I 111
Günter Kauftmann
Rolf Sauer
Wolfgang Weber
(Hrsg.)
Radiologie Bildgebende Verfahren, Strahlentherapie, Nuklearmedizin und Strahlenschutz 4., völ lig übera rbeitete Auf lage
Mitbegründet von:
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. h.c. E. Maser
Mit Beiträgen von:
Dr. rer. nat. Martin Behe, P rof. Dr. med. Markus Düx, Prof. Dr. med. Rainer Fietkau, Prof. Dr. med. M ichael Forsti ng, Prof. Dr. med. Peter Hallscheidt, Prof. Dr. med. Olav Jansen, Prof. Dr. med. Günter Kauffmann, PD Dr. Dr. med. Philipp T. Meyer, Prof. Dr. med. Stephan M i l ler, Dr. rer. nat. M ichael Mix, Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. h .c. Ernst Maser, Prof. Dr. rer. nat. Reinhold G. Müller, Prof. Dr. med. Markus Mül ler-Schimpfle, Prof. Dr. med. Phi lippe L. Pereira, PD Dr. med. Boris Radeleff, Prof. Dr. med. G ötz M artin Richter, Prof. Dr. med. Ralf Sauer, Prof. Dr. med. Peter Stegen, Prof. Dr. med. Wolfgang Weber, Dr. med. Damian Wild
ELSEVIER
URBAN & FISCHER
URBAN & FISCHER München
Zuschriften an: Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Hackerbrücke 6,
80335 München
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de/ abrufbar.
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4. Auflage 20 I I l . Auflage 1 996
© Elsevier GmbH, München
Der Urban & Fischer Verlag ist ein lmprint der Elsevier GmbH.
12
5
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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline Form gewählt. Selbst verständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.
Planung: lnga Dopatka Lektorat: Petra Eichholz Redaktion: Dr. Anne Schulz, Landsberg/Lech Zeichnungen: Mary Anna Barrat-Dime ·,Jonathan Dimes, Lob&Partner, Katja Dalkowski, Ste fa n E lsberger, Esther Schenk-Panie Herstellung: Kerstin Wilk, Leipzig; Elisabeth Märtz, München Satz: abavo GmbH, Buchloe/Deutschland; TnQ, Chennai!Indien Druck und Bindung: Printer Trento
S.r.l., Trento/ltalien
Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm
Titelfotografie: Dario Sabljak/Fotolia; Schwanenhalsdeformität bei rheumatoider Arthritis
ISBN
978-3-437-414 1 7-6
Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.clsevier.de und www.elsevier.com
Vorwort zur 4. Auflage Radiologie-Lehrbuches richtet sich vor an die S t u di erende n der Medizin in den ersten klinischen allem Semestern. Sie hat deren Lernbedürfnis im Auge, das in diesem Studienabschnitt üblicherweise stark prüfungsorientiert ist. Die Grundlagen der Anwendung ionisierender und nicht ioni sierender Strahlungen werden allerdings im weiteren Studium, bei der klinischen Weiterbildung und zukünftigen praktischen Tätigkeit an Bedeutung eher zunehmen und immer als selbst verständlich vorausgesetzt werden. Das ursprüngliche Fach Radiologie wurde in den letzten Jah ren zum Querschnittsfach "Bildgebende Verfahren, Strahlen behandlung und Strahlenschutz". Dieses bezieht das Gebiet der Nuklearmedizin, aber auch den Ultraschall mit ein. Letzterer ist Bestandteil nahezu j eder einzelnen Facharzt- Weiterbildung. Obendrein hat sich 1988 die Strahlentherapie ( Radioonkolo gie) als weiteres klinisches Gebiet von der Radiologie gelöst. Das Konzept unseres Lehrbuchs besteht also darin, die allen radiologischen Gebieten gemeinsamen Grundlagen in ihrer ganzen Vielfalt, aber doch übersichtlich und konzentriert dar zustellen: etwas Strahlenphysik und Strahlenbiologie, die heu tigen Kenntnisse der Strahlenpathologie, die Bausteine der Di agnostischen und Grundbegriffe der Interventionellen Radio logie, die Grundlagen der diagnostischen und therapeutischen Nuklearmedizin und der Strahlentherapie sowie die unver zichtbare Einbindung letzterer in die interdisziplinäre Onkolo gie. Hinzu kommt jeweils etwas Gerätekunde. Darüber hinaus müssen jedem Arzt bzw. Mediziner die Grundlagen des Strah lenschutzes bekannt sein, und zwar unabhängig von seiner fachlichen Ausrichtung. Das umfasst die praktischen Maßnah men für Patienten, Personal und die Gesamtbevölkerung, die wichtigsten Grenzwerte und deren wissenschaftliche Begrün dung. Die 4. Auflage unseres
den Ansatz, die radiologischen Gebiete tiefgreifend zu und für die spätere berufliche Praxis zu erlernen, verzichten wir bewusst, so wünschenswert er auch sein mag. Das Buch enthält also keine Organkapitel mehr, die die Indika tionen krankheitsbezogen in einem diagnostischen Stufenkon zept darstellen. Wir verlagerten vielmehr wichtige Fallbeispiele in die bildgebenden GrundlagenkapiteL Dabei waren uns hochwertige und aussagekräftige Bilder wichtig. Die Autoren bemühten sich um eine gut verständliche und trotzdem präzise Sprache. Das war ganz besonders wichtig bei den Beschreibungen der sowieso schon komplizierten physika lischen, technologischen, biologischen und strahlenpathologi schen Zusammenhänge. Medizinische Fachausdrücke, soweit sie in den ersten klinischen Semestern noch unbekannt sein dürften, wurden möglichst vermieden. Wenn dies nicht zu um gehen war, finden sie sich in einem Glossar erläutert. Herausgeber und Autoren danken dem Verlag Elsevier/Ur ban & Fischer, München, für die anregenden konzeptionellen Gespräche, die völlige Ü bereinstimmung in den didaktischen Zielen und das gemeinsame Bemühen, den Studierenden ein hochwertiges Lehrbuch zu einem vernünftigen Preis in die Hand zu geben. Insbesondere sind hier Frau Alexandra Frntic, Frau Inga Dopatka und Frau Petra Eichholz im Lektorat, Frau Dr. Anne Schulz als Redakteurin des Buches und Frau Kerstin Wilk in der Herstellung zu nennen. Auf
verstehen
Rolf.Sauer (für die Herausgeber) Erlangen, Heidelberg und Freiburg im April20 1 1
Vorwort zur 1. Auflage In den ersten klinischen Semestern soll der Student die Grund lagen der Radiologie erlernen: Strahlenphysik Strahlenbiolo gie, Röntgendiagnostik, Strahlentherapie, Nuklearmedizin und Strahlenschutz. Die künftigen Ärztinnen und Ärzte werden mit den ungeahnten Möglichkeiten konfrontiert, die ionisierende Strahlung bietet, aber auch mit deren GefahrdungspotentiaL Später werden sie täglich mit Strahlung direkt oder indirekt zu tun haben. Leider weisen aber die Kenntnisse praktizierender Ärzte, was den kritischen Vergleich von Nutzen und Risiko (das ist Strahlenschutz) betrifft, häufig große Lücken auf. Zu Beginn des klinischen Studienabschnitts werden den Stu denten unterschiedliche radiologische Lehrveranstaltungen angeboten, als wichtigste die Pflichtveranstaltung "Kursus der Radiologie einschließlich Strahlenschutz". Die Studenten soll ten die ihnen gebotene Chance nutzen, sie bietet sich in dieser konzentrierten Darstellung kein zweites Mal. Erfahrungsgemäß kommt im studentischen Unterricht das Praktische häufig zu kurz, dies gilt leider auch für den Radiolo giekurs. Dem Studierenden müssen komplizierte technische Grundlagen der Computer- und Magnetresonanztomographie sowie der radiotherapeutischen und nuklearmedizinischen Verfahren ebenso vermittelt werden wie die konventionelle Röntgendiagnostik. Dabei sind Vereinfachungen nicht zu ver meiden. Über die technischen Grundlagen hinaus müssen aber auch die Prinzipien der Anwendung ionisierender Strahlung verständlich gemacht werden. Übungen sollen die klinischen Bezüge des oft trockenen Unterrichtsstoffs aufzeigen. Wer in Zukunft beispielsweise bildgebende Diagnostik verordnen wird, muß schon zu Beginn des klinischen Studienabschnitts Einblick in Organisation, praktischen Strahlenschutz und wirt schaftliche Kosten-Nutzen-Abwägungen erhalten haben. Diese ganze Stoffülle kann der Unterricht nicht abhandeln. Die Dozenten sind darauf angewiesen, daß die Studenten das Kursangebot anband eines begleitenden Lehrbuchs vertiefen und sich weiterführende Kenntnisse im Selbststudium aneig nen. Das vorliegende Buch will mit diesem Ziel dem Studieren den ein hilfreicher Begleiter und dem späteren Arzt ein will kommenes Nachschlagewerk sein. Es soll nicht nur Grundwis sen vermitteln, sondern auch Appetit machen, die Möglichkei ten der klinischen Radiologie in ihrer geradezu stürmischen
Entwicklung kennenzulernen und vielleicht auch selbst anzu wenden. Wir, die Autoren, verzichteten auf eine alles umfassende Ab handlung zugunsren einer gestrafften Form und prägnanten Diktion • mit illustrierenden Abbildungen, die komplizierte techni sche Details vereinfachen, • mit zusammenfassenden Tabellen, • mit röntgenmorphologischen und nuklearmedizinischen Befundbausteinen und Grundprinzipien, • mit notwendigen klinischen Bezügen und Ausblicken (z.B. wird nach jedem Kapitel der Röntgendiagnostik eine kurze Wertung der konkurrierenden diagnostischen Verfahren gegeben, um diagnostische Sicherheit, Schnelligkeit und Kosten-Nutzen-Aspekte frühzeitig einzubeziehen), • mit Merksätzen, die den Text unterteilen und zum Vertie fen des Gelesenen auffordern, • mit einem abschließenden Fragen- und Antwortteil am Ende jedes Kapitels zur Selbstkontrolle des Studenten. Wir sind uns bewußt, daß die Grundlagen der Radiologie in einem Studienabschnitt vermittelt werden müssen, wo die Stu denten noch sehr verschult sind, kaum einen Patienten gese hen haben und die Problematik klinischen Denkens noch nicht wirklich nachvollziehen können. Trotzdem hoffen wir, daß un sere Darstellung in dieser speziellen Situation den Bedürfnis sen der Studierenden entgegenkommt. Wir hoffen weiterhin, daß es uns, obwohl aus drei verschiedenen radiologischen Schulen stammend, gelungen ist, ein integriertes Radiologie lehrbuch vorzulegen, das ohne standespolitischen Partikularis mus die Möglichkeiten der drei radiologischen Disziplinen vorurteilsfrei darstellt. Wir danken dem Verlag für die stete Übereinstimmung in den didaktischen Intentionen und für das gemeinsame Bemü hen, insbesondere Frau Dr. Hennessen, Frau Fritz und Frau Andreas im Lektorat sowie Frau Zschorn in der Herstellung. l�olfSaucr (für die Autoren) Erlangen, Freiburg, Heidelberg im Juli 1996
Autorenverzeichnis Hera usgeber Prof. Dr. med. Günter Kauffmann Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld I I 0 69120 Heidelberg Prof. Dr. med. RalfSauer Universitätsklinikum Erlangen Universitätsstr. 27 91054 Erlangen Prof. Dr. med. Wolfgang Weber Universitätsklinikum Freiburg Direktor Abteilung Nuklearmedizin Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg
Autoren Dr. rer. nat. Martin Behe Universitätsklinikum Freiburg Abteilung Nuklearmedizin Hugstetter Straße 55 791 06 Freiburg Prof. Dr. med. Markus Düx Krankenhaus Nordwest Direktor Zentralinstitut für Radiologie Steinbacher Hohl 2-26 60488 Frankfurt/Main Prof. Dr. med. Rainer Fietkau Direktor der Univ.-Strahlenklinik Universitätsstr. 27 91054 Erlangen
Prof. Dr. med. Michael Forsting Universitätsklinikum Essen Direktor Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuro radiologie Hufelandstraße 55 45147 Essen Prof. Dr. med. Peter Hallscheidt Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung Diagnostische und Interventio nelle Radiologie Im Neuenileimer Feld 410 69120 Heidelberg Prof. Dr. med. Olav )ansen Universitätsklinikum S.-H., Campus Kiel Direktor Institut für Neuroradiologie Schittenhelmstr. I 0 24105 Kiel PD Dr. Dr. med. Philipp Meyer Universitätsklinikum Freiburg Abteilung Nuklearmedizin Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg Prof. Dr. med. Stephan Miller Uhlandstr. 8 73072 Tübingen Dr. rer. nat. Michael Mix Universitätsklinikum Freiburg Abteilung Nuklearmedizin Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. h.c. Ernst Moser Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Straße 55 89106 Freiburg
Prof. Dr. rer. nat. Reinhold G. Müller Univ.-Strahlenklinik Erlangen Leiter Abteilung Med. Physik Universitätsstr. 27 91054 Erlangen Prof. Dr. med. Markus Müller-Schimpfte Gotenstr. 6-8 65929 Frankfurt/Main Prof. Dr. med. Philippe Pereira Klinikum am Gesundbrunnen Direktor Klinik für Radiologie Am Gesundbrunnen 20-26 74078 Heilbronn PD Dr. med. Boris Radeleff Universitätsklinikum Heidelberg Abt. Diagnostische und Interventionelle Radiologie Im Neuenileimer Feld 1 1 0 69 1 20 Heidelberg Prof. Dr. Götz Martin Richter Kat h arin enho spital
Direktor Zentrum für Radiologie Kriegsbergstr. 60 70174 Stuttgart Dr. med. PeterStegen Diakonie-Klinikum Diakoniestr. I 0 74523 Schwäbisch Hall Dr. med. Damian Wild Universitätsklinikum Freiburg Abteilung Nuklearmedizin Hugstetterstr. 55 79106 Freiburg
Abbildungsnachweis Der Verweis auf die jeweilige Abbildungsquelle befindet sich bei allen Abbildungen im Werk am Ende des Legendentextes in eckigen Klammern. Alle nicht besonders gekennzeichneten Grafiken und Abbildungen: siehe die Angaben zu den Zeichnungen im lmpressum. [I] H. Hübner, Berlin. [2] Schicha, H./Schober, 0.: Kompendium der Nuklearmedizin. Stuttgart, Schattauer Verlag 1991. [3] Modifiziert nach: Lissner, )./Fink, U.: RadiologieI. Ferdinand Enke Verlag, 4. A. 1992. [4] Herrmann, T.: Klinische Strahlenbiologie. Fischer Verlag. 2. A. 1990. [5] Prof. Dr. med. G. W. Kauffmann, Heidelberg. [6] Prof. Dr. med. H. U. Kauczor/K. Kunze, Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universität Heidelberg. [7] Prof. Dr. med. H. U. Kauezer/PD Dr. med. Boris Radeleff, Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universität Heidelberg. [8] Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. h. c. E. Moser, Luzern. [9] Luqmani, R. et al.: Textbock ofürthopaedics, Trauma and Rheumatology. Elsevier/Mosby 2008. [ 10] Kliegman, R. M./jenson, H. B./Macdante, K. ).: Nelson Essentials of Pediatrics. Elsevier/Saunders, 5'h ed. 2005. [II] Prof. Dr. med. M. Müller-Schimpfte, Frankfurt/Main. [12] Prof. Dr. med. S. Miller, Abteilung für Radiologische Diagnostik, Radiologische Klinik, Universitätsklinikum Tübingen. [1 3] PD Dr. med. S. Tuengerthal, Heidelberg. [1 4] Marx, ). et al.: Rosen' s Emergency Medicine. Elsevier/Mosby. S'h ed. 2006. [15] Prof. Dr. med. H. U. Kauczor/N. Grenacher, Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universität Heidelberg. [16] Prof. Dr. med. P. L. Pereira, SLK- Kliniken Heilbronn GmbH, Klinik für Radiologie. [I 7] Mettler, F. A.: Essentials of Radiology. Elsevier/Saunders, 2"d ed. 2005. [18[ Prof. Dr. Dr. h. c. M. Reiser/PD Dr. B. Wagner, Institut für Radio logische Diagnostik/Universität München. ln: Sobotta: Atlas der Anatomie des Menschen. Elsevier/Urban&Fischer, 23. A. 2010. [ 191 Prof. Dr. med. 0. jansen, K iel. [201 Roberton, D. M./South, M.: Practical Paediatrics. Elsevier/ Churchill Livingstone, 6'1 1 ed. 2007. [21] Modifiziert nach: Laubenberger, T.: Technik der medizinischen Radiologie. Deutscher Ärzteverlag , 5. A. 1990. [221 Modifiziert nach: Felix, R./Ramm, B.: Das Röntg enbild. Thieme Verlag, 3. A. 1988. [23] S. Dang!, München. [24] Prof. Dr. med. H. U. Kauczor. [26[ Dr. med. W. Melzner, Er langen. [27[ Prof. Dr. med. P. Wust/PD Dr. ). Gellermann, ßerlin. [281 Modifiziert nach: Hall, E. j./Giacc i a , A. ) . : Rad iobi olo gy for the Radiologist. Elsevier/Lippincott, 4'" ed. 1994 . [29[ Modifiziert nach: Frankenberg, D./Frankenberg-Schwager, M. in: Veröffentlichungen der S trahlen sch u t z k ommission , Bd. 33, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz u. Reaktorsicher heit 1995. [301 Mo di fiziert nach: Mitzel-I.andbeck, L.!Hagen, U.: Chemie in unserer Zeit. 10(3):65-74, 1976. [31[ Modifiziert nach: Buckton, K. E./ Evans. H. ).: Methods for the Analysis of Human Chromosome Aberrations. Worlcl Hcalth Orga nization 1973. [32[ Modifiziert nach: Fr i tz - Nigg li, 1-1.: Strahlengel.ihrdung/ Strahlenschutz. Verlag Hans Huber, 4. A. 1997.
[331 Modifiziert nach: Sinclair, W. K.: Biophysical Aspects of
Radiation Quality, Panel Report. IAEA 1968.
[34[ Modifiziert nach: Elkind, M. M./Sutton, H.: Radiation response
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I
erfassen auch ungiinslit: gelegene Tumoren. Dt. Ärzteblatt 2000,
97:5 -52.
[671 [681 j69J [70[ [71[ 1721 [731 [74 1
Brainlab AG, Kapellenstraße 12 ,85662 fclcl kirchen . Prof. Dr. 'lh. I.ehn cr t/P rof. Dr. M. Wannenmacher, Heidelberg. P rof. Dr. mecl. M. ) . Eble, Aachen. Prof. Dr. mecl. Dip!. lng. 1'. Lukas, lnnsbruck. Fa. Buchl�r Cmbll, Braunsc hwc ig. 'l hrranostic Medizintechnik Gmbll. Fa. Nuclct ron-Oidd Ii ln t.:rn al ional Vccncndal/N L. E. Schcnk-l'anic.ivllinchcn.ln: Sauer, R.: Strahlentherapie und Onkologie. I:lsevicr/Urban&Fischcr, 4. A. 2003.
Inhaltsverzeichnis 1.1
Einführung . . . ... . .... .. .... . Geschichte der Radiologie . . . . . . . . . . . . . . .
2
Strahlenphysik .......................
3
Strahlenarten . . ... .......... .... .. . . Photonenstrahlung .................... .
3
Korpuskularstrahlung ...................
.
4
4.4.3
Deterministische somatische Strahlenfolgen ...
45 49
Wechselwirkung von Stra hlung mit Materie . .
4
4.4.4
Spezielle Organtoxizität ................. .
52
Aufbau eines Atoms ....................
5
Röntgendia gnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1
Geräteku nde . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . .
57 57
.
2.1 2.1.1 2.1.2 2.2
2.2.1 2 2.2
.
.
.
.
.
.
.
.
Strahlengenetik . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . . . Teratogene Strahlenfolgen . . . . . . . . . . .. . . .
41 43
4.4
Somatische Strahlenfolgen . . . . . . . . . . ...
4.4.1
Somatische Mutationen ..................
45 45
4.4.2
Stochastische somatische Schäden
4.2 4.3
.
(Kanzerogenese) ......................
3
.
.
Elementarprozesse der Ionisation ......... .
4 5
2.2.3
Radioaktivität ........................ .
8
2.2.4
Entstehung von Röntgenstrahlen ..
. . . . ..
10
5.1.1
Projektionsradiografie
2.3 2.3.1
Röntgenröhre und Röntgenstrahlen . . . . . . . .
11 12 13 15
5.1.2
Sonografie . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.
.
.
.
Aufbau einer Röntgenröhre ...............
2.3.2 2.4
Anwendung in der Röntgendiagnostik ...... .
3
Strahlenbiologie .................... .
19
3.1
Strahlenchemie ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
3.1.1
Wasserradiolyse ......................
Dosisbegriffe und Dosiseinheiten . . . . . . . . .
.
3.1.2
Sauerstoffeffekt ........................
3.1.3
Radiolyseprodukte und LET ...............
21 21 21
3.2
Strahlenbiochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1
DNA und ionisierende Strahlung ..........
.
3.2.2
Reparatur der DNA-Strahlenschäden .......
.
3.3
.
3.3.1
Zel l u läre Strah lenbiologie . . . . . . . . . . . . . . Zelltod, Zellinaktivierung . .. . . . . .
3.3.2
Nekrose und Apoptose ................. .
3.3.3
Erholungs- und Reparaturprozesse ..
.
.
.
.
.
.
.
.
. .
3.4
Biologische Grundlagen der Strahlentherapie von Tumoren . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4.1
3.4.2 3.4.3 3.4.4
149 151
5.3.6
. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25 25
5.3.7
Kardiavaskuläres System . . . . . . .. . . . . . . . . .
197
5.3.8
Urogenitales System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
204
6 6.1 6.1.1
Nuklearmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
209 209
31 32
Elektivität der Strahlentherapie ........... . Wachstum und Proliferation von Tumoren .
34
.
.
.
Strahlenempfindlichkeit und Strahlenresistenz von Tumoren ......................... .
35
Möglichkeiten zur Wirkungssteigerung
36
Strahlenpathologie .................. .
41
Einige G ru ndbegriffe . . . .... . . . . . . .
41
.
4 .1 1
Stochastische und deterministische Strahlenwirkungen .....................
41
4.1.2
Hormesis
41
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
6.1.2 6.1.3
6.1.4
6.1.5 6.1.6
6.1.7 6.1.8
.
.
.
.
.
.
.
.
107 107
Abdomen
34 34
der Strahlentherapie ...................
4 4.1
.
.
Bewegungsapparat . . . . . . . . . . . .. . . . . . . ..
Retroperitoneum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
Fraktionierung und Protrahierung .........
5.3.1
97 100
5.3.4
Zellzyklus ............................ Sauerstoffeffekt in der Klinik ............
5.3
79 97
5.3.5
3.3.6 3.3.8
5.2.2
.
22 23
27
3.3.7
5.2.1
Prinzipien des rad iologischen Kontrasts . . . . Prinzipien der Nativdiagnostik . . . . . . . . . . . . . Prinzipien der Kontrastmitteldiagnostik . . . . . . Klassische Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
Zeitfaktor ........................... .
.
Magnetresonanztomografie (MRT) . . . . . . . .. .
Thorax (Atmungsorgane und Mediastinum) . .
Zellüberlebenskurven ...................
.
Computertomografie . . . . . . . . . . .. . . . . .. . .
5.1.4 5.2
Mamma
3.3.5
. .. .
5.1.3
57 66 73
5.3.2
3.3.4
.
..... .............
5.3.3
25 26 26
.
.
62 6.2.1 6.2.2 6 2.3 .
.
6.2.4
.
. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .
.
.
Prinzipien der Nuklearmedizin . . . . ... . . . . .
120 12 3
180
Was ist Nuklearmedizin? . . . . . . . . . . . . . . . . .
209
Nuklearmedizinische Bildgebung . . . . . . . . . . .
209 209 209
Nuklearmedizinische Therapie . . . . . . . . . . . . . Warum Bildgebung mit radioaktiven Stoffen? . . Nuklearmedizinische Bildgebung im Vergleich mit anderen molekularbiologischen Verfahren
.
210
Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .
210
.
Die Bestandteile einer nuklearmedizinischen Der prinzipielle Ablauf von nuklearmedizinischen Untersuchungen . . . . . . . . . . . . Darstellung nuklearmedizinischer Bilder . . . . . .
Radiopharmaka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
210 211
Besonderheiten von Radiopharmaka . . . . . . . .
212 212
Kitmarkierungen von Radiopharmaka. . . . . . . .
212
Herstellung von Radiopharmaka im Zyklotron . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213
Anreicherung von Radiopharmaka in Geweben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213
X 6.3
Inhaltsverzeichnis Geräteku nde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
215
7.3
Gerätekunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
259
215
7.3.1
Röntgentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
259
7.3.2
6.3.2
Aktivimeter . . . . .... ..... .. . . . .. . ...... Detektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
216
6.3.3
Gammakamera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
216
6.3.4
Single Photon Emission Computed Tomography
6.3. 1
(SPECT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3.5
Positron Emission Tomography (PET) . . . . . . . .
6.3.6
Multimodale Bildgebung
6.4 6.4.1
6.4.2 6.4.3
6.4.4
(SPECT/CT, PET/CT, P ET / M R)
217
217
Bildgestützte Radiotherapie (IGRT) . . . . . . . . . .
264
Strah lentherapeutische Tech n i ken . . . .
266
Grundsätzliche Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . .
266
Techniken der Teletherapie................
267
Kardiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
218
7.4.3
Pulmonologie
221
7.5
.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 228
Neurologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Onkologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
237
239
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
242
6.5.2
Gesetzliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
242
6.5.3
Radioiodtherapie von benignen
235
Nuklearmed izinische T h e rapie . . . . . . . . . . . .
242
.
Schilddrüsenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.4
Radioiodtherapie von malignen
6.5.5
Weitere Therapiemöglichkeiten
243
Schilddrüsenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . .
244
mit offenen radioaktiven Stoffen .. . . . . . ..
245
Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249
.
.
7.1
G ru ndsätzliches z u r Strahlentherapie von
7.1.1
Die Begriffe Strahlentherapie, Radiotherapie und Radioonkologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249
7. 5 1
Radiochemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
281
7.5.2
Hyperthermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
282
.
7.6
Praktisches aus der täglichen Strah lenbehandlu ng . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
283
Physikalisch-technischer Bestrahlungsplan . . . .
283
7.6.2
Einstell- und Lagerungshilfen . . . . . . . . . . . . . .
284
7.6.3
Sicherung und Dokumentation
7.6.1
8
8.1
der Einstellung von Bestrahlungsfeldern . . . . . .
285
Strahlenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
287
Natürl iche und z iv i l isatorische Stra h lenexposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2 8.3
288
Richtlinien, Verordnungen und Normen . . . . . .
288
Für den Strahlenschutz relevante Dosisg rößen
8.4.1
287
Re chtl i che Grund l agen . . ... .. ....... ....
. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .
288
Dosisgren z we rte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
289
.
Dosisgrenzwerte für Personen und
Personengruppen als Basis für die Festlegung
Tumorbehandlung: Stellung der Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . .
249
7.1.3
Strategien in der kurativen Strahlentherapie . . .
249
7.1.4
Strategien in der palliativen Tumortherapie . . .
250
7.1.5
Strahlentherapie gutartiger Erkrankungen . . . .
251
7.2.1
Allgemeine Bestrahlungsplanung...........
251 252
7.2.2
Zielvolumenkonzepte/ therapeutische Volumina . . . . . . . . . . . . . . . . .
275 281
249
7.1.2
Bestrahlungsplanu ng . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Brachytherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kombinationsbehand lungen . . . . . . . . . . . . .
8.4
bösartigen u nd gutartigen Erkran kungen . . .
8.4.2
252
8.5
von Strahlenschutzbereichen . . . . . . . . . . . . . .
290
strahlenexponierte Personen . . . . . . . . . . . . . .
290
Auflagen für beruflich
Praktische Maßna hmen im Strah lenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.5.1
291
Strahlenschutz für beruflich exponierte Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
291
8.5.2
Strahlenschutz in der Röntgendiagnostik . . . . .
292
8.5.3
Strahlenschutz in der Nuklearmedizin . . . . . . .
293
8.5.4
Strahlenschutz in der Strahlentherapie . . . . . . .
293
. . ... . . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . .
295
Das Strahlenfeld und seine Charakterisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
254
Dosisspezifikation in der Bestrahlungsplanung . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.5
7.3.5 7.4 7.4.2
Nephrologie und Urologie . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.4
262 264
218
Orthopädie und Traumatologie . . .. . . . . . . . .
7.2.3
Hyperthermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapiesimulator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Klass isch e Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.4.7
7.2
7.3.3 7.3.4
7.4.1
6.4.6
7
260
218
Endokrinologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.5.1
. . .. . . . . .
.. . . . . . . .. . . . .
6.4.5
6.5
Hochenergie-Strahlentherapie (Hochvolt- oder Megavolttherapie)
.
Glossar. . . . . . 254
Einflüsse auf die Dosisverteilung bei der Photonenund Elektronentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anhang
255
. . . . . . . . ..... . . . . . . . ...
297
Abkürzungsverzeichn i s . . . . . . . . . . . . . . . . .
301
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
304
KAPITEL
1
R. Sauer
E infü hrung
1 . 1 G esch i chte d e r R a d i o l o g i e 1 89 5
Wilhelm Conrad
Röntgen
1 896
1 898
1 900
Antoine Henri Becquerel
P rofessor a n der Un iversität Würzburg, entdeckt am 8. November 1 895 .. eine neue Art von Stra hlen " , von ihm als XStrahlen beze i ch n et. Am 2 2 . Dezember 1 89 5 ferti gt er die erste Röntgenaufnahme a n (die Hand seiner Frau). Röntgen wurde a m 2 7 . März 1 845 in Lennep bei Remscheid geboren und erhielt i m Jahre 1 90 1 als Erster den Nobelpreis für Physik. I m selben Jahr Beginn der radi o l o g i sehen Skelettdiagnostik. Professor i n Paris, entdeckt die Eigenstrahlung von U ranerzen. Für diese erste E ntdeckung einer radioaktiven Substanz erhält er 1 903 den Nobelpreis für Physik. E rste therapeutische A nwend ung von Röntgenstrahlen, etwa gleichzeitig i n den USA, Deutschland, Österreich, E ngland und Frankreich.
entdecken gem e i n sa m i n Paris die raMarie Curie, geb. Sklodowska, d iaaktiven Elemente Polonium und Radium und erhalten zusammen mit u nd Pierre Curie A. H. B ec q uerel 1 90 3 den N obelpreis für Physik, Marie C u ri e zusätzlich 1 9 1 1 den Nobelpreis für Chemie, nachdem ihr 1 9 1 0 die Reindarstellung des Ra d i u m s aus Joachimsthaler Pechblende gelungen i st .
Max Planck
begründet die Quantentheorie ( Energiequanten a nstelle der Gleichverteilung der Energie) und erhält 1 9 1 8 den Nobelpreis für Physik.
1910
Einführung von Bariumsulfat als Kontrastmittel.
1913
N iels Bohr
1 923
Georg von Hevesy führt die Tracertechn i k (radioaktive Ma r k i e r u ng) für b i o l ogisch e Untersuchu ngsmethoden e i n (Nobelpreis für Chemie 1 943)
1 92 7
Hermann Joseph Muller
weist die mutagene Wirkung ion isierender Strahlen nach (Nobelpreis für Physiologie/Medizin 1 946)
1 93 8
Otto H a h n
1 940
Joseph Ham i lton und Mayo Soley
Direktor des Kaiser-Wi l helm-l nstituts f ü r Chemie i n Berlin, entdeckt zusammen mit F . S tra ss ma n n die Kernspaltung ( Nobelpreis für Chemie 1 944).
1 949
Douglass H. How- stellen aus militärischen Restbeständen ry und Roderick ein erstes Impu lsechosystem her (VorB I iss Iäufer des U ltraschallgeräts).
1 97 1
Godfrey N. Hou nsfield
1 97 3
P a u l Christian Lauterbur
entwickelt die Magnetresonanztomografie (M RT, auch Kernspintomografie).
1 97 5
M ichel M . TerPogossian et a l .
Positronenemissionstomografie (PET).
1 97 6
erstellt das Rutherford-Bohr-Atommodell ( N obelpreis für Physik 1 922).
Radioioddiagnostik von Schi lddrüsenerkrankungen.
entwickelt d i e Computertomografie (Nobelpreis für Medizin 1 979).
E inführung der neuen SI-Ei nheiten Gray (Gy) statt Rad (rd) und Becquerel (Bq) statt Curie (Ci).
KAPITEL
2
R.
Sauer u n d R . G . Müller
Strahlenphysik
V
2 . 1 Stra h l e n a rte n
2.1 . 1 P h otonenstra h l u n g
Die medizinische Radiologie nutzt ionisierende Strahlung. Die se ist im Gegensatz zu anderen Strahlenarten (Sonnenstrahlen, Wärmestrahlen) in der Lage, Atome strukturell zu verändern {Ionisierung). Man unterscheidet einerseits zwischen � �lar�rahlung und Photonenstrahlung (Wellenstrahlung) so wie andererseits zwischen direkt und indirekt ionisierender Strahlung.
Zur Photonen- bzw. elektromagnetischen Wellenstrahlung gehören: • die Höhenstrahlung • die Röntgen- und Gammastrahlung • die UV -Strahlung • das sichtbare Licht • die Wärmestrahlung • die UKW -, TV- und Radiowellen ( > Abb. 2. 1 ) Strahlung ist Energietransport Die Energieübertragung auf Materie erfolgt nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft in Form von sog. Quanten: Emission (Abstrahlung), Absorption und Streuung, der Energieverlust eines Elektrons beim Stoß mit Hüllenelektronen von Atomen sowie Ionisations- und Kernreaktionen werden von Quantensprüngen begleitet. Bei der elektromagnetischen Strahlung handelt es sich um den Transport von "Energiepaketen" (Photonen).
M E R K E Korpuskularstrahlung besteht aus Teilchen mit Ruhemasse m0; sie
sind geladen oder u n gelad en (z. B . Elektronen e· und Neutronen n). Photonenstrahlung ist elektromagnetische Wellenstrahlung, die aus u ngeladenen Teilchen (Photonen) ohne Ru hemasse besteht.
Elektrisch geladene Teil chen geben ihre Energie unmittelbar durch Stöße an die Materie entlang ihrer Bahn ab. Je nach Zerfallsart kennt man a++- Teilchen ( Helium-Kerne), ß-- Teilchen (Elektro nen), ß+- Teilchen (Positronen), Protonen und Deuteronen (Kerne des schweren Wassers, bestehend aus I Proton + I Neutron). • Indirekt ionisierende Strahlung: Zunächst wird durch Wechselwirkung mit einem Atom des absorbierenden Ma terials ein geladenes sekundäres Teilchen erzeugt, das sei nerseits durch Stöße seine kinetische Energie abgibt. Eine Übersicht der ionisierenden Strahlenarten gibt > Tab. 2. 1 . •
Direkt ionisierende Strahlung:
� --- ---------
Wellenlänge Cl 1: :I
:f
·c;, 0
Ci :c Ql 1:
Kurzwelle
UKW + TV
Direkt ionisierend
(geladene Teilchen) • • • • • •
P hoton en strahl ung
Elektronen Protonen
Cl 1: :I "" ....
Indirekt
ionisierend (ungeladene Teilchen) •
Neutronen
•
n-Mesonen (n°)
�
Ql .s:: u fl)
·c;, 0
ö äi
Deuteronen
Alphateilchen schwere Ionen • •
Röntgenstrahlen Gammastrahlen
1 .000 100 10
21
�� .s: I I _i
1
1 0-1
1 0-2
1 .000
ultraviolette Stra hl e n
1 00
E
&
10
Röntgenstrahlen � Ol Gamma- und c: -<( ultraharte .s: Röntgenstrahlen
1
1 o- 1
l
r- �
I I
Q) -C CO Cl) Ql
:iE .s
/r
-
-'-1
I
1 0-2
1 o-3
� �---�
1-
3 )( 1 0-3
3 X 1 0-2
t 1
1 06
1 00.000
3 )( 1 0-4
I '
1 0-3
1 0.000
sichtbares Licht
Höhenstrahlen
n-Mesonen (n+, n-)
I
1 0.000
Wärmestrahlen + (infrarot)
Tab. 2 . 1 Einteilung der ionisierenden Strahlenarten.
Strahlenart
1 00.000
�
Langweile Mittelwelle
'Qj ::.::
1 06
�
--
I
1 07
� Ql .s:: u fl)
Frequenz
1 08
t
+
0,3 3
30
-
300 3 x 1 03 3 x 1 04
3 >< 1 05
3 >< 1 06 3 x 1 07 3 >< 1 08
3 x 1 09
I
;--
r-
3 >< 1 01 0 3 >< 1 01 1 3 >< 1 01 2
3 >< 1 01 3 3 >< 1 014
3 >< 1 01 5
3 >< 1 016
Abb. 2 . 1 Spektrum der elektromagnetischen Wellenstrahlungen
(Photonenstrahlen): links die Wellenlänge, rechts die F requenz (1 An,vt•'im
lAI
=
1 o-s cm).
I
4
2 Stra hlenphys i k
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c im Vakuum ist für alle elektromagnetischen Strahl u ngen gleich und beträgt recht ge nau 300.000 m/s. Sie entspricht dem Produkt aus Wellenlänge A. und F reque n z v. Dabei verhalten sich Wellenlänge und Frequenz reziprok, d.h., mit zunehmender Wellenlänge nimmt bei konstanter Ge schwindigkeit c die Frequenz ab und u mgekeh r t. Die Energie E eines Photons errechnet sich nach der "Quan tentheorie" von Max Planck ( 1 900) aus d em Produkt der Fre quenz v und h , dem sogenannten Planck'schen Wi rkungs
quantum:
Ey = h X y Die Energiewerte E y der Strahlenarten werden i n Elektronen volt (eV, keV, MeV) angegeben. Zum Beispiel erfahrt ein Elek tron, das durch eine Potenzialdifferenz ( Spannung) von 1 .000 V beschleunigt wird, die kinetische Energie von 1 keV. Bei den Photonenstrahlen sind für die Radiologie die Rönt gen- und Gammastrahlen von In t ere sse : • Röntgenstrahlung (Synonym: Bremsstrahlung) ist ionisie rende Photonenstrahlung, die durch das Abbremsen von Elektronen im Coulomb-Feld der Atomhülle entsteht ( > Kap. 2.2.4). • G ammast rahl u ng ist ionisierende Photonenstrahlung, die von angeregten Atomkernen beim Ü bergang in einen Zu stand geringerer Energie a u gesandt wird ( > Kap. 2.2.3 und > Kap. 2.2.4). M E R K E
Vom Atomkern ausgehende Gammastrahlung unterscheidet sich von der Röntgenstrahlung durch die Art ihrer Entstehung und ihr Linienspektrum (Röntgenstrahlung: B remsspektrum). Allerd i ngs können sich die Energiebereiche überlappen. •
•
In der Röntgendiagnostik wird P h oto n e nstra h l ung mit einer Erzeugerspannung von etwa 20- 1 50 kV verwendet, in der Strahlentherapie solche mit ca. 5 k V bis 25 MV. Man sp r i c h t i n
der Strahlentherapie von weicher Strahlung bei Grenzene rgi
en bis 100 keV, von harter S t rahl u ng zwischen 1 00 und 1 .000 keV u nd von ultraha rt er Strahlung ü b e r I M eV. ln der Röntgendiagnostik spricht man b is 35 k V Erzeugungsspa n n u n g von Weichstrahltechnik ( z . B . M a m m ografie) und ab 1 20 kV von Hartstrahltechnik (Th o ra xau fna h me n , Compu tertomografi.e ) .
2. 1 . 2 K o r p u sk u l a rstra h l u ng Korpuskularstrah l u n g besteht aus geladenen oder
u nge l ad e
nen Teilchen mit Ruhemasse ( > Tab. 2. 1 ). • Schnelle Elektronen l a ss e n s i c h in Tei l c henbesch leun igern ( L i n ear- oder Krei sbesch leun igern) b e i n a h e bis auf l .ich t ge-
schwindigkeit beschleunigen. Sie entstehen aber auch als sogenannte Sekundärstrahlung bei der Wechselwirkung mit jeglicher ionisierender Strahlung im Körper. Betastrahlung ist Elektronen- und Positronenstrahlung, die radioaktive Nuklide (sog. Betastrahler) bei ihrem Zerfall aussenden. Betateilchen können negativ ( Elektronen) oder positiv ( Positronen) geladen sein. Betastrahlung hat im Ge gensatz zur Gammastrahlung eine spektrale Energievertei lung.
•
M E R K E
Mit der Quantendynamik wurde der Dualismus zwischen Teilchen und Welle erkannt. Strahl ung gleich welcher Art besteht somit aus Teilchen und hat Welleneigenschaften. Wir unterscheiden nur noch zwischen: Teilchen m it Ruhemasse m0 (Korpuskeln), deren Ladung ein ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung e beträgt (z. B. -2, - 1 , 0, + 1 oder +2) und deren Geschwindigkeit keine Lichtge schwindigkeit erreicht ( < c) Tei l chen ohne Ruhemasse (Photonen), die sich im Vakuum mit Lichtgeschwindigkeit c ausbreiten •
•
2.2 Wec h se l w i r k u n g von Stra h l u n g m it M at e r i e 2 . 2 . 1 Aufb a u e i n es Atoms Atome sind die Grundbausteine der Materie u n d chemisch nicht weiter zerlegbar. jedes Atom besteht aus einem positiv gel aden en Kern und e i n e r Hülle aus n ega tiv geladenen Elekt ronen ( Ernest R utherford 1 9 1 1 , Niels Bohr 1 9 1 3, > A b b. 2.2).
Atom kern Der Atomkern besteht aus Nukleonen, nämlich positiv gelade nen Protonen (entsprechend der Anzahl de r Hüllenelektro nen) und ungeladenen Neutronen. Heute ist erwiesen, dass die zu nächst als unteilbar ge lten d en N ukleonen wiederum aus je weils d re i Teilchen bestehen. M u rray G el l - M a n n und G eorge Z weig bezeichneten sie 1 964 als Quarks. D u rch d ie E i n führung
von d rei el e m e n t ar e n Teilchen und ebe n so vielen A n t i teilchen eine erstaunliche O rd n u ng i n d en d a m a lige n "Teil c h en zoo" gebracht werden - bis zu I 00 Hadronen, wie p, n oder f.i u nd rr w u rden "entdeckt". Die Ordnungs- oder Kernladungszahl (Z) gi b t d ie A n za h l der Protonen eines K e rn s an. S i e ist d i e G r u n d lage des Pe r i o d e n sy tems der Elemente, das Dimi t rij I. M en d e l ej e w und Lo t ha r M eyer unabhängig vone i n a nder im J a h re 1 869 en t w ic kel t e n . D i e Ord n u ngszahl Z beei n f l u s s t die chem ischen Eigen s ch a ft e n ei nes A t oms bzw. des j e we i l ige n Ele m e n ts . kon n te
Die Summe aus Pro t onen - u n d N e u t ro ne n za h l bi ldet d ie
Massenzahl A ( A t o mgewicht
N e ut r o n e n zah l ( N ) e n tspricht Za hl der Proton·n; sc h w e re
= M asse des A t o m ke r n s ) . D ie bei l e i c h t e n Elemen ten e t wa d r Elemen t e ent halten wesent l ic h
2.2 Wechselwirkung von Stra h lung m it Materie
5
neswegs auf Schalen bewegen, sondern dass sich nur die ·
·
·
·
.
··
··
Wahrscheinlichkeitsverteilungen (Wolken) für ihren Aufent
·
haltsort bestimmen lassen.
.
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:,
:
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Sonstige Te i lchen Weitere Elementarteilchen und Teilchen s i nd : • Positronen (Elementarteilchen): gleiche Masse wie Elektro nen, aber positiv geladen rr-Mesonen oder Pionen (nicht elementar, bestehen aus je 2 Quarks): 270-mal schwerer als Elektronen; Ladung positiv, negativ oder null • K-Mesonen oder Kaonen (nicht elementar, bestehen aus je 2 Quarks): 970-mal schwerer als Elektronen; Ladung posi tiv, negativ oder null • Neutrinos v (3 Klassen von Elementarteilchen): Elektron Neutrinos, Myon-Neutrinos und Tau-Neutrinos, jeweils Teilchen und Antiteilchen; Ruhemasse nahe null, keine La dung, sehr schwache Wechselwirkung Im Zusammenhang mit Änderungen der Teilchenzahlen eines Atoms im Kern oder in der Elektronenhülle sind folgende Be griffe wichtig: • Isotope desselben Elements unterscheiden sich in der Neu tronenzahL also auch in der Massenzahl A. 0 • Elemente unterscheiden sich in der Zahl der Protonen, da mit in der Kernladungszahl, aber nicht unbedingt in der Massenzahl A. • Ionen entstehen durch Ionisierung eines Atoms (chemisch oder durch Strahlung). Bei Elektronenüberschuss ist das Ion negativ, bei Elektronenverlust positiv geladen.
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Neutro n
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Q
L-Schale
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,
Proton +
Elektron -
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Abb. 2.2 Rutherford-Bohr-Atommodell. Die negativ geladenen Hül lenelektronen bewegen sich auf unterschiedlichen Bahnen um den positiv geladenen Atomkern. Nach dem vereinfachenden Rutherford-Bohr-Atom modell werden unter den Schalen K, L, M usw. die Hüllenelektronen zusam mengefasst, die den Perioden des chemischen Periodensystems mit den Besetzungszahlen 2, 8 und 1 8 entsprechen.
mehr Neutronen als Protonen. Ein Atom, das durch Kernla dungszahl ( Z) und Massenzahl (A Z + N), also durch eine bestimmte Protonen- und NeutronenzahL eindeutig festgelegt ist, bezeichnet man a ls Nuklid. Im periodischen System der Elemente trägt jedes Nuklid links oben die Massenzahl A, links unten die Kernladungszahl Z und rechts unten die Zahl der Neutronen N ('� Element N ); äquivalent ist die kürzere Schreib weise Eiement-A bzw. AEJement. =
E l e kt rone n h ü lle U m den Atomkern befindet sich in großem Abstand die Elekt ronenhülle. Elektronen sind negativ geladene Elementarteil chen mit einer im Vergleich zu den Nukleonen etwa 2.000-fach kleineren Masse. Die Zahl der Hüllenelektronen entspricht im neutralen Atom der Kernladungszahl. Die Elektronen werden unterschiedlichen "Schalen" zugeordnet, die von innen nach außen K-, L-, M-, N - , 0-, P- und Q-Schale heißen ( > Abb. 2.2). Die Quanten mechanik zeigt aber, dass s ich die Elek t ro ne n kei-
G
·
ERKE
Atomkerne (ohne Elektronenhülle) werden auch als Nuklide be eich net . Isotope sind N ukl ide desselben Elements m it identischer Kernla dungszahl Z, aber unterschiedlicher Neutronenzahl N. Radionuklide sind i nstabil (radioaktiv) und zerfallen unter Abgabe von Strahlung. 'Radioisotope sind radioaktive Isotope eines Elements.
2 . 2 . 2 E l em e nta rprozesse d e r I o n isation
Anregung u n d Ion isat i o n A nre g u n g Sowohl die Elektronenhülle als auch der Atomkern können -----. durch Energi�u ng angeregt werden. Die Mechanismen in der Elektronenhülle sind: • Absorption eines Photons • Zusammenstoß mit einem energiereichen Elektron bzw. anderen Teilchen • Ko nt a kt mit einem anderen Atom in angeregtem Zustand
I
I
6
2 Strahlenphysik
Dabei werden eines oder mehrere Elektronen angeregt, d.h. auf ein höheres Energieniveau gebracht. Die Elektronenzahl bleibt aber unverändert. Angeregte Atome sind chemisch reaktions freudiger als solche im Grundzustand. Die angeregten Zustände sind sehr kurzlebig (um 1 0-s s). Beim Übergang der Elektronen in den Grundzustand wird die dann überschüssige Energie frei und als charakteristisches Li nienspektrum von Photonen emittiert, das vom sichtbaren Be reich bis zu knapp 1 00 keV reichen kann. Diese Fluoreszenz wird - physikalisch nicht ganz korrekt - auch als "charakteris tische Röntgenstrahlung" bezeichnet. In Konkurrenz zur Flu oreszenz steht der Auger-Effekt, bei dem die überschüssige Energie auf andere Hüllenelektronen übertragen wird und da durch eine sekundäre Ionisation auslöst. Die sogenannten Au ger-Elektronen sind niederenergetisch und haben somit eine kurze Reichweite. Bei der biologischen Bewertung von Dosis verteilungen sind sie aber von Bedeutung. Auch Atomkerne werden durch Strahlung angeregt. Bei Pho tonen ist dies ab einer Quantenenergie von etwa 6 MeV zu beob achten, bei geladenen Teilchen erst bei höheren Energien. Die Anregungsenergie kann ebenfalls zur Emission von Gamma strahlung, aber auch zur Emission von Nukleonen, hauptsäch lich Neutronen, führen. Bei schweren "Geschossen" und hohen Energien treten auch Fragmente des Projektils und des Zielkerns in unterschiedlicher Zusammensetzung auf. Diese Effekte spie len für die Dosimetrie bei der sogenannten Partikeltherapie mit schnellen Protonen und Kohlenstoffionen eine erhebliche Rolle.
men. Das Ausmaß der Schwächung, z.B. in einem Patienten, ist abhängig von der • Kö r pe rdi cke, • Körperdichte und • der Kernladungs- bzw. Ordnungszahl der Atome der verschiedenen Organe. Mit steigender Strahlungsenergie nehmen Schwächung und Absorption ab, jenseits von ca. 20 MeV aber wieder zu infolge des dann zusätzlich auftretenden Paarbildungseffekts (s.u.) . Absorpti on Absorption ist ein Maß für die Energie, die der Strahlung durch Wechselwirkung mit Materie entzogen wird. Dabei können die durch Ionisation gebildeten sekundären Elektro nen je nach Photonenenergie Reichweiten von bis zu einigen Zentimetern erreichen. In der Dosimetrie unterscheidet man daher zwischen lokaler Energieübertragung ( di e der h ier genannten Absorption entspricht) und lokaler Energiedepo sition. Für Letztere ist der Parameter Energiedosis (eng!. : absorbed dose) gebräuchlich, während das Akronym KER MA ( ki ne tic energy released in matter) die lokale Energie übertragung meint. Für u n seren Rahmen genügt die Ener giedosis. M E R K E Schwächung = Absorption plus Streuung Absorption = Schwächung minus Streuung
Ion isation Photoeffekt ( Photoa bsorption)
M E R KE deren Elektronenzahl von der Ker n lad un gszah l abweicht, als Ionen mit resultierender posit ive r od er n e gat ive r Ladung bezeichnet.
Beim Photoeffekt wird die Energie des einfallenden Photons voll tändig auf ein Hüllenelektron eines Atoms des durchst rahlten Materials übertragen. Das Atom wird dabei ionisiert ( :> Abb. 2.3a). Ein Teil der Photonenenergie wird zur Überwindung der
Strahlung ionisiert durch: • Stoßionisation: Ein ge la de n e s Teilchen stößt a u f Hüllen elektronen eines Atoms und gibt dabei einen Teil seiner Energie ab. • Elektromagnetische Wechselwirkung: Photonen treten über das elektromagnetische Feld mit dem Coulomb-Feld der Elekt ronen i n Wec hselwirku n g und können durch te ilwe ise (Comp ton-Effekt) oder vollständige (Photoeffekt) Energieabgabe an eines der Hüllenelektronen das Gesamtatom ionisieren.
Bindungsenergie des emittierten Elektrons aufgewendet, den Rest nimmt da Elektron al s ki n eti sch e E ne rgie m i t . Di e losge lösten Photoelektronen werde n wie die Campton- Elektronen (s.u.) als Sekundärelektronen bzw. Sekundärstrahlung be zeichnet und können wiederum in Wechselwi rkung m it ande ren A tomen t ret en. Auf eine Photon- Elektron-Wechselwi r
Atome,
werden
Wechselwirku n g e lektroma g n etischer Stra h l u ng m it Mate r i e Schwäc h u n g Ionisierende Photonenstrahlung erfährt beim Durchtritt d u rch Materie eine Schwächung. Der Begriff Schw ä ch un g fasst glo bal den Energieverl us t durch Absorpt ion und a uch den Ener gi ever l us t im primären S trahlenbündel durch Streu ung zusa m"
"
kung folgen somit hunderte oder, je nach Energie, auch lausen de Elektro n - Elektron-Stöße. Das ist der Grund, weshalb Rönt gen-, Gamma- und El ekt ronen st ra h l u ng bei der b io lo g is c he n Be we rt u ng gleichgesetzt werden. Diese Photoionisation findet hauptsächlich an den inneren Schalen der Atomhülle statt. D n frei werdenden Platz besetzt ein Elektron aus einer äußeren Schale. Die bei der Wiederbeset zung der i n neren Elektronenschale frei werdende Energie führt • zur Emission von Fluoreszenz ("charakteristischer Strahlung"; s.o.) oder zur En tstehung von Auger-Eiektronen (s.o.). Der Photoeffekt spielt im Energiebereich der Röntgendiagnos t i k, d.h. bis etwa 1 20 keV, eine Rolle ( >- A bb. 2.4 ) . Er ist umso stärker ausgeprägt, je "weicher" die Strahlung ist ( - 1 / E 3 ) , und •
2 .2 Wechselwirkung von Strahlung m it Materie
7
1f
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1 , 02
MeV /
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einfallende ····· ··.. .. .. ... Photon a Photoeffekt
b (OMPTON-Effekt
c
Paarbildun g seffekt
Abb. 2.3 Veranschaulichung der verschiedenen lonisationsvorgänge. a) Photoeffekt.
b) Compton-Effekt. c) Paarbildungs- und Paarvernichtungseffekt.
wird durch eine hohe Ordnungszahl des durchstrahlten Gewe bes begünstigt (- Z3). M ater ial i en mit hoher Ordnungszahl, wie Knochen und Kontrastmittel, stellen sich auf dem Röntgenbild bzw. im CT stark absorbierend (= "weiß") dar. In der Röntgen diagnostik ist die Photoabsorption unter dem Gesichtspunkt der B ildqualität (Kontrast) vorteilhaft, da sie ohne Streuung abläuft. M E R K E
Der Photoeffekt spielt praktisch nur in der Röntgendiagnostik eine Rolle. Je höher die Ordnungszahl des durchstrahlten Materials, desto stärker ist die P hot oabsorpt ion .
Compton-Effekt (Com pton-Stre u u n g u n d Com pton-Absorption) Der Comp ton - E ffekt geschieht in einem Energiebereich, in dem die Hüllenelektronen nur schwach an den Atomkern ge bunden sind. Deshalb hängt er lediglich von der Elektronen dichte des Materials und kaum von dessen Ordnungszahl Z ab. Ein einfallendes Photon löst ein schwach gebundenes äußeres H üllenelek t ro n ab, übe rgi bt diesem einen Teil seiner Energie (Compton-Absorption), wird dabei im gesamten Raum - bei höheren Energien vorzugweise nach vorn - gestreut (Comp ton-Streuung, > Abb. 2.3b) und ist anschließend entspre chend energieärmer. Das emittierte Elektron ( Compton-Elek tron) fi ndet sich im vorwärts gerichteten Halbraum (0°-90°); es löst weitere lonisationen aus. Die Campton-Absorption übernimmt im Energiebereich, der für die Röntgendiagnostik und Strahlentherapie genutzt wird (> 30 keV), die Hauptrolle, die sie bei Energien über 20 MeV an den Paarbildungseffekt und Kerneffekte abgibt ( > Abb. 2.4). Dies ha t zur Konseq u e nz, dass die Campton Stre u ung in der Röntgendiagnostik meist Kontrast und Bildq ual ität verschlechtert. Zur Verm inderung dieses u ner-
wünschten Effekts werden Streustrahlenraster eingesetzt ( > Kap. 2.3.3). Sehr weiche Röntgenstrahlung ( < 30 kV) wird nur bei dünnen Schichten zur optimalen Weichteildiagnostik eingesetzt ( z.B. M ammografie). M E R K E Der Compton-Effekt spielt sowohl in der Röntgendiagnostik als auch in der Strahlentherapie eine große Rolle. Die Schwächung der Strah lung hängt (im Gegensatz zum Photoeffekt) nicht von der Ord nungszahl, sondern nur von der Elektronendichte des durchstrahlten
Materials ab.
Die Campton-Streuung verschlechtert in der Rö ntg endiagnost ik die Abb ild u n gsqua l ität ln der St rahle nthera p i e bestrahlt man hinge gen meist mit sehr hohen Energien (Hochenergie-Strahlentherapie), weil mit weiter anstei ge nde n Photonenenergien die Campton-Ab sorption abnimmt und die Campton-Streuwinkel gegen Null ten die ren (sog. Vorwärtsstreuung).
relative
Anteile 1 00
80 60 40
20 0
1
10
1 00
1 .000
1 0 .000
1 00.000
Photonenenergie in keV Abb. 2 .4 Massenenergieabsorptionskoeffizienten für Photonen i n Wasser in Abhängigkeit von der Strahlungsenergie. [ 1 ]
8
2 Stra h lenphysik
Paa rb i l d u n g/Pa a rvernichtung Beim Paarbildungseffekt wird das Photon in Kernnähe voll ständig absorbiert. Die gesamte Photonenenergie geht in der Bildung zweier Teilchen, eines Elektrons und eines Positrons (Antielektrons), auf. Entsprechend der berühmten Formel der Relativitätstheorie E m x c2 entspricht die Elektronenruhe masse m , etwa 0,5 1 1 MeV, für beide Teilchen also 1 ,22 MeV. Damit kann der Paarbildungseffekt erst bei Photonenenergien von > I ,22 MeV auftreten. üb erschüssige Energie wird den Teilchen paritätisch als kinetische Energie m itgegeben. Mit steigender Photonenenergie und zunehmender Ord n u ngszahl des durchstrahlten Materials nimmt die Wahr scheinlichkeit des Paarbildungseffekts zu ( > Abb. 2.4). =
M E R K E D ie Paa rbi ld u ng kann erst in der Strahlentherapie mit ultraharter Röntgenstrahlung ( > Kap. 2. 1 .2) a uftreten, die mit Beschleu n i
geranlagen erzeugt werden muss.
Elektron und Positron zählen zu der sekundären Strahlungs komponente und verursachen weitere Ionisationen und Anre gungen. Das Positron ist als Vertreter der Antimaterie in unserer Welt nicht stabil. Es vereinigt sich, nachdem es den gr öß ten Teil seiner kinetischen Energie durch Stöße verloren hat, m i t einem Elek tron ( Paarvernichtung; > Abb. 2.3c). Dabei ent steht aus der Masse beider Teilchen wieder Strahl u ngsenergie (Vernichtungsstrahlung): Die Vernichtungsenergie von 1 ,022 MeV wird in zwei Gammaquanten (Photonen) von je weils 0,5 1 1 MeV (Ruhemasse eines Elektrons) umgesetzt, die sich diametral von ihrem Ursp rungso rt en t fernen . M E R KE Ver ni chtu ngsst ra hlu ng ist Gammastrahlung von 0 , 5 1 1 MeV, die bei der Vereinigung eines Positrons und eines Elektrons entsteht; beide
Massen werden dabei verbra ucht. Diese Vernichtungsstrahlung wird
bei der Positronenemissionstomografie (PET) detektiert. Als Positro ne nq u el le dienen dabei Radionuklide.
Wechse l w i r k u ng g e l a d ener Te i lchen m it Materie Geladene Teilchen, die in Materie eindringen, treffen auf einen "Wald" von Ladungen ; s ie verlieren einen Teil i h re r Energie und we rd en abgebremst. Über das Coulomb-Feld können s ie m i t der Mat e ri e Impuls u n d Energie a ustau eben, was eine Re i he von Wech elwirkungsefl'ekten z u r Folge h a t . Bei d e n in der St rah le nt h erap i e verwendeten Elekt ronen ist der ü berw ieg n de E ft'ek t das Stoßbremsvermögen (Sco1). ln der Rö n t ge n d i ag
S S
=
Seal
+ Srad
Energieverl u s t pro Wegstrecke (linearer Energie transfer, LET)
2.2.3 R a d i o a ktivität E.
Moser
Radioaktivität beruht auf einer I nstabil ität von Atomkernen infolge des Missverhältnisses von Protonen und Neutronen. Radioaktive Atomkerne bzw. Radionuklide verfügen somit über potenzielle Energie. D iese wird entweder als kinetische Energie von emittierten Teilchen abgegeben oder als Photo nen (Gammastrahlung).
Ra d i oa ktiver Zerfa l l Beim radioaktiven Zerfall werden meistens e i n Teilchen und ein oder mehrere Photonen emittiert. Die potenzielle Energie hängt vom Niveau des Anfangs- und des Endzustands des Atomkerns ab, der im Allgemeinen den Elementcharakter u nd die chemischen Eigenschaften ändert. Sie lässt sich in Zerfalls schemata (Energieschemata) darstellen. M E R K E Die Aktivität einer Substanz ist defi niert durch die mittlere Anzahl
der Zerfälle pro Zeiteinheit. Die im 51-System gültige Einheit ist das
Becquerel (1 Bq = 1 Zerfall!s).
Eine heute nicht mehr zulässige, aber in älteren Publikationen noch gebräuchliche Einheit der A ktivi tä t ist das Curie (Ci). Ein Curie war definiert als die A kt ivitä t von I g reinem Radi um-226. Es gelten folgende U m rechn u n gsfaktoren:
1 Ci 1 mCi
2 7 mCi
=
3,7 X 1 0 1 0 Bq
=
3 , 7 X 1 07 Bq
=
1 09
Bq
=
=
=
37 GBq
37 M B q I GBq
M E R K E A nga ben zur Radioaktivität, ohne das zerfal lende Radion uklid zu nen ne n, sind sinn los. Für die biolog ische Wirkung ist nicht nur die
Anzahl der Zerfälle pro Zeiteinheit, sondern auch die physikalische Halbwertszeit (HWZph), die Zerfa l lsa rt (a-, ß- oder y- Ze rfa ll ) und die Energie der emittierten Teilchen u nd auftretenden Gammaquanten entscheidend. Darüber hinaus muss das Tochternuklid und eventuell die gesamte folgende Zerfallsreihe berücksichtigt werden.
A ngeregte Kerne gehen in der Rege l d u rch G:unnuem ission sehr s ch nel l wieder i n ihren G ru ndzu s t a nd ü ber. Be i ei n i gen
nost i k m uss man zur E rzeugung der Röntgen s t ra h l u n g das e t
R a d i o n u k l i den dauert d i es allerdi ngs e i n ige St u nden
wa
M a n bezeichnet solche Zus t ä nde als
1 0 0 - fac h we n i g e r
eflizi nte St rahlu ngsbremsvermögen ( S,,d ) nutzen. Das gesamte Bremsvermögen S isl d ie S u m me
aus S t oßbremsvermögen u n d Stn h l u ngsb remsve rmöge n :
metastabil
bis J a h r .
und den Über
gang von einem i ns t a b i l e n A usga n gsnivea u i n e i nen meta s tabi -
2 . 2 Wechselwirkung von Stra h l ung mit Materie
Jen Zustand als isomeren Übergang. Ein Beispiel ist der Zerfall von 99Mo (Molybdän):
ß
y
67 h
6h
99 M o --+ 99mTc --+
Das heißt: 99Molybdän zerfällt unter ß--Emission und mit einer H albwertszeit ( H WZ) von 67 Stunden zu 99 111Technetium (m metastabiler Zustand). Dieses wiederum zerfällt unter Abgabe von Gammastrahlung mit einer HWZ von 6 Stunden in 99Tech netium (Tc). =
M E R K E
Isomere Übergänge spielen in der N uklearmedizin eine große Rol le, weil sich auf diese Weise Radionu klide mit Ga mmastrahlung und kurzer physikalischer Halbwertszeit aus Radionuklidgeneratoren mit längerer HWZ gewinnen lassen.
Innerhalb des Photonenspektrums ( >- Abb. 2. 1 ) liegen die Gammaenergien der zur nuklearmedizinischen Diagnostik verwendeten Radionuklide zwischen ca. 1 00 und 500 keV. Es wird diejenige Gammaenergie gewählt, die bei hoher Nach-
weiswahrscheinlichkeit in einem Detektor die Strahlenbelas tung des Patienten durch Strahlenabsorption möglichst gering hält. Neben dem intensiv genutzten 99mTc ( 140 keV) haben sich etliche neue Radionuklide in der n uklearmedizinischen Routi n e etabliert. I nsbesondere werden laufend neue Tracer für die PET- Untersuchung entwickelt. Die effektive H albwertszeit ( HWZerr) ist eine für die Dosi metrie wichtige Größe, denn sie entscheidet über die Höhe der Strahlenexposition. Sie berücksichtigt neben der physikali schen ( H WZ P11) auch die biologische Halbwertszeit ( HWZbi· 01 ) . Letztere bezeichnet diejenige Zeitspan ne, nach der eine ra dioaktive Substanz, z.B. eine markierte Substanz, aus dem Kör per, einem Organ oder Kompartiment zur H älfte ausgeschie den bzw. eliminiert ist. Zwischen den genannten drei H albwertszeiten besteht folgender Zusammenhang:
l
--
HWZ,ff
=
1
--
HWZph
1
+ ---
H WZ biol
>- Tab. 2 . 2 gibt einen Überblick über die wichtigsten klinisch genutzten Radionuklide in der Nuklearmedizin und Strahlen therapie (ohne die Positronenstrahler der PET) .
Tab. 2 .2 Die wichtigsten klinisch genutzten Radionuklide in Strahlentherapie und Nuklearmedizin ohne Positronenstrahler, aber einschließlich des heute ungebräuchlichen Radium-226 zum Ve rg le i ch. Radionuklid
Strahlentherapie
Phosphor-32
Cobalt-60 Strontium-90 Yttrium-90
.. ß
1 , 7 MeV
ß+y ß ß
0,33 u. 0,09 MeV
Ruthenium- 1 06/ ß + y Rhodium- 1 06
Nuklearmedizin
Betaenergie
Gammaenergie
-. 1 4,4 d
.. Dermaplatte"
2,27 u. 0,92 MeV
64,0 h
offenes
40-2.400 keV
368 d
Plaque für Augenmelanome
3 2 keV
59,2 d
Seeds ( Körner)
30, 1 a
y
Caesium- 1 37
ß+y ß+y
0, 5 1 u. 1 , 1 8 MeV 0,24-0,6 7 u. 0, 1 7 MeV
662 keV
lridium-1 92 Gold- 1 98
ß+y
0,96 u. 0,3 1 MeV
4 1 0-680 u. 4 1 5 keV 2,7 d
lod- 1 23 lod- 1 2 5 lod-1 3 1 Xenon- 1 3 3
offenes Nuklid zur Therapie von Skelettmetastasen bei Prostatakarzinom
0,55 u. 0, 1 7 MeV
1 , 1 7 u. 1 ,33 MeV
lod- 1 2 5
Radium-226 ß+y Gallium-57 y Technetium-99m y lndium- 1 1 1 y
Bemerkungen
5,3 a 27,7 a
1 ,0 MeV
460 MeV
y
296-6 1 2 u. 375 keV 73,8 d
Nuklid zur Therapie von Zysten und Gelenken
=
hä ufigstes Nuklid in der Bra chytherapie ± Afterloading Seeds (= Körner)
300 u. 80-900 keV
1 .620 a 78 h
.. Tumorgewebe-Sucher"
1 40 keV
6h
Generatorprodukt
1 7 2 u. 247 keV
2,8 d
1 59 keV
1 3,6 h
1 86 keV
32 keV
59, 2 d
nur für Radioimmunoassay
ß+y
0,6 MeV
364 keV
8d
nur zur Therapie (Schilddrüse)
ß+y
1 , 0 MeV
30/50/80 keV
5,2 d
Inhalation des Gases (Lun genfunktion)
y
ß Betastrahlung, y Gammastrahlung, a Jahre, d Tage, h Stunden
9
I
10
2 Stra hlenphysik
G r u n d sätz l i ches zur d ia gnostische n Anwe n d u ng Elutionsm ittel (sterile NaCI-Lösung)
Zur n uklearmedizinischen Diagnostik sollten nur Radionuklide
verwendet werden, die neben der Gammastrahlung keine Teil chenstrahlung emittieren. Zusätzlich emittierte Alpha- und Betastrahlung erhöht die Strahlenexposition des Patienten oh ne diagnostischen Nutzen. Beispielsweise ist das früher oft ver wendete 1 3 1 Iod wegen der langen H albwertszeit und der Beta komponente nicht mehr diagnostisch am Patienten zugelas sen. Andererseits eignet sich 1 3 1 I hervorragend zur n uklearme dizinischen Therapie des Schilddrüsenkarzinoms und seiner Metastasen: Die Wirkung ist örtlich eng begrenzt, da Beta strahler im Gewebe nur eine Reichweite von wenigen Millime tern besitzen (z.B. 13 1 I 0,5 mm).
Ion enaustauscher mit 99Mo Bleiabschirmu n g
Abb. 2.5 Schematischer Aufbau eines Molybdän-Technetium-Ge M E R K E
Gammastrahlung besitzt eine hohe Durchdringungsfähigkeit und lässt sich somit durch externe Detektoren gut nachweisen. Eine besondere Stellung haben Positronenstrahler, die zur Po sitronenem issionstomografie (PET) dienen. Es sind Radionukli
de, die Positronen (ß+) emittieren. Sie erzeugen nach kurzer Flugstrecke (wenige mm) die Vernichtungsstrahlung (2 Pho tonen mit je 5 1 1 keV; > Kap. 2.2.2, > Abb. 2.3). Die zwei Vernichtungsquanten werden in Koinzidenz in einem Ring detektor registriert, was zu einem ausgezeichneten Signal-zu Rausch-Verhältnis führt. H eute kann schon über die Flugzeit der Photonen der Ort der Paarvernichtung bestimmt werden ("Time of Flight"). Für die PET ist interessant, dass einige biochemisch und physiologisch wichtige Elemente wie Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff, ß+ -emittierende Radioisotope besitzen: • 1 1C mit einer H WZph von 20,3 min, • 1 3N mit einer HWZ h von 9,96 min und p • 150 mit einer HWZ h von 2,03 min. p Wegen ihrer z.T. sehr kurzen physikalischen Halbwertszeit können diese Radioisotope nur dann in der Klinik eingesetzt werden, wenn direkt am Untersuchungsort die Nuklidproduk tion in einem Zyklotron möglich ist. Besondere Bedeutung hat daher 1 8Fluor erlangt. Die relativ lange physikalische Halb wertszeit von 1 10 Minuten erlaubt Transportzeiten von dersel ben Größenordnung und damit die klinische Anwendung auch ohne Zyklotron vor Ort. Zudem lässt sich Fluor als Halogen in zahlreiche biochemisch wichtige Verbindungen, wie beispiels weise die Desoxyglukose, einbauen. Es wird an Tracer gebun den, welche ein Substitut für Sauerstoff darstellen (vgl. > Kap. 6.2).
He rste l l u n g vo n Rad i on u k l i de n Radionuklide werden entweder i n kerntechnischen Anlagen ( Kernreaktor, Zyklotron) hergestellt oder in Generatorsyste men erzeugt. Die physikalische Halbwertszeit und die Synthe-
nerators.
[2]
seclauer eines Radiopharmazeutikums bestimmen, ob kern technisch hergestellte Radionuklide auch fern vom Herstel lungsort noch wirtschaftlich nutzbar sind oder nicht. Jedenfalls wurde der flächendeckende Einsatz zur nuklearmedizinischen Diagnostik erst durch die Generatorsysteme möglich. Generatorsysteme erzeugen aus einem Mutternuklid Ra dionuklide mit kurzer physikalischer Halbwertszeit. Wichtig ist dabei, dass die Halbwertszeit der M uttersubstanz wesent l ich größer ist als die des Tochternuklids. Der Molybdän- Tech netium-Generator wird z.B. in allen nuklearmedizinischen Ab teilungen eingesetzt ( > Abb. 2.5). H ierbei ist die HWZph des M utternuklids 99Mo mit 67 Stunden um den Faktor 1 1 größer als die von 99mTc mit 6 St unden . Die Muttersubstanz 99Mo ist an eine Anionenaustauschersäule gebunden. Und weil nun die Affinität von 99"'Tc an den Anionenaustauscher geringer ist als diejenige von 99Mo, kann es eluiert werden. Solche mit Mut ternukliden beladenen Generatorsysteme sind kommerziell verfügbar und lassen sich ca. 1 4 Tage lang elu ieren. Die Mar kierung einer Trägersubstanz mit dem eluierten 99 111Tc über nimmt der Anwender (vgl. > Kap. 6.2). 2 . 2 .4 E ntst e h u n g von Röntge nstra h l e n
Charakteristische Stra h l u n g I n der Elektronenhülle können sich die Elektronen nur in bes t i m m t e n "Schalen" (Orbitalen) aufhalten. Wird aus einer in neren "Schale" ein Elektron entfernt, entsteht dort eine "Elektronenlücke". Durch den Ü bergang eines Elektrons ei ner äußeren "Schale" in die Lücke wird ohne weitere anregen de Energie (wie z.B. sehr h o he n Temperat u ren) d i e potenzielle Bindungsenergie minimiert. Die frei werdende Energie dieses Übergangs entspricht der Differenz zwischen den Energieni veaus der beiden Orbitale. Sie wird als cha rakteristische Strahlung oder in Form von Anger-Elekt ronen abge trahlt ( > Kap. 2.2.2).
2 . 3 Röntgenröhre u n d Röntgenstrahlen . . ··
. . ··
··
··
··
.
.. · · . ··
· .. ·
///
.....
. .
··
. . ..
.
.
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(
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. ·. .
.
.
.
-
··
··
··
·.
.
Bahn des einfallenden , ·· "fremden" E l e ktro ns . . . . · · · .. ·
···
·
11
Röntgenstra h l u ng . .. . als Bremsstrahlung
.· ·
Atomh ulle
� :. ·-... . . . :·.·d� \.0 - · · . . ·- �� /) · · · ·. . '0�- · · - . �
Gammastrahlen
abgelenktes Elektron
Rö n tgenstra h len
.
�
Rö ntgenstra hlung als charakteristische Strahlung
uv
Abb. 2. 7 Die unterschiedlichen Mechanismen der Erzeugung von charakteristischer Strahlung und von Bremsstrahlung (Röntgen strahl ung).
si chtbares Licht
Abb. 2.6 Entstehungsorte verschiedener elektromagnetischer Strahlen innerhalb eines Atoms.
Findet der Elektronenübergang zwischen äußeren "Schalen" statt, entsteht n iederenergetisches, sichtbares Licht ( >- Abb. 2.6). Er folgt er weiter innen, entsteht UV-Strahlung und bei Übergängen zwischen äußeren und den innersten Schalen können Photonen entstehen, deren Energie im Bereich der diagnostischen Röntgen strahlung liegt. Die charakteristische Strahlung ist aber vom Ent stehungsprinzip her keine Röntgenstrahlung und imponiert auch durch ein charakteristisches Linienspektrum. Trotzdem wird sie häufig als charakteristische Rön tgen strahl ung bezeichnet (verglei che Merke-Satz in >- Kap. 2. 1 . 1 ).
größte Teil der Elektronenenergie in der Anode zu Wärme umgewandelt wird. M E R K E
ln der Röntgenröhre entsteht Strahl ung durch drei Mechanismen: Bei der Ionisation des Anodenmaterials durch einfallende schnelle Elektronen entstehen E lektronen Iücken, die Elektronenübergänge zur Folge haben. Dabei entsteht die charakteristische Strahlung, deren Spektrum vom sichtbaren Licht bis beinahe 1 00 keV reicht. Elektronen werden von Atomkernen abgebremst und wandeln ihre Bewegungsenergie in Bremsstrahlung (Röntgenstrahlung) um. Schnelle Elektronen aus der Kathode erhitzen die Anode lokal bis auf über 2.400 °(, sodass diese ein entsprechendes Spektrum an Wärmestrahlung abgibt. Dies entspricht dem Licht einer her kömmlichen Glühbirne, deren Glü hdraht wie die Anode ebenfalls aus Wolfram besteht.
•
•
•
B re msstra h l u ng Bremsstrahlung (synonym zu Röntgenstrahlung) entsteht, wenn gel adene Teilchen beschleunigt werden. Am markantes ten lässt sich d ieser Effekt b e i m Abbremsen (Bremsbeschleu nigung) von l e ich te n Teilchen ( Elektronen) beobachten. D ie höchste B remsbeschl eunigung erfährt ein Elektron, wenn es als freies Elektron (mit hoher Ge sch w i nd i gke it ) im Coulomb Feld in der N ä h e eines A t o m kerns (von hoher Kern Iadung) ab gelenkt w i r d ( >- Abb. 2.7). Das Spektru m d i ese r Röntgen st rahl u ng ist kon t i n u ierlich u n d erreicht m a x i m a l e i n e P h oto n en energi e en tsp rec h en d der ki ne t i s c he n Energie des E lek t Eeki n · Da die ro n s wä h ren d I es B remsvorgangs: E1,11,.\X Elekt ro nen n u r sel t e n sehr nahe am Kern s t re ifen , geben sie ih re kinet ische E n e rg i e meistens in klei neren Portionen ab. Das =
Stra h l u ngsbremsvermögen Srad steht i n Konkurrenz zu m Stoß bremsv ermöge n Sc nl ( F.Ie k t ro n - Ei ekt ron - Stöße ) , weshalb
der
2.3 R ö n tg e n rö h re u n d Röntg e n stra h l e n Die physikalischen Grundlagen der Erzeugung von Brems strahl ung wurden i n >- Kap. 2.2.4 skizziert. Die einfachste technische Lösung ist die Röntgenröhre. Solche Röhren kön nen allerdings n u r bis z u Erzeugungsspannungen von etwa 500 keV betrieben werden, da sonst Spannungsüberschläge in der Raumluft drohen. In der Strahlentherapie benötigt man Röntgenstrahlung höherer Energien; diese müssen über Be schleunigertechn iken erzeugt werden .
I
2 Strah lenphysik
12
2 . 3 . 1 Aufb a u e i ne r R ö n tg e n rö h re
Kathode u n d Anode
I
Eine Röntgenanlage besteht prinzipiell aus einem H ochspan nungsgenerator und einem Röntgenstrahler ( > Abb. 2.8), der die Röntgenröhre u m sch l i eßt . Die Rö n tgenröh re vereint ei ne Elektronenquelle (gewöhnlich ei n e Glühkathode), eine Elektronenoptik, d i e den Elektronenstrahl auf der Anode zu dem gewünschten Brennfleck (Fokus) formt, und die Anode (bzw. das Target). A m A ustrittsfens te r des Röntgenstrahlers muss noch eine geeignet e Fil terung der S trah l u ng vorgehalten werden (Röntgenverordnung [ RöV] ) und das Ganze mit einem g eei gn et en Blendensystem ausgestattet sein, dem eine Mess kammer für da s Flächendosisprodukt n a c h ges cha l t et ist. M E R K E
ln der Röntgenröhre existieren zwei Stromkreise: einer für den Heiz strom der Kathode (Niederspannung, Wechselspann ung) u nd einer für den Röhrenstrom zwischen Kathode und Anode (Hochspan nung, G leichspannung).
Unabhän gig dav on, welchen Weg die Elektronen zwischen Katho d e und Anode nehmen, "fallen" sie i mm er durch diesel b e Potenzialdifferenz, die al s Röhrenspannung U bezeichnet wird. Damit ve rfügen sie beim A ufprall auf die Anode auch alle über dieselbe kinetische E n e rgie Ek;n: E
kin
=exU
Die Grenzenergie Eymax der
Elektronenenergie:
E
max
Röntgenqua n t en e nts p ric ht der =E
kin
Die Strahlenqualität ("Härte") wi rd im Wesentlichen durch die Spa nn ung U am Generator bestimmt und durch die vorge schriebene Filterung dahingehend verbessert, dass das Spekt
rum im niederenergetischen Bereich (verantwortlich für starke Strahlenbelastung des Patienten) mit Hilfe des PhotoefFekts re duziert wird. Der Wirkungsgrad 11 einer Röhre ist physikalisch limitiert und wird über das Verhältnis der bei d en Anteile des Bremsvermögens (S = Seal + S,3d, > Kap. 2.2.2) b esch rieben . Er liegt in der R ön t gend i ag no sti k bei s; I %:
In der Glühkathode werden die Leitungselektronen thermisch so we it angeregt, dass sie vom H o chspan nungsfeld abgesaugt werden können. Die Elektron e no pti k formt den Elektronenstrom
so, dass beim Auftreffen auf die Anode nur ein Fokus entsteht. Gewünscht ist in der Röntgen d iagnostik ein Strichfokus von etwa l -5 mm Breite und 5-7 mm Länge. Einfache Kon struktionen ar b eiten mit Stehanoden ( D en taldi agn o stik , St rahlenthe rapi e) . In der D iagnostik nutzt man sonst aufwendige Drehtelleranoden, die die enorme Wärmee n tw icklung in der Anode verteilen und abführen. Fü r di e Co mputerto mo grafie wurde eine direkte Ano den kü hl ung entwickelt (Straton®·Röhre, Fa. Siemens).
Röh renstrom u n d Röhrenspa n n u ng Der Kathodenstrom regelt über die Temperatur der Kathode indi rekt den Röhrenstrom. Die im Brennfleck der Anode erzeugte Röntgen- oder Bremsstrahlung ist spektral verteilt ( > Kap. 2.2.4) . Die Energiefluenz TE (umga ng ss prachl ic h auch als Intensi tät bezeichnet) hän gt im Wesentlichen vom Rö hre n s t ro m !A,
Hochspannungskabel
Fangkopf Schutzgehäuse
Abb. 2.8 Schematischer Schnitt durch ei nen Röntgenstrahler, in diesem Fall für die
Tiefentherapie (Orthovolttherapie).
2 .3 Röntgenröhre und Röntgenstrahlen
der Röhrenspannung U, der Beschaffenheit und dem Alter des Anodenmaterials sowie vom Anodenwinkel und entscheidend auch von der Filterung ab.
K ü h l u n g der Röntgenröhre Um die Anode vor dem Schmelzen zu schützen, werden ver schiedene Vorkehrungen getroffen: Moderne Röntgenröhren verfügen über eine mit einem Elektromotor betriebene, schei benförmige Drehanode, die im Betrieb mit 3.000-9.000 U/min rotiert wird, sodass sich der Brennfleck während der Aufnahme bzw. Strahlzeit ringförmig auf dem Anodenteller verteilt. Eine weitere technische Möglichkeit. die thermische Belastbarkeit der Anode zu verbessern, ohne dabei die Strahlenausbeute zu ver ringern, ist der Einsatz einer Verbundanode. Hierbei sind Schichten verschiedener Anodenmaterialien (Wolfram, Rheni um, Grafit) sandwichartig fest miteinander verbunden. Die Wolfram-Rhenium-Legierung ist wärmestabiler als reines Wolf ram, und der Grafit an der U nterseite des Anodentellers leitet die Wärme ab und speichert sie mit seiner eigenen Wärmekapazität. Mit der Straton•-Röhre wurde eine Röhre mit Metallgehäuse und direkter Anodenkühlung eingeführt. Diese Röhre verkraftet die sehr hohen Wärmelasten bei der Computertomografie.
B rennfleck Brennfleck oder Fokus heißt der Teil der Anode, der vom
Elektronenstrahl getroffen wird, an dem also Röntgenstrah lung entsteht. Aus Gründen der Abbildungsgeometrie sollte in der Röntgendiagnostik der Fokus möglichst klein gehalten wer den. In der Röntgentherapie mit Röntgenröhren ( Weich- und Hartstrahlung bis ca. 300 kV, > Kap. 2 . 1 .2) kann mit einem größeren Brennfleck gearbeitet werden, da die Aufstreuung des Strahlenbündels im Körper gegenüber der geometrischen Unschärfe überwiegt. Bei der Therapie mit Beschleunigern (ul traharte Strahlung) wird wieder ein Fokus von höchstens 2-3 mm Durchmesser gefordert. Trotz Elektronenoptik verir ren sich einige Elektronen entlang der Feldlinien zwischen Ka thode und Anode und treffen verstreut auf Anodenteller und "Anodenstiel" auf. Dies führt zu extrafokaler S t rahlung . M E R K E
Der Verkleinerung des Bren nflecks a uf dem Anodenteller sind Gren zen gesetzt, wenn eine ausreichende Röhrenleistung gefordert ist.
13
blendensystem.
In ihm sind mehrere stark absorbierende Me tallblenden kulissenartig in mehreren Ebenen übereinander an geordnet. Die Blenden lassen sich am Blendenkasten unabhängig voneinander verschieben, sodass rechteckige N utzstrahlen bündel beliebiger Größe eingestellt werden können. Zusätzlich schirmt das Tiefenblendensystem auch die extrafokale Strahlung ab, die außerhalb des Fokus an Anodenteilen entsteht und zu geo metrischer Verzeichnung und Abbildungsunschärfe führen würde. Alle diese Maßnahmen vermindern die ursprünglich erzeugte Röntgenstrahlung bis zu einem Faktor 100: Nur etwa 1% der er zeugten Strahlw1g findet sich im N utzstrahlenbündel wieder.
M E R K E
Das eingeblendete Strahlenfeld heißt NutzstrahlenbündeL
F i lter Im Blendenkasten können zusätzlich Ausgleichsfilter für die Untersuchung von Körperregionen m it stark unterschiedlicher Absorption angebracht werden. Ohne Ausgleichsfilter ergäbe sich nämlich z.B. bei einer Thoraxaufnahme ein zu starker Kontrast zwischen "weißem" Mediastinum und "schwarzen" Lungenflügeln. Ein eingebrachtes "Lungenfilter" führt dagegen zu einer homogeneren Belichtung des Mediastinums mit den H ili und des Lungenparenchyms. Flächendosis-Messka m mer Die in Strahlrichtung letzte Komponente des Röntgenstrahlers vor dem Patienten ist eine Messkammer zur Ermittlung der Strahlendosis über die Fläche des N utzstrahlenbündels (Flä chendosisprodukt). Es handelt sich um eine Durchstrahlungs Ionisationskammer ( > Kap. 6.3. 1 ), die immer vom gesamten Nutzstrahlenbündel durchstrahlt wird. Sie gibt das Flächendo 2 sisprodukt in Gy x c m an, das als ein Maß für die Strahlenbe lastung des Patienten gilt. Generator Der Generator liefert die zur Strahlenerzeugung notwendige Hochspannung. Er besteht im Prinzip aus einem Transformator und aus einem Gleichrichter, der die Netzspannung von 380 V/50 Hz Wechselstrom in hochgespannten Gleichstrom um formt. Am Schaltpult werden Röhrenspannung, Röhrenstrom und Schaltzeit gewählt und an den Generator übertragen. Moder ne Generatoren ( 12- Puls-Generator, Konvertergenerator, Gleich spannungsgenerator) garant ieren über die gesamte Schaltzeit hinweg eine gleichmäßige Hochspannung geringer WeiJigkeit.
Z u be h ö r Tiefen blendensystem
2.3.2 A n w en d u n g i n d e r Röntg e n d i a g n osti k
lm klinischen Betrieb m uss das S t rahlenbündel immer auf das klinisch unbedingt Notwendige eingeblendet werden. Keinesfalls darf der ganze Patient exponiert werden. Dazu dient das Tiefen-
verwende t Röntgenstrahlung mit ei ner Energie von 20- 1 50 keV. Für die Abbildungsqualität und den Patientenschutz spielen folgende Parameter eine wichtige Rolle: Die Rön tgendiagnostik
I
14
I
2 Stra h l enphysik
•
Energiespektrum der Röntgenstrahlung (kV)
•
Strom-Zeit-Produkt (mAs)
genstrahlen (im Gegensatz zu Alpha- und Betastralllen) keine end
•
Filterung der Strahlung
liche Reichweite haben: Photonenstrahlung kann nie vollständig
Halbwertsschichtdicke der Strahlung (ergibt sich aus kV
abgeschirmt, sondern nur mehr oder weniger geschwächt werden.
und F ilterung)
Über Halbwertsschichtdicken lässt sich der Homogenitäts grad einer Strahlung definieren: je größer (je näher bei I) der
•
den Faktor 23, also auf Ys abgefallen. Das bedeutet auch, dass Rönt
•
Brennfleckgröße
•
Blendensystem
Quotient aus der ersten und zweiten Halbwertsschichtdicke,
•
Fokus-Patient-Detektor-Abstände
desto homogener ist die Strahlung.
•
Flächendosisprodukt
•
Empfindlichkeit des Detektorsystems
In der Röntgendiagnostik rechnet man eher in Zehntel wertsschichten. So ergeben die üblichen Abdomen übersichts
•
Streustrahlung im Patienten
aufnahmen etwa eine Zehntelwertsschicht von
Davon sollen hier e i nige besprochen werden.
10
cm. Bei ei
nem sehr schlanken Patienten mit einem Durchmesser von
20 cm bedeutet dies, dass nur noch 1% der Strahlung den Kör
per verlässt und vom D etektor registriert werden kann. Ist der
F i lte r u n g
Patient mit einem Durchmesser von
30
cm etwas kräftiger,
kommt nur mehr 0 , 1 % der Strahlung durch; nahezu alle Strah Röntgenstrahlen sind nicht monoenergetisch, sondern enthal
lung bleibt also "im Patienten hängen". Das begründet, warum
ten einen relativ großen Anteil an
energiearmer Strahlung.
den
Patienten ein, wird aber in
Röntgenverordnung und Leitlinien sehr genaue Mindest standards für den Umgang mit Röntgenstrahlung vorgeben
D iese Strahlung dringt zwar in
oberflächlichen Gewebeschichten weitgehend absorbiert. Sie
und radiologische Techniken i m mer weiter optimiert werden.
führt damit zu einer unnötigen Strahlenbelastung.
MERKE Um den Patienten nicht durch energiearme Strahlungsanteile u nnötig zu belasten, wird die Strahlung durch spezielle Filter " aufgehärtet " .
B re n nfleckg röße Die Tatsache, dass der Brennfleck (Fokus) nicht beliebig klein und der Fokus-Objekt (Patient)-Abstand nicht unendlich groß
Als
Härtungsfilter werden Aluminium- oder Kupferbleche
von wenigen Millimetern D icke verwendet, die bevorzugt die
sein kann, hat zur Folge, dass ein Objekt auf dem Detektor ( Film) immer vergrößert abge
•
weiche, energiearme Komponente des Röntgenspektrums ab sorbieren ( Photoeffekt) . Die Röntgenverordnung schreibt je
bildet wird und die Abbildungsschärfe durch den H albschatten ( infolge des
•
nach Gerätetyp und Verwendungszweck Mindestfilterungen von
1 ,5-3,0 mm Aluminiumgleichwert vor.
relativ großen Fokus) beschränkt ist. Folgende Maßnahmen sollen diese Effekte m indern und redu zieren obendrein die Strahlenbelastung des Patienten:
H a l bwertssch i chtd icke
Verkleinerung des "virtuellen" Fokus: Der Zentralstrahl des
•
Nutzstrahlenbündels schneidet den realen Fokus auf der Anode i n einem sehr flachen W i nkel ( 1 0- 1 5°), wodurch sich der virtuelle Fokus deutlich verkürzt
Geht m a n von einem einfallenden Strahlenbündel mit definier ter Energiefluenz IJ10 beim Eintritt in den Körper aus, lässt sich
Vergrößerung des Fokus-Objekt-Abstands, wodurch sich
•
die Divergenz des Strahlenbündels verringert
die Energiefluenz IJ:IJ im und hinter einem homogenen Körper folgendermaßen definieren: IJ:Id
Verkleinerung des Objekt-Detektor-Abstands, sodass der
•
Detektor bzw. Film direkt am Patienten anliegt
= IJ:Io x e-!ld
0 Ausgangsort, z.B. Oberfläche !l
linearer Schwächungskoeffizient, eine Material konstante, die abhängi g vom Rön tgenspektrum und de n materiellen Eigenschaften des Absorb e rs ist
d
durchstrahlte Schichtdicke
e
Euler-Zahl
Schwächung der Röntgenstrahlung im Absorber ( Patient) er folgt exponentiell. Die Schichtdicke, die die Strahlung auf die Hälf te vermindert, heißt Halbwertsschichtdicke. Wichtig ist zu wis Die
Abst a n d Fokus-Patient Röntgenstrahlen breiten s ich w i e alle elektromagnetischen Strahlen geradlinig aus. Dabei gelten d ie geometrischen Regeln der Zentralprojektion. Für ein rechteckiges Nutzst rahlenbün del gilt, dass sich bei doppeltem Abstand die Kantenlängen
verdoppeln und die Fläche des St rahlenfelds vervie rfacht (Ab
standsquadratgesetz, > Abb. 2.9):
sen, dass jede weitere Halbwertsschicht dicker als die vorherige wird, da die Strahlung im Körper durch Filterung eine Aufhärtung erfahrt. Nach drei Halbwertsschichtdicken ist die Intensität um
I:J' - l ! r
r
Fokus- Objekt - Abstand
2
2 . 4 Dosisbegriffe und Dosiseinhe iten 2r
0
15
4r
,------,---,--�
Abb. 2.9 Abstandsquadratgesetz. in d er doppelten E n tfer nung (r) ver
teilt sich die Energiefluenz '1'0 auf die vierfache, bei vierfacher Entfernung auf die 1 6-fache Fläche (F). Die Strahleneintrittsdosis red uziert sich entspre chend mit dem Quadrat de r Entfernung. Das oben beschriebene Flächen dosisprodukt ist allerd ings vom Fokus-Objekt-Abstand unabhängig, es er fasst die Strahlen menge des N utzstrahls unabhängig vom Abstand !
Streustra h l ung
�
Neben den beschriebenen geometrischen Effekten, die eine geradlinig sich ausbreitende Strahlung kennzeichnen, tritt infolge des Compton-Effekts
Bildaufzeichnungssystem
Abb. 2 . 1 0 Schematische Abbildung eines Streustrahlenrasters.
Zwischen Patient und Film sind dünne Bleilamellen angeordnet, deren Zwi schenräume in ihrer Verlängerung a uf den Brennfleck fok uss iert sind. Da durch können nur diejenigen Strahlen das Schachtraster passieren, die di rekt und u n gestre ut aus Richtung des Fokus kommen. Strahlen, die vom Patienten ge streu t, d . h . quer zu den Bleilamellen einfallen, werden von den Bleilamellen absorbiert, aber auch gestreut. Während der Aufnahme be wegt sich das Raster quer zu den Lamellen; sie sollen sich nicht auf dem Detektor abbilden. l3]
( > Kap. 2.2.2) im Absorber Patient eine
Richtungsänderung, also Streuung, der Strahlen auf. D arunter
•
der im Gewebe absorbierten Energie
leiden sowohl Abbildungsschärfe als auch Kontrast des Röntgen
•
der Dichte der Ionisierungsprozesse
bilds.
Streustrahlenras
2 . 1 0).
--
transfer) und
ollen die unerwünschte Streustrah
lung v�u reffen auf den Film esettigen ( > Abb.
(Energiedosis), (LET, linearer Energie-
•
den die Strahlenwirkung modifizierenden Faktoren, z.B. der zeitlichen und räumlichen Dosisverteilung, der individuel
Sie befinde-n sich, in Strahlungsrichtung gesehen, zwischen Pati ent und Detektor, und zwar so dicht wie möglich vor dem Detek
len Strahlenempfindlichkeit und der Existenz strahlensensi
tor. Streustrahlenraster, insbesondere doppelt fokussierende
bilisierender oder -schützender Substanzen
Raster, vermindern die Intensität der Strahlung am Detektor,
ren) u.a.
was leide�here Patientenexposition erzwingt.
Neben der physikalisch-technischen Definition und Messung von Strahlung interessieren v.a. ihre biologische Wirkung und das
M E R K E
Streustrahlenraster halten die im Patienten entstandene Streustrah lung a b, indem sie nur die direkt vom Fokus kommenden Strahlen in Ric htung Film bzw. Detektor passieren lassen. Die vom Raster absor bierte St ra h l u ng m uss durch erhöhte Ene rg ief l u e nz kompensiert werden, was leider die Belastung des Patienten u m den Fa ktor 2-3 steige rt .
(Milieufakto
Risiko für den Menschen. Die physikalische GröEe Ener
giedosis muss deshalb mehrfach
Die wichtigsten DosisgröEen sind: •
Ionendosis (in Luft) Energiedosis (z.B. in Wasser)
D
•
Äquivalentdosis
H
•
biologisch
bewertet werden.
[Einheit: C/kg]
lA
=
D
[Einheit: }L!sg = G,rl [Einheit: iß5g = Sv]
x wR
( 1 . biologische Bewertung wR schafft Vergleichbarkeit zwi schen verschiedenen Strahlenarten
2.4 Dos i s beg r i ffe un d Dos i se i n heite�
•
Effektive Äquivalentdosis
Hcff
=
R)
IHr x w1
[ Einheit: Sy]
(2. biologische Bewertung wr berücksichtigt das Risiko der T beim Men
Der Dosisbegriff in der Radiologie ist ähnlich zu verstehen wie
Tumorentstehung in verschiedenen Organen
in der P harmakologie, näml ich als M enge oder Konzentration
schen)
eines W irkstoffs, hier als
"Menge" pro Masse. Ziel ist es, über
die Dosis einen bestimmten Effekt in einem bestimmten Gewe be voraussagen zu können. Die Wirkung ionisierender Strah lung hängt u.a. ab von
16
2 Strahlenphysik
I o n e n dosis
I
Einheit: Coulornb/kg ( C/kg) Die Ionisationsdosimetrie ist eine in der Praxis weit verbreitete Messrnethode. Dabei wird die Anzahl der Ladungen (positiv bzw. negativ) pro Gramm Luft bestimmt. Das heißt, über die in Luft erzeugten lonisationen wird die Strahlenmenge gemes sen, die - z.B. a us einer Röntgenröhre - einen Körper aktuell trifft. Die Ionendosis besagt noch n ichts über die von einem Körper absorbierte, also biologisch wirksame Dosis. Ionendosis
=
La dung
M asse( Luft)
Die Ionendosis in Luft (Standardionendosis) kann bei diagnos tischer Röntgenstrahlung mit einer luftgefüllten Ionisations kammer mit luftäquivalenter Wandung "frei in Luft" gemessen werden.
D
Ml
M2 f1
E
Energiedosis Material l, z.B. W a sser oder Luft Material 2, z.B. Gewebe Absorptionskoeffizient von Material und Photo nenenergie abhängig Photonenenergie
Vor allem im Energiebereich der Röntgendiagnostik ( ::; 1 20 keV) unterscheiden sich die Absorptionskoeffizienten verschiedener Körpergewebe deutlich ( > Abb. 2. 1 1 ) . Ober halb von I MeV, im Energiebereich der perkutanen Strahlen therapie, gleichen sie sich dagegen an. Dies mindert erheblich das Risiko unerwünschter Dosisüberhöhungen, z.B. im Kno chen (z.B. Osteoradionekrose).
