dass in der Literatur unter einem kumbl ein Grabhügel verstanden wird (cairn), während man bei den Runeninschriften die Übersetzung ‘Denkmal’ vorziehen sollte.303 Es gibt einige altnordische Komposita mit kumbl, die ausschließlich aus dem Bereich von Tod und Bestattung kommen. Kumblbrjótr versteht sich analog zu haugbrjótr ‘der den Grabhügel aufbricht’, kumblbúi analog zu haugbúi ‘Bewohner des Grabhügels, Gespenst’.304 Das altnordische Kompositum kumlasmiðr m. bezeichnet eine ‘Person, die im Kampf so gut ist, dass sie dem Feind eine sichtbare Narbe zufügt’.305 Im Neuisländischen ist das Wort als kuml weiterhin belegt, ebenso im Schwedischen als kummel. Damit ist jedoch heute ein Steinmal für Seeleute gemeint.306 Die Verwandtschaft zu ae. cumbl ‘Feldzeichen’, as. kumbal, ahdt. kumpal ‘Zeichen’ spricht dafür, dass als Grundbedeutung ‘Zeichen’ angenommen werden muss. Das runenschwedische kumbl übersetzt Hellquist als ‘Grabröse, Grabstätte’ und vergleicht dies mit altschwedisch kumbel ‘Zeichen’, die Etymologie ist jedoch umstritten.307 Im Altschwedischen tritt dieses Wort nur in einer finnischen Urkunde aus dem Jahr 1440 auf und bezeichnet dort als komble zwei Steine, die bei einem Steinkreis aufgestellt werden;308 im shetl. ist kuml als ‘Steinhaufen, Erdhügel’ belegt. Eine Herleitung wurde aus griech. gamphós ‘Erhöhung’; griech. gómphos ‘Nagel, Pflock’ oder aus isl. kumbr ‘Klotz’ vorgeschlagen, die 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308
Ein Grund für mich, dieses Wort in meinen Übersetzungen der Inschriften ebenfalls in der Originalform beizubehalten. Baetke 2005, S. 346; Fritzner 1973, II, S. 358. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 357 f. de Vries 1962, S. 333. Möbius 1963, S. 243. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 358. Uecker 1966, S. 9. Fritzner 1973, II, S. 358. de Vries 1962, S. 333. Hellquist 1957, S. 524. Söderwall 1953, S. 427.
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Bedeutung ‘Grab’ habe sich nach Hellquist aus dem auf dem Grab angebrachten kumbl als hölzerne Markierung entwickelt.309 Eine von der Forschung mittlerweile abgewiesene Erklärung leitet das Wort von lat. cumulus ‘Haufen’ ab, eine weitere Möglichkeit wäre eine Herleitung aus der gleichen Wurzel wie anord. kimbull ‘Laubbüschel, Heerzeichen, Grabhügel’.310 Das altnordische Verb kimbla mit der Bedeutung ‘auf etwas häufen’ scheint mit kumbl in der Bedeutung des (Grab)Hügels verwandt. Auch in der poetischen Literatur wird kumbl sowohl für ‘Zeichen’ als auch für ‘Grabdenkmal’ gebraucht.311 Besondere Bedeutung kommt dabei dem kumbl als Königszeichen zu, womit möglicherweise ein Helm gemeint ist.312 Im Fall von Guðrúnarhvdžt 7 bezeichnet die Formulierung kumbl konunga ór kerum valði einen Helm oder sonstiges Machtsymbol eines Königs, in der Atlakviða 24 wird Hdžgni als kumbla smiðr bezeichnet.313 In der Gautrekssaga 24 ist die Rede von einem jötunkuml, einem ‘Riesenkumbl’, eine kumbldys begegnet uns in Grógaldr 1 und bedeutet in dem Zusammenhang ein stattliches Grabmal.314 In der schwedischen Volkskunde ist überliefert, dass Opferhügel für jene errichtet werden sollten, die durch ein Unglück verstarben oder ermordet wurden. Diese Opferhügel nannte man in Närke kummel oder stenkummel, in Uppland röse und in Västergötland kummel.315 An diesem Hügel Vorbeikommende mussten, um nicht selbst vom Unglück ergriffen zu werden, einen Zweig opfern und ihn auf den Hügel werfen.316 Johansen gibt an, dass kumbl nie auf Runeninschriften in Felsen zu finden ist, dagegen jedoch auf den sog. Eskilstunakistor, mittelalterlichen Sarg-ähnlichen Grabkisten.317 Sie folgert daraus, dass es sich bei kumbl immer um etwas von Menschenhand Geschaffenes handeln muss. Ähnlich sieht dies auch Moltke, der aus der Kombination des Wortes kumbl mit dem Verb gera ‘machen’ folgert, dass es sich bei einem kumbl nicht um einen natürlichen Platz handeln kann.318 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318
Hellquist 1957, S. 524. de Vries 1962, S. 333. Guðrúnarhvƭt 7, Atlakviða 24, Kormákr øgmundarson Lv 20, Gautrekssaga 24 und Grógaldr 1. LexPo, S. 347. LexPo, S. 347. LexPo, S. 347. Hagberg 1935, S. 512. Hagberg 1935, S. 512. Johansen 1997, S. 186. Moltke 1985, S. 216.
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Moltke deutet kumbl je nachdem, ob es im Singular oder Plural verwendet wird. Die Verwendung im Plural bezeichnet ein Monument mit Runenstein und Gräbern, wogegen kumbl im Singular nur den Runenstein meint.319 Eine Verwendung im Singular ist jedoch sehr selten.320 Der Runenstein beim Grab sei dabei sichtbares Zeichen dafür, dass eine Gräberfeldweihe vollzogen wurde, die Verbindung zu Gräbern wird hier betont.321 Im Gegensatz dazu argumentiert Nielsen im Fall der dänischen Runensteine, dass Runenstein und Grabhügel nur selten verbunden seien, da Runensteine entweder an leeren oder bronzezeitlichen Hügeln stünden.322 Er geht jedoch nicht näher darauf ein, dass in bronzezeitlichen Hügeln oft mit wikingerzeitlichen Nachbestattungen zu rechnen ist und leere Hügel auch eine Bedeutung für die Menschen der Wikingerzeit gehabt haben könnten. In Schweden ist diese Verbindung zu leeren oder bronzezeitlichen Hügeln nicht zu beobachten, hier stehen die Runensteine in der Regel an eisenzeitlichen Gräbern, sofern diese untersucht wurden, datieren viele gleichzeitig mit den Runensteinen. Nielsen stellt heraus, dass in der dänischen Forschungstradition kumbl zumeist mit Grabhügel übersetzt wird, während man in Schweden kumbl als Bezeichnung für den Runenstein selbst auffasst und mit Denkmal übersetzt.323 Für Nielsen kann kumbl nur auf den Runenstein selbst bezogen sein, da die Gräber in keiner Verbindung zum Stein stehen. Der Gebrauch des Plurals in Bezug auf einen Stein deutet für Nielsen darauf hin, dass es sich dann um ein Runenmonument mit mehreren Steinen handelt. Da Nielsen jedoch betont, dass kumbl meist im Plural vorkommt, spräche dies für eine besonders hohe Anzahl an Steinensembles, die in diesem Ausmaß noch nachzuweisen wären. De Vries geht davon aus, dass ein ursprünglich aufgestelltes Sippenzeichen (kumbl) später seinen Namen auf den gesamten Grabkomplex übertragen habe.324 Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes war ‘Laubbüschel’, aus dem sich ‘Feldzeichen’ entwickelt hat, welches auf einem Grab errichtet wurde. Für ihn steht daher der Runenstein mit der Inschrift kumbl in einem eindeutigen Grabkontext. Reichert weist im Bezug auf Sippenzeichen darauf hin, dass im Beowulf der Feldzeichenträger als cumbles hydre bezeichnet wird und kumbl somit auch für ein Feldzeichen stehen könnte, gleiches gilt auch für das später noch vorzustellende merki, da der merkis319 320 321 322 323 324
Moltke 1985, S. 215. Nielsen 1941, S. 161. Moltke 1985, S. 216. Nielsen 1941, S. 162. Nielsen 1941, S. 163. de Vries 1962, S. 333 f.
Sprachliche Untersuchung
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maðr in den Gulaþingsldžg ein hohes Hofamt bekleidete.325 Eine Übersetzung mit Sippen- oder Feldzeichen könnte daher die ältere Bedeutung des Wortes sein, welches sich dann mit der Zeit zum Sippengrab weiter entwickelt hat. Stahre stellte 1952 sämtliche Bedeutungen des Wortes kumbl in Schweden zusammen.326 Seinen Untersuchungen zu Folge ist das Substantiv heute nur noch in Ortsnamen aus dem schwedischen Schärengarten belegt und bedeutet dort ‘Seemarke’. Ursprünglich war die Bedeutung ‘Heerzeichen’, welches von den Sagaschreibern in ‘Grabhügel’ verändert wurde. Daneben galt kumbl als Bezeichnung für Helmzier, als Seemarkierung, Grenzmarkierung, Hofmarkierung und bei Runensteinen schließlich als Erinnerungsmarkierung.327 Stahre geht davon aus, dass die Entwicklung des Wortes ihren Ursprung als Bezeichnung eines Steinhügels findet, der als Markierung genutzt wurde. Im Laufe der Zeit wurde einer Bedeutung als ‘Markierung’ der Vorzug gegeben.328 Uecker stellt heraus, dass kumbl in den altnordischen Sagas eindeutig ein Grab bezeichnet,329 ebenso in der Skaldik.330 Da die Runensteine jedoch vor der Entstehung der Sagas beschrieben wurden, muss hier hinter dem Wort nicht unbedingt dieselbe Bedeutung stehen. Allerdings ist es auffallend, dass in den Sagas hauptsächlich haugr für einen Grabhügel verwendet wird, während kumbl selten vorkommt. Uecker sieht kumbl daher als Teil eines zur Sagazeit nicht mehr aktuellen Sprachgebrauchs.331 Für ihn ist kumbl „sowohl die Bezeichnung für den an der Grabstätte angebrachten Runenstein wie für den Grabhügel selbst“.332 In jedem Fall handelt es sich also nach Uecker bei kumbl um eine Grabbezeichnung und nicht um die Eigenbezeichnung für einen Runenstein ohne Grab. Fasst man die lange Forschungstradition zu kumbl zusammen, stehen auf der einen Seite de Vries und Stahre, die eine Entwicklung des Substantivs betonen, die ihren Anfang als Sippenzeichen nahm, später zum Grabhügel wurde und dann ganz allgemein eine sichtbare hügelige Markierung bezeichnet. Auf der anderen Seite finden sich viele Forscher, die nach dem Gebrauch des Wortes in Singular und Plural unterscheiden. Für Moltke be325 326 327 328 329 330 331 332
Reichert 1994, S. 325. Stahre 1952. Stahre 1952, S. 168 f. Stahre 1952, S. 261 Laxdæla saga, Kap. 38 oder Landnámabók, Kap. 169. Uecker 1966, S. 9 f. Uecker 1966, S. 10. Uecker 1966, S. 9.
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Sprachliche Untersuchung
zeichnet kumbl im Singular den Runenstein selbst, im Plural den Runenstein und Gräber. Für Uecker bezeichnet der Singular nur Gräber und Plural Runenstein und Gräber. Nielsen dagegen weist die Gräber-Theorie vollständig ab und meint, dass der Singular den Runenstein und der Plural mehrere Runensteine bezeichnet. Warum dann nicht einfach steinn und steinar verwendet wurde, erklärt Nielsen nicht. Trotz der ausführlichen Forschungstradition ist die Forschung bislang nicht auf eine allgemeingültige Übersetzung des Wortes kumbl gekommen. Es erscheint jedoch sinnvoll, de Vries’ Vorschlag zu folgen und eine Entwicklung des Wortes zu sehen, dessen Bedeutung sich immer mehr erweitert hat. Eine spätere Verwendung in der altnordischen Literatur mit der Bedeutung ‘Grabhügel’ und in der volkskundlichen Überlieferung belegten Anwendung auf besondere Grabhügel legen nahe, dass es sich in der Wortbedeutung zumindest in jüngerer Zeit um ein Grab handelte. Die Verwendung von Singular und Plural muss sicherlich auch eine Bedeutung haben, die mit der Übersetzung des Wortes zu tun hat. Denn wie sollte man sonst erklären, dass beispielsweise hella, welches auf beritzten Felsen zu finden ist, ausschließlich im Singular steht, kumbl dagegen so häufig im Plural auftritt? Die Verwendung von kumbl in den schwedischen Runeninschriften wird daher im Folgenden untersucht. Das Substantiv kumbl beinhalten genau 101 Runeninschriften, eine weitere Inschrift (Gs 19) benutzt stein kumbl. Auffallend ist die Verteilung der Belege auf die schwedischen Landschaften, da hier eine deutliche Konzentration im südschwedischen Bereich zu finden ist. Belege finden sich auf Gotland (7)333 und Öland (6)334 sowie in Gästrikland (1),335 Närke (1),336 Östergötland (24),337 Skåne (6),338 Småland (23),339 Södermanland (13),340 333 334 335 336 337
338 339
340
G 72, G 94, G 138, G 203, G 252, G 343 und G 373. Öl 6, Öl 27, Öl 37, Öl 52, Öl ATA4064/60C und Öl Köping40. Gs 19. Nä 3. Ög 8, Ög 29, Ög 40, Ög 65, Ög 73, Ög 75, Ög 89, Ög 94, Ög 131, Ög 139, Ög 154, Ög 160, Ög 174, Ög 200, Ög 220, Ög 229, Ög 231, Ög Fv1958;252, Ög Fv1965;54, Ög Fv1970;310, Ög HOV34;28, Ög N267, Ög NOR2000;35 und Ög SKL1;174. DR 271, DR 277, DR 293, DR 294, DR 318 und DR 337. Sm 9 (unsicher), Sm 13, Sm 16, Sm 27, Sm 32, Sm 35, Sm 36, Sm 37, Sm 40, Sm 45, Sm 46, Sm 60, Sm 62, Sm 65, Sm 113, Sm 121, Sm 126, Sm 138, Sm 139, Sm 142, Sm 143, Sm 163 und Sm SvS1973;4. Sö 18, Sö 46, Sö 47, Sö 88, Sö 103, Sö 116, Sö 143, Sö 173, Sö 174, Sö 281, Sö 296, Sö 319 und Sö Fv1948;289.
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Västergötland (14)341 und Uppland (7).342 Bedenkt man, dass die uppländischen Runensteine die Hälfte aller schwedischen Runensteine ausmachen, ist die Zahl uppländischer Runensteine mit kumbl verschwindend gering. Diese besondere geographische Verteilung muss bei einer Deutung beachtet werden, eine prozentuale Verteilung verglichen mit der Gesamtzahl an Runensteinen pro Landschaft zeigt dies: In Uppland haben nur 0,5% aller Runensteine in ihrer Inschrift einen kumbl (7 von 1311), während in Småland der Wert bei 18% liegt (23 von 129).343 Das Wort ist also entweder eine lokale südschwedische Tradition oder hat mit der zeitlichen Abfolge der Runensteine zu tun, da die uppländischen Runensteine zu den jüngsten zählen, während die südschwedischen Runensteine im Schnitt älter sind.344 Elf der 102 Belege verwenden kumbl im Singular,345 was an dem begleitenden Demonstrativpronomen þetta, bzw. an dem Komparativ betra zu bestimmen ist. Steht das Substantiv allein, ist sowohl Singular als auch Plural möglich, da kumbl in Nominativ und Akkusativ Singular wie auch im Plural dieselbe Form hat. Deshalb ist in 35 Fällen unklar, ob Singular oder Plural vorliegen. 55 x wird der Plural verwendet, was ebenfalls anhand der begleitenden Demonstrativpronomen þessi oder þau bestimmt wurde.346 Bei Ög 174 liegt vermutlich das Verb kumla vor. Die Verwendung von kumbl im Plural überwiegt, jedoch nicht so deutlich, wie in der Literatur manchmal zu lesen ist.347 Die Beobachtung Ueckers, dass kumbl in Runeninschriften mit einer Ausnahme „nur im Plural verwendet wird“348 oder die Aussage von Cleasby/Vigfússon, dass kumbl ausschließ341 342 343 344 345 346
347 348
Vg 67, Vg 100, Vg 101, Vg 103, Vg 106, Vg 115, Vg 118, Vg 119, Vg 125, Vg 168, Vg 169, Vg 171, Vg 176 und Vg 194. U 4, U 323, U 585, U 616, U 620, U 735 und U 1066. Für die weiteren Landschaften: Sö 3%; Öl 4%; Nä 4%; Gä 5%; Go 9%; Sk 9%; Ög 10%; Vg 10%. Mehr dazu im Kapitel zur Datierung (Kapitel 3) der vorliegenden Arbeit. Ög 75, Ög 94, Ög 154, Ög HOV34;28, Sm 16, Sm SvS1973;4, Sö 46, Sö 47, U 4, U 323 und U 585. G 252, Öl 6, Öl 27, Öl 37, Gs 19, Nä 3, Ög 8, Ög 40, Ög 73, Ög 131, Ög 139, Ög 200, Ög 229, Ög Fv1958;252, Ög Fv1970;310, Ög N267, Ög NOR2000;35, DR 271, DR 277, DR 293, DR 294, DR 318, DR 337, Sm 32, Sm 35, Sm 36, Sm 37, Sm 40, Sm 45, Sm 46, Sm 60, Sm 62, Sm 121, Sö 103, Sö 116, Sö 143, Sö 173, Sö 296, Sö 319, Sö Fv1948;289, Vg 67, Vg 100, Vg 101, Vg 103, Vg 115, Vg 118, Vg 119, Vg 125, Vg 168, Vg 169, Vg 171, Vg 176 und Vg 194, U 735 und U 1066. Vgl. Moltke 1985; Nielsen 1941. Uecker 1966, S. 10.
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lich im Plural steht,349 kann damit eindeutig widerlegt werden. In 65 Fällen wird kumbl zusammen mit einem Demonstrativpronomen verwendet, beispielsweise bei Öl 6: [...ofi : lit : kiarua : kuml :] þisa : eftiR : [lofu : kunu : sina :] ...350 Das Monument, welches als kumbl auf dem Runenstein verzeichnet ist, muss daher für den Leser der Inschrift sichtbar gewesen sein. Damit wären entweder der Runenstein selbst und/oder weitere Denkmäler in dessen unmittelbarer Nähe gemeint. In neun Fällen wird in der gleichen Inschrift von stein und kumbl gesprochen, dreimal gleichzeitig von kumbl und merki und einmal von kumbl und hrauË. G 203, G 343 und Sö 18 nehmen eine besondere Stellung ein, da sie in der Inschrift sowohl von kumbl als auch stein als auch merki sprechen. Ob es sich dabei immer um das gleiche Denkmal handelt, das bis zu drei unterschiedliche Bezeichnungen erhält oder ob bei stein, merki und kumbl drei unterschiedliche Denkmäler gemeint sind, wird dabei nicht deutlich. Bei G 203 kann angenommen werden, dass möglicherweise kumbl und sicherlich steinn im zweiten Teil der Inschrift aus Gründen des Stabreims eingesetzt wurden.351 Bei G 343 handelt es sich um einen wiederverwerteten Bildstein, der als Grabplatte genutzt wurde. Die Inschrift lautet: ...n : raisti : kubl : eftiR : hailkaiR : fa... ... ¶ (k)-... ... -aulu : hans : eu : miþan : uaralt : uakiR : ligR : merki : hier : yfiR : mani : þaim : aR : erfiki : iftiR -(e)rþi ¶ ... (a)uk : þorlaifR : þau : ristu stain352 Auch in dieser Inschrift liegt ein Stabreim vor, der Stab liegt auf uaralt uakiR; merki - mani und erfiki - iftiR. Das Substantiv merki wurde hier daher möglicherweise aus kompositorischen Gründen verwendet. Während die Grabplatte als liegendes merki bezeichnet wird, ist außerdem die Rede 349 350 351
352
Cleasby / Vigfússon 1957, S. 357. Normalisierung: [B]ófi/[T]ófi(?) lét gera kuml þessi eptir Tófu, konu sína ... Übersetzung: ...ließ diese kumbl machen nach Tófa, seiner Frau... B sikmutr [--fiR :] sliku : unit kuml C karmanum : þet aR [:] ... kun : hier : mun : stanta stain : a[t] : merki.... Normalisierung: B: Sigmundr [he]fr slíku unnit kuml. C Karlmƭnnum þat er ... kunn. Hér mun standa steinn at merki... Übersetzung: ‘Sigmundr hat also den kumbl gestiftet. Den Männern ist das bekannt... Hier möge der Stein stehen als merki...’ Normalisierung: ... reisti kuml eptir Heilgeir fƭ[ður](?) ... G[uð](?) ... [s]álu hans. Ei meðan verald vakir, liggr merki hér yfir manni þeim, er erfingi eptir [g]erði ... ok Þorleifr þau ristu stein. Übersetzung: ‘... errichtete das/die kumbl nach Heilgeirr, Vater (?)...Gott...seine Seele. Immer, solange die Welt wach ist, liegt das merki hier über diesen Mann, dessen Erben machten... ... und Þorleifr ritzten den Stein.’
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vom Errichten eines oder mehrerer kumbl, die in diesem Fall als Denkmäler unabhängig von der Grabplatte gedeutet werden und die zusätzlich gemacht wurden. Ein Denkmal kann nicht gleichzeitig errichtet und gelegt werden, es werden daher in der Inschrift mehrere verschiedene Denkmäler benannt. Die Inschrift von Sö 18 schließlich ist zu fragmentiert, um hier näher angesprochen zu werden.353 Folgt man Nielsens Theorie, dass kumbl ausschließlich den Runenstein und im Plural weitere Runensteine bezeichnet, müsste angenommen werden, dass ein Runenstein, der als kumbl bezeichnet wird, eine andere Funktion erfüllt als ein Runenstein, den man allgemein mit steinn anspricht. Näheres zur Frage, ob es sich bei kumbl um eine Bezeichnung für den Runenstein handelt, könnte eine Untersuchung der mit den Substantiven verknüpften Verben geben: Die Beobachtung von Moltke kann auch hier bestätigt werden, zumeist steht das Substantiv kumbl zusammen mit dem Verb gera ‘machen’ (in 57 Fällen) während im Kontext des Substantivs steinn das Verb reisa ‘errichten’ bevorzugt wird. Nur 16 mal tritt das Verb reisa zusammen mit kumbl auf. Das Verb rísta ‘ritzen’ kann in neun Fällen beobachtet werden. Noch seltener ist die Kombination mit dem Verb setja ‘setzen’, die nur dreimal in Kombination mit kumbl beobachtet wurde. Ein Beispiel dafür ist die Inschrift von Sö 46, die wie folgt lautet: iskil : auk : knauþimanr : raistu : stain : þansi : at : bruþur : sin : suera : as : uarþ : tauþr * o * eklanti kuml * kiarþu : þatsi : [kitil slakR]354 In dieser Inschrift wird sowohl steinn als auch kumbl erwähnt, wobei steinn zusammen mit dem Verb reisa und kumbl mit dem Verb gera steht. Während Runensteine also zumeist errichtet (reisa) und eine hella geschlagen (hdžggva) wird, werden kumbl gemacht (gera). Dies deutet darauf hin, dass ein einfaches Errichten bei einem kumbl nicht ausreicht, sondern mehrere Arbeitsschritte nötig sind, um ein solches herzustellen. Da neben der eigenartigen Bezeichnung kumbl auch noch die Verbindung zu dem Verb 353
354
Inschrift: ... litu bum rita eft... ... ...al sin akun iu marki Ri : ki... ... ...l stanta : stai... ...]. Normalisierung: ... létu kuml rétta ept[ir] ... ... sinn. Hákon hjó merki. ... ge[rði]. [Hér ska]l standa stei[nn] ... Übersetzung: ‘... errichteten das/ die kumbl nach ... ihren ... Hákon schlug das merki. ... machte. Hier möge der Stein stehen ...’ Normalisierung: Áskell ok Gnauðimaðr(?) reistu stein þenna at bróður sinn Sverra(?), er varð dauðr á Englandi. Kuml gerðu þetta Ketill [ok] Stakkr. Übersetzung: ‘Áskell und Gnauðimaðr(?) errichteten diesen Stein nach Sverri, ihrem Bruder, der in England starb. Ketill und Stakkr machten den /die kumbl.’
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gera besteht, ist hier davon auszugehen, dass man den Runenstein nicht ohne weiteres mit einem kumbl gleichsetzen kann. Es muss sich dabei also entweder um zwei unterschiedliche Denkmäler handeln oder um eine besondere Art des Runensteins, der als kumbl bezeichnet wird. Schließlich sollen an dieser Stelle einige besondere kumbl-Inschriften angesprochen werden, beginnend bei G 343, der nochmals detailliert vorgestellt werden soll. Der Bildstein des 5./6. Jahrhunderts wurde in der Kirche von St. Hans als Grabplatte wieder verwendet. Die Inschrift lautet: ...n : raisti : kubl : eftiR : hailkaiR : fa... ... ¶ (k)-... ... -aulu : hans : eu : miþan : uaralt : uakiR : ligR : merki : hier : yfiR : mani : þaim : aR : erfiki : iftiR -(e)rþi ¶ ... (a)uk : þorlaifR : þau : ristu stain355 Nach der Inschrift wurde ein kumbl für den Vater errichtet und die Grabplatte als merki bezeichnet, die an dieser Stelle bis ans Ende der Zeit liegen soll. Die Ritzer des Steins wurden ebenfalls namentlich erwähnt. In der Inschrift ist also entweder die Rede von einem Denkmal, welches sowohl als kumbl, merki und steinn bezeichnet werden kann, oder es handelt sich um drei verschiedene Typen von Denkmälern bzw. Denkmalsbezeichnungen. Eine liegende Grabplatte wird hier als merki bezeichnet, während man eine Ritzung in das Material Stein anbrachte. Steinn ist diesem Fall also die Materialbezeichnung des merki. Der kumbl hingegen ist hier als ein gesondertes Denkmal zu verstehen, welches neben der steinernen Grabplatte außerdem noch für den Vater errichtet wurde - möglicherweise sogar an dem Platz, wo man den Stein (einen Bildstein des 5./6. Jahrhunderts) zunächst fand, bevor man ihn als Grabplatte wieder verwertete. Ein nicht alltägliches kumbl wird laut der Inschrift von Sm 16 errichtet: A: rostein * auk * eilifR * aki : auk * hakun : reisþu * þeiR * sueinaR * iftiR sin * faþur * kubl keni*likt * B: ftiR * kala * tauþan : þy : mun * ko... ... -m kitit * uerþa * meþ * sin * lifiR * auk * stafiR * run356 355
356
Normalisierung: ... reisti kuml eptir Heilgeir fƭ[ður](?) ... G[uð](?) ... [s]álu hans. Ei meðan verald vakir, liggr merki hér yfir manni þeim, er erfingi eptir [g]erði ... ok Þorleifr þau ristu stein. Übersetzung: ‘... errichtete das/die kumbl nach Heilgeirr, Vater (?)...Gott...seine Seele. Immer, solange die Welt wach ist, liegt das merki hier über diesen Mann, dessen Erben machten... ... und Þorleifr ritzten den Stein.’ Normalisierung: A: Hróðsteinn ok Eilífr, Áki ok Hákon reistu þeir sveinar eptir sinn fƭður kuml kennilikt; B: eptir Kala/Kalla dauðan. Því mun gó[ðs manns u]m getit verða, meðan steinn/með sin lifir ok stafir rúna. Übersetzung: A: ‘Hróðsteinn und Eilífr, Áki und Hákon, diese Burschen errichteten nach ihrem Vater ein
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Die Söhne errichten nach ihrem Vater ein kumbl, welches kennilikt sein soll. Das Adjektiv ist vermutlich aus der gleichen Wurzel wie das altnordische Verb kenna ‘wiedererkennen, kennen’ abgeleitet.357 Da der Runenstein selbst nur 1,35 x 1 m misst, werden die Söhne vermutlich nicht diesen kleinen Stein, der ihnen selbst gerade bis zum Bauch reichte, mit dem Adjektiv kenniligr ‘erkennbar’ gemeint haben. Zu bedenken ist jedoch, dass kuml kennilikt eptir Kala als Vers zu verstehen ist und der Stabreim auf k liegt. Die Wörter wurden also möglicherweise zunächst aufgrund ihrer poetischen Verwertbarkeit und nur in zweiter Linie mit ihrer eigentlichen Bedeutung verwendet. Der zweite Teil der Inschrift ist wie mehrere dänische Inschriften konzipiert, indem gesagt wird, dass die Erinnerung an den Toten so lange lebt, wie der Runenstein besteht.358 In dieser Inschrift wurde kumbl also womöglich für den Stabreim gebraucht. Der relativ kleine Runenstein ist praktisch weit davon entfernt, ein kumbl kennilikt zu sein. Daher wäre auch möglich, dass hier andere, den Stein umgebende und vor allem größere Denkmäler als kumbl angesprochen. Eine letzte ungewöhnliche Formulierung findet sich auf Sö 143: * ayar : let : kiara : kumbl : baþi : eftiR : inkulf : sun : sin : hialbi : krist nat hans.359 Es wird hier betont, dass beide kumbl von einer Person errichtet wurden. Leider ist der Runenstein in der Kirche von Runtuna/Södermanland gefunden worden, so dass unsicher ist, ob möglicherweise ein weiterer Runen- oder Bautastein hier als weiterer kumbl bezeichnet wurde. Eine Person konnte somit zum einen mehr als einen kumbl errichten, zum anderen mehr als einen bekommen, was eine Übersetzung mit kumbl als ‘Grabhügel’ weniger wahrscheinlich macht. Die Ergebnisse zu kumbl in schwedischen Runeninschriften können daher wie folgt zusammen gefasst werden: – Es liegen insgesamt 102 Inschriften mit dem Wort kumbl vor. – Es liegt eine eindeutige Konzentration in Südschweden vor. – 11 x wird der Singular und 55 x der Plural verwendet, in 35 Inschriften ist der Numerus nicht bestimmbar.
357 358 359
erkennbares kumbl’; B: ‘Nach Kalli, dem Verstorbenen. Der gute Mann wird erinnert werden, solange der Stein und die Runenstäbe leben.’ Baetke 2005, S. 322. Kinander 1935, S. 67. Normalisierung: Eyjarr lét gera kuml bæði eptir Ingulf, son sinn. Hjalpi Kristr ƭnd hans. Übersetzung: ‘Eyarr ließ beide kumbl machen nach Ingulfr, seinem Sohn. Helfe Gott seiner Seele.’
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– 65 x wird in Zusammenhang mit kumbl ein Demonstrativpronomen verwendet. – Die Verbverteilung ist wie folgt: 57x gera, 16x reisa, 9x rísta und 3x setja. – G 343 legt nahe, dass steinn und kumbl unterschiedliche Denkmäler sind. – Sm 16 spricht von einem weithin sichtbaren kumbl, während der Runenstein selbst sehr klein ist. – Sö 143 gibt an, dass nach einer Person zwei kumbl gemacht wurden. Auch nach einer ausführlichen Untersuchung der Inschriften kann die Bedeutung des Wortes kumbl nicht näher erschlossen werden. Die Inschriften in Verbindung mit der Etymologie des Wortes und dessen Verwendung im modernen Sprachgebrauch deuten darauf hin, dass es sich um ein deutlich sichtbares Denkmal handelt, welches sich von einem einzelnen Runenstein unterscheidet; in der Machart genauso wie auch in der Bedeutung. Da einige Inschriften von deutlich sichtbaren kumbl sprechen und der entsprechende Runenstein selbst nur sehr klein ist, liegt nahe, dass es sich bei einem kumbl um ein Denkmal handelt, welches größer und komplexer als ein Runenstein ist. Ob dies jedoch mehrere Denkmäler oder nur eine Bedeutungserweiterung des einzelnen Gedenksteins ist, bleibt ungeklärt. Wichtig ist zusätzlich die Verwendung der Verben in diesem Kontext: Während ein Stein zumeist errichtet wird, muss man einen kumbl machen. Hier sind also mehrere Arbeitsschritte nötig, die über das Beritzen und Aufstellen eines Steins hinausgehen. Schließlich muss man bedenken, dass über die Hälfte der erwähnten kumbl im Plural stehen und somit mehr als ein Denkmal bezeichnen. Das Wort kann daher keinesfalls den einzelnen Runenstein allein meinen. Es erscheint außerdem unwahrscheinlich, dass man mit dem Wort mehrere Runensteine bezeichnet hat, da für den Runenstein im Singular die Bezeichnung steinn und im Plural steinar verwendet wird. Auch die auffallende Konzentration des Wortes auf die südschwedischen Landschaften bzw. eine mögliche zeitliche Verwendung müssen bei einer Deutung des Substantivs beachtet werden. Einiges deutet darauf hin, dass mit kumbl Hügel bezeichnet werden, da auch die spätere Überlieferung des Wortes Hügel als kummel bezeichnet. Dabei muss jedoch nicht zwingend ein Grabhügel gemeint sein. Ob ein kumbl daher weitere Denkmäler, möglicherweise Hügel beschreibt oder nur die Bedeutung des Runensteins als Erinnerungsdenkmal erweitert, bleibt ungeklärt (siehe auch unten, Kapitel 5.4).
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4.3.3 merki n. Das altnordische Wort merki n. geht auf germ. *markia- zurück360 und wird übersetzt mit ‘Erkennungszeichen, Merkmal, Kennzeichen, Anzeichen, Bemerkenswertes, Grenze, Feldzeichen’.361 Cleasby/Vigfússon geben als erste Übersetzung ‘Landmarkierung, Grenze’ an, weiter ‘Standarte, Zeichen, Hinterlassenschaft’.362 Fritzner ergänzt noch die Bedeutung ‘Schwertzeichen’.363 Im poetischen Gebrauch verwendet man das Substantiv für ‘Grenze, Zeichen, Sternbilder, Feldzeichen, Schwertname’.364 Das Altschwedische mærke bedeutet neben ‘Zeichen’ auch ‘Standarte, Feldzeichen’.365 Söderwall übersetzt mit ‘Zeichen, Kennzeichen, Feldzeichen, Grenzzeichen, Erinnerungszeichen, Beleg’.366 Verwandte Wörter sind der merkismaðr ‘Bannerträger’, merkistdžng ‘Bannerstange’, almerki ‘Almende’, das Verb merkja ‘kennzeichnen’ und das Adjektiv merkiligr ‘ausgezeichnet’.367 Wir haben es hier also mit einer allgemeinen Bezeichnung als „Zeichen, Kennzeichen“ zu tun, welche im juristischen Gebrauch auch als ‘Grenzmarkierung, Grenze’ und im militärischen Gebrauch als ‘Feldzeichens, Banner’ benutzt wird. Über die Bedeutung des Begriffs in den Runeninschriften herrscht ebenso wenig Einigkeit unter den Forschern wie bei der Übersetzung des bereits vorgestellten kumbl. Nielsen fasst merki als eine lokale Variante von kumbl auf.368 Es muss sich dabei um ein sehr ambivalentes Wort mit mehreren Bedeutungen handeln, wie dessen Gebrauch in den altnordischen Texten belegt. In der Orkneyinga saga 11 erhält Jarl Sigurd von seiner Mutter ein merki in Gestalt eines Raben, in den Gulaþingsldžg ist der merkismaðr ein Bediensteter am Hofe.369 Schramm weist darauf hin, dass der Bannerträger im germanischen Heer eine Stange mit einem merki trägt.370 Eine solche Fahne ist nicht nur während der Schlacht wichtig, Saxo gibt außerdem an, dass die Kriegsbeute 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370
de Vries 1962, S. 385. Baetke 2005, S. 416; Möbius 1963, S. 297; Fritzner 1973, II, S. 679. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 424. Fritzner 1973, II, S. 679. LexPo, S. 402. Hellquist 1957, S. 680. Söderwall 1884–1918, S. 83 f. de Vries 1962, S. 385. Nielsen 1941, S. 164. Reichert 1994, S. 325. Schramm 1955, S. 660.
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unter der Fahne geteilt wird und man sie bei Gericht in die Erde stößt.371 Im Feldlager bezeichnet die Fahne mit dem merki den Platz, auf dem Rechtshandlungen durchgeführt wurden.372 In der Egils saga ok Ásmundar 7 wird das Begräbnis des Kriegers Árán detailliert geschildert: Ásmundr lét verpa haug eptir hann ok setti hjá honum hest hans með söðli ok beizli, merki ok öll herklæði, hauk ok hund. Árán sat á stóli í öllum herklæðum. Ásmundr lét færa stól sinn í hauginn ok settist þar á.373
Neben Waffen, Rüstung, seinem aufgezäumten Pferd sowie Habicht und Hund erhält der Tote ein merki mit in das Grab, was an dieser Stelle zumeist als Feldzeichen oder Banner des Kriegers aufgefasst wird. Strömbäck weist darauf hin, dass es auf Island einen Fluss mit Namen Merkiá gibt, der möglicherweise ein Grenzfluss ist.374 Er argumentiert damit, dass man nach den Gutaldžg sein Eigentum mit einem Kreuz markieren konnte und Flussnamen wie Krossá oder Stafá daher Hinweis auf Stab und Kreuz als Eigentumsmarkierung darstellen.375 Der Fluss Merkiá führt sich nach Strömbäck auf ein reales sichtbares merki zurück, was möglicherweise vorher dort als Eigentumsmarkierung galt. Uecker gibt an, dass auch Hügel als merki bezeichnet werden, allerdings ist die Übersetzung in diesen Fällen oft unsicher.376 Als Beispiele nennt er Džrvar Odds saga und Þáttr Þorsteins uxafóts. In der Džrvar Odds saga 14 heißt es: Síðan tekr hann Hjálmar ok leggr á bak sér, gengr til sjóvar ofan ok lætr hann niðr á ströndinni, en hann gengr út á skipin, berr þá á land hvern mann, er fallit hafði, ok verpr þar annan haug eptir lið sitt, ok er þat sagt af þeim mönnum, er þar hafa komit, at enn sjái þess merki í dag, er Oddr gerði þá.377
371 372 373
374 375 376 377
Schramm 1955, S. 661. Schramm 1955, S. 653. Übersetzung: ‘Ásmundr ließ nach ihm einen Hügel aufwerfen und legte neben ihn sein Pferd mit Sattel und Zaumzeug, merki und alle Kampfkleider, Habicht und Hund. Árán saß auf einem Stuhl in allen Kriegskleidern. Ásmundr ließ seinen Stuhl in den Hügel bringen und setzte sich dort darauf.’ Strömbäck 1970a, S. 164. Strömbäck 1970a, S. 163 Uecker 1966, S. 114. Übersetzung: ‘Dann nahm er Hjálmarr und nimmt ihn sich auf den Rücken, geht runter ans Meer und legt ihn an den Strand und er geht hinaus zum Schiff, trägt da jeden Mann an Land, der gefallen war, und wirft einen anderen Hügel auf nach seinem Gefolge und dies wird gesagt von jenen Männern, die dorthin gekommen sind, dass man dieses merki noch heute sehen könne, das Oddr da machte.’
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Der Grabhügel, den Oddr nach seinem Gefolge errichten ließ, wird als merki bezeichnet. Im Þáttr Þorstein uxafóts 6 heißt es: Stendr þessi haugr í Jökulsdal og er kallaðr Brynjarshaugr og sér enn í dag merki.378 Auch in diesem Beispiel werden die Grabhügel von Jökulsdal als ein noch heute zu bestaunendes merki beschrieben. Beide Beispiele haben gemeinsam, dass man Grabhügel errichtete, und diese später als merki bezeichnet wurden. Diese Grabhügel kann man noch sehen, was sie heute zu einem merki macht, wogegen sie zum Zeitpunkt ihrer Errichtung ein haugr waren. Als merki werden also entsprechend die Denkmäler bezeichnet, die bereits sehr alt sind. Insofern passt hier auch die Bezeichnung merki für ein Heerbanner, welches man dem König mit ins Grab gab: Dabei handelt es sich ebenfalls um einen traditionsreichen Gegenstand, der Macht und Herrschaft symbolisiert, nichts anderes sollen die Grabhügel viele Jahrhunderte nach ihrer Errichtung leisten. Das in Runeninschriften bezeichnete merki könnte also vermutlich ein Gegenstand sein, der Macht und Tradition symbolisiert und von anderen als merki wahrgenommen werden soll. Dass gerade ein solches Zeichen auch als Markierung des Eigentums benutzt wurde, ist dadurch ebenso zu erklären. Daher soll im Folgenden eine Untersuchung aller Inschriften erfolgen, die das Wort merki beinhalten. Das Substantiv merki kommt in 99 Runeninschriften vor, außerdem noch einmal als steinmerki (U 475). Dabei ist wie im Fall des kumbl eine sehr auffällige geographische Verteilung zu beobachten: sechs Belege stammen aus Gotland,379 ein Beleg aus Hälsingland,380 zwei Belege aus Närke,381 20 Belege aus Södermanland,382 zwei Belege aus Västmanland383 und die restlichen 69 Belege aus Uppland.384 Kein einziges Mal erscheint 378 379 380 381 382
383 384
Übersetzung: ‘Diese Hügel stehen in Jökulsdal und sie werden Brynjarshaugr genannt und noch heute kann man das merki sehen.’ G 80, G 113, G 114, G 188, G 203 und G 343. Hs 2. Nä 4 und Nä 26. Sö 18, Sö 32, Sö 41, Sö 76, Sö 86, Sö 111, Sö 118, Sö 175, Sö 188, Sö 192, Sö 219, Sö 220, Sö 221, Sö 227, Sö 253, Sö 255, Sö 331, Sö 332, Sö Fv1993;229 und Sö 336, Vs 15 und Vs 17. U 11, U 50, U 69, U 73, U 97, U 102, U 104, U 166, U 183, U 208, U 210, U 224, U 225, U 300, U 307, U 312, U 314, U 315, U 413, U 440, U 459, U 475, U 496, U 500, U 512, U 555, U 566, U 593, U 600, U 619, U 634, U 652, U 653, U 655, U 656, U 657, U 665, U 672, U 686, U 687, U 689, U 741, U 773, U 775, U 808, U 838, U 842, U 854, U 881, U 891, U 894, U 898, U 914, U 939, U 1011, U 1030, U 1053, U 1074, U 1103, U 1104, U 1107, U ATA 3600/65, U Fv1946;258,
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das Wort auf einem südschwedischen Runenstein, dagegen ausschließlich in Mittelschweden mit Uppland als deutlichem Zentrum. Prozentual an der Gesamtmenge der Runensteine in der jeweiligen Landschaft sind die Werte verhältnismäßig gering, Hälsingland, Södermanland und Uppland je 5%, Västmanland 7%, Gotland 8% und Närke 9%. Im Vergleich zu kumbl ist merki daher gemessen an der Gesamtzahl der Runensteine in den einzelnen Landschaften seltener vertreten. Deutlich wird, dass merki und kumbl einander, bis auf wenige Ausnahmen, geographisch ausschließen. Nur drei gotländische Inschriften beinhalten beide Wörter in einer Inschrift385 (G 80, G 203 und G 343). Es kann daher festgestellt werden, dass kumbl und merki einander auf festlandschwedischen Runensteinen ausschließen. Häufig tritt merki in einer Inschrift zusammen mit dem Substantiv steinn auf (25 x). Die Bezeichnung merki kann sich also entweder auf ein weiteres Denkmal beziehen oder charakterisiert den in der Inschrift bereits erwähnten Stein näher. Daher sollen zunächst wieder die in der Inschrift verwendeten Verben in Verbindung mit dem Substantiv merki analysiert werden. Bei genau der Hälfte aller Inschriften steht merki zusammen mit dem Verb gera, ‘machen’ (50 x), in 15 Fällen das Verb reisa ‘errichten’, achtmal hdžggva ‘schlagen’ und je einmal rísta ‘ritzen’, liggja ‘liegen’ und sýsla ‘zustande bringen’. Die Verwendung der Verben ist hier ähnlich dem Substantiv kumbl, bei dem ebenfalls das Verb gera deutlich dominierte. In nur 24 Inschriften wird das Substantiv merki mit einem Demonstrativpronomen verbunden, ansonsten wird durch die Inschrift nicht deutlich, dass das gemachte merki in unmittelbarer Verbindung zum Runenstein steht. In 13 Fällen steht das Substantiv im Singular, genau doppelt so oft (26) im Plural. Bei den restlichen Inschriften ist sowohl Singular als auch Plural möglich. Besonders auffällig bei der Verwendung von merki in den Inschriften ist, dass merki oft zusammen mit dem Adjektiv mikill ‘groß, bedeutend’ steht. In elf Inschriften findet man diese Kombination386, eine Kombination von mikill und stein dagegen insgesamt nur zweimal387. Wie
385
386 387
U Fv1959;196, U Fv1967;262, U Fv1971;213, U Fv1974;203, U Fv1993;231 und U Fv1986;84. Der Runenstein Sö 18 benutzt möglicherweise kumbl und merki, allerdings ist die Inschrift so fragmentarisch, dass sie nicht als Beleg dienen kann, insbesondere nicht, da es sich dann um den einzigen festlandschwedischen Beleg handeln würde, was sehr unwahrscheinlich ist. G 114, G 188, Sö 41, U 69, U 102, U 225, U 226, U 300, U 773, U Fv1974;203 und U Fv1986;84. U 437 und U 735.
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schon bei hdžggva und hella fällt auch bei merki und mikill auf, dass eine poetische Form der Inschrift bevorzugt wurde. Bei einem merki handelt es sich also um ein Denkmal, welches besonders groß, bedeutend und auffallend sein soll. Es ist möglich, dass Runensteine als merki bezeichnet werden können, eine Kombination von Runenstein und anderen Denkmälern, z.B. einer Brücke, kann vielleicht ebenfalls als merki angesprochen werden. Die Verwendung von Singular und Plural bei merki spricht dafür, dass unterschiedliche Denkmäler als merki angesprochen werden können. Auch mittelalterliche Grabplatten können ein merki sein, zum Beispiel G 343. Jenes Denkmal mit der Bezeichnung merki kann ganz unterschiedlich praktisch umgesetzt werden, es wird jedoch eindeutig von Menschenhand geschaffen (gera). Ein merki ist ein besonderes Prädikat für ein herausragendes Denkmal, praktisch obliegt dessen Gestaltung jedoch dem Errichter. Ein merki kann man beispielsweise auch nach sich selbst errichten388, etwas, dass man mit einem kumbl nicht kann. Ein Beispiel dafür, dass der Runenstein selbst als merki bezeichnet werden kann, gibt die bereits viel zitierte Inschrift von G 203, deren letzter Teil lautet: [...] hier : mun : stanta stain : a[t] : merki bietr a : bierki in bro furiR [...]389 Der Stein selbst soll hier als merki auf der Anhöhe stehen. Parallelen zu dieser Inschrift finden sich bei U 512390 und U 838391 wo ebenfalls die Rede von einer Brücke ist, neben der der Stein stehen soll. Dieses Brückenmonument wird in den drei Inschriften dann jeweils als merki bezeichnet. Ein weiteres besonderes merki finden wir in den Inschriften von Sö 86 und Sö 111, wo jeweils die Rede von einem merki siRun ist. Beide Steine wurden von und nach unterschiedlichen Personen errichtet und stehen ca. 25 km 388 389 390
391
Z.B. U 1011 und Vs 17. Übersetzung: Hier möge der Stein stehen als Denkmal, leuchtend auf der Anhöhe und die Brücke davor. [...] ...ir × skal × stan=ta × stin × uiþ- bryku × suniR × at × faþuR satu * kuþan * kaiR -... C --(u)-aR × mirki × at × bua-.... Normalisierung: [H]ér skal standa steinn við[r] bryggju. Synir at fƭður settu góðan. Geir.../Geirr .. merki at bó[nda]. Übersetzung: ‘Hier möge der Stein stehen bei der Brücke, den die Söhne nach dem Vater setzten, dem guten. [...] Das merki nach dem Ehemann.’ [...] hir maa ' stanta ' stain ' ner ' brautu ' auk ' (k)ilauk ' riþ * kirua ' merki ' [at] (b)(o)a--- * sen : Normalisierung: Þólfr(?) ok Þorfastr þeir létu reisa stein at Þorbjƭrn, fƭður sinn góðan. Hér mun standa steinn nær brautu ok Gillaug réð gera merki at bó[nda] sinn. Übersetzung: ‘Hier möge der Stein stehen nahe der Brücke und Gillög ließ das merki machen nach ihrem Ehemann.’
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Luftlinie von einander entfernt. Die durch die Untersuchung der schwedischen Inschriften erbrachten Ergebnisse lauten also: – Es gibt insgesamt 100 Inschriften mit dem Wort merki. – Es liegt eine eindeutige Konzentration in Mittelschweden vor. – 13 x wird der Singular und 26 x der Plural verwendet, bei 61 Inschriften ist der Numerus nicht bestimmbar. – 24 x wird in Zusammenhang mit merki ein Demonstrativpronomen verwendet. – Die Verben verteilen sich wie folgt: 50 x gera, 15 x reisa, 8 x hdžggva, 1 x rísta, 1 x liggja und 1 x sýsla. – merki tritt oft in Verbindung mit mikill und anderen Adjektiven auf. – In zwei Fällen errichtete man ein merki nach sich selbst. – merki steht häufig zusammen mit steinn in der Inschrift. Die Wörter merki und kumbl haben viele Gemeinsamkeiten, unter anderem die Schwierigkeit der Bedeutung. Sie schließen einander geographisch aus. Beide Wörter stehen zumeist zusammen mit dem Verb gera, was verdeutlicht, dass ein merki kein Teil der natürlichen Umgebung ist, sondern ein Denkmal, dass man anfertigen muss. Es kann im Plural vorkommen, allerdings seltener als kumbl. Auffallend ist, dass merki häufig zusammen mit Adjektiven steht, die eine besondere Größe, Schönheit oder Beständigkeit des Denkmals rühmen. Entsprechend der Wortgeschichte ist ein merki daher ein von Menschen geschaffenes Erinnerungszeichen, welches, ähnlich einer Standarte, besonderen Wert für die ihm verpflichteten Personen hat. Wie ein Hügel, der im Laufe der Jahre als merki angesprochen wird, soll auch der Runenstein im Lauf der Zeit zu einem merki werden, einem „erinnerungswürdigen Denkmal“. Ein merki kann man daher nicht vollständig selbst erschaffen, es wird erst mit der Zeit und durch die Wahrnehmung von anderen zu einem merki. Der Runenstein, der als merki bezeichnet wird, ist vergleichbar mit einer kostbaren Grabbeigabe (die in der altnordischen Literatur als merki bezeichnet wird), die das Ansehen des Toten steigert und seine weltliche Macht legitimiert. Ein merki ist eine besondere Auszeichnung. 4.3.4 viti m. Der Runenstein von Nybble in Södermanland (Sö 213) trägt als Inschrift eine Bezeichnung für den Runenstein selbst, die bislang auf keinem weiteren verwendet wurde. Die Inschrift lautet:
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stain : hiuk : esbern : stintn : at : uitum : bat miþ : runum : raisti : kyla : at : gaiRbern : boanta : sin :* auk * kofriþ : at : faþur : sin : han uaR : boanti : bestr i : kili : raþi : saR : kuni :392 Wichtig ist in diesem Kontext der erste Teil der Inschrift, der als Vers mit Stabreim verfasst wurde. Das betreffende Wort viti ist allerdings nicht alliterierend und somit nicht ausschließlich aus poetischen Gründen benutzt worden (wobei vitum und rúnum durch ihre Endsilben reimen). Die gängigen Übersetzungen (Rundata, SRI) geben steindan at vitum als ‘bemalt als Zeichen, Markierung’ an und gehen dabei von viti m. mit der Deutung ‘Zeichen, Anzeichen, Vorzeichen, Warnsignal’ aus.393 Dementsprechend wäre viti eine Bezeichnung für den Runenstein selbst. Allerdings wird bei dieser Übersetzung nicht beachtet, dass vitum Dativ Plural sein muss. Die korrekte Übersetzung muss lauten ‘bemalt zum Zeichen’ und bezieht sich auf den zuvor genannten steinn. Das Substantiv viti ist daher keine Bezeichnung für den Runenstein selbst, sondern eine Umschreibung für dessen Inschrift und daher im Rahmen dieser Untersuchung nicht weiter von Belang. 4.3.5 vitring f. Neben stein, kumbl und merki gibt es noch ein weiteres Substantiv, welches für den Runenstein steht. Es handelt sich dabei um vitring f., welches in dieser Form nur selten im Altnordischen belegt ist.394 Es wird von Fritzner zu altnordisch vitran ‘Offenbarung, Bekanntmachung’ gestellt, wogegen vitringr m. als ‘weiser Mann, Gelehrter’ übersetzt wird.395 Das altnordische vitra, welches auch im Altschwedischen belegt ist, steht für ‘offenbaren, verkünden’.396 De Vries stellt vitring zum Adjektiv vitr ‘klug, verständlich’ 392
393 394 395 396
Stein hjó Ásbjƭrn, steindan at vitum, batt með rúnum, reisti Gylla at Geirbjƭrn, bónda sinn, ok Guðfríðr at fƭður sinn. Hann var bóndi beztr í Kíli. Ráði sá kunni. Übersetzung nach Rundata: ‘Ásbjìrn cut the stone, painted as a marker, bound with runes. Gylla raised (it) in memory of Geirbjìrn, her husbandman; and Guðfríðr in memory of her father. He was the best husbandman in Kíll. Interpret, he who can!’ – Meine Übersetzung: ‘Ásbjìrn schlug den Stein, bemalt zum Zeichen, gebunden mit Runen errichtete ihn Gylla nach Geirbjìrn, ihrem Mann und Guðfriðr nach seinem Vater. Er war der beste Hausherr in Kíll. Deute die Runen, wer kann.’ Fritzner 1973, III, S. 973; de Vries 1962, S. 670; Möbius 1963, S. 523. Fritzner 1973, III, S. 976. Cleasby / Vigfússon 1957, S. 713; Fritzner 1973, III, S. 976. Jacobsen / Moltke 1942, S. 738; Söderwall 1884–1918, S. 1007; Fritzner III, S. 976.
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und übersetzt das Runenschwedische witring mit ‘Bekanntmachung’.397 Nach Söderwall ist im Altschwedischen außerdem ein vitrilse mit der Bedeutung ‘Bekanntmachung’ belegt, in Svensk Diplomatarium leitet es einen Brief mit den Worten tiil witrilsee ein.398 Dadurch, dass alle Inschriften, die dieses Wort beinhalten, beinahe gleich lauten (U 345 jedoch fragmentarisch), liegt es nahe, hier eine Formel anzunehmen. Diese Annahme wird dadurch verstärkt, dass in allen drei Fällen Stabreim vorliegt, der durch das u getragen wird. Die erste Inschrift, Sm 45, lautet wie folgt: * uestin * kar-- * --b- * þesi * efteR * esburn * bruþur * sin * uitrik * þesi * a u-ki*muti399 Da die zweite småländische Inschrift Sm 60 beinahe gleich lautet, kann der zerstörte Teil von Sm 45400 rekonstruiert werden. Sm 60 lautet: A: * sen * uk u*starki * karþu * || * kubl * þesi * efeiR * kuþmut * faþur * sin * uitrk * þasi * o ueha*muti *401 In beiden Fällen ist die Rede davon, dass mehrere kumbl an einem Ort gemacht wurden. Diese kumbl befinden sich entsprechend der Inschrift an einer Kreuzung und werden womöglich als vitring bezeichnet. Folgt man den oben vorgeschlagenen Übersetzungen des Substantivs, so werden diese kumbl an der Kreuzung als ‘Bekanntmachung, Verkündigung’ verstanden, was gerade dort sinnvoll klingt. Denn an welchem anderen Ort könnte man in der ausgehenden Wikingerzeit besser Neuigkeiten und Informationen austauschen, als dort, wo sich die Wege kreuzen und sich Reisende, Händler, Bauern und anderes Volk bewegen? Hier erreicht man die meisten Menschen und auch diejenigen, die nicht lokal beheimatet sind und trotzdem von dieser Neuigkeit erfahren und sie weiter tragen sollen. Da es sich um einen Ort handelt, an dem man häufig in Eile vorbei kommt, ist die Botschaft in einen Vers gefasst, den man vielleicht aus anderen Zusammen397 398 399
400 401
de Vries 1962, S. 670 Söderwall 1884–1918, S. 1008. Normalisierung: Vésteinn ger[ði ku]m[l] þessi eptir Ásbjƭrn, bróður sinn, vitring þessa á v[e]gamóti. Übersetzung: ‘Vésteinn machte diese kumbl nach Ásbjìrn, seinem Bruder, diese Bekanntmachung an der Wegkreuzung.’ Der Mittelteil der Inschrift ist nicht mehr lesbar und auch Runen 39–44 (uitrik) sind undeutlich (Kinander 1935, S. 141). Normalisierung: Sveinn/Steinn ok Óstarki gerðu || kuml þessi eptir Guðmund, fƭður sinn, vitring þessa á vegamóti. Übersetzung: ‘Sveinn und Óstarki machten diese kumbl nach Guðmunðr, ihrem Vater, diese Bekanntmachung an der Wegkreuzung.’