Äq u ival entdosis E n erg iedosis Einheit: Gray (Gy = J/kg) Strahleneffekte sind abhängig vo n der in einem beliebigen
Material absorbierten Energie . Die Energiedosis (D) ist bei konstantem Strahlenfeld abhängig von den Materialeigen schaften. Das Material ist daher jeweils anzugeben. . E nerg1ed os1. s
D=
Energie Masse(dcs absorbierenden Materinls) ·
Die Energiedosis ist, von Ausnahmen abgesehen (Kalorimet rie), n icht direkt m essbar, sondern wird häufig aus der gemes senen Ionendosis abgeleitet. Dazu benötigt man den Massen energieabsorptionskoeffizienten, kurz: Absorptionskoeffizien ten, der verschiedenen Materialien: .t=
6
OJ
5
?; <1.1 \.J
4
::J
--'
.0 <1.1
c CU
..,
Einheit: Sievert (Sv) Im Strahlenschutz wird der Begriff " Äquivalentdosis" verwen det. Es geht dabei um das Risiko, durch Strahleneinwirkung einen bösartigen Tumor (eine Leukämie oder einen soliden Tumor) zu entwickeln. Diesbezüglich zeigte sich, dass ver schiedene Strahlenarten, abhängig von der Ionisationsdichte, mit derselben Dosis ein unterschiedliches Kanzerogeneserisiko bedingen. Daher w u rd e die Äquivalentdosis H eingeführt, die die gemessene Energiedosis mit einem strahlungsbezogenen Strahlungswichtungsfaktor wR (weight, radiation) versieht. H=D
X WR
H
Ä quivalentdosis
wR
Strahl ungswichtun gs fa ktor
D
Energiedosis
Knochen
3
� 2,5
·;::; ;t= <1.1 0 -'"' c: 0
·g_
2
1 ,5
Wasser
0 Vl
Abb. 2 . 1 1 Absorptionskoeffizienten für verschiedene Gewebe i m Verhältnis zu Luft als Funktion der Photonenenergie. Dieselbe
.0 <( "'
<1.1 -o
einfallende Strahlung führt in den einzelnen Kör
F e tt
..,
c <1.1
pergeweben wegen unterschiedlicher Absorpti onskoeffizienten zu un tersch iedli cher Dosis. Die für die Strahlentherapie opti male Energiespanne,
0, 5 ''6 ::J
o o,4 10
1 00 keV
10
1 00 MeV Energie
bei der Wasser, Knochen und Fettgewebe ä h n l ich Strahlung absorbieren, beträgt 700 keV bis 20 MeV.
2.4 Dosisbegriffe und Dosise i n h e iten
Die Werte des Strahlungswichtungsfaktors wR tragen der unter schiedlichen kanzerogenen Wirkung von dicht und locker ioni sierender Strahlung beim Menschen Rechnung, oder genauer: dem von Strahlung ausgehenden Risiko, an "Krebs" zu sterben. Die Wichtungsfaktoren wR werden von Zeit zu Zeit anhand ak tueller strahlenbiologischer Daten von den Strahlenschutzkom missionen neu festgelegt. Zwischen dem Wichtungsfaktor wR und dem linearen E nergi et ra nsfer (LET) besteht eine Bezie hung: Mit steigendem LET nimmt auch der Wichtungsfaktor wR zu (s.u., "Relative biologische Wirksamkeit"). Beispiele für den Strahlungswichtungsfaktor wR sind: Röntgen- und Gammastrahlung, Betastrahlung, Elektronen und Myonen
WR = 1
Protonenstrahlung
WR = 1 ,3
Ionen leichter Elemente, z.B. 1 2 Kohlenstoff
WR = 5-50
Neutronenstrahlung: • 100 keV-2 MeV (Reaktor) • > 2 MeV-20 MeV (Generator)
WR = 20 wR = I O
Alphastrahlung, Spaltfragmen te, schwere Kerne
WR = 20
Es verwundert schon sehr, dass wR als dimensionslose Zahl de finiert ist, weil in der Gleichung H = D x wR links die Einheit Sv und rechts die Einheit Gy = J / kg stehen würde. Dafür gibt es keine Erklärung. In praxi aber bedeuten die Werte wR: Die Äquivalentdosis für I 0 Gy Elektronen beträgt 1 0 Sv, die für 1 0 Gy Neutronen dagegen 1 00-200 Sv. Oder anders ausge drückt, der U mgang mit Neutronen ist riskanter als der mit Photonen oder Elektronen. Mit Hinblick auf die unterschiedlichen Organrisiken bei der radiogenen Kanzerogenese wurde die Äquivalentdosis für die Belange des Strahlenschutzes zur effektiven Ä quivalentdosis (s.u.) erweitert. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Dosi seinheiten gibt :> Tab. 2.3. Hier wundert man sich schon gar nicht mehr, dass nun eine Größe Hcrf• die wegen der Summation über die gesamte Kör pennasse nichts mehr mit der differenziellen Größe einer Do sis zu tun hat, ebenfalls die Einheit Sv erhält.
Effektive Ä q u i va lentdosis
U m das kanzerogene Risiko nach einer Ganzkörper- oder Teil körperbestrahlung differenziert beurteilen zu können, wurde das Konzept der effektiven Äquivalentdosis eingeführt. Dies berück sichtigt, dass hinsichtlich einer tödlichen Tumorentwicklung die einzelnen Organe und Gewebe unterschiedlich empfindlich re agieren. D ie effektive Äquivalentdosis (Herr) ist die Summe sämt licher Organdosen (H,.), jeweils mit einem dimensionslosen Ge webewichtungsfaktor (wT, weight, tissue) multipliziert:
Gewebe (tissue) H,. Äquivalentdosis im Gewebe
T
w,.
Gewebewichtungsfaktor
Die einzelnen Wichtungsfaktoren ( > Tab. 2.4) sind abgelei tet aus der zusätzlichen Sterblichkeit (Mortalität) durch Leuk ämie und solide Tumoren bei den Überlebenden von Hiroshi ma und Nagasaki. Entscheidend war die Mortalität, n icht die I nzidenz (Häufigkeit) der Tumorerkrankungen. So fallt der Wichtungsfaktor wT für die Schilddrüse überraschend gering aus: Die InzideJlZ für Schilddrüsenkarzinome war nach der Atombombenkatastrophe und auch bei Tschernobyl zwar hoch, die Mortalität blieb jedoch gering. M E R K E
Die Äquivalentdosis ist wie die oben genannte Ionen- oder Energie dosis differenziell nur für einen kleinen Volumenbereich definiert. Die effektive Äquivalentdosis Reff dagegen summiert das gesamte aus den Risiken für die relevanten Einzelorgane entstandene - kanzero gene Risiko für eine Person und setzt dieses im Zahlenwert einer ebenso riskanten, homogenen Ganzkörperexposition (H.ff) gleich.
Tab . 2.4 Gewebewichtungsfaktoren wr* · Wichtungsfaktor Organ je 0, 01
gesamt 0,02
Schilddrüse, Brust, Speiseröh re Leber und die hier nicht genann ten restlichen O rgan e
je 0,05
gesamt 0,30
Rotes Knochenmark, Lunge, Magen und Dickdarm
je 0, 1 2
gesamt 0,48
Keimdrüsen
je 0, 1 0
gesamt 0,20
Knochenoberfläche, Haut ,
Summe über alles
1 ,0
* zur Berechnung der effektiven Äquivalentdosis H.11 (nach ICRP 60, 1 99 1 )
Einheit: Sievert (Sv)
Tab. 2 . 3 Die wichtigsten Einheiten i n Dosimetrie und Strahlenschutz. Dosisbegriff
SI-Einheit
Ionendosis (I)
Cou lomb/Kilogramm Gray
Name Energ iedosis (D) Äquivalentdosis (H) Effektive Äquiva lentdos is (He11)
17
Sievert Sievert
Beziehung
Alte Einheit
- - ·
R
C/kg Gy
Röntgen Rad
rd
Sv Sv
Rem
rem
Rem
rem
1 R = 2, 58
X
1 0-4 C/kg
1 00 rd = 1 Gy = J/kg (1 R in Luft = 8, 7 mGy) 1 00 rem = 1 Sv
1 00 rem = 1 Sv
I
18
2 Strahlenphysik
Relative biologische Wi rksam keit
I
Die relative biologische Wirksamkeit (RBW) berücksichtigt die unterschiedlichen Effekte der biologischen Systeme auf ioni sierende Strahlungen mit verschiedener Ionisationsdichte (LET). Die RBW wird bestimmt durch die Art der Gewebe so wie deren Entwicklungs- und Aktivitätszustand. Die RBW ist die Grundlage für die Festlegung der Strahlungswichtungsfak toren w R. Im Gegensatz zu wR, der nur für Tod durch " Krebs" beim Menschen definiert ist, kann die RBW fürjedes biologische Sys tem und jeden biologischen Endpunkt gemessen oder abge schätzt werden. Um aus der Fülle der Informationen einiger maßen brauchbare und reproduzierbare Parameter zu generie ren, bemüht man sich um eine klare Definition der herangezo genen Systeme (z.B. In-vitro-Zellkultur einer bestimmten etablierten Zellsorte unter bestimmten Kulturbedingungen), der Endpunkte (z.B. Koloniebildungswahrscheinlichkeit) und des Effektniveaus (z.B. 90-prozentige Koloniebildungswahr scheinlichkeit im Verhältnis zu der nativen Plating Efficacy). Es ist nicht erlaubt, solcherart gewonnene RBW-Werte auf an dere biologische Systeme zu übertragen. So gibt es natürlich für den wR (Kanzerogenese beim Menschen) auch keine expe rimentellen Werte. Ebenso dürfen international festgelegte wR Schätzwerte keineswegs für deterministische Effekte, z.B. bei der Strahlentherapie mit dicht ionisierender Strahlung, heran gezogen werden. Ein RBW-Faktor ist definiert als der Quotient aus der Ener giedosis einer Referenzstrahlung (meist 200-kV-Röntgenstrah-
lung) und der Energiedosis der jeweils interessierenden Strah lung, die in einem bestimmten Testsystem denselben biologi schen Effekt auslöst. RBW =
Dosis(Refercnzstrahlung.Effckt,Effektniveau ) D os is(Teststrllhlung,Effekt , Effektniveau )
Dos i s l e istu n g
Als Dosisleistung (DL) bezeichnet man die Ableitung der Dosis nach der Zeit, also die Angabe, ob eine bestimmte Strahlen menge konzentriert in kurzer Zeit (akut) oder verdünnt über einen längeren Zeitraum (chronisch) gegeben wird. Im Kapitel "Strahlenbiologie" wird deutlich, dass der Zeitfaktor für die Ausbildung biologischer Effekte von eminenter Bedeutung ist. Angaben zur Dosisleistung lassen sich für alle Dosisgrößen machen: Ionendosisleistung, Energiedosisleistung und Ä quivalentdosisleistung. Bedeutung für den Patienten hat die absorbierte Energiedosis pro Zeiteinheit, also die Energiedosis leistung: .
.
.
En ergiedos isleistung =
Energ ie (absorbiert)
dD
Ze1t
dt
.
Die Einheit für die Energiedosisleistung ist Gy/s oder Gy/min oder Gy/h.
KAP ITEL
3
R . Sauer
Strahlenbiologie
Energiereiche Strahlung tritt in Wechselwirkung mit der durchstrahlten Materie und überträgt dabei Energie auf Atome und Moleküle. Dieser zunächst rein physikalische Primärvor gang der Strahlenabsorption benötigt etwa 1 0- 1 8-10- 1 4 Sekun den ( > Abb. 3 . 1 ) . Dabei kann ein Minimum an Energie ein Maximum an Wirkung entfalten. M ER K E
Im Vergleich mit anderen Zellgiften, wie z.B. Chemotherapeutika, Cyanid, Wasserstoffperoxid, Hitze oder ultravioletter Strahlung, ver ursacht ionisierende Stra h l ung bei gleichem Energieäquivalent die
stärksten Zellschäden .
Physikalische Phase
(1 0 - 1 6 s)
Der biologische Effekt tritt unmittelbar ein, wenn die Energie deposition direkt am Biomolekül erfolgt, oder und das ist meistens der Fall - mittelbar und über einen bedeutend l änge ren Weg, indem verschiedene Zwischenreaktionen durchlau fen werden ( > Abb. 3 . 1 ). Entsprechend unterscheidet man zwischen direkten und indirekten Mechanismen ( > Abb. 3.2) oder bezüglich des zeitlichen Ablaufs zwischen Akut- und Spätschäden. Mu tatio nen stellen insofern eine Besonderheit dar, als sie zwar auch innerhalb von M i n uten bis Stunden er zeugt und fixiert werden, aber gelegentlich erst nach langer Zeit, eventuell erst nach H underten von Jahren, in Erscheinung treten. -
Direkter Effekt
Indirekter Effekt
Energieabsorption im Biomolekü l
Energieabsorption i m Wasser/in " Umgebung"
t
Anregung/Ionisation
t
Anregung/Ionisation Primä rrad i kale
Radiochemische Phase (l o - 6 s)
[OH", H', e-aq ] und Pe ro xi d e
t +-#-
Bioradikale [R', R0'2]
Biochemische Phase molekulare Phase
+-#----
Veränderungen des Biomoleküls II( ,v (DNA, Membranen etc.)
(s - min)
Abb. 3 . 1 Wechselwirkung ionisierender Strahlung mit biologischen Strukturen. Der
Weg vom physikalischen Primärereignis der Ener gieabsorption zum biologischen Effekt kann un mittelbar und kurz sein, verläuft meist aber länger über verschiedene Zwischenreaktionen. Beachten Sie, dass auf allen Ebenen Erholung bzw. Repara tur mögl ich ist. [41
Biologische Phase (min - a) subzelluläre (intrazelluläre) Ebene
Erholun g
(Rü ckbildung , Schutzstoffe)
l�
Erholung Reparatur
M utationen � Stoffwechsel-� S u bletale/letale Schäden
Genetische Effekte Kanzerogenese
Akute und chronische Organschäden. Teratogene
Sc h äden
Erh olung
Reparatur
Zel tod, J
Tod des Organismus
..
20
3 Stra h lenbiologie
Strahlenbiologie allerdings nur von theoretischem Interesse, wei l sich beide Effekte weder im b i olog ische n Experiment noch in der Kli n ik d i ffe re nz i e ren l a ss en .
r
Quantitatives Verh ä ltnis von Pri m ä r- u n d Fo lgeprozessen
S-A =T-S - p
L, '-, S-C = G-S p p'\ S-T A-S � P� 5-G :: C-5 J
p
-
=
,
! indirekte Wirkung Photon
/
I I
/0 ',,
I
{I
I \
\
'
r? V
.... .... _ _ _ _ _ .... "
-
2 n m� �
'
\ \ I
:
I I I
I
direkte Wirkung
Abb. 3 . 2 D i rekte und indirekte Strahlenwirkungen. die zur Verän derung eines Biomoleküls führen. [28]
D i re kte Stra h lenwi rku n g Die Energieabsorption und deren biologischer Effekt erfolgen in ein und demselben Biomolekül. Es lag nahe, diesen Prozess als einen "Treffer" zu bezeichnen ("Treffertheorie"). Er verur sacht die in > Kap. 3.2. 1 und > Abb. 3.4 dargestellten Schä den. Direkte Strahlenwirkung soll bei Strahlungen mit hohem linearem Energietransfer ( LET) , z.B. schweren Ionen, Neutro nen oder a - Teilchen, dominieren. I n d irekte Stra h l e nw i r k u n g D i e Strahlung interagiert zunächst m i t Wasser. Dabei entste hen freie Wasserradikale, die weit genug diffundieren, um ein kritisches Target erreichen und schädigen zu können ( > Abb. 3.2). Energieabsorption und Bioeffekt erfolgen also in unter schiedlichen Strukturen. Die indirekte Strahlenwirkung ist d e r dominierende Vorgang bei Strahlung mit n iedrigem LET, der sog. locker ionisierenden Strahlung. Es sind dies Röntgen·, Gamma- und Elektronenstrahlen, die wir in der Klinik einset zen und die zu 65-70% auf diesem indirekten Wege wirken. Die indirekte Strahlenwirkung wird durch Sauerstoff und ver schiedene chemische Agenzien modifiziert.
E n ergieabsorpt ion u nd Bioeffekt erfolgen bei direkter Strahlen wirkung im selben Biomolekül, bei indirekter Strahlenwirkung unterschiedlichen
3 . 1 St ra h l e n c h e m i e Strahlenchemie befasst sich mit der Bildung von Radikalen bzw. Bioradikalen. Radikale sind Ursache und Ausgangspunkt der biochemischen und biologischen Folgeprozesse im Rah men der indirekten Strahlenwirkung. Sie stellen den Schlüssel für das Verständnis zunächst kompliziert erscheinender Reak tionsabläufe dar. F re i e Rad i ka l e Freie Radikale sind freie, d.h. u n geb u n den e lnte r m ed iärp ro dukte, die auf der äußeren Bahn ihrer Elektronenhülle ein un paares Elektron tragen und dadurch hoch reaktiv si nd. Übli cherweise umkJeisen die Elektronen paarweise den Atomke rn und drehen sich da bei um die eigene Achse: das eine Elektron im, das andere entgegen dem Uh rzeigersinn (sog. Spin). Da durch erhält das Atom bzw. M olekül ein hohes Maß an St a bi li tät. Jm Verlauf von i n direkt en S trahlenwi rkungen e n ts te h t ein freies Radikal dadurch, lass dem bet roffenen A usgangs m ol e kül (z.B. Wasserstofl) e in Elektron verloren geh t, wie es bei der I o n i sa ti o n du rch E l ek t ro nenabs t r a k t i on oder -add i t ion ge
M E R K E
in
Ist einmal ein bestimmter biologischer Effekt ei n get re ten lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, welche und wie vie le Primär- und Folgeereignisse ihm zu Grunde liegen. Die Mehrzahl der Ereignisse kann nämlich inzwischen repariert sein. Umgekehrt können sich biologische Ereignisse nachfol gend multiplizieren, sodass der manifeste Effekt auf weniger Primärvorgänge zurückgeht als zu vermuten wäre. Bevor also Strahlenwirkungen in der experimentellen Strahlenbiologie in terpretiert und weiter reichende Schlüsse gezogen werden, m üssen Versuchsaufbau, Endpunkt der Untersuchung und der Zeitpunkt der Auswertung - kurz: alle Versuchsbedingungen - bekannt sein und berücksichtigt werden. Die multiplen, komplexen und miteinander interagierenden Ereignisse, die zum manifesten biologischen Effekt führen, stellt > Abb. 3. 1 dar. Sie laufen auf drei Ebenen ab: • radiochemische Vorgänge: Bildung von Primär- und Bio radikalen ( >- Ka p. 3.1 ) ; Dauer: ca. I f.IS • biochemische Reaktionen: Veränderungen an Biomolekü len, z.B. der DNA und Membranen ( > Kap. 3.2); Dauer: Sekunden bis Minuten • biologische Folgen: s t o c h a s ti sche und deterministische Ef fekte (genetische, teratogene, akute und chronische somati sche Strahlenfolgen ( > K ap. 3.3); Dauer: Stunden bis Jahrhunderte
Strukturen. Diese U nterscheidung
ist
für die
3. 1 Strah lenchemie
schiebt. D ie H -Abstraktion hinterlässt eine ungeradzahlige Elektronenhülle, sodass einem Elektron sein Spin-Partner fehlt. D ieser sog. Radikal-Status bedeutet höchste chemische Reaktivität, d.h. in unserem Zusammenhang Toxizität. M E R K E
Ein Radikal ist ein elektrisch geladenes oder u ngeladenes Atom oder Molekül. das auf der äußeren Elektronenbahn ein unpaares Spin Elektron aufweist, wodurch es chemisch höchst reaktiv ist. Radikale sind Intermediärprodukte der i ndirekten Stra hlenwirkung.
21
Das Hydroxylradikal OH' hat 9 Elektronen und ist wegen des unpaaren Elektrons chemisch stark reaktiv. Es wird ange nommen, dass zwei Drittel der durch Photonen erzeugten indi rekten DNA-Schäden auf das Konto d er OH'-Radikale gehen. Wenn die Elektronen thermische Energien (d.h. relativ niedrige Energien ab etwa 30 eV) erreicht haben, umgeben sie sich mit einer Wasserhülle, und es entstehen in etwa I 0- 1 1 Se kunden die so genannten hydratisierten Elektronen e-aqM E R K E
Bei der Strahlenreaktion mit Wasser entstehen die drei äußerst reak
tiven Primärradikale O W, W und e-aq · Diese erzeugen an der
DNA Radikalstellen und führen so zur Schädigung der DNA.
3.1 . 1 Wasserra d i o lyse Eine Zelle besteht zu etwa 80% aus Wasser, der Rest sind Mem branen, DNA und Proteine. Wenn Strahlung mit Zellen inter agiert, werden daher 80% der Strahlungsenergie zunächst von Wasser absorbiert. Dabei kommt es zu zwei verschiedenen Prozessen ( > Abb . 3.3): Beträgt die übertragene Energie � 1 0 eV, kommt es zur Anregung der Moleküle. Dabei können kovalente Bindungen zerbrechen und H'- und OH"-Radikale entstehen. Bei Energien > 1 0 eV kommt es zur Ionisation der Wassermoleküle. Es entstehen Wasserradikalkationen ( H20'+). > Abb. 3.3 zeigt vereinfacht die einzelnen Schritte der Wasserradiolyse. Dabei kennzeichnen "+" oder "-" das Mole kül als elektrisch geladen, also als Ion, kennzeichnet ein Molekül als Radikal. Beispielsweise ist das Molekül H 2o · + so wohl ein Ion (elektrisch geladen, weil es ein Elektron verloren hat) als auch ein freies Radikal (weil es nun ein unpaares Elek tron auf seiner äußeren Schale aufweist). H2o·+ ist damit hoch reaktiv. Solche sogenannten Radikalionen haben mit ca. 1 0- 1 0 Sekunden eine extrem kurze Lebensdauer; sie zerfallen, um wieder freie Radikale zu bilden. "·"
Ionisation
Anregung H20 � H20* H20* -- H·
+
1 0 -1 4 s l o -1 2 s
Primärradi kale:
+
�
o2 - o;
;
Seku ndärradikale:
die Bildung von Peroxidradikalen und Wasserstoffperoxid vermehrt und Radikalstellen an der DNA fixiert werden. Dadurch ist locker ionisierende Strahlung im Sauerstoffmi lieu zwei bis dreimal effektiver als in Anoxie. •
•
:
3. 1 .3 Ra d i o lyse p rod u kte u n d L E T kein Sauerstoff
02 - H02'
Primärradikale:
Das ebenfalls entstehende hochgiftige Radikal OH' reagiert selbst nicht mit Sauerstoff. Es bewirkt an der DNA eine H-Abs traktion (20%) oder an den Doppelbindungen der Basen eine H-Addition (80%). Damit wird die betreffende DNA zu einem DNA-Radikal ( DNA'). Bei Abwesenheit von Sauerstoff kann das DNA- Radikal wieder repariert werden. Dies geschieht, in dem von einem weiteren Molekül, vorwiegend von S H - V e rbin dungen, ein H abgegeben und in die Radikalstelle eingefügt wird. Ist dagegen Sauerstoff vorhanden, bindet dieser wegen seiner hohen Reaktionsgeschwindigkeit schneller mit der DNA-Radikalstelle als die SH-Verbindung. Damit wird die Ra dikalstelle fixiert, sie kann nicht mehr durch eine chemische Reparatur behoben werden.
1 0 -l s
+ Sau erstoff
H'
bilisator.
Sauerstoffeffekt bezeichnet die Tatsache, dass Sauerstoff
1 0 -1 6 s +nH20
+H20
e-aq +
Im Rahmen der Wasserradiolyse wird durch die Anwesenheit molekularem Sauerstoff die Zahl der entstehenden Peroxi de erhöht, z.B. Hp2. Sauerstoff wirkt somit als Strahlensensi
von
M E R K E
H20 -N- H20 '+ + e-
OH'
3.1 . 2 S a u e rstoffeffe kt
�
OH'
j
OH', H'., e-aq
o; -, H o ;
Abb. 3.3 R ad i o l yse des Wassers. Die d u rch Anregung und Ionisation entstehenden Primär- und Sekundärradikale des Wassers.
Primärradikale, Peroxidradikale und Bioradikale sind zwar unmittelbar ortsgebunden, doch sind ihre D iffusions strecken (im nm-Bereich) ge rin g und ihre Ü berlebenszeiten ( im �s-Bereich) kurz. Das bedeutet, dass nach einer Energiede position Radikale am Ort ihrer Entstehung als Cluster konzen triert und nicht zufällig überall im Raum verteilt vorliegen. Diese Topografie scheint für die Bildung von Sekundärproduk ten wichtig zu sein, zumindest begünstigt Strahlung mit ho hem LET (also hoher Ene rgiekonze n t ra t io n ) die Rekombinatin ic h t
1 291
I
22
3 Strahlenbiolog ie
on von Radikalen. Die Radikalausbeute nimmt mit hohem LET ab, die Produktion von Peroxiden (z.B. H202) hingegen zu, un
Einzelstran g bruch
geachtet dessen, ob Sauerstoff vorhanden ist oder nicht. Die Peroxidbildung wird m it steigenden
LET also immer unabhän giger vom Sauerstoff. Und in Summe kompensiert die durch die konzentrierte Radikalbildung geförderte Peroxidausbeute hinsichtlich der biologischen Wirkung bei Weitem die abneh mende Bedeutung des Sauerstoffs.
I
B a se n scha d en D NA-Protein
Q u erverne tz u n g
(Crosslink)
M E R K E
Mit größer werdendem LET ni mmt: die Peroxidbildung (z. B . H202) zu der Sauerstoffeffekt ab die Radikalausbeute ab die Wahrscheinlichkeit von direkten Interaktionen mit kritischen Zielstrukturen zu, die vorzugsweise zu Bulky Lesions und Protein DNA-Quervernetzungen (Crosslinks) führen ( > Kap. 3.2. 1 ) .
•
Basenverlust
• • •
3 . 2 Stra h l e n b i och e m i e Die
Veränderungen der Biomoleküle als Folge der physikali
schen und chemischen Primärreaktionen sind Gegenstand der molekularen G ru ndlage n fors c h u ng . Im Zentrum
stehen die Veränderungen der DNA (Desoxyrib onukle ins äu re ) . M E R K E
Die Strahlenschäden an der DNA sind verantwortlich für die geneti· sehen und die meisten somatischen sowie teratogenen Strahlenfol gen am Menschen.
Bulky Lesion
(Mehrfachschaden)
Abb. 3.4 DNA-Schäden durch ionisierende Strahlung. [301
Base n schäd e n Basen werden ve rä ndert oder gehen verloren. D ie Strahlen empfindlichkeit der Basen nimmt in der Reihenfolge Thymin - Cytosin - Adenin - Guani n ab. Die bis zur nächsten Zelltei lung nicht reparierten Schäden werden als Punktmutationen
(Genmutati o nen) an die Tochterzellen weitergegeben .
Stra n g b rüche
3.2.1 D N A u n d i o n i s i e re n d e Stra h l u n g DNA-Schäden entstehen durch direkte Interaktionen und in direkte Strahlenwirkungen. Experimentell lassen sich folgende DNA-Schäden feststellen ( > Abb. 3.4):
•
Basenmodifikationen
Basenverluste • Veränderungen der Zuckermoleküle • E i n zels t rang b r ü che • D op pels trangb rü c h e • DNA-Vernetzungen (DNA-DNA-Crosslinks) • DN A-Protein-V ernetzungen • Bulky Lesions ( lo ca l l y m ultiply damaged sites [ LMDS] , also Mehrfachereignisse) D ie häufigsten strahleni nduzierten Veränderungen sind die Basenmodifikationen. Nac h einer Dosis von I Gy Röntgen strahlung findet man pro Zelle: • 1 .000-2.000 Basenveränderungen • 500- 1 .000 Einzelstrangbrüche • 800- 1 .600 Veränderungen der Zuckermoleküle • I SO DNA-Protein-Quervernetzungen • 50 Doppelstrangbrüche und B u l ky Lesions •
Es gibt Einzel- und Doppelstrangbrüche. D oppel st rangb rü che ( DSB) entstehen durch ein einzelnes Ereignis, das beide DN A -Strä nge betrifft, oder durch die Kombination benachbar ter Einzelstrangbrüche (ESB), die durch unterschiedliche Ei n ze lere ig n is s e verursacht sind. Locker ionisierende Strahlung verursacht mehr ESB als DSB ( Verhäl tn is etwa 20: 1 ) . Dicht io nisierende Strahlung erzeugt häufiger DSB, oft überwiegen sie d ie ESB sogar. M E R K E
Sowohl die Zahl der Ei nzelstrangbrüche als auch die der Doppel strangbrüche nimmt linear mit der Dosis zu.
DNA-Vernetz u n g e n (C rossli nks) DNA-Crosslinks treten bei hoher S t ra h le nd o s i s auf. Haupt sächlich entstehen Verbind ungen zwischen Thymin und ll1 ym i n , zwischen Cytosin und Cytosin und mit Protein e n . N icht reparierte Crosslinks können die DNA-Synthese blo ckieren; sie i naktivieren dann d i e Zelle und stellen so Leta l faktoren dar.
3 . 2 Strah lenbiochemie
B u lky Lesions ( M e h rfac h e re i g n isse) Die b isher besprochenen Schäden finden sich im DNA-Mole kül nicht nur einzeln, sondern auch miteinander kombiniert. Man bezeichnet diese Mehrfachereignisse als Bulky Lesions oder LMDS (locally m ulti ply damaged sites) und erklärt ihre Entstehung durch die clusterförmige Verteilung der lonisatio nen im Gewebe ( > Kap. 3 . 1 ). Bulky Lesions sind wohl irrepa rable Letalschäden und für die hohe Zellinaktivierung durch ionisierende Strahlen verantwortlich. M E R K E
Ionisierende Strah l u ng verursacht a n der DNA Brüche von Wasser stoffbrücken (immer reparabel), Basenschäden (meist reparabel), Strangbrüche (für gewöhnl ich reparabel), DNA-Vernetzungen (frag lich reparabel) und sog. Bulky Lesions (wohl irreparabel).
Enzymatische Verkn üpfung (housekeeping funct ion) Einfache Schäden wie DNA-Einzelstrangbrüche können be reits durch eine einzelne Ligase behoben werden. Der korres pondierende gesunde Strang dient dabei als Matrize. Man spricht von enzymatischer Verknüpfung oder Rejoining.
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3.2.2 R eparatu r d e r D N A-Stra h l ensch ä d e n Um die entstandenen Schäden a n der DNA wieder zu beheben, gibt es in der Zelle ein komplexes Kontroll-, Regulations- und Repa ra t u r system . Dieses dient dazu, die Integrität der DNA zu erhalten, Mutationen zu beseitigen und der Kauzerogenese zu begegnen. Der erste Schritt dabei ist die Erkennung des Scha dens. Ihr folgen teils einfache, teils sehr komplexe Reparatur vorgänge, welche mehrere E n zyme und Proteine benötigen und u.U. recht zeitaufwendig sind. Man spricht vereinfachend von einer "schnellen Reparatur", di e nach 1 0-20 Minuten abge schlossen ist, und einer "langsamen Reparatur", die für die m eisten Vorgänge gilt, etwa 2 Stunden dauert und erst nach 6-8 Stunden weitgehend abgeschlossen sein dürfte. Der Restscha den beträgt dabei < 5%. Einige Reparaturmechanismen möch ten wir im Folgenden stark vereinfacht darstellen (siehe auch > Tab. 3 . 1 ) . Tab. 3 . 1 Reparatur von DNA-Schäden. Schadensereignis
Reparaturmechanismus
Einzelstrangbrüche
einfache enzymatische Verknüpfung (Housekeeping)
Basen-Exzisions-Repair (BER) Einzel-Basenschäden Mehrtach-Basenschäden Strang-Exzisions·Repair (NER) Reparaturfehler M ismatch-Repai r Doppelstrangbrüche 1 . nichthomologes End-Joining (N HEJ), u.U. fehlerhaft 2 . homologe Rekombination (meist fehlerlos) 3. Single-Strand-Annealing (immer fehlerhaft) (Nach: Ward, J. F.: Progress in Nucleic Acid Research and Molecular Bio logy, Vol. 35, Academic Press lnc. 1 988)
23
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Abb. 3.5 Ablauf des Nukleotidexzisions-Repair (NER). Der Repara
turprozess beginnt damit, dass ein Protein XPA den entstandenen Schaden erkennt ( 1 ) und sich das Replikationsprotein (RPA) an die schad hafte Stelle bindet (2). Zwei Proteine, XPD und XPB, heben die Spiralisierung der D NA a uf und das Protein TFIIH löst die beiden DNA·Stränge voneinander ab (2). Danach schneiden die Endonukleasen Ercci-XPF und XPG a uf beiden Seiten des geschädigten Strangs ein und entfernen den schadhaften DNA-Be reich (3 und 4). E ine Pol yme rase synthetisiert mit Hilfe des gegenüberliegen den ungeschädigten DNA-Strangs als Matrize den ursprünglichen DNA-Be reich neu (5) Ligasen schließen die verbleibenden Einschnitte zwischen der in der Reparatursynthese hergestellten DNA-Sequenz und dem bereits be stehenden Strang (6). [ 3 1 ]
I
24
3 Stra h lenbiologie
Exzis i o ns-Re p a i r
Reparatur von Doppelstra n g b rüchen
Die a m häufigsten auftretenden Basenschäden, nämlich Ver luste und Modifikationen, werden durch Basenexzisions Repair (BER) beseitigt. Dies ist ein mehrstufiger Prozess aus Erkennung (durch jeweils spezifische Glykosylasen), Exzision der modifizierten Base, Entfernung der Desoxyribose-Phos phat-Gruppe, Einsetzen eines neuen Nukleotids und V er knüpfung mit dem Zucker-Phosphat-Strang durch eine Liga se. Der korrespondierende gesunde DNA-Strang dient dabei als Matrize. Der Strangexzisions-Repair (Nukleotidexzisions-Repair, NER) dient der Reparatur von mehrfachen Basenveränderun gen in einem Strang, insbesondere auch der durch UV -Strah lung erzeugten Thymin-Dimere ( > Abb. 3.5). Durch NER ist eine fehlerfreie Reparatur möglich. Falls bei der Reparatur Fehler unterlaufen sein sollten, kann deren Korrektur durch M ismatch-Repair (MMR) erfolgen. MMR läuft bereits normalerweise (auch ohne Bestrahlung) während der S-Phase des Zellzyklus als Korrekturprogramm ab, um falsch eingesetzte Basen zu ersetzen. Dabei werden mo difizierte Basen als falsch erkannt, weil sie sich mit der entspre chenden Base auf dem korrespondierenden gesunden DNA Strang nicht richtig paaren. Auch beim MMR wird zunächst der Strangabschnitt mit der fehlerhaften Base exzidiert, dann erfolgt dessen Resynthese nach der Matrize des gegenüberlie genden S trangs und schließlich die Verknüpfung mit Hilfe von Li gasen.
Bis in die 1 970er Jahre galten DSB als irreparabel und wurden als Ursache für die Zellinaktivierung durch ionisierende Strah lung angesehen. Heute weiß man, dass selbst nach einer sehr hohen Einmaldosis von bis zu 50 Gy alle DSB bis auf < 5% re pariert werden, und das obwohl alle Zellen inaktiviert sind ( > Abb. 3 .6). Die Reparaturleistung scheint sich dabei nicht zu erschöpfen: Der verbleibende Restschaden bzw. Fehler bleibt immer gleich, unabhängig von der Strahlendosis und der Zahl der DSB. Für die Reparatur von DSB kennt man verschiedene, sehr komplex verlaufende Reparaturverfahren, von denen das nichthomologe End-Joining (NHEJ) das wichtigste ist Die Identifizierung der molekularen Mechanismen des NHEJ be gann 1 994 mit der Zuordnung des KU-Proteins zum Doppel strangbruch-Reparaturprozess ( >- Abb. 3.7). Das NHEJ ist eine potenziell mit Fehlern behaftete Repara tur, denn im Falle von Mehrfachschäden (Bulky Lesions), bei denen einige Basenpaare fehlen, werden die verbleibenden
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Zeit (min)
Abb. 3.6 Reparatur von Doppelstrangbrüchen. Im In-vitra-Experi
ment an primären Hautfibroblasten zeigt sich, dass von 2.000 strahlenind u zierten Doppelstrangbrüchen i n nerhalb von 4 Stunden alle bis auf ca. 60 (3%) repariert sind. [32]
Abb. 3.7 N ichthomologes End-Joining ( N H EJ) als Reparatursys tem für Doppelstrangbrüche. Die K U-Proteine KU 70 und KU 80 erken nen die freien Doppelstrangbruchenden und binden an ihnen. An diesen Komplex wandern eine Proteinkinase. D NA-PK, die am Komplex gebunden wird, sowie eine G ruppe von sog. Si r-Proteinen, die den Bereich der DNA um den Doppelstrangbruch abdecken. Damit werden der Abbau der DNA Enden durch N ukleasen, die Fusion der Enden mit anderen C h romosomen und die Transkription und Replikation der DNA verhindert. Eine weitere wichtige Aufgabe d ieses Proteinkomplexes dü rfte die räumliche Fixierung der freien DNA-Enden sein, um die ansch ließende Verknüpfung der freien E nden durch die Ligase IV zu ermög lichen. Deren Effizienz wird durch die Anwesenheit des Proteins XRCC4 deutlich gesteigert. 132 1
3 . 3 Zel l u l äre Strah lenbiologie
DNA-Enden m iteinander verknüpft, ohne dass der Schaden an dem fehlerhaften DNA-Strang "ausgebessert" worden ist. Da durch kommt es zu Verlusten oder Veränderungen des geneti schen Codes, also zu M utationen. Im Gegensatz dazu repariert die homologe Rekombination auch komplexe Schäden fehlerfrei. Dafür wird auf dem Schwes terchromosom die dem geschädigten DNA-Bereich homologe Stelle aufgesucht und ausgewechselt. Eine Polymerase synthe tisiert dann das fehlende Stück des Donar-Chromosoms neu, wenn eine intakte Matrize erhalten ist. Das Single-Strand-Annealing ist die dritte Art der Doppel strangreparatur, allerdings immer fehlerhaft. Dabei werden die einzelnen Strangenden durch Exonukleasen abgebaut und erst dann die beiden Doppelstränge wieder zusammengefügt. Dies führt natürlich immer zum Verlust von DNA-Sequenzen. M E R K E
Misrepair von Einzelstrangbrüchen erzeugt Genmutationen. Falschreparatur von Basenschäden führt ebenfalls zu Genmutationen. Fehlende oder Falschreparatur von Doppelstrangbrüchen führt zu Chromosomenmutationen. Fehlende Reparatur von Mehrfachereignissen und Crosslinks be wirkt Chromosomenmutationen. Alle diese E reignisse können Zelltod oder Kanzerogenese bewirken. •
•
•
•
3 . 3 Ze l l u l ä re Stra h l e n b i o l og i e 3.3.1 Zel ltod, Ze l l i n a ktivierung Zelltod u n d Proliferationshemmung stellen die schwerwie gendsten Strahlenfolgen an der Zelle dar. Zelltod bezeichnet den Verlust der spezifischen Funktion von Funktionszellen, also differenzierten Zellen, die nicht proli ferieren. Es sind dies Zellen in der G0-Phase ( > Kap. 3.3.3 "Zellzyklus"), z.B. Nerven-, Muskel-, N ieren-, H irn- und Drü senzellen. Diese Zellen lösen sich schließlich durch Apoptose und Nekrose auf. Proliferationshemmung betrifft die proliferierenden, d.h. klonogenen Zellen, die auch in der Zellkultur wachsen und dort Kolonien bilden (z.B. die bärnatopoetischen Stammzel len). Für sie bedeutet Zelltod den Verlust ihrer ununterbroche nen Teilungsfähigkeit, ihrer reproduktiven Kapazität bzw. Klo nogenität. Man bezeichnet diesen Schaden auch als reproduk tiven Zelltod.
Diese Definitionen des Zelltods sind für das Verständnis strahlenbiologischer Phänomene und Befunde, insbesondere in der Radioonkologie, außerordentlich wichtig. Nach Strahlenthe rapie können nämlich Zellen weiterhin mikroskopisch sichtbar sein, sie können noch eine Weile Proteine und DNA produzieren sowie einzelne Mitosen durchlaufen: Wenn sie aber ihre unbe grenzte Teilungsfähigkeit verloren haben, sind sie definitiv tot. Die letale Strahlendosis, welche die Funktion von Funkti onszellen auslöscht, beträgt recht einheitlich etwa 100 Gy. Der reproduktive Zelltod tritt aber oft schon bei < 2 Gy ein.
25
M E R K E
Der Begriff Zellinaktivierung bedeutet Zelltod und fasst in der ex perimentellen Strahlenbiologie die verschiedenen Formen des spon tanen und (z.B. durch ionisierende Strahlen) induzierten Zellunter gangs zusammen: Funktionsverlust von terminalen Funktionszellen, z.B. sekretori schen Zellen • reproduktiver Zelltod von klonogenen Zellen (durch Mitosetod, ln terphasetod und Zelldifferenzierung, s.u.) •
3.3.2 N e k rose u n d Apoptose
Zellbiologisch und morphologisch sind zwei Formen des Zell untergangs zu unterscheiden: Nekrose und Apoptose. Nekrose D ie Nekrose ist ein schneller, unphysiologischer Prozess. Er folgt einem massiven physikalischen oder chemischen Scha den. Proteine werden denaturiert, Membranen zerstört, z.B. bei Verbrennungen oder Verätzungen. Oder der Zellstoffwech sel liegt darnieder durch fehlende Blut- bzw. Sauerstotfzufuhr, z.B. bei Herzinfarkt oder TumorzerfalL Zellbestandteile treten aus der Zelle aus und bewirken Entzündungsreaktionen. Diese werden in der Bildgebung sichtbar. Apoptose Die Apoptose oder Autophagie stellt einen von der Nekrose zu unterscheidenden aktiven Prozess der Zelle dar, ein Si cherungssystem, das nichtintakte Zellen vor dem Eintritt i n die Zellteilung als geschädigt oder überaltert erkannt und vernichtet. Es wird auch als programmierter Zelltod be zeichnet, sozusagen als programmierter Suizid. Dieses kom plexe Geschehen kann auch lichtmikroskopisch detektiert werden: Die Zellmembranen bleiben intakt, nie treten intra zelluläre Bestandteile in den Extrazellulärraum aus. Es gibt kei ne Entzündungsreaktionen beim Abräumen der apoptotischen Zellreste. Gesteuert wird dieser Zelltod durch das p53-Gen und eine Reihe weiterer spezifischer Gene. Dabei erscheint das ganze System aus proapoptotischen und antiapoptotischen Prozes sen normalerweise gut ausbalanciert. W ird ein Baustein verän dert, z.B. das p53-Gen mutiert und dadurch inaktiviert, gerät das Gleichgewicht aus dem Lot. Apoptose findet dann nicht statt. Auch ionisierende Strahlung kann das p53-Gen aktivie ren und Apoptose in Gang setzen. Bei den meisten Normalgeweben und Tumoren erfolgt der apoptotische Zelltod in der M itose (Mitosetod). Meist sterben die Zellen nach therapeutischen Strahlendosen nicht sofort ab, sondern erscheinen äußerlich noch intakt, durchlaufen u.U. noch mehrere Mitosen, bevor sie dann definitiv zugrunde ge hen (siehe unter "Zelltod", > Kap. 3.3. 1 ) . Andere Zellen erleiden den Zelltod bereits vor Eintritt in die Mitose; verantwortlich ist hierfür ein frühes Apoptosepro-
I
I
26
3 Strah lenbiologie
gramm der Zellen. Diesen Mechanismus bezeichnet man als Interphasetod. Er betrifft u.a. Lymphozyten, Dünndarmepi thel, Speicheldrüsen, aber auch Leukämiezellen und maligne Lymphome. Die dritte Möglichkeit eines "geordneten klonogenen Zell tods" nach Bestrah l u ng besteht in einer Differenzierung zu reifen Zellen. Aus zunächst klonogenen Zellen entstehen ohne oder nach nur wenigen Teilungen terminale, ausdifferenzierte Funktionszellen. Gezeigt werden konnte dieses interessante Phänomen u.a. an Fibroblasten. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Strahlenfibrose ( > Kap. 4.4.3). M E R K E
Der programmierte Zelltod s ichert die Funktionstüchtigkeit eines Or ganismus, denn Zellu ntergang ist die Voraussetzung für Zellerneue rung. Er unterscheidet sich vom u ngeordneten, rasch vonstatten ge henden Zelluntergang der Nekrose. Man muss also folgendermaßen differenzieren: Apoptose (Typ I des programmierten Zelltods) ist ein aktiver Pro zess des Suizids, wenn die Zelle merkt " , dass sie geschädigt oder " gealtert ist. Autophagie (Typ II des prog rammierten Zelltods) erfolgt ebenso aktiv, wenn die erforderlichen Lebensbedingungen für die Zelle nicht mehr gegeben sind (z.B. durch Hypoxie, H unger, Elektrolyt mangel, Überwärmung etc.). Nekrose ist ein schnel ler, passiver Vorgang mit entzündlichen und imm unologischen Reaktionen. Die meisten Tumorzellen und transformierten, immortalen Zellen im Labor beherrschen die Technik des programmierten Suizids nicht •
•
•
.
Su bleta ler Stra h lenschaden (SLD) Der subletale, also noch nicht tödliche Strahlenschaden kann unter normalen Bedingungen innerhalb weniger Stunden re pariert werden. Das setzt allerdings voraus, dass kein weiterer Schaden hinzukommt. Dann nämlich könnten sich beide zu einem letalen Schaden addieren. Die Reparatur subletaler Strahlenschäden bewirkt, dass nach fraktionierter Bestrahlung die Zahl überlebender Zellen trotz gleicher Gesamtdosis größer ist als nach einer Einzeitbestrahlung. Sie bestimmt die "Schul
ter" in den Zellüberlebenskurven (vgl. > Abb. 3.8, > Abb. 3 .9, > Abb. 3. 1 0). 3 .3.4 Ze itfa ktor
Die Möglichkeit, dass subletale Strahlenschäden repariert wer den und die Tatsache, dass die Reparatursysteme dafür Minu ten bis Tage brauchen, macht verständlich, warum die meisten Strahlenwirkungen zeitabhängig sind. Das heiß t das Ausmaß eines definitiven Strahlenschadens hä n gt davon ab, wie rasch eine Dosis eingestrahlt wird: einmalig konzentriert oder über einen längeren Zeitraum verteilt. Diese Zeitabhängigkeit zeigt sich bei locker ionisierender Strahlung (Photonen- und Elekt ronenstrahlung) besonders deutlich. ,
M E R K E •
3.3.3 Erhol u ng s- u n d Reparatu rprozesse
Zu Beginn der biologischen Wirkungskette, auf der Ebene der und radiochemischen Primärprozesse, sind Schäden durch Interaktionen reversibel, d.h., sie können neut ralisiert werden: Toxische Produkte werden inaktiviert, Radi kalstelien besetzt, Radikale neutralisiert, womit der endgültige Schaden vermieden wird. Ähnliches geschieht auf allen weite ren Ebenen der Wirkungskette, der biochemischen bzw. mole kularen und selbst noch auf der zellulären ( > Abb. 3. 1 ) . Im Gegensatz dazu ist Reparatur (Repair) eine aktive Leistung der Zelle: Ein bereits eingetretener Schaden in den Biomolekü len wird repariert oder eine geschädigte Zelle durch Apoptose ausgesondert. Die Gesamtheit dieser Vorgänge nennt man Er physikalischen
holung (Recovery) .
Die einzelnen Systeme arbeiten je nach Schwierigkeitsgrad zeitintensiv: Die sog. schnelle Reparatur läuft in 1 0-20 M inuten ab, die langsame Reparatur da u ert einige Stunden, interzelluläre Reparaturprozesse benötigen Stun den bis Tage. unterschiedlich
M E R K E
Für die Klinik gilt als Faustregel: Nach 2 Stunden sind die meisten, nach 6-8 Stunden nahezu alle möglichen Reparaturen in den Nor malgeweben abgeschlossen.
•
Dieselbe Dosis, fraktioniert oder protrahiert eingestrahlt, hat eine geringere biologische Wirkung als eine konzentrierte Einzeit bestrahl ung (Schwarzschild-Gesetz). Kleine Einzeldosen sind bezogen auf dieselbe Gesamtdosis weni ger effektiv als größere Einzeldosen.
und in der nicht synchronisierten Zellkultur werden die Zellen von der Bestrahlung in unterschiedlichen Zyklusphasen getroffen, d.h. in radiosensiblen und in mehr oder weniger radioresistenten Phasen. Verschiedene Zellen können so im Zyklus arretiert oder inaktiviert werden, ihre Klonogenität verlieren oder aber den Zellzyklus unbeeinträch tigt vollziehen. Dadurch organisieren sich Zellzyklusphasen um: strahlenresistente Phasen ersetzen strahlensensible, Blo ckierungen in G 1 oder G2 bewirken eine Teilsynchronisation der Zyklusphasen; möglicherweise befinden sich auch mehr Zellen in einer resistenten Phase als wenn sie normal verteilt wären. Dies macht die Betrachtungen zum Zeitfaktor komplex und erklärt, warum bisher alle klinischen Versuche zur thera pieoptimierenden Steuerung des Zellzyklus fehlgeschlagen sind. Bei Bestrahlungen mit hohem LET spielt der Zeitfaktor al lerdings nur noch eine geringe oder überhaupt keine Rolle mehr; Fraktionierungs- und Protrahierungseft'ekte verschwin den. Hoch-LET-Strahlungen setzen nämlich an Zelle und Re paratursystemen hauptsächlich letale Schäden. Beim Patienten
27
3 . 3 Zelluläre Strahlenbiologie
3.3.5 Zel l ü berle bensku rve n
Zellüberlebenskurven - we rta l te rn ati v sp ri ch t m a n auch von Zellinaktivierungskurven - setzen die Zahl überlebender Zel len in B ezieh u ng zur applizierten Strahlendosis. Solche Dosis Effekt-Beziehungen gewinnt man an Zell kult u ren Einzelzel .
len werden dazu in einem Nährmedium ausgesät. Nach einer Inkubationszeit von 7- 1 4 Tagen bildet jede klonogene Zelle e i ne mit bloßem Auge sichtbare Kolonie; pro 1 00 Zellen 50-90 Kolonien ( P la ting Efficiency = 50-90%). Sät man parallel dazu in weiteren Kulturen bestrahlte Zellen aus, bilden dort einige von ihnen keine Kolonien. Die betreffenden Zellen haben ihre klon ogen e Potenz verloren, weil sie inaktiviert worden sind. Andere bilden lediglich abortive, also kleine Kolonien, wieder andere ganz normale Kolonien; Letztere wurden offenbar nicht beeinträchtigt. Diese Befunde lassen sich qualitativ und quan titativ auswerten und ergeben für die verschiedenen Dosisbe reiche jeweils eine Zellinaktivierungskurve ( >- Abb. 3.8). Eine Ze llinaktivierungskurve verläuft im linearen Maßstab sigmoidal (S-förmig) gegen die Dosis. Gewöhnlich wird sie aber halblogarithmisch gez eich net , nämlich die überlebenden Zellen (Surviving Fraction) logarithmisch auf der Ordinate und die Dosis linear auf der Abs zi sse. Dadurch entsteht optisch eine einfach gek rümm t e "Schulterkurve" ( >- Abb. 3.8). Je nach untersuchtem System ergeben sich untersch iedli c h gekrümm t e Kurven. Bei locker ionisierender Strahlung, z.B. Röntgen oder G am m ast rah l ung , starten die Kurven im niedrigen Dosis bereich zunächst nahezu horizontal, dann flach gekrüm m t als "Schulter", um dann bei hoher Dosis p rakt isch linear, also ex p on entiel l stark a b zu fallen . Biegu ng und Breite d er S ch ulter z eigen die E rholung s fähigke it des betreffenden Systems - in d i esem Fall von locker ionisierender S tra hlun g - an. Im Gegen satz dazu würde die Kurve nach E i nwi rk ung von Hoch-LET S t rahlu ng (a-Teilchen, schweren Tonen oder Neutronen) von Anfang an linear ohne Schulter abwärts verlaufen.
I
-
2
6
4
8
10
12
1 4 Dosis (Gy)
Abb. 3.8 Dosis-Effekt-Kurve mit ,. Schulter" (Multitarget-Modell; E rläuterung siehe Text) . [32]
•
D q ergibt sich aus d em Schnittpunkt der ext rap ol ier t en
Ge
de r 1 00%- Ü berlebensrate 1 . D q . ist ebenfalls ein Maß für die Breite der Schulter. Folgende Beziehung verknüpft diese drei Parameter: rade mit
Dq = D >< ln n 0
,
M u ltita rget-Modell Im M ul t i t arge t - M od ell beschreiben drei Parameter die Schul t e rku rve : • D0 s teh t für die Dosis, die im ge radl i ni gen also expo n en t i ellen Teil der Dos is- Effekt-Kurve die Zahl der jeweils noch überlebenden Zellen auf 1 /e 37% vermindert . • n besc h re i b t die Zahl der empfindlichen Bereiche in der Ze ll e und charakterisiert die Breite der Schulter. n ergibt sich dort, wo der lineare A nteil der halblogarithmischen Dosis- E ffekt Kurve nach ihrer Extrap olat io n auf die Dosis 0 die Ordinate schneidet ( "Extrapolationszahl n"). Prakt isch a usgedr ückt : Um eine Zelle zu inaktivieren, muss jeder der n-ßereiche mindestens einmal getroffen werden. Ist n I , erh ält man in h albl oga r it hm ischer Dars t ell ung eine Gerade: d.h. die Zel linaktivierung erfolgt ex p o ne n t iell es findet also keine Rep a ratu r statt. Ist n = 5, müssen 5 T re ffe r gesetzt werden, um die Zelle zu töten: Die Erholungsfahigkeit is t in diesem Fall hoch und es zeigt sich eine Schulter in der ZeLiüberlebenskurve. ,
=
=
,
Bei Säugetierzellen liegen die D0-Werte im relativ engen Dosis bere i ch von 0,75-3 Gy, während n oder D q wesentlich s tärker vari ieren . M E R K E
D0 ist ein Maß für die Strahlenresistenz einer Zelle u nd entspricht der Steigung des linearen Kurvenanteils im halblogarithmischen Maß stab . Dq und n drücken die Erholungsfähigkeit einer Zelle aus und werden charakterisiert durch die Schulter der Zellina ktivierungskurve.
Linea r- q uad ratisches Modell (a/ß-M odell) Zur mathematischen Beh a n dlu n g von Zellinak t ivieru n gs k u r ven und zur Beschreibung klinischer Endpunkte i n der Strah le n th erapie hat sich heute das line ar quad ra t i sch e Modell, kurz LQ-Modell, durchgesetzt ( Keller und Rossi, 1 973}. Es erla ub t , mit nur zwei Termen das Ze ll üb e rle b en "in der Petrischale" (Surviving Fraction, SF) nä h ru ngs we i se zu besc h rei b en : mit einer linearen ( -aD) und einer qu ad ra t is che n (-ßD2} Kom po nente ( >- Abb. 3.9}. Die SF ist wiede rum loga ri th m isch auf der Ordinate und die Dosis linear auf der Abszisse aufgetragen. Die -
Gesamtbeziehung lautet: 2
ln SF = - (aD + ßD )
I
28
3 Strahlenbiol ogie
in SF steht für den natürlichen Logarithmus der Überlebens fraktion SF, D für die verabreichte Dosis und a bzw. ß s ind ge webe- bzw. zellspezifische Faktoren. Wichtig für die Klinik ist das a/ß-Verhältnis (a/ß-Wert). Es beschreibt die A u sprägung der Schulter der Zellüberlebenskur ve und en tspricht der Dosis in Gy, b ei der -aD und - ßD 2 den
selben Anteil an der Zellabtölung haben:
aD ßD =
2
oder
D
=
M E R K E
Das a/ß- M odell gibt die Beobachtungen in der klinischen Strahlen therapie - jedenfalls im Bereich 1 -5 Gy - recht zuverlässig wieder. Es gilt für die ersten beiden Dekaden des Zellüberlebens u nd nur für konventionelle Fraktionierungen, nicht aber für hohe Ei nzeldosen, Akzelerierungen, Hyperfraktionierungen und Bestrahlungspausen. Die Kenntnis des a/ß-Werts zeigt dem Kliniker, ob etwa u nt er ein er Strahlenb ehan dlung das Risiko für Spätschäden besteht. Identifiziert er nämlich eine große Reparatu rleistung eines Ge webes, kann und muss dieses bei de r gepl an te n Bestrahlungsse rie durch sorgsame Fraktionierung oder Protrahierung ge schützt werden. Denn der a/ß - Wert korreliert mit der kli n ischen
....,
t aD/ßD2 - - - -uD - J 2-ßD - -
_ _ _
=
1
Normalgewebe
Dünndarm Dickdarm
1
:::Q)
0, 1
"Cl c:
15 0,05
Q) -.:::: Q) .Q :::J
Verhältnis a/ß ,,; ''' o�;, '
-
6-1 3
Gehirn
1 0-1 2
Rückenmark N iere
1' 5-2, 5
1 , 6-5
0, 5- 5
Knochenkallus
9-1 9 9-1 0
Knochenmark
> 10
Lunge
2, 5-6,3
Mu ndschleimha ut
> 10
<2
Spermatagenien
13
Herz Ha ut S c hi l dd r üs e
2, 5-4 , 5
P rostataka rzino m
1 , 2- 1 , 5
malignes Melanom
0,6
Liposarkom
0,4
Leber
1 , 4-3, 5
2, 5-4 , 5
T u m oren
Plattenepithel karzinome
25
Adenokarzinome etc. 1 0-20
Einte il ung in früh und spät mit einer Strahlenreaktion antwor
tende Gewebe ( >- Tab. 3 . 2 ) . Akutreaktionen ( > Kap. 4.4.3) sind a/�-Verhältnissen von 7 bis > l 0 zuzuordnen, die Spät reak tionen solchen zwis chen < l und 5 Gy. Bei früh reagierenden Geweben ( >- Tab. 3.2) spielen Dosis fraktionierung und -protrahierung für den biologischen Effekt letztlich keine oder eine nur untergeordnete Rolle. Fraktioniert man die Behandlung, muss, um denselben Effekt zu e rzi elen wie mit einer Einzeitbestrahlung, die Ges am tdo sis kaum erhöht werden. Entscheidend ist allein die Gesa m tbeha ndlung s zei t
=
- _
_
_
1 0,5
· a:; c:
-
- - -- - -- -
Überlebender Anteil (Su rvival)
a-�ert Anfangsne g u ng der Kurve ---
_ _ - -
Früh reagierende Gewebe
Haut
a/ß
Der a/ß- Wert kann auf der Abszisse der K urvend ars teil u ngen in >- Abb. 3.9 und >- Abb. 3 . 1 0 abgeles en werden. Ist er klein , überwiegt die Kurve n krümmu n g im unteren Dosisbereich: Die Schulter ist breit und die Erho lungs fähigk eit des betreffenden Zellsystems stark. Ist der a/ß-Wert groß, gibt es kaum noch ei ne Ku rve nkrümm u ng . Eine Schulter ist kaum oder gar n ich t mehr vorhanden, die Erholungsfähigkeit des Sys tems geri ng.
·
Tab. 3.2 Früh und spät reagierende Gewebe, untertei lt nach den a/ß-Werten des linear-quadratischen Modells.
j
0,01 +-------�----�,------,,-----�---10 5 0 2, 5 7, 5 Dosis (Gy)
Abb. 3 . 9 Linear-quadratisches Modell zur Beschreibung von Zell i naktivierungskurven. Zwei Komponenten bestimmen die Dosisabhän gigkeit der Zellinaktivierung: Eine ist proportional der Do s is (-aD) und gilt für die Anfangsneigung bei k leinen Dosen. Die zweite ist p roportio nal dem Quadrat der Dosis (-ß D2 ) und bestimmt die Kurvenkrümmung bei hohen Dosen. Die Dosis, bei der die l ineare u nd die quadratische Komponente gleich sind, bezeichnet man als den a/ß-Wert. Er beträgt in diesem Fall knapp 5 Gy.
- --
:-- -
--
- _
-
/
- - - -rendes Gewebe - - (a u_s�� :ä g t s c -
_
0, 1 0,05
j
��: �:
a-Wert - spät reagie-
_
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�
_ _
l
t )
I l
a/ß = 2,3 Gy
0 ' 0 1 -�-----,------�-----,----�-r 10 5 7,5 0 2, 5 Dosis
••-----• Tu mor ••-----•
a- Wert - früh reagierendes Gewebe
ß-Wert - früh reagierendes Gewebe Verhältnis
a/ß
=
1 0 Gy
(Gy)
und früh reagierendes Gewebe (geringe Schulter) Spät rea g i e re n de s Gewebe (ausgeprägte Schulter)
Abb. 3. 1 0 Dosis-Effekt-Kurven von früh und spät reagierenden Geweben. Steilere Verläufe für spät reagierende Gewebe m it niedrigem a/ß-Wert (hier etwa 2,5 Gy), flache Verlä ufe für Akutgewebe mit entspre· chend hohem a/ß-Wert (hier etwa 10 Gy).
3 . 3 Zel l u l ä re Strahlenbiologie
Bei spät reagierenden Geweben ( >- Tab. 3.2) überwiegt schon zu Beginn der Schulterkurve der quadratische Term, d.h. die Gewebe weisen eine hohe Reparaturkapazität auf und die Fraktionierungs- und Protrahierungseffekte sind groß. Die se muss man mit der Unterteilung der verschriebenen Bestrah lungsdosis in kleine Einzelfraktionen oder mit Dosisprotrahie rung ausnutzen, da man Patienten nicht mit Strahlenspätfol gen belasten möchte. Erst in den letzten Jahren wurde bekannt, dass auch bösarti ge Tumoren einen niedrigen a/ß-Wert aufweisen können und dann im Gegensatz zu den weitaus meisten Malignomen zu den spät reagierenden Geweben gehören ( >- Tab. 3.2). Bei spiele sind das maligne Melanom, das Prostatakarzinom, das N ierenzellkarzinom und das Liposarkom. Es spricht manches dafür, solche Tumoren am günstigsten mit hohen Einzeldosen zu behandeln, Dosen also, die man sonst wegen des Risikos von Spätschäden vermeidet, wenn Normalgewebe im behan delten Volumen liegen ( >- Kap. 4.4.3). Künftig wird wohl zu nehmend die Fraktionsdosis einer Strahlenbehandlung dem h istologischen Tumortyp angepasst werden . M E R K E
Früh reagierende Gewebe sind durch a/ß-Werte im Bereich von 7-20 Gy gekennzeichnet. Dazu gehören die meisten ma l ig ne n T umo ren, aber auch akut reagierende Normalgewebe wie Schleimhäute, Knochenmark und SamenepitheL Spät reagierende Gewebe haben a/ß-Werte von ca . 0, 1 -5 Gy. Darunter fallen u.a. das Gehirn, das Rückenmark, die N iere, das Lu ngengerüst, die Harnblase und die Haut ( >- Abb. 3 . 1 0). Auch einige bösartige Tumoren weisen einen niedrigen a/ß-Wert auf, z.B. das maligne Melanom und das Prostata karzinom.
29
3.3.6 Z e l l zy k l u s Zellen vermehren sich durch Teilung, die mit den Chromoso men des Zellkerns beginnt. Zwischen den Teilungen durch laufen die Zellen charakteristische Phasen: die Mitose (Tei lungsphase) und die G 1 -, S- (Synthese-) und GrPhase ( >- Abb. 3 . 1 1 ). Zellen, die einer bestimmten Funktion nach kommen, befinden sich in der G0-Phase, teilen sich also nicht (z.B. Leber-, Nieren- und Nervenzellen) . In G 0 ruhen aber auch Zellen, die gegenwärtig nicht an der Zellproliferation teilnehmen, übrigens auch innerhalb eines Tumors. Der Nachschub für gealterte, ausgesonderte oder auch Tumorzel len erfolgt durch aktivierende Prozesse aus G 0• Die in den G 1 -, S-, Gr und M-Phasen proliferierenden Zellen bezeichnet man als Wachstumsfraktion. M E RK E •
•
Zwischen den Mitosen läuft d e r Intermitosezyklus ab. Er be steht aus einer G 1 -, 5- un d G2 -Phase, die zusammen mit der Mito se die Wachstumsfraktion bilden. ln G 0 befin den sich nicht proliferierende Funktionszellen, gegen wärtig ruhende und, je nach Malignität, a uch mehr oder weniger Tumorzellen.
Die Zellteilungsvorgänge laufen asynchron ab, d.h. die prolife rierenden Zellen tinden sich zufällig verteilt in unterschiedli-
Das linear-quadratische Modell ist rein statisch. Es kennt kei ne Dosisleistung, keine ZykJuszeit, keine intrazelluläre Repa raturkinetik, keine interzelluläre l nteraktion. Es weiß auch n ichts von der Volumenabhängigkeit der Strahlenwirkung, vom Sauerstoffeffekt und von genetischen Alterationen an Normalgeweben, die u .U . eine deutlich geringere Strahlensen sibilität bedingen. Wenn also das LQ-M odell in der Klinik stärker zum Einsatz kommen sollte, muss es Erweiterungen erfahren. M E R K E
Durch Fraktionierung oder Protrahierung lassen sich spät reagierende Gewebe vor Strahlenspätschäden schützen, also z.B. Gehirn, Rücken mark, Niere, Lunge, Herz und Bi ndegewebe. Leider scheint dieser Schutz auch für bösartige Tumoren zu gelten, die einen niedrigen a/ß-Wert aufweisen. Dagegen ist das Ausmaß akuter Strahlenfolgen an früh reagierenden Geweben, z.B. Knochenmark, M undschleimhaut und Dünndarmepi thel, bei gegebener Dosis allein von der Gesamtbehandlungszeit ab hängig - je kürzer, desto ausgeprägter -, nicht aber von der Fraktio nierung. Die meisten malignen Tumoren gehören zu den früh reagie renden Geweben, werden also durch Dosisfraktionierung bzw. -pro trahierung nicht geschützt.
Abb. 3 . 1 1 Der Zel lzyklus und seine Steuerung. Die Zellen in den Pha sen G 1 , S, G2 und in der M itose stellen die Wachstumsfraktion dar, die Zellen in der G0-Phase die nicht proliferierenden Zellen . Die Zellzykluskontrolle bzw. -Steuerung erfolgt über C DK-Cyclin-Komplexe, die an den verschiede nen Checkpoints durch CI P/KIP-Komplexe, z.B. mit den Vertretern p2 1 , p27 und p57 bzw. durch I NK4-Komplexe mit den Proteinen p 1 5, p 1 6, p 1 8 und p 1 9 inaktiviert werden kön nen, was zur Arretierung der betreffenden Zelle an diesem Checkpoint füh rt. Am Restriktionspunkt G1, gleich zu Beginn des Zellzyklus, entscheidet sich, ob die Zellen in den Zyklus eintreten d ürfen. Die Strahlensensibilität der Zelle ist in G2 u nd M am höchsten, am Ü bergang G ,15 deutlich niedriger. Die Phasen G0 und 5 gelten a ls strahlenresistent . l 1 ]
I
I
30
3 Stra h lenbiologie
chen Zyklusphasen. Auch teilen sie sich ganz unterschiedlich rasch: bestimmte Leberzellen nur einmal pro Jahr, Hautzellen einmal pro Monat, Schleimhautzellen und bärnatopoetische Stammzellen mehr als einm al in 24 Stunden. Dies beruht auf un terschiedlich langen G 1 - Phasen. Demgegenüber sind Zeitkons tanten für die S-Phase (8 Stunden) , die Gr Phase (3 Stunden) und die Mitose (1 Stunde) für alle Gewebe recht e inheitlich. Die einzelnen Zyklusphasen und ihre Länge können autora diografisch dargestellt werden. Zellen, die in der S-Phase DNA sy ntheti sieren , nehmen 3H-Thymidin auf und sind dann ein fach zu erkennen. Erfolgen Färbung u nd Autoradiogra fie eini ge Stunden nach der 3 H -Thymidin-Markierung, befinden sich einige der Zellen bereits in der M itose und sind dort sichtbar. Besser noch markiert man die Zellen mit 5-Bromdeso:xyuri din (BrdU). Die fluoreszierenden Antikörper in der mit BrdU s ubstituierten DNA erkennt man im Fluoreszenzmikroskop deutlich und det ailget reu . Die BrdU-Markierung hat zwei Vor teile: Es wird kein radioaktives Material benötigt und die Un ters uch u ngszeit ist kürzer. Beide Techniken haben die Radiob io l ogie revolutioniert: Es werden jeweils Zellen in der S-Phase markiert. Der Gap zwi schen Mitose und D N A - Markierung, in dem keine markieren de Substanz inkorporiert wird, entspricht der G 1 -Phase; der Gap zwischen D NA -Sy n the se und Mitose der Gz-Phase. Steuerung des Zel lzykl u s D i e Gefahr, dass sich aus einer normalen Zelle eine Tumorzelle entwi ckelt , besteht immer dann, wenn in der Zelle die Regel kreisläufe zwischen Zell teilung und Zel l inaktivierung defekt sind. Alle bekannten Sicherungssysteme in der Zelle sind m it einer Zellzykluskontrolle verbunden und feh l ende bzw. ausge merzte Zellen können nur durch die Akt ivierung des Z ell zyklus berei tgestellt werden. Andererseits kann sich ein Tumor e nt wi ckeln, wenn die Zelle u nfähig zur Zyklu skontrolle, z.B. zum programmierten Zelltod (Apoptose), ist. Worin bestehen nun diese Sicherungss trategien? • Der Zellzyklus wird nur in einer Richtung durchlaufen. • Während des Zykl us sind die spezifischen Steuerungsprote ine aktiviert, damit die Zelle die verschiedenen Zellzyklus p h asen kontrolliert durchläuft. • A n Kontrollpunkte n im Zellzyklus, d en sog. Checkpoints, wird die Zelle während ihrer Te ilung a ngeha l t en, getestet, ggf. repariert oder aber vernichtet ( > Abb. 3. 1 1 ) . En tsprechend wirken die hemmenden Systeme des Zell zyklus antimutagen und an t itumorigen. Die dafür verantwortlichen Proteine und deren Gene, wie p53, p l 6 und p2 1 , werden als Tumorsuppressor-Proteine bzw. Tumorsuppressor-Gene bezeichnet.
Gleich zu B eginn, am Restriktionspunkt bei G 1 , entscheidet sich, ob die Zelle in den Zyklus eintreten wird oder n i ch t . Wei tere C heck po ints, an denen der Zellzyklus a n ge h a l ten werden kann, sind die klassischen Blöcke am Üb erga ng G 1 /S- Phase (G1 - Block) und G2/Mitose ( G 2 - B l ock ) . Obwohl der Gr Bi ock im Vergle i ch zum G 1 -Blo c k wesentlich bedeutsamer ist und nahe-
zu bei allen Zellen durch ionisierende Strahl ung induziert wer den kann, war doch die Regulation des G 1 - Biocks wesentlich früher bekannt. An beiden Checkpoints scheint p53 eine zent rale Bedeutung zu haben. M E R K E
Bei der Zellzyklusregulation bestehen zwei Möglichkeiten, gravieren de Schäden der Zelle zu erkennen bzw. i hre Entartung zur Tumorzel le zu verhindern: Der Zellzyklus wird angehalten, um die aufgetretenen Schäden zu beheben. Die Blockierung in der G 1- oder G2-Phase i st über Stun den bis Tage möglich, in der S-Phase und Mitose aber nur für Mi nuten . • D i e Zelle wird inaktiviert, wenn das Schadensniveau a l s für eine Reparatur zu hoch e rkannt wird. Bei Lymphozyten tritt dann v.a. Apoptose ein, bei proliferierenden Geweben dagegen wird die Teilung der geschädigten Zellen verhindert. Dabei gibt es Ü ber· gänge zu differenzierten und damit nicht mehr teilungsunfähigen Zellen (sog. Redifferenzierung). •
Strah lense n s i b i l ität im Zel lzykl us Die Strahlensensibilität einer Zelle ändert sich während ihres Teilungszyklus stark ( > Abb. 3. 1 2) und es fi n det sich für die einzelnen Phasen des Zellzyklus , gemessen am Zelltod, eine ganz untersch iedliche Stra hlenempfindl ichke i t Die Phasen M und G2 sind am empfi ndlichsten ( d.h. die Ze llinaktivierung is t Überlebende Zellen
1 00 �����
(%)
10
0,1
0
2
4
6
8
10
12
14
16 Dosis
18
(Gy)
Abb. 3. 1 2 Unterschiedl iche Strahlensensibilität der versch iede nen Phasen des Zellzyklus: lnaktivierungskurven von chinesisch en
Proliferation zunächst d u rch I n kubation m it Hyd roxy· und d ie dann in verschiedenen Zyk l uspha sen bestrahlt wurden. Die Zel linaktivierungskurven sind unterschiedlich geneigt, am stärksten nach Bes t r a hl ung i n de r Gr und M-Phase (größte Strahlenemp findlichkeit), schwächer i n G 1 • und früher S· Phase, am we ni gs ten in der s päten S-Phase (geringste Strahlenempfindlichkeit). G 1 Präsynthesephase. S DNA-Synthesephase. G2 Postsynthesephase. M Mi· tose. [331 Hamsterzellen,
deren
urea synchronisiert
3.3 Zelluläre Strahlenbiologie
I
I
Mitose
Interphase • • • • • • • • • •
I
G1
s
I
DNA-Synthese -
G2
• • • • . . " )> s::
0
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II> .... "' "0 ::r "' V>
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31
Ü berlebensrate 1 ,0
0
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II>
0,1
Zelltod (lnakt1v1erung) . .
0000000
Mitosehemmung
0,01
Chromosomenaberrationen
Abb. 3 . 1 3 Strahlensensible Phasen im Zellteilungszyklus für die Endpunkte Zelltod, Mitosehemmung und Chromosomenverände rungen. [ 3 2)
am stärksten); es folgen G 1 und die frühe S-Phase, während die späte S-Phase am wenigsten strahlensensibel ist.
0,001
0,0001
E
....[_
�
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Dosis (Gy)
M E R K E • •
•
•
ln der Mitose und G 2-Phase sind die Zellen am strahlensensibelsten. ln einer langen G 1-Phase sind die Zellen zunächst nahezu strah lenresistent, am Übergang G 1 /S folgt dann eine sensiblere Periode. ln der S-Phase ist die Zelle am strahlenresistentesten ( > Abb. 3. 1 2). Wählt man andere Endpunkte, z.B. M itosehemmung oder Chro mosomenaberrationen, verschieben sich die radiosensiblen bzw. -resistenten Phasen etwas ( > Abb. 3. 1 3) .
Abb. 3 . 1 4 Dosis-Effekt-Kurven nach fraktionierter Bestrahlung (01-04) einer Zellkultur. Kurve A ist die Ü berlebens (lna ktiv i erungs) Kurve mit Schulter (Reparatur von sub l eta le n Schäden) nach E inzeitbestrah lung im niedrigen Dosisbereich. B bis E s i nd Ü berlebenskurven nach frakti
onierten Bestrahlungen, da während der Bestra hlungspausen Erholung stattfindet: Nach Jeder Fraktion bildet sich eine neue Schulterkurve. Diese Restitution der Schulter nach jeder Bestrahlungsfraktion hat zum Ergebnis, dass zum Schluss, wenn dieselbe Zellabtölung erreicht werden soll wie m i t e i n e r Einzeitbestrahlung, eine höhere Gesamtdosis aufgewendet werden muss. Zur Reduktion der Zellzahl von 1 , 0 auf 0,001 ist im Fa l l E ei n e fast doppelt so hohe Gesamtdosis nötig wie im Fall A. [ 1 ] [34]
3.3.7 Fra kti o n i e r u n g und Prot ra h i e r u ng Fra ktioni e ru n g Unter Fraktionierung versteht man die A uft eilun g einer ver schriebenen Dosis in mehrere Einzelfraktionen (einmal oder mehrfach pro Tag) im Gegensatz zu einer Einmalbestrahlung. > Abb. 3 . 1 4 z ei gt das Prinzip und die biologische A us wir kung. Erholungs- und Reparaturvorgänge von subletalen Strah lenschäden laufen sowohl in Normal- als auch in Tumorgewe ben ab. Jedoch sind Dauer und Au s m aß unterschiedlich , in Normalgeweben nämlich bedeutend rascher und vollständiger als im Tumor. Dies gilt es, in der Strahlentherapie unserer Pa tienten auszunutzen und ist die Rationale dafür, dass in der Klinik für gewöhnlich die ordinierte Strahlendosis in viele Ein zelfraktioneil unterteilt wi rd . Coutard beschrieb dieses Prinzip 1 930: In den Bestrahlungsintervallen kann sich das gesunde Normalgewebe allgemein rascher erholen und aufgetretene Schäden besser reparieren als die meisten Tumorgewebe (sog. Elk.i nd-Erholung). Mit jede r Fraktion wird dieser U nterschied größer, bis das Tumorgewebe zerstört ist, während d as Nor malgewebe nur wenige, meist zu vernachlässigende Strahlen folgen aufweist ( > Abb. 3 . 1 5). Allerdings erfordert die Dosis fraktionierung bis zum Ende der ll1erapie eine höhere Ge samtdosis.
1 0- 1 Q)
'§(/)
c Q) .n Q) -.:::: Q) .n '=>
0
2
3
4
5
Bestrahlungsdosis (willkürliche E i n heite n )
Abb. 3 . 1 5 Prinzip der Dosisfraktionierung. Das gesunde Normalge
webe kann subletale Stra hlenschäden im Intervall zwischen zw e i Bestrah l un gs s i t z u ngen weitgehend re pariere n , das Tumorgewebe längst nicht so
gut. Beachten Sie die untersch iedlichen Schu ltern im Kurvenverlauf der nachfolgenden Ta g e . 1 1 ]
I
I
32
3 Strahlenbiologie
M E R K E •
•
Fraktionierte Strahlentherapie benötigt für denselben Strahleneffekt eine höhere Gesamtdosis als eine Einzeitbestrahlung. Zur Beschreibung einer fraktionierten Strahlentherapie müssen
Einzeldosis, Zahl und Abstand der Fraktionen, Gesamtdo sis und Gesamtbehandlungszeit angegeben werden.
Protra h i e ru ng D i e Verlängerung der Bestrahlungszeit (Protrahierung bzw. bietet eine weitere M ögl ichkeit , die unterschied liche Erholungsfähigkeit von Normal- und Tumorgeweben auszunutzen. Gemeint ist damit ein mehrstündiger bis mehrtä giger kontinuierlicher Bestrahlungsvorgang mit n iedrigerer Dosisrate. Zum Vergleich der Wirkung mit einer konzentrier ten Einzeitbestrahlung d i en t d er fol gende Zeitfaktor ( Protra Verdünnung)
3.3.8 Saue rstoffeffekt i n der K l i n i k
Schon 1 921 und 1 923 stellten Holthusen und Petri fest, dass Zellen in Gegenwart von Sauerstoff deutlich strahlensensibler sind als in Hypoxie oder Anoxie. In > Kap. 3 . 1 gaben wir da für schon eine Erklärung. :> Abb. 3. 1 6 veranschaulicht diesen Sauerstoffeffekt bei Einwirkung von locker ionisierender Strah lung in der Zellkultur. D ie Zellinaktivierungskurven sind im aeroben Milieu deutl ich stärker gekrümmt als im anaeroben: Um die Zellzahl auf 1 0% zu senken (von 1 auf w-'), benötigt man im aeroben M ilieu 7 Gy, im anaeroben dagegen 1 4 Gy. Der Sauerstoffverstärkungsfaktor (Oxygen Enhancement Ratio, OER) quantifiziert dieses Phänomen: OER =
hierungsfaktor): ck . Pr otrah 1erungs1a tor =
D osis( protrahienc Bestrahlung)
.
-=---= -
Dos lS (cinmalige Kurt..zeitbestrahhmg)
Aus dem Prot rah ierungsfaktor lässt sich berechnen, um wie die Gesamtdosis erhöht werden muss, um dieselbe biologi sche Strahlenwirkung zu erzielen wie nach e iner akuten Ein zeitbestrahlung. viel
M E R K E
Eine kurzfristig und konzentriert verabreichte Strahlung ist biologisch wirksamer als eine zeitlich verdünnte Bestrahlung mit gleicher Dosis (Schwarzschild-Gesetz). Diese g i lt aber nur für locker ionisierende Strahlung mit geringem l inearem Energ ietransfer (LET), also Photo nen- und Elektronenstrahlung.
Strahlendosis(anmobe Bedingungen)
_ _ _ _ _ _ _
...:;. ;... .._: ._
S trahlendosis(ocrobe Bcd;ngungen)
In der Zellkultur wurden für S äugetierz ell en Sauerstoffverstär kungsfaktoren von 2-3 gefunden: Faktor 2 bei Röntgenstrah lung mit :s; 2 Gy, Faktor > 3 bei hohen Dosen. Das bedeutet, dass für den strahlenbiologischen Effekt, der unter Anwesen heit von Sauerstoff (Euoxie) aufträte, bei Fehlen von Sauerstoff ( Anoxie) eine zwei- bis dreifach höhere Dosis ben öt igt wird. M E R K E
Bei Einwirkung von locker ionisierender Strahlung (Photonen- und E lektronenstrahlung) sind alle Gewebe in Gegenwart von Sauerstoff um den Faktor 2-3,5 strahlenempfindlicher als i n Anoxie. Dieser Sau erstoffeffekt fehlt beim Einsatz von Hoch-LET-Strahlung fast völlig (> Kap. 3 .1).
Die Abhängigkeit der Strahlenwirkung vom Sauerstoffpartial hat eminente klinische Bedeutung. Denn große T u mo ren bei Mensch und Tier weisen schon primär in bis zu 50% anoxische Zellen auf. Vor allem in schnell wachsenden Tumo ren hält die Gefaßversorgung mit dem Tumorwachstum nicht
druck
Das Prinzip der Dosisprotrahierung findet in der Brachythera pie ( > Kap. 7.4.3) immer häufiger Anwendung. Dabei unter scheidet man folgende Dosisleistungsbereiche: • Low Dose Rate (LDR): bis zu I Gy/h • Pulsed Dose Rate ( PDR): Bestrahlungspulse als biologi sches Äquivalent zur LDR • Medium Dose Rate (MDR): 1 - 1 0 Gy/h • High Dose Rate (HDR): mehr als 1 0 Gy/h M E R K E
Zusammenfassung de r Fraktionierungs- und Dosisleistungs effekte bei der Strah lentherapie: Die E rholung des Normalgewebes vom subletalen Strahlenscha den kann mit abnehmender Dosisleistung und mit zunehmender Fraktionierung deutlich gesteigert werden. Wird die Dosis zu stark verdünnt, kann es während der Bestrah lung oder in den Bestrahlungspausen zwischen den Fraktionen zu einer unerwünschten Tumorzellproliferation kommen. Die Behand lung wird dann ineffektiv oder bewirkt u.U. das Gegenteil. Bei geringer Dosisleistung können Zellen a us der G0-Phase in den Zellzyklus ei ntreten . Dies verstärkt möglicherweise die Strahlen sensibilität des Tumorgewebes, weil dann mehr Tumorzellen in strahlensen sible Zyklusphas e eintreten. •
•
•
1 0,5 '(ij ..... c
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..Cl :::J
0,01
7 Gy 0
5
1 4 Gy 10
Dosis (Gy)
15
Abb. 3 . 1 6 Sauerstoffeffekt: Zell inaktivierungskurven nach Be strahlung i n vitro mit (aerob) und ohne Sauerstoff (anae rob) . Um
die Zellzahl auf 1 0% zu reduzieren, braucht man unter aeroben Bedingun gen 7 Gy und unter anaeroben Bedingungen 14 Gy. Der O E R ist hier so m it 2.
3.3 Zelluläre Strahlenbiologie
mehr Schritt. Der Difuf sionsweg für Sauerstoff von den Kapil laren bis zu den Tumorzellen wird länger und es bilden sich Nekrosezonen ( > Abb. 3. 1 7). In der Klinik gef
•
•
M E R K E
Sch lecht mit Sauerstoff versorgte Tumoren benötigen, um zerstö rt zu werden, eine zwei- bis dreifach höhere Strahlendosis als gut d urch bl utete. Die für die Sterilisation eines gut durchbluteten Tumors aus reichende Dosis zerstört in einem hypoxischen Tumor nur 1 5-50% der Zellen.
Reoxygenierung Neuere Untersuchungen an Experimentaltumoren lassen ver muten, dass auch beim Menschen nach jeder Bestrahlungs fraktion verbliebene Tumorzellen reoxygeniert werden könn ten. Vormals hypoxisehe Zellen würden also im Verlauf einer fraktionierten Bestrahlung wieder besser mit Sauerstoff ver sorgt. Diese Hypothese steht im Gegensatz zu der Annahme, dass j ede Bestrahlungsfraktion zunächst die euoxischen Tu morzellen zerstört, ein bestrahlter Tumor also insgesamt hyp oxiseher wird. Folgende Erklärungen werden gegeben: • Der Oxygen ierungsstatus eines Tumors ist nicht statisch, sondern dynamisch und ständig wechselnd. G N o rmexisehe Zellen
0 Hypoxische, lebende Zellen @ Anoxische Zellen
Venöses Ende
•
33
Wenige Stunden nach einer Bestrahlung öffnen sich tempo rär verschlossene Gefäße und versorgen Zellen wieder, die sich vorher in akuter Hypoxie befunden hatten (schnelle Komponente der Reoxygenierung). In der Folgezeit revaskularisiert Tumorgewebe dadurch, dass der Tumor auf Grund der Vernichtung euoxischer Zel len schrumpft, die Gefäßdichte also relativ zunimmt und der Sauerstoffgradient von den Blutgefäßen zu den hypoxi sehen Zellen abnimmt (langsame Komponente der Reoxy genierung von Zellen in chronischer Hypoxie). Abgetötete Tumorzellen metabolisieren keinen Sauerstoff.
> Abb. 3. 1 8 demonstriert den Vorgang der R eoxygenierung. Die klinische Beobachtung, dass viele, auch hypoxisehe Tumo ren mit einer in 30 Einzelfraktionen unterteilten Gesamtdosis von 60 Gy geheilt werden, spricht sehr dafür, dass zwischen den Bestrahlungsfraktionen tatsächlich Reoxygenierung von Tumorarealen stattfindet. Denn selbst eine sehr kleine Zahl an
U n m ittelbar nach Bestrahlun g
meist hypoxisehe Zellen
meist hypoxisehe Zellen
meist hypoxisehe Zellen
Abb. 3 . 1 7 Sauerstoffdiffusion von einer Kapillare durch das Tu morgewebe. Die Diffusionsstrecke i st hauptsäch l i ch durch die Geschwin d i g k e i t l imitiert, mit der der Sauerstoff in d e n Tumorzellen metabolisiert
wird. Nahe der Kapil lare finden sich gut oxygen ierte Zellen (orange), in grö ßerer Distanz h y pox i se h e und schließl ich fernab ne krotische Zellen (blass orang e ) . Im hypoxiseilen Milieu ist so wenig Sauerstoff , dass dieser wohl gerade noch für das Zellüberleben ausreicht, andererseits a ber wegen des fe h l en d en O E R die hypo x i sebe n Zellen gegen ionisierende Stra h l u n g schützt . Die Präsenz solcher hypoxiseher oder anoxischer Ze l l e n gefä h rdet die Radi oku rab i l itä t eines Tumors. Die Diffusionsstrecke für dieselbe Sauerstoffmen ge beträgt am arteriel len Schenkel der Kapillaren etwa 70 flm, am ven öse n Schenkel aber deutlich weniger. 1281
Abb. 3 . 1 8 Der Prozess der Reoxygen ierung. Ein Tumor en th ä lt bei
spielsweise 85% euox isc he und 1 5% hypoxisehe Z e l l en . Eine Strahlendosis tötet weg e n deren größe re r Strahlensensibi lität m eh r euoxische a l s hypoxi sche Zellen. Deshalb wird der Tumor unmittelbar nach Bestra hlung überwie gend h yp oxi sch. Aber der prätherapeutische Zustand stellt sich i n folg e Reoxygenierung bald wieder ein. W e n n eine fraktioni erte Bestra h l u n g durch geführt wird, wi e derh o l t sich dies nach jeder Fraktion, vorausgesetzt das Ze i t i n terv a l l zwischen den Fraktionen ist ausreichend g roß, dass Reoxygenie rung stattfinden kann. Dann beeinträchtigen die hypoxi schen Zellen das Therapieansprechen nur u nwesentl ich. 1 28]
I
I
3 Stra h lenb iologie
34
verbliebenen hypoxiseben Zellen würde eine vollständige Tu morsterilisierung verhindern. Im Umkehrschluss könnte das bedeuten, dass bestimmte Tumoren nur deshalb strahlenresis tent s ind, weil sie nicht rasch oder effizient genug reoxygenie ren ( Hall, 1 994). M E R K E •
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•
•
Vieles spricht dafür, dass a uch in Tumoren des Menschen Reoxy genierung von Tumorzellen nach jeder Bestrahlungsfraktion statt findet. Bei der Reoxygenierung lassen sich zwei Komponenten u nterschei den: eine schnelle (bei akuter Hypoxie) und eine langsame (bei chronischer Hypoxie). Wenn Reoxygenierung rasch und effizient stattfi n det, haben ur sprüngl ich hypoxisehe Zellen kaum Einfluss auf das Behandlu ngs resultat. Bestimmte Tumoren sind möglicherweise nur deshalb stra hlenre sistent, weil sie nicht oder nur ungenügend reoxygenieren.
M E R K E
Der Elektivitätsfaktor quantifiziert die Beziehung zwischen Tumorzer störung und N ormalgewebstoleranz für jede Tumorentität und jede individuelle Patientensituation anders. Ganz allgemein ist er bei strah lensensiblen Tumoren u nd unproblematischen Nachbarorganen g roß (= großer Effekt am Tumor versus geringe Nebenwirkung bei einer bestimmten Dosis) und bei relativ resistenten Tumoren in der Nach barschaft empfindlicher, kritischer Organe klein.
In der klinischen Radioonkologie besteht insofern ein Dilem ma, als der Dosisbereich, der zur vollständigen Zerstörung je des bösartigen Tumors mindestens erreicht werden muss, und der Dosisbereich, der unterschritten werden sollte, um Strah lenschäden an gesunden Geweben zu vermeiden, sich über schneiden ( > Abb. 3. 1 9) .
3 .4_2 Wachst u m u n d Prol ife ration v o n T u m oren 3 . 4 B i o l og i sch e G ru n d l a g e n
Wachstu m s k u rven
d e r Stra h l e n t h e ra p i e v o n T u m o ren
Zellen in der M (Mitose)-, G ,-, S- und G 2 - Phase des Zellzyklus bilden die Wachstumsfraktion ( > Kap. 3.3.6) in Tumoren und natürlich auch in Normalgeweben. G0-Phase-Zellen tragen zum Wa chs tu m nichts bei. Verschiedene Formen der Wachs tumskurven von Tumoren zeigt > Abb . 3.20.
3 . 4 . 1 E l e ktivität der Stra h l enthera p i e
Ziel der St r ahlent h erapi e von b ö sa rt igen Tumoren ist deren restlose Beseitigung ( " Inakt ivi e ru ng jeder Tumorzelle"). Der Erfolg hängt davon ab, welche Dosis dem gesunden Gewebe zugemutet werden kann, ohne gravierende Strahlenfolgen zu hinterlassen. Dieser Zusammenhang zwischen der Strahlen wirkung am Tumorgewebe und an gesunden Normalgeweben wird als Elektivität der Strahlentherapie bezeichnet und mit einem Elektivitätsfaktor beschrieben: . . .. ElektlVltatsfaktor
M E R K E
Folgende Faktoren bestim men das Wachstum eines Tumors: • die Größe der Wachstumsfraktion • die Proliferationsgeschwindigkeit der Zellen • der Zel lverlust • die Tumorgröße: G roße Tumoren wachsen zunehmend langsamer wegen schlechter B lutversorgung (Nekrose) und Zellverlust (Ab schilferung, Apoptose, Nekrose, Redifferenzierung).
Strahlenelfekt (am Tumorgewebe)
= -------
Strahleneffekt (am Normalgcwebe)
Tumorkontrolle
1 00 %
95 %
Komplikationen d u rch über schrittene Toleranz
Abb. 3 . 1 9 Zusammenhang zwischen Tu morkontrolle und Komplikationsrisiko in Abhängigkeit von der Strahlendosis. Die
Tumorvernichtung
'
5- 1 0 % ' I
o,
D2
therapeutische Breite 01 bis D2
=
'-
Dosis
Dosis- Effekt-Kurven für Tumorkontrol l e und Ne benwirkungsrate an den Normalgeweben verlau fen beide sigmoidal. Sie überlappen sich im sog. therapeutischen Bere i c h D 1 -D2. Wollte man in je der Tumorsituation jede Tumorzelle vollständig vernichten (Tumorkontro lle 1 00%), w ür den in über 50% der Fälle Strahlenspätfolgen auftreten ( D2). Deshalb richtet sich die Klinik auf einen Do siswert ein, der etwa 95% der Tumorzel len inakti viert. ln d ie se m Fall sind dann in 5% bis al lenfalls 1 0% Strahlenspätfolgen zu erwarten 1 1 1 1361
3.4 Biologische Grundlagen der Stra hlentherapie von Tumoren
Tab . 3.3 Strahlenempfindlichkeit von Tumoren: kurative Be
Zellzahl 20
strah lungsdosen für verschiedene bösartige Tumoren.
15
Dosis
Tumor
20-30 Gy
Seminom Leukämie
3 0-45 Gy
Wilms-Tumor (Nephroblastom) Morbus Hodgkin (Lymphogranulomatose) Non-Hodg kin-Lymphome Neuroblastom
50-60 Gy
Medulloblastom Ewi n g- Sa rko m Dysgerminom Mammakarzinom (mikroskopischer Befal l) Plattenepithelkarzinom (mikroskopischer Befall) Adenokarzinom (mikroskopischer Befall) Plattenepithelka rzinom (makroskopisch) Mammakarzinom (makroskopisch) Prostatakarzinom Weichteilsarkome (mikroskop i sch)
10 5 o +-�--r--r_,,_,__,--,--r--,-,--.
0
35
2
3
4
5
6 7 8 Zeit (h)
9 10 11 12 13
Abb. 3.20 Wachstumskurven von Tumoren. Lineares Wachstum: gleicher Z e l lzuw achs pro Zeiteinheit, bei
60-70 Gy
Tumoren
praktisch undenkba r .
Exponentielles Wachstum: Verdopplung der Zel lzahl pro Zeiteinheit, z.B. alle 4-6 Stu n den . in diesem Fall wäre d ie potenzielle Tumorverdopp lungszeit Tpot 4-6 Stu nden . Denkbar nur be i sehr kleinen, rasch wachsen· den Tumoren. Gompertz-Kurve: anfän g li ch exponentielles Wachstum, dann gerin ge r werdender Zellzuwachs infolge von Zel lunt e rgän g en . Typische Wachstums· form von menschlichen Malignomen, auch im In-vitra· und In-vive-Experi ment n achgewiesen.
3 .4.3 Stra h l e n e m pfind l i chkeit u nd Stra h le n resistenz von Tu m oren
S trahlensensi b i I ität In der Klinik gilt ein Tumor dann als strahlenempfindlich, wenn er durch eine Strahlentherapie vernichtet werden kann, ohne dass dabei das gesunde Gewebe (Gefaße, Binde- und Stützgewebe, Organfunktionen) schwerwiegende Schäden er leidet. Die Ra dios ens ibilität richtet sich also auch nach den Nachbarschaftsreaktionen ( > Kap. 3.4. 1 ). Hoch sensibel sind die lymphatischen Leukämien, ein Großteil der malignen Lym phome, Thymome und das Seminom; als relativ strahlenresis tent gelten Chondrosarkom, Fibrosarkom, Neurofibrosarkom, Osteosarkom und Glioblastom ( > Tab. 3.3). Genauer lässt sich die Strahlensensibilität eines Tumors erst nach dem Abschluss der Radiotherapie beurteilen: Erst im Verlauf der folgenden Wochen wird sich herausstellen, ob eine komplette Remission eingetreten oder ein Tumorrest verblie ben ist. Im ersten Fall liegt ein strahlensensibler Tumor vor, im letzten eher ein strahlenresistenter. Dabei hat die Geschwin digkeit der Tumorrückbildung unter der Strahlentherapie nicht unbedingt etwas mit Strahlensensibilität oder -resistenz zu tun. Auch zögerlich sich verkleinernde Tumoren können durchaus strahlenempfindlich und somit radiokurabel sein. Auch das histologische Bild eines Tumorgewebes erlaubt nur ganz grob eine Voraussage über die zu vermutende Radio sensibilität. Es gibt sowohl resistente Lymphome (obwohl
<=: 7 5 Gy
Glioblastom Knochensarkome Weichteilsarkome (makroskopisch)
Lymphome gewöhnlich als besonders strahlensensibel gelten) als auch sensible Weichteilsarkome (obwohl Sarkome im All gemeinen relativ strahlenresistent sind). Die Ursachen für die unterschiedliche Strahlensensibilität der Tumoren sind noch weitgehend unbekannt. Sicher spielt die genetisch vorgegebene Strahlenempfindlichkeit (sog. intrinsische Strahlensensibili tät) eine große Rolle (s.a. unten). Die Strahlenbiologie beschäf tigt sich mit Testsystemen, die eine Vorhersage der Therapie antwort im Einzelfall erlauben (Predictive Assays). U rsachen der Stra h l en resistenz Strahlenresistenz von Tumoren ist entweder durch die Tu morart vorgegeben (intrinsische Resistenz) oder durch Tu morgröße und Hypoxie verursacht. I n der Klinik wird sie manchmal auch nur durch technisch-methodisches Unvermö gen des Arztes vorgetäuscht. Auch nach einer Vorbehandlung mit Radio- oder Chemo therapie kann Tumorgewebe s t rahlen resisten ter werden. Als Gründe dafür kommen in Betracht: • Selektion von resistenten Tumorzellklonen, welche die Vor behandlung unbeschadet überstanden haben und sich nun neu formieren. • Gesteigerte Repopulierung von verbliebenen Tumorzellen durch Proliferationsanreize: Zell- und Gewebeuntergänge, starke Tumorschrumpfung, Teilentfernung eines Tumors, sehr lange (verschleppte) Strahlenbehandlung Der Reihe nach kommen folgende Faktoren als Ursache für Strahlenresistenz in Frage : • Tumorvolumen: allein schon mathematisch einfach zu ver stehen wegen der großen Zahl an Tumorzellen - selbst wenn man die optimistische These der Strahlenbiologen
I
I
36
•
•
•
•
3 Strah lenbiologie
übernimmt, dass eine Einzelfraktion von 2 Gy etwa 50% al ler Tumorzellen inaktiviert. Hypoxie: D i e Stichworte lauten: akute und chronische Hy poxie, Hämoglobinkonzentration, Reoxygenierung, Sauer stoffverstärkungsfaktor ( > Kap. 3.3.7). Repopulierung und Repair: Die Stichworte lauten: gestei gerte Proliferation von Tumorzellen nach "Tumoranbe handlung" wie Tumorteilentfernung, unterdosierte Strah lentherapie, intrinsische Strahlenresistenz, hohe Erholungs fahigkeit. Geringe primäre Tumorproliferation: Nur wenige Zellen befinden sich in einer strahlensensiblen Phase des Zellzyk lus. Individuelle Einflussgrößen: D ie Stichworte heißen: Pati entenalter, Allgemeinzustand, Begleiterkrankungen. Exoge ne Noxen wie Alkohol, Nikotin und Medikamente verän dern die Strahlenreaktionen von Tumor- und Normalgewe
Tab. 3.4 Ursachen für klinische Strahlenresistenz von Tumoren und mögliche therapeutische Ansätze. Ursachen für Strahlenresistenz
•
•
•
• •
•
•
ben.
Intrinsische Resistenz (durch hohe Repopu lierung und Repair)
Die einzelnen Faktoren wirken nicht unabhängig voneinander, sondern bedingen sich auch gegenseitig. M E R KE Eine Gedächtnisstütze fü r die Faktoren, die Radiosensibilität beein flussen, sind die sog. 4 R's in der Strahlenbiologie: R epa ir: hohes Reparaturvermögen (intrinsische Strahlenresistenz) Re populieru ng: starke Tumorproliferation, um eine Zellinaktivie rung wieder wettzumachen. Zellen aus G0 treten in den Zyklus ein. E rgebnis: Tumorwachstum, größeres Tumorvolumen . • Redistribu tion : Nach einem Strahleninsult sind die überleben den Zellen zunächst bezüglich Zellzyklus partiell synchronisiert. Damit trifft die Strahlung häufiger resistente Zyklusphasen an. Dieses Phänomen ist wohl eher unwahrschein lich. • Reoxygenierung: Nach jeder Bestrahlungsfraktion wird der hy poxische Tumoranteil wohl wieder reoxygeniert ( > Kap. 3.3. 7) . Wenig strahlensensible Tumoren reoxygenieren möglicherweise nicht oder nur ungenügend.
Schlechte räumliche oder zeitliche Dosis verteilung Individuelle Faktoren
•
•
Verkleinerung durch Operation oder Che motherapie lokale Dosiserhöhung, u.a. durch intersti tielle Strahlentherapie und Hoch-LET Strahlung Strahlensensibilisierung durch Radiosen sitizer, Hyperthermie und onkologische Chemotherapeutika geeignete Fraktionierungsrhythmen Sauerstoffzufuhr (Sauerstoff-Überdruck behandlung) Radiosensitizer/Chemotherapeutika Behebung der Anämie durch Bluttransfu sion oder Erythropoese-Stimulation Repair-Hemmer, wie Hyperthermie oder onkologische Chemotherapeutika opt i m i e rte Fraktionierungen intelligente physikalische u nd biologische Bestrahlungsplanung restriktive Arzneimitteleinnahme
Supportivtherapie
Nikotin- und Alkoholabstinenz
viduell abgestimmte Fraktionierungsrhythmen und Protrahie rungskonzepte. M E R K E Fraktionierung und Protrahierung der Dosis müssen auf die Tu morzell proliferation abgestimmt sein. Die Gesamtbehandlungsdauer sollte so kurz wie möglich sein. Grenzen setzt allerdings das gesunde Gewebe mit akuten und chronischen Strahl enfolgen. • Bestrahlungspausen (split courses) sind zu vermeiden. Unterbre chungen der Strahlentherapie an Feiertagen oder wegen Geräte ausfällen müssen d urch anschließende Dosiserhöhung ausgegli chen werden. •
•
Alternative, i n dividualisierte Fraktionierungs muster •
F ra kti o n ierung
D ie Optimierung der zeitlichen Dosisverteilung ist eine der wichtigsten Aufgaben bei der klinischen Radiotherapie, denn die Proli fer ati on skin eti k von Tumorzellen variiert je nach H i s tologie innerhalb einer großen Bandbreite: Es gibt Zellver dopplungszeiten von wenigen Tagen (HNO-Plattenepithelkar zinome: 3- 5 Tage) bis mehrere Wochen oder sogar Monaten ( Mammakarzinome, Hypophysenadenome). Ideal wären indi-
•
•
•
>- Tab. 3.4 stellt die wichtigsten Ursachen für klinische Strah lenresistenz den verschiedenen Möglichkeiten ihrer Ü berwin dung gegenüber. Einige nicht selbsterklärende Maßnahmen werden im Folgenden angesprochen.
•
•
•
3.4.4 M ö g l i ch ke iten z u r Wi rk u ngsste i g e ru n g der Stra h l e nt h e ra p i e
Therapeutische Ansätze
•
Eine Einzeldosis von 1 ,8-2,0 Gy pro Tag, 5-mal wöchentlich appliziert, ergibt 9- 1 0 Gy Wochendosis sowie eine Gesamtbehandlungszeit von 5-6 Wochen für 45-50 Gy bzw. 6-7 Wochen für 54-60 Gy. Das ist die Standardfraktionierung in der Radio onkologie. Alternativen zeigt > Abb. 3.2 1 im Ü berblick. Akzelerierte Fraktionierung: Die Erhöhung der täglichen Bestrahlungsdosis durch höhere Einzeldosen (z.ß. 3,5 Gy) oder durch mehrfach t ägl i che Appl i ka t io n konventioneller Fraktionsdosen (z.B. 2 Gy) bezeichnet man als akzelerierte Fraktionierung. Die Gesamtdosis kann dann, um dieselbe Wirkung wie mit einer ko n ven t i o nel len F rak ti on ie rung zu erreichen, entsprechend von 45-50 Gy auf 35-40 Gy reduKonventionelle Fraktionierung:
3 . 4 Biologische G ru ndlagen der Strahlentherapie von Tumoren
ziert un d die Gesamtbehandlungszeit auf 2-2,5 Wochen verkürzt werden. • Hyperfraktionierte Fraktionierung: Die täglichen konven tionellen Einzelfraktionen werden aufgeteilt auf 2 x 1 - 1 ,2 Gy. Die Gesamtbehandlungszeit ändert sich dabei nicht. Dieses Vorgehen soll dann, wenn eine besonders ho he Gesamtdosis gegeben werden muss, alle Reparaturme chanismen des Normalgewebes ausnützen. • Hyperfraktionierte, akzelerierte Fraktionierung: Durch mehrere Einzeldosen pro Tag im Bereich von 1 ,4- 1 ,8 Gy werden die Gesamttagesdosis schonend erhöht und die Ge samtbehandlungszeit verkürzt. D ieses Fraktionierungssche ma ist gegenwärtig bei rasch wachsenden Tumoren beson ders aktuell, um schnell eine effektive Dosis zu erreichen ( "Damit der Tumor unter der Bestrahlung nicht davon läuft"). D ie Pausen zwischen den Fraktionen müssen aller dings 6-8 Stunden betragen, damit sich die Normalgewebe weitgehend erholen können: nicht nur durch schnellen, sondern auch mit Hilfe des langsamen Repairs. • Hypofraktionierte Fraktionierung: Die Erhöhung der Ein zeldosis auf 3,5-5 Gy, ein- bis zweimal wöchentlich verab reicht, wird zumeist aus ökonomischen Gründen für Patient und Klinikbetrieb, nicht aber aus strahlenbiologischen Gründen vorgenommen. Wegen der Gefahr von Spätfolgen ist sie nur in seltenen Fällen vertretbar. Die Gesamtbehand lungszeit bleibt gegenüber der konventionellen Fraktionie rung unverändert. Dosisakzelerierung durch Hypofraktionierung gilt als un zeitgemäß, weil gefahrlich, und bedarf einer individuellen Be gründung. Einzeldosen von > 2 Gy führen unter Umständen am Normalgewebe zu starken Spätfolgen ( > Kap. 3.3.5: "Li near-quadratisches Modell"). Nur in palliativen Situationen und bei bestimmten Tumoren mit einem niedrigen a/ß-Wert kann die Dosisakzelerierung durch Hypofraktionierung ge rechtfertigt sein, und zwar dann, wenn: • nur wenig gesundes Gewebe i m durchstrahlten Volumen liegt • die Liegedauer des Patienten aus persönlichen Gründen verkürzt werden muss • die Lebenserwartung des Kranken so kurz ist, dass er die Spätfolgen einer palliativen Maßnahme mit Sicherheit nicht mehr erlebt
Konventionelle
F ra kti o nie ru n g : 1 ,8-2 G y/Ta g , 5-mal pro Woche
1 . Woche Akzelerierte
37
3.
2. Woche
Woche
4. Woche
Bestrahlung: höh ere Einzeldosis/Tag
. J j j j j j j j l:
2. Woche
1 . Woche
Akzelerierte Bestrahlungen: 1 , 8-2 Gy, 2-mal täglich
1.
Woche
3. Woc h e
2. Woche
Hyperfraktionierte Best rahlun g : U n te rteil u n g der täglichen
Einzeldosis 2-mal 1 , 0-1 , 2 Gy/Tag, 5-mal
����� 1.
�����
Woc h e
pro Woche
����� 3.
2. Woche
� ����
Woche
4. Woche
Hyperfraktionierte u nd akzele rierte Best rah l ung: 1 ,4-1 ,8 Gy mehrmals täglich
1 . Woche
2. Woche
Hypofraktionierung
.l
�
1 . Woche
Bestra h l u ng
l
2.
Woche
3 . Woche
l
3.
Woche
Tage ohne Bestrahlung
Wochenende
Die Farben markieren die Kalendertage: Die Höhe der Pfeile symbolisiert die Größe der einzelnen Bestra h l u ngsfraktion .
Abb. 3.21 Schematische Darstellung verschiedener Fraktionie rungsrhythmen. Zum Vergleich mit den alternativen (unkonventionellen)
Schemata dient die übl iche, konventionelle Fraktionierung m it fünf Bestrah lungen pro Woche (oberste Zeile). Man beachte die unterschiedliche Dosis höhe und die unterschiedl ichen Gesam tbeha ndlungszeiten .
M E R K E
U m ein geeignetes Fraktionierungsschema für die Strah lentherapie auszuwählen, m üssen die Proliferationscharakteristika eines Tumors bekannt sein. Dabei sind Einzeldosen von > 2 Gy kritisch wegen der Gefahr von inakzeptablen Spätfolgen am gesu n den Gewebe.
Hypert her mi e Die Hyperthermie ist der am besten untersuchte Modifikator der Strahlenwirkung und sehr effektiv, sofern am Tumor min destens 40 c erreicht werden. Das trifft auch auf die Kombina tion mit einigen Chemotherapeutika zu : o
•
•
40-4 1 ,5 °( sensibilisieren Tumorgewebe (sensibilisieren der Effekt). > 4 1 ,5 c erhöhen schon allein den "Zellkill" deutlich ( t u morizider Effekt). Dieser hängt außerdem von der Dauer der Einzelbehandlung ab ( >- Abb. 3.22). Für jedes Grad höherer Temperatur kann, um denselben Zellkill zu e rrei o
chen, die Dauer der Wärmeapplikation halbiert werden. Hyperthermie allein hat keinen Platz in der Tumorbehand
lung. Die maximal erreichbaren Remissionen ( 1 0% komplette Remissionen) sind nur von kurzer Dauer.
3 Stra h lenbiologie
38
Überlebende Zellen (%) 1 00
���=----
10
2
3
Zeit (h)
Abb. 3.22 Zellinaktivierung durch a lleinige Hyperthermie i n der Zellkultur. Es besteht ein Zusammenhang zwischen erreichter Temperatur und Hyperthermiedauer. Oberha lb von 42 °( kann mit jedem Grad mehr die
Dauer der Wärmeapplikation halbiert werden, um denselben Effekt zu errei chen (Mittelwerte aus verschiedenen Experimenten). [37]
Die Kombination von Hyperthermie und Strahlentherapie (± Chemotherapie) eröffnet ein interessantes Betätigungsfeld, indem mehr komplette und partielle Remissionen als mit der Strahlentherapie allein erzielt werden. An einer Reihe von Nor malgeweben - z.B. Haut, Knorpel, Magen-Darm-Epithel - und an transplantierten Tumoren wurde im Tierexperiment ein Hyperthermie-Verstärkungsfaktor (Thermal Enhancement Ratio, TER) zwischen 2 und 4 erm ittelt . Das heißt, d er Dosisef fekt ionisierender Strahlung war in Hyperthermie zwei- bis viermal stärker. Der größte TER tritt ein, wenn die Hyperther mie unmittelbar vor oder nach der Bestrahlung erfolgt. Zwei
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Stunden vorher oder nachher fallt der Effekt rasch ab, um dann für mehrere Stunden gleich zu bleiben ( > Abb. 3 .23)_ Im Zusammenhang mit der Strahlentherapie ist interessant, dass der zytotoxische Effekt der Ü berwärmung hauptsächlich die strahlenresistenten Zellen betrifft: • Steigerung des Blutflusses im gesunden Gewebe, verbunden mit einer Dilatation der kleinen Gefaße und Kapillaren, Ö ff nung von Shunts und Erhöhung der Permeabilität der Ge faßwände_ • Tumorgewebe zeigt diese Anpassung nicht: Gefaßneubil dungen werden geschädigt, Arteriolen und Venolen ver schließen sich, die Blutzirkulation stagniert, Hitze wird nicht abtransportiert, sondern staut sich z.T. beträchtlich an. Auffallend ist dies vor allem in hypoxiseben Tumor arealen. Hypoxie schützt also Tumorzellen zwar vor ionisie render Strahlung, aber nicht vor Hitze. • Der Gewebe-pH sinkt unter Hyperthermie. In Azidose sind die Zellen besonders sensibeL Im ZeHzyklus erweitert Hyperthermie die strahlensensiblen Phasen: S-Phase-Zellen, sonst strahlenresistent, erweisen sich als besonders thermosensibeL Hitze schädigt ruhende und sich teilende Zellen gleicherma ßen_ Sie sterben den Interphasetod vor Eintritt in die Mito se, und zwar häufiger als dies nach alleiniger Strahlenexpo sition der Fall ist. Hyperthermie hemmt die DNA- und Proteinsynthese und insbesondere die Erholung von subletalen und potenziell letalen Strahlenschäden. Hyperthermie induziert Schäden sowohl am Zellkern als auch an der Plasmamembran. Hyperthermie wirkt nicht kanzerogen. Es wird sogar speku liert, dass Hitze über den g e s t ei ger te n Zellkill das karzino gene Potenzial der ionisierenden Strahlung reduzieren könnte. •
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2,5 r 2,0 r0:::
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o L_�L-�--��-�-L-��-�-� 8 6 4 2 0 -2 -4 -6 -8 Zeit vor und nach Bestrahlung [Std . )
TER No,malgewebe
therapeutisches Fenster
Abb. 3.23 Abhängigkeit des Hyperthermie Verstärkungsfaktors (TER) vom zeitl ichen Intervall zwischen Bestrahlungsfraktion und Hyperthermieapplikation: Bei g leichzeiti
gem E insatz (Kurvenmitte) ist die Wirkung maxi mal (obere Kurve), aber auch das .. therapeutische Fenster " am kleinsten (untere Kurve). Vorher und nachher fällt der TER zunächst rasch ab, persistiert aber im Tumor für mehrere Stunden (obere Kurve). Im Normalgewebe fällt er dagegen weiter ab, wenn die Hyperthermie nach der Bestrahlung ge geben wird (mittlere Kurve) Dann öffnet sich das therapeutische Fenster, am deutlichsten zwei Stunden nach Bestrahlung. [ 1 l l 3 8 l
39
3 .4 Biologische Grund lagen der Stra h lentherapie von Tumoren
Interessanterweise erzeugt Hyperthermie für die folgenden 48 Stunden Thermotoleranz, d.h., eine zweite Hyperthermie ist an den beiden Folgetagen we n i ge r effektiv als die erste. Zeichen für Thermotoleranz sind die sog. Heat-Shock-Proteine im Blut. In den meisten Behandlungsprotokollen wird deshalb die Hyperthermiebehandlung während der Strahlentherapie nur einmal pro Woche angesetzt. M E R K E
Hyperthermie ist der potenteste Radiosensibilisator. Im Tumorgewe be müssen dazu 4 1 , 5-42,5 oc für 4 5-60 Minuten aufrechterhalten werden. Höhere Temperaturen wirken schon für sich zellabtötend. Die Temperatur im Tumor- und im umgebenden Gewebe muss invasiv gemessen werden; neuestens eröffnen aber Analogmessungen mit der Kernspintomografie nichtinvasive Möglichkeiten ( > Abb. 7 . 50).
I ntera ktion mit Medi ka menten Chemische Substanzen können die Strahlensensibilität der Ge webe sowohl steigern als auch herabsetzen. Man spricht von Radiosensitizern (Strahlensensibilisatoren) bzw. von Radio protektiva (Strahlenschutzsubstanzen). Strahlensensibilisie rende Substanzen im engeren Sinn steigern die biologische Wirkung ionisierender Strahlung, sind aber für sich allein nicht tumortoxisch. Die bekanntesten Radiosensitizer, meist Nitroimidazole ( Misonidazol, Metronidazol), agieren als Elekt ronenfanger und verstärken die Strahlenwirkung offenbar ähnlich wie Sauerstoff ( > Kap. 3. 1 ) . Im weiteren Sinne werden unter Radiosensitizern auch sol che Medikamente verstanden, die eine ähnliche, allerdings ge ringere zytoreduktive oder zytostatische Wirkung wie ionisie rende Strahlung haben und deren Effekte sich bei simultaner Gabe zu denj enigen der Bestrahlung addieren . Gemeint sind onkologische Chemotherapeutika. Chemische Substanzen (A) und ionisierende Strahlung (B) können folgende Interaktionen (C) aufweisen: • Additiver Effekt (Addition der Einzelwirkungen) : C=A+B • Subadditiver Effekt ( Gesamteffekt C kleiner als die Summe der Einzelwirkungen): C < A + B • Supraadditiver Effekt ( Gesamteffekt C größer als die Sum me der Ei nzelwirkunge n) : C > A + B). • Sensibilisierung: Der überadditive Gesamteffekt C drückt sich in einer Parallelverschiebung und in einem steileren Slope ( Kurvenverlauf) der Zellüberlebenskurven aus ( > Abb. 3 . 24). Hemmung ( Gesamteffekt kleiner als die wichtigste Einzel wirkung): C < A bzw. C < ß. •
M E R K E
Sensibilisierung bedeutet, dass die Gesamtwirkung mehrerer Agenzien größer ist als die Summe ihrer Einzelwirkungen. Im In-vitra Experiment verläuft die Dosis-Effekt-Kurve steiler als diejenige bei Addition der Effekte, bei der es ledig lich zu einer Parallelverschiebung der Dosis-Effekt-Kurve kommt.
Rad iochemotherapi e D i e geplante Kombination aus Strah l ent h erapie und onkologi scher Chemotherapie bezeichnet man als Radiochemotherapie, wovon die derzeit wirkungsvollste die simultane Radioche motherapie ist. Diese stellt eine ideale räumliche Kooperation der lokal höchst effektiven Stra hl en t herap ie mit der systemisch (auf alle Tumorzellen im Organismus) einwi r kenden Chemo th erapie dar. Dabei wird die Chemotherapie an genau festge legten Tagen einer Strahlentherapie-Serie zusätzlich verab reicht, am häufigsten an den fünf Bestrahlungstagen in der ersten und fünften Bestrahlungswoche. • Die chemotherapeutischen Substanzen sind so auszuwäh len, dass sich ihre Effekte m it denen der Strahlentherapie wohl am bestrahlten Tumorgewebe, nicht aber an den ge sunden Normalgeweben addieren. Die zu erwartenden Ne benwirkungen sollten sich also an unterschiedlichen Gewe ben bzw. Organ en ereignen: "gespreizte Toxizität". Ein ad ditiver, sogar auch supraadditiver oder strahlensensibilisie render Effekt am Tumorgewebe ( > Abb. 3 .24) scheint bei strahlentherapeutischen Einzelfraktionen von s 2-2,5 Gy und den Substanzen Cisplatin, 5- F i u oroura ci l, Mitomycin C, Act i nomycin D, Doxorubicin, Gemcitabin, Ifosfamid, Vindesin, Vincristin u.a. gesichert zu sein. Eine Erklärung, warum gerade bei fraktionierter Bestrahlung die Radio sensibilisierung durch Ch emot h erapeu t ika so stark ist, gibt > Abb. 3 . 25 . • Bei jeder Radiochemotherapie ist z u berücksichtigen, dass trotz "gespreizter Toxizität" alle Nebenwirkungen der Strahlen- und Chemotherapie verstärkt sind.
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Supraadditiver Effekt
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2,4
3,2
Cisplatin (mg/kg/Tag)
Abb. 3.24 S upraadditiver Effekt bei Zell überlebenskurven. Wachs
tumsverzögerung durch das o n ko l og ische Chemotherapeutikum Cisplatin, bezogen auf die Dosis (u ntere Kurve). Eine zusätzliche Strahlenexposition mit 5 x 4 Gy steigert den Effekt deutlich. Geschähe dies allein durch unab hängige Addition der Einze leffekte, würde die mittlere, unterbrochene Kur ve resultieren. Tatsächlich findet aber direkte I nteraktion statt und die Steil heit der Interaktionskurve nimmt kräftig zu. Nur in einem solchen Fall darf man von Sensibilisierung oder Potenzierung sprechen. C isplatin ist tatsäch lich eines der effektivsten Strahlensensibilisatoren. 1 1 ] ]39]
I
I
40
3 Stra h l e n b iologie
Kombination v o n Radiotherapie und Chem otherapie
c � a; N Q) "0 c Q) .0
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Q) .0 '::J
Abb. 3 . 2 5 Erklä rungsversuch für die Effek tivitätssteigerung einer Strahlentherapie {RT) d urch eine Chemotherapie (CT) i m Rah men der simu ltanen Radiochemotherapie. 0,1
Fraktionierte RT mit simultaner CT
*Repopulierung
2
4
6 Dosis
(Gy)
8
10
Bei fraktionierter Strahlentherapie findet in jeder Bestrahlungspause eine Repopulierung von Nor malgewebszellen statt, in gewissem Maße aber auch von Tumorzellen (rote Kurve). Am Tag nach der Bestrahlung hat also eine folgende Bestrah lungsfraktion zunächst diesen Effektivitätsverlust wettzumachen. Die simultan verabreichte Chemo therapie behindert diese Repopulierung der Tu morzellen (blaue Kurve). Das Ergebnis ist ein über die Zeit immer a ugenfälliger werdender Effektivi tätsgewinn, sichtbar am steileren Abfall der Zell überlebenskurve. I 1 ]
KAPITEL
4
R . Fietka u u n d R . Sauer
Strah lenpatho l ogie
4.1 E i n i g e G ru n d beg riffe
4.1 .2 H o rmesis
4.1 .1 Stochastische u n d d eterm i n istische Strah lenwi rku ngen Zum Verständnis der biologischen Strahlenfolgen bzw. der Strahlenschäden gilt es die stochastischen (zufälligen) von den nichtstochastischen (nichtzufalligen, besser: deterministi schen) Strahlenfolgen zu unterscheiden ( > Abb. 4. 1 ). • Stochastische Prozesse geschehen nach dem Zufallsprin zip. Entweder tritt ein Ereignis ein oder nicht. Dabei gibt es nach heutiger Auffassung keine "unschädliche Dosis"; mit steigender Dosis nimmt aber die Wahrscheinlichkeit des Auftretens zu. Zu den stochastischen Strahlenfolgen gehö ren die genetischen Defekte ( Mutationen) und die Kanze rogenese. • Deterministische Prozesse t re t en erst nach Überschreiten e iner Schwellendosis auf und mit steigender Strahlendosis n immt ihr Schweregrad zu. Hierher gehören die Frühund Spätschäden an den Organen und Geweben sowie die teratogenen Strahlenfolgen, jeweils ausgenommen die Krebs· induktion.
•
förderung von Pflanzen, die Ertragssteigerung von Saatgut, die Resistenzsteigerung gegenüber Krankheiten und die Vitalitäts und Proliferationsanregung von Einzellern und Insekten. Untersuchungen in den 1 980er und 1 990er Jal1ren lassen ver muten, dass die Vorbehancllung mit kleinen Strahlendosen Zel len resistenter gegenüber letalen und mutagenen Schäden macht (Olivieri et al. 1984; Shaclley und Wolf 1 987; United Nations Report: Scientific Committee on the Eft'ects of Atomic Radiati on 1 994). Würden sich derartige experimentelle Befunde für ei ne adaptive Antwort bestätigen, entspräche das einer Art Resis tenzentwicklung gegenüber ionisierender Strahlung - wie es sie gegenüber Chemotherapeutika gibt (Fritz-Niggli, 1 997).
4.2 Stra h l e n g e n et i k
schwacher Effekt (z.B. Erythem)
M utationen
Anza hl Krebsfälle Anzahl Mutationen
Teratogene Schäden
Organschäden
starker Effek t
(z.B. Nekrose)
4 3
handlung in Bergwerksstollen, die wohltuende Wirkung ra
donhaltiger Bäder etc. Bekannt wurden auch die Wachstums
mittlerer Effekt (z.B. starkes Erythem)
Determ inistische Effekte
5
Niedrig dosierte ionisierende Strahlung kann auch Zellfunkti onen anregen. Dieser stimulierende Effekt, Hormesis ge nannt, ist beispielsweise die Gruncllage für Entzündungs- und Reizbestrahlung gutartiger Erkrankungen, die Rheumabe
Genetische Strahlenfolgen beruhen auf Veränderungen des ge netischen Materials. Wir unterscheiden zwischen Mutationen und M odifikationen. Mutationen sind irreversible, bleibende Veränderungen des Genoms. Als Modifikationen bezeichnet man Ü bertragungsfehler, die schon auf der Stufe der Tran skription oder später während und nach der Translation, also der Ü bertragung des Codes auf der RNA in die Aminosäuren sequenz der Proteine auftreten (Fritz-N iggli, 1 997). M odifika tionen betreffen stets den somatischen Bereich.
Stochastische Effekte
6
•
2
Dosis (Sv)
Abb. 4.1 Stochastische und deterministische Strahlenfolgen. Bei stochastischen Prozessen nimmt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten mit der Dosis zu, nicht aber der Schwe reg rad . Der Schwe regrad determ inis· tischer Prozesse n immt da g e gen nach Überschreiten einer Schwellendosis mit der Dosis zu.
Keimzellmutationen betreffen die Keimzellen, somatische Mu tationen die übrigen Körperzellen. Die einmal fixierte Mutation
bleibt dem Erbgut erhalten, es sei denn, sie mutiere zufalliger weise spontan oder durch erneute äußere Einwirkung zurück. Somatische Mutationen sind im Gegensatz zu Keimzellmutatio nen nicht vererbbar. Das bedeutet, dass somatische Mutationen die Einzelperson gefahrden, während Keimzellmutationen vor allem die Nachkommenschaft, die Population Mensch betreffen.
I
42
4 Strahlenpathologie
Die übertragung von verändertem Erbmaterial auf spätere Ge nerationen und die dabei bestehende Möglichkeit der Multipli kation solcher Veränderungen machen deshalb die genetischen Strahlenfolgen zu einem Risiko für unsere ganze Gesellschaft. Entsteh ung von M u tationen Die Entstehungsmechanismen von somatischen und Keimzell mutationen sind dieselben. Beide stellen nach heutigem Ver ständnis stochastische Strahlenfolgen dar. Man sollte sie ein ander nicht gegenüberstellen, weil zwischen beiden häufig ein Zusammenhang besteht. So geht die Kanzerogenese, das wich tigste somatische Strahlenrisiko des Menschen, stets auf gene tische Veränderungen der Somazellen zurück. Außer durch ionisierende Strahlen entstehen Mutationen auch spontan oder werden durch verschiedene chemische und physikalische Noxen ausgelöst. Die jeweiligen Noxen sind einer Mutation nicht anzusehen. Sie alle schaffen keine spezielle Qua lität von M utationen, sondern erhöhen lediglich die Zahl der ohnehin schon spontan auftretenden Ereignisse, d.h. die natür liche Mutationsrate. Wichtig für den Strahlenschutz ist die sog. Mutationsverdoppelungsdosis. Gemeint ist damit jene Dosis, die zusätzlich zu den schon spontan entstehen Mutationen noch einmal ebenso viele erzeugt. Sie wird für den Menschen mit 0,6 Gy angenommen (aus den M ittelwerten von 0,02 Gy im Tierver such und bis 2 Gy bei den japanischen Atombombenopfern) . Daraus ergab sich seinerzeit der als genetisch unbedenklich er klärte Grenzwert von 0,05 Sv pro Jahr für eine beliebige Person aus der Bevölkerung. Die Berechnung erfolgte 1 977 folgender-
- X
maßen: Die M utationsverdoppelungsdosis sollte während der auf 1 2 Jahre angesetzten Zeit des Kinderkriegens bei der Frau ( 1 8. bis 30. Lebensjahr!) nicht überschritten werden. Daraus er gaben sich 0,6 Sv/1 2 Jahre, also 0,05 Sv pro Jahr als Grenzdosis. Im Jahre 2001 wurde dieser Grenzwert auf0,001 Sv/Jahr ( 1 mSv/ Jahr) herabgesetzt. Er sollte mit den Risiken in anderen Berei chen, z.B. in verschiedenen Industriezweigen, vergleichbar sein. M E R K E •
•
•
Keimzell- und somatische M utationen können spontan, durch Kontakt mit chemischen und physikalischen Noxen, durch ionisie rende Strahlung oder durch eine Krankheit entstehen. Die U rsache ist einer M utation nicht anzusehen. Ionisierende Strahlung erhöht die lnzidenz von Mutationen, die ohne hin spontan auftreten. Dafür gibt es keine Schwellendosis, also auch keine unschädlich geri n ge Dosis (= stochastische Strahlenfolge). Die M utationsverdoppelungsdosis d urch Strahlung beträgt 0,6 Sv insgesamt.
Systematik der Kei mzel l - und somatischen M utationen D ie Chromosomen liegen während des Intermitosezyklus in "gelöster" Form vor. In der Metaphase kondensieren sie zu Fä den und können lichtmikroskopisch betrachtet werden. Je nach Beteiligung des genetischen Materials unterscheidet man: Genmutationen
Subtile Veränderungen der DNA, z.B. m inimale Fehler der Basenfolge, bewirken sog. Punktmutationen und andere in-
+ X
Basenpaare Deletion
Basenpaare Insertion
Abb. 4.2 Verschiedene Typen der intrage nischen Mutationen. Jeweils drei Basenpaare Duplikation
bi lden ein Triplett. Bei der Transkription wird im mer tripleuweise abgelesen. Liegen z.B. Deletio nen, Insertionen oder bestimmte Dupl i kati o nen vor, wird nicht nur der betreffende Fehler übertra· ge n sondern es kommt zusätzlich zu ei ner Lese rasterversch iebung auf dem gesamten folgenden ,
ONA-Strang.
4.3 Teratogene Stra h l e n fo l g e n
43
Intrachromosomale Änderungen Normal
Inter-
Te rm i nal e
Deletion
stiti el le Deletion
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Zen t risc h e r Ring und Fragment
0 -
Azentrischer Ring
Peri-
ze n tr ische Inversion
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(I)
I nterchromosomale Änderungen
Dizentrisches Chromosom und Fragment
Normal
Abb. 4.3 Chromosomenmutationen, d i e nach einem Strahleni nsult bei einer Chromosomenana lyse in Lymphozyten sichtbar werden können.
[40]
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Mutationen, wie Deletion, Inversion, Insertion, Basenmodifikationen und Duplikation von DNA-Sequen zen ( >- Abb. 4.2). D iese sind deshalb fatal, weil sie bei der Tra n s k ri p t i o n der Basentripletts auf die RNA n i ch t als feh le r haft erkannt, sondern übernommen werden . Die Folge ist ei ne sog. Leserasterverschiebung auf dem nachfolgenden DNA-Strang. Auf d iese Weise werden u.a. folgende Krank heiten verursacht: Polydaktylie, Chorea H untington, Retina blastom, Sichelzellanämie, Farbblindheit, H ämophilie und bösartige Tumore11. t r age n i s che
II M E R K E •
•
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Symmetrischer Austa us c h
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Einige Krankheiten beruhen auf einem defekten Reparaturvermö gen für DNA-Schäden. Dadurch besteht hohe Sensibil ität gegen über vielfältigen Noxen, auch gegenüber ionisierender Stra hlung. Krankheiten mit eingeschränktem DNA-Reparaturvermögen bzw. erhöhter DNA-Empfindlichkeit sind Xeroderma pigmentosum, Cockayne-Syndrom, Bloom-Syndrom, Ataxia teleangiectatica und Fanconi-Anämie.
4.3 Teratog e n e Stra h l e n fo l g e n
Chromosomenmutationen
Es handelt sich um lichtmikroskopisch sichtbare Änderungen Translokationen, terminale Deletionen (Stückverluste), Ringformen und dizentrische Chromosomen mi t azentrischen Frag me n ten ( >- Abb. 4.3). 60-80% dies er Mutationen überstehen die nächste Zellteilung d e r Ch romosomenstruktur, wie
nicht; sie sind für die Zelle Letalfaktoren. Die über lebenden
M utationen sind hinsichtlich Ka nzerogenese sehr gefahrlich.
Genommutationen
Änderung der Zahl der Chromosomen oder der Chromosomen sätze, z.B. T r i som ie 2 1 (Down-Syndro m ) , Turner-Syndrom der Frau (XO, d . h . Verlust eines X-Chromosoms), Klinefelter-Syn drom des Mannes ( XXY, also ein zusätzl iches "weibliches" X Chromosom). Auf den Chromosomensatz b ezogen unterschei det man h ie r a uße rde m : • •
Euploidie: normaler Chromosomensatz Aneuploidie: nicht ga n zza h lige Ve rä n d e run g des Chromo somensatzes (überzählige oder feh lende Chromosomen)
•
Polyplo i di e : ganzzahlige Y ervielfachung des C h rom oso m e n s a t ze s
Kommt es während der Schwangerschaft zu einer Strahlenex Kindes, können recht komplexe Schadensereignisse eintreten ( > Tab. 4. 1 ): genetische (M uta tionen) und somatische Effekte, sowohl stochastische als auch determ i nisti sche. Unser W i s se n g ründe t sich im We se ntlic h e n auf tierexperimentelle Daten. Beob ac h tu n gen am Menschen s t a m m en aus der Frühzeit de r Radiologie, wo vor ei ner dia gnostischen oder therapeutischen Maßnahme nicht regelmä ßig eine Schwa ngersch aft ausgeschlossen wurde, und von Nachkommen der Schwangeren, die die Atombombenabwürfe auf H iroshima und Nagasaki überlebten. position des u n geb o re n e n
M E R K E
Vom Zeitpunkt der Schwangerschaft - besser: vom Alter des Embryos bzw. Fetus -, von der Dosis und von der Dosisrate hängt es ab, wel cher teratogene Strahlenschaden zu erwarten ist und ob überhaupt ein solcher zu befürchten ist ( > Abb. 4 .4) .
I
44
4 Strah lenpathologie
Blastogenese
-
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Organogenese
pränataler
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Tod
Fetalphase
Anomalien
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I
t
9 Tage
1 0 . Tag bis
8. Woche
ab 8. Woche
Konzeption
Blastogenese (Präimplantationsperiode) Vor der Nidation des befruchteten Eis, also sieben bis neun Ta ge nach der Konzeption, ist der Embryo am strahlenempfind lichsten. Bei der Maus traten bereits nach 0,05 Sv Todesfalle auf. Stirbt der Embryo jedoch nicht, scheint er sich ganz nor mal zu entwickeln ( " Alles-oder-Nichts"). Bestrahlte Präimplantationsembryonen von Mäusen zeigen aber durchaus Mutationen und sind dan n unmittelbar pränatal gegenüber dem Normalen stärker strahlenempfindlich. Auch scheint das Risiko größer zu sein, im weiteren Leben einen bösartigen Tumor zu entwickeln. Von Menschen liegen ähnli che Beobachtungen verständlicherweise nicht vor.
Tab. 4.1 Wachstums- und Entwicklungsstörungen (teratoge
ne Schäden ohne Kanzerogenesel in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Strahlenexposition in der Schwangerschaft. Entwicklungsstadium
fl4Jj@!ul Effekt
Blastogenese 7-9 Tage (Präimplantationsperiode) Organogenese (Organdifferenzierung)
Tag
Fetalperiode (Wachstumsperiode)
ab 8 . Woche
Postnatalperiode
postnatal
1 0.-60.
intrauteriner Fruchttod (Resorption des Embryos) oder u ngeschädigter Embryo Anomalien: Kleinwuchs, Skelettanomalien, geistige Retardierung, Mikro- und Anenzephalie, Hydrozephalus, M ikro- und Anophthalmus, pränataler Fruchttod
M inderwuchs, Mikroenzephalie, lntelligenzeinbuße, Gleichgewichtsstörung, Steril ität, neonataler Fruchttod Wachstumsverzögerun g, Fehlbildungen von Augen, Zähnen, weiblicher B rust und Zentralnervensystem
Abb. 4.4 Risiko für teratogene Schäden in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Strahlenexpositi on während der Schwangerschaft. 1 1 1
Organogenese (Periode der Organbildung) I 0-60 Tage nach der Konzeption verursacht eine Strahlenex position beim Tier m ultiple Organfehlbildungen, namentlich am zentralen Nervensystem ( >- Tab. 4. 1 ) . Mit Einsetzen der Organbildung in den ersten zwei Wochen ist das Risiko für Fehlbildungen und pränatale Sterblichkeit am größten, nimmt dann aber mit zunehmender Reifung stetig ab. Bei den Kin dern japanischer Atombombenopfer, die in utero der Strah lung ausgesetzt waren, fand man im Gegensatz zum Tier nur M ikroenzephalien und geistige Retardierung, doch keine wei teren Organfehlbildungen. Eine Dosis bis 0,05 Sv gilt als unbe denklich, die Schwellendosis beträgt nach ICRP 1 00 mSv. Sollte der Fetus im M utterleib 1 Sv erhalten haben, rechnet man mit einem Fehlbildungsrisiko von 50%. Fetogenese (Wachstumsphase) Das Fehlbildungsrisiko des Fetus nimmt - außer für die Hirnentwicklung - nach dem 60. Tag drastisch ab. Ü ber haupt ist das sich entwickelnde Gehirn für teratogene Strah lenwirkungen wesentlich empfänglicher als die anderen Ge webe. Das Schadensrisiko des Vorderh irns mit der Gefahr schwerer geistiger Retardierung hält bis zur 25. Woche an ( >- Abb. 4.4, >- Tab. 4. 1 ) . Nach [CRP steigt die Schwellen dosis am Ende der Fetalperiode auf 300 mSv an. Beim Men schen nicht, wohl aber im Tierexperiment dokumentiert sind Effekte am hämatopoetischen System sowie an Leber und N iere. Auch besteht der dringende Verdacht, dass eine St rah lenexposition in der Fetalphase das Krebsrisiko des Kindes nach 1 0- 1 5 Jahren um den Faktor I ,5-2 erhöht. Diese Ergeb nisse der Oxford-Studie sind allerdings umstritten und wur den bei den Ü berlebenden der Atombombenkatastrophen in Japan nicht bestätigt. Als kritische Dosis wurden für die ganze Schwangerschaft L OO mSv mit einem Limit von 0,05 Sv/Monat festgelegt. Das zusätzliche Krebsrisiko wurde mit 6% pro l Sv (6% >< sv- 1 ) ge schätzt.
4.4 Somatische Strahlenfolgen
Postnatale Periode Bis zum Abschluss des Wachstums bleiben zentrales Nerven system, Skelett, Augen, Zähne und Brustdrüsen weiterhin ge fährdet, allerdings nimmt die Empfindlichkeit ständig ab . E R K E
Neben dem differenzierten R isiko für Fehl bildungen durch Strahlen exposition in der Schwangerschaft wird vermutet, dass ionisierende Strahlung während der gesamten Embryonal- und Fetalentwicklung das Risiko des Kindes e rhöht im späteren Leben einem bösartigen Tumor zu entwickeln. Für diese Verm utung fehlen allerd ings Belege, z.B. an den Nachkommen der Atombombenopfer von H iroshima u nd Nagasaki. ,
45
Ringchromosomen sind Letalfaktoren für die Zelle, damit wer den gefährliche M utationen ausgeschieden. Azentrische Frag mente gehen verloren. Stabil und deshalb besonders gefä h rlich sind Inversionen und Translokationen; sie machen eine we sentliche Ursache der Kanzerogenese aus. Treten Zellen mit nicht reparierten Chromosomenverände rungen in die Mitose ein, finden Bruchstücke nicht zu den Zen tromeren, also nicht in den Zellkern. Im Zellplasma bilden sie sog. Mikronuklei. Ihre Zahl lässt auf die absorbierte Dosis schließen. Mikronukleus-Tests s i nd beliebte Verfahren in der Strahlenbiologie. M E R K E
Ab > 2 5 mSv besteht eine eindeutige Dosis-Effekt-Beziehung zwischen der Za hl der somatischen Mutationen und der Strahlen dosis. Die Zahl der instabilen Chromosomenaberrationen nimmt nach ei ner Strahleneinwirkung rasch ab. Stabile M utationen sind noch nach Jahren nachweisbar. • Wie bei allen anderen Strahlenfolgen auch, spielen der Zeitfaktor und der lineare Energietransfer für das Ausmaß der Chromoso menaberrationen eine Rolle: weniger Mutationen bei fraktionierter oder protra hierter Bestrahlung, mehr Mutationen bei z une h men der Dosisdichte und steigendem LET. •
•
4.4 So matische Stra h l e n fo l g e n
4.4.1 Somatisch e M utat i o n e n Einige Veränderungen des genetischen Codes der Körperzellen lassen sich relativ einfach feststellen: durch Chromosomenana lyse von strahlenexponierten Personen. Von hohem I nteresse im Strahlenschutz sind dabei die dizentrischen Chromosomen, erkennbar an den zwei Zen t romeren ( > Abb. 4.3). Sie treten spontan nur selten auf. I n der Praxis werden nach einer vermuteten Strahlenexpo sition die Lymphozyten der betreffenden Personen einer Chromosomenanalyse unterzogen, z.B. nach Reaktorunfällen oder Strahlenunfällen im Labor. Dieses Verfahren eignet sich für einen Dosisbereich von 0, 1 -4 Gy, da somatische M utatio nen bereits nach 0, 1 -0,2 Sv auftreten. Auch die absorbierte Dosis kan n abgeschätzt werden. M an spricht geradezu von ei nem biologischen Strahlendosimeter. Auch nach Radioiodthe rapie, langen Durchleuchtungszeiten bei Herzkatheterunter suchungen oder retrograder Urografie u nd entsprechender beruflicher Strahlenexposition lassen sich Chromosomenab errationen noch nach Jahren feststellen. Zu bedenken bleibt allerdings, dass sich vergleichende Analysen verbieten, weil die Streuung der Werte breit ist. Auch steigt mit dem Lebens alter die Rate spontaner Mutationen an ( 1 ,7 x 1 0-4 pro Zel le/ 1 0 J ahre), ebenso nach Infektionskrankheiten, M edikamen teneinnahme etc. M E R K E
Da somatische Mutationen schon durch relativ klei n e Strahlendosen ausgelöst werden können, bietet sich die Zytogen etik als biologi sches Strahlendosimeter an.
Chromosomenaberrationen, wie sie in der Metaphase der M i tose sichtbar sind, beruhen auf einer Fusion von nicht zusam mengehörigen Chromosomenbruchstücken infolge Chromo someninstabilität Typisch ist die Häufung von dizentrischen Chromosomen, azentrischen Fragmenten, Ri ngchromoso men und Translokationen ( > Abb. 4.3). Dizentrische und
4.4.2 Stoch a stische som atische Sch ä d e n ( K a n ze ro g e n ese) Mecha n ismen der Kanzerogenese Zellproliferation und Zelldifferenzierung sind ständig positiv (aktivierend) oder negativ (hemmend) kontrolliert. Krebs ent steht nun dadurch, dass diese Kontrolle fehlerhaft ist, z.B. durch Mutationen von Protoonkogenen oder von T u morsup pressor-Genen. Das heißt, sowohl die Aktivierung von Onko genen als auch der Schaden bzw. der Verlust von Tumorsup pressor- Genen führen zur malignen Entartung ( "Krebs"). Protoon kog e n e
Proloonkogene befinden sich in jeder Zelle. Sie können über drei M echan i s m en zu Onkogenen mutiert werden: • durch Punktmutation bzw. durch intragenische Mutationen ( > Abb. 4.2) • durch Chromosomenmutation, vor allem durch Translo kation, wodurch der normale "Ein- und Ausschaltme chanismus" der Proloonkogene "umgekehrt" wird ( > Abb. 4.5) • durch Genamplifikation: In diesem Fall erzielt bereits die Mutation eines einzelnen der beiden von Vater oder Mutter stammenden Allele ( Allel identischer Abschnitt homolo ger Chromosomen) die onkogene Wirkung (= dominante Mu ta tion ) =
.
I
4 Strah l enpathologie
46
DNA
Promotor A "schaltet h ä f i g ei n "
bei dem der Verlust eines Suppressor-Gens als Ursache für die Tumorentstehung herausgefunden we rden konnte.
u
M E R K E
Das gefäh rlichste Risiko, das fü r den Menschen von stabilen somati schen Mutationen - auch von denen, die durch ionisierende Strah lung verursacht sind - a usg e h t, ist d ie Kanzerogenese. Dabei wer den Protoonkogene zu Onkogenen aktiviert bzw. Tumorsup
pressor-Gene inaktiviert.
Die Akt i v ie ru n g von Proloonkogenen erfo lgt bereits durch die Muta tion eines Allels ( = dominante Mutation), während fü r die Inakti vierung von Tumorsuppressor-Genen Mutationen beider Allele vorlie gen müssen (rezessive Mutationen). Mutationen im h et erozygote n Zustand kön n e n sich durch mitoti sche Rekombination herausmendeln und homozygot werden (ver muteter E ntstehungsmechanismus beim Reti noblastom). Patienten m i t reparaturdefizienten Erkrankungen haben ein bedeutend höheres Krebsrisiko als gesunde Normalpersonen.
2
I
Beobachtungen beim Menschen
3
Onkogen Promotor A "schaltet häufig
B
ein" Ü berexpression des (Proto-)Onkogens B
Abb. 4.5 Protoonkogen-Aktivierung durch Translokation. 1) Gen A mit Promotor A, d er häufig .. einscha ltet " , und Gen 8 (e i n Protoon
kogen) mit seinem Promotor 8, der nur selten .. einschaltet " , erleiden je ei nen Doppelstrangbruch. Dadurch werden beide Gene von ihren spezifischen Pro m otoren g etren nt . 2) Es f i nd et ein M isrepair im Sinne einer Translokation statt, d . h . , die Gene werden j ewe i ls mit einem falschen Promotor verk n ü pft. 3) Die Verbindung des Protoonkogens (B) m it dem ., häufig einschaltenden" Promotor (A) aktiviert das Proloonkogen zum Onkogen. Damit ist eine Vor aussetzung für die Kanzerogenese erfüllt.
Tu morsu ppressor-G en e Tumorsuppressor-Gene, z.B. p 53 (,,der Wächter des Genoms" }, üben in dem hoch kontrollierten Vorgang der Zellteilung eine hem mende Regulation aus. Entfallt diese, kommt es im Zu sammenwirken mit aktivierten Onkogenen zur unkontrollier ten Zellproli ferati o n . Dabei entsteht zunächst ein gutartiger Tumor, der durch weitere genetische Veränderungen maligne entartet ( Progression) und dann seinen angestammten Ge webeverband verlässt. Man nimmt heute an, dass bei der Pro gression einer Normalzelle zur Krebszelle m indestens 6-7 M u tationen erfol gen . Anders als bei der Aktivierung von Proloonkogenen müssen zur funktionellen I naktivierung eines Tumorsuppressor-Gens beide Allele mutiert sein. Wäre näml ich nur eines von beiden ausgeschaltet, bliebe immer noch das zweite aktiv und würde die Inaktivierung des Suppressor- Gens verhindern (= rezessive M utation ). Das Retinablastom war der erste bösartige Tumor, =
Unsere Kenntnisse über die strahlen induz ierte Kanzerogenese beim Menschen beruhen im Wesentlichen auf den Beobachtun gen nach erzwungenen oder u n umgänglic h en, unw issentlichen o der leichtsinnigen Strahlenexpositionen in der Vergangenheit : • Atombom b enopfer in H irosh i ma und Nagasaki , Japan. • Patienten, die in der M edizingeschichte vielfach geröntgt oder wegen gutartiger Krankheiten mit relativ hohen Strah lendosen bestrahlt wurden. • Radiologen der Pionierzeit die ohne ausreichende Strahlen schutzmaßnahmen arbeiteten. • Bergleute in Silber- , Kupfer- , Kohle- bzw. Uranbergwerken des Erzgebirges ( Radoninhalation) • E in wo h n er von Re gi one n mit hoher n a t ürl icher Strahlen exposition, z.B. M onazit-Sandgebiete in Indien mit ca. 30 mSv/)ahr. Wie schon zu Beginn dieses K apitels ausgeführt ( >- Kap. 4. 1 . 1 ), gibt es nach heutiger Auffassung für stochastische Strahleneffekte, zu denen auch die Kanzerogenese gehört, kei ne noch unschädliche Strahlendosis bzw. Schwellendosis. Selbst kleine Dosen fördern offenbar in allen Organen das Risi ko für bösartige Tumoren. Dabei sind M agen-Darm-Trakt, Lunge, weibliche Brust und Knochenmark besonders gefahr det. Es folgen Schilddrüse, Speiseröhre, Leber und Niere ( > Tab. 4.2). Tabelle 4.2 zeigt die derzeit gültigen Risikozahlen, wie sie von der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP) 1 990 verö ffentl i cht wurden. Die Annahme lautet: Erhielten I M i l l i on M enschen eine Ganzkörperdosis von 0,0 1 Sv, würden 500 Personen im Verlauf ihres Lebens z us ä t z l ich an einem strahleninduzierten Malignom versterben. Der ind iv iduelle Ri sikokoeffizient für l Sv beträgt 5%. Das Leukämierisiko ist nur e i n Ze h n t el des gesamten Strahlenkrebsrisikos, n ä mlic h 0,5% X sv- 1 . D i e Summe beider Werte macht l ebe n sla n g etwa 1 3% des natürlichen Risikos aus, an einem bösartige n Tumor zu er kranken. Diese Zus a mmenh ä nge sollte man sich merken.
4.4 Somatische Stra hlenfolgen Tab. 4.2 G eschätzte Lebenszeitrisiken für somatische Spät schäden. * Organ
Risikoschätzung zusätzlicher Krebsfälle
Jahre nach Atombombenabwurf Detonation
10
20
30
I
I
I
Amerikanische Bevölkerung
52
48
_____
B ru st
80
2 87
-- ----:- -----:•
Lunge
90
1 38
Rotes Knochenmark
Gastrointestinaltrakt 224
1 89
Sch i l ddrü se
17
7
Andere
38
96
Summe (pro 0, 01 Sv/1 Mio.)
502
567
* g e m ittelt über die de utsche und amerikanische Bevölkerung bei einer angenommenen Exposition von 1 Mio. Einwohnern mit 0, 0 1 Sv (l ine
arer Ansatz). (Aus: ICRP Publication, Recommendations of the International Commis sion on Radiological Protection. Pergarnon Press 1 990).
Schon durch verhältnismäßig kleine Strahlendosen entstehen: • Leukämien: vorwiegend akute und chronische myeloische Leukämien, keine chronisch-lymphatischen Leukämien! Höchste Empfindlichkeit bei unter 1 5-Jährigen. Latenzzeit 2-25 Jahre ( > Abb. 4.6, Maximum nach 7-8 Jahren) . 25 Jahre nach Strahlenexposition sinkt das Risiko wieder auf Normalniveau ab. • Brustkrebs: Im Alter von 1 0 - 1 9 Jahren bestrahlte Mäd chen haben das höchste Risiko; Latenzzeit 1 5-40 Jahre ( > Abb. 4.6). • Schilddrüsenkrebs: nach Strahlenunfällen (z.B. in Tscher nobyl l 986) durch I ngestion und Inhalation von Iod-Radio nukliden, in der Klinik bisher nur nach externer Bestrah lung; nach Radioiodtherapie nicht beobachtet. Latenzzeit 1 0-40 Jahre ( > Abb. 4.6). • Lungenkrebs: D a s durch ionisierende S t r a h l u ng verursac h te Lungenkrebsrisiko beruht auf der mit dem Zigaretten rauch verbundenen I nhalation von 222 Radon, 220Thoron, 2 1 0Biei und 2 18Polonium. Das generelle Karzinomrisiko des Rauchers durch die Schadstoffe im Zigarettenrauch, bleibt davon unberührt. Zusätzlich wird eine I nteraktion mit Letz t e ren vermutet. Latenzzeit l 0 - 1 5 Jahre ( > Abb. 4.6). Nach hoch dosierter Radiotherapie wurden gelegentlich Osteo sarkome, Fibro-, Myo- und Chondrosarkome sowie Glioblasto me beschrieben. Die Rate liegt allerdings deutlich unter I % . Bei Kindern ist das Risiko am höchsten.
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Schilddrüsen karzinom
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1 945
40
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Deutsche Bevölkerung Knoc h e n h a ut
47
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1 950
-----
1 955
-----
1 960
--
I
1 965
·- - - - - - - - -
Latenzperiode
• - - -
Anstieg erwartet
�
�.. I
1 9 70
Mult. Myel o m I
1 975
I
1 980
1 985
Anstieg beobachtet
Abb. 4.6 Latenzperioden bis zur Entwicklung eines malignen Tu mors nach der Detonation der A-Bombe. [4 1 1
Ionisierende Strahlung initiiert bloß die Tumorerkrankung; Tumorprogression, Krankheitsverlauf u nd klinisches Bild werden durch patienteneigene, stark altersabhängige Fakto ren bestimmt. > Abb. 4.7 zeigt die Dosis-Wirkungs-Bezie hungen für das A uftreten von soliden Tumoren und Leukämi en bei den Ü berlebenden von H iroshima und Nagasaki nach 1 945. Die Fehlerbreiten sind ziemlich groß und erst für Strah lendosen > 200 mSv sind die Zahlenwerte signifikant verschie den vom Nullwert >- Abb. 4.8 zeigt die K a nzero genes e infol ge natürlicher (spontane Krebsrate) und zivilisatorischer Strahlenexposition (hier: nach Atombombenkatastrophen in Japan), verglichen mit tierexperimentellen Befunden. Dabei wird die zentrale Problematik des Strahlenschutzes im Bereich kleiner Dosen deutlich. Sie beruht auf der unbewiesenen An nahme, dass erstens die Dosis-Wirkungs-Beziehung linear verläuft - und zwar hinunter bis auf Null - und es zweitens bei der Kanzerogenese keinen ungefahrlichen Dosisbereich mit Schwellenwert gibt. M E R K E
M E R K E
Vermutlich induzieren a uch kl e i nste Strahlendosen bösarti g e Tumo ren . Am häufigsten s i nd Karzinome des M ag e n - Darm - Traktes, der Lunge, der weiblichen Brust und Leu kämien . Die Latenzzeit bis zu ihrem Auftreten beträ gt J a h rzeh nte .
Dass kleine und kleinste Strahlendosen beim Menschen Krebs auslö sen können, ist eine Ann a hme, die auf mehreren Hypoth ese n beruht. Sollten diese zutreffen, ist dennoch d e r Anteil an strahleninduzierten Neoplasi e n so g ering, dass er durch keine statistische Methode er fasst, geschweige denn bewi ese n werde n kö n nte .
I
4 Stra h l enpathologie
48
Zusätzliche Fälle pro 1 04
Personen und pro Jahr
so
ALLE KREBSE (außer Leukämie)
40 +----- 1
I
LEUKÄM I E
1 5 +-----_,---r1 0 -1------------
-1
Organdosis (Sv)
Abb. 4.7 Dosis-Wirkungs-Beziehungen für das Auftreten von strah leninduzierten Tumoren und Leukämien bei den Überlebenden der Atombombenexplosionen über Hiroshima und Nagasaki am 6.8.1 945. Aufgetragen sind die zusätzlichen Erkrankungsraten für alle soliden Tumoren und Leukämien (Fehlerbalken: 90%-Vertrauensbereich). Die durchge zogenen Linien beschreiben die Dosisabhängigkeit als lineare Fun ktion 142] .
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Beobachtungen an den Überlebenden der Atom bombenkatastrophe und deren Nachkommen in Japan A m 6. August 1 945 wurde die erste Atombombe ( 1 5 kt) auf Hi roshima und am 9. August 1 945 die zweite (2 1 kt) aufNagasaki abgeworfen. Die freigesetzte Energie entlud sich zu 50% als Druckwelle, zu 35% als Hitze und zu 1 5% als ionisierende Strahlung. 500 m vom Isozentrum entfernt wurden wohl 35 Gy Gammastrahlung und 6,04 Gy Neutronenstrahlung frei, 2 km entfernt nur noch 0,07 Gy bzw. 0 Gy. In Hiroshima waren 350.000 Bewohner betroffen, 1 14 .000 von ihnen starben ent weder sofort oder in den Folgejahren bis 1 990 aus unterschied licher Ursache. Da nie vorher oder nachher wieder ein solch umfängliches, wenn auch unfreiwilliges Strahlenexperiment mit M enschen je stattfand, sind die Befunde an den Ü berlebenden und ihren Nachkommen in den Folgej ahren für unsere Kenntnisse über Strahlenfolgen und den Strahlenschutz ganz allgemein einzig artig. Sie sind auch die wichtigste Grundlage für die Bewer tung eines jeden Strahlenrisikos im Hinblick auf Krebsinduk tion und sonstige Langzeitschäden durch Strahlen (Hiroshi ma International Council for Medical Care of the Radiation Exposed (ed. ): A-bomb radiation effects digest. Bunkodo, Tokyo, 1 993- 1 999, und Preston et al. , Radiation Research 1 60, 38 1 -407, 2003). • Malignome (solide Tumoren und Leukämien): Vo n 86.572 Personen, bei denen die Dosiswerte ermittelt werden konn ten, starben bis zur letzten Auswertung I 999 insgesamt 9.335 an "Krebs" und 248 weitere an Leukämie. Da in dieser Region Japans natürlicherweise 8.895 Todesfälle an Krebs und 1 6 1 an Leukämie zu erwarten gewesen wären, sind die zusätzlichen 440 Todesfcille an Krebs und die zusätzlichen 87 an Leukämie auf die Strahlung der A-Bombe zurückzu führen. Folgende Malignome traten dosisabhängig ver mehrt auf: Leukämie (außer CLL) und Karzinome von Schilddrüse, weiblicher Brust, Lunge, Magen, Kolon und
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Naga saki
Tierversuche ('"m Vecgle"h)
Lmeace E'tcapolalioc
Natü rliche Strahlung
I�____JI______� I ____J I _____L_ I _____L______L_ /L_ � Sv 1 0-4 1 0-3 1 0-2 1 o-1 1 o0 1o
Dosis pro Jahr
Abb. 4.8 Dosis-Wirkungs-Beziehungen für das Auftreten von strahleninduzierten Tu moren und Leukämien. Zusammenhang zwi
schen den nach den Atombombenabwürfen in Japan bei Überlebenden aufgetretenen Maligno men, der natürlichen .. Krebs " -lnzidenz und den Befunden aus T i erex p er i m e nten . 143]
4.4 Somatische Strah lenfolgen
Ovar. Die Latenzperiode b etrug zwischen etwa 5 ( Leuk ämien) und 1 5-40 Jahre ( >- Abb. 4.6). Nicht vermehrt be
49
Tab. 4.3 Hoch strahlensensible Zellsysteme (Schwellendosis < 5 Gy).
Gewebe
Betroffene Zellart
Osteosarkome.
E m bryo, Fetus
•
Organschäden: Erhöht war die Rate a n Ka tarakten, guta rti
embryonale (feta le) Zellen 0, 0 5 Gy B -Spermatog o n i en 0, 2 Gy
•
gen Schilddrüsenknoten, Hypoparathyreoidismus, M ikro zephal ien (bei intrauterin Bestrahlten) und von Chromoso menab erratio nen in Lymphozyten und der g ra nulozytären Reihe sowie bei Kindern Wachstumsverzögerungen. Nicht vermehrt beobachtet wurden Infertilität und vo rzei tiges Altern. Bei 63.034 Kindern strahlenexponierter Eltern wurden im V ergleich m it 55.870 Kindern unbestrahlter El tern keine genetischen Defekte, keine M a lign ome und auch sonst keine auffälligen Todesfälle gese hen.
Hoden
obachtet wurden chronisch-lymphatische Leukämien und
p rimäre Oozyten Lymphozyten
Ovar Lymphatisches System H ämatopoetisches System Dü nndarmepithel
* To leranzdos is TD
von
5/5:
2-6 Gy
0, 7-0,8 Gy
p l uripotente Stammzel len 1 -2 Gy des Knoc h enmar ks Stammzellen des Dünn· 1 , 5-3 Gy darmepit hels Effekt bei bis zu 5% der I ndividuen innerhalb
5 Jahren
M ER K E
A l s Fol ge der St rah l enexpo s it ion durch die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki starben b is 1 999 zusätz l i ch 440 Perso nen an ei ne m soliden Tumor und 87 Pe rsonen an Leukämie.
Tab. 4.4 M äß i g strahlensensible O rg a ne (Schwellendosis :s; 25 Gy).
Organ
Betroffene Zellart
Linsenep i thel Kindliche weibliche B rust Dr üsenep i thel Haarfollikel Stratum germinativum Ta l g - und Speicheldrüsen Drüsenepi t hel Schweißdrüsen Drüsenepithel Ha u t Stratum basale und Stratum spinosum Gefäße Endot he l zellen Kindlicher Knorpel Cho ndrob l asten Augenl inse
4.4.3 Dete rm i n istische somatische
Stra h lenfo l g e n
Hierbei handelt es sich u m die akuten und chronischen Fol gen n ach Strahlen th erapie, also um die Strahlenreaktionen von früh u nd spät reagierenden Geweben. In Röntgendiagnostik und diagnostischer Nuklearmedizin darf es wegen der für ge wöhnlich deutlich niedri geren S t rah lenexp os it ion keine de t er mi nist i sch en Strahlenfo lgen geben . Die Grenze zwischen aku te n u nd c hronischen Strahlen folgen ist der 90. Tag nach Strah lentherapie. Akute Strahlenreaktionen treten vorher, chroni sche nachh er auf. Wahrscheinlichkeit und Ausmaß von deterministischen Strahlenfolgen hängen von fol gend en Fakt oren a b : • Bestrahlungsvolumen: G ro ßv o l u m i ge Bestrahlungen ver ursachen mehr Nebenwirkungen als kl einvo lu m ige. • Dosis-Zeit-Verhältnis: Eine in kurzer Zeit gegebene Dosis, z.B. als Einmalbestrahlung, wirkt bio logisch stärker als e i n e übe r ei n e n l ä n g eren Zeitraum fraktioniert bzw. p rotrahi ert gegeben e D o s i s . Strahlenqualität: Hochenergetische S trah lu ng belastet das Gewebe wegen ihrer geringeren Absorp t i o n in Knochen und Weichteilen, ihrer grö ße re n E in dri ngt ie fe u n d ger inge ren Streuung weniger als n iedere n erget is che Photonen strahlung. Organsensibilität Organe und Gewebe sind u n tersch iedlich s trahlens ens ibel ( >- Tab. 4.3, >- Tab. 4.4, >- Tab. 4.5). • Individuelle Faktoren: H i e r sind Lebensalter, Geschlecht, Ernäh rungszustand, Durchblutu ngsverhältn isse, Blutdruck, •
•
Entzündungen und endokrine Einflüsse zu berücksichtigen. Exogene Noxen: Die Strahlenwirkung am Gewebe wird durch Arzneimittel (z.ß. onkologische Che mo therap eut ika, Folinsäu re, Antibiotika, Kofrein, Verapamil) sowie durch Alkohol und Nikotin verstärkt.
� 3-5 Gy
3-6 Gy 3-6 Gy 3-6 Gy
6-8 Gy 8-1 0 Gy 10 Gy
10 Gy
Alveo l a re p ith el 1 7, 5 Gy Kindlicher Knochen Osteobi asten 20 Gy N iere Tubul usepithel 24 Gy Leberze Iien Leber 25 Gy To l eranzdos is TD 5/5: Effekt bei bis zu 5% der Individuen innerhalb von 5 Jahren Lunge
*
Tab. 4.5 Gering strahlenempfindliche O rg a ne (Schwellendosis 40-50 Gy).
Organ
Betroffene Zellart
Herz
Herzmuskelzellen
Dünndarm
Dünndarmepithel Schle i mhaut
Dickdarm, Magen
20 Gy
40 Gy 45 Gy Gy
B l utgefäße
Thyreozyten 45 Gl iazellen , G efäß en doth el 45 G efäße n dot hel 45
Hornhaut
Descemet-Membran
50
Gy
Sch leimhaut, Gefäßendo-
50 Gy
Schilddrüse
t hel
Gy Gy
Weitgehend strahlenresistent K norpe l , Knochen, Fett. Bindegewe be, Gefäßwände, periphere Nerven Toleranzdos is TD 5/5: Effekt bei bis zu 5% der Individuen innerhalb von 5 Jahren *
I
50
4 Strah lenpathologie
1 968 wurden d ie B egri ffe Toleranzdosis TD 5/5 und TD 50/5 geprägt . Die TD 5/5 bezeichnet diejenige Strahlendosis, die mit einer Wahrscheinlichkeit von bis z u 5% innerhalb von fünf
I
Jahren eine klinisch relevante, eindeutig definierte Strahlenfol ge hervorruft. Sie gilt für den klinischen Gebrauch als Schwel lendosis. Die TD 50/5 gilt ent sp r ec hen d für eine 50%ige Scha denswahrscheinlichkeit in 5 Jah re n . Diese Toleranzdosen ver stehen sich als Inzidenzbereiche, d.h. die TD 5/5 als TD l-5/5 un d die TD 50/5 als TD 25-50/5. S ie gelten, von wenigen Aus n ahm en abgeseh en , für konventionell fraktionierte Best ra h lungen mit 5 x 1 ,8-2 Gy pro Woche Die Tabellen 4.3 bi s 4.5 zeigen aufgrun d der in der Li t erat u r verfügba ren Daten und in Verbindung m it systemat i schen T ierexpe ri me n ten die TD5/5 für d i e w ich tigst en Organe, geo rdn et nach hoher, mäßiger und geringer Strahlensensibilität M E R K E
Die Toleranzdosis TD 5/5 ist diejenige Strahlen menge, die bei bis zu 5% der Individuen/Gewebe/Zellen innerhalb von 5 Jahren einen Effekt auslöst. Entsprechendes gilt für die TD 50/5.
Akute Stra h len effekte Akute Strahleneffekte betreffen rasch proliferierende Gewe be, die sog. Umsatz- oder Mausergewebe, wie Knochenmark, Mund-, Magen- und D a rmsc h leim hau t Angr iffso rte sind die Gewebestammzellen und die unreifen Transit zell en ( das sind die Zwischenstufen zwischen Stammzellen und reifen Funkti o n s zelle n ) spe z ie ll auch die Arteriolen und Venolen inklusive ihrer Innervation ( > Tab. 4.6). Die Zi elzellen bestimmen durch ihre Zahl, ihre intrinsische S t rah len emp findl ichkeit und die Möglichkeit der Repo pulierung letztlich die Strahlensensi bilität eines Gewebes. Das hi st olog i sche Bild e ntsp r ic ht dem einer abakterie ll e n En tzündun g. Zellu läres H a u ptsym ptom der akuten Strahlen reaktion ist dabei der Zellverlust, die Zellhypoplasie. Postmito tische, reife Zellen reagi ere n auf die in der S trah l en the rapie verwendeten Dosen hinsichtlich Lebensdauer und Funktion nicht. Eine Ausnahme bilden l ed igl ich die Lymphozyten , die Zellen d er Dünndarmschleimhaut, die Drüsenzellen und weni-
Tab. 4.6 Pathophysiologie der akuten Strahlenfolgen. Betroffene Zellen
Schädigung
Stammzellen und vor allem Verlust an Funktionszellen durch Transitzellen (zu postmitotischen, verringerten Nachschub aus dem reifen Funktionszellen) Stammzell-Kompartiment Verlust an Funktionszellen E inige reife Funktionszellen (Lymphozyten, Zellen der Darm schleimhaut, Drüsenzel len) Störungen der M ikrozirkulation: Zellen der kleinen Blut- und Vasodi latation, Permeabilitäts Lymphgefäße störungen, Ödembildung
ge andere. Dagegen beeinträ chtige n klinische Strahlendosen sehr wohl die parenchymalen St a m m zellen - en t sprechen d in vitro auch die koloniebildenden Zellen - und die sog. Transit zellen ( > Tab. 4.6). Mit zunehmender Dosis nimmt die Zahl der inaktivierten Stammzellen und der Transitzellen immer mehr ab. Dadu rc h s tehen i mmer we nige r Vorläuferzellen für die Differen zierung in pos tmito t isch e Funktionszellen zur Ver fügung. Akute Strahlenreaktionen beschränken sich nicht zwangs läufig a u f das bestrahlte Volumen, sondern können auch auf die Umgebung (wie an der Lunge die Strahlenpneumopathie zeigt) und den Gesamtorganismus (durch Aktivierung oder H emmung i mmun kompeten te r Zellen , Leukopenie und Th romb o penie) A uswirkungen h a ben . Da e i n Stammzellverlust grun ds ät z lic h durch gesteigerte Proliferation verbl ieb ener St a m m zellen au sgegl i chen werden kann, bilden sich in aller Regel akute Strahlenreaktionen nach Abschluss der Strahlenbehandlung rasch wieder zurück. Ihre Stärke lässt sich vermindern durch Bestra hl ungspause n (sp l it courses), durch kleine Bestrahlungsfraktionen bzw. Protrahie rung der ve ro rdneten Dosis, durch die Gabe vo n Kortikoiden und An t i phlog ist i ka sowie durch verschiedene lokale Anwen
dungen. Letztere mindern aber das Risiko für spätere chroni sche Strahlenfolgen nicht, auch nicht deren Schwereg rad. Für die Qu a n tifi zierung akuter St rah lenfol ge n stehen anerkannte Scores zur Verfügung, z.B. der der OS-amerikanischen Radia tion Therapy Oncology Group. M E R K E •
•
•
Akute Strahlenreaktionen gleichen abakteriellen Entzün dungen. Hauptkennzeichen ist die Hypoplasie von Stamm und unreifen Transitzellen, wodurch der Nachschub an post
mitotischen für postmitotische Funktionszellen erliegt. Maßgeblich für die Stärke der Reaktionen sind Gesamtdosis und Behandlungszeit Denn die entsprechenden Gewebe haben ei nen hohen a/ß-Wert ( > Kap. 3.3 .5). Akute Strahlenreaktionen bilden sich in der Regel vollständig zurück.
C h ron ische Stra h l eneffekte Chronische Strahleneffekte (Spätfolgen) treten frühestens nach 3 M o nate n , manchmal auch erst nach Jahren in Erscheinung. Sie betreffen Gewebe mi t l a ngs a m em Zellumsatz, deren Zellen also nur schwach prol ife rieren , die sog. spät reagierenden Ge webe. Das sind im W esentl i chen Binde-, Mu kel- und Kno chengewebe sowie Gehirn, Rückenmark, Lu nge, Leber, Niere, Darmwand und H a ut . S ie b es i tze n all erd ings in unterschied l i chem Maße auch akut reagi ere nde Zellkompartimente. Einzel ne bösa r t i ge Tumoren reagieren ähnlich spät, haben also auch einen relativ langsamen Ze l lu msatz, z.ß. das malign e Mela n o m , das Prostatakarzinom, das Chondro- und Liposarkom. Wenig pro l i fe rieren d e Gewebe, be i s pi e l swe ise die Gefäßendo t hel ien, können durchaus sehr strahlenempfindlich sein, ob wohl sie i h ren Schaden erst spät anzei ge n .
51
4.4 Somatische Stra hlenfolgen
Pathogenetisch spielen für die chronischen Strahlenfolgen ganz unterschiedliche Mechanismen eine Rolle ( > Tab. 4.7): • Der Schaden des Organparenchyms: Die Stammzellen der langsam proliferierenden Gewebe werden dosisabhängig abgetötet ( > Abb. 4.9). Langsam proliferierende und ru hende Zellen treten in den Zellzyklus ein und erleiden dann den Mitosetod. Hervorstechendes Merkmal ist deshalb auch hier die Zellhypoplasie. Da bei höheren Dosen mehr Zellen vernichtet werden, verkürzt s ich hier auch die Latenzzeit bis zum Eintritt des Schadens. Die Fibrose des Bindegewebes: Die Fibroblasten werden durch Strahlung beschleunigt zu postmitotischen Fibrozy ten ausdifferenziert, was eine massive Steigerung der Kolla gensynthese zur Folge hat. Auch dieser Mechanismus er folgt dosisabhängig, also nach höheren Bestrahlungsdosen stärker und mit kürzerer Latenzzeit. Zu diesen primären Fi brosen treten oft sekundäre, durch mechanische Alteratio nen verursachte hinzu, auch noch nach Jahren. Zu nennen sind hier offene Wunden und Ulzerationen, operative Ein griffe oder ausgedehnte Biopsien im fibrosierten Bereich.
•
•
M E R K E •
•
Tab. 4.7 Pathogenese chronischer Stra hlenfo lgen . Zielstruktur
Die Schäden an den Gefäßendothelien: Endothelschäden werden schon nach 6-8 Gy beobachtet, Spätschäden nach 20-2 5 x 2 Gy. Die Folgen sind Endothelschwellung, Weit stellung von Kapillaren (Teleangiektasien), Störungen der Gefäßinnervation, erhöhte Gefäßpermeabilität und Kapillar untergang mit trophischen Schäden in den abhängigen Ge weben. An den kleinen und mittleren Blutgefäßen machen sich daneben v.a. die Fibrose und Sklerose der Intima, der Gefäßwand und der Adventitia bemerkbar, gefolgt von einer erheblichen Lumeneinengung mit konsekutiven Thrombo sierungen. Dies kann den vollständigen Verschluss der Ge fäße bewirken. Der Großteil der chronischen Strahlenfolgen an Gehirn, Rückenmark, Darm und weiteren Organen lässt sich mit dem primären Gefäßschaden und der daraus fol genden Mangeldurchblutung erklären.
Schädigung
Chronische Strahlenreaktionen sind die Summe von Effekten am Organparenchym, am Bindegewebe und an den Ge fäßendothelien. Die Höhe der Gesamtdosis, die Einzeldosis pro Fraktion und die Fraktionierung spielen dabei eine große Rolle, weniger die
Gesamtbehandlungszeit Die Gewebe zeichnen sich durch einen niedrigen a/ß-Wert aus. Niedrige Einzeldosen, Hyperfraktionierung und bei Hypofraktionierung die Zurücknahme der Gesamtdosis können die gefürchteten Spätfolgen vermeiden oder doch zumin dest gering halten ( > Kap. 3.3 .5). Chronische Strahlenreaktionen verlaufen in der Regel progressiv.
Stammzellen (und strahlen- Stammze ll- und Endzellverlust im sensible Endzellen) Parenchym von Dauergeweben Bindegewebe (Fibroblasten) Beschleunigte Ausreifung der Fibroblasten und Steigerung der Kollagen synthese: Fibrose
Recall-Phänomen
Kapillaren und postkapilläre Atonie, Teleangiektasien, KapillarunVenolen tergang Kleine und mittlere Arterien lntimafibrose, Lipidablagerung, Wand sklerose und Lumeneinengung Nekrosen und Ulzera durch u ngenü Sekundäreffekte gende Blutversorgung und Schwäche der Infektabwehr
Unter dem sog. Recall-Phänomen versteht man das Wieder auftreten einer zuvor bereits schon abgeklungenen Strahlenre aktion (z.B. eines Hauterythems) während oder nach einer Chemotherapie. Beschrieben wurden derartige Phänomene insbesondere nach Anthrazyklinen, Actinomycin 0, Paclitaxel, aber auch nach Cisplatin und 5-Fluorouracil. Tierexperimen tell ließen sich Recall-Phänomene an der Lunge und den
•
Zeit/jah re
Zeit/Wochen
Abb. 4.9 Zeitlicher Verlauf und Dosisabhän gigkeit von akuten und chronischen Strah lenfo l g e n. Akute Effekte sind in der R eg e l reversi· b el . C h ron i sch e Stra h lenfol g e n verlaufen progres siv, wobei d ie Progressionsrate d o si sa bhän g ig ist. Die Dosis- Effekt-Kurve f ü r chronische Strahlenfol gen wandert mit steigender Nachbeobachtungszeit hin zu geri ngeren Dose n . 144]
Akute Strahlenfolgen
Chronische Strahlenfolgen
Dosis
52
4 Stra h lenpathologie
Schleimhäuten noch Monate nach der Strahlenexposition nachweisen. Akkumulierte, noch nicht vollständig reparierte subletale Strahlenschäden könnten die Grundlage für diese nachträgliche Schadensverstärkung durch Chemotherapie sein. Abschließend geklärt ist der Mechanismus des Recall Phänomens noch nicht.
4.4.4 Spez i e l l e O r g a ntox i z ität
I
Die Normalgewebe reagieren auf ionisierende Strahlen sehr unterschiedlich ( > Tab. 4 .3, > Tab. 4.4, > Tab. 4.5) und selbst innerhalb desselben Organs laufen unterschiedliche Pro zesse ab. Schließlich sind die Organe aus Kompartimenten mit verschiedenen a/ß-Werten zusammengesetzt, enthalten also sowohl akut als auch langsam reagierende Komponenten ( > Kap. 3.3.5): • Am meisten gefährdet sind Systeme, deren Stammzellen und reife Endzellen strahlenempfindlich sind (z.B. lym phatisches System). • An zweiter Stelle der Gefährdungsskala stehen Systeme mit sensiblen Stammzellen und relativ resistenten Endzellen (z.B. Hoden und Erythropoese). • Drittens brechen Zellsysteme mit kurzlebigen Endzellen auch rasch zusammen (z.B. Dünndarmepithel). • Gefährdet sind schließlich Systeme, die sich nicht mehr er neuern können (z.B. die Oozyten in den Ovarien). Im Folgenden führen wir exemplarisch einige Systeme auf.
Hämato poetisches System Knochenmark Die Hämatopoese im Knochenmark (KM) ist streng hierar chisch organisiert und die Hierarchie korrespondiert mit der Strahlenempfindlichkeit Am sensibelsten scheint die pluri potente KM-Stam mzelle zu sein. Die Sensibilität nimmt dann ab mit der weiteren Determin ierung und Differenzie rung der Vorläuferzellen. Nach einem Strahleninsult repo pulieren die überlebenden Stammzellen. Nach Ganzkörper bestrahlung ist der Pool an Stammzellen allerdi ngs so klein, dass die KM- Reserve dauerhaft beeinträchtigt bleibt. Nach n icht zu großvolumigen Lokalbestrahlungen restituiert sich das KM nach 3-4 Wochen im Wesentlichen aus unbestrahl ten A realen der Nachbarschaft. Oberhalb von 30 Gy wandelt sich das bärnatopoetische Mark weitgehend in Faser- und Fettmark um. M E R K E
Die pluripotente Knochenmarkstammzelle und die mittelgroßen Lym phozyten sind die strahlensensibelsten Zellen des hämatopoetischen Systems. P eripheres Blut Die Zellen des peripheren Blutes sind mit Ausnahme der Lym phozyten weitgehend strahlenresis tent GO-Lymphozyten er-
leiden bereits nach 2-4 Gy den l nterphasetod. Nach ihrer Akti vierung zu i mmunkompetenten Zellen fällt ihre Strahlensensi bilität jedoch sprunghaft ab. Zahl und Funktion der Lympho zyten im peripheren Blut werden nach Ganzkörperbestrahlung häufig als biologisches Strahlendosimeter und als Maß für den erlittenen Strahlenschaden herangezogen. Nach einer großvo lumigen Strahlentherapie im Stammbereich bleiben die peri pheren Lymphozytenwerte für gewöhnlich während mehrerer Jahre unterhalb des Normbereichs. Die Transitzeiten der einzelnen Zelle aus dem hämatopoeti schen KM ins periphere Blut unterscheiden sich beträchtlich. Strahlenbedingte KM -Depressionen äußern sich daher nach unterschiedlichen Zeiten peripher: Beeinträchtigungen der Lymphopoese nahezu sofort (längstens nach 2 Tagen), der Granulozytopoese nach 6-8 Tagen (nach initialer Granulozy tose), der Thrombopoese nach 1 4 Tagen (Transitzeit 9 Tage) und der Erythropoese für gewöhnlich überhaupt nicht (Tran sitzeit 1 20 Tage). M E R K E
Der Transit weißer Blutzellen aus dem KM ins Blut benötigt mindes tens 4-6 Tage. Deshalb zeigen sich erst dann die Auswirkungen eines Strahleninsu lts im peripheren Blut. U m gekehrt vergeht wenn sich das KM erholt (z.B. auch nach Chemo therapie), u ngefähr eine Woche, bis wieder reife Blutzellen im peri pheren Blut erscheinen. ,
Haut und H a u ta n h a ngsgebilde Die erste sichtbare akute Hautreaktion stellt das Erythem dar. Es verläuft nach Einzeitbestrahlung mit 6-8 Gy grundsätzlich wellenförmig als Früh- ( 1 .-4. Tag p.i.), Mittel- (8.-22. Tag p.i.) und Späterythem (24.-5 1 . Tag p.i.). Diese Gesetzmäßigkeit sieht man allerdings nicht mehr bei fraktionierter Bestrahlung. Nach Fraktionen mit 2 Gy erscheint das Erythem 3 Wochen nach Behandlungsbeginn und ein Früherythem wird überhaupt nicht mehr sichtbar. Ursache des Erythems sind Störungen der Gefaßphysiologie, insbesondere eine Weitstellung der Gefaße. Zusätzliche Reaktionen in der Epidermis ereignen sich 3-6 Wochen später: Zellpolymorphie, Zellteilungsstörungen, Zelluntergänge, gestörter Zellnachschub, intradermales Ödem. Unter den Radiodermatitiden unterscheidet man die Radio dermatitis sicca (trockene Schuppung, Haarausfall, Funk tionsverlust von Talg- und Schweißdrüsen, schwache Entzün dungsreaktion im Korium), die Radiodermatitis bullosa (flüssigkeitsgefüllte Blasen zwischen Epidermis und Korium, Permeabilitätsstörungen), die Radiodermatitis exsudativa (feuchte Epitheliolyse, Verlust der epidermalen Deckung, hochgradige Schäden im Korium) und schließlich die Radio dermatitis gangraenosa (nekrotische Ulzera, Blutungen). Pa thogenetisch liegt diesen Bildern eine Proliferationsstörung in den germinativen Schichten der Haut zugrunde mit fehlendem Zellnachschub aus der Stammzellschicht, dem Stratum basale, in das Stratum spinosum. Geeignete Hautpflege kann die be sch riebenen akuten Effekte lindern. Eine medikamentöse Pro phylaxe gibt es nicht.
4.4 Somatische Strah lenfolgen Die chronische Radiodermatitis äußert sich in Pigmentver schiebungen, Dauerepilation, Hautatrophie, Teleangiektasien, subkutaner Fibrose und sogar Ulzerationen. Ihre Behandlung ist schwierig. M E R KE
Pigmentverschiebungen, H a u ta trop h ie, Teleangiektasien, Fibrose und Ulzera bzw. Narben sind d ie Merkmale des chronischen Radio derms. Ni c ht zu großflächige Bezirke, die kosmetisch oder funktio nell stören, können exzidiert werden.
M u ndsch l e i m ha ut, Speicheld rüsen u n d Zah napparat Die akute Mukositis hat denselben Pathomechanismus wie die akute Radiodermatitis. Sie äußert sich schon ab der 2. Bestrah lungswoche mit Geschmacksverlust, Mundtrockenheit, Ver schleimung, schmerzhaftem Enanthem und oberflächlichen Schleimhautdefekten. Häufig besteht eine Superinfektion mit Candida albicans (Soor-Stomatitis). D ie chronische Mukositis i s t durch die irreversible Atro phie und Fibrose d er Speicheldrüsen kompliziert und symp tombestimmt Durch den Ausfall der Reinigungsfunktion des Ruhespeichels ( aus den zahlreichen kleinen Speicheldrüsen der Mundhöhle und des Rachens) treten ab der 3. Bestrah lungswoche M undtrockenheit, Zahnfleischretraktion, vermin derte Antikörpersekretion, Parodontose und Karies auf. Der Schaden der großen Speicheldrüsen (Gl. parotis, Gl. submandi bularis, Gl. sublingualis) beeinträchtigt dagegen die D urchmi schung der Nahrung mit Speichel und damit den Schluckvor gang. Er gehört zu den gefürchtetsten Spätfolgen der Strahlen therapie. Die Strahlenmukositis äußert sich entsprechend im oberen, mittleren und unteren Gastrointestinaltrakt. M E R KE
Die chronische Strahlenmukositis im Mund- und Halsbereich ist charakterisiert durch Sch leimhautatrophie und irreversible Spe ic h e l
drüsenschäden mit Mundtrockenheit konsekutiver Parodontose und Karies.
Zahnfleischretraktion
sowie
53
Die akute Strahlenpneumopathie (fälschlich auch als Strahlenpneumonitis bezeichnet) gleicht in ihrer Symptomatik einer atypischen viralen Pneumonie m it unproduktivem Hus ten, meist subfebrilen Temperaturen und Kurzatmigkeit. Strahlenpneumopathien oder -fibrosen lassen sich frühzeitig im Co mpu t ertomog ra mm als interstitielle Verschaltung er kennen. 20% von ihnen sind auch i m Röntgenbild sichtbar, aber nur I% wird auch klinisch symptomatisch. Parhomorpho logisch zeigt sich das Bild einer exsudativen Alveolitis. Das A usei n a n derd rängen der Kapillarendothelien und der Typ-1Pneumozyten, welche die Alveolen auskleiden, v erdickt die al veolokapillären Membranen und behindert so den Gasaus tausch. Weitere Angriffsorte sind die Pneumozyten Typ II, die Ka pillarendothelien und die Fibroblasten. Typ-II-Pneumozyten sind sowohl die Stam mzellen der Typ- I - Pneumozyten, sie stel len aber auch den Surfactant zur Verfügung, eine Substanz, die für die Oberflächenspannung der Alveolen verantwortlich ist ("Anti-Atelektase-Faktor"). Ein akuter Strahlenschaden zer stört also einerseits das Alveolarepithel, den n der Nachschub aus den Typ-li-P ne u mo zyt en , auf den die Typ- I- Pneumozyten angewiesen sind, versi egt . Andererseits kollabieren die Alveo len aus Mangel a n S urfactant . Die Membranen verl ieren ihre Funktion, Flüssigkeit tritt aus den Gefäßen ins Lungengerüst (interstitielles Ö dem) und Eiweiß in die Alveolen. Schließlich geht die akute St r ahl enp neumopathie wohl immer in eine chronische über. Lungenfibrosen können sich aber auch ohne vorherige Symptome einer Pneumopathie bilden. Die chronische Strahlenpneumopathie ( Lungenfibrose) entwickelt sich nach 3-6 Monaten durch den Ausreifungs schub der ionisierenden Strahlung auf die Fibroblasten. Die Zahl der elastischen und kollagenen Fasern nimmt dosis abhängig zu. Die Interalveolarsepten verdicken sich und fibro sieren, das Alveolarepithel degeneriert, die Gefäße sklerosieren und obliterieren. Diese Vorgänge werden über Mediatoren wie TGF-ß; TNF·a; I L- 1 , I L-6 oder PDGF auch in nicht bestrahl
t e L un genabschn i t te vermittelt. Strahlenpneumopathien be schränken sich also nicht allein auf das Bestrahlungsvolumen. M E R KE
Die einzig zuverlässige Prävention der a kuten Strah len pn eumopa thie und der Lungenfibrose besteht in der Beschränkung des Bestrah lungsvolumens, der Strahlendosis und der Dosis pro Fraktion (< 1 ,8 Gy bei kleinen Vol umi n a u nd > 1 , 5 Gy bei größeren).
Lu n ge Die St rahle npne u mopathie, wie sie sich 4-6 Wochen nach ei ner B estrahlung akut und dann auch chronisch ausbildet, ist ein höchst ko mp l exes Geschehen, besteht die Lunge doch aus a usges p roch e n akut und spät reagi eren den Komponenten m i t eigenen strahlenbiologischen Abhängigkeiten. Bei kaum einem anderen Organ s pielt dabei der Volumeneffekt eine so große Rolle: Die TD 5/5 ( Toleran zdos i s mit :5 5% Schäden i n 5 Jah ren) beträgt be i B est ra hlu ng der ganzen Lunge 18 Gy, von zwei Dritteln des Organs 30 Gy und bei einem Drittel schon 45 Gy (Dörr und Herrmann 2003, Herrmann et al. 2006). Entschei dend ist auch d ie Höhe der Einzeldosis: Bei E i nze itbestrahlung b et rägt die TD 5/5 z.B. nur noch 1 2 Gy.
Herz Herz und Perikard sind viel strahlensensibler, als noch vor Jah ren angenommen wurde. Und das Wissen darum nimmt stetig zu. Das klinische Bild der akuten Kardiopathien und die ggf. zugrunde liegenden pathophysiologischen Zusammenhänge s ind noch u n z u re i c h e nd geklärt. Der Verdacht auf eine radio gene Kardiopathie besteht jedoch immer dann, wenn während oder kurz nach einer St rahl en t h erap i e im Bereich des Medias-
54
4 Strah lenpathologie
tinums plötzlich Atemschwierigkeiten, tachykarde Herzrhyth musstörungen, diskrete EKG-Veränderungen oder gar ein Pe rikarderguss auftreten. Schwerere Reaktionen sind allerdings erst nach großvolumigen Herzbestrahlungen mit � 20 Gy und insbesondere bei der Kombination von Strahlung mit Anthra zyklinen zu erwarten. Chronische Kardiopathien wie die seröse, später konstrik tive Perikarditis, die Koronarsklerose bzw. -Stenose oder Myo karddegenerationen treten erst nach relativ langer Zeit auf: die Perikarditis im Median nach 1 Jahr, die Koronarstenosen nach 5 Jahren und die Myokarditis nach 10 Jahren. Bei Perfusions untersuchungen des Herzens fand man bereits nach 6-24 Mo naten erste messbare Einschränkungen an der linken Koro nararterie. Nicht zu vernachlässigen ist auch die exsudative Perikarditis, die in etwa 9% der Fälle in eine konstriktive Peri karditis mit ihren unangenehmen Symptomen übergeht. Grob zusammengefasst zeigen bis zu 30% der Patienten nach 1 0-20 Jahren kardiale Spätfolgen, wenn sie mit einer mittleren Herz dosis von � 30 Gy bestrahlt worden sind. N i eren Das klinische Bild der Strahlennephropathie ist bestimmt durch die klassische Trias Anämie, Proteinurie und Hyperto nie. Sie zeigt sich dosisabhängig nach 6- 1 2 Monaten. Als An griffsorte kommen in Betracht: • Tubulusepithel: Die Folgen eines Strahleninsults sind Zell und Funktionsverlust (Tubulusatrophie), sekundäre Atro phie der Glomerula und eine interstitielle Fibrose. Gefaßendothel: Es erfolgen fibrinoide Ablagerungen im Mesangium, Zelluntergänge, aber auch eine erhöhte endo theliale Proliferation mit der Folge einer Lumeneinengung, Thrombosierung und Obliteration der kleinen Gefaße. Fibroblasten: Eine beschleunigte Ausreifung der Fibroblasten führt zur interstitiellen Fibrose. Die Strahlentoleranz der Niere als hauptsächlich "spät reagie rendes" Organ hängt deutlich von der Dosis und Fraktionie rung ab, zeigt also einen Fraktionierungseffekt. Als kritische Grenze wird allgemein eine Gesamtdosis von 20 Gy, verteilt auf 1 0- 1 2 Einzelfraktionen von 1 ,8-2 Gy, angegeben. Eine Erho lung von einmal eingetretenen Strahlenschäden gibt es wohl nicht wirklich. Jedoch besitzen die Nieren aufgrund ihrer Paa rigkeil eine beträchtliche Reservekapazität Sollte aber selten einmal die Strahlennephropathie eine Hypertonie verursachen, muss die betreffende Niere entfernt werden. •
•
Hoden u n d Ovar Adulte männliche und weibliche Keimdrüsen unterscheiden sich in ihrer Physiologie grundsätzlich und reagieren deshalb auch auf ionisierende Strahlung verschieden ( > Tab. 4.8). Hoden
Im Hoden liegen drei Zelltypen vor: Geschlechtszellen in verschiedenen Reifungsstadien. •
•
Sertoli-Zellen: Sie befinden sich an der Basalmembran der
Samenkanälchen und stellen das Mikromilieu für die Ent wicklung, Reifung und Freisetzung der Spermien bereit. Leydig-Zellen: Sie sind die Hormonbildner und gelten wie das Testosteron als ziemlich strahlenresistent Das Samenepithel produziert etwa ab dem 1 0. Lebensjahr bis hin zum Tod reife Spermien, es ist hoch strahlensensibeL Be reits nach 0,3-0,5 Gy wird eine temporäre Azoospermie beob achtet, die sich innerhalb von 48 Monaten erholen kann, und nach 3-4 Gy tritt eine vollständige, irreversible Azoospermie auf. Das Ausmaß einer möglichen Erholung ist erst nach 3 Jah ren abzuschätzen: Besteht dann nämlich die Azoospermie fort, ist keine weitere Besserung mehr zu erwarten. Bemerkenswerterweise schädigt eine fraktionierte oder pro trahierte Bestrahlung - anders als bei anderen Körpergeweben - die Spermatogenese stärker als eine Einzeitbestrahlung (pa radoxer Fraktionierungseffekt). Eine Erklärungsmöglichkeit besteht darin, dass die Spermatogonien gleichzeitig in ganz un terschiedlichen Reifungs- und Sensibilitätsgraden vorliegen. Die A-Spermatogonien sind die Stammzellen der Spermioge nese; am strahlensensibelsten sind aber die B-Spermatogonien (kritische Dosis 0,2 Gy), weniger dann wieder die Spermatozy ten. Spermatiden und reife Spermien sind dagegen recht strah lenresistent und überleben u. U. sogar noch eine Exposition m it 500 Gy. Daraus folgt, dass die Zeugungsfähigkeit nach einem Strahleninsult noch eine Zeit lang erhalten bleibt, so lange nämlich, bis sich der Nachschub aus den geschädigten Sperma togonien und Spermatozyten erschöpft hat. Die Entwicklung von A-Spermatogonien zu Spermatozoen (reifen Spermien) dauert übrigens im Mittel 67 Tage. Anders als die Spermatogenese ist die Strahlensensibilität des genetischen Materials am größten bei den Spermatiden, während die Spermatogonien und Spermien gegen M utationen relativ widerstandsfahig sind ( > Tab. 4.8). Die Sertoli-Zellen und die hormonproduzierenden Leydig Zellen sind im Vergleich mit dem Samenepithel erstaunlich wenig strahlensensibel ( > Tab. 4.8). Zwar werden nach l -2 Gy bereits erhöhte FSH- und LH -Werte im Blut, also erste Zei chen einer gestörten Hormonbildung, gefunden. Doch sind erst nach > 24 Gy die HormonausfeHle klinisch relevant, sie können sich aber auch dann noch normalisieren. Somit haben wir selbst im strahlentherapeutischen Dosisbereich eine weit gehend unbeeinträchtigte Hormonproduktion vor uns. Und es bestehen trotz Impotentia generandi der Geschlechtstrieb und die Manneskraft ( Potentia coeundi) fort ( > Tab. 4.8). Bei Männern m it Kinderwunsch empfehlen wir folgende Strategie: Während der Strahlenbehandlung ist eine Konzepti on unbedingt zu vermeiden. Die Spermien könnten genetische Mutationen aufweisen. Und diese Vorsichtsmaßnahme muss für wenigstens 10 weitere Wochen nach Abschluss der Strah lentherapie eingehalten werden. Das ist nämlich die Generati onszeit von den A-Spermatogonien zu den reifen Spermien. Sicherer sind allerdings 12 Wochen. Nach dieser Zeit ist selbst nach vorübergehender Oligo- oder sogar Azoospermie gegen einen ungeschützten Geschlechtsverkehr n ichts einzuwenden . •
4.4 Somatische Strah lenfolgen Tab. 4.8 Unterschiedliche Strahleneffekte an männlichen und weiblichen Keimdrüsen. Hoden Schwellendosis der sensi belsten Zellen
0,2 Gy
Ovar
1 , 7-6 Gy
Förderung der keiner Strahleneffekte B - Sperm atogonie n , primäre Oozyten, empfindlichstes Fertili Fetus und Säugling Fetus ab 5. Motatsstadium nat, Beginn der Pubertät Empfin d lichkei t des gene· Abnahme mit dem Zunahme mit dem Reifungsprozess Reifungsprozess tischen Materials Anstieg im Alter Zusam m en h a n g von Sen Abnahme im Alter Einfluss der F rakti on i e rung/Protrahierung
sibilität u nd Lebensalter
Nachproduktion aus frü hen Entwicklungsstadien
möglich
Hormonbildung
relativ resistent, sensibel, abhänunabhängig v on gig von der Keimder Keimzellschädi- Zellschädigung gung
n icht möglich
Ovar
Weniger strahlenempfindlich als das Samenepithel des Hodens sind die Oozyten des Ovars ( > Tab. 4.8). Aber im Gegensatz zu den Verhältnissen bei der Spermatogenese sind die reifen Oozyten - d.h. die großen, reifen Follikel - strahlensensibler als die Oogonien und Oozyten in den erst noch ausreifenden Follikeln. Die Schwellendosis beträgt je nach Lebensalter 1 ,7 Gy (temporäre Störungen) bis 6,25 Gy. Erhält also eine junge Frau von 1 5-40 Jahren 6 Gy an den Ovarien (beispielsweise durch Streustrahlung aus der Lymphknotenbestrahlung malig ner Lymphome), muss trotzdem schon in 75% der Fälle mit einer permanenten und in 25% mit einer temporären Amenor rhoe gerechnet werden. Anders als beim Mann bewirkt die Fraktionierung der Dosis offenbar wenig; sie hat eher eine Schutzfunktion. Auch wird das genetische Material im Gegen satz zum Mann mit fortschreitender Ausreifung der Follikel zunehmend strahlensensibler. Eine weitere Besonderheit gegenüber dem Mann ist, dass die Strahlensensibilität der Ovarien mit dem Alter ansteigt, die daran gekoppelte Hormonproduktion also zurückgeht. Grund ist der abnehmende Vorrat an Oozyten. Dessen Anlage ist nämlich bereits mit dem 5. Fetalmonat abgeschlossen. Mit
55
fortschreitendem Alter erschöpft sich dieser Vorrat an reifen und noch unreif angelegten Oozyten. Damit sinkt die Möglich keit Strahlenschäden durch das Nachreifen unbeteiligter Oozy ten auszugleichen. Während also bei jungen Frauen nach 20 Gy Ovarialdosis u.U. noch Konzeptionen möglich sind, ist dies schon nach dem 40. Lebensjahr ganz undenkbar. M E R K E
Die strahlenbedingten Beeinträchtigu ngen des Keimepithels, des ge netischen Materials und der Hormonbildung unt erliegen bei Mann und Frau jeweils eigenen Gesetzmäßigkeiten und müssen nicht g leichsinnig verlaufen.
A ug e Am Auge sind die Strahlenfolgen an den verschiedenen anato m ischen Abschnitten zu unterscheiden. Neben der Strahlen konjunktivitis (Spätfolge: "trockenes Auge"), Strahlenkerati tis (Spätfolge: Hornhauttrübung und -erweichung) und Glas körperschrumpfung, für die jeweils eine kritische Dosis um die 50 Gy gilt, sind die Katarakt und die Retinopathie von be sonderem Interesse. Die Strahlenkatarakt kann schon nach 3-5 Gy auftreten. H ier handelt es sich um degenerative Veränderungen der ger minativen Zone des Linsenepithels am vorderen Rand des Linsenäquators. Die geschädigten Zellen wandern als sog. pseudoepitheliale Zellen zum hinteren LinsenpoL Dort ster ben s ie ab und lösen eine Linsentrübung aus. Diese schreitet im Gegensatz zur Alterskatarakt posterior subkapsulär fort. Wesentlich scheint die Dosis-Zeit-Beziehung zu sein. Jeden falls trat bei Kindern, die eine Ganzkörper-Bestrahlung mit I 0 Gy in einer Sitzung erhalten hatten, in 75% der Fälle nach 5 Jahren eine Strahlenkatarakt auf. Dieser Anteil ließ sich auf 20% reduzieren, wenn die Dosisleistung von 0,2 auf 0,05 Gy/ min gesenkt oder die Gesamtdosis von 12 Gy auf 6 Fraktionen verteilt wurde. Die Strahlenretinopathie ist vermutlich durch einen pri mären Gefäßschaden ausgelöst, sicher aber auch durch direkte Strahleneinwirkungen auf die Sinneszellen der Netzhaut. Ähn lich wie bei der diabebsehen Retinopathie gibt es Mikroaneu rysmen der Kapillaren, Blutungen und Ö deme mit der Folge von ischämischen Degenerationen und einer Netzhautablö sung. Die TD 5/5 (5% Schäden in 5 Jahren) wird mit 45-55 Gy, die TD 75/5 (75% Schäden) mit 60 Gy angenommen.