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hängen kennt und es erleichtert, sich das Gelesenen zu merken. Auch der letzte der drei Steine, U 345, trägt eine ähnliche Inschrift, deren Anfang und Ende man jedoch nicht mehr entziffern kann: [...- risti * stin * þina * iftiR * urm * su(n) ... ifti(R) s-k * uk * lit * kira * bru * þ(a)-i * furiR * ot * uk * salu * þiRa * ... uitrik * þasi * þit uit uiti iftiR]402 Hier ist von einem Stein und einer Brücke die Rede, die möglicherweise beide zusammen als vitring bezeichnet werden. Als wichtige Information sagt die Inschrift aus, dass die Brücke für Geist und Seele von Errichter und Gepriesenem gestiftet wurde. Der letzte Teil der Inschrift ist beschädigt und konnte bislang nicht gedeutet werden. Sicher ist die Runenfolge uitrik * þasi, welches sich vermutlich auf den Runenstein bezieht. Theoretisch könnte jedoch auch die Brücke als vitring bezeichnet werden. Es wird jedoch bezweifelt, dass die letzten Runen wie Sm 60 als uitrk * þasi * o ueha*muti aufgefasst werden sollten. Diese Formulierung scheint mir eher eine småländische Eigenart zu sein, möglicherweise ein dort verbreiteter Vers. uit uiti erinnert dagegen eher an við viti, ‘bemalt mit einem Zeichen’, wie im vorherigen Abschnitt zu dem Wort viti erläutert wurde. Die Bekanntmachung (vitring) ist mit Runen versehen, eine Selbstverständlichkeit, die hier am Ende der Inschrift nochmals als möglicher Vers mit Stabreim betont wurde. In allen drei Fällen steht vitring zusammen mit dem Demonstrativpronomen þessa, welches angibt, dass der Runenstein selbst und vielleicht auch noch weitere zusammen mit ihm errichtete Denkmäler hier gemeint sind. In mindestens zwei von drei Fällen befinden sich diese Denkmäler an einem Weg. Dabei ist es möglich, dass der gesamte Runenstein als Bekanntmachung verstanden wird, vielleicht jedoch auch nur ein Teil der Inschrift, beispielsweise der Tod einer Person oder den Erbanspruch von Hinterbliebenen.
402
Normalisierung: ... reisti stein þenna eptir Orm, son ... eptir s[i]k ok lét gera brú þe[ss]a fyrir ƭnd ok sálu þeira ... vitring þessa <þit> eptir. Übersetzung: ‘...errichteten diesen Stein nach Orm, Sohn ... nach sich und ließ diese Brücke für sich machen für ihre Seele... diese Bekanntmachung (an der Wegkreuzung?)’.
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Sprachliche Untersuchung
4.4 Zusammenfassung Im vorliegenden Kapitel wurden die Inschriften von 2654 schwedischen Runensteinen auf Wörter untersucht, die Angaben zum Standort des Steins machen. Dabei wurden zwei Gruppen von Substantiven unterschieden: 1) Substantive, die andere Denkmäler bezeichnen, die sich bei dem Runenstein befinden können, und 2) Substantive, die den Runenstein selbst bezeichnen und Hinweis auf seine Funktion und weitere Denkmäler geben können. Insgesamt konnten in 301 Inschriften 20 unterschiedliche Wörter für weitere Denkmäler und vier unterschiedliche Bezeichnungen für den Runenstein selbst ausgemacht werden. Den Inschriften zu Folge wurden als weitere Denkmäler natürliche Plätze (Anhöhen), infrastrukturelle Anlagen (Wege, Brücken, Schiffsanleger, Furten), Siedlungen (Höfe, Grundbesitz), Grabanlagen (Hügel, Steingräber, Leichenkisten, Grabplatten), Grenzen, Steinmonumente und Plätze der Gemeinschaft (Thingplatz, Kirche) auf Runensteinen erwähnt. Diese Orte waren für die Errichter der Runensteine von so großer Bedeutung, dass man sie, trotz des geringen Platzangebotes auf dem jeweiligen Runenstein, in der ansonsten eher formelhaften Inschrift vermerkte. Neben der allgemeinen und generell am häufigsten Bezeichnung steinn für den Runenstein selbst kommen außerdem in 217 Inschriften die Wörter hella, kumbl, merki und vitring vor. Aufgrund der begleitenden Verben und dem inschriftlichen Kontext sowie einer Bedeutung der Wörter in der altnordischen Literatur konnten unterschiedliche Verwendungen festgestellt werden. Das Substantiv hella bezeichnet eine mit einer Runeninschrift versehene Felswand. Merki bezeichnet den Runenstein rückblickend als deutlich sichtbares Erinnerungsdenkmal, von der Begrifflichkeit eng verwandt mit kumbl. Die genaue Wortbedeutung von kumbl muss weiterhin offen bleiben, bezieht sich aber sehr wahrscheinlich auf mehr als nur einen einzelnen Runenstein. Ein vitring betont den informativen Charakter der Runensteine. Die Untersuchung zeigte, dass Runensteine ganz unterschiedliche Denkmäler in den Inschriften benennen. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob die in Inschriften genannten Denkmäler auch tatsächlich in der Umgebung der Runensteine zu finden sind und ob es sich dabei auch generell um die Denkmäler handelt, die am häufigsten zusammen mit Runensteinen gefunden werden. Oder werden in den Inschriften nur die Denkmäler erwähnt, die eigentlich als Standort für den Runenstein ungewöhnlich oder nicht direkt offensichtlich sind?
Sprachliche Untersuchung
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Ein Vergleich von archäologischem Befund und Inschrift soll helfen, diese Frage zu beantworten. Zuvor wurde in Anlehnung an den kritischen Beitrag von Anders Andrén403 untersucht, ob die visuelle Gestaltung der Inschriften und die Anordnung der einzelnen Wörter auf dem Stein in Bezug auf den Standort weiterhelfen können. Dies ist jedoch nicht der Fall: Die graphische Gesamtkomposition der Runensteine mit in der Inschrift benannten Denkmälern weicht nicht von anderen Runensteinen ab. Sie folgen keiner einheitlichen Regel. Bildprogramm, Ornamentik und Gesamtkomposition orientieren sich an lokalen Gegebenheiten, so ist in Uppland eine achtförmige Schlinge eher verbreitet, während in Västergötland einfache senkrechte Linien häufig vorkommen. Auch die Anordnung der einzelnen Wörter folgt keiner erkennbaren Regelmäßigkeit.
403
Andrén 2000.
5 Eine interdisziplinäre Analyse Insgesamt 301 Runeninschriften benennen andere Denkmäler (a) und 217 verwenden eine andere Bezeichnung für den jeweiligen Runenstein als steinn (b) in der entsprechenden Inschrift. Von diesen befinden sich 100 (a), bzw. 82 (b) am ursprünglichen Standort. Während die archäologische Untersuchung nur die Umgebung der Runensteine betrachtete, ohne auf den Stein selbst und dessen Inschrift Rücksicht zu nehmen, bezog sich die sprachliche Untersuchung ohne Einbeziehung archäologischer Befunde hauptsächlich auf die Inschriften. In diesem Kapitel erfolgt daher eine Synthese, in der Inschrift und Standort Berücksichtigung finden. Dabei wird analog zur Analyse der Inschriften die Überprüfung mit dem archäologischen Material zuerst für Inschriften, die andere Denkmäler erwähnen und als nächstes für Inschriften, die den Runenstein als hella, kumbl, merki oder vitring bezeichnen, durchgeführt. Zuvor müssen jedoch noch einige quellenkritische Beobachtungen angeführt werden: Es zeigte sich, dass einige Runensteine, die bestimmte Denkmalgruppen in der Inschrift benennen, häufiger sekundär vermauert wurden als andere. Nur 34 von 114 Runensteinen, die in ihrer Inschrift von weiteren Steinen sprechen, sind noch am ursprünglichen Standort zu finden. Gerade solche stattlichen Monumente mit mehr als einem aufrecht stehenden Stein sollten auffälliger in der Landschaft sein und damit vielleicht als schützenswerter erscheinen. Aber möglicherweise war auch gerade die Tatsache, dass man mehr als einen großen Stein zur Verfügung hatte, ein Grund, die Steine von ihrem Standort zu entfernen und als Baumaterial zu gebrauchen. Dies wäre ein Indiz dafür, dass die vermauerten Steine doch eher als Baumaterial angesehen und nicht aus konservatorischen Gründen beispielsweise in Kirchen vermauert wurden. Bei Runensteinen, die kumbl in der Inschrift erwähnen, ist die Zahl der Runensteine am ursprünglichen Standort noch geringer. Nur 23 von 101 Steinen befinden sich noch am intendierten Standort. Warum gerade hier der Schwund so auffällig hoch ist, kann entweder eine Frage des Standortes oder eine lokale Frage sein, da die meisten Steine aus Südschweden stammen und hier allgemein weniger Steine am ursprünglichen Standort zu finden waren. Möglicherweise hängt es jedoch auch mit dem Standort der
Eine interdisziplinäre Analyse
233
kumbl-Inschriften zusammen, ein Ort, von dem man besonders viele Steine entfernt hat?
5.1 Inschrift und Befund Genau 100 Runensteine, die weitere Denkmäler in der Nähe benennen, stehen noch am ursprünglichen Standort. Aufgrund der großen Anzahl an Steinen ist es nicht möglich, jeden Stein in einer detaillierten Analyse hier vorzustellen. Stattdessen erfolgt der Vergleich im Rahmen einer Tabelle. Diese Tabelle ergibt sich aus der Frage, welche Steine dort stehen, wo sie laut Inschrift stehen sollten, bzw. was sie in der Inschrift als weitere Denkmäler erwähnen. Es wird dabei nach den in den Inschriften erwähnten Denkmalgruppen alphabetisch vorgegangen. Eine Übereinstimmung besteht, wenn im näheren Umkreis des Runensteins (bis 500 m) das Denkmal archäologisch nachgewiesen werden konnte, welches in der Inschrift erwähnt wird. Eine wahrscheinliche Übereinstimmu ng erhält man, wenn das in der Inschrift erwähnte Denkmal zwar nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte, jedoch sehr wahrscheinlich ist. Beispiel dafür wäre U 996, in dessen Inschrift die Rede von einer Furt ist. Zwar konnte hier bislang archäologisch keine Furt nachgewiesen werden, die Grundstücke des Ortes tragen jedoch noch heute die Flurnamen FunboSundby, was darauf hindeutet, dass sich hier einst ein Sund befunden haben könnte. Dabei handelt es sich vermutlich um die Senke zwischen der Kirche von Funbo und Karberga Backe, in der sich noch heute der Lillån 250m südwestlich des Steins in einer Senke befindet. Es gibt hier also keinen archäologischen Nachweis einer Furt, Flurnamen und Topographie machen dies jedoch sehr wahrscheinlich. Keine Übereinstimmu ng wird erzielt, wenn weder archäologische Befunde noch andere Hinweise auf die in der Inschrift benannte Denkmalgruppe vorliegen. In der Untersuchung wird darauf Rücksicht genommen, dass insbesondere lokale Traditionen erst nach dem Aufstellen des Runensteins etabliert wurden. Wenn beispielsweise auf dem Runenstein die Rede von einem Thingplatz ist und das Gelände im Volksmund Arkells Tingstad heißt (Vallentuna 225), ist dies kein Beleg für einen Thingplatz an diesem Ort zu der Zeit, als der Runenstein errichtet wurde, sondern vielmehr Beleg für eine spätere Rezeption der Runeninschrift.
234
Eine interdisziplinäre Analyse
Denkmal
Steine
Übereinstimmung
aurr
U 996 U Fv1974;203
x
braut
brú
wahrscheinliche keine Übereinstimmung Übereinstimmung x
Sö 311 Sö 312 U 323 U 101
x x
J RS 1928;66 Ög 10 Ög 45 Sm 17 Sm 73 Sm 80 Sm 96 Sm 99 Sm 100 Vg 4 Vg 76 Vg 173 Vg 182 Sö 22 Sö 101 Sö 157 Sö 178 Sö 300 Sö 312 Sö 328 Sö SB1965;19 Vs 9 Vs 31 Vs Fv 1988;36 U 36 U 45 U 69
x x x
x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
235
Eine interdisziplinäre Analyse
Denkmal
Steine
brú
U 101 U 102 U 118 U 126 U 135 U 143 U 145 U 146 U 164 U 165 U 200 U 236 U 267 U 310 U 311 U 323 U 327 U 330 U 347 U 363 U 475 U 497 U 791 U 839 U 859 U 904 U 947 U 1017 U 1020 U 1041
býË
U 130 U 209 U 331 Sö 145
Übereinstimmung
wahrscheinliche keine Übereinstimmung Übereinstimmung x x x x x x x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x (Hof 19. Jh.)
236
Eine interdisziplinäre Analyse
Denkmal
Steine
Übereinstimmung
býË
Vg 4
x (Acker)
miðli býa
Hs 14 U 729
bú
U 114 U 348
wahrscheinliche keine Übereinstimmung Übereinstimmung
x x x x (Hof nz)
haugr
Öl 1 U 135
x x
hlaðbrú
U 114
x
hreyr
Sö 47
x
kirkja
Sö 47 U 687
mdžrk
Vg 4
óðal
U 130 Sö 145
spdžng
Sö 74
x
steinar
G 280 Hs 14 DR 317 Sm 122 Sö 178 Sö 328 Vs 13 U 36 U 135 U 136 U 137
x (RS)1
1
x x x x x
x (SS) x x (BS) x (RS) x (BS) x (BS) x (RS) x (RS) x (RS) x (RS)
RS = Runenstein, SS = Steinsetzung, BS = Bautastein.
237
Eine interdisziplinäre Analyse
Denkmal
Steine
steinar
U 141 U 147 U 150 U 164 U 165 U 207 U 208 U 226 U 236 U 267 U 293 U 326 U 329 U 330 U 352 U 766 U 904 U 991 U 999 U 1041 U 1057 U 1142 U1165
sælahús
U 996
þing
Sö 137 Sö 196 U 225
vegr
Sm 45 Sm 60 Sm 75 Sö 62
Übereinstimmung
wahrscheinliche keine Übereinstimmung Übereinstimmung x (SS)
x (RS) x (RS) x (RS, BS) x (RS, BS) x (RS) x (RS) x (RS) x (RS) x (RS) x (RS) x (RS) x (RS) x (RS) x (SS) x (RS) x (RS) x (RS) x (BS) x (SS) x x (SS) x (RS) Kirche ist 600m entfernt x (BS)? x (SS)? x (SS)?
Tab. 31: Inschriften und archäologische Befunde. Ein Vergleich.
x x
x x x x
238
Eine interdisziplinäre Analyse
Eine Furt behandeln zwei Inschriften, welche noch am ursprünglichen Standort stehen. Sie konnte im Fall von U Fv1974;203 archäologisch nachgewiesen werden, bei U 996 ist diese durch einen nahen Fluss und den Ortsnamen Sundby sehr wahrscheinlich. In beiden Fällen stimmen Inschrift und tatsächlicher Befund überein. Ein durch grobes Gelände gebrochener Weg (braut) wird auf vier Runensteinen erwähnt, die sich noch am ursprünglichen Standort befinden. Im Fall der beiden uppländischen Steine U 101 und U 323 konnte kein solcher Weg nachgewiesen werden, bei Sö 311 und Sö 312 verläuft nach der lokalen Tradition der Gamla Turingevägen unmittelbar vor dem Fels mit den Inschriften vorbei. Archäologische Befunde für einen Weg liegen nicht vor und das Alter des genannten Weges ist unklar. Inschrift und tatsächlicher Befund stimmen also bei zwei von vier Belegen möglicherweise überein. Insgesamt 57 Runensteine mit Brückeninschrift stehen noch am intendierten Standort. 17 Brücken konnten archäologisch nachgewiesen werden, in 29 Fällen ist eine Brücke aufgrund eines nahe gelegenen Bachs oder Flusses wahrscheinlich. In 11 Fällen konnte weder ein Hinweis auf eine Brücke noch auf einen Bach in der Nähe des jeweiligen Runensteins mit Brückeninschrift gefunden werden. Inschrift und tatsächlicher Befund stimmen also bei 80% der Belege überein. Höfe sind fünfmal als býË und zweimal als bú auf Runensteinen am ursprünglichen Standort erwähnt, Übereinstimmungen mit einem archäologisch nachgewiesenen wikingerzeitlichen Gebäude konnten nicht gefunden werden. Dies ist sicher darin begründet, dass in den Inschriften nicht explizit gesagt wird, der Runenstein stünde neben einem Hofgebäude, welches archäologisch nachweisbar wäre. Als býR wurden vermutlich nicht nur Hofgebäude und Stallungen benannt, auch die umgebenden Äcker und Wiesen gehören dazu. In einem Fall stand der Runenstein tatsächlich bei archäologisch nachgewiesenen vorzeitlichen Äckern (Vg 4), zweimal konnten zumindest Höfe des 19. Jahrhunderts in der Nähe der Runensteine gefunden werden, die möglicherweise ältere Vorgänger haben. Ob diese jedoch bis in die Wikingerzeit zurück reichen, ist sehr fraglich. Die beiden Runensteine, die zwischen den Höfen stehen sollen (Hs 14 und U 729), konnten keiner heute noch bekannten Grenze zugeordnet werden, wobei die Grenzen der Wikingerzeit eine schwer fassbare Fundgruppe sind, wie in dieser Arbeit bereits erläutert wurde. Zwei Runensteine (Öl 1 und U 135) handeln in der Inschrift unter anderem von einem Hügel und beide befinden sich auch unmittelbar neben Grabhügeln. Hier ist eine 100prozentige Übereinstimmung von tatsächlichem Befund und Inschrift erzielt worden.
Eine interdisziplinäre Analyse
239
Nur ein Runenstein, U 114, befindet sich noch am ursprünglichen Standort und berichtet in der Inschrift von einer mit großen Steinen ausgelegten Furt (hlaðbrú). Direkt nördlich des Steins verläuft ein 8m langer steinerner Weg, östlich befindet sich ein Bach. Dies ist vermutlich die in der Inschrift benannte Furt. Eine Übereinstimmung von Inschrift und Befund liegt also vor. Ebenfalls nur ein Runenstein (Sö 47), der sich noch am ursprünglichen Standort befindet, erwähnt in der Inschrift eine steinerne Grabröse (hreyr). Tatsächlich steht der Stein innerhalb einer solchen röse, sie wurde archäologisch nachgewiesen, bislang jedoch nicht untersucht. Beide Steine, die eine Kirche erwähnen, befinden sich nicht in deren Nähe, was bereits aus der Inschrift hervor ging, da die Verstorbenen in einer Kirche bestattet wurden. Die Runensteine wurden entsprechend nicht in der Nähe des Begräbnisortes errichtet. Nur ein Runenstein am ursprünglichen Standort handelt in seiner Inschrift von einem Grenzgebiet (Vg 4), er steht heute ca. 300m westlich der modernen Kirchspielgrenze, die möglicherweise mit einer älteren Grenze zusammenfällt. In der Umgebung befinden sich mehrere vorzeitliche Äcker, die die Inschrift bestätigen, welche außerdem von Höfen und Weideland handelt. Ebenso wenig wie den Hof kann man den erblichen Grundbesitz archäologisch nachweisen. Lediglich Äcker oder Siedlungsreste könnten ein solches Gebiet heute noch sichtbar machen, diese wurden jedoch in der Nähe der beiden Runensteine U 130 und Sö 145 nicht lokalisiert. Die Deutung von spƭng ist sehr unsicher.2 Die vorliegende Arbeit schlägt als Übersetzung ‘Holzbrett, Steg’ vor. Es wird vornehmlich argumentiert, dass es sich um einen Bohlenweg handelt, da dieser jedoch laut einer Runeninschrift über dem Verstorbenen gemacht wird, kommt auch ein Grabkontext in Frage. Weder Grab noch Bohlenweg konnten für Sö 74 nachgewiesen werden, denn im Umkreis von 1km befinden sich keinerlei Denkmäler. Nur ein See ist in der Nähe, dies ist auch die einzige Ortsangabe, die in den Rannsakningar des 17. Jahrhunderts zu dem Standort dieses Steins gemacht werden können.3 Eine größere Gruppe bilden 34 Runensteine, die noch am ursprünglichen Standort stehen, und in deren Inschrift die Rede von der Errichtung mehrerer Steine ist. Von der gesamten Anzahl der Inschriften, die von Steinen im Plural handeln, sind dies ein Drittel. Nur in zwei Fällen konnten keine weiteren Steine im Umfeld dieser Runensteine ausgemacht werden, 2 3
Siehe dazu das entsprechende Kapitel 4.2.15 in der vorliegenden Arbeit. Brate / Wessén 1924–36, S. 56.
240
Eine interdisziplinäre Analyse
in fünf Fällen waren weitere Steine sehr wahrscheinlich.4 Bei den übrigen 27 Belegen konnten weitere Steine eindeutig nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich zumeist um weitere Runensteine (21 mal) und je dreimal um Bautasteine oder Steinsetzungen, in 13 Fällen bestand eine Kombination von mindestens zwei Runensteinen mit Steinsetzungen. Es zeigt sich, dass Inschrift und Befund in diesem Fall zu 79% übereinstimmen. Die Herberge, welche in der Inschrift von U 996 erwähnt ist, konnte nicht nachgewiesen werden, allerdings befindet sich ca. 600m entfernt eine Kirche. In der Neuzeit wurden Herbergen häufig in der Nähe von Kirchen errichtet, wie man heute noch in einigen Teilen Schwedens, beispielsweise Dalarna, beobachten kann. Geht man davon aus, dass ein sælahús eher in abgelegenen Gegenden angelegt wurde, wäre dies hier sicher der falsche Platz gewesen, der Runenstein steht inmitten von mehreren eisenzeitlichen Gräberfeldern. Eine sælahús konnte daher nicht eindeutig nachgewiesen werden. Der archäologische Nachweis eines Thingplatzes steht noch aus. Daher ist es im vorliegenden Fall auch nicht möglich, zu überprüfen, ob der in der Inschrift erwähnte Thingplatz tatsächlich in der Nähe des Runensteins angelegt war. Zuerst müsste festgestellt werden, wie Thingplätze zur Wikingerzeit ausgesehen haben, ob sie beispielsweise immer in der Nähe eines großen Hügels etabliert wurden, wie der sog. Thinghügel von Aspa/Södermanland es vermuten lässt. Bis diese Frage nicht geklärt ist, kann ein archäologischer Nachweis von Thingplätzen nicht erfolgen und ein Zusammenhang von Inschrift und Befund ist daher für die Thinginschriften unsicher. Die drei Runensteine in diesem Zusammenhang stehen alle am Wasser, Sö 137 an einem Fluss, Sö 196 am Sund des Mälaren und U 225 an einem See. Zwei der drei, Sö 137 und U 225, stehen außerdem im Kontext auffallend großer (Grab?)Hügel. In der Nähe von Sö 196 konnten Steinsetzungen, jedoch keine Hügelgräber im näheren Umkreis gefunden werden. Da die Anzahl der Inschriften, die einen Thingplatz erwähnen, gering ist, und nur drei dieser Steine am ursprünglichen Standort stehen, fällt ein Nachweis hier schwer. Wenn große Hügel als Thingplatzindikatoren gelten sollten, wären diese zumindest für zwei von drei Steinen nachweisbar. Das letzte zu untersuchende Wort ist „Weg“, der auf vier Runensteinen verzeichnet ist. Keiner der Steine befindet sich jedoch in der Nähe eines Weges, weder archäologische noch volkskundliche Hinweise auf eine solche Konstruktion liegen vor. 4
Beispielsweise Runensteine, die später versetzt wurden, zerstörte Bautasteine oder Steinsetzungen.
Eine interdisziplinäre Analyse
241
5.2 Zwischenstand Für die in den Inschriften belegten Wörter erblicher Grundbesitz, Kirche, Holzbrett/Steg, Herberge, Thing und Weg gibt es keine Übereinstimmungen mit den tatsächlichen Denkmälern, die in der Nähe der Runensteine registriert wurden. Im Fall der Grenze ist unsicher, ob die moderne Kirchspielgrenze auf eine wikingerzeitliche Grenze zurückgeht. Bei einem durch unwegsames Gelände gebrochenen Weg (braut) können höchstens zwei der vier Steine einem älteren Weg zugeordnet werden. Diese sind jedoch nicht archäologisch, sondern lediglich volkskundlich erwähnt und ihr Alter ist unsicher. Bei einem der acht Runensteine, die einen Hof erwähnen, wurde ein vorzeitlicher Acker in der Nähe des Runensteins gefunden, der vermutlich zum Gebiet des genannten Hofes hinzugerechnet werden muss. Brücken und weitere Steine finden sich bei 80% bzw. 79% der untersuchten Steine, hier ist also eine große Übereinstimmung von Inschrift und tatsächlichem Befund zu beobachten, dessen fehlende 20% möglicherweise Produkt einer Forschungslücke sind. Bei den Substantiven Furt, Hügel, mit großen Steinen ausgelegte Furt und Grabröse ist eine 100%ige Übereinstimmung von Inschrift und tatsächlicher Befundsituation erzielt worden. Allerdings gibt es für diese Konstruktionen insgesamt nur relativ wenig inschriftliche Belege.
5.3 Widerspruch oder Bestätigung Nicht in jedem Fall (32 von 100) stimmen Inschrift und Befundsituation überein. Dies mag in manchen Fällen einer Forschungslücke geschuldet sein, oftmals liegt es sicher auch darin begründet, dass beispielsweise Thingplätze oder Runenstein-zeitliche Grenzen nicht eindeutig archäologisch nachweisbar sind. Dennoch verbleiben zwei Drittel der Steine, in deren Fall sich Inschrift und Befundsituation nachweislich decken. Jene 68 Steine stehen an Brücken, Furten, Wegen, Gräbern und zusammen mit weiteren Steinen. In der archäologischen Untersuchung wurde bereits festgestellt, dass die meisten Runensteine an Gräberfeldern errichtet wurden. In der Analyse der Inschriften zeigte sich, dass nur wenige Inschriften ein Grab erwähnen. Ein bereits erbrachtes Ergebnis lautete daher, dass Runensteine nicht an jenen Orten stehen, die in den Inschriften am häufigsten erwähnt werden. Nach der gerade erfolgten Untersuchung ist dem hinzuzufügen, dass die wenigen Steine, die andere Denkmäler erwähnen, welche archäologisch fassbar sind, tatsächlich an eben diesen Orten stehen.
242
Eine interdisziplinäre Analyse
Hier tritt daher ein interesanter, bislang noch unbeobachteter Umstand zutage: Die meisten Steine stehen an Gräberfeldern und erwähnen diesen (gewöhnlichen) Platz daher nicht nochmals in der knappen Inschrift. Einige Steine wurden jedoch an anderen Plätzen errichtet, nämlich an infrastrukturellen Anlagen und besonderen Gräbern. Diese besondere Platzwahl wurde daher in der Inschrift nochmals hervorgehoben. Manche Errichter bevorzugten eben nicht den Erinnerungsstein für den Verwandten auf dem Gräberfeld, sondern wünschten sich, „der Stein möge leuchtend auf dem Berg mit der Brücke davor“ (G 203) stehen. Dieses Ergebnis möchte ich nochmals mit einem direkten Vergleich verdeutlichen: Von allen 730 Runensteinen am ursprünglichen Standort befinden sich 53% direkt bei Gräbern, 34% an Brücke und/oder Bach, 29% zusammen mit weiteren Steinen und 15% an Wegen (siehe Tabelle 32). Bei jenen Steinen, die andere Denkmäler in der Inschrift erwähnen, kehrt sich das Ergebnis förmlich um: Nur 34% stehen an Gräbern, dagegen 69% an Brücken, 32% an Wegen und nur 10% zusammen mit anderen Steinen.
Gräber Brücke/Bach Weg Steine
0–100 m (von 730)
% (von 730)
0–100 m (von 100)
386 191+545 111 208
53 34 15 29
34 69 32 10
Tab. 32: Vergleichstabelle Inschrift-Befund.
Selbst im Bereich von 500 m Umkreis stehen gleich viele Runensteine an Gräbern wie an Wasser/Brücke. Die Untersuchung zeigt daher deutlich, dass jene Runensteine, welche andere Denkmäler in der Inschrift erwähnen, an besonderen Plätzen stehen und von der allgemeinen Tendenz, dass die meisten Runensteine an Gräbern stehen, abweichen. Weicht der Errichter, aus welchem Grund auch immer, von dieser Regel ab, betont er dies in der Inschrift, indem er den Bau eines Weges, einer Brücke oder sonstiger Denkmäler benennt. Steht der Runenstein im Kontext eines Gräberfeldes, wird dies in der Inschrift nicht explizit erwähnt, da dies vermutlich einer allgemeinen Regel entsprach. Jene drei Inschriften, die ein Grab erwähnen, sind hier besonders zu beachten. Sö 47 benennt einen besonderen Grabtyp, der so für gewöhnlich weder an eisenzeitlichen, noch insbesondere an 5
Runensteine an Brücken.
Eine interdisziplinäre Analyse
243
wikingerzeitlichen Gräberfeldern zu finden ist. Er steht innerhalb und benennt eine Grabröse, einen Grabtypus, der eigentlich aus der Bronzezeit stammt und in der Regel nicht auf eisenzeitlichen Gräberfeldern vorkommt. Daher wird das hreyr in der Inschrift besonders hervorgehoben. Diese Grabröse liegt zusammen mit einer weiteren röse etwas außerhalb, wogegen das eisenzeitliche Gräberfeld mit runden Steinsetzungen erst 63 m südöstlich beginnt. U 135 betont den Bau eines Hügels (haugr), dazu die Errichtung mehrerer Steine und den Bau einer Brücke. Tatsächlich steht der Runenstein zusammen mit U 136, U 137 und U 151 an der Brücke von Broby. Ca. 15 m entfernt im Südosten fand man drei west-ost ausgerichtete Körpergräber aus der Mitte des 11. Jahrhunderts mit wenigen persönlichen Beigaben (Täby 42:7). 47 m nordöstlich befindet sich das wikingerzeitliche Gräberfeld mit drei Hügelgräbern (8–13 m Durchmesser, 0,8–1,5 m hoch), 29 runden Steinsetzungen, fünf rechteckigen Steinsetzungen, einer quadratischen Steinsetzung und zwei Bautasteinen (Täby 36:1). Zwischen dem vorchristlichen Gräberfeld und den vermutlich christlichen Gräbern wurde dieser Runenstein errichtet, der den Bau eines Grabhügels betont. Aufgrund seiner Position zwischen vorchristlichem Gräberfeld und christlichen Körpergräbern nimmt er insgesamt eine besondere Stellung ein, die nochmals eingehender untersucht werden sollte. Bei Öl 1 ist die Erwähnung des Grabhügels Teil eines langen Gedichts und weicht damit deutlich von allen anderen Inschriften ab. Es ist außerdem der einzige schwedische Runenstein, der nach einem Fürsten gesetzt wurde, der Stein wurde zwischen zwei wikingerzeitlichen Grabhügeln gefunden. Es zeigt sich, dass die drei in Inschriften erwähnten Grabdenkmäler auf besondere Gräber verweisen, wogegen ansonsten in Inschriften nur dann Denkmäler benannt werden, wenn der Runenstein nicht am allgemein bevorzugten Standort „Gräberfeld“ steht, sondern eben an anderen, in der Inschrift dann benannten Plätzen. Möglicherweise ist dies auch mit der chronologischen Verteilung der Standorte zu erklären, die belegen konnte, dass das Gräberfeld als bevorzugter Standort in den letzten Jahrzehnten der Runensteinsitte zurückgeht und durch andere Standorte ersetzt wird. Allerdings findet er sich weiterhin implizit in der Inschrift, die in den meisten Fällen eindeutige Totenmemoria ist.
5.4 Ein Stein, der kein Stein ist Neben den Denkmälern, die in Runeninschriften erwähnt werden, soll hier auch nochmals auf die unterschiedlichen Bezeichnungen für den Runen-
244
Eine interdisziplinäre Analyse
stein eingegangen werden. Mit welchen Denkmälern steht der Runenstein zusammen, wenn er als hella, kumbl, merki und vitring bezeichnet wird? Das Ergebnis wird wieder in einer Tabelle dargestellt. Dabei werden die Wörter einzeln untersucht und bei jedem Stein vermerkt, ob er in Kombination mit einer der drei am häufigsten vorkommenden Denkmalgruppen, namentlich Brücke / Bach / Weg, Gräberfeld und weiterer Stein auftritt. Steht der Stein unmittelbar an dem jeweiligen Denkmal, wird dies mit einem „x“ markiert, ansonsten wird der Abstand in Metern angegeben, um auch zu entscheiden, an welchem Denkmal er näher errichtet wurden, wenn er sich an mehreren gleichzeitig findet. Denkmal
Steine
Brücke, Bach, Weg
hella
Ög 45 Sö 359 U 90 U 102 U 130 U 145 U 146 U 163 U 265 U 360 U 497 U RR1987;134
x 30 m x 50 m x 120 m x 210 m (See) x 10 m x 30 m x 20 m
kumbl
G 94 Ög 29 Sm 13 Sm 35 Sm 36 Sm 37 Sm 45 Sm 60 Sm 62 Sm 138 Sm 142 Sm 143
x 60 m x 200 m x 70 m
x >100 x >100 x 180 m x 220 m x >100 x 100 m x 200 m x 50 m x 10 m x 50 m x 20 m
Gräber
weiterer Stein
x 30 m x 100 m x 18 m x 300 m x 60 m x 60 m x 60 m x 130 m
x 13 m
x 13 m x 13 m
x 10 m x 90 m x 230 m x 440 m x >100 x >100 x 20 m x 80 m
x >100 x 200 m x 60 m x 400 m x 200 m
x 35 m x >500
245
Eine interdisziplinäre Analyse
Denkmal
Steine
kumbl
Sö 47 Sö 103 Sö 173 Sö 296 Vg 115 Vg 168 Vg 169 Vg 194 U 323 U 620 U 735
merki
Sö 32 Sö 41 Sö 86 Sö 118 Sö 175 Sö 188 Sö 192 Sö 219 Sö 220 Sö 221 Sö 227 Sö 255 Sö 331 Sö 332 Sö Fv1993;229 Sö 336 Vs 17 U 11 U 69 U 73 U 102 U 208 U 210
Brücke, Bach, Weg
x 130 m x 200 m x 50 m x 50 m x >100 x 180 m / 50 m x >100
x 55 m
x >500
x 150 m x 60 m
x 40 m x 170 m x 170 m x 180 m x 100 m x 250 m
Gräber x >100 x >100 x >100 x 130 m x >100 x >100 x >100 x >100 x 100 m x 100 m x 320 m x >100 x 190 m x 40 m x 50 m x >100 x 130 m x >100 x >100 x >100 x 60 m x 300 m x 70 m x 70 m x >100 x 10 m
weiterer Stein
x 10 m x (BS) 40 m
x >100 x >100 x >100 x >100
x 10 m x 10 m
x (BS) >100 x 100 m x 70 m x >500 x 20 m x >100 x 260 m
x >100
246
Eine interdisziplinäre Analyse
Denkmal
Steine
merki
U 225 U 307 U 459 U 475 U 496 U 500 U 566 U 593 U 600 U 672 U 686 U 687 U 689 U 808 U 898 U 914 U 1053 U 1104 U 1107 U Fv 1946;258 U Fv 1974;203 U Fv 1986;84
vitring
Sm 45 Sm 60
Brücke, Bach, Weg
x 140 m x 50 m x 70 m x 150 m x 80 m x 60 m x 90 m
x 25 m x 115 m x 40 m x 290 m x 50 m x 100 m x 180 m
Gräber x 30 m x 20 m x >100 x 290 m x >100 x 60 m x 50 m x 40 m x >100 x >100 x 30 m x 60 m x 30 m x >100 x 120 m x >100 x 50 m x 13 m x >100 x 110 m x >100
weiterer Stein x 17 m x 17 m x 60 m x 200 m
x 70 m
x 60 m
x 16 m x 300 m
x röse?
Tab. 33: Bezeichnungen für den Runenstein und Standorte.
Fünf der zehn Inschriften, die als hella bezeichnet werden, haben eine weitere Runenritzung in unmittelbarer Nähe. 10 der 12 Inschriften befinden sich außerdem bis zu 500 m entfernt von einem Gräberfeld, ebenso zehn in bis zu 500 m Abstand zu einem Bach. Vergleicht man die Entfernung zu Gräberfeld bzw. Bach, fällt auf, dass sechs Inschriften näher am Bach, vier näher am Gräberfeld und zwei weder unmittelbar am Bach noch am Gräberfeld zu finden sind. Es kann daher festgestellt werden, dass keine
Eine interdisziplinäre Analyse
247
auffällige Verbindung zu einem gewissen Denkmaltypus besteht. Die Bezeichnung hella hat daher nichts mit dem Standort des Steins zu tun. 23 Steine mit dem Substantiv kumbl befinden sich noch am ursprünglichen Standort, gemessen an der Gesamtzahl der kumbl-Steine (101) eine auffallend geringe Zahl. Nur zwei haben einen weiteren Runenstein in ihrer Umgebung (Ög 29 und Sö 173), Sö 296 steht zusammen mit einem Bautastein. Die Verwendung des Wortes kumbl im Plural bei 14 Runensteinen am ursprünglichen Standort6 kann sich daher nur in zwei Fällen auf mehrere Runensteine beziehen. Die Verwendung des Plural wäre entsprechend bei den restlichen Steinen nicht auf weitere Runensteine, sondern andere Denkmäler bezogen oder wir müssen in diesen Fällen mit einer auffällig hohen Zerstörung der Ensembles rechnen. 11 der 14 Runensteine mit dem Wort kumbl im Plural stehen jedoch an Gräberfeldern und legen die Annahme nahe, dass kumbl im Plural auf die Kombination eines Runensteins zusammen mit Gräbern bezogen ist. Nur für drei Runensteine bleibt dieser Nachweis offen: Sm 37 steht an einem Bachübergang, das nächste Grab ist eine bronzezeitliche hällkista in 150 m Entfernung, ein Gräberfeld mit runden Steinsetzungen befindet sich in einer Distanz von 440 m. Sm 45 steht zwar heute an einem Gräberfeld, wurde dort jedoch erst später hingebracht. Der ursprüngliche Standort am Ufer des Bräkentorpsjö ist fundleer. U 735 befindet sich auf dem Gelände eines Hofes, die Umgebung ist stark bebaut, Funde wurden nicht registriert. Nur diese drei genannten Steine sowie G 94 und Sm 142 stehen nicht direkt an einem Gräberfeld, alle anderen kumbl-Inschriften haben ein solches im Umkreis von höchstens 200 m.7 Doch auch infrastrukturelle Anlagen finden sich häufig, 12 Steine stehen in direkter Verbindung zu Brücke, Bach oder Weg, weitere sechs sind weniger als 220 m von diesen entfernt. Kumbl-Inschriften finden sich daher häufig im Kontext von Gräberfeldern. Außerdem ist die Verwendung des Substantivs im Plural nur selten auf mehrere Runensteine bezogen, tritt jedoch häufig bei eben jenen Steinen auf, die zusammen mit Gräbern stehen. Die Bezeichnung kumbl könnte daher Hinweis auf ein Gräberfeld in der Umgebung des Steins sein. Insgesamt 45 der 99 Runensteine mit dem Wort merki, beinahe 50%, stehen noch am ursprünglichen Standort, davon 37 in unmittelbarem 6
7
Sm 35, Sm 36, Sm 37, Sm 45, Sm 60, Sm 62, Sö 103, Sö 173, Sö 296, Vg 115, Vg 168, Vg 169, Vg 194 und U 735. Zehn Steine stehen direkt an einem Gräberfeld, weitere fünf im Abstand von höchstens 100 m an einem solchen und schließlich fünf im Abstand von bis zu 440 m zu einem Gräberfeld. Im Umkreis von ca. 500 m haben entsprechend 20 der 23 Steine, welche als kumbl bezeichnet werden, ein Gräberfeld in ihrer Umgebung.
248
Eine interdisziplinäre Analyse
Kontext zu einem Gräberfeld (bis 100 m), drei weitere haben ein Gräberfeld im Umkreis von 200 m. Nur für Vs 17 und U 1104 war auch bis zu 400m kein Gräberfeld nachweisbar. Vs 17 steht zusammen mit einem Bautastein am Bach und U 1104 ohne weitere Befunde in der näheren Umgebung auf einem Acker mit dem Flurnamen Tuna. Zehn Steine wurden in Kombination mit einem weiteren Runenstein errichtet, 22 stehen in der Nähe von infrastrukturellen Anlagen. Wie im Fall der kumbl-Inschriften stehen viele Steine mit der Bezeichnung merki im Grabkontext, dies muss jedoch nicht zwingend aus dem Substantiv geschlossen werden, da Runensteine insgesamt eben auch am häufigsten im Kontext von Gräbern stehen. Das Substantiv vitring ist nur in zwei Inschriften belegt, Sm 60 steht möglicherweise in einer Grabröse, der Steinhaufen wurde bislang nicht untersucht. Er ist außerdem umgeben von vorzeitlichen Äckern. Die Umgebung des ursprünglichen Standortes8 von Sm 45 erbrachte im näheren Umkreis keine Befunde. Die Untersuchung kann daher wie folgt zusammengefasst werden: Ein in der Runeninschrift erwähntes hella kommt in mindestens 50% der Fälle zusammen mit einer weiteren Runeninschrift vor. Ansonsten kann keine besondere Verbindung zu einzelnen Denkmaltypen festgestellt werden. Im Bezug auf kumbl konnte festgestellt werden, dass auf Basis der 23 Runensteine, die hier für eine Untersuchung geeignet waren, die Theorie abgewiesen werden muss, dass der Gebrauch von kumbl im Plural mehrere Runensteine bezeichnet. Nur zwei der 23 Runensteine stehen zusammen mit anderen Runensteinen. Elf der 14 eindeutigen Belege für kumbl im Plural finden sich an Gräberfeldern. In Anlehnung an Moltkes These9 ist daher anzunehmen, dass kumbl im Plural als Bezeichnung für Runenstein und umgebende Grabhügel verwendet wird. Bei der Bezeichnung merki wurde ebenfalls eine deutliche Verbindung zu Gräbern herausgestellt. In der Analyse der einzelnen Substantive wurde bereits herausgearbeitet, dass merki häufig zusammen mit Adjektiven steht, die eine besondere Größe, Schönheit oder Beständigkeit des Denkmals rühmen. Es handelt sich dabei um einen bedeutsamen Gegenstand, der Ansehen und Tradition symbolisiert und möglicherweise auch Macht legitimiert und damit die Bedeutung des Gräberfeldes unterstreicht. In Bezug auf vitring konnten keine besonderen Denkmäler erarbeitet werden, die hier in einem Zusammenhang stehen. Die beiden Runensteine, die ein vitring á vegamóti beschreiben, stehen weder an einer Brücke, noch an einem Weg. Die Röse, in der Sm 60 steht und die bislang nicht 8 9
Der Stein steht heute auf dem Gräberfeld Tutaryd 29. Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 4.3.2.
Eine interdisziplinäre Analyse
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untersucht wurde, könnte möglicherweise ein Grab sein. Während die Bezeichnungen vitring und hella somit keinen Hinweis auf den Standort dieser Runendenkmäler geben können, sondern ihre äußere Beschaffenheit (hella ‘Felsinschrift’) sowie ihre Funktion (vitring ‘Bekanntmachung’) beschreiben, treten merki und kumbl häufig im Kontext von Gräbern auf. Ausgeschlossen werden kann die Theorie, dass kumbl, Pl., für mehrere Runensteine steht.
5.5 Wo stehen Runensteine? Die Grundfrage der vorliegenden Untersuchung ist die Frage nach dem ursprünglichen Standort der Runensteine. Nach Ermittlung des Untersuchungsmaterials und der Feststellung, dass dieser Standort für die Errichter der Runensteine von Relevanz war, wurden zunächst zwei voneinander unabhängige Untersuchungen angestellt. In der archäologischen Analyse, deren Materialgrundlage alle Runensteine bildeten, die noch am ursprünglichen Standort stehen, bzw. deren ursprünglicher Standort zu rekonstruieren ist, wurde das archäologische Umfeld jener Steine betrachtet. Dazu konnten 28% der gesamten 2 654 Runensteine Schwedens untersucht werden. Die Auswertung erbrachte 13 unterschiedliche Befundgruppen, die in einem Radius von 1 km um die Runensteine lokalisiert wurden. Am häufigsten wurden dabei Gräber in der nächsten Umgebung von Runensteinen beobachtet. In einem Radius von 500 m ist für 86% aller untersuchten Runensteine ein Gräberfeld nachzuweisen. Auch im unmittelbaren Kontext der Steine sind Gräberfelder am häufigsten vertreten. Bei über 50% der Runensteine konnte bereits in einem Umkreis von 100 m ein Gräberfeld nachgewiesen werden. Oft treten weitere Steine zusammen mit Runensteinen auf. Auch eine Anbindung an Wasser und Wege konnte festgestellt werden, die Werte lagen jedoch in allen untersuchten Umkreisen deutlich unter dem Wert für Gräberfelder. Die meisten anderen Denkmalgruppen spielen für den Standort der Runensteine keine Rolle, die absoluten Zahlen zeigen, dass nur Gräber, Steine, Bach, Brücke, Weg, Grenze und Siedlung für den unmittelbaren Kontext der Runensteine als standortrelevant in Frage kommen. Runensteine wurden daher am häufigsten an Gräberfeldern errichtet, oftmals unmittelbar, teilweise jedoch auch in einem gewissen Abstand, der in den allermeisten Fällen nicht größer als ca. 300 m war. Neben dem Runenstein findet man häufig einen weiteren aufrecht stehenden Stein, in vielen Fällen einen weiteren Runenstein.
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Eine interdisziplinäre Analyse
Die sprachliche Untersuchung der Runensteine konzentrierte sich auf die einzelnen Inschriften und Wörter, die sich auf den Standort des jeweiligen Runensteins beziehen. Als Materialgrundlage dienten dabei alle 2 654 schwedischen Runensteine. Dabei konnten 20 Wörter identifiziert werden, die den Standort des Runensteins bezeichnen. Die Wörter beziehen sich auf herausragende natürliche Plätze, infrastrukturelle Anlagen, Gräber, Siedlungen, Grenzen, Steinmonumente und Versammlungsplätze. Zusätzlich wurden noch die Wörter hella, kumbl, merki, vitring und viti untersucht. Diese Wörter werden in einigen Fällen anstelle des gebräuchlichen steinn für den Runenstein selbst verwendet. Da es sich hier um unterschiedliche Bezeichnungen für ein und denselben Gegenstand handelt, charakterisieren sie den Runenstein näher und geben möglicherweise auch Hinweise auf seinen Standort. Das Substantiv hella bezeichnet eine mit einer Runeninschrift versehene Felswand, kumbl den Runenstein, im Plural verwendet den Runenstein und umgebende Gräber, merki den Runenstein rückblickend als deutlich sichtbares Erinnerungsdenkmal und vitring betont den informativen Charakter der Runensteine. Viti wurde als Bezeichnung für den Runenstein abgewiesen. Eine Verknüpfung beider Untersuchungen bildet der Vergleich von Inschrift und den tatsächlichen Befunden in der Umgebung des jeweiligen Steins. Dazu wurden alle Runensteine untersucht, deren Inschrift andere Denkmäler oder eine andere Bezeichnung für den Runenstein selbst enthält. 100 Inschriften auf Runensteinen am ursprünglichen Standort benennen weitere Denkmäler. Während es für erblichen Grundbesitz, Kirche, Holzbrett/Steg, Herberge, Thing und Weg keine Übereinstimmungen mit der archäologischen Fundsituation gab, konnte für die erwähnte Grenze eine moderne Kirchspielgrenze als Parallele beobachtet werden. Wenige Übereinstimmungen gibt es bei Wegen (braut), mit Brücken und weiteren Steinen ist die Übereinstimmung in den meisten Fällen gegeben. Bei Furt und Gräbern kam es immer zu Übereinstimmungen mit dem archäologischen Material. Dies widerspricht scheinbar dem Fazit der archäologischen Untersuchung, deren Ergebnis es war, dass Runensteine an Gräberfeldern errichtet wurden. Nur auf den ersten Blick liegt hier eine Kontradiktion vor, denn es konnte auch in der archäologischen Untersuchung gezeigt werden, dass nicht alle Runensteine an Gräbern stehen. Die chronologische Einteilung der Steine zeigte, dass Gräberfelder als Standort für Runensteine zum Ende der Steinsitte in Schweden abnahmen. Dies war vermutlich der Zeitpunkt, ab dem man Runensteine auch an Brücken und Furten errichtete und diese Besonderheit in der Inschrift benannte. Die in Inschriften erwähnten Denkmäler sind Hinweis darauf, dass der Runenstein an einem anderen Ort
Eine interdisziplinäre Analyse
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errichtet wurde, als es die Regel ist. Die Untersuchung von 82 Inschriften, in welchen der Runenstein nicht als steinn, sondern als hella, merki, kumbl oder vitring bezeichnet wird, ergab keine neuen Erkenntnisse in Bezug auf den Standort. Während die Bezeichnungen vitring und hella keinen Hinweis auf den Standort dieser Runendenkmäler geben können, sondern ihre äußere Beschaffenheit (hella ‘Felsinschrift’) sowie ihre Funktion (vitring ‘Bekanntmachung’) beschreiben, kommen merki und kumbl häufig im Kontext von Gräbern vor. Ausgeschlossen werden kann die Theorie, dass kumbl im Plural für mehrere Runensteine steht. Im Prinzip können die Wörter jedoch synonym verwendet werden und geben regionale und damit möglicherweise auch chronologische Eigenheiten wieder, da sie einander geographisch ausschließen und die südschwedischen Runensteine im Durchschnitt älter als die mittelschwedischen sind. Die Fragestellung dieser Arbeit kann an diesem Punkt daher bereits beantwortet werden: Die archäologische Untersuchung hat gezeigt, dass die meisten Runensteine an Gräbern errichtet wurden. Allerdings wählten einige Errichter auch andere Standorte für ihre Runensteine, nämlich den Kontext einiger, möglicherweise von ihnen selbst gestifteter Bauwerke, wie Brücken, Furten oder Wege. Auch an Höfen und Grenzen wurden Runensteine, möglicherweise aus erbrechtlichen Gründen, aufgestellt. Weichen die Runensteinerrichter von dem vorherrschenden Standort des Gräberfeldes ab, vermerken sie diese wichtige Änderung in der ansonsten formelhaften und knappen Inschrift. Stein und Standort sind daher eng miteinander verbunden und als Einheit zu deuten. Der Standort war für die Errichter der Runensteine Teil ihres Monumentes, Bedeutungsträger, und wurde mit Bedacht gewählt. Siedlungen und das alltägliche Umfeld der Menschen befinden sich entsprechend weiter vom Runenstein entfernt, was sich sowohl in den Inschriften als auch im archäologischen Kontext belegen lässt. Wege, Brücken und Wasseradern durchziehen die Landschaft und verbinden die alltägliche Umgebung der Menschen, die Siedlung mit den Mitmenschen außerhalb und den Toten auf dem Gräberfeld. Jene Gräberfelder befinden sich auf den Grenzen des Alltags und möglicherweise sogar auf Grenzen in eine andere Welt, die Welt der Toten. Gräber waren zunächst der Raum, in dem ein Runenstein errichtet wurde und der daher für eine Interpretation der Runensteinsitte ebenso relevant ist wie die Ornamentik des Steins und seine Inschrift. Denn der Kontext macht aus einem beschrifteten Objekt ein Monument und verleiht ihm seine Wirkung.
6 Liggr folginn í þeimsi haugi 1 – Das Gräberfeld Im bisherigen Verlauf der Arbeit konnte festgestellt werden, dass die meisten Runensteine auf, bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft zu Gräbern errichtet wurden. Die Analyse der Inschriften bestätigte dieses Ergebnis indirekt, indem nur die von dieser allgemeinen Regel abweichenden Denkmäler in Inschriften genannt werden. Zeitgleich mit dem Ende der Runensteinsitte in Schweden nimmt auch die Bedeutung des Gräberfeldes ab, welches ab der Errichtung der ältesten bekannten Runensteine der vorherrschende Standort für diese war, obwohl in den beinahe 800 Jahren der Runenstein-Zeit große Veränderungen das soziale, politische und religiöse Leben der Menschen prägten. Runensteine gehörten daher zu den wenigen Konstanten in dieser Zeit des Umbruchs. Nachdem sich die vorherigen Kapitel dieser Arbeit ausführlich der Materialgrundlage widmeten und als Grundlagenstudien die genannten Ergebnisse erbringen konnten, soll nun im zweiten Teil eine Interpretation dieses Befundes erfolgen. Runensteine wurden bevorzugt in Verbindung zu Gräbern errichtet, doch was bedeutet das Grab für die Menschen? Warum wählten sie gerade Gräber als Standorte für einen Runenstein aus? Welchen Sinn erfüllt ein mit Runen beschriebener Stein an diesem aus unserer modernen Perspektive eher abgelegenen und geheimnisvollen Ort? Ein Verständnis der Runensteine kann nur erfolgen, wenn man auch den Platz versteht, an dem sie errichtet wurden. Dieser ist in den meisten Fällen das 1
Inschrift auf dem Runenstein Öl 1, die vollständige Inschrift lautet: + s-a... --(s)i(a)s * satr * aiftir * si(b)(a) * kuþa * sun * fultars * in hons ** liþi * sati * at * u * -ausa-þ-... +: fulkin : likr : hins : fulkþu : flaistr (:)* uisi * þat * maistar * taiþir : tulka * þruþar : traukr : i : þaimsi * huki * munat : raiþ:uiþur : raþa : ruk:starkr * i * tanmarku : --ntils : iarmun**kruntar : urkrontari : lonti barkuiþr × auk × þu : helka × raistu × stain × þansi : at * ulf : sun * sint * han × entaþis + miþ : ikuari + kuþ + hialbi + salu ulfs × Normalisierung: Folginn liggr hinns fylgðu, flestr vissi þat, mestar dæðir dolga Þrúðar draugr í þessu haugi. Gerade Wortfolge: dolga Þrúðar draugr hinns fylgðu mestar dæðir – flestr vissi þat liggr Folginn í þessu haugi. Übersetzung: ‘Der Baum (das Gespenst) der Kampf-Þrúð (=Krieger), dem die meisten Großtaten folgten – die meisten wussten das – liegt verborgen in diesem Hügel’ (Gerade Wortfolge und Übersetzung nach Marold 1998a, S. 671).
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Gräberfeld, ein Ort mit vielen unterschiedlichen Funktionen. Auch in diesem Kapitel wird eine interdisziplinäre Herangehensweise gewählt. Während bereits in Kapitel 2.4.4 erläutert wurde, was ein Gräberfeld ist und aus welchen Konstruktionen es besteht, soll in diesem Kapitel der Umgang mit den Toten weiter untersucht werden. Die Archäologie kann uns dabei Auskunft geben, wie mit den Toten umgegangen wurde: Welche Denkmäler man errichtete; wie diese errichtet und ausgestattet wurden. Bezugnehmend darauf stellt sich jedoch die Frage, warum man gerade auf diese Weise mit den Toten verfuhr? Dabei hilft der archäologische Befund nicht weiter. In Betrachtung der altnordischen Literatur soll daher die Bedeutung von Tod und Sterben sowie der Umgang mit den Toten und die Vorstellungen, die mit Tod und Jenseits verknüpft waren, erläutert werden. „W a s passierte auf dem Gräberfeld?“ kann der Befund beantworten. „W a r u m ?“ müssen die schriftlichen Quellen ergänzen. Die übergeordneten Funktionen des Gräberfeldes stehen daher in diesem Kapitel im Zentrum der Darstellung und führen schließlich zur Beantwortung der Frage, wie Runensteine von der Bedeutung dieses Ortes profitieren, bzw. diese Bedeutung verändern.2 Dabei wird die Funktion des Gräberfeldes für die Menschen und die damit verbundenen Todes- und Jenseitsvorstellungen zur Runenstein-Zeit in Schweden untersucht. Als Quellen dienen dabei sowohl archäologische Grabungsbefunde von Gräbern und damit verbundene Beobachtungen, als auch die altnordische Literatur. Während Mentalitäten in materiellen Hinterlassenschaften nur indirekt sichtbar werden, können die Schriftquellen den Rezipienten durch einzelne Protagonisten mehr Aufschluss über die Mentalität geben. Zunächst soll der archäologische Befund im Zentrum der Analyse stehen und davon ausgehend die offensichtlichen Funktionen eines Gräberfeldes benannt werden.
6.1 Quellenkritik Går man til den norrøne litteraturen eller til arkeologiens gjenstandsmateriale, blir man slått av hvor opptatt vikingtiden var av døden. Døden hadde en kolossal betydning, ja vi kan tale om en dødsideologi som ligger til grunn ikke bare for religion og kultus, med også for store deler av diktningen og kunsten.3
Wie Steinsland betont, spielt der Tod eine große Rolle in den mittelalterlichen skandinavischen Texten. Neben archäologischen Quellen, deren rein 2 3
Zu den grundlegenden Eigenschaften eines Gräberfeldes siehe Kapitel 2.4.4 der vorliegenden Arbeit. Steinsland 1997, S. 97.