I
KAPITEL
5
B . Radeleff u n d G . Ka uffm a n n
Röntgendiagnostik
5 . 1 G e räte k u n d e
5 . 1 . 1 Proj ekt i o n s ra d i og ra f i e
B . Radeleff und G . Kauftma n n
G . Kauffmann u n d M . Düx
Defi n itionen
Das Funktionsprinzip einer Röntgenröhre, wie sie in der Pro jektionsradiografie, in einem Computertomografen ( CT) und zum Teil sogar in der Strahlentherapie eingesetzt wird, ist in > Kap. 2 "Strahlenphysik" beschrieben. Seit der Einführung von Röntgenstrahlen in der Medizin stellte lange Zeit das Prin zip der Sichtbarmachung der unsichtbaren Röntgenstrahlung durch Silberhalogenide auf einem Film - wie bei der her kömmlichen Fotografie - das am häufigsten verwendete Ver fahren dar. Ein erster digitaler Zwischenschritt - weg von die sem Film -Folien-System - stellte die Lumineszenzradiografie dar. H ierbei befindet sich in der Röntgenkassette eine aus Phosphorkristallen aufgebaute Speicherfolie, die die Röntgen strahlung absorbiert. Ein Teil der zugeführten Energie wird dabei als sichtbares Licht wieder abgegeben, die restliche Ener gie wird von den Phosphoratomen gespeichert und danach durch einen Scanner in digitale Informationen umgesetzt.
I n der Röntgendiagnostik werden neben den Geräten, die Röntgenstrahlung zur Bildgebung einsetzen, auch Geräte ver wendet, die ohne Röntgenstrahlen arbeiten, wie die Sonografie oder die M agnetresonanztomografie ( MRT). Dabei wird übli cherweise zwischen der Projektionsradiografie und den Schnittbildverfahren (vor allem CT und M RT) unterschieden. Der Begriff Projektionsradiografie (PR) soll zum Ausdruck bringen, dass alle Strukturen - gleichgültig in welcher Ebene des Raums vorhanden - in eine Ebene, nämlich die des Rönt genfilms projiziert werden. Das heißt, dass sich z.B. bei einer Thoraxröntgenaufnahme die Schatten von Mamma und Herz übereinander projizieren, obwohl sie in völlig unterschiedli chen Ebenen des Raumes, nämlich extra- bzw. intrathorakal, gelegen sind. Um dieses diagnostische Manko halbwegs auszu gleichen, werden in aller Regel zwei senkrecht zueinander ste hende Ebenen angeordnet und angefertigt, z.B. Thorax- oder Knochenaufnahmen in 2 Ebenen ( > Abb. 5 . 1 , > Abb. 5.2) . Z u r PR gehören d i e einfachen Geräte ( > Abb. 5 . 3 ) für die kontrastfreie Untersuchung der Lunge (sog. Thoraxaufnah men) , des Skeletts und des Bauchraums (sog. Abdomenauf nahme), Geräte zur Durchleuchtung bei Kontrastmittelunter suchungen des Gastrointestinaltrakts oder der Gefäße ( z.B. Magen-Darm-Passage oder Angiografie) und die Geräte zur Mammografie. Ganze Generationen von Radiologen haben sich damit befasst, aus diesen "dürftigen" I nformationen eine exakte Zuordnung von Läsionen im Raum zu ermöglichen. D ie Schnittbildverfahren (Sonografie, Computertomogra fie und Magnetresonanztomografie) ermöglichen im Gegen satz dazu eine Zuordnung von Strukturen im Raum, die von der Projektionsradiografie ( PR) nicht oder nur bedingt geleis tet werden kann. In Deutschland ist die Sonografie das am häu figsten eingesetzte Verfahren und - obwohl per se sehr preis wert - durch seine Häufigkeit das teuerste. M E R K E •
•
l n der Projektionsradiografie (PR) werden alle Strukturen gleichgültig in welcher Ebene des Raumes vorhanden - in eine Ebene, n ä m l i c h die des Röntgenfilms, projiziert. Die PR erfordert deshalb meist Aufnahmen in 2 Ebenen.
B i lderzeu g u n g Stand der Technik heute sind Systeme, die Röntgenstrahlen di rekt digital umsetzen. Kernstück solcher Systeme ist z.B. ein aus Silizium bestehender Flachbettdetektor, z.B. von über 40 x 40 cm, was eine Bildauflösung von bis zu 9 Millionen Pixel ermöglicht. Die gespeicherten Daten werden heute unmittelbar in ein klinikweites Bildnetzwerk versendet (PACS: Picture Ar chiving and Communication System) . Die Auflösung eines sol chen Flachbettdetektors liegt bei 1 40-200 f.1111 , bei der digitalen Mammografie sogar bei 50 f.1111 . Dadurch ist eine wesentlich höhere Ausbeute der Röntgenquanten möglich und die Strah lendosis, z.B. bei Thorax- und Skelettaufnahmen, wurde gegen über den Film-Folien -Systemen um 30-50% reduziert ( > Abb. 5.4).
Grun dgerät Zu einer diagnostischen Röntgeneinrichtung gehören der Röntgenstrahler, der Generator und das U ntersuchungsgerät. Der Röntgenstrahler besteht aus der Röntgenröhre ( > Kap. 2.3.2) zur Erzeugung der Röntgenstrahlung, dem Ge häuse zur Abschirmung im Sinne des S trahlenschutzes und ei-
58
5 R öntgendiag nosti k
Abb. 5.1 Thoraxaufnahmen in zwei senkrecht aufeinander stehenden Ebenen (im seitlichen (a) und posterior-anterioren (b) Strahlengang): unauf fälliger, altersentsprechender Normalbefund. Beachten Sie bei der Aufnahme (b) die symmetrischen Weichteilschatten der Mammae (>), die sich über beide Unterlappe n und links über den Herzschatten proj izieren. Der Pfei l weist auf die links orth ograd getroffene Mamille hin (kein Rundherd in der Lunge!). [S]
Abb. 5.2 Schädelaufnahme in 2 Ebenen. Die erk en n baren Verdichtu ngslin ien entsprechen der Begrenzung (1) des Sinus fronta l i s und (2) der Orbita
h öh len . Die Aufheilungsareale en ts prec h en (3) Impressi onen des Zerebrums und (4) einer Sutur. Beachten Sie, dass d ie Zahnfüllu ngen (linkes Bild) unter Umständen kritische Areale der oberen Halswirbelsäule überlagern können. [5]
5.1 Gerätekunde
-
lil • . . .
59
-
Abb. 5.3 Arbeitsplatz für die Projektionsra diografie. Die Rön tg e n rö h re i st bewe g l i ch au fg e hängt und kann b e lie big ge schwen k t werden. [6]
a)
Bewegliche Röhrenaufhängung a n Decken
schienen. (Schienen in W irkl ichkeit gerade.) b) Skelett- und Abdomenaufnahmen: Die Röhre ( 1 ) ist se n krec ht n a ch u n ten gesch wen kt , die digi tale Au fna h m eein h e it (2) ist in einem Fach des U ntersuchungstischs eingeschoben. Der Strahl en
gang wäre jetzt vertikal c)
(Pfeil).
Tho raxa u fn a h men und Aufna h me n
in
Se i tenl a
ge ( lateraler Dekubitus): d i g i ta l e Aufnahmeeinheit
(2) m i t e ing e bl en d eten Messkam mern (geometri
•
( 1 ) wu rde u m 90° ge dreht, sodass der Strahlengang jetzt horizontal sche Figuren). Die Röhre verläuft (Pfeil)
ner integrierten Tiefenblende. Zum Röntgengenerator gehö ren alle elektrischen Teile der Röntgeneinrichtung, die der Röhre die erforderliche Stromstärke (die m it 3-5 A sehr hoch ist) und Hochspannung (mit 30- 1 50 kV ebenfalls sehr hoch) liefern. Bestandteile des Generators sind der Hochspannungs-
Qualität
1
(schlecht)
D u rchleuchtung
Dosis i n mGy
3 00
E i n häufig eingesetztes
200
5
4, 1
3
a
- 5 (sehr gut)
-
pa
pa:
3,9
3.J �
1 00
pa
posterior-anterior
b /: lateral
• digital
transformator, der die erforderlichen Ampere und Kilovolt lie fert, der Gleichrichter, der den erforderlichen Gleichstrom er zeugt, das HochspannungskabeL das den Strom vom Genera tor an die Röhre liefert, und der Schalttisch, mit dem die Hoch spannungswerte (kV) und Heizstromwerte (mAs) eingestellt und die Aufnahmen ausgelöst werden.
D analog
Abb. 5.4 Vergleichende Dosis- und Qual itätsmessungen bei digi talen und analogen Tech ni ken am Thorax. [23] a) A u flösu ng . Sie ist verbessert bei d igi ta lem gegenüber a nalogem Rönt ge n . b) Dosisbedarf. Die Oberflächendosis sinkt bei d i g i ta l e n Röntgeneinrichtun gen auf 50% gege n ü be r Film-Folien-Systemen, a l so analoger Tech n i k .
Bildempfängersystem
ist der B ildver
stärker, der in Multifunktionsdurchleuchtungsplätzen zur in testinalen oder Gefäßdiagnostik Verwendung findet. Ein Bild verstärker ist ein großer, evakuierter Glas-Aluminium-Zylin der, dessen Eingangsseite der - durch den Patienten ge schwächten - ankommenden Strahlung zugewandt ist. Die ankommende Röntgenstrahlung wird dort in Elektronen um gewandelt ( >- Abb. 5.5). Diese Elektronen werden in Richtung Ausgangsseite be sch leuni gt . M i ttels Ablenkspulen werden sie wie in e i n em Fernseher elektronenoptisch fokussiert und treffen dann auf einen Leuchtschirm, dessen Bild z.B. eine Kamera an der Aus gangsseile des Bildverstärkers aufnimmt und schließlich in ein am M onitor darstellbares Videosignal umwandelt. Digitale Bildverstärker kommen mit einer geringeren Dosis aus als die zuvor benutzten analogen Geräte. Klassische Durchleuch tungsuntersuchungen sind z.B. der Ö sophagusbreischluck, die
60
5 Röntgendiagnostik
digitaler Haupt speicher Röntgenröhre
I I I I
Röntgenbild elektr�nische Linse verstärker (RBV)
digitaler Zwischen
Monitor
speicher
Abb. 5.5 Prinzip eines Bildverstärkers am Durchleuchtungsarbeitsplatz. [23)
Abb. 5.6 Durchleuchtungsgerät Am C -Bogen, der um den Patienten ro t ieren kann, sind die Röntgenröhre ( 1) und die Bildaufnahmeeinheit (2) montiert . Der Untersuchungstisch (3) ist in d ie Vertikale k i ppba r und von allen Seiten her zugänglich. Die Voraufnahmen des Patienten werden aus dem digita l e n Bi ldarchiv auf den Monitor (4) e inge spielt. Die " ,etzten " Aufnahmen der laufenden Untersuchung ( l in k s ) und das aktuelle Durchleuchtungsbild (rechts) werden auf den be i d en unteren Monitoren (5) gezeigt. Ein solches M ul tifunktionsgerät ist für alle Durchleuchtungen einschließlich der interventioneilen Radiologie g eeig net . [6) Magen- Darm- Passage, Dünndarmdarstellung (Enteroklysma)
nach Se!Jink, der Kolonkon trasteinlauf, Fistelfüllung, ß roncho grafie, A r t h rografie, Lymphografie, Phlebografie, und Myelo g ra fi e .
I n sgesamt sind die e i n fachen Du rchleuch t u ngsun tersu chungen stark zurückgegangen, sodass Durchleuchtu ngsgerät e heute meist a l s M ul tifunktionsgerät i n k l . A ngiografiemöglich keil hergestellt werden ( > A b b . 5.6) .
5 . 1 Gerätekunde Z U S A M M E N FA S S U N G o
o
o
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Zur d iagnostischen Röntgeneinrichtung rech nen: Röntgenstrahler, Generator und Untersu chungsgerät Zum Röntgengenerator rechnen: Elektrik für Röhrenstrom, Strom stärke für Röhren (3-5 A) und Hochspannung (mit 30-1 50 kV). Bestandteile des Generators sind: 1 ) Hochspan n ungstransformator als Lieferant für Ampere u nd Kilovolt. 2) G leich richter für den Gleichstrom. Zum Du rchleuchtu ngsgerät rechnet der Bildverstärker. Es ist ein g roßer, evak uierter Glas-Aluminium-Zylinder. Dort ankommende Röntgenstrahlung wird in Ele ktronen verwande lt, die zur Bild erzeugung fokussiert werden. Klassische Durchleuchtungsuntersuchungen sind: Ösophagus breischluck, Magen-Darm-Passage, Enteroklysma, Kolonkont rasteinlau f, Fistelf üllung, Bronchografie, Arthrograf ie, Lymphogra fie, Phlebografie, Myelografie u nd Angiografie .
61
Methodenbe isp i e l e Zum Aufgabengebiet der Radiologie gehören die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen und Veränderungen des gesamten menschlichen Körpers, z.B. des Schädels, Thorax, Abdomens und Bewegungsapparats. Sie ergänzt mit ihren radiologischen Unter suchungstechniken die Nachbardisziplinen wie z.B. Chirurgie und Innere Medizin. Das Leistungsspektrum beinhaltet radiologi sche Untersuchungen wie z.B. Projektionsradiografie (PR), Com putertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT), An giografie und Sonografie. Therapeutische Verfahren sind unter dem Begriff der interventioneilen Radiologie zusammengefasst. Die Abbildungen in diesem Abschnitt zeigen zunächst eini ge Beispiele für Kontrastdarstellungen des Ösophagus und Gastrointestinaltrakts ( > Abb. 5.7,
>
Abb. 5.8,
>
Abb. 5.9,
> Abb. 5. 1 0, > Abb. 5. 1 1 ) .
_. .
rd
b
Abb. 5. 7 ösophagusdarstellung, Normalbefund. Das Lumen der
Speiseröhre ist mit dem geschluckten Bariumsu lfat markiert. Indikation: vor allem postoperativ zur Prüfung der D u rchgängigkei l u nd zum Ausschluss einer Nahti nsuffizienz. Benetzung des Pharynx (- -). .. a bg erissener" Bolus (>' �). Impressionen durch Aortenknopf ('<) bzw. Kardia ( 'C:) . [5[
Abb. 5.8 Dünndarmdarstellung (Enteroklysma, z.B. nach Sellink). Das Lumen des Dünndarms ist mit Methylzellulose und Bariumsulfat über eine ins D uodenu m eingelegte Sonde gefüllt u nd entfaltet. Die Ausschnitt v er g rö ße r ung zeigt eine der J ejunu m sch li nge n des linken Oberbauchs im Doppelkontrast. I leum (>'). Colon ascendens (-) und descendens (-). Indikation nur noch selten zur Durchgängigkeilsprüfung und Fistelsuche bei Morbus Crohn. [5[
62
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5. 1 0 Darstellung von Magen und Duodenum. Das Lumen des
Magens ist mit Gas entfaltet und mit Bariumsulfat teilweise gefüllt (sog. Doppelkontrasttechn ik) und somit benetzt. Das Gas wird in Tablettenform (z.B. Brausepulver) verabreicht, das Bariumsulfat wird geschluckt. I ndikati on: postoperativ analog zur Ösophagusdarstellung, selten präoperativ. D Duodenum. [5] Abb. 5.9 Dickdarmdarstel lung (Kolonkontrasteinlauf). Das Lumen
des Dickdarms ist mit Bariumsulfat und Luft über ein rektal eingeführtes Darmrohr gefüllt. Indikation: präoperativ, bzw. postoperativ (in Monokont rasttechnik mit Gastrografin) zum Ausschluss einer Nahtinsuffizienz, ggf. in Kombmat1on m1t CT. Beachten Sie das tief durchhängende Querkolon (�). [5]
Abb. 5 . 1 1 Galledarstellung: endoskopische retrograde Cholangiopankreatikograf ie (ERCP). I ndikation: Suche nach Abflussh indernissen durch Tumor, Striktur oder Stein. [5]
a) Normal befund der Gallengänge: Darstellung von intrahepatischen Gallengängen, Gallenblase (GB) und Endoskop (+--) . b) Normalbefund der Gallengänge, die hier - technisch bedingt - intrahepatisch besonders gut aufgespritzt und dargeste ll t sind. Die erhöhten . lnjektion � drü � cke kommen bei gemeinsamer Papille durch den Versuch zustande, den Pankreasgang komplett darzustellen: d 1 eser br1cht jedoch (tumorbedmgt) ab ( )
5 . 1 Gerätekunde
Ang i og rafie Die Angiografie wird in der Regel an eigens hierfür konstruierten Durchleuchtungsgeräten ( > Abb. 5.6) durchgeführt, die dem schnellen Blutfluss mit einer rascheren Bildfolge gerecht wer den. In der Katheterangiografie werden arteiielel ( > Abb. 5.12, > Abb. 5. 1 3) und venöse ( > Abb. 5. 1 4 ) Blutgefäße über einen
perkutan eingeführ� theter dargestellt. Von diesem invasi ven Verfahren ist die nichtinvasive radiologische Gefäßdiag nostik zu unterscheiden, wie z.B. die .[?opplersonografie, die �) und die qAngiografi� (CTA) mittels dreidimen sionaler Rekonstruktion. Zur Reduktion der Strahlendosis kommt bei der Katheteran giografie eine gepulste Durchleuchtung zum Einsatz, bei der � der Röhrenstrom in rascher Folge an- und abgeschaltet wird. Die Abschaltintervalle sind so kurz, dass sie vom Betrachter je nach Pulsfrequenz kaum oder nur wenig wahrgenommen wer den. Eine Pulsfrequenz von 4/Sekunde bedeutet (herstellerab hängig) eine Dosisreduktion um 90%, von 1 6 Pulsen/Sekunde um 50% gegenüber der nicht gepulsten Technik. Bei niedriger Pulszahl erscheinen schnelle Bewegungen - ähnlich wie in ei nem alten Film - abgehackt, bei hoher Pulszahl dagegen als flie ßend. Je nach Wahl der Belichtungsparameter können Strah lendosis und Bildeindruck zusätzlich variiert werden, was zur Dosisreduktion bei der Angiografie wichtig ist, da bei minimal invasiven interventioneilen Eingriffen die Umstände des Ein-
Abb. 5 . 1 2 Selektive Katheterarteriografie. Der Katheter ist in den
ventral gelegenen Abgang der A. mesenterica superior mit seiner Spit· ze eingehängt, sodass - abg ese hen von einem geringen Reflux (-) in die Aorta - nur diese Viszeralarterie dargestellt ist. I ndikation: z.B. Blutungssu che vor interventioneilen Eingriffen. I S I nach
63
grifts (z.B. Stillung einer Blutung oder Behandlung eines Tu mors vor Organtransplantation) längere Durchleuchtungszei ten erzwingen können. Bei sehr langen Durchleuchtungszeiten in der interventionellen Radiologie, deren Dauer überwiegend von der klinischen Bedeutung des invasiven Eingriffs anhängt (z.B. Blutungsstillung oder Ablation von ektopen Erregungs herden im Herzen), ist zur Hautschonung eine minimale - für den Eingriff selbst bedeutungslose - Kippung bzw. Drehung der Röhre ausreichend. M E R KE
Der Begriff Angiografie oder ,.Angio" wird bei folgenden Untersu chungsverfahren in der Reihenfolge abnehmender Häufigkeit verwendet: CT-Angio: primäre Cl-Untersuchung mit sekundärer 20- oder 3 D-Rekonstruktion . MR-Angio: primäre M R- Untersuchung, bei der d ie Gefäße mit oder ohne Kontrastmittel dargestellt werden. Katheterangio: primär i nvasives Verfahren mittels perkutan ein geführtem Katheter. •
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Dig itale S u btraktionsan g i og rafie (DSA) Das Prinzip der digitalen Subtraktionsangio entstammt der Fo tografie. So wird in der DSA vor der Gefäßdarstellung eine Auf nahme der Untersuchungsregion angefertigt, das sogenannte Leerbild (Maske) . .Durch die automatische Subtraktion der Maske vom Gefaßfüllungsbild werden alle gemeinsam vorhan-
Abb. 5. 1 3 Selektive Katheterarteriografie. Der Katheter ist in den
Abgang der A. carotis interna vorgeführt, sodass - abgesehen von einem geringen Reflux in die A. carotis externa - nur das gesuchte Gefäß dargestellt 1st. Indikation: z.B. Stenosedarstellung vor interventioneilen Eingriffen. ISI
64
5 Röntgendi agnostik
Abb. 5 . 1 4 Venendarstellung (Phlebogra fie). [ 5]
a) Bei der aszendierenden Pressphlebografie wird KM am Fußrücken injiziert, um die Dichtigkeit der Klappen zu prüfen. U nter Pressen füllt sich eine primär - ohne Pressen - nicht gefüllte Kollaterale (>') retrograd: Klappeni nsuffizienz (-). Dichte Klappen (+-). ln Bezug auf Thrombose: Norma l befund. b) Duplex der Vena femoral is: Normalbefund, echoleeres Areal von Arterie (+-) und Vene (....) . Indikation bei dringendem klinischem Thrombose verdacht und unklarer Dopplersonografie.
A
B
leerbild = "Maske"
Füllungsbild
=
(B - A)
Subtraktionsbild
Abb. 5. 1 5 Schema der Entstehung e ines DSA-Bilds.
denen Bildinformationen (Weichteilgewebe und Skelett) ge löscht und nur die kontrastgefüllten Gefaße kommen überlage rungsfrei zur Darstellung .( > Abfu5 . 1 5) . D i e Subtraktion i s t naturgemäß sehr anfallig für Bewegungs aridakte ( meist durch Darmperistaltik, daher intravenöse G a be vonSpasmolytika), was zu einer suboptimalen Deckung von M aske und Füllungsbild füh rt.
Speicheru n g u n d Aufl ösu n g U m ein Bild digital z u speichern und zu verarbeiten. wird e s in einzelne Bildelemente, sog. Pixel (Picture Elements), zerlegt. Die Darstellu ng eines Bilds in Zeilen und Spalten nennt man Matrix. Eine .,5 1 2er" Matrix z . ß . besteht aus 5 1 2 Zeilen und 5 1 2 Spalten, also 262. 1 44 Pixel n. Je größer die Matrix, desto
5 . 1 G erätekunde
feiner aufgelöst kann ein Bild dargestellt werden. Eine l 024er M atrix ist für die hoch auflösende Angiografie geeignet; für die Thorax- und Skelettdiagnostik sind jedoch noch höhere Auflö sungen erforderlich. Sehr hohe Auflösungsgrade erfordern aber bessere Monitore und sehr schnelle Rechner (hoher finan zieller Aufwand!).
I nte rventionen G.
65
Der Eingriff erfolgt unter sterilen Kautelen, wobei die Steri litätskriterien denen chirurgischer Standardeingriffe ent sprechen. • Die Anforderungen an die apparative Ausstattung und me thodenspezifische Ausbildung des Personals sind hoch und orientieren sich an strengsten strahlenhygienischen Vor schriften, da bei interventioneBen Verfahren die Zeitdauer und damit die Strahlenexposition von Arzt und Patient si tuationsbedingt stärker variiert als bei reiner Diagnostik. Die postinterventioneHe Überwachung beinhaltet: - allgemeine pflegerische Aspekte (z.B. Einhalten einer vorgeschriebenen Bettruhe über mehrere Stunden, Kon trolle von Temperatur, Blutdruck und Puls) - das gezielte Erfassen von Kom plikatione n (z.B. Blutun gen, Gefaßverschluss oder Bildung eines Pseudoaneurys mas) - gegebenenfalls exakte Protokollierung der Ausscheidung von Flüssigkeiten (z.B. Eiter aus Drainagen, Galle, Urin) • Eine postinterventionelle Nachbehandlung umfasst z.B. den Beginn oder die Weiterführung einer medikamentösen Ly setherapie, eine angepasste Schmerzmedikation und/oder gezielte Antibiotikagabe. Die ärztliche Verantwortung liegt - in der ko rre kte n Indikationsstellung durch den überwei senden Kliniker und den klinischen Radiologen, - während der Durchführung des Eingriffs beim Radiolo gen und - während der postinterv entionellen Überwachung und Nachbehandlung beim Radiologen und beim betreuen den Stationsarzt. Da der hier gegebene Rahmen nicht ausreicht, allen Eingriffen gerecht zu werden, sind nur zwei klassische Beispiele im Fol•
•
Kauffmann, B. Radeleff und M. Düx
Minimalinvasive bildgesteuerte Eingriffe - in der sogenannten interventioneilen Radiologie - sind Verfahren, die_größtenteils
in der Radiologie entwickelt wurden und heute dort und in ver schiedenen Fachriebtun en raktiziert werden (z.B. viszerale Chirurgie, Gastroenterologie, KardiolOgie . Sie ge ten als mini malinvasiv, da sie Operationen ersetzen w1d/oder ergän�d ---in der Regel weniger traumatisierend wirken. Der Begriff "bildgesteuert" bezieht sich darauf, dass die Eingriffe mittels Durch Ieuch tung oder eines der Schnittbildverfahren überwacht werden. I n der Radiologie rechnen h ierzu zum Beispiel die Gefaßrekanali sation, die perkutane transluminale Angioplastie PTA), die per kutane Biopsie und Drainage von ohlorganen, die Applikation von Stents in Gefaße und Gangstrukturen (z.B. Gallengänge), die Embolisation ( > Abb. 5.16) und als seltenes Verfahren der TIPSS (siehe unten). Wichtig ist das Ausmaß der klinischen Ein bindung der Radiologie und die Einha�tung weiterer Rahmenbe dingungen, ohne die solche Eingriffe nicht möglich wären: Interventionelle radiologische Eingriffe werden grundsätz lich interdisziplinär indiziert, d_h., die Patienten werden z.B. von Chirurgen und Radiologen gemeinsam a4sgewählt. •
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Abb. 5 . 1 6 Beispiel einer Angiografie (Katheterangio und gleichzeitig minimalinvasiver E ingriff). [5] a) Zöliakografie, die ein stark h ype rva s kul ä res hepatozelluläres Karzinom (HCC) (+--) im rechten Leberlappen zeigt, der fast ausschl ießlich über die rechte Leberarterie (kurzer t ) ver s o rg t wird. Linke Leberarterie ( -). b) Super se l e k t i ve Sond ierung der rechten Leberarterie mittels Koaxialkatheter ( M ikro k at het e r durch den Angiokatheter). Die Spitze des Angiokatheters (5F) ist mit einer Pfeilspitze (-) markiert. Die Spitze des koaxialen ( 1 ,8F) Katheters (-) l iegt unmittelbar vor dem Tumor, sodass das Chemoembolisat aus schließlich den T u m or erreicht. c) Nach der Chemoembolisation mit Lipiod o l ® (zur Markierung), Carboplatin (Chemotherapie) und kalibrierten M i k ro k ü gelche n (40- 1 20 11m) l iegt das Chemotherapeutikum in hoher lokaler und niedriger systemischer Konzentration vor . Das Beispiel zeigt auch, dass d ie Katheterangiografie jederzeit als in
terventionelle Maßnahme fortgesetzt werden kann .
I
5 Röntgendiagn ostik
66
genden kurz abgehandelt. Andere Interventionen sind, jeweils an geeigneter Stelle, über den gesamten Text verteilt. Stents a m G a l le n g a n g Bei malignen Stenosen der Gallenwege (meist verursacht durch cholangiozelluläre, Gallenblasen- oder Pankreaskarzinome) kommt die perkutane transhepatische Cholangiografie (PTC) bzw. Drainage (PTCD) zur Diagnostik und Dekompres sion des Gallengangsystems in Frage. Die Außenableitung der Galle führt zur Rückbildung des Ikterus und damit zur Besse rung von Juckreiz, Durchfall und Entzündungszeichen. Um diese perkutan nach außen ableitende Gallengangsdrainage dauerhaft entfernen zu können, erfolgt - mit dem Ziel einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität - der Einsatz von Metallendoprothesen (Stents) in das Gallengangsystem oder es werden Plastikendoprothesen endoskopisch platziert. Letz tere endoskopisch einzubringen, ist für den Patienten weniger belastend als der perkutane Zugang, der für Metallendoprothe sen erforderlich ist. Tra nsj u g u l ä rer intra he patischer portosystemischer Stent-S h u nt (TI PSS) Die sog. portale Hypertension (in 80-90% durch eine Leberzir rhose bedingt) kann durch die Erhöhung des i ntrahepatischen Widerstands zu gastroösophagealen Varizenblutungen, thera pierefraktärem Aszites und einer hepatischen Enzephalopathie führen. Bei oft unbefriedigenden Ergebnissen der sehr aufwen digen chirurgisch angelegten portokavalen, mesokavalen und peritoneovenösen Shunts bietet der TIPSS-Shunt die heute kli nisch etablierte Methode, um auf mini malinvasivem, nicht operativem Weg einen transjugulären portosystemischen Stent-Shunt zu etablieren. Dabei dienen die Metallstents der Offenhaltung der interventioneil geschaffenen Kurzschlussver bindung zwischen Pfortader und Lebervene innerhalb der Le ber. Der TIPSS-Trakt führt durch seine Umleitung des Pfort aderbluts in die Lebervenen zu einer Dekompression der Pfort ader. Grundsätzlich 'dieselbe Technik wird auch zur instru mentellen Rekanalisation und Lyse der Mesenterialvene und/ oder pfortader eingesetzt. M E R K E
D ie Begriffe .. minimalinvasive bildgesteuerte Eingriffe" oder ,.interventionelle Radiologi e " werden synonym verwen det. Beispiele sind: Gefäßrekanalisation u nd perkutane transluminale Angioplastie (PTA), perkutane Biopsie und Drainage von Hohlor ganen, Applikation von Stents in Gefäße und Gangstrukturen (z.B. Gallengänge) sowie die Embol isation. Sie werden mit Durchleuchtung oder einem der Schnittbild verfahren (z. B. CT/Sono) überwacht und gesteuert. • lnterdisziplinarität ist erforderlich, da sowohl der therapeut i sch e Ansatz als auch die möglichen Komplikationen eine enge kli nische Einbindung dieser Eingriffe erforderlich machen . •
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/
5.1 .2 S o n o g ra f i e B. Radeleff und G. Kauffmann M it Hilfe der Sonografie können Schnittbilder vieler parenchy matöser Organe in beliebiger Schichtführung erzeugt werden. Das Verfahren wird sehr häufig als erste diagnostische Maß nahme, aber auch zur Verlaufsbeurteilung eingesetzt (z.B. Dia gnostik während der Schwangerschaft).
Tech n ische G r u n d lagen In der Sonografie werden Reflexionen von hochfrequenten, vom Schallkopf ausgesendeten Schallwellen verwendet. Diese Schallwellen werden von den unterschiedlichen Organen re flektiert, gestreut, gebrochen oder geschwächt und anschlie ßend vom Schallkopf - der gleichzeitig als Sender und Emp fanger seiner Schallwellen dient - registriert. Das während der Untersuchung entstehende Bild wird als Real-Time-Bild (sog. B-Bild) dargestellt. Bei der Sonografie wird eine vom Untersu cher nach Befund und Fragestellung ganz frei gewählte Ebene - z.B. transversal, sagittal oder schräg - des Körpers darge stellt. Angewendet werden die B-Bild-Sonografie mit Linear oder Sektorscannern (zweidimensionale Grauwertdarstellung des untersuchten Organs in der Abdominaldiagnostik) und die Dopplersonografie, z.B. zur Quantifizierung von Gefaßtlüssen bei Stenosen der A. carotis. Schallwellen werden durch ihre Pe riode (Schwingungsphase des Mediumteilchens) und ihre Fre quenz (Zahl der Perioden pro Zeiteinheit, gemessen in Hertz [Hz]) charakterisiert. F requenzen je nach Frequenz unterscheidet man vier verschiedene Schall bereiche: • I nfraschal l : < 1 6 H z, damit unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsgrenze • hörbarer Schall: 1 6-20.000 Hz, im menschlichen Wahr nehm ungsbereich • Ultrascha l l : > 20.000 Hz, oberhalb der menschlichen Wahrnehmung • H yperschal l : > 10.000.000.000 Hz Im Ultraschall wird ein Frequenzbereich zwischen l und 15 M H z (also 1 - 1 5 Millionen Schwingungen pro Sekunde) ver wendet, der im B-Bild-Modus grundsätzlich keine biologi schen Nebenwirkungen erwarten lässt. Ultraschallwellen ent stehen, wenn ein piezoelektrischer Kristall (z.B. aus Quarz, Ba riumtitanat, Bleizirkonattitanat, Lithiumniobat oder Bleimeta niobat) mechanisch komprimiert wird. Im Ultraschallkopf wird daher ein hochfrequentes Wechselfeld an die polykristal line Substanz des piezoelektrischen Kristalls angelegt. wodurch es zur räumlichen Ausbreitung von Schallwellen kommt, die bei akustischer Ankoppelung an die Haut des Patienten in des sen Körper eindringen ( >- Abb. 5. 1 7, >- Abb. 5 . 1 8).
5 . 1 Gerätekunde
p iezoelektr. Kristall Schallko pf
Verdünnun
..
I ITJt "J I , , , , , l t lf f l l I IU I I I 1 1 11 1 1 . I IU I I I
Däm pfer
67
I IU I I I
seitl iche Schallisolation
Wel lenlänge Abb. 5.1 7 Funktionszeichnung der U ltrasonografie. [ 2 1 I
elektr. Leiter
M E R K E • •
Ultraschall entsteht durch Umwandlung elektrischer Schwi ngun gen in mechanische Schwingungen . Die Ausbreitung der Wellen ist a n Materie gebunden.
Die Ankoppelung an die Körp eroberfläche des Patienten wird durch eine Frontplatte mit gewebeähnlichen Schallleitungsei genschaft en und Verwendung von U ltraschallgel ermöglicht. Der Schallkopf ( > Abb. 5.19, > Abb. 5.20) ist aus mehreren piezoelektrischen Elementen aufgebaut. Ein Dämpfungskörper ( sog. Back-Damping) und eine seitliche Schallisolation sorgen für den Austritt der Schallwellen in die erwünschte Richtung.
piezoelektr. Kristall Frontplatte Abb. 5 . 1 9 Aufbau eines Schal lkopfs.
s�
Der Schallkopf arbeitet hintereinander als Sender und Empfän ger: als Sender, indem sein Kristall durch das oben erwähnte elektrische Wechselfeld zur Schwingung angeregt wird und Ul traschallwellen aussendet (negativer piezoelektrischer Ef fekt) . Er arbeitet anschließend als E m pfä nger, indem als Echos aus dem Körper reflektierte Schallwellen am Kristall des Schall kopfs eine elektrische Spannung erzeugen (positiver piezo elektrischer Effekt) , die gemessen werden kann. Man spricht daher von der Puls-Echo-Methode. Entfernungsmessungen sind möglich, weil der Schallkopf nicht ein kontinuierliches Schallsignal aussendet, sondern je weils nur kurze Ultraschallimpulse. In der Pause nach der Aus sendung eines Impulses ist der Schallkopf empfangsbereit, wo bei d i e Dauer der Empfangsbereitschaft tausendmal so la n g wie die Dauer des ausgesendeten I m p ulses ist. Die Zeitdauer vom Aussenden eines Impulses bis zum Wiedereintreffen des reflektierten Impulses wird registriert. Anhand der Schallwel lengeschwindigkeit c und dieser Zeitdauer T kann die Dis tanz d des Entstehungsorts des Echos im Gewebe errechnet werden. Txc
d= 2 d Distanz c Schallwellengeschwindigkeit T Zeitdauer Verstä rku n g der Scha l l wel len Abb. 5 . 1 8 Ultraschallgerät I 6 I /
Da der Energiegehalt einer Ultraschallwelle mit zunehmender Tiefe abnimmt, würden aus großer Tiefe reflektierte Echos am
I
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5 Röntgendiagnosti k
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Empfangskristall viel schwächer ankommen als Echos, die schallkopfnah reflektiert werden. Auf dem Monitor würden dann die schallkopfnahen Strukturen sehr viel heller als schall kopffernere Strukturen dargestellt werden. Um alle Echos ei nes echogleichen Gewebes - unabhängig davon, in welcher Tiefe sie reflektiert werden - im gleichen Grauton darzustellen, werden die aus den schallkopfferneren Anteilen des Untersu chungsgebiets ankommenden Echos mit Hilfe der sogenann ten TCG-Verstärkung (time compensated gain) verstärkt, sodass Strukturen gleicher Echogenität aus unterschiedlicher Tiefe gleich abgebildet werden. Diese tiefenabhängige Signal verstärkung kann manuell beeinflusst werden, um gezielt Strukturen hinsichtlich ihrer Echogenität zu verstärken oder zu schwächen. Die Ausbreitung der Ultraschallwellen ist von den Eigen schaften des untersuchten Gewebes abhängig: c=
Abb. 5.20 Verschiedene Schallköpfe. [5] a) Rektalsonde: in der Spitze der rotierende Schall kopf, der d ie Wandschichten erfasst. b&c) Curved-Array-Schallköpfe mit 5 M Hz bzw. umschaltbaren 2, 5-5 M Hz. d&e) Li nearschallköpfe mit 7,5 und 5 MHz. f) Sektorschallkopf m it 3,5 MHz.
�
Die Schallwellengeschwindigkeit� ist abhängig von der Dich te p und den Elastizitäts- bzw. Kompressibilitätseigenschalten (E) des Trägermediums. Z=cxp Der Schallwellenwiderstand Z (akustische Impedanz) hängt von der Schallwellengeschwindigkeit c und der Dichte p der Trägersubstanz ab.
B i lderze u g u ng I n > Tab. 5. 1 sind einige typische SchaHcharakteristika häu figer klinischer Fragestellungen zusammengefasst.
Tab. 5.1 Pathologische Veränderungen und Echomuster bei der Sonografie.
Patholog ischer Echomuster Befund Zy ste
Aszites
Frisches B l ut,
Hämatom
Abszess, frisch Abszess, ä lter
rundlich, dünne, glatte Wand, echofrei mit
aOrSal er Sc
allverstärkung
....;
echofrei, U nterscheidung zwischen Aszites u nd frischem Blut (je nach 5edimentierung) nicht immer zu ver läss ig mög l ich !
echoreich, i n h o moge n (je nach Sedimentierung) echoreicher Reflex mit dorsaler Schall auslöschung echofrei (wi e Serom oder Lymphozele)
Binnenechos (du rch Zelldet ritus) Schallreflexion (durch Gaseinschlüssel dorsale Schallauslöschung (durch Gas
einschlüsse) Konkrement (G al l e, Niere)
Binnenechos, dorsale Schallauslöschung
H ämangiom (Leber)
echoreich ( ., Schneeball " ) durch d ie zahlreichen Grenzflächen der Gefäßwände echoarm, echoreich oder isoechogen mit echo armem Randsaum (., Halo", ., bull's eye " ) echoarm, echoreich oder isoechogen ohne " Halo "
Metastasen (Leber) Tu moren
Es kommt aus verschiedenen Gründen im Gewebe zu Energie verlusten, die den Bildaufbau beeinflussen: • Schwächung und Absorption: Materieteilchen schwingen nach Anregung um ihre Ruhelage. Hierbei wird Energie durch "innere Reibung" in Wärme umgewandelt; die Folge ist eine Abnahme der Schwingungsamplitude. Die Menge der absor bierten Energie ist abhängig von der Schallwellenfrequenz: Absorption und Frequenz sind zueinander proportional.
5 . 1 G e rätekunde
Brechung und Streuung hängen eng zusammen. Trifft die
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Schallwelle auf lnhomogenitäten bzw. Grenzflächen im Ausbreitungsgebiet, so kommt es zu einer ungerichteten Reflexion, d.h., der Schall wird nicht in den Schallkopf zu rückreflektiert und dort registriert, sondern nach dem Ge setz "Einfallswinkel = Ausfallswinkel" gebrochen. Die Streuung ist umso stärker, je kleiner die Wellenlänge ist. Reflexion: Schallwellen, die senkrecht auf eine Grenzfläche (z.B. den Übergang Weichteilgewebe/Luft oder Leberunter rand/Colon ascendens) fallen, werden reflektiert und treffen wieder auf den Schallkopf, wo sie im Kristall einen elektri schen Impuls erzeugen, der dann weitergeleitet wird. Die Dichtesprünge zwischen verschiedenen Geweben, die un terschiedliche Schallreflexionen hervorrufen, werden Impe danzsprünge genannt.
•
I m pedanzu ntersch iede Zwischen Geweben mit sehr hohen I mpedanzunterschieden (z.B. Luft/Wasser, Weichteilgewebe/Knochen) ist fast keine Weiterleitung des Ultraschalls möglich, sodass Knochen und gasgefüllte Organe (gut belüftete Lunge, gasgefüllter Darm) nicht mittels Ultraschall "eingesehen" werden können. Auch zwischen Schallkopf und Haut eingeschlossene Luft erzeugt ei nen Impedanzsprung, der die Schallweiterleitung behindert. Aus diesem Grund wird auf den Ultraschallkopf Gel aufgetra gen, das die akustische Ankoppelung an den Körper erlaubt. M E R K E •
•
Je höher der Impedanzsprung zwischen zwei Geweben, desto mehr Energie wird reflektiert und desto weniger Energie pfla nzt sich fort. Steine oder Gas reflektieren u . U . den gesamten Scha ll: dorsale Schallauslöschung.
•
Zysten erscheinen echofrei mit dorsaler Schallverstärkung.
A uflösu ngsvermögen Das Auflösungsvermögen beschreibt den minimalen Abstand, bei dem zwei benachbarte Punkte noch als getrennt voneinan der differenziert werden können. Man unterscheidet: • Axiales Auflösungsvermögen (Tiefenauflösung): Dieses bestimmt die Abgrenzbarkeit zweier Punkte in Schallaus breitungsrichtung und ist bei der Sonografie besser als das laterale Auflösungsvermögen. Es ist abhängig von der Dau er und Länge des Ultraschallimpulses, da die Zeit vom Aus senden des Impulses bis zum Eintreffen zweier getrennt wahrnehmbarer Echos mindestens eine Impulsdauer betra gen muss, das Auflösungsvermögen also mindestens zwei Wellenlängen entspricht. Bei einer Frequenz von 2,5 MHz liegt das axiale Auflösungsvermögen bei I mm, bei 10 MHz bei 0,2 mm. • Laterales Auflösungsvermögen: Es beschreibt den Min destabstand zweier als getrennt wahrnehmbarer Punkte senkrecht wr Schallausbreitungsrichtung und ist abhängig
69
von der Breite des Ultraschallstrahls, die durch die mecha nische bzw. elektronische Fokussierung des Schallbündels und letztendlich die Breite der piezoelektrischen Element leiste bedingt ist. Die Auflösung eines Schallkopfs steigt mit der Frequenz, die Eindringtiefe des Schalls dagegen nimmt proportional zur Fre quenz durch die höhere Absorption ab. Daher muss immer ein Kompromiss zwischen Auflösung und Eindringtiefe des Schalls gefunden werden. M an arbeitet heute z.B. in der Radiologie mit Frequenzen zwischen 2 und 1 3 MHz, wobei je nach erfor derlicher Eindringtiefe automatisch einstellende Schallköpfe (sog. M ulti-Array-Schallköpfe), für das Abdomen mit 2-5 M Hz, für den Hals mit 5- 1 3 MHz, bevorzugt werden.
A l lgemeine Anwendung u n d G renzen Beim Ultraschall gehen in hohem Maß die individuelle Ausbildung, Erfahrung und Qualifikation des Untersuchers in die Qualität der Untersuchungsergebnisse ein. Die Untersuchung ist daher schwierig reproduzierbar und nur mit aufwendiger Standardisierung dokumentierbar. Im Gegensatz zur Compu tertomografie (Standardisierung des Untersuchungsablaufs sowie Reproduzierbarkeil der Ergebnisse) ist der U ltraschall bezüglich der Reproduzierbarkeit und Validierbarkeit der Er gebnisse (trotz diagnostischer Spitzenleistungen Einzelner) durchaus kritisch zu beurteilen. Darüber hinaus gibt es prinzipielle Einschränkungen wie z.B. bei gasgefüllten Organen (gasgefüllter Darm, gut belüftete Lunge), die sonografisch nicht untersucht werden können bzw. eine Untersuchung von Organen verhindern, die jenseits der Gasansammlungen liegen. Das betrifft konkret z.B. das Pan kreas bei luftgefülltem Magen oder Colon transversum. Weite re Probleme können bei adipösen Patienten auftreten, da bei ausgeprägtem subkutanem Fettgewebe ein großer Teil des Schalls bereits in der Bauchwand reflektiert wird, sodass die tiefer gelegenen - für die Untersuchung entscheidenden - Re gionen oft nicht mehr ausreichend gut dargestellt werden. Eine Sonografie von Knochen oder von Strukturen, die von Knochen umgeben sind, ist bis auf die folgenden zwei Ausnah men prinzipiell nicht möglich: • In der Knochendiagnostik (vor allem in der Pädiatrie) las sen sich Periostveränderungen im Bereich von Weichteil schwellungen sehr gut z.B. in die Frühdiagnostik der kindli chen Osteomyelitis einordnen. • Die zweite Ausnahme ist die Möglichkeit der Sonografi schen Erfassung von intrazerebralen Raumforderungen (epi-/subduralen Blutungen nach Trauma) und Fehlbildun gen bei offener kindlicher Fontanelle (je nach Alter). Methoden beispiele Beispiele für die Sonografische Darstellung verschiedener Or gane zeigen > Abb. 5.2 1 , > Abb. 5.22 und > Abb. 5.23.
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70
5 Röntgendiagnosti k
Dopplersonog rafie Mit der Dopplersonografie ist eine Messung von Strömungsge schwindigkeiten in Gefäßen auf Grund des Dopplereffekts möglich. Dieser Effekt beschreibt folgendes akustische (oder
optische) Phänomen: Nähert sich eine Geräuschquelle dem Be obachter, so erhöht sich für ihn die wahrgenommene Fre quenz, entfernt sich die Geräuschquelle, verringert sich die Frequenz. S i e kennen sicher das Beispiel des vorbeifahrenden Krankenwagen mit seiner Sirene: höherer Ton bei Annäherung als im Stand und tieferer Ton bei Entfernung. Als "Krankenwa gen mit Sirene" fungieren in der Dopplersonografie die Eryth _ rozyten. Der Dopplereffekt wird mit folgender Gle1chung be schrieben:
Abb. 5.21 Normalbefunde aus der Sonografie. 15] a ) Harnblase (.--.), Prostata (> ). b ) Leber (..._), Gallenblase (>') . . c) Leber (.--. ), Nierenrinde (> <). Vakatfett 1m Nierenbecken (•).
d) Lebervenenstern mit Darstellung der Vena cava 1nfenor (•).
V
F = 2 x f0 x - x cosf c F Dopplerverschiebefrequenz, also die Differenz zwi schen der vom Schallkopf ausgesandten Frequenz f0 (Sendefrequenz) und der Frequenz der Schallwellen, d i e von den Blutkörp erchen reflektiert werden (Emp fängerfrequenz) f0 Sendefrequenz des Schallkopfs v Blutströmungsgeschwindigkeit c Schallausbreitungsgeschwindigkeit, die im menschli chen Weichteilgewebe mit konstant 1 .540 m/s ange nommen wird f Winkel zwischen dem einfallenden Dopplerstrahl und dem untersuchten Blutgefäß
5 . 1 Geräteku nde
71
Abb. 5 . 2 2 Sonog rafie der Leber: Geg en überstel l u ng einer flüssi g e n und einer soliden Raumforderung. [5]
a) Große echofreie Zyste (Z) mit Tochterz yste n (TZ). Beachten Sie die dorsale Schallverstärkung unter den Zysten . Diagnose: Echinococcus cysticus. b) Die Längs- und Querdurchmesser der echoreichen Raumforderung sind verm e ssen. Die Pfeilspitzen {>) markieren einen echoarmen R a n dwal I. Z u sa mm en mit dem echoreichen Zentrum resultiert das B ild einer Schießscheibe (auch "target" oder " bull's eye s ig n ) Diagnose: Metastase. "
Abb. 5.23 Oberbauchsonografie rechts. Beachten Sie das e i ng e b le n
dete Topogramm, in dem die Pos ition des Schallkopf� m it einem Strich i m rechten O be rba uch markiert ist. Die schwarzen Pfeile ( � ) zeigen auf echorei che rundliche Strukturen, die zwei lä ng l ich e Schatten (-) werfen (sog. Scha llauslöschung). Diagnose: Cholezystol ithiasis. [5]
Anhand dieser Formel kann die Flussgeschwindigkeit im un tersuchten Gefäß errechnet werden.
Dies bedeutet, dass bei der Untersuchung von z.B. mesente rialen Gefaßen der Schallkopf nicht senkrecht auf der Kör peroberfläche aufgesetzt werden darf, sondern einen flachen Winkel zum Hautniveau bilden muss, weil sonst der Doppler winkel in der Regel zwischen 60° und 90° betragen und die so ermittelten Flussgeschwindigkeiten grob falsch sein würden. Die Farbduplexsonografie stellt eine Kombination zwi schen B-Bild- und Dopplermessung dar ( >- Abb. 5.24). Bei dieser Untersuchungstechnik wird dem B-Bild eine farbliehe Kodierung (meist blau und rot) hinzugefügt, die die Flussrich tung und -geschwindigkeit des Blutes in den Gefäßen angibt. Die Farbkodierung wird willkürlich eingestellt: so kann z.B. der auf den Schallkopf zulaufende Blutfluss rot und der vom Schallkopf weglaufende Fluss blau dargestellt werden. Z U SA M M EN FA S S U N G •
•
•
•
Die obige Gleichung erklärt, warum der Dopplerwinkel, d.h. der Winkel zwischen dem einfallenden Dopplerstrahl und der Längsachse des untersuchten Gefaßes, die Messergehnisse beeinflusst. Untersucht man beispielsweise senkrecht zum Ge fäß (d.h. mit einem Dopplerwinkel von 90°), so kann keine Strömung abgeleitet werden, denn der Kosinus vo n 90° be trägt 0.
l n der Sonografie werden Reflexionen der vom Schallkopf ausge sendeten Schallwellen genutzt. Man bedient sich hoher Frequenzen: > 20.000 Hz, also oberhalb der menschlich e n Wah rn e hm u ng . Die TCG-Verstärkung bewirkt, dass Strukturen gleicher Echogeni tät aus unterschiedlicher Tiefe gleich abgebildet werden . Zysten haben eine dorsale Schallverstärkung, Steine eine Schall · a u s l ösch ung Kla re Flüssigkeiten sind echofrei; je mehr .,Zellen " enthalten sind, desto mehr Bin nenechos treten auf (z. B . Zyste echofrei - Häman g iome und ältere Hämatome bzw. Abszesse haben Binnenechos). Die Messung von Flussgeschwindigkeiten in Gefäßen beruht auf dem Dopplereffekt. .
M E RKE :
Die Messung von Flussgeschwindigkeiten in Gefäßen beruht auf dem Dopplereffekt.
.
•
•
I
72
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.24 Doppler- und Farbduplexsonografie: Normalbefunde an Niere und Leber. I SI a) B-Bild der Niere: p Markpyramiden, HF Hilusfett. b) Farbduplex derselben Niere: A (rot} Arterien, V (blau) Venen. c) Power -Doppler zur Darstell ung der Organperfusion (arterielle und venöse Perfusion) (gelb). d) Nierensegmentarterie: Dopplerspektragramm unten eingeblendet: normales arterielles Signal. e) Lebertransplantat (normaler Befund): P Pfortader. f) Pfortader im Farbduplex: P (rot) Pfortader, V (blau) Lebervene. g) Pfortader und Leberarterie (gelb): P Pfortader, A Arterie. h ) Dopple r Leberarterie (-+}: Dopplerspektragramm unten eingeblendet: normaler arterieller Fluss. i} Doppler Pfortader: Dopplerspektragramm unten ei ngeblendet: normaler portaler Fluss.
5.1 Gerätekunde
5 . 1 . 3 C o m p u terto m og rafie B . Radeleff u n d G. Kauftmann
Die Computertomografie (CT) wurde 1 967 von dem englischen Physiker Hounsfield (der dafür 1 979 den Nobelpreis erhielt) entwickelt und Anfang der 1 970er Jahre in die Praxis einge führt. Es handelt sich dabei um ein Röntgenschichtverfahren, das zum Bildaufbau einen Computer verwendet. Mit der CT wird der untersuchte Körper in Querschnittsbildern da rge stellt und eine überlagerungsfreie Darstellvng der Organe erreicht.
Tec h n ische G ru n d lagen Wie in der konventionellen Radiologie passiert bei der CT ein Strqhlenbündel aus einer - allerdings rotierenden - Röntgen röhre den menschlichen Körper und wird auf seinem Weg in unterschiedlichem Ausmaß geschwächt. Bei der heute üblichen S�C[_wird der Tisch während der Untersuchung kontinu ierlich in der Körperlängsachse weitergeschoben, während die Röhre, ebenfalls kontinuierlich, mehrmals pro Sekunde um den Patienten rotiert ( > Abb. 5.25, > Abb. 5.26). Röntgenröhre und Strahlendetektor(en) sind dabei in der sogenannten "Gan try" ange b r ac ht , durch di e sich der Untersuchungstisch mit dem Patienten schiebt. Heutzutage misst ein durchgehender Kranz I aus elektronischen Strahlendetektoren die Intensitätsminderung der Röntgenstrahlung hinter dem Patienten. Der in Form einer virtuellen Spirale gewonnene Volumendatensatz wird mit spezi-
Abb. 5.25 Funktionszeichnung e ines Computertomografen. Wich tige Bestandteile eines CT·Geräts sind eine (in Pfeilrichtung) schnell rotie rende Röntgenröhre und das gegenüberliegend gegenläufig rotierende De· tektorsystem. Der Patient liegt auf einem verschiebbaren Tisch zwischen Röntgenröhre und Detektor, die beide um den Patienten rotieren . 123]
73
eilen Projektionsprogrammen wieder auf einzelne Querschnitts bilder (Pixel) zurückgerechnet Aus diesen Messungen von M il lionen verschiedenen Absorptionswerten werden dann jeweils kleine Volumenelemente des Körpers errechnet (Voxel). Diese werden zu e in em Schnittbild zusammengefügt ( > Abb. 5.27) und auf einem Monitor dargestellt. Statt der vier Dichtegruppen (Luft, Fett, Wasser, Knochen), die aus der konventionellen Rönt gennativdiagnostik bekannt stnd ( > Kap. 5.2. 1 ), lassen sich bei der CT über2.000 verschiedene Dichtewerte unterscheiden und in verschiedenen Graustufen abbilden. In der CT-Gantry steht der - rotierenden - Röntgenröhre etn Detektorensystem (der sog. Scanner) gegenüber, das die Schwä chung der Röntgenstrahlung misst. Der Scanner arbeitet mit einer Detektorenbank die mit elektronischen Detektoren (meist > 1 .000) ausgestattet ist. Es stehen Geräte mit unterschiedlich vielen (z.B. 1 6, 64, 1 28, 256 und zukünftig noch mehr) Detek torreihen zur Verfügung. Rotiert der Fächerstrahl der Röntgen röhre beispielsweise in einer Sekunde über 360 Grad, werden bei 1 6 Detektorreihen 1 6 Bildschichten erzeugt, rotiert die Röhre in 0,5 Sekunden, entstehen 32 Bildschichten. Technisch ist eine Rotation um 360 Grad in bis zu 0,25 Sekunden realisiert. Bei der Spiraltechnik sind folgende technische Parameter für die Einstellung und Definition des Scans relevant: Vor dem Scan kann eine primäre Ei nblen du ng des Röhren strahls beliebig zwischen I und 10 mm eingestellt we rd e n •
(Schichtkollimation).
Der Tischvorschub, mit dem der Patient während des Röh renumlaufs durch das Gerät geschoben wird, ist ebenfalls frei wählbar. Nach der Datenakquisition wird aus dem gewonnenen Volu men-Datensatz eine frei wählbare (zu berechnende) sekundä re oder auch "virtuelle" Schichtdicke definiert. Das Verhältnis aus primärer Einblendung und Tischvorschub pro Röhrenumdrehung wird auch als Pitch-Faktor bezeichnet. Beispiel: Eine Computertomografie des 1horax wird mit einer Schichtkollimation (primäre Einblendung) von 4 mm und einem •
Abb. 5.26 Computertomograf. CT·Gerät (Multidetektorreihen·CT mit
sehr hoher Auflösung), Untersuchungstisch (T) und Gantry (G). ln der Gant· ry kreisen die rotierende Röhre und der Detektorkranz. Der Patient wird während der U ntersuchung kontinuierlich in Längsrichtung durch die Öff· nung der Gantry geschoben . I 51
5 Röntgendiagnostik
74
B i l d ak q u isition Wie oben erwähnt, wird die durch d e n Patienten geschwächte Strahlung von den der Röntgenröhre gegenüberliegenden De tektoren registriert. Der Schwächungskoeffizient kann nach einer Gleichung b ere ch net werden:
I- I0 x e
�-'Eo
Die Röntgenstrahlungsintensität I0 der monoenergetischen Strahlung E wird beim Passieren einer Materialschicht der Di Richtung des Tischvorschubs a
cke d auf die Intensität I g eschwäc ht, sodass man für jede Strahlenrichtung zwischen Röhre und Detektor eine Gleichung erhält, aus der ein Schwächungskoeffizient errechnet werden kann. Über einen Analog-Digital-Konverter (der analoge Sig nale in digitale Zahlenwerte umsetzt) werden die erhaltenen
Messwerte in digitale Zahlenwerte umgewandelt. M E R K E
Abb. 5.27 Bildakquisition bei der CT. 123]
a) Skizze des Bildaufbaus bei der Spiralcomputertomografie. b) Beziehung zwischen Vaxein und Pixeln in der Schnittbilddiagnostik: Die Helligkeit des Pixels auf der rechten Seite entspricht dem Durchschnitt aller
Dichtewerte, die aus den ausgemessenen Schwächungsprofilen von den Geweben i nne rh a l b des Vaxeis links e rmitte lt wurden. Je höher die Sig n a l intensität, desto heller ist das Pixel. Je dicker die Schicht, desto wen ig e r homogen ist das Voxel, d.h. desto mehr (verschiedene) Gewebe haben Ein fluss a uf d ie endgültige Helligkeit des Pixels.
Tischvorschub von 4 mm gefahren. Der Pitch-Faktor beträgt dann 1. Bei einem Tischvorschub von 8 mm würde der Pitch 2 betragen. Die virtuelle Schichtdicke kann aus dem gesamten Datensatz, z.B. mit 4 mm, aber auch 5 mm, 6 mm etc., frei gewählt werden. M E R K E
in der Spiral-Cl unterscheidet man: Schichtkollimation (mm) = primäre E inblendung des Röntgenstrahls Tischvorschub pro Röhrenrotation (mm) ,.Virtuelle" Schichtdicke (mm) = Rekonstruktionsinterva ll Das Verhältnis von Tischvorschub pro Röhrenrotation zu Schichtko l li mation wird als Pitch-Faktor bezeichnet. o Der Pitch-Faktor sollte zwischen 1 , 5 und 2 liegen, da über 2 die Ortsauflösung in der Z-Achse (Längsachse) sinkt . Ein Pitch-Faktor unter 1 sollte nur in Ausnahmefällen gewählt werden, da dieser zu einer überlappenden Abtastu ng des Patienten und damit zu einer unnötig hohen Strahlenexposition führt. o
o
o
o
Für jedes Volumenelement (Voxel) wird ein Intensitätswert errechnet, der den in diesem Volumenelement wirksamen Schwächungskoeffizi enten 1.1 gegenüber der verwendeten Röntgenstrahlung chara kteris iert. in einer planen Ebene entsprechen den Voxeln die sogenannten Pixel, sodass das einzelne Cl-Bild einem Mosaik aus vielen Bildpunkten ent spricht, die eine längliche Quaderform aufweisen (vgl. > Abb. 5.27). Dem errechneten Schwächungskoeffizienten wird eine Cl-Zahl zugeord net, deren Einheit nach dem Elektrotechniker und Nobelpreisträger God frey Newbold Hounsfield .,Hounsfield-Einheit" (HE) genannt wird. Die Skala der Hounsfield-Einheiten wird folgendermaßen festgelegt: Der erste Fixpunkt der Skala ist der Dichtewe rt von Wa'S5er, dem "" ein Wert von 0 HE zugeordnet wird. Als zweiter Fixpunkt wird der Dichtewert von Luft gewählt u nd mit - 1 .000 HE festgesetzt. • Als dritte r Fixpunkt wird der Dich tewert von kompaktem Knochen gewählt und mit + 1 .000 HE festgesetzt. o
•
Alle a nderen anhand der Schwächungskoeffizienten ll errech neten Dichtewerte werden mit Hilfe folgender Formel in diese Skala eingeordnet: CT -Zahl
=
1 .000
X
(f/objekt - f/ww.eclfp.wassu
In der CT werden also statt der aus der konventionellen Rönt gennativdiagnostik bekannten vier D ichtegruppen (Luft, Fett, Wasser, Knochen) über 2.000 verschiedene Dichtewerte m1terschieden. Die meisten Gewebe (außer Knochen) des menschlichen Körpers haben Dichtewerte zwischen - 1 00 HE und + 100 HE ( > Tab. 5.2).
H o u nsfield - E � n heiten (HE) Der Intensitätswert eines Pixels wird auf dem CT-Bild durch G raustufen dargestellt. Das menschliche Auge ist jedoch ledig lich fähig, ca. 20 Grautöne zu unterscheiden. Würde man nun diese vom menschlichen Auge unterscheidbaren 20 Graustu fen auf der H ounsfield-Skala von - 1 .000 bis + 1 .000 verteilen,
·
5.1 Gerätekunde Tab. 5.2 Beispiele für einige HE-Werte. Es ist grundsätzlich ausreichend, sich die in der Tabelle gefetteten mittleren Werte einzuprägen, um e i n Gefühl für die Bandbreite der Cl-Messungen zu bekommen . Der Wert z.B. für geronnenes Blut ist natürlich vom Hämatokrit abhängig. Organ bzw. Substanz
Dichtewert in Hounsfield Einheiten (HE)
:��
Knochen: Korn akta �K= n= S� P. o� os= n= en�:� a�==== oc= h� gi= geronnenes Blut
fließendes Blut Mi� Leber
M uskulatur
300-1 .000
. l 0�0�-
�30�0���
80 ± 1 0 55
±
5
======
40-60
55-60;.-= .. ====�
graue Hirnsubstanz
weiße Hirnsubstanz Nebenniere
Exsudat (Eiweiß > 3 g/dl) Transsudat
1 0-20
7
5- 1 0
0
��[± 5
-400-1 7 5
75
M E R KE
ln der Computertomografie verwendet man nicht die Beschreibung der PR wie weiß, hell, dunkel oder schwarz, sondern spricht von Hy per-, lso- oder Hypodensität und gibt die gemessene Dichte i n Hounsfield-Einheiten ( H E ) an.
Nach intravenöser Kontrastmittelgabe verändern sich d � nannten HE-Werte und steigen je nach Durchblutung- de un tersuchten Organs an. So wird sich im Abdomen zunächst die Bauchaorta mit Kon tras tm ittel füllen; dabei hängt der Zeit punkt der Füllung vom Herzminutenvolumen und vom Gefaß widerstand ab. Danach füllen sich die viszeralen Arterien, die parenchymatösen Organe (z.B. Leber) und die Venen (vgl. >- Abb. 5.63). Schließlich wird das Kontrastmittel ins Nieren hohlsystem ausgeschieden. Die meisten CTs bieten den Kom fort 1 des Bolustrackings: Dabei wird mit einem Probe- KM- Bo lus die Kreislaufzeit bestimmt und die optimale Verzögerung zwischen Kontrastmittelgabe und Start der CI-Untersuchung errechnet und automatisch vorgegeben. je schneller ein CT-Gerät ist, desto besser können die einzelnen Gefaßphasen voneinander getrennt werden (relativ "langsames" Gerät >- Abb. 5.30; schnelles Gerät >- Abb. 5.63). Hämangiome der Leber sind deshalb auch mit langsamen Geräten diagnosti zierbar, nicht aber ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) mit frü her arterieller Antlutung und portalvenösem "Washout".
�..:.:::.;.... ------� - 1 .000
Methodenbeisp iele so entspräche eine Graustufe eiqem Intervall von 200 Houns field-Einheiten und die meisten Organe des menschlichen Kör pers würden lediglich in 1 - 2 Graustufen dargestellt. Eine Diffe renzierung von Organstrukturen oder pathologischen Befun den wäre dann praktisch unmöglich. Aus diesem Grunde wur de die Möglichkeit der Fenstereinstellung geschaffen. M E R K E
Der Untersucher muss zur Bildbetrachtung einen Intensitätsbereich (Fensterbreite) festlegen, der in den 20 unterscheidbaren G raustu· fen dargestellt werden soll.
Alle Strukturen mit Dichtewerten oberhalb der gewählten Fens terbreite werden dann nur noch in einer hellen Graustufe darge stellt, alle Strukturen mit Dichtewerten unterhalb werden nur in einer dunklen Graustufe dargestellt. Wählt der Untersucher ein schmaleres Fenster, so erscheint das resultierende Bild kont rastreicher. Von Nachteil ist jedoch, dass Veränderungen mit Dichtewerten außerhalb der Fenstereinstellung übersehen wer den können. Bei breiteren Fenstern werden aneinander angren zende Strukturen mit ähnlichen Dichtewerten eventuell nicht mehr voneinander unterscheidbar (Dichtewerte >- Tab. 5.2).
Wichtige Anwendungsgebiete der CT liegen in der Onkologie und Traumatologie. Das CT registriert geringe Dichteunter schiede, die mittels projektionsradiografischer Bildgebung un sichtbar bleiben. So sind genaue Dichtemessungen möglich, die Rückschlüsse auf den zugrunde liegenden Krankheitsprozess gestatten. Da alle während der Untersuchung erhobenen Daten digital gespeichert werden, stehen sie sofort im PACS zum kli nikweiten Versand und später für Dichte- und Distanzmessun gen sowie für multiplanare Rekonstruktionen (d.h. Rekonstruk tionen in anderen Ebenen, z.B. sagittal) zur Verfügung. M E R K E •
•
Der ursprünglich bestehende große Nachteil der CT der alleinigen Darstellung in der Transversalebene (im Gegensatz zur M RT), be steht bei der heute al lgemein gebräuchlichen schnellen Multide tektor-Cl nicht mehr, da nun relevante Befunde in allen Ebenen des Raums schnell rekonstruiert werden können. Der wichtigste bleibende Nachteil der CT ist: Die U ntersuchung ist mit einer erheblichen Strahlendosis verknüpft, die nur über eine zwin gende Indikation gerechtfertigt werden darf. Die CT trägt den größten Anteil der zivilisatorischen Gesamtstrahlendosis der Bevölkerung .
1 Komfort im Sinne des Strahlenschutzes und der diagnostischen Qualität
•
76
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5 . 28 Computertomografie des Schädels. KM-freie Nativaufnahme, Normalbefund. [5] a) Falx (F), Kalotte (C), Sinus sagittalis superior (555).
b) Stammganglien. Striatum: Nucleus caudatus ( 1 ) und Linsenkern (Putamen und Pallidum) (3); Thalamus (2); rechter Seitenventrikel (SV). Längere gerade Linie: vorderer Schenkel, k ürzere Linie: hinterer Schenkel der Capsula interna; gestrichelte Lin ie: Capsula externa; zwei frei gezeichnete Linien: Abschnitte des Rindenbands.
Beispiele für > Abb. 5.28, > Abb. 5.32.
CT- Befunde >
Abb. 5.29,
verschiedener Organe zeigen Abb. 5.30, > Abb. 5.31 u n d
>
Stra h l e n d os i s D i e C T i s t in d e r d i ag n os t i s ch en R a d i o lo gi e trotz d e r viel grö
ßeren Zahl an projektionsradiografischen A u fn ahmen für den H auptteil der S t rahlend osis verantwortlich ! Der Einsatz der CT folgt daher denselben strengen Kriterien wie die Applikation eines Medikaments. Dies ist einer der Gründe für die vorwie gen de V e rwen d u ng in der On k ol ogie u n d Traumatologie, b ei der eine größtmögliche Genauigkeit bei höchster Aufnahmege schwindigkeit gefragt ist. An einem Organ in der Körpermitte werden im Schnitt 2 mGy, höchstens ei n mal 5 mGy, also 0,002 Gy pro Rö n tge n aufnahme, appliziert. D ie moderne CT liegt bei einer effektiven Ganzkörperdosis von (je nach Untersuch u n gsp roto koll ) 1 - 1 2 mSv und damit beim 0,5- bis 5-Fachen der jährlichen na türlichen S t rahl enex p os i t ion. M it der Entwicklung von M u l t i detektorreihengeräten ergaben sich neue Aspekte in B ezu g auf die applizierte Strahlendosis. Dabei kom mt zunehmend der
Begritf CTDI (Computertomografie-Dosisindex) zur Anwen dung. Als CTDI wird d as I nt egra l aus dem Dosisprofil einer Einzelschicht an gegeben , aus dem unter Verwendung der Or gan koeffiz i enten eine Organ- bzw. Körperdosi s errechnet wer den kann. Werden Mehrschichtdetektorgeräte (mit heute gleichzeitig 3 2-256 Schichten pro Rö hren d reh u ng ) verwendet, besteht die Möglichkeit, bei jeder Untersuchung einen Kom p ro m iss aus möglichst geringer Dosis und möglichst h ohe r Auflös u ng zu fin d en - e i ne wich t ige ä rztl i ch e Aufgabe für den Radiologen. Die Höhe der applizierten Dosis ist weiterhin ab hängig vom verwen d et en mAs-Produkt. Dies muss insbeson dere beim Kind deutlich (aber natürlich ohne relevante Ein schränkung der B i ld q u a l i t ät ) reduziert werden. Senkt man bei der TI1orax-CT des Kin de s das mAs-Produkt z.B. von 1 1 0 auf 55 m As, sinkt die applizierte Dosis von 1 5,7 auf 7,5 mSv. Eine weitere Reduktion der Strahlendosis bieten heutige CT-Geräte - in A na logie zur Proj ektionsradiografie - durch s tä nd ige Mes sung u nd ent s p rech e nde Anpassung der Strahlendosis wäh rend des S ca n vorgangs ( ab hä n gig vom Kö rpe ru m fa ng an der jeweil igen du rchstrahlten Position). Dies stellt die Grundlage fü r ein i n d ivi d u e ll op t i m i e r te s mAs- Produkt in Bezug zum Körpervol umen dar.
5 . 1 Gerätekunde
77
Abb. 5.29 Computertomografie des Thorax. Kontrastverstärkter Normalbefund: Darstell ung des Einlaufs des intravenös gegebenen Kontrastmittels in die Gefäße. Unterschiedliche Fenstereinstel Iungen. Normalbefunde des Mediastinums, der Hili und der Lungenspitze. [SI a) Kontrastmittel im Herzen und in der deszendierenden Aorta (>') b) Kontrastmittel im Aortenbogen (>'). c) Kontrastmittel in der Vena cava (>') mit Artefakten wegen der hohen D ichte (Kontrastmittel ist hier noch unverdünnt). Während Kontrastmittel noch in der Vena cava einfließt, ist es in der aszendierenden und der deszendierenden Aorta ( 1 u nd 2), aber auch bereits in den Pulmonalarterien (•) zu sehen. d) Höhe Lungenspitze: Die Fenstereinstellung ist h ier so gewälllt, dass die Parenchymstrukturen am besten zu sehen sind (Lungenfenster). Beachten Sie, dass dagegen bei a) bis c) die sog. Weichteilfenster eingestellt sind. T Trachea. e) Gleichmäßige Verteilung der Lungengefäße. f) D as große gefäßfreie Areal (+--+) stellt die hier zufällig angeschnittene F issur dar (keine Emphysemblase).
78
5 Röntgendi a g nost i k
Abb. 5 . 3 0 Computertomografie der Leber. Kontrastverstärkter Nor mal befund. 1 5 )
a) Nativdarstellung: Schnittführung kurz unterhalb der Einmündung der Le bervenen. die als hypodense lineare Strukturen (kurze -l sichtbar werden. Milz (langer -). Magen (......._. ) , Vena cava inferior (•). b) Nach Kontrastmittelgabe, etwa gleiche Schnittführung kurz unterhalb der Leberveneneinmündung: Die Lebervenen (-) sind jetzt mit Kontrastmittel gefüllt, ebenso auch die V. cava (•) u nd die Aorta (• •). c) Derselbe Aufnahmezeitpunkt wie b) in Höhe der Pfortader: Aorta (• •). V. cava (•) und Pfortader (t) sind mit Kontrastmittel gefül lt.
Abb. 5 . 3 1 Computertomografie des Pankreas, Normalbefund. Be achten Sie, dass unterschiedliche Organanteile in verschiedenen Schnittebe nen getroffen sind. Zur Orientierung hilh der Verlauf der Milzgefäße dabei, das Organ (Kontur durch Pfeilköpfe � markiert) zu finden, das hier im um gebenden Fett sehr gut identifizierbar ist. ISI a) Darstel lung des Pankreaskopf-Korpus- Ü bergangs (>') mit Vena cava infe rior (Vc), Vena portae (3), Nebennieren (-). Truncus coeliacus ( 1 ) und A. lienalis (a) b) Darstellung des Pankreaskorpus-Schwanz- Ü bergangs (>') mit Vena cava inferior (Vc), Vena mesenterica (2), V. lienalis (v) Der - stark gewundene - Pankreasgang ist nur an einer Stelle angeschn itten (-). c) Darstellung des Pankreasschwanzes (.....) mit Vena cava inferior (Vc), Ve na mesenterica (2) und dem linken oberen Nierenpol (4).
5 . 1 Gerätekunde
79
5.1 .4 M a g n etreso n a n ztomog rafie (M RT) B. R a de l eff, P S te g e n und G. Kauftmann Die MRT wird als Verfahren der d iagn ostischen Radiol ogie seit Anfang der 1 980er Jahre eingese tzt . Im Unterschied zur CT kommen kein e Röntgenstrahlen, sondern ein starkes M agnet feld und Hochfrequenzimpulse (Radiowellen) zur Anwendung ( >- Abb. 5.33). Dies erklärt warum die MRT - obwohl beson ders teuer und noch nicht überall verfügbar - in den letz t e n Jahren besonders für onkologische Fragestellungen so stark an Bedeutung gewonnen hat.
H istorische E ntwickl u ng Die Magnetresonanzspektroskopie (MRS) wird seit rund 50 Jahren von C h em iker n u n d P h ysikern be i d e r Analy se von che mischen Strukturen, Konfigurationen und Reaktionsprozessen eingesetzt. Die Einsatzmöglichkeit für die diagnostische Bild gebung in der Medizin blieb lange Zeit unerkan n t. Erst 1 973 wurden die ersten M RT-Bilder von C. Lauterbur er ze ugt . Das Verfahren etablierte sich 1 976 nach den ersten Berichten über bildgebende Aufnahmen am lebenden Menschen durch Sir Pe ter Mansfield (beide Träger der Nobelpreise für Ph y s iol o gie bzw. Medizin 2003).
Abb. 5.32 CT-gesteuerte Biopsie am Beispie l leber. [ 5] a) Patient mit bekannten Lebermetastasen (•). Bei der Primärtumorsuche fällt auf de n CT-Aufnahmen eine g roße Ra u mford er ung im Pan krea skörpe r und -schwanz (Pfeile) auf, sodass die Verdachtsdiagnose eines Pankreaskarzinoms gestellt wird. Normaler Pankreaskopf (P) und proximaler Pankreaskörper. b) Die CT-gesteuerte Punktion erfolgt ausnahmsweise zur histologischen Ab klärung des Pankreastumors. Die Lage der Pun ktionsnadel (+-) im Tumor ist sichtba r und damit validierbar. Von der Na de l gehen Artefakte aus, die die Bildqualität nicht aber d ie Z i elgena u ig ke it bee i nt rächt i ge n . Punktiert wird üb licherwe ise nicht zentral (oft Nekrosen), sondern im biologisch aktiveren Rand. Z U S A M M E N F A S S U N G Bei der Spirai-CT w i rd der Tisch während d e r Un te r s u ch ung kon tinuierlich in der Körperlängsachse weitergeschoben, wä hrend die Röhre um den Patienten rotiert. Rö ntg e n rö h re und Stra hlendetektoren sind dabei in d e r soge n a n n ten .. Gantry" angebracht. Aus Messungen von M illionen verschiedener Absorptionswerte werden Voxel e rrec h n et. Diese werden zu einem S chn itt b i l d z u sa m me n gefü g t . Das Verhältnis aus primärer Ei nblendung und T i schvo rsch u b pro Röhrenumdrehung wird als Pitch-Faktor bezeichnet. Dem errechneten Schwächungskoeffizienten wird eine CT Zahl (H ounsfield -Einheit, HE) zugeordnet. HE werden in einer Ska la verwendet. - 1 . Fixpunkt der Skala: Dichtewert von Wasser (0 H E) - 2. Fixpunkt: Dichtewert von Luft ( - 1 .000 H E) - 3. Fixpu n k t : Dichtewert von kom pa ktem Knochen (+1 .000 H E) Die Strahlendosis durch die CT ist erheblich. Die Ga n zkö r perd o sis liegt (je nach U ntersuchungsprotokoll ) ungefähr bei 1 -1 2 mSv und ent sp r icht damit dem 0, 5- bis 5-Fachen der jä h r l i ch e n n at ü r l i che n St ra h l enexpos i tion . •
•
•
•
•
•
in vielen Organgebieten kann heute die ohne ionisierende Strahlung auskommende MRT die CT ersetze n . Zwar übertrifft die CT die M RT nac h wie vor hinsichtlich ihrer geometrischen Auflösung, sie ist ihr aber bei der Gewebedifferenzierung (z.B. Leberzyste, Hämangiom, HCC) unterlegen. Durch Verkürzung der Bildaufnahmezeiten in der M RT können heute Bilder oder Bildfolgen im Sekunden- (Gradienten-Echo-Technik) oder im Subsekundenbereich ( Single-Shot-Techniken, z.B. Echo Planar Imaging) an ge fertigt werden. Dadurch sind Aufnahmen vom Thorax und vom Abdomen in ei n e r A temanhaltephase, d.h. ohne respiratorische Bewegungsartefakte, und sogar A u fnah men von sich kontinuierlich bewegenden O rg anen wie dem Herzen möglich geworden. Diese Ver besse run g der zeitlichen Auflösung ist die Grundlage da fü r, dass sich inzwischen auch Funktionen, z.B. Bewegungsabläufe des Herzens, Gelenkbewe gungen, A ktivier u ng der Hirnrinde und P erfusio n von O rga nen im MRT darstellen lassen.
Phys i k a l ische G r u n d ph änomene Um die der MRT zugrunde liegende Physik zu verstehen, sei e ine "Denkbrücke" vo ra n ges t el l t : Stellen Sie sich das Haupt m ag net feld in der MRT als großen Raum in einer Diskothek vor, der die Menschen zum Tanzen anregt. Stellen Sie sich n un den H ochfreq uenzim p uls - also das Radi os ign al - als den alles durchdringenden Rhyt hm u s der Musik vor und Sie fa n ge n an zu tanzen, so wie s i c h die Protonen drehen werden. W ird n u n die Musik p löt zlic h abgedre h t , werden sich die Tänzer u nter A ussendung ei nes unterschiedlich lau tstarken Protests unter-
80
5 Röntgendiagnostik
Stickstofftank Heliumtan k m it su praleitender Wicklung G radientenrohr r-Hochfrequenzspule
Isolation
Abb. 5.33 Schematische Darstellung eines Magnetresonanztomografen (Längsschnitt).
Das Hauptmagnetfeld wird im Heliumtank mittels
eines widerstandsfreien Stromflusses durch ei n e
supraleitende Wicklung erzeugt. Zur Ortskodie rung verfügt das MRT über Gradientenspulen (in d rei Raumebenen), für die .. Feinaussteuerung" (Homogenisierung des Magnetfelds) über Shim5pulen. Die Körper-Hochfrequenzspule (H F-Spule) ist sowohl als Sende- als auch als Empfangsspule zu verwenden. Patient auf Liege. Diese wird - wie beim CT - durch eine röhrenförmige Ö ffn ung ge schoben. [22)
schiedlich lange weiter drehen. Diese Weiterdrehung bzw. die sen Protest messen wir und verwenden ihn zum Bildaufbau. Wir beziehen uns im Folgenden nicht auf Personen, sondern auf Protonen und deren Dichte und Verteilung. Die physikalischen G rundlagen der M RT beruhen auf vier Phänomenen, deren Kenntnis Voraussetzung für das Ver ständnis der Methode ist. Die folgende Darstellung der zum Teil sehr komplexen physikalischen Phänomene ist sehr ver einfacht und darf lediglich als grobes Verständnismuster dienen. 1. Phänome n : Mag netisches D i polmoment d u rch S p i n der Atom kerne Alle Atome mit einer ungeraden N ukleonenzahl, insbesondere einer ungeraden Protonenzahl (z.B. 1 H, 1 30, 19F, 23Na, 3 1 P) bzw. Neutronenzahl sind prinzipiell für die Bildgebung mittels MRT geeignet, weil ihre Kerne einen von Null verschiedenen Ge
samtdrehimpuls (Gesamt-Spin) aufweisen, sich also "wie ein Kinderbrummkreisel u m die eigene Achse drehen". Dieser Drehimpuls führt zu einem magnetischen Dipolmoment, denn die bewegte elektrische Ladung des Atomkerns erzeugt einen Strom, der wiederum (in Analogie zur Spule) ein Mag netfeld verursacht. D ie Atomkerne wirken also wie ein kleiner Stabmagnet ( > Abb. 5.34). Zwei Kriterien sind für die Eig nung der Atomkerne von bestimmten Elementen für die M R T
Bildgebung ausschlaggebend: • •
die Häufigkeit ihres Vorkommens im menschlichen Körper die relative Sensitivität in der M RT
Für die MRT-Bildgebung ist das Wasserstoffproton (W) von entscheidender Bedeutung, da Wasserstoff in gebundener Form (z.B. an Fettsäuren oder im Zellwasser) sowohl sehr häu fig im Körper vorkommt als auch die höchste Sensitivität in der
M RT besitzt. Aus diesem Grund wird im Folgenden im Zusam menhang mit der M RT von Wasserstoffprotonen oder - kor rekterweise - auch nur von Protonen gesprochen. Auch Fluor weist eine hohe Sensitivität au f, kommt aber nur in geringen Mengen im menschlichen Körper vor und ist somit für die Standard-MRT-ßildgebung weniger geeignet.
b
c
Abb. 5.34 Protonen sind positiv geladene Ionen. Ä hnl ich der Erde
.. rotieren " sie ständig um die eigene Achse (a&b). Die bewegte elektrische Ladung erzeugt dabei ein eigenes Magnetfeld, sodass die Protonen in man chen Aspekten mit einem kleinen Stabmagneten (c) vergleichbar sind. [23)
5 . 1 Gerätekunde
2 . Phä nomen : Präzession, Präzess i on sfreq uenz u nd La rmor -G l e ic h u n g
81
im Körper vorkommt. Normalerweise haben die unzähligen
Ganzes daher nicht magnetisch. Ein von außen einwirkendes Magnetfeld großer Stärke (z.B. in der MRT-Röhre) richtet die Protonen entlang einer Achse aus ( > Abb. 5.35). Auf Grund quantenphysikalischer Gesetzmäßigkeilen können sich die Protonen aber nur i n zwei verschiedenen Zuständen in Relati
(ungefahr 1 027) kleinen "Magnete" im menschlichen Körper keine geordnete Richtung (Chaos-Prinzip). Der Körper ist als
on zu der Hauptmagnetfeldachse ausrichten: dem parallelen und dem antiparallelen Zustand. Die Kerne liegen im Magnet
Das Wasserstoffproton ( H+) ist ein positives Ion, das ubiquitär
feld anschließend in zwei verschiedenen Energiezuständen vor. Der energiereichere antiparallele Zustand wird um ein winziges
Maß seltener (im Verhältnis l .OOO.OOO zu l.000.007) als der
energieärmere parallele Zustand eingenommen. > Abb. 5.36
QQQ
und > Abb. 5.37 veranschaulichen diese Vorgänge. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Achse, um die sich die Protonen "drehen" (Spin-Achse), nicht der Achse des Hauptmag netfelds entsprechen kann, sondern sich immer in einem be stimmten Winkel zu dieser befindet. Zusätzlich zu ihrer Drehung um die eigene Achse (die Spin-Achse) weisen die Protonen eine Rotation um die Achse des Hauptmagnetfelds - eine Präzessi onsbewegung - auf. Diese Bewegung gleicht der eines Kinder
a
brummkreisels, der, während er sich um die eigene Achse dreht, einen seitlichen Impuls erhalten hat, sodass seine Spin-Achse
b
Abb. 5 . 3 5 Die will kürliche Ausrichtung (a) der Protonen ändert sich im starken externen Magnetfeld (b): sie richten sich parallel oder antiparallel z u m Magnetfeld aus. [23]
nicht mehr mit einer Senkrechten zum Erdmittelpunkt überein stimmt, sondern um diese Senkrechte kreist ( > Abb. 5.38). Die Frequenz, mit der sich die Protonen um die Achse des Hauptma-
Abb. 5.36 Zwischen den zwei verschiedenen
Möglichkeiten sich auszurichten, bevorzugen Pro tonen den Zustand, der weniger Energie verlangt, also auf einem niedrigeren Energieniveau liegt. [23] z
z
Abb. 5.37 Die fünf " nach unten zeigenden " (an tiparallelen) Protonen heben die magnetischen Kräfte der gleichen Anzahl der " nach oben zeigen· den" (paral lelen) Protonen auf (a) . Durch diese gegenseitige Aufhebung wirken sich ihre Magnet kräfte nach außen hin nicht aus, sie sind also von außen nicht bemerkbar. Zur Bildgebung in der MRT tragen dann nur die Protonen bei, die kei n neutralisierendes Gege nstück aufweisen (b). [ 2 3 ]
b
a
X
I
82
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.38 E i n rotierender Kreisel fängt an zu taumeln, wenn er angesto ßen wird. Dieselbe Art von Bewegung, die als Präzession beze ich n et wird, führen Protonen in einem starken Magnetfeld aus. [23)
gnetfelds drehen ("Kreiselbahn"), heißt Präzessionsfrequenz. Sie wird auch Larmor-Frequenz genannt und verhält sich pro portional zur Stärke des Magnetfelds. Der Zusammenhang wird durch die Larmor-Gleichung beschrieben: w = y x B0 Präzessionsfrequenz ("Kreiselbahnfrequenz") B0 Stärke des äußeren Magnetfelds, gemessen in Tesla y sog. gyromagnetisches Verhältnis, welches einzelne Substanzen charakterisiert und für Protonen 42,5 MHz/T beträgt w
Zur Veranschaulichung: Eine Präzessionsfrequenz von 63,75 MHz entspricht einer Magnetfeldstärke von I ,5 Tesla, 1 Tesla entspricht etwa der 20.000-fachen Stärke des Erdmagnetfelds. 2 M E R K E
Das starke äußere Magnetfeld im M R-Tomografen bewirkt eine Aus richtung der Spin-Achsen entlang dem Hauptmagnetfeld (paral lel oder anti parallel) sowie ein Kreiseln der Protonen um die Hauptmag netfeldachse 80 mit einer Frequenz von 42, 5 MHz je Tesla Hauptma gnetfeldstärke (Präzessionsfrequenz). D i es ist die Voraussetzung für das Auftreten von weiteren, ma kroskopischen Phänomenen, ins besondere dem der Resonanz.
3 . Phänome n : Hochfrequenzim p u ls, Resonanz un d G esamtmagnetisierungsvektor
Von einer Antenne ausgesandte Impulse, sogenannte Hochfre quenz (HF)-lmpulse - lösen das Phänomen der Resonanz (Mit-
2
Versuchen Sie nie einen metall ischen Gegenstand (z.B. Stuhl) in die Nähe
des M RT zu b r i n ge n . Es wird allen schaden: der Stuhl würde unaufhalt sam in Richtung Gerät beschleunigt werden und alles auf sei nem Weg
dorthin ze rtr ümme rn .
schwingen) aus, wenn sie genau die gleiche Frequenz haben wie die Präzessionsfrequenz der Protonen (42,5 M Hz/Tesla). Bei der Einstrahlung eines Hochfrequenzimpulses in das Hauptmagnetfeld werden zwei Vorgänge ausgelöst: • Einige der parallel ausgerichteten Protonen werden vom energieärmeren parallelen Zustand in den energetisch hö heren antiparallelen Zustand überführt, d.h., sie ändern ih re Richtung in Bezug auf das Hauptmagnetfeld, was man auch als "Anregung" bezeichnen könnte. • Normalerweise kreisen die Protonen in ungeordneter Form um die Achse des Hauptmagnetfelds, d.h., sie befinden sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an unterschiedlichen Posi tionen auf ihrer "Kreiselbahn" ( > Abb. 5.39a). Der Hoch frequenzimpuls bewirkt nun zusätzlich zu der "Anregung" auch eine Synchronisierung der Protonen. Alle Protonen befinden sich anschließend in einer gemeinsamen Phase auf der Kreisbahn um die Hauptmagnetfeldachse ( > Abb. 5.39b).
Wichtig für das Verständnis des Folgenden ist, dass in der MRT nicht Position und Ausrichtung der einzelnen kleinen "Stabmagnete" gemessen werden, sondern immer nur die dar aus resultierende Gesamtmagnetisierung M, die in Form ei nes Vektorpfeils angegeben wird ( >- Abb. 5 .40). Vor der Ein strahlung eines Hochfrequenzimpulses entspricht die Ausrich tung des Gesamtmagnetisierungsvektors der der Protonen der Hauptmagnetisierungsachse. Nach Einstrahlung eines Hoch frequenzimpulses wird der Gesamtmagnetisierungsvektor aus gelenkt, um sich nach Ende des Hochfrequenzimpulses wieder in seinen Ausgangszustand zurückzubewegen. Durch Zurück fallen der antiparallelen Protonen in den energieärmeren par allelen Zustand ("Abregung" ) entsteht eine Antwort in Form eines Hochfrequenzsignals, das deutlich schwächer ist als das eingestrahlte Signal. Dieses "Antwortsignal" stellt die entschei dende I nformation für das zu erzeugende Bild dar. H ierbei wird aber zwischen zwei Aspekten dieser "Rückbildung der Anregung" unterschieden ( >- Abb. 5.39c-e): • der Wiederzunahme der Längsmagnetisierung entlang der Hauptmagnetfeldachse (T 1 -Relaxation; ein anderer Begriff dafür: Spin-Gitter-Relaxation) . • der Abnahme der Quermagnetisierung des ausgelenkten Gesamtvektors (IR-Relaxation oder auch Sp i n- S pin -Rela xation genannt). Wichtig ist, dass es sich um zwei voneinander unabhängige, aber gleichzeitig ablaufende Prozesse handelt, die getrennt betrachtet werden müssen (siehe folgenden Abschnitt "Rela xation"). M E RK E
Durch Resonanz angeregte Protonen senden ihrerseits registrierbare Schwingungen - Radiowellen - aus. Es findet ein E nergieaustausch statt ( >- Abb. 5.41 ). Diese registrierbaren Schwingungen, die zwar um ein Vielfaches schwächer sind, aber die gleiche Frequenz aufweisen wie die einge strahlten Hochfrequenzimpulse, sind die Signale, aus denen die MRT-Bilder be rech ne t werden.
. I
5 . 1 G erätekunde
7
83
Hochfrequenz-
z
z
z
z
z
X
X
b
a
Abb. 5.39
c
d
e
Wirkung eines Hochfrequenzimpulses. [23]
a) zeigt die Situation vor, b) die Situation unmittelbar nach dem Einstrahlen des Hochfrequenzimpulses. Durch d e n Hochfrequenzimpuls nimmt die Longitu dinalmagnetisierung (roter Pfeil in Ri chtung der Z-Achse) ab und wird bei einem 90°- l mpuls zu Null. b) Des Weiteren beg innen die Protonen i n Phase zu präzedieren, wodurch die neue transversale Magnetisierung (roter Pfeil in transversaler Ebene) erzeugt wird. c)-e) Nach Abschalten des Hochfrequenzimpulses n immt die Longitudinalmagnetisierung wieder zu und erholt sich, während die Transversalmagnetisierung abnimmt. Beide Vorgänge beruhen auf vol lkommen verschiedenen Mechanismen und laufen unabhängig voneinander - we nn auch zur selben Zeit - ab. z
A
A'
-------?�--� Y
X
Die Magnetkraft " des als Vektorpfeil dargestellten Protons A " (roter Pfeil) setzt sich aus zwei Komponenten zusammen. Der eine Anteil zeigt entlang der Z-Achse nach oben, der a ndere verläuft in Richtung der Y-Achse. Die Komponente entlang der Y-Achse wird durch das Proton A' aufgehoben, dessen Magnetkraft eine ebenfalls entlang der Y-Achse, je doch in genau entgegengesetzter Richtung verlaufende Komponente be sitzt. Dies gilt auch für andere Protonen, z.B. B und ß ' , deren Magnetvekto ren sich entlang der X-Achse jeweils gegenseitig aufheben. Im Gegensatz dazu weisen die Vektoren entlang der Z-Achse in dieselbe Richtung und addieren sich daher zu einem neuen, in Z-Richtung weisenden magneti schen Sum menvektor (roter Pfeil) auf. [ 23] Abb. 5.40
Abb. 5.41 Ein Energieaustausch kann erfolgen, wenn Protonen und Hoch frequenzimpuls dieselbe Frequenz haben. [ 23]
84
5 Röntgendiagnostik
4 . Phänome n : Relaxation u n d e m i ttiertes
Hochfreque nzsig n al
Abhängig von der Anzahl der Protonen im parallelen u n d anti parallelen Zustand weist der Gesamtmagnetisierungsvektor der Protonen einen unterschiedlichen W inkel zur Hauptmag netfeldachse auf. Nach dem Ende einer Anregung durch ein Hochfreq u enzsignal verlieren d i e angeregten Obj ekt e (die in den antiparallelen Zustand übergegangenen Protonen) ihre aufgenommene Energie wieder und das System fallt auf seinen alten Gleichgewichtszustand (leichtes Überwiegen der Proto nenzahl im energieärmeren parallelen Zustand) zurück (Längsrelaxation). Außerdem kommt es wieder zu einer De phasierung der Protonen in der transversalen Ebene (Querre laxation), sodass diese nicht mehr synchron an exakt gleicher Stelle auf der Kreiselbahn um das Hauptmagnetfeld herumlau fen, sondern sich auf die gesamte Kreiselbahn verteilen ( > Abb. 5.39c-e) . Die Protonen strahlen dabei die zuvor auf genommene Energie in Form eines magne t i s c hen Impulses ab, der registriert wird. Die beiden Relaxationsvorgänge werden durch die Zeit komponenten T1 und T2 beschrieben. Diese Zeiten sind von Gewebe zu Gewebe sehr unterschiedlich, be i s p iel s w eis e unter scheiden sich diesbezüglich Fett und Wasser oder weiße und graue H irnsubstanz. Durch die daraus resultierende unter schiedliche Signalintensität wird es möglich, im M R-Tomo gramm verschiedene Gewebes t rukturen zu unterscheiden (s. u. > Tab. 5.3). Die T 1-Zeit (longitudinale oder auch Längsrelaxationszeit genannt) ist die Zeitkonstante, die den W iederaufbau des Gesamtmagnetisierungsvektors M in Richtung des Haupt magnet felds B0 beschreibt ( > Abb. 5 .42). Die T 1 -Zeit ist dadurch definiert, dass 63% der Protonen wieder in ihre A u sgangsp osi tio n zu rüc kge keh rt sind. Diese Zeitkompo nente wird hauptsächlich davon bestimmt, wie schnell die Protonen die aufgenommene Energie an ihre Umgebung abgeben können, was wiederum davon abhängt, in welche Gewebestruktur - auch "Gitter" genannt - die Protonen eingebunden sind. Deshalb wird die T 1 - Zeit auch als Spin Gitter-Relaxation bezeichnet. • Die T2-Zeit (transversale oder auch Querrelaxationszeit genannt) ist die Zeitkonstante, die eine Abnahme des Ge samtmagnetisierungsvektors M in der t ra n s ve rsale n Rich tung (Quermagnetisierung) zum Hauptmagnetfeld B0 be schreibt ( > Abb. 5.43). Je mehr Protonen synchronisiert (d.h. in Phase) um die Hauptmagnetfeldachse kreiseln, des t o größer ist der Q ue rmag n et i si e ru ng sv e kt or. Er ist einer seits von der Inhomogenität des (externen) Haup t mag n et felds, and e re rs e it s aber auch von der Beeinflussung der ein zelnen Spins untereinander ( internes Magnetfeld) abhän gi g. Deshalb wird die TrZeit a u ch als Spi n-Spin-Relaxation bezeichnet: Je schneller bzw. freier die Spins sich bewegen kö n n e n , desto weniger stören sie sich gegen seitig und desto länger bleiben sie in Phase. Dies ist z.B. i n reinem W asser der Fall, sodass Wasser eine lange T2 -Zeit aufweist. •
M E R KE
T1 (longitudinale Relaxationszeit)
Zeitkonstante für den Wiederaufbau des Gesa mtma g n eti sieru ngs vektors (M) in Richtung des Hau ptm ag n etfe l d s (B0). Nach Ablauf von T1 sind 63% der Protonen wieder in ihre Aus ga n g s p osi t i o n z urü c kge k e hrt . Die Zeitkonstante T1 ist abhängig von der G ewe bestr uktur und wird da he r als Gitter- oder Spin-Gitter-Relaxation bezeichnet. •
•
T2 (transversale Relaxationszeit)
Zeitkonstante für die Abna h m e des Gesamtmagnetisierungsvektors in d er transversalen Richtung zum Hauptmagnetfeld. Je mehr Protonen in Phase um die Hauptmagnetfeldachse krei seln, desto größer ist der Quermagnetisieru ngsvektor. • Der Quermagnetisierungsvektor h äng t ab von der Inhomogenität des (externen) Haupt magnetfel ds und von der Beei nflu ss un g der einzelnen Spins untereinander (internes M a g n etfeld ); T2 wird da he r als Spin-Spin-Relaxation bezeichnet. •
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6
Me 0,98 Me
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0
T,
4xT1 Zeit (t)
Abb. 5.42 Zunahme der Gewebemagnetisierung in Richtung 80
(Ordinate; B0 steht für das statische Magnetfeld des M RT). 0,63 Me bedeu tet, dass das Gewebe zu 63% magnetisiert ist. T 1 longitudinale Relaxations zeit, Me vo ll ständ i ge Gewebemag ne t isi e ru ng. Die De m a g n eti si eru n g des Gewebes startet vom jeweils erreichten Level der Magnetisierung aus.
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4 x T2 Zeit (t)
Abb. 5.43 A b na hm e der Gewebemagnetisierung. M0 ist die Au s gangsmagnetisierung des Gewebes, zum Zeitpunkt T2 s i n d 6 3 % de s Gewe
bes demagnetisiert.