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statistisch am häufigsten untersuchte Denkmalgruppe Gräber sind, ist auch in den altnordischen Quellen einiges über den Tod zu lesen, was nicht verwundert, handeln doch die meisten Sagas von Schlachten zu Land und zu Wasser. Das durch Snorri überlieferte Ynglingatal beispielsweise ist zum größten Teil eine Aufzählung von Königen und der Art und Weise, wie sie zu Tode kamen. Bevor diese Texte als Belege angeführt werden, muss jedoch betont werden, wie unterschiedlich die Texte sind, die man gemeinhin als „altnordische Literatur“ zusammenfasst. Jene Schriftquellen, die zumeist auf Island im bereits christianisierten Mittelalter vor allem von gelehrten Geistlichen aufgeschrieben wurden, können nicht als Primärquellen der Wikingerzeit gelten. Vielmehr geben sie an, wie man sich später diese Zeit und das damalige Weltbild vorstellte. Saga und Edda sind Quellengattungen, die keinesfalls wörtlich genommen werden dürfen, sie reflektieren weder die Gedanken der Protagonisten, noch ist überhaupt in jedem Einzelfall belegbar, dass es sich dabei um eine historische Person handelt. Die historisierenden Erzählungen geben nicht den Verlauf der Geschichte wieder, sie erzählen einzelne Begebenheiten, die sich so oder auch anders in der Vergangenheit zugetragen haben können. Zwar entspringen die Stoffe der mündlichen Tradierung jener Zeit, sie wurden jedoch individuell von unterschiedlichen Personen mit jeweils ganz persönlichen Intentionen aufgeschrieben, ergänzt und auch (absichtlich oder unabsichtlich) verändert.4 So kam es bereits vor der Verschriftlichung zu textlichen Veränderungen und Missverständnissen. Trotzdem waren die isländischen Gelehrten weit näher an jener Zeit und der damals vorherrschenden Geisteshaltung der Menschen, als wir es heute sind, und damit bilden sie eine mögliche und nicht zu unterschätzende Quellengattung für das Verständnis der Jüngeren Eisenzeit. Ihre Angaben können dabei regional unterschiedlich sein. Was auf Island die Regel war, muss so in Schweden nicht zwangsläufig gegolten haben. Weiterhin ist zu betonen, dass nicht nur die Zeit des Erzählers, sondern auch die erzählte Zeit einen weiten Rahmen bildet. So tematisieren die Fornaldarsögur die „heroische Vorzeit“ Skandinaviens und behandeln Stoffe von der Völkerwanderungs- bis zur Wikingerzeit, beispielsweise das Schicksal von Hunnen und Burgunden in der Vdžlsunga saga. Zeitlich weit entfernt liegen die Islendingasögur, deren Hauptschauplatz Island erst zur Wikingerzeit besiedelt wurde. Neben Sagaquellen werden auch Skaldengedichte in diesem Kapitel zu den Jenseitsvorstellungen angeführt. Diese 4
Zur Intention Snorris beispielsweise herrscht eine rege Forschungsdiskussion, siehe von See 1999, S. 311 ff. und dort angegebene Literatur.
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können im Gegensatz zu den meisten Sagas aufgrund eines konkreten Autors datiert werden und stammen zum größten Teil aus der Wikingerzeit. Während die Ynglinga saga beispielsweise in das 13. Jahrhundert datiert wird, entstand das Ynglingatal bereits im 10. Jahrhundert. Da die Jenseitsvorstellungen in der altnordischen Literatur ein eigenes Forschungsprojekt wären, können in der vorliegenden Arbeit nur Tendenzen aufgezeigt werden.5 Daher erfolgt die Darstellung hier synoptisch und nicht nach Gattungen getrennt, was bei einer intensiveren Betrachtung in jedem Fall erforderlich wäre. Denn der in einer Isländersaga beschriebene Ritus einer Bestattung ist natürlich nicht direkt vergleichbar mit einer thematisch ähnlichen Episode eines eddischen Gedichtes. Ziel ist es daher nicht, die Jenseitsvorstellungen der altnordischen Literatur hier umfassend darzustellen, sondern nur, mit Hilfe der Literatur das Verständnis von Tod und Bestattung zur Gegenwart der Runensteine zu erfassen, um eine ungefäre Vorstellung über die Bedeutung dieses Ortes für die Menschen zu erhalten. Denn eben jene Menschen waren es, die den Runenstein bei den Gräbern platzierten und damit einen Ort wählten, der für sie bereits ohne Runenstein eine besondere Bedeutung hatte und deshalb für die Funktion des Steins relevant ist. Im Zentrum dieser Arbeit stehen Menschen, sowohl die Errichter der Steine als Hinterbliebene als auch die in der Inschrift gepriesenen Toten. Daher müssen beide hier auch angesprochen werden: Die Toten, denen ein Grab bereitet wird, und die möglicherweise eine feste Jenseitsvorstellung hatten. Aber auch die Lebenden, denn sie sind es, die das Begräbnis bereiten. Und mit der Bereitung des Begräbnisses und der Notwendigkeit eines Grabes soll im Folgenden begonnen werden.
6.2 Von der Notwendigkeit eines Grabes Verstorbene müssen allein schon aus hygienischen Gründen physisch von den Lebenden getrennt werden. Bereits aus älterer Zeit kannte man einzelne Bestattungen. Gräberfelder treten ab der Jüngeren Bronzezeit in Schweden auf, einer Zeit, in der sich die Grabsitten deutlich verändern und kollektive Grabanlagen etabliert wurden.6 Dieser kollektive Gedanke schließt die Toten nicht aus, sie bleiben Teil der Gemeinschaft und werden mit großer 5
6
Eine ausführliche Bearbeitung der Jenseitsvorstellungen müsste in jedem Fall nach Gattungen getrennt erfolgen und genau zwischen Entstehungszeit, erzählter Zeit, Autorschaft sowie Autorintention unterscheiden. Hyenstrand 1984, S. 84.
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Sorgfalt an einem besonderen Ort bestattet. Nur Menschen begraben ihre Verstorbenen und glauben an ein Leben nach dem Tod,7 doch nicht jede Gesellschaft hatte einen zentralen Aufbewahrungsort („Gräberfeld“) für die physischen Hinterlassenschaften ihrer Toten.8 Der Umgang mit dem Tod kann entsprechend auch Aussagen über die Gesellschaft an sich ermöglichen. Im Reallexikon der Germanischen Altertumskunde wird „Grab“ als „in die erde gegrabene vertiefung zur bestattung von toten“ [sic] erklärt.9 Nicht umsonst besteht eine sprachliche Verwandtschaft zwischen „Grab“ und dem Verb „graben“. Zunächst ist dies also der Ort, an dem die körperlichen Hinterlassenschaften eines Verstorbenen in die Erde gebracht werden. Wäre dies der einzige Grund, sind weder Beigaben, noch komplizierte Grabbauten (Hügel, Kammergräber, Bootsgräber, usw.) notwendig. Neben dem Verwahren von Gebeinen oder Asche muss ein Grab daher zusätzlich andere Zwecke erfüllen.10 Die Archäologie konnte viele Beobachtungen bei Grabuntersuchungen machen, die nahe legen, dass eine Bestattung ein gesellschaftliches Ereignis war. Viele Menschen wurden benötigt, um ein Grab auszuheben und vorzubereiten. Die tonnenschweren Steine einer Steinsetzung oder mehrere Meter hohe Erdhügel können nicht von einer Person errichtet werden und auch sicher nicht an einem Tag. Die Bereitung eines Grabes wurde in einigen Fällen so ausführlich betrieben, dass man dafür mehrere Monate brauchte, beispielsweise in der Schiffsbestattung von Oseberg, die nachweislich in mehreren Phasen erfolgte11 und dabei mindestens vier Monate beanspruchte.12 Stattdessen war eine Organisation der Bestattung notwendig, es musste bestimmt werden, welche Grabform für den Toten angewendet (Hügel oder Steinsetzung?) und auf welche Weise er dort bestattet werden sollte (Brandgrab oder Körpergrab? In einer Urne oder einer zusätzlichen Holzkammer?), welche Beigaben er erhalten und was währenddessen mit dem Leichnam geschehen soll, der später in dieses Grab „einziehen“ würde.13 7 8 9 10 11 12 13
Whaley 1981, S. 1. Härke 2001, S. 11. Meineke nach Grimm in Meineke 1998, S. 491. Siehe dazu einleitend den Artikel „Grab und Grabbrauch“ im RGA (Geißlinger 1998) und dort angeführte weitere Literatur. Gansum 2002, S. 272 ff. Nordberg 2003, S. 81. Siehe beispielsweise die Beobachtungen von Back Danielsson (2000) über die Errichtung eines Grabhügels oder die Rekonstruktion des Begräbnisrituals bei Arte-
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Während der Tod also ein natürlicher biologischer Vorgang ist, gestalten die Menschen den Umgang damit nach ihren Vorstellungen14 und machen ihn damit zu einem wichtigen Bestandteil der eigenen Kultur. Das zeigen beispielsweise die Pyramiden in Ägypten, die als Gräber zu den größten Monumenten der Menschheit zählen. Der Terminus ‘Grab’ ist jedoch unvollständig, denn er bezieht sich nur auf die Toten.15 Dagegen werden die Hinterbliebenen, die jenes Begräbnis organisieren, in diesem Begriff nicht erfasst. Die Bestattung dient dem Toten, indem die Gemeinschaft ihn mit einer würdigen Bestattung verabschieden und dadurch ihre Wertschätzung zeigen kann. Je nach Glauben bereitet eine „gute“ bzw. „richtige“ Bestattung außerdem den Weg in ein angenehmes Jenseits. Den Hinterbliebenen hilft die Bestattung zur Bewältigung von Trauer aber auch zur Darstellung der eigenen Macht. Durch eine kostspielige Bestattung eines Verwandten wird gezeigt, wie stark die eigene Position ist. Je größer und aufwendiger das Grabmonument des eigenen Verwandten, desto stärker ist die Position der Familie in der Gemeinschaft. Sie wird gestärkt, indem man das Grab zusammen erbaut und dieses deutlich sichtbar verbleibt. Der jeweilige Platz des Grabes und seine Monumentalität konservieren einen damit festgesetzten Status für die Zukunft, denn auch künftige Generationen werden das Monument wahrnehmen und damit an den Toten erinnert werden. Mit den Gräbern der eigenen Gruppe kann man sich von anderen Gruppen und deren Grabsitten abgrenzen. Daher dienen Bestattungen sowohl dem Toten als auch den Hinterbliebenen. 6.2.1 Ritualisierte Handlungen Einige ritualisierte Handlungen im Kontext einer Bestattung haben Spuren hinterlassen, die bei der Untersuchung eines Grabes entdeckt werden können. Andere kennen wir nur aus jüngeren Schriftquellen, beispielsweise den schwedischen Landschaftsgesetzen oder den mittelalterlichen Sagas. Diese Handlungen sind Hinweise darauf, wie der Tod wahrgenommen wurde und welche Bedeutung er für die Gemeinschaft hatte. Aus christlichen Gesetzen, beispielsweise den Indiculus superstitionum et paganiarum, geht hervor, dass man während der heidnischen Bestattung Totenlieder gesungen habe, die daraufhin von der christlichen Kirche verboten
14 15
lius 2000 und Geake 2002. Allgemeines zum Grabbau und Grabkult bei Härke 2001. Whaley 1981, S. 1. Baudou 1989, S. 10.
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wurden.16 Die sog. Nonsensinschriften auf Runensteinen werden von Herschend als mögliche Verschriftlichung dieser Grablieder interpretiert.17 In einigen Sagas wird berichtet, dass man dem Toten die Augen schließen muss, um sich vor seinem bösen Blick zu schützen.18 Einige Tote trägt man nicht über die Schwelle des Hauses, da dies entweder Unglück bringt oder es dem (bösen) Toten erleichtert den Weg nach Hause zu finden.19 Stattdessen ist in der Eyrbyggja saga zu lesen, dass Arnkell die Wand des Hauses durchbricht, um den toten Vater zum Begräbnisort zu bringen, anstatt ihn über die Schwelle des Hauses zu tragen: Eftir þat lét hann brjóta vegginn á bak honum og draga hann þar út 20 (Eyrbyggja saga 33). Hier wird zum einen eine, möglicherweise schon durch das Christentum proklamierte Furcht vor den Toten offensichtlich, zum zweiten aber auch die Vorstellung, dass die Toten nicht einfach verschwinden, sondern weiterhin in die Geschicke der Lebenden eingreifen können und daher zu fürchten sind, wie in vielen Wiedergängergeschichten gezeigt wird. In vielen Sagas ist es gerade das Bezwingen eines Toten, der aus seinem Grab zurückkehrt und Unheil stiftet, was den Helden besonders auszeichnet.21 Vielleicht war es aber auch eine sehr alte Angst vor den Toten, die dadurch belegt wird, dass in einigen Gräbern den Toten große Steine auf den Körper gelegt wurden. In Grab 32/88 des wikingerzeitlichen Gräberfeldes von Fröjel/Gotland beispielsweise fanden Archäologen die sterblichen Überreste einer Frau. Direkt auf ihrer Hüfte lagen zwei große Steine, „uppenbarligen för att hålla kvar kvinnan i graven“.22 Im Einzelfall ist natürlich zu prüfen, ob der Stein bereits während der Bestattung auf den Körper des Toten gelegt wurde, um ihn an dem Aufstehen zu hindern oder ob er sich nachträglich aus der Grabeinfassung gelöst hat. Letztere Möglichkeit wird im Fall des Grabes von Fröjel vom Ausgräber ausgeschlossen.23 Auch einzelne Runeninschriften weisen auf die Angst vor Wiedergängern hin, 16 17 18
19 20 21
22 23
Simek 2006, S. 82. Herschend 2005b, S. 92. Beispielsweise in der Eyrbyggja saga 33. Arnkell schließt dem verstorbenen Þórólfr als nábjargir (‘Leichenhilfe’) die Augen, um damit vor dem ‘bösen Blick’ des Toten geschützt zu sein. Turville-Petre 1964, S. 270. Eyrbyggja saga 33, Übersetzung: ‘Danach ließ er die Wand hinter ihm durchbrechen und trug ihn dort hinaus.’ Beispielsweise der Wiedergänger Glamr, der durch Grettir in der Grettis saga bezwungen wird. Allerdings dient Glamr auch dazu, Grettir seine Zukunft vorherzusagen und hat entsprechend keine ausschließlich negative Funktion. Carlsson 1999, S. 109. Ibid.
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beispielsweise die Steine von Tanum/Bohuslän (KJ 73) oder Opedal/ Hordaland (KJ 76). Eine nur schwer rekonstruierbare ritualisierte Handlung wird schließlich erforderlich, wenn der Tote verbrannt werden soll. Denn außer einem in seltenen Fällen auf Gräberfeldern zu rekonstruierenden Brandplatz ist über den Hergang dieser Verbrennung nur wenig bekannt.24 In vorchristlicher Zeit überwiegen Brandbestattungen, wobei es jedoch auch immer wieder Ausnahmen gibt, Körperbestattungen kommen vereinzelt während der gesamten Eisenzeit im Norden vor. Zur Wikingerzeit, besonders in der jüngsten Phase, werden Körperbestattungen häufiger, in Birka wurden 465 Hügel mit Brandgräbern und 176 Hügel mit Körpergräbern gefunden.25 Da Runensteine zumeist am Rand des Gräberfelds stehen, kann nicht festgestellt werden, ob sie mit bestimmten Brand- oder Körperbestattungen in Zusammenhang stehen, es scheint eher der Fall zu sein, dass sie generell mit dem Gräberfeld verbunden sind, ohne ausgewählte Gräber zu flankieren. Brandbestattungen mit einem nicht näher zu bestimmenden „Verbrennungsritual“ überwiegen auf den Gräberfeldern und man könnte annehmen, dass der Körper des Toten im Jenseits keine Rolle mehr spielt, da er durch das Feuer zerstört wird. Dies widerspricht jedoch den Beigaben, die in vielen Fällen ganz praktischer Natur sind, beispielsweise Kamm oder Speisen. Oder dienten diese Beigaben nicht dem Toten im Jenseits? 6.2.2 Beigaben Das bekannteste Ritual im Kontext einer Bestattung in vorchristlicher Zeit ist die Deponierung von Beigaben. Ibn Rustah interpretiert das Grab eines Nordmanns als Haus, da die gesamte Hausausstattung inklusive seiner Ehefrau mit in das Grab gefolgt sei.26 Beigaben können bereits mit auf den Scheiterhaufen gelegt und dort verbrannt werden, ein Beispiel aus der Literatur dazu ist die Bestattung Sigurds, dem Brynhild auf den Scheiterhaufen folgt und sagt: þeygi mun vár fdžr aumlig vera.27 Die Beigaben können auch erst nach der Verbrennung der Leiche in das Grab gelegt werden, wie einige unverbrannte Funde zeigen. Auch in der Grabschüttung
24
25 26 27
Das berühmte Begräbnis eines Nordmannes in der Rus wird von Ibn Fadlan geschildert, ist jedoch nicht unbedingt auf ein festes Brauchtum in der skandinavischen Heimat zu übertragen. Der Quellenwert ist daher umstritten. Müller-Wille 1993, S. 58. Turville-Petre 1964, S. 272. Sigurðarkviða in skamma 69, Übersetzung: ‘Unsere Fahrt wird nicht ärmlich sein.’
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wurden Beigaben gefunden, beispielsweise in Birka, Grab 615.28 Dies belegt, dass man auch noch nach der eigentlichen Bestattung dem Toten Gegenstände beigab. Speiseopfer an Grabhügeln, die in den Landschaftsgesetzen verboten wurden,29 könnten ebenfalls als nachträgliche Beigaben gedient haben. Über die Bedeutung von Beigaben an sich besteht Uneinigkeit. Während die ältere Forschung Beigaben ausschließlich als Ausstattung des Verstorbenen für das Jenseits sah und beispielsweise Pferde und Schiffe als Transportmittel dorthin interpretierte,30 wird den Beigaben heute ein differenzierteres Bild beigemessen. Pferd und Schiff könnten auch symbolisch verdeutlichen, dass der Tote die Welt der Lebenden verlässt.31 Es ist nicht mehr eindeutig, dass die Beigaben ausschließlich Gegenstände des Toten sind, Härke stellte ganz unterschiedliche Funktionen der Beigaben vor.32 Sie können Geschenke der Hinterbliebenen oder Erbstücke der Familie sein.33 In jedem Fall können Beigaben für uns heute interesante Quellen zur Jenseitsauffassung dieser Zeit sein, denn wenn sich der Tote in Walhall aufhält, wo er täglich Fleisch und Met bekommt, möchte man ihm beispielsweise durch Speiseopfer keine Verpflegung zukommen lassen (er wird in Walhall verpflegt), sondern sieht die Speise als adäquates Opfer an, den Toten zu ehren. In jedem Fall werden die Beigaben von den Hinterbliebenen nach bestimmten Motiven ausgewählt. Für eine mögliche Legitimierung des Toten in einer jenseitigen Welt könnten beispielsweise gewisse Statusgegenstände eine notwendige Grabbeigabe gewesen sein. Diese Beigaben wurden zusätzlich von allen gesehen, die beim Bau des Grabes anwesend waren. Hier zeigte sich, wer der Nachfolger des Verstorbenen war, eine Bestattung konnte durch die Beigaben daher auch einen juristischen Zweck erfüllen, indem sie öffentlich die Rangfolge deutlich machte. Je nachdem, wer welche Beigaben in das Grab legte, konnte damit ein Hinweis auf den Reichtum und die damit verbundene Macht einzelner Hinterbliebener gegeben werden. Möglicherweise dienten Beigaben auch als Ehrbeweis für den Toten, damit er der Sippe nach seinem Tod wohlgesonnen sein möge.34
28 29 30 31 32 33 34
Arbman 1943, S. 202. Kaliff 1997, S. 73. Beispielsweise Moltke 1985, S. 248. Clunies Ross 1994, S. 250. Härke 2003, S. 109 ff. Parker Person 1999/2003, S. 7. Böhner 1964, S. 658.
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Beigaben sind Schlüssel zu einer Jenseitsvorstellung. Dienen sie zur Legitimation des Toten, erwartet ihn im Jenseits ein Gericht, das ihn anhand der Beigaben wertet. Sind sie für den Toten selbst gedacht, setzen sie voraus, dass der Tote mit diesen Beigaben nach seinem Tod etwas anfangen kann. Dies wiederum bedeutet, dass der Tote mit seinem Körper und all seinen Fähigkeiten an einen anderen Ort kommt, denn wer keinen Körper hat, braucht kein Reittier, wer keine Arme hat, braucht kein Schwert und wer nicht schmecken kann, braucht keine Speisen. Oder kommt er womöglich nicht einmal an einen anderen Ort, sondern verbleibt mit seinem Hab und Gut im Grab? Sind Beigaben einfach nur Geschenke, die man dem Toten schuldig ist und die mit ihm vergehen werden? Die Interpretation des Gräberfeldes und der Umgang mit den Toten, der durch ritualisierte Handlungen und Beigaben deutlich wird, sind Produkt der vorherrschenden Jenseitsauffassung. Um diese Informationen zu sortieren und daraus die Bedeutung des Gräberfeldes und damit verbunden auch die Funktion des Runensteins am Gräberfeld erfassen zu können, ist es hilfreich, die vorherrschende Jenseitsvorstellungen in diese Untersuchung einzubeziehen. Wie sollte man sich dieses Jenseits vorstellen, in dem man Waffen, Nahrung und Pferde brauchte? Zur Jüngeren Eisenzeit beobachtet Bennett, dass der Grabbau stereotyper und deutlicher sichtbar wird als zuvor35. Auch Svanberg diskutiert elf Typen der Bestattung in Südschweden als Ausdruck unterschiedlicher sozialer Gruppen.36 Bennett deutet dies in Anlehnung an Ström als eine veränderte Jenseitsauffassung, die eine konkretere Götter- und Jenseitsvorstellung voraussetzt.37 Doch wie war dieses Jenseits überhaupt strukturiert, in dem man die Toten wähnte? Gab es überhaupt eine einheitliche Jenseitsvorstellung zur Runenstein-Zeit?
6.3 Die jenseitige Welt Wer mit den sehr unterschiedlichen literarischen Belegen versuchen möchte, die Jenseitsvorstellung der Wikingerzeit darzustellen, wird schnell feststellen müssen, dass es weder eine klare Aufteilung der jenseitigen Welt gibt, noch eine Angabe darüber, wo sich die Verstorbenen aufhalten, wenn sie das irdische Leben verlassen. Einigkeit besteht in den unterschiedlichen Texten lediglich darüber, dass sie weiter leben. Die unterschiedlichen jenseitigen „Orte“, die in der altnordischen Literatur benannt werden, sollen daher hier zunächst vorgestellt werden. 35 36 37
Bennett 1987, S. 184. Svanberg 2003, S. 141. Bennett 1987, S. 184.
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6.3.1 Walhall: Odin und Freja Am bekanntesten ist die Vorstellung vom „Kriegerparadies“ Walhall, die „Halle der Gefallenen“.38 In dem Haraldskvæði des Þórbjdžrn Hornklofi wird zu Ende des 9. Jahrhunderts möglicherweise Walhall als Bestandteil einer Kenning in Strophe 11 zum ersten Mal erwähnt. Zwei Skaldengedichte des 10. Jahrhunderts, Hákonarmál und Eiríksmál, schildern ganz unterschiedliche Walhall-Erfahrungen der Könige Eiríkr blóðøx und Hákon goði.39 Ausführlichere Schilderungen zum Aufbau der Halle Walhall findet man in Grímnismál 8–10, 23–24 und Gylfaginning 37–40. Auch auf einigen gotländischen Bildsteinen könnte Walhall dargestellt sein, zumindest finden sich dort Bilder, die mit den eddischen Beschreibungen übereinstimmen.40 In Odins Halle treffen sich die auf dem Schlachtfeld gefallenen Krieger, die hier weiter kämpfen können ohne zu sterben und jeden Abend in Odins Halle speisen und feiern. Anhand der schriftlichen Quellen, beispielsweise Hákonarmál, wird gesagt, dass die Walküren auf Odins Geheiß jene Krieger auswählen, die nach Walhall kommen, der Zutritt war somit nicht allen gestattet. Die Skaldengedichte sprechen von Walhall als dem zu erwartenden Aufenthaltsort der gepriesenen Könige und Jarle.41 Doch nicht alle erwählten Krieger kommen zu Odin; Freya darf unter den Gefallenen die Hälfte auswählen (Grímnismál 14), die sie zu sich in ihren Saal Fólkvangr geleitet.42 Was dort mit ihnen geschieht, bleibt ungesagt. Ebenso wenig wird deutlich, ob Freya frei wählt oder nur bestimmte Gefallene zu sich rufen darf. In der Egils saga Skalla-Grímssonar 78 sagt Thorgerd, engan hefi ek náttverð haft, ok engan mun ek, fyrr en at Freyju.43 Sie geht also davon aus, dass sie nach ihrem Tod in Freyas Halle aufgenommen wird. Man könnte entsprechend meinen, dass nur 38 39 40
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42 43
Von valr ‘die auf dem Schlachtfeld liegenden Gefallenen’ und hƭll ‘Halle’. Siehe dazu Marold 1972. Der Intention dieses Kapitel entspricht es nicht, hier eine vollständige Darstellung von Walhall zu geben, ich verweise dafür auf die Literatur: Zu Walhall siehe Neckel 1913. Für neuere Literatur siehe die Übersichtswerke zur germanischen Religion, beispielsweise Nordberg 2003; Simek 2003, S. 209 ff. oder das Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, s.v. ‘Walhall’. Was jedoch keine Eigenschaft von Walhall sein muss, da Preislieder vor allem auf Könige und Jarle gedichtet bzw. überliefert wurden, und somit auch kein einfacher Krieger oder gar Bauer hier erwähnt werden könnte. Clunies Ross 1994, S. 256. Egils saga Skalla-Grímssonar 78, Übersetzung: ‘Ich habe kein Abendessen gehabt und werde auch keines mehr haben bis ich zu Freya komme.’
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Frauen zu Freya kommen, während die Männer von Odin erwählt werden. Dem widerspricht jedoch, dass Freya die Hälfte der auf dem Schlachtfeld Gefallenen erhält, dabei handelt es sich vermutlich zum größten Teil um Männer. Hultgård betont, dass es keine Aussagen darüber gibt, ob Männer und Frauen im Jenseits in unterschiedliche Totenreiche gelangen.44 Einige Forscher, beispielsweise Uecker, interpretieren das achte Kapitel der Ynglinga saga so, dass nur bedeutende Männer nach Walhall kommen, während weniger wichtige Männer einen Bautastein erhielten.45 Diese Interpretation muss jedoch widerlegt werden, denn in dem betreffenden Kapitel der Ynglinga saga ist zu lesen: Svá setti hann [i.e. Odin], at alla dauða menn skyldi brenna ok bera á bál með þeim eign þeirra; sagði hann svá, at með þvílíkum auðœfum skyldi h v e r r k o m a t i l V a l h a l l a r , sem hann hafði á bál [...]. En eptir gdžfga menn skyldi haug gera til minningar; en eptir alla þá menn, er ndžkkut mannsmót var at, skyldi reisa bautasteina; ok hélzt sjá siðr lengi síðan.46 (meine Hervorhebung)
In dem Text steht nicht, dass nur reiche Menschen nach Walhall kommen, sondern dass alle, die verbrannt werden, Zugang haben und ihre Beigaben mit sich führen. Die Eigenschaften „vornehm“ und „mutig“ schließen einander nicht aus und überdies ist nicht die Rede davon, dass nur Menschen in einem Hügelgrab nach Walhall kommen. Walhall wird daher bei Snorri nicht als elitärer Platz geschildert, der ausschließlich priviligierten Menschen vorbehalten war, sondern steht ganz im Gegenteil allen offen, die verbrannt werden.47
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Hultgård 2001, S. 473. Eine solche Aussage wäre nur zu erwarten, wenn man von unserer modernen Perspektive aus davon ausgeht, dass Männer und Frauen auch im eisenzeitlichen Diesseits feste Rollen zugewiesen bekamen. Dies ist in den Jenseitsvorstellungen jedoch nicht zu erkennen, Männern und Frauen werden im Jenseits nicht unterschiedlich behandelt. Uecker 1966, S. 39. Ynglinga saga 8. Übersetzung: 'So bestimmte er [m.A.: Odin], dass alle toten Menschen verbrannt werden sollen und zu dem Scheiterhaufen tragen, was ihr Eigentum war. Er sagte, dass jeder mit den Reichtümern nach Walhall kommt, die er auf dem Scheiterhaufen hatte [...]. Und nach vornehmen Menschen sollte man einen Hügel machen und nach all jenen mutigen Menschen sollten Bautasteine errichtet werden; und es hielt sich dieser Brauch noch lange seitdem.’ Der Quellenwert der Ynglinga saga wurde von Pesch untersucht. Sie konstatiert, dass Snorris Ynglinga saga und Ynglingatal für die Bestattungssitten der Wikingerzeit nur bedingt als Quelle geeignet sind und durch viele archäologische Funde widerlegt wurden (Pesch 1996, S. 178).
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6.3.2 Hel Ein weiteres in den Quellen genanntes Totenreich ist Hel. Auch wenn eine sprachliche Verwandtschaft besteht, hat Hel mit der christlichen Hölle zunächst wenig zu tun. Hier versammeln sich alle „an Land, an Krankheit oder Altersschwäche Verstorbenen“.48 Dies wird bespielsweise im Sonatorrek des Egil Skallagrimsson deutlich, in Strophe 25 erwartet der alternde Egil seinen Tod und damit Hel. In der Edda ist Hel mehrfach als Jenseitsreich bezeugt (Grímnismál, Vdžluspá), in Snorris Gylfaginning der christlichen Hölle bereits ähnlicher, vermutlich hat der Verfasser hier eigene Assoziationen aufgeschrieben.49 Dass die Vorstellung an sich jedoch älter ist, wird dadurch belegt, dass der norwegische König Olav der Heilige im 11. Jahrhundert seiner Axt den Namen Hel gibt. Dieser Name bezieht sich wohl darauf, dass die Waffe jedem Gegner den sicheren Tod bescheren soll und dieser damit in das Jenseits befördert wird. Jene mit der Axt Getöteten dürften in erster Linie Krieger gewesen sein, denn im Allgemeinen widerspricht es dem Bild von einem König, wehrlose altersschwache Menschen mit einer Axt zu erschlagen. Das würde bedeuten, dass auch Krieger nach Hel kommen, möglicherweise die, welche die Gunst der Walküren nicht erhalten. Es heißt wiederum nicht, dass nur ruhmlose Menschen in das Totenreich Hel aufgenommen werden. Nach ihrer königlichen Bestattung in einem Wagenkastengrab kommt beispielsweise auch Brynhild dorthin (siehe Helreið Brynhildar) und selbst Könige befinden sich nach ihrem Tod, glaubt man dem Ynglingatál, eben dort. 6.3.3 Rán Eine weitere Göttin, die Tote bei sich aufnimmt, ist Rán. Nur wenige Quellen handeln davon, dass die Ertrunkenen in Ráns Hände fallen, eine darunter ist das Gedicht Sonatorrek des Skalden Egil (Strophe 7). In jüngeren Sagas, beispielsweise der Friðþjófs Saga 6, wird das Reich der Rán als Synonym für den Tod durch Ertrinken verwendet. Rán, als Frau des Meeresgottes Ægir, ist vermutlich eine Totengöttin, die erst spät bezeugt ist, wenn man sie überhaupt so nennen darf. Von jenen Verstorbenen, die sich nach ihrem Tod bei den weiblichen Gottheiten Rán oder Freya aufhalten, erfahren wir in der Literatur fast nichts, Walhall und Odin dagegen sind in der altnordischen Literatur sehr populär.50 48 49 50
Simek 2003, S. 208. Simek 2003, S. 209. Nedkvitne 1997, S. 30.
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6.3.4 Die Toten im Berg Eine Imagination, die nach Ström jünger als beispielsweise das Totenreich Hel sei, ist die Vorstellung der Toten im Berg.51 Sie gründet sich auf den Berg Helgafell, der in der Eyrbyggja saga 4 als derjenige beschrieben wird, in dem die gesamte Verwandtschaft nach ihrem Tod zusammenkommt und miteinander feiert.52 Die Vorstellung von den Toten im Berg kommt ausschließlich auf Island vor53 und könnte womöglich einer rein isländischen Tradition entsprechen. Dieser Totenberg ist nach den Sagatexten heilig und wird besonders geachtet. Möglicherweise stammen die Impulse dafür aus der samischen Tradition von den Toten im Saiwo, dem heiligen Berg54. Da es nicht viele Belege gibt, könnte es auch eine Ableitung der Vorstellung von den Toten im Hügel, d.h. im Grabhügel sein. 6.3.5 Die Toten im Hügel Der Hügel ist ein in der Landschaft deutlich sichtbares Monument, welches bereits seit der Bronzezeit als Bestattungsort gewählt wurde. Zur Runenstein-Zeit wurden einige monumentale Hügel in Schweden errichtet, am bekanntesten sind dabei sicherlich die Hügel von Gamla Uppsala in Uppland. Jene Hügel, die von den Hinterbliebenen so reichlich mit Beigaben ausgestattet wurden, gelten in einigen literarischen Belegen tatsächlich als Wohnstätte der Toten. Zu den Begräbnisarten ist in den altnordischen Quellen häufig zu lesen, dass die Menschen an Ort und Stelle ihres Todes „eingehügelt“ wurden.55 Die genaue Bauweise eines Grabhügels und die Anlage von Holzkammern in den Hügeln ist durch die Literatur bezeugt.56 Die Könige aus Ynglingatal und Ynglinga saga erhalten 51 52
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Ström 1993, S. 216 ff. Eyrbyggja saga 4: Það fjall kallaði hann Helgafell og trúði að hann mundi þangað fara þá er hann dæi og allir á nesinu hans frændur. Übersetzung: ‘Diesen Berg nannte er Helgafell und er glaubte, dass er dorthin kommen würde, wenn er stirbt und alle seine Verwandten von der Landzunge.’ Landnámabók 23, Eyrbyggja saga 4, Brennu-Njáls saga 14, Bárðar saga 3. Siehe Unwerth 1911, S. 7 ff. In der Hervarar saga ok Heiðreks werden die Toten beispielsweise direkt nach dem „Kampf auf Samsey“ dort in einem Hügel mit all ihren Waffen bestattet, und in ihrer Heimat wird nur von ihrem Tod berichtet. Weitere Belege für diese Vorgehensweise finden sich beispielsweise in Hrafnkels Saga 8; Hákonar saga gamla 30 und Haralds saga gráfeldar 9. In der Haralds saga hins harfagra 44 wird die genaue Bauweise eines Grabhügels geschildert, die Anlage von Holzkammern in Grabhügeln in Grettis saga 18 und Haralds saga hárfagra 8. Die Egils saga Skalla-Grímssonar 55 und Bárðar saga
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fast alle, soweit erwähnt, einen Grabhügel.57 Dort ist gleichzeitig zu lesen, dass Tote einen Grabhügel erhalten und nach Walhall gehen, der Grabhügel wurde von Snorri also als Ort angesehen, von wo aus man die Reise in das eigentliche Totenreich erst antreten musste. Dies entspricht der christlichen Vorstellung davon, dass der Körper im Grab verbleibt, während die Seele die Reise in das Jenseits antritt. So darf man sich die vorchristliche Jenseitskonzeption jedoch nicht vorstellen, denn während der Tote auf Erden einen Grabhügel erhielt und dieser von den Hinterbliebenen ausgestattet wurde, ist beispielsweise in der Vegtamskviða (Baldrs draumar) belegt, dass die tote Seherin, die Odin befragen will, in einem Grabhügel auf dem Gebiet der Hel lebt (Vers 3, 4). Ein diesseitiger Grabhügel ist also nicht der Ausgangsort für eine Reise in das Jenseits, sondern befindet sich bereits selbst schon gleichzeitig im Jenseits. Es ist ein Ort, der beide „Welten“ miteinander verbindet, vorstellbar wie ein Haus mit Vorder- und Hintertür. Während die Vordertür – im übertragenen Sinne – in das Reich der Lebenden führt, kommt man durch die Hintertür in das Jenseits. Diese sehr plastische Vorstellung machte es möglich, dass einige Tote an ihrem Grabhügel wieder in Kontakt mit den Lebenden treten konnten. In der Hervarar saga ok heiðreks 4 kommt Hervdžr zum Grabhügel ihres Vaters, um das Schwert Tyrfing, welches als Grabbeigabe in den Hügel gelegt wurde, wiederzuerhalten. Diese literarische Form des Grabraubs wird in der Saga so geschildert, dass Hervdžr ihren Vater weckt und am Grabhügel mit ihm spricht. Auch der tote Held Helgi trifft laut der Helgakviða Hundingsbana II, Vers 4658 seine lebende Frau Sígrún an seinem Grabhügel, er hält sich aber auch in Walhall auf. Es ist daher möglich, dass der Grabhügel als Ort verstanden wird, an dem man mit den Toten in Kontakt treten kann. Daher werden hier auch noch nach der Bestattung des Toten Gaben niedergelegt.59 Einige Tote verfügen über einen Grabhügel, der im Winter grün bleibt, wie in der Bárðar saga 6 geschildert wird: Haugr Einars er alltaf vallgróinn vetr ok sumar.60 Die Toten handeln, wenn man ihren Grabfrieden
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15 geben einen guten Einblick in eine Hügelbestattung mit Beigaben. Pesch 1996, S. 181 f. Helgakviða Hundingsbana II, Vers 46: Nú ero brúðir | byrgðar í haugi, | lofða dísir, | hiá oss liðnom. Übersetzung: ‘Nun sind die Bräute | verborgen im Hügel | die berühmten dísir | bei uns Toten.’ Weiteres zu Gaben an den Hügeln im folgenden Kapitel 6.3.1. Bárðar saga 6, Übersetzung: ‘Einars Grabhügel ist immer gut bewachsen, im Winter und Sommer.’ Siehe außerdem Landnámabók 59, Gisla Saga 29, Ketils saga hængs 132.
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stört61 und bewirken nach ihrem Tod aus ihrem Grabhügel heraus Gutes, so dass ihnen hier von den Lebenden geopfert wird.62 Sie gehen freiwillig in den Hügel, beispielsweise König Herlaugr in der Haralds saga hárfagra 8 zusammen mit seinem Gefolge, dort findet man sie zum Teil unverwest vor,63 die Toten essen und trinken in der Bárðar saga 13 zusammen, in Kapitel 16 der gleichen Saga spricht der lebende Gestr mit dem eigentlich toten Raknar in dessen Hügel. Nach Ström ist die älteste Vorstellung, dass der Tote in seinem Grabhügel lebt.64 Diesem widerspricht Uecker und meint, es gäbe keinen eindeutigen literarischen Beleg dafür, dass der Tote im Hügel lebt, sondern nur, dass er im Hügel erscheinen kann.65 Die unterschiedlichen Thesen von Ström und Uecker liegen darin begründet, dass man die Quellen unterschiedlich auslegen kann. Wenn Herv߭r den Vater im Hügel weckt (Vaki þú, Angantýr) oder Odin zur Hel reitet um die Wala in ihrem Grabhügel zu wecken (valgaldr kveða), dann erscheinen beide dort. Wo sie nach ihrem Tod „leben“, wird nicht gesagt. 6.3.6 Von lebenden Leichen Nach den literarischen Quellen blieben die Toten Menschen aus Fleisch und Blut, die auch weiterhin verwundbar waren, Gefühle und Bedürfnisse hatten.66 Sie konnten ihre Sinne benutzen und litten beispielsweise unter Nässe oder Kälte im Grab.67 Auch nach ihrem Tod wollten sie weiterhin den Haushalt kontrollieren oder Schiffe von ihrem Grab aus beobachten,68 andere gingen umher und stifteten Schaden.69 Während Klare auf Grundlage der Vorstellung vom Toten im Hügel angibt, dass die Toten der Nordgermanen als lebende Leiche verstanden wurden und keine Seele hatten,70 widerspricht Nordberg Klares These vom lebenden Leichnam und gibt an, dass Gräber nicht diejenigen Orte waren, wo sich die Toten aufhielten, sondern ihres Zeichens Orte, wo man den besten Kontakt mit den Toten 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70
Z. B. Grettis saga 64–65, Harðarsaga 29 ff. Z. B. Landnámabók 37, Egils saga Skalla-Grímssonar 84, Ynglinga saga 10, 40, Kristni Saga 6. Z. B. Egils saga Skalla-Grímssonar 7, Bárðar saga 13, Haralds saga hárfagra 8. Ström 1993, S. 216 f. Uecker 1966, S. 42. Klare 1933/34, S. 32. Klare 1933/34, S. 30. Turville-Petre 1964, S. 269. Simek 2003, S. 205. Klare 1933/34, S. 40.
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aufbauen konnte.71 Die Toten selbst befanden sich nach Nordberg in Walhall oder Hel. Dies ist jedoch kein Gegensatz, denn wenn auch unsicher ist, wo sich der Tote konkret aufhält, kann er jederzeit in der Welt der Lebenden erscheinen. Einige Tote lebten und agierten sowohl in Walhall als auch in ihrem Grabhügel, beispielsweise Helgi. Tote erschienen nicht nur in ihren Grabhügeln, sondern auch an anderen Plätzen und traten immer wieder in Kontakt mit den Lebenden, beispielsweise als draugr, wenn sie mit ihrem Grabplatz unzufrieden waren.72 Hier handelt es sich um lebende Leichname, die als Wiedergänger zumeist schlagkräftiger sind als zu ihren Lebzeiten. Eine andere Art der Kontaktaufnahme bieten Träume, in denen Tote den Lebenden erschienen und sie vor Unglück warnten, beispielsweise erschien der jungen Jóreiðr in der Sturlunga saga 190 die aus der Heldensage bekannte Gudrun.73 Unabhängig davon, in welchem Totenreich sich der Verstorbene gerade befand, war die „Präsenz und Wirksamkeit des Verstorbenen in oder im Umkreis seiner Begräbnisstätte“74 deutlich, er konnte im Diesseits erscheinen und dort eingreifen, wenn er es wollte. Aus dieser Vorstellung erwuchs ein Ahnenkult, der sehr eng mit Gräberfeldern und Grabhügeln verbunden war. 6.3.7 Jenseitsvorstellungen und die Funktion des Gräberfeldes Zu Beginn dieses Kapitels wurde festgestellt, dass der Umgang mit den Toten aus einer gewissen Jenseitsvorstellung resultiert, die nach Bennett zur Jüngeren Eisenzeit konkret wird.75 Diese Jenseitsvorstellung muss aus den altnordischen Schriftquellen und einer Interpretation des archäologischen Befundes heraus rekonstruiert werden. Es zeigte sich jedoch, dass es anhand der Literatur keine einheitliche Jenseitsvorstellung gibt. Butt stellt in seinen Untersuchungen fest: „Zwischen den verschiedenen Jenseitsvorstellungen in heidnischer Zeit sind weder zeitliche noch räumliche Grenzen zu ziehen.“76 Eine Deutung der Totenreiche in hierarchischer Sicht ist ebenso wenig möglich, wie nach Geschlechtern. Der Tod durch Ertrinken kann bei jedem Geschlecht und jedem Stand eintreten, Krieger 71 72 73 74 75 76
Nordberg 2003, S. 79 f. Vgl. Klare 1933/34, S. 11. Z. B. Eyrbyggja saga 124, Grettis saga 126, Grœnlendinga saga 64. Sturlungasaga 190: Ek heiti Guðrún Gjúkadóttir. Übersetzung: ‘Ich heiße Gúðrun Gjukadóttir’. Ahn 2001, S. 21. Bennett 1987, S. 190. Butt 1967, S. 128.
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erscheinen im Grabhügel, in Walhall und bei Freya, und tote Seherinnen leben gleichzeitig in einem Hügel und in dem Totenreich Hel. Einzelne pendeln zwischen den unterschiedlichen „Orten“, Odin kommt von Walhall nach Hel, Helgi von Walhall in seinen Grabhügel, und beide kehren wieder nach Walhall zurück, so dass hier auch keine chronologischen Unterschiede ausgemacht werden können. Auch im archäologischen Befund deuten verschiedene Grabformen, Brand- und Körperbestattungen nebeneinander und unterschiedliche Beobachtungen jüngerer Gräberfelduntersuchungen an, dass die Jenseitsvorstellung sehr uneinheitlich und nicht einmal regional einzuordnen war.77 Es gibt also kein feststehendes Jenseitsbild vergleichbar mit beispielsweise der christlichen Lehre. Dies liegt vermutlich daran, dass der vorchristliche Glaube keine Buchreligion wie beispielsweise das Christentum war, in der man feste Regeln hatte, die aufgeschrieben und jederzeit nachgelesen werden konnten. Eine mündliche Kultur hatte dagegen viele einzelne Geschichten, die unterschiedlich weiter getragen wurden. Wie sollte in einem so großen Gebiet zwischen Novgorod und Brattahlið, selbst zwischen Lödöse und Sigtuna, ein einheitlicher Jenseitsglaube verbreitet werden? Zwischen all den unterschiedlichen Vorstellungen in der Literatur, unterschiedlichen Begräbnispraktiken und Grabformen, gab es jedoch auch Gemeinsamkeiten, die in dieser Überlegung weiterführen. Fest steht, dass an ein Leben nach dem Tod geglaubt wurde. Daher war es notwendig, dem Toten ein Grab zu bereiten und dieses entsprechend auszustatten. Auch nach seinem Tod verblieb der Tote in der Gemeinschaft, denn es war möglich, mit ihm in Kontakt zu treten, und er konnte Schaden anrichten und Gutes bewirken, je nachdem, wie man sich ihm gegenüber verhielt. Das Grab war der Platz, an dem der Tote gerufen werden konnte, von wo aus seine Unternehmungen ihren Ausgang nahmen. Hier musste man also der Macht der Toten begegnen und sie am besten schon von vorneherein positiv stimmen, beispielsweise durch reiche Beigaben oder ein gutes Grab. Nachdem also die unterschiedlichen Jenseitsvorstellungen erläutert wurden, soll nun die Bedeutung von Tod und Bestattung für die Hinterbliebenen erläutert werden, denn sie sind es, die die Runensteine an jenen Ort setzen.
77
Eine Entwicklung, die bereits bei den Gräbern von Birka zu beobachten war (Gräslund 1980) und von jüngeren Publikationen unterstützt wird, beispielsweise Svanberg 2003.
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Das Gräberfeld: Platz der Lebenden und Toten
6.4.1 Ahnenkult Ättesamhällets ideologi, dess synsätt och värderingar sätter sin prägel på vikingatidens dödstro. [...] Förhållandet mellan de levande och de döda hade karaktären av ömsesidighet.78
Für die Hinterbliebenen waren die Verstorbenen nicht vergessen. Sie blieben Teil der Gesellschaft und wurden weiterhin wahrgenommen. Einige Forscher sehen in diesem Umgang mit den Toten Aspekte eines Kultes, des Ahnenkultes. Ein solch kultischer Umgang mit den Toten geht über das hinaus, was man auch heute noch als Fürsorge an den Gräbern Verstorbener leistet. „Kult“ impliziert eine Gegenseitigkeit, einen Austausch, indem man opfert, um dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Ahnenkult79 beginnt nach Birkeli bereits mit dem Begräbnis, wo man sich ausführlich um den Leichnam, das Grab, Beigaben und die damit verbundene Erinnerung an den Toten kümmert.80 Dies ist meiner Ansicht nach jedoch noch kein Kult, sondern zunächst nur eine Würdigung des Verstorbenen. Zu einem Kult kann es erst kommen, wenn der Tote auch nach seiner Bestattung regelmäßig Grund für rituelle Handlungen oder einen Gabenaustausch ist. Ein späterer Austausch an den Gräbern, zumeist in Form von Speiseopfern, ist erstes Indiz für einen praktizierten Ahnenkult. Einige Beigaben wurden beispielsweise erst nach Verschließung des Grabes deponiert.81 An eisenzeitlichen Grabhügeln in Uppland sowie auf Gotland wurden rechteckige Steinkonstruktionen entdeckt, die kein Grab beinhalten und zum Grabhügel hin geöffnet sind. Statt eines Grabes finden sich hier unverbrannte Tierknochen und Keramikscherben, die Gräslund als Speiseopfer für die Toten im benachbarten Hügel interpretiert.82 Eine regelmäßige Deponierung von Gegenständen oder Speisen am Grab ist daher der erste Anhaltspunkt für einen praktizierten Ahnenkult der Eisenzeit. Dieser ist für die Grabhügel einiger Könige auch in Sagatexten belegt.83 Ein Austausch von Gaben am Grab belegt, dass man den Grabhügel als Verbindung zu den Toten auffasste. Gesetze verbieten bereits im Mittelalter das Opfern an 78 79 80 81 82 83
Ström 1993, S. 207. Zur Diskussion des Begriffes siehe Kuhn 1973. Birkeli 1938, S. 20. Kaliff 1997, S. 69. Gräslund 2002a, S. 228 ff. Z.B. König Halfdan nach dem Þáttr Haralds hárfagra oder Ólafr Geirstaðaalf (Óláfr Guðrìðarson, der in Geirstaðr begraben wurde) im Þáttr Ólafs Geirstaðaálfs.
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Hügeln (De sacrilegio ad sepulchra mortuorum),84 Totenfeste und Grabopfer (zumeist Opfermahlzeiten) wurden in mehreren kirchlichen Erlassen zwischen 700–900 auf dem Kontinent verboten, auch in norwegischen Gesetzen des 12. und 13. Jahrhunderts sind sie erwähnt.85 Noch im Jahr 1659 findet auf Gotland eine Synode statt, in der besonderer Wert darauf gelegt wird, dass das immer noch praktizierte „sacrificing at the graves of the departed“ endlich beendet werden sollte.86 Teil der später verbotenen Totenfeste war möglicherweise auch das drekka minni, welches nicht nur auf den Gräberfeldern, sondern auch in der Halle praktiziert wurde. In mehreren Sagas (u.a. Hákonar saga góða) wird bei der Beschreibung von Gelagen erwähnt, dass das Trinkgefäß in Gedenken an die Verstorbenen erhoben wurde.87 Auch christliche Könige praktizieren diese Form der Ahnenverehrung, so ist beispielsweise von König Olaf kyrri (Ólafs saga kyrra 3) bekannt, dass er zwar die veraltete Sitte abschaffte, den Trunk aus einem gemeinsamen Horn zu nehmen aber dafür eigene Becher an der Tafel einführte. Interessanterweise veränderte er also nicht die vorchristliche Tradition an sich, sondern nur deren Ausübung. Einen Hinweis auf einen tatsächlichen Kultplatz auf dem Gräberfeld geben drei unterschiedliche Bezeichnungen für Kultplätze (vé, harg und hov), die 1965 von Olaf Olsen ausführlich untersucht wurden. Nach Olsen bezeichnet vé ganz allgemein ein Heiligtum und hov den Hof mit der Halle, wo der private Hauskult stattfand.88 Im Bezug auf einen Ahnenkult ist das Wort hƭrg von Interesse, das nach Olsen einen steinernen Altar umschreibt. Kaliff gibt an, dass es sich dabei vielleicht um eine Steinsetzung auf einem Gräberfeld handeln könnte,89 möglicherweise auch die rechteckige Steinkonstruktion, die Gräslund auf einigen Gräberfeldern beobachten konnte.90 Nach dem Äldre Gulathings lov (NgL IV, S.7) gehören hƭrg und haugr zusammen und sind Teil des wikingerzeitlichen Hofes.91 Nach Uecker ist hƭrg als eine Opferstätte zu verstehen, die mit dem Grabhügel in Verbindung stand. Im Hyndluljóð 10 ist von einem Steinaltar (hƭrg) die 84 85 86 87 88 89 90 91
Simek 2006, S. 90. Kaliff 1997, S. 73. Gräslund 2001, S. 226. Siehe dazu ausführlich Düwel 1985. Olsen 1965, S. 91 ff. Kaliff 1997, S. 73. Gräslund 2001, S. 228. Uecker 1966, S. 50.
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Rede, welcher mit Ochsenblut gefärbt wird,92 möglicherweise ein Ahnenaltar. Der Runenstein von Flarup in Dänemark93 trägt die Inschrift: ‘Torgils setzte auf Sunes vé den Stein nach Gerleve’.94 Gardell deutet dieses vé, das nach Olsen allgemein für „Heiligtum“ steht als Gräberfeld, welches ein heiliger Ort des Geschlechts war.95 Grabhügel sind die Orte, wo Tote und Lebende miteinander in Kontakt treten können. Daher war dies auch der Ort, wo man den Verstorbenen opferte, eine Tradition, die auch lange nach der Christianisierung fortlebte, beispielsweise durch die Verbindung eines Hügels mit einem bestimmten Personennamen. Eine Angst vor den Toten als Wiedergänger und Geister kam erst im Mittelalter auf,96 möglicherweise als Reaktion der christlichen Kirche auf den noch verbreiteten Ahnenkult. In der Volkstradition lebte dieser durch die sog. haugbonde oder das haugfolk weiter, welche sich später zum volkstümlichen huldrefolk entwickelten. Auch jenen „Unterirdischen“ wurde an Hügeln Speise und Trank bis in die Neuzeit geopfert,97 beispielsweise, indem Schalengruben mit Tran oder Butter eingeschmiert wurden. In der Volkstradition ist erhalten, dass man größeren Parzellen auf Friedhöfen, die mehreren Mitgliedern einer Familie als Bestattungsplatz dienten, den Namen ättehög gab,98 bereits in den mittelalterlichen Gesetzen wird das Grab der Vorfahren auch auf dem kirchlichen Friedhof als ättehög bezeichnet.99 Dieser Brauch setzte sich bis in die Neuzeit fort, wurde jedoch mit der Zeit nicht mehr praktiziert, da beim Ausheben eines neuen Grabes nur allzu oft die Gebeine der dort bereits liegenden Verwandten ausgegraben wurden. Noch im 19. Jahrhundert bezeichnete man in Småland das Grab als ättehög.100 Auch die alten Grabbezeichnungen kumbl 92
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Hyndluljóð 10: Hƭrg hann mér gerði | hlaðinn steinom | nú er griót þat | at gleri orðit; | rauð hann í nýiu | nauta blóði, | æ trúði Óttar | á ásynior. ‘Einen hƭrg hat er mir gemacht | aus Steinen | nun ist dieser Stein | wie Glas geworden | er rötet ihn oft | mit Ochsenblut | immer glaubte Óttar | an die Asinnen.’ Der Runenstein von Flarup ist heute verloren und wurde in DRI nicht aufgenommen und entsprechend nicht mit einer Nummer versehen. Auch in Rundata ist der Stein nicht bekannt. Mehr Informationen zu diesem Stein, Fundumständen und Deutungsvorschlägen bei Bæksted 1941. Inschrift nach Bæksted: Þurkisl sati a ui suna | stin uft kiRlifa | liga i staþ þamsi (Bæksted 1941, S. 3). Gardell 1937, S. 11. Birkeli 1938, S. 86. Birkeli 1938, S. 117 f. Hagberg 1935, S. 247. Rindal 2004b, S. 127. Hagberg 1935, S. 247.
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und röse hielt sich noch lange im Sprachgebrauch. An der Stelle, wo ein Mensch durch Unglück verstorben oder ermordet wurde, sollte ein Hügel errichtet werden, an dem Vorbeikommende ein kleines Opfer bringen sollten. Jene Hügel nannte man in Närke kummel oder stenkummel, in Västergötland kummel und in Uppland röse.101 Bis in die Neuzeit wurde der Ahnenkult praktiziert. Ein norwegischer Bauer berichtete, dass es Sitte in seiner Familie sei, an dem völkerwanderungszeitlichen Grabhügel in Raundalen/Hordaland, der nun von Archäologen untersucht werden sollte, Opfer zu bringen.102 Ähnliche Phänomene kann man noch heute im westlichen Sibirien beobachten, wo Totenmähler an den Gräbern bis heute praktiziert werden.103 Ich selbst durfte 2004 bei einem ähnlichen Fest in Estland zugegen sein. Dort finden einmal jährlich im Herbst Feste auf Friedhöfen statt, zu denen die gesamte Familie die Gräber verstorbener Verwandter besucht und dort am jeweiligen Grab zusammen mit dem Toten speist.104 Der Glaube an die Toten im Hügel hält sie weiter für Mitglieder der Gemeinschaft, die von den Nachkommen auch nach ihrem Tod versorgt werden. Opfer an deren Gräbern dienen der Kommunikation, Rituale und regelmäßige Feste gaben nach Kaliff eine mystische Gemeinschaft mit den Verstorbenen.105 Dies ist jedoch nicht als großes Opferfest vorzustellen, sondern eher als privater Kult, den jede Familie für sich ausführte, wenn es nötig war, beispielsweise bei Geburt oder Tod. Damit die Verstorbenen für die Hinterbliebenen Gutes tun, versorgt man sie mit Opfern, zumeist in Form von Speisen und Trank. Durch die räumliche Nähe zu den Toten, einen Gabenaustausch durch Opfer und Schutz und die Erinnerung verbleiben sie Teil der Gemeinschaft. Wird diese Kontinuität unterbrochen, kann dies leicht als Bruch mit der eigenen Sippe und der eigenen Identität verstanden werden. Der Ahnenkult schafft ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Lebenden und Toten, ein Gabenaustausch konstituiert und unterhält dieses Verhältnis.106 Im wikingerzeitlichen Skandinavien war es nach Ström eine helig plikt, sich um die Verstorbenen zu kümmern.107 Dieser Ahnenkult, für den es auch auf dem Kontinent vergleichbare Belege gibt, 101 102 103 104 105 106 107
Hagberg 1935, S. 512. Ström 1993, S. 216. Gräslund 2001, S. 222. Auch beschrieben bei Valk 1999, S. 82 ff. Kaliff 1997, S. 75. Stylegar 1996, S. 544. Ström 1993, S. 208.