15 . 1 G erätekunde
Zusa m m e nste l l u n g a l ler Zeitko nsta nten u n d deren E i nfl uss a uf das B i l d Die wichtigsten Größen werden hier im Zusammenhang erläu tert. • TR (Repetitionszeit) ist die Zeit, die man dem Gewebe zum Relaxieren lässt. Sie entspricht der Zeit zwischen dem An fang eines Hochfrequenzpulses und dem Beginn des nächs ten Pulses. Wählt man TR in der Größenordnung der T 1 Zeiten der relevanten Gewebe, wird man einen T1-Kontrast in das Bild einführen. Wählt man TR dagegen sehr lang (mehrere Sekunden), so wird das Bild nur noch wenig durch T 1 -Kontraste bestimmt werden. Alle Spins - sowohl die "schnellen" als auch die "langsamen" - haben dann Zeit, sich "zu erholen". • TE (Echozeit) ist die Zeit, die man dem Gewebe zum Dephasieren lässt. Sie entspricht der Zeit zwischen dem eingestrahlten Hochfrequenzpuls und dem Ausleseinter valL Je länger die TE gewählt wird, umso geringer wird das Gesamtsignal sein, welches man noch registrieren kann. • T 1 ist die gewebetypische Zeitkonstante (siehe oben), die beschreibt, wie schnell ein Gewebe relaxiert. Sind die T1 des Gewebes A relativ zu TR kurz (z.B. Fett bei l Tesla und ei ner TR von 500 ms in einer Spin-Echo-Sequenz) und die T1 des Gewebes B relativ zu TR lang (z.B. Wasser unter densel ben Bedingungen), so wird das Gewebe A auf dem Bild hell erscheinen und B dunkel. Dies gilt, falls der T /TR-Effekt nicht durch den Tz/TE-Effekt aufgehoben oder umgekehrt wird. In vivo reichen die T 1 -Werte der Gewebe von ca. 300 ms für Fett bis ca. 3.000 ms für Liquor. Tz ist ebenfalls eine gewebetypische Zeitkonstante (siehe oben). Sie beschreibt, wie schnell die Spins dephasieren. Die Tz-Zeiten vieler Gewebe liegen um den Faktor 10 unter den T 1 -Zeiten. Der Effekt von Tz (relativ zu TE) auf das Signal ist dem von T 1 (relativ zu TR) entgegengesetzt: Sind die Tz des Gewebes A relativ zu TE kurz und die Tz des Gewebes B lang (z.B. Wasser), so wird A relativ zu B dunkel erschei nen. In vivo reichen die Tz-Werte von M ikrosekunden für Kortikalis bis ca. 300 ms für Liquor. Darüber hinaus haben noch zwei weitere wichtige Faktoren Einfluss auf die Signalintensität Die effektive Protonendichte (r) ist ein Maß für die maxi male Magnetisierung, die ein Gewebe in einem gegebenen statischen Magnetfeld nach einer bestimmten Zeit errei chen kann. Je größer die Dichte ist, desto größer sind auch die Magnetisierung und das Signal. • Geschwindigkeit: Bewegungen von Wasserstoffprotonen seien sie nun makrosko p isch (z.B. Blutfluss, Liquorbewe gung) oder m ikroskopisch (z.B. Diffusion von Gewebeflüs sigkeiten) - haben ebenfalls Einfluss auf die Signalintensi tät Bei hohen Gesch w i n d igkeiten (z.ß. arterieller ßluttluss) ist o ft kein Signal ableitbar - und zwar unabhängi g von T 1 , T 2 oder effektiver Protonendichte. •
•
85
-!- Demagnetisierung
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TE2 Zeit (t)
Abb. 5 .44 Interaktionen von T1, T2, TR und TE in drei häufig vor kommenden Geweben. Die Zeitskala hinter dem mit .. TR" bezeichneten
Punkt erscheint zum besseren Verständnis um das 1 0-Fache gestreckt I Die Grafik soll zwei Dinge verdeutlichen : den Einfluss von T 1 auf T2 (siehe Merk· regel 4 im Abschnitt .. Allgemeine Faustregeln " ) und die Tatsache, dass T2 zwar unterschiedlich lang sein kann, aber immer kürzer als das entsprechen· de T 1 des jeweiligen Gewebes ist: Das Gewebe versucht, den geringsten magnetischen Energiezustand zu erreichen.
Die dargestellten Interaktionen dieser Zeitkonstanten machen deutlich, dass die Signalintensität eine gemeinsame Funktion aller aufgeführten Größen ist ( > Abb. 5.44). Es gibt deshalb nur B ilder, auf denen die eine oder andere Komponente den überwiegenden Einfluss auf den Bildkontrast hat. Man spricht von T 1 -gewichteten (T 1 w), Protonendichte-gewichteten (PD) oder T2-gewichteten (Tzw) Bildern. Die dargestellten Zusammenhänge können leicht auf die Parameterwahl bei einer "klassischen" Spin-Echo-Sequenz übertragen werden ( > Tab. 5.3). Werden TR kurz, d.h. in der Größenordnung der T 1 -Zeiten, und TE ebenfalls kurz ge wählt, so wird der Einfluss der unterschiedlichen T1 auf den Bildkontrast hoch und der Einfluss der Tz niedrig sein. Es entsteht ein T 1 -gewichtetes Bild ( T 1 w) . Werden umgekehrt TR lang (mehrere Sekunden) und TE in der Größenordnung der Tz gewählt, ergibt sich ein Tz-gewichtetes Bild (Tzw). Die Wahl einer langen TR und einer kurzen TE drängt sowohl die Einflüsse von T 1 als auch die unterschiedlicher T 2 zurück und es entsteht ein von der Dichte der freien Protonen dominier tes sogenanntes Protonendichte- oder " mild Tz-gewichtetes" Bild (PD). Tab. 5.3 Klassische Spin- Echo-Sequenzen. Echo- und Repetitionszeiten für T1w-, T2w- und Protonen dichte (PD)-gewichtete Aufnahmen TE kurz
(ca. 8-1 0 ms) TR kurz (ca. 500 TR lang * in
ms)
(> 2 .000 ms)
T 1w+
Mischgewichtung*
PD
T2w+
der klinischen Anwendung von untergeordneter Bedeutung
86
5 Röntgend iagnostik
M E R K E
Es g ibt keine reine T1- oder TrBildgebung, man sp richt daher von T1- oder T2-gewichteten Bildern (T1 w und T2w). Wird der Bildkontrast überwiegend du rch T, bestimmt, spricht man von T 1 -gewichteten Bildern (T1w). Auf ihnen erscheint Gewebe mit kurzer T 1 (z.B. Fett) hel l: Man spricht von Jettge wichteten " Bildern. Wird der Bildkontrast durc h T2 bestimmt, spricht man von T2-ge wichteten Bildern (T2w). Auf ihnen erscheint Gewebe mit lan ger T2 (Wasser, Urin, Liquor etc.) hell: Man spricht von wasserge " wichteten " Bildern.
•
•
Allgemeine Faustregeln 1.
Regel: Gewebezusammensetzung
Zwei Gewebe, die in verschiedenen Puls-Echo-Sequenzen ein sehr ähnliches Signalverhalten haben, weisen mit hoher Wahr scheinlichkeit eine ähnliche Zusammensetzung auf. Wenn zum Beispiel eine Zyste ein ähnliches Signalverhalten zeigt wie Liquor, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Zys teninhalt vorwiegend aus Wasser mit wenigen Inhaltsstoffen besteht. 2.
Regel: Signal aus "Gewebemischungen"
Strukturen mit komplexen Gewebezusammensetzungen haben T1 - und Tz-Werte, die zwischen denen ihrer Komponenten liegen. Da sich die Relaxationszeiten aber reziprok addieren ( llt111;, f,/ta + fb/tb, wobei t für T 1 oder T2 und f für die Molfraktion jeder Komponente steht), hat die Komponente mit der kürzesten T 1- oder TrZeit den größten Einfluss auf die magnetischen Eigenschaften des Gemischs, selbst wenn der proportionale Anteil dieser Komponente nur gering ist. Beispiel: Befindet sich ein flüssigkeitsreiches Ödem in einem Muskel, der einen Tumor umgibt, ähnelt das Signalverhalten des Muskels dem von Wasser (T 1 und Tz sind verlängert). =
3. Regel: Wassersignal
Wasser ( und damit Urin/Liquor/Gallenblase/Zysten) hat den höchsten T 1 - und TrWert im menschlichen Körper. Wählt man TR und TE bei der MRT des Gehirns lang, können Plaques bei multipler Sklerose heller als Liquor wirken. Der Grund hierfür ist nicht etwa, dass diese Plaques eine längere Tz als Li quor haben, sondern dass diese Plaques zwar eine ähnliche Tz, aber eine kürzere T 1 haben. 4.
Regel: "Komplexe Bildeinflussfaktoren"
T 1 - und T2-Werte haben Einfluss auf alle Bilder, egal ob diese T1- oder T2-"gewichtet" sind. T1 wird immer auch sichtbare Ef fekte aufTrgewichtete Bilder und auf Protonendichte-gewich tete Bilder haben. Konkret heißt dies, dass Sie sich bei der Betrachtung von MRT-Bildern zunächst vergewissern, ob Sie eine T 1 w oder T2w Aufnahme beurteilen ( > Tab. 5.4). Daraus lässt sich - eben falls nach > Tab. 5.4 - ableiten, welchen Gewebetyp sie gera de betrachten.
Tab. 5.4 Unterschiedliche Gewebe bzw. Substrate weisen in den einze lnen Sequenzen (T1w bzw. T2w) eine unter schiedliche Signalintensität auf (vereinfacht hyperintens = hel l, hypointens = dunkel), je nachdem wie viele Protonen das Gewebe bzw. Substrat enthält.
Gewebeart/Substrat Wässrige F l ü ss i gkei t ( U r in , L i qu o r etc .)
hypointens --
Fett
hyperintens
Tumor (i .d.R. - beachte Ausnahmen)
hypointerrs
E n t zü n d un g
hypointen s hypoi nten s hypointens
Muskel Narbe Hämatom: akut (Stunden) Hämatom*: subakut (Tage) Hämatom*: subakut (Wochen) Hämatom*: chronisch (Monate) H ämatom* : chronisch (Jahre) Kortikalis, Bänder, Sehnen, Knorpel, Dura
gering hyperintens isointens bis hyperintens hyperintens
hyperintens
hyperintens
hyperi nte ns
hypointens alt: hypointens frisch: hype rinte ns deutlich hyperi ntens deutlich hypointens hyperi ntens
hyperintens (Randsaum gering hypointens) isointens bis hypointens hypoi ntens
hype ri nt ens (Randsaum geri ng hypointens) hypointens
hypointens hypointens (Artefakt)
hypointens hypointens (Artefakt) i.d.R. kein Effekt
hyperintens
hypointens
*
Hier ist das klassische Signalverhalten im ZNS wiedergegeben, das be dingt auf den übrigen Körper übertragbar ist. * * Gadolinium-DTPA
B i ldcha rakterist ika nach G ewebea rten u nd Su bstraten In > Tab. 5.4 sind einige wichtige Substrate und Arten von Geweben in Abhängigkeit von der Wichtung (T1w und T2w) zusammengestellt, deren Kenntnis für die Betrachtung und Be
wertung von MRT-Bildern Voraussetzung sind.
Blutungen im ZNS Das Aussehen von Blut im ZNS hängt vom Alter der Blutung ab ( > Tab. 5.4). Im F olgen den sind diese Zusammenhänge erör tert: Hyperakute Blutungen ( < I Tag) : Innerhalb der ersten 24 Stunden hat Blut normalerweise aufT1 -gewichteten Bildern ein gering hyperintenses und auf Tz-gewichteten Bildern ein deutl ich hyperintenses Signalverhalten im Ver gleich zum Hirnparenchym. •
5 . 1 Gerätekunde
Akute Blutungen ( 1 -4 Tage) erscheinen auf Tz-gewichte
•
•
ten Bildern im Vergleich zur normalen Hirnsubstanz hypo intens, unter anderem als Folge einer Verkürzung der T2 des enthaltenen Wassers durch Entwicklung von paramag netischem Desoxy- und Methämoglobin in noch intakten Erythrozyten. Fibrinablagerungen spielen durch weitere Konzentration der vorhandenen paramagnetischen Subs tanzen ebenfalls eine Rolle bei der r2-Verkürzung. Das dunkle Signal erscheint meist zuerst im Zentrum der Hä matome. Auf Grund dieser Signalentwicklung im akuten Stadium, in dem es zu einem "blinden Fleck" der Blutungs detektion kommen kann, sollten Patienten bei "Verdacht auf akute Blutung" mittels er und nicht mittels MRr abge klärt werden, da die er akute Blutungen sensitiver nach weist ( >- Tab. 5.2). Subakute Blutungen (> 7 Tage): Zu diesem Zeitpunkt er scheint Blut wegen deutlicher Verkürzung von T1 durch Methämoglobin bei geringem Effekt auf die lange r2 von freiem Wasser in allen Sequenzen hell. Das helle Signal tritt zunächst am Rand von Hämatomen auf und breitet sich von dort nach zentral aus.
M E R K E
Man spricht von verschiedenen Signalintensitäten: Weiß, also signalreich, entspricht einer hohen Signalintensität (Hyperintensität). schwarz, also signalarm, einer geringen Signali ntensität (Hypo intensität).
•
•
MRT des Gehirns
' Tab. 5.5 soll die Interpretation von MRT-Bilder� des Kopfs erleichtern. >-
Tab. 5.5 Unterstützung bei der Interpretation von M RT-Bil dern des Gehirns. " "Lange" T2" " Kurze T2" (hell) (dunkel) hämorrhagische Fett einige akute Hämatome Veränderungen einige Melanome Muskel Luft
" Lange" r,·· (dunkel)
dichte Verkalkungen
fibröse Gewebe bewegte Flüssigkeiten
*
Neoplasmen Ödeme Ischämien Demyelinisierung Infektion
S i g na l relativ zur grauen Substanz des Gehirns auf ,.T2-gewichteten "
Bildern (TE/TR 80/2.000) * * Signal relativ zur grauen Substanz des Gehirns auf ,.T1-gewichteten " Bildern (TE/TR 40/400) =
=
87
Tech n i sc h e G eräteg ru n d l agen Ha rdwa re Das MRT-Gerät ( >- Abb. 5.45) setzt sich aus folgenden Kom ponenten zusammen: • Magnet • Gradienten- und Shim-Spulen • Hochfrequenz (HF)-Sende- und Empfangsspulen • sehr leistungsfähiger Rechner zur Datenverarbeitung und Bildberechnung Magnet
Wichtigster Teil eines MRT-Geräts ist der M agnet. Entschei dend für die Bildgebung ist die hohe Homogenität des Magnet felds. Der supraleitende Magnet stellt heute den gängigen Ge rätetyp in der radiologischen Diagnostik dar. Hierbei handelt es sich in der Regel um sogenannte Hochfeldgeräte; meist ge bräuchlich sind heutzutage 1 ,5-3 Tesla (am häufigsten 1 ,5 Tes la). Vereinfacht kann man sagen, dass mit zunehmender Feld stärke die Bildgebung schneller und die Auflösung der Bilder besser wird. Modernste Hochleistungs-MR-Ternografen mit 3 Tesla Feldstärke bieten besonders bei der MR-Angiografie Vorteile. Die supraleitenden Spulen werden mit H ilfe von flüssigem Helium bis nahe an den absoluten Nullpunkt (= 4 K, das ent spricht -269 oe) abgekühlt; der Heliumbehälter wiederum wird mit flüssigem Stickstoff vorgekühlt Grundprinzip ist hierbei, dass Strom bei -269 oe ohne Widerstand fließen kann und der Magnet nur ein einziges Mal (bei der Geräte installation) mit Strom aufgeladen wird. Das Magnetfeld bleibt dann so lange erhalten, wie der Magnet durch das Heli um auf seiner Betriebstemperatur von -269 oc Grad gehalten wird. Es kann nur durch Ablassen des Heliums3 künstlich ab geschaltet werden.
Sp ulen
Im Inneren des MRT liegen die sogenannten Gradientenspu len ( > Abb. 5.45b&c). Diese dienen dazu, das durch den Sup
raleiter erzeugte Hauptmagnetfeld mit weiteren Magnetfeldern in den drei Raumebenen zu überlagern. Die Gradientenspulen sind so konstruiert, dass Magnetfeldgradienten in drei zuein ander senkrechten Achsen (X-, Y- und Z-Achse, wobei Letztere vereinbarungsgemäß die Achse parallel zum Hauptfeld be zeichnet) erzeugt werden können ( >- Abb. 5 .46) . Als Gradien ten werden lineare (d.h. in eine Richtung zunehmende), über eine bestimmte Untersuchungsregion geschaltete (und in einer bestimmten Richtung ausgerichtete) Magnetfelder bezeichnet ( > Abb. 5.47). Ziel ist es, innerhalb eines zu untersuchenden
3
Kommt es durch eine Störung des Supraleiters zu ei ner Widerstandser höhung, wird das Helium schlagartig erwärmt und verdampft. Der Vor· gang des unerwünschten und dann sehr teuren Heliumablassens wird als Quenchen bezeichnet.
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-j
5 Röntgendiagnostik
I
Abb. 5.45 Magnetres onanztomo grafie: Hardwarek omponente n. [5] a) Gerät (Feldstärke 1 , 5 Tesla). Gantry ( 1 ), Untersuchungstisch (2), Druckspritze für i.v. Kontrastmittelinjektion (3). b) Ganzkö rperspule (Total lmaging M atrix, TIM). c) E ine der herkömmlichen Spulen (Beispiel: Körper). d) Drei Bild beispiele mit TIM bei der Suche nach nu klearmedizinisch nicht zu entdeckenden Plasmozytomherden. Der interessierende Skelettabschnitt ist unterschiedlichen Schnittebenen zu entnehmen: links BWS, Mitte Oberschenkel/Knie, rechts untere LWS sowie Humerus· und Femurköpfe.
Objekts ein ortsabhängig unterschiedliches Magnetfeld zu er zeugen . Dies führt auf Grund der Larmor-Bedingung zu leicht unterschiedlichen Präzessionsfrequenzen, die dann für die Ortskodierung verwendet werden können. Mit Hilfe der Orts kodie rung wird markiert, woher exakt das empfangene Signal s ta m m t .
Neben diesen Gradientenspulen gibt es noch die sog. Trimm- oder Shim-Spulen. Sie dienen zur Homogenisierung des MRT-Magnetfelds, welches ansonsten kl e in s t e Inhomoge nitäteil aufweisen würde. Die Feldhomogenisierung ist erfor derlich, da die Resonanzbedingung eine hohe Genauigkeit des Magnetfelds e rfo rdert . Nur wenn die Präzessionsfrequenz und
5 . 1 Gerätekunde
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der Hochfrequenzimpuls (HF-Impuls) in der Frequenz genau4 übereinstimmen, sind die Resonanzbedingungen erfüllt und es kann zur "Anregung" der Protonen kommen. Zur Einstrahlung des Hochfrequenzsignals bzw. zum Emp fang der wieder abgestrahlten Signale kommen Ho chfre quenzspulen zur Anwendung. H ierbei unterscheidet man Sen de- und Empfangsspulen. Die im Gerät bereits eingebaute Kör perspule fungiert sowohl als Sende- als auch als Empfangsspu le. Bei den übrigen Spulen, den sog. Oberflächenspulen, handelt es sich meist lediglich um Empfangsspulen, die direkt auf das zu untersuchende Organ oder die interessierende Kör perregion gelegt werden, um z. B. einzelne Organe mit höherer Auflösung darstellen zu können. B i l derzeug u n g
Abb. 5.46 Im MR-Tomografen richtet sich zunächst der Summenvektor der
Protonen im Patienten entlang der Hauptmagnetfeldachse {Z-Achse) aus. Die für die Ortskodierung zusätzlich wichtigen X- und Y-Achsen sind ledig lich dadurch definiert, dass sie zuei nander und zur Z-Achse senkrecht ste hen, darüber hinaus sind sie aber frei wählbar, d.h., der Unte rs uch er kann wä hlen, welche Ebene in Frequenz- und welche in Phasenkadierrichtung ortskodiert werden soll. [23]
1 ,4
1 ,5
1 ,6 T
60
64
68 mHZ
Abb. 5.47 Ortskodierung. Das Hauptmagnetfeld des M RT wird mit wei
teren magnetischen Grad ientenfeldern überlagert, sodass unterschiedliche Querschnitte des Körpers unterschiedl ich starken Magnetfeldern ausgesetzt sind. [23] a) in der Abbildung steigt die Stärke des resultierenden Magnetfelds von 1 . 4 Tesla an den Füßen auf 1 , 6 Tesla am Kopf an. b) Da ein di rekter Zusammenhang zwischen der Stärke des Magnetfelds und der Präzessions-/Resonanzfrequenz besteht (Larmor-Gieich ung), l iegt die Resonanzfrequenz in unserem Beispiel an den Füßen bei ungefähr 60 M Hz und am Kopf bei rund 68 MHz. Du rch d i e Auswahl einer bestimmten Fre quenz für den Hochfreq uenzimpuls bestimmen wir so die Schicht. die unter sucht werden soll.
Die Bilder entstehen bei der MRT durch Hochfrequenzsignale, die von verschiedenen Geweben mit unterschiedlichem Signal Zeit-Verhalten abgegeben werden, nachdem diese Gewebe durch ein eingestrahltes Hochfrequenzsignal "angeregt" wur den. Die abhängig von der Gewebezusammensetzung unter schiedlichen Signalintensitäten der Gewebe und Organe des menschlichen Körpers werden als Bild wiedergegeben. Als MRT -Sequenz bezeichnet man hierbei das zeitlich definierte Zusammenwirken einer HF-Impuls- und einer Gradientenfolge (siehe folgenden Abschnitt "Prinzip der Ortskodierung" ), durch das das MRT -Signal entsprechend den Relaxationseigen schaften des Gewebes gewichtet bzw. räumlich kodiert wird. Die Signalintensität in einem MRT-Bild wird vom Zusam menwirken folgender drei Faktoren bestimmt: • Gewebeparameter ( r, T 1 -, Tz-Zeit) • Sequenztyp (z.B. T1-, Tz-gewichtete, fettgesättigte Sequenz) • Parameterwahl (TR, TE, Flip-Winkel usw.) Der Gewebeparameter r gibt die Anzahl der Protonen in ei nem Volumen (Protonendichte) an. T 1 - und T2-Zeiten sind Gewebeeigenschaften, die - stark vereinfachend gesagt - vom Flüssigkeitsgehalt des Gewebes bestimmt werden. So sind die T2 -Zeiten von Flüssigkeiten grundsätzlich länger als die von Festkörpern. Bei den T1 -Zeiten ist dieser Zusammenhang et was komplexer. In der MRT-Bildgebung steht heute eine Vielzahl von Se quenzen zur Verfügung. Leider belegen die unterschiedlichen Gerätehersteller identische bzw. sehr ähnliche Sequenzen mit unterschiedlichen Namen, sodass heute für Laien eine ziemliche "nomenklatorische Sprachverwirrung" besteht. Wir werden uns deshalb auf die Darstellung der "Ursequenzen" , nämlich der Spin-Echo-Sequenzen, beschränken. Dabei bilden die apparati ven Parameter TR und TE die Grundlage der Interpretation von MRT-Bildern in Bezug auf ihre Wichtung. TR (englisch für "time of repetition") steht für "Repetitionszeit". Sie beschreibt den Zeitabstand zwischen zwei aufeinander folgenden initiie-
4
Bei 1 , 5 Tesla sollte die Abweichung n icht größer als 1 , 5 x 1 0-6 Tesla, das sind 0. 00 1 5 mT oder u ngefähr ein Millionstel Tesla. sein.
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5 Röntgendiagnosti k
renden HF-Anregungsimpulsen, was man auch als ein M RT Experiment bezeichnet. Natürlich müssen zur Erfassung eines Patienten mehrere (leicht frequenzunterschiedliche; s.u., "Prin zip der Ortskodierung") Hochfrequenzimpulse erfolgen. TE (englisch: "time to echo") steht für "Echozeit" und umfasst den Zeitabstand vom anregenden Hochfrequenzimpuls bis zur Auf zeichnung des (vom Patienten zurückgesandten) Echos. Der Parameter Flip-Winkel gibt dabei den Grad der Auslenkung des Magnetisierungsvektors in Richtung der Transversalebene an; er beträgt bei-der einfachen Spin-Echo-Sequenz 90°. P rinzip der Ortskodierung Bisher wurde dargestellt, wie das Signal entsteht, aus dem ein Bild erzeugt wird (s.o., "Physikalische Grundphänomene"), doch noch fehlt die gerrauere Erklärung, wie im MRT ein Be fund räumlich zugeordnet werden kann ( > Abb. 5.47). So empfangt die Empfangsspule ( H F-Antenne) Signale immer aus dem gesamten angeregten Volumen. Die Empfangsspule kann den Signalen nicht entnehmen, aus welcher gerrauen räumli chen Position der untersuchten Schicht sie stammen. Um im M RT räumlich korrekte Bilder überhaupt berechnen zu kön nen, muss den Signalen daher eine Ortsinformation aufgeprägt werden, die eine exakte Ortszuordnung ermöglicht. Dazu macht man sich die Larmor-Beziehung zunutze, dass eben nur diejenigen Protonen durch ein Hochfrequenzsignal anregbar sind, deren Präzessionsfrequenz exakt mit der Frequenz des eingesandten Signals übereinstimmt.
abhängige Phasenverschiebung der Spins ein. Dieser Vorgang
muss mehrfach (z.B. 256- oder 5 12-mal) für verschiedene Phasen kodierschritte wiederholt werden und stellt - durch die Notwen digkeit zur Wiederholung - den im Vergleich zur Frequenzkodie rung zeitlich aufwendigeren Part der Ortskodierung dar. 5 M E R K E
Die Ortskodierung kommt wie folgt zustande: • Während des Hochfrequenzimpulses (Anregungsimpuls) ist ein Schichtselektionsgradient (Z·Achse) aktiviert. Zusätzliche Spulen sorgen innerhalb der gewünschten Schicht für genau definierte Magnetfeldstärken in den anderen beiden Raumachsen (X· und Y·Achse). • Angrenzende Areale haben eine differente Magnetfeldstärke und geben auf Grund der Resonanzbedingung kein Signal a b. Mit Hilfe eines mathematischen Verfahrens, der sogenannten Fou rier-Transformation, wird die Ortsinformation dekodiert und in ein Bild u mgewandelt. •
Im Zusammenhang m it der MRT-Bilderzeugung begegnet ei nem immer wieder der Begriff des k-Raums. Laienhaft kann man den k-Raum als formale Bezeichnung für die Darstellung der empfangenen Daten (Phasen- und Frequenzinformation des Hochfrequenzsignals) in Form eines zweidimensionalen Frequenzdatensatzes verstehen. Diese Daten werden anschlie ßend mittels der Fourier-Transformation in ein betrachtbares Abbild des Objekts überführt. Sequenzen
M E R K E
· 'Die selektive Anregung kommt· dadurch zustande, dass während des Hochfrequenzimp ulses ein Schichtselektion sgradient geschal tet wird, d. h. eine zusätzliche Magnetspule dafür sorgt, dass eine de finierte Magnetfeldstärke (und damit Larmor-Frequenz) nur in einer eng begrenzten Schicht (und damit Körperregion) vorliegt. Die daran angrenzenden Areale weisen eine abweichende Magnetfeldstärke (und damit Larmor-Frequenz) auf und werden nicht angeregt.
Dadurch werden nur die Protonen angeregt, an deren Ort die durch den Gradienten erzeugte Feldstärke und damit Larmor Frequenz mit der Frequenz des HF-Pulses genau überein stimmt (Resonanzbedingung) . Jedes H ochfrequenzsignal wird durch sein Frequenzspektrum und dessen Phasenver schiebung bestimmt. D ie Phase gibt dabei die räumliche Lage der Maxima des Signals zu einem bestimmten Zeitpunkt an. Die Phasenverschiebung bezieht sich darauf, dass diese Positi on für verschiedene Frequenzkomponenten zu unterschiedli chen Zeitpunkten eingenommen werden kann. Wenn während der Auslese des Signals ein Gradient z.B. in X Richtung geschaltet ist, werden die Spins längs der X-Achse unter schiedlich schnell präzedieren und es wird ein Frequenzgemisch empfangen (Frequenzkodierung), das alle ortsabhängigen Fre quenzen enthält. Nach dem gleichen Prinzip wird die andere senk recht dazu stehende Achse (Y -Achse) phasenkodiert (Phasenko dierung): Durch Anlegen eines zusätzlichen Gradienten (Phasen kodiergradient) vor der Auslese des Signals führt man eine orts-
Nachdem die MRT-Bildgebung ursprünglich vor allem mit soge nannten (leider langsamen) Spin-Echo-Sequenzen durchgeführt wurde, hat sich im Laufe der Zeit eine Vielzahl von schnelleren Sequenzen mit erheblich geringerem Zeitbedarf etabliert. Grund sätzlich kann zwischen den klassischen Spin-Echo (SE)- und den Gradienten-Echo (GE)-Sequenzen unterschieden werden. Spin-Echo-Sequenzen zeichnen sich dadurch aus, dass in nerhalb der Sequenz 90°- und 180°-lmpulse zur Anwendung kommen. Der Anregungsimpuls weist Flip-Winkel von 90° auf, d.h., der Winkel, um den die Magnetisierung in die Transver salebene geklappt wird, beträgt immer 90°. Der 1 80°-lmpuls, der bei den Spin-Echo-Sequenzen immer nach dem Anre gungsimpuls, aber noch vor der Auslese des Signals erfolgt, ist ein Rephasierungsimpuls. Er dient dazu, die in der Transver salebene dephasierenden ( in der Transversalebene auseinan der laufenden) Spins wieder zusammenzuführen ( Rephasie rung) und damit die Signalausbeute zu erhöhen. Man kann die Abläufe der verschiedenen Hochfrequenzimpulse und Gradi entenschaltungen auch in Form eines Sequenzdiagramms be schreiben, wie es in > Abb. 5 .48 exemplarisch für eine Spin Echo-Sequenz dargestellt ist.
s
Dies ist der Grund dafür, dass man bei rechteckigem FOV (field of view) - z.B. bei der U ntersuchung der Wirbelsäule im Sagittalschnitt - a ls Fre quenzkodierungsrichtung die längere und als Phasenkadierrichtung die kürzere Rechteckausdehnung wählt.
5 . 1 Gerätekunde 90°
90 °
1 80°
TR
1 80°
���·�----���· �� i I
I
TE
MR Bild
!
Abb. 5.48 Schematische Darstellung einer Spi n-Echo-Sequenz.
Die Auslese des Signals erfolgt jewei ls zum Zeitpu n kt TE, wobei der Vorgang für jeden Phasenkodierschritt wiederholt werden muss. [23) Spin-Echo-Sequenzen sind recht zeitaufwendig (Minutenbe reich), aber für bestimmte Artefakte weniger anfällig. Bewe gungsartefakte machen sich bei ihnen dagegen verstärkt be merkbar und schränken die Anwendung im Abdomen (bis auf die Beckenregion) stark ein. Inversion-Recovery (IR)-Sequenzen stellen im weitesten Sinne eine Sonderform der SE-Sequenzen dar. Bei ihnen wird am Anfang der Sequenzfolge zusätzlich ein 1 80°-l mpuls ge schaltet (sog. Spin-Inversion), der es ermöglicht, selektiv das Signal bestimmter Substanzen (Fett oder Wasser) auszuschal ten. Erst danach wird der eigentliche Anregungsimpuls einge strahlt, wobei der Zeitpunkt des EinstrahJens für den Charak ter der Sequenz (Fett- oder Wasserunterdrückung) entschei dend ist: Zu diesem Zeitpunkt sind die Protonen, die unter drückt werden sollen, nicht anregbar, da sie sich gerade in 90°-Position ("N ulldurchgang") befinden. I nversion -Recove ry-Sequenzen eignen sich besonders gut als Suchsequenzen für Ödeme (z.B. ödematös veränderter Tumor) und kommen insbesondere in der M uskel-Skelett-Diagnostik als STIR6-, bzw. in der ZNS-Diagnostik als FLAIR7Sequenz zum Einsatz. Gradienten-Echo-Sequenzen kommen ohne 1 80°-Repha sierungsimpuls aus und verwenden im Gegensatz zu den SE Sequenzen zumeist keinen 90°-Anregungsimpuls. Durch An wendung eines Anregungsimpulses mit einem Flip-Winkel von unter 90° lässt sich eine Zeiteinsparung erzielen. Grund sätzlich sind die GE-Sequenzen also deutlich schneller als die herkömmlichen SE-Sequenzen und lassen damit Untersu chungen (z.B. des Abdomens) in Atemanhaltetechnik zu. Hin sichtlich der bekannten (s.u.) Suszeptibilitätsartefakte (z.B. Metallartefakte wie Granatsplitter, O P-Ciips oder Gelenkpro thesen) sind Gradienten-Echo-Sequenzen allerdings deutlich empfindlicher. In -Phase- und Gegen-Phase-Bildgebung ("in phase" und "out of phase" oder (Syn.) "opposed phase ima ging") werden bei GE-Sequenzen zur Erzeugung von Bildern unterschiedlicher Aussagekraft verwendet: Unter In-Phase Bedingungen addieren sich die Signalintensitätsbeiträge der
6 7
STI R
=
FLAIR quenz
., short tau i nversion recovery " , fettunterdrückte Seque nz =
.. fluid·atten uated inversion recovery" , wasserunterdrückte Se
91
Protonen a u s wässriger u n d fettiger Umgebung, unter Gegen Phase-Bedingungen subtrahieren sie sich. Die Weiterentwicklung der M RT-Sequenzen zielt über wiegend auf eine Verkürzung der Bildaufnahmezeiten ("fast magnetic resonance imaging" ) . SE-Sequenzen mit verkürz ter A ufnahmezeit werden als Turbo-SE-Sequenzen bezeich net. GE-Sequenzen sind durch Single-Shot-Techniken, z.B. durch EPI (Echo Planar I maging) - eine Methode, die die Auslese des Hochfrequenzsignals extrem beschleunigt weiterentwickelt worden. H iermit sind Aufnahmen i m Sub sekundenhereich möglich. In Verbindung mit verschiede nen Triggerungsmöglichkeiten8 ( Atem- oder EKG- Trigge· rung) können daher sehr schnelle, zeitlich genau abgepasste Aufn ah men (z.B. in bestimmten Herzzyklusphasen) durch· geführt werden (siehe Literatur am Ende dieses Kapitels ). Die Auswahl der Sequenzen, die bei der Untersuchung ver schiedener Organe zur Anwendung kommen, unterliegt ver schiedenen Gesichtspunkten. So gibt es weder eine Standardi sierung der einzelnen Sequenzen zwischen den Herstellern noch eine Etablierung fester MRT- Untersuchungsprotokolle durch die Fachgesellschaften. Die zusätzlich bestehenden un terschiedlichen Untersuchungsphilosophien erklären auch die Tatsache, dass an jeder wissenschaftlich aktiven Institution ganz unterschiedliche und untereinander nicht immer ver· gleichbare Untersuchungsprotokolle angewandt werden.
Method e n b e i s p i e l e Fragestellungen nach entzündlichen oder neoplastischen Pro zessen im Gehirn ( > Abb. 5.49, > Abb. 5.50) werden mittels M RT angegangen. Die Sensitivität ist hier deutlich höher als in der CT ( > Abb. 5.5 1 ). Zur Notfalldiagnostik bei Verdacht auf zerebrale Durchblutungsstörung wird meist die unmittelbar verfügbare CT herangezogen. Der Hirnstamm ist mittels CT oft nur schlecht beurteilbar, weswegen die M RT als Alternative dann bevorzugt wird. Der Weichteilkontrast, z.B. von Sehnen, ist in der M RT bes ser als in der CT (im Gegensatz zur allgemeinen Auflösung). Deshalb wird die M RT besonders gern zur Darstellung des muskuloskelettalen Apparats verwendet ( > Abb. 5.52, > Abb . 5.53 ), obgleich der Knochen - aufgrund seiner niedri gen Protonendichte - sich einer subtilen Bildgebung entzieht. Im Abdomen ( > Abb. 5 .54, > Abb. 5.55) hat sich ein komplementärer Einsatz von CT und MRT herausgebildet. Die MRT ist durch intensive radiologische Forschung und techni sche Weiterentwicklung zu immer detaillierteren Aussagen fä hig geworden, sodass vielfach - wie zum Beispiel bei der Tu morartdiagnose in der Leber - der M RT der Vorzug gegenüber der CT gegeben werden muss. Die Untersuchung von Patien ten, die die Luft nicht gut anhalten bzw. nicht ruhig liegen kör\ nen, sowie von Notfall- (z.B. mit der Fragestellung akute Blu-
8 Triggern ist das gezielte Einschalten ode r Auslösen eines Vorgangs.
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5 Röntgendiagnost i k
Abb. 5.49 Gegenüberstellung C T u n d MRT: Ein schneller B l ick a u f das subkutane Fett u n d Si e wissen, o b S i e eine C T oder M RT beurteilen . [ 7 ]
a ) ln d e r C T ist Fett schwarz (-). V Ventrikel, S Stirnhöhle, K Knochen, H Galeahä matom, .,.. Haut. Normale intrakranielle Befunde. b) l n der MRT ist Fett in der T 1 w-Aufnahme (wie h ier) weiß ( F, -) bzw. in der T2w-Aufnahme grau. Flüssigkeit, z.B. im Ventrikel (V), stellt si ch ebenfalls weiß dar, Knochen (K) hat kein Signal und erscheint schwarz. Die Haut ist wiederum mit Pfeilspitzen (.,..) markiert. Normaler Schädelbefund in der M RT.
Abb. 5 . 5 0 Magnetreso nanztomografie des Gehirns nach Kontrastmittelgabe (Wichtung T1). 1 Gyri, 2 Sinus sagittalis superior, 3 Kal otte,
4 Seitenventrikel, 5 G alea. [5[ a ) Darstellung im oberen Drittel: Beachten Sie, b) Darstellung der Seitenventrikel (4)
dass die Schädelka lotte (3)
schwarz und die Galea (5) hell wirkt.
5 . 1 G e rätekunde
93
Abb. 5 . 5 1 MRT eines 54-jäh rigen Patienten mit Hirnmetastasen eines Bronchialkarzinoms: T1w-Bild post KM (a) und T2w-Bild (b). Die Metas
tasen paramedian links und rechts frontal nehmen typischerweise Kontrastmittel auf (Pfeile) und sind schon bei einem Durchmesser von wenigen Millimetern gegenüber dem gesunden Hirngewebe abg renzbar. ln T2w ist das durch die Metastase veränderte Areal durch Signalanhebung (als Ausdruck eines Ödems) zu erkennen (Pfeile). [5[
Abb. 5.52 Protonendichte-gewichtete (T2w) sagittale Darstellung des vorderen Kreuzbands. [ 51
a) I ntakte Kreuzbänder (Pfeile) b) Nach frischer kompletter Ruptur (Pfeile).
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5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.53 Sagittale (a) und axiale (b) T2w-Bilder einer
lWS. N ebeneinander von Normalbefunden der Bandscheiben und Protrusion: dorsomediane Protrusion (...,.) der Zwischenwirbelscheibe LWK5/SWK 1 mit mäßiger Herabsetzung des Signals der Bandscheiben zwischen LWK4 und SWK 1 (A, -). Die Foramina i ntervertebralia sind nicht eingeengt (� i n Abb. b). [5]
Abb. 5.54 Magnetresonanztomografie des Abdomens und Retroperitoneums, Normalbefund. [ 5]
a) Koranale Schicht: Darstellung der retroperitonealen Strukturen mit Leber (L). N ieren (>). Psoas (t}_ b&c) Koranale Schichten: Darstellung der Mesenterialgefäße ( 1 , 2), der retroperitonealen Gefäße (3, 4), einzelner Dünndarmschlingen (5, 6) und des rechten Kolons (7). Wichtung: T1 G radienten-Echo-Sequenz 2D post KM.
5 . 1 Gerätekunde
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Abb. 5.55 Darstellung der Leber i n der Magnetresonanztomografie (axiale Schichten). ISJ
a) Normalbefund mit Darstellung der Pfortader ( 1 ) und Gallenblase (GB) am Leberunterrand auf einer axialen T1 -post·KM·Sequenz. b) Mu ltiple Zysten in der Leber (Z). signalarm in der nativen T1 ·Sequenz. Die flüssigkeitsgefüllte Gallenblase und die Leberzysten erscheinen im T 1 -Bild prä und post KM-Gabe signalarm ! Beachten Sie: Zur Darstellung von Zysten ist eigentlich die T2-Wichtung optimal, zur Darstellung von Gefäßen reicht grundsätzlich die nicht kontrastmittel verstärkte Native true FISP-Sequenz (stark wassergewichtete Gradienten-Echo-Sequenz) aus; zur optimierten Darstellung der Gefäße wurde hier allerdings i.v. Kontrastmittel appliziert. Ao Aorta, Vci Vena cava inferior.
Abb. 5 . 5 6 Magnetresonanztomografie des Herzens (Cine-TruFi: trueFISP). I S ]
a) .. Vierkammerblick" mit Darstellung beider Vor höfe (*) und Ventrikel ( * *) in der Diastole. b) Kurze Achse" mit Darstellung des rechten (........ *) und linken ( .......) Ventrikels in der Sys tole. Beachten Sie die Zunahme der Dicke des Myokards (>') gegenüber der Diastole. ..
tung) und Intensivpatienten (z.B. bei Z.n. Lebertransplantati on) ist dagegen unverändert Domäne der CT. Die MRT des Herzens ( > Abb. 5.56) ist Gegenstand inten sive r Fo rsch u ng. Limitierend sind Faktoren wie die Zahl der Schichten, die Untersuchungsdauer und Organbewegungen, die - neben einer EKG- Triggerung - eine deutlich schnellere Bildakquisition erfordern, sodass vor allem eine Sequenzopti mierung ange s t reb t wird. Die MRT der Gefäße - genannt MR-Angiografie (MRA, > Abb. 5.57) - hat die invasive Katheterangio in allen Körper regionen stark in den Hintergrund gedrängt (z.B. Becken- Bein Gefäße, H alsarterien). Led i glic h bei der meist durch Diabetes verursachten peripheren arteriellen Verschlusskrankheit
(pA VK) werden nach der MRA noch begrenzte Anfragen an die Angiografie mit Nadel und/oder Katheter gestellt (zur Ab klärung der Situation der feinsten Gefaße am Unterschenkel). Die nichtinvasive Darstellung der Gallen- und/oder Pankre asgänge mittels MRCP ( > Abb. 5.58) ist in bester Aufnahme qualität heutzutage klinisch etabliert. Allein den invasiven Techniken bleibt allerdings weiterhin die Möglichkeit biopri seher und/oder therapeutischer E ingri ffe vorbehal ten. Bei der MRCP werden T 2 -gewichtete Summationsbilder erstellt, die wasserhaltige Strukturen (N ierenbecken, Harnwege, Gallen gänge, Gallenblase und Pankreasgänge) hervorheben. Das Kür zel MRCP steht für magnetresonanztomogratische Cholangio pankreatikografie.
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5 Röntgendiagnosti k
Abb. 5 . 5 7 Kontrastmittelge stützte Magnetresonanzangio grafie der Becken- und Beinar terien. Normalbefund 5 Jahre nach
Resektion eines Weichteilsarkoms: unauffäl lige arterielle Strombahn bis a uf postoperative Veränderun gen der U nterschenkelgefäße. [5] a ) Becken- und Oberschenkeletage: A: Aorta, AIC: A. iliaca comm unis, AlE: A. iliaca externa, All: A. iliaca interna, AFC: A femora lis commu nis, AFP A femoralis profunda, AFS: A. femoralis superficialis. b) Knieregion und Unterschenkel etage: AP: A. poplitea, ATA: A. tibi a lis anterior, AF: A. fibularis, ATP: A tibialis posterior, TRL: Tumorre sektionslager (....).
Abb. 5 . 58
MR-Cholangiopankreatikografie ( MRCP). [ 5 ]
a) Normalbefund. Die intrahepatischen Gallengänge, die Aufteilung (-) und der Pankreasgang (.,...) sind erkennbar. Die seitlichen Verästelungen würden erst bei einer Stauung besser sichtba r werden. Koronare RARE-Sequenz, stark wassergewichtet. GB Gallenblase, M Magen, D Duodenum. b) Patientin mit rechtsseitigen Oberba uchkoliken: Steine im Gallengang. MRCP (Notfalluntersuchung) in der 26. Schwangerschaftswoche (MRT- Untersu ch ungen sind ab Beginn des 2. Trimenons gestattet). Dargestellt sind die Gal lengänge und ein Konkrement (-} im Ductus hepatocholedochus als d unkle A ussparung. Der Pankreasgang ist nicht in der Schnittebene und daher nicht da rgestellt. 1 mütterliche Gallenblase, 2 kindl iche Gallenblase, L kind liche Leber, Gh kindliches Großhirn, FW Fruchtwasser.
5 . 2 Prinzipien des radiologischen Ko ntrasts
Grenzen der M RT Einige Patienten sind auf Grund der MRT-Kontraindikatio nen, wie z.B. Herzschrittmacher oder intrakorparate Metall körper an kritischer Stelle, nicht filr die Untersuchung mit tels MR T geeignet. In der Regel dauern die MRT-Untersuchungen heute im mer noch länger als Spiral-CI-Untersuchungen. Damit ver bunden sind z.T. höhere Anforderungen an die Mitarbeit des Patienten bei der Durchführung von MRT-Untersu chungen (vor allem Luftanhalten und ruhiges Liegen). Die ser Vo rt e il der CT kann besonders bei Patienten bedeutsam sein, die sich aus verschiedenen Gründen nicht kooperativ verhalten können. Zur Ü berwachung z.B. bewusstloser und/ oder beatmeter Patienten stehen heute MR-taugliche, nicht magnetische Ü berwachungsgeräte zur Verfügung. Die Bildauflösung ist in der M RT - abgesehen vom Weich teil-Kontrast - geringer als in der .CT.
•
•
•
Z U S A M M E N F A S S U N G
MRT-Grundlagen • •
Alle Atome mit
ungerader Nukleonenzahl wie 1H, 1 30, 19F,
23Na, 3 1 P wären grundsätzlich für die M RT geeignet.
Protonen (W) kom men 'ubiquitär i m Körper vor und werden grundsätzlich z u m B i ldaufbau verwendet.
•
Die unzä hligen ( u ngefä h r
1 027)
kleinen " Magnete " im mensch l i
chen Körper haben zunächst keine geordnete Richtung (Chaos Prinzip). •
Ausrichtung der Protonen ändert sich a l ler Magnetfeld. Die Protonen i m Gewebe werden d u rch ein zusätzlich einge strahltes Hochfrequenzsignal (Radiosig nal) angeregt. Nach Abschalten des Hochfrequenzimpulses senden die Proto nen im Körper ih rerseits ein Radiosignal aus, das zum Bildaufbau Die willk ü rliche
dings i m sta rke n externen
•
•
verwendet wird. •
Die Gradientenspulen ü b er l a ge rn das d u rch den S upraleiter er zeugte H a uptma g netfeld m it dem Ziel, i n nerhalb ei nes zu untersu chenden Objekts ein ortsabhängig unterschiedliches Mag netfeld zu erzeugen. Auf Grund der Larmor- Bed ingung bewirkt dies eine Ortskodierung. Dies ist entscheidend für die Zuord nung der Herku nft der Radiosignale.
T1 - und T2-Wert •
• •
Wasser hat den höchsten T1- und T2 -Wert im menschlichen Kö r per . Fett ist bei T 1 w hyperintens. Wasser ist bei T2w hyperintens.
MRT - spezielle Untersuchungsprotokolle •
Die M RT der Gefäße nennt man M R-An giografie
•
Trgewichtete (also wassergewichtetel Sum mationsbilder werden
(M RA).
bei selektiver Da rste llung von G ängen, z . B . bei der wendet.
M RCP ver
97
5 . 2 P ri n z i p i e n des rad i o l og i sc h e n Ko ntra sts G.
Ka uft m a n n
und M. F o r st i ng
In der Radiologie werden mittels Projektionsradiografie Bilder zur Diagnostik angefertigt, deren Kontrastaufbau von ver schiedenen physikalischen Größen abhängt: Das untersuchte Gewebe spielt hier eine entscheidende Rolle, da Röntgenstrah len im Gewebe unterschiedlich stark absorbiert werden. Diese Differenzen dienen dem Kontrastaufbau: Viel Gewebe oder dichte Strukturen ergeben z.B. gegen umgebende Luft einen hervorragenden Kontrast. Wo dieser Kontrast zur Diagnostik nicht ausreicht, wird Kontrastmittel (KM) appliziert.
5.2.1 Pri n z i p i e n der N at i vd iag nost i k G . Kauffma n n
In der Projektionsradiografie wird bei der Nativdiagnostik meist ohne Kontrastmittel gearbeitet. Dies trifft für das Tho rax- und Skelettröntgen und die Mammografie zu. Um anato mische Strukturen zu differenzieren, werden die natürlichen Dichteunterschiede zwischen den Geweben herangezogen. Dabei werden vier Dichtegruppen unterschieden ( > Abb. 5.59): • Luft absorbiert keine Röntgenstrahlung und trägt somit stark zur Bildschwärzung bei. Dies ist die wichtigste Grund lage für den hervorragenden Kontrast gegenüber den was serhaltigen Organen bei Lungenaufnahmen (siehe z.B. >- Abb. 5.1 und > Abb. 5.92 ) . Fett absorbiert so wenig Röntgenstrahlung, dass die Abbil dungsmerkmale denen von Luft entsprechen ( > Abb. 5.60). Dies ist z.B. die Grundlage für die Mammo grafie: Abgrenzung von Fett gegen den wasserdichten Drü senkörper oder Tumoren. • Wasser ist im menschlichen Körper reichlich vorhanden. Die Nativdiagnostik kann allerdi ngs nicht zwischen der Wasser dichte der Leber und gefüllten Dannsch li ngen unterscheiden, sodass Nativaufnahmen des Abdomens ausgesprochen kon trastschwach sind. Andererseits ist ein guter Kontrast gegen über gashaltigen Strukturen und Fett gegeben. Knochen sind entsprechend der hohen Atomzahl von Kal zium (= starke Absorption der ionisierenden Strahlung) so wohl gegenüber Luft als auch gegenüber Wasser gut ab grenzbar. Dabei ist z.B. Gelenkknorpel nicht sichtbar ( > Abb. 5. 6 1 ) . o
o
M E RK E Die Projektionsradiografie unterscheidet
vier Dichtegruppen: Luft
- Fett - Wasser - Knochen. Die Charakteristika des Kontrasts in der Sonografie, er und M RT wurden oben ( > Tab. 5. 1 , > Tab. 5.2, > Tab. 5.4) abge handelt. > Ta b . 5.6 und > A bb. 5.62 dienen nochmals zur Ver t iefung der Bl utmerkmale, denn in der Sch nittbildgebung - be sonders der er - ist der Nachweis von Blutungen sehr wichtig.
98
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.59 Beckenübersicht (Normalbefund) mit Demonstration der vier Dichtegruppen.
1 Luft, 2 Wasser (Harnblase), 3 perivesikaler Fettsaum, 4 Weichteilschatten (-. meist als Fett schürze bezeichnet), der neben Fett so viel wasser haltige Strukturen enthält (Bauchmusku latur, Darminhalt), dass die Verschaltung wie Wasser erscheint, und 5 Knochen (s.a. > Abb. 5.60). [5]
Abb. 5.60 Status nach Oberschenkelampu tation rechts. Die Aufhel lung (kurze -+) in Pro
jektion auf den Oberschenkelknochen u nd auf die Weichteile könnte durch Luft oder Fett bedingt sein, es handelt sich aber um ein Liposarkom. Beachten Sie Die Luft im Darm (im rechten kleinen Becken - Sigma; langer -+) hat d ieselbe D ichte wie das Fett des Liposarkoms. Ohne die Anamne se wäre dieses Bild nicht sicher beurteilbar. [5]
5 . 2 Pri nzipien des radiologischen Kontrasts
99
Tab . 5 .6 Dichte von geronnenem Blut. Je nach Hämoglobin wert des Patienten ist geronnenes Blut mehr oder weniger dicht. Dieses Phänomen wird überall i n der CT verwendet (z.B. i n der Neuroradiologie; vgl. > Abb. 5.64), aber auch z.B. in der Trau matologi e des Abdomens. Geronnenes B lut leuchtet auf der Nati vaufnahme hell auf! Organ bzw. Substanz
Dichtewert in Hounsfield-Einheiten (HE)
Geronnenes Blut
80 ± 1 0
Fließendes Blut
55 ± 5
Graue H irnsubstanz
3 5-45
Normalbefunde am kindl ichen Knie. Beachten Sie das Ne· beneinander von schwarzen Linien (Wachstumsfugen; ....) und den sie be· gleitenden weißen S klerosesäumen als A usdruck des vermehrten Knochen anbaus an diesen besonders aktiven Zonen. Natürlich ist auch der von Knorpel besetzte Gelenkspalt d unkelgrau bis schwarz. [ 5]
Abb. 5 . 6 1
Nativ-Cl: N eb en ei nand er von Hypo- und Hyperdensität Patient mit Vigilanzstörung (Bewusstseinseintrübung) nach Mitralklappenersatz. [ 5] a) Beachten Sie die hypodensen (= schwarzen) Raumforderungen (weiße -: Messwerte an Pfeilspitzen im Mittel 1 8 HE, gesunde Umgebung 37 HE) als Hinweis für I nfarkte und die links-frontale Hyperdensität (schwarzer -: Messwert am Stern 8 5 HE; kein KM ! ) als Hinweis für eine sekundäre Einbl utun g (also geronnenes Blut). b) Einige Schnitte tiefer: Infarkt (Pfeile) ohne Einblutung. Abb. 5.62
I
1 00
5 Röntgendiagnostik
5.2.2 Pri n z i p i e n der Kontrastm itte l d i a g n osti k G . Ka uffma n n, M . Forsting und B . Radeleff
Für die Herstellung und Handhabung von Kontrastmitteln gelten dieselben Sterilitätsregeln wie für andere parenteral ver abreichte Medikamente. Bei oraler oder rektaler Applikation müssen die Kontrastmittel n icht steril sein. Sie sollten vor der Applikation auf Körpertemperatur angewärmt werden, damit sich die Verträglichkeit für den Patienten und die Fließfähig keit bzw. (bei Barium) Stabilität der Suspension verbessern.
Um anatomische Strukturen besser sichtbar und voneinander abgrenzen zu können als mit der Nativdiagnostik, bringt man in der PR seit Jahrzehnten Kontrastmittel in Hohlorgane (z.B. Kolonkontrasteinlauf) und Gefaße (z.B. Angiografie) ein. Die Computertomografie und die Magnetresonanztomografie kommen zur Verbesserung des Kontrasts zwischen normalem und pathologisch verändertem Parenchym oder zur Gefäßdar stellung ebenfalls meist nicht ohne Kontrastmittel aus. Aktuell hat die Kontrastmittelanwendung auch in der Sonografie eine zunehmende klinische Bedeutung (z.B. Artdiagnose von foka len Leberläsionen) .
lodhaltige wasserlösliche Kontrastmittel Nichtionische Kontrastmittel
N ichtionische Kontrastmittel verursachen bei intravasaler oder intrathekaler Applikation weniger Nebenwirkungen (wie Kontrastmittelunverträglichkeit, Kontrastmittelallergie und Schmerz) als ionische Kontrastmittel. Nichtionische Kontrast mittel haben darüber hinaus eine geringere Osmolarität als io nische ( >- Tab. 5.7) und rufen daher auch in geringerem Ma ße Endothelschäden, intravasale Schmerzen oder Schleimhaut reizungen hervor.
Kontrast m i ttelarten Prinzipiell unterscheidet man "röntgenpositive" ( z.B. iod-, ga dolinium- oder bariumhaltige) und "röntgennegative" ( z.B. Luft oder C02) Kontrastmittel. Am häufigsten werden iod-, ga dolinium- oder bariumhaltige Kontrastmittel verwendet, de ren Atome - mit entsprechend hoher Ordnungszahl - für eine .deutliche höhere Absorption von Röntgenstrahlen sorgen als das im Organismus vorwiegend vorhandene Wasser. Die meis ten der in der Diagnostik mit Röntgenstrahlen verwendeten Kontrastmittel enthalten Iod, allerdings vorwiegend9 nicht in elementarer Form, sondern als organische Verbindung. Je nach gewünschtem Einsatzzweck unterscheidet man bei iodhaltigen Kontrastmitteln wasserlösliche und ölige Kont rastmittel sowie Kontrastmittelsuspensionen. Die iodhaltigen Kontrastmittel zur intravasalen Anwendung sind nichtionisch. Bariumhaltige Suspensionen (zur intestinalen Anwendung) werden - mit dem Ziel eines Wandbeschlags ( Doppelkontrast) - mit Luft kombiniert. Ölige Kontrastmittel kommen vor al lem bei der heute nur noch selten eingesetzten Lymphografie zur Anwendung (Ausnahme: Leberembolisation; >- Abb. 5. 1 6). Alle Kontrastmittel gelten im Sinne des Arzneimittelgesetzes als Pharmaka. Sie müssen somit allen Anforderungen entspre chen, die an jedes andere Medikament in Bezug auf die Verträg lichkeit gestellt werden. Von den meisten Medikamenten unter scheiden sie sich dadurch, dass sie in der Regel in weitaus grö ßeren absoluten Mengen (häufig einigen h undert Gramm) in den Organismus eingebracht werden müssen, um einen ausrei chenden Kontrast zu erzielen. Alle pharmakadynamischen Ef fekte der Kontrastmittel sind dabei im Prinzip unerwünscht und gelten somit als Nebenwirkung. Die Applikation von Kont rastmitteln bringt eine Reihe von Risiken für den Patienten mit sich, die prinzipiell individuell unvorhersagbar sind. Je nach den Grund- oder Begleiterkrankungen des Patienten treten un erwünschte Wirkungen mehr oder weniger ausgeprägt auf.
Kontrastmittel z ur CT, Urografie und Angi ografie
In der Computertomografie benutzt man leicht hyperos mo lare nichtionische Kontrastmittel ( => Tab. 5.7). Dieselben Kontrastmittel werden auch zur I n fusionsurografie (I UG) und zur Angiografie verwendet. Die als Kontrastmittelreak tionen bezeichneten unerwünschten Nebenwirkungen sind insgesamt selten ( :> Tab. 5.8), wobei die unten stehende Tabelle sich auf die venöse Applikation bezieht. Bei arteriel ler Applikation sind sämtliche KM-Nebenwirkungen noch etwas seltener. Die Katheterangiografie hat ihr eigenes Kom plikationsspektrum, das weniger vom gegebenen KM als vielmehr von der lnvasivität und Komplexität des Eingriffs abhängt. M E R K E
Die meistverwendeten Kontrastmittel sind wasserlösliche iodhal tige Kontrastmittel. Sie dienen zur Kontrastierung von Gefäßen, Hohlorganen u nd Körperhöhlen. Sie leiten sich in der Regel von der Triiodbenzoesäure ab. Nach parenteraler Gabe (bzw. Resorption) werden sie über die Nieren wieder ausgesch ieden ( P ri nz i p der Aus scheidungsurografie). Je nach chemischer Verbindung wird zwischen ionischen und nichtionischen Kontrastmitteln u nterschieden.
Kontra s t m i ttel bei Ki ndern
Die günstigsten Voraussetzungen hinsichtlich unerwünschter Reaktionen bietet grundsätzlich lotrolan (z. B. lsovist®), das sich isoosmola:r zu Körperflüssigkeiten verhält. Nebenwirkun gen bei intravasaler Anwendung (z.ß. Schmerzen, Endothel schäden) oder bei peroraler Applikation (z.B. Lungenödem nach Aspiration) sind somit mini miert. lotrolan wird ange wendet bei Sonderfallen wie Untersuchungen bei Kindern oder ·
9
Die geringe Menge freien Iods wird bei e inschlägig er Disposition die kon trastmittel i nduzierte Hyperthyreose auslösen.
postoperativer A n astomosenko n t rolle des oberen Gastroin tes t inalt rakts bei Hochris ikopa t ienten mit erhöhter Aspira t ions gefa h r.
5 . 2 Prinzipien des radiologischen Kontrasts
1 01
Tab. 5.7 Eigenschaften einiger wasserlöslicher Kontrastmittel. Osmolarität und Haupteinsatzgebiete der KM in a bn eh mender Häu figke i t ih rer quantitativen Verwend u ng unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte. Anwendungsbereich
CT, lnfusionsurografie (lUG) und Angiografie
Fistelfüllung, Sialografie, M ikti onszystourethrografie, retrograde Pyelografie, Arthrografie, Hyste rosalpingografie
Handelsname
Omnipaque® Solutrast® Ultravist® O ptiray® l magopaque®
lohexol lopamidol lopromid Ioversoi lopentol
667 616 586 661
Urografin® Angiografin® Urovist® Hexabrix®
Amidotrizoesäure Amidotrizoesäu re Amidotrizoesäure Joxaglat
1 . 530 1 . 53 0 1 . 530 1 . 577
lotrolan
294
lopydol/lopydon
Suspension nicht osmotisch wirksam ! 294
Jon i sche Ko ntra stm ittel
Myelografie und Untersuchungen N ichtionische Kontra stmittel lsovist® des Gastrointestinaltrakts bei Kindern Bronchografie Hytrast® i.v. Cholegrafie
Osmolarität in mosmol/ml, bezogen auf 300 mg Iod/mi
lsovist® Biligrafin® Endomirabil®
lotrolan lodipaminsäure lodoxamn insäure
683
Tab. 5.8 Häufigkeit der Kontrastmittelreaktionen bei ionischen/nicht-ionischen Kontrastmitteln (KM) sowie Vergleich zur Cholegrafie. Kontrastmittelart
leichte körperliche Reaktionen
M ittlere körperliche Reaktionen
Schwere lebensbedrohliche Reaktionen
Ionische Kontrastmittel
4-1 2%
1 -2%
0,05-0, 1 %
N ichtionische Kontrastmittel
1 -3%
0,02-0,05%
0,004-0,02%
i.v. C ho legrafi e
etwa 2-faches Nebenwirkungsrisiko der ionischen KM
Anwendung ionischer Kontrastmittel Für die nichtintravenöse Anwendung also die retrograde
Pyelografie, Zystografie, Miktionsurethrografie, Arthrografie, Sialografie, Dakryografie und die Darstellung von Fisteln ge n ügt die Anwendung preiswerterer ionischer Kontrastmittel, da keine bzw. nur eine geringe systemische Aufnahme erfolgt. Auch Myelografien und Hysterosalpingografien werden mit ionischen Kontrastmitteln durchgeführt, da die Geweberei zung und damit das Schmerzempfinden gering sind (Neben wirkungen > Tab. 5.8). M E R K E Bei Kleinkindern sollte wegen der Gefahr lebensgefährlicher Flüs sigkeitsverschiebungen in den Darm niedrig- oder besser isoosmo lares Kontrastmittel verwendet werden (meist lotrolan, z.B. lso vist®).
Kontrastm i ttel für den M agen-Darm-Tra kt Für die Kontrastierung des Magen-Darm-Traktes wird in ers ter Linie Bariumsulfat in wässriger Suspension verwendet. Ba riumsulfat ist eine vom Körper nicht resorbierbare und nicht
0,004-0,02%
verstoffwechselbare Substanz, die per Vias naturales durch den Gastrointestinaltrakt ausgeschieden wird. Bei der enteralen Untersuchung mit Bariumsulfat kann der Schleimhautbeschlag medikamentös durch einen Stopp der natürlichen Sekretion verbessert werden ( parenteral durch Buscopan ® ). Barium ruft in der Peritonealhöhle schwerste toxisch-ent zündliche Reaktionen hervor, die prinzipiell lebensgefahrlieh sind (Barium-Peritonitis). Daher ist bei Verdacht aufPerforati on eines Hohlorgans die Gabe von Bariumsulfat kontraindiziert und es wird in der Regel wasserlösliches, hyperosmolares ioni sches Kontrastmittel (Amidotrizoesäure und ihre Derivate, wie z.B. Gastrografin®, Telebrix®-Gastro, Peritrast® ) verwendet, da mit auch bei einem KM-Austritt in die freie Bauchhöhle keine schwerwiegenden Nebenwirkungen zu erwarten sind. Kontrastmittel z u r C holegrafi e Für die intravenöse Cholangiografie werden Kontrastmittel be nötigt, die auf Grund ilmr chemischen Struktur (Iodoxamat) über die Leber und Gallenwege ausgeschieden werden. Sie haben eine hohe Plasmaeiweißbindung, die in der Regel eine renale Ausscheidung verhindert. Gegenüber anderen Kontrastmitteln
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5 Röntgendiagnosti k
besteht eine höhere U nverträglichkeitsrate; es kann zu Ü belkeit und Erbrechen bis hin zu lebensbedrohlichen Kreislaufreaktio nen kommen (Häufigkeit > Tab. 5.8). Durch langsame I nfusion über 20-40 Minuten sowie die Vorbereitung des Patienten mit tels intravenöser Gabe von H 1 - und H2-Blockern lässt sich die Rate leichter und m ittelschwerer Reaktionen deutlich senken. Die Indikation (z.B. Darstellung der Gallenwege in der CT vor Splitlebertransplantation) sollte in jedem Fall streng gestellt wer den. Eine adäquate ärztliche Ü berwachung, die für die ersten 30 Minuten nach jeder Kontrastmittelgabe selbstverständlich ist, muss hier m it erhöhter Aufmerksamkeit erfolgen (beispielsweise sollte ein Arzt, der mit der Notfallmedizin vertraut ist, anwesend sein). Röntgen negative Kontrastm ittel Negative Kontrastmittel (per os oder rektal!Luft oder C02) fin den in der Regel in der Magen-Darm-Diagnostik zusammen mit positiven Röntgenkontrastmitteln (meist Bariumsulfat) in der sogenannten Doppelkontrasttechnik Anwendung. M R-Kontrastmittel Es handelt sich bei den M R-Kontrastmitteln um sogenannte paramagnetische Substanzen. Sie besitzen durch ungepaarte Elektronen in der Elektronenhülle ein starkes magnetisches Moment. Durch Dipol- Dipol-Wechselwirkungen zwischen diesen ungepaarten Elektronen und den Protonen kommt es zu einer Verkürzung vor allem der longitudinalen Relaxations zeit. Der Zusatz einer kleinen Menge paramagnetischen Mate rials kann die Relaxationszeit von Wasser erheblich herabset zen (von 2.000 auf unter 1 00 ms). Prinzipiell sind Atome oder Ionen von Ü bergangselementen und Seltene-Erden-Elementen sowie einige Metalle und Moleküle (z.B. molekularer Sauerstoff und freie Radikale) verwendbar. Gadolinium (Gd) ist das hauptsächlich verwendete Kont rastmittel in der MRT und für Patientenuntersuchungen zu gelassen. Es handelt sich um eine paramagnetische Substanz aus der Gruppe der Lanthanide (seltenen Erden), die die T 1 Zeit der umliegenden Protonen konzentrationsabhängig ver kürzt, d.h. diese Protonen auf T1w Aufnahmen hell (signal reich) erscheinen lässt. Da bei reinen T 1 w Aufnahmen das Fett ähnlich hell wie das KM aufleuchten würde, werden oftmals T 1 -Sequenzen verwendet, bei denen das Fett abgesättigt ist
Gadolinium, das als Ion ( Gd 3+) selbst toxisch ist und sich i n Leber, Milz, Haut, Gelenken und Knochen anreichert, ist als Kontrastmittel fest an ein Chelatmolekül gebunden (z.B. die Standardsubstanz Gd-DTPA. In dieser stabilen Form ist die Substanz sehr gut verträglich. Nach Injektion verteilt sich Gd DIP A zunächst rasch intravasal und diffundiert dann in den Extravasalraum. Die Blut-Hirn-Schranke verhindert unter physiologischen Bedingungen eine Aufnahme in das ZNS. Dies ist der Grund für die besonders gute Eignung von Gd-DTPA zur Detektion von Hirnläsionen, die in der Regel mit einer Stö rung der Blut-Hirn-Schranke verbunden sind. Die Plasmahalb wertszeit beträgt bei Nierengesunden etwa 90 Minuten. Die Substanz wird nahezu vollständig unverändert über glomeru läre Filtration (ohne Sekretion und Rückresorption) renal aus geschieden. Nebenwirkungen von gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln
Unter ungünstigen Ausscheidungsbedingungen (Niereninsuf fizienz) kann die Elimination entsprechend der Einschrän kung der Kreatinin-Clearance verlängert sein . Nach neueren Erkenntnissen ist bei Kranken m it Niereninsuffizienz (GFR < 30 ml/min) nach Applikation von einigen gadoliniumhalti gen Kontrastmitteln mit schweren Spätkomplikationen z u rechnen. Es handelt sich um die nephrogene fibrosierende Dermopathie bzw. nephrogene systemische Fibrose. D iese Komplikation wurde erst spät mit dem KM in Zusammenhang gebracht und ist in einer bleibenden Ablagerung des Gadolini ums in der Haut und später auch den Organen begründet. Ins gesamt ist die Verträglichkeit von gadoliniumhaltigen Kont rastmitteln jedoch deutlich besser als die der iodhaltigen Rönt genkontrastmitteL Zum Beispiel ist bei den generell sehr gut verträglichen nichtionischen Röntgenkontrastmitteln mit ei ner Häufigkeit leichter, nicht vital bedrohlicher Nebenwir kungserscheinungen von ca. 3% zu rechnen. Die entsprechen de Nebenwirkungsrate der M RT -Kontrastmittel liegt bei ca. 1 % ( > Tab. 5.9). MERKE Für Gd-DTPA gilt: •
•
Die Nebenwirkungsrate der MRT-Kontrastmittel liegt bei
ca. 1 %
I m Falle einer Niereninsuffizienz ist bei den in der M RT üblichen KM- Dosen wegen Spätkomplikationen Vors ic h t geboten !
(T1fs). Tab. 5.9
M E R KE • •
Gadolinium (Gd) ist eine paramagnetische Substanz. Die T1 -Zeit der umliegenden Protonen wird konzentrationsabhän
gig verkürzt. • Auf T1w Aufnahmen erscheint die Gd-reiche Region in der Regel hell (signalreich). Es werden oftmals T1-Sequenzen verwendet, bei denen das Fett abgesättigt ist (T 1 fs). ·
•
Nebenwirkungen (NW) von Gadolinium-DTPA.
Schweregrad
IIM!f@M Erscheinungsbild/Folgen 1 , 5%
Haut- und Sch leimhautreaktio
M ittelschwere NW
0,06%
kardiavaskulär (Hypoton ie, Ohn macht, Herzrasen)
Schwere NW
1 o-6%
lebensbedrohliches H erz - K rei s
Leichte NW
nen, Erbrechen
lauf-Versagen
5.2 Prinzipien des rad iologischen Kontrasts
1 03
Kontrastm ittel i n d e r Sonografie
Tab. 5 . 1 0 Stadien der Unverträglichkeitsreaktionen nach Schweregraden.
In der Sonografie werden Kontrastmittel gelegentlich bei der Diagnostik von Rechtsherzerkrankungen und Septumdefekten mittels Echokardiografie verwendet. Dazu werden in einer Suspension aus L-Galaktose-Granulat und L-Galaktose-Lösung lufthaltige Galaktose-Mikropartikel erzeugt, die für ca. 5 Mi nuten in der Ampulle stabil bleiben, also vor jeder Anwendung frisch präpariert werden müssen. Nach intravasaler Injektion von Levovist® (Bayer Vital, Deutschland) bleibt die kontrastge bende Eigenschaft der Lösung für wenige Sekunden erhalten. Eine Gefaßkontrastierung über die erste Lungenpassage hin aus ist bei intravenöser Injektion nicht möglich. Eine wesentlich längere Untersuchungszeit ermöglicht So noVue® (Bracco, Schweiz), das als arzneilich wirksamen Be standteil Schwefelhexafluorid (ein Gas) enthält. Nach Auflö sung enthält 1 ml SonoVue® 8 f1l Schwefelhexafluoridgas, das in Form von "Mikrobläschen" in der Flüssigkeit suspendiert ist. Es kommt zum Einsatz bei der Dopplersonografie großer Gefaße (wie z.B. der Blutgefaße im Kopf), aber auch kleinerer Blutgefaße wie z.B. in Leberläsionen, um so eine Artdiagnose zu ermöglichen.
Stadium
Körperliche Reaktionen
Stadium I
Hautreaktion mit Auftreten eines Exanthems und leichten Allgemeinbeschwerden
Stadium II
gastrointestinale Symptome u nd schwere Kreis laufreaktionen
Stadium 111
a usgeprägter a naphylaktischer Schock
Stadium IV
Herz-Kreislauf-Stillstand
Kontrastmittelreakt ionen u n d Nebenw i r k u n g e n Kontrastmittelbedingte Nebenwirkungen, die verhältnismäßig häufig auftreten, sind Schmerzen und Hitzegefühl bei intrava saler, besonders bei intraarterieller Injektion und bedürfen meist keiner Therapie. Ohnmachtsanfalle werden häufiger be reits vor der KM-Applikation beim Legen der Injektionsnadel (vasovagaler Reflex) ausgelöst als von der Injektion selbst her vorgerufen. Die Trennung solcher ebenso häufigen wie harm losen Nebenwirkungen vom sich anbahnenden schweren Zwi schenfall gelingt am ehesten in einer ruhigen Umgebung durch einen Besonnenheit und Kompetenz ausstrahlenden Arzt. Der Untersuchungsablauf sollte im steten Gespräch mit dem Pati enten erläutert werden, um Ä ngste gar nicht erst aufkommen zu lassen. Die intravasale Applikation von Kontrastmittel trägt jedoch - jenseits der Psychologie - auch das Risiko für eine Reihe sys temischer Reaktionen, die den Patienten dauerhaft schädigen können! Sie sind sehr selten, aber typisch für Kontrastmittel. Prodromi wie z.B. Hitzegefühl oder Brennen an den Fußsohlen können vorangehen und zunächst als harmlos bewertet wer den. Eine gefahrliehe KM-Unverträglichkeit kann aber auch ohne jede Vorwarnung "wie ein Blitz aus heiterem Himmel" auftreten. Eine Yortestung ist wegen erwiesener Gefahrlich keit, vor allem im Sinne einer Sensibilisierung, unzulässig. Kontrastm ittel u nverträglich keit Es handelt sich hierbei um eine anaphylaktoide Reaktion, die durch die Freisetzung von M ediatoren (Histamin, Kallikrein)
aus Zellen des Immunsystems ausgelöst wird. Im Gegensatz zu allen anderen kontrastmittelbedingten Nebenwirkungen be steht keine echte Dosis-Wirkungs- Beziehung. Der genaue Me chanismus ist bislang nicht aufgeklärt. Die Schwere der Reakti on wird in vier Stadien eingeteilt ( > Tab. 5. ! 0) . Ein erhöhtes Risiko besteht für Atopiker und Patienten mit Kontrastmittelallergie in der Anamnese. Patienten über 70 Jah re, Patienten mit schweren Allgemeinerkrankungen, mit Stö rungen der Blut-Liquor-Schranke und unter Betablocker- oder nach abgebrochener Kortikoidmedikation sind ebenfalls ver mehrt gefahrdet. Atopiker müssen vor der Untersuchung obli gatorisch mit H istamin-Rezeptorantagonisten (Hr und H2Rezeptorantagonisten in Kombination) prämediziert werden. Bei Patienten mit schwerer Kontrastmittelunverträglichkeit in der Anamnese ist zusätzlich eine mehrtägige Kortikoidpräme dikation obligat. F ür den Fall des Auftretens einer U nverträglichkeitsreak tion muss während der U ntersuchung die apparative (Not fallwagen mit I ntubationsbesteck und Defibrillator) u nd personelle ( Anwesenheit eines Arztes und geschulten Assis tenzpersonals) Ausstattung immer gesichert sein. Eine aus reichende Ü berwachung jedes ( ! ) Patienten über m indestens 30-45 M inuten nach Abschluss der Kontrastmittelinjektion muss ebenfalls immer gewährleistet sein. Die wichtigste Maßnahme bei Auftreten eines Kontrastmittelzwischenfalls sind die sofortige U n terbrechung der I njektion und der Ab bruch der U ntersuchung. Nach Bewertung des Schwerebilds erfolgen geeignete Maßnahmen entspreche.nd der Sympto matik ( z . B . beim Stadium III und IV Sauerstoffztifuh r, Adre nalin, Infusionen, Intubation, externe Herzmassage) . M ERKE
Bei der Notfallmedikation (im Stadium 1 1 1 und IV) steht die parente rale Adrenalingabe im Vordergrund.
Bei den Stadien I und I I sind die Therapiemaßnahmen ent sprechend der klinischen Symptomatik zu ergreifen. Nach Abschluss der therapeutischen Bemühungen müssen eine sorgfaltige schriftliche Dokumentation des Zwischenfalls und die subtile Aufklärung des Patienten erfolgen, um eine Wie derholung mit vielleicht tödlichem Ausgang zu vermeiden (Allergiepass).
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5 Röntgendiagnosti k
Kontrastm ittel i nduziertes ak utes N i e re nversag e n Parenteral applizierte iodhaltige Kontrastmittel werden in der Regel renal ausgeschieden. Daher werden die Patienten nach jeder parenteralen Kontrastmittelapplikation angewiesen, meh rere Liter Flüssigkeit zu trinken (falls nicht möglich, sind ent sprechend Infusionen zu applizieren). Die erhebliche Menge der verabreichten Substanz kann insbesondere bei Patienten mit präexistenter Nierenerkrankung ein Nierenversagen verursa chen. Auch eine laufende Medikation mit nephrotoxischen Sub stanzen (Zytostatika, Antibiotika, Analgetika) erhöht das Risiko. M E R K E
Vor jeder parenteralen Kontrastmittelanwendung ist das Serumkre atinin als Marker der aktuellen Nierenfunktion zu bestimmen.
M it diesem Marker werden die Patienten erfasst, die eine bis her latente Nierenfunktionsstörung aufweisen. Weiterhin soll te das Vorliegen eines Diabetes, einer Leberzirrhose, einer Hy perurikämie und einer Proteinurie erfragt werden, da diese Erkrankungen zusätzliche Risikofaktoren für eine Nierenschä digung durch Kontrastmittel darstellen. Gegebenenfalls sind weitere Untersuchungen der Nierenfunktion nötig. Je nach Ausmaß der Funktionsstörung ist die Kontrastmittelapplikati on kontraindiziert bzw. sollte die Menge des eingesetzten Kon trastmittels entsprechend verringert werden. Zusätzlich zur oralen Flüssigkeitszufuhr wird bei Patienten mit eingeschränk ter Nierenfunktion eine parenterale Diurese mit Infusionsthe rapie und Gabe von Diuretika durchgeführt. Die Möglichkeit eines Nierenversagens begrenzt in der Regel die Maximaldosis der Kontrastmittelmenge. Ein absoluter Höchstwert kann nicht angegeben werden und ist im Einzelfall unter Abwägung der vitalen I ndikation und des individuellen Risikos zu prüfen. Ein Anhaltspunkt liegt bei etwa 3-4 ml nichtionischen Kontrastmittels (mit 300 mg Iod/mi) pro Kilo gramm Körpergewicht. Dies gilt für Patienten ohne Nieren funktionsstörung. Bei Kranken mit Nierenfunktionsstörungen kann nur in bestimmten Fällen auf eine MRT-Untersuchung mit gadoliniumhaltigen M R-Kontrastmitteln ausgewichen werden, da mit Spätkomplikationen zu rechnen ist (s.o. "Ne benwirkungen von gadoliniumhaltigen Kontrastmitteln"). Iod in duzierte Hyperthyreose oder thyreotoxische Krise Bereits geringe Mengen Iod (im Zehntelmilligrammbereich) rei chen zur Synthese des Tagesbedarfs an Schilddrüsenhormon aus. Da die Nahrungszufuhr an Jod in großen Teilen Deutsch lands nicht ausreichend ist, treten hier oft endemisch Schilddrü senautonomien auf, d.h., das Schilddrüsengewebe produziert unabhängig vom Bedarf des Organismus Schilddrüsenhormone. Auch beim Vorliegen einer I mmunhyperthyreose wird Schilddrüsenhormon ungeregelt produziert. Wird einem la tent oder manifest hyperthyreoten Kranken in großer Menge Iod in Form von Röntgenkontrastmitteln angeboten, so produ zieren die vom Regelkreis abgekoppelten Zellen vermehrt
Schilddrüsenhormon. In welchem Umfang dies geschieht, hängt von der Menge zugeführten freien Iodids, von der Krankheitsaktivität und der Menge autonomen Schilddrüsen gewebes ( z.B. Struma!) ab. Dementsprechend kann es zu mehr oder weniger symptomatischen Hyperthyreosen bis hin zur thyreotoxischen Krise kommen. MERKE
Die thyreotoxische Krise stellt ein schweres Krankheitsbild dar, das trotz massiver i ntensivmedizinischer Maßnahmen in 20-30% letal verläuft. ln der Regel tritt die kontrastmittelinduzierte Hyperthy reose nach einem I ntervall von mehreren Wochen bis Monaten a uf.
Die Gefahr einer Hyperthyreose nach KM-Gabe ist bei der In formation und Überwachung des Patienten zu berücksichtigen (eventuell Kontrolle des Schilddrüsenhormonstatus). Im All gemeinen sollte durch die Anamnese und erst dann in Einzel f;iUen durch die Bestimmung der Schilddrüsenhormonpara meter (T3, T4, TSH basal) sichergestellt werden, dass keine Schilddrüsenerkrankung vorliegt - insbesondere keine latente oder manifeste Hyperthyreose. Bei entsprechender Indikation kann vor der Untersuchung (am besten über mehrere Tage) eine Prophylaxe durch die Gabe von Perchlorat betrieben wer den, das die Iodidaufnahme in die Schilddrüse kompetitiv hemmt. Manifest gewordene Hyperthyreosen müssen im Ge folge thyreostatisch behandelt werden. M E RK E
Kontrastmittel bei N ieren- und Schi lddrüsenerkrankungen
Risikofaktoren für kontrastmittelinduzierte Nierenfunktionsstörung beachten ! - Niereninsuffizienz - Herzinsuffizienz - Diabetes mellitus • Statt Hämedialyse nach Kontrastmittelgabe, nephrologische Pla n ung vor der Untersuchung Falls Hämedialyse unumgänglich, von vornherein sofort nach KM Gabe planen • Vorbeugende Maßnahmen beachten ! - Hydrierung des Patienten (ggf. intravenös) - Pausieren - bei KM-Gabe - potenziell nephrotoxischer Medikamente - An TSH-basal- und Serumkreatin i n-Bestimmung denken ! - Patienten mit Schilddrüsenkarzinom verlieren durch Gabe iodhaltiger Kontrastmittel die Option der späteren Radioiodtherapie. Wiederholte KM-Gabe: Pausen einhalten (> 3 Tage). •
•
•
Aufklärung vor Kontrastm itte l u ntersuchun gen Die kritische Prüfung der Indikation, eine sorgfaltige Abwä gung von Risiko und Nutzen der Kontrastmittelapplikation und die Frage nach alternativen Methoden sind Bestandteil des Aufklärungsgesprächs mit dem Patienten. Zur korrekten Auf kl ä r un g gehört auch die Information über die möglichen Kon sequenzen im Fa l le einer A bl eh nu ng der Un tersuchung. Die intellektuelle und s ituative Leis t u n gs fä h igke i t des Patienten
5 .2 P r inzipi en des radiologischen Kontrasts muss bei der Führung des Aufklärungsgesprächs z.B. durch Kontrollfragen berücksichtigt werden. Einfache Kontrastmitteluntersuchungen (z.B. CT, Phlebogra fie, Urografie, Fistelfüllung) werden am Tag der Untersuchung (außerhalb des U ntersuchungsraums) mit dem Patienten dis kutiert. l nvasive Eingriffe (z.B. Lymphografie, Arteriografie mit Katheterdilatation oder Stent-Applikation), die durch besonde re oder zusätzliche Risiken kompliziert sein können, müssen mindestens 24 Stunden vor der Untersuchung besprochen wer den, sodass Gelegenheit für den Patienten zum Überlegen und für weitere Gespräche (Verwandtschaft, Hausarzt) besteht. Der I nhalt des Aufklärungsgesprächs und die Person des anwesen den Zeugen werden schriftlich festgehalten und signiert. Prinzipiell sind drei Punkte wichtig: • mögliche Unverträglichkeit; das Risiko kann - beim Patienten (z.B. Atopiker, Alter), - beim Kontrastmittel (Uro-, Cholegrafie) oder
1 05
- im Umfeld des Arztes (apparative Wiederbelebungsmög lichkeiten, Erfahrung mit Herz-Kreislauf-Stillstand) liegen und muss sehr differenziert eingeschätzt werden. Auf die Gefahr einer möglichen Niereninsuffizienz muss, je nach individuellem Risiko, hingewiesen werden. Die Gefahr der thyreotoxischen Krise ist dem Patienten zu • erklären, um die Bedeutung der Anamnese zu unterstreichen. •
Z U S AM M E N FA S S U N G
Für die parenterale Kontrastmittelapplikation gilt: Die V ertr äg li chkeit kann individuell sehr unterschiedl ich sein . Als •
Risikopatienten gelten: Atopiker und Patienten mit anamnesti scher Kontrastmittelallergie, Patienten über 70 J a hre Patienten mit schweren Allgemeinerkrankungen, mit Störungen der Blut-Li q uor-Schranke und unter Betablocker- oder nach abgebrochener Korti koidmedikation . Schilddrüsen- u n d Nierenerkrankungen müssen anamnes tisch a u s g esch Iossen werden. ,
•
Abb. 5.63 Kontrastmittelfluss am Beisp i el Leber in der CT (Normalbefund). D ie Aufnahmen sind nicht a l le in g l ei che r Schnittebene im Abstand von wenigen Se k un d e n a ngefe rt i g t 15] a) N ativ -CT als Ausgangspunkt. L Leber, 1 l i neares hypodenses Areal, vermutlich einem Lebergefäß ents p re ch end . b) Früharterielles B ild.* Aorta, 2 Truncus coeliacus, 3 A. h e pa t ica c) Venöses Bild, Schnittführung im obe re n Leberdritte I, Nähe Herz: noch etwas KM in der Aorta (•). deutlich KM in den Leberve nen (4). d) Portale Phase, Schnittführung i m u n te ren Leberdrittel, Nähe Gallenblase. 5 Pfortader, 6 Milzvene. .
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1 06
5 Röntgendiagnostik
Für die enterale Kontrastmittelapplikation gilt: E lektive A nwe nd u ng : Bariumsulfat (meist in Kombination mit einem Gas) ist das Kontrastmittel der Wahl für Untersuchungen des Gastrointestinaltrakts (Beispiel: M DP, Enteroklysma nach Sei link, Kolonkontrasteinlauf). Notfallanwendung: - Bei Verdacht auf Perforation des Magens wird Luft als Kont rastmittel verwendet: Abdomen in Linksseitenlage. Ausnahms weise kann - in klinisch unklaren Fällen - eine Darstel lung mit wasserlöslichem (dann meist hyperosmolarem) Kontrast mittel (Beispiel: Gastrografin®) erfolgen. - Bei Durchführung eines Kontrasteinlaufs unte r Notfallbedin gungen nimmt die Gefährlichkeit der enteralen Kontrastmit telapplikation abgestuft in folgender Reihenfolge zu: Wasser (Beispiel: Reinigungseinlauf) - wasserlösliches Kontrastmittel (Beispiel: Gastrografin®) - Bariumsulfat. Spezielle Indikationen: - Bei Verdacht auf Aspirationsneigung (Beispiel: postoperative Kontrol len, Verdacht auf ösophagotracheale Fistel) gilt fol gende abgestuft zunehmende Gefährlichkeit: Wasser (Bei spiel: Probeschluck) - isoosmolares wasserlösliches Kontrast m ittel ( Beispiel: lsovist®) - Bariumsulfat und wasserlösliches hyperosmolares Kontrastmittel (Beispiel: Gastrografin®). Vor al lem die letzten beiden Kontrastmittel sind dabei kontraindi ziert - Bei Säuglingen und Kleinkindern kann ausnahmsweise die Indi kation zu einem isoosmolaren Kontrastmittel (Beispiel: Jso vist®) gestellt werden .
M ethodenbei s p i e l e
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I
Beispiele für KM-Untersuchungen haben Sie in den Metho denbeispielen zu Projektionsradiografie und Schnittbildver fahren ( > Kap. 5 . 1 ) schon kennengelernt An dieser Stelle seien zum Verständnis der A ussagemöglichkeiten und der Arbeitsabläufe Besonderheiten in der KM-Anwendung er läutert. > Abb. 5.63 verdeutlicht, dass mehrere zeitlich unter schiedliche Aufnahmephasen angefertigt werden müssen, um alle denkbaren Leberpathologien zu erfassen. Die Nativaufnah me wird Blutungen, die später durch KM überdeckt wären, ge nauso erfassen wie als Ausgangspunkt für Messungen dienen. Die Darstellung der arteriellen und venösen Phase muss das individuelle Herzminutenvolumen berücksichtigen. Die Dar stellung der Pfortader hängt zusätzlich vom portalen Druck des Patienten ab. Dieser Druck wäre z.B. bei Leberzirrhose hoch (sog. portale Hypertension) und es müsste eine größere zeitli che Verzögerung für diesen Teil der Untersuchung program miert werden. Bei den zwei Beispielen in > Abb. 5.64 und > Abb. 5.65 soll die Rolle der HE-Messung vertieft werden. > Abb. 5.66 zeigt eine Kontrastmittelanwendung in der MRT.
Abb. 5.65 Dichtemessung in der CT der N iere. Nachweis eines Nie Abb- 5.64 Dichtemessung nach KM-Gabe in der CT der Niere. Die
D i cht e wird immer vor und nach KM-Gabe und in H ou n sfi eld - E i n h eiten (HE) angeg ebe n . 1 Der mittlere Dichtewert (Mean 1 ) vo n 1 5 HE ents pri cht z.B. einer Zyste mit e iwe i ßh a iti ge rn Inhalt. 2 Der Mittelwert Mean 2 von -34 HE entspricht Fett (intrarenales Lipom). Gegenüber der Nativaufnahme war die Dichte in der Zyste nicht, die des Lipoms minimal (im B ere ich der Messfeh Jertoleranz) durch die KM-Gabe angest i ege n . [5)
rentumors bei ei nem Patienten mit Hämaturie. Nach KM-Gabe stieg die Dic hte in einem Teil der Niere (0) von 1 8 auf 30, 6 H E; d .h., di es Areal kann keine Zyste sein, es ist durchblutet und wird so au ch mit KM durchflutet. Aber: normalerweise sollte die Dichte des gesunden Nierenparenchyms auf 60-90 H E ansteigen . Beachten Sie, dass dieser Tumor - wie viele andere auch - am seinem Rande besonders gut du rch bl u tet ist, das heißt biologisch dort am aktivsten wächstl [ 5)
5.3 Klassische Befunde
1 07
5.3 K l assische Befu n d e G . Ka uftmann und M . Forsting Das Röntgenbild enthält meist primär mehrdeutige Informati onen, die erst durch das Hinzuziehen von Anamnese, körperli chem Untersuchungsbefund und weiteren klinischen oder la borchemischen Daten eine Richtung erhalten. Der gezielte Austausch von I nformationen ist somit die Basis für eine intel ligente Analyse j eder Röntgenaufnahme, und Röntgenbild und klinische I nformation sind grundsätzlich komplementär. Überwiegt ausnahmsweise der Informationsgehalt des Rönt genbilds den des klinischen Krankheitsbilds und sind die Bil der eindeutig, benutzt man den Begriff des "sprechenden" Bilds.
5.3.1 Beweg u ngsa ppa rat G. Kauftmann
Abb. 5.66 Rolle der MRT bei der KM-Gabe: 23-jährige Patientin mit
Schmerzen im rechten Unterbauch bei M. Crohn, MRT nach intravenöser KM-Gabe. ] S] a) Primär karanale Schichtführung: Die Pfeilspitzen (-) zeigen die stark ver dickte Darmwand am terminalen I leum, das durch eine intensive KM-Auf nahme weiß imponiert: hervorragende Durchblutung durch a ktive E ntzün dung; das davor liegende Dün ndarmsegment (-) ist prästenotisch dilatiert; C Kolon, DD restlicher Dünndarm, L Leber, ZP Zökalpol, HB Harnblase. b) Axiale Schichtführung, Vergrößerung: Pfeilspitzen (-) markieren noch mals die bemerkenswerte KM-Aufnahme durch Entzündung. Eine vergleich bare KM-Aufnahme wäre auch in der CT zu sehen; diese ist jedoch n icht indiziert wegen des Alters der Kranken.
Der gezielte Austausch von Informationen als Basis für die Analyse des Röntgenbilds gilt selbstverständlich auch für das Skelettsystem. Erst die Krankengeschichte (z.B. Schmerzen und Fieber) und das klinische Gesamtbild (z.B. Leukozytose) engen die Diagnose "reaktionslose Osteolyse" ein: Eine Ent zündung - statt des Tumors - wird dringend vermutet. Über wiegt der Informationsgehalt des Röntgenbilds, können Röntgenbilder "sprechen," d.h. die Anamnese " erzählen": Tu morverdächtige zwiebelschalenförmige Anlagerungen am rechten Schambeinast eines 1 6-Jäh rigen gestatten die viel leicht verblüffende Frage, ob der j ugendliche Fußballer (!) "Rechtsaußen" spielt - womit sich der Tumorverdacht stark relativiert und eine Periostitis durch Überlastung wahr scheinlich wird. In der Projektionsradiografie ( PR) werden immer zwei senkrecht zueinander stehende Ebenen angeordnet und an gefertigt. Dies hat n icht nur etwas mit der räumlichen Orien tierung zu tun. Nicht selten sind Frakturen nur in einer Ebene zu erkennen. Die PR ist der Ausgangspunkt der radiologi schen Diagnostik. Nur in ausgewählten Situationen (z.B. in der Traumatologie oder Onkologie) wird eine CT benötigt. Wir werden es also im Folgenden zunächst vorwiegend mit Bildern der PR zu tun haben.
Vorgehen bei der Befu n d u n g Zur Beurteilung von Röntgenaufnahmen des Skeletts sollte ei ne bestimmte Reihenfolge eingehalten werden: • Weichteile: Verdichtungen ( z.B. durch Schwellungen, Ein blutungen oder Entzündungen)? Fremdkörper, Verkalkun gen oder Lufteinschlüsse? Vorwölbungen der Weichteilbe grenzung nach außen (z.B. durch Schwellungen, Tumoren oder Verletzungen) " • Stellung: Dislokationen bzw. Fehlstellungen durch angebo rene oder durch "erworbene" Veränderungen (z.B. trauma t isch, rheumatoid)?
I
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5 Röntgendiagnostik
Kortikalis: Ist sie unterbrochen (z.B. durch Frakturen oder Osteolysen)? Ist die Dicke überall gleich? Osteolysen? Ist die Kortikalis glatt begrenzt? Periostale Anbauten? Spongiosa: Homogene Struktur? Rarefizierung der Trabe kelstruktur? Verdichtungen innerhalb der Spongiosa? Gelenkflächen: Sind die Gelenkflächen glatt begrenzt? Gelenkspalte: Verschmälert oder verbreitert? Gelenkknor pel verkalkt? Bei der Beurteilung des Gelenkspalts muss daran gedacht werden, dass der röntgenologisch sichtbare Gelenkspalt nicht dem anatomischen Gelenkspalt entspricht ( > Abb. 5.67).
Wachstumsfugen zu ( > Abb. 5.68; vgl. dagegen den Befund beim Erwachsenen in > Abb. 5.69). Zonen vermehrter Belas tung sind natürlich auch die Gelenkflächen (schwarze t der > Abb. 5.68a), die ebenfalls einen hellen Saum aufweisen: man spricht von einem Sklerosesaum.
Spongiosa . r---
Kortika lis (ehemalige) Epiphysenfuge
�-�::;;.-....:: ...; == ::::; �'---
Knorpel-Knochen-Grenze
Knorpel Knorpeloberfläche "' - Gelenkkapsel
-r---=:: r ::- --.;::� ::: !f...:.. -
A:
röntgenologischer
Gelenkspalt B: anatomischer Gelenkspalt
Abb. 5.67 Röntgenologischer und anatomischer Gelenkspalt
M ERKE Da gesunder Knorpel und Synovia auf einem Nativbild nicht darge stel lt werden, zeigt das Röntgenbild nur den Abstand der Knorpel Knochen-Grenzen , sodass der röntgenologische Gelenkspalt weiter als der anatomisc he erscheint.
Abb. 5.68 Handgelenk a.p. (a) und seitlich (b): Normalbefund. Be
achten Sie die Wachstumsfugen (.,....), die nicht mit Frakturen verwechselt werden dürfen (aber a u ch Wachstumsfu g en können natürlich an Verletzun gen beteil igt sein). Hier Normalbefund: keine Erweiterung oder Dislokation. Beachten Sie, dass d ie Handwurzelknochen noch nicht die Erwachsenen form aufweisen. Anhand der Zahl der ausgebildeten Handwurzelknochen und des Z ustands der Wachstumsfugen lässt sich das Alter des Kindes in Grenzen bestimmen. Die Pfeile (t) mar k ieren einen weiteren Normalbefund am Beispiel zweier Gelenkflächen: vermehrte Sklerose. [5]
M ERKE
Fakten zum Skelett
Das Röntgenbild enthält meist primär mehrdeutige Informationen, die erst durc h das Hinzuziehen von Anamnese, körperlichem Un tersuchungsbefund und weiteren klinischen oder la borchemischen Daten eine Richtung erhalten. Die Betundung des Skeletts geschieht in definierter Reihenfolge (z.B. Sklerosen, Lysen, Stellung, Frakturen). Anatomischer und röntgenologischer Gelenkspalt stimmen n icht überein. • Zonen vermehrter Belastung am Knochen sind die Kortikalis, Wachstumsfugen und Gelenkflächen. Sie haben einen Sklerose saum. •
Normale Befunde Obwohl üblicherweise (siehe oben) Skelettaufnahmen immer in zwei Ebenen anzufordern sind, werden im Folgenden aus praktischen Gründen die Befunde mehrfach nur in einer Ebene gezeigt. Der Knochen besteht aus der sehr kräftigen Kortikalis und der weniger kräftigen Spongiosa ( > Abb. 5.67). Dies ist Aus druck dessen, dass die Korbkalis - rein mechanisch - die Hauptbelastungszone darstellt. Sie enthält viel Knochensubs tanz und Kalzium und absorbiert somit e in e Menge Röntgen strahlung. Als Folge erscheint sie heller als die Spongiosa. Um gekehrt ist diese FeststeLl ung auch gültig: Ü berall dort, wo der Knochen helle Zon e n aufweist, liegt ein Areal besonderer Be lastung vor. D ies trifft z.B. beim wachsenden Skelet t auf die
•
•
Frakturen Wi rd der Knochen durch ein Trauma verletzt, entsteht in der Regel eine schwarze Lin ie, der Frakturspalt: An der Stelle, an der der K n ochen "klafft", d ringen die Rön tgenstrahlen leich ter
5.3 Klassische Befunde
Abb. 5 .69 Handgelenk beim Erwachsenen a.p. Beachten Sie, dass
im Gegensatz zum J ugendlichen ( >- Abb. 5.68) - hi er keine Wachstumsfu gen mehr sichtbar sind. N ormalbefund. 1 7 1
durch und tragen somit zur verstärkten Schwärzung des Bildes bei. D iese Schwärzung ist bei den Li n ien der > Abb. 5.70 in Form eines umgekehrten Ypsilons zu sehen. Andererseits wird dort, wo der Knochen durch ein Trauma gestaucht wurde, eine Verdichtung erscheinen: also eine helle Zone, die eine Sklerose suggeriert (siehe weißer Pfeil in > Abb. 5.70). Dies ist z.B. auch bei Wirbelsäulenfrakturen meist nach axialem Trauma der Fall und darf nicht mit einer älteren Fraktur verwechselt werden. ln der Regel b enöt igt Knochen viel Zeit um Sklerosesäume zu entwickeln. Zeit zur S kl e rosieru ng hat der K nochen bei der Kortikalis b zw. den Gelenkflächen; diese Zeit besteht aber nicht be im frischen Trauma. Ausnahme ist der Sturz aus gro ßer Höhe, der eine S t auc h u ng verursacht (z.B. Wirbelsäule, Schienbeinkopf [ > Abb. 5.7 1 ] , Fersenbein). Die Frakturheilung verläuft - n ach adäquater R uh i gstel lun g - nach bestimmten Regeln a b ( > Abb. 5.72). Üblicher weise ist eine Fraktur nach 20 Wochen verheilt, ab circa 24 Wochen wird von verzögerter Bruchheilung gesprochen ( > Abb. 5.72c). Eine Scheingelenksbildung (= Pseudarthro se) liegt nach etwa 8 Monaten v o r ( >- Abb. 5 . 72d&e).