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war es daher, der zu Beginn der Christianisierung für die Menschen am schwersten abzulegen war: „[...] daß es besonders schwierig war, die heidnische Ahnenverehrung als einen der lebendigsten Teile des alten Kultes mit der neuen Religion in Einklang zu bringen [...].“108 Der praktizierte Ahnenkult an den Gräbern als eine direkte Konsequenz aus den Totenvorstellungen war für die Menschen daher so wichtig, dass man sogar leere Hügel errichtete. 6.4.2 Kenotaphhügel Der Ahnenkult auf dem Gräberfeld dient zugleich Toten als auch Hinterbliebenen. Durch eine Gemeinschaft mit den Toten und die sichtbaren Grabmonumente der Vorfahren entstehen Identität und Gemeinschaft, die denjenigen verwehrt bleibt, welche nicht innerhalb der Gemeinschaft versterben. Der Tod durch Ertrinken war so häufig, dass er ein eigenes Totenreich zugesprochen bekam und in Runeninschriften neben dem Kampf als einziger Tod erwähnt wird. Auch im Ausland fanden viele den Tod, wie die Runeninschriften belegen. Die Körper jener Toten konnten jedoch nicht auf dem heimischen Gräberfeld mit einem angemessenen Bestattungszeremoniell ihre letzte Ruhestätte finden. Gerade dies ist es, was die Menschen in der Hálfdanar saga svarta109 schier verzweifeln lässt, nachdem ihr König im Eis einbrach und dessen Körper zunächst unauffindbar blieb: [...] Svá mikit gerðu menn sér um hann, at þá er þat spurðist, at hann var dauðr, ok lík hans var flutt á Hringaríki ok var þar til graptar ætlat, þá fóru ríkismenn af Raumaríki ok Vestfold ok Heiðmörk ok beiddust allir at hafa líkit með sér ok heygja í sínu fylki, ok þótti þat vera árvænt þeim er næði. En þeir sættust svá, at líkinu var skipt í fjóra staði, ok var höfuðit lagit í haug at Steini á Hringaríki, en hverir fluttu heim sinn hluta ok heygðu, ok eru þat alt kallaðir Hálfdanar haugar.110 108 109 110
Böhner 1964, S. 656. Ähnlich geschildert auch im Halfdanar þattr svarta, Flateyjarbok I, Kapitel 456. Übersetzung: ‘Soviel hielt das Volk von ihm, dass, als sein Tod bekannt wurde und seine Leiche nach Ringerike gebracht wurde um dort bestattet zu werden, kamen die besten der Männer aus Romerike, Vestfold und Hedmark an und baten alle, die Leiche mit sich zu nehmen, um ihn in ihrer Heimat in einen Hügel zu legen. Bekämen sie den Toten, meinten sie, hätten sie wieder Aussicht auf ein gutes Jahr. Und sie einigten sich so, dass die Leiche in vier Teile zerlegt wurde. Und der Kopf wurde in einen Hügel bei Stein in Ringerike beigesetzt, und [von den anderen] nahm jeder seinen Teil mit und begrub ihn im Hügel, und alle diese heißen bis heute Halvdanshügel.’
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Bereits mehrfach wurden durch Menschenhand errichtete Hügel untersucht, die keine Spur eines Begräbnisses erhielten, bekanntestes Beispiel ist der Südhügel von Jelling, der nachweislich nie ein Grab beherbergte.111 Zumeist werden solche Hügel als Kenotaphe angesprochen, Erinnerungshügel für Menschen, die andernorts bestattet wurden.112 Dabei stellt der Bau des Hügels ein vollwertiges Begräbnis im Kreis der Ahnen auf dem heimischen Gräberfeld dar. In einigen leeren Hügeln hat man sogar eine leere Holzkiste angelegt, die eine Kopie einer Grabkammer sein könnte.113 Leere Hügel erfüllen auf einem Gräberfeld daher ebenfalls eine Funktion, möglicherweise als Kenotaphe derjenigen, deren Körper nicht auf dem heimatlichen Gräberfeld bestattet werden konnten. Sie könnten jedoch auch sichtbares Denkmal für eine letzte Funktion sein, die das Gräberfeld erfüllt, nämlich als Ort der Gemeinschaft von Lebenden und Toten.
6.5 Gräber für die Lebenden Ahnenkult und Kenotaphhügel konnten bereits verdeutlichen, dass die Hinterbliebenen die Toten umsorgten. Der Tod, so könnte man meinen, war nicht das Ende eines Lebens, sondern eher ein Übergang, was auch in den bereits dargestellten Jenseitsvorstellungen deutlich wurde. Der Verstorbene war nicht aus der Gemeinschaft verschwunden, sondern blieb weiter ein wichtiger Bestandteil. Deutlichstes Symbol seiner Bedeutung für die Gemeinschaft war das sichtbare Grab, an welchem man den Kontakt zu den Toten suchte und möglicherweise sogar errichtete, ohne einen Körper darin zu bestatten. Somit ist die Bestattung auch eine wichtige Angelegenheit der Lebenden, die mit der Grablege nicht nur die Position des Verstorbenen, sondern auch ihre eigene gesellschaftliche Stellung deutlich machten und um das eigene Wohlergehen bedacht sich der Verstorbenen weiter annahmen. Daher verwundert es auch nicht, dass ein Gräberfeld als Örtlichkeit ganz anders zu deuten ist, als wir es heute mit den modernen Friedhöfen machen. Während in moderner Zeit die Friedhöfe mehr und mehr aus den Städten ausgelagert werden und man sich räumlich von den Toten trennt, waren diese zur Runenstein-Zeit wichtige Treffpunkte der Gemeinschaft. Von Menschenhand errichtete monumentale Hügel, die nie ein Begräbnis enthielten, deuten darauf hin, dass jener Ort einen hohen symbolischen Wert besaß. Während die tatsächlichen Hinterlassenschaften nur 111 112 113
Capelle 2000b, S. 60 f. Gansum 2002, S. 253 f. Andersen 1951, S. 114.
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zeigen können, dass Gräberfeld und Siedlung erstaunlich nah beieinander angelegt wurden, wird in der altnordischen Literatur geschildert, welche Rolle Gräber im Alltag der Lebenden spielten und wie wichtig diese waren. 6.5.1 ár ok friðr Die Macht der Verstorbenen wurde bereits im Kontext der Jenseitsvorstellungen angesprochen. Sie war so weitreichend, dass es nicht genügte den Verwandten Speisen zu bringen, sondern in einigen Fällen zu einem regelrechten öffentlichen Kult auf dem Gräberfeld führte, der weit über das Private hinausging. Tote Könige besaßen den Schriftquellen zu Folge nach dem Tod noch ebensoviel Macht wie zu Lebzeiten, so dass man ihnen in einigen Fällen sogar noch nach ihrem Tod opferte. Im Þáttr Ólafs Geirstaðaálfs ist zu lesen, dass nach dem Tod von König Ólafr Guðrìdarson Missernten eintraten, denen man auf folgende Weise entgegen wirken wollte: Var þá þat ráð tekit, at þeir blótuðu Ólaf konung til árs sér ok kölluðu hann Geirstaðaálf.114 Am Grab des Königs wurde für ár ‘gute Ernte, Wohlstand’ geopfert und man hoffte, dass damit der tote König dem Volk weiterhin zur Seite stehen konnte. Diesem Wunsch muss daher die Vorstellung zugrunde liegen, dass der König nach seinem Tod weiter lebt und seine Macht nicht verloren hat. Ein weiterer Beleg für diese Praxis ist Ynglinga saga 10, wo berichtet wird, dass Freyr nach seinem Tod in einem Hügel bestattet wird und ihm die Menschen für ár ok friðr opfern115 Sie wollten damit die guten Ernten und die friedliche Zeit, die zu Lebzeiten Freyrs herrschte auch nach seinem Tod durch Opfer an seinem Grab erhalten. Opfer an den Gräbern der Könige führen zu ár ok friðr, zu einer Zeit, die durch gute Ernten und Friede als besonders gut empfunden wird. Daher löst es große Bestürzung aus, dass König Hálfdan nach dem Hálfdanar þáttr svarta im Eis einbricht und sein Leichnam daher zunächst nicht bestattet werden konnte. Das besonders Schlimme an seinem Tod war nicht sein Verscheiden an sich, sondern die Tatsache, dass man ihn nicht beisetzen konnte, wie es Sitte war. Infolgedessen suchte man seine Körperteile und verfuhr mit ihnen wie folgt:
114
115
Þáttr Ólafs Geirstaðaálfs, Flateyjarbok II, S. 76. Übersetzung: ‘Es wurde daher beschlossen, dass man König Ólafr für gute Ernten opferte und sie nannten ihn Geirstaðaálf.‘ Übersetzung: ‘Jahr und Frieden’. In etwas umgeänderter Form auch bei Saxo und in der Óláfs saga Tryggvasonar überliefert.
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Var höfuðit lagt í haug at Steini á Hringaríki, en hverr höfðingi hafði sinn hluta heim með sér ok létu verpa haug í hverju því fylki, ok eru þeir kallaðir Hálfdanarhaugar ok hélt við blót ok átrúnað af mörgum mönnum.116
Einzelne Körperteile wurden in verschiedenen fylki bestattet, um so möglichst viele Untertanen an der noch immer bestehenden Kraft des Königs, der als besonders ársæll bezeichnet wurde, teilhabenzulassen. Auch diese Textstelle zeigt, dass dem toten König weiterhin Macht zugeschrieben wird. Darüberhinaus wird hier jedoch außerdem betont, dass zur Aufrechterhaltung der Macht des toten Königs unbedingt ein Grab notwendig ist. Die Macht des Königs erfolgt nur aus seinem sichtbaren Grab heraus – Gräber sind daher mehr als nur der Aufbewahrungsort des Toten. Selbst aus seinem Grab heraus war der Tote in der Lage den Menschen Gutes (oder auch Schlechtes?) zu tun, entsprechend den Fähigkeiten, die er zu Lebzeiten hatte. Wer zu Lebzeiten mächtig war, wurde auch im Tod nicht schwächer. Dieses Prinzip ist auch in den vielen Geschichten zu Wiedergängern verbreitet, die sich aus ihren Gräbern erheben und stärker sind als zuvor. Sie machen das Gräberfeld gefährlich. In der Grettis saga 18 wird der Wiedergänger Karr enn gamli als haugbúi, Hügelbewohner, bezeichnet. Im Christenrecht der Gulaþingslìg wird explizit verboten, at væickia æda haugbua.117 Ob damit Wiedergänger oder die Toten in den Hügel generell gemeint sind, die man im Prinzip auch durch Speiseopfer wieder „erweckt“, ist zu diskutieren. Deutlich wird, dass die Hügelbewohner weiterhin über Macht verfügten, die ihrem Potential zu Lebzeichen entsprach, bzw. diese in einigen Fällen sogar überschritt. Entsprechend mussten sich die Lebenden versichern, dass diese gewaltige Stärke, die in den Hügeln „schlummert“, nicht gegen sie eingesetzt wurde. Eine Möglichkeit waren die Opfer an Hügeln für ár ok friðr. 6.5.2 sitja á haugi In mehreren Texten wird berichtet, dass man sich für wichtige Entscheidungen auf einen Hügel setzte. Den Schriftquellen zu Folge war es eine traditionelle Sitte, dass Könige auf Grabhügeln saßen. Uecker deutet 116
117
Hálfdanar þáttr svarta, Flateyjarbok II, S. 52. Übersetzung: Sein Kopf wurde in einen Hügel in Stein in Hringaríki gelegt und jeder höðingi erhielt einen Teil mit sich und sie ließen in jedem fylki Hügel aufwerfen, die Hálfdanarhaugar genannt wurden und dort wurden von vielen Menschen Opfer und Verehrung abgehalten. Norges gamle Love II, S. 308, ähnlich auch im Gutalag (nach Uecker 1966, S. 37). Übersetzung: ‘Die Hügelbewohner zu erwecken’.
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dies aufgrund der unterschiedlichen Quellen, insbesondere den Fornaldarsìgur, als einen sehr alten Brauch.118 Im Þáttr Haralds harfagra ist die Rede davon, dass König Hrollaugr auf den Hügel ging þann er konungar váru vanir.119 Um seine Degradierung zum Jarl zu zeigen, rollt er sich vom Hügel herab, diese Episode bestätigen auch die Egils saga SkallaGrímssonar 3 und Ágrip 15. Um seine Unterwürfigkeit zu zeigen, wäre es für Hrollaugr sicher auch möglich gewesen, sich in der Halle des Königs aus dem Hochsitz zu stürzen, bzw. gut in Szene gesetzt den Platz zu wechseln. Es wird jedoch berichtet, dass er, wie es für Könige üblich war, diese Geste auf einem Hügel ausführte. Die besondere Bedeutung des Hügels als entscheidungsträchtiger Ort wird damit betont. Im Styrbjarnar þáttr Svíakappa setzt sich der Sohn des Königs auf einen Hügel, um sein Erbe zu verlangen.120 Es wird in den voran gegangenen Belegen nicht explizit gesagt, dass es sich dabei um einen Grabhügel handelte. In der Friðþjófs saga ist dagegen belegt dass konungarnir sátu á haugi föður síns.121 Der Hügel des Vaters ist hier vermutlich ein Ahnengrab, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch Hrollaugr für seine Degradierung einen Grabhügel wählte. Ein natürlicher Hügel wird durch Stƭrnu-Odda draumar ausgeschlossen, denn dort steht, dass die Leute den Hügel errichteten.122 Es war also den Schriftquellen zu Folge eine traditionelle Sitte, dass Könige bei wichtigen, die Gemeinschaft betreffenden Entscheidungen, auf Grabhügeln saßen. Diese Hügel dienten damit möglicherweise als besondere Machtlegitimation, als Kennzeichen der Herrschaft,123 begründet auf die Hügel der Ahnen. Dies gilt auch für das Dorf, welches – wie im Folgenden noch erläutert werden wird – eine besondere Stellung erhält, wenn es zeitlich bis zu den Hügeln der Ahnen zurückgeführt werden kann. Auch in mythischen Geschichten sitzen Anführer auf Hügeln, beispielsweise der Riese Þrym in der Þrymskviða 6, wo es heißt: Þrymr sat á haugi, | þursa dróttinn.124 Der Anführer der Thursen (= Riesen) sitzt, ebenso wie die schon erwähnten Könige, auf einem Hügel. Die Geschichte des Hundes Saur aus der Hákonar saga góða, der auf einem Hügel sitzt, ist 118 119 120 121 122 123 124
Uecker 1966, S. 57. Haralds þáttr hárfagra, Flateyarbok II, S. 58. Übersetzung: ‘wie es für Könige üblich war’. Styrbjarnar þáttr Svíakappa, Flateyjarbók II, S. 146. Friðþjófs saga 1. Übersetzung: ‘Die Könige saßen auf den Hügeln ihrer Väter.’ Lehmann 1910, S. 9. Lehmann 1910, S. 11. Übersetzung: ‘Þrym saß auf dem Hügel, Herrscher der Thursen (=Riesen).’
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vermutlich eine Parodie auf die für dumm verkauften Trondheimer. Es ist in diesem Kontext zu lesen: Hásæti var honum búið og hann sat á haugi sem konungar [...].125 Auch hier wird wieder betont, dass Saur der bekannten Sitte folgt, dass Könige auf Hügeln saßen. Bei Saxo ist die Rede von dem schwedischen König Høder, der von einem Hügel aus seinem Volk Ratschläge erteilt.126 Olrik gibt an, dass auch ein Þulr auf einem Hügel saß und von dort aus möglicherweise magische Unterweisungen gab.127 Noch bis in das Mittelalter wurden wichtige Versammlungen der Gemeinschaft auf dem Friedhof abgehalten.128 Es gibt also viele Belege dafür, dass die Machthabenden auf einem Grabhügel saßen und wichtige politische Entscheidungen, wie die Degradierung vom König zum Jarl, hier getroffen wurden. Dies bedeutet, dass wichtige Versammlungen auf dem Gräberfeld, bzw. in dessen Nähe stattfanden. Dabei ist der Hügel ein exponierter Sitzplatz, denn wer auf einem Hügel sitzt, kann von vielen wahrgenommen werden ohne sich dabei erheben zu müssen. Grabhügel dienten außerdem der Legitimation von Macht. Wer im Kreis der Ahnen das Wort erhebt, tut dies so öffentlich, dass sogar die in den Hügeln lebenden oder zumindest in den Hügeln erscheinenden Toten an dieser Entscheidung teilhaben konnten. Dies zeigt, dass die Toten weiterhin als Teil der Gesellschaft wahrgenommen wurden. Für den König gibt dieser Platz eine ganz andere Legitimation als beispielsweise seine private Halle. Hier müssen er und seine Entscheidungen nicht nur vor Ausgesuchten und Untergebenen, sondern zusätzlich noch vor den Ahnen öffentlich bestehen. Es gibt jedoch auch noch andere Belege für das „auf dem Hügel sitzen“, bei denen der Hügel nicht als Machtlegitimation gelten musste. In der Helgakviða Hjƭrvarðssonar 6 sitzt der Protagonist Helgi auf einem Grabhügel, wo er von einer Walküre seinen Namen erhält. Vƭlsunga saga 2 handelt von einem kinderlosen Königspaar, das so lange auf einem Hügel sitzt, bis sie von einer Walküre einen Apfel und verbunden damit den gewünschten Sohn erhalten. Auch aus Trauer setzten sich Könige auf Grabhügel, beispielsweise in der Gautreks saga konungs 8. Der König sitzt auf dem Grabhügel der verstorbenen Frau und wacht dort mehrere Tage und Nächte.
125 126 127 128
Hákonar saga góða 12. Übersetzung: ‘Ihm wurde ein Hochsitz gebaut und er saß auf dem Hügel wie ein König.’ Olrik 1909, S. 1. Olrik 1909, S. 10. Angenendt 1997, S. 679.
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Der Grabhügel wurde also auch in den Sagatexten als Ort stiller Trauer wahrgenommen. Hier war man den Toten besonders nah. Auch mit übernatürlichen Wesen wie Walküren konnte man dort in Kontakt treten. Während die einen also durch das Sitzen auf dem Grabhügel ihre Macht demonstrieren, versuchen andere einen Kontakt in die jenseitige Welt aufzubauen. Die Gräber sind nicht nur Eingänge in andere Welten für die einzelnen, dort bestatteten Toten, sondern bieten auch anderen Wesen die Möglichkeit mit Lebenden in Kontakt zu treten. 6.5.3 Der haugóðalsmaðr Das Gräberfeld als Ort politischer Entscheidungen wurde eben beschrieben. Auch juristisch gesehen hatte ein Gräberfeld einen besonderen Stellenwert. Ganz allgemein sind deutlich markierte Gräber sichtbarer Beleg dafür, dass die jeweilige Gegend von Menschen bewohnt ist und es auch schon seit längerem war. Gesetze unterscheiden zwischen Höfen mit Gräberfeld und Höfen ohne Gräberfeld. Der haugóðalsmaðr ist jener, der seinen Anspruch auf die Äcker seiner Vorväter über deren Hügelgräber belegen kann.129 In einem Rechtstext, erlassen durch den norwegischen König Hákon Magnússon im Jahr 1316 heißt es, eine Person solle greina skilluislægha langfædga tall til haughs ok till heidni.130 Mit dem Erwerb von Land erhielt man Rechte. Konnte man belegen, dass der jeweilige Hof schon seit längerer Zeit im Besitz der Familie war, galten Grabhügel als juristisch gültiger Beleg. Die Grabhügel erfüllten in dieser nichtschriftlichen Gesellschaft ohne Besitzurkunden die Funktion einer Ahnenreihe, im juristischen, wie auch gesellschaftlichen Sinn. Dass diese Hügelgräber auch zur Bestimmung der Vergangenheit benutzt wurden, zeigt ein jämtländisches Diplom aus dem Jahr 1351. Die dort beschriebene Grenze galt fra heiðnum haugi, also bereits ‘seit der Zeit der heidnischen Hügelgräber’.131
6.6 Zusammenfassung Das Gräberfeld ist ein Platz der Lebenden und der Toten. Die noch heute sichtbaren Grabbefunde zeigen, mit wie viel Sorgfalt man ein Begräbnis vorbereitete und ausführte. Monumentale Anlagen wurden errichtet, 129 130 131
Gansum 2004, S. 101. Von See übersetzt als ‘die väterliche Ahnenreihe bis zu Hügel und Heidentum zuverlässig nachweisen’ (von See 1999, S. 313). Rindal 2004a, S. 199.
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kostbare Beigaben mitgegeben. Die Wertschätzung der Toten und gleichzeitig eine Darstellung des Status der Hinterbliebenen wurden am Begräbnisort ausgeführt. Ritualisierte Handlungen, das Begräbnis an sich, Beigaben, Kenotaphhügel und die Behandlung der Verstorbenen noch lange Zeit nach ihrem Tod zeigen, wie wichtig der „richtige“ Umgang mit den Toten für die Lebenden war. Dies ist jedoch nicht Produkt einer bestimmten Jenseitsvorstellung, denn die einzige Gemeinsamkeit, die sowohl die altnordische Literatur als auch der archäologische Befund zur Jenseitsvorstellung erbringen ist, dass die Toten weiterhin ein als Teil der Gemeinschaft galten und in Kontakt mit den Lebenden treten konnten. Ort dieser Kontaktaufnahme war das Gräberfeld. Die Literatur belegt, dass diese Mühen, welche die Menschen mit Anlage und Pflege der Gräber auf sich nahmen, nicht nur der Aufbewahrung der Toten galt. Das Gräberfeld der Ahnen war ein sichtbarer Beleg des persönlichen Status der Hinterbliebenen. Durch die Integration der Toten in wichtige Entscheidungen der Gemeinschaft und Gesten wird das Gräberfeld zu einem öffentlichen Ort und dient bis weit in das Mittelalter hinein zur Legitimation der eigenen Position – von Lebenden und Toten. Wer auf dem Hügel sitzt, befindet sich damit rein räumlich gesehen über den Anderen und thront gleichzeitig im übertragenen Sinn auf der Vergangenheit. Entscheidungen für die Zukunft werden an Orten mit Bindung an die Vergangenheit getroffen, Kontinuität wurde in erster Linie durch sichtbare Symbole geschaffen, beispielsweise Hügel, wie Grünewald treffend formuliert: Ausdrucksfähiger als die nach der Grablege nicht mehr sichtbaren Beigaben und langlebiger als die Erinnerung an diese oder an ein eventuell aufwendiges Bestattungszeremoniell dokumentiert der Hügel die über das normale Maß hinausgehenden Darstellungsmöglichkeiten des Bestatteten und seiner Hinterbliebenen.132
Das Gräberfeld war also nicht nur Begräbnisplatz, sondern ein Platz der Gemeinschaft, ein öffentlicher Platz. Es ist daher denkbar, dass wichtige Versammlungen, beispielsweise Gerichtsverhandlungen, gerade an diesen Orten stattfanden. Das Gräberfeld ist ein limnaler Platz, auf dem viele Grenzen überschritten werden konnten und der daher ein besonders hohes Wirkungspotential besaß: Hier trafen sich Lebende und Tote, Gegenwart auf Vergangenheit, alte auf neue Macht. Monumente visualisieren Status und Kontinuität, Identität und Gemeinschaft. Macht wird an diesem Ort bestätigt, erneuert oder möglicherweise auch neu geschaffen. 132
Grünewald 2003, S. 16.
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Und an eben diesem Ort errichtete man, zunächst seltener, ab dem 10. Jahrhundert vermehrt, Runensteine. Welche Funktionen erfüllen die steinernen Boten an diesem traditionellen und bedeutenden Platz?
6.7 Runensteine an Gräbern. Mögliche Deutungen Nachdem nun die Bedeutung von Grab und Gräberfeld angesprochen wurde, muss überlegt werden, welche Funktion der Runenstein an diesem Ort erfüllen kann. Vorchristliche Gräberfelder sind nur entfernt mit unseren modernen Friedhöfen vergleichbar, die man nur zu Begräbnissen besucht oder um das Grab der Angehörigen zu pflegen und auf denen Grabsteine nach 30 Jahren in der Regel wieder entfernt werden.133 Die untersuchten Funktionen zeigen das Gräberfeld als sozialen Raum mit eigenen Gesetzen, als Ort der Zusammenkunft, der die Gemeinschaft und die damit verbundene Identität prägt. In dieser Arbeit steht jedoch nicht das Gräberfeld im Zentrum der Untersuchung, sondern Runensteine. Sie wurden durch alle Jahrhunderte zumeist an Gräberfeldern errichtet und es muss daher gefragt werden, welche Funktion sie dort erfüllen. 6.7.1 Grenzen und Pforten Auf Karten rekonstruierter eisenzeitlicher Gehöfte und Äcker ist häufig festzustellen, dass Gräberfelder im Vergleich zu Siedlungen immer am äußersten Ende des Eigentums lagen, auf jener Grenze, jenseits derer bereits das Gebiet des nächsten Hofes beginnt. In jüngerer Zeit wurden viele kulturgeographische Arbeiten veröffentlicht, die sich mit den Fragen der territorialen Einteilung, den Siedlungsverhältnissen und deren Veränderung zur Jüngeren Eisenzeit auseinandergesetzt haben.134 Insbesondere auf Grundlage frühneuzeitlicher Karten versuchte man dabei die Acker- und Flureinteilung vergangener Zeiten zu rekonstruieren. Etwa ab der Vendelzeit entwickelte sich eine dörfliche Struktur mit einer festen Einteilung von Hofgrund, Weiden und Äckern, die bis heute im Prinzip Bestand hat.135 Bei 133
134 135
Die sog. „Liegefrist“, die von den meisten Friedhöfen in der Friedhofsgebührenordnung für Urnen- und Sargbestattungen auf zunächst 30 Jahre begrenzt wird, jedoch verlängert werden kann. Beispielsweise Sporrong 1971 und 1985, Göranson 1977, Lindquist 1968, Riddersporre 1989 und Carlsson 1979. Sporrong 1971, S. 103.
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einer Einteilung der gotländischen Landschaft in Versorgungseinheiten stellte Carlsson fest, dass Gräberfelder sich zumeist auf den Grenzen jener Versorgungseinheit befinden.136 Dies bestätigt auch Lindgren-Hertz in der Untersuchung eisenzeitlicher Siedlungsschemata in Östergötland.137 Das Gräberfeld ist auf der äußeren Grenze des zum Hof gehörenden Ackerlandes gelegen.138 Sie benutzt dabei die Begriffe inäga für das Hofgebäude und die zum Hof gehörenden Weide- und Ackerflächen sowie utmark für all das, was jenseits der inägor liegt.139 Eine solche Untersuchung wurde in Östergötland schon früher durch Lindquist durchgeführt, der die Begriffe in- und utmark 1968 benutzte,140 allerdings in einer von Lindgren-Hertz abweichenden Definition. Die inmark ist bei Lindquist das zentrale Gebiet des Hofes und dessen Umgebung, welches je nach Hofgröße ca. 3–10 ha umfasst.141 Der Boden der inmark ist nicht anbaufähig, hier befinden sich also lediglich die Hofgebäude und die Weiden der Tiere. Lindquist stellt fest, dass „Vanligen är de stora gravfälten belägna på utmarken på ett betydande avstånd från bebyggelsen.“142 Die Gräberfelder finden sich zusammen mit den Äckern zumeist in der utmark, oft in einem Mindestabstand von 500m von den Gebäuden, dabei sind Gräberfelder mit Hügeln tendenziell näher bei wikingerzeitlichen Siedlungen als Gräberfelder mit Bautasteinen.143 Neben in- und utmark, die zur Bestimmung vorzeitlicher Grenzen gebraucht werden, sehen andere Forscher sog. stensträngar als Grenzen an. Der Begriff stensträng wurde 1926 vom RAÄ in die Nomenklatur eingeführt und bezeichnet in erster Linie die Steine, die vom Acker aufgesammelt werden (Lesesteinhaufen) und damit gleichzeitig auch als sichtbare Begrenzung des Ackers dienen.144 Zusätzlich wurde bereits früh bemerkt, dass jene stensträngar oft mit Einzelgräbern oder ganzen Gräberfeldern verbunden sind.145 Nordén untersuchte einige Gräber, die mit stensträngar in Verbindung stehen und konnte feststellen, dass sie zeitlich
136 137 138 139 140 141 142 143 144 145
Carlsson 1979, S. 150. Lindgren-Hertz 2004. Lindgren-Hertz 2004, S. 58. Lindgren-Hertz 2004, S. 45. Lindquist 1968, S. 41 ff. Lindquist 1968, S. 39. Lindquist 1968, S. 44. Lindquist 1968, S. 27. Lindquist 1968, S. 40. Nordén 1930, S. 85.
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von der Bronze- bis in die Wikingerzeit reichen.146 Es konnte außerdem nachgewiesen werden, dass stensträngar teilweise direkt in den Grabhügel führen und Scheiterhaufen einrahmen.147 Nordén lehnte es ab, stensträngar als Viehzäune oder Grenzen zu interpretieren, da beide nicht mitten in der Landschaft aufhören, sich plötzlich verzweigen und wieder zusammenlaufen können.148 Er stellte sie als Elemente des Grabkultes dar.149 Cassel interpretierte die stensträngar zugleich als Grenzen und Verbindungen, welche mehrere Höfe miteinander in Kontakt bringen, sowie ein Netzwerk zwischen Gräberfeldern und Höfen schaffen.150 Cassel betont die symbolische Wirkung der Steine mit ihrer Funktion als „linking together ancient times with present time“.151 Burström betonte, dass archäologische Konstruktionen die Wahrnehmung der Landschaft durch den Menschen formen.152 Seiner Ansicht nach begrenzen stensträngar die bekannte und landwirtschaftlich genutzte Landschaft von der unbekannten, wilden und gefährlichen Außenwelt.153 In Bezug zu diesen Grenzen benutzt Burström die Bezeichnungen in- und utmark. Inmark sind nach Burström Äcker und Wiesen, wogegen die utmark der Wald und saisonale Weideflächen sind.154 Stensträngar sind die sichtbare Grenze zwischen in- und utmark und gleichzeitig die Grenze zwischen Leben und Tod, denn Gräberfelder befinden sich nach Burström außerhalb, in der Welt der Toten.155 Die Bezeichnungen in- und utmark eignen sich zur Bezeichnung der unterschiedlichen Räume, die diese vom Menschen wahrgenommene Landschaft formen. Als inmark wird von den meisten Forschern das verstanden, was den Menschen unmittelbar umgibt und womit er täglich zu tun hat. Dazu zählen das Wohnhaus, Ställe und Wirtschaftsgebäude sowie Wiesen und Äcker in der Nähe des Hofes. Es wird daher vorgeschlagen, dass inmark das beinhaltet, was das altnordische Substantiv óðal, welches auch auf Runensteinen genannt wird, einschließt. Inmark und óðal sind die erblichen Besitztümer, das Land, welches entsprechend der Erbfolge auf 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155
Nordén 1930, S. 89 ff. Nordén 1930, S. 144 f. Nordén 1930, S. 85. Nordén 1930, S. 85. Cassel 1996, S. 44. Cassel 1996, S. 45. Burström 1994, S. 67 f. Burström 1994, S. 69. Burström 1994, S. 69. Burström 1994, S. 70.
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die nächste Generation übertragen wird. Als utmark gilt all das, was sich jenseits dieses Eigentums befindet, beispielsweise saisonale Weideflächen, Waldgebiete, Seen und von mehreren Familien gemeinschaftlich genutzte Bereiche. Wie in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden konnte, befinden sich Runensteine in der Regel in einem weiteren Abstand zu den Siedlungen. Dieser Wert stimmt mit dem Ergebnis der Untersuchung von Lindquist zusammen, nämlich, dass auch Gräberfelder zumeist ab ca. 500 m Abstand von den Siedlungen angelegt wurden. Da Runensteine auf den Gräberfeldern stehen, ergänzen sich beide Untersuchungen. Jene Gräberfelder liegen dabei auf der Grenze zwischen in- und utmark,156 zwischen óðal und den gemeinschaftlich genutzten, bzw. nicht genutzten Flächen. Die Grenzposition wird durch die häufige Kombination von Gräbern und sog. stensträngar verstärkt. Runensteine auf Gräberfeldern markierten somit deutlich sichtbar eine Grenze, wobei dies keine administrative, sondern eine mentale Grenze war. Der Runenstein verdeutlichte, dass die inmark, das óðal, hier endet. Jenseits davon erstreckt sich eine unbekannte Welt, die man jedoch bereisen konnte. Burströms Annahme, dass die Außenwelt als wild und gefährlich wahrgenommen wurde, ist hier nicht unbedingt zu bestätigen, denn gerade die Runensteine belegen, dass viele Menschen jener Zeit den heimatlichen Hof verließen und somit das, was sich jenseits dieses Hofes befand, mehr mit Neugier denn mit Angst wahrnahmen. Mit mehr Respekt und womöglich Unbehagen wurde die Grenze in die Welt der Toten aufgefasst, die hier ebenfalls verlief und mithilfe der Runensteine markiert wurde. Aber vielleicht sollte der Runenstein nicht nur Grenzen markieren, vielleicht konnte er nicht nur helfen, diese Grenzen sichtbar zu machen, sondern auch als überwindbar gestalten oder diese schützen, wenn sie Schutz bedurften. Es sind daher ganz unterschiedliche Deutungen für den Stein auf der Grenze denkbar. 6.7.2 Der Eingang in eine andere Welt Zur Überwindung einer Grenze, als Verbindung von einem Raum in den nächsten, werden Türen benötigt. Die Form des Runensteins erinnert dabei 156
Untersuchungen zum Zusammenhang von Runensteinen und Grenzen wurden bereits von anderen Forschern angestellt, wobei hier die Betonung auf administrativen Grenzen lag. Hedvall stellt fest, dass Runensteine und Gräberfelder häufig auf den Grenzen eines härad zu finden sind (Hedvall 1997, S. 607). Tollin gibt an, dass Runensteine Grenzen markieren könnten, da sie sich weit abseits der Siedlungen befinden (Tollin 1999, S. 51), eine These, die auch Zachrisson in ihrer Arbeit vertritt (Zachrisson 1998).
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an eine solche Tür. Bei Grabuntersuchungen in Birka stieß Arrhenius auf ein Grab, welches sie durch seine auffällige Bauweise als Produkt eines möglichen „Türkultes“ deutete.157 Einen in der Realität praktizierten Türkult konnte Arrhenius mit Beispielen aus anderen Kulturen belegen, beispielsweise die besondere Bedeutung der Türschwelle bei Mongolen, Persern und Indern.158 Auch im Alten Testament erfolgte bei der Schmähung einer Schwelle eine Bestrafung, die Geister der Ahnen haben an einer Schwelle besondere Präsenz und einige wollen sich sogar unter der Schwelle begraben lassen.159 Einen solchen Türkult könnte es nach Arrhenius auch im Norden gegeben haben, denn in der Laxdæla saga 17 ist beispielsweise die Rede davon, dass Hrappr unter der Türschwelle stehend begraben wird. Auch im Völsa þáttr bittet die Hausfrau darum, über den Türrahmen gehoben zu werden, um das heilige Opfer zu sehen. In der Eyrbyggja saga ist von mehreren duradómr die Rede, Türgerichten. Diese tagen vor der Tür des Beschuldigten und sind auch in den norwegischen Gulaþingslìg belegt. In der Eyrbyggja saga ist zu lesen: Síðan var nefndur dyradómur og sagðar fram sakir og farið að öllum málum sem á þingadómum. Voru þar kviðir bornir, reifð mál og dæmd.160 Die „Türen“ der Gräber von Birka symbolisieren für Arrhenius daher Totenhäuser, an deren Schwelle man mit den Toten kommunizieren konnte.161 Die fortwährende Bedeutung der Schwelle erkennt man noch heute in dem Brauch, dass die Braut vom Bräutigam über die Schwelle getragen werden muss, damit die Hausgeister sie nicht erkennen, solange sie Jungfrau ist. Andrén nimmt die These von Arrhenius auf und bringt sie mit den gotländischen Bildsteinen in Verbindung.162 Ausgehend von ihrer äußeren Form deutet Andrén die großen Bildsteine Gotlands als Türen. Er gibt weitere Beispiele für die besondere Bedeutung einer Tür zur Wikingerzeit, indem er die Tür als besonderen Ort für die Kommunikation mit den Toten unter Berufung auf Ibn Fadlan als Quelle benennt, wo berichtet wird, dass
157 158 159 160
161 162
Arrhenius 1970, S. 384 f. Arrhenius 1970, S. 389. Arrhenius 1970, S. 390. Eyrbyggja saga 55. Übersetzung: ‘Dann wurde das Türgericht eingesetzt und die Anklagen vorgebracht, und das ganze Verfahren lief so, wie auf einem Thinggericht. Da wurden Zeugenaussagen vorgetragen, die Klage wurde zusammengefasst, und es wurde das Urteil gefällt.’ Siehe außerdem Eyrbyggja saga 18. Arrhenius 1970, S. 393 f. Andrén 1989b, S. 292.
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die Sklavin auf eine Tür gehoben wird, bevor sie stirbt.163 Die Bildsteine stehen nach Andrén auf der Grenze zwischen in- und utmark, zwischen kultivierter Erde und der Wildnis als Türen in die Welt der Toten.164 Auf einigen Bildsteinen sind Szenen dargestellt, die als Opfermahlzeiten oder kultische Handlungen in Verbindung mit einem Begräbnis gedeutet wurden,165 beispielsweise der Bildstein von Stora Hammers 1, Lärbo sn.166 Von ihrem Äußeren her sind Runensteine und Bildsteine sehr ähnlich, beide stehen aufrecht in der Landschaft und sehen wie eine Tür aus, wobei Runensteine noch viel eher mit Türen in Verbindung gebracht werden können als Bildsteine, da Runensteinen die für Bildsteine charakteristische pilzförmige Einschnürung im oberen Drittel fehlt. Die Ornamentik der jüngeren Runensteine orientiert sich stilistisch an den Verzierungen der Kirchentüren von beispielsweise Urnes, durch die der Runensteinstil auch datiert wurde.167 Welche Funktion könnten türförmige Steine mit Inschrift daher auf einem Gräberfeld erfüllen? Arrhenius deutet die türförmigen Gräber als Schwelle, an der man mit den Toten kommunizieren konnte. Der in dieser Arbeit vorgestellte Ahnenkult legt nahe, dass ein Bedürfnis bestand mit den Toten zu kommunizieren. Da man ihnen auch nach ihrem Tod noch Speisen brachte, muss eine Kommunikation mit den Toten erfolgen, es muss ein Weg, eine Tür, in das Jenseits vorhanden sein, durch die Tote das Opfer entgegen nehmen können. Bei der Analyse der Jenseitsvorstellungen, wie sie in der altnordischen Literatur zum Ausdruck kommen, wurde bereits vorgeschlagen, dass der Grabhügel mit einem Haus vergleichbar ist, welches einerseits auf dem Gräberfeld steht, andererseits bereits Bestandteil des Totenreiches ist. Dies wurde mit einer Vordertür, durch welche man in den Grabhügel gelangt, und einer Hintertür, durch welche man in die jenseitige Welt kommt, erklärt. Es wird in vielen altnordischen Quellen davon ausgegangen, dass der Tote in seinem Grabhügel lebt. Der Hügel wird zum Haus des Toten, das wie jedes Haus eine Tür benötigt. Beispiele für die Kommunikation der Toten mit den Verstorbenen an Grabhügeln wurden bereits mehrfach gegeben, besonders bildreich schildert die Hervarar saga ok heiðreks das Zusammentreffen von Vater und Tochter am Grabhügel. Hervìr tritt zum Grabhügel des Vaters und spricht: Vaki þú, Angantýr | vekr þik Hervƭr | eingadóttir | ykkr Sváfu; | seldu ór 163 164 165 166 167
Andrén 1989b, S. 292. Andrén 1989b, S. 294. Siehe dazu auch Jungner 1930. Nordberg 2003, S. 110. Gräslund 1992a, S. 185.
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haugi | hvassan mæki. 168 Der Vater antwortet nicht nur, es kommt außerdem zur Übergabe eines Schwertes am Grabhügel. Während man sich den Dialog noch bildlich ohne eine Tür vorstellen kann, so kann eine Übergabe von Gegenständen nur erfolgen, wenn der Grabhügel eine Öffnung hat, die nachher wieder verschlossen werden kann. Der Runenstein hat hier durch seine Türform die Möglichkeit die Kommunikation mit der jenseitigen Welt zu erleichtern. Dass Runen bei einer solchen Kommunikation unterstützend wirken, zeigen auch die Hávamál (Rúnatalsþáttr Óðins), wo es in Strophe 157 heißt: Þat kann ec iþ tólþta, ef ec sé á tré uppi váfa virgilná: svá ec ríst oc í rúnom fác, at sá gengr gumi oc mælir við mic.169 Durch das Ritzen der Runen bringt der an einem Baum hängende Odin den Toten dazu aus seinem Hügel herauszukommen und mit ihm zu sprechen. Ermöglicht es also gerade der Runenstein in Kontakt mit den Toten zu treten? Der bereits zitierte Vers der Hervarar saga ok heiðreks gibt an, dass an eine Kommunikation mit den Toten in mythischer Zeit am Grabhügel geglaubt wurde. Eine Abstraktion dieser Vorstellung liefert der Runenstein am Gräberfeld, er öffnet möglicherweise erst die Tür für eine Mediation mit den Toten. Es wurde bereits zitiert, dass in den Gulaþingslìg explizit verboten wurde, at væickia æda haugbua.170 Hat man versucht mit den Runensteinen die Toten zu erwecken? Oder wollte man den Toten durch die magische Verwendung der Runen dagegen an sein Grab binden? Der Schutz der Schwelle durch magische Zeichen ist ein alter Brauch, der sich bis in die jüngste Zeit am Tag der Heiligen Drei Könige erhalten hat. Dass die Schwelle bereits zur Wikingerzeit ein besonderer Ort war, zeigen Episoden, beispielsweise aus der Eyrbyggja saga 33, in denen der Tote nicht über die Schwelle getragen werden sollte, damit er den Weg nach Hause nicht so leicht finden würde und den Menschen dort schaden 168
169
170
Hervarar saga ok heiðreks 4: Übersetzung: ‘Wach auf, Angantýr, es weckt dich Hervìr, die einzige Tochter von dir und Sváfa. Übergebe aus dem Hügel das scharfe Schwert.’ Hávamál, Vers 157. Übersetzung: ‘Das kann ich als Zwölftes | wenn ich sehe oben an dem Zweig | den Mann hängen | so ritze ich | und in Runen gefärbt | dass so der Mann kommt | und mit mir spricht.’ NgL II, S. 308, ähnlich auch im Gutalag (nach Uecker 1966, S. 37). Übersetzung: ‘Die Hügelbewohner zu erwecken.’
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könnte. Gerade die Runeninschriften im Älteren Futhark belegen, dass ein möglicher Schutz des Grabes durch den Runenstein erfolgen sollte. Die Runen auf der Schwelle halten jenen im Grab der þraujan haitinaR was.171 Die Inschrift bezieht sich möglicherweise auf den Wiedergänger, der durch Runen im Grab gehalten werden soll und nicht die Schwelle des Runensteins nach außen übertreten darf. Der Runenstein verkörpert daher möglicherweise, insbesondere in der frühen Phase der Runenstein-Zeit eine Tür. Diese Tür markiert den Eingang in die jenseitige Welt. Schwellen waren besondere Grenzen, die geschützt werden mussten. Möglicherweise dienten die Runen dem Schutz der Schwelle, dass der Tote in seinem Grab verbleiben möge und nicht in die Welt der Lebenden zurückkehre, einige Runeninschriften im Älteren Futhark, beispielsweise der Stein von Kalleby/Tanum, unterstützen eine solche Erklärung. Vielleicht dienten die Runen aber auch einer möglichen Kommunikation mit den Toten, die in literarischen Quellen belegt ist und durch die Deponierung von Speisen an Gräbern praktiziert wurde. Es wäre auch möglich, dass die symbolische Verwendung einer Tür am Grab verdeutlichen soll, dass die Verstorbenen diese Tür hinter sich geschlossen haben und jetzt in einer anderen Welt weilen, wobei dies eher eine christliche Deutung des Todes voraussetzen würde. Der Runenstein markierte also die Grenze zwischen Lebenden und Toten, inmark und utmark, und ermöglichte durch seine symbolische Türform den Kontakt mit den Toten, der besonders wichtig war. Vielleicht verdeutlichte er auch symbolisch die Überschreitung der Grenze zwischen Lebenden und Toten, wenn man am Runenstein vorbei das Gräberfeld betrat. Durch die gesellschaftliche Stellung des Gräberfeldes als Platz von Versammlungen und wichtigen Entscheidungen war es außerdem der Ort, an dem sich viele Menschen trafen und die Inschrift des Runensteins lesen konnten. An Namen, die in diesen Inschriften genannt wurden, erinnerten sich auf diese Weise besonders viele Menschen, vielleicht waren die in den Inschriften erwähnten Persönlichkeiten daher besonders wichtig für die Gesellschaft. Mit dem Ende des 10. Jahrhunderts steigt die Anzahl der Runensteine in Schweden deutlich an. Dieser Anstieg deutet auf einen Funktionswandel der Runensteine hin, der sich auch in veränderten Inschriften in der 171
Stein von Kalleby/Tanum, Übersetzung (nach Krause / Jankuhn 1966, S. 140): ‘Sich [nach dem Grab] zurückzusehnen, war er geheißen’. Es handelt sich nach Übereinstimmung aller Inschriftendeutungen um eine Schutzformel für ein Grab (McKinnell / Simek / Düwel 2004, S. 163).
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Wikingerzeit belegen lässt. Doch während sich Inschriften verändern, bleibt der Standort gleich. Das Christentum kommt und die ungeweihten Gräber vergangener Zeit verlieren ihre Bedeutung, sowohl rechtlich als auch gesellschaftlich.
7 Ok hann lét kristna Jamtaland 1– Die Christianisierung Die frühesten Runensteine, beispielsweise Einang in Norwegen oder Kylver in Schweden, stammen aus dem 4. Jahrhundert. Zu jener Zeit beschloss Kaiser Konstantin der Große nach siegreicher Schlacht das Mailänder Edikt, ein wichtiger Schritt für die Christianisierung Europas, der im Norden jedoch vermutlich unbemerkt blieb. In den nächsten Jahrhunderten werden nur wenige Runensteine im Älteren Futhark in Skandinavien beritzt, insgesamt 54 Steine, davon 21 in Schweden. Einen deutlichen Aufschwung erfährt die Runensteinproduktion ab ca. 900 zunächst in Dänemark, dann in Norwegen, zuletzt in Schweden, wo sie schließlich am stärksten ist. Schon 100 Jahre später, zu Beginn des 11. Jahrhunderts, bricht die Runensteinproduktion gleichzeitig in Dänemark und Norwegen ein, nachdem sie kurz vorher einen ersten Höhepunkt in Südschweden erlebt, dann weniger wird und schließlich zum Ende des 11. Jahrhunderts insbesondere in Mittelschweden nochmals deutlich ansteigt.2 Die chronologische Verteilung der Runensteine fällt erstaunlich genau mit den unterschiedlichen Phasen der Christianisierung in Skandinavien zusammen, es liegt nahe, hier einen Zusammenhang zu sehen. Besonders auffällig ist außerdem, dass 751 schwedische Runensteine sekundär in Kirchen vermauert und zusätzlich 193 auf Friedhöfen gefunden wurden.3 Dies sind mehr Runensteine, als beispielsweise am ursprünglichen Standort stehen, nämlich insgesamt 35% aller Runensteine Schwedens. Für Dänemark und Norwegen ist dieser Wert noch höher: In 1
2 3
Inschrift von J RS 1928;66, die vollständige Inschrift lautet: austmoþ[r]/ austmoþ[(r)] kuþfastaR sun */' lit rai.../ra(i)[(s)]... .../...(-)[(n)] þino/(þ)(i)no auk| |kirua bru þisa| |auk h[on] [li]t/[li](t) kristno eotalont/eo(t)alont [*]/ (o)sbiurn kirþi bru triun/(t)riun rai[s]t auk tsain/(t)sain runoR þisaR. Normalisierung: Austmaðr, Guðfastar sonr, lét rei[sa stein] þenna ok gera brú þessa ok hann lét kristna Jamtaland. Ásbjƭrn gerði brú, Trjónn reist ok Steinn rúnar þessar. Übersetzung: ‘Austmaðr, Guðfasts Sohn ließ diesen Stein errichten und diese Brücke machen und er ließ Jämtland christlich machen. Ásbjìrn machte die Brücke, Trjónn(?) und Steinn ritzten die Runen. Lager 2002, S. 89, Fig. 17. Siehe dazu Kapitel 2.2.1, Tab. 3.
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Dänemark wurden ca. 50% der Runensteine in Kirchen vermauert,4 in Norwegen vermutlich noch mehr, wobei hier keine genauen Zahlen vorliegen. Eine Vermauerung von Runensteinen als leicht zugänglichem Baumaterial wäre eine Erklärung, allerdings müssten dann gleich viele bzw. mehr Runensteine in profanen Gebäuden vermauert worden sein, da hier der Bedarf an leicht zugänglichem Baumaterial für die steinernen Grundmauern von Gebäuden oder Brücken mindestens genauso groß war. Hier zeigt sich jedoch, dass in Schweden nur 269 Runensteine in profanen Gebäuden, sowie 18 in Brücken vermauert wurden. Im Vergleich zu Runensteinen in Kirchen verschwindend wenige. Da auffallend viele Runensteine in Kirchen vermauert wurden und die chronologische Verteilung der Runensteine deutliche Parallelen zur Christianisierung Skandinaviens zeigt, macht es notwendig, die Christianisierung in die Deutung der Runensteine an ihrem Standort mit einzubeziehen. In welchem Zusammenhang stehen der „heidnische“ Runenstein aus „alter“ Zeit und die neue Religion? Wurden die heidnischen Relikte von der Kirche verboten oder in der Frühphase der Christianisierung sogar gezielt eingesetzt?
7.1 Die Christianisierung Schwedens Bevor zu den Runensteinen selbst übergegangen wird, ist es nötig, die wichtigsten Daten der Christianisierung kurz zu skizzieren. Für weitere Studien sei insbesondere auf die Veröffentlichungen der Uppsalienser Projekte Sveriges Kristnande sowie Sveriges kyrkohistoria verwiesen, beide unter der Leitung von Bertil Nilsson.5 Neben dem archäologischen Befund liegen nur wenige schriftliche Quellen zur Christianisierung Skandinaviens vor. Ergänzend zu den altnordischen Schriftquellen, deren Quellenproblematik bereits angesprochen wurde,6 gibt es auch kirchliche Quellen, die ebenfalls mit einer bestimmten Intention aufgeschrieben wurden. Aus dem kirchlichen Kontext stammen Heiligenviten, beispielsweise die Vita Ansgarii (ca. 876)7 oder Kirchenge4 5 6 7
Øeby Nielsen 2004b, S. 89. Nilsson 1992; 1996; 2001; Brink 1996b. Für Schweden ansonsten Hallencreutz 1993 und Ljungberg 1938. Siehe dazu Kapitel 6.1. Von seinem Begleiter Rimbert nach Ansgars Tod zwischen 865–876 verfasst, um 1060 in Hexameter umgeschrieben und nach 1100 verkürzt und umgestaltet (Trillmich 1961, S. 9 f.).
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schichten, wie die Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificium (ca. 1075) des Adam von Bremen. Die Quellen sind nicht zeitgenössisch und spiegeln oftmals nur die Berichte von Informanten, nicht jedoch der eigenen Erfahrung, wieder.8 Ein möglicher Konkurrenzkampf zwischen der kontinentalen und der englischen Mission, vielleicht sogar beide im Konflikt mit einer byzantinischen Mission, sowie die Überhöhung der eigenen Taten durch eine besonders negative Darstellung der „heidnischen Gegner“, müssen hier quellenkritisch beachtet werden. Neben dem archäologischen Befund und den altnordischen Quellen sind dies jedoch die wichtigsten Dokumente für den Verlauf der Christianisierung in Schweden. Kerndaten für die Christianisierung des Kontinents waren zunächst das Ende der Christenverfolgungen unter Kaiser Konstantin durch das Mailänder Edikt aus dem Jahr 313 und insbesondere die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig im Jahr 498 als „erste katholische Taufe eines Germanenkönigs“.9 Da die Handelskontakte in den Süden für Schweden gut belegt sind, konnte bereits ab dieser Zeit eine erste Berührung mit dem Christentum erfolgt sein. Gezielt wurden ab ca. 700 Missionare in den Norden geschickt, Willibrord war einer der ersten unter den Dänen. Früh wurde in den dänischen Thronstreitigkeiten erkannt, dass der Kaiser im Süden ein wichtiger Verbündeter war, so dass Harald Klak als einer der ersten Thronkandidaten den Missionar Ansgar ca. 826 mit sich nach Dänemark nahm.10 Auch aus Schweden wurde der Wunsch an Kaiser Ludwig getragen, man möge Missionare nach Birka schicken (Vita Ansgarii 9), tatsächlich kam Ansgar 830 nach Birka, wo er bereits auf einige Christen traf und nach der Vita Ansgarii sogar eine Kapelle bauen ließ. Bei seiner Reise auf dem Seeweg hatte er nach der Vita Ansgarii 11 bereits 30 Bibeln dabei, er rechnete also in Schweden damit, diese an mehrere bereits christliche Gemeinden vergeben zu können. Die Gründung des Erzbistums Hamburg wurde 831 zur Basis einer Mission des Nordens.11 Um 850 soll Ansgar in Haithabu die erste Kirche errichtet haben, parallel dazu treten in Haithabu um 800 erstmals west-ost 8
9 10 11
Adam von Bremen beispielsweise war niemals selbst in Schweden, sein Besuch in Dänemark 1067/68 fand erst „100 Jahre nach der Christianisierung Dänemarks“ statt (Staecker 1999, S. 345). Angenendt 2003, S. 7. Harald selbst ließ sich 826 in Mainz auf Drängen des Kaiser Ludwigs des Frommen mit seiner Familie taufen. Große politische Veränderungen auf dem Kontinent, hervorgerufen durch die Dreiteilung des Reiches nach dem Teilungsvertrag von Verdun 843, führten zu innenpolitischen Problemen, so dass eine Mission des Nordens zunächst unterbrochen wurde, der Wikingerüberfall auf Hamburg 845 trug sein Übriges dazu bei.
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ausgerichtete Körperbestattungen auf. In Birka war mittlerweile Ansgars Neffe Gauthbert eingesetzt worden, der jedoch 845 vertrieben wurde. Nach einer erneuten Reise Ansgars im Jahr 850 nach Schweden gerät die Mission Hamburg-Bremens dort ins Stocken. Nach mehreren Kämpfen zwischen den Herrschern in Haithabu und dem deutschen Kaiser Heinrich sowie der Einrichtung von Bistümern in Schleswig, Ribe und Århus in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts lässt sich Harald Blauzahn vermutlich in der Mitte des 10. Jahrhunderts taufen und vermerkt dies auf dem Runenstein von Jelling in einer prachtvollen Inschrift.12 Nach der Eroberung Englands durch die dänischen Könige lässt sich ein englischer Einfluss auf die Mission erkennen, der in Norwegen bereits vorherrschend war. Durch enge Kontakte mit England war es zunächst der norwegische König Óláfr Tryggvason, der eine gewaltsame Bekehrung in Norwegen auslöste, die in der Óláfs saga Tryggvasonar dokumentiert wird.13 Er war auch Initiator dafür, dass Island im Jahr 1000 durch einen Thingbeschluss zum Christentum übertrat. Nach einem Bündnis von Sven Tveskägg, Óláfr Skötkonung und Jarl Erik wurde Óláfr Tryggvason um 1000 in der Schlacht bei Svoldr besiegt. Óláfr Haraldsson, der 1015 aus England nach Norwegen kam, schuf zu Beginn des 11. Jahrhunderts mit dem Gulaþing-Gesetz die Grundlage einer Kirchenorganisation in Norwegen, bevor er 1030 bei Stiklastaðir fiel und später als Heiliger verehrt wurde. Während die Nachbarn also bereits Christen waren, erfährt man über eine Christianisierung Schwedens nur wenig. Einzige Quelle nach der Vita Ansgarii ist Adam von Bremens Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificium sowie kurze Episoden norwegischer Königssagas, in denen Schweden als ewiger Gegner der norwegischen Könige als besonders heidnisch dargestellt wird.14 Der erste schwedische König, von dessen Taufe berichtet wird, ist Olaf Skötkonung, der in Västergötland zu Beginn des 11. Jahr12
13 14
Über die Bekehrung und das Datum dieses Aktes liegen unterschiedliche Quellen vor, so dass eine genaue Datierung nicht erfolgen kann. Ob der Auslöser ein siegreicher Feldzug von Otto I., Otto II. oder eine bestandenen Feuerprobe des Priesters Poppo war, ist unklar (siehe dazu Staecker 1999, S. 356). Am häufigsten in der Forschung ist jedoch das Datum 965 nach einem siegreichen Angriff von Otto I. für die Taufe Harald Blauzahns zu lesen, dies häufig verbunden mit Poppos Feuerprobe (Foote 1993, S. 106). Als erster christlicher König Norwegens gilt Hákon goði, der um 940 als getaufter Christ von England nach Norwegen zurückkehrt. Óláfr Tryggvason beschimpft die schwedische Königin Sigrid als hundheiðna, ‘heidnische Hündin’, da sie, so die Óláfs saga Tryggvasonar 61, zwar Olafs Glauben akzeptiert, ihren jedoch behalten möchte.