1 09
Abb. 5. 70 Handgelenk a.p. Schüler, Zustand nach Sturz auf Glatteis. Be· achten Sie die Entwicklung der Handwurzelknochen. Der weiße Pfeil (-+-) m a r kiert eine Fraktur d u rch den distalen Radius ohne Dislokation, dort h at die Kortikalis einen Knick. Folgen Sie der Spitze des Pfe i ls entlang der Fraktur nach oben zur Wachstumsfuge: Der schwarze Pfeil dort an der Wachstums· fuge ( �) zeigt eigentlich auf zwei ( 1 ) F rakt urlinien, die sich dort treffen; di e zweite Linie zieht nach unte n ulnarwärts: dort ist eine Unterbrechung der Kortikalis zu s ehen (t). Den eigentlich wichtigen Befund trägt die Ulna: Die weiße Pfeilspitze (-) zeigt auf eine minimale Sta uchun g der Kortikal is; es gibt keine durchgehende Frakturlin ie, aber der Knochen ist wie ein Stück g rü nes Holz gebrochen. Der Periostschlauch ist erhalten. Dieser Bruch wird deshalb als "Grünholzfraktur " bezeichnet. Brechen Radius und Ulna gemein· sam, müssen wir d ies allerdings zusätzlich mit dem Begriff " Unterarmfrak· tu r " belegen. 1 51 M E R K E
Frakturen
Ob enostale oder periostale Frakturheilung, zwei Dinge haben bei de gemeinsam: S ie b rauchen viel Zeit und sie machen in d e r Um geb ung der Fraktur eine Sklerose. Bei axialen Traumen (z.B . Wirbelsäule und Fersenbein) ist durch die Stauchung des Knochens d iese .,Sklerose" schon auf den U nfallbildern sichtbar und darf n icht mit e i n e r älteren Fraktur ver wechselt werden. Von verzögerter Bruchheilung spricht man nach etwa 24 Wo chen ohne Kallus. • Von Pseudarthrose spricht nach etwa 8 Monaten ohne Heilung. Sie ist meist mit Sklerose der Bruchränder vergesellschaftet. • Eine Fraktur ohne Trauma wird als .. pathologische Fraktur" bezeich net. Sie k a nn z.B. auf d er Basis einer Osteoporose oder wie in > Abb. 5. 7 5 - eines Tumors entstehen. •
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110
5 Röntgendiagnostik
\
I
Abb. 5.71 Schienbeinkopffraktur nach Sturz aus großer Höhe. [ 5]
a) Kniegelenk a.p.: Beachten Sie die Kompression der Knochensubstanz (Pfeile) die zu einer Deformierung der Gelenkfläche nach distal und zu einer schein bar massiven Sklerose führt. Zwei (schwarze) Frakturlinien (-) sind zusätzlich zart sichtbar. b) CT mit sagittaler Rekonstruktion, um das genaue Ausmaß der Deformierung für die operative Planung zu evaluieren. Anders als in der PR kommt eine skleroseähnliche Verdichtung nur n och direkt am Fraktu rrand (durch Stauchung) zur Darstellung ! Die Frakturlinie wird dagegen jetzt deutlich (-) und auch d ie echten Sklerosesäume (-) von Kortikalis und Grenzflächen der Gelenke werden noch besser sichtbar.
Osteo porose u nd Osteo pen ie Verlassen wir hier den Pfad der Sklerose und beleuchten das Gegenteil, um dann die Begriffe Lyse und Sklerose parallel ver wenden zu können. Osteoporose ist ein Zuwenig an Knochensubstanz. D ie Os teoporose kann lokal oder generalisiert auftreten . Als lokale Ursachen kommen Immobilisation, Entzündungen z.B. der Gelenke, Paresen oder Operationsfolgen in Frage. Wir be schränken uns hier zunächst auf die Darstellung der klassi schen generalisierten Osteoporose, z.B. durch Alter, H ypothy reose, Hyperparathyreoidismus, Hyperkortizismus oder Medi kamente ( Marcumar, Heparin, Steroide). Am besten sichtbar ist und am meisten Schmerzen verursacht die Osteoporose der Wirbelsäule. So dient die LWS als Testregion. Wenn auch an dieser Stelle auf eine projektionsradiografische Abbildung ( > Abb. 5.73) verwiesen wird, kann die Projektionsradiogra fie (PR) die Knochendichte doch nicht zuverlässig bestimmen. Dies erfolgt vielmehr mit speziellen Verfahren der Nuklearme-
dizin oder CT. Die PR kann bestenfalls zwischen Osteopenie ( Minderung der Dichte bei erhaltenen Rahmenstrukturen der Wirbelkörper) und Osteoporose (z.B. Deckplatteneinbrüche und K yphosierung) differenzieren. Im Gegensatz zur Osteopenie und Osteoporose steht die Os teomalazie: Sie ist durch einen Ü berschuss an nicht kalzifizier tem Osteoid bei normaler Quantität des Knochens gekenn zeichnet. Typisch sind hier Looser-Umbauzonen am vorderen Becken ring.
MERKE •
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Osteopenie bede ut et Minderung der Qualität und Dichte vo n .. normalem" K n oc hen . Osteoporose stellt die .. Fortsetzung" dar mit Deckplatteneinbrü· chen und Kyphosierung. Testorgan " für beides ist d ie LWS. Osteomalazie bedeutet Überschuss nicht kalzifizierten Osteoids bei normaler Quantität des Knochens (z.B. Becken ring).
• .. •
5 . 3 Klassische Befunde
111
Abb. 5.72 F rakturen im Verlauf (es ist immer nur eine Ebene präsentiert. gemacht werden müssen beide Ebenen I ). [5]
a) Frische Radiusfraktur beim Kind mit Achsabweichung nach ulnar. Beachten Sie, dass die Fraktur selbst keinen Sklerosesaum aufweist. Der zarte Sklero sesaum (-) an der Wachstumsfuge ist normal. b) Reposition, Ruhigstellung und Kontrolle nach dre i Wochen (Aufnahme im Gips): Die Pfeilspitzen (>) markieren einen vermehrt sklerosierten Kallus: zufrie denstellende Heilung. c) Anderer Patient mit dista ler Radiusfraktur: 24 Wochen nach Unfall Fehlstellung, kein Kal lus; zu diesem Zeitpunkt spricht man von verzögerter Bruch hei lung. Beachten Sie den zarten S klerosesaum an der distalen Frakturzone als Ausdruck vermehrte r Belastung durch minimale Wackelbewegungen: unzurei chende Ru higstellung d) Weiterer Patient mit primär n icht adäquat behandelter Fraktur des Os scaphoideum; Tra uma vor circa 9 Monaten erinnerl ich Die Pfeile weisen a uf den persistierenden Frakturspa lt hin. E ntscheidend ist, dass dies- und jenseits des Bruchspalts ein deutlicher Sklerosesaum zu sehen ist I Damit l ie g en stetige ,Wackelbewegungen vor, die Fraktur ist durch die S klerose mangelhaft durchblutet und ohne operative H ilfe ist keine Heilung mehr zu erwarten . e) Zustand nach operativer Behandlung des Scheingelenksspalts mit Anfrischen der Frakturränder u nd Fixation mit zwei gekreuzten Spickdrähten. .
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5 Röntgendiagnosti k Abb. 5.73 Gegenüberstellung von Normal bild, Osteoporose und Osteopenie.
a) Normalbefund (abgesehen von einer Streckfehl haltung) demonstriert am " Testobjekt" seitliche LWS. [7[ b) Osteoporose: Der Ü bergang BWS/LWS zeigt 1 997 eine vermehrte Kyphose, Transparenz der Wirbelkörper und mehrere Deckplatteneinbrüche (Pfeile), die zur Höhenminderung führen. Verkalkte Aorta (Ao). [51 c) Osteopenie: Die nach intensiver Suche !m Archiv gefundene und damit sehr wertvol le Aufnahme von 1 988 zeigt die damals noch intakten Wirbelkörperrahmenstrukturen ohne jegliche Hö henminderung. [5[ d) Erst die Vergrößerungsaufnahme (von c) kann den wichtigen Befund demonstrieren: Es liegt eine Vertikalisierung der Trabekel vor, d ie mit einigen hauchdün nen Pfe ilen nachgezeichnet wurde. Ins gesamt ist der Knochen zentral dichtegemindert, der Rahmen tritt jedoch besonders kräftig hervor - im Sinne e iner relativen ., Sklerose. " [5]
Osteo lysen Der K nochen hat offenbar eine besch ränkte Palette von Reakt i onsmögl ichkeiten au f verschiedenste Erkrankungen und er braucht, u m diese zu zeigen, auch noch seh r viel Zei t : Es ist somit fast immer eine Frage von Wochen, bis die P R etwas
sichtbar macht. Dies trifft n icht nur auf die Frakt u rhei l u ng und Osteoporose zu. Wächst Fremdgewebe (z. B. ein primärer oder metastatisch entstandener Knochent u mor) i m Knochen, so wird es - mit gehöriger zei t l icher Verzögerung - als Osteolyse sichtbar. Dies kommt daher, dass Fremdgewebe n u r in A us nahmefällen K nochen n e u sc haflen und damit Kalzium einla-
5 . 3 Klassische Befun de
gern wird. Infolgedessen wird der Knochen dort noch transpa renter als bei der Osteoporose, der Röntgenfilm zeigt ein "schwarzes Loch." Je nachdem, wie schnell so ein Fremdgewe be wächst, wird der Knochen Zeit haben zu reagieren, z.B. mit einer Randsklerose um die Lyse herum. Dabei behaupten wir R adiolo gen einfach, dass langsames Wachstum nur bei gutarti gen T u m o re n ( >- Abb. 5.74b) vorkommt und wir behalten fast ( ! ) immer Recht. Dies darf allerdings auf keinen Fall dazu führen, dass dieser - vom Radiologen erhobene Befund - An spruch auf histologische Sicherheit erhebt. I m Gegenteil: Der Knochen reagiert auf eine langsam fortschreitende Entzün dung - bei guter A bwe h rla ge - ebenso mit einer Randsklerose wie auf einen gutartigen Tumor. U nd nicht jeder bösartige Tu mor tut uns den Gefallen schnell zu wachsen. M E R K E
Sklerose • • •
•
Knochen reagiert langsam u nd uniform: die Sklerose .. dauert " . E i n e langsam fortschreitende Entzündung u nd e i n gutartiger Tu mor haben eine vergleichbare Randsklerose ( > Abb. 5.74) . Eine aggressiv, d . h . rasch fortschreitende Entzündung u n d ein bösartiger Tumor verraten sich d urch eine reaktionslose Osteo lyse (also ohne Sklerosesaum; > Abb. 5.75, > Abb. 5.76d). Osteolysen ohne Randsaum, sind so lange als bösartiger Tumor zu werten, bis d urch Histologie diese Hypot h ese a usgeschlossen bzw. erwiesen wurde. Solche Faustregeln sind ein praktischer An ha ltspunkt und ersetzen keinesfalls d i e H is tol og i e .
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Osteolytische u n d osteo plastische Metastasen Metastasen können nicht nur osteolytisch, sondern auch os teoplastisch sein, d.h., sie können auch eine Knochenneubil dung hervorrufen ( >- Abb. 5.76b). Die verschiedenen Variati o nsmöglich keiten sind >- Tab. 5. 1 1 zu entnehmen. M E R KE Fü r Knochenmetastasen g i lt : Als S u c hm et ho d e der Wahl eignet sich weniger die Röntgenaufnahme (PR) als die sensitivere Skeletts zintigrafie.
Tab. 5 . 1 1
Formen der Knochenmetastasierung.
Formen der Knochenmetastasen
Primärtumor
Osteoplastische Metastasen
Prostatakarzinom Blasenkarzinom Magenka rzinom (selten Kolonkarzinom)
Osteolytische Metastasen
Bronchialkarzinom Schilddrüsenkarzinom Mammakarzinom N ierenzell karzinom Wilms-Tumor Melanom Kolonkarzinom
Gemischt osteolytisch-osteoplasti
sche Metastasen
Nierenzellkarzinom
( M a m m a k a rz i n o m ) (Magenka rzinom)
Abb. 5 . 74 Hüfte: Normalbefund beim Jugendl ichen und Osteolyse mit Sklerosesaum.
a) Rechter Schenkel hals axial, normaler Befund. Wachstumsfugen von Kopf (�) und Pfanne (+-), a ltersentsprechende Kortikalisdicke (kurzer -+) [71
b) Rechter Schenkel hals a.p. ei nes Kindes mit a ngeblichen ., Wachstumsschmerzen ": Die Sklerose (�) ist an den Wachstumsfugen g ut sichtba r, aber unauf fällig (vgl . Abbild ungsteil a). Der dunkel erscheinende Tumor ist langsam genug gewachsen, um immerhin einem zarten Sklerosesaum (-+) Ze i t zu geben zu e n tste h e n . Auch die Kortikalis ist an keiner Stelle durchbrachen oder vom Mar k raum her arrodiert, sondern eher verdickt (+- unten). Wir sprechen von e i nem gutartigen Tumor als Arbeitshypothese und veranlassen a l lerd i ngs die histologische S i ch e r u ng . I S I
1 14
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.75 Normalbefund des Oberarms und Osteolyse ohne Sklerosesaum.
a) Linker Oberarm a.p., Normalbefund. [7] b) Linker Oberarm einer 3 5-jährigen Patientin mit Mammaka rzinom: Hier sind natürlich keine akti ven Wachstumsfugen mehr sichtbar. Es liegt eine Osteolyse vor (-+), die weder nach proximal noch nach distal eine abgrenzende Sklerose besitzt. M i t anderen Worten: dieses Fremdgewebe, d a s kein Kalzium einlagern kann, ist schneller gewachsen als der Knochen .,reparativ " reagieren konnte. Aus diesem G rund nennen wir Radiologen diese Läsion bösartig. Selbstverständl ich wird die Histo logie abgewartet, auch wenn wir bereits zu Recht fürchten müssen, dass eine Metastase des be kannten Karzinoms vorliegt. Die Patientin erinnert sich nicht an ein Trauma, ihre unerträglichen Schmerzen hatten spontan begonnen. Beachten Sie als Ursache die Fraktur (-): Man nennt dies eine pathologische Fraktur. [5)
Abb. 5. 76a-b Beckenübersicht a . p . : vom Normalbefund über osteoplastische z u osteolytischen Herden .
a) Altersentsprechender Normalbefund zum Vergleich. Diese Beckenübersicht ist eigentlich nur ., altersentsprechend " , enthält sie doch eine Fülle von .,Nebe n " -Befunden: Die Fragezeichen (?) markieren eine .. Lyse " , die durch Überstrahlung zustande gekommen ist: Dies ist meist ein .. normales" Phänomen, verursacht d u rch die Belichtungsautomatik, die wegen dichterer Partien (z.B. Hüften) die Schaltdauer hochreguliert hat, sodass bei den dünnen Beckenschau feln eine Osteolyse suggeriert wird. Ferner bestehen eine okkulte Spina bifida (.....,..) und eine Erkerbildung an den Hüftköpfen (-) wie bei beginnender Arthrose (vgl. >- Abb. 5.79). [5] b) Osteoplastische Metastasen: Beachten Sie die 1 -3 mm großen Skleroseherde (-}. die Metastasen entsprechen und von denen nur ein kleiner Teil markiert ist. Beide Beckenschaufeln weisen auch hier ein u nscharf begrenztes .. schwarzes Loch " auf (7; vgl. Abbi ldungsteil a). [5]
K nochenentz ü nd un g (Osteomye l itis u n d Oste itis) Bei der Entzündung des Knochens wird unterschieden zwi schen Osteomyelitis und Osteitis. Die Osteomyelitis entsteht direkt durch hämatogene Streuung ( >- Abb. 5 . 77). Die Oste His entw ickelt sich durch kontinuierliche Ausbreitung einer En tzündung, z.B. eines Weichteilabzesses, der sekundär von a u ße n auf den Knochen übergreift. Beide verursachen letzt l ich eine Destrukt ion des Knochens, einmal von " i n nen" her aus und einmal von außen nach innen. je nach Aggressivität
des Erregers und Antwort des lmmunsystems im Zusammen spiel mit antibiotischer Tilerapie wird die entzündliche De struktion später verlangsamt oder gestoppt werden und es kann sich eine Randsklerose bilden. (Einmal mehr ein Grund die D iagnose nicht allein auf das Bild, sondern auf die Biopsie und gegebenenfalls - wie hier - auf die Bakteriologie zu stüt zen.) D iese Randsklerose kann unter Umständen so intensiv sein, dass sie die Blut- und damit die Antibiotikazufuhr dros selt. Es entsteht ein Sequester, ein extrem stark sklerosierter toter K n ochen, der - wie ein Fremdkörper - operativ beseitigt w e r d e n muss.
5.3 Klassische Befunde
115
c
Abb. 5 .76c-d Schädel a.p.: vom Normalbefund über osteoplastische zu osteolytischen Herden.
c) Skelettszintigrafie (Ausschnitt Schädel) eines anderen Kranken mit Bronchialkarzinom zur Entdeckung von Fernmetastasen. Der reaktive Randsaum ist so ausgeprägt, dass die osteolytische Komponente überstrahlt wird. ]8] d) D ie zugehörige Schädelaufnahme (PR) zeigt nur die Osteolysen (einige sind markiert: -). Fazit: Nur das Szintigramm ist empfindlich genug, auch die Reaktionen zu ze i gen, die der PR verborgen bleiben. [ 5]
a
b
c
Abb. 5.77 Entwicklung und Ausbreitung der hämatogenen Osteomyelitis i n verschiedenen Lebensaltern in Schemazeichnungen und am Beispiel einer Röntgenaufnahme. a) Häufigster Ursprungsort nach hämatogener Streu u ng, ist - unabhängig vom Lebensalter - die Metaphyse. b) Ausbreitungsweg beim Sä ug li n g S u bpe ri ostal e Au s b re itung (gek rü mmter P feil) und Durchbruch in die Epiph yse ( � � � ) bis zum Gelenk
(h
c) Ausbreitungswege bei Kindern (ab 1 2. Monat) während des Wachstums: k norpelige E piphysenfuge als Barriere, daher keine Ausbreitung in die Epiphyse und/oder das Gelenk, jedoch S u bperiostale Ausbreitung (gekrümmter Pfeil) d) Ausbreitung beim Erwachsenen nach Schluss der Wachstumsfuge; Letztere entfällt als Ba rri e re, daher Au s bre i tu ng (� �) in Epiphyse, Gelenk (-) und Diaphyse (__.) mög li c h B e i sub per i o sta le r Au s bre itung auch Fistelbildung möglich. e) Neun Monate alter Säugling, 6 Wochen nach Beschwerdebeginn (Schonhaltung, Temperaturen ) : metaphysäre reaktionslose Osteolysen (-). die an einen Tumor ( ! ) erinnern. Auch die Periostveränderu ngen (kleine -) kommen bei manchen Tumoren vor. [ 5] .
1 16
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5. 78 Osteoarthritis.
a) Normal befund zum Verg leich. [7] b) Arthritis des linken Vorfußes. Beachten Sie die Destruktion (--+) dies- und jense its des Gelenk spalts. Allein das Bild u nd die Lokalisation lassen an die Gicht denken . Das G roßzehengrundgelenk ist von einer entzündlichen Schwellung (�) um geben . Die weitere Diagnostik ist im klinischen Kontext (z.B. Serologie) erforderlich I [ 5 ]
Arth ritis Entzündungen der Gelenke werden sich symmetrisch auf den angrenzenden Knochen ausbreiten. Das heißt, es entsteht eine Destruktion dies- und jenseits des Gelenkspalts, eine Osteoar thritis ( > Abb. 5.78). Die Reaktion des Knochens ist so u ni form, dass - ohne klinische und laborchemische H il festellung - nicht zwischen eitriger und rheumatischer Entzündung ent schieden werden kann . Es könnte sich sogar um die sehr selte ne Form eines auf das Gelenk "spezialisierten" Tumors (z.B. Synovialom) handeln.
Diese - zum Teil frustranen - Reaktionen laufen diesseits und jenseits des Gelenkspalts ab und sind so meist klar zu definie ren. Die Szintigrafie - z.B. durchgeführt im Rahmen eines on
kologischen Stagings - entdeckt natürlich auch sämtliche Skle roseherde als Zonen vermehrter Sp eicherun g ( > Abb. 5.79e un d > Abb. 6.25, > Abb. 6.26). Diese müssen von Metasta sen differenziert werden: dies wird u.A. durch die simultane Betrachtung von Röntgenbild und Szintigramm erleichtert.
MER KE
Osteolysen •
Art h rose •
Degenerative Veränderungen d er Gelenke sind Folge einer Fehlbelastung, Überbeanspruchung und letztlich Zerstörung von GelenkknorpeL Die Beschwerden der Kranken sind zu ei nem Zeitpunkt, zu dem röntgenologisch wenig erfassbar ist, besonders intensiv. Der Gel enkkn o rpel vers uch t vergeb lich den Schaden durch Ü be rlastung zu begrenzen und verbreitert seine Oberfläche, bildet dabei knöch erne Spange n (Spondylo phyten) und reagiert mit Sklerose ( > Abb. 5.79) . Der Prozess geht über Jahre, sodass er dem Betrachter kaum entgehen wird.
•
•
•
Osteolysen werden durch Tumoren, Tumormetastasen oder Ent zündungen hervorgerufen. Über die Dignität einer Lyse gibt die Randsklerose eine wichtige Auskunft. Das Röntgenbild kann jedoch eine weitere Diagnostik im klinischen Kontext nie ersetzen. Bei Gelenkbefall durch Osteolysen kommt es zu einer Destruktion dies- und jenseits des Gelenkspalts. Die Arthrose ist durch Sklerose dies- und jenseits des Gelenk spalts charakterisiert. Beschwerden bei Arthrose korrelieren fast nie mit den am Rönt genbild sichtbaren Veränderungen .
5 .3 Klassische Befunde
117
Abb. 5.79 Arthrose der Wirbelsäule.
a&b) Normale LWS a.p. und seitlich: Streckfehl haltung im BWS/LWS- Ü bergang, sonst normaler Befund. [7] c&d) Wirbelsäulenaufnahme (LWS) a.p. und seitlich: An den Wirbelkörperumfängen finden sich Spondylophyten (+l, Beachten Sie in d) auch die S klerosie rungen (...-); die Spondylophyten von c) sind seitlich nur als Randwülste zu sehen (+-). [ 5 ] e) Teilkörperaufnahmen der S kelettszintigrafie desselben Patienten: Auch i m Bereich der HWS kommt in der linksposterioren ( LPO) Ansicht eine vermehrte Speicherung in den Un kovertebralgelenken (-) als Ausdruck einer linksseitigen Unkovertebralarthrose zur Darstellung. [8]
K i ndesmissha n d l ung Eine besondere Form der Traumatisierung, die auch a m Ra diologen nicht vorbeigeht, ist die Kindesmisshandlung, soweit die Folgen radiologisch manifest werden. Als Faustregel gilt, dass es sich um Wiederholungstaten handelt und ein Nebe n einander von Läsionen verschiedenen Alters vorliegen, also frische Frakturen und solche mit viel oder wenig Kallus ( > Abb. 5.80) (ganz wie beim Alkoholiker! ) .
M E R K E
Kindesmisshandlungen sind meist Wiederholungstaten. Knochenverletzungen ohne anamnestisches Trauma sind sus pekt für eine M isshandlung. Nach weiteren Verletzungen m uss unter stationären Bedingungen gesucht werden. Die U rsachen für solche Traumen reichen vom Schlagen b i s zu heft i gen passiven Bewegungen (Schütteltrauma). Das Skelettszintigramm kann einen Überblick über das Ausmaß ossärer Veränderungen liefern. Typisch s i n d Metaphysenkantenausrisse, Rippenfrakturen, subdurale Hämatome und Netzhautblutungen.
118
Abb.
5 Röntgendiagnostik
5.80a-d Kindesmisshandlung.
a &b) Röntgenaufnahme des rechten Kniegelenks a.p. und seitlich, Normalbefunde. l 2 4 l c&d) Sä ug ling m i t geschwollenem rechtem Oberschenkel u n d schmerzhafter Bewegungseinschränkung; nach Angaben der Mutter sei dies vor 5 oder 8 Tagen aufgetreten. Ein Trauma wird von ihr verneint, obwohl Hämatome untersch iedlichen Alters zu sehen sind. Distale Oberschenkelfraktur mit Achsknickung. Die in (c) zu sehende Periostverkalkung zwischen Fraktur und Wachstumsfuge kann sich nur einige Wochen ( ! ) nach dem Trauma entwickelt haben. l9l
5.3 Klassische B efunde
Abb. 5.80e-h Kindesmisshandlung. e) Linkes Schultergelenk mit Klavi kula a . p . : Normalbefund. [24]
1 19
0 Linkes Schultergelenk a . p.: Fraktur der Klavikula beim selben Kind wie in c&d) ohne Kallus oder Verkalkung z.B. eines subperiostalen Hämatoms (siehe c). [91 g) Rechtes Kniegelenk (nur seitlich) beim selben Kind: Die Pfeilspitzen zeigen auf eine .,ältere " posttraumatische Verknöcherung oberhalb der Wachstumsfuge. Die Pfeile weisen auf eine Dislokation des Tibiakopfkerns nach vorne mit Verkalkung hin. Die Läsionen (c, d, f & g) sind damit u nterschiedlichen Alters. [8] h) Anderer Säugling mit Bewusstseins- und Trinkstörung, keine Traumaanamnese oder Hämatome. Erst nach dem CT geben die Eitern zu, das Kind öfters heftig zu schütteln: akute subdurale Einblutung (..... ). [ 1 0]
1 20
5 Röntgendiagnostik
5.3.2 M a m m a G . Ka uffm an n und M . Müller-Schimpfle
Die Röntgendarstellung der Mamma beruht u.a. auf den Dich teunterschieden zwischen Fett und wasserdichtem Gewebe der Brustdrüse. Das heißt, wenig von dem "natürlichen Kontrast mittel" Fett bedeutet einen schlechten Kontrast. Die Strahlen durchlässigkeit weist zudem nur geringe Unterschiede zwi schen verschiedenen Gewebearten auf. Wichtige pathologische Veränderungen wie Mikroverkal kungen sind bis 0,1 mm klein und gerade sie müssen abgebil det werden. Die Objektdickenunterschiede des Organs vom Brustansatz bis zur Mamille sind erheblich. Daher müssen die Komponen ten des röntgendiagnostischen Systems den Erfordernissen speziell angepasst werden. M E R K E
Röhre und Generator m üssen weiche Strahlung erzeugen, um ge ringe Dichteunterschiede a uc h kleiner Struktu ren erkennbar zu ma chen. Dazu verwendet m an Röhrenspannungen zwischen 2 5 und 35 kV, eine Molybdän-Anode (wegen der weichen charakteristi schen Strah lung) mit einem Fokus von max. 0.4 mm und einen Mo � r. der die Strah l ung nicht zu sehr aüftiartet.
Abb. 5.81 Mammasonografie. Einfache Zyste der Mamma: ln der hoch auflösenden Sonografie bei 7,5 M Hz ist eine echofreie, g latt berandete,
ovaläre Läsion von 9 x 6 cm zu erkennen. Diese weist eine dorsale Schall verstärkung auf (vgl. > Tab. 5 . 1 : Zyste). 1 1 1 ]
Das Strahlenaustrittsfenster besteht aus gering ab�eren dem Beryllium. Die Röhre ist so angeordnet, dass konstrukti on;bedill"gtein Dosisgradient entsteht, der sein Maximum an der Brustwand hat und zur Mamille hin abfällt. Mammografie und Sonografie
Ein diagnostisches Optimum wird erzielt, wenn klinische Un tersuchung mit Palpation, Mammografie und Sonografie der Mammae von demselben Untersucher durchgeführt werden, der alle Befunde korreliert. Sonografie und Mammografie ge hören zusammen! Die Beurteilung einer M ammografie ist im Einzelfall eine echte Herausforderung, sodass bei Bedarf eine Zweitbegutachtung durch einen ausgewiesenen Experten vor genommen werden sollte. Indikationen zur Mammografie sind der klinische Ver dacht auf Neoplasie der Mammae (z.B. auifalliger Tastbefund, Sekretion außerhalb der Stillzeit, neu aufgetretene Asymmet rie, Hauteinziehung), die regelmäßige jährliche Vorsorgeun tersuchungen für Frauen ab dem 40. Lebensjahr und die Kont rolle von Risikopersonen (Mammakarzinonün der Anamnese, fibrozystische Mastopathie, erbliche Disposition). Zyste der M a m m a Mammazysten ( >- Abb. 5.8 1 ) entwickeln sich häufig be i peri menopausalen Frauen, können jedoch in jedem A l te r auftre ten. A ufgr u nd ihrer Häufigkeit und des fehlenden R isikos für eine Karzi nomentstehung werden sie heute eher als "fibrozys tische Veränderungen" bezeichnet.
Abb. 5.82 Mammografie, kraniokaudaler (cc) Strahlengang. Be
achten Sie die absichtlich mit abgebildete Brustwand, den Brustdrüsenkör per (�) und die Mamille (-+) a) Normalbefund. !S] b) Fibrozystische Mastopathie: Die Brust weist ein inhomogenes Parenchym m it multiplen rundlichen, glatt abgrenzbaren Verschaltungen auf (...). [ 1 1 ] F i brozystische M a stopathie
Bei der M astopathie ( bevorzugt beidseit iges Auftreten) han delt es sich u m gutartige degenerat ive und p ro l i fe ra t i ve U m bauprozesse d e r B rustdrüse, d i e hauptsächlich um das 3 5 . b is 50. Lebensjahr vorkom men ( >- Abb. 5.82). Klin ische Leit-
5.3 Klassische Befunde
1 21
Abb. 5.83 Mastitis mit Abszedierung. M R
Mammografie (Ausnahmeindikation, z.B. bei jun gen Patientinnen ohne Fett): Dargestellt sind hier nur die Kontrastmittel aufnehmenden Strukturen (Subtraktionsbilder) in kraniokaudaler Projektion. ln der linken Brust erkennt man teils flächige, teils umschriebene Kontras t mittelanreicherungen in der Region der Areola (t). [ 1 1 ]
symptome sind Schmerzen (Mastodynie) und der knotige Tastbefund. Mastitis Klassischerweise handelt es sich bei der Mastitis um eine postpar tale Entzündung, die ab der zweiten Woche post parturn (meist einseitig) auftritt. Die radiologische Diagnostik beginnt mit der Sonografie, die Areale mit inhomogenem Echomuster zeigen wird: also echoarme, aber auch echofreie Läsionen. Die CT wird im befallenen Areal - als Zeichen der Entzündung - eine starke KM-Aufnahme aufweisen, die analog auch i n der MRT zu sehen ist ( >- Abb. 5.83). Ein inflammatorisches Karzinom würde sich rein radiologisch ähnlich präsentieren, aber erst nach hartnäcki ger Therapieresistenz (vor allem bei nicht stillenden Frauen) in die diagnostischen Überlegungen einbezogen werden. Fi broadenom Das Fibroadenom ist ein gutartiger Mischtumor, der aus Epi thel und Stroma besteht und daher ein sehr variables Erschei nungsbild aufweist ( >- Abb. 5.84). Er kommt vor allem zwi schen dem 25. und 35. Lebensjahr vor und ist meist solitär. Klinisches Leitsymptom ist der elastische verschiebliehe Kno ten. Zyklus- bzw. hormonabhängige Größen- und Konsistenz schwankungen werden beobachtet. Bei "regressiven" Läsionen sind Verkalkungen nicht selten. M a m m a karzinom Das Mammakarzinom ( >- A b b . 5.85) ist der häufigste maligne Tumor der Frau und ist für 25% der gesamten weiblichen Krebssterblichkeit verantwortlich. Der Erkrankungsgipfel (> 70%) liegt zwischen dem SO. und 70. Lebensjahr, selten vor dem 30. Lebensjahr. Klinisches Leitsymptom ist der tastbare Knoten, der in 80% vo n der Frau selbst bemerkt wird. Die M ammografie ist ein wertvolles diagnostisches Hilfsmit tel, das die h istologische Sicherung aber nicht ersetzt. M eist wird unter mammagrafischer Kontrolle eine Nadelbiopsie
Abb. 5.84 Fi broadenom. / 1 1 ]
a) Mammografie: Die kraniokaudale Projektion der linken Brust lässt zentral gelegen eine g roßteils glatt berandete Verschaltung erkennen, d ie sich ven tral gelappt darstellt (h b) Sonografie: Im Längsschnitt bei 7,5 MHz ist der Tumor (�) homogen echoarm mit glatter Kontur u nd Lappung erkennbar. Neben der dorsale n Schallverstärkung spricht auch die ovaläre Form für einen benignen Befund. du rchgeführt. Zur postbioptischen Quali tätskontrolle wird das entnommene Gewebestück gern in Mammografietechnik un-
1 22
5 Röntgendiagnostik
tersucht: es sollte dieselben diagnostischen Auffalligkeiten wie die ursprüngliche Mammografie zei gen (sog . Präparatradio grafie; > Abb. 5.85c&d).
•
Die Mastopathi e e rfordert alle diagnostischen Modal itäten: Ana mnese, Palpation und Bildgebung. • Sonografie und Mammografie ergänzen sich bei der M astopathie besonders. Klassische mastapathische Veränderungen sind bilateral und sym metrisch. •
•
,
.
•
•
Z U SA M M E N FA S S U N G
Die Mastitis ist eine klinische Diagn os e ausnahmsweise (z. B. Frage nach Abszess) wird die MRT ei ngesetzt Polymorphe Mikroverkalkungen sind u.a. pathognomonisch für das Karzinom. Zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr sind bei Frauen schnell wachsende aggressive Mammakarzinome besonders häu fig. Aus diesem Grund ist für diese Altersgruppe eine jährliche Mammografie zu empfehlen. Ab dem 50. Lebensjahr genügt, je nach individuellem Risikoprofi I , eine Mammografie in Abständen von 1-2 Jahren. Die histologische Diagnosesicherung geschieht durch d ie prä o pe rative Nadelbiopsie.
•
•
A bb. 5.85 Mammakarzinom. ) l l )
a) Mammografie: Die mediolaterale Aufn ahme lässt im oberen Anteil der Brust eine Verschaltung mit feinstreifige n Ausläufern und gruppierten polymorphen Mikroverkalkungen erkennen (ll. Dorsal davon kann ein rundl icher, glatt konturierter Herd lokalisiert werden (-). Gerade eben erkennbar sind eine l eich te Hauteinziehung und lokale Hautverdickung über dem Befund (-). b) M R M am mogra fie : Im sagitt a l en T 1 -gewichteten Bild ist im unregelmäßi g begrenzten Tumor ein deutlicher Signalreichtum als Korrelat der Kontrastmit tela ufna hme nach weisbar (1). Der dorsal gelegen e Herd nimmt kein Kontrastmittel auf (._). Beachte auch die Hautverdickung und Einzieh ung ü ber dem Tumor (-). Diagnose: duktales inva sives Karzinom (dorsaler Herd: einfache Zyste als Zufallsbefund). c) Präpa rat radiografie mit Drahtlokalisation: Ein nicht tastbarer, mammagrafisch erkennbarer Befund wurde präoperativ über eine Nadel mit einem Draht markiert . Die Präparatradiografie beweist die zentrale Lage der Drahtspitze im komplett entfernten Tumor (duktales i nvasives Karzinom). d) P rä pa r atradio g ra fie eines Mikrokalkareals: Das Radiogramm lässt deu tlich die Polymorphie der Mikrove r kalk u n g en erkennen, die lineare, verzweigte, Y förmige und g ranu l äre Muster aufweisen. Diagnose: intraduktales Karzinom vom Komedotyp mit klassischem Verkalkungsbild (Komedo Mitesser, weil der histopathologische Befund an mit Talg gefüllte Follikel erinnert) -
=
.
5 . 3 Klassische Befu n d e 5.3.3 Thorax (Atm u ngsorg a ne u n d
Mediast i n u m) G. Kauftmann
A l l g e m e i n es Meist wird die Hartstrahltechnik ( 1 20- 1 50 kV bei 5 mAs) an gewandt Der Fokus-Film-Abstand sollte 1 ,80 m betragen, um geometrische Vergrößerungen zu vermeiden. Die Röntgenauf nahmen wurden ursprünglich - bis nach 1 945 - als fotografi scher Abzug betrachtet ( > Abb. 5.86). Dadurch wurde der .
1 23
heutige Sprachgebrauch geprägt: Das Herz imponierte als was serdichtes, relativ großes Organ dunkel (fast schwarz) und er hielt so die Bezeichnung Herzschatten. Die Lunge dagegen imponierte als sehr hell, man sprach von Aufhellung. Die Röntgenaufnahme wird heute aus praktischen Gründen als Film - wie ein fotografisches Negativ - betrach tet ( > Abb. 5.87). Der Sprachgebrauch hat sich jedoch nicht geändert: Das Herz, die Rippen oder die Lungenentzündung werfen nach wie vor "Schat ten" auf die Lunge, obwohl sie als hell (fast weiß) imponieren. Die Luft der Lunge selbst wird auch heute noch - obwohl mehr oder weniger tiefschwarz - als Aufhellung bezeich net. Diese Phänomene bei der Betrachtung eines Filmes si n d im merhin logisch: Die groß e wasserh altige" Masse des Herzens absorbiert viel Röntgenstrahlung, der Film wird kaum ge schwärzt. Dagegen lässt die Lunge viel mehr Strahlung passie ren; somit trägt dieses Areal stark zur Schwärzung des Films bei. Nur die Nomenklatur beharrt falschlieh auf den alten Be griffen! Einfacher wäre es, von einem schwarzen, grauen und weißem Areal zu spreche n "
.
MERKE Bei B etrachtung einer Röntgenaufnahme des Thorax wird ein schwarzes Areal als Aufhellung und ein weißes Areal als Verschattung bezeichnet. •
•
Die Grenzen zwischen normalen und pathologischen Befunden sind fließend. Der Radiologe spricht z.B. vom "noch normalen" oder "altersentsprechenden" Befund. Uns Ärzten ist selbstver Abb. 5.86 Papierabzug einer Thoraxaufnahme (heute unüblich). Das Herz erscheint schwarz und wird deshalb a ls Herzschatten (HS) bezeichnet. Analog wurde und wird das Lungengewebe als Auf he l l u n g beschrieben. [5]
ständlich bewusst, dass es den völlig normalen ode r dem Alter entsprechenden Befund gar nicht geben kann. Um dem Studenten die Beurteilung der krankl1aften Befun de zu erleichtern, wurde an vielen Stellen dieses Buchs solch ein "Normal"-Befund vorangestellt. Dies wurde aus didakti schen Gründen vor allem im Thoraxkapitel nötig. Vergleicht
Abb. 5.87 Thoraxaufnahme als Negativfi lm (heute Standard). Das
Abb. 5.88 Betrachtung einer Thoraxaufnahme immer seitenver kehrt. Der Pfeil links oben im Bild zeigt auf die rechte Lungenspitze. ln
Herz ist fast weiß und wird dennoch als Herzschatten (HS) bezeichnet. die dunkle Lunge als Aufhellung. [5]
Projektion über den linken Humeruskopf sind ein für posterior-anterior eingeblendet. [7]
., L ''
für links
und
. p.a . " .
1 24
5 Röntgendiagnostik
der Student >- Abb. 5. 1 , >- Abb. 5.87, >- Abb. 5.88, >- Abb. 5.89a, >- Abb. 5.90, >- Abb. 5.92, >- Abb. 5 . 1 00a, >- Abb. 5. 1 0 1 , >- Abb. 5. 1 06, >- Abb. 5. 108a und >- Abb. 5 . 1 1 8a ( al
der Bewertung des Begriffs "normal" deutlich. Als krasses Bei spiel hierfür soll der Vergleich der >- Abb. 5. 1 einer j ungen Dame mit der >- Abb. 5.87 eines "mittelalterlichen" Herren
les nur p.a.) untereinander, werden die großen Unterschiede in
dienen. Die Lungengerüstzeichnungen sind dermaßen unter-
b Abb. 5.89 Vergleich der Thoraxaufnahmen im Stehen und im li eg e n [5)
a) Präoperative Aufnahme im Stehen, p.a.: Beachten Sie den l eichten linksseitigen Zwerchfellhochstand d u rch den kräftig gefüllten Magen und das schlan ke Herz-Mediastinal-Band (--.). Die Verteilung der Ober- zu den U nterlappengefäßen steht im Verhältnis 1 :3 , das ist norma l ! b) Aufnahme im Liegen auf der Intensivstation nach einer Operation, wenige Tage später. Da der Patient dort meist auf dem Rücken liegt: a. p. Aufnahme. Beachten Sie die Verbreiterung des Herz-Mediastinal-Schattens (--.) und das Dickenverhältnis von Ober- u nd Unterlappengefäßen von 1 : 1 (dies ist im Liegen nicht als pathologisch im Sinne des Umverteilungsphänomens - siehe unten - zu werten). Der Patient ist intubiert und hat eine linksseitige Pleu ra drainage wegen eines Hämatothorax. Abgesehen davon sind die übrigen Befunde normal !
a
Abb. 5 . 90 N or m al - und Nebenbefunde am Thorax p.a. und seitl ich (bei einer älteren Patientin: zusammenfassend kann man von einem dem Alter
entsprechenden Befund ausgehen). Beachten Sie die Position der Mammae (p.a. und seitlich) und die Gefäßzeichnung (-). Die Grenzen von Herz und großen Gefäßen sind in der Skizze in > Abb. s.g 1 erklärt. [7) a) Mit den Pfeilspitzen (-) wird auf einige Lungengefäße verwiesen. Die große Leber drückt das rechte Z werc hfe ll (rZ) nach oben, während es links (IZ) durch vergleichbar kleineren Magen und Milz etwas tiefer steht. Die Schatten der Mammae überdecken auf der p.a .-Aufnahme basale Lungenstrukturen; sie können je nach Dichte und Position eine Trübung der Unterfelder verursachen. b) Seitlich überlagern die Mammae kaum Lungenstrukturen. Beachten Sie, dass auch in dieser Projektion ein Zwerchfell immer etwas höher steht. Die seit liche Aufnahme zeigt bei dieser Patientin zudem eine vermehrte Kyphose m1t degenerativen Veranderungen an den W1 rbelkorpervorderkanten.
5.3 Klass ische Befunde
1 25
�--�---4---- Aorta ----���
V. cava su perior ----,.--':....._
-�,
_ _
re. Vorhof --+--':....--+
Abb. 5.91
-f'<:---+----+- A. pulmonalis -�;.;+.-I-
.\
li. Vorhof -----1''"----';.!.-
li. Ventrikel -+--I
re. Ventrikel
b
Retrokardialraum . cava inferior
Schemazeichnungen der Thoraxaufnahme p.a. (a) und seitlich (b).
schiedlich, dass - im direkten Vergleich - bei Letzterem die Diagnose "Fibrose" suggeriert wird.
- Die Zwerchfellku ppeln stehen im Liegen durch den abdominel len Druck deutlich höher als im Stehen, das Herz wirkt deshalb .,gesta ucht" und erscheint größer. - Falls der Patient außerdem noch bewusstlos ist und die Aufnah me nicht in tiefer Inspirat ion durchgeführt wird, liegt ein dritter Grund für die Vergrößerung der Herzsilhouette auf der a. p. Aufnahme vor: die Ausatmung .
M E R K E
Das Thoraxbild wird so betrachtet, als stünde der zu u n ters uchen de Kranke vor dem Arzt. Dadurch sind links und rechts natürlich ver
tauscht!
Bespricht oder erklärt man ein Thoraxbild, wird demnach z.B. in die linke obere Bildhälfte gedeutet und die rechte Lungenspitze des Kranken gemeint ( > Abb. 5.88). Die Bilder der CT und MRT werden so betrachtet als stünde der Untersucher "unter" dem Patienten, also in Analogie zum Blickwinkel vom Gynäko logenstuhl aus. Links und rechts sind ebenfalls "vertauscht." Die Thoraxaufnahme wird unter optimalen Bedingungen im Stehen angefertigt, da die Lunge durch die Wirkung der Schwerkraft auf die Organe des Abdomens so am besten entfal tet ist ( > Abb. 5.89a). H ingegen müssen beatmete Kranke auf der Intensivstation im Liegen untersucht werden ( > Abb. 5 . 89b). Hier werden Kompromisse in der Qualität akzeptiert, da andere Bedürfnisse der Behandlung (z.B. Beatmung, Ü ber wachung der wichtigsten Organfunktionen) im Vordergrund stehen. Dadurch gelten in Bezug auf die Qualität der Beurtei lung starke Einschränkungen: so werden z.B. Pneumonien oder kleine bis mittelgroße Pleuraergüsse häufig übersehen. Die Herzgröße kann nicht zuverlässig beurteilt werden. Die Aufnahmen werden in Einatmung durchgeführt.
Vorgehen bei der Befundung Um in der Routine keine Befunde zu übersehen und insbeson dere auch bei auffälligen Hauptbefunden keine - ebenfalls wichtigen - Nebenbefunde zu verpassen, muss jeder Abschnitt des Röntgenfilms - nicht nur die Lunge und ihr Gerüst, son dern auch die Weichteile und das Skelett ( > Abb. 5.90) sorgfältig gemustert werden. Die Reihenfolge der einzelnen Schritte ist dabei sekundär. Man sollte sich j edoch eine Grun d systematik der Betrachtung angewöhnen, wie zum Beispiel von außen nach innen vorzugehen, das angrenzende Skelett system, den Durchmesser und das Verteilungsmuster der Lun gengefäße zu evaluieren, die Herzgröße zu objektivieren und erst dann Details der Lunge selbst zu untersuchen. Beim Be fu nden der Lunge und ihres Gerüsts ist den mediastinalen Strukturen ebenso Aufmerksamkeit zu widmen: Form, Lage und Größe des Herzens und der großen Gefäße sind zwar durch den Luftgehalt der sie umgebenden Lunge klar erkenn bar, aber Grenzen und Zugehörigkeit zu den verschiedenen H erz-/Gefäßpartien sind empirisch festgelegt (Erläuterung sie he Skizze in > Abb. 5.9 1 ).
M E R K E
Begriffsdefinition p . a .: Stra hlengang posterior-anterior: Dieser Strahlengang wird bei Aufnahmen im Stehen bevorzugt, da das im Thoraxraum vorne liegende Herz hierbei filmnah liegt, somit nicht vergrößert wird und nur geringe Teile des Lungenparenchyms überdeckt. • Begriffsdefinition a . p . : Strahlengang anterior-posterior - An wendung bei Aufnah men im Liegen . Der Herz- und Mediastinal schatten erscheint aus mehreren Gründen g rößer als auf der p.a. Aufnah me: - Der Film liegt herzfern; dadurch kommt es - wegen des diver gierenden Strahlenbündels - zu einer projektionsbedingten Ver größerung des Herz- und Mediastinalschattens. •
M E R K E
Liegend- versus Stehend-Aufnahmen
Di e Aufnahme im liegen (a.p.) ist ein Kompromiss mit schlech ter Qualität. Sie l i efert nur grobe I nformationen und ausgeprägte Befunde. Einzelheiten, i nsbesondere Pneumonien werden sehr leicht übersehen. Die Herzgröße kann nicht zuverlässig beurteilt werden. D ie Aufnahme im Stehen ( p . a . ) ist dagegen der Standard mit vertretbarer Qualität. • Nur Schnittbildverfahren (z. B. die CT) liefern wirklich hohe Qualität. •
•
I
1 26
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.92 Thoraxaufnahme p.a. im Stehen: N ormalbefund. Die zentralen Gefäße sind g u t
zu sehen (-+) u n d s i e verjüngen sich harmonisch in Richtung Lungen peripherie. Beachten Sie, dass dort die gesamte Zahl der Gefäße (.....) rechts et was höher liegt als li nks, weil links ein Teil der Gefäße durch das Herz überlagert ist. Ursache: H erz und Gefäße projizieren sich in eine Ebene des Films ( Projektionsradiografie im Gegensatz zu den Schnittbildverfahren wie z.B. CT). I nsgesamt sind die Gefäße gleichmäßig verteilt, auch im Kreis liegt keine Rarefizierung vor: die Gefäße sind we der zu dünn noch zu selten. [SI
Abb. 5.93 Regionär helle Lunge nach Lun genembolie. Nach Kniegelenksoperation treten
bei diesem Patienten Tachypnoe, Tachykardie und Dyspnoe auf. Um einen Pneu oder eine Pneu mo nie auszuschließen, Thorax a.p. (also im Liegen): Durch eine teilweise Verlegung der rechtsseitigen oberen Pulmonalarterien (Beweis siehe CT in >- Abb. 5.94) ist dieser Bereich der Lunge ver mindert durchblutet; es kommt zur Rarefizierung der Gefäße (im Kreis). Als Folge erscheint das rechte Oberfeld im Vergleich zum Rest der Lunge etwas dunkler, d.h. im Sprachgebrauch der Radio logie aufgehellt. Im linken Oberfeld sind die Gefä ße besser sichtbar (.....). Die zentralen Lungengefä ße (-+) sind beidseits - als Folge des stark erhöh ten Drucks - besonders prominent. Falls ein Em bolus zentral so s itzt, dass er die gesamte rechte (oder linke) Strombahn verlegt, erscheint die rech te (oder linke) Seite insgesamt rarefiziert, also einseitig hell. Das ist aber auch der Grund dafür. dass die PR nicht in der Lage ist eine Lungenem bolie zu erfassen. Zu sehr hängen die indirekten Zeichen der PR von der Lage des Embolus u nd/ oder seiner Fragmente ab. [71
5.3 K l assische Befunde
Abb. 5.94 CT nach Lungenembolie
1 27
a) CT in 2-dimensionaler Projektion ( Patient von > Abb. 5. 93). Von rechts nach links bzw. oben nach unten entspricht von ventral nach dorsal. KM-Aus sparung vor allem in rechter oberer Pulmonalarterie (....). Weitere kleinere Emboli auch in der rechten Unterlappenarterie (obere .... in den beiden u nteren Bildern). 17) b) Cor pulmonale bei akuter Lungenembolie. Bei einem 38-jährigen Mann treten nach einer Bandscheibenoperation plötzlich Schmerzen in der Brust und Dyspnoe auf. Thorax p.a.: Zeichen der Rechtsherzvergrößerung: angehobene Herzspitze und links randbildender rechter Ventrikel, ausladender rechter Vorhof (,....) und prominentes Pulmonalissegment (schwarzer und weißer -) mit Kalibersprung der Gefäße zur Peripherie (= große zentrale Gefäßschatten, Rarefizierung zum Lungenmantel hin). 1 1 2 ] c) Spiral-Cl, axialer Schnitt in Höhe des Hilus : Emboli (..) sind hypodens in beiden Arterien der Unterlappen zu erkennen. tp Truncus pulmonalis, vcs Vena cava superior, a Aorta. 1 1 2]
1 28
5 Rönt ge n d i agn o st ik
Aufh e l l ung (re g i o n ä r beg renzt) Der B ildaufbau bei der Thoraxaufnahme beruht vor allem auf dem Kontrast zwischen Luft in den atmungsaktiven Partien, wie z.B. innerhalb der Alveolen und Bronchien, und dem "Wasser" (Blut u nd Muskeln) in Herz und Blutgefä ßen (ein schließlich deren Wänden). Zu Letzterem rechnen vor allem Pulmonalarterien und -venen und geringer auch Wände der Alveolen und Lymphgefäße. Alles zusammen fasst man unter dem Begriff "Interstitium" zusammen. In >- Abb. 5.92 und > Abb. 5.93 sind Teile des I nterstitiums jeweils mit Pfeil spitzen herausgearbeitet. Dabei sind die Kreise in > Abb. 5.92 und > Abb. 5.93 sorgfältig komplementär zu vergleichen, da sie ein sehr unterschiedliches Gefäßbild (vor wiegend das I n t erstitium ) zeigen. Während ein - aus wel chem Grund auch immer entstandenes - Zuviel a n "Wasser" in den Alveolen zur Verschaltung führt, wird ein Zuwenig an Struktur, dem Interstitium, eine Aufhellung bewirken. Sie kann regionär begrenzt ( z.B. einseitig; > Abb. 5 .93) oder beidseitig vorkommen. Rarefizierung
Eine Rarefizierung der Pulmonalgefäße ist ein gewisser indi rekter Hinweis für eine Lungenembolie. Diese Aussage ist kei nesfalls umkehrbar! Die Thoraxaufnahme eignet sich nicht zur Diagnostik der Lungenembolie. Was eignet sich? Sehen Sie sich zu dieser Frage besonders intensiv > Abb. 5.94a&c (CT) zur Lungenembolie und > Abb. 5.94b (Thorax nativ) zur Rarefi zierung an! M E R K E
Interstitium
Die Beg riffe ,. I nterstitium " und ,.Gefäßzeichnung " der Lunge wer den gern, aber nicht ganz korrekt gleichgesetzt. Tatsache ist allerdings, dass das Interstitium vorwiegend aus Blut gefäßen besteht (natürlich auch aus den Wänden der Alveolen, den Lymphgefäßen und den Bronchialw änden). Zu wenig interstitielle St ru ktu rzeichnung füh rt zur Aufhellung. • Gründe für verminderte interstitielle Zeichnung: - 1 ) Gefäße zu dünn oder zu wenige (z.B. Lungenembolie, Atelektase, Pneu), - 2) Fehlen der Bronchial- oder Alveolarwä nde (z.B. Emphysem). •
•
•
Pneu mothorax Ist die einseitig helle Lunge anatomisch auf den Pleuraraum abgrenzbar, liegt ein Pneumothorax ( ku rz : Pneu) vor. Er lässt sich von Iufthaitiger Lunge mit Gefäßstruktur durch seine völ lige ( ! ) S truktu rlosigkeit unterscheiden. Physiologischerweise
hält ein Unterdruck die Pleura visceralis und parietalis zusam men u nd gewährleistet die Ausdehnung der Lunge. Dringt Luft mit atmosphärischem Druck in den Pleuraraum ein, versagen diese Adhäsionskräfte und die Lunge kollabiert. Die G röße der resultierenden Aufhellung hängt davon ab, wie stark die Lunge zusammenfallt. Ist nur der äußerste Rand betroffen, spricht man von Mantel pneu ( > Abb. 5.95) Wird ein Pneu befürchtet, z.B. nach Entfernen von Thorax drainagen, wird von vornherein eine Aufn ahme i n Exspirati on angefertigt. Bei Ausatmung wird das konstante Volumen des Pneus auf einen kompakteren Raum konzentriert (Aus nahme: Spannungspneu, siehe unten). Aus dem spaltförmigen - sehr schwer sichtbaren - Mantelpneu ist ein breiterer mit Luft besetzter Raum geworden, der besser sichtbar ist ( > Abb. 5.96). M E R K E
Bei fraglichem oder bei klin ischem Verdacht auf Pneu wird eine Ex
spirationsaufnahme angefertigt.
Spannungspneumothorax Beim Pneu dringt die Luft von innen oder von außen in den Pleuraraum ein: von innen durch ein spontan geplatztes Emphy
sembläschen oder von außen durch eine Eröffnung der Alveolar räume, z.B. nach Rippenfrakturen oder einer Stichverletzun g. Unabhängig vom Mechanis mus der Pneuentstehung ist es möglich, dass durch Gewebefetzen, die in Ein- und Ausatmung hin und her flattern, ein Ventilmechanismus entsteht. Dabei wird in Einatmung Luft in den Spaltraum des Pneus hineinge zogen und diese kann durch das "Ventil" in Ausatmung nicht mehr entweichen. Der Pleuraspalt - urs p rünglich unter negati vem Druck, beim Pneu unter atmosphärischem Druck - gerät durch die Atmung des Patienten mit solch einem Ventil ( !) zu nehmend unter Ü berdruck! Diese Sonderform des Pneus wird als Spannungspneu bezeichnet. Die blitzartige klinische und radiologische Diagnose des Spannungspneus gehört zu den Basisanforderungen an jeden Mediziner. Die TI1erapie mit sofortiger Drainage ist relativ ein fach; umso verhängnisvoller ist es, die Zeichen des Überdrucks im Pneu (und damit TI1oraxraum) mit den del etä ren Folgen für den Kreislauf zu übersehen ( > Abb. 5.97, > Abb. 5.98, > Abb. 5.99). M E R K E
Bei der Diagnose .. Pneu " immer auch sofort nach event uel len Zei chen eines Überdrucks fahnden . Beim Spannungspneu sind dies auf der vom Pneu betroffenen Seite Zwerchfelltiefstand und Vergrö ßerung des Thoraxraums. Herz- und Mediastinalstrukturen werden in Rich t ung gesunde Seite gedrückt und d o rt kompri mie rt !
5 . 3 K lassische Befunde
1 29
a
Abb. 5.95 Mantelpneu: Ein 2 1 -jähriger ambulanter Patient bekommt aus völligem Wohlbefinden linksseitige thorakale Schmerzen ohne Dyspnoe.
a) Ausschnitt einer Thoraxaufnahme p.a. im Stehen: Lungenspitzen bds. Norm albefu n d. Beachten Sie, dass zarte Gefäße (�) bis an den Lungenmantel heranreichen. Vor al lem links oberhalb der Klavikula sind im Gegensatz zu b) Gefäße zu sehen. [5] b) Linke Lungenspitze p.a . des Patienten (Ausschnittvergrößerung des linken oberen Hemithorax in Exspiration): Die feine, mit Pfeilen (-+) markierte Linie entspricht der Pleura visceral i s : einseitig hel le r Lungenabschnitt Da kein Trauma vorangegangen ist, liegt ein Spontanpneu vor (Spa ltbreite 1-3 cm). in der linken Lungenspitze kaum sichtbare Bullae (�). [ 1 31 c) CT des linken oberen Hemithorax eines vergleichbaren Patienten: Die feine mit Pfeilspitzen (�) markierte Linie entspricht der Pleura visceralis, die erst durch den Pneu sichtbar wurde. Besser als auf der Thoraxaufnahme der Projektionsrad iografie ist eine der Bullae ( ......) sichtba r . [ 1 3]
1 30
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.96 Verhalten eines Pneus in Ein und Ausatmung. Ein 37-jähriger Patient wird nach einer Messerstecherei stationär mi t langsam
b
Abb. 5.97 Entstehung eines Spannungspneus rechts: Ein 1 7-jähri ger gut trainierter Basketballspieler (Länge 1 93 cm ! ) erfährt einen plötzli chen thorakalen Schmerz und wird mit rasch zunehmender Dyspnoe und beginnendem Kreislaufkollaps in d ie Ambulanz eingeliefert. Obwohl die Anamnese klassisch ist, kommt es zum Ablauf der Abbildungen 5. 9 7 bis 5 .99 Thorax p.a.: Die rechte Lunge (L) ist d urch den Ü berdruck im Pleuras palt auf Y3 ihres Volumens zusammengedrückt (viszerale Pleura -). Der Pneu selbst ist als großes strukturfreies Areal erkennbar (vgl. Kreise rechts [ohne Gefäße[ vs. Kreise in der linken Lunge [Struktur bis in die Peripherie]). Durch den Ü berdruck ist das rechte Zwerchfell (.... )- trotz der entgegendrü ckenden Leber - nach unten gepresst worden und steht jetzt fast genauso tief wie das rechte. Die rechte kollabierte Lunge (L) enthält so wenig Luft, dass ihre Dichte von der Herzdichte (H) kaum mehr zu d ifferenzieren ist. Kli nisch stellt sich jetzt ein massiver Blutdruckabfall ein. 1 5 1
zunehmender Dyspnoe eingeliefert. I S] Aus schnittvergrößerungeil der rechten Lunge: a) ln In spi rat i on ist der Mantelpneu kaum sichtbar. Die Pfeilspitzen ( ....) markieren die sichtbar ge wordene Pleura visceralis. Der Befund ließ sich schwer einschätzen, bzw. e r wurde bezweifelt. b) ln E xsp ira t io n ist die gefäßfreie, schwarz impo nierende Aufhellung klar sichtbar. Die Lunge ist jetzt (nach einer halben Stunde ! ) so stark kollabiert, dass sie h e l l gra u bis weiß aussieht. Jetzt ist die Pleura visceralis (.,..) deutl icher zu sehen.
Abb. 5 .98 Fortschreiten des Spannungspneus rechts. Auf den ers ten Blick ist alles g leich, nur " ein bisschen" ausgeprägter; bei näherem
Hinsehen sind die Folgen des Ü berdrucks im betroffenen Pleurarau m katas trophal: Das rechte Zwerchfel l steht jetzt tiefer als das linke (....), Tra cheabronchialsystem und Herz werden Richtung linke Thoraxwand ge drückt, der Pneu reicht nach links (-) und die linke Lunge wird nun eben falls komprimiert; die rechte erscheint noch dichter als zuvor! Beachten Sie auch, dass nicht nur der Pneu, sondern auch der gesamte rechte knöcherne Thoraxraum größer geworden ist. Dieser Zustand ist absolut lebensbedroh lich: Der intrathorakale Druck i t jetzt so hoch, dass kein Blut mehr zum rechten Vorhof gelangt; die Therapie hätte spätestens ( I ) nach > Abb. 5 .97 einsetzen müssen ! Der Kreislaufkollap lässt sich jetzt nicht mehr beherr schen, deshalb ( ? ) wurden wohl a u ch EKG-Eiektroden ( ) a ng e leg t . [ 5 1 '
5 . 3 K l ass i s c he Befunde
1 31
weißes - Lungensegment). Ist sie inkomplett, entsteht hinge gen ein Ventilmechanismus. Die Röntgensymptome folgen ähnlichen Gesetzen wie beim Spannungspneu: Dadurch, dass der Ventilmechanismus zwar Luft in die Lunge hinein-, aber nicht wieder herauslässt, wird der Teil der Lunge hinter dem Fremdkörper i.iberbläht, d.h. immer schwärzer. Auch hier resultiert das Bild einer regionär - hier einseitig - hellen Lunge ( > Abb. S.lOOb ).
M E R K E
Beim Verdacht auf Fremdkörperaspiration im Kindesalter muss die
Thoraxaufnahme in Inspiration und Exspiration ( > Abb.
5 . 1 00) angefertigt werden. Die von der Aspiration betroffene Seite zeigt einen Zwerchfelltiefstand. Gleichzeitig sind Herz- und Mediasti nalstrukturen zur gesunden Gegenseite verlagert! Die betroffene Seite ist heller als die gesunde.
Aufh e l l u n g (beidseiti g) Abb . 5.99 ,.Normalisierung" des Befundes nach Spannungspneu.
Die Einlage einer Pleuradrainage (Bülau; -) hat Wunder bewirkt. Die Zei chen des Ü berd rucks sind verschwunden: das rechte Zwerchfell i st wieder in Position (....). auch die Mediastinalverlagerung ist behoben und natürlich der Pneu. Als .. Erinnerung an d ie gut gemeinte Rettungsaktion sind die Lungengefäße noch prall gefüllt: Ü berinfu sion . [5] "
Asp i ration Ein ganz ähnliches - und nicht minder lebensbedrohliches Bild wie der Spannungspneu des Erwachsenen liefert im Kin desalter die Fremdkörperaspiration ( > Abb. 5. 1 OOa). Die Verlegung durch einen Fremdkörper kann komplett sein: dann resultiert die umschriebene Atelektase (luftleeres -
a
I nsp iration
Lungenem physem Das Emphysem stellt eine Erweiterung der Lufträume distal der Bronchioli terminales infolge Destruktion ihrer Wand dar. Ursachen sind meist obstruktive Lungenerkrankungen, oft in Kombination mit die Alveolarwände destruierenden chronischen Infekten. Ist das Emphysem - wie häufig - über beide Lungenflügel verteilt, entsteht das Bild der beidseitig hel len Lunge. Die Verteilung ist mehr oder weniger unregelmä ßig, je nachdem welche Segmente besonders befallen sind (sie he > Abb. 5. 1 0 1 im Vergleich zu > Abb. 5. 1 02 [p.a.] und > Abb. 5. 1 03 im Vergleich zu > Abb. 5 . 1 04 [ seitlich ] ) .
b
Exspiration
Abb. 5 . 1 00 Fremdkörperaspiration . [ 1 7 ] a) Am Samstagabend wi r d ein 2 Jahre alter Junge mit seit 2 Tagen bestehendem ex spi ratoris c hem Stridor und Husten in die Ambulanz ge b r a ch t. Bei kör
perlicher Untersuchung findet sich ein abgeschwächtes Atem ge rä u sch rechts. D ie T ho raxa u fna h me (in üblicher Inspiration) ist - abgesehen von einer leicht zu übersehenden Ü be rbl äh un g der rechten Seite - norma l . b) Exspirationsaufnahme: Luftverlust der gesunde n linken Lunge, mehr als bei normaler Ausa tmung zu erwarten. Aber: Überblähung ( I ) rechts mit konseku tiver Herz-/Mediastinalverschiebung (-). Der - wie hier - meist nicht schattengebende Fremdkörper sel bst bleibt unsichtbar. Therapie: bronchoskopische Entfernung des F remdkö rpers .
I
1 32
I
5 Röntgendiagnostik
Normaler Thorax p.a. Die Gefäßzeichnung ist gleichmäßig bis in die Peripherie sichtbar. Im Prinzip wurde h ier - wie immer - ein " nor maler" Vergleichsthorax herangezogen, aber einige Details haben Sie sicher bemerkt, die trotzdem nicht ganz stimmen? Links ist ein Mammaschatten sichtbar (weiße >l. rechts fehlt dieser, da die Mamma entfernt werden musste. Die einzelne schwarze Pfeilspitze (> ) links zeigt auf einen Fremdkör per ( Portkammer zur Chemotherapie), die zwei anderen schwarzen Pfeilspit zen (>) markieren den Portkatheter. Schmerzbedingt (der Port wurde vor einer Stunde implantiert) ist die Patientin nicht korrekt im Gerät platziert und die Skapulaschatten (*) sind sichtbar, weil nicht herausgedreht. [5] Abb. 5 . 1 0 1
Abb. 5 . 1 02 Emphysem. 56-jähriger ehemaliger Taxifahrer mit kürzlich zune h mender Ruhedyspnoe ( I ), seit Jahren Belastungsdyspnoe, bis vor 7 Jahren schwerer Raucher. P.a. Thoraxaufnahme: Beidseits tief stehende, abgeflachte Zwerchfellhälften (.....). Rarefizierung der Lungengefäße im Lun genmantel basal und apikal, vermehrte Transparenz der Lunge auf Grund der Reduktion der Lungengefäßkaliber beidseits i n den Oberfe ldern und ba sal (weiße ...._.. ), schlanker, median gelegener Kardio-/Mediastinalschatten (schwarzer _.... ). (Vgl. > Abb. 5 1 0 1 ) [ 1 3]
Abb. 5 . 1 0 3
Normaler Thorax seitlich (gleiche Patientin wie i n
Abb. 5 . 1 0 1 ) .
Retrosternaler und retrokardialer Raum sind von normaler Ausdehnung. Der einzelne Pfeilkopf (>) markiert wiederum die Portkammer, die beiden Pfeilköpfe (>) den Portkatheter der Patientin. [5] >-
Abb . 5 . 1 04 Seitl iche Thoraxaufnah me bei
Emphysem. Verbreite
rung des retrosternalen und retrokardialen Raums (_.... ) . I 13 I
5 . 3 Klassische Befunde
1 33
Abb. 5 . 1 05 Emphysem der Lunge. CT des Thorax in maximaler I nspiration in Höhe des Aortenbogens (a) u nd in Höhe des Unterfelds (b): überall besonders subpleural - finden sich bis zu 5 cm große gefäßlose (!) luftgefül lte Hohlräume (..._) . Die U nterlappenarterien s ind deutlich sch mä ler als die korrespondierenden normal weiten Bronchien. ISI Die Veränderungen des Emphysems sind in der Projektions adiografie in ausgeprägten Situationen ganz gut darstellbar, jedoch keinesfalls quantifizierbar! Besser ist hier die Compu tertomografie ( > Abb. 5. 105) geeignet, die dreidimensional das aufdeckt, was sich hinter der simplen Thoraxaufnahme der PR verb i rgt . In der PR sind nicht selten relativ "gesunde" und normale Abschnitte übereinander projiziert, sodass jeder Ver such der Qua nt ifizierung der Veränderungen frustran bleiben m uss. Durch die ebenfall s vorliegende, durch Hypoxie bed ing te Engstellung der Gefäße - sog. Euler-Liljestrand-Reflex - steigt der pulmonalarterielle Druck, was wiederum im weiteren Krankheitsverlauf zu einer Erweiterung der zentralen Pulmo nalarterien und zu einer Rechtsherzhypertrophie führen kann. Mit den Jahren werden Zahl und Querdurchmesser der Gefäße dauerhaft gemindert, weil - orientiert am verminderten Bedarf - rückgebildet. Mit anderen Worten, es kommt durch die Ver minderung des Gesamtquerschnitts der Lungen s t rombahn zu einem zusätzlichen Effekt im Sinne der Aufhellung.
Verschattung, f lä c h ig (a lveo l ä r)
r
Z U S A M M E N F AS S U N G
Aufhellungen
Das Interstitium besteht vorwiegend aus Gefäßen. Zu wenig interstitielle Strukturzeichnung führt zur Aufhellung. • Die regionär begrenzte Aufhellu n g kann durch zu dünne od e r zu wenige Gefäße (z. B. bei Lungenembolie) oder keine Gefäße (z. B . bei Atelektase, Pneumothorax oder Fremdkörperaspiration) be dingt sein. • Fehlen der Bronchial- oder Alveolarwände, z.B. beim Emphysem, verursacht mehr oder weniger u nreg elm äßig über die ganze Lunge vertei lte Aufhe l l u ng e n. Beim Emphysem sind Zahl und Querdurch messer der Gefäße gemindert. Die Projektionsradiografie kann n ur die Verdachtsdiagnose Em phys em stel len . E rhärtet werden kan n diese D iag nose nur durch Lungenfunktionstests bzw. - m it ion isierender Strahlung - durch die Computertomografie.
•
•
•
Verlegt ein Fremdkörper das abhängige Bronchialsystem kom plett, wird die im befallenen Lungensegment enthaltene Luft allmählich von benachbarten Lungenteilen über die Cohn-Po ren resorbiert. Der befallene Lungenabschnitt wird langsam luftleer; man spricht von Atelektase.
Ate l ektase Radiologisch ist ein atelektatisches, also luftleeres Lungenseg ment gekennzeichnet durch ein weißes Areal - um in der Ter minologie der Radiologie zu bleiben: eine Verschattung. Diese Ve rschaltu ng ist meist flächig und homogen_ Die Gefäße des befallenen Segments gehen wegen des fehlenden Luft-Kon trasts in der Verschattung auf und sind nicht mehr wie zuvor (Normalbefund > Abb. 5 . 1 06) einzeln sichtbar. Wir haben beim P n eu und Spannungspneu Atelektasen be reits kennengelernt Hier wurde der zuvor von der Lunge ein genommene Raum durch Luft im pleuralen Raum eingenom men bzw. ersetzt. Die Atelektase ohne (!) Pneu gehorcht ande ren Gesetzen: Wird zum Be i sp i el der linke Unterlappen atelek tatisch ( > Abb. 5 . 1 07), wird der weiter bestehende Unterdruck im pleuralen Raum dafür sorgen, dass sich der linke Oberlap pen über den gesamten linken Thoraxraum ausdehnt. Man könnte von einem vikariierenden Emphysem in d er Nachbar schaft der Atelektase sprechen. In dieser Situation ist die Klä rung mittels Bronchoskopie erforderlich. Ein aus anderen Gründen angefertigtes CT unterstreicht die Beweisführung mit der PR ( > Abb. 5. 1 07c) . Die geradlinige Kontur der seitlichen Begrenzung einer At elektase findet si c h am rechten U nterlap pe n analog. Man könnte auch von ei ner "zeltförmigen" Verschattung spre chen. Bei der Atelektase des Oberlappens steht dieses "Zelt" auf dem Kopf; es gelten aber ansonsten ähnliche mo rph o logisch e
Röntgendiagnosti k
5
1 34
Spielregeln : Während normalerweise
( > Abb. 5 . 1 08) die Ge
Zentrales Bronch i a l karzinom
fäße (rechts/links) gleichmäßig verteilt erscheinen, klappt bei der Atelektase des Oberlappens dieser mit all seinen Gefäßen
Liegt bei einem
in Richtung Mediastinum und führt zu einer geringeren An
tistisch - zuerst ein zentrales
( > Abb. 5. 1 09). Im Prinzip gibt es drei endebronchiale Ursachen für Atelek
zahl von Gefäßen
Raucher eine Atelektase vor, s o ist - rein sta Bronchialkarzinom anzuneh
men. Bei länger bestehender Atelektase kommt es als Kompli kation nicht selten zur
Retentionspneumonie. Das heißt aber,
tasen: den Fremdkörper bei Aspiration (meist Kinder), einen
sowohl die Atelektase als auch die prolongiert verlaufende
Tumor beim Erwachsenen (z.B. Rauchern) und den Schleim
Pneumonie sind Anlass zur bronchoskopischen Sicherung mit
pfropf durch eingedickten Bronchialschleim (z.B. beim beat
Biopsie. Meist erst dann ist zur Stadieneinteilung des Tumor
meten Kranken). Davon ausgenommen ist die
leidens - dem sogenannten Staging - die CT indiziert.
die zusätzlich ein
atelektase, wird (vgl.
>
Abb.
5 . 1 1 8f),
Kompressions Aerobronchogramm zeigen
weil ihre Ursache eben nicht en
Das Bronchialkarzinom kann, je nach Stadium und Lokali sation, z.B. als A telektase
( > Abb. 5. 1 1 0) oder peripherer
dobronchial ist.
Herd unterschiedlicher Form und Größe (auch Rundherd), bei
� E RKE
erscheinen.
zentralem Sitz aber auch als Aufhellung hinter einer Stenose
Atelektasen • •
•
•
Endebronchiale Ursachen für Atelektasen sind der Fremdkörper, Tumor und Schleimpfropf. Bei einer Unterlappenatelektase .. verschwindet " die Rundung des Zwerchfells! Der Schlüssel zum sch nellen Erkennen der Atelektase ist die Rare fizierung der Lungengefäße der gesunden Umgebung, da es zu ei ner Art Ersatzbesetzung des betroffenen Thoraxraums kommt. Der nicht befa llene Lappen dehnt sich nämlich ü ber die ganze Thorax hä lfte aus. Der li nke (oder der rechte) Herzrand ist normalerweise u nregelmä ßig (z.B . durch Gefäßstrukturen). Bei einer Atelektase (rechts oder links) verläuft diese Grenze des Herzens wie mit dem Lineal gezo gen .
M E RKE Die Atelektase ist gekennzeichnet durch eine großflächige Verschattung, ein Volumen diminutum des befal lenen Ab schnitts, kompensatorische Ü berblähung und Gefäßrarefizie rung der Umgebung. • Das Bronchialkarzinom kann beispielsweise als Atelektase oder Ru ndherd imponieren. •
Pneumonie Großflächige Versehartungen werden aber auch durch die meisten Formen der
Lungenentzündung hervorgerufen. Pneu-
a > Abb . 5 . 1 07. Beachten Sie besonders die Zahl und Verte i lung der Lungenge l inks etwas weniger als rechts, da die Gefäße dort hi n ter dem Herzschatten teilweise verdeckt sind. Beachten Sie auch die Rundungen der Zwerchfel
Abb. 5 . 1 06 Thoraxaufnahme, Normal befund zum Vergleich mit läße:
le (.,.... in a). [7 ]
a) Bei übli cher Helligkeit betrachtet sind im Herzschatten gerade noch d ie ..fehlenden" UL-Gefäße zu sehen. b) Wird dieselbe Aufnahme manipuliert, sodass sie deutlich dunkler wirkt, kommen die U L-Gefäße links klarer zur Darstellung (-). Unter dem linken Zwerchfell : Magenblas e (.,....).
5.3 Klassische Befunde
monie und Atelektase haben den regionären "Luftverlust" in der Lunge gemeinsam. Bei der Atelektase "verschwindet" die Luft, bei der Pneumonie wird die Luft in den Alveolen durch "wasserdichten" Eiter (analog auch bei Aspiration von Blut oder Wasser) ersetzt. Das Bronchialsystem ist von diesem Prozess nicht primär betroffen, also weitgehend ausgespart. Dadurch sind die Iufthaitigen Bronchien in der Verschattung der Pneu monie als "schwarze Straßen", also als Aufheilungslinien sieht-
1 35
bar (siehe > Abb. 5 . 1 1 1 und > Abb. 5. 1 12 im Vergleich). Die ses Phänomen bei der Pneumonie wird als Aerobrancho gramm (auch positives Pneumobronchogramm) bezeichnet und ist für die Pneumonie typisch (Sonderfall: Kompressions atelektase; vgl. > Abb. 5. 1 18 bei Erguss). Das Volumen des be troffenen Segments oder Lappens ist durch das entzündliche Exsudat vermehrt, man spricht von einem Volumen aueturn ( > Abb. 5 . 1 12).
Abb. 5 . 1 07 Unterlappenatelektase links. Nach dokumentierter Fremdkörperaspiration wird eine Thoraxaufnahme angefertigt. [7] a) Thoraxaufnahme p.a. in vergleichbarer Aufnahmetechnik wie >- Abb. 5. 1 06a: Auf den ersten Blick erscheint der Herzschatten leicht nach links verbreitert. Die Herz-Lungen-Grenze erscheint dort wie mit dem Lineal gezogen. Die übliche Rundung des Zwerchfells fehlt völlig (7) und es "fehlt" links ein Teil der Lungengefäße im Herzschatten, die andeutungsweise (vgl. > Abb. 5. 1 06) dort vorhanden sein müssten. b) Der Versuch, durch Manipulation (wie oben) Gefäße hinter dem Herzen doch noch sichtbar zu machen, m isslingt. Nur die Magenblase mit Spiegel (�) wird sichtbar (der Begriff .. Spiegel" wird an anderer Stelle erläutert; >- Abb. 5 . 1 3 3) . Der Fremdkörper selbst ist nicht sichtbar. Erklärungsversuch: Der durch Fremdkörperaspiration luftleer gewordene rechte Unterlappen hat sich hinter den Herzschatten gelegt. Die "fehlenden " Gefäße lassen den atelektatischen Unterlappen weiß erscheinen. E ine Grenze zwischen drei wasserhaltigen Strukturen (luftleere Lunge, Gefäße und Herz) kann nicht sichtbar sein. Beachten Sie, dass - da alle OL-Gefäße über den gesamten linken Thoraxraum (wie bei einem vikariierenden Emphysem) verteilt sind - in der li nken Lunge insgesamt weniger Gefäße sichtbar sind: Man spricht deshalb von Rarefizierung ! c) l n der CT ist ein Teil dieser Atelektase dargestellt (-). Dieser luftleere Lungenabschnitt liegt tatsächl ich dorsal des Herzens. 1 Leberkuppel, 2 Herz, 3 Aorta, 4 Vena cava.
I
1 36
5 Röntgendiag nostik
Abb. 5 . 1 08 Thoraxaufnahme, N ormalbefund. Beachten Sie wieder
Zahl und Verteilung der Lungengefäße (....).. 17 1
M E R KE ln der Lunge wird, grob vere i nfac hend , zwischen alveolären und in terstitiellen Verschattungen unterschieden: Die a lveoläre Verschattung ist flächig. Zu ihr gehöre n vor al lem Atelektasen und die meisten Pneumonien. Die interstitielle Verschattung ist punkt- bis streifenför mig. Zu ihr gehören vor allem seltene Pneumonieformen, Sarkoi dase u n d F ibrose. Übergänge zwische n beiden Typen und M ischbilder sind jedoch m ögli ch . •
•
•
Es gibt verschiedene klinische und radiologische Klassifikatio nen der Pneumonie, auf die hier nicht ausführlich eingegangen werden kann. Hier sind nur die wichtigsten radiologischen Phänomene behandelt. Die in > Abb. 5. 1 I 2 beschriebene al veoläre Pneumonie hält sich typischerweise an Segmente oder Lappengrenzen. Andere anatomische Räume der Ausbreitung und/oder Manifestation sind z.B. das Interstitium (siehe un ten) oder das B ronchialsystem. Im letzteren Fall vermittelt das Bronchialsystem den Ausbreitungsweg der Pneumon ie, das heißt, überall dort wo Gefäße und Bronchien gemeinsam "an kommen", sind vereinzelt pneumonische Herde - quer über die ganze Lunge verteilt - als Verschattungen sichtbar. Dies wird als Bronchopneumonie bezeichnet ( > Abb. 5. 1 13). Die Pneumonie durch Tuberkelbakterien folgt einem eigen willigen Muster, das zum Überfluss im Kindes- und Erwachse nenalter verschieden aussehen kann. Die Lungentuberkulose folgt aber auch in jeder Altersgruppe sehr unterschiedlichen Erscheinungsmustern, von denen nur wenige - besonders ty pische - hier vorgestellt werden.
M ERKE
Zur Tuberkulose im Kindesalter gehört die besonders starke Mit reaktion der hilären Lymphknoten ( > Abb. 5 . 1 1 4), die beim Er
wachsenen nicht so a us ge prägt i st ( > Abb. 5.1 1 5).
Einschmelzende Herde werden Kavernen genannt. Der Nach weis einer Kaverne innerhalb einer Lungenveränderung ist oft gleichbedeutend m it Verflüssigung und Entfernung des nekro tischen Materials durch Expektoration. Die Infektion von be nachbarten Partien i nnerhalb oder auch "außerhalb" der eige -
---
Abb. 5 . 1 09 Oberlappenatelektase links. Jahrzehntelanger Nikotinabusus, jetzt Hämoptysen. [ 1 3 I
a) Thoraxaufnahme p.a.: teils scha rf, teils unscharf nach lateral begrenzte Verschaltung im linken Oberfeld mit Auslöschung von Aortenknopf (oberer -+) und Hilusstrukturen (unterer -+) und Rarefizierung der links sichtbaren Lungengefäße. Zwerchfel lhochstand links. ln diesem Fall ist der Oberlappen noch nicht völlig luftleer, man spricht deshalb von Dystelektase, meint aber eine praktisch komplette Atelektase. Dies hat n u r deshalb Bedeutung, weil hierdurch die Begrenzung zur gesunden Lunge nicht wie mit dem Lineal gezogen erscheint. Das Volumen des Oberlappens ist dennoch deutlich reduziert; man spricht von einem Volumen diminutum (= vermindert). b) Thoraxaufnahme seitlich: Die Verschattung projiziert sich über den Herzschatten (lange -+) und liegt vorn. Sie ist durch eine von oben nach u nten schräg verlaufende Linie (.,..) begrenzt und somit eindeutig dem Oberlappen zuzuordnen.
5.3 Klassische Befunde
1 37
Abb. 5. 1 1 0 Zentrales Bronchialkarzinom in der CT. [ 1 3)
a) Thorax-Cl in Höhe der distalen Trachea (T): Die linke A. pulmonalis (schwarzer .,....) ist durch Tumor (graue Verdichtung) ummauert und ei ngeengt ( > <) Ventral sind Tumor und Atelektase (beides grau, -l kaum zu trennen, dorsal i st der Tumor von der Iufthaitigen Lunge gut abzugrenzen (-). Ao Aorta, VC Vena cava b) Thorax-Cl in Höhe der B ifurkation (Bif.): Der linke Oberlappenbronchus i st durch Tumor 1-l ummauert. Ao Aorta, P Pulmonalishauptstamm. .
Abb. 5 . 1 1 2 Pneumonie. 3 3-jähriger Mediziner mit hohem Fieber und
Abb. 5 . 1 1 1 Thorax p.a. Ausschnittvergrößerung der rechten Lun ge (Mittei-/Unterfeld), Norma lbefund. Beachten Sie die Pfeil s pitz e n (.,....) , d ie Gefäße markieren. Die dazwischen liegenden Lun g enab s chni tte
sind zwar schwarz, aber keinesfalls Aerobronchogramme, da die Versehal tung fehlt. Zwei parallel laufende Arterien können vom Anfänger also mit einem Aero branchogramm sehr leicht verwechselt werden ! Die leichte Trü bung im rechten Unterfeld ist durch Ü b e rla ge run ge n der Muskulatur bed ingt ( Nachteil der Projektionsradiografie). (5)
H usten. Thorax p.a., Ausschnittvergrößerung des rechten Oberlappens: Die Verschaltung weist eine konvexe Kontur auf, die Alveolen si nd also prall mit " " Eiter gefüllt: Volumen auctum. Beachten Sie die markierten (.,....) Aufhei lungsstraßen in der Verschattung, die für den Begriff " Aerobranchogramm " stehen. ( 5)
1 38
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.1 1 3 Bronchopneumonie. 54-jähriger ambulanter Patient mit Ruhedyspnoe, Fieber und un produktiven H ustenattacken. [5] a) Thorax p.a.: multilokuläre, kleinflächige ( 1 ) Versehatlungen (-) in der linken und rechten Lunge. Beachten Sie, dass die Lappengrenzen n icht respektiert werden. Die Verschaltungen sind anatomisch nicht zuzuordnen und volumenneutraL Zentraler Venenkatheter (-). b) Erst die CT zeigt die exakte Verteilung und Art der Läsionen. Ausschnittvergrößerung: Eine der Verschaltungen ist angeschnitten (-). Beachten Sie den verdickten B ronchus in der Nachbarschaft (-).
Abb. 5. 1 1 4 Tuberkulose. E i n 5 Jahre altes,
sehr blasses Kind mit chronischem Husten und leichtem Fieber wird ambulant vorgestellt. Die Auskultation ist negativ. Thorax p.a.: knollig ver g rößerter rechter Hilus (-) in ein benachbartes Lungeninfiltrat übergehend. Links im Kreis eben falls Lungeninfiltrat m it - im Vergleich zu rechts - nicht so starker Hilusvergrößerung (-) [ 1 4] nen Lu n ge des Patienten - z . B . von Famil ienmitgl iedern - ist
i n der Nachbarschaft noch nach Jahrzeh nten zu sehen . Sie wer-
so m i t vorprogra m m ie rt . Bei der Tuberkulose sind d u rch lym-
den gern als
p h ogene oder bronchogene Streuung fast
immer kleine Herde
Satellitenherde bezeich net.
5 . 3 Klassische Befunde
Abb. 5 . 1 1 5 Tuberkulose-Frühveränderun gen. Ein 28-jähriger Soldat meldet sich nach ei
nem Auslandseinsatz mit Husten, Abgeschlagen heil und Leistungs knick. Thoraxaufnahme p.a. : im linken Oberfeld zwei !laue knotige Versehaltun gen (.....). die kaum zu erkennen sind. Auch der li nke Hilus erscheint betont: Primärkomplex. Die rechte Lungenhälfte ist völlig normal. Diagnose: ., geschlossene" Tuberkulose. [ 5 [
R
Abb. 5 . 1 1 6 Tuberkulose-Spätveränderun gen. Ohne adäquate Therapie kommt es nach
Jahren bei diesem 56-jährigen Kranken zu dem B ild einer narbigen Schrumpfung beider Lungen oberlappen, kombiniert mit vikari ierendem Emphy· sem der Unterlappen. Die Stellung der .. hochgezo· genen " Hili ist markiert (...... ). Die Pfeilspitzen (.,...) markieren die durch Narben verzogene Tra· chea. Im rechten Oberfeld sind zwei Spiegel (--) markiert, die einschmelzenden Herden entspre· chen. Sie sind für die Tuberkulose klassisch und ,.sorgen" für die Verbreitung der Erkrankung: hier gilt der Begriff: ., offene" Tuberkulose, denn jeder Luft-Flüssigkeit-Spiegel legt den Anschluss an das Bronchialsystem nahe. [ 1 3]
1 39
1 40
5 Röntgendiagnostik
Z U SA M M E N FA S S U N G
Pneumonie-Formen
Die alveoläre Form der Pneumonie ist gekennzeichnet durch
•
eine großflächige Verschattung, ein Volumen auctum, eine .. nor
•
•
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male" Umgebung und das Aerobronchogramm. Sie hält sich an anatomische Grenzen wie Segmente oder Lappen. Nach Aspiration ( ! ) von Blut oder Wasser entstehen aber dieselben oder ähnl iche Phänomene. Also immer wieder: Das Röntgenbild ist meist .. mehrdeutig " und wird erst zusammen mit Anamnese, Kli n i k und gegebenenfalls Histologie bzw. Bakteriologie diagnostisch. Die Bronchopneumonie breitet sich über das Bronchialsystem aus. Dort wo Gefäße und Bronchien die Peripherie erreichen, fin den sich die Herde - scheinbar willkürlich - über der ganzen Lun ge verteilt. Der Primärkomplex bei der Tuberkulose kann so diskret sein, dass er - ohne gezielte Fahndung - übersehen wird ( >- Abb. 5. 1 1 5). Einschmelzungen (Kavernen; >- Abb. 5. 1 1 6) sind zwar typisch für Tuberkulose, aber allein nicht diagnostisch (manche Bakterien, aber auch Tumoren verursachen Ei nschmel zungen). Ältere tuberkulöse Herde zeichnen sich d urch kleinere Satellitenherde der Umgebung aus.
a
Schocklu nge Der Alveolarraum kann statt mit entzündlichem auch mit to xisch oder allergisch entstandenem Exsudat besetzt sein: Die genaue Dichte der Flüssigkeit ist der Projektionsradiografie anders als bei der CT - natürlich nicht zu entnehmen. Bei der Schocklunge ( z.B. nach Unfall oder Sepsis; >- Abb. 5. 1 1 7) führen toxische Stoffwechselprodukte, die nach Wiederherstellung des Kreislaufs in kritischen Organen mit ei nem großen "Kapillarpool" vorübergehend "hängen bleiben", zu einem Organversagen . An der Lunge kommt es zu einer An sammlung von Entzündungszellen im I nterstitium, wodurch dort die Kapillaren "verstopfen" und nur noch begrenzt für den Sauerstoffaustausch zur Verfügung stehen. Es sammelt sich - als Hypoxiefolge - Flüssigkeit in den Alveolen und es entsteht, zunächst regionär, ein Lungenödem. Schließlich wird das Interstitium so verdickt, dass die Funktion sich lebensbe drohlich verschlechtert. Morphologisch wird in diesem Sta dium eine milchglasartige Trübung sichtbar.
b
Abb. 5. 1 1 7 Schocklunge. 27 -jähriges Unfallopfer, ursprünglich m it schwerer bl utu ng sbedi n g ter Kreislaufdepression, erholt sich nach adäquater Therapie zunächst rasch. [ 1 3 ] a ) Eine der ersten Thoraxaufnahmen, liegend auf Intensivstation: beidseits einliegende Thoraxdrainagen (.,...), sonst .. normaler Befund " . b) Thorax nach 3 Tagen: hilifugal ausstrahlende Zei chn ung sver me h ru n g wie bei Stadium 1 des ARDS (Adult Respiratory Distress Synd rom e). Plattenatelektasen (--). c) Thorax nach 5 Tagen: fläch ige Infiltrate (--) vom alveolären Typ unterschiedlicher Ausprägung in beiden Lungen: Stadium 2 de r Schocklunge. 1 d) Thorax nach 7 Ta g en in der Dichte a bnehmende, jetzt e h er milc h gl a sa rt ig e Trübung, die jetzt die ganze ( ) Lunge einnimmt. ARDS Stadium 3, wenige Ta ge vor leta l e m Ausgang.
5 . 3 Klassische Befunde Die Manifestation dieses Phänomens des Organversagens be trifft auch z.B. Leber und Niere (Multiorganversagen), ist aber bei der Lunge besonders augenfällig zu demonstrieren. In jeder Phase wird die morphologische Diagnostik durch sich überla gernde Komplikationen, wie z.B. eine Pneumonie, erschwert.
MERKE
Schocklunge •
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•
Die Schocklunge ist Teil eines Multiorganversagens nach Behe bung einer katastrophalen Kreislaufdepression (z.B. traumatischer oder septischer Schock). Sie wird in (meist drei, selten vier) Stadien eingeteilt, die von hi lifugal ausstrahlender Zeichnungsvermehrung (Stadium 1 , > Abb. 5. 1 1 7b), über einzelne flächige Infiltrate vom alveo lären Typ (Stadium 2, > Abb. 5 . 1 1 7c) bis zur milchglasartigen, diffus verteilten Trübung (Stadium 3, > Abb. 5 . 1 1 7d) rei chen. D'ie Morphologie beginnt und endet also im Interstitium. Die Diagnose ist Ergebnis verschiedener intensivmedizinischer Pa rameter, zu denen auch das Thoraxbild gehört.
Pleuraerguss Der Pleuraerguss ( > Abb. 5 . 1 1 8) rechnet ebenfalls zu den flä chigen Verschattungen. Diese finden sich nämlich nicht nur in
1 41
der Lunge, sondern auch im Mediastinum und eben in der Pleura. "Wasserdichte" Verschattungen in der Pleura (zwi schen viszeraler und parietaler Pleura) erscheinen erwartungs gemäß weiß, gleichgültig, ob es sich um einen einfachen Er guss, einen Hämatothorax, ein Pleuraempyem oder einen Tu mor der Pleura handelt (siehe auch Dichtegruppen des radiolo gischen Kontrasts im > Kap. 5.2.1 ). Erst die Schnittbildgebung würde über die HE-Werte eine Differenzierung gestatten.
M ERKE Die Diagnostik des Pleuraergusses wird mit der Sonografie durchgeführt, wenn auch die Thoraxaufnahme aus praktischen Grün den an erster Stelle steht. Die Sonografie hat folgende Vorteile: eine größere Empfindlichkeit, eine Definition des Ergusses (z.B. dünnflüssiges Transsudat versus Blut mit Binnenechos oder solider Prozess wie Schwarte oder Tu mor), eine bessere Lokalisation sowie exaktere Quantifizierung und die Möglichkeit der gleichzeitigen Markierung zur eventuell not wendigen diagnostischen Punktion und Drainage. • •
• •
Die Ergüsse im Thorax können sehr unterschiedliche Formen und Lokalisationen aufweisen, von denen die wichtigsten in > Abb. 5. 1 1 9 präsentiert sind.
Abb. 5.1 1 8a-b Pleuraerguss. 47-jähriger Patient mit Leberzirrhose und rechtsseitig abgeschwächtem Atemgeräusch. [5] a&b) Normalbefunde p.a. und seitlich zum Vergleich. Beachten Sie, dass trotz Weichteilüberlagerung der Zwerchfellrippenwinkel frei und scharf gezeichnet ist (.....). Auch seitlich sind die Zwerchfelle (.,...) in dem dorsal wichtigen Areal sichtbar.
1 42
c
5 Röntgendiagnostik
I I
Abb. 5. 1 1 8c-f Pleuraerguss. 47-jähriger Patient mit Leberzirrhose und rechtsseitig abgeschwächtem Atemgeräusch. [5]
c) P.a. Aufnahme des Thorax des Patienten : Unter der rechten Lunge findet sich eine - an der lateralen Thoraxwand aufsteigende - Verschaltung (...._ )_
Beachten Sie, dass der Leberschatten durch den Erguss maskiert und damit auch die genaue Zwerchfellhöhe rechts nicht zu ermitteln ist. Die l inke Seite scheint ( ! ) frei zu sein . d ) Pleuraerguss seitlich: Auch jetzt ist n u r d a s linke Zwerchfell abgrenzbar. Der Erguss ist markiert (...._) e) Pleuraerguss im Sono: Es ist ein echofreies Areal (...._) zu sehen und erst damit ist der Erguss bewiesen ! Bis jetzt könnte auch Blut oder gar ein Tumor mit mehr oder weniger B innenechos vorgelegen haben. Die Sonografie wird zur gezielten Punktion eingesetzt. f) Der E rguss (...._) weist in der Cl einige Details auf, die wir n icht erwartet hätten: Zunächst hat er lokal - in der Projektionsradiografie n icht sichtbar - zu einer Atelektase durch Kompression (KA) geführt. Der Ergussnachweis in der CT ist nicht nur ein häufiger " Nebenbefund " bei liegenden Kranken, sondern stiftet hier gleichzeitig Verwirrung, da der Erguss eine Atelektase mit Aerobranchogramm verursacht hat. (Dieses Bild entsteht bei der Kompressionsatelek tase, bei der ja das Bronchialsystem offen ist I) Aber dieses Aerobranchogramm (-) ist wirklich ausnehmend gut zu sehen I Und haben Sie gesehen, dass auf der Gegenseite auch ein Erguss (...._) mit Kompression der Lunge (KA) vorliegt?
H ä matothorax Auch der H ämatothorax - meist als Folge eines Polytraumas wird zuerst auf der Thoraxaufnahme erkannt ( >- Abb. 5 . 1 20). Und a4-ch hier gilt: die verlässlichere Diagnostik leistet die So n o g rafie . Die tatsächliche Beschaffenheit des Ergusses kann nur d i e Punktion zutage fördern.
Z U S AM M E N FA S S U N G
Flächige Verschaltungen
Zu den flächige (alveolären) Versehatlungen rechnen: die Atelektase - vermindertes Volumen der Verschattung, Rare fizierung der u mg e benden Struktur • die Pneumonie - vermeh rtes Volumen der Verschattung, U m gebung nicht tangiert das Lungenödem (alveoläre Form) - schmetterlingsförmige Verschattung, hilifugal Flächige Verschaltungen machen a ber auch: • der Pleuraerguss - meniskusartige Verschaltu n g • d e r Tumor - beliebige Form der Verschaltung (z . B . in Lunge, Mediastinum oder Pleu ra) •
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5.3 Klassische
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a
�...
Befunde
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.·
b
d
Abb. 5 . 1 1 9 Formen des Pleuraergusses. a) Winkelerguss, b) subpul
Abb. 5 . 1 20 Hämatothorax. 1 1 3]
monaler Erguss, c) nach apikal auslaufender Erguss, d) medialer Erg uss, e) interlobärer E rguss, f) i nterlobärer E rguss seitlich, g) Pleurakuppenzei chen (-) als Teil einer Trias: Mediastinalverbreiterung - apikal begin nender Erguss - Abweichen der Magensonde nach rechts (z. B. bei Aorten ruptur).
a) Thorax p.a . : Verschaltung der rechten Lunge; das Mediastinum ist circa 2 cm in die linke Thoraxhälfte verlagert. Die halbrunde Begrenzung (-) der Versehatlungen beweist die vorwiegend pleurale Lokalisation. b) Thorax seitlich: Die Grenzen der Verschaltungen sind markiert (-); sie liegen im hinteren Pleuraraum.
Rau mforderung i m Mediast i n u m Flächenhafte Verschaltungen kommen also auch i m Mediasti num vor. Als Ra u m fo rderungen werden sie oft auf Tiwraxauf nahmen in 2 Ebenen en tdeckt ( > Abb. 5. 1 2 1 ) und können erst m i t Hilfe der Computertomografie näher klassi fiziert wer den. Aus den verschiedenen Kompart imenten des Mediasti nums wurde für die Abbildung die häufigste klassische Lokali sation im oberen, vorderen M edias t i n u m ausgewählt. Die typischen Yerursacher von mediastin alen Raumforde rungen sind d ie sogenannten ..fü n f T" wie aus d idaktischen -
Gründen der englischsprachigen Radiologie entnommen: I ) Thymoma, 2) ll1yreoi dea, 3) Teratoma, 4 ) Tort uo us artery (Gefäßelongation) und 5) Terrible Lymphoma (also z.B. H odg kin- oder Non- Hodgkin- Lymphome).
M E R K E Tumoren im vorderen oberen Mediastinum werden nicht •
•
selten bei Aufnahmen des Thorax zufällig entdeckt. Sie werden meist durch die sogenannten ,. 5 T" verursacht.
1 44
5 Röntgen diagnostik
a
Abb. 5 . 1 2 1 Mediastinaltumor. 27-jähriger Kranker mit Gewichtsverlust, intrathorakalem Druckgefü hl und oberer Einflussstauung. 1 1 3 ] a } Thorax p.a. : Der l in ke Herzrand ist von einer Rau mforderung (-) überlagert, die das Mediastinum auf circa 1 3 c m aufweitet und vom Aortenbogen bis zu r M itte des Herzrands reicht. Auch rechts sind kleinere Vorwölbungen (-) zu sehen. b) Die seitl iche Aufnahme zeigt die Lokalisation der Raumforderung (+--+) im vorderen oberen Mediastinum o hn e e indeut ige Grenze zum Herz. c&d) CT des Thorax: Die Raumforderung (+--+) liegt erwartungsgemäß im vorderen Mediastinum. ln Abbildung d) beträgt das Lumen der Vena cava (Vcs) nur wenige Milli meter (Ursache der Stau u ng). Die Dichtewerte des Tumors schwanken zwischen 1 0 und 1 50 H E . P Pulmonalarterie, LHB linker Hauptbron ch us, Ao Aorta. Histologische Diagnose: Teratom - daher auch die starken Schwankungen bei den H E-Werten mit zum Teil sehr g ut durchbluteten Arealen (schwarze -l.
Verschattung, n icht fläch ig ( i nterstitie l l ) Nach Abhandlung der flächigen Verschaltungen wenden wir uns nun den punkt- bis streifenförmigen oder netzartigen auch interstitiell genannten - Verdichtungen zu. Sie betreffen das Lungengerüst, das vorwiegend aus Gefaßen, Bronchien
und Alveolarsepten besteht. Wir haben dieses "Gerüst" bisher kaum oder nur als "lästigen" Hintergrund wahrgenommen. Es wird allerdings erst so richtig sichtbar, wenn es erkrankt, also verdickt ist. Wie überall in der Projektion sradiografie kann auch im I n terstitium nicht zwischen solide und flüssig unterschieden
5 . 3 Klassische Befunde
1 45
Abb. 5 . 1 22 Sarkoidose. 26-jähriger Patient
mit trockenem H usten und Schwellung an beiden Sprunggelenken. I 1 3] a) Thorax p.a.: Diese digitale Aufnahme wurde aus didaktischen Gründen so moduliert, dass die Viel zahl der .. Knötchen " gut zur Darstellung kommt: feinnoduläre Herde (weiße ---+-) von 3-5 mm, überwiegend scharf begrenzt, in den Mittelfeldern so dicht, dass Lungengefäße (---+-) kaum abgrenz bar sind. Mediastinalschatten vermutlich durch Lymphome verbreitert (-..). b) CT, Ausschnittvergrößerung: Auch hier sind No duli erkennbar (weiße -l. wenn auch jetzt ihre tatsächliche Anzahl klar wird: Sie .. konfluieren " förmlich zu einer milchglasartigen Trübung. 1 , 5 cm großer Lymphknoten vor der Bifurkation (....).
werden. U rsächlich kommen für intersti tielle Versehartungen in Frage: eine Tumorerkrankung wie Sarkoidase oder Lymph angiosis carcinomatosa, die H erzinsuffizienz (z.B. als Frühzei chen der Herzinsuffizienz und bei chronischer Lungenstau ung), aber auch Fibrosen (z.B. nach lnhalationserkrankungen) oder Kollagenosen, die Entzündung bei besonderen Pneumo n ieformen (vor allem bei Kindern oder i m mungeschwächten Patienten) oder die M iliartuberkulose.
L u n genfibrose Am klassischen Beisp iel der Lungenfibrose durch Sarkoidose ( > Abb. 5. I 22) wird der Erscheinungstyp solch einer intersti tiellen Veränderung demonst riert.
Pneumonie des I nterstiti u m s Weder d ie PR noch C T können ohne d e n klinischen Kontext zwischen einer Lungenfibrose im Endstadium ( > Abb. 5 . 1 23) und z.B. einer Pneumoni t is bzw. einer hochaktiven interstitiel len Pneumonie ( > Abb. 5 . 1 24) unterscheiden.
Lin ksherzi nsuffizienz Während bisher ( > Abb. 5. 1 22, > Abb. 5. 1 23, > Abb . 5. 1 24) das I n terstitium der Lunge vermehrt mit Zellen besetzt war, kann ein ganz ähnliches radiologisches Erscheinungsbild auch durch Flüssigkeit hervorgerufen werden: Auch eine I nsuffizi enz des linken H erzens ( > Abb. 5. 1 25) wird unter Umständen ein interstitielles Verschaltungsmuster hervorrufen.
1 46
5 Röntgendiagnostik
c
Abb. 5 . 1 2 3 Lungenfibrose. Bei einem 56-jährigen Kranken kam es i m Verlauf der letzten drei Monate zu einer zunehmenden Ruhedyspnoe mit quälen dem, nicht produktivem Husten. Die kli nische Diagnose nach Biopsie wird später lauten: gewöhnliche interstitielle Pneumonie mit " End-Stage " -Lungenfib rose (usual interstitial pneumonitis, UIP). I 1 3] a) Thorax p.a. : ausgeprägte, grobretikuläre Strukturvermehrung (-+) in den Mittel- und Unterfeldern beider Lungen, die die peripheren Lungengefäße zum Teil überlagert I Der Conus pulmonalis (.....) ist auf 2,8 cm aufgeweitet (Fortsetzung S. 147)
5.3 Klassische Befunde
1 47
a
Abb. 5 . 1 24 Interstitielle Pneumonie. 53-jähriger immunkompromittierter (in dem Fall : H IV-positiver) Kranker mit Belastungsdyspnoe, Fieber und
H usten. [ 5] a) Ausschnittvergrößerung der rechten Lunge (p.a.) mit schwer erkennbaren milchglasartigen I nfi ltraten (-) in allen Lungenabschnitten. b) HRCT: beidseits milchglasartige Infiltrate; der Befund ist im Bereich der schwarzen Kreise besonders ausgeprägt (-). Befund vereinbar mit PCP: Pneu mocystis (jiroveci)-Pneumonie.
Abb. 5.1 2 5 Thoraxaufnahme im Stehen und Computertomografie (wie immer im Liegen) bei Linksherzinsuffizienz. Linksseiti
ger Pleuraerguss (>). kräftige Pulmonalgefäße mit Verhältnis Ober- zu Unterlappen von 1 : 1 . Umver teilunQ r Beachten Sie auch die leichte Spreizung der Bifurkation (t). die auf eine Vergrößerung des linken Vorhofs hinweist. ln der Computertomogra fie desselben Patienten (kleines Bild) markiert der Doppelpfeil (-.) den deutlich vergrößerten l in ken Vorhof. Diagnose: akute Linksherzinsuffizienz mit typischer Vergrößerung von linkem Vorhof und Pulmonalgefäßen, mit Umverteilung und Pleuraer g üssen. (Sämtliche Informationen wären der Tho raxaufnahme im Stehen zu entnehmen gewesen. Die CT wurde zum Ausschluss einer Embolie ange fertigt und hier nur eingefügt, um die Befunde der Projektionsradiografie, wie z.B. die Vergrößerung des linken Vorhofs, zu verdeutlichen .) [SI b) Thorax seitlich: Die Pfeile (-) ma rkieren die retikuläre Strukturverme hrung. c) Zur Verdeutlichung der tatsächlichen Schwere des Befunds hier eine Ausschnittvergrößerung aus a): Die Pfeile markieren die Verdickungen der Septen.
d) CT in Höhe der Karina deutlich aufgeweitete und deformierte Bronchiallumina (lange -). die Bronchialwände sind verdickt. Bindegewebige Struktur vermehru ng (-). e) CT in Höhe der U nterfel der: mittelgrobe netzförmige, zum Teil honigwabenartige (-) Lungenfibrose. Die Fibrose nimmt von oben nach unten zu und hier auf der Höhe der Unterfelder ist das Lungengewebe weitgehend zerstört. Subpleurale Bläschen ( Biebs; .....) .
1 48
5 Röntgend iagnostik
.M E R K E Zur Umverteilung - beim stehenden ( ! ) Patienten - gehört folgen de Aussage: Als ei nes der Zeichen einer kardiapulmonalen Dekom pensation (Stauu n g) gilt ein Verhältnis von 1 : 1 (statt normal 1 :3) zwischen de n Gefäßen der Oberlappen und denen der U nterlappen ( >- Abb. 5 . 1 26).
Abb. 5.1 26 Umverteilung im Stehen, schematische Darstel lung.
Links Normalbefund (apikale:basale Gefäße (apika le:basale Gefäße = 1 : 1 ).
=
1 :3), rechts Stau u ng
ZUSA M M E N FAS S U N G Die interstitielle Verschattung ist punkt- bis streifenförmig. Zu diesen nichtflächigen, i nterstitiel len Versehatlungen rechnen • das Ödem des I nterstitiums (z.B. durch Herzinsuffizienz), der Tumor (z. B. durch Lymphangiosis carcinomatosa), • d i e Entzündung (z.B. PCP: Pneumocystis(-jiroveci)·Pneumonie) und die Degeneration (z.B. Silikose). •
•
Umverteilung
Beim kardiapulmonal Gesunden verhält sich im Stehen - ent sprechend der Schwerkraft - die Summe der Gefaßquer schnitte im Lungenoberfeld zum Unterfeld etwa wie 1 :3 . Bei beginnender Linksherzinsuffizienz steigt der Anteil freier Flüssigkeit im Interstitium an und verschlechtert damit den Oz-Austausch; es kommt zur Hypoxie. Dieser Prozess läuft durch den Einfluss der Schwerkraft betont in den Unterfeldern ab. Durch reflektorische Vorgänge und durch Verminderung der Elastizität der basalen Lungenabschnitte infolge des basal betonten Ö dems nimmt die Summe der Gefäßquerschnitte im Lungenunterlappen kontinuierlich ab.
M i sch b i ld a lveolä re/interstiti e l l e Verschattu n g Bedauerlicherweise ist die Trennung zwischen alveolärer und interstitieller Verschaltung im Alltag nicht immer durchzuhal ten. In >- Abb. 5. 1 2 7 sei ein solches M ischbild vorgestellt.
Abb. 5 . 1 2 7 Gegenüberstell ung von interstitiellem und alveolärem Ödem beim selben Patienten. I S I
a) Lu ngenödem : ü berwiegend interstitielle Komponente, streifiges Muster. b) Lunge nödem: überwiegend alveoläre Komponente, l inks oben Sta uung der apikalen Gefäße (-). Das Muster ist hier im Hintergrund immer noch streifig, wird jedoch von einer flächigen, alveolären Komponente überlagert. Ziel wird es sei n die akute Phase (b) durch Herzglykoside und Diuretika wied er mindestens in eine weniger akute Phase (a) zurückzuverwa ndeln. ,
5 . 3 K lassische Befunde
5.3.4 Retro pe rito n e u m G . Kauffmann und P . Hallscheidt
Der retroperi toneale Raum entzieht sich der Bildgebung mit tels Projektionsradiografie (PR) nahezu völlig, da kaum natür lich Kontrastdifferenzen bestehen. Dennoch en thält die native PR, z.B. bei der Abdominaldiagnos tik ( >- Kap. 5.3.5), immer wieder Informationen auch zum Retroperitonealraum, die be wertet werden müssen. Die Begriffe "PR" und "Abdomen na tiv" werden dabei im Folgenden - nicht ganz korrekt - syno nym verwendet. Allgemeine Fragen an die Abdomennativaufnahme ( >- Abb. 5. 1 28) richten sich auf die Luftverteilung sowie den Nachweis von Konkrementen ( >- Abb. 5 . 1 29) und Fremdkör pern. Die Aufnahmen werden üblicherweise im Liegen, gele gentlich immer noch im Stehen, angefertigt.
149
und wenig dem Duodenum, wenn man einmal von artifiziell (z.B. Perforation mit dem Endoskop) eingebrachtem Gas ab sieht. Bauchaortenaneu rysma Das Retroperitoneum lässt sich nicht wirklich gut mit der PR erfassen (siehe oben), wenn man von der Urografie ( >- Kap. 5.3.8) einmal absieht. Deshalb kommt zur Diagnostik von Aortenaneurysmen in diesem Bereich ( >- Abb. 5. 1 3 1 und >- Abb. 5. 142, Wandverkalkung) die Schnittbilddiagnostik mit der Sonografie und CI vermehrt zum Zuge. Bei gezielten Fragestellungen nach Prozessen im Retroperitoneum wird wegen des hervorragenden Weichteilkontrasts - sogar noch eher die MRT eingesetzt. Phäoch romozytom
Freie Luft Luft bzw. Gas ist (in der Reihefolge abnehmender Menge) nor malerweise im Kolon, Magen und Duodenum zu finden. Bei Perforation dieser Hohlorgane wird das frei werdende Gas in der Peritonealhöhle oder im Retroperitoneum zu finden sein ( >- Abb. 5. 1 30). Viel Gas entstammt in der Regel dem Kolon
Abb. 5. 1 28 Abdomennativaufnahme. [SI
Die Erstdiagnose des Phäochromozytoms ( >- Abb. 5 . 1 32) erfolgt - mit oder ohne klinis chen Verdacht - durch die So nografie. Die höchste Spezifität besitzt die Nebennieren markszintigrafie. Allerdings werden zum genaueren prä operativen Staging die kontrastmittelgestützte MRT oder ersatzweise CT ben ötigt.
a) Normalbefu nd. Bis auf Darmgas kaum sichtbarer Kontrast im gesamten Abdomen . b ) D i e Aussch n ittvergrößerung der rechten Seite zeigt die Abgrenzung der N iere (.,...) gegen das sie umgebende perirenale Fett a l s sehr schwachen Kontrast.
1 50
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5 . 1 2 9 Abdomennativaufnahme, Steine. Patient mit Nierenkoli
ken rechts: Konkremente in der rechten Niere. Der Pfeil (--+) markiert eines der drei N i e ren k onkreme nte, di e Pfeilsp itze (�) eine d er drei Versehartun gen i m kleinen Becken (nur ei ne entspricht e inem prä vesikalen Konkrement,
d ie anderen sind vermutlich Phlebolithen [Venenverkalkungen]). [5]
Abb. 5 . 1 3 1 Bauchaortenaneurysma.
A b b . 5 . 1 3 0 Abdomennativaufnahme, freie Luft. Stärkste Schmerzen im rechten M ittelbauch, in den Rücken ausstrahlend. Beachten S ie d ie freie Luft intra- (t) und re t ro pe ritoneal (--+). Gas im Colon (C), Addition von Mamma- u nd Leberschatten (2) zu einem nicht wirklich " rund " imponieren den Gebilde. Beachten Sie, wie ungewöhnlich gut die rechte Niere ( 1) ab g renzba r ist (im Ge g ensa tz zur N o rm a laufn ah me i n >- Abb. 5. 1 28 ) . Die s
liegt an der sie umgebenden freien Luft. [ 5 1
a) Skizze: Die Größe des Aneurysmas fällt vor allem im Vergleich zur V. cava inferior (weiß) auf. Dargestellt ist eine wandständige Th rom bosi eru ng (dunkles Blau), die sich hypodens vom kontrastierten Blut (helleres Blau) abhebt. b) Asym ptomati scher Patient mit einem pu l si eren den abdominellen Tumor. CT nach Kontrastm ittelgabe: großes. mit Kontrastmittel gefülltes Aorten aneurysma (-.). Ein sc hmal er wandständiger Thrombus (�) enthält kei n Kontrastmitte l ! Magen (weißer --+). [ 5 ] c ) Derselbe Patient wie oben, Schnittführung eini ge Zentimeter tiefer in Hö
he der Niere: Das Lumen der Aorta (-.) ist hier wieder normal, es er
scheint nach rechts " verlagert " . Diese Verlagerung kommt zustande durch eine arteriosklerotisch bedingte Knickbildung (sog . Kinking) der Aorta, die
am Zwerchfelldurchtritt besonders stark ist. [51
5.3 Klassische Befunde
1 51
radiologe) die Sonografie des Abdomens durchführt, die integ raler Bestandteil der Notfalldiagnostik des Abdomens ist.
Vorgehen bei der Betu n d u n g von Nativa ufnahm e n E s sollte auch hier ein gewisses Grundschema eingehalten wer den, nach dem vorzugehen ist, um nicht vor Begeisterung über eine erkannte Läsion nicht minder wichtige weitere Befunde zu übersehen. Auf der Abdomennativaufnahme ist auf verschie dene Veränderungen zu achten, die man sich am einfachsten in folgender - wieder "englischer" - Reihenfolge merken kann: •
Abb. 5 . 1 3 2 Phäochromozytom in der MRT. Patient mit Schweißaus brüchen, Schwindel und Ko pfs ch merz e n : ln der MRT z ei gt sich in der T2Wi c ht u ng eine verplumpte und ve rg rö ß er te Nebenniere links (-). die ein leicht erhöhtes, in homogenes S i gnal z e i gt. L Leber, M Milz, N li nker obe rer Nierenpol, P Pankreas, Ao Aorta, Z Zwerchfellschenkel re ch ts/li nks . [5]
ZUSAMME N FASSUNG Für da s Retroperitoneum g i l t: Allgemeine Fragen bei Abdom e nn ati vaufn a h m en richten sich auf die Luftverteilung oder den Nachweis von Konkrementen und Fremdkörpern. • Die Aufnahmen der PR werden üblicherweise im Liegen a n g efer tigt und sind oft nicht ergiebig, wenn man vom Nachweis freier Luft a b si e ht . Die Schnittb il ddia g nosti k mit der Sonografie u n d CT w erd e n be vo rz ug t . Bei g eziel te n Fragestellungen wird wegen des hervorragen de n
Air B a ne s
Skelettveränderungen 7
•
Densities
•
Organs
Ve rd i ch t ung e n (Ka l k, Stei ne, Fre m d kö rpe r) ?
•
•
•
Museies and
masses Edges
•
•
•
Weichteil kontrasts eher die MRT bevorzugt.
5.3.5 Abdomen G . Ka uffm a n n, M . Düx, P L .
Perreira
und G.
M . Richter
Projektionsrad i ografi e (PR) Der vor dem Peritoneum liegende Raum des Abdomens birgt in der Projektionsradiografie (PR) dieselben Probleme mit zu geringen Kontrastdifferenzen wie die Diagnostik des Retrope ritonealraums ( > Kap. 5.34). In praxi werden bei der PR (Ab domennativdiagnostik) auch beide Kompartimente gemein sam beurteilt. Allgemeine Fragen richten sich vermehrt auf die Gasverteilung, aber auch den Nachweis von Konkrementen und Fremdkörpern. Radiologischer Standard ist es, die Aufnahmen im Liegen anzufertigen. Liegendaufnahmen des Abdomens liefern ver lässlichere Informationen als Aufnahmen im Stehen, die auf grund praktischer Probleme größeren Qualitätsschwankungen unterworfen sind. Dennoch werden in praxi mehr Aufnahmen im Stehen als im Liegen angefordert, zum Teil weil letztere Bil der auch vom Nichtradiologen leichter interpretierbar sind. So haben sich - mit unterschiedlichen Begründungen - verschie dene Aufnahmetechniken an verschiedenen Orten etabliert. Dies wird auch davon beeinflusst, wer (Radiologe oder N icht-
Lu ft-/Gasve rte i l u n g !
•
N it rog e n
Organ sch att e n !
M uskulatur (v. a . Psoas), weichteildichte R a u m for d eru ng en ? " ü ber den Tellerra n d " gucken: Ve rsc h a lt u n g
der Lunge bei P n eumo n i e7
Gas und noch mal Gas (z.B. s ub p h re n i sc h ?)
Aufna h me i n Li n ksseitenlage Wichtiger Bestandteil der Abdomennativdiagnostik, vor allem im Notfall, ist der laterale Dekubitus. Der Patient liegt auf sei ner linken Seite, die Aufnahme wird im horizontalen Strahlen gang z.B. am Thoraxwandstativ angefertigt ( > Abb. 5.133). Auf diese Art können auch Kranke untersucht werden, die absolut nicht stehen können, bei denen aber der Nachweis einer krank haften Luftansammlung oder -Verteilung extrem wichtig ist. So wird freie Luft neben der Leber ( > Abb. 5. 1 34), aber auch ein Spiegel im Darm ( > Abb. 5. 1 38d) sichtbar gemacht.
Gasvertei l u ng in den Darmschl i ngen Es werden drei Kompartimente (Magen, Dünndarm, Dickdarm) unterschieden. Magen und Dickdarm enthalten beim Gesunden eine gewisse Menge Luft/Gas. Die Menge kann von Tag zu Tag und von Individuum zu Individuum wechseln. Bei Erwachsenen ist Gas vor allem im Magen und im Kolon abgrenzbar, Luft im Dünndarm wird dagegen als krankhaft gewertet ( > Abb. 5. 1 35). Bei kleinen Kindern ist hingegen Luft im Dünndarm normal (lauter Protest gegen die Fixation der kleinen Patienten zur Auf nahme mit Luftschlucken [Aerophagie] ) .
M E RKE Luft h at beim Erwachsenen im Dünndarm n ichts zu suchen. Luft im Dünndarm (durch Aerop h a g ie, Vergärung) wird unter normalen Bedingungen (beim Erwachsenen) rasch resorbiert und kommt erst bei krankhaften Störungen dieser Vorgänge zur Dar stellu n g (raschere Produktion als Rückresorption bei Durchfaller k rank u nge n , Darmlähmung [ Paralyse] durch Peritonitis oder Darmverschluss). •
•
1 52
5 Röntgendiagnostik
Wenn der Transport des Darminhalts durch eine mechanische Obstruktion behindert ist (z.B. Tumor, inkarzerierte Hernie, Verwachsungen oder Fremdkörper), kommt es proximal des Hindernisses zu einer Dilatation des Darms mit Gasfüllung (gestörte Rückresorption).
Sp iegel Zunächst zum Begriff "Spiegel": Die Wasseroberfläche eines Sees stellt sich - entsprechend den physikalischen Vorgaben der Schwerkraft - horizontal ein. Gelänge es, eine gigantische Röntgenaufnahme dieser Situation anzufertigen, würde durch den hervorragenden Wasser-Luft-Kontrast bei horizontalem Strahlengang eine horizontale Linie des Sees im Bild entstehen. Solche schnurgeraden Linien kommen bei Organen bekannt lich nicht vor. Bei Trinken großer Mengen Flüssigkeit - mit Sprudel versetzt wie bei Sekt, Bier oder Limonade - wird sich z.B. i m M agen am stehenden Menschen ein solcher "Wasser" Gas-Kontrast einstellen ( >- Abb. 5 . 1 36, >- Abb. 5 . 1 37, > Abb. 5. I 38a; siehe auch > Abb. 5. 1 35 und > Abb. 5. 1 3 7 im Vergleich) .
S ic h e l
Abb. 5 . 1 3 3 Anfertigung der Aufnahme in Linksseitenlage mit hori
zontalem Strahlengang (",ateraler Dekubitus"). Die Röhre ( 1 ) ist so gekippt, dass der Zentralstrahl horizontal (-) verläuft. Der Patient wird - z.B. auf einer fah rbaren Trage - vor einem Thoraxwandstativ (2) so pl atziert, dass er links zu liegen kommt und seine rechte Seite nach oben weist. Freie Luft z.B. sammelt sich so zwischen rechter lateraler Thoraxwand und Leber an. Ge zeigt ist ein Ausschnitt des Röntgenraums aus >- Abb. 5.3a. Dieselbe Auf nahme auf Station ist eine Herausforderung 1 [6]
Z u m Begriff "Sichel": Wir haben eben gelernt: nur falls im Ab domen freie Flüssigkeit vorliegt, kann sich mit freier Luft ein Spiegel in der Bauchhöhle bilden. Liegt keine nennenswerte Flüssigkeitsansammlung vor, wird sich eventuell vorhandene freie Luft der Form von benachbarten Organen (z.B. dem ge rundeten Zwerchfell oder der Wölbung der Leber) anpassen: die Luft nimmt somit die Form einer Sichel an ( > Abb. 5 . 1 38b, siehe auch >- Abb. 5. 1 34).
Abb. 5 . 1 34 Lateraler Dekubitus. Freie Luft (f)
zwischen Leber (L) und lateraler Thoraxwand (.,...) in Form einer Sichel. Zur Orientierung: K l uftgefüll tes Kolon, D Dünndarmluft H K Hüftkopf, WS Wir belsäule. Nur falls im Abdomen freie Flüssigkeit vorliegt, kann sich mit freiem Gas ein Spiegel bil den; sonst spricht man - wie hier - von einer Si chel. Luft wird in diesem Zusammenhang inkorrek terweise synonym mit Gas verwendet. Auch in an deren Abschnitten des Körpers können lokalisierte pathologische Gasansammlungen abgrenzbar sein, z.B. innerhalb von Abszessen (oft mit Spie geln) oder nekrotisierenden Tumoren. [ 5[
5 . 3 K lassische Befunde
a
b
c
d
1 53
Abb. 5 . 1 35 S kizze Gasverteilung in den Darmschl ingen (Beispiel: Aufnahme im Stehen).
[23] a) Normalbefu nd: Luft in der Magenblase, geringe Mengen im lin ken Kolon und Sigma. b) Dünndarmobstruktion: Luft-Flüssigkeit-Spiegel im Dünndarm; das Kolon, das wie ein Rahmen um den Dünndarm he rumgrupp iert erscheinen würde, ist " luftleer". c) Dickdarmobstruktion: gasgefüllte Darmschlin gen des Kolons (sog. Rahmen) mit Spiegeln, kein Gas im Dünndarm. d) Paralyse des Darms: Gas in allen drei Komparti menten: Magen, Dünndarm und Kolon.
b
Abb. 5 . 1 36a&b Spiegel in d er Radiologie. Die Ü berschichtung von
Flüssigkeiten durch Gas spielt in der Radiologie des Abdomens eine wichtige Rolle. Anders als bei Liegendaufnahmen kommen solche Spiegel, z.B. beim M agen, im Stehen gut zur Darstellu ng. Der Magen enthält Flüssigkeit, dar über ist z.B. verschluckte Luft oder Kohlensäure und es kommt zu einem sichtbaren Spiegel (-). fal ls die Aufnahme im Stehen, also parallel zum Spiegel, angefertigt wurde. Spiegel sind z.B . bei der I leusdiagnostik von Bedeutung. [23] [ 5]
I
1 54
5 Röntgendiagnostik
Die klassische I ndikation zur PR (auch Abdomenleeraufnah me genannt, also ohne Kontrastmittelgabe) ist das akute Ab domen mit der Frage nach sicheiförmiger freier Luft (bei intes tinaler Perforation) und/oder Luft-Flüssigkeit-Spiegeln (bei Ileus). Freie Luft hat vielfaltige Ursachen und kann vorkom men durch eine Perforation von Hohlorganen (die ja meist Luft enthalten: z.B. perforiertes Magenulkus), bei Zustand nach ab-
c
Abb. 5 . 1 37 Abdomen nativdiagnostik: Spiegel. [5]
dominellen Operationen und Iaparoskopischen Eingriffen (bis zu 5 Wochen), aber auch durch eine traumatische, penetrie rende Wunde der Abdominalwand. M E R K E Freie Luft wird mit der Abdomennativaufnahme als Luftsichel nach g ewi ese n .
Linksseltenlage auf Station
a) Normalbefund bei Aufnahme im Stehen: unverdächtige Darmgasverteilung, etwas Gas im Magen (-). Sigma (unterer .,...) und Colon descendens (obere .....) . b) Dünndarmobstruktion (Aufnahme im Stehen): auffällige Darmgasverteil ung, kein Gas im Magen (-). ln verschiedenen Dünndarmschlingen (vor al lem im Jejunum, aber auch im Ileum) finden sich pathologische Luftansammlungen mit Bildung von Spiegeln (t). c) Normalbefund bei Aufnahme in Linksseitenlage mit horizontalem Strahlengang (lateraler Dekubitus): etwas Luft im C olon ascendens (.....) u nd Querkolon ( .,...) , keine freie Luft. d) Dickdarmobstruktio n (lateraler Dekubitus, Bettaufnahme auf Station): starke Di latation von Dickdarmschlingen mit Spiegelbildungen (t).
5 . 3 Klassische Befunde
D ü nndarm i leus Bei der Obstruktion im Dünndarm ist der Nachweis gasgefüll ter Dünndarmschlingen mit/ohne Spiegel (je nach Aufnah metechnik) als morphologisches Leitsymptom für eine Erkran kung zu werten. Auskultatorisch sind hochgestellte Darmge räusche zu hören. Aus der Lokalisation der dilatierten Darm-
1 55
schlingen kann auf die Lokalisation des Verschlusses geschlossen werden. Beim stehenden Patienten können Luft Flüssigkeit-Spiegel nachgewiesen werden ( > Abb. 5. 1 39; vgl. auch Skizze in > Abb. 1 35b und Liegendaufnahmen > Abb. 5. 1 34 und > Abb. 5. l 37d). Die Spiegel sind in Abdo menmitte lokalisiert, der Kolonrahmen bleibt frei, es ist nur eines der drei Kompartimente mit Gas gefüllt.
I Abb. 5 . 1 3 8 Abdomenleeraufnahme im Ste hen. ]5]
a) Im linken Oberbauch ist ein Spiegel (.,...) zu se hen; er ist Ausdruck eines mit viel Gas und Flüssig keit gefüllten Magens und somit normal. Beachten Sie, wie gut die Niere (rechte Niere: --..) d urch perirenalen Fettkontrast zu sehen ist I I m Kreis sind luftgefüllte Dünndarmschlingen (mit Spiegeln) markiert. Da beim E rwachsenen im Dü nndarm kei ne Luft-/Gasansammlungen vorhan den sein soll ten, ist dieser Befund krankhaft. Solche isolierten Darmschlingen legen sich gern .. schützend " vor entzündliche Prozesse - wie hier bei einer Pankre atitis. Sie we rde n dann als .,Wächtersch l i nge n " bezeichnet (eng I . : sentinel loops). b) Im Gegensatz dazu ein Befund bei dem sich mangels freier Fl üssigkeit - trotz freier Luft ke in Spiegel bilden ka n n : Nachweis von Luftsicheln (�) unter beiden Zwerchfellen bei Magenul kusperfo· ration. Die Magenblase kommt unter dem linken Zwerchfell zur Darstellung (>). Solche Sicheln sind meist Zeichen e in e r Perforation.
1 56
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.1 39 Dünndarmobst ruktion durch Briden. [5] a) Abdomennativaufnahme im Stehen mit Spiegeln des Dü nndarms (>). Beachten Sie, dass zwei benachbarte Dünndarmschlingen, die offensichtlich zusam mengehören, Spiegel in unterschiedlicher Höhe durch verzweifelte" Restperistaltik aufweisen. Die Spiegel l iegen zentral, der Rahmen bleibt leer. " b) E ntereklysma zur Dünndarmuntersuchung 5 Tage später: Die Dilatation der Dünndarmschlinge vor der d istalen Ileumstenose ist jetzt kaum mehr zu er kennen. Beachten Sie aber die Ursache der Spiegel : die quer verlaufende bandförmige Impression vor der noch leicht dilatierten Darmschlinge (.... ). Dies stellt sozusagen den Negativabdruck einer Bride (strangförmige Narbe) dar. Diese Bride verursachte, abhängig vom Füllungszustand des Darms, ein Passa gehindernis.
M E R K E
Für die Dünndarmpassa ge zur lleusabklärung ( > Abb. 5 . 1 39b) gilt: Ein Enteroklysma wird im schmerzfreien Intervall durchgeführt. Die Dilatation des betroffenen Darmsegments ist jetzt kaum nachweisbar. Nativaufnahme und Ko nt ra stu ntersu c hu ng sind deshalb in hohem Maße kompleme ntär. • Ist ein Entereklysma kli nisch indiziert, muss die Nativaufnahme beachtet werd en . •
•
Dickdarm i l eus
Der Dickdarm enthält meistens Luft. Bei einer Obstruktion, z.B. durch ein Karzinom im Sigma ( > Abb. 5. 140), nimmt der
Luftgehalt erheblich zu, die Rektumampulle ist häufig luftfrei und Luft-Flüssigkeit-Spiegel treten bevorzugt im Bereich des Kolonrahmens auf. Der Begr i ff "Rahmen" rührt daher, weil die Peripherie des Abdomens mit einem Bilderrahmen verglichen wird. Im Einzelfall kann sich das prästenotische Sigmasegment über die Bildmitte des Abdomens (eigentlich Kompartiment des D ünndarms) projizieren. Leits y mptom des Dickdarmkarzinoms ist die Veränderung der Stuhlgewohnheiten mit Wechsel von Durchfall und Obsti pation und mit dem "falschem Freund": unfreiwilligem - er leichterndem - Stuhlabgang statt Winden. Hier ist die Thera pie der Obstruktion vorrangig.
5 . 3 Klassische Befunde
1 57
Paralyse des Darms Ein paralytischer I leus (auskultatorisch G rabess t i lle) kann im Rahmen s chwerer Erkrankungen (z. B . durch Schock,
Peritonitis,
Darmischäm ie, schwere Lobärpneumon ie,
Myokardinfarkt, Hypokaliämie, N i e re nkol ik, Ruptur eines
Bauchaortenaneurysmas), postoperativ, medikamentös in duziert (durch M orphin, Codein, Atropin, Psychopharma kon) und im Verlauf e in e s fo rtg eschr i tt e n en , unbehandel ten mechanischen I leus auftreten ( > Abb. 5 . 1 4 1 ). Die
Darmschlingen sind meist stark flüssigkeitsgefüllt, können
aber auch Gas und damit Spiegel aufweis en. Alle drei Kom pa rt i me n te (Magen, Dünndarm, Dickdarm) sind mit Gas gefüllt.
MERKE Bei der Darmgasverteilung gilt: Dünndarmobstruktion: Spieg e l ze n tra l , Peripher ie (Rahmen) frei Dickdarmobstruktion: Spiegel in der Peripherie (Rahmen ) , Zen •
•
trum frei
•
Paralyse: Gas in allen Darm abschnitten: vor a llem in Dünn- und Dickdarm sowie oft im Magen
Abb. 5 . 1 40 Dickdarmobstruktion durch Kolonkarzinom. [5] a) Ausschnitt aus d e r Abdomenübersicht m i t geblähten Dickdarmschl ingen in Colon descendens in lateraler Dekubitusla ge. E benso ist ausnahmsweise der Dünndarm (DD) paralytisch und l uftgefüllt, weil die Obstruktion zu lange Zeit nicht erkannt und behandelt wurde.
b) Im Kolonkontrasteinlauf mit wasserlöslichem Kontrastmittel Nachweis der Stenose (-+) im Colon descendens mit typischem ,.Apfelbutzenzei chen " (engl. vornehmer: ,.napkin sign " ) . Zusätzlich stellen sich im Sigma einzelne D ive rti kel dar (>).
Abb. 5 . 1 4 1 Darmparalyse. Die Abdomenübersichtsaufnahme zeigt m ul
tiple Dünn- und Dickdarmspiegel (f) mit annähernd g leicher Spiegelh öhe bei benachbarten Schlingen als H i nweis für einen paralytischen Ile u s. [ 5]
5
1 58
5 Röntgendia gnostik
Fremd körper, Ka l k u nd Ste i n e
Generell wird natürlich auch im Abdomen nach Konkremen ten z.B. der Gallenblase (eigentlich aber Domäne der Sonogra fie! ), Verkalkungen oder Fremdkörpern ( > Abb. 5 . 1 42) ge sucht. Die Beschränkungen der Projektionsradiografie (PR) ist dem Leser jetzt ausreichend bekannt, aber: Nicht jeder Fremd körper ist intraabdominell (vgl. > Abb. 5 . 1 43): Patienten kön nen z.B. auch auf Kettchen liegen. Die häufigsten auf einer Abdomenübersicht sichtbaren Ver kalkungen sind Gefäßverkalkungen, erkennbar an ihrer tubu lären Form oder bei Aneurysmen anband ihrer charakteristi schen halbbogenförmigen Erscheinung. Auch alte Abszesse, Hämatome, kavernöse Hämangiome und bestimmte Metasta sen (besonders von Kolontumoren) können verkalken, ebenso
wie alte Thromben (z.B. der Pfortader). Andere röntgendichte Verschattungen können durch Fremdkörper, OP-Clips, Draht cerclagen, Osteosynthesen und durch bariumhaltige Kontrast mittelreste hervorgerufen werden. Einen extrem seltenen Sonderfall stellt das zurückgebliebene Bauchtuch dar. Obwohl und gerade weil dieses Ereignis für Pa tienten und Ärzte so katastrophal ist, muss darüber gespro chen werden. Obwohl ein enormer logistischer Aufwand be trieben wird, Bauchtücher zu kontrollieren, wird solch ein Er eignis immer wieder eintreten. Beschwerden der Patienten sind zwar vorhanden, aber nicht typisch oder zielführend. Der Abdomennativaufnahme ( > Abb. 5. 1 42) kommt bei der Dia gnostik eine Schlüsselrolle zu. Die Markierung am Rande des Bauchtuches muss unbedingt korrekt interpretiert werden.
Abb. 5 . 1 42 Bauchtuch. Nach einer dramati
schen Notoperation wegen eines rupturierten Bauchaortenaneurysmas (....). wurde ein zur Blut stillung verwendetes Bauchtuch (--+) zurückge lassen. Beachten Sie, dass zur radiologischen Er kennung alle Tücher, die im OP verwendet wer d e n , eine Markierung tragen m üssen. Und: auch das beste Op-Team wird mal etwas vergessen. Bei unerklä rten postoperativen Schmerzen muss an eine solche Komplikation gedacht werden, auch wenn jeder schwört, die Tücher gezählt zu haben . Deshalb muss jeder Radiologe wie Nichtradiologe dieses Bild einmal gesehen und verstanden ha ben !
5 . 3 Klassische Befunde
1 59
Krankl1eitsbilder, weshalb sie hier gemeinsam abgehandelt werden. Der Leser muss sich aber darüber im Klaren sein, dass die meisten Erkrankungen - insbesondere Entzündun gen und Tumoren - endoskopisch diagnostiziert werden und hier nur ausgewählte Krankheitsbilder mit Bezug zur Radiolo gie vorgestellt werden.
Diverti kel Divertikel sind degenerative Veränderungen. Es handelt sich morphologisch um umschriebene Wandaussackungen, die sich mit Kontrastmittel bzw. Luft füllen und über das normale Lumen des Hohlorgans h i naus ragen ( > Abb. 5 . 1 44a). Kli nisch bedeutsam können sie dmch Blutungen und Entzündun gen (Sigmadivertikulitis) werden. Im Falle einer Entzündung kann der Divertikelhals zuschwellen, sodass sich die Divertikel dann nicht mehr als rundliche extraluminale Kontrastmittel depots darstellen, son . dern als feine Ausziehungen ( >- Abb. 5. 144b).
Divertikel am Ö sophagus Bei bestehenden Schluckstörungen mit Abmagerung ist die wichtigste Differenzialdiagnose des hoch sitzenden Ösopha
Abb. 5 . 1 43 P ierci n g .
ln Oberbauchmitte befindet sich ein Metallorna
ment Es handelt sich nicht um einen verschluckten Fremdkörper, sondern um ein Nabelpiercing. Mit solchen Teilen muss man heute überall rechnen. Bis das Bild beim Befunder landet, ist die MTRA, die das Piercing natürlich
g eseh e n hat, oft nicht mehr g re ifbar. [5]
guskarzinoms, welches in der Röntgenuntersuchung zu einer irregulär berandeten Kontrastmittelaussparung führen würde, das Zenker-Divertikel. Der in > Abb. 5. 145 vorliegende Röntgenbefund ist typisch für solch ein Divertikel, welches durch Kompression des Speisewegs die N ah ru ngsa ufnah m e behindert. Bei einer Endoskopie besteht theoretisch die Gefahr der Perforation durch versehentliche Intubation des D iverti kelsacks. Dysphagie und Regurgitation kennzeichnen die Klinik des Zenker-Divertikels. Es entsteht in einem muskelschwachen Anteil des oberen Ö sophagussphinkters. D urch Kompression des Speisewegs - von außen - wird die N ahrun gsau fn a h m e be hindert.
Kontrastm itte l u ntersuc h u n g e n des Gastro i ntesti na ltra kts
Kontrastmittel
innen
G. Kauffmann und M. Düx Die Schnittbildverfahren sind hier separat abgehandelt, um ih rer Sonderrolle bei Indikationsstellung gerecht zu werden. Die CT ist mitnichten strahlensparend, die MRT keineswegs billig. Natürlich rechtfertigt eine - prinzipiell erst einmal - lebensbe drohliche Situation (z.B. Polytrauma oder Tumor) den Einsatz aufwendiger Ver fahre n . Viele Erkrankungen sind aber zu nächst durch eine adäquate klinische und/oder laborchemi sche Untersuchung zu klären und bedürfen nicht sofort der Schnittbi lddiagno stik. KM- Untersuchungen des M agen-Darm-Trakts spielen eine untergeordnete Rolle, sind hier abe r aus didaktischen Grün den - nur dort, wo sie dringend benötigt werden - einge schlossen. Ösophagus, Magen, Dünn- und Dickdarm haben ähnl iche m o rp holog i sche A usdrucksformen für bestimmt e
.. Divertikel hals _
a
.. ··
···
Kontrastmittel
b
b) Entzündl ich verändertes Divertikel.
Darmwand
a u ßen
innen
a u ßen
Abb. 5 . 1 44 Verschiedene Formen von Divertikeln.
a ) Unauffälliges Divertikel.
normale
normale Darmwand
I
1 60
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5 . 1 45 Zenker-Divertikel. 7 3-jähriger Kranker mit Schluckbeschwerden und dem zusätzlichen Symptom " Erbrechen . " Bei genauerem Befragen
kommt heraus, dass sich morgens immer wieder kleine Reste unverdauter Nahrung im Kopfkissen fänden (also doch kein eigentliches Erbrechen ! ). Zielauf nahme des oberen Ö sophagus und Hypopharynx a.p. und seitl ich während eines Breischlucks. ISI a) Auf der seitlichen Aufnahme ist eine dorsale Taschenbildung des Ösophagus erkennbar (+--), welche den Speiseweg (....) hochgradig komprimiert. b) ln der frontalen Projektion ist die leicht links betonte Lage des Divertikels (+--) erken n bar (.,... Sinus piriformis, UK Unterkiefer).
Abb. 5 . 1 46 Divertikulose des Kolons. 65-jähriger Patient mit Obstipation und Diarrhöen im Wechsel . 15) a) Die Doppelkontrastaufnahme des Sigmas zeigt mehrere runde bis ovaläre sackförmige Ausstülpungen der Kolonwand. Tangential getroffen projizieren sie sich außerhalb des Da rmlumens (....). En face getroffen stellen sich die Aussackungen der Kolonwand homogen kontrastiert (weißer ---+ ) oder - bei Luftbesatz - mit einem äußeren weißen, scharf begrenzten Randwall (schwarzer ---+ ) dar. b) Die Zielaufnahme während der Monokontrastphase zeigt eine glatte Randbegrenzung u nd homogene Kontrastierung der Darmwandausstülpung.
5 . 3 Klassische Befunde
1 61
Divertikulose, Divertikulitis am Kolon Die Divertikulose spielt sich am Kolon wesentlich häufiger als an den anderen Abschnitten des Gastrointestinaltrakts ab ( > Abb. 5. 1 46) und verursacht Komplikationen, die den Ra diologen unter Umständen auf den Plan rufen. I n der akuten Phase einer Divertikulitis ( > Abb. 5. 1 47) sind die Endoskopie, vor allem aber auch der Kolonkontrastein lauf mit bariumhaltigem Kontrastmittel kontraindiziert (Gefahr der Barium-Peritonitis; > Kap. 5.2.2: Abschnitt "Kontrastmit telarten"). Die Gefahr, dass eine Penetration durch die bei der Vorbereitung (Reinigungseinlauf) und der Untersuchung auf gewendeten Drücke in eine freie Perforation umgewandelt wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Der Kolonkontrastein lauf darf allenfalls mit manuell appliziertem, wasserlöslichem, iodhaltigem Kontrastmittel ohne intensive Luftinsufflation er folgen. Wenn klinisch vertretbar, sollte ein Kolonkontrastein lauf - wenn überhaupt - erst nach Abklingen der akuten Phase, d.h. ca. l -2 Wochen nach Beginn einer antibiotischen Behand lung, erfolgen. Für die CT gelten bei der peranalen Kontrastmit telgabe gleiche Kautelen wie beim Kolonkontrasteinlauf. MERKE Für intestinale Divertikel gilt: Am Ösophagus sind sie selten, haben aber als Zenker-Divertikel besondere Bedeutung. Am Duodenum sind sie häufig, aber meist ohne krankhafte Be de ut u ng • Am Dünndarm sind sie selten und meist ohne Symptome. Am Dickdarm sind sie sehr häufig u nd verursachen Beschwerden und Komplikationen. •
•
.
•
Abb. 5 . 1 4 7 Divertikulitis. 50-jähriger Patient mit akuten Schmerzen im
linken Unterbauch. Ü belkeit, Erbrechen und Wechse l der Stuhlgewohnhei ten. [5] a) Die Abdomennativaufnahme zeigt mehrere Luft-Flüssigkeit-Spiegel (f ) vorwiegend des Kolons im Sinne e i n er Kolonobstruktion. Es finden sich ein Luftbesatz des Kolons bis zum Deszendens, eine Luftleere des distalen Dick darms und eine Verschaltung im S i nne einer Raumforderung im linken Un terbauch (....) b) Der Kolonkontrasteinlauf zeigt neben glatt begrenzten Divertikeln (schwarze -+) auch deformierte, irregulär begrenzte Divertikel (.,...) des Sigmas. Zudem findet sich eine asymmetrische Einengung des Kolonlumens mit Verziehung der Darmwan d und ve rd ic kte n Falten (weiße -+). Die Ab· stände der Haustren sind verkürzt ( .. Ziehharmonika-Zeichen " ). Als Zeichen der chronisch-rezidivierenden - jetzt floriden - Entzündung besteht eine Quer- und Längsschrumpfung des Sigmas. c) Die Computertomografie zeigt eine langsireckig und zirkumferenziell ver· d ickte Sigmawand (weiße ....) und multiple Divertikel (-+). Z u d em findet sich eine lokale Abszessbildung (schwarze ....) in u n mittelbarer Nachbar schaft zum wandveränderten Sigma . .
1 62
5 Röntgendiagnostik K ont ra s t m i tte l
innen
normale Darmwand
Abb. 5 . 1 48 Fiste l Schematische Darstellung. .
U l k u s u n d Fistel
Ein Ulkus ist ein Defekt, der über die M ukosa hinausgeht. Röntgenologisch erscheint das Ulkus als kleines Kontrastmit teldepot, also als Nische. Eine Fistel ist ein über das Lumen des Hohlorgans hinausreichender, meist feiner Gang. Er kann zwi schen einzelnen Darmabschnitten (z.B. interenterisch) oder zwischen Darm und einem anderen Organ (z.B. kolavesikale Fistel) verlaufen oder blind enden ( > Abb. 5 . 1 48, > Abb. 5 . 1 49). Fisteln können sich verzweigen und fuchsbau ähnliche Fistelsysteme bilden (typisch für Morbus Crohn).
Polypen Polypen sind rundliche, meist gutartige Tumoren, die u.U. ge stielt sind. Sie können maligne entarten und gelten somit als Vorläufer des Karzinoms. I h re Diagnostik ist Domäne der En doskopie, die diagnostisches Screening durch Inspektion, his tologische Diagnosesicherung durch Biopsie und damit häufig wirksame Therapie vereint. Röntgenologisch stellen Polypen somit eine Randerscheinung dar. Sie imponieren als rundliche intraluminale Füllungsdefekte ( > Abb. 5 . 1 50).
Stenosen Stenosen sind zirkuläre Lumeneinengungen, die sich im Ge gensatz zu zirkulären Kontraktionen auch in Hypotonie und Prallfüllung nie entfalten ( > Abb. 5. 1 5 1a&b} . M a n unterscheidet benigne von malignen Stenosen. B e i ei ner benignen Stenose (z.B. entzündlich bei Divertikulitis) liegt eine gleichmäßige, konzentrische Lumeneinengung, unter Umständen sogar ohne Faltenabbrüche, vor. Bei einer tumorä sen Stenose erkennt man einen abrupten Kalibersprung des Lumens mit Faltenabbrüchen, Zerstörung des Schleimhautfal tenreliefs und gelegentlich mit Ulzerationen. Die Stenose ent spricht in ihrer Form dem Rest eines zirkulär abgenagten Ap fels; man spricht je nach deutschem Landstrich vom Apfelgrüt zen- oder Apfelbutzenphänomen, bzw. englisch vom "napkin sign."
D a u men a bdr ü cke Hier handelt es sich um submuköse Prozesse, die das Darm lumen einengen und aussehen, als wäre an mehreren Stellen mit einem Finger - besser Daumen - von außen auf den Darm gedrückt worden (eng!.: thumbprints) . Es entstehen multiple flache, halbrunde Konturdefekte, die das Darmvolumen unter schiedlich weit einengen ( > Abb. 5. 1 5 l c, > Abb. 5 . 1 52). Hier spielt die Radiologie eine Rolle, um die Läsion exakt zu beschreiben ( n icht sehr schwer) und ihre Bedeutung zu erläu tern (schon schwerer). Ursachen können sein: • submuköse Einblutungen durch intestinale Ischämie ( > Abb. 5 . 1 52c&d) • submuköse Einblutungen (Antikoagulanzien- Ü berdosie rung, insbesondere bei Marcumar®) • Lymphombefall der Darmwand ( > Abb. 5. 1 52a&b) • Pseudopolypen bei Colitis ulcerosa
MERKE
Das ischämische Eing eweid e blutet! Die Ischämie führt zu einer Zerstörung der Gefäßwände und damit zunächst zu einer submukö sen Einblutung; erst später kommt es zur Blutung in das Darmlumen mit Blut im Stuhl (Hämatochezie). Dem Endoskopiker fällt - parado xerweise - zunächst nur die lokal blasse ( ! ) Darmschleimhaut auf. ln der Radiologie imponieren daumenartige Abdrücke.
MERKE
Daumenartige Abdrücke
Der radiologische Befund .,thumbprints" ist - wie häufig ( ! ) mehrdeutig: Ohne klinische Informationen (wie Anamnese, Labor und eben auch die Endoskopie) kann nicht zwischen Einblutung und Tumor beim .. thumbprinting " unterschieden werden. • Das intestinale Lymphom tritt überall im Gastrointestinaltrakt (GIT) auf. Stenosen im GIT - in Zusammenhang mit Lymphomen bei der Schnittbilddiagnostik - sind immer verdächtig auf eine generali sierte Lymphomerkrankung. Die Kolonischämie bevorzugt - aus anatomischen und hämody namischen Gründen - die linke Flexur.
•
•
Lym p h k n otenverg rößeru ngen Die Lymphknoten der Region werden, wie immer, penibel ( ! ) gezählt u n d ihre Größe beurteilt. I n Bezug a u f deren Dignität lässt sich dadurch jedoch nichts ( ! ) Wesentliches aussagen: Große Lymphknoten sind zwar selbstverständlich eher tu morös befallen als kleinere, aber ein hyperplastischer Knoten - sei es durch Entzündung oder einfach das Abflussgebiet des Tumors bedingt - zeigt dasselbe morphologische Er scheinungsbild: er wird groß! Auch viele kleine Lymphkno ten, z.B. in der Nähe eines Pankreastumors, sind mitnichten ein I ndiz für Benignität. Trotzdem wird j eder Chirurg - auch wenn er einen standardisierten Plan für die Lymphknoten suche und Resektion hat, wissen wollen, wo verdächtige Lymphome liegen .
5 . 3 Klassische Befunde
1 63
Abb. 5 . 1 49 Fistel bei M orbus Crohn. Patient mit Schmerzen im rechten Unterbauch: Bekannt sind ein Morbus Crohn sowie ein Status nach Append ektomie. [5] a) PR, Abdomen nativ im Stehen : pathologische luftgefüllte D ünn da rmschlinge (-+). Normal sind: Luft-Flüssigkeit-Spiegel des Magens (M) und im Verlauf des Kolons (C). b) E ntere klysma nach Sei l ink (KM per Sonde) einige Tage später Am terminalen Ileum i st das Darmlumen stark eingeengt (-+ +-). Die schwarze Pfeilspit ze (.,...) zeigt ein interenterisches Fistelsystem zwischen Kolon und Ileum. Das Colon descendens erscheint zwischen den weißen Pfeilspitzen (.,...) eingeengt. K Kolon. c) Die kontrastg estützte MRT (T 1 w) desselben Patienten weist auf eine stark KM aufnehmende Darmwand (-+) hin (fast weißer Saum); dies ist ein klassischer Befund durch starke Entzündung. Lipomatose (L) um den entzündlich veränderten Darm herum. Geringe entzündliche KM-Aufnahme auch am Colon descendens (....; siehe auch Sei link, in b). d) Vergrößerungsaufnahme von b) mit Kompression der Region des terminalen Ileums mit einem strahlentransparenten I nstrument (Holzknechtlöffel, siehe Teil des Metallrings am rechten Bildunterrand): Die Vergrößerung weist am schwarzen Pfeil (-+) ein Pflastersteinrelief des term inalen Ileums nach, das stenosiert ist. Es finden sich tiefe u lzeröse Veränderunge n (schwarze .... ) der Darmwand. Das terminale I leum und die i nterenteri schen Fisteln (weiße -) laufen bei dieser Aufnahmetechnik bis zum Kontakt (langer weißer -) zum terminalen I leum parallel. Der we i ße Doppelpfeil (-) zeigt eine auffällige Distanzierung zwischen I leumschlingen und Colon ascendens als Ausdruck einer entzündlichen Lipomatose des M esenteri u m s, die für die Erkrankung klas sisch ist. Vergleichen Sie mit c). ,
1 64
5 Röntgendiagnostik
Kontrastmittel
Kontrastmittel Kontrastmittel
b
Abb. 5 . 1 5 1 Schematische Darstellung von Stenosen.
a) Benigne Stenose. b) Maligne Stenose. c) Daumendruckartige Abdrücke, eng I.: thumbprints.
MERKE
Die Dignität von Lymphknoten lässt sich in der CT und M RT nich t
zuverlässig bestimmen.
Karzinome des Ö sophagus, Magens und Kolons verursachen als epitheliale Tumoren grundsätzlich zunächst die Zerstörung der Schleimhaut, die mit der Endoskopie entdeckt und biop tisch gesichert wird. Im Rahmen der Festlegung der Tumor ausdehnung (Staging) werden die Darstellung mit KM in der PR und die CT benötigt ( > Abb. 5 . 1 53).
M ERKE
Bildgebung - Ösophagus und Gastrointestinaltrakt
Abb. 5 . 1 5 0 Polyp.
a&b) Schematische Darstellung von der Seite (a) und ., en face" (b).
•
c) Sigmadivertikulose und ein einzelner Polyp (_)_ Beachten Sie, dass zwar
der Polyp in der Radiologie kaum me hr B ede utu ng hat, wohl aber die Mög
lichkeit besteht, ihn - bei oberflächlicher Betrachtung - mit dem Divertikel > Abb. 5 . 1 44 u nd
zu verwechseln. Vergleichen Sie nochmals die Skizzen i n 5. 1 50). [5]
• •
Die konventionelle KM-Diagnostik beim Ösophagus und Magen Darm-Trakt (z.B. MDP, Kolonkontrasteinlaufj ist meist von sekundärer Bedeutung. Sie spielt allerdings bei postoperativen Veränderungen (z.B. Funktion und Dichtigkeitsprüfungen der Nähte) eine Rolle. Die primäre Diagnostik leistet die Endoskopie. Schnittbildverfahren dienen der Erfassung der Ausdehnung (Staging) von präoperativen Situationen und der Entdeckung, Aus dehnung und topografischen Zuordnung postoperativer Verände rungen (z.B. Nahtinsuffizienz mit/ohne Abszess).
Abb. 5. 1 5 2 Thumbprints. a&b) Intestinales Lymphom: Ein 5 1 -j ä h ri g e r Patient hat seit e i nem Monat e inen Gewichtsverlust von 8 kg, i ntermittierendes Fieber und veränderte
Stuhlgewohnheiten. Zudem leidet er unter ständiger Abgeschlagenheit, Leistungsknick und Nachtschweiß. Bei der Palpation finden sich grenzwertig große, jed och verschiebliehe Lymphknoten in beiden Leisten u nd eine M ilzve rgrößeru ng. [SI a) Das E n tere klys m a zeigt im terminalen Ileum mehrere exzentrisch gelegene da u mend rucka rti ge Einbuchtungen der Darmwand (-). die sämtlich glatt begrenzt sind und a ls Füllungsdefekte erscheinen. Die Mukosa erscheint nicht tang iert. Der Metallhalbring entspricht einem Instrument zur Palpation: sog. Holzknechtlöffel. b) Der Kolonkontrastein lauf zeigt eine morphologisch gleichartige Läsion (--+) im S igm a . Auch h ier keine Destruktion der Schleimhaut, sondern flache Impre ssio n wie durch einen von außen drückenden Finger.
5 . 3 Klassische Befu nde
1 65
c&d) Ischämische Einblutungen: Kl ass is che Situation bei kompletter Kolonischämie mit Minderperfusion der Oberbauchorgane nach einer B lutung mit Hb-Abfal l und schockbedingter Zentralisation des Kreislaufs. [ 1 51 c) Post-KM-CT: Kontrastmittel ist eigentlich nur in der Aorta und Vena cava gut zu sehen. Zum Beispiel sind die Lebergefäße (-) stark spastisch verengt d argest ell t . Als Zeichen des Schockzustands ist weder das Parenchym der Milz noch das der Leber mit Kontrast a ngereichert. Der Hauptbefund findet sich an der linken Kolonflexur: dort ist die Schleimhaut kaum durchblutet und nur als zarter Saum sichtbar. Die ischämischen E inblutungen in der Darmwand führen zu daumenartigen Abdrücken (......) d) Koronare Reformatierung des CTs von c): Auch hier ist die Organminderperf usion an Leber und Milz sichtbar: lediglich kleine, eng gestellte Gefäße (-) sind erkennbar. Die linke Niere fehlt. Die Pfeilspitzen (......) zeigen die daumenartigen Abdrücke besonders gut. Ein Lymphom würde - anders als das Wand hämatom - etwas KM aufnehmen. Aber grundsätzlich gilt, dass - ob Kontrasteinlauf oder CT (MRT) - daumenartige Abdrücke allein gesehen ein klassisches Bild bewirken und sich ganz verschiedene Ursachen dahinter verbergen können. .
1 66
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5. 1 5 3 Ösophaguskarzinom. Ein 58-jähriger Maurer beklagt seit mehreren Wochen beim Essen und Trin ken auftretendes anhaltendes Druckgefühl
im Jugulum. Gewichtsverlust, Alkohol- und Nikotinproblem; jetzt erschwerte Nahrungsaufnahme. [5] a) Osophaguskontrastdarstellung im seitlichen Strahlengang (WK markiert einen der Wirbelkörper): mehrere Zentimeter lange Stenosierung im mittleren ösophagusdrittel, entsprechend der Länge des Doppelpfeils (+--+) . An den E nden der Raumforderung ist eine schulterartige Vorwölbung gegen das Lumen hin zu erkennen (schwarze -), die Schleimhautoberfläche ist destruiert und zeigt kleinere U lzerationen (weiße -). b) CT des Thorax auf Höhe der Trachealbifurkation zum Lymphknotenstaging: Die Pfeile (-) markieren suspekte Lymphknoten von 0,5 bzw. 1 cm Durch messer. Eine zuverlässige Aussage über deren Dignität kann durch die CT nicht geleistet werden.
5 . 3 Klassische B efunde
1 67
Leber und G a l len blase ( m it Kontrastmitte l) G . Kauftmann und P. L. Perreira Die Diagnostik von Leber, Milz und Gallenblase steht und fallt mit den Schnittbildverfahren. Dabei hat der Ultraschall eine hervorragende Bedeutung. Sie haben sich vielleicht von > Tab. 5. 1 eine Kopie gemacht? Sie werden diese Tabelle ei gentlieh immer benötigen, wenn Sie als Anfanger mit der So nografie konfrontiert werden. Jetzt wäre der Moment gekom· men, sich die verschiedenen Echomuster der Sonografie in Er innerung zu rufen, wenn nicht einzuprägen. Sie erinnern sich: Zysten sind echofrei und verstärken den Schall; Steine sind echoreich und haben eine dorsale Schallauslöschung; Tumoren haben ein unterschiedliches Muster (echoarm/echoreich), je denfalls keine Schallauslöschung oder -Verstärkung. Bei fas t jedem der folgenden klassischen Befundbeispiele wird m i t der Sonografie begonnen! Nach der Sonografie sind es die CT und MRT, die bei die sen Organen bedeutungsvoll sind. Da die Nativ-CI geprägt ist von hypodensen Veränderungen, die nur nach KM-Gabe nä her charakterisiert werden können, s ind CT und MRT stark von der intravenösen KM-Gabe abhängig ( > Kap. 5.2.2 Prin zipien der Kontrastmitteldiagnostik, hier Methodenbeispiele). Die KM-Gabe wird unterscheiden, ob keine (z.B. I n farkt oder Zyste), eine zu geringe (z.B. fast alle Pankreas- und manche Nierentumoren) oder eine sehr starke (z.B. viele Nierentumo ren, das Insulinom oder Meningeom) Durchblutung vorliegt, und damit eine Vorentscheidung in der Artdiagnose liefern.
B l utfl üsse in der Leber (CT) Der Leber stehen mit Arterien, Venen und Pfortader drei Ge fäßsysteme zur Verfügung, die unterschiedliche Blutflüsse be sitzen. Darauf muss bei der KM-Gabe und deren Koordination mit der zeitlichen Versetzung der Aufnahmeprogramme der CT besonders geachtet werden (Normalbefund > Abb. 5.63). So ist zum Beispiel der arterielle Fluss vorwiegend vom Blut druck im großen Kreislauf abhängig, während der Pfortader fluss eine Funktion des Widerstands im Lebergewebe ist. Die ser Widerstand richtet sich also nach dem Vorhandensein oder Grad einer Zirrhose. Bei der Erfassung von krankhaften Befunden spielt nicht nur die Stärke der Durchblutung, sondern auch die Geschwindig keit eine besondere Rolle, schon allein um Unterschiede im KM-Fluss dieser drei Gefaßsysteme, aber vor allem auch die Flussgeschwindigkeit in der untersuchten Läsion adäquat zu berücksichtigen. An Hand zweier Extreme sei dies erläutert.
Rasche KM-Passage (HCC) Der Blutfluss ist im hepatozellulären Karzinom (Abk. eng!. : HCC; > Abb. 5 . 1 54) extrem rasch und im Hämangiom i n der Regel extrem langsam. Das heißt, beim HCC benötigen wir ei ne sehr schnelle Bildfolge schon nach Sekunden, um nicht dem KM-B olus "hinterherzulaufen", und beim Hämangiom zusätz-
Abb. 5. 1 54 CT der Leber: rascher Bl utfluss im hepatozellulären Karzinom. Ein 57-jäh riger Mann wird wegen Gewichtsabnahme, Druck im
rechten Oberbauch und Appetitlosigkeit stationär aufgenommen. Die kör perliche Untersuchung ergibt eine vergrößerte Leber mit derbem Tastbe fund. Eine Leberzirrhose aufgrund einer Hepatitis-C-Infektion ist seit Jahren bekannt, der Patient ist deshalb in einem speziellen Früherkennungspro gramm: laborchemisch ist das a-Fetoprotein erhöht! [5] a) Die früharterielle Phase zeigt in Segment 7 des rechten Leberlappens eine im Vergleich zum umgebenden Lebergewebe kräftig Kontrastmittel anrei chernde Leberläsi on (-+) b) ln der portalvenösen Phase ist dieser Tumor fast iso d e n s zur Leber und kaum mehr abgrenzba r.
liehe stark verzögerte Aufnahmesequenzen (z.B. nach mehre ren Minuten), um nicht "vor dem verzögerten Einlauf des KM in die Läsion herzulaufen." Das heißt aber auch, dass der Ra diologe umso adäquater reagieren kann, je mehr Informatio nen ihm über die untersuchte Krankheit vorliegen.
Langsame KM-Passage (Hämangiom) Im Hämangiom ist im Gegensatz zum HCC ein extrem langsa mer Blutfluss vorhanden ( > Abb. 5.1 55). Beachten Sie, dass sich allerdings "nur" etwa gut 90% der Hämangiome an diese Spielregeln halten, sodass immer Raum und Notwendigkeit für eine histologische Sicherung bleibt! Dies trifft auch für das Ein beziehen anderer Modalitäten (z.B. MRT) zu, da diese bei der KM-aufnahme denselben Spielregeln folgen und so das Fehler spektrum identisch ist. Zwischen diesen beiden Extremen - Hase ( HCC) und Igel ( Hämangiom) - spielen sich die KM- Verhältnisse bei den Le berläsionen ab. Wie in der Biologie üblich, gibt es natürlich seltene H ämangiome mit raschem Blutfluss und auch Tumo-
1 68
5 Röntgendiag nostik
Abb. 5 . 1 55 Sehr langsamer Blutfluss im Hämangiom. Das CT der Leber wurde wegen Metastasenverdachts angefertigt. I SI a) Vor KM·Gabe (nativ) zeigt sich eine metastasenverdächtige Hypodensität im Segment 6 des rechten Leberlappens (....).... b) Zwei Minuten nach intravenöser KM-Gabe beginnt sich der Herd von außen nach innen mit KM zu fül len (.......). Beachten Sie, dass dors.omedial der g rößeren Läs.ion ein zweites, kleineres Gebilde bereits völlig mit KM gefüllt ist. c) 1 5 M inuten später ist auch die erste, größere Läsion fast völlig mit KM gefüllt. Auf dieser Basis stellen wir die Diagnose .. Häma ngiome" (ein großes und ein kleines).
ren mit langsamem Fluss; z.B. bei Metastasen variiert der Blut fluss in Abhängigkeit vom Primärtumor stark (vgl. z.B. > Abb. 5 . 1 58). Im folgenden Text werden klassische Befund beispiele aus der Radiologie der Leber vorgestellt, wobei klar sein muss, dass das tatsächliche Repertoire gerade bei der Le ber das Volumen dieses Buchs übersteigt.
M ERKE
Blutfluss und Geschwindigkeit der CT •
•
•
Schnell aufeinanderfolgende Cl-Serien sind in der Lage, die früh arterielle Phase separat zu erfassen und somit dem raschen Blut bzw. KM-Fluss im HCC gerecht zu werden. Werden bei KM-gestützten Schn ittbildverfah ren nach der intrave nösen KM-Injektion die Aufnahmeserien zu spät angefertigt, ist das pote nzie l le HCC "verschwunden " . Entsprechend dem langsamen Fluss im Hämangiom werden Spät aufnahme n benöti gt .
B l utfl üsse i n der Leber ( M RT) Diese Regeln für die Erfassung der zwei Blutkreisläufe in der Leber gelten grundsätzlich auch für die dynamische MRT. Hämangiome der Leber sind häufige Zufallsbefunde und vor allem wegen ihrer Differenzialdiagnose "Metastase" bedeu tungsvoll ( > Abb. 5 . 1 56). Das hat zur Folge, dass diese - per se völlig harmlosen - Herde hingebungsvoll aufgearbeitet werden müssen: Die Diagnose der Sonografie und CT/MRT wird meist übernommen, jedoch besteht eine zusätzliche Sicherheit durch allfällige Verlaufskontrollen im Rahmen der Grundkrankheit Die Biopsie bleibt wenigen Fällen vorbehalten, die sich der Schnittbilddiagnostik einschließlich Szintigrafie entziehen.
M ERKE
Hämangiom der Leber
Hämangiome der Leber sind häufige Zufal lsbefunde bei der Meta stasensuche. • Die Sonografie zeigt klassischerweise eine hyperechogene Le •
berläsion.
Die Kombination S onogra fi e mit CT oder M RT ist meist der dia gnosti sc he Endpu n kt. • KM (in der CT/MRT) zeigt die hypodense Läsion, die von au •
•
ßen nach i nnen zufließt: Dabei gehören lrisblendenphänomen, C otton wool (Watte von Baumwolle) appearance und Spätaufnahmen untrennbar zum
Hämang i om .
Reg e n e ratk noten der Leber I n der Zirrhoseleber kommen relativ häufig Regeratknoten vor, die sich bei Gabe der üblichen paramagnetischen Kont rastmittel ähnlich wie HCC-Herde verhalten. Mit anderen Worten: hier reichen die Gesetze, die sich vom Blutfluss in der Leber herleiten, nicht mehr aus. In der M RT wird deshalb nach anderen Wegen zur verbesserten Aussagekraft gesucht. Die "Superparamagnetic I ron Oxides" (SPIO)-verstärkte M RT der Leber wird mit einer hohen Sensitivität und Spezifi tät für die Detektion von fokalen Leberläsionen verwendet. Mit der SPIO-verstärkten MRT ist auch eine D ifferenzierung zwischen benignen und malignen fokalen Leberläsionen mög lich ( > Abb. 5. 1 57). Dies geschieht auf der Basis ihrer zellulä ren Zusammensetzung und Funktion. Grundlage hierfür ist die Tatsache, dass RES-Zellen in normalem Lebergewebe und in benignen Tumoren, nicht aber in malignen Tumoren vor kommen. Eisenhaltige (SPJO- ) KM werden somit von Regene ratknoten - in der Regei i0 nicht aber vom HCC - aufgenom men. Dort wo Eisen aufgenommen wird, kommt es zur Signal-
1o
Ausna hme: hoch differenziertes HCC
5.3 Klassische Befunde
1 69
Abb. 5.1 56 Hämangiom. Eine 56-jäh rige Patientin kommt wegen eines neu diagnostizierten Mammakarzinoms zum Staging. Sonografisch werden drei Lebe rläsionen festgestellt, davon imponiert e i ne als typisch es Hämangiom Die beiden weiteren Läsionen sind sonografisch nicht eindeutig einzuordnen . [ 1 6] a) ln der Sonografie stellt sich eine relativ glatt berandete, hyperechogene Leberläsion (4-+) dar. Eine Architekturstörung des Lebergewebes liegt nicht vor. b) ln der nativen MRT kommen 2 signalarme Leberläsionen zur Darstellung (-). c) ln der dynamischen M RT m it KM zeigen beide Läsionen eine in itial randständige Kontrastmittelaufnahme (-) u nd ..fließen " im weiteren Verl a uf der U ntersuchung von außen nach innen .. zu " (lrisblendenzeichen). d) Eine der Läsionen ist bereits nahezu komplett m it KM gefüllt (--.) Beachten Sie: fü r die KM- Dyna mik bei der CT und MRT gelten ähnliche Gesetze. Somit gilt die Diagnose .. Hämangiome" als gesichert.
1 70
5 Röntgendiagnostik
ERKE
HCC i n der Bildgebung
Die Konstellation Gewichtsverlust, Leberzirrhose und erhöhtes a-Fetoprotein ist sus pekt auf e i n Le b e rzellka rzi nom. Früharterielle Aufnahmen (CT, MRT, a uch Angio) erfassen das HCC am besten. • in der Zirrhoseleber sind Regeneratknoten häufig. Sie werden in der CT, der K M -gestüt zte n M RT (z.B. Gd-DTPA) und der Katheter angiografie schwer von HCC -Herden zu differenzieren sein. • Eisenhaltige (SPIO-)KM werden von Regeneratknoten, n icht aber vom HCC aufgenommen; es ko mm t zur Sign almi nderung . • Zeitlich versetztes Wachstum wird als metachron bezeichnet. • •
Lebermetastasen Die meisten Lebermetastasen werden sonografisch entdeckt und verfolgt. In der Sonografie sind sie klassischerweise iso- bis leicht hypodens mit einem umgebenden hypodensen Randwall, ver gleichbar einer Schießscheibe (engl. auch "target" oder "bull's eye sign" genannt). Ausnahmen sind jedoch, wie überall in der Biologie, vorhanden und sind so vielfältig wie die Herkunftsge webe der Metastasen
( > Abb. 5. 1 58). In diesen Situationen
wird die Diagnostik eine echte Herausforderung darstellen.
M ERKE
Lebermetastasen werden primär im Sono diagnostiziert. Dort zei gen sie kla ssischerwe ise das Schießscheibenphänomen. • Problemfälle - wie sonografisc h nicht klärbare Fälle oder aber Verlaufskontrollen unter Therapie (Thema: Studienprotokolle) " ", anden i n der CT/MRT. • in de r CT/MRT sind diese Fälle durch ihre große Variabilität - j e nach Herkunftsgewebe - definiert. Metastasen i n Zirrhoselebern sind selten. • •
Abb. 5 . 1 5 7 Superparamagnetit lron Oxides (SPIO)-verstärkte MRT der Leber. Die Untersuchung erfolgte wegen zweier in der CT gese
hener kleiner HCC -verdächtiger Herde. [7) a) Arterielle Phase nach Primovist® (SPIO): Wie in der CT ebenfalls Verdacht auf 2 hyperarterialisierte kleine HCC-Knoten (siehe weiße ....). . b) Primovist®·Spätphase (SPIO) nach 20 Minuten: homogene, helle Darstel lung der gesamten Leber, keine HCC -Herde (dies wären schwarze Löcher im Kreis). NB Aortenartefakt in Projektion auf den linken Leberlappen. Damit ist die Diagnose .. Regeneratknoten " gesichert.
•
Sch n ittbi l dg esteu erte P u n ktion, Dra i n a g e u n d B iopsie
m i nderung. Als metachrone HCC-Herde werden solche Läsio nen bezeichnet, die zeitlich verzögert (also versetzt) auftreten.
Eine schnittbildgesteuerte
Biopsie erfolgt
mit d e m Ziel, Mate
Deshalb gehören, z.B. nach erfolgreicher Therapie, die Kont
rial für eine zytologische, mikrobiologische oder histologische
rolle von Tumormarkern und CT bzw. MRT zur Nachsorge.
U ntersuchung zu gewinnen. Sie gehört zu den häufigsten inter-
Abb. 5 . 1 58 Lebermetastasen. Verschiedene Patienten mit Verdacht auf Metastasen der Leber. [ 1 6)
a) Sonografie: Klassisches Bild einer Lebermetastase (-): iso- bis leicht hypodenses Zentrum sowie umgebender hypodenser Randwa l l (vgl. > Tab. 5. 1 u n d > Abb. 5.22b) b) Sonografie eines anderen Patienten: unscharf berandete, hyperechogene Lebermetastase (.....) bei neu roendokrinem Pankreastumor in der Sonografie. c) ln der nativen CT schalenförmig verkalkte Lebermetastase (-) m it zentraler Hypodensität. ln diesem Fall litt der Patient an einem metastasierten kola rektalen Karzinom. Verkalkte Metastasen finden sich häufig z.B. bei Ovarialkarzinomen, beim Osteosarkom oder Nierentumor. d) CT nach i.v. KM-Gabe: keine KM-Aufnahme in der Läsion, vielmehr voll kommen hypodense Lebermetastase (-) bei Gallenblasenkarzinom. e) CT nach i.v. KM-Gabe: zentral nekrotische Lebermetastasen mit hypodensem Randwall bei einer Patientin mit einem Bronchialkarzinom. f) CT nach i . v. KM-Gabe: Patientin mit metastasiertem Mam makarzinom. N achweis von 2 hypodensen Lebermetastasen (-) in Segment 5 des rechten Leberlappens. Nebenbefundlieh Nachweis einer weiteren Läsion (weiße .....) an der Grenze von Segment 5 zu Segment 6. Bei dieser Läsion handelt es sich um ein Hämangiom. g) Drei in der arteriellen Phase der CT relativ zum u mgebenden Lebergewebe hyperperfundierte Lebermetastasen (-) Die Patientin litt an einem metastasierten Schilddrüse nkarzinom h) Nachweis einer Lebermetast ase (-) eines kalorektalen Karzinoms in der MRT.
5 .3 Klassische Befunde
1 71
I
1 72
5 Röntgendiagnostik
I
Abb. 5 . 1 59 CT-gesteuerte Drainage eines Bilioms. Flüssigkeitsan sammlung im Resektionslager nach Resektion einer Lebermetastase. [5] a) Präoperative CT, die eine solitäre, stark hypervaskuläre und deshalb Kon trastmittel aufnehmende Metastase (-) eines Mammakarzinoms in Seg ment 6 der Leber zeigt. b) Nach Resektion der Lebersegmente 5 und 6 bildet sich im Resektionslager ein Bil iom (-) aus, das Lufteinschl üsse enthält. Dorsal und kranial des Bilioms findet sich eine Parenchymnekrose des Lebersegments 7 (.,...) mit innerhalb der Nekrose sichtbaren Gefäßen (weiße -). c) CT-gesteuerte Punktion des Bilioms. Die Nadel (-) hat den Rand des Bilioms erreicht. d) Nach der Einlage der Drainage (-) wird diese mit Kontrastmittel ange spritzt, um die korrekte Verteilung des Kontrastmittels (.....) im Hohlraum darzustellen. Ein Ü bertritt von Kontrastmittel in das dorsal gelegene nekro tische 7er-Segment der Leber ist nicht sichtbar. e) Durchleuchtungsaufnahme nach Anspritzen der Drainage mit Kontrast mittel. Man erkennt die unregelmäßige Verteilung des hier dunkel darge stellten Kontrastmittels im Biliom. Drainagekatheter (-).
5.3 Klassische Befunde
ventionellen Eingriffen des Radiologen und reflektiert dadurch auch die Tatsache, dass die Radiologie zwar klassische Bilder, aber keine histologischen Diagnosen liefern kann. Die Drainage von Hohlorganen und Hohlräumen erfolgt meist ultraschall-, in schwierigeren Situationen auch CT-ge steuert. Hohlorgane wie die Gallenblase oder das Nierenbecken werden bei Abflussstörungen mit oder ohne Entzündungskon stellation entlastet. Neu entstandene Hohlräume werden hin gegen dann drainiert, wenn sich z.B. ein Abszess oder ein Biliom ausgebildet hat ( > Abb. 5. 1 59).
1 73
Das technische Vorgehen entspricht dem der schnittbildge steuerten Biopsie, indem die Zielstruktur zunächst mit einer Hohlnadel anpunktiert wird. Der Eiter oder die Flüssigkeit wird abgelassen und wegen der enormen klinischen Bedeutung umgehend, ohne Umwege und am besten unter persönlicher Aufsicht zur histologischen, zytologischen und/oder bakterio logischen Aufarbeitung verbracht. Anschließend wird ein Füh rungsdraht eingelegt und ein spezieller Drainagekatheter (z.B. mit Pigtail-Konfiguration) in die Zielstruktur vorgeführt.
Galle Die Erkrankungen des Gallesystems werden zunächst sonogra fisch geklärt. Dem wird in den folgenden drei Beispielen - Stei ne, Gallenblasentumor und Gallengangstumor - Rech nung ge tragen. Die genaue Darstellung der Gallenwege erfolgt in ausgewählten Situationen nach endoskopischer oder perkutaner Applikation des Kontrastmittels. Die Diagnostik wird, falls bei speziellen Krankheitsbildern ausnahmsweise indiziert, durch die CT oder MRT ergänzt. Um das Phänomen der komplementären [nformationen von endoskopischen Gangdarstellungen und Schnittbildverfahren zu unterstreichen, seien zwei typische Untersuchungen vorangesteUt ( > Abb. 5 . 1 60, > Abb. 5. 1 6 1 ).
G a n g a b b ruch Die ERCP ( > Abb. 5. 1 1 ) ist ein invasives Verfahren mit der Möglichkeit der exakten Gangdarstellung von Pankreas und Gallesystem und ist damit besonders bei der Tumorsuche stark komplementär zu den Schnittbildverfahren (z.B. Sono und CT) . Gleichzeitig eröffnet sie erweiterte diagnostische Möglich keiten durch die Biopsie, kann aber auch therapeutisch (z.B.
Abb. 5.1 60 ERC: Gangabbruch durch Tumor (von unten, also endo skopisch dargestellt). 57-jähriger Kranker mit schmerzlosem Verschl ussikte rus. l n der E R C zeigt sich ein Verschl uss des Ductus hepatocholedochus (weiße r -) : klassischer Befund wie bei Tumor des Gallengangs . Ü ber das Endoskop (E) wird transpapillär (P) eine dünne Sonde (�) über die Tumor strecke (__.) hinaus in die di latierten intrahepatischen Gänge (schwarze -l hoch gefü h rt Die Tumorstrecke lässt sich so dilatieren bzw. d urch einen Stent armie ren (palliative Maßnahme) [ 1 51
Abb. 5 . 1 6 1 M RCP: Gangabbruch durch Tumor (diesmal sozusagen von .. oben " dargestellt). 62-jähriger Kranker mit schmerzlosem Verschluss ikterus, Darstellung der extra- und intrahepatischen Gallengänge nach er folgloser ERCP: Der Ductus choledochus (DC) stellt sich stark, der Ductus pancreaticus (DP) mäßig erweitert dar. Die Pfeile markieren den Abbruch der beiden Gänge in gleicher Höhe (sog. Doppelgangzeichen - klassisch für Malignom) durch den papillennahen Tumor, der bei dieser Untersuchungs technik selbst nicht sichtbar ist. 1 1 61
I
1 74
5 Röntgendiagnostik
zur S teinextraktion oder Papillotomie) wirksam eingesetzt werden. Gelingt es nicht, die Gänge proximal eines Verschlus ses zu überwinden, kann die MRCP ( > Abb. 5 . 1 6 1 ; siehe auch > Abb. 5.58) eingesetzt werden.
Stein e D i e Sonografie i s t hervorragend geeignet, Konkremente der Gallenblase und vielfach auch der Gallengänge aufzuspüren. Sie wird die Steine in der flüssigkeitsgefüllten - also echoleeren - Gallenblase als Strukturen mit Binnenechos identifizieren, die - wie Luft - den Schall nicht passieren lassen und somit das klassische Phänomen des dorsalen Schallschattens zeigen ( > Abb. 5. 162).
Tumor
müssen. Gesucht wird nach mehr oder weniger umschriebenen W andverdickungen mit Binnenecho s z.B. in der Steingallenblase oder bei Patienten mit chronischer Cholezystitis ( > Abb. 5.163 ) . Eine Sonderrolle nimmt in diesem Zusammenhang das Karzi nom der Gallengänge ein. Es ist besonders schwer detektierbar, weil es u.U. entlang der Gangstrukturen wächst. Deshalb sind hier im besonderen Maße I nformationen aus zwei oder sogar drei komplementären Verfahren der Diagnostik erforderlich.
M ER K E Rechtsseitige, kolikartige Oberbauchschmerzen in Kombination mit Fettunverträgl ichkeit sind typische Symptome beim Gallen steinleiden. N icht selten (ca. 80%) sind die betroffenen Patien ten aber symptomfrei ! Ikterus bei intra- und extrahepatischer Cholestase und Pan kreatitis sprechen für eine Choledocholithiasis. Bei Cholangitis kann die Charcot-Trias mit rechtsseitigen Ober bauchschmerzen, Fieber und I kterus auftreten. • Der Tumor macht oft nur eine regionäre Wandverdickung. •
•
•
Die Sonografie der Gallenblase wird neben der Detektion von Steinen immer auch ein begleitendes Tumorleiden ausschließen
Abb. 5 . 1 62 Gallensteine. Eine 54 jä h r i ge Patientin klagt über rechtssei tige, kolikartige Oberbauchschmerzen. Am Aufnahmetag ist nach einer Ge burtstagsfeier z u sätz l ic h Erbrechen a ufgetre t e n Seit geraumer Zeit besteht eine Fettunverträglichkeit, jedoch keine Gelbsucht, keine Entfärbung von Stuhl und Urin. Die alkalische Ph os phata se ist deutl i ch er erhöht als d i e -
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Transaminasen. I 1 6]
a) Sonografie: Im Längsschnitt sind in der Gal lenblase drei echoreiche Kon· kremente (-) m it dorsalen Schallschatten (-) dargestellt. Die Gallen bla· senwa � d ist ni ch t verdickt. Ventral ist der rechte Leberlappen abgebildet (kurze t ) b) Die Spirai-CT zeigt im Bereich der Gallenblase ebenfa l ls kalzifizierte Kon kremente (-). Die Wand der Gallenblase ist nicht verdickt (langer -). Der Pankreasgang (-) ist im Schwanzbereich (..,.) etwas dilatiert. Nebenbe Iundlieh ist die linke N iere geschrumpft (kurzer -). c) in einem weiter kaudal gelegenen Scan i n Höhe der Papi l l a duodeni (-) sind drei kleine, verkal kte Konkremente im Ductus hepatocholedochus (längerer -) erkennbar. Der Pankreaskopf (kurzer -) ist normal groß.
-... '
5 . 3 Klassische B efunde
1 75
Abb. 5.163 Gallenblasenkarzinom. Ein 63-jähriger Patient mit bekannter chronischer Cholezystitis stellt sich wegen seit mehreren Tagen anhaltenden Ober bauchbeschwerden zum wiederholten Male bei seinem Hausarzt vor. Bei tiefer subkostaler Palpation rechts klagt der Patient über einen dumpfen Druckschmerz. [ 1 6] a) Sonografie: polypäse Raumforderung in der Fundusregion der Gal lenblase (-). b&c) Sonog rafie: Bei bekannter chronischer Cholezystitis (Wandverdickung +--+) auf dem Boden einer Cholezystolithiasis (Steine: kurze -: Schallschatten: langer � ) kann ein Karzinom der Gallenblase nicht ausgeschl ossen werden. Die Operation bestätigt diese Verdachtsdiagnose. d) Zur Differenzialdiagnose die CT eines anderen Patienten: sie zeigt einen KM aufnehmenden, schmalbasig der Gallenblasenwand aufsitzenden Tumor (-). Diagnose: Gallenblasenpapillom.
E n tzü n d u n g
Pa n k reas G . Kauftma n n und G. M . Richter Das Pankreas liegt nicht exakt in der Ebene z.B. der CT-Schnit te: Eine leichte anatomische Schräglage in der Körperachse macht es schwierig, alle Abschnitte des Organs auf Anhieb zu fi nden bzw. zu identifizieren. Zudem liegt der Pankreaskopf eng dem Duodenum an, sodass die Organgrenzen "verschwim men" können und u.U. e i ne Schräglagerung des Kranken er fo rderlic h is t .
Die Diagnose Pankreatitis wird klinisch und laborchemisch gestellt. Verlaufsbeurteilungen erfolgen zunächst mittels So nografie. Diese stößt an natürliche Grenzen, da der Darm die Neigung hat, entzündliche Prozesse einzudämmen, und sich einzelne Dünndarmschlingen deshalb "mit Vorliebe" vor das Schallfenster des Pankreas legen und zudem als lokale ent zündliche Reaktion Zeichen der lokalen Paralyse mit Gasfül lung aufweisen {Wächterschlinge, siehe auch > Abb. 5. 1 38a). Das heißt, wenn nach etwa drei Tagen die Fragen nach klassi schen Komplikationen der Pankreatitis aufkommen, können diese am schnellsten mit der CT beantwortet werden. Wer das Pankreas sucht, wird auf der Nati vau fnahme sei ne liebe M ühe haben. Leichter fällt es , das O rgan zunächst nach KM -Gabe zu identifizieren, da sein Korpus direkt vent-
1 76
5 Röntgendi agnostik
Abb. 5. 1 64 Akute Pankreatitis, exsudative Form.
Eine 45-jährige Patientin klagt erstmals und plötzlich in der Nacht nach einer Betriebsfeier mit reichlichem Alko holgenuss über heftige gürtelförmige Oberbauchbe schwerden. Kl inisch und laborchemisch wird die Diagnose einer akuten Pankreatitis gestellt. Nach zwei Tagen t reten septische Temperaturen auf, die zum CT führen, zu mal die Sonografie u nergiebig is t: [5] a) Normalbefund nach K M i.v. (zum Vergleich mit b&c; zur Orientierungshilfe siehe auch > Abb. 5.31 ). Das Organ ist mit Pfeilsp itzen markiert ( ....). Die peri pank reatischen Leitgefäße sind: Vci Vena cava inferior, Ao Aorta, 1 Me senterialvene kurz vor Konfluens, 2 Truncus coeliacus, 3 Milzvene. Ferner: M M ilz und N N ie re. Entsprechend der Schräglage des Organs sind Korpus und Schwanz, nicht jedoch der Kopf abgebildet. b) CT-Nativaufnahme: Pankreaskopf (Pk) und Pankreas schwanz (Ps) etwa in Ga llenblasenhöhe (Gb) Jede Menge Luft (L) vor dem Pankreas. Der Messkreis .. 1 " im Korpus zeigt 29 HE an. Beachten Sie, dass Teile des Kopfs gar nicht abgebildet sein können. D ie langen - und E mar kieren die nach beiden Seiten in das Retroperitoneum ziehenden Exsudatstraßen (Messkreis .. 2" zeigt 1 9 H E an). Diese durchbrechen nicht die Gerota-Faszie, die das perirenale Fett (= Gerota-Raum; ..--....) begrenzt (für das aggressive Exsudat des Pankreas wäre das kein Problem). Die nebeneinander liegenden weißen Dreieckspfeile (.._) markieren einen Abschnitt der Schleimhaut der medialen Duodenalwand. Zwischen dieser und der lateralen Vorder fläche des Pankreaskopfs liegt die sogenannte pankrea toduodenale Rinne (dunkel). Um die Flüssigkeit besser erkennen zu können, sind am Pankreasschwanz die Or gangrenzen mit winzigen schwarzen Pfeilspitzen (>) mar kiert. Die Messkreise werden gezeigt, weil die Dichteu n terschiede mit bloßem Auge n i c h t quantifizierbar wären: Die gemessenen Dichten sprechen gegen eine Einblutung I c) G leiche Schnitthöhe wie in a), nach Kontrastmittelgabe. Der Zusammenfluss (Vk; lange -) aus Milzvene und M e senterialvene zur V. portae ist retropankreatisch sehr deutlich kontrastiert, ebenso der Abgang der A. mesente rica superior (-) und die A. gastroduodenalis ( -) . Durch den guten Schleimhautkontrast von Duodenum (D) und Gal lenblase (Gb) sind die beiden Hohlorgane jetzt sehr viel deutlicher abgrenzbar als in der Nativdarstellung. Die pankreatoduodenale Rinne kommt ebenfalls se hr deutlich zur Darstellung (dünne gepu nktete Linie entlang der Rinne). Im Pankreasparenchym gleichmäßige Kont rastmittelaufnahme (Messkreis im Korpus zeigt 38 HE) und somit Ausschl uss auch einer nekrotisierenden Pankre atitis. Damit stünde - vorbehaltlich dessen, dass ni cht alle Abschnitte des schräg liegenden Organs gezeigt sind - die Diagnose einer exsudativen Pankreatitis fest.
5 . 3 Klassische Befunde
ral der Milzgefäße liegt. Suchen Sie z.B. die M ilzvene auf und verfolgen Sie diese zum Konfluens mit der Vena mesenteri ca, ab dem die beiden Gefäße die Vena portae bilden ( >- Abb. 5. 1 64a&c, vgl. auch >- Abb. 5 . 1 67, > Abb. 5. 1 69). D irekt davor l iegt das Pankreaskorpus und von dort aus kön nen Sie die CT-Schnitte durchblättern, u m den Rest des Or gans abzugrenzen. Sinngemäß dasselbe gilt natürlich für die M ilzarterie. MERKE Der Zusammenfluss ( ., Venenkonfluens") aus Milzvene und Mesen terialvene zur V. portae l i egt direkt retropankreatisch. Dort finden Sie auch am sch n e ll ste n das Pan krea s .
Abb. 5 . 1 6 5 Hämorrhagische Pankreatitis. 6 8-jähri ger alkoholkranker Patient mit der dritten Episode einer a kuten Pankreatitis. Die Nativ-Cl
zeigt ein ., merkwürdig helles " Organ. Entzün dungsstraßen sind a r11 Kopf-Korpus- Ü bergang ( � � ) u nd am Schwanz ( + ) des Pankreas zu sehen. Den entscheidenden diagnostischen Hinweis ge ben die Messkreise ,, 1 '' u nd 2 mit 61 bzw. 59 HE. Das entspricht - bei der KM-freien Nativ aufnahme - Blut und damit lautet die Diagnose .. hämorrhagische Pan kreatitis " . Nach KM-Gabe wäre dieser Befund überdeckt! Beachten Sie, dass auch hier (wie bei > Abb. 5 . 1 64) der Kopf nicht in ganzer Ausdehnung zu sehen ist u nd sich erst einige Schnitte tiefer in der Bi ldgebung zeigen würde. [5] .,
"
Abb. 5 . 1 66 Nekrotisierende Pankreatitis.
39-jährige Patientin 26 h nach Gallenkolik. Die Kranke klagt weiter über Ü belkeit und Schmerzen im rechten Oberbauch, die jetzt aber gürtelförmig ausstrahlen. Die Pankreasenzyme sind stark er höht, sodass zu vermuten ist, dass eine gemeinsa me Mündung von D. choledochus und D. pancrea ticus besteht: Dadurch kann es durch Rückstau von Galleflüssigkeit zur Pankreatitis gekommen sein. Das hier nicht präsentierte Nativ-Cl zeigte die E ntzündungsstraßen, keine E i nblutung. CT nach KM-Gabe: Es zeigen sich d ie oben er wähnten Entzündungsstraßen am Pankreaskopf (--+) u nd Schwanz (--+) Im Messkreis 1 " (Kopf ..
Korpus- Ü bergang) steigt die Dichte nicht an: 27 HE, nur im Messkreis ., 2" ( Schwa n z) kommt es
zu einer deutlichen KM-Anreicherung. Mit anderen
Wor t en : das ganze Korpus des Pankreas nimmt nicht an der Durchblutung teil ! Ob dies reversibel (lokales massives Ödem) oder bereits irreversibel
(umschriebene Nekrose) ist, lässt sich dem Bild a l lein nicht entnehmen. Der klinische Verlauf folg te bei dieser Patientin jedoch leider dem Bild einer schwersten nekrotisierenden Pan kreatitis. 1 51
1 77
Wie bei allen CI-Untersuchungen werden zunächst Nativa uf nahmen angefertigt, um sicher keine Einblutung zu übersehen. Die akute Pankreatitis wird morphologisch-deskriptiv in fol gende Formen unterteilt: ödematös, exsudativ ( >- Abb. 5 . 1 64), hämorrhagisch ( > Abb. 5 . 1 65) und nekrotisierend {u.U. mit Abszedierung, > Abb. 5 . 1 66). Entscheidend für die Erfassung von nekrotisierenden Formen ist die korrekte Kontrastmittel applikation, die unter Umständen hyperdynamen Kreislauf oder Schockzuständen angepasst werden muss.
1 78
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5 . 1 67 Pankreaskarzinom (Frühstadium). 6 1 -jähriger Patient mit zunehmenden Schmerzen im Mittelbauch. Auf näheres Befragen beschreibt er die se als gürtelförmig mit Ausstrahlung in das linke Schulterblatt. Die Sonografie ergibt eine fragliche Er weiterung des Pankreasgangs; sie ist jedoch wegen reichlicher Gasüberlagerung nicht wirklich ergiebig. Die Computertomografie zeigt eine Dilatation fast des gesamten Ductus pancreaticus auf teilweise bis zu 10 mm (......) und eine Verschmälerung des Pankreasparenchyms im Korpus und Schwanz ( ). Der Pankreasgang bricht - Richtung Kopf- relativ abrupt am Korpus-Kopf-Übergang ab (.-). Dorsal der Abbruchstelle liegt der Venenkonfluens (Vk) aus V. lienalis und V. mesenterica superior. Eine eigent liche Ursache ( >?<) für diesen Gangabbruch, wie z.B. ein Tumor im Pankreaskopf (hier wieder nur teilweise abgebildet), ist nicht erkennbar. Dorsal und ventral des verschmälerten Parenchyms des Pankreasschwanzes finden sich feine Weichteilver dichtungen im peripankreatischen Fettgewebe (z. B. als Kreis markierte Stelle am rechten Bildrand vent ral des Pankreasschwanzes). Diese entsprechen diskreten Exsudaten als Zeichen einer subakuten Stauungspankreatitis und Ursach e der Beschwer den. Die Histologie wird anlässlich der fälligen Pro befrei legung bestimmt. Es fand sich ein kleines Karzinom, das glücklicherweise durch die von ihm verursachte Entzündung entdeckt wurde. [5]
M E RK E
Schmerzlokalisation und anamnestischer Hintergrund zusammen mit der Amylase- und Lipase-Erhöhung sind sehr typisch fü r die akute Pankreatitis. Häufig ist jedoch wegen der peritonealen Reizung eine Luftüberlagerung des Pa nkreas durch Querkolon oder Duodenum vorhanden, sodass nur eine schnell verfügbare Computertomografie die rasche und genaue morphologische Abklärung l eistet.
Die chronische Pankreatitis (hier nicht behandelt) ist durch ein Nebeneinander von Narben und Entzündungsherden charak terisiert. Ob sie irgendwo einen Tumor beherbergt, ist sehr schwer auszuschließen. Z U S A M M E N F A S S U N G
Die Pankreatitis ist primär eine klinische Diagnose. Gürtelförmige Oberbauchschmerzen und eine Erhöhung der Pankreasenzyme (Amy lase und Lipase) gehören hierzu. Die Beurteilung von - nach einigen Tagen auftretenden Komplikatio n en - geschieht mit der nativen und KM-gestützten CT. Die Erkrankung wird dabei morphologisch unterteilt in eine ödema töse, exsudative, hämorrhagische und nekrotisierende Form.
Tu mor
Das Pankreaskarzinom macht verhältnismäßig spät klinisch verwertbare Symptome. Es existieren zwar Tumormarker, die oft sehr gut zur Detektion von Rezidiven - z.B. bei operierten Tumoren - geeignet sind. Diese lassen sich jedoch nicht zum all gemeinen Tumor-Screening einsetzen, nicht zuletzt wegen feh lender klassischer Risikogruppe11 . Die erforderliche subtile Diag nostik ist aufwendig (z.B. sind Dünnschnitte und Hydrotechnik zweckmäßig), zumal die Dichtedifferenzen bei der KM-Aufnah me zwischen Tumor und umgebendem Normalorgan minimal sind. Die Diagnostik ist strikt komplementär, d.h., ERCP und meist - er ergänzen sich und sollten gemeinsam beurteilt wer den ( > Abb. 5. 167 und > Abb. 5. 168; siehe auch "Gang abbruch" im obigen Abschnitt "Galle" sowie > Abb. 5. 1 60 und > Abb. 5. 1 6 1 ) . Bei der CT-Hydrotechnik ( >- Abb. 5. 1 69 wer den große Mengen Wasser zu trinken gegeben, um eine Er schlaffung (Hypotonie) des Duodenums zu erreichen. Gleichzei tig wird der Darm medikamentös ruhiggestellt (Buscopan ), damit sich die Beurteilung des Kopfs verbessert.
5.3 Klassische Befunde
Frühstadien
von Pankreaskarzinomen
1 79
( > Abb. 5. 1 67) sind
auf Grund der spät auftretenden klinischen Symptomatik äu
ßerst selten zu erfassen. Die frühe Diagnose gelingt nur unter folgenden Voraussetzungen: •
A uf Grund der Tumorlage besteht eine enge Beziehung zu Pankreasgang oder D. choledochus, sodass früh ein wegwei
sender klinischer Anfangsverdacht besteht (Pankreatitis, Ikterus ) . •
Z u m anderen muss frühzeitig eine optimierte Querschnitts diagnostik mittels CT mit maximaler Ortsauflösung durch geführt werden.
•
Jede
Schwanzpankreatitis muss hinsichtlich einer malignen Genese abgeklärt werden.
Die Infiltration von Milzarterie oder M ilzvene bei Karzinomen
im Pankreasschwanz ist kein K ri teri um der Nichtresektabilität,
da mittels einer Linksresektion ein kurativer Ansatz möglich ist. Entscheidend ist die
präzise Beschreibun g der retroperito
nealen Infiltrationstiefe zur Aorta, zu ihren viszeralen Ästen (z.B. Truncus coeliacus und
seine Verzweigungen) und zu den
Zwerchfellschenkeln.
M E RKE An den Pankreastumor muss " gedacht " werden. U nspezifische Oberbauchsymptome, die stetig zunehmen, müssen ernst genom men werden. Rückenbeschwerden oder gürtelförmige Schmerzen können für das Pankreas wegweisend se i n . Hinter einer Pankreatitis - insbesondere isoliert am Schwanz kann jederzeit der Tumor stecken. • Die hoch auflösende Dünnschicht-Cl ist das Lastpferd in der Pankreasdiagnostik. Zwerchfell- und Leitgefäßinfiltration sind dabei für die Resektabilität limitierend. Die Aussagekraft der MRT ge winnt in wissenschaftlichen Diskussionen zunehmend an Boden. Die peripankreatischen Leitgefäße sind der Venenkonfluens aus V. mesenterica superior, Truncus coeliacus mit Abgang der A. he patica communis und die V. lienalis. Die Tumormarker - wie CA- 1 9-9-Erhöhung - sind vor allem nach einer Operation zur Verlaufsbeurteil ung hilfreich. •
•
•
•
Abb. 5.1 68 ERCP bei Pankreasgangstenose. Zwei Patienten mit Pan
kreatitis ebenfalls des Schwanzes erhalten im symptomfreien I nterval l eine ERCP. Der U ntersuchungsbefund entspricht zwar nicht der exakten Lokali sation des Kranken aus > Abb. 5 . 1 67, passt aber in dieses Muster. [ 1 5 ] a) Am Ü bergang vom Korpus zum Schwanz hochgradige Enge (t). die am ehesten einem Karzinom entspricht. Dahinter ist der Pankreasgang erweitert und verplumpt wie nach Pankreatitis. Gallenblasenstein (�). Endoskop (E), KM im Magen (M). b) Ausschnittvergrößerung (anderer Patient, aber an selber Stelle): Die Pfei le markieren die unregelmäßige Begrenzung an der Enge durch den Tumor (auch hier - in beiden Fäl len - Probefreilegung erforderlich).