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hunderts herrschte.15 Bereits 936 war Erzbischof Unni Adams Kirchengeschichte zu Folge nach Birka gereist und starb dort eines natürlichen Todes. Zur Zeit Óláfr Skötkonungs wurden in Sigtuna Münzen mit christlichen Symbolen geschlagen, es ist sehr gut möglich, dass nach der Christianisierung Dänemarks und der Etablierung dänischer Bistümer, unter anderem auch in Lund, besonders in Südschweden eifrig missioniert wurde. Óláfr Skötkonung gründete in Skara den ersten schwedischen Bischofssitz. Einen archäologischen Beleg für eine frühe christliche Gemeinde in Västergötland liefern die jüngsten Ausgrabungsergebnisse in Varnhem, ausgeführt von Västergötlands Museum. Die Grabungen erbrachten Schwedens älteste Steinkirche aus dem beginnenden 11. Jahrhundert sowie christliche Gräber aus dem 9. Jahrhundert.16 Auch norwegische Priester wurden sicherlich das ein oder andere Mal über die Landesgrenzen nach Osten geschickt, der schwedische Jarl Rdžgnvaldr, Schwager von Óláfr Tryggvason, konvertiert nach Angaben der Óláfs saga Tryggvasonar.17 Von der Bekehrung der Värmländer und einem Bistum in Sigtuna ist unter König Stenkil († ca. 1066) die Rede. Um diese Zeit datiert auch der Runenstein von Frösö, der ähnlich dem Stein von Jelling von der Bekehrung eines Landstrichs (Jämtland) unter einer Person (Austmaðr, Guðfastar sonr) berichtet. Nach 1066 wird von einer heidnischen Reaktion unter Blót-Sven gesprochen, der Bischof Eskil um 1080 in Södermanland zum Opfer fiel. Zu Ende des 11. Jahrhunderts setzt sich das Christentum mit mehreren Bistümern in Skara, Linköping, Eskilstuna, Västerås und Sigtuna18 unter König Inge durch,19 vermutlich gründete er zusammen mit seiner Frau Helena das älteste Kloster in Vreta. Nach der Sigurðar saga Jórsalafara ok brœðra hans, Eysteins ok Ólafs 28 erfolgte noch im Jahre 1123 ein Kreuzzug gegen die heidnischen Småländer. Erst 1164 erhält Schweden ein eigenes Erzbistum mit Sitz in Uppsala, nach einem päpstlichen Brief ist Schweden zu dieser Zeit ein geeintes und 15 16
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18 19
Im Västgötalagen ist zu lesen, dass Olawær Skotkonongær an einer Quelle bei Husaby getauft wurde, vermutlich um 1008. Henrik Zedig, www.k-blogg.se/2007/10/03/gastblogg-kyrka-fran-vikingatiden/ (3.10.2007), publiziert auf der Internetseite des RAÄ, Stockholm, unter dem Titel Kyrka från vikingatiden? Bislang wenig beachtet ist der Einfluss einer byzantinischen Mission, die beispielsweise durch eine Allianz des Fürsten Jaroslaw und Óláfr skötkonungr oder den möglichen byzantinischen Christen Osmund in Schweden ihre Verbreitung fand (zur Forschungsdiskussion siehe Hallencreutz 1993, S. 26 ff.). Diese Namen sind im päpstlichen Florensdokument aus dem 12. Jahrhundert belegt (Hallencreutz 1993, S. 76). Weibull 1997, S. 17.
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selbstständiges Reich unter einem König.20 Dies wurde durch den ersten schwedischen Heiligen, König Erik Jedvardsson, der 1160 getötet wurde, vorbereitet. Jedes der drei skandinavischen Länder hat seine Mission somit mit einem König abgeschlossen, der heilig gesprochen wurde: Norwegen unter Óláfr dem Heiligen (†1030), Dänemark unter Knut dem Heiligen († 1086) und Schweden unter Erik dem Heiligen († 1160?).21 Mit der Bekehrung Schwedens findet die „rund 800 Jahre dauernde Bekehrungsgeschichte der germanischen Völker“22 ihren Abschluss. Als letztes Land in Skandinavien tritt Schweden zum Christentum über. Warum die Christianisierung Schwedens so viel länger gedauert hat als in den anderen skandinavischen Ländern, liegt sicher zum großen Teil an der instabilen politischen Lage. Während in Dänemark und Norwegen (und davon abhängig auch Island) die Könige das Christentum durchsetzten, fehlte diese einende Instanz in Schweden. Das Land war in Kleinkönigtümer unterteilt, kein Anführer war lange Zeit stark genug, sowohl Götar als auch Svear unter sich zu vereinen. Die Christianisierung erfolgte daher nicht „von oben“, durch eine starke Königsmacht, sondern verbreitete sich langsam im Volk. Dass Schweden dabei nicht mehr oder weniger christlich war als seine Nachbarn, zeigen viele frühe Funde von Körperbestattungen mit beispielsweise Goldblattkreuzen, wie sie Staecker zusammengetragen hat.23 Christliche Gräber in Birka24 verleiten anzunehmen, dass sich auch hinter obertägig als heidnisch angesprochenen Bestattungen in einigen Fällen bereits christliche Tote verbergen können, deren Beigaben nicht über die persönliche Ausstattung hinausgehen. Die tatsächliche Christianisierung des Landes war also möglicherweise weiter fortgeschritten, als es die kirchliche Organisation vermuten lässt. Denn wofür sonst brauchte Ansgar bei seinem ersten Besuch in Birka im Jahr 830 bereits 30 Bibeln? Die einzigen wirklich datierbaren Zeitpunkte früher Bekehrung sind die Taufen der Elite, die registriert wurden. Mit einer Christianisierung, insbesondere von Gefolgschaft und Land, hat dies noch wenig zu tun. Erst die Errichtung einer christlichen Infrastruktur25 gibt den nächsten belegbaren 20
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Weibull 1997, S. 17. – Bei Einrichtung des Uppsalienser Erzbistums 1164 wird Karl Sverkerson von Papst Alexander III. als rex Sweorum et Gothorum bezeichnet, sein Land als regnum swecie (Hallencreutz 1993, S. 84). Nyberg 2007, S. 222 ff. Gschwandtler 1976, S. 202. Staecker 1999. Gräslund 1980, S. 83 f. Damit gemeint ist der Bau von Kirchen und Klöstern, die Einrichtung der Bistümer, Ausbildung einheimischer Priester, Sakramentspendung und eine homiletische Unterweisung.
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Zeitraum einer Christianisierung, diese ist jedoch an eine starke Zentralmacht gebunden, die in Schweden erst spät entstanden ist. Über die wirkliche Bekehrung der Bevölkerung geben diese Daten keine Auskunft.
7.2 Christliche Gräber und heidnische Hügel Mit der Christianisierung einher geht ein Wandel in der Weltanschauung, der die wikingerzeitliche Gesellschaft grundlegend verändert. Denn es ist nicht nur ein neuer Gott, zu dem man betet oder den man in sein Pantheon integriert, das Christentum hatte Einfluss auf alle Lebensbereiche, so auch auf die Begräbnistradition und die Position des Einzelnen innerhalb der Gesellschaft. Das kanonische Recht fordert, dass die Toten in geweihter Erde auf einem Friedhof in der Nähe der Kirche bestattet werden. Es wird verboten, die Toten zu verbrennen oder ihnen Beigaben in das Grab zu legen. Das christliche Begräbnis ist eine west-ost ausgerichtete Körperbestattung mit wenigen persönlichen Beigaben in geweihter Erde. Opfermahl und Grabgesang werden ebenfalls verboten. Eine alte Tradition wird vollständig gebrochen, das Gräberfeld, welches so lange als zentraler Punkt der Gemeinschaft diente, verliert seinen Sinn. Die Entwicklung der Bestattungstradition während der langen Phase der Christianisierung beschreibt Sellevold26 in fünf Schritten:27 1) Hedensk gravfelt 2) Kristen grav på hedensk gravfelt 3) Kristen gravflokk på hedensk gravfelt 4) Kristen gravplass uten kirke oder Kirke anlagt på hedensk gravfelt 5) Kirke og kirkegård på „jomfruelig“ mark Die Christianisierung kann nicht von heute auf morgen institutionell durchgeführt werden. Durch die Bemühungen der Missionare konvertierten die Menschen, es dauerte jedoch noch lange, bis Kirchen geweiht werden konnten und das geforderte Begräbnis in geweihter Erde damit auch praktisch möglich war. In der Übergangszeit wurden christliche und heidnische Tote vermutlich nebeneinander und häufig auf althergebrachte Weise mit Leichenverbrennung und Hügel beigesetzt. Die ersten christlichen Gräber legte man auf den alten Gräberfeldern an, wie als prominentes Beispiel unter dem Petersdom in Rom zu beobachten ist. In dieser Übergangsphase finden sich auf einigen Kirchfriedhöfen auch Gräber, die 26 27
Nach Gräslund 1991c und 1996. Sellevold 2004, S. 142 ff.
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von den umgebenden christlichen abweichen.28 Bei den ersten Eigenkirchen kam es durchaus vor, dass die gesamte Familie zusammen begraben wurde und damit auch Nichtchristen in heiliger Erde bestattet wurden.29 In Dänemark werden die letzten heidnischen Gräberfelder der Zeit zwischen 986–1035 zugewiesen, in Uppland ziehen sie sich bis in das 12. Jahrhundert und auf Gotland sogar noch bis in das späte 13. Jahrhundert.30 Der „heidnische Umgang mit den Toten“ stand zwar unter Strafe, wurde in der Praxis jedoch nicht so hart bestraft, vermutlich, weil an vielen Orten den Menschen nichts anderes übrig blieb, als die Toten weiterhin auf den Gräberfeldern zu bestatten.31 Selbst Papst Innozenz III. billigte im Jahre 1214/15 „die Bestattung von Christen auf nicht geweihter Erde als Übergangslösung“.32 Für das Ende der Wikingerzeit beobachtet Bodin in Småland einen veränderten Grabritus, bislang nämlich 48 wikingerzeitliche Körpergräber.33 In ihrem äußeren Aufbau sind sie von den Brandgräbern nicht zu unterscheiden, bis auf zwei Ausnahmen sind alle Körpergräber überhügelt. Im Detail unterscheiden sie sich jedoch stark: Sie haben keine Beigaben und die Körper der Toten sind west-östlich ausgerichtet – Anzeichen für die frühesten christlichen Gräber34 Smålands.35 Dies beobachtet auch Svanberg, der hier einen deutlichen Unterschied zu der zur Wikingerzeit dänischen Region Skåne sieht. Während in Småland und auf Öland christliche Gräber auf vorchristlichen Gräberfeldern angelegt werden, kann dies für Skåne nicht beobachtet werden.36 Ähnliche Erfahrungen machte auch Grünewald für die kontinentalen Bestattungen der Übergangszeit, es zeigte sich, dass auch dort christliche Gräber unter Grabhügeln gefunden wurden.37 Wenn jene Gräber sich also äußerlich nicht von den nichtchrist28 29 30 31 32 33 34
35 36 37
Sellevold 2004, S. 147. Nilsson 1992b, S. 20. Staecker 1999, S. 330. Nilsson 1992b, S. 24. Staecker 1999, S. 330. Bodin 1997, S. 146 ff. Weitere Indizien für christliche Gräber sind eine Beigabenlosigkeit mit Ausnahme von persönlichen Gegenständen sowie eine Ausrichtung des Körpers in west-östlicher Richtung. Sakrale Gegenstände, beispielsweise Kreuzanhänger, sind ebenfalls Hinweise auf eine christliche Bestattung. Bodin 1997, S. 142. Svanberg 2003, S. 149. Grünewald 2003, S. 15.
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lichen Gräbern unterscheiden, sind möglicherweise viele der bislang nur als „Hügelgräber“ registrierte Gräber in Wirklichkeit die frühesten christlichen Gräber Schwedens. Dies beobachtet auch Staecker, der angibt, dass „man eventuell mit einem wesentlich höheren Anteil von Christen rechnen muss, die auf heidnischen Grabfeldern bestattet sind und die wir leichtfertig als pagane Gräber bezeichnen.“38 Vielleicht sind es gerade diese Gräber, die einen Runenstein erhalten, um sie von den anderen nichtchristlichen Gräbern abzugrenzen. Svanberg betont bei seinen Untersuchungen zu südschwedischen Gräberfeldern, dass die „Christian burial tradition in the old cemeteries in Finnveden [m.A. Småland] is contemporary with the raising of a large number of runic stones in the area.“39 Die Übergangszeit zwischen Heidentum und Christentum war lang, kein plötzlicher Bruch markiert diesen Wandel, sondern stattdessen ein langsamer Übergang. Zunächst werden die konvertierten Nachkommen im Kreis der Ahnen bestattet, einerseits, weil die christliche Infrastruktur nicht so schnell ausgebaut werden konnte und sicher auch zum großen Teil deshalb, weil die Verbindung zu den Ahnen besonders wichtig war und nicht so leichtfertig verändert werden konnte, wie man eine neuen oder stärkeren Gott in das eigene Pantheon zu integrieren bereit war. In dieser Übergangszeit können Runensteine auf Gräbern daher viele unterschiedliche Funktionen erfüllen.
7.3 Grabsteine Die frühesten Epigramme wurden im antiken Griechenland entwickelt.40 Doch auch im Norden wurden die Gräber bereits lange vor der RunensteinZeit deutlich sichtbar markiert, entweder durch Hügelaufschüttungen oder aufrecht stehende Steinblöcke in unterschiedlichen Anordnungen. In der Älteren Eisenzeit gelten aufrecht stehende Steine, sogenannte Bautasteine, als Grabmonumente. Für die Entwicklung der Runensteine schlägt Birkeli vor, dass der „sprechende Bautastein“ (=Runenstein) zur Völkerwanderungszeit aufkam und eine Weiterentwicklung christlicher römischer Grabsteine sei.41 Die gleiche Entwicklung beschreibt auch Spurkland, der den Runenstein als „Bautastein mit Inschrift“ charakterisiert, der sein Vorbild
38 39 40 41
Staecker 1999, S. 330. Svanberg 2003, S. 149. Sörries 2005, S. 135. Birkeli 1973, S. 37.
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in spätrömischen Grabinschriften aus der Rheingegend hat42 und in Skandinavien seit dem 4. Jahrhundert bekannt sei.43 Bei den vielen Flachgräbern liegt es nahe anzunehmen, dass diese eine Markierung erfahren haben, da ansonsten bei weiteren Bestattungen an gleicher Stelle die alten Gräber gestört worden wären, indem man versehentlich in die unmarkierten Gräber hineingrub, um den nächsten Toten zu bestatten. Solche Überschneidungen bei Flachgräbern wurden in der Archäologie bislang nur selten beobachtet,44 was Indiz für eine obertägige Markierung ist. In der Beschreibung eines Begräbnis durch Ibn Fadlan45 ist die Rede von einer Birkenstange auf dem Grab, in die der Name des Toten eingeritzt wird, damit das Grab nicht namenlos verbleibt.46 Ström deutet diese Holzstange als Ersatz für einen Stein in einem steinarmen Gebiet.47 Auch Paulus Diaconus berichtet von der langobardischen Tradition, dass man auf dem heimatlichen Gräberfeld Pfähle für jene errichtete, welche im Kampf in anderen Ländern gefallen waren.48 An dieser Stelle opferten die Verwandten Waffen und Schmuck für die Toten. Solche Markierungen aus organischem Material sind heute nicht mehr nachweisbar, wobei das als Baumaß gedeutete Pfostenloch auf dem Südhügel von Jelling möglicherweise eine solche Stele sein könnte. Auf kontinentalen Gräberfeldern wurden ebenfalls hölzerne Grabstelen angenommen, die nur für besondere Personen in Stein übertragen wurde.49 Auch andere Pfostenkonstruktionen auf Gräberfeldern könnten Reste dieser Stelen sein. Entsprechend wurden Bauta- und Runensteine möglicherweise als eine solche Grabmarkierung genutzt. Gardell gibt zu bedenken, dass die Gräber der Wikingerzeit im Vergleich zu früheren und späteren Zeiten als einzige keine Grabsteine hätten, wenn man die Runensteine nicht als solche deuten würde.50 Vorher wurden Gräber durch Steinsetzungen und Bautasteine markiert, später 42
43 44 45
46 47 48 49 50
Römische Grabinschriften geben jedoch im Gegensatz zu Runensteinen die Lebensspanne und das Sterbedatum des Toten an und besitzen damit nicht nur eine erinnernde, sondern zugleich auch eine „rechtsgestaltende Funktion“ (Sörries 2005, S. 137). Spurkland 2001, S. 46. Nilsson 1996b, S. 379. Dieser Text spiegelt nicht die Verhältnisse eines Wikingerbegräbnisses in der Heimat wider, sondern behandelt Wikinger, die sich außerhalb ihrer Heimat befinden und ist außerdem nicht frei von Missverständnissen und Fehldeutungen. Nilsson 1996b, S. 379 f. Ström 1993, S. 214. Andersen 1951, S. 112. Roth 1976, S. 552; Böhner 1944–50, S. 65. Gardell 1937, S. 43.
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durch Grabplatten und Grabsteine. Er deutet die Runensteine daher zum größten Teil als „Sepulkralsteine“, die nach einem Toten an dessen Grab errichtet wurden.51 Auch Nilsson sieht eine Kontinuität von Bautastein über Runenstein zum Grabstein.52 Er gibt an, dass Runensteine und das Christentum zeitgleich auf Öland eingeführt wurden und man vor diesem Zeitpunkt über 100 Bautasteine auf den Gräberfeldern errichtete, um die Toten zu ehren. Einige der jüngeren Runensteine hatten bereits ihren ursprünglichen Standort auf den Friedhöfen.53 Ab ca. 1130 ersetzen die romanischen Grabplatten mit Runen oder lateinischen Inschriften dann die Runensteine in den Kirchen.54 Man nimmt also an, dass der Runenstein ein Grabstein ist, der aus dem Bautastein in Anlehnung an römische Grabsteine entstanden ist und später als Grabplatte auf dem Friedhof weiter entwickelt wurde. Schwachpunkt dieser Erklärung ist jedoch die Beobachtung, dass zumeist nur ein Runenstein pro Gräberfeld aufgestellt wurde. Dies bedeutet, dass nur ein Grab einen solchen Grabstein erhalten hat, während Bautasteine und spätere Grabsteine in großer Zahl errichtet werden. Eine eindeutige Platzierung eines Runensteins auf einem Grab wurde bislang nicht nachgewiesen, ebenso wenig eine eindeutige Anbindung an ein ausgewähltes Grab – zusätzliche Argumente gegen die Gleichstellung von Runen- und Grabstein. Stattdessen stehen sie am äußeren Rand oder in der Nähe einer Gräbergruppe innerhalb des Gräberfeldes. Die Gleichsetzung Runenstein = Grabstein ist daher nicht ohne Weiteres anzusetzen. Für die Errichtung eines Runensteins auf einem Gräberfeld müssen daher andere Argumente gefunden werden.
7.4 Die Gräberfeldweihe Unter Berücksichtigung der vielen eindeutig christlichen Runensteine schlägt Ruprecht vor, dass Runensteine christliche Gräber auf dem vorchristlichen Gräberfeld markieren.55 Diese These wird ab 1991 von Gräslund aufgegriffen und weiter entwickelt. Bei der Untersuchung wikingerzeitlicher Gräberfelder in Uppland stellt sie fest, dass 38 von 56 Gräber-
51 52 53 54 55
Gardell 1937, S. 44. Nilsson 1974, S. 44 f. Nilsson 1974, S. 46. Nilsson 1974, S. 49. Ruprecht 1958, S. 46.
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feldern sowohl Brand- als auch Körpergräber beinhalten.56 68% weisen somit eine Kontinuität bis in die christliche Zeit auf, Körpergräber gelten im Gegensatz zur Verbrennung als christlicher Grabritus. Dies spricht dafür, dass die ersten Christen zunächst weiterhin auf den alten Gräberfeldern bestattet wurden,57 was im vorherigen Kapitel durch mangelnde christliche Infrastruktur bereits erläutert wurde und auch für beispielsweise Småland durch jüngere Untersuchungen mittlerweile bestätigt wurde. Diese Feststellung verfolgt Gräslund weiter und schlägt vor, dass man die christlichen Gräber vermutlich am Rand der bekannten Gräberfelder anlegte, möglicherweise in rechteckigen Kisten,58 um sich damit zumindest räumlich von den heidnischen Bestattungen abzugrenzen. In Bezug auf Runensteine stellte sie fest, dass es in Uppland unter den 1311 Runensteinen keinen einzigen eindeutig nichtchristlichen gibt.59 75% der Runensteine auf Gräberfeldern sind zusätzlich zur Inschrift mit einem Kreuz versehen,60 wobei Steine ohne Kreuz ebenfalls christlich sein können. Wie Birkeli es für norwegische und englische Steinkreuze vorschlägt, gelten dann auch Runensteine als frühe christliche Grabdenkmäler.61 Die uppländischen beigabenlosen Körpergräber treten nicht nur zusammenhängend, sondern auch verbunden mit einer bestimmten Grabform auf: rechteckige Steinsetzungen. Diese Steinsetzungen deutet Gräslund als die ersten christlichen Gräber Upplands ohne Friedhof.62 Der Runenstein von Tibble, Husby-Långhundra sn (U 496) steht genau in einer solchen Steinsetzung, die Inschrift lautet übersetzt: ‘Ragnfastr machte diese Denkmäler für die Seelen von Ingifastr und Gulleifr’.63 Hat Ragnfastr hier womöglich die Steinsetzungen anlegen lassen, um an jener Stelle nicht nur Ingifastr und Gulleifr zu begraben, sondern außerdem die ersten Christen auf diesem Gräberfeld von den heidnischen Toten abzugrenzen? Gräslund stellt die These auf, dass der christliche Runenstein einen ausgewählten Platz auf dem heidnischen Gräberfeld weiht, damit hier die ersten Christen begraben werden können, solange es am Ort noch keine geweihte Kirche gibt.64 Die 56 57 58 59 60 61 62 63 64
Gräslund 1991c, S. 86. Gräslund 1991c, S. 86. Gräslund 1996a, S. 29. Gräslund 1996a, S. 31. Gräslund 1996a, S. 32. Gräslund 2002b, S. 42. Gräslund 2002b, S. 52. Inschrift: [ranfastr ' lit ' kera '] merki * þ[i]sun * fir sia[l ikifatar *] auk * kulifs. Normalisierung: Ragnfastr lét gera merki þessi fyrir sál Ingifastar ok Gulleifs. Gräslund 1992c, S. 146.
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auffällige Grabform und der unübersehbare christliche Stein, versehen mit Konsekrationskreuzen markieren dies obertägig. Damit wäre auch erklärt, warum ein Runenstein auf dem Gräberfeld ausreicht, der gesamte Platz wird damit geweiht. Diese These wurde daraufhin in der Forschung rezipiert. Vibe Müller gibt an, dass Steinkreuze sowie Steine mit eingemeißelten Kreuzen die ersten christlichen Gräber auf dem Gräberfeld weihen und diese Steine später zum Friedhof gebracht wurden.65 Anglert dagegen widerspricht der These des Runensteins als Grabweihe, für ihn wurden Runensteine von der Elite gesetzt und symbolisierten Machtansprüche, ihre Bedeutung als Grenzmarke oder Grabweihe seien höchstens sekundär.66 Doch wie soll eine Weihefunktion sekundär sein? Und wie viele Eliten gab es dann im mehr als 1311 Runensteine zählenden Uppland? Gräslunds These ist daher durchaus denkbar, denn sie erklärt, warum die Runensteine so explizit christlich sind, warum sie gerade mit der Christianisierung einen Aufschwung erfahren und mit der Etablierung der kirchlichen Infrastruktur überflüssig werden. Es erklärt außerdem, warum Runensteine an den äußeren Kanten des Gräberfeldes stehen und zumeist einzeln auf Gräberfeldern vorkommen. Auch die Befundsituation unterstützt diese These, denn wenn die Gräber in der unmittelbaren Umgebung der Runensteine untersucht wurden, fanden sich gerade dort häufig Körpergräber, während auf dem restlichen Gräberfeld die Brandgrabsitte zu beobachten war. Ein Beispiel ist die Befundsituation von U 151 in Täby: Unter der Registrierungsnummer Täby 42:7 fand man 15m südöstlich des Runensteins bei Bauarbeiten drei christliche Körpergräber des 11. Jahrhunderts (datiert durch eine Münze). Nur ca. 50m nordöstlich erstreckt sich ein „normales“ wikingerzeitliches Gräberfeld mit drei Hügeln und 29 runden Steinsetzungen. Die drei christlichen Gräber befanden sich also in der Nähe des vorchristlichen Gräberfeldes, von diesem separiert durch Runensteine. Ein weiterer Beleg könnte die Bilddarstellung auf dem Runenstein von Läby/Uppland (U 901) sein, der jedoch nicht mehr am ursprünglichen Standort steht (Abb. 10). Auf dem unvollständigen, zerbrochenen Stein, der sich heute im Statens Historiska Museet in Stockholm befindet, sieht man u.a. drei Personen. Eine Person ist aufgrund der herabhängenden Glieder vermutlich tot und wird von der zweiten Person berührt, möglicherweise getragen oder niedergelegt. Die dritte hält einen kreuzförmigen Gegenstand in der Hand und richtet ihn auf die beiden erstgenannten. Hult deutet dies 65 66
Vibe Müller 1991, S. 369. Anglert 1995, S. 157.
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als Begräbnisszene,67 mit dem Kreuz womöglich auch die Weihe eines Gräberfeldes. Zentral auf dem Stein ist ein großes Kreuz und die Inschrift enthält die Glaubensformel „helfe seiner Seele“, erwähnt den Bau einer Brücke und mehrerer Steine.68
Abb. 10: Der Runenstein von Läby/Uppland (U 901) (nach Jansson / Wessén 1949–51, Pl. 172).
67 68
Hult 1992, S. 108 f. Inschrift: ... ...arl ' uk ihulbiurn ' litu rita stono þisa ' uk| |kirua bru þisa ' at iafur faþur si... ... (h)ialbi ont hos Normalisierung: ... [K]arl ok Ígulbjƭrn létu rétta steina þessa ok gera brú þessa at Jƭfur, fƭður si[nn] ... hjalpi ƭnd hans. Übersetzung: ‘... Karl und Ígulbjìrn ließen die Steine errichten und diese Brücke machen für Jìfurr, ihren Vater ... möge Gott seiner Seele helfen.’
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Ist die Christianisierung so weit fortgeschritten, dass man in der Nähe des Gräberfelds eine Kirche erbauen lässt, was im folgenden Kapitel erläutert wird, ist die Weihe- oder Abgrenzungsfunktion der Runensteine nicht mehr notwendig. Da an einigen Runensteinen, die in Kirchen vermauert wurden, noch Farbspuren erhalten waren, spricht dies dafür, dass man sie bereits kurz nach ihrer Aufstellung im Freien in der Kirche vermauerte. Zu dieser Zeit lebten vermutlich noch die Kinder oder andere Angehörige der Verstorbenen, die einem Zerstören der Steine durch die Vermauerung sicherlich widersprochen hätten.69 Daher ist es weit denkbarer, dass man die Steine dort mit Absicht vermauern ließ. Ihre Funktion wird von der Kirche übernommen, so dass sie in die Kirche integriert werden können. Wie kann eine Integration besser erfolgen, als dass man die Kirche ganz praktisch mit eben diesen Steinen baut? Die symbolische Bedeutung der Steine wird damit in der Kirche vermauert, sie gehen ineinander über.
7.5 Kontinuität oder Bruch: Runensteine in Kirchen Der Übergang von vorchristlicher zu christlicher Bestattung wird in der älteren Literatur oftmals als radikaler Bruch beschrieben. Birkeli bezeichnet die individuellen Friedhofsgräber als Verrat an den Ahnen.70 Neuere Forschungen schlagen hingegen vor, von einer Kontinuität zu sprechen.71 Auf Åland und in Norwegen konnte man einen örtlichen Zusammenhang von frühromanischen Kirchen und Gräberfeldern nachweisen. Die Kirche im norwegischen Tune/Østfold stammt vermutlich aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, unmittelbar im Anschluss befindet sich ein großes Gräberfeld mit einer Belegung von der Vorrömischen Eisenzeit bis in die Wikingerzeit.72 In der Friedhofsmauer fand man einen Runenstein (NIäR 1), dessen Inschrift von einem Begräbnismahl handelt und somit nahe legt, den Runenstein als Grabstein zu deuten, die Inschrift73 nach der Deutung durch 69 70 71 72 73
Nilsson 1974, S. 47. Birkeli 1973, S. 11. U.a. Stylegar 1996, S. 541. Stylegar 1996, S. 541. Inschrift: Ek WiwaR after Woduride | witanda-hlaiban worahto | ... Woduride | staina þrijoR dohtriR | dalidun arbija | arjosteR arbijano (KJ 72). Die Deutung der Inschrift ist umstritten, viele namhafte Forscher haben eine Interpretation vorgelegt, eine Sammlung der Deutungen ist in der Runendatei des Kieler Runenprojektes abzurufen (www.runenprojekt.uni-kiel.de). Das relevante Wort für diese Untersuchung ist arbija, welches zu anord. erfi ‘Erbmahl’ gestellt
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Grønvik lautet: ‘Ich, Wiwa, wirkte [die Runen] nach Widurda, dem für Brot Sorgenden. [Ich, Wiwa,] verehrte dem Widurda den Stein. Drei Töchter machten das Erbmahl gemütlich, als die liebenswürdigsten der Erben.’74 Vermutlich wurde der Stein aus der Zeit um 400 am Grab des Widurda in Tune errichtet. Als schließlich die christliche Kirche auf dem Gräberfeld erbaut wurde, schnitt die Friedhofsmauer das alte Grab. Möglicherweise aus Gründen der Pietät, vielleicht auch aus praktischen Abwägungen, ließ man den Grabstein dort stehen und integrierte ihn auf diese Weise in die Friedhofsmauer.75 Auch in Schweden ist diese Platzkontinuität nachweisbar, beispielsweise in Köping auf Öland (Abb. 25). Köping selbst war ein wichtiger Handelsplatz der Wikingerzeit, in der Kirche fand man viele Runensteine und Steinfragmente.76 Während Kirche und Gräberfeld schon länger bekannt waren, traf man im Jahr 1975 auf die ersten christlichen Körpergräber 250 m nordöstlich der Kirche.77 Es handelt sich dabei um die Übergangsbestattungen zwischen den vorchristlichen Gräbern des Gräberfeldes und der Bestattung auf dem Kirchfriedhof. Der Ort der Kirche von Köping wurde also von der vorchristlichen bis in die christliche Zeit durchgehend als Grabplatz genutzt. Andrén konnte zeigen, dass auf Öland nur fünf der 34 mittelalterlichen Pfarrkirchen nicht auf oder bei vorchristlichen Gräberfeldern errichtet wurden.78 Die Gräber der Übergangszeit könnten Schlüssel dazu sein, warum in der Kirche von Köping so viele Runensteine zu finden sind. Nach Wallenberg gibt es eine Kontinuität vom völkerwanderungszeitlichen Gräberfeld bis zur christlichen Kirche auch in Lovö/Uppland.79 Dort fand man insgesamt sieben Runeninschriften, frühe christliche Kör-
74 75
76 77 78 79
wird. Von den in der Runendatei gesammelten 17 Deutungen dieser Inschrift weicht nur Antonsen (1975, S. 126 ff) in der Deutung des Wortes arbija ab. Grønvik 1994, S. 47 f. Jene Kontinuität von Kirche und Gräberfeld wurde auch an anderen Orten in Norwegen beobachtet, beispielsweise Høre in Valdres/Telemark (Vibe Müller 1991, S. 359 f). Neben dem vorchristlichen Gräberfeld und einer mittelalterlichen Steinkirche fand man die Reste einer Holzkirche und 21 christliche Körpergräber der Übergangszeit um 1100 (Vibe Müller 1991, S. 360). Weitere Beispiele für eine ungebrochene Begräbnistradition von der vorchristlichen zur christlichen Zeit finden sich nach den Untersuchungen von Vibe Müller in Bø/Telemark; Stange/ Hedmark; Lom/Gudbrandsdal; Urnes/Sogn og Fjordane; Ringebu/Gudbrandsdal; Nore/Buskerud und Mære/Trøndelag (Vibe Müller 1991, S. 366). Gustavson 1977, S. 16. Boström 1977, S. 9. Andrén 2002, S. 324. Wallenberg 1993, S. 6.
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pergräber und die erste Kirche datiert in das 11. Jahrhundert.80 Schon 1958 deutete Ruprecht in Kirchen vermauerte Steine als die Runensteine des Gräberfeldes, auf dem sich nun die Kirche befindet.81 Auch Wideen konnte in seinen Untersuchungen den Zusammenhang von Runensteinen, vorchristlichen Gräberfeldern und Kirchen beobachten.82 Seiner Ansicht zu Folge ist dies sogar der Grund dafür, warum es so wenige Gräberfelder der Jüngeren Eisenzeit in Västergötland gibt: Sie liegen nach seiner Meinung unter den Kirchfriedhöfen verborgen.83 Als Beispiel nennt er die västergötländischen Gräberfelder bei den Kirchen von Böne, Varkumla, Humla, Gingri und Bolum.84 Eine Markierung der frühchristlichen Gräber durch Runensteine hält Wideen dabei für wahrscheinlich, als Beispiel nennt er den Runenstein von Tranemo (Vg 195), der über einem Holzkistengrab errichtet wurde.85 Wilson kommt in seinen Untersuchungen zu den schwedischen Thingplätzen auf ein ähnliches Ergebnis, deutet dies jedoch anders.86 Er stellt fest, dass Runensteine häufig in Kirchen gefunden und ebenso oft bei diesen Kirchen vorchristliche Gräberfelder entdeckt wurden. Die Vermauerung in den Kirchen folgte nach Wilsons Untersuchungen keiner einheitlichen Regel, weder die Art der Vermauerung noch der Platz, an dem sie vermauert wurden, deutet auf eine Regelmäßigkeit hin. Es ist daher nicht möglich, anzunehmen, dass die Kirche einen bestimmten Zweck mit der Vermauerung von Runensteinen verfolgte, der so wichtig gewesen sein muss, dass man auch Runensteine von weit her in einzelnen Kirchen vermauerte. Runensteintransporte über weite Strecken lehnt Wilson ab.87 Demzu Folge müssen die Runensteine an einem Platz gestanden haben, der später zum Kirchplatz wurde. Seine These lautet, dass bei jenen Gräberfeldern auch ein Thingplatz war und dass die Runensteine eben jenen Thingplatz geschmückt haben.88 Nimmt man den Thingplatz, für den es keine archäologischen Nachweise gibt, aus der Erklärung heraus, so bleibt auch bei Wilson die Feststellung übrig, dass die Runensteine, die in den Kirchen vermauert wurden, von eben jenen Gräberfeldern stammen, die 80 81 82 83 84 85 86 87 88
Wallenberg 1993, S. 6. Ruprecht 1958, S. 96. Wideen 1955, S. 108, 129 f. Wideen 1955, S. 113. Wideen 1955, S. 114. Wideen 1955, S. 118. Wilson 1992, 1994. Wilson 1994, S. 19. Wilson 1994, S. 131.
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eine Kirche umgaben. Die schriftliche Überlieferung der auf dem Hügel sitzenden Könige, die im vorherigen Kapitel angesprochen wurde, stützt Wilsons These jedoch, denn es ist nicht auszuschließen, dass Thingplatz und Gräberfeld den gleichen Ort bezeichnen. Für die Kontinuität von Gräberfeld und Kirche hat die altnordische Literatur ein eindrucksvolles Beispiel zur Hand, die Haralds saga hárfagra. Das vorletzte Kapitel der Saga handelt von der Bestattung des Königs Harald in Haugesund: Í Haugasundi stendr kirkja, en við sjálfan kirkjugarðinn í útnorðr er haugr Haralds konungs hins hárfagra. En fyrir vestan kirkjuna liggr legsteinn Haralds konungs, sá er lá yfir legi hans í hauginum; er steinninn hálfs fjúgrtánda fets langr ok nær 2 alna breiðr. Í miðjum hauginum var leg Haralds konungs; þar var settr steinn annar at höfði, en annar at fótum, ok lögð þar hellan á ofan, en hlaðit grjóti tveim megin utan undir. Þeir steinar standa nú þar í kirkjugarðinum, er þá váru í hauginum ok nú var frá sagt. 89
Die lebhafte und detaillierte Beschreibung der Umstände lässt darauf schließen, dass die Angaben einen gewissen Wahrheitsgehalt haben, der Grabhügel in Haugasund wird auch in der Fagrskinna 5 benannt. Die Textstelle belegt zum einen, dass eine Kirche in unmittelbarem Kontext von Grabhügeln erbaut wurde. Sie zeigt zum anderen, dass der Grabhügel geöffnet wurde und man die Steinplatten, die als Einfassung der Grabkammer dienten, zur Kirche brachte und dort aufstellte. Über eine Translation der Gebeine des Königs steht hier nichts, so dass davon ausgegangen werden muss, dass nur die Steinplatten aus dem Hügel in die Kirche gebracht wurden. Der beschriebene Vorgang stimmt mit dem Befund überein, daß viele Steine in die Gotteshäuser gebracht wurden. Warum man dies jedoch tat, bleibt auch von Snorri ungenannt, er beschreibt nur die sichtbaren Umstände, gibt jedoch keine Deutung. Für die Schilderung aus Snorris Heimskringla gibt es einen anderen schriftlichen Beleg: Das Konzil von Toledo im Jahr 633 verbietet Klerikern, an der Zerstörung von Gräberfeldern zum Bau von Kirchen teilzu89
Haralds saga hárfagra 44. Übersetzung: ‘In Haugesund steht eine Kirche, in deren Kirchhof im Nordwesten der Hügel von König Harald hárfagra liegt. An der Westseite der Kirche liegt die flache Steinplatte König Haralds, die über seinem Körper im Hügel gelegen hatte, und die Steinplatte ist 13½ Fuß lang und beinahe zwei Ellen breit. Mitten im Hügel war der Körper König Haralds. Dort war ein Stein am Kopf und ein zweiter zu den Füßen gesetzt, und die Steinplatte wurde darüber gelegt und auf beiden Seiten wurden die Zwischenräume mit Steinen ausgefüllt. Diese Steine, die vorher im Hügel waren und von denen berichtet wurde, stehen nun auf dem Kirchhof.’
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nehmen.90 Ist für dieses Vorgehen sogar ein Gesetz notwendig, bedeutet dies, dass die Kirche auf dem vorchristlichen Gräberfeld nicht die Ausnahme, sondern wohl eher die Regel war. Diese Zerstörungen der Gräberfelder konnten wie oben gezeigt, vielerorts nachgewiesen werden und nicht selten fanden sich an diesen Gräberfeldern auch Runensteine, die so vermutlich in die Kirchen gelangten. Die örtliche Kontinuität von Kirche und Gräberfeld könnte der mittlerweile abgeflauten Diskussion um eine „Kultplatzkontinuität“ neuen Stoff geben. Denn wenn die Gräberfelder die Kultplätze eines Ahnenkultes, einem möglichen hƭrg sind und die Kirchen eben genau dort errichtet wurden, besteht die Kultplatzkontinuität weiter, auch, wenn wir hier keine heiligen Haine, Quellen oder Opferplätze vorweisen können, die man allgemein als vorchristliche Kultplätze interpretiert. Mehrere Kirchen Skandinaviens wurden sogar direkt auf Grabhügeln errichtet (Hørning/Dänemark sowie Ås/Västergötland; Abb. 27).91 Es wäre daher falsch, eine Kultplatzkontinuität nur für jene Orte vorzuschlagen, die einem Gott geweiht sind. In diesem Zusammenhang ist ein Passus in der Lex Salica von Bedeutung, der es verbietet, die Grabplatte in einer Kirche an dem Ort zu vermauern, wo sich auch der Leichnam befindet.92 Ein solches Gesetz wurde vielleicht zum Schutz der Leichen erlassen, die durch Schatz- und Reliquiensucher in den Gräbern Schändungen ausgesetzt waren, an denen sich auch die Mitglieder der Kirche beteiligten.93 Ob aus diesem Grunde die Verwandten zustimmten, die Runensteine von den Gräbern zu entfernen? Oder war es eine nachträgliche Translatio ad ecclesiam, die zumindest den Namen des toten Verwandten in die Kirche und somit wieder in die Nähe der auf dem Kirchfriedhof bestatteten Nachkommen brachte? Möglicherweise war es auch ein Schutz des Steins vor der Zerstörung durch das Ausheben von Gräbern auf dem neuen Friedhof und alten Gräberfeld? Ein Zusammenhang zwischen Runensteinen, Gräberfeld und Kirche ist hier auf jeden Fall gegeben. Die an vielen Orten nachgewiesene Kontinuität vom Gräberfeld über frühe christliche Gräber bis hin zur Kirche auf eben jenem Gräberfeld und die häufig in ihnen vermauerten Runensteine geben Anlass anzunehmen, dass die in Kirchen vermauerten Runensteine eigentlich von einem Gräberfeld stammen. Das würde die große Anzahl von Runensteinen, die 90 91 92 93
Effros 2001, S. 108. Gräslund 1985. Effros 2001, S. 108. Effros 2001, S. 108 f.
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noch heute an Gräberfeldern stehen, noch um ein Vielfaches erhöhen. Außerdem wäre es eine sinnvolle Erklärung des Umstands, dass so viele Runensteine in sakralen, dagegen jedoch so wenige in profanen Gebäuden vermauert wurden und dass an jenen Steinen Farbreste erhalten sind, die belegen, dass die Steine bereits vermauert wurden, als die Steinerrichter, bzw. deren unmittelbare Nachkommen noch zugegen waren. Einer Zerstörung der Steine hätte man sicher widersprochen. Runensteine auf Gräberfeldern sind daher zum größten Teil mit der Christianisierung in Verbindung zu bringen und der Übergangsphase zwischen Mission und Etablierung des Glaubens durch kirchliche Infrastruktur. Die Errichtung der Kirche am vorchristlichen Gräberfeld hält an der örtlichen Verbindung zu den Ahnen fest und übernimmt gleichzeitig die dort errichteten Runensteine in ihr bauliches Fundament.
7.6 Englische Steindenkmäler Vergleicht man die schwedische Runensteinsitte mit anderen Ländern, fallen erstaunliche Parallelen auf. Steindenkmäler wurden nicht nur in Skandinavien errichtet. Gräslund hat auf eine Verwandtschaft zu den norwegischen und englischen Steinkreuzen hingewiesen.94 Bailey gibt an, dass die wikingerzeitlichen Steindenkmäler Nordenglands alle als Grabsteine auf Friedhöfen verwendet wurden.95 Diese Beobachtung erweitert Birkeli mit der Feststellung, dass die insularen Steinkreuze oft auf Friedhöfen entdeckt werden, wo sich neben christlichen auch heidnische Gräber befinden.96 Die Erforschung der insularen Steinkreuze zeigte, dass diese ausschließlich im Kontext von Gräbern errichtet wurden und Birkeli schlägt daher vor, dass die Skandinavier, welche im 8./9. Jahrhundert auf die Insel Man kamen, jene Grabkreuze, die sie dort sehen konnten, in der Heimat übernahmen und diese mit Runen versahen.97 Ob die Steinkreuze tatsächlich Vorbilder für die Runensteine waren, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, denn viele Runensteine sind älter. Möglicherweise war die Beeinflussung also eher umgekehrt. Eine genaue Untersuchung dazu liegt meines Wissens nicht vor, da die Steinkreuze jedoch in Corpuswerken gut aufgearbeitet sind,98 könnte ein Vergleich von skandinavischen und insu94 95 96 97 98
Gräslund 2002b, S. 42. Bailey 1980, S. 22. Birkeli 1973, S. 237. Birkeli 1973, S. 238. Cramp 1984; Allen / Anderson 1993; Shetelig 1954.
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laren Steindenkmälern besonders lohnend sein.99 Hier wäre bei einer ausführlichen Gegenüberstellung der Blick auf den Kontext der Denkmäler besonders lohnenswert, denn es scheint, als ob sowohl Runensteine als auch das insulare Steinmaterial im Kontext von Gräbern der Übergangszeit zwischen vorchristlicher und christlicher Bestattung errichtet wurden und eine wie auch immer geartete Beeinflussung stattgefunden hat. Genaueres könnte eine Detailstudie zeigen, die im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht geleistet werden kann.
7.7 Kontinentale Steindenkmäler Zusammen mit der Stationierung römischer Truppen im Germanischen treten im Mittelrheingebiet bereits um Christi Geburt steinerne Grabdenkmäler auf, wie sie aus der Antike für das Mittelmeergebiet bekannt sind. Eine ausführliche Betrachtung kann im Rahmen dieser Arbeit ebenso wenig erfolgen wie ein Vergleich mit den bereits erwähnten insularen Steindenkmälern. Daher soll hier nur in aller Kürze auf Parallelen verwiesen werden, die jedoch in einer Detailstudie nochmals ausführlich und mit allen notwendigen quellenkritischen Voraussetzungen erforscht werden müssen. Der Grabstein der Marcus Caelius zählt mit einer Datierung um 9 nach Christus zu den frühesten römischen Grabstelen der Rheingegend.100 Die Inschrift lautet: M(arco) Caelio T(iti) f(ilio) Lem(onia tribu) Bon(onia) / [I] o(rdini) leg(ionis) XIIX ann(orum) LIII s(emissis) / [ce]cidit bello Variano ossa / [lib(ertorum)i]nferre licebit P(ublius) Caelius T(iti) f(ilius) Lem(onia tribu) frater fecit.101
99
100 101
Auch eine neue Betrachtung der osteuropäischen Menschenstatuen, die von LaBaume in die Wikingerzeit datiert werden und von ihm als Grabsteine angesprochen werden, wäre lohnend (siehe LaBaume 1927). Da die Überlieferungslage hier jedoch sehr ungenau, die Literatur veraltet ist und bislang keine einheitlichen Zusammenstellungen der Steindenkmäler erfolgt sind, kann ein solcher Vergleich hier nicht erfolgen. Horn 1981, S. 12. Übersetzung nach Horn 1981: ‘Dem Marcus Caelius, Sohn des Titus, aus dem Stimmbezirk Lemonia, geboren in Bologna. Hauptmann der 18. Legion. Im Alter von 53 1/2 Jahren fiel er im Varuskrieg. (Auch) die Gebeine der Freigelassenen dürfen (hier) bestattet werden. Publius Caelius, Sohn des Titus, aus dem Stimmbezirk Lemonia, sein Bruder, hat (den Grabstein) aufrichten lassen.’
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Der Bruder errichtete einen Grabstein nach dem im Kampf Gefallenen und vermerkte dies in der Inschrift. Zusammen mit der Inschrift ziert den Stein ein figürliches Relief des Toten sowie Rankenornamentik.102 Hier ist möglicherweise ein Vorbild der deutlich jüngeren Runensteine auszumachen, deren Bildprogramm abweicht, während der Aufbau der Inschrift ähnlich ist. Eine Vergleich beider Steingruppen wäre daher insbesondere für die Frage nach dem Ursprung der Runensteine lohnenswert. Die bekannten römischen Stelen sind durchweg Grabsteine. Möglicherweise in Anlehnung an jene Grabsteine treten im frühen Mittelalter in der Rheingegend Bildsteine auf, die ebenfalls als Grabmonumente gedeutet werden103 und bei Bestattungen in frühen Kirchen oder auf Reihengräberfeldern gefunden wurden. Chronologische Parallelen mit den Runensteinen sind zu erkennen, denn beide Steingruppen treten in der Institutionalisierungsphase der christlichen Kirche auf, in einer Zeit, in der sich die Bestattungssitten vom Gräberfeld zum kirchlichen Friedhof verlagern.104 Die Verbreitung der kontinentalen Bildsteine beschränkt sich auf das Frankenreich mit Schwerpunkt im Mittelrheingebiet, sie wurden mehrheitlich auf Flachgräberfeldern des 7. und 8. Jahrhundert im rheinischen Gebiet gefunden und werden als Grabsteine einer geistlichen und weltlichen Elite gedeutet.105 Ament formuliert: Nicht allein, daß bei den Wohnstätten allenthalben Kirchen erbaut werden, auch auf den merowingischen Reihengräberfriedhöfen entstehen nicht selten christliche Memorien aus Holz oder Stein.106
Wie die Runensteine sind die kontinentalen Bildsteine mit formelhaften Inschriften versehen, figürlich und ornamental verziert und an einigen Steinen haben sich Farbreste erhalten.107 Neben einfachen Formeln tragen einzelne Bildsteine auch längere Huldigungsinschriften für den Toten, die
102 103 104
105 106 107
Horn 1981, S. 17. Roth 1976, S. 551 f. Auf eine ausführliche Beschreibung der kontinentalen Verhältnisse zur Christianisierung, in die auch spezifische Verhältnisse, wie beispielsweise das Judentum oder der Mithraskult einbezogen werden müssen, wurde in diesem Kontext verzichtet. Dies wäre für einen ausführlichen Vergleich von kontinentalen und skandinavischen Verhältnissen notwendig, ebenso die frühen christlichen Gräber der Antike. Mehr zu diesen Phänomenen und weiterführende Literatur siehe Angenendt 1997 und 2003. Roth 1976, S. 551 f. Ament 2003, S. 66. Roth 1976, S. 552.
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seine soziale Stellung betonen.108 Einer der bekanntesten kontinentalen Bildsteine ist der Stein von Niederdollendorf, der hier exemplarisch vorgestellt werden soll: Der Stein ist die einzige „Grabbeigabe“ im Steinplattengrab des Reihengräberfeldes, welches zur fränkischen Siedlung Niederdollendorf gehörte.109 Der gegossene Zapfen an der Unterseite des Steins belegt, dass er ursprünglich aufrecht gestanden hat, möglicherweise an dem Grab eines Vorfahren110. Einen Holzpfeiler als Grabmarkierung, der von Ibn Fadlan in seinem Begräbnisbericht aus der Rus erwähnt wird, setzte man ebenfalls für die fränkischen Gräber voraus.111 Von solchen Holzpfeilern sind auf den Gräberfeldern von Müngersdorf und Weiden Steinverkeilungen gefunden worden, auch auf wikingerzeitlichen Gräberfeldern finden sich immer wieder Steinpackungen, die auf hölzerne Pfeiler und Pfosten hinweisen. Einen noch erhaltenen Grabpfeiler aus Holz entdeckte man auf einem Grab in Gammertingen,112 ein Fund, der in der Lex Salica bereits schriftlich belegt ist. Dort ist die Rede von einer aristato,113 einer Ehrensäule, die auf dem Grab errichtet wird.114 Böhner geht davon aus, dass der Stein von Niederdollendorf die „Stein-Nachbildung eines hölzernen Grabpfeilers ist, dessen Holzschnitttechnik auch in Stein übertragen wurde“.115 Böhner deutet das Bildprogramm des Niederdollendorfer Steins auf der Vorderseite als Bild des Toten, der „auf sein Fortleben in der Nachkommenschaft hinweist“.116 Die dargestellten Schlangen interpretiert er als „Verkörperungen der Seele und der Toten“,117 er verweist in diesem Kontext auf die ähnlichen Schlangendarstellungen der alemannischen Baumsärge von Zöbingen und Oberflacht.118 Ineinander verschlungene Schlangen gehören auch zum Bildprogramm jüngerer Runensteine. Marold konnte darlegen, dass die Schlange aufgrund der Beschreibung in einigen Skaldengedichten als Attribut des Herrschers gilt und sie auf mehreren 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118
Roth 1976, S. 553. Böhner 2002, S. 153. Böhner 2002, S. 154. Böhner 1944–50, S. 65. Ibid. Von hairisstahso, ‘Ehrensäule’ (Böhner 1944–50, S. 65). Böhner 1944–50, S. 65 f. Böhner 2002, S. 154. Böhner 2002, S. 155. Ibid. Auch auf Goldblattkreuzen, die christlichen Toten mit in das Grab gegeben werden, finden sich ähnliche Schlangen (Böhner 2002, S. 156).
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h D Christianisieerung Ok hann lét kristna Jamtaland – Die
M eise sind dahher auch vendelzzeitlichen Heelmen zu finden sind.119 Möglicherwe d mm und die Schhlangen auf dem Stein voon Niederdollendorf ähnlich wie Kam H f einen Fürrsten zu wertten. Eine einndeutige lange Haare als Staatussymbol für Verbindung von Scchlange und Totenkult giibt es im Noorden meiness Erachtens niccht.120
N orf (Vorder- und u Rückansiccht) Abbb. 11. Der Biildstein von Niederdollendo 2 (nach Uelsbeerg / Heinen 2006, S. 107).
119 120
Marrold 1998b, S. 18 ff. u Totenkult im Norden isst Snorris Derr einzige Zusaammenhang voon Schlangen und d eine Totenhallle für Eidbrücchige und Besschreibung vonn Náströnd an dessen Strand s D Meuuchelmörder steht, deren Dach aus Schlangen bestehtt [Gylfaginning 52]: Á Násstrƭndum er mikill salr ok illlr ok horfa í no orðr dyrr. Hannn er ok ofinn aallr orma Ü Doch in Naströönd (am ‘Toteenstrand’) hrygggjum sem vanndahús [...]. Übersetzung: ‘D gibtt es einen großßen, schrecklichen Saal, seinee Türe weist nach Norden, err ist ganz us aus Flechtweerk’ (Übersetzung nach aus Schlangenleibbern geflochtenn, wie ein Hau Hänny 1990, S. 121). Allerdinggs werden im Nordischen Museum M in Sttockholm Hollzschwellen veerwahrt, in dennen im mittelaalterlichen Schhweden Schlanngen einwelle des Hau uses zu schützeen (Arrhenius 1970, S. gekkapselt wurdenn, um die Schw V i den Schlanggen daher in S Schweden 3900). Statt einer Verbindung zuum Totenkult ist eher eine schützennde Funktion zuzuweisen. z
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Die Rückseite des Steins deutet Böhner als „Christus in der Mandorla“, der den Tod überwunden hat.121 Nach der hier vorgestellten Deutung von Böhner ist die Ikonographie des Steins von Niederdollendorf mit sowohl christlichen als auch heidnischen Elementen eine Darstellung des Todes. Nach Böhners Interpretation zeigt die erste Seite den Toten selbst, der im Kreis der Ahnen fortlebt, während auf der Rückseite Christus den Tod überwunden hat. Beiden gemeinsam ist der Glaube an ein ewiges Leben, eine Kombination aus christlichen und heidnischen Elementen ist gerade für die Übergangsphase auch im Norden mehrfach belegt.122 Während die kontinentalen Bildsteine ihre Botschaft über Bilder transferieren, ist im Norden die Inschrift der Runensteine entscheidend. Hier liegt neben aller Ähnlichkeit ein entscheidender Unterschied. Jene Botschaft ist indes vergleichbar: Der Tote selbst (Vorderseite des Bildsteins von Niederdollendorf) wird seinem Stand und seiner Sippe entsprechend in der Inschrift vorgestellt. Dem folgt zumeist eine Glaubensformel (Rückseite des Bildsteins von Niederdollendorf). Komplizierte Ornamentik stellt die Botschaft in einen würdigen Rahmen. In ihrer Botschaft sind die kontinentalen Bildsteine mit den Runensteinen daher durchaus vergleichbar, wogegen die Ausführung lokale Unterschiede aufzeigt. Den Runensteinen entsprechende Inschriften sind auf den frühen römischen Grabstelen sowie den mittelalterlichen (christlichen) Grabsteinen auf dem Kontinent zu finden. Es gibt daher Parallelen zwischen Schweden und dem Kontinent, die für eine Interpretation der Runensteine wichtig sind. Auch auf dem Kontinent wurden in der Übergangsphase zwischen Gräberfeld und Friedhof Steindenkmäler errichtet, die eine Verbindung zwischen neuem Glauben und alten Werten schaffen wollten. Diese Steine wurden von den Nordleuten vermutlich gesehen, die gerade in der Rheingegend sehr intensiv plünderten und Handel trieben.123 Das chronologische Verhältnis und damit die Frage nach Vorbild und Nachahmung ist trotz einiger Beiträge nach wie vor ungeklärt.
121 122
123
Böhner 2002, S. 159. Beispielsweise durch Gussformen, die gleichzeitig einen Thorshammer und ein Kreuz herstellen konnten (z.B. Gussform aus Trendgården/Himmerland, Dänemark), Geschichten über Männer, die neben den altnordischen Göttern einen Schrein für Christus einfach dazustellen oder die Inschrift auf dem Schwertscheidenmundblech von Eichstätten, die Jesus und die Götter um Beistand im Kampf bittet. Die Rheingegend wird als einer der „am heftigsten durch die Wikingereinfälle gebeutelten Landstriche Europas“ im Vorwort des Ausstellungsbandes „Wikinger am Rhein“ beschrieben (Willemsen 2004).
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Für einen geistigen und besonders handwerklichen Austausch zwischen skandinavischen und kontinentalen Steinmetzen spricht die Beobachtung, dass im Fall der Steine von Hornhausen ein skandinavischer Steinmetz als Handwerker angenommen wird. Anhand von stilistischen Gründen gibt Böhner an, „dass der Steinmetz aus dem Norden kam“ und „mit der nordischen Tierornamentik eng vertraut war“.124 Die These vom Steinmetz aus dem Norden sowie die vergleichbare Botschaft und ähnliche Standorte zeigen die engen Parallelen von nordischen und kontinentalen Steindenkmälern auf. Eine gegenseitige Beeinflussung ist daher anzunehmen, wobei eine grundlegende Gegenüberstellung bislang fehlt. Auch auf dem Kontinent findet der durch den Religionswechsel hervorgerufene Bruch in der Bestattungstradition nicht sofort statt. Während im 5. Jahrhundert das Christentum durch Chlodwig durchgesetzt wurde, werden christliche Gräber selbst in Kirchen weiterhin mit reichen Beigaben ausgestattet. Noch in christlicher Zeit werden die seit jeher benutzten Reihengräberfelder als Begräbnisort gewählt, auch, wenn wie in Soest eine Pfarrkirche nur einen Kilometer entfernt ist.125 Kirchen werden häufig in der Nähe von Reihengräberfeldern angelegt, beispielsweise in Flonheim, um eine Kontinuität zu schaffen.126 Erst ab dem 8. Jahrhundert durften im karolingischen Gebiet Beerdigungen ausschließlich bei Kirchen erfolgen.127 Der Verlauf der Christianisierung auf dem Kontinent zeigt, dass viele heidnische Elemente mit der christlichen Lehre vermischt werden mussten, bevor man ganz zum Christentum überging.128 Die Vorstellung, dass das Geschlecht eine Einheit von Lebenden und Toten war, dauert auch in der frühen christlichen Zeit auf dem Kontinent an.129 Eine vergleichbare Mentalität und gegenseitiger Austausch machen es sehr wahrscheinlich, dass Impulse für die Errichtung der Runensteine sowohl von kontinentaler als auch insularer Seite in den Norden kamen und rezipiert wurden. In allen drei genannten Gebieten errichtete man jene Steindenkmäler an Gräbern.
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Böhner 1976/77, S. 125. Grünewald 2003, S. 21. Ament 1995, S. 231. Angenendt 1997, S. 679. Böhner 1964, S. 659. Stylegar 1996, S. 545 f.
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7.8 Steine statt Beigaben In den bislang erbrachten Deutungen des Runensteins im Kontext der Christianisierung wurde das Gräberfeld als einer der Orte beschrieben, die von dem Glaubenswandel am deutlichsten betroffen waren. Es wurde gezeigt, dass Runensteine hier mit größter Wahrscheinlichkeit die Mittlerfunktion zwischen altem und neuen Glauben übernahmen, indem sie nicht nur auf dem Gräberfeld errichtet wurden, sondern ganz konkret einen gewissen Bereich für diejenigen schufen, die bereits den neuen Glauben übernommen hatten, aber noch nicht an entsprechender Stelle bestattet werden konnten. Da die christliche Kirche die besondere Bedeutung der Gräberfelder erkannt hatte, wurden nicht nur in Schweden viele Kirchen an Gräberfeldern errichtet, um so die Kontinuität zu den Gräbern der Vorfahren zu schaffen, die ansonsten nicht mehr möglich gewesen wäre. In der Übergangsphase von heidnischem Kult zu einer christlichen Religion mussten viele etablierte Traditionen aufgegeben werden. Der Tote wurde nicht mehr im Kreis der Ahnen auf dem Gräberfeld bestattet, diesen Umbruch versuchte man dadurch zu mindern, dass Kirchen und damit verbunden Friedhöfe an/auf den alten Gräberfeldern angelegt wurden. In vorchristlicher Zeit erhielt der Verstorbene ein für alle Lebenden sichtbares Monument und für das Jenseits ihn auszeichnende Beigaben. Sein Status konnte somit posthum durch seine Nachkommen bestimmt werden, es oblag ihnen, zu gestalten, wie an den Toten erinnert werden sollte. Ein solches sichtbares Denkmal, beispielsweise ein monumentaler Hügel, wurde auf den Friedhöfen durch einen Grabstein ersetzt, der den Namen des Toten nennt. Damit war jedoch keine Statusmarkierung verbunden, die christlichen Gräber waren betont uniform, die Erinnerung ging nicht über die Nennung des Namens hinaus. Die juristische Kontinuität der „Grabhügeldörfer“ wurde bereits angesprochen, das sichtbare Monument als Statusanzeiger und Legitimation von Toten und Lebenden war für die vorchristliche nur wenig literate Gemeinschaft wichtig. Diese juristische Kontinuität wurde durch die Einführung der Runeninschrift nun auch auf andere Weise möglich. Die Inschrift konnte in Anlehnung an die alten Traditionen vieles leisten, was zuvor beispielsweise durch sichtbare Grabhügel gezeigt werden konnte, nun jedoch durch die Einführung der neuen Religion verboten wurde. Der Stein als sichtbares und leuchtendes Monument130 ist dabei vergleichbar mit dem monumentalen Hügel. 130
In der Inschrift von G 203 wird der Runenstein als bietr a : bierki ‘leuchtend auf der Anhöhe’ bezeichnet, was sich vermutlich auf die bunte Runenschlinge bezieht.
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Während ein Stein daher das Denkmal auf dem Gräberfeld ersetzen konnte, verhält es sich für das bekannteste Merkmal einer vorchristlichen Bestattung, die Beigaben, schwieriger, sie konnten mit der christlichen Bestattung nicht vereinbart werden. Die christliche Lehre sieht vor, dass jeder Gläubige in Gemeinschaft mit seinen Brüdern und Schwestern in geweihter Erde bestattet werden soll. Tritt man vor Gottes Angesicht, ist jeder Mensch nackt und somit gleich, besondere Kleidung, Beigaben oder den Status anzeigende Handlungen, Riten und Monumente werden damit überflüssig. Eine Möglichkeit, die der Runenstein eröffnet, ist es nun, diese Beigaben, die in das Grab gelegt würden, durch Worte auszudrücken. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen: Holmgautr setzt den Runenstein Vs 24 nach seiner Frau Odindisa. Neben einer allgemeinen Errichterformel vermerkt er zusätzlich auf dem Stein, dass sie eine besonders gute Hausfrau war.131 Dieser Zusatz wäre in ihrem Grab möglicherweise mit den Beigaben für eine vorbildliche Hauswirtschafterin ausgedrückt worden: Vorratsgefäße, Kochgeschirr, Handarbeitsausstattung, ein Schlüssel. Da jene Beigaben nach christlicher Tradition nicht mehr in das Grab gegeben werden dürfen, ersetzen hier Worte die Gegenstände. Der Krieger Gunnleifr132 hätte in seinem Grab möglicherweise eine Waffenausstattung gehabt, denn die Inschrift des Runensteins gibt an, dass er mit Ingvar nach Osten gefahren war. Dies bedeutet, dass Gunnleifr ein Krieger war, dem man traditionell seine Waffenausstattung und vielleicht sein Reitpferd oder auch sein Schiff mit in das Grab gegeben hätte. Während man Óleifr133 131
132
133
Vs 24, Inschrift: buonti × kuþr × hulmkoetr × lit × resa × ufteR × oþintisu × kunu × seno × kumbr × hifrya × til × hasuimura × iki betr × þon × byi raþr roþbalir × risti × runi × þisa × sikmuntaR × uaR ... sestR × ku. Normalisierung: Bóndi góðr Holmgautr lét reisa eptir Óðindísu, konu sína. Kemr hýfreyja til Hƭsumýra eigi betri, en býi ráðr. Rauð-Ballir risti rúnar þessar. Sigmundar var [Óðindísa] systir góð. Übersetzung: ‘Der gute Hausherr Holmgautr ließ errichten nach Odindisa, seiner Ehefrau. Es wird keine bessere Hausfrau nach Hìsumýrar kommen, die über den Hof bestimmt. Rot-Balli ritzte diese Runen. Sigmundr war seiner Schwester gut.‘ U 644, Inschrift: an(u)(i)(t)r : auk * kiti : auk * kar : auk * blisi * auk * tiarfr * þir * raistu * stain þina * aftiR * kunlaif * foþur : sin han : fil * austr : miþ : ikuari kuþ heabi ontini. Normalisierung: Andvéttr ok ok Kárr ok Blesi ok Djarfr þeir reistu stein þenna eptir Gunnleif, fƭður sinn. Hann fell austr með Ingvari. Guð hjalpi ƭndinni. Übersetzung: ‘Andvéttr und und Kárr und Blesi und Djarfr errichteten diesen Stein nach Gunnleifr, ihrem Vater. Er fiel im Osten mit Ingvar. Gott helfe der Seele.‘ Sö 163, Inschrift: þruRikr : stain : at : suni : sina : sniala : trakia : for : ulaifr : i : krikium : uli : sifti :. Normalisierung: Þrýðríkr stein at sonu sína, snjalla drengi, fór Óleifr/Gulleifr í Grikkjum gulli skifti. Übersetzung: ‘Þryðríkr den Stein nach seinen Söhnen, tüchtige Knaben. Óleifr/Gulleifr reiste nach Griechenland, um
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wahrscheinlich eine Waage und Gewichte in sein Grab gelegt hätte, betont man stattdessen in der Inschrift, dass Óleifr ein Händler war. Während die Beigaben nicht mehr in das Grab gelegt werden können, vermag es eine Inschrift diese Beigaben zu benennen. Symbolische Gegenstände werden in einer zunehmend literaten Gesellschaft durch Worte ersetzt, wenn das, was die Symbole ausdrücken sollen, auch mit Worten gesagt werden kann. Dabei ist wichtig festzustellen, dass Runensteine ebenso wie Beigaben extra dafür konzipiert wurden, in der Zukunft wahrgenommen zu werden. Sie geben damit jeweils Idealbilder der Gesellschaft wieder, denn auch Beigaben wurden von den Hinterbliebenen subjektiv ausgewählt. Sie sind daher kein Abbild der Gesellschaft, sondern Spiegel dessen, wie man wahrgenommen werden wollte. Entsprechend müssen auch Runensteine als solche subjektiven Äußerungen verstanden werden, die ein Idealbild der wikingerzeitlichen Gesellschaft reflektieren. Auch, wenn sie die einzigen schriftlichen Primärquellen der Wikingerzeit sind, bilden sie nicht den Alltag ab und können daher auch nicht ausschließlich für eine Beschreibung des wikingerzeitlichen Alltags dienen. Die Inschrift der Runensteine ist daher in ihrer Funktion mit den Beigaben der vorchristlichen Bestattung zu vergleichen, die als Idealvorstellung den Status von Toten und Hinterbliebenen festsetzen und eine juristische Funktion der Legitimation erfüllen. Der symbolische Wert der Beigaben konnte auf den Runeninschriften in der Übergangszeit in Worten ausgedrückt werden. Der Runenstein ist ein bemerkenswertes Monument einer Zeit des Umbruchs. Während die christliche Religion vorsieht, dass die Toten in geweihter Erde kollektiv bestattet wurden, konnte ein Runenstein die Brücke zu den alten Traditionen sein. Während der Tote entsprechend der christlichen Vorgabe auf dem Kirchhof bestattet wurde, errichtete man auf dem Gräberfeld einen Runenstein und anstatt den Toten mit Beigaben zu versehen, berichtete man in der Inschrift von dessen ruhmvollen Taten. Auf diese Weise konnte man sicherstellen, dass der Tote, egal vor welchen Gott er im Jenseits trat, akzeptiert werden würde. Der Baustoff „Stein“ ist traditionell von den Gräbern der Vorfahren entlehnt, der Standort „Gräberfeld“ erhält diese Kontinuität, und durch seine Größe erhält der Stein Monumentcharakter, vergleichbar mit einem Grabdenkmal. All dies kann von den Mitmenschen wahrgenommen werden, so dass man hier der gesellschaftlichen Konvention des Totenruhms Rechnung trägt. Mithilfe von Schrift und Verzierung kann man den Totenruhm verstärken und besondere positive Eigenschaften des Toten betonen, die in vorchristlicher Zeit mög-
Gold zu tauschen.’
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licherweise134 durch Beigaben symbolisiert wurden. Runensteine konnten in der Übergangsphase zu einem etablierten Christentum viel leisten: Durch ihren Standort verbanden sie die Gegenwart mit der Vergangenheit, das Material Stein verdeutlichte einen Anspruch auf Beständigkeit und Sicherheit für die Zukunft und die Inschrift mit dem individuellen Totenruhm bewahrte das Gedächtnis an eine konkrete Person. Sie ersetzen Beigaben und Monumente des vorchristlichen Begräbnisses.
7.9 Runensteine und Christianisierung – Eine Zusammenfassung Der überwiegende Anteil der Runensteine wurde zur Zeit der Christianisierung errichtet, die in Schweden aufgrund einer fehlenden Zentralmacht weit länger andauerte als in den anderen skandinavischen Ländern. Daher können folgende Ergebnisse festgehalten werden: 1) Runensteine stehen zum größten Teil auf Gräberfeldern. 2) Sie sind eine Weiterentwicklung der inschriftlosen Bautasteine und eine Vorstufe christlicher Grabsteine. 3) Die Christianisierung ist kein Bruch, es gibt keine Zeichen eines offenen Konfliktes zwischen Heiden und Christen in Schweden. Stattdessen finden sich heidnische Gräber auf christlichen Friedhöfen und christliche Gräber auf vermeintlich heidnischen Gräberfeldern. 4) Mit Schrift und Symbolen können Runensteine die christlichen Gräber auf einem Gräberfeld markieren und dieses Areal durch Konsekrationskreuze abgrenzen. 5) Eine häufig nachgewiesene örtliche Kontinuität von Gräberfeldern und Kirchen legt nahe, dass in Kirchen vermauerte Runensteine von den die Kirche umgebenden Gräberfeldern stammen. 6) Ein Vergleich mit kontinentalen und insularen Steindenkmälern zeigt, dass auch dort in einer Umbruchszeit Steindenkmäler z. T. mit Inschrift an Gräbern errichtet wurden. 7) Mit ihrer Inschrift schaffen Runensteine die Kontinuität zwischen Tradition und Zukunft, indem sie die vorchristlichen Monumente ersetzen. 8) Die Inschriften sind mit den Beigaben der vorchristlichen Gräber vergleichbar. 134
Ich benutze hier bewusst ein „möglicherweise“, denn es ist nicht sicher, welche Funktion die Beigaben bei einem Begräbnis erfüllten. Siehe dazu auch Kapitel 6.1.3.
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Die Christianisierung verändert die Bedeutung des Gräberfeldes für die Gesellschaft. Der komplexe Raum wird vieler seiner traditionellen Funktionen beraubt. Monumente und Beigaben werden verboten, außerdem der Ahnenkult an den Gräbern. Dabei verliert das Gräberfeld seine Funktion als Versammlungsplatz und politischer Raum, die Entscheidungen der Gemeinschaft werden an anderen Orten getroffen, die Toten sind in diese Entscheidungen nicht mehr involviert. Eine neue Jenseitsvorstellung, die konkret und nachlesbar ist, verändert die Wahrnehmung der Toten. Sie haben keinen Einfluss mehr auf die Lebenden, ebenso wenig ist es die Aufgabe der Lebenden, weiter materiell für die Toten zu sorgen. Die einzige konkrete Jenseitsvorstellung vorchristlicher Zeit, dass der Tote durch die Erinnerung lebendig bleibt und je nachdem, wie die Lebenden mit ihm umgehen, diese unterstützt, geht damit unter. Auf diese Veränderungen reagierte man, indem man die Kirche auf dem Gräberfeld baute und damit eine Kontinuität ermöglichte. Runensteine wurden als christliche Markierungen dieses Übergangs auf den Gräberfeldern errichtet. Sie ersetzten Monumente und Beigaben durch eine Inschrift und machten die Erinnerung auch ohne Gräber so weiter möglich. Runensteine werden zur Brücke zwischen traditioneller Erinnerung und der neuen Jenseitsvorstellung. Die Erinnerung an die Ahnen wurde als besonders wichtig erachtet und war vermutlich eine Überzeugung, die eine neue Religion nur schwer zerstören konnte. Die Bedeutung des Ahnenkultes verdeutlicht eine missionshistorische Quelle: In der Vita s. Vulframni kann man über den friesischen Herzog Radbod lesen, dass dieser bei seiner Taufe den Heiligen Wulfram fragte, ob von seinen Ahnen mehr im Himmel oder in der Hölle seien. Wulfram antwortete, dass sie als Heiden in der Hölle seien. Daraufhin verweigerte Radbod die Taufe.135 Natürlich sind die Berichte solcher Viten nicht unbedingt wahrheitsgetreu, allerdings geben sie einen Eindruck der Geisteshaltung frisch konvertierter Christen. Den neuen Glauben wollte man annehmen, die alte Tradition der Gemeinschaft mit den Ahnen nach dem Tod war jedoch so stark, dass sie nur schwer von der christlichen Vorstellung des ewigen Lebens im Paradies ersetzt werden konnte. Runensteine können in diesem Dilemma helfen, in der Zeit des Glaubenswandels verschaffen sie Kontinuität.
135
Nach Geary 1994, S. 36.
8 At minnum manna, meðan menn lifa1 – Erinnerung in Stein Deyr fé, deyia frændr, deyr siálfr it sama; ec veit einn, at aldri deyr: dómr um dauðan hvern.2 Die Erinnerung ist zur Runenstein-Zeit eine der vornehmsten Aufgaben der Hinterbliebenen, „[...]...denn der Nachruhm war ein wirkliches Leben [...].“3 Durch die Erinnerung an den Toten verbleibt dieser in der Welt der Lebenden, er lebt so lange weiter, wie sein Tatenruhm reicht, wie der viel zitierte Vers 77 aus den Hávamál bestätigt. Runensteine können diese Erinnerung schaffen, sie sind in erster Linie Gedenksteine. In der Erinnerung der Nachfahren als bedeutend und hervorragend zu verbleiben, war für die Menschen von enormer Wichtigkeit. Sie wird Teil des von Assmann geprägten Begriffs des „kulturellen Gedächtnisses“, welches die Identität der Gemeinschaft nachhaltig bestimmt. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass gerade Runensteine Erinnerung leisten konnten: Die Erinnerung in Stein. 1
2 3
Inschrift auf dem Runenstein von U 114, die vollständige Inschrift lautet: A ikriþ ' l[i]t * laþbo * kiara ' auk * stain * haku[a eftir] ikim[a]r (b)(o)[ta s]in * auk * eftar * tan * auk * eftir * baka * suni * sina B ' þaiR byku ' i rynby ' auk ' bo atu ' [kr]istr * ialbi ' s(a)(l)(u) * þai[r- *] (þ)it skal ' at minum * mana ' miþan * min li[fa]. Normalisierung: A Ingríðr lét hlaðbrú gera ok stein hƭggva eptir Ingimar, bónda sinn, ok eptir Dan ok eptir Banka/Bagga, sonu sína. B Þeir bjoggu í Runbý ok bú áttu. Kristr hjalpi sálu þeir[a]. Þat skal at minnum manna, meðan menn lifa. Übersetzung: A ‘Ingríðr ließ die mit Steinen ausgelegte Furt machen und den Stein schlagen nach Ingimarr, ihrem Ehemann und nach Danr und nach Banki/Baggi(?), ihren Söhnen.’ B ‘Sie lebten in Runbýr und besaßen einen Hof. Möge Gott ihrer Seele helfen. Dieses soll (stehen) als Erinnerung an die Männer solange Menschen leben.’ Hávamál 77, Übersetzung: ‘Es stirbt der Besitz, es sterben die Verwandten, ebenso stirbt man selbst. Eines weiß ich, das niemals stirbt: das Urteil über jeden Toten.’ Grönbech 2004, S. 319.
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8.1 Das kulturelle Gedächtnis und die eigene Identität Der Begriff des kulturellen Gedächtnisses wurde von dem Ägyptologen Jan Assmann in Anlehnung an Halbwachs4 und Warburg5 untersucht. Seiner Theorie zu Folge dient das kulturelle Gedächtnis als „improvisierte Konstanz“ zur Arterhaltung des Menschen.6 Es ist ein Sammelbegriff allen Wissens einer Gesellschaft, welches von Generation zu Generation weiter getragen wird.7 Assmann unterscheidet zwischen kommunikativem und kulturellem Gedächtnis. Das kommunikative Gedächtnis entspricht der Alltagskommunikation mit einem beschränkten Zeithorizont und somit auch einem begrenzten Erinnerungspotential.8 Das kulturelle Gedächtnis hingegen ist das Gedächtnis in der objektivierten Kultur (Kunst, Mythen, Bräuche), alltagsfern mit einem unbeschränkten Zeithorizont.9 Das Erinnerungspotential kann dadurch beständig anwachsen. In Bezug zur Totenmemoria gehen kommunikatives und kulturelles Gedächtnis ineinander über. Element der Alltagskommunikation ist der Umgang mit dem Toten und die Reaktion auf diesen Tod, die durch unterschiedliche Handlungen (Gespräche, gezeigte Trauer, Erleichterung, usw.) verbreitet wird. Hinzu kommt der monumentale Umgang mit dem Tod durch Errichtung eines sichtbaren und für die Zukunft beständigen Grabdenkmals, sowie ritualisierte Handlungen der Gemeinschaft am Grab. Grabmal und Rituale konservieren die Erinnerung und gelten somit als Teil des kulturellen Gedächtnisses. Nach Assmann hat das kulturelle Gedächtnis sechs Merkmale: zunächst bewahrt es das Wissen einer Gruppe und schafft damit Identität (Prinzip Identitätskonkretheit/Gruppenbezogenheit).10 Regional verbreitete Bräuche oder Grabformen verbinden die Mitglieder einer Gruppe untereinander und grenzen sie gleichzeitig von anderen ab. Diese Vergangenheitserinnerung ist jedoch unterschiedlich und vom jeweiligen Bezugsrahmen abhängig (Prinzip Rekonstruktivität).11 Der Bezugsrahmen wird durch Symbole her4 5
6 7 8 9 10 11
Beispielsweise Maurice Halbwachs, La mémoire collective, Paris 1950. Dargestellt in Roland Kany, Mnemosyne als Programm. Geschichte, Erinnerung und die Andacht zum Unbedeutenden im Werk von Usener, Warburg und Benjamin, Tübingen 1987. Assmann 1988, S. 9. Ibid. Assmann 1988, S. 10. Assmann 1988, S. 12. Assmann 1988, S. 13. Ibid.
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gestellt, beispielsweise Grabhügel, die verdeutlichen, dass es sich hier um die Erinnerung an den Toten handelt. Das Gedächtnis muss auf eine gewisse Art konserviert werden, beispielsweise durch Schrift oder Riten (Prinzip Geformtheit).12 Bei einer Bestattung zählen dazu die ritualisierten Handlungen am Grab und die sichtbaren Monumente als auch in der Zukunft noch sichtbare Symbole dieses Vorgangs. Verbreitet und gepflegt wird das kulturelle Gedächtnis von Spezialisten und einer institutionellen Absicherung (Prinzip Organisiertheit).13 In der heutigen Zeit werden Archive und Datenbanken angelegt, um diese Erinnerung zu konservieren. Zur Runenstein-Zeit und früher erfolgte die Verbreitung über Symbole und das beständige Weitergeben der relevanten Informationen in mündlicher Form, durch die schlussendlich Edda, Saga und Skaldendichtung verschriftlicht werden konnten. Kürzere Botschaften wurden in Runen geschrieben und bewahrt, gerade Runensteine erheben explizit den Anspruch, Erinnerung für die Zukunft zu erhalten, wenn in der Inschrift zu lesen ist: Þat skal at minnum manna, meðan menn lifa.14 Wert und Relevanz der einzelnen Teile des kulturellen Gedächtnisses legt die Gruppe nach Assmann gemeinsam fest (Prinzip Verbindlichkeit).15 Durch Veränderungen innerhalb der Gemeinschaft, beispielsweise den zur Runenstein-Zeit durchgeführten Glaubenswechsel, können sich diese Paradigmen ändern. Während das kommunikative Gedächtnis mithilfe der Archäologie im alltäglichen Umfeld der Menschen rekonstruiert werden kann, wird das kulturelle Gedächtnis von Umständen bestimmt, die wir nur selten konkret erfassen können. Der Fundus an Mythen, Bräuchen und Traditionen ist es, welcher das kulturelle Gedächtnis auch im Norden ausmacht, glücklicherweise wurde dies bereits im Mittelalter wahrgenommen, was zur Verschriftlichung dieser Quellen führte. Die Verschriftlichung der meisten altnordischen Texte fand in der Zeit statt, als die eigene Identität der Isländer bedroht war (Übernahme Islands durch Norwegen im Jahr 1264). Es wird daher angenommen, dass das kulturelle Gedächtnis dann an Bedeutung gewinnt, wenn die eigene Identität bedroht erscheint, und eine Abgrenzung vorgenommen werden soll.16 Dass jene Schriften kein authentisches Bild der vorzeitlichen Gesellschaft wiedergeben können, wurde bereits in Kapitel 6.1 angesprochen. Als Rekonstruktion der Vergangenheit bewahren sie das mythologische Grundgerüst, welches zum Verständnis von vielen 12 13 14 15 16
Assmann 1988, S. 14. Ibid. U 114; vgl. Fußnote 1 auf S. 322. Assmann 1988, S. 14. Siehe dazu Brather 2004 und dort angegebene Literatur.
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Aspekten wichtig ist, beispielsweise zur Interpretation von einzelnen Fundstücken. Wichtiger Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses ist die gemeinsame Erinnerung, Grundlage einer gemeinsamen Identität. Adel und Königtum rechtfertigen ihren Stand durch Verweise auf ihre Vorfahren, eine gemeinsame Erinnerung, die im Norden in Ynglingatal und Háleygjatal aufgeschrieben wurde. Sie enthalten eine Auflistung der Könige der Ynglingerdynastie, bzw. der Jarle von Hlaðir als Legitimation der einflussreichen Dynastien in Norwegen. Viele haben einen mythischen Stammvater, der die Überlegenheit der eigenen Familie vor anderen durch göttlichen bzw. halbgöttlichen Ursprung darlegt17. Die Eigenschaften dieses Stammvaters gehen auf die Nachkommen über, deren Status durch göttlichen Ursprung erhöht wird. Neben dem Eigeninteresse der Könige an diesen Genealogien wird damit auch eine Gruppenidentität des Volkes geschaffen. Es war wichtig, die eigene Vergangenheit zu kennen und den eigenen Stand über möglichst prominente Vorfahren zu legitimieren. Mit den Sagas entsteht im skandinavischen Mittelalter eine auf Bewahrung der Memoria abzielende Literatur, die möglicherweise ebenfalls als Legitimation der eigenen Stellung dienen sollte, denn sie ist retrospektiv in einer Krisenzeit im Mittelalter aufgeschrieben worden, als die Bewahrung und Betonung der eigenen Identität besonders wichtig war.
8.2 Die subjektive Erinnerung Auch Runensteine müssen als Teil dieser Memorialkultur aufgefasst werden, denn die Erinnerung an die Toten ist ihre explizite Aufgabe. Erinnerung wird in der Gegenwart organisiert, funktionalisiert und selektiert. Die Steine geben somit kein objektives Abbild der Runenstein-Zeit wieder, sondern subjektive Informationen, die für eine zukünftige Bewahrung selektiert wurden. In der mittelalterlichen Literatur wird häufig von Typen gesprochen, Protagonisten sind moralisierende Vorbilder für die Zukunft. Auch in Runeninschriften werden die Gepriesenen von ihrer besten Seite gezeigt: Sie haben Vorbildcharakter für die Gemeinschaft, sind ruhmreich, 17
Der Stammvater, von Karl Hauck auch Spitzenahn genannt, ist bei den Merowingern Merowech, die Ynglinger und Hlaðir-Jarle stammen von Odin selbst ab und mythischer Ahn der Dänen ist Dan. Auch bei Juden und Christen ist diese Tradition belegt, indem Adam als der Stammvater aller Menschen gilt. Angenendt formuliert: „Die ‘Origo gentis’ schildert die ‘Geburt des Volkes’ und will dessen Wesen und Identität anhand der Genealogien und Geschlechterabfolgen aufweisen.“ (Angenendt 1997, S. 295).
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edel und kampferprobt. Diese Vorbildfunktion des Helden konnte Wenzel auch für die kontinentale mittelalterliche Literatur herausstellen.18 Keine einzige Inschrift eines Runensteins beschreibt eine negative Seite des Gepriesenen. Die Memoria des Mittelalters erfüllt mit dieser impliziten ethischen Wertung, der Einteilung der Menschen in Helden und Schurken, eine praktische soziale Funktion. Kampferprobte Helden wie Ingvar (U 439), vorbildliche Hausfrauen wie Odindisa (Vs 24) und freigiebige Männer wie Holmbjdžrn (U 739) konnten als Vorbilder dienen, gleichzeitig waren sie reale Menschen, keine fiktiven Helden. Die Erinnerung an reale Persönlichkeiten wird auf Runensteinen daher auch mit einer zukünftigen Aufforderung an die Rezipienten der Inschrift verbunden, das kulturelle Gedächtnis ist nicht nur Konservierung von Erinnerung, sondern gleichzeitig auch Mahnung an die Zukunft. Die Informationen in den Inschriften unterliegen somit einer sehr subjektiven Auswahl, es wird nur erinnert, was für die Zukunft bestehen sollte. Doch was war es genau, das durch die Erinnerung in Stein festgehalten wurde? Und warum eignen sich gerade Steine als Träger dieser Botschaft? Denn Memorialkultur war bereits vorher im Norden etabliert, so dass es mindestens einen konkreten Auslöser gegeben haben muss, der Runensteine ab einem bestimmten Zeitpunkt als beste Form dieser notwendigen Erinnerung auszeichnete.
8.3 Elemente des Erinnerns Nach den Hávamál sind es die Taten der Menschen, die im Gedächtnis bleiben sollen und die Erinnerung bestimmen. Ein Toter wurde aufgrund seiner Taten, die er während seines Lebens begangen oder auch nicht begangen hat, bewertet. Einen gewissen Einfluss auf die Erinnerung kann ausgeübt werden, indem nur die guten Taten tradiert werden. Die Frage ist jedoch zunächst, wie Erinnerung in einer schriftlosen Kultur organisiert war und wie sich diese mit Einführung der Schrift verändert hat.19 Eine wichtige Grundlage für Erinnerung sind Namen. Bei der Geburt erhält jeder Mensch einen Namen, der in vergangenen Zeiten noch vielmehr als heute mit Ereignissen und Geschichten verbunden wurde. Das Repertoire der Namen war nicht unendlich oder beliebig. Neugeborene erhielten die Namen von Verstorbenen, um an jenen Toten zu erinnern und dessen Eigenschaften durch seinen Namen aufzunehmen. Selbst Gegner erbitten noch kurz vor ihrem Tod im Kampf, dass die Nachkommen der 18 19
Wenzel 1991, S. 58. Zur Bedeutung der Runenschrift siehe Beck 2001.
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Familie den Namen weitertragen mögen: So begehrt Jökul von seinem Gegner Thorstein in der Vatnsdœla saga, seine Schwester zu heiraten und ihren Sohn Jökul zu nennen, damit er der Erinnerung durch die Nachkommen sicher sein kann.20 Jökul selbst hatte noch nicht für eigene Nachkommen sorgen können. Neben dem Rufnamen ist auch der Name des eigenen Hofes, der eigenen Wurzeln, ein Element der Erinnerung. Der Hof wird durch viele Generationen vererbt, viele Personen, die in Sagas Erwähnung finden, werden über ihre Vorfahren und ihre Herkunft definiert. Wenn auf den ersten Seiten einer Saga neue Personen vorgestellt werden, erwähnt man ihren Namen und oft den Hof, von welchem sie stammen. So handelt beispielsweise das erste Kapitel der Kristni Saga von Þorvaldr Koðránsson. Um Þorvaldr zu charakterisieren, nennt man seine Vorfahren, deren gute und schlechte Eigenschaften vermutlich in Þorvaldr und dessen Nachkommen weiter leben werden. Das einzige, was von Þorvalðrs Vater gesagt wird, ist: Koðrán bjó at Giljá í Vatnsdal ok var ágætr maðr.21 Anstelle eines Nachnamens, wie man ihn heute kennt, ist es der Hof Giljá, der Koðrán auszeichnet und ihn für den Leser der Saga charakterisiert. Auch auf Runensteinen ist häufig nicht nur der Name, sondern auch der Hof erwähnt, auf dem die Menschen lebten.22 Der Mensch definiert sich also auch über einen bestimmten Ort. Namen organisieren die Welt, sie charakterisieren Menschen und Land. Wenn Dinge Namen erhalten, werden sie für die Menschen begreifbar. Ein Name deutet die Landschaft und versieht sie mit einem Sinn.23 Ortsnamen verleihen einem gewissen Ort 20
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Vatnsdœla saga 3: Nú ef þér verðr sona auðit eða þínum sonum, þá láttu eigi nafn mitt niðri liggja, ok vænti ek mér þar gœða af, ok hefi ek þat fyrir lífgjƭfina. Übersetzung: ‘Nun wenn dir oder deinen Söhnen ein Sohn geboren wird, dann lass meinen Namen nicht vergessen werden und ich erhoffe mir einen Nutzen davon und ich erhalte das als Geschenk des Lebens.’ Kristni saga 1, Übersetzung: ‘Koðrán lebte auf dem Hof Giljá in Vatnsdal und war ein berühmter Mann.’ Beispielsweise Ög 94 mit der Inschrift: iaR buki haþistaþum. Normalisierung: ...er bjó í Haðistƭðum. Übersetzung: ‘... der in Haddestad lebte.’ Während der heutige Zugang zur Landschaft eher kapitalistisch geprägt ist und zunächst Ressourcen benennt, war die Landschaftswahrnehmung in der Frühzeit eher ideell geprägt (Johansen 1997, S. 11 f.). Dabei an eine kosmologische Aufteilung der Landschaft mit unterschiedlichen Achsen zur Kommunikation mit dem Übersinnlichen zu denken, ist jedoch höchst unsicher (dargestellt bei Johansen 1997; Brink 2004). Ein Verständnis der Welt nach dem Vorbild eines rekonstruierten Asgard, wie Lotte Hedeager es vorschlägt (Hedeager 2001), dessen Beschreibung wir nur aus christlichen mittelalterlichen Quellen kennen, ist ebenfalls problematisch und mehr Spekulation als Wissenschaft. Anzunehmen ist aber
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eine Persönlichkeit, sie knüpfen häufig an für diesen Platz wichtige Ereignisse oder bekannte Menschen an. Sie verankern außerdem Mythen in der Landschaft und machen sie authentisch, denn wenn eine Insel plötzlich Frösö genannt wird, verbindet man diese mit dem Gott Freyr und dessen Eigenschaften. Die Wahrnehmung der Landschaft wird durch Tradition bestimmt, tradierte Geschichten und Mythen werden oft mit bestimmten Plätzen in der Landschaft verknüpft. Diese Mythen und Geschichten geben beispielsweise Wäldern oder Steinformationen Namen; einerseits, um die Mythen glaubhaft erscheinen zu lassen, andererseits, damit sich an die Mythen erinnert wird. Namen formen die Landschaft für den Betrachter, sie machen sie begreifbar. Durch Namen, Geschichten und Mythen werden beispielsweise natürliche Ereignisse (Naturkatastrophen, o. ä.) erklärt. Mythen verändern und formen die wahrgenommene Landschaft nachhaltig. Verlieren diese besonderen Plätze ihre Namen und damit ihre Vergangenheit, geraten auch die Mythen in Vergessenheit.24 In Verbindung von Mythen und Namen für einzelne Landschaften dient die Wahrnehmung der Landschaft als Erinnerung.25 Aus dieser Wahrnehmung lässt sich erklären, dass gewisse Plätze in der Landschaft als gefährlicher oder heiliger wahrgenommen wurden als andere. Daher arbeiten beispielsweise Schmiede an abgelegenen Plätzen in der Landschaft, da hier eine stärkere Verbindung zu den übersinnlichen Mächten bestehen soll.26 Die Natur an sich schien belebt und heilig, in Grímnismál 4 heißt es: Land er heilact, | er ec liggja sé | ásom oc álfom nær,27 man vermutete übersinnliche Wesen an besonderen Plätzen wie Quellen oder alten Bäumen, die man nicht erschrecken durfte.28 Es gibt eine besondere Verbindung zwischen Menschen und Landschaft, die durch Namen und Mythen illustriert wird. Gemeinsame Mythen sind für das Identitätsbewusstsein einer Gesellschaft und ihrer Erinnerung von zentraler Bedeutung. Die Geschichten von vorbildhaften Menschen, Helden und Göttern und ihren Errungenschaften
24 25 26 27 28
sicherlich, dass die Menschen mehr als wir heute die Landschaft mit ihren Sinnen begriffen haben, und auf Mythen und Namen angewiesen waren, um die Landschaft begreifbar zu machen. Brink 2001, S. 80. Brink 2001, S. 81 Bradley 2000, S. 156. Grímnismál 4, Übersetzung: ‘Das Land ist heilig, das ich liegen sehe, die Asen und Alben sind nah’ Die sog. Landvættir durfte man nicht durch die Drachenköpfe der Schiffe erschrecken, so dass man sie abnahm, bevor man sich dem Land näherte (Brink 2001, S. 102).
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bilden die Grundlage einer gemeinsamen Identität. Sie formen eine Sammlung, auf die man gemeinsam zurück greifen kann, über die man sich als Gruppe definiert. Mythische gemeinsame Ahnen verdeutlichen einen gemeinsamen Ursprung. Die Mythen selbst werden in einzelnen, kurzen Episoden tradiert. Eine gemeinsame Bildsprache kann aus diesem mythologischen Fundus schöpfen, indem Symbole gewissen Begebenheiten zugeordnet werden und diese repräsentieren. Mythen werden bildlich codiert und in unterschiedlichen Situationen können diese Bilder eingesetzt werden, einmal als Motiv eines Bildsteins, dann als kunstvolle Kenning oder als Bildprogramm einer Brakteatengruppe. Die Codierung kann nur durch jene entschlüsselt werden, die der Gemeinschaft angehören und dadurch die Symbole den einzelnen Mythen zuweisen können. Neben Bildern, die gewisse Mythen repräsentieren, können auch kurze Stichworte benutzt werden, um eine Episode in das Gedächtnis zu rufen. Damit wurden Wissenswettbewerbe gestaltet, die gerade in der altnordischen Literatur beliebt sind (z.B. Gylfaginning, Alvismál). Auf diese Weise wird Wissen tradiert und Erinnerung geformt. Schließlich kann der Mensch die Landschaft und die Wahrnehmung von Landschaft konkret formen, indem er Monumente setzt. Da Monumente die Landschaft verändern29 und sie nur in der Wahrnehmung vor dem Hintergrund ihres Platzes in der Landschaft ihre Wirkung entfalten, ist für eine Interpretation der Runensteine als Monumente wichtig zu erfassen, wie Landschaft zur Gegenwart der Runensteine wahrgenommen wurde. Landschaft ist die durch den subjektiven Blick geprägte Wahrnehmung des Menschen von seiner Umwelt. Eine Landschaft hebt sich im Auge des Betrachters durch ihre charakteristische Prägung vom umgebenden Raum ab. Ob diese charakteristische Prägung in der Homogenität der Landschaft begründet ist oder vielleicht gerade die Heterogenität diese Landschaft im Auge des Betrachters als besonders erscheinen lässt, ist nur im Einzelfall zu bewerten. Jeder Mensch kann mithilfe seiner Sinne die ihn umgebende Landschaft wahrnehmen, sie erfassen und zu anderen Landschaften und dem umgebenden Raum abgrenzen. Markante Punkte, Gerüche oder Formen strukturieren den Raum. Monumente verändern die subjektive Rezeption des Menschen von der ihn umgebenden Landschaft. Sie gliedern die Umgebung als imagines mundi, die ein Verständnis der Umwelt erleichtert.30 Als cultural side of domestication bezeichnet Bradley die Wirkung, die Monumente auf die natürliche Landschaft haben.31 Vom Menschen 29 30 31
Tilley 1994, S. 208. Johansen 1997, S. 57 f. Bradley 1991, S. 139.
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errichtete Monumente verändern die Vorstellung von konkreten Orten, die Wirkung des Platzes wird durch ein Monument verstärkt, verändert oder abgeschwächt. Eine einsame Waldlichtung wird dadurch, dass man auf ihr eine Kirche erbaut, zu einem heiligen Ort. Monumente zähmen die unbekannte und womöglich gefährliche Wildnis und symbolisieren die Macht des Menschen über jene Natur. In einer abgeschiedenen Gegend erscheint ein hell erleuchtetes Fenster als Lichtblick, man fühlt sich heimelig und geborgen. Wo Monumente sind, müssen Menschen sein, denn nur Menschen kreieren und rezipieren Monumente.
8.4 Monumente visualisieren Erinnerung Das lateinische monumentum n. bedeutet ‘Andenken, Denkmal, Erinnerungszeichen, Siegeszeichen, Grabmal, Grab, Gebäude, Schriftstück’.32 Es leitet sich von dem Verb monere ab, welches für ‘erinnern, mahnen, warnen’ steht.33 Als Monument gilt daher ein von Menschen geschaffenes Bauwerk, welches zur Erinnerung an eine Person oder ein Ereignis gemacht wurde. Wichtig ist dabei nicht allein, dass das Denkmal für diesen Zweck errichtet wurde, sondern dass die Menschen es zu einem gewissen Zeitpunkt als ein solches Denkmal wahrgenommen haben. Ein Monument kann daher auch zu verschiedenen Zeiten eine ganz andere Funktion erfüllt haben, bzw. mit einer völlig anderen Intention errichtet worden sein.34 Erst die Wahrnehmung durch das Subjekt macht aus einem beliebigen Konstrukt ein Monument. Für das Verständnis eines Monuments sind mindestens zwei Personen notwendig, Sender und Empfänger. Dieser Kreis kann beliebig erweitert werden, beispielsweise kann der Hersteller von einem Auftraggeber instruiert werden und durch seine Kunstfertigkeit und Erfahrung die Gestaltung des Monuments mitbestimmen, obwohl er nicht der eigentliche Sender dessen ist, was das Monument ausdrücken soll. Der Empfänger kann eine konkrete Person sein, es ist jedoch auch möglich, dass sich das Monument an all jene wendet, die mit ihm in Kontakt kommen. Beide Seiten, Sender und Empfänger, beeinflussen das Monu32 33 34
Stowasser 1994, S. 323. Stowasser 1994, S. 322. Ein Beispiel dafür sind die gotländischen Bildsteine, die zu unterschiedlichen Zeiten, als aufrecht stehende Steine, als Grabbeigabe oder als modernes Logo von Museen und staatlichen Institutionen verwendet werden. Ihre wiederkehrende Verwendung schafft Kontinuität und stärkt die Identität der gotländischen Bevölkerung (Burström 1996, S. 32 f.).
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ment und seine Botschaft. Der Rezipient muss das Denkmal wahrnehmen und deuten können und für sich persönlich daraus Schlüsse ziehen, Hersteller und Auftraggeber formen das Monument und weisen ihm einen Sinn zu, den der Rezipient erkennen soll. Der Mensch und seine persönliche Wahrnehmung stehen bei der Erforschung von Monumenten daher immer im Vordergrund. Monumente sind von Menschen für Menschen geschaffene Denkmäler, die als Reaktion auf eine bestimmte Situation errichtet werden. Wenn die Situation in Vergessenheit geraten ist, verlieren sie entweder ihre Funktion oder werden mit einem neuen Sinn versehen und in einen neuen Situationszusammenhang eingefügt. Monumente können durch die Zeiten hinweg daher unterschiedlich funktionalisiert werden und diverse Sender und Rezipienten haben. Ihren Stellenwert als Monument verlieren sie erst, wenn sie aus einem Kontext entnommen werden, der nicht durch einen neuen Kontext mit einer bestimmten Intention (d.h. auch neue Sender und Empfänger) ersetzt wird. Ein Runenstein, den man sekundär in einer Kirche vermauert, bleibt ein Monument, wenn die Inschrift beispielsweise für alle Kirchenbesucher lesbar unmittelbar neben dem Altar angebracht wird. Diese Inschrift könnte beispielsweise an ein Gemeindemitglied erinnern, ein für die Gemeinde wichtiges Ereignis benennen oder deutlich machen, dass die „heidnischen Steine“ und damit die „heidnische Zeit“ von der Kirche zerstört wurde. Wird der Runenstein dagegen in selbiger nur als Baumaterial verwendet, indem die Inschrift nicht mehr sichtbar ist, bzw. an einem Ort angebracht wird, an dem niemand den Stein sehen kann, verliert er seinen Monumentcharakter. Die Art der Rezeption kann daher einen Funktionswandel des Monuments hervorrufen, beispielsweise, wenn die Runen als Schriftzeichen nicht mehr verstanden werden können. Als Reaktion darauf kommen zwei Varianten in Frage: Zum einen kann man dem Monument einen neuen Sinn zuweisen, für den ein genaues Verständnis der Inschrift nicht nötig ist, beispielsweise könnte man die Runensteine für magische Objekte halten. Zum anderen besteht die Möglichkeit, das Monument, dessen Sinn nicht mehr verstanden wird, zu zerstören, es verliert seinen Monumentcharakter. Ein Funktionswandel kann daher durch die Art der Rezeption hervorgerufen werden.
8.5 Materialität und Textualität Runensteine sind von Menschen geschaffene Monumente. Zwei verschiedene Komponenten, Materialität und Textualität, betonen dies. Das natürliche Material „Stein“ ist in der Landschaft je nach Größe deutlich sichtbar
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und hat eine lange Lebensdauer, die das steinerne Monument auch zukünftigen Generationen zugänglich macht. Die vom Menschen angebrachte Inschrift ist in Kombination mit einer je nach Landschaft und Zeit charakteristischen Ornamentik deutlich sichtbar auf dem Stein platziert. In den meisten Fällen erinnert die Inschrift an Personen. Die Platzierung eines Runensteins an einen bestimmten Punkt in der Landschaft macht ihn zu einem Platz der Erinnerung. Nicht umsonst besitzen einige Runensteine, Hügel oder Äcker in der Nähe des Runensteins im Volksmund noch bis in die Neuzeit einen Namen, der auch auf dem Runenstein zu lesen ist. Monumente formen die Landschaft, füllen sie mit Ereignissen und machen sie vertraut. Diese in der Gemeinschaft bekannte Geschichte zusammen mit dem Steinmonument stiftet Identität und wird Teil des kulturellen Gedächtnisses. Die Monumentfunktion erhält der Runenstein also durch Materialität und Inschrift, jedoch auch durch seinen öffentlichen Standort. Dabei muss darauf eingegangen werden, dass Öffentlichkeit zur Runenstein-Zeit anders verstanden wurde als heute. Ein Runenstein auf einem Hofgrundstück, möglicherweise unmittelbar neben dem Wohnhaus, würde heute als „Privatgrundstück“ aufgefasst werden. Unser modernes Verständnis von Privatem und Öffentlichkeit kann jedoch nicht auf die Vergangenheit übertragen werden, die Halle war ein öffentliches Gebäude, in der man sich zu Festen und möglicherweise auch Kulthandlungen traf. Es konnte bereits im vorigen Kapitel gezeigt werden, dass auch Gräberfelder keine Plätze des stillen Trauerns waren, sondern, ganz im Gegenteil, Plätze des öffentlichen Lebens darstellten, an denen man zu wichtigen Entscheidungen zusammenkam. Der „öffentliche“ Standort des Runensteins bedeutet daher in diesem Kontext Zugänglichkeit und Sichtbarkeit. Ein Funktionswandel des Monuments wird hervorgerufen, wenn sich der örtliche Kontext des Steins, dessen Bedeutung und das Verständnis von Öffentlichkeit mit der Zeit änderten.
8.6 Die Funktion der Schrift Die Schrift erhält bei der Tradierung von Erinnerung insgesamt eine besondere Bedeutung. Sie lässt zu, dass auch komplizierte Sachverhalte, wie beispielsweise religiöse Konzepte, im Detail weitergeben werden können.35 35
Dies bedeutet jedoch nicht, dass schriftlose Kulturen über weniger Erinnerung oder gar weniger Bildung verfügen. Sie haben stattdessen eine gleichwertige Kommunikationsform entwickelt, die sich häufig in der symbolischen Verständigung
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Schriftlichkeit und Mündlichkeit sind unterschiedliche kommunikative Situationen,36 die entsprechend unterschiedlich bewertet werden müssen. Mit der Einführung von Schrift zur Bewahrung der Erinnerung werden Monumente als Symbole durch Zeichen ersetzt. Die ritualisierten Handlungen, die gezwungenermaßen regelmäßig praktiziert werden mussten, um nicht in Vergessenheit zu geraten, waren nicht mehr zwingend für die Erinnerung notwendig. Der Kontext der Erinnerung wird fixiert und kann somit erst vergessen werden, wenn man die Schrift absichtlich zerstört. Die Schrift lässt die Botschaft Zeiten überbrücken, auch zeitlich entfernte Personen können sie aufnehmen. Öffentliche Monumente, die mit einer Inschrift versehen werden, wenden sich somit nicht nur an die Gegenwart, sondern explizit auch an die nicht näher differenzierte Nachkommenschaft, die den Totenpreis weitertragen soll. Eine gezielte Auswahl von Informationen wird auf dem Runenstein weiter gegeben, nur das, was auch tatsächlich für die Zukunft erinnert werden sollte, wird in der Schrift fixiert. Die Verbindung von Schriftlichkeit und Monumentalität hat als Konsequenz, dass die Botschaft selektiv ist. Die Inschrift eines Runensteins kann daher nicht mit einem zufällig verlorenen Brief verglichen werden, sondern muss als subjektive Überlieferung gedeutet werden.
8.7 Die Zeiten ändern sich Erinnerung war zur Runenstein-Zeit besonders wichtig und wurde auf ganz unterschiedliche Weisen gefördert. Elemente dessen waren insbesondere Mythen, Namen, Landschaft und Monumente, die in ihrer Funktion miteinander interagieren. Neben Erinnerung schaffen sie auch Identität und stiften ein gemeinschaftliches Gefühl, welches dadurch bestärkt wird, dass viele besonders wichtige Erinnerungsmonumente in einer gemeinschaftlichen Arbeit errichtet werden mussten. So waren die Grabhügel der Wikingerzeit, beispielsweise der Hügel von Oseberg, Produkte einer gemeinschaftlichen Anstrengung von mindestens vier Monaten.37 Herschend beobachtet jedoch, dass im Verlauf der Wikingerzeit die gemeinschaftliche Errichtung des Monuments unwichtiger, das Monument selbst aber wichtiger wurde.38 Dies deutet auf eine mögliche Individualisierung der Gemeinschaft hin, die Herschend mit der Christianisierung in Verbindung bringt. Seiner Ansicht
36 37 38
äußert (Bihrer 2004, S. 327). Marold 1998a, S. 667 f. Nordberg 2003, S. 81. Herschend 1999, S. 15.
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nach verändert sich die Gesellschaft von einer Sippengemeinschaft zur Kernfamilie, die Ahnen spielen eine geringere Rolle und gemeinsame Identität wird durch die Gemeinschaft aller Christen unabhängig von Familie und Sippe gefördert.39 In diesem Fall wird argumentiert, dass die gemeinschaftliche Errichtung des Monuments nicht mehr im Vordergrund stehen konnte. Seit der Bronzezeit errichtete man monumentale Gräber für ausgewählte Menschen, die Elite jener Gesellschaft. Die Gemeinschaft wurde durch deutlich sichtbare Gräber der Vorfahren zusammen gehalten und man erinnerte sich an die gemeinsamen Wurzeln und andere Dinge, die mit dem jeweiligen Monument verbunden wurden, uns heute jedoch unbekannt sind. Zur Wikingerzeit etablierte sich das Christentum in Schweden, welches die Bestattung in Grabhügeln ablehnte und stattdessen eine uniforme Bestattung auf dem Friedhof in der Nähe der geweihten Kirche vorsah. Zum Ausheben eines Friedhofsgrabes bedarf es weder vieler Hände noch einer Bauzeit von mehreren Monaten. Es war daher zwingend notwendig, diese etablierten Monumente zur Erinnerung an Verstorbene durch andere zu ersetzen, beispielsweise Runensteine. Für England gibt Higgitt an, dass mit der Zeit nicht mehr das Monument im Vordergrund stand, sondern dessen Errichter,40 eine Entwicklung, die offensichtlich auch für die Runensteine gilt. Während auf den ältesten Runensteinen der Name zumeist der mit dem Stein gepriesenen Person zugewiesen wird41, treten später sowohl der Gepriesene als auch der Steinstifter mit namentlich in Erscheinung.42 Bei den jüngsten Steinen ist zu beobachten, dass ausschließlich der Steinerrichter genannt wird.43 Die Runensteine entwickeln sich also von Erinnerungsmonumenten für andere zu Prestigeobjekten ihrer Errichter. Nicht anders ist zu erklären, dass Harald einen einzigen Stein für seine Eltern setzte und darauf vermerkte, dass er ganz Dänemark und Norwegen gewann und christianisierte, während Jarlabanke nur ca. 100 Jahre später zehn Steine errichten ließ, um zu zeigen, dass er der mächtigste Mann im kleinen Täby war.44 39 40 41 42
43 44
Herschend 1994, S. 102. Higgitt 2003, S. 331. Der Stein vom Stenstad (KJ 81, NIæR9) mit der Inschrift igijou halaR wird von Krause, Jankuhn 1966 (und anderen) übersetzt als ‚Stein der I[n]gijǀ’. Die gebräuchliche Formel „X errichtete den Stein für y“, beispielsweise bei U 17: þuruti * auk * asi * raisa * stin * aftR * auþkiR. Übersetzung: ‘Þrótti und Ási errichteten den Stein nach Auðgeirr.’ Beispielsweise bei J RS 1928;66 oder U 803. Herschend 1994, S. 64.
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8.8 Mental und monumental Runensteine sind nicht ausschließlich Monumente der Christianisierung, sie wurden bereits viel früher in Skandinavien errichtet. Zur Zeit der Christianisierung erfahren sie jedoch besondere Popularität und passen ihre Funktion möglicherweise den neuen Bedürfnissen jener Zeit an, wie die Entwicklung der Inschriften zeigen konnte. Die Standorte verbleiben bis in die jüngste Phase der Runensteine erstaunlich homogen und auch ihre Botschaft als Totenmemoria bleibt zunächst ihr wichtigstes Kriterium. Sie werden an den Orten errichtet, wo sich andere Monumente des Totengedenken befinden, auf dem Gräberfeld. Seit der Bronzezeit ist das sichtbarste Symbol der weithin in der Landschaft sichtbare Grabhügel. Doch auch der Bau des Grabes als gemeinschaftliche Aktion, die Beigaben als sichtbare Statusmarkierung und die ritualisierten Handlungen am Grab vor, während und lange Zeit nach dem Begräbnis tragen zur Erinnerung an den Toten bei. Es wurde bereits angeführt, dass die Christianisierung diesen gesamten Erinnerungsapparat verändert und die Menschen vermutlich eine traditionelle und Identität stiftende Handlung verlieren. Runensteine können diesen Verlust kompensieren und auf traditionelle Weise die Erinnerung weiter tragen. Rudolf Simek betont, dass in Skandinavien „die mentale Bewahrung des Ruhms der Toten Vorrang vor den physischen Zeugnissen“ hat.45 Damit bezieht er sich auf den Totenruhm der Verstorbenen, durch den der Tote nach den Hávamál ewig leben wird. Dieser Totenruhm wird, wenn man die Hávamál wörtlich nimmt, nur über die sprachliche Verbreitung der Großtaten des zu Erinnernden verbreitet. Es wurde jedoch gezeigt, dass nicht nur Sprache und Schrift Erinnerung formen, sondern diese gerade in der Wikingerzeit auch durch andere Elemente verbreitet werden konnte, am wirkungsvollsten durch deutlich sichtbare Monumente. Die physischen Zeugnisse des Totenruhms verstärken die mündlich tradierten Geschichten, sie machen sie sichtbar. Allein die Tatsache, dass Runensteine als physische Monumente den Totenruhm ganz explizit zum Inhalt haben, macht deutlich, dass Simeks These hier widersprochen werden muss. Gerade die Kombination aus mentaler und monumentaler Bewahrung ist erstrebenswert, mentale Erinnerung wurde durch die monumentale noch potenziert. Dass dabei nicht nur die gesprochene Erinnerung wichtig war, zeigt das gewählte Material Stein. Für den Errichter war es entscheidend, dass die Erinnerung einen permanenten Charakter erhält. Dafür sprechen auch die gewählte Größe der Steine und ihre aufwendige Dekoration mit farblich 45
Simek 2000, S. 261.
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abgesetzter Ornamentik. Dagegen gibt Simek an, dass Monumente im Bezug auf den Ruhm eines Toten sekundär seien.46 Dem ist zu widersprechen, mentale Erinnerung wird durch Monumente erst ermöglicht und in einer Übergangszeit zwischen mündlicher und schriftlicher Überlieferung von den Runensteinen sogar in einem Denkmal verbunden. Runensteine führen auf dem Gräberfeld die monumentale Tradition des Totengedenkens fort, wenn der heidnische Hügel von der christlichen Kirche nicht mehr toleriert wird. Durch Kreuze und Gebete war der Stein von der Kirche akzeptiert. Mit Worten konnte geleistet werden, was das Grab zuvor verdeutlichen sollte: Die Beigaben der heidnischen Bestattung wurden durch Worte ausgedrückt, Status und Erinnerung markiert und ein deutlich sichtbares und für die Zukunft konzipiertes Denkmal errichtet. Doch auch dem jetzt propagierten christlichen Jenseitskonzept konnte der Runenstein dienen. Dabei ging es nicht mehr um den postmortalen Totenruhm, denn dieser wird hinfällig, wenn der Tote im Jenseits nach seinen im Diesseits ausgeführten Taten gewertet wird. Stattdessen ermöglicht der Runenstein den Lebenden sich auf ihren Tod und das damit zu erwartende Jenseits vorzubereiten: Da in der christlichen Jenseitskonzeption ein jeder nach den gottgefälligen Taten gemessen wird, die er im Leben vollbracht hat, bietet gerade der Runenstein die Möglichkeit, diese nochmals zu betonen. Durch den Zusatz, dass man Brücken, Herbergen und Wege stiftete, erhöhte man die persönliche Anzahl guter Taten, an denen man im Jenseits gemessen wurde und konnte gleichzeitig ein Erinnerungsdenkmal für die Ahnen setzen. Zur Zeit der Runensteine veränderte sich der Glaube, damit verbunden der Umgang mit dem Tod und die Rolle des Individuums. Anstelle von Grabmonumenten und Beigaben setzt man in dieser Übergangszeit Runensteine, die jene Umbrüche andeuten, aber alte Traditionen nicht völlig vergessen lassen. Zur Markierung des eigenen Status, der ansonsten vermutlich durch eine Bestattung und reiche Beigaben angezeigt worden wäre, werden Runensteine mit der Zeit sogar inflationär gebraucht. Auch der Aufstellungsort der Runensteine veränderte sich daher. Je wichtiger das Individuum wurde und je weiter man sich zeitlich von den Traditionen der Vergangenheit entfernte, desto überflüssiger wurde das Gräberfeld als Standort der Runensteine. Herschend und Gräslund betonen, dass Brückensteine erst später errichtet werden,47 zumeist in Stilperiode Pr 4 (1070–1100). Meine Untersuchung hat gezeigt, dass die Runensteine, die andere Monumente, beispielsweise Brücken, in der Inschrift benennen, 46 47
Simek 2000, S. 261. Herschend 1994, S. 34; Gräslund 1995, S. 460.
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tendenziell seltener an Gräberfeldern stehen. Das Kapitel zur Datierung belegte, dass in der letzten Stilperiode weniger Runensteine an Gräbern stehen, als in den Jahren zuvor.48 Mit der fortschreitenden Christianisierung verändert sich daher nicht nur die Inschrift, auch der Platz weicht dem neuen Konzept der Individualisierung. Es wird mit der neuen Jenseitsauffassung wichtiger die eigenen guten Taten zu betonen, anstatt die Namen der Verwandten zu benennen. Denn wie ist es ansonsten zu erklären, dass der Runenstein von Frösö (J RS 1928;66) nur noch erwähnt, dass Austmaðr Jämtland christlich machte und es niemanden außer ihm selbst gibt, der in der Inschrift genannt wird? Und so kommt es auch zu einer regelrechten Inflation der Runensteine, die einige nach sich selbst setzen, der eigentliche Gedanke hinter den Runensteinen als Übergangsmarkierung einer alten Tradition schwindet. Daher verwundert es auch nicht, dass die zuletzt genannten Runensteine das Ende der Sitte im Norden einleiten. Runensteine sind nicht mehr notwendig, der Nachruhm der Toten ist ein Jenseitskonzept der Vergangenheit. Es ist nicht mehr die Gemeinschaft, die den Totenruhm für die Verstorbenen tradiert, es obliegt nicht mehr den Nachfahren, für eine möglichst lange Erinnerung zu sorgen. Stattdessen steht jeder Einzelne im Jenseits und wird an dem gemessen, was er tatsächlich an gottgefälligen Taten im Diesseits vollbracht hat. Den Ruhm im Jenseits hatte man also selbst in der Hand und konnte durch den Bau von Brücken oder Wegen sowie Donationen an Kirchen oder Klöster das jenseitige Leben selbst beeinflussen. Die Kontinuität, welche die sichtbaren Grabmonumente der Vorfahren auf dem Gräberfeld aufzeigten, und die mit jedem Bau eines neuen Monumentes für die Gemeinschaft betont wurde, brach aufgrund des Verbotes durch die Kirche ab. Gleichzeitig verändert sich die Position des Einzelnen innerhalb der Familie, eine Hinwendung zur Kernfamilie ersetzt die Sippe, zu der auch die Ahnen zählten. Eine beginnende Individualisierung und das eigene Sorgen für ein gutes Jenseits verändern die Haltung der Menschen zu ihren Monumenten. Statt Grabhügeln für die Erinnerung an die Vorfahren errichtet man Brücken für das eigene Seelenheil.
48
Siehe Kapitel 3.3: In den Jahren 900-1100 waren es im Durchschnitt ca. 80% der Runensteine, die an Gräbern im Umkreis von 400m errichtet wurden. In der Zeit 1100–1200 sind die nur noch 67%, der Wert für Runensteine am Bach (und damit möglicherweise auch an Brücken) steigt dagegen leicht an.
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8.9 Erinnerung in Stein. Zusammenfassung Kommunikatives und kulturelles Gedächtnis formen die Identität einer Gruppe. Neben Mythen, Abstammung und Namen wird dies durch sichtbare Monumente vorangetragen, die gemeinschaftlich errichtet werden und die Gruppe nach außen repräsentieren und abgrenzen. Diese Monumente schaffen das kollektive und öffentliche Erinnern.49 Außerdem dienen sie als Symbole zur Integration nach innen und Abgrenzung nach außen. Brather formuliert: „Gesellschaften brauchen die Erinnerung an ihre Vergangenheit zur Selbstdefinition und zur -stabilisierung.“50 Als ein solches Monument gelten die gemeinschaftlich errichteten deutlich sichtbaren Grabdenkmäler. Mit ihrer einheitlichen und traditionellen Bauweise symbolisieren sie Kontinuität, die Abfolge der Ahnen, die für das Selbstverständnis der Gruppe wichtig ist, wird symbolisch eingehalten. Mit Beigaben und rituellen Handlungen am Grab erweist man den Toten Ehre und manifestiert gleichzeitig den Status der eigenen Familie innerhalb der Gruppe. Die Aufgabe der Nachkommen ist es nun, das Gedächtnis der Ahnen aufrechtzuerhalten, damit sie als Mitglieder der Gemeinschaft weiter im Diesseits präsent sind. Mit der Christianisierung entstand ein neuer Totenbrauch und ein neues Selbstverständnis des Einzelnen innerhalb der Gruppe. Der Mensch ist selbst für seine Position im Jenseits verantwortlich, er ist nicht länger abhängig davon, dass an ihn durch seine Nachkommen erinnert wird. Es entsteht eine neue Sicht auf den Wert des Individuums, ein Mentalitätswechsel findet mit dem langsam fortschreitenden Glaubenswechsel statt. Runensteine verdeutlichen diese lange Umbruchszeit, indem sowohl in Inschriften als auch für den Aufstellungsort Veränderungen beobachtet werden, die aus der neu etablierten Religion zu erklären sind. In einer Zeit des Umbruchs sind traditionelle Elemente besonders wichtig, die jedoch im Kontext der Gegenwart umgedeutet werden. So wird auch der Runenstein als traditionelles Monument an einem traditionellen Ort benutzt, um Kontinuität zu schaffen. Damit ist jedoch nicht zwangsläufig verbunden, dass Monumente nur von jenen errichtet werden, die sich in ihrer Identität bedroht sehen, wie Brather oder Gren betonen, was in der Zeit des Glaubenswechsels die nicht konvertierten Menschen waren.51 Runensteine 49 50 51
Renfrew 1998, S. 5. Brather 2004, S. 115. Brather gibt in seiner Untersuchung an, dass Identität das Selbstverständnis der Gruppe bezeichnet und entwickelt wird, wenn eine Bedrohung von außen kommt, sie entsteht „nur in der Auseinandersetzung mit Anderen“ [Brather 2004, S. 106]. Auch Gren betont, dass Monumente nur errichtet werden, wenn die Lösung eines Konfliktes mit nichts anderem mehr erreicht werden kann. Er sagt „Great monu-
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als Monumente eröffnen die Möglichkeit, eine neue Idee auf einen alten Gegenstand zu übertragen und somit eine Tradition zu wahren. Da es keine Nachweise für einen Religionskampf in Schweden zwischen altem und neuem Glauben gibt, ist davon auszugehen, dass die Besinnung auf Gemeinsamkeiten stärker war als die innere Abgrenzung. Runensteine als Monumente vereinen Tradition und Neues. Mit der Christianisierung wurden die vorchristlichen Erinnerungsdenkmäler abgeschafft, eine Erinnerung über diese Monumente konnte nicht mehr erfolgen. Eine neue Errungenschaft waren die mit einer Inschrift versehenen Runensteine. Als Innovation der eisenzeitlichen Begräbnistradition führen sie die Monumenttradition der Vergangenheit, die beispielsweise durch Grabhügel repräsentiert wird, in der Zeit der Christianisierung fort.52 Mit einem christlichen Kreuz und einer Inschrift kann der Runenstein eine dem Grabmonument vergleichbare Wirkung erzielen. Dies wird dadurch bestätigt, dass man die meisten Runensteine dort errichtete, wo man auch die Grabmonumente errichtet hat, nämlich auf dem Gräberfeld in Verbindung zu den dort bestatteten Ahnen. Die Inschrift zeigt den Übergang zwischen Erinnerungs- und Jenseitskultur, denn einerseits wurde an die Verstorbenen erinnert, andererseits bemühte man sich, die eigenen guten Taten für eine Abrechnung im Jenseits anzuführen. Für wen diese Monumente daher in erster Linie gedacht waren, obliegt der Wertung des Einzelnen. Sie waren in jedem Fall Element einer Kontinuität, die in dieser Umbruchszeit besonders wichtig wurde. Mit fortschreitender Zeit passten sich Runensteine den Bedürfnissen und Überzeugungen ihrer Errichter an, was neben der Inschrift nicht zuletzt auch in einem schlussendlichen Standortwechsel sichtbar wird, denn der Runenstein wird von dem Grabstein im Kontext von Kirche und Friedhof ersetzt, der nicht selten mit Runen beschrieben wird. Damit haben die Runensteine ihre Aufgabe als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft erfüllt, sie verbinden alte Traditionen und neue Werte am Wendepunkt der Zeit in Schweden.
52
ments are made of petrified tears“ (Gren 1994, S. 93) und vertritt die These, dass Monumente nur in einem großen Konflikt entstehen können, wenn Sender und Empfänger nicht mehr anders kommunizieren können. Im Kontext von Runensteinen gibt Gren an, dass sie aus Trauer und Frustration gesetzt werden (Gren 1994, S. 104), einer These, der ich entschieden widersprechen möchte. Williams 1996b, S. 296.
9 Schlusskapitel 9.1
Zusammenfassung
9.1.1 Einleitung Im einleitenden ersten Kapitel werden die Voraussetzungen der Arbeit erläutert. Dazu zählen Forschungsgeschichte, Fragestellung, Diskussion der Fragestellung in Abgrenzung zu bereits publizierten Untersuchungen, Methodik, Terminologie sowie eine räumliche und zeitliche Abgrenzung. Außerdem wird die Materialgrundlage vorgestellt und motiviert. Insgesamt werden 2654 Runensteine aus 19 schwedischen Landschaften mit der chronologischen Variation der Zeit von ca. 400 bis 1150 nach Christus unter der Fragestellung „Wo errichtete man Runensteine?“ analysiert. Die ausführliche Bearbeitung des Materials, unterteilt in eine archäologische und eine philologische Analyse, bildet den ersten Teil der Dissertation und mündet in einem Vergleich zwischen beiden Untersuchungen und einer Diskussion der interdisziplinären Herangehensweise. Im zweiten Teil der Arbeit wird das Ergebnis der interdisziplinären Analyse vor dem Hintergrund einer Gesamtinterpretation der Runensteine angewendet und untersucht, wie die Standortwahl die Gesamtinterpretation der Runensteine beeinflusst und neue Interpretationsansätze liefern kann. Dabei werden die aktuellen Forschungsfelder Memorialkultur, Bedeutung von Schriftlichkeit, Tod und Erinnerung in mündlichen Kulturen, Religionswechsel sowie die Bedeutung des Raumes angesprochen. 9.1.2 Wo stehen Runensteine: Archäologische Untersuchung Der Umgang mit den archäologischen Befunden, deren spezifischer Quellenwert und besondere Probleme werden angesprochen, außerdem die Vorgehensweise in dieser Einzeluntersuchung motiviert. Ziel der ersten Untersuchung ist es, zunächst festzustellen, welche Steine noch am ursprünglichen Standort stehen und für eine archäologische Analyse in Frage kommen. In einem zweiten Schritt wird das archäologische Fundumfeld dieser Steine untersucht und dargestellt, im Kontext welcher Denkmalgruppen Runensteine errichtet wurden.
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Von insgesamt 2 654 Runensteinen, die als Materialgrundlage der Arbeit gelten, ist der ursprüngliche Standort für 730 Runensteine aus 17 Landschaften bekannt. 1 231 Runensteine wurden sekundär in Kirchen, auf Friedhöfen, im Kontext profaner Gebäude und beim Bau von Brücken verwendet und damit vermutlich von ihrem ursprünglichen Standort entfernt. Die besonders hohe Anzahl von Runensteinen, die im sakralen Kontext genutzt wurden, legt eine absichtliche Vermauerung nahe. Anhand von unsicheren Fundangaben, späten Entdeckungen und registrierten Eingriffen in den Fundkomplex wird festgestellt, dass 693 Runensteine mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr am erstmaligen Standort stehen, sie wurden bereits früh verloren oder versetzt, bei 244 Steinen sind die Angaben unsicher. Prozentual heißt dies, dass von 2 654 Runensteinen 46% sekundär verwendet wurden und 26% unsicher, 28% aber für die archäologische Untersuchung geeignet sind. Diese Verteilung wird nach Landschaften getrennt dargestellt, um sich atypisch verhaltende Landschaften herausstellen zu können. Die so ermittelten 730 Runensteine werden jeweils einzeln auf archäologische und topographische Befunde in zuvor einheitlich festgesetzten Radien von 25, 50, 100, 500 und 1000 m untersucht. Dabei können 131 unterschiedliche Befunde registriert werden, die in 13 Kategorien eingeteilt werden. Die archäologische Auswertung kann zeigen, dass die überwiegende Zahl der Runensteine an Gräberfeldern errichtet wurde. Diese befinden sich bei mehr als ѿ der untersuchten Steine bereits im unmittelbaren Kontext von 25 m, bei über 50% im Umkreis von 100 m. Bedenkt man, dass alle anderen Befundgruppen deutlich niedrigere Werte vorweisen und nur ein Bruchteil der tatsächlichen Gräberfelder in der Oberflächeninventarisierung des RAÄ überhaupt registriert werden kann, ist dieser Wert ein eindeutiges Ergebnis. Eine Stichprobe bei Runensteinen, die selbst im Umkreis von 500 m kein Gräberfeld in ihrem Umkreis haben, zeigt, dass es sich hier in den meisten Fällen um Fundstellen handelt, die bereits früh durch Eingriffe in die Landschaft zerstört wurden, beispielsweise durch die Anlage von frühen Städten und großen industriell genutzten Flächen. Auch die regionale Verteilung des Materials wird untersucht, um auszuschließen, dass die Ergebnisse durch regionale Eigenarten der in der Gesamtanzahl dominierenden Landschaften manipuliert wurden. Dabei zeigt sich, dass die schonischen Runensteine an anderen Standorten zu finden sind und vermutlich einem dänischen Muster folgen. Von allen anderen Landschaften weicht nur Västmanland von der Regel ab, dass die meisten Runensteine an Gräbern errichtet wurden.
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9.1.3 Chronologie Das Problem der Datierung von Runensteinen wird erläutert. Dabei kann festgestellt werden, dass im Bezug auf Runensteine eine zeitliche Einordnung bislang nur aufgrund sprachlicher Kriterien oder historischer Inschriften erfolgen konnte. Beide Möglichkeiten ergeben jedoch nur ungefähre Datierungen, die entsprechend einem sich stetig verändernden Forschungsstand in jüngster Zeit immer wieder korrigiert werden mussten. Eine andere Variante der Datierung bildet die stilistische Einordnung der Runensteinornamentik in Relation zu datierten Stilabfolgen in der Kunst. Am praktikabelsten hat sich dabei die Stilchronologie der Runensteine nach Anne Sofie Gräslund erwiesen, die in meiner Untersuchung daher angewendet wird. Auf dieser Grundlage wird untersucht, ob die Errichter der Runensteine zu unterschiedlichen Zeiten andere Standorte bevorzugen, dies kann allerdings nicht bestätigt werden. Zu allen Zeiten blieb das Gräberfeld der dominierende Standort, wobei die gesamte Anzahl von Runensteinen im Älteren Futhark am ursprünglichen Standort in Schweden gering ist und damit nur eine vage Untersuchungsgrundlage liefert. Als Ergebnis in dieser Frage wird konstatiert, dass ältere Steine eher unmittelbar an Bach, Brücke oder Weg stehen, während das Gräberfeld etwas weiter entfernt ist, während die jüngeren Steine der Wikingerzeit unmittelbar am Gräberfeld stehen, wohingegen Bach, Brücke oder Weg etwas entfernt bzw. überhaupt nicht mehr wichtig sind. Insgesamt dominiert die Anbindung an Gräberfelder durch alle Jahrhunderte der Runensteinerrichtung, ein Ansteigen von Steinensembles im ausgehenden 11. Jahrhundert lässt sich vermutlich auf das plötzliche Erstarken der Runensteinproduktion in einem begrenzten Gebiet (Uppland) zurückführen. 9.1.4 Wo stehen Runensteine: Sprachliche Untersuchung In der zweiten Analyse stehen die Inschriften im Mittelpunkt der Untersuchung. Insgesamt 301 der 2 654 Runensteine benennen mindestens eines der im Folgenden angeführten Denkmäler und geben damit einen möglichen Hinweis auf den intendierten Standort: aurr m. ‘Kieselsand, Furt’; bjarg n. ‘Anhöhe’; braut f. ‘Weg’ (gebrochen durch unwegsames Gelände); brú f. ‘Brücke’; bryggja f. ‘Schiffsanleger’; býȊ m. ‘Hof’; haugr m. ‘Grabhügel’; hlaðbrú f. ‘gepflasterte Steinbrücke’; hreyr m. ‘Steinhaufen’; hválf n. ‘Grabplatte’; kirkja f. ‘Kirche’; líkhús n. ‘Leichenhaus, Eskilstunakista’; mƭrk f. ‘Grenzwald, Grenze’; óðal n. ‘erblicher Grundbesitz’; spƭng f. ‘Holzbrett, Steg’; steinar m. Pl. ‘Steine’; sælahús n. ‘Herberge’;
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þing n. ‘Thing, Versammlung’; tá n. ‘Trampelpfad, Feldweg’ und vegr m. ‘Weg, Richtung’. In der Bearbeitung dieser 301 Inschriften werden Wortbedeutung und inschriftlicher Kontext miteinander verglichen. Für einige Inschriften können dadurch auch Neudeutungen erbracht werden. Es wird untersucht, um welche Art Denkmal es sich in der Inschrift handelt und ob dies in einem konkret räumlichen Zusammenhang zum Runenstein steht. Außerdem werden die Inschriften bearbeitet, in denen der Runenstein nicht als steinn (dt. ‘Stein’), sondern mit einem anderen Substantiv bezeichnet wird. Alternative Substantive sind hella, kumbl, merki und vitring. Es soll herausgefunden werden, ob die Bezeichnung des Runensteins mit einem anderen Substantiv als dem gebräuchlichen „Stein“ Hinweis auf einen besonderen Aufstellungskontext gibt. Dabei wird festgestellt, dass hella ausschließlich mit einer Runeninschrift versehene Felswände bezeichnet, somit also zur Beschaffenheit des Runensteins, nicht jedoch seinem archäologischen Kontext Bezug nimmt. Auch die weiteren drei Substantive können nicht eindeutig mit einem ausgesuchten Standort in Verbindung gebracht werden und müssen daher weiterhin als Bezeichnungen für den Runenstein gelten, deren genaue Wortbedeutung ungeklärt bleiben muss. 9.1.5 Eine interdisziplinäre Analyse Das sechste Kapitel der Arbeit leistet die Synthese von sprachlicher und archäologischer Untersuchung und beantwortet damit die Fragestellung der Arbeit. Kontrastiv werden Inschrift und archäologischer Befund einander gegenübergestellt. Zunächst werden dabei 100 Inschriften untersucht, die weitere Denkmäler in der Inschrift benennen und gleichzeitig am ursprünglichen Standort und somit in einem heute noch nachvollziehbaren Kontext zu archäologischen Denkmälern stehen. Es zeigt sich, dass Inschrift und archäologischer Befund bei infrastrukturellen Anlagen (Brücke und Furt), besonderen Grabtypen (Hügel und röse) und weiteren Steinen übereinstimmen. Dies widerspricht insofern dem Befund der archäologischen Untersuchung, nach dem infrastrukturelle Anlagen nur eine untergeordnete Rolle bei der Standortwahl für den Runenstein spielen. Es wird daher nochmal überprüft, ob Runensteine, welche ein anderes Denkmal in der Inschrift benennen, ebenso häufig an Gräbern lokalisiert werden können wie die Referenzgruppe, nämlich die zuerst ausgewerteten 730 Runensteine. Dabei stellt sich heraus, dass Runensteine, die ein anderes Denkmal benennen, gerade diejenigen sind, welche nicht an Gräberfeldern stehen. Es ist daher also von großer Relevanz, Inschriften und Umgebung getrennt auszuwerten und erst in einem zweiten Schritt zu vergleichen. Die Synthese von archäologischer und sprachlicher Untersuchung kann zeigen, dass der
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intendierte Standort eines Runensteins in der Regel das Gräberfeld ist. Wird von dieser Regel abgewichen, benannte man dies explizit in der Inschrift. So stehen Inschriften, die zumeist von infrastrukturellen Anlagen berichten und archäologischer Befund, der gerade diese nur selten im Kontext der Runensteine zeigt, nicht im Gegensatz zueinander. Die Fragestellung der Arbeit kann daher an dieser Stelle der Arbeit bereits beantwortet werden. Im zweiten Teil der Dissertation wird eine differenzierte Interpretation der Runensteine unter Einbeziehung dieses bislang in der Forschung unbekannten Aspektes vorgestellt. 9.1.6 Liggr folginn í þeimsi haugi. Runensteine und Gräber Es ist daher zunächst notwendig, sich nochmals ausführlich jenem Platz zu widmen, an dem bzw. in dessen Nähe Runensteine im Regelfall errichtet wurden: dem Gräberfeld. Auf Grundlage von archäologischen Funden und ausgewählten Textpassagen der altnordischen Literatur wird der Umgang mit dem Tod und dessen Bedeutung für Lebende und Tote hinterfragt. Auf Grundlage des Umgangs mit den Toten, ritualisierten Handlungen am Grab und Beigaben wird konstatiert, dass die Verstorbenen auch nach ihrem Tod eine wichtige Rolle für die Gemeinschaft erfüllten und man auf die monumentale Bewahrung des Totenruhms großen Wert legte. Daher wird untersucht, welche mythologischen Vorstellungen vom Leben nach dem Tod existierten und wie diese mit den Bestattungssitten verbunden werden können. Es wird festgestellt, dass die Jenseitsvorstellungen in den altnordischen Schriftquellen wenig konkret und je nach Text differenziert sind, es ist die Rede von unterschiedlichen Totenreichen (Walhall, Folkvang, Hel, Rán, Totenberg, Grabhügel), die sowohl chronologisch als auch räumlich parallel existierten. Es wird die These aufgestellt, dass anstelle eines konkreten Jenseits die diesseitige Bewahrung des Toten am wichtigsten war, indem man durch Monumente und Handlungen an ihn erinnerte. Vom Menschen aufgeschüttete Hügel ohne Bestattung und Hinweise auf einen auf dem Gräberfeld praktizierten Ahnenkult werden thematisiert. Der Tote lebte im Gedächtnis seiner Nachfahren weiter. Man benötigte dementsprechend auch kein ausgearbeitetes und einheitliches Jenseitskonzept, dieses war literarisch individuell veränderbar. Die monumentale Bewahrung des Toten im Gedächtnis der Nachwelt und die Markierung des eigenen Status der Nachkommen durch eine ungebrochene und sichtbare Ahnen(hügel)reihe waren im Gegensatz zu einer einheitlichen Jenseitsauffassung von großer Relevanz.
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Schließlich wird auf die Bedeutung des Grabes für die Lebenden eingegangen, die das Gräberfeld als juristisch und politisch wichtigen Ort wahrnehmen. Es wird festgestellt, dass Verstorbene weiterhin Teil der Gemeinschaft bleiben, wenn ihnen ein sichtbares Grabdenkmal erbaut wird. Dieser Ort der Toten wird daher zu einem wichtigen Zentral- und Machtplatz der Lebenden, er ist sozial, politisch und juristisch relevant. Bezug nehmend auf aktuelle Forschungsdiskussionen zu Themen wie in- und utmark, mentale Grenzen, Türsymbolik und Kultplatzkontinuität werden mögliche Funktionen des Runensteins auf dem Gräberfeld angesprochen. Durch seine äußere Form, die einer Tür sehr ähnlich ist, wird vorgeschlagen, dass die Runenschrift mit ihrer möglichen magischen Funktion, die im Rúnatalsþáttr Óðins benannt wird, eine Kommunikation mit den Toten ermöglichte. Die Form der Tür schaffte einerseits einen metaphorischen Eingang in die Welt der Toten und damit die Möglichkeit, mit ihnen in Kontakt zu treten, beispielsweise durch Speiseopfer. Andererseits schützte die Türschwelle auch davor, dass gefürchtete Geister in das Reich der Lebenden zurückkehren konnten. Auch der Gott Odin konnte mithilfe der Runen die Toten wecken, möglicherweise verstand man die Runensteine ebenfalls als Vermittler zwischen Lebenden und Toten. Im Hinblick darauf, dass ein Gräberfeld nicht bei den Siedlungen, sondern besonders weit von diesen entfernt angelegt wurde, ist es auch als metaphorische Grenze zu sehen: Es schirmt die Welt der Lebenden sichtbar von der Welt der Toten ab. So handelt es sich übergeordnet auch um eine Trennungslinie zwischen Vergangenheit und Zukunft, wobei das Zurückliegende durch die sichtbaren Grabmonumente vergangener Zeiten und Menschen, das Künftige durch den Nachruhm des Toten auf dem Stein belegt wird. Der Stein als witterungsbeständiges Material, dazu die Schrift als für die Zukunft konservierendes Medium von Informationen und der Wunsch nach zukünftiger Erinnerung legen diese Annahme nah. Der Runenstein profitiert also von der bereits bestehenden Bedeutung des Gräberfeldes und verdeutlicht bzw. erweitert diese. 9.1.7 Ok hann lét kristna Jamtaland. Runensteine und Christianisierung Schon während der Feststellung einer Materialgrundlage für die vorliegende Arbeit wurde deutlich, dass besonders viele Runensteine sekundär vermauert wurden. Dabei fiel auf, dass diese Vermauerung selten in profanen, dafür umso häufiger in sakralen Gebäuden bzw. Friedhofsmauern erfolgte. Lars Wilson konnte nachweisen, dass die Vermauerung von Runensteinen in Kirchen keinem Schema folgte, so dass eine absichtliche Vermauerung um der Steine willen abzuweisen ist. Eine mögliche Erklä-
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rung dafür wäre, dass profane Gebäude seltener an jenem Ort errichtet wurden, an dem sich viele Runensteine befinden, Kirchen dagegen häufiger. Da ehedem festgestellt wurde, dass Runensteine an Gräberfeldern aufgestellt wurden, gewinnt diese Erklärung an Gewicht, denn Kirchen wurden besonders häufig in der Nähe, teilweise sogar auf eisenzeitlichen Gräberfeldern errichtet. Die auf dem Gräberfeld platzierten Steine boten sich entsprechend dafür an, in der Kirche vermauert zu werden. Im Verlauf der Christianisierung ist sowohl räumlich als auch chronologisch eine Verbindung zu Runensteinen erkennbar, deren Ausbreitung und chronologische Verteilung sich mit der Christianisierung in Schweden deckt. Die letzten Runensteine wurden gesetzt, als sich die christliche Infrastruktur mit dem Erzbistum Uppsala im 12. Jahrhundert schließlich durchgesetzt hatte, wogegen Runensteine in Västergötland bereits zu Beginn des 11. Jahrhunderts ausblieben, nachdem in Skara ein Bistum geweiht wurde. Es liegt daher nahe, in der Runensteintradition eine direkte Verbindung mit der Christianisierung zu sehen. Ein nahe liegender Gedanke in diesem Zusammenhang ist es, den Runenstein als Weiterentwicklung der inschriftlosen Bautasteine als eine Vorstufe des christlichen Grabsteins zu sehen. Diese nahe liegende Vermutung kann die Runensteinsitte jedoch nicht erschöpfend erklären, denn es muss einen konkreten Anlass gegeben haben, zu einer bestimmten Zeit den schriftlosen Grabstein mit einer Inschrift zu versehen. Eine weitere Interpretation wäre, den Runenstein als Zeichen einer christlichen Gräberfeldweihe zu verstehen, da diese in der frühen Missionsphase auf einigen Gräberfeldern einen Platz weihten, an dem Christen bestattet werden konnten, solange eine geweihte Kirche vor Ort fehlte. Dafür spricht, dass Runensteine in der Nähe von rechteckigen Steinsetzungen errichtet wurden, die häufig ungewöhnliche, möglicherweise frühe christliche Bestattungen enthielten, weiterhin sind eine Vielzahl der Steine eindeutig christlich, nur wenige eindeutig heidnisch. Mit einem vergleichenden Blick auf kontinentale Verhältnisses kann gezeigt werden, dass auch dort viele Kirchen auf bzw. in der Nähe der fränkischen Reihengräberfelder gebaut wurden. Auf einem solchen Gräberfeld findet sich beispielsweise der Bildstein von Niederdollendorf, der aufgrund von Fundumständen und Bildprogramm mit den Runensteinen vergleichbar ist. Eine örtliche Kontinuität von Gräberfeld und Kirche legt daher nahe, dass die in Kirchen vermauerten Runensteine von eben jenen Gräberfeldern stammen. Mit der Christianisierung wurde auch die Beigabensitte verboten. Eine weitere in dieser Arbeit angeführte Deutung ist daher, dass Runensteine jene Grabbeigaben ersetzen, auf die man in der Übergangszeit nur schlecht verzichten wollte, da sie traditionell die gebräuchlichste Art waren, Ein-
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fluss und Status zu markieren. Der Runenstein bot nun die Möglichkeit beigelegte Gegenstände in Worte zu übertragen. Mit ihrer Inschrift schlagen Runensteine daher eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft und führen die Bedeutung des Gräberfeldes in eine neue Zeit. 9.1.8 At minnum manna, meðan menn lifa. Runensteine und Erinnerung Die Jenseitsvorstellungen, die sich aus der altnordischen Literatur erschließen lassen, und der Inhalt der Runeninschriften selbst legen nahe, dass die wichtigste Funktion der Runensteine darin bestand, die Erinnerung an den Toten und damit den Toten selbst lebendig zu halten. Wichtige Aspekte zur Bewahrung des Totenruhms (monumentale Grabdenkmäler, aufwändige Bestattungen und Beigaben) wurden mit dem Verbot der Bestattung auf dem Gräberfeld unmöglich gemacht. Folgerichtig boten sich die Runensteine geradezu an, diese Tradition der monumentalen Bewahrung des Totenruhms auf eine neue Weise fortzuführen. Zunächst wird in diesem Kapitel die große Bedeutung der Erinnerung für die wikingerzeitliche Gesellschaft erläutert und mit unterschiedlichen Beispielen belegt. Diese Memoria wird durch Namen, Mythen, der Wahrnehmung der Landschaft und sichtbare Monumente erzielt. Runensteine geben die Möglichkeit, alle vier Erinnerungsformen miteinander zu kombinieren: Der Runenstein ist ein Monument, platziert an einem ausgesuchten Ort verändert er die Wahrnehmung der Landschaft. Die Inschrift erwähnt immer Namen, manchmal auch mythische Begebenheiten, die durch Ornamentik und Bildprogramm unterstrichen werden können. Runensteine erfüllen dazu auch die Kriterien, nach denen Jan Assmann das kulturelle Gedächtnis definiert. Runensteine können daher als Erinnerungsmonumente bezeichnet werden, welche das kulturelle Gedächtnis formen. Auf diese Weise können Runensteine viele der bis dahin gebräuchlichen Erinnerungsformen ersetzen. Als christliche Denkmäler schaffen sie auf dem Gräberfeld die Kontinuität, welche Gefahr lief, unterbrochen zu werden. Sie fungierten dabei als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft und erfüllen gleich mehrere Funktionen: Die Erinnerung an den Toten kann durch die Inschrift ebenso geleistet werden wie ein Beitrag zum eigenen Seelenheil durch die Erwähnung eigener Donationen. Denn dies wird plötzlich durch die konkrete Jenseitsvorstellung des Christentums notwendig und verändert die Rolle des Einzelnen innerhalb der Gemeinschaft. Während zuvor ein Kollektiv der Nachkommen für die Erinnerung und damit ein Fortleben der Toten verantwortlich war, muss nun mit veränderter Jenseitsauffassung jeder Einzelne noch zu Lebzeiten selbst für sein Seelenheil sorgen. Der Runenstein schlägt eine Brücke zwischen
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Vergangenheit und Zukunft: Die Vergangenheit wird repräsentiert durch den Stein und seinen traditionellen Standort, während Schrift und christliche Zeichen Innovation einer neuen Zeit sind. Zusammen mit einer traditionellen Würdigung der Taten des jeweiligen Toten werden nun zusätzlich und in Reaktion auf ein verändertes Jenseitskonzept auch die eigenen Taten auf dem Runenstein vermerkt. Das Monument vertritt den Geist seiner Zeit, einer Zeit des Umbruch und der Erinnerung.
9.2 Von Steinen, die es nicht gibt. Schlussbetrachtung Die Ergebnisse, die diese Arbeit erbracht hat, wurden auf den vorangegangenen Seiten zusammengefasst. Es wurde dabei deutlich, dass der Standort der Runensteine zu den Grundfragen der Runologie gehört. Er war für die Errichter der Steine so wichtig, dass sie dies in den formelhaften Inschriften betonten und muss uns heute daher ebenso wichtig sein, wenn wir diese Steine deuten wollen. Der Standort der Runensteine gibt dabei nicht nur an, wo man Runensteine errichtete, sondern ist auch Schlüssel dazu, warum man dies tat. Eine Beantwortung dieser Frage konnte nur in einer interdisziplinären Arbeit erfolgen, denn eine archäologische und eine philologische Untersuchung getrennt wären zu völlig konträren Ergebnissen gekommen, ohne dass einer der beiden Verfasser einen Fehler gemacht hätte. Die archäologische Untersuchung zeigte, dass Runensteine an Gräberfeldern errichtet wurden, die Analyse der Inschriften hingegen konnte belegen, dass am häufigsten infrastrukturelle Anlagen als Standort genannt werden. Oberflächlich betrachtet wäre dies ein Widerspruch, den man sich fachintern nicht hätte erklären können. Vermutlich war dies der Grund dafür, warum eine solche Untersuchung bislang nicht durchgeführt wurde und so viele unterschiedliche Antworten auf die einfache Frage „Wo stehen Runensteine?“ gegeben wurden. Denn um zu zeigen, dass hauptsächlich die Inschriften Brücken erwähnen, die zu den wenigen Steinen gehören, die nicht mehr unmittelbar am Gräberfeld stehen und tendenziell auch jünger als andere Steine sind, ist eine interdisziplinäre Analyse notwendig, die auf eine breite Materialgrundlage, sowie fundierte Kenntnisse von Inschrift und archäologischem Fundkontext zurückgreifen kann. Dabei sind es die Runensteine selbst, die uns in dieser Frage konkrete Antworten geben. Runensteine sind eine Quelle, die absichtlich konzipiert und konserviert wurde, damit man sie auch noch in Zukunft lesen kann. Nicht umsonst gibt es Inschriften mit dem Wunsch, dass der Stein stehen möge meðan verƭld
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vakir,1 solange es Menschen gibt. Runensteine sind eine absichtliche Botschaft an uns, keine verlorenen Schmuckstücke und kein verbranntes Haus, sondern explizit für die Zukunft erstellt. Auf knappem Raum werden wichtige Dinge gesagt, die ein Idealbild der Gesellschaft wiedergeben. Ob die Errichter tatsächlich so gottesfürchtig waren, wie die Glaubensformeln vermuten lassen, so tüchtig, wie der Brückenbau uns glauben machen will und so mutig, wie es die Fahrt mit Ingvar andeutet, können wir heute nicht mehr entscheiden. Eine Analyse der Inschriften gibt uns somit nur ausgewählte Einblicke, sie sind nicht Abbild der Realität. Runensteine sind daher gut vergleichbar mit Grabbeigaben, die ebenfalls intentionell in das Grab gelangten und zu ihrer Zeit ein bestimmtes Bild von den Verstorbenen, den Hinterbliebenen und ihrem Status verbreiten sollten. Ebenso wenig wie Grabbeigaben daher Spiegel der Realität sind, können Runensteine dies sein, sie zeigen uns nur, wie die Errichter und ihre Zeit in der Retrospektive wahrgenommen werden wollten. Um die Gesellschaft dieser Zeit zu verstehen, benötigen wir auch die Hinterlassenschaften des Alltags, die ohne jede Intention in den Boden gelangten und heute entdeckt werden können. Sie variieren das Idealbild, indem sie die Inschriften der Steine mit ihrer Gegenwart komplettieren. Eine wichtige Hinterlassenschaft sind dabei die Gräberfelder, auf denen diese Steine errichtet wurden, die jedoch in der Inschrift nur in Ausnahmefällen benannt werden. Eine Bewertung dieses Platzes für den Runenstein war Thema dieser Untersuchung. Ohne den archäologischen Befund können wir den Inhalt der Inschrift dechiffrieren, ihren Kontext und ihre Wirkung zu ihrer Gegenwart und die dahinter stehende Intention bleiben verborgen. Beachtet man den Quellenwert der Runensteine, ihren Kontext und ihre Botschaft, lässt sich daraus eine lebendige Gesellschaft rekonstruieren. Die Rekonstruktion von Geschichtsdaten mag auf diese Steine und ihre subjektiven Botschaften weitgehend verzichten können. Wer die Vergangenheit jedoch auch als Menschheitsgeschichte, angereichert durch die subjektive Erfahrung von Individuen versteht, kann auf Runensteine nicht verzichten. Gerade zu dieser Persönlichkeit passt auch, dass uns die altnordische Literatur diese Denkmäler nicht überliefert. Obwohl allein in Schweden 2 654 Runensteine bis heute erhalten blieben, werden diese in keiner einzigen Schriftquelle benannt. Vielleicht waren sie den Sagaschreibern unbekannt, zu persönlich oder nicht erwähnenswert, für uns sind sie es und werden es wohl auch bleiben. In der Untersuchung des intendierten Standorts konnten die Runensteine als komplexe Monumente der Erinnerung herausgestellt werden, die an 1
Inschrift von G 343, ‘solange die Welt wach ist’.
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einem traditionellen Ort, der große Bedeutung für die Gemeinschaft hatte, Kontinuität schafften. Auf ihrem bevorzugten Aufstellungsort, dem Gräberfeld, konnten sie mit der beginnenden Christianisierung viele Aufgaben übernehmen, die zuvor die Bedeutung des Gräberfeldes ausmachte. Sie erinnerten an Tote und Nachkommen, waren deutlich sichtbare Monumente, die auch von Außen stehenden erkannt wurden und verknüpften so Vergangenes und Zukünftiges, Tradition und eine neue Zeit. Erst im beginnenden Mittelalter wandelte sich die Gesellschaft endgültig, die alten Gräberfelder wurden verlassen und Runensteine verloren ihren Zweck. Daher wurden einige von der Kirche aufgenommen und symbolisierten so weiterhin Beständigkeit, ihre Funktion ging in die Kirche über, das neue Monument einer neuen Zeit.
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Indices QUELLEN Ágrip 278 Alvismál 147, 329 Atlakviða 211 Baldrs draumar 266 Bárðar saga 265–267 Beowulf 212 Bergbúaþáttr 147 Brennu-Njáls saga 265 Egils saga ok Ásmundar 222 Egils saga Skalla-Grímssonar 82, 262, 265, 267, 278 Eiriks saga viðförla 73 Eiríksmál 262 Eyrbyggja saga 38, 258, 265, 268, 286, 288 Færeyinga saga 38 Fagrskinna 308 Friðþjófs saga 264, 278 Gautreks saga 211, 279 Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificium 293 f. Gísla saga Súrssonar 266 Grettis saga Ásmundarsonar 258, 265, 267 f. 277 Grímnismál 262, 264, 328 Grógaldr 211 Grænlendinga saga 268 Guðrúnarhvdžt 211 Gulaþingsldžg 213, 221, 271, 277, 286, 288, 294 Gutalag 106, 277, 288 Gylfaginning 147, 262, 264, 314, 329 Hákonar saga gamla 265 Hákonar saga góða 271, 278 f.
Hákonarmál 262 Háleygjatal 325 Hálfdanar saga svarta 274 Hálfdanar þáttr svarta 274, 276 f. Haralds saga gráfeldar 265 Haralds saga hárfagra 265, 267, 308 Haralds þáttr hárfagra 270, 278 Haraldskvæði 262 Harðarsaga 267 Hávamál 17 f., 20, 27, 196, 288, 322, 326, 335 Heimskringla 153, 160, 308 Helgakviða Hjdžrvarðssonar 279 Helgakviða Hundingsbana II 73, 266 Helreið Brynhildar 264 Hervarar saga ok heiðreks 265 f., 287 f. Hrafnkels saga Freysgoða 265 Hyndluljóð 271 Indiculus superstitionum et paganiarum 257 Ketils saga hængs 266 Kristni Saga 267, 327 Landnámabók 106, 213, 265–267 Laxdæla saga 213, 286 Lex Salica 309, 313 Óláfs saga kyrra 271 Óláfs saga Tryggvasonar 276, 294 f. Orkneyinga saga 221 Džrvar Odds saga 147, 222 Rigsþula 27 Sigurðarkviða in skamma 259
Indices
388 Sigurðar saga Jórsalafara ok brœðra hans, Eysteins ok Ólafs 160, 295 Skírnismál 27 Sigrdrífomál 27 Sonatorrek 264 Stdžrnu-Odda draumar 278 Sturlunga saga 268 Styrbjarnar þáttr Svíakappa 278 Þáttr Ólafs Geirstaðaálfs 270, 276 Þáttr Þorsteins uxafóts 222 f. Þrymskviða 278 Västgötalag 295
Vatnsdœla saga 327 Vegtamskviða 266 Vita Ansgarii 292–294 Vita Godeschalcus 72 f. Vita s. Vulframni 321 Vdžlsa þáttr 286 Vdžlsunga saga 254, 279 Vdžluspá 264 Ynglinga saga 65, 82, 176, 255, 263, 265, 267, 276 Ynglingatal 176, 254 f., 263–265, 325
RUNENSTEINE DR 42 7, 32, 294, 295 DR 88 177 DR 259 100 DR 269 156 DR 271 214 f. DR 277 214 f. DR 282–286 126 DR 293 214 f. DR 294 214 f. DR 295 149, 151 f., 203 DR 296 149, 151 f., 203 DR 314 193 DR 317 193, 236 DR 318 214 f. DR 321 193 DR 323 126 f. DR 328 193 DR 329 193 DR 330 193 DR 337 214, 215 DR 360 88 DR 361 36, 98, 126, 129 DR 365 193 G 40 126, 129 G 72 214 G 80 223 f. G 88 31, 36, 291
G 94 214, 244, 247 G 95 84 G 113 223 G 114 223 f. G 134 193 G 136 193 G 138 214 G 188 223 f. G 203 149, 151 f., 157, 159, 214, 216, 223–225, 242, 317 G 252 214 f. G 280 126, 129, 193, 236 G 309 158 G 343 214, 216, 218, 220, 223– 225, 349 G 373 214 Gs 8 51 Gs 19 214 f. Hs 2 223 Hs 6 100, 126 Hs 12 158 Hs 14 165 f., 193, 236, 238 Hs 15 126 f. J RS 1928;66 7, 73, 126, 158, 234, 291, 295, 328, 334, 337 KJ 60 31 KJ 63 26, 31, 291
Indices
KJ 72 305 KJ 73 259, 289 KJ 76 259 KJ 79 195 KJ 80 193, 195 KJ 81 334 KJ 99 5 M 1 126, 129 M 11 61 Nä 3 214 f. Nä 4 223 Nä 11 103 Nä 15 98 Nä 26 223 Nä 31 85, 88 Nä 32 96 Nä 34 61 Ög 8 214 f. Ög 10 156 f., 234 Ög 28 168 Ög 29 75, 214, 244, 247 Ög 30 75 Ög 38 126 Ög 40 214 f. Ög 45 126, 156, 207, 234, 244 Ög 52 192 Ög 60 168 Ög 63 126 Ög 65 214 Ög 68 156 Ög 73 214 f. Ög 75 214 f. Ög 89 214 Ög 94 168, 214 f., 327 Ög 98 85 Ög 104 126, 129 Ög 107 193 Ög 131 214 f. Ög 132 158, 167 Ög 136 1, 5, 29, 178 Ög 137 126 Ög 138 96 Ög 139 214, 215 Ög 141 192 Ög 147 191
389 Ög 154 214, 215 Ög 157 156 Ög 160 214 Ög 162 156 Ög 166 193 Ög 174 214 f. Ög 183 86 Ög 197 193 Ög 198 168 Ög 200 214 f. Ög 202 193 Ög 210 88 Ög 212 156, 193 Ög 213 192 Ög 214 126, 156 Ög 220 214 Ög 229 214 f. Ög 231 214 Ög 240 180, 182 Ög Fv1943;317b 192 Ög Fv1958;252 214 f., 192 Ög Fv1959;246 192 Ög Fv1959;248 192 Ög Fv1965;54 214 Ög Fv1970;310 214 f. Ög Fv1983;240 149 Ög HOV4;18 192 Ög HOV8;19 192 Ög HOV12;21 182 Ög HOV17;23 192 Ög HOV34;28 214 f. Ög N250 36 Ög N251 192 Ög N267 214 f. Ög N269 36 Ög N290 192 Ög N294 192 Ög NOR2000;35 214 f. Ög SKL1;174 214 Öl 1 5, 170, 236, 238, 243, 252 Öl 3 193 Öl 4 193 Öl 6 214– 216 Öl 15 193 Öl 21 193
390 Öl 22 193 Öl 27 214 f. Öl 36 183 Öl 37 165, 214 f. Öl 40 193 Öl 41 156 Öl 46 84, 103 Öl 52 214 Öl Fv1911;274 193 Öl ATA 4064/60A 193 Öl ATA 4065/60D 193 Öl ATA 411-4568-1998B 193 Öl ATA4064/60C 214 Öl ATA 4377/56A 183 Öl Köping 40 214 Sm 1 31 Sm 7 98, 102, 203 Sm 9 214 Sm 10 52 Sm 11 103 Sm 13 214, 244 Sm 14 52 Sm 15 158 Sm 16 214 f., 218, 220 Sm 17 54, 103, 156, 234 Sm 20 75 Sm 27 214 Sm 29 54 Sm 31 126 Sm 32 214 f. Sm 33 193 Sm 35 88, 98, 214 f., 244, 247 Sm 36 214 f., 244, 247 Sm 37 214 f., 244, 247 Sm 40 214 f. Sm 42 85 Sm 45 126, 202 f., 214 f., 228, 237, 244, 246–248 Sm 46 214 f. Sm 48 126 Sm 55 126, 129 Sm 59 55 Sm 60 88, 202 f., 214 f., 228 f., 237, 244, 246–248
Indices
Sm 61 85 Sm 62 57, 214 f., 244, 247 Sm 63 52 Sm 65 214 Sm 73 72, 158, 234 Sm 75 126, 203, 237 Sm 78 95 Sm 79 192 Sm 80 57, 78, 126, 127, 156, 234 Sm 90 126 Sm 91 61 Sm 95 192 Sm 96 126, 129, 158, 234 Sm 99 126, 129, 156, 234 Sm 100 126, 156, 234 Sm 113 55, 214 Sm 121 214 f. Sm 122 100, 193, 236 Sm 126 214 Sm 130 158 Sm 134 126 Sm 137 156 Sm 138 96, 214, 244 Sm 139 214 Sm 142 214, 244, 247 Sm 143 214, 244 Sm 148 55 Sm 151 193 Sm 157 158 Sm 163 214 Sm 166 192 Sm 169 193 Sm SvS1973;4 215 Sö 2 126 Sö 9 34 Sö 11 187 f. Sö 18 214, 216 f., 223 f. Sö 22 158, 234 Sö 30 158 Sö 32 223, 245 Sö 33 199 Sö 34 153, 193, 195 Sö 35 193, 195 Sö 36 193
Indices
Sö 39 86 Sö 41 85, 223 f., 245 Sö 46 214 f., 217 Sö 47 177, 183, 214 f., 236, 239, 242, 245 Sö 54 103 Sö 62 203, 237 Sö 74 126, 191 f., 236, 239 Sö 76 223 Sö 86 223, 225, 245 Sö 88 214 Sö 101 40, 61 f., 73, 156, 234 Sö 103 214 f., 245, 247 Sö 106 103 Sö 110 126 Sö 111 223, 225 Sö 112 108 Sö 113 108 Sö 116 214, 215 Sö 118 223, 245 Sö 122 201 Sö 126 126 Sö 127 156 Sö 134 193 Sö 137 100, 197, 237, 240 Sö 141 158 Sö 142 158 Sö 143 214 f., 219, 220 Sö 144 126 Sö 145 165, 190, 235 f., 239 Sö 149 158 Sö 157 158 f., 234 Sö 163 318 Sö 169 193 Sö 171 126 Sö 173 214 f., 245, 247 Sö 174 158, 184 f., 214 Sö 175 223, 245 Sö 176 179 Sö 178 126, 158, 193, 194, 234, 236 Sö 183 86 Sö 188 223, 245 Sö 192 223, 245 Sö 195 168
391 Sö 196 199, 237, 240 Sö 199 86 Sö 206 1, 193 Sö 208 168 Sö 213 226 Sö 214 168 Sö 219 223, 245 Sö 220 223, 245 Sö 221 223, 245 Sö 227 223, 245 Sö 235 126 Sö 237 108 Sö 240 98 Sö 253 223 Sö 255 223, 245 Sö 269 126 Sö 281 214 Sö 292 126 Sö 294 126 Sö 296 214 f., 245, 247 Sö 298 126 Sö 299 158 Sö 300 158, 234 Sö 301 126 Sö 305 126 Sö 306 14 Sö 308 126, 129 Sö 311 67, 72, 155, 234, 238 Sö 312 155, 158, 168, 234, 238 Sö 319 214 f. Sö 328 158, 193, 234, 236 Sö 331 223, 245 Sö 332 223, 245 Sö 336 85, 223, 245 Sö 344 126 Sö 356 193 Sö 359 86, 208, 244 Sö 367 165 Sö Fv1948;282 158 Sö Fv1948;289 214 f. Sö Fv1986;218 126 Sö Fv1993;229 223, 245 Sö SB 1965;19 126, 129, 156, 234 U 2 193 U 4 215
392 U 11 26, 223, 245 U 17 334 U 23 193 U 30 63 U 35 126 U 36 126, 158, 193, 234–236 U 45 111, 158, 234 U 50 223 U 52 63 U 57 168 U 62 193 U 69 156, 223, 224, 234, 245 U 72 193 U 73 223, 245 U 90 207, 244 U 92 158 U 97 223 U 100 126 U 101 111, 155, 158 f., 235, 238 U 102 158, 207, 223 f., 235, 244 f. U 104 223 U 112 126 U 114 126, 166, 174 f., 236, 239, 322, 324 U 118 158, 235 U 126 156, 235 U 127 156, 193 U 130 164, 190, 207, 235 f., 239, 244 U 135 126, 156, 171, 181, 193, 235 f., 238, 243 U 136 193, 236, 243 U 137 193, 236, 243 U 141 193, 237 U 142 158 U 143 158, 235 U 145 158, 207, 235, 244 U 146 158, 208, 235, 244 U 147 193, 237 U 149 155 U 150 193, 237 U 151 243, 303 U 153 193 U 155 193
Indices
U 160 168 U 163 208, 244 U 164 126 f., 129, 156, 193, 235, 237 U 165 127, 129, 156, 193, 235, 237 U 166 223 U 170 181–183, 207–209 U 177 126 f. U 183 223 U 200 158, 235 U 207 193, 237 U 208 193, 223, 237, 245 U 209 164, 235 U 210 223, 245 U 212 100, 104, 198 U 216 193 U 217 158 U 224 158, 223 U 225 100, 103, 199, 223 f., 237, 240, 246 U 226 103, 193, 224, 237 U 236 158, 193, 235, 237 U 239 193 U 243 193 U 255 193 U 256 193 U 261 156, 159, 193 U 265 208, 244 U 267 158, 193, 235, 237 U 269 171, 193 U 272 158 U 279 158 U 285 193 U 289 193 U 293 193, 237 U 296 193 U 297 193 U 300 223 f. U 306 126 U 307 223, 246 U 310 158, 235 U 311 158, 235 U 312 223
Indices
U 314 157, 223 U 315 223 U 316 157, 161 U 317 158 U 321 98, 99 U 323 18, 154, 158 f., 215, 234 f., 238, 245 U 326 98 f., 193, 237 U 327 98 f., 158, 235 U 329 193, 237 U 330 158, 193, 235, 237 U 331 164, 235 U 332 193 U 335 156 U 336 168 U 345 156, 228 f. U 347 158, 235 U 348 167, 236 U 352 193, 237 U 353 158 U 355 168 U 356 19 U 357 193 U 360 208, 244 U 363 158, 235 U 376 158, 193 U 377 158 U 378 158 U 409 126 U 413 223 U 420 130 U 421 126 U 423 126, 130 U 429 126 U 435 207 f. U 437 224 U 439 34, 326 U 440 223 U 456 158 U 459 223, 246 U 462 158 U 475 158, 223, 235, 246 U 476 156 U 489 158 U 496 87, 223, 246, 302
393 U 497 U 500 U 505 U 508 U 512 U 514 U 530 U 545 U 546 U 549 U 555 U 565 U 566 U 572 U 585 U 586 U 593 U 595 U 600 U 608 U 616 U 617 U 619 U 620 U 631 U 634 U 638 U 644 U 646 U 647 U 652 U 653 U 655 U 656 U 657 U 662 U 665 U 668 U 672 U 686 U 687 U 689 U 703 U 706 U 710
158, 208, 235, 244 223, 246 158 168 161 f., 223, 225 158 79 193 193 193 223 158 223, 246 158 215 158 223, 246 36, 126, 129 223, 246 193 215 156 223 215, 245 193 223 158 34, 318 126 193 223 223 223 223 223 126 223 200 223, 246 223, 246 183, 223, 236, 246 223, 246 167 193 168
Indices
394 U 727 U 729 U 732 U 735 U 739 U 741 U 742 U 744 U 755 U 762 U 766 U 773 U 775 U 778 U 779 U 789 U 791 U 797 U 798 U 803 U 804 U 805 U 808 U 809 U 813 U 818 U 828 U 831 U 838 U 839 U 842 U 854 U 856 U 857 U 859 U 861 U 867 U 876 U 877 U 881 U 889 U 891 U 893 U 894
126 86, 166, 168, 236, 238 126 126, 215, 224, 245, 247 326 223 126 168 168 51 193, 237 223 f. 223 193 f. 51, 193 87 97, 158, 235 111 126 111, 334 126, 128 169 223, 246 126, 169 85 158, 184, 185 158 193 153, 223, 225 158, 235 223 158, 223 158 126 158, 235 158 158 193 5 223 126 223 111 223
U 898 223, 246 U 899 126 U 901 156, 193, 303, 304 U 904 126, 129, 156, 193, 235, 237 U 914 223, 246 U 932 169 U 937 193 U 939 223 U 947 156, 235 U 959 193 U 985 100 U 991 193, 237 U 993 158 U 995 158 U 996 148, 185, 196 f., 233 f., 237 f., 240 U 997 193 U 999 193, 237 U 1011 223, 225 U 1013 193 U 1017 158, 235 U 1020 158, 235 U 1030 223 U 1031 158 U 1033 158 U 1041 158, 193, 235, 237 U 1042 126 U 1046 158 U 1053 223, 246 U 1057 193, 237 U 1059 126 U 1066 215 U 1067 193 U 1070 84 U 1074 223 U 1093 103 U 1103 223 U 1104 111, 223, 246, 248 U 1107 223, 246 U 1108 158 U 1114 158 U 1133 158 U 1136 126, 128
Indices
U 1138 79 U 1142 193, 237 U 1144 193 U 1150 126 U 1157 126 U 1162 126 U 1165 98 f., 193, 237 U 1171 126 U ATA 3600/65 223 U ATA 6243/65 194 U ATA 4909/78 158 U Fv1946;258 223, 246 U Fv1953;274 194 U Fv1959;196 224 U Fv1967;262 224 U Fv1971;213 224 U Fv1973;194 194 U Fv1974;203 148, 224, 234, 238, 246 U Fv1986;84 224, 246 U Fv1993;231 224 U Fv1977;162A 98 f. U Fv1978;226 158 U Fv1988;241 130 U Fv1992;157 61 U RR1987;34 169, 244 Vg 2 156 Vg 4 158 f., 165, 189, 234, 236, 238 f. Vg 6 126 Vg 11 100 Vg 12 167 Vg 13 126 Vg 16 126, 130 Vg 21 192 Vg 23 193 Vg 27 193 Vg 30 158 Vg 49 126, 130 Vg 50 192 Vg 53 192 Vg 55 4 Vg 61 126, 129 f. Vg 63 27, 172 Vg 65 172
395 Vg 66 88 Vg 67 215 Vg 76 126, 128 f., 156, 234 Vg 87 192 Vg 90 3, 54, 104 Vg 100 215 Vg 101 215 Vg 103 215 Vg 106 215 Vg 115 215, 245, 247 Vg 118 215 Vg 119 5, 215 Vg 125 215 Vg 137 52 Vg 140 75, 126 Vg 152 126 Vg 161 88 Vg 168 215, 245, 247 Vg 169 215, 245, 247 Vg 170 193 Vg 171 215 Vg 173 158, 234 Vg 174 76, 126 Vg 176 215 Vg 182 156, 234 Vg 183 156 Vg 189 126 Vg 194 215, 245, 247 Vg 195 88, 307 Vr 1 13, 23, 39 Vr 2 98 Vr NOR1994 39 Vs 1 193 Vs 9 126, 158, 234 Vs 10 126 Vs 13 86, 103, 193, 236 Vs 15 223 Vs 17 126, 223, 225, 245, 248 Vs 23 126 Vs 24 166, 318, 326 Vs 27 126 Vs 28 158 Vs 31 158, 234 Vs Fv1988;36 20, 158, 162, 234
Indices
396
RUNENSTEINE (ALPHABETISCH Adelsö (U 2) 193 Älvsunda (U 118) 158, 235 Ängby (U 356) 19 Ärentuna (U 1013) 193 Ärsta (Sö 157) 158 f., 234 Äskelunda (U 1107) 223, 246 Appuna (Ög Fv1983;240) 149 Arby (Sm 163) 214 Ardre (G 113) 223 Ardre (G 114) 223 f. Aringsås (Sm 1) 31 Arlanda, Måby ägor (U Fv1992;157) 61, 156 Aspa (Sö 137) 100, 197, 237, 240 Aspa bro, Löten (Sö Fv1948;289) 214 f. Aspö (Sö 174) 158, 184 f., 214 Axsjö (U 1171) 126 Berg (Sö 192) 223, 245 Axala (Sö 2) 126 Backgården / Korstorp (Vg 76) 126, 128 f., 156, 234 Bägby (Öl 40) 193 Bägby (Öl 41) 156 Bälinge (U 1074) 223 Bällsta (U 226) 103, 193, 224, 237 Bällsta (U 225) 100, 103, 199, 223 f., 237, 240, 246 Baldringe (DR 294) 214 f. Balingsta (U 854) 158, 223 Bjärby (Öl 36) 183 Berga (Sm 27) 214 Berga, Fålebro (U 947) 156, 235 Bjälbo (Ög 65) 214 Björnsnäs (Ög 45) 126, 156, 207, 234, 244 Björke (Sö 41) 85, 223 f., 245 Björketorp (DR 360) 88 Björklinge (U 1046) 158 Björkö (U 4) 215 Björnhammar (U 1030) 223 Bjudby (Sö 54) 103
Bjursta / Markeby (U 656) 223 Blidsberg (Vg 170) 193 Blidsberg (Vg 171) 215 Blista (Sö 219 ) 223, 245 Blista (Sö 220) 223, 245 Blista (Sö 221 ) 223, 245 Boberg (Ög 38) 126 Bodarna, Fittja by (U 828) 158 Böne (Vg 173) 158, 234 Bogesund (U 170) 181–183, 207– 209 Bo gård, Lidingö (U Fv1986;84) 224, 246 Bolmaryd (Sm 36) 214 f., 244, 247 Bräkentorp (Sm 45) 126, 202 f., 214 f., 228, 237, 244, 246–248 Bragnum (Vg 101) 215 Bro (U 617) 156 Bro (U 619) 223 Bro (U 586) 158 Broby (Sö 144), 126 Broby (U 135) 126, 156, 171, 181, 193, 235 f., 238, 243 Broby (U 136) 193, 236, 243 Broby (U 137) 193, 236, 243 Broby (U 991) 193, 237 Broby (U 437) 224 Brobyholm / Lillemark (Sm 96) 126, 129, 158, 234 Brössike (Sö 195) 168 Bröta (Sö 292) 126 Brokvarn (Vg 49) 126, 130 Brunna (U 762) 51 Brunnby (U 993) 158 Brunnsta (U 813) 85 Buska (U 1162) 126 Dal (U 306) 126 Danderyd (U 127) 156, 193 Eckersholm (Sm 55) 126, 129 Ed (Sm 62) 57, 214 f., 244, 247 Ed (U 104) 223 Edeby (U 52) 63
Indices
Egeby knekttorp (Ög 214) 126, 156 Eggeby (U 69) 156, 223 f., 234, 245 Einang, (KJ63, NIäR 5) 26, 31, 291 Ekeby (Ög 68) 156 Ekeby (Sö 169) 193 Ekeby (U 265) 208, 244 Ekeby (U 307) 223, 246 Ekeby (U 565) 158 Ekilla bro (U 644) 34, 318 Eksjö (Sm 130) 158 Eksta (G 72) 214 Ellestad (Ög N269) 36 Enberga, Hamra (U 808) 223, 246 Enby (U 634) 223 Eneby (Sö 145) 165, 190, 235 f., 239 Enet (Sm 7) 98, 102, 203 Enköpings-Näs (U 773) 223 f. Eriksstad (Sm 46) 214 f. Eskilstuna (Sö 356) 193 Esta (Sö 171) 126 Fägremo (Vg 6) 126 Fällbro (U 142) 158 Fällbro (U Fv1946;258) 223, 246 Fagerlöt, Hamra skog (Sö 126) 126 Finnsta (U 620) 215, 145 Finstaholm (U 665) 223 Fittja (U 141) 193, 237 Fjuckby (U 1017) 158, 235 Flarup 272 Flo (Vg 100) 215 Focksta (U 876) 193 Fors (Sö 237) 108 Fresta (U 255) 193 Fresta (U 256) 1193 Fresta (U 261) 156, 159, 193 Fröslunda (U 805) 169 Frösö (J RS 1928;66) 7, 73, 126, 158, 234, 291, 295, 328, 334, 337 Frösunda (U Fv1993;231) 224 Frösvi (Nä 3) 214 f. Frövi (U 856) 158 Frövi (U 857) 126
397 Fuglie 1 (DR 259) 100 Funbo bro (U 995) 158 Furingstad (Ög 147) 191 Gidsmarken (U 744) 168 Gillberga, Lövstalund (U 508) 168 Giresta by (U 831) 193 Glanshammar (Nä 26) 223 Glömsjö (Sm 100) 126, 156, 234 Glömsta (Sö 300) 158, 234 Gillberga (Ög 104) 126, 129 Golvasta (U 1041) 158, 193, 235, 237 Gottlösa (Ög 202) 193 Grällsta (Vs 27) 126 Grällsta (Vs 28) 158 Granby (U RR1987;134) 169, 244 Grillby, Sörskog (U 732) 126 Gripsholm (Sö 178) 126, 158, 193 f., 234, 236 Grönsta (Sö 110) 126 Gryta (U 818) 158, 184 f. Gryta (U 867) 158 Gryts (Sö 11) 187 f. Gubbo, Kallviksmossen (U 1136) 126, 128 Gudhem (Vg 87) 192 Gussjö (Vs 23) 126 Gådersta (U 360) 208, 244 Gådersta (U 363) 158, 235 Gådi (U 739) 326 Gånsta (U ATA6243/65) 194 Gårdskär, Västerboda (U 1150) 126 Gårdstånga 1 (DR 329) 193 Gårdstånga 2 (DR 330) 193 Häggesled (Vg 21) 192 Häggesled (Vg 23) 193 Häggesled (Vg 27) 193 Hällestad 1 (DR 295) 149, 151 f., 203 Hällestad 2 (DR 296) 149, 151 f., 203 Hämringe (U 985) 100 Härlingstorp (Vg 61) 126, 129 f. Härvesta, Nopskäl (U 809) 126, 169
398 Hässlö (Sö 62) 203, 237 Hagby (U 143) 158, 235 Hagby (U 149) 155 Hagby, Brohammaren (U 145) 158, 207, 235, 244 Hagby, Brohammaren (U 146) 158, 208, 235, 244 Hagby skog (U ATA 4909/78) 158 Hagby, Sparingsberg (U 147) 193, 237 Halla (G 138) 214 Hallsveden (Sö 294) 126 Hammarby (U 272) 158 Hammarby (U 1053) 223, 246 Hammarby (U Fv1959;196) 224 Hamneda (Sm 32) 214 f. Hamneda (Sm 33) 193 Hansta (jetzt Hägerstalund) (U 72) 193 Hansta (jetzt Hägerstalund) (U 73) 223, 245 Hangvar (G 309) 158 Harby (Sö Fv1986;218) 126 Harby (U 267) 158, 193, 235, 237 Harby (U 269) 171, 193 Harby (U 310) 158, 235 Harby (U 311) 158, 235 Harby (U 312) 223 Harby (U 314) 157, 223 Harby (U 315) 223 Harby (U 316) 157, 161 Harby (U 317) 158 Hargs skog (U 595) 36, 126, 129 Harstad (Ög 94) 168, 214 f., 327 Hassmyra (Vs 24) 166, 318, 326 Heda (Ög 131) 214 f. Heda (Ög 132) 158, 167 Hemsta (U 741) 223 Herrekvarn (Vg 194) 215, 245, 247 Hilleshögs (U 23) 193 Himmelstalund (Ög N250) 36 Hög (Hs 12) 158 Hög (Vg 183) 156
Indices
Högby (U 893) 111 Högnalöv (Sm 13) 214, 244 Högom (M 11) 61 Hökerum (Vg 168) 215, 245, 247 Hölö (Sö 18) 215, 245, 247 Hogrän (G 203) 149, 151 f., 157, 159, 214, 216, 223–225, 242, 317 Holmby (DR 328) 193 Horda (Sm 59) 55 Hossmo (Sm 166) 192 Hormesta (Sö 46) 214 f., 217 Hov (Ög 73) 214 f. Hov (Ög 75) 214 f. Hov (Ög 240) 180, 182 Hov (Ög HOV4:18) 192 Hov (Ög HOV8:19) 192 Hov (Ög HOV12:21) 182 Hov (Ög HOV17:23) 192 Hov (Ög HOV34:28) 214 f. Hovgården (U 11) 26, 223, 245 Huddinge (Sö 299) 158 Hulterstad (Öl 21) 193 Hulterstad (Öl 22) 193 Hulterstad (Öl Fv1911;274) 193 Hulterstad (Öl ATA 411-45681998B) 193 Hulterstad (Öl ATA 4377/56A) 183 Hunnestad (DR 282, 1) 126 Hunnestad (DR 283, 2) 126 Hunnestad (DR 284, 3) 126 Hunnestad (DR 285, 4) 126 Hunnestad (DR 286, 5) 126 Husaby (Vg 50) 192 Husaby (Vg 53) 192 Husby (U 326) 98 f., 193, 237 Husby (U 327) 98 f., 158, 235 Husby-Ärlinghundra (U 435) 207 f. Husby-Lyhundra (U 545) 193 Husby-Lyhundra (U 546) 193 Husby-Lyhundra (U 549) 193 Husby-Lyhundra (U 555) 223 Håga (Sö 22) 158, 234 Håkansgården (Vg 152) 126
Indices
Håle (Vg 103) 215 Hållberga (U 842) 223 Hållen, Runhällsbacken (Storgransbotten) (U 1138) 79 Håmö (U 901) 156, 193, 303 f. Hånsta (U 1031) 158 Håstad (DR 318) 214 f. Håtuna (U 655) 223 Igelsta (U 585) 215 Ingelstad (Sm 29) 54 Isby (U 1157) 126 Jädra (Vs Fv1988;36) 20, 162, 234 Järmstastenen (Ög 60) 168 Järpås (Vg 30) 158 Järsberg (Vr 1) 13, 23, 39 Järvsö (Hs 6) 100, 126 Jelling 2 (DR 42) 7, 32, 294, 295 Johannesberg (U 500) 223, 246 Källbo, Lugnet (U 1042) 126 Källby ås (Vg 55) 4 Kälsta (U 755) 168 Kälvestenstenen (Ög 8) 214 f. Kärna (Ög 107) 193 Kärnbo (Sö 176) 179 Kärrsjö (Ög 183) 86 Kalkbron (Sö 142) 158 Kalmar (U 631) 193 Karberga / Sundby (U 996) 148, 185, 196 f., 233 f., 237 f., 240 Karby (U 150) 193, 237 Karby (U 151) 243, 303 Karlevi (Öl 1) 5, 170, 236, 238, 243, 252 Kiholm (Sö 344) 126 Kimstad (Ög 160) 214 Klockaregården, Ed (U Fv1967;262A) 224 Klåstads kyrkoruin, Klosterstad (Ög NOR2000;35) 214 f. Köping (Öl 52) 214 Köping, kyrka 32, 214 Kolsundet, Husby (Sö 196) 86, 199, 237, 240 Kolunda (Sö 112) 108 Kolunda (Sö 113) 108
399 Kragsta (U 572) 158 Kroksta (U 1070) 84 Kråketorp (Sm 17) 54, 103, 156, 234 Kullerstad (Ög Fv1970;310) 214 f. Kullerstads bro (Ög 162) 156 f. Kumla (U 652) 223 Kumla (U 653) 223 Kumlaby (Sm 126) 214 Kungshållet, Kjula ås (Sö 106) 103 Kungberga (Sö 149) 158 Kungs-Husby by (U 710) 168 Kungsör (Sö 336) 223, 245 Kvarnarp (Sm 137) 156 Kvarntorp (Ög 137) 126 Kyleberg (Ög 138) 96 Kylver (G 88) 31, 36, 291 Kyrkstigen, Ed (U 112) 126 Kyrsta (U 1020) 158, 235 Kålsta (U 657) 223 Kålsta (U 668) 200 Kåragården (Sm 15) 158 Kårarp (Ög 210) 88 Kårestad (Sm 11) 103 Kårsta (U 505) 158 Lagnö (Sö 175) 223, 245 Langå 5 (DR 88) 177 Lannaskede (Sm 95) 192 Lassegården, Karleby (Vg 106) 215 Leksbergs backe (Vg 11) 100 Lerkaka (Öl 37) 165, 214 f. Lifsinge (Sö 9) 34 Lilla Greby (Ög 10) 156 f., 234 Lilla Hälleberg (Sm 148) 55 Lilla Harrie (DR 323) 126 f. Lilla Kyringe (Vs 15) 223 Lilla Svenstorp (Vg 189) 126 Lilla Vilunda (U 293) 193, 237 Linde (G 80) 223 f. Lindö, Gullbron (U 236) 158, 193, 235, 237 Lindö, Avunda (U 239) 193 Lissby (U 153) 193 Lissby (U 155) 193 Lista (Sö 76) 223
400 Ljungby (Sm 169) 193 Lösen 2 (DR 365) 193 Löta (Sö 141) 158 Lövsta (U 997) 193 Lövstaholm (U 409) 126 Lokrume (G 252) 214 f. Lovö (U 50) 223 Ludgo (Sö 134) 193 Lund (DR 314) 193 Lunda (U 353) 158 Lunda (U 355) 168 Lunnagården, Nöbbele by (Sm 9) 214 Långarnö (U 735) 126, 215, 224, 245, 247 Långtora by (U 803) 111, 334 Långtora by, Sundet (U 804) 126, 128 Madängsbro (Vg 140) 75, 126 Mälby (U 789) 87 Mästerby (G 188) 223 f. Malsta (Hs 14) 165 f., 193, 236, 238 Mansängen (U 638) 158 Markestad (Sm 138) 96, 214, 244 Markestad (Sm 139) 214 Mellby (Sm SvS 1973;4) 215 Mellomgården, Frölunda (Vg 16) 126, 130 Mickelgårds (G 94) 214, 244, 247 Möjbro (U 877, KJ 99) 5 Mörbylånga (Öl 6) 214–216 Mörbylånga (Öl ATA 4064/60B) 214 Mörbylånga (Öl ATA 4064/60C) 214 Mörbylånga (Öl ATA 4065/60D) 193 Mörlunda (Sm 151) 193 Molnby (U 243) 193 Morarp (Sm 75) 126, 203, 237 Morby (U 489) 158 Myrby (U 742) 126 Myrby (U 1114) 158
Indices
Måsta (U 859) 158, 235 Näs (U 347) 158, 235 Näs (U 348) 167, 236 Nasta (Nä 34) 61 Nederby (Sm 99) 156, 234 Nöbbele (Sm 16) 214 f., 218, 220 Nöre (Vg 174) 76, 126 Nolby (M 1) 126, 129 Nolgården, Karleby (Vg 13) 126 Noleby (Vg 63) 27, 172 Nora (Sö 30) 158 Nora (U 130) 164, 190, 207, 235 f., 239, 244 Norby (U 898) 223, 246 Normanslid (Vg 195) 88, 307 Normlösa (Ög 198) 168 Norrala (Hs 2) 223 Norra Vånga (Vg 65) 172 Norrby, Back-Norrby (U 766) 193, 237 Norrby (U 1133) 158 Norrsunda (U 413) 223 Norrtälje (U 530) 79 Norsta (U 861) 158 Nybble (Sö 213) 226 Nyby (U 797) 111 Nyvla, Tingstukällan (U 1093) 103 Ockelbo (Gs 19) 214 f. Odensala (U 440) 223 Örby (U 1011) 223, 225 Ösby (U Fv1978;226) 158 Össeby (U Fv1971;213A) 224 Österbännbäck (Vs 31) 158, 234 Östergården, Vedåsla (Vg 176) 215 Össeby (U 183) 223 Öster-Dalby (U 706) 193 Öster Skam (Ög 28) 168 Östra Ryd (U 166) 223 Östra Skrukeby (Ög 220) 214 Östra Stenby (Ög 231) 214 Övergran (U 647) 193 Över-Järva (U 126) 156, 235 Överselö (Sö 206) 1, 193 Överselö (Sö 208) , 168
Indices
Opedal/Hordaland (KJ 76, NIäR 22) 259 Orkesta (U 335) 156 Orkesta (U 336) 168 Ortala sjöhage (U 593) 223, 246 Ostra (Sö 118) 223, 245 Pilgårds (G 280) 126, 129, 193, 236 Postgården (Vg 66) 88 Rävsal (KJ 80) 193, 195 Ramsundsberget, Mora (Sö 101) 40, 61 f., 73, 156, 234 Replösa (Sm 35) 88, 98, 214 f., 244, 247 Resmo (Öl 3) 193 Resmo (Öl 4) 193 Ribby (Sö 240) 98 Riksby, Bromma församling (U 57) 168 Rimbo (U 514) 158 Risbyle (U 160) 168 Riseberga (Nä 4) 223 Rök (Ög 136) 1, 5, 29, 178 Rölunda (U 672) 223, 246 Rörbro (Sm 37) 214 f., 244, 247 Roes (G 40) 126, 129 Rogberga (Sm 121) 214 f. Rosersberg (U 420) 130 Rosersberg (U 421) 126 Rosersberg (U 423) 126, 130 Rosersberg (U Fv1988;241) 130 Rossbäcks rännil (Sö 127) 156 Rör (Vr 2) 98 Rotbrunna (U 1165) 98 f., 193, 237 Rotebro (U 97) 223 Rottnekvarn (Sm 20) 75 Runby (U 114) 126, 166, 174 f., 236, 239, 322, 324 Runby (U Fv1977;162A) 98 f. Runmarsvreten, Berga (Sö SB1965;19) 126, 234 Runstensholm (Sm 61) 85 Runtuna (Sö 143) 214 f., 219 f. Rycksta (Sö 163) 318
401 Ryda kungsgård (U 838) 153, 223, 225 Ryda kungsgård (U 839) 158, 235 Rydsgård (DR 277) 214 f. Ryssby (Sm 40) 214 f. Ryssby (Sm 157) 158 Råby (Vs 17) 126, 223, 225, 245, 248 Råcksta (U 207) 193, 237 Råcksta (U 208) 193, 223, 237, 245 Säby (Vg 2) 156 Säby (U 90) 207, 244 Säby (U 689) 223, 246 Sälna (U 323) 18, 154, 158 f., 215, 234 f., 238, 245 Saleby (Vg 67) 215 Saltängsbron (Vs 9) 126, 158, 234 Saltängsbron (Vs 10) 126 Sanda (U 686) 223, 246 Sandbro (U 1057) 193, 237 Sandby (Öl 27) 214 f. Sandshult (Sm 134) 126 S:t Hans (G 343) 214, 216, 218, 220, 223–225, 349 S:ta Ingrids klosterruin, Skänninge (Ög Fv1943;317b) 192 S:t Lars k:a, Linköping (Ög Fv1958;252) 192, 214 f. Sannerby (jetzt Stäringe) (Sö 319) 214 f. Siglaifs (G 95) 84 Signildsberg (U 662) 126 Signhildsberg (U ATA3600/65) 126 Sjonhem (G 134) 193 Sjonhem (G 136) 193 Sjusta (U 687) 183, 223, 236, 246 Skälby (jetzt Lövstalund) (Sö 296) 214 f., 245, 247 Skälby (U 100) 126 Skälby (U 279) 158 Skämby (Sö 331) 223, 245 Skämby (Sö 332) 223, 245 Skänninge (Ög 166) 193 Skärkind (Ög 174) 214 f.
402 Skaftarp (Sm 60) 13 Skalmsta (U 321) 99 Skattegården, Hög (Vg 182) 156, 234 Skepptuna (U 357) 193 Skjorstad (Ög 29) 75, 214, 244, 247 Skjorstad (Ög 30) 75 Skogstibble (U 881) 223 Skräddargården nr 2, Härna by (Vg 161) 88 Skramles udde (Vr NOR1994;27) 39 Skresta (Sö 122) 201 Skrukeby Holagård (Ög 89) 214 Skråmsta (U 459) 223, 246 Skuttunge (U 1108) 158 Skytteholm (U 17) 334 Skåäng (Sö 32) 223, 245 Skåäng (Sö 33) 199 Skånela (U 297) 193 Skånela (U 296) 193 Skånela (U 300) 223 f. Skånela (U Fv1953;274) 194 Släbro (Sö 367) 165 Slädene (Vg 118) 215 Slättåkra (Sm 91) 61 Snottsta (U 329) 193, 237 Snottsta (U 330) 158, 193, 235, 237 Snottsta (U 331) 164, 235 Söderby (U 894) 223 Söderby malm (Sö 269) 126 Söderby (jetzt Lindhov) od. Tumba (Sö 305) 126 Söderby krog (Sö 306) 14 Söderköping (Ög Fv1959;248) 192 Franciskanerklostret, Söderköping (Ög Fv1959;246) 192 Södra Kedum (Vg 125) 215 Södra Lunger (Nä 31) 85, 88 Södra Möckleby (Öl 15) 193 Södra Sätra (U 101) 111, 155, 158 f., 235, 238
Indices
Södra Åby ägor (Sö 86) 223, 225, 245 Sörby (Ög 197) 193 Sörby (Vg 137) 52 Sparlösa (Vg 119) 5, 215 Sproge (G 373) 214 Spånga (U 62) 193 Stav (U 177) 126 f. Steninge (U 439) 34, 326 Stenkvista (Sö 111) 223, 225 Stenstad (KJ 81/NIäR 9) 334 Stora Benhamra (U 200) 158, 235 Stora Ek (Vg 4) 158 f., 165, 189, 234, 236, 238 f. Stora Herrestad (DR 293) 214 f. Stora Ryttern (Vs 1) 193 Stora Västölet (Vg 115) 215, 245, 247 Stora Valby (Ög N267) 214 f. Storegården, Hindsberg (Vg 12) 167 Strängnäs (Sö 281) 214 Ströja (U 914) 223, 246 Strålsnäs (Ög 98) 85 Styrstad (Ög 154) 214 f. Sund (U 600) 223, 246 Sundby (Sö 116) 214 f. Sundby (Sö 227) 223, 245 Sunnå (Hs 15) 126 f. Svartsjö (U 35) 126 Svartsjö djurgård (U 36) 126, 158, 193, 234–236 Svedjorna (Vg 169) 215, 245, 247 Svinnegarn (U 778) 193 f. Svinnegarn (U 779) 193 Svista (U 1103) 223 Såpebo, Möboda (U 1059) 126 Såsta (U 163) 208, 244 Täby tä (U 164) 126 f., 129, 156, 193, 235, 237 Täby tä (U 165) 127, 129, 156, 193, 235, 237 Tälje bro (Nä 11) 103 Tängby, Lund (U 727) 126
Indices
Tanum (KJ 73) 259, 289 Terle (Sm 73) 72, 158, 234 Tibble (U 496) 87, 223, 246, 302 Tibble (U 497) 158, 208, 235, 244 Tibble (U 791) 97, 158, 235 Tierp (U 1144) 193 Tingsflisan (Öl 46) 84, 103 Tingstad (Ög 157) 156 Tjäran (U 512) 161 f., 223, 225 Tjuvstigen (Sö 34) 153, 193, 195 Tjuvstigen (Sö 35) 193, 195 Törnby (U 45) 111, 158, 234 Toftaholm (Sm 31) 126 Tollsta (U 456) 158 Tomstad (KJ79, NIäR 12) 195 Torestorp (Vg 90) 3, 54, 104 Torgesta (U 798) 126 Torp (Sm 48) 126 Torshag (Reppekäll) (Sm 90) 126 Trosa bro (Sö 36) 193 Trottagården, Väckelsångs by (Sm 14) 52 Tryninge (U 285) 193 Tullstorp (DR 271) 214 f. Tuna (Sm 42) 85 Tuna (U 1104) 111, 223, 246, 248 Tune (KJ 72, NIäR 1) 305 Tynäs (Sö 328) 158, 193, 234, 238 Tystberga (Sö 173) 214 f., 245, 247 Tång (U 616) 215 Tångerda (Sm 113) 55, 214 Uddarp (Ög 200) 214 f. Ullunda (Sö 199) 86 Uppgränna (Sm 122) 100, 193, 236 Uppsala (U 932) 169 Uppsala (U 937) 193 Uppsala (U 939) 223 Uppsala (U Fv1973;194) 194 Uppsala-Näs (U 891) 223 Uppåkra (Sm 78) 95 Uringe malm (Sö 298) 126 Urvalla (Nä 32) 96 Vällingsö (U 566) 223, 246
403 Väppeby (U 775) 223 Värnamo (Sm 63) 52 Värneslätt (Sm 142) 214, 244, 247 Värneslätt (Sm 143) 214, 244 Västerlösa (Ög 213) 192 Västra Hästbo (Gs 8) 51 Västerby (Sö 235) 126 Västerby (U 889) 126 Västerby, Läby vad (U 904) 126, 129, 156, 193, 235, 237 Västerås, Anundshögsområdet (Vs 13) 86, 103, 193, 236 Västra Karaby, Ålstorp (DR 321) 193 Västra Ryd (U 608) 193 Västra Tollstad (Ög 139) 214, 215 Västra Tollstad (Ög 141) 192 Västra Väppeby (U 703) 167 Väversunda (Ög 52) 192 Väversunda (Ög N290) 192 Väversunda (Ög N294) 192 Väversunda (Ög N251) 192 Vävle (Sö 103) 214 f., 245, 247 Växjö (Sm 10) 52 Vaksala (U 959) 193 Valby (Sö 88) 214 Valleberga (DR 337) 214, 215 Vallentuna (U 212) 100, 104, 198 Vallentuna (U 216) 193 Vallentuna (U 217) 158 Vallentuna (U 224) 158, 223 Vallerstad (Ög 40) 214 f. Vallkärra (DR 317) 193, 236 Vallsjö (Sm 79) 192 Vallsjö (Sm 80) 57, 78, 126, 127, 156, 234 Vansta (Sö 253) 223 Varby (Ög 229) 214 f. Vassunda (U 462) 158 Veda (U 209) 164, 235 Velamby (U 377) 158 Vetteland (KJ60, NIäR 39) 31 Vible (U 92) 158 Viby (Ög Fv1965;54) 214
Indices
404 Viby (U 102) 158, 207, 223 f., 235, 244 f. Vickeby (U 475) 158, 223, 235, 246 Vickeby (U 476) 156 Vidbo (U 376) 158, 193 Vidby (Sö 255) 223, 245 Vid gamla Turingevägen (Sö 311) 67, 72, 155, 234, 238 Vid gamla Turingevägen (Sö 312) 155, 158, 168, 234, 238 Vid Järnavägen (Sö 308) 126, 129 Viggeby (Sö 183) 86 Vik (U 289) 193 Vistena (Ög 63) 126 Vreta (Ög SKL1;174) 214 Vreta (U 352) 193, 237 Vreta (U 332) 193 Vålsta (Sö 47) 177, 183, 214 f., 236, 239, 242, 245 Vårdsätra (U 899) 126 Yttergärde (U 345) 156, 228 f. Yttergrans by (U 646) 126 Åby (U Fv1974;203) 148, 224, 234, 238, 246
Åbyggeby (U 1142) 193, 237 Åda (Sö 39) 86 Åda (Sö 359) 86, 208, 244 Ågersta (U 729) 86, 166, 168, 236, 238 Ågesta bro (Sö 301) 126 Åker (Sm 65) 214 Åkerby (Sö 188) 223, 245 Åkerby (U 999) 193, 237 Åkerby (U 1066) 215 Åkerby (U 1067) 193 Ålbäcken (Ög 212) 156, 193 Ålsäter (Sö 74) 126, 191 f., 236, 239 Årby (Sö 214) 168 Årby (Sö Fv1993;229) 223, 245 Årby (U 1033) 158 Åryd, Halahult (DR 361) 36, 98, 126, 129 Åsby (Nä 15) 98 Åsby (U 378) 158 Åshusby (U 429) 126 Åsta (U 210) 223, 245
FUNDPLÄTZE Birka 259 f, 269, 286, 293–296 Bolum 307 Bø 306 Böne 307 Ed 99 Fasterna 163 Fröjel 258 Gamla Uppsala 13, 265 Gammertingen 313 Gingri 307 Grumpan 29 Gårdslösa 77 Haithabu 32, 36, 293 Hastings 36 Hjälsta 85 Hornhausen 316
Humla 307 Husby-Långhundra 87, 302 Härna 88 Høre 306 Hørning 309 Jelling 275, 300 Kärnbo 86 Köping 51, 84, 306 Ledberg 86 Lindisfarne 36 Listerby 88 Lom 306 Lovö 306 Läby 174 Löt 86 Mære 306
Indices
Markim 99 Meldorf 28 Niederdollendorf 313–315, 346 Nore 306 Norra Vånga 88 När 84 Oberflacht 313 Odensala 69 Oseberg 256, 333 Petersdom 297 Ramstigen 69 Raundalen 273 Ravninge 67 Ribe 29, 294 Ringebu 306 Risby 74 Runkärr 78, 127 Rydaholm 55, 88 Röekillorna 77 Rök 176 Skatelöv 98, 102 Sollentuna 69 Stange 306 Stenstad 334 Stora Hammers 287
405 Thames Scramasax 29 Tillinge 87 Tomstad 195 Tranemo 88 Trendgården 315 Trosa-Vagnhärad 86 Tune 305 Tutaryd 248 Tånnö 85 Täby 127, 198, 201, 243, 303, 334 Uppåkra 96 Urnes 287, 306 Vadstena 29 Vallentuna 233 Varkumla 307 Varnhem 98 Viby 88 Vimose 28 Vårfrukyrka 99 Väse 98 Västerhaninge 108 Västerljung 85 Västerås 86, 295 Ytterselö 86 Zöbingen 313 Ås 309 Östersund 127
ORTSNAMEN Svƭldr 293 Tirsvad 77 Ulleråker 4 Vaksala 4 Vänern 76 Väster Hästbo 51 Vättern 76 Þingvellir 100 f.
Bergslagen 110 Gudensø 77 Gudhem 3, 104 Håkantorp 3 Hjälmaren 76 Mälaren 76, 240 Rassvad 75 Stiklastaðir 294
PERSONENNAMEN Alexander III., Papst 73, 296 Ansgar, Missionar 293 Åsmund Kåreson, Runenritzer 8
Bengt, Bischof 65 Blót-Sven, König 295 Kol, Bischof 65
406 Eskil, Bischof 295 Braut-Anund, König 65, 153 Chlodwig, König 293, 316 Eiríkr blóðøx Haraldsson (Erik Blutaxt) 262 Erik Blutaxt, König ϒ Eiríkr blóðøx Haraldsson Erik Jedvardsson 296 Erik der Heilige, König ϒ Erik Jedvardsson Erik, Jarl ϒ Erik Håkonsson Ladejarl Erik Håkonsson Ladejarl 294 Fot, Runenritzer 8 Gauthbert, Missionar 293 Gregor der Große, Papst 73 Gregor von Tours (Gregor Florentinus) 73 Hákon der Gute, König ϒ Hákon Aðalsteinsfóstri Haraldsson Hákon Aðalsteinsfóstri Haraldsson 262, 294 Hákon Magnússon, König 280 Harald Blauzahn, König ϒ Haraldr blátdžnn Gormsson Haraldr blátdžnn Gormsson 67, 293, 294, 334 Harald „Klak“ Halfdansson 293 Heinrich III., Kaiser 66 Ingvar den vittfarne 34 Inge den äldre, König ϒ Inge Stenkilsson Inge Stenkilsson 295 Innozenz III., Papst 298 Jarlabanke 334 Jaroslaw, Fürst ϒ Jaroslaw I. Wladimirowitsch Mudryj Jaroslaw I. Wladimirowitsch Mudryj 295 Karl der Große, Kaiser 67 Karl Sverkerson, König 296
Indices
Knut der Heilige, König ϒ Knútr inn helgi Sveinsson Knútr inn helgi Sveinsson 296 Konstantin der Große, Kaiser 291 Liutprand, König 77 Ludwig der Fromme, Kaiser 293 Magnus Birgersson (Ladulås), König 3, 174 Magnus Eriksson (Magnus II.), König 65 Olaf der Heilige, König ϒ Óláfr inn helgi Haraldsson Óláfr inn helgi Haraldsson 264, 294, 296, Olaf kyrri, König ϒ Óláfr inn kyrri Haraldsson Óláfr inn kyrri Haraldsson 271 Olaf Skötkonung, König ϒ Óláfr sænski Eiríksson Óláfr sænski Eiríksson 294, 295, Olaf Tryggvason, König ϒ Óláfr Tryggvason Óláfr Tryggvason 294, 295, Öpir, Runenritzer 8, 32 Osmund, Missionar 295 Otto I., Kaiser 294 Otto II., Kaiser 294 Poppo, Bischof 294 Rdžgnvaldr, Jarl ϒ Rdžgnvaldr Eysteinsson Rdžgnvaldr Eysteinsson 295 Sigrid von Schweden, Königin ϒ Sigrid Storråda Sigrid Storråda 294 Sigurðr jórsalafari Magnússon, König 160 Stenkil, König 295 Sven Gabelbart, König ϒ Sveinn tjúguskegg Haraldsson Sveinn tjúguskegg Haraldsson 294 Unni, Erzbischof 295 Willibrord, Missionar 293
Anhänge
Anhang I Kartierung des Untersuchungsgebietes
Abb. 12: Das Untersuchungsgebiet der vorliegenden Arbeit (schraffiert), die Kürzel entsprechen den in Kapitel 1.9 vorgestellten Landschaftskürzeln.
Anhang II Beispiel eines Formblatts (siehe Kap. 2.3)
Sö 101 RAÄ: Jäder 39:1 TOPOGRAPHIE: Die Runenritzung in anstehenden Fels befindet sich am südwestlichen Abschluss einer bergigen Anhöhe. Die Umgebung ist bewaldet und im direkten Umfeld nicht bebaut. Am Fuß der Anhöhe verläuft eine kleinere, mit dem Auto zu befahrende Straße. Der Stein ist gut zu Fuß zu erreichen, die Umgebung gepflegt. BESONDERES: Die Ritzung ist in der Literatur als Sigurdsristningen bekannt, bezogen auf das Bildprogramm innerhalb der Runenschlinge. ARCHÄOLOGIE: 1. Nächste Umgebung (0 bis 100 m) RAÄ
ABSTAND
BESCHREIBUNG
Jäder 125:2
innerhalb
5 Ackerterrassen, 1 runde Steinsetzung
Jäder 159:1
7m so
5 runde Steinsetzungen
Jäder 39:2
19m sw
Reste einer vorzeitlichen Brücke
27m sw
moderne Landstraße
61m sw
Bach
61m sw
Grenze zwischen den Kirchspielen Jäder und Sundby
Sundby 41:1
80m sw
Runenstein Sö ATA 1918/ 43
Sundby 28:1
83m sw
2. Brückenpfeiler zu Jäder 39:2, führt zum Weg auf der Sundbyås
Anhang II
411
2. Weitere Umgebung (101 bis 500 m) RAÄ
ABSTAND
BESCHREIBUNG
Jäder 125:1
131m so
2 Hohlwege (3 + 5m breit); im Westen geht der Hohlweg in eine Vägbank über
233m s
moderne Landstraße
Jäder 43:1
424m no
Odlingsröse
Sundby 42:1
330m w
Alter überlieferter Weg (Färdväg), der über die Krone der Sundbyås führt (1,5m breit)
3. Umgebung (501 bis 1000 m) RAÄ
ABSTAND
BESCHREIBUNG
539m n
Mälarsee
Sundby 29:1
625m nw
neuzeitliche Bebauung
Sundby 30:1
661m s
1 Hügel: 12m diam, 1,4m hoch
Jäder 48:1
720m no
Heute noch 9 runde Steinsetzungen, nach älteren Aufzeichnungen waren es ca. 23 Anlagen
Jäder 45:1
727m no
5 runde Steinsetzungen
Jäder 148:1
774m n
1 runde Steinsetzung
Sundby 10:1-3
860m s
Runenstein Sö 116, Runenstein Sö 117, Kirche (mit mehreren mittelalterlichen Grabplatten)
Jäder 143:1
909m o
stensträng
Sundby 14:1
931m nw
Sundbyholms Schloss
Jäder 46:1
950m n
1 runde Steinsetzung
Sundby 13:1,2
963m so
2 Hügel: 5m diam, 0,4m hoch
Jäder 146:1
968m no
1 runde Steinsetzung (unsicher)
Jäder 47:1
995m no
Als Befund vermerkt, vermutlich natürlich
Anhang III Schematische Darstellung zu Runensteinen und archäologischem Befund
Abb. 13: Vs 9 und Vs 10 flankieren eine Brücke, die Umgebung wurde vollständig bebaut und damit verändert.
Anhang III
413
Abb. 14: Sm 96 an einem Weg inmitten eines fundleeren Moorgebietes.
414
Anhang III
Abb. 15: Sö 302 am südwestlichen Rand des Gräberfeldes, die Siedlung ca. 500m südöstlich.
Abb. 16: Sö 41 am nordwestlichen Rand des Gräberfeldes, Siedlung und Kirche ca. 450m südwestlich.
Anhang IV Runensteine am ursprünglichen Standort (Tabelle 34) Blekinge DR 357 DR 363
DR 360
DR 361
Bohuslän Bo 5 (Peterson1992)
Bo 8 (NIyR 4)
Gästrikland Gs 11
Gs 12
Gotland G 40 G 95
G 88 G 248
G 94 G 280
Hälsingland Hs 6
Hs 14
Hs 15
Jämtland J RS1928;66
Medelpad M1 M6
M3 M 11
M5
Närke Nä 9 Nä 31
Nä 11 Nä 32
Nä 15 Nä 3
Öland Öl 1 Öl 46
Öl 18
Öl 25
416
Anhang IV
Östergötland Ög 10 Ög 29 Ög 42 Ög 46 Ög 63 Ög 99 Ög 134 Ög 138 Ög 183 Ög 207 Ög 210 Ög 224 Ög N250
Ög 22 Ög 30 Ög 43 Ög 47 Ög 93 Ög 100 Ög 135 Ög 155 Ög 187 Ög 208 Ög 214 Ög 228 Ög N269
Ög 26 Ög 38 Ög 45 Ög 48 Ög 98 Ög 104 Ög 137 Ög 163 Ög 189 Ög 209 Ög 219 Ög 230 Ög N288
Skåne DR 259 DR 282 DR 285 DR 317 DR 335
DR 268 DR 283 DR 286 DR 323
DR 280 DR 284 DR 290 DR 334
Småland Sm 1 Sm 8 Sm 17 Sm 29 Sm 36 Sm 44 Sm 53 Sm 61 Sm 71 Sm 78 Sm 90 Sm 96 Sm 110 Sm 131 Sm 134 Sm 138 Sm 142
Sm 3 Sm 11 Sm 19 Sm 31 Sm 37 Sm 45 Sm 55 Sm 62 Sm 75 Sm 80 Sm 91 Sm 99 Sm 111 Sm 132 Sm 135 Sm 140 Sm 143
Sm 7 Sm 13 Sm 20 Sm 35 Sm 42 Sm 48 Sm 60 Sm 64 Sm 77 Sm 89 Sm 93 Sm 100 Sm 122 Sm 133 Sm 136 Sm 141
Anhang IV
417
Södermanland Sö 2 Sö 22 Sö 39 Sö 45 Sö 52 Sö 56 Sö 73 Sö 86 Sö 104 Sö 108 Sö 113 Sö 120 Sö 131 Sö 138 Sö 144 Sö 152 Sö 159 Sö 171 Sö 175 Sö 183 Sö 188 Sö 194 Sö 197 Sö 200 Sö 203 Sö 211 Sö 218 Sö 221 Sö 224 Sö 227 Sö 236 Sö 244 Sö 251 Sö 257 Sö 260 Sö 269 Sö 287 Sö 294 Sö 300 Sö 304 Sö 308 Sö 313 Sö 324
Sö 9 Sö 23 Sö 41 Sö 47 Sö 53 Sö 58 Sö 74 Sö 101 Sö 106 Sö 110 Sö 118 Sö 126 Sö 133 Sö 139 Sö 145 Sö 157 Sö 165 Sö 173 Sö 178 Sö 184 Sö 192 Sö 195 Sö 198 Sö 201 Sö 209 Sö 212 Sö 219 Sö 222 Sö 225 Sö 231 Sö 237 Sö 248 Sö 255 Sö 258 Sö 261 Sö 270 Sö 288 Sö 296 Sö 301 Sö 305 Sö 311 Sö 318 Sö 327
Sö 19 Sö 32 Sö 43 Sö 50 Sö 54 Sö 62 Sö 79 Sö 103 Sö 107 Sö 112 Sö 119 Sö 130 Sö 137 Sö 140 Sö 148 Sö 158 Sö 166 Sö 374 Sö 180 Sö 187 Sö 193 Sö 196 Sö 199 Sö 202 Sö 210 Sö 217 Sö 220 Sö 223 Sö 226 Sö 235 Sö 240 Sö 250 Sö 256 Sö 259 Sö 265 Sö 272 Sö 292 Sö 298 Sö 302 Sö 306 Sö 312 Sö 321 Sö 328
Anhang IV
418
Sö 331 Sö 344 Sö 349 Sö Fv1948;298 Sö Fv1986;35 Sö Fv1993;229
Sö 332 Sö 346 Sö 359 Sö Fv1954;20 Sö Fv1982;235 Sö SB1965;19
Sö 336 Sö 347 Sö 367 Sö Fv1959;262 Sö Fv1986;218 Sö SB1965;20
Uppland U 10 U 17 U 22 U 34 U 38 U 45 U 57 U 60 U 74 U 81 U 89 U 99 U 102 U 116 U 123 U 135 U 151 U 144 U 147 U 161 U 165 U 187 U 193 U 207 U 210 U 227 U 232 U 238 U 244 U 249 U 266 U 280 U 287 U 294 U 306 U 309
U 11 U 18 U 29 U 35 U 41 U 52 U 58 U 69 U 77 U 86 U 90 U 100 U 112 U 117 U 126 U 136 U 141 U 145 U 150 U 163 U 177 U 188 U 194 U 208 U 225 U 229 U 236 U 240 U 247 U 251 U 267 U 281 U 288 U 304 U 307 U 310
U 14 U 19 U 30 U 36 U 42 U 55 U 59 U 73 U 80 U 88 U 93 U 101 U 114 U 118 U 130 U 137 U 143 U 146 U 160 U 164 U 186 U 190 U 200 U 209 U 226 U 231 U 237 U 241 U 248 U 265 U 268 U 284 U 293 U 305 U 308 U 311
Anhang IV
U 313 U 321 U 327 U 331 U 348 U 351 U 360 U 392 U 409 U 412 U 421 U 428 U 444 U 450 U 459 U 466 U 473 U 478 U 490 U 497 U 508 U 511 U 524 U 531 U 579 U 593 U 599 U 612 U 620 U 630 U 642 U 646 U 660 U 667 U 672 U 677 U 687 U 692 U 703 U 719 U 724 U 727 U 732 U 740 U 753
U 318 U 323 U 329 U 337 U 349 U 352 U 363 U 393 U 410 U 418 U 423 U 429 U 445 U 455 U 460 U 471 U 474 U 479 U 492 U 500 U 509 U 518 U 529 U 537 U 581 U 595 U 600 U 613 U 623 U 633 U 643 U 654 U 661 U 670 U 674 U 684 U 689 U 693 U 711 U 720 U 725 U 728 U 735 U 742 U 754
419
U 319 U 326 U 330 U 347 U 350 U 356 U 371 U 391 U 411 U 420 U 426 U 442 U 448 U 457 U 463 U 472 U 475 U 485 U 496 U 504 U 510 U 519 U 530 U 566 U 590 U 598 U 611 U 614 U 629 U 641 U 645 U 659 U 662 U 671 U 676 U 686 U 690 U 700 U 712 U 723 U 726 U 729 U 739 U 747 U 755
Anhang IV
420
U 756 U 764 U 767 U 771 U 789 U 793 U 798 U 808 U 814 U 829 U 857 U 868 U 879 U 887 U 897 U 902 U 913 U 921 U 949 U 956 U 969 U 973 U 976 U 991 U 999 U 1007 U 1016 U 1019 U 1024 U 1041 U 1054 U 1059 U 1070 U 1084 U 1096 U 1100 U 1107 U 1117 U 1136 U 1140 U 1150 U 1155 U 1158 U 1162
U 757 U 765 U 768 U 786 U 791 U 794 U 803 U 809 U 815 U 839 U 859 U 870 U 884 U 889 U 898 U 903 U 914 U 947 U 950 U 957 U 970 U 974 U 985 U 992 U 1005 U 1009 U 1017 U 1020 U 1039 U 1042 U 1056 U 1060 U 1071 U 1093 U 1097 U 1104 U 1110 U 1118 U 1138 U 1142 U 1151 U 1156 U 1159 U 1163
U 763 U 766 U 770 U 787 U 792 U 797 U 804 U 813 U 827 U 848 U 865 U 875 U 885 U 893 U 899 U 904 U 918 U 948 U 951 U 958 U 971 U 975 U 990 U 996 U 1006 U 1010 U 1018 U 1022 U 1040 U 1053 U 1057 U 1065 U 1081 U 1095 U 1098 U 1106 U 1111 U 1125 U 1139 U 1146 U 1152 U 1157 U 1160 U 1164
Anhang IV
U 1165 U 1172 U 1180 U Fv1955;216 U Fv 1973;146 U Fv1976;99 U Fv1983;228 U Kvhaaå2003;65 U THS 10;58
U 1167 U 1174 U ATA 4741/44 U Fv1955;219 U Fv 1974;203 U Fv1976;108 U Fv1986;84 U NOR 2002;32
421
U 1171 U 1175 U Fv1946;258 U Fv 1972;172 U Fv 1975;169 U Fv1977;162A U Fv1988;241 U RR 1987;134
Värmland Vr 1
Vr 2
Västergötland Vg 3 Vg 7 Vg 14 Vg 35 Vg 61 Vg 90 Vg 127 Vg 133 Vg 152 Vg 168 Vg 173 Vg 182 Vg 194
Vg 4 Vg 11 Vg 15 Vg 49 Vg 66 Vg 115 Vg 128 Vg 136 Vg 157 Vg 169 Vg 174 Vg 189 Vg 195
Vg 6 Vg 13 Vg 16 Vg 55 Vg 76 Vg 123 Vg 130 Vg 140 Vg 161 Vg 172 Vg 181 Vg 192
Västmanland Vs 9 Vs 17 Vs 31
Vs 10 Vs 23 Vs Fv1988;36
Vs 13 Vs 27
Abb. 17: Sigurdsristningen in Ramsund, Jäders sn, Södermanland. (Foto: Bengt A. Lundberg, Riksantikvarieämbetets Kulturmiljöbild)
Anhang V Bilder
Abb. 18: ”Sigrids Brücke” (Jäder 39:2) unterhalb von Sö 101, Ramsund, Södermanland (Foto: Lydia Klos).
Anhang V
423
Abb. 19: Beispiel für einen Runenstein auf einem Gräberfeld: Sö 106, Kungshållet, Kjula Ås, Södermanland inmitten des Gräberfeldes von Kjula (Kjula 11:1) (Foto: Lydia Klos).
424 Anhang V
Abb. 20: Das Gräberfeld von Kjula (Kjula 11:1), Södermanland Im rechten Bildbereich der Runenstein Sö 106 (Foto: Lydia Klos).
Anhang V
425
426
Anhang V
Abb. 21: Sö 106, Kungshållet, Kjula Ås (Quelle: Bengt A. Lundberg, Riksantikvarieämbetets Kulturmiljöbild).
Abb. 22: Eine Felsinschrift (Sö 41, Björke, Södermanland) (Foto: Bengt A. Lundberg, Riksantikvarieämbetets Kulturmiljöbild).
Anhang V
427
428
Anhang V
Abbb. 23: Eine weitere w 3 Kiholm m, Södermanland) Felsinnschrift (Sö 344, kung des Waasserspiegels Gut zu erkeennen ist hierr die Absenk M in Mittelschwe den Foto: Harald Faith-Ell, Riiksantikvarieeämbetets Kuulturmiljöbild). (F
Anhang V
Abb. 24: Der in der Mitte gespaltene Stein Sö 206 aus der Kirche von Överselö, Södermanland (Foto: Bengt A. Lundberg, Riksantikvarieämbetets Kulturmiljöbild).
429
430
Anhang V
Abb. 25: Runenstein Öl 149 mit erhaltenen und rekonstruierten Farben aus der Kirche von Köping, Öland (Foto: Bengt A. Lundberg, Riksantikvarieämbetets Kulturmiljöbild).
Abb. 26: Runenstein (U 297) und Kirche in Skånela, Uppland (Foto: Pål-Nils Nilsson, Riksantikvarieämbetets Kulturmiljöbild).
Anhang V
431
Abb. 27: Nicht nur bei, sondern direkt in der Kirche von Ås: der Runenstein Vg 112 (Foto: Bengt A. Lundberg, Riksantikvarieämbetets Kulturmiljöbild).
432 Anhang V
Anhang V
433
Abb. 28: Viel Anlass für Diskussionen, nicht nur in Bezug auf seinen Standort: Der Runenstein Vr 1, Järsberg, Värmland (Foto: Lydia Klos).
434
Anhang V
Abb. 29: Reiche Runensteinornamentik auf dem Stein U Fv1976;107, welcher heute im Universitätspark in Uppsala, Uppland steht (Foto: Lydia Klos).
Anhang VI Karten Kartierung der Runensteine Es folgen nun die Verbreitungskarten der Runensteine in den behandelten Landschaften. Jede Landschaft wurde einzeln kartiert, um einen Vergleich der Landschaften zu ermöglichen und eine gewisse Übersichtlichkeit beizubehalten. Folgende Informationen wurden in den Karten verarbeitet:
1) Wo befinden sich die Runensteine Alle 2 654 Steine wurden an ihrem, soweit möglich, ursprünglichen Standort kartiert, versetzte, verlorene und vermauerte Steine an ihrem ältesten Fundort. Zur besseren Zuordnung wurden diese mit Nummern versehen, welche der Zählung in SRI und DRI entsprechen. Eine solche Zuschreibung mit Nummern war auf der Karte „Uppland“ jedoch nicht möglich, da die Steine hier zu nah zusammen stehen und zusätzliche Textinformationen das Lesen der Karte unmöglich gemacht hätten.
2) Die Standorte Mit drei unterschiedlichen Symbolen wird gekennzeichnet, in wieweit der Stein am ursprünglichen Standort steht (Ɣ), versetzt oder verloren ist (ż) oder sekundär vermauert wurde (†). Alle Runensteine am ursprünglichen Standort finden sich außerdem in einer Liste (Anhang IV, Tabelle 34). Blekinge Bohuslän Frösö (Jämtland) Gästrikland Gotland Hälsingland Medelpad Närke Öland
Östergötland Skåne Småland Södermanland Uppland Värmland Västergötland Västmanland
356
357 358 359
361
Blekinge
360
365
363
5km
ups versetzt sekundär vermauert
12
3 2
15
8
5
4
ups versetzt sekundär vermauert 5km
Bohuslän
J1
ups versetzt sekundär vermauert 10km
Frösö (Jämtland)
21
22 20
19
18
10 13
12
17
14
15, 16
7 8
9
4
ups versetzt sekundär vermauert
3
20km
Gästrikland
1, 2
5
11
305, 309, 310 268
266, B271
325
303 274 270, 272, B316 280 276, 277
264
248 252 B51 342
156, 157
218, 219
227, 228
220
207, 208
141 138, B407
203
200 188, 189
B401 193 186-187
134-136 116, 117
181
111-113 110 109
77, B168 80
72
86, 87 92, 93 379 B148, 149
88
373
94 96 95
368 52, 53
59, 370 37 40
41
ups versetzt sekundär vermauert 20km
Gotland
21
20 16-18
14 11,12 9,10
13
8 6
5 2 1
ups versetzt sekundär vermauert 10km
Hälsingland
3,4
15
Medelpad
4
5
7
8
19,20 13
6 2
9-12 11
18
1
3
15-17
10km
ups versetzt sekundär vermauert
32 29 18
34
30 23, 25-28
31
16, 17 14 19
3
12
15 11
8 9
1
ups versetzt sekundär vermauert 20km
Närke
58
55 56, 57, N172, N173
53, N167 N118 48-52, N93-N117, N119-N163 46 44
45
42, 43, N77 39-41 N71 36-38 31, 33 30 2 1
28, 29 26, 27, KLM22910
25
N14 3, 4, N6, N8, N9 6, 7, N15-N18 5
23, 24 NOR2002 19-21, N35-N49, + Neufund
9 22 10, 11 12 N26
13 14, 15
17, 18 16
ups versetzt sekundär vermauert 20km
Öland
44,45 46-48 Fv1959 N250
43
231-236,ATA580
145,146 237 155 15 153,154 152 13,14 147-151
228
225
226,227,229,N288 23,24 16-19 230 163 21 20,22 25-28 156-159, Fv1959 161 29,30 31-33 103,104,117-124, NOR1994 164 34 246,Fv1959[2] N269 219 99 176 9 101 ATA1083 N263 8 Fv1950 36,37,ATA4197 171,172,174,175, ATA 4654 177,Fv1959[4] ATA5503 38 61 170 198,ATA4666 169 183 41 224 NOR1997 128-130,Fv1950 181 42 10 221-223,M÷LM1960 179 113 40 214 105-108 112 11 188,238 165,166,168,ATA6488,N272 M÷LM1875 190,191 63 211,212 111 110 62 201 100 186 109 115,116 Fv1983,N268 64-66 91 ATA6225 60 192 193,19471 184,185,ATA4905 77 81-85 207-210 187 134,135 189 204-206, Fv1965 88 89,90 202,203 58 138 199 195 96 196 97,98 180 137 197 200 136 92,94,95,Fv1975 131,132 93,N267 67-70 162, Fv1970
133 144
142,143
125,126
218
127
216 217
ups versetzt sekundär vermauert
215
20km
Östergötland
Skåne
5km
ups versetzt sekundär vermauert
Fv 1968
333
262
260 259
316
325 321 324
266
314 315
317
323 318
258
276 275 278,279
280,281 277
268 270 271
274
295-297
272,273 269
298
329-331 328
264,265
334,335
290-292 282-286 293 287-289
294 339
338
347
337
NOR 1988
343
Fv 1966
349
344,345
71
73
72
Fv1948 [3]
50
44
Södermanland
45,51,367
174 209,211,214 375 ATA6294,6491 175 82-84,362,363,ATA5165, 213 204-208,377 322 Fv1958,SB1965 101,ATA1918 323,324 201 321 194,195 102,103 90,Fv1958 119 192,193,198,200,212 118 210 199 85 96-98,100 Fv1954 328 91 196,197 Fv1986 337 80,81,314 327 79 202,203,376 336 274 ATA4202,Fv1948 188,189 104-106,Fv1969 ATA7551 325,326 Fv1993 187 275-279,281,77U 107-110,357,358 Fv1988 182,184 Fv1971 300 299 ATA6447 290 287 185,186 301 329,333,335,382 111 381 180,183 282-285 92 331,332 190 344 303 76,77 112-115,Fv1990,NOR1998 268,271,272 178,179,181 288 302,304,380 306 177 93-95 270 305 289 Sb1965 378 86 307-313,Fv1986 269 340 88 267 Fv1954 338,339 343 265 259,264,266,273,Fv1959, 342 120 295,296,ATA4207 297,SB1965 241-247 291 240 260-263 298 294 350 237,238 316,ATA5501 315 293 ATA4407 236 346,347 235,292 8 13 354 226 228,231-234 3-7 9 351-353,383 222 345 224,225 11,12 Fv1973 216 239,Fv1948 348,349 17 16 1 21 223 20 10 218 250 229,230 14,15 366 Fv1979 18 249 22,23 19 215,Fv1986 217,219-221 317 58 34,35 227 2 66,369 248,255-258 67,69,SB1965 28-31 318 Fv1993 68 251-254,Fv1971 167,168,373 143,147,149,150 74 70 165,166,Fv1982 32,33,37 24,25,27,36,37,39,359 132,139,140,NOR1997 54,55,360 319 136-138,141,Fv1948 320,ATA6058 62 26 63,64 128,129 134,135,370,Fv1948 56,57 131,133 40-43,Fv1959 124,125,127 65 60 151 NOR1998 171 52 368 130 53,Fv1984 142 61 153,154,157-159 126 172,173,374 59 145,146,148,152 160-162 163 75,Fv1954 47 164 144,155,156,ATA6163 46 170 121-123 49 169 48
20km
ups versetzt sekundär vermauert
ups versetzt sekundär vermauert 10km
Uppland
ups versetzt sekundär vermauert 20km
NOR 1994
2
3
1
14 17
9
2
11-13,15,106
35
4
8
16 47,48
51
40
110
100
55,56
32 77
112
104 115
101
102,103,107-109 30 113,114 118 119,120 116
117
67
49
199
73 74
78
65,66
61
59
125 127
126 122 123
90
62
151 152 Fv1980
85
133 140
153,154
130
136,137 135 182,183 181
156 157
162
155,NOR 1997
200,201
139
149 184 NOR 1997
178-180 177 172 170,171
174-176,197,198
173
160 158
159 161
186 168,169 166 187
190 189
194 193
ups versetzt sekundär vermauert 20km
linke Seite: Värmland
92
128
257
188
76 82
83
63
124
150
7
18,20
39
33,34 107,NOR2002
3 5
37
44,45
Västergötland
191
195
192
6
Västmanland
32,33
24
1,2
4,5
3
9,10
35
21
13
17 16
15
20km
ups versetzt sekundär vermauert
29
20
28
11
18,19
22
25 27
23
30
31