1 80
5 Röntgen d i agnostik
Abb. 5.169 Pankreaskarzinom (fortgeschrittenes Stadium). Eine 7 5-jährige Patientin kommt zum wiederholten Male wegen einer seit Jahren be
kannten Cholezystolithiasis zur Untersuchung. Sie berichtet über wiederholtes leichtes U nwohlsein und leichte Abneigung gegenüber fetten Speisen - Sym ptome, die gut zur Cholezystolithiasis mit gelegentlichen Reizzuständen passen. Bei genauerer Befragung berichtet die Patientin allerdings über Schmerzen, die nach links u nd in den Rücken ausstrahlen. An pathologischen Laborparametern fallen eine geringe Senkungsbeschleunigung und eine mäßige CA- 1 9-9Erhöhung auf. Die Ausschnittvergrößerung der Computertomografie zeigt im Ü bergang von Korpus zu Schwanz eine 3 x 2 cm g roße hypodense Raumfor derung, die durch gestrichelte Linien in ihrer Abgrenzung zum normalen Gewebe hervorgehoben ist. Diese Raumforderung buchtet die Oberfläche sowohl nach ventral in Richtung Bursa omentalis als auch nach dorsal in das retroperitoneale Fettgewebe aus. Im Schwanzbereich ist das Restpankreas (gekreuzte Pfeile) infolge der tumorbedingten Stauungspankreatitis atrophiert. Vor dem Pankreas kommt in der Bursa omentalis der kollabierte proximale Teil des Je junums zu liegen (Luftblasen durch Verschlucken von Luft beim Wassertrinken für die Hydro-Cl). Das Jejunum wird vom Tumor nicht erreicht. Ventral des Pankreas liegt die unauffällige A. gastroduodenalis ( 1 --+). Dorsal des Tumors liegen folgende peripankreatische Leitgefäße: der Venenkonfluens aus V. me senterica superior (2 --+), Truncus coeliacus mit Abgang der A. hepatica com munis (3 --+) und V. lienalis (.... ). Letztere ist durch den Tumor infiltriert u nd über mehrere Zentimeter kaum bzw. nicht sichtbar und somit verschlossen. Der Trunkus wird vom Tumor noch nicht erreicht, ebenso wenig die Vorderfläche der Aorta und die beiden Zwerchfellschenkel (Z). Zwischen V. cava und Aorta liegende Lymphknoten haben einen Durchmesser von etwa 4-5 mm. [5]
5.3.6 N erven system M . Forsting, G . Kauftmann und
Dege nerative E rkra n ku ng e n 0.
Jansen
Diagnostik und Therapie von Erkrankungen und Veränderun gen des Zentralnervensystems (ZNS) - d.h. von Gehirn u nd Rückenmark - einschließlich seiner H üll- und N achbarstruk turen gehören zum A ufgabengebiet der Neuroradiologie. letztere ergänzt mit radiologischen Untersuchungstechniken die Nachbardisziplinen z.B. der Neurologie, Neuroc h i r urgie, Neu ropäd i atr i e und Psyc h iat rie. Das Leistungsspektrum be inhaltet radiologische Untersuchungen wie Projektionsradio grafie ( PR) , Computertomografie (CT), Magnetresonanztomo grafie ( MRT), Angiografie, Sonografie und Myelografie. 111e ra peutische Verfahren sind unter dem Begriff der interventio nellen Neuroradiologie zusammengefasst. > Abb. 5 . 1 70 enthält zunächst Normalbefunde der CT und M RT zur Erleich terung der Interpretation der folgenden pa thologischen Krankheitsbilder.
Demenzen Die Diagnose "Demenz" wird pri m är kl inisch gestellt. Bei Pati enten j üngeren oder mittleren Alters sollte mit einer einmali gen M RT-Untersuchung eine behandelbare hirnorganische Ursache der Demenz (z.B. ein frontaler Hirntumor) sicher aus geschlossen werden. [n di ese m Zusammenhang kann mit der M RT auch versucht werden, einige Demenzformen zu dia gnostizieren, die bestimmte Atrophiemuster verursac h en. Die Alzheimer-Demenz führt zu einer Atrophie des Hippokampus und der medialen T emporal lappen ; diese sind mit der M RT aber erst nach l ängerer Krankheitsdauer nachzuweisen ( > Abb. 5 . 1 7 1 ) . Die kranielle MRT schließt einen Hirntumor oder eine diffu se Marklagerschädigung aus, die bei ei ne r vaskulären Demenz zu er warten wäre. Die genaue Bildanalyse kann bei manchen
5.3 Klassische Befunde
Kalotte
Interhemi sphärenspalt
Gyrus
Gyrus
Sulkus
Sulkus
Unterhautfett gewebe
Unterhaut fettgewebe
Haut
Stirnh ö hl e
FrontalIappen
F ro n ta l Iappen Pulamen Thalamus
181
Kalotte
Pulamen
Seitenve n tri ke l
Capsula inte rna
O kz i p italIappen
Thalamus Unterhautfettgewebe
Vorderhorn des Seitenventrikels
111. Ventrikel Seite n ventrikel OkzipitalIappen
Linse
Nase
Auge
B u l bu s
Se h nerv
I V.
Ventri k el
Zerebellum
Te m po ra l la p pe
n
O kz i pi tal l a pp e
n
Retroorbitales Fettgewebe Pedunculus cerebellaris Aquaeductus cerebri
Abb. 5.1 70a -f Gegenüberstellung von Normalbefunden bei CT u n d M RT . Auf ein natives CT-Bild (links) fo l gt bei a) bis f) Jeweil s eine T 1 w M RT· Aufnahme (rechts) in g leicher axialer Schnitthöhe. [a-f: 1 7 1
5 Röntgend iagnostik
1 82
Chiasma optlcum
l Ventricutus lateralis, Cornu temporate
Hippecampus
nfundi bulum
Cisterna interpeduncularis Pedunculus carebrl
Tagmentum mesencephall Vermis cerebelll
Aqueductus mesencephali Sulcus
h
calcarinus
Demenzformen lokalisierte Hirnatrophien oder globale Verän derungen der Marklager (z.B. bei der ausgeprägten Mikroan giopathie) dokumentieren. Der Nuklearmedizin kommt eine große Bedeutung bei der Demenzdiagnostik zu: hier sind PET und SPECT zu nennen ( > Kap. 6.4.3 ) . M E R K E • •
• •
Zur Diagnosestellung einer Alzheimer-Demenz reicht der klinisch neurophysiologische Befund aus. D i e kranielle M RT-Untersuchung sollte andere hirnorganische Be funde ausschließen. Die Alzheimer-Demenz führt zu einer Atrophie des Hippokampus. Die regionale Verteilung des zerebralen Glukosestoffwechsels (FDG-PET) und die CBF-SPECT ermöglichen bei Demenzen bereits im Frühstadium artdiagnostische Aussagen.
Teeturn
mesencephali
Abb. 5.1 70g-h Gegenüberstellung von Normalbefunden bei CT und MRT. Die Teilab
bildungen g) und h) enthalten nur M RT-Bilder in seitlicher und frontaler Schnittführung, um d ie vielseitigen Möglichkeiten der MRT -Bildgebung zu verdeutlichen. Beachten Sie dort die Ü berlegen heit der Auflösung im Stammhirn und in der hin teren Schädelgrube. [g, h: 1 8]
Morbus Parki nsan Beim Morbus Parkinson sind vor allem Beweglichkeit und Be wegungsabläufe - aber auch Antrieb und Merkfähigkeit - be troffen. Der Morbus Parkinson zählt zu den häufigen neurolo gischen Erkrankungen und betrifft überwiegend ältere Men schen. Das nachgewiesene zentrale Ödem in > Abb. 5. 1 72 ist in direkte Folge einer chronischen venösen Abflussstörung. Die Konzentration des Ö dems auf die Stammganglien hat die par kinsonoide Symptomatik verursacht. Mit der MRT sollten zu mindest bei jedem Parkinson-Fall, der ein atypisches Diagno se- oder Therapieprofil zeigt, symptomatische Ursachen der Stammgangliendysfunktion ausgeschlossen werden. Eine gesonderte Betrachtung des Morbus Parkinsan er folgt im Zusammenhan g mit der Demenz. Formal wird zwi schen der Demenz mit Lewy- Körperehen (DLB) und der Parkinson- Erkrankung mit Demenz unterschieden. Zusa m m e n mit d e r eigentl ichen Parkinson-Erkra nkung bilden die-
5.3 Klassische B efunde
1 83
Abb. 5. 1 7 1 M RT bei Demenz. 64-jährige Patient in, seit 6 Monaten fort
schreitende Vergesslichkeit und Merkfäh igkeitsstörungen. M RT (T 1 -gewich tet) koronal: Aufweitung des Temporalhorns des linken Seitenventrikels, Volumenreduktion des Hippokampus. Die äußeren temporalen Liquorräume wie z.B. die Sylvi-Fissur sind gering erweitert. Rechts sind diese Befunde i nsgesamt noch diskreter. [ 1 9] se die Gruppe der Lewy-Körperchen-Erkrankungen (LBD). Der M orbus Parkinsan mit Demenz unterscheidet sich i n der 1 8FDG-PET bzw. CBF-SPECT nicht wesentlich von der DLB. Charakteristisch, wenn auch nicht spezifisch für beide Er krankung ist ein deutlicher Dopamintransporter- Verlu st im Striatum i n Folge der Degeneration n igrostriataler Projekti onen, was eine sichere Differenzierung zwischen DLB/PDD 23 u n d A D mit der 1 1-FPCIT-SP ECT oder 1 8FDOPA-PET er laubt ( > Kap . 6.4.3).
M E RKE Mit der MRT sollten zumindest bei jedem atypischen Parkinsan Fall symptomatische U rsachen der Stammgang liendysfunktion ausgeschlossen werden. • l n der Nuklearmedizin (z.B. PET) sind eine verminderte Dopamin ausschüttung und ein Dopamintransporter-Verlust festzustellen. •
I ntra kra n i e l le Raumforderung E p i lepsie
Eine aktive Epilepsie unterscheidet sich von Gelegenheits krämp fen durch ihren fortschreitenden Charakter. Es gibt ver schiedene Formen (z.B. fokal, generalisiert) und Ursachen (z.B. zerebrale Gefaßmissbildungen, Schädel-Hirn- Traumen, I n fek tionen) der Epilepsie. Die Diagnostik beinhaltet EEG und ein schlägige funktionelle Untersuchungen. D ie primäre radiologi sche Diagnostik sollte mit der MRT erfolgen. Bei erwachsenen
Abb. 5 . 1 7 2 MRT beim symptomatischen Morbus Parkinson. Ein 53-jähriger Patient klagt seit zwei Monaten über zunehmende Antriebs-, Merkfähig keits- und Gangstörungen. Ein med i kamentöser Therapieversuch mit L·Dopa erbringt nicht den erwünschten Erfolg. [ 1 9] a) Im T 2-gewichteten Bild Demonstration eines Ö dems der zentralen Stamm ganglien rechts mehr als links (-+). b) ln der venösen MR-Angiografie fehlen die inneren H i rnvenen (Sinus rec tus, Vena Galeni).
1 84
5 Röntgendiagnost i k
Patienten ist d i e kontrastmittelverstärkte U ntersuchung indi ziert, um z.B. kleinere Metastasen auszuschließen oder nach zuweisen. Nuklearmedizinische Untersuchungen sind eben falls von Bedeutung. Die Läsion der > Abb. 5 . 1 73 verhält sich in allen Gewich tungen wie Liquor und zeigt keine Kontrastmittelaufnahme; sie ist also eine Zyste. Sie drückt auf die medialen Anteile des Hippokampus und ist somit in Verbindung mit der Klinik als epileptogener Fokus anzuschuldigen, der erfolgreich operativ angegangen werden kann.
MERKE Bei bisher gesunden Erwachsenen mit neu aufgetretenen und/ oder zunehmenden K rampfa nfällen ist fast immer ein morpholo gisches Korrelat in der Bi l dgebu ng nachzuweisen. • Primäre radiologische Diagnostik: MRT Die frühzeitige Abklärung mit der MRT und anschließende Therapie kann dem Patienten häufig einen langen Leidensweg er sparen. •
•
In der nuklearmedizinischen Diagnostik wird nach dem Zeit punkt der Untersuchung unterschieden: also interiktal (zwi schen den Anfällen) oder iktal (während eines Krampfanfalls). lnteriktal findet sich bei der PET im Bereich des epileptogenen Fokus ein deutlicher Hypometabolismus. I st ein extratempora ler Anfallsbeginn wahrscheinlich, wird die iktale SPECT bevor zugt: Durch die erhöhte neuronale Aktivität im Fokus wird ei ne regionale Perfusionssteigerung dargestellt ( >- Kap. 6.4.3).
Hydrozeph a l u s
Produktion u n d Resorption des Liquor cerebrospinalis stehen im Gleichgewicht. Wird zu viel Liquor p roduziert, z.B. weil die Verbindung der Liquorräume untereinander behindert ist, kann sich ein Hydrocephalus (occlusus) entwickeln. Derselbe Effekt tritt ein, falls zu wenig Liquor resorbiert wird. Der Hyd rozephalus z.B. bei benigner Aquäduktstenose kann lange Zeit ohne klinische Symptome verlaufen. Ursächlich liegen meistens kongenitale oder postmeningitiseil erworbene Ver klebungen am Aquäduktausgang zu Grunde. Die CT i n >- Abb. 5. 1 74 zeigt einen Hydrocephalus occlusus ohne Zeichen der akuten Dekompensation (wie Abpressung von Liquor in das Hirngewebe) . Eine weitere Klärung der Ur sache wird mit der MRT erfolgen. Mögliche Formen sind unter anderem ein Hydrocephalus internus mit Erweiterung nur der Hirnventrikel, der Normaldruckhydrozephalus mit erweiter ten Liquorräumen oder ein Hydrozephalus infolge einer Atro phie des Gehirns mit nur intermittierender Zunahme des Hirndrucks.
MERKE Beim Hydrozephalus muss die okklusive von der atrophischen Form unterschieden werden. Beim okklusiven Hydrozephalus sind die äußeren liquorräume •
•
verstrichen.
Abb. 5 . 1 73 MRT bei Epilepsie. Eine 46-jährige Patientin leidet seit längerer Zeit unter seltenen psychomoto rischen Anfällen. Die Anfallsfrequenz nimmt zu und beeinträcht igt jetzt die Patientin. [ 1 9] a) Das T 1 -gewichtete koronale Bild demonstriert eine rundl iche Läsion ( � ) in der linken Fissura choroidea mit Liquor-äquivalenter Signalgebung. b) Auch das T2-gewichtete Bild axial zeigt eine zystische Iinkstemporaie Raumforderung (!-).
5.3 Klassische Befu nde
1 85
Zerebravaskulä re Erkra n ku ngen Territoria l i nfarkt
Der akute Schlaganfall stellt die dritthäufigste Todesursache in den Industriestaaten dar. Die frühzeitige Behandlung des ze rebralen Gefaßverschlusses mit einer intravenösen oder intra arteriellen Thrombolyse reduziert das endgültige neurologi sche Defizit signifikant, sodass frühzeitige Diagnostik und The
rapie - in einer Strake Unit - absolute Notwendigkeiten bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten darstellen. Erster diagnostischer Schritt ist die kranielle CT, mit der ei ne intrakranielle Blutung sicher ausgeschlossen werden kann und sich in ca. 60% der Fälle schon in den ersten 6 Stunden Ischämiefrühzeichen darstellen lassen ( > Abb. 5. 1 75 ) .
M ERKE Der a kute Schlaganfall ist ein a kuter Notfall und muss schnellst•
•
möglich mit der CT abgeklärt werden (..Time is Brain").
Akute zerebrale Ischämien sind n ä m l i c h bereits in den ersten
Stunden nach Beginn des Schlaganfa l ls mit der CT durch subtile
•
Abb. 5 . 1 74 CT bei Hydrozephalus. 27-jähriger Patient, seit 6 Monaten Kopfschmerzen. Klin isch-neurologisch unauffällig. Die Spiegelung des Au genhintergrunds zeigt beidseits Stauungspapillen. Axiales CT, nativ: Hydro cepha l u s occlusus mit deutlicher Erweiterung der inneren Liquorräume (-) bei engen äußeren Liquorräumen und verstrichenen Hirnfurchen über beiden Großhirnhemisphären (�). [ 1 9]
Zeich en a uffä l l ig .
in Strake Units wird die rasche Diagnostik und Behandlung ga rantiert.
Vas k u l ä re E nzep ha lopathi e D i e vaskuläre Enzephalopathie entsteht als Folge von Durch b l u tungsstörunge n der kleinen zerebralen Gefaße (daher: M ik roangiopathie). Die Lipohyalinose dieser kleinen Gefäße führt zur Minderdurchblutung des Hirnparenchyms mit nachfol-
Abb. 5 . 1 75 CT bei zerebralem Infarkt. 47 -jährige Patientin, vor 3 Stunden akute Hemiparese rechtsseitig und Aphasie. Die klinisch-neurologische Untersu chung bestätigt das akute linksseitige Hemisphärensyndro m. Es g i lt zwischen Ischämie und Blutung zu unterscheiden. CT des Schädels ohne KM
sechs Stunden nach Symptombeginn (a&b) und 2 4 Stunden später (c): Die nativen CT-Aufnahmen (a&b) zeigen die typischen CT-Frühzeichen eines I nfarkts. [ 1 9] a) Hyperde nse A. cerebri media links (-). entsprechend einem thrombotischen Gefäßversch luss (sog. " Hyperdense-Media " -Zeichen). b) Dichte minderung der Inselrinde (�). des Linsenkerns (-) und des frontotemporalen Kortex (�) mit aufgehobener oder verminderter Differenzierbarkeil von grauer und weißer Substanz. c) Die CT-Kontrolle nach 24 Stunden zeigt die gesamte Ausdehnung des infarzierten Areals als gut abgrenzbare Dichteminderung (-). zudem deutliche Raumforderung szeichen mit Ventrikelkompression und Mittellinienverlagerung (.,).
I
I
1 86
5 Röntgendiagnostik
oder ein Tumor als Ursache der Blutung ausgeschlossen wer den. Selten kann auch eine Hirnvenenthrombose eine intra kranielle Blutung verursachen. Die weiterführende Diagnostik wird mit der MRT oder zerebralen Angiografie durchgeführt. Lobäre Blutungen sind nur selten hypertone Blutungen und müssen immer eingehend abgeklärt werden. Die kranielle CT kann mit hoher Sicherheit intrazerebrale Blutungen nachweisen oder ausschließen bzw. andere Ursa chen (z.B . Infarkt) klären. Die Ursache der Blutung (z.B. Ge faßmalformation) muss ggf. mit einer anschließenden Angio grafie oder MRT weiter abgeklärt werden. In der CT ( > Abb. 5 . 1 77) imponiert die intrazerebrale Blutung als hy perdense Raumforderung mit hypodensem Randsaum. Letzte rer nimmt in Abhängigkeit vom Alter der Blutung an Größe zu. Umliegende H irngewebestrukturen werden komprimiert. M E RKE Eine Schlaganfallsymptomatik kann unterschiedliche Ursachen haben: Blutung, Ischämie, Tumor, Anfall. Die CT sichert das Vor liegen einer intrakraniellen Blutung. Bei fehlenden Hinweisen auf d a s ursächlic h e Vorl iege n einer Hy pertonie muss eine weiterführende Diagnostik mit der MRT u n d/ oder zerebralen Angiografie erfo lgen , um eine Gefäßmalformati on oder einen Tumor auszuschließen. •
Abb. 5 . 1 76 Vaskuläre Enzephalopathie in der CT. 74 Jahre alter Pati ent mit zunehmender Leistungs- und Gedächtnisschwäche. ln der Vergangen
heit seien mehrfach kleine Schlaganfälle aufgetreten. Bei dem Patienten sind anamnestisch ein Bluthochdruck und ein Diabetes mellitus bekannt. Die nati ve CT-Aufnahme zeigt lakunäre I nfarkte in den Stammganglien links (.....) und symmetrische, flächige und unscharf begrenzte Dichteminderungen des peri ventrikulären Marklagers beidseits (-+). I 1 9]
•
genden Demyelinisierungen des Marklagers. Die Krankheit schreitet schubweise fort. Im Vordergrund stehen Merkfähig keitsstörungen, Verlangsamung und Nachlassen des Konzent rationsvermögens. Sekundär können auch Persönlichkeitsver änderungen auftreten. Die Behandlung dieser als zerebrale Mikroangiopathie bezeichneten Erkrankung konzentriert sich auf die Vermeidung bzw. Reduktion der Risikofaktoren. Die leukodystrophen Veränderungen ( > Abb. 5. 1 76) sind nur in Zusammenhang mit der Anamnese mit einiger Sicher heit als mikroangiopathische Folgen zu interpretieren. Auch andere Erkrankungen könnten ähnliche M arklagerverände rungen 1 1 verursachen (z.B. Encephalitis disseminata bei MS oder nach Ganzhirnbestrahlung) . M ERKE Symmetrische, um die Hinterhörner betonte Marklagerver änderungen in Verbindung mit be ka nnte m Hypertonus, N i kot i n
abusus oder Diabetes mellitus sprechen für eine vaskuläre E nzepha lopathie .
I ntrazerebra l e B l ut u ng I ntrazerebrale Blutungen werden in die zentralen (Stammgan glien) und Iobären Blutungen unterteilt. Die häufigste Ursache der intrakraniellen Blutung ist die Hypertonie. Gerade bei j üngeren Patienten muss aber eine zu Grunde liegende Gefäßmalformation (Angiom, Aneurysma)
1 1 Marklager: ze n tral e weiße Substanz
Abb. 5. 1 7 7 CT b e i intrazerebraler Blutun g . 78 Jahre alte komatöse
Patientin. Die klinisch-neurologische Untersuchung zeigt eine Minderbewe gung der linken Körperseite und eine Kopf- und Blickwendung nach rechts. Die axiale native CT-Aufnahme zeigt die intrazerebrale Blutung rechts als hyperdensen Bezirk (schwarzer -+) mit einem hypodensen Randsaum (.,.... ), entsprechend einem ödem. Mäßige Raumforderung mit verstrichenen Hirnfurchen rechtshemisphärisch. Beachte die ausgeprägte Dichteminde rung (weißer -+) des Marklagers beidseits, entsprechend einer zerebralen M ikroangiopathie. 1 1 9]
5 . 3 Klassische Befunde
1 87
Abb. 5 . 1 78 Subarachnoidalblutung. 45 Jahre alte Patientin mit plötzlich sehr starken Kopfschmerzen. in den darauf folgenden zwei Stunden wird sie zunehmend schläfrig. Bei der Untersuchung ist die Patientin stuporös und nackensteif. Sie klagt weiter über sehr heftige Kopfschmerzen. CT und Angiogra fiebefunde vor und nach endovaskulärer Therapie bei Subarachnoidalblutung. [ 1 9] a) Auf de r nativen CT-Aufnahme sieht man hyperdenses Blut in den basalen Zisternen mit Betonung i m frontalen Interhemisphärenspalt (-). Dieser Befund ist typisch für eine Aneurysmablutung bei einem Aneurysma der A. communicans anterior. b) Die Angiografie zeigt ein sackförmiges Aneurysma der A. communicans ante r io r (-). c) Nach endovaskulärer Therapie mit P latinspiralen (sog. Coils) ist das Aneurysma komplett ausgeschaltet (-).
Subarachnoidalblutung (SAß) Leitsymptom ist der meist schlagartig auftretende Kopf schmerz. 25% der Patienten mit schwerer SAB hatten zuvor eine nicht erkannte Warnblutung, die häufig als HWS-Verren kung oder M igräne fehlinterpretiert wird. Da 1!4 aller Patienten in der ersten Woche eine Nachblutung haben, ist eine frühzei tige Behandlung der Blutungsursache operativ oder interventi oneil-neuroradiologisch notwendig. In der CT stellt sich frisches subarachnoidales Blut hyper dens dar. In der Angiografie lässt sich ein Aneurysma als um schriebene Gefaßaussackung nachweisen ( >- Abb. 5. 178). Die Aneurysmagröße kann dabei von 2 mm bis über 25 mm betra gen. Letzteres bezeichnet man als Riesenaneurys ma. Bei etwa 20% der Fälle kom m t es zu begleitenden intrazerebralen Blu tungen.
MERKE • Die typische kl inische Symptomatik weist hä u fig schon sehr sicher auf eine Subarachnoidalblutung hin. • Di e CT beweist i n der akuten Phase das subarachnoidale Blut. • Ab dem 3. Tag kann die CT die Subarachnoidalblutung nicht mehr zuverlässig nachweisen. Im Zweifelsfall lieber eine unergiebige CT zu viel als eine überse· hene Warnblutung. •
zuschließen oder nachzuweisen. Alternativ kann auch eine MRT mit einer venösen M R-Angiografie durchgeführt wer den, wenn die Untersuchungskapazitäten hierfür vorhanden sind. In der CT-Angiografie ist auf den Einzelschichtaufnahmen bei einer Sinusvenenthrombose eine fehlende Kontrastie rung des Sinus sagittalis superior nachweisbar ( >- Abb. 5. 1 79a). In den 3D- Rekonstruktionen der venösen M R-Angio grafie fehlt das Flusssignal im Sinus sagittalis superior ( >- Abb. 5. 1 79b). Nach drei Tagen wird der Thrombus in T2und T 1 -Bildern hyperintens. Bei rechtzeitiger Diagnose und Vollheparinisierung des Patienten i st eine Restitutio ad i n te grum die Regel. Erst bei fortschreitender Tiuombosierung in die oberflächlichen Venen und bei sekundären venösen In farkten mit Einblutungen können bleibende neurologische Defizite auftreten.
MERKE Bei Kopfsch m e rz , Krampfanfall oder fokal-neurologischem Defizit u nd Störu ng d er Bewusstseinslag e an d ie Thro mbose de r zereb ra len Ven e n den ke n. • Bei un k l a ren H i rnschwe ll u n gen (global oder fokal) muss differenzi aldiagnostisch immer an ei ne zerebrale venöse Zirkulationsstörung gedacht we rde n . Nachweis der Sinusvenenthrombose mit CTA oder/und MRA. o
o
Si n us- und Venenthrom bose Die Symptomentrias Kopfschmerz - Kram pfanfall oder fokal neurologisches Defizit - Störung der Bewusstseinslage lässt vor allem an eine lluombose der zerebralen Venen oder die Enzephalitis denken. Der erste diagnostische Schritt ist die kranielle CT ohne Kontrastmittel. Zeigt diese keine Patholo gie, wird eine CT-Angiografie der Hirnvenen durchgeführt, um eine lll rombosierung der großen venösen Blutleiter aus-
Ka rotisstenose Die Karotisstenose ist die häufigste Ursache des ischäm ischen Schlaganfalls. Symptomatische Stenosen über 70% werden operiert oder endovaskulär behandelt, asymptomatische Ste nosen werden eher medikamentös mit 1 hrombozytenaggre gationshem mern behandelt. Die Verdachtsdiagnose wird sonografisch gestellt, z u r exakten Darstellung der Lokalisati-
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1 88
5 Röntgendiag nosti k
Abb. 5 . 1 80 Karotisstenose. 56-jährige Patientin mit rezidivierender
Amaurosis fugax am rechten Auge. Die klinisch-neurologische Untersu chung ergibt ein Strömungsgeräusch über der rechten KarotisgabeL ln der Dopplersonografie wird der Verdacht auf eine hochgradige (> 80%) Steno se der proximalen Arteria carotis interna geäußert. Die DSA-Aufnahme zeigt eine hochgradige, atherosklerotisch bedingte Stenose am Abgang der A. ca rotis interna (-+) Wandunregelmäßigkeiten und kleinere atheromatöse Ulzerationen sind erkennbar. [ 1 9]
Abb. 5 . 1 79 Sinusthrombose (Thrombose des Sinus sagittalis superior).
Jahre alte Patientin mit Kopfschmerzen seit mehreren Tagen. Vor weni gen Stunden generalisierter Krampfanfall. Die klinisch-neurologische U nter suchung zeigt keine fokal-neurologischen Defizite, aber eine allgemeine Reduktion der Bewusstseinslage. [ 1 9[ a) Auf der venösen CTA stellt sich der Thrombus als Kontrastmittelausspa rung (-+) dar (sog . .. empty triangle sign " ) . b ) ln der venösen M RA komplette Thrombosierung und daher fehlende Darstel lung des Sinus sagittalis superior (-+). Die Brückenvenen, die inneren Hirnve nen, der Sinus rectus und der Sinus sagittalis inferior sind dagegen gut zu sehen.
M ER K E Besonders bei multilokulären Stenosen an den h irnversorgenden Gefäßen ist die intraarterielle DSA die diagnostische Methode der Wa h l, um eine zuverlässige Therapieentscheidung für den Patienten zu treffen.
32
on und Morphologie (Engegrad) der Stenose sowie zum A us schl uss von weiteren S tenosen (proximale oder distale Tan demstenosen) ist die intraarterielle DSA d ie beste M ethode ( > Abb. 5 . 1 80).
E ntz ü n d u n g u n d I nfekt i o n H i rn a bszess
Ein H irnabszess ist wegen seiner wechselhaften Symptomatik klinisch schwer zu erfassen. A b hängig von der Lokalisation des H erds können ganz unterschiedliche neurologische Defizite auftreten. Allgemeine Entzündungszeichen (z.B. Fieber, Leu kozytose und CRP) können oft fehlen oder h i n ter den Erschei Ill111gen der G rundkra nkheit verborgen bleiben. Bei einer biop tischen S icheru n g wird versucht, den Erreger nachzuweisen.
5 . 3 Klassische Befunde Üblicherweise erfolgt die gleichzeitige Einlage einer D rainage. Unter gezielter antibiotischer Therapie heilt der Abszess in der Regel gut aus. Der Nachweis einer zystischen Raumforderung m it Ring charakter ( > Abb. 5. 1 8 1 ) kann allerdings verschiedene Ursa chen (z.B. Tumor, Metastase) haben. In Zusammenhang mit einer entzündlichen Grunderkrankung ist immer auch an ei nen Hirnabszess zu denken. Die Sicherung der Diagnose er folgt über eine Biopsie.
M ERKE Beim Nachweis einer Raumforderung mit Ringcharakter ist ne ben einem Tumor immer auch ein H irnabszess zu erwägen, selbst wenn weder der Liquor noch das Bl utbild für eine Entzü n d u ng spre chen.
Herpes-E nzephalitis Die Beschwerden reichen z.B. von Fieber über Kopfschmer zen und Abgeschlagenheit bis zu Lähmungen oder Krämp fen . Bei entsprechend frühzeitiger Diagnostik und Behand-
1 89
lung mit einem Virustatikum ( Aciclovir) heilt die E rkran kung b e i über 50% der Patienten ohne residuelle Symptome aus. D ie Letalität liegt unter 20%. E s gibt aber auch chroni sche E n zephalitisverläufe mit chronisch- rezidivierenden Entzündungsreaktionen. Der erste diagnostische Schritt bei Verdacht auf eine Herpes-Enzephalitis ist die kranielle M RT, bei der insbesondere die Temporallappen auf das Vorliegen von Ö demen und Einblutungen untersucht werden m üssen ( > Abb. 5. 1 82a). Bei etwas fortgeschrittenem Krankheitsbild komm t es zu feinen gyralen Einblutungen, die im T 1 -gewichteten Bild als lineare Signalanhebung imponieren ( > Abb. 5 . 1 82b). Diese nekrosebedingten Blutungen sind etwa ab dem 3. Krankheits tag nachweisbar. Der radiologische Befund ist in Zusammen hang mit der klinischen Symptomatik sehr charakteristisch für das Vorliegen einer Herpes-Enzephalitis. Eine weitere Siche rung der Diagnose erfolgt über den Liquorbefund (PCR-Nach weis von Yirus-DNA).
MERKE • Bei klinischem Verdacht auf eine Herpes-Enzephalitis ist die krani elle M RT zum Diagnosenachweis frühzeitig indiziert. Ab s päteste n s dem 3. E rk ran k u n gstag sind charakteristische Ver änderungen nachweisbar. • Flächige Ödembildungen mit feinen Hämorrhagien und be vorzugtem Befall von Anteilen des limbisehen Systems sp re chen für die Herpes-Enzephalitis. •
Encep h a l itis d isse m i n ata
Abb. 5 . 1 8 1 H irnabszess. 44-jähriger Patient, seit 3 Wochen hartnäckige
Pneumonie, jetzt akuter Krampfanfall ohne Hi nweis auf ein fokal-neurologi sches Defizit. Im Blutbild finden sich a llgemeine Entzündungsreaktionen, die auf die Pneumonie bezogen werden. Im EEG ist rechts allerdings ein tempo raler Herd nachweisbar. Die axiale T1 -gewichtete MRT-Aufnahme nach Kon trastm ittelgabe zeigt das typische Bild eines Abszesses mit ringförmig Kon trastmittel aufnehmender Abszessmem bran (--..) und zentral hypointenser Einschmelzung. Zudem ausgeprägtes Marklagerödem (.....). ] 1 9]
Die Erkrankung - bekannter als multiple Sklerose (MS) - ver läuft typischerweise in Schüben, wobei im Einzelfall die Prog nose nicht vorherzusehen ist. Die Lebenserwartung wird durch die Krankheit kaum verkürzt. Ein Drittel der Patienten entwi ckelt nur eine geringe Behinderung, ein Drittel der Patienten hat über eine sehr lange Zeit keine Behinderung und in einem Drittel der Fälle verläuft die Krankheit rasch progredient mit Entwicklung ausgedehnter Defizite. Bei einem einmaligen Krankl1eitsschub muss auch an eine parainfektiöse Demyelinisierung gedacht werden. Gegenüber Demyelinisierungsherden m üssen häufig auch kleine Gliose herde m it völlig unspezifischem Verteilungsmuster abgegrenzt werden, die z.B. als Folge einer zerebralen Mikroangiopathie oder kleiner arterieller Embolien entstehen können. Der Befall der Balkenunterseite ist hochspezifisch für die Encephalitis disseminata. Demyelinisierungsherde liegen bevorzugt periventrikulär, am Balken, subkortikal und an den Kleinhirnstielen. Sie zeigen ein hohes Signal im T2-gewichteten Bild ( > Abb. 5. 1 83). Bei akuten Demyelinisierungsherden liegt eine Störung der Blut Hirn-Schranke vor mit Kontrastmittelaufnahme in den T 1 -ge wichteten B i ldern.
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1 90
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5 . 1 82 Herpes-Enzephalitis. 56 Jahre alte Patientin, seit 4 Tagen Antrie b sstörung und Krankheitsgefühl; sie hat jetzt einen Kra m pfanfall mit
nachfolgender Aphasie erl itten. Die klinisch-neurologische Untersuchung zeigt eine bewusstseinsgetrübte Patientin mit Aphasie und neuropsycholo· g ischen Symptomen . ) 1 9) a) Auf den koranalen T2-gewichteten MRT-Aufnahmen besteht eine Signal· steigerung von Kortex und Marklager des linken Temporalla ppens (t). teilwf i· se auch der Inselregion sowie des med iobasalen Temporallappens rechts ( t ). b) A uf den nativen T , -gewichtete n Aufnahmen sieht man eine hyp erin te nse Nachzeichnung des Rindenbands links-temporal sowie der I nselrinde links u n d rec h ts temporobasal, entsprechend kortikalen Einblutungen (.....) .
Abb. 5 . 1 8 3 Encephalitis disseminata. 2 2 Jahre alte Patientin, seit zwei Wochen Gefühlsstörung in der linken Körperhälfte. Sie hatte ein ähn liches
Ereignis vor 2 Jahren in der rech ten Körperhälfte. Die klinisch-neurologische Untersuchung e rgi bt eine linksseitige Sensibilitätsstörung und rechtsseitig gesteigerte Reflexe. MRT nativ und nach KM-Gabe. 1 1 9] a) Auf der axialen T 2 -gewichteten Aufnahme zeigen sich mehrere Läsionen erhöhter Signalintensität, die teilweise im Bal ken (.,...), z.T. auch am Balken oder ventrikelnah (-) liegen. b) Nach Kontrastmittelgabe reichern in der T , -gewichteten Aufnahme der Herd im Balken (.,...) und der Herd rechts (-) KM a n, entsprechend akut entzündlichen Demyelinisierungsherden .
5 . 3 Klassische Befu nde •
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ERKE Ein polyphasisches, polytopes Krankheitsgeschehen bei jungen Pa tienten lässt eine demyeli nisierende Erkranku ng vermuten (Ence phalitis d is sem inata). Erst schubweiser Verlauf, multilokuläre Symptomatik, typischer M RT-Befund und Liquorbefund sichern die Diagnose einer m u ltip len Sklerose.
Tu moren von Geh i rn u n d Rückenmark G l iom Allgemein kommen Gliome hauptsächlich im Erwachsenenalter vor. Bei Kindern und j ungen Erwachsenen handelt es sich ggf. um niedergradige Astrozytome (WHO-Grad I und II) der hinteren Schädelgrube und des H irnstamms, selten um Ependymome. Un charakteristische Symptome des erhöhten Hirndrucks wie Kopf schmerzen, Erbrechen und Schläfrigkeit treten auf, dazu neurologi sche Ausfälle sowie lokalisierte oder generalisierte Krampfanfälle. In der Regel wird primär eine kranielle CT du rchgeführt. Beim Nachweis eines Tumors erfolgt die weitere Einordnung mit der kran iellen MRT. Dort zeigt sich zentral ein nekroti scher Tumor mit perifokalem Ödem ( >- Abb. 5. 1 84) und be vorzugter Lokalisation i m perive nt rikulären Marklager, gele gentlich front al oder tempo ral oder im Balken.
1 91
D ie PET trägt bei hirneigenen Tumoren zur Dignitätsklä rung bei. Insbesondere weist sie den metabolisch besonders aktiven Tumoranteil nach. Bei nicht KM - aufnehmenden Tu moren ist die Abgrenzung gegenüber dem gesunden H irnge webe mit der CT/MRT oft nur sehr schwer möglich. H ier wird die PET mit radioaktiven Aminosäuren (z.B. 1 1 C-Methionin oder 18F- Fluorethyltyrosin) zur Operations- und Strahlenthe rapieplanung wichtig ( >- Kap. 6.4.3). M ERKE Gliome - mit ihrem typischen girlandenförmigen Muster wachsen infiltrierend in das Hirngewebe ein. Die Di ag nos es iche rung muss histologisch erfolgen. Die primäre D iag n ostik erfolgt mit der CT/MRT. Die FDG·PET weist den metabolisch besonders aktiven Tumoran teil nach und h i lft zusammen mit der M RT be i der Festlegung des geeigne te n Biopsieorts. • Nuklearmedizinische Verfahren (also z.B. PET) werden in erster Li n i e zur Therapiepla nung und Therapiekontrolle e i ngesetzt . •
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Men i n geom 20% aller intrakraniellen Neoplasien sind Meningeome. Klassi
sche Subtypen und deren seltene Varianten sind relativ benig ne (WHO - Grad I ) ; atypisches Meningeom ( WHO -G rad li) und anaplastisches Meningeom (WHO-Grad II I ) sind seltener, da für aber bösartiger. Charakteristisch für das M eningeom sind der meningeale Ursprung des Tumors, die homogene, starke Kontrastmittelaufnah me und die periostale oder ossäre M it reaktion der Schädelkalotte ( >- Abb. 5. 1 85 ) . M ERKE Meningealer Tumorursprung, homogenes Enhancement
nach Kontrastmittelgabe u nd reaktive Hyperostase sprechen m it sehr hoher Wahrscheinlichkeit für das Vor l iege n eines Me n i n g eo ms .
M etastasen
25-30% aller Patienten mit soliden Tumoren entwickeln Hirn metastasen, d ie somit 1 5-20% aller intrakraniellen Geschwüls te ausmachen. 1 5-25% der Metastasen s i n d solitär, 75-85% multipel. 80% treten supratentoriell auf. Die Symptome sind
Abb. 5 . 1 84 G lioblastoma multiforme E i n 56-jähriger Patient hat seit 3 Wochen links eine progrediente Hemiparese bemerkt. Die axiale T1 -ge
wichtete MR-Aufnahme nach Kontrastmittelgabe zeigt ein Gliom im dorsa len Stammgang lienlager mit Einwachsen in das S plenium corporis callosi. Typisch sind die girlandenförmige periphere KM-Anreicherung (-) und die zentrale hypointense Nekrose (.,._.) [ 1 9 ]
sensible und motorische Ausfälle, H irnnervenausfälle, Hirn druckzeichen, Krampfanfälle etc. Ihre Erscheinungsformen sind so vielfältig wie ihre Herkunft ("Chamäleon " ) . Die Staging-Untersuchung zum Nachweis oder Ausschluss von intrakraniellen Metastasen erfolgt mi t der kontrastmittel angehobenen CT, wobei zwischen Kontrastmittelgabe und CT- can ein Zeiti n tervall von ca. 1 5-20 Minuten liegen sollte. Nach 20 Min uten i s t ein gr o ße r Teil des Kontrastmittels aus den Gefäßen in die Gewebe diffundiert. Hirnmetas tas e n stellen sich meist als rundliche, Kontrastmittel aufnehmende Tumo ren, teilweise mit zentralen Nekrosen, dar und haben häufig
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5 Röntgendiagnosti k
Abb. 5 . 1 85 M e n i n ge om . 6 4 Ja h re alte Patientin, seit mehreren Monaten
" " Delle am Kopf; bei körperlicher U n tersuch u ng s ubgaleal l i egen de derbe,
Vorwölbung am Scheitel tastbar.
Kontrastmittelgabe. Ho mog en KM-aufnehmender extraaxialer Tumor, der durch die Kalotte hindurch wächst. Die Diploe ist aufgetrieben und reichert das KM ebenfalls s ark an (....)... Deutlich e Raum forderung mit Kompression der Seitenventrikel ( ). [ 1 9] Koranale T1 -gewichtete MR-Aufnahme nach
l
ein perifokales Ödem ( > Abb. 5 . 1 86). Prädilektionsstelle für intrazerebrale Metastasen ist die kortikomedulläre Grenze. Aufgrund des hohen zerebralen Glukoseverbrauchs ist die FDG-PET zum Nachweis von primären und sekundären ( Me tastasen) Hirntumoren den radiologischen Schnittbildverfah ren deutlich unterlegen. MERKE • Die Staging-Untersuchung zum Nachweis oder Ausschluss von Metastasen erfolgt primär mit der kontrastmittelangehobenen CT. Zwi sche n Kontrastmittelappli kation u nd Durchführung der CT sol l te 1 5-20 Minuten gewartet werden. • Die PET ist bei dieser Fra g e st e llu n g weniger geeignet. •
Abb. 5 . 1 86 Metastasen. 59 Jahre alte Patientin; vor 4 Ja hre n Behand lung eines Mammakarzinoms, jetzt multiple Leber- und Lun ge n metasta se n,
kürzlich zunehmende Kopfsch me rzen. Axiales Computertomogra mm nach i .v. Kon tra st m itte lgabe. Homogen KM-aufnehmende noduläre Raumford e rungen (-). entsprech e nd Metastasen, zum einen im Kaudatuskopf rechts, zum anderen an der korti komedullären Grenze links temporal gelegen. [ 1 9[
Die Symptome hängen von der Lokalisation im Kleinhirn ab (Wurm, Hemisphären, IV. Ventrikel) und umfassen G angunsi cherheit, Schwindel, Nackensteife, Lähmungen des N. abdu cens, Erbrechen etc. Die Tumoren wachsen invasiv bis hin zu Einklemmungserscheinungen des Kleinhirns und siedeln sich in 30% der Fälle subarachnoidal, im Ventrikelsystem und spi nalen Liquorraum ab. Gerade bei Kindern, die für eine ausführlichere Diagnostik meistens sediert werden m üssen, sollte primär die MRT durch geführt werden, wenn der Verdacht auf einen intrakraniellen Tumor geäußert wird. Das typische Medulloblastom füllt den IV. Ventrikel aus und wächst über den Vermis in die hintere Schädelgrube ( > Abb. 5. 1 87). Ein obstruktiver begleitender Hydrozephalus ist häufig. Die histologische Sicherung erfolgt erst anhand des operativen Resektats.
M ed u l loblastom Das Medullablastom gehört - wie das Ependymoblastom, das Neuroblastom, Pineoblastom und das Ewing-Sarkom - zu den primitiven neuroektodermalen Tumoren (PN ET) WHO Grad IV. Es macht 3-5% aller intrakraniellen Tumoren aus, aber 20-25% der Hirntumoren im K i nd esalter. 80% entwi ckeln sich vor dem 1 5 . Lebensjahr.
M E R KE Bei kraniellem Tumorverdacht im Kindesalter sollte primär eine MRT Untersuchung erfolgen.
5 .3 Klassische Befunde
1 93
Abb. 5.187 Medulloblastom. Die Mutter eines 1 8 Monate alten Kindes
berichtet, dass bei i h rem Kind seit einigen Wochen Kopfschmerzen und Schwindel auftreten. Mehrfach ist es zum Erbrechen gekommen. Die Mutter hat eine zunehmende Gangstörung festgestellt. Die klinisch-neurologische Untersuchung zeigt Symptome, d ie auf e i n e Raumforderung in der hinteren Schädelgrube hinweisen. Sagittale T1 -gewichtete M R-Aufnahme nach KM Gabe. Großer Tumor, der den gesamten IV. Ventrikel einnim mt. Der Tumor zeigt eine heterogene KM-Anreicherung und Tumorzysten (-) [ 1 9]
Akust i kusneurinom Klinische Zeichen s i n d H örminderung, Untererregbarkeit des Labyrinths, Ausfälle der H i rnnerven V und VI, eventuell auch VII, IX und X, homologe Kleinhirnhemisphärenzeichen, Ei weißvermehrung im Liquor. Die Untersuchung des Kleinhirn Brücken-Winkels erfolgt primär mit der MRT. Akustikusneurinome wachsen zumeist mit dem größeren Tumoranteil außerhalb des Meatus, wobei kleine Tumorzapfen in den Porus acusticus internus hineinragen. Die Tumoren nehmen meist homogen Kontrastmittel auf, können aber auch Tumorzysten aufweisen ( > Abb. 5 . 1 88).
M ERKE Bei frühzeitiger Diagnostik eines Akustikusneurinoms durch die MRT ist meist eine schonende und radikale Tu morentfernung mög lich.
Hypop hysenadenom
Abb. 5 . 1 88 Akustikusneurinom. 38 Jahre alte Patientin; fortschreiten· der Hörverlust links, gelegentlicher Schwi ndel. Bei der körperlichen Untersu chung fallen eine leichte Fazialisschwäche und pathologische akustische Hi rnstammpotenziale links auf. Axiale T 1 -gewichtete M R-Aufnahme nach KM-Gabe. Ü berwiegend extrameatal wachsendes Akustikusneurinom im linken Kleinhirnbrückenwinkel. Der Tumor nimmt typischerweise homogen und kräftig Kontrastmittel a uf. Beachte die tapetenförmige KM-Anreiche rung im Porus acusticus internus (-) und die deutliche Raumforderung mit Einengung des IV. Ventrikels (.....). [ 1 9]
tin, thyreotropes Hormon (TS H ) . H ormoninaktive Adenome werden erst spät durch Verdrängungserscheinungen ( Visus störungen etc.) diagnostiziert (sog. "giant adenomas"). Die Untersuchung der Hypophyse erfolgt primär mit der M RT; bei klei neren Tumoren w i rd die Treffsicherheit durch zusätzliche T 1 -gewichtete Aufnahmen nach Kontrastmittelgabe erhöht. Mikroadenome stellen sich als Aussparung in der ansons ten gut Kontrastmittel aufnehmenden Adenohypophyse dar ( > Abb. 5 . 1 89). Bei etwas größeren Tumoren kann es zur A uswalzung des Hypophysenbodens und zur Kompression des Chiasmas kommen. Die Makroadenome der Hypophyse neh men immer Kontrastmittel auf.
MERKE Hormonaktive Adenome verraten sich früh durch einen Exzess von Wachstumshormon (STH), ACTH, Prolaktin, thyreotropem Hormon (TSH). Hormoninaktive Adenome werden erst spät durch Verdrän gungserscheinungen (v.a. Visusstörungen) erkannt. • Die neuroradiologische Diagnostik erfolgt primär mit der MRT. •
1 0% aller intrakraniellen Tumoren sind Hypophysenadenome. Noch zu Beginn der 1 970er Jahre konsultierten 80% der Pati enten als Erstes wegen Sehstörungen den Augenarzt. H eute kommen 70% wegen eines Hormonexzesses in den vier hypo physären Achsen Wachstum hormon (STH), ACTH, Pro!ak-
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1 94
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5 . 1 90 S pina les E p endymom . 43-jä hriger Patient, seit mehreren
Abb. 5. 1 89 Hypophysenadenom. Die 23-jährige Patientin hat seit meh
reren Monaten eine beidseitige Galaktorrhö, die Hormonuntersuchungen ergeben erhöhte Prolaktin-Werte. Koranale T1 -gewichtete MR-Aufnahme nach Kontrastmittelgabe. Die Aufnahme zeigt ein Mikroadenom der Hypo physe, das typischerweise gegenüber dem rasch und kräftig KM aufnehmen den normalen Hypophysengewebe verzögert KM anreichert (-). [ 1 9]
Spi n a les E p e n dymom
Monaten Schmerzen im Nacken, geringe, a ber zunehmende Gangstörung. Bei der U ntersuchung fa llen eine geringe Paraspastik u nd geste igerte Refle xe an den Armen und Beinen auf. Sagittale T 2-gewichtete M R-Aufnahme zervikal. Das Bild zeigt eine Auftreibung des Halsmarks durch einen intra medu llären Tumor, der zentral hyperintens ist und randständig von einem inkompletten hypointensen Ring (-. entsprechend den Blutabbauproduk ten) umgeben wird. Am oberen Tumorpol besteht eine Tumorzyste bzw. Begleitsyrinx (--.). Ausgeprägtes peritumorales Ha lsmarködem. [ 1 9]
M ER K E Zum Ausschluss oder Nachweis intramedullärer T u m ore n - ob Met astase oder Ependymom - eignet sich nur die MRT. • Die U ntersuchung muss immer a uch m i t Kontrastmittel durch gef ührt werden. • All e Rückenmarktumoren nehmen intensiv Kontrastmittel auf - anders als die n iedrig-malignen Gliome im Gehirn. Im Gegensatz zu den Gliomen des Rückenmarks zeigen Ependy mome fa st i mm e r Einblutungen auf den M R-Aufnahmen. •
Ependymome entstammen den Ependymzellen der inneren Gehirnkammern und des Zentralkanals im Rückenmark. Im Kindesalter sind sie der dritthäufigste Tumor des Zentralner vensystems. Ependymome in der hinteren Schädelgrube kom men eher i m Kindesalter und Ependymome des Rückenmarks im Erwachsenenalter vor. Da die Tumoren sehr langsam wachsen, l iegen zwischen erstem Symptom und Diagnosestel lung häufig mehr als zwei Jahre. Häufig besteht Multifokalität Spinale Ependymome sind vom Rückenmark relativ gut ab grenzbar und dann operabel. Die fehlende radikuläre Symptomatik lässt besonders an ei nen direkt das Rückenmark betreffenden Prozess denken, so dass gleich die MRT durchgeführt wird. Um kleine oder perime dulläre Tumoren zu erkennen, muss immer eine kontrastmittel angehobene V ntersuchung vorgenommen werden. Das Rücken mark ist durch einen intramedullären Tumor aufgetrieben, der solide Anteile und kleinere Zysten enthält ( > Abb. 5. 1 90).
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Tra u ma Epiduralhä matom
Epidurale Hämatome ( > Abb. 5. 1 9 1 ) werden über eine Bohr lochtrepanation sofort entlastet, wenn eine Kompression des H irngewebes vorliegt. Die Gesamtprognose hängt von den be reits eingetretenen Schäden am H irngewebe ( Einklemmung) ab. Das zweizeitige Ereignis m i t mehrst ündiger La tenz zwi schen Trauma und Komabeginn l ässt bereits an ein epi- oder subdurales H ämatom denken.
5 . 3 Klassische Befu nde
Abb. 5 . 1 9 1 Epiduralhämatom. 40 Jahre alter Patient; Sturz im Alkohol rausch, links-temporaparietale Kopfplatzwunde. 12 Stunden nach dem Trau ma trübt der Patient zunehmend ein, bei der klinischen Aufnahme ist er schließlich tief komatös. Axiales Computertomogramm, nativ. Das frische Epi duralhämatom zeigt sich als bikonvexe, hyperdense Raumforderung links Iran toparietal (-+) mit massiver Ra u mforderung: Ventrikelkompression und Mit tellinienverlagerung (-) zur Gegenseite. Galeahämatom links parietal. [ 1 9]
S u b d u ra l hämatom Nur bei nachweisbaren fokal-neurologischen Defiziten und morphologisch s ichtbarer Kompression des H irngewebes ist auch bei alten Patienten eine Operation subduraler Hämatome indiziert. Ansonsten reicht eine m ittelfristige Verlaufskontrol le aus. Bei jüngeren Patienten liegt in der Regel i mmer eine Kompression des Hirngewebes vor, sodass die Indikation zur Trepanation gegeben ist. Die CT weist auf hohem diagnostischem N iveau Traumafol gen oder allgemeine Durchblutungsstörungen am Hirngewebe nach. Nur selten ist eine weitergehende U ntersuchung mit der M RT indiziert. Typisch für Flüssigkeitsansammlungen im Subduralraum ist eine halbmondfönnige Konfiguration. Die mehr hyperdensen Anteile sprechen fü r frischere Einblutun gen ( > Abb. 5. 1 92). M E R KE Bei a kuten Schädei-Hirn-Traumen erfolgt die Diagnostik primär m it der CT. Die halbmondförmige Ko nfi g u rati on ist typisch fü r das subdu ral e Hämatom , die ellipsenförmige Ko nfi gu ration für das epidurale Hämatom. • in der CT sind bei beiden Hämatomen Flüssigkeitsansammlungen nachweisbar, die das angrenzende Hirngewebe mehr oder wen i ger komprimieren. •
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1 95
Abb. 5 . 1 9 2 Subduralhämatom. Eine 84 Jahre alte Patientin war auf
G rund von kardialen Synkopen in den letzten Wochen mehrfach gestürzt; jetzt: zunehmende Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche, kein fokal neurolog isches Defizit. Axiale CT-Aufnahme, nativ: siehe!- bzw. halbmond förmige Flüssigkeitsansammlung subdural über beiden Großhirnhemisphä ren. Bei dem Befund rechts, der nahezu l iquorisodens ist (-+), handelt es sich um ein chronisches Subduralhämatom. Links zeigt d ie Flüssigkeitsan sammlung teils kräftige, teils weniger starke Dichteanhebungen, entspre chend einem chronischen Subduralhämatom mit frischen Ein blutungen (_)_ Wegen der vorbestehenden Hirnvolumenm inderung erstaunlich wenig R a um ford eru ngszeichen . [ 1 9 ]
H i rn kontusion Patienten mit H irnkontusion erleiden durch das Trauma subs tanzielle H irnschädigungen. Die Rückbildung der initialen Symptomatik erfolgt meist deutlich verzögert. Viele Erkrankte haben auch nach langer Zeit noch eine deutlich eingeschränkte LeistungsHihigkeit. Bei den häutigen frontalen H i rnkon tusio nen können nach der initialen Bewusstlosigkeit traumatische Psychosen auftreten. In der grundsätzlich zuerst durchgeführten CT stellen s ich Kontusionen als umschriebene Hyperdensitäten, zumeist mit perifokalem hypodensem Saum, an der Rinden-Mark-Grenze oder direkt im Rindenband dar ( > Abb. 5. 1 93 ) . Weitere Prä d ilektionsstellen sind periventrikuJär und am Balken, am H i rn stamm sowie in den Kleinhirnstielen. Probleme kommen erst dann auf, wen n die Traumaanamnese gar nicht oder n icht si cher erhoben werden kann. Dann m üssen andere Ursachen primärer zerebraler Blutungen, wie eingeblutete Infarkte, ein geblutete Tu moren (hirneigene Tumoren oder Metastasen) oder venöse Zirkulationsstöru ngen i n die Überlegung einbezo gen werden. Eventuell erfolgt dann eine weitere Abklärung m it der M RT.
1 96
5 Röntgend iag nostik
Abb. 5 . 1 93 Hirnkontusionen. 42 Jahre alter Patient nach Fahrradsturz
vor 3 Stunde n . Er war initial bewusstlos und zeigt immer noch eine deutlich eingeschränkte Bewusstseinslage. Außerdem l iegt eine mäßige armbetonte Hemiparese links vor. Axiale CT-Aufnahme, nativ: An der R inden-Mark Grenze bzw. kortikal rechts frontal-präzentral bestehen rundliche hyperden se Areale (-+) mit perifokalem dichtegemindertem Saum (....). die Kontusi onsherden mit perifokalem Ödem entsprechen . 1 1 9]
MERKE Hirnkontusionen können i n iti a l •
gut mit der CT
nachgewiesen wer
den: umschriebene Hyperdensitäten.
•
Das volle Ausmaß der H i rn schäd i g u n g ist häufig erst in Verlaufs untersuchungen nach 2-3 Tagen oder mit einer M RT nachzu
weisen.
Abb. 5. 1 94 Rückenmarkkompression. 67 Jahre a lter Patient; vor 8
Monaten Sturz vom Baugerüst, da nach war eine Paraplegie aufgetreten. Auf der direkt nach dem Unfall angefertigten konventionellen Röntgenauf nahme war eine Luxationsfraktur des HWK6 nachgewiesen worden. Aus prognostischen und differenzialtherapeutischen Ü berlegungen soll jetzt die endgültige Schädigung am Rückenmark dargestellt werden. Sag ittale T2gewichtete MR-Aufnahme zervikothorakal: Luxationsfraktur von HWK6 m it Ventralverlagerung (-+), dadurch zangenförmige E inengung des Spinalka nals mit Myelonkompression auf Höhe der Deckplatte von HWK7. Deutliche Atrophie des Halsmarks (....). 1 1 9]
R ückenmarkkompression Sekundäre Traumafolgen wie die E ntwicklung einer traumati schen Syrinx können mit der M RT gut dargestellt werden. Sie können die Symptomatik weiter verschlechtern und müssen dann operativ therapiert werden. Tumorbedingte Rückenmarkkompressionen entstehen durch zusammensinternde Wirbelkörper infolge von Metasta sen (v.a. bei Mamma-, Bronchial-, Prostata- und Nierenzell karzinomen). Epidurale oder intraspinale Metastasen sind sel ten . In 70% ist die BWS betroffen, in 20% die L WS und in I 0% die HWS. Unter den Symptomen gehen meist motorische den sensiblen Ausfallen voraus. Die Beurteilung von traumatischen Spätfolgen am Rücken mark erfolgt primär mit der MRT. Hiermit ist das Rückenmark
direkt darstellbar und somit das Ausmaß der Rückenmark schädigung vollständig zu dokumentieren. In der M RT zeigen Trgewichtete Aufnahmen die durch W irbelfrakturen entstan dene Einengung des Spinalkanals und die Beziehung des Rü ckenmarks zur Einengung ( > Abb. 5. 1 94). A uch das Rücken mark selbst und die darin erfolgten Schädigungen können als hyperintense Veränderung (Gliosen) nachgewiesen werden.
M E R K E Die U ntersuch u ng
von traumatischen Schädigungen am Rückenmark
e rfo lgt mit der MRT.
5 . 3 Klassische Befunde
1 97
5.3.7 K a rd i ava s k u l ä re s System G. Kauftma nn und S. Mil ler
D ie bildgebende Diagnostik am Herzen steht durch neuere Verfahren vor einem Umbruch (vgl. > Kap. 6.4. 1 ) . Dennoch wird hier vorwiegend auf Standards eingegangen. Wo sich in teressante Entwicklungen abzeichnen, sind diese erwähnt; es wird aber gleichzeitig ihre derzeit noch eingeschränkte Wertig keit vermerkt. Erstes Verfahren zur morphologischen und funktionellen Diagnostik des Herzens ist die transthorakale Echokardiogra fie. Als weithin verfügbare Sonografische Methode lässt sie sich schnell und effizient durch die Hand eines erfahrenen Untersu chers durchführen. Limitationen entstehen bei adipösen Pati enten und/oder bei Emphysemthorax, wenn - physiognomisch bedingt - nur ein eingeschränktes akustisches Fenster vorliegt. Ein invasives Verfahren stellt die transösophageale Echo kardiagrafie dar. Durch die unmittelbare Nähe des Schallkopfs zu kardialen Strukturen ist eine besonders genaue Diagnostik z.B. von Herzklappen möglich. Mittels Herzkatheteruntersuchung können sowohl die Ko ronararterien (Linksherzkatheter) als auch die Herzhöhlen und Pulmonalarterien ( Rechtsherzkatheter) abgebildet wer den. Zudem ist die Erhebung von Druckwerten im kleinen und großen Kreislauf möglich, die Aufschluss über Vorliegen und Schweregrad von Herzklappenerkrankungen und erworbenen sowie kongenitalen V itien geben. Kathetereingriffe am Herzen lassen sich nicht nur diagnostisch nutzen. Beispielsweise ist auch eine Dilatation von Stenosen oder Rekanalisation von Ko ronararterien (PTCA - perkutane transluminale Coronar-An gioplastie) auf diese Weise möglich. Nuklearmedizinische Verfahren (Belastungsmyokardszin tigrafie, 1 8FDG-PET) sind bedeutsam zur Abklärung der K H K ( > Kap. 6.4. 1 ) . Der Befund der Belastungsmyokardszintigra fie stellt bei diskrepanten Befunden ( Klinik, EKG) die Weichen zur invasiven Koronarangiografie. Die 1 8FDG-PET macht im Risikofall zuverlässige Aussagen zur Vitalität vor Bypass-Ope rationen. Neuere Verfahren in der bildgebenden Diagnostik der gro ßen Gefäße und des Herzens sind die Mehrzeilen-Computer tomografie (M DCT) und Magnetresonanztomografie ( M RT), die teilweise Gegenstand intensiver Forschung sind, teilweise schon zum Standard rechnen. Zu Letzteren gehören die CT und MR-Angiografie (MRA ohne und mit Kontrastmittel), die vorwiegend an der Aorta, zunehmend aber auch bis in die Ge fäßperipherie hinein eingesetzt werden ( > Abb. 5. 1 95) und somit die Katheterarteriografie verdrängen bzw. auf interventi onelle Eingrille beschränken. Eine subtilere Diagnostik als mit KM -freier MRA ist allerdings mit der KM-gestützten M RA möglich . A m H erzen weist die derzeitige EntwickJung darauf hin, dass in der Stufendiagnos tik MDCT und M RT als nichtinva sive Ve rfahren zunehmend nach vo rn rücken, auch wenn hier die wissenschaftliche Evaluation noch voll im Gange ist. Für Fragestellungen zu Kardiomyopathien und entzündli-
Abb. 5. 1 95 Beispiel einer KM-freien MR-Angiografie. Die rechts zwischen Vorderhorn des Nucleus caudatus und lateralem Seitenventrikel
liegende Malformation (-. AVM) geht von einem Ast der A. cerebri media aus und drainiert über die Vena Galeni magna (VG ...). [5] a) Axiales T1w post-Kontrastmittel-Bild. b) 3 D-Time-of·Fiight-MRA. Diagnose: arteriovenöse Malformation.
1 98
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5 . 1 96 Intraarterielle DSA, Normalbefund. [5)
a) Einstellung Bildoberkante knapp unter der Bifurkation. Der Katheter (-) ist von der rechten A. femora lis superficialis her ei ngeführt. Der Befund ist - bis auf eine arteriosklerotische Plaque (-) - normal. Linke Seite: A. il iaca communis ( 1 ), A. iliaca interna ( 2), A femoralis profunda (3) und superficialis (4). b) Einstellung Bi ldoberkante proximale Leistenregion: der distale Teil der Symphyse, die trotz Subtraktion gerade eben erkennbar ist, wurde markiert (...-) . Kleine Plaques (-) an der rechten A. femoralis superficialis, sonst Normalbefund. c) Bildunterkante Kniegelenke (.-), die durch leichte Wackelbewegungen ebenso wie die Oberschenkelknochen (-) sichtbar sind. d) Bildoberkante Kniegelenke: A. popl itea (1 ), A. tibialis anterior (2), A. fibularis (3) und A tibialis posterior (4).
chen Herzerkrankungen kann die M RT heute als Verfahren der Wahl angesehen werden. Während die M DCT eine akku rate morphologische Abbildung der H erzhöhlen, Klappen strukturen und Koronararterien erlaubt, bietet die MRT dar über hinaus besondere Vorteile in der funktionellen Dia gnostik und Charakteris ierung regionaler Myokardverände rungen.
Peri p h ere a rteriel l e Versc h lusskra n k he i t (pAVK) Für die bildgebende Diagnostik von Gefäßerkrankungen sind heute die Sonografie einschließl ich Dopplersonografie, die M R -Angiografie und CT -A ngiografie sowie die invasive Katheterarteriografie verfügbar. Im Bereich des Oberschen kels und Knies können Arterien auch zuverlässig mittels Farbd uplexsonografie untersucht werden. Die U ntersu-
5 . 3 Klassische Befunde
1 99
•
a
Abb. 5. 1 97 Intraarterielle DSA bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) Grad IV. (Z uga n g für Katheter: transbrachial) 73·jährige Diabetikerin; seit 6 Wochen besteht eine schwarze Stelle an der rechten Großzehe, d ie seh r schmerzhaft sei. Unterschenkel und Füße seien schon seit Jahren kühl, es bestehe ein Gefühl wie "Ameisenlaufe n " (Parästhesien) an beiden Füßen und beidseits treten a u ch Wadenschmerzen bereits in Ruhe a uf, wegen denen die Patientin nur wenige Meter laufen könne. Die kli nische Untersuchung zeigt fehlende Leisten - , P o p l iteal - und Fußpulse beidseits, eine verzögerte Rekapillarisierungszeit und einen rötlich-l ivide verfärbten, kühlen Fuß rechts. [ 1 2) a & b) B ec ken ü be rsi cht, Schrägprojektion der Katheterangio: filiforme Stenose der A. i li aca externa re cht s (....), Verschluss der Beckenachse l i nks . Kollatera l isierung über beide h ypertro p h ie rten Lumbalarterien (__..) und die A. sacralis mediana (-+-+) zur A. iliaca interna bds. Kollateralkreisläufe bestehen weiter hin beidseits von der A. i li a ca interna (aii) über die A. pudenda interna ( a p i), A. pudenda externa (ape) zur A. femoralis communis links (afc). c) Knieregion rechts: Nachwe is m ulti ple r Stenosen u n d eines kurzen Verschlusses im Pli-Segment (-). A. tibialis a n terio r (a ta ) , A. ti b i al i s posterior (atp) und A. fibularis (af) s ind scheinbar lan gsi reck ig stenosiert (Ursache: vermi nderte r Blutfluss durch vorgeschaltete Verschlüsse der A. iliaca ext. und vor allem d e r A. pop l itea in PI).
chung der Beckenarterien kann wegen Darmgasüberlage rung mit dieser Methode u n mögl ic h sein und die Unter schenkelgefaße, d ie bei höheren A V K - S tadien oft stark be troffen sind, sind h ie rmit nur e i n g es ch ränkt darzustellen. Somit bleibt für diesen Fall die invasive Katheterarterio grafie ( > Abb. 5 . 1 96 u n d > A bb. 5 . 1 97) die Methode der Wahl zur ko m p l e tten Abklärun g p e r ip h e r e r Durchblutungs störungen. ln der Rege l wird zunächst die MRA ( > Abb. 5.57), anschließend eine ge zi el t e G e fä ßda rs t ell u ng mit intraarterieller N adel oder A n g i o g ra fie ka theter zum Ziel füh ren. Für die Abbildu ng der großen Gefäße des Kör perstamms (Aorta thoracalis et abdominalis) eignen sich die CT-Angiografie ( CTA) und M R-Angiografie (MRA) glei
chermaßeiL M E RKE o
o
Sonografie: schnell u nd genau für umschriebene Frag estellun gen, aber keine morphologische Übersichtsdarstellung verschiede ner Gefäßregionen Weitere Verfahren: M R-Angiografie oder invasive Katheter angiografie (mit Option zur Therapie, z.B. Rekanalisation)
sehe Entscheidungen. Die Kombination von Stenosen/Ver schlüssen in der Beckenetage und die stenosierende Erkran kung nachgeschalteter A rt e r iens egment e führt zur krit isch en Ischämie der Extremität. Dabei kommt es zunächst belastungs abhä ng ig zu Schmerzen, Blässe und Kälte der Haut sowie zu Parästhesien und M uskelschwäche. Reicht selbst in Ruhe der Blutfluss z u r Oxygenierung der Gewebe nicht mehr aus, so tre ten zunächst Dauerschmerzen, später auch Nekrosen der Ext remität auf. Die Einteilung erfolgt nach Fontaine-Ratschow in vier klinische Stadien ( > Tab. 5. 1 2) . Zur Abklärung p e riph e rer Durchblutungsstörungen ist derzeit die intraarterielle Ka theterarteriografie unverz ichtba re Referenzmethode zur Festlegung des Therapiekonzepts. Tab. 5 . 1 2 Klinische Stadieneinteilung der pAVK nach Fon taine-Ratschow. Stadium I Stadium I I
Stadium 1 1 1
Die Diagnose der p erip h e ren arteriellen Ve rsc hlusskra n khe it (pA VK) wird auf Grund der klinischen Präsentation gestellt. Der radiologische Befund ist eine weitere Basis für therapeuti-
Stadium IV
Beschwerdefreiheit bei Verschluss oder Stenose, Zufallsbefund Claudicatio intermittens, schmerzfreie Gehstre cke bei Stadium lla > 200 m, bei Stadium llb < 200 m Ruheschmerz (Ruheinsuffizienz oder Dauerinsuf fizienz) Nekrose, Ischämietoleranz des Gewebes über schritten
I
200
5 Röntgendiagnosti k
MERKE Klinische Stadieneinteilung der pAVK • Die klinische Stadieneinteilung (HV) geht d en " techn i sch en Un ters uchu ngen (z. B . Laufband, Angio oder Doppler) voran. • Behandelt werden keine Bilder, sondern Beschwerden von Kranken. • Die Stadieneinteilung nach Fontaine ist somit Basiswissen für "
Studenten.
Koro nare Herzerkra n k u n g ( K HK ) Unerlässlich sind zunächst das EKG und die Bestimmung von Enzymen wie Gesamt-CK, CK-MB, GOT, LDH, a-HBDH und Troponin. Später erfolgen dann Belastungs-EKG, Koronarau giagrafie m ittels Herzkatheter, gegebenenfalls eine Echokardi-
ografie, Myokardszintigrafie mit Belastung und - in Einzelfal len - die M RT. Die Koronarangiografie in >- Abb. 5. 1 98a zeigt eine Ste nose der rechten Herzkranzarterie. Die Symptomatik des Pati enten ist zusammen mit dem EKG-Befund und den Laborver änderungen charakteristisch für einen akuten Myokardinfarkt. Echokardiografisch oder MR-tomografisch kann in Ergän zung zur H erzkatheteruntersuchung eine Myokardnarbe ( >- Abb. 5. 1 98b) oder ein intrakavitärer Thrombus nachge w i esen werden. Die koronare Herzkrankheit nimmt in den letzten Jahrzehn ten stetig zu und ist neben familiärer Disposition ätiologisch vor wiegend auf die atherogenen Risikofaktoren Nikotin, Choleste ri n Hypertonie, Diabetes mellitus, Übergewicht und Hyperurik ämie zurückzuführen. Die Prognose der Patienten hängt wesent,
Abb. 5 . 1 98 Koronare Herzerkrankung. Ein
59-jähriger Versicherungsvertreter verspürt nach reichlichem Mittagessen plötzlich bei hastigem Treppensteigen ei nen sehr starken retrosternalen Schmerz mit Ausstrahlung in die linke Halsregion sowie den linken Arm. Bereits in den letzten Mo naten war bei körperlicher Belastung ein thoraka les E ngegefühl aufgetreten, das sich bei Abbruch der Belastung schnell besserte. Das vom Hausarzt verordnete Nitrospray - das sonst stets die Be schwerden linderte - zeigt d iesma l keine Wirkung. Der Mann raucht 40 Zigaretten pro Tag, vor Mo naten wurde ein erhöhtes Serumcholesterin fest gestellt. 1 1 21 a) Koronarangiografie: selektive Darstellung der rechten Herzkranzarterie in RAO (rechts anterior oblique)-Projektion. Das Gefäß weist eine hoch gradige E i nengung (-) auf. K Katheter. b) Cine-MRT: enddiastolische Aufnahme einer EKG-getriggerten Cine-FLASH-2 D·Sequenz. Die sog. Kurzachsenschnittführung zeigt den rechten und linken Ventrikel im Querschnitt. Im inferolate ralen Segment ist eine myokardiale Narbe mit Reduktion der Wandstärke (-) nachweisbar.
5 . 3 Klassi sche Befunde
lieh von der Ausschaltung der Risikofaktoren ab. Eine Therapie kann konservativ-medikamentös oder mit revaskularisieren den Maßnahmen (wie Ballondilatation der erkrankten Koro nararterie oder aortakoronarer Bypass-Operation) erfolgen. • Die transkutane koronare Ballonangioplastie (Syn: PTC12) ermöglicht es, das Lumen des verengten Gefäßes wieder aufzuweiten. Der Langzeiterfolg ist jedoch durch eine hohe Rate an Re-Stenosen auf der Basis überschießen der Endothelproliferation limitiert. • Nach experimentellen Erfolgen mit "drug eluting stents" (d.h. Stents, deren Oberfläche mit Medikamenten beschichtet ist, die langsam an das Endothel abgegeben werden) gelangen diese nun auch in klinischen Studien an den Koranarien zum Einsatz, um Endothelproliferationen zu steuern.
12
PTCA für " perkutane transluminale coronare Angioplastie
"
201
M E R K E •
•
Unter Belastung auftretende Angina pectoris ist charakteristisch für die KH K. Therapierelevante radi olog ische Befunde werden in der Koronar angiografie gewonnen.
Aortend issektion Bei der Dissektion handelt es sich um das Eintreten von flie ßendem Blut in die Wandschichten des betroffenen Gefäßes. Es entstehen zwei Lumina. Das Blut, das in der zerrissenen Ge fäß wand - im falschen Lumen zunächst nicht abfließen kann, führt zu einer Strömungsverlangsamung im ursprüngli chen - echten - Lumen. Zwischen beiden Lumina liegt die so genannte Dissektionsmembran. In > Abb. 5 . 1 99b zeigt sich solch eine Dissektionsmembran der Aorta in der kontrastge stützten CT. -
OE BAKEY Typ I Typ A
Stanford
OE BAKEY Typ I I Typ A
Stanford
OE BAKEY Typ 1 1 1 Typ B
Stanford
d
Abb. 5.1 99a-d Aortendissektion. Ein 68·jähriger Mann klagt nach schwerer Gartenarbeit über zunehmende Schmerzen in der Brustwirbelsäule und über
ein retrosternales Druckgefühl. Das Ereignis liegt 6 Stunden zurück. Seither führen kleinste Belastungen rasch zur Erschöpfung. Seit einer halben Stunde besteht auch eine Ruhedyspnoe. Ein deutliches Ü bergewicht ist offensichtlich. Bei näherer Befragung gibt er eine seit vielen Jahren bestehende arterielle Hypertonie an. a) Normalbefund zum Vergleich mit b): 1 Vena cava superior, 2 Aorta ascendens und 3 Aorta descendens, 4 rechte und linke A. pul monalis, r H B/1 H B rechter und linker Hauptbronchus. ]5] b) Kontrastmittelgestützte CT mit Anschnitt der Vena cava ( 1 ), der Aorta ascendens (2) und descendens (3) sowie des Truncus pulmonalis (4): Die Pfeile markieren die Dissektionsmembran in Höhe des Beginns der Dissektion (Entry). ] 1 2] c) CT einige Schnitte tiefer. Die Pfeile zeigen auf ein lokalisiertes Hämatoperikard. ] 1 2] d) Schematische Darstellung der Aorta und der jeweils von der Dissektion betroffenen Gefäßabschnitte nach der Stanford· und Deßakey·E inteilung.
I
I
202
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5 . 1 99e-f Aortendissektion.
e) MRT, KM-gestützte Aufnahme in sagittaler Angula ti on : Die Dissektionsmembran (_.) lässt sich in der Aorta descendens nachweisen, sie beg innt kurz hinter dem Abgang der linken A. subclavia (5). Das falsche Lumen ist mit " f " bezeichnet. [5] f) M RT, KM-gestützte Aufnahme (wie e) in etwas veränderter Drehung, um die Dissektion in ganzer Länge nachzuweisen. Das echte Lumen (e) wird durch den Ü berdruck im falschen Lumen (f), das - ohne Reentry - noch keinen Abfluss hat, kom primi ert und ist dadurch eingeengt. [ 5]
Die akute Aortendissektion nimmt in 95% der Fälle ihren Ur sprung in der aszendierenden oder proximalen deszendieren den Aorta - hier meist am Ansatz des Ligamentum arteriosum ( > Abb. 5 . 1 99d&e). Bei Typ-A-Dissektion versterben 25% der Patienten in den ersten 24 Stunden, sodass die Erk ranku ng als vitaler Notfall gelten muss! Ursachen der Aortendissektion sind in der Reihenfolge ab nehmender H äu figkeit : • arterielle Hypertonie (Aortensklerose) • M arfan-Syndrom • Ehlers-Danlos-Syndrom • Aortenklappenerkrankungen • Schwangerschaft • Kathetermanipulation (z.B. Herzkatheter) Neben Anamnese, EKG und Labor sind die bildgebenden Be funde (z.B. Thorax, Echokardiografie, MRT) von besonderer Relevanz. Eine Beteiligung der verschiedenen Aortenabschnit te und ihrer Äste m uss präzise und rasch geklärt werden, da hiervon - zusammen mit dem Vorliegen wesentlicher Kompli kationen - die Ind i katio n zur Notfalloperation abhängt. Klinisch erfolgt eine Einteilung der Aortendissektionen nach der Stanford- oder DeBakey-Klassifikation ( > Abb. 5. 1 99d). Daraus lassen sich auch die Komplikationen ( > Tab. 5 . 1 3) herleiten.
M E R K E
Aortendissektion •
•
•
•
Bei Patienten mit arterieller Hypertonie und plötzlich auftreten den thorakalen Schmerzen sol lte neben anderen Differenzialdia
gnosen mittels CT eine Aortendissektion ausgeschlossen werden. Die Aortendissektion nimmt in 95% der Fälle ihren U rsprung in der aszendierenden Aorta. Das Bl ut, das im falschen Lumen zunächst nicht abfließen kann, führt z u einer StrömungsverlangsamunQ im echten oder wah " ren Lumen. Es kan n zur freien Perforation oder durch sehr langsamen Fluss und Thrombose zu a nderen lebensbedrohlichen Komplikationen füh ren . Die w i chti gste n Komplikationen sind das Hämatoperikard, die Aortenklappeninsuffizienz, der Myokardinfarkt, der Schlaganfall, das Nierenversagen und der Mesenterialinfarkt.
.
Tab. 5. 1 3 Komplikationen der Aortendissektion. Komplikation
Hämatoperikard Akute Aortenklappeni nsuffizienz mit Vorwärtsversagen Myoka rdinfarkt (Koronarbeteiligu ng) Schlaganfall (supraaortale Gefäßbeteiligung)
-+
+
+ +
+
N ierenversagen (Dissektion der Nierenarterien) + Mesenterialinfarkt (Dissektion der A. mesen- + terica sup.)
+ +
5.3 Klassische Befunde Aorte n a n e u rysma
203
wird ein b edeckter Stent in d as A neu rys ma platziert, sodass die Gefahr der Ruptur geba nn t ist.
D ie meisten Aortenane u rysmen werden zufällig entdeckt. Weitaus d er größt e Anteil entsteht auf dem Boden einer Arte riosklerose. Eine H ypertonie ist dabei der H auptrisikofaktor. Eine rasche Progredienz und in sbesondere die gedeckte Rup tur ( > Abb. 5.200e) geben sich durch heft igst e Bauch- oder Rückenschmerzen zu erkennen. Aufgabe der Ra diologi e ist es, vo r e i n er The ra pi e der Aneurysmaerkrankung die exakte Sta diene in te il ung vorzuneh m en. Allenberg schlug eine Klassifikation der Aortenaneurys men vor, die diesen The rap ieop t io n e n Rechnung trägt ( > Abb. 5.200f). Danach ist eine endovaskularprothetische Versorgung in den Fällen I-IIb besonders gut möglich. Hierbei
M E R K E Aortenaneurysma •
Anhand der Klinik kann oft nur eine Verdachtsdiag nose " Aorten aneurysma " gestellt werden. Entscheidend bei der Diagnose ist allein die bildgebende Diagnostik .
•
•
Die Diag nostik des Aortenaneurysmas geschieht sch nell und am zuverlässigsten mit der CT. Vor I ntervention oder Operation kann zur genauen Planung des Eingriffs ei n e i ntraarterielle Angiografie (z.B. mit gradiertem Katheter zur Längenbestimmung von Endoprothesen) durchge führt werden.
al
ars
ams
Abb. 5.200a-e Bauchaortenaneurysma. Ei n 77-jäh riger Patient wird wegen seit wenigen Tagen bestehender Rückenschmerzen in die Klinik aufge
nommen. Paraumbil i kal lässt sich ein faustgroßer pulsierender Tumor palpieren. Klinisch und sonngrafisch ist das Aneurysma klar, zur genauen Klärung der Frage nach Ruptur und Organbeteiligung wird die CT durchgeführt. a) KM-CT als Normalbefund zum Vergleich mit b): Die Aorta (a) ist schmal und weist keine Randthromben auf. Zur Orientierung: Z Zwerchfelle, c V. cava i nferior, p Pfortader 1 5 1 b) Kontrastgestütztes CT: Der Schnitt unterhalb der N ierenarterien zeigt ein großes Aneurysma verum (a), das zum größten Teil mit KM perfundiert ist. Eine Thrombusschale (+-) kleidet einen Tei l der Wand aus. Aus dem Datensatz wird eine 2-dimensionale Rekonstruktion erstellt. ISI c) Rekonstruktion Die Wirbelsäule wurde rechnerisch entfernt, sodass die Kalkplatten (Plaques +-) in der Intima besser zu sehen sind. Die Ausdehnung ist sehr anschaulich vermittelt. I SI d) Katheterarteriografie: Die Momentaufnahme beim Einfluss in das Aneurysma (früharteriell) zeigt - in Projektion auf den Abgang der A. mesenterica su perior (ams) - einen Verschluss der rechten Nierenarterie (langer +) sowie den proxi malen Aneurysmabeginn (- +-) ahc A hepatica communis, al A. li enalis, ars l inke Nierenarterie. [ 5 ] e) Anderer Patient m i t rupturiertem Bauchaortenaneurysma im CT, früharterielle Aufnahme Im Schnitt oberhalb der Aortenbifurkation ist das Aneurysma mit " a " markiert. Von dort tritt KM nach rechts retroperitoneal (-) aus. Die große Zone mittlerer Dichte (b) entspricht frischem Blut, das bereits in das Retroperitoneum ausgetreten ist. 1 1 2 1 .
I
204
f
5 Röntgendiagnosti k
Typ
I
Typ
lla
Ty p
llb
Typ
111
Abb. 5. 200f Bauchaortenaneurysma.
f} Klassifikation der Bauchaortenaneurysmen nach Al lenberg. Wichtige Parameter sind die E inbeziehung des infrarenalen Aortenabsch nitts sowie die Einbeziehung der Aortenbifurkation und der l l iakalgabe ln in das Aneurysma.
5.3.8 U rogen ita l es System G . Kauftmann und P. Hal lscheidt Die Abklärung von Erkrankungen des Urogenitalsystems be ginnt in der Regel m it der Sonografie. Andere bildgebende Verfahren - insbesondere die invasiven diagnostischen Ein griffe der Urologie - werden krankheitsspezifisch eingesetzt.
Vesiko- u retero-ren a ler Refl u x Harnwegsinfektionen sind häufig. Zum Beispiel erkranken un
gefcihr 5% aller Kinder daran. In vielen Fällen sind dem gerade klinisch relevanten Harnwegsinfekt schon mehrere Harn wegsinfekte vorausgegangen. Die radiologische Diagnostik be ginnt mit der Sonografie. I m infektfreien I ntervall wird ein ve siko-uretero-renaler Reflux ausgeschlossen. > Abb. 5.201 zeigt einen vesiko-uretero-renalen Reflux links im Röntgen Miktionszystourethrogramm (MUG). Diese Untersuchung wird heute allerdings bevorzugt unter sonografischer Kontrolle durchgeführt!
M ERKE Bei jedem n a ch gewiese ne n oberen Harnwegsinfekt ist die So n og r afie so sch nell wie möglich durchzuführen. • Nac h anti b i oti s ch e r The ra p i e muss ein vesiko-uretero-renaler Reflux ausgeschlossen werden. Ein Reflux gefährdet die Nieren, da jede Zystiti s zu einer Infektion der refl ux iven Niere führen kann. Daraus kan n eine Refluxnephropathie (Narbe, Hypertonus, Funktionseinschränkung und Fu n ktion sverl ust) en tste h en U nte rsuchu ng der Wahl ist das sonografische MUG. •
.
•
Abb. 5.201 Vesiko-uretero-renaler Reflux. Ein 2 Jahre altes Mädchen wird mit allen Zeichen eines oberen Ha rnwegsinfekts (Schmerzen der linken Flanke, Fieber, CRP-Erhöhung, signifikante Bakteriurie und Leukozyturie) in
die Kinderklinik eingeliefert. Sonografisch ist die linke Niere vergrößert mit erh öhter Echogenität und gestörter Rinden-Mark-Differenzierung. Hauptbe fund ist ein deutlich dilatierter linker Ureter; nach Blasenentleerung ist dieser nicht mehr nachweisbar. Röntgen-Miktionszystourethrogramm (M UG): Nach Füllung über einen Blasenkatheter lässt man die kleinen Patienten am Kathe ter vorbei Wasser lassen. Die gedrehte Aufnahme unter Durchleuchtung zeigt 1 einen bis in das deform ie rte linke Hohlsystem 3 a ufsteigenden Reflux. [20]
13
Nur die H arnblase - nicht das N ierenhohlsystem - wurde ret rog rad über den Kathe ter gefü llt I
5.3 Klassische Befunde
205
N i ere nzyste
Nierenzysten sind bei ca. 50% aller 50-Jährigen (Män ner > Frauen) solitär oder multipel vorhanden und meist asympto matisch. Sie sind deshalb ein häufiger Zufallsbefund. Aus gedehnte nichtkomplexe Zysten können Druckgefühl im Oberbauch, Verdauungsstörungen oder Atembeschwerden verursachen. Sie werden entweder perkutan punktiert und mit Alkohol verödet oder chirurgisch abgetragen. M E R K E
Die einfache N ierenzyste ist durch echofreies B innensigna I, dorsale Schallverstärkung und nichtverdickte Zystenwand charak terisiert ( >- Abb. 5.202a). • l n der CT (MRT) nimmt die einfache Zyste kein KM aufl •
Neben den Nierenzysten gibt es die Zystennieren, die meist genetisch bedingt sind. Zur Diagnose reicht meist die Sonogra fie, nur bei Zweifeln ist eine CT oder MRT-U ntersuchung ge rechtfertigt. M it der Sonografischen Diagnose "komplexe Zys te" ist die echoarme Raumforderung angesprochen, bei der ei nes oder mehrere der oben genannten Zystenkriterien fehlen. Es kommen folgende Diagnosen in Frage: • die eingeblutete Nierenzyste • das Zystenwandkarzinom ( >- Abb. 5.202b) • das zystisch zerfallende Nierenzellkarzinom Die weitere Differenzierung geschieht je nach Härte des Ver dachts durch die CT oder M RT.
N ieren becken-, H a rn l eite rstei n
Typisch und richtungweisend sind die Koliken mit Ausstrah lung in die Head-Zonen. Beschwerden können jedoch auch gänzlich fehlen und ein Stein als Zufallsbefund bei einer Sono grafie im Nierenbecken auffallen. Verursacht der Stein eine Harntransportstörung, weil er aus dem Nierenbecken in den Harnleiter gelangt ist, können stärkste krampfartig wiederkeh rende Schmerzen mit reflektorischem Erbrechen und Darma tonie imponieren. Typisch ist das Auftreten von Nierenkoliken nach verstärk ter Diurese. Ein Harninfekt kompliziert den Verlauf der Er krankung und m uss durch die Urinanalyse ausgeschlossen werden. Die erste diagnostische Maßnahme ist die Sonografie, um Ausmaß und Ursache des Harnstaus zu erfassen ( >- Abb. 5.203a). Die Ausscheidungsurografie (AUG) - wegen der Ge fahr der Fornixruptur im schmerzfreien I ntervall durchgeführt - komplet t iert die Nierensteindiagnostik ( >- Abb. 5.203b ).
Abb. 5.202 Gegenüberstellung Nierenzyste - Tumor. Eine 32-jähri
ge Verkäuferin wird vom Hausarzt wegen unkla rer Rückenschmerzen sono grafisch untersucht. Dem Hausarzt fällt trotz der schwierigen Schal lbedin gungen eine hypodense Raumforderung der rechten Niere auf, die er nicht sicher als Zyste einordnen kann. Die Sonografie wird m it einem hoch auflö senden Gerät wiederholt. 1 5 1 a) Einfache Nierenzyste (..) mit echofreiem Binnensignal, dorsaler Schall verstärkung und nichtverdickter Zystenwand. Keine Verkalkung. b) Sonografie eines anderen Patienten : Zyste mit Verdickung der zur Niere (-) hin gelegenen Wand (..); dort auffä llig echodichte Struktur, die ei nem Zystenwandkarzinom entspricht. M E R KE
Steine •
•
M E R K E
Kein Ausscheidungsuregramm (AUG) während einer N ierenkolik. Es besteht die Gefahr der Fornixruptur !
•
•
Der röntgennegative Nierenbeckenstein sollte auf alle Fälle sonegrafisch sichtbar sein. Der distale Harnleiterstein i st manchmal durch Darmgas (re flektorische Paralyse) sonegrafisch n icht zu entdecken. Im AUG fallen beide durch eine Kontrastmittelaussparung oder wen igstens durch den Abbruch des Harnleiters auf. Der " unsichtbare " (Sonografie, AUG) Stein wird mit KM-freier CT (sog. Low-Dose-CT) diagnostiziert.
206
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.203 Nierenbecken- und Harnleiterstein. Nach einem heißen
Sommertag stellt sich ein 47-jähriger Bauarbeiter mit stärksten kolikartigen Schmerzen der rechten Flanke vor, d ie in d en Rücken, später in die rechte Leiste ausstrahlen. Die S c h merzs pr itze vom Notarzt wirke nicht mehr. Der Patient hatte nach seiner Tätigkeit auf einer Eisenbahnbrücke in der Sonne bei 40 °C am Abend in seinem Garten vier Flaschen Mineralwasser getrun· ken. Daraufhin bekam er die Fla nkenschmerzen. [5] a) Ultraschallbefund: Man erkennt die harten Reflexe im Nierenbecken (...,.) sowie den dorsalen Schallschatten (kleine .... ). SK Schallkopf des U ltraschall· geräts. b) Ausscheidungsurogramm : Der prävesikale, nicht schattengebende Harn· Ieiterstein (winziger t am Bildunterra nd) lässt sich im Ausscheidungsuro· gramm nur indirekt als Abbruch des bis zur Harnblase erweiterten linken Harnleiters (>) darstellen (vergleichen Sie rechts die normale Weite ....) "
"
.
N ierenze! lkarzinom Nierenzellkarzinome ( > Abb. 5.204) machen 2-3% aller bös artigen Tumoren aus; Männer sind zweimal h ä ufiger als Frau en betroffen. Hämatogene Metastasen können sich i n Kno chen, Zentralnervensystem, Schilddrüse, Augen, Leber, Lunge und Herz sowie auch retrograd in LWS, Sakrum, Hoden und Ovar bilden. Als symptomatologisch gilt die Trias Flanken schmerz - Hämaturie - palpabler Tumor. 60% der Tumorträ ger sind allerdings asymptomatisch und werden zufällig bei der Sonografie entdeckt. Koliken durch Blutkoagel im H arnlei-
5 . 3 Klassische Befunde
ter können einziges Leitsymptom sein. I m Gegensatz zur Zyste nimmt das Nierenzellkarzinom in der CT und der M RT Kont rastmittel auf. M ER K E
Nierenzellkarzinom
•
Es gilt zwar die klinische Trias Flankenschmerz - Hämaturie - pal pabler Tu mor. Das Nierenzel lkarzinom wird jedoch meist sono
grafisch entdeckt.
•
•
Die Diagnosesicherung und Indikationsstellung zur Operation er folgt mit CT! Erst während der Operation wird die H istologie ent nommen. Das CT zeigt nativ eine hypodense Raumforderung, die KM aufnimmt.
•
•
Diese KM-Aufnahme ist meist am Rand intensiver als zentral (bedingt durch zentrale Tumornekrose). Ein Tumorthrombus ist typi sc h a ber nicht zwi ng end für das Nierenzel lka rzinom. ,
,
Uterus myom
Uterusmyome sind die h äufigsten benignen Geschwülste des weiblichen Genitales, von denen i mmerhin ungefähr 20% aller Frauen über 35 Jahre betroffen sind. Sie verursachen vielfach keine Symptome; bestehen jedoch Beschwerden wie Blutungs unregelmäßigkeiten und Schmerzen, können diese z.B. die be rufliche Perfomance erheblich beeinträchtigen. Je nach Lage (z.B. intramural, submukös) verursachen Myome ein unter schiedliches Beschwerdespektrum. Als therapeutische Maßnahme ohne Organerhalt war die Hysterektomie in der Vergangenheit oft einzige Therapieopti on. Sie wird heute vor allem bei großen gestielten, subserösen M yomen und bei Adenomyose noch vorgenommen. In speziel-
Abb. 5.204 Nierenzellkarzinom. Eine 60-jährige Patientin bemerkt seit zwei Wochen eine zunehmende Schwellung beider Beine, die auch morgens u nverändert vorhanden i st. G leichzeitig füh lt sich die Patientin seit einigen Monaten zunehmend schlapp. Der Ha usarzt stellt eine Anämie fest Sono grafisch besteht der Verdacht auf einen Tumor der Niere. I SI a) Befund einer erneuten Sonografie: echoinhomogene Raumforderung der linken Niere mit leicht exophytischem Wachstum (.....). Die N ierenvene lässt sich nicht sicher beurteilen (SK Schallkopf). 1 b&c) MRT in axialer Schichtebene in T2-Wichtung 4: b) Der Tumor zeigt sich am unteren Pol der linken Niere (-). c) Die N ierenvene ist ebenso wie die Vena cava deutlich verdickt und durch weichteildichtes Gewebe völ lig ausgefüllt (-). Es besteht somit insgesamt d er d ringende Verdacht auf ein Nierenzel l karzinom mit Einwachsen des Tumors in d ie N ierenvene und V. cava inferior im Sinne eines sog. Tumor· thrombus - eine Indikation zur operativen Freilegung.
14
Sie e rinnern sich? T2-w steht in diesem Fall für KM-freie Serie I
207
Jen Situationen kom m t die Iaparoskopische (z.B. bei intra rnmalen Myomen mit explizitem Kinderwunsch) oder die hysteroskopische Entfernung (z.B. bei intrakavitären gestielten Myomen) in Frage. Eine Embolisation durch den Radiologen wird bei intramuralen Myomen und Wunsch nach Organerhalt durchgeführt, falls ein interdisziplinärer (Gynäkologe/Radio loge) Konsens besteht. Die Diagnostik erfolgt - nach manueller Untersuchung und Sonografie - typischerweise mit der MRT ( > Abb. 5.205): Die Post-KM-Sequenzen zeigen eine typische homogene Kon trastmittelaufnahme der Myome. Eine rasche Wachstumsten denz könnte ein Problem signalisieren, insbesondere bei mul tiplen Myomen. So spielt der Malignitätsausschluss eine wich tige Rolle. Dies ist ein weiterer Grund sowohl für die initiale MRT als auch für Verlaufskontrollen. Sie ist auch zur Thera pieplanung essenziell, da mit ihr eine eindeutige Klassifikation von Myomen vorgenommen und dann eine gegebenenfalls mögliche organerhaltende TI1erapie (Embolisation oder m ini malinvasive operative Verfah ren ) vorgeschlagen werden kann. Die Verlau fskontrollen werden ebenfalls mit der M RT durch geführt. M E R KE
Uterusmyom
Die radiologische Diagnostik der Myome erfolgt mit der M RT. Eine Embolisation durch den Radiologen wird bei intramuralen Myomen u nd Wunsch nach O rganerhalt d urchgeführt. • Interdisziplinärer (Gynäkologe/Radiologe) Konsens ist - wie bei a llen interventioneilen Eingriffen - erforderlich. • Eine rasche Wachstumstendenz könnte ein Malignom signalisieren (selten). Dennoch: immer Malignitätsa usschluss mittels MRT. •
•
•
I
208
5 Röntgendiagnostik
Abb. 5.205 Uterusmyom im MRT unter Uterusarterienembolisation (UAE). 50-jährige Patientin mit Hypermenorrhö, Anämie, Dysurie und Dys pareunie. [7 ] a) Native sagittale TrSequenz z u r Art- u n d Größenbestimmung des Tumors. S ubmuköses Myom mit Auftreibung des Cavum uteri d urch seine Größe (......) . HB Harnblase. b) Post-KM-T 1 -w, sagittale Serie 10 Tage nach UAE : Während der Uterus (.,..) k räftig KM aufnimmt, besteht keine Durchblutung des Myoms mehr (+--+ ) . c) Post-KM-T 1 -w, sagittale Serie 1 Jahr nach UAE: S c h ru m pf u ng des i nter ventioneil therapierten Myoms und völliges Verschwinden al ler Symptome.
KAP ITE L
6
W. Weber
N u klearmedi zin
6 . 1 P r i n z i p i e n d e r N u k l ea r m ed i z i n
6.1 .1 Was ist N u k l ea rmed i z i n ? Die Nuklearmedizin diagnostiziert und behandelt Erkrankun gen mit H ilfe radioaktiver Substanzen, die an spezifische mole kulare Zielstrukturen wie Rezeptoren, Antigene, Transport proteine und Enzyme binden. Während die nuklearmedizini sche Bildgebung ein wesentliches Bindeglied zwischen dem modernen, molekularen Krankl1eitsverständnis einerseits und m aßgeschneiderten molekularen Therapien andererseits dar stellt, erweitert die n uklearmedizinische Therapie das Arse nal der molekularen Therapieformen.
dort mittels moderner Messtechnik extrem empfindlich nach gewiesen werden kann. Das Messprinzip der nuklearmedizini schen Bildgebung ist also gewissermaßen "umgekehrt" wie in der Röntgendiagnostik ( >- Abb. 6. 1 ) . M f RKE ln de r Röntgendiagnostik wird die Schwächung der in der Rönt genröhre erze ugt en Stra hlung durch den Patientenkörper in einem Detektor gemessen. l n der nuklearmedizinischen Diagnostik da gegen wird nach Injektion einer radioaktiven Substanz die im Körper des Patienten auftretende G ammastra hlung von außen detektiert und für die Bildgebung genutzt.
6.1 .3 N u k l ea rm ed iz i n i sc h e T h e ra p i e 6.1 .2 N u k l ea rmed i z i n ische B i l d g e b u n g Die i n der nuklearmedizinischen Bildgebung eingesetzten ra dioaktiven Moleküle setzen im Körper elektromagnetische Strahlung (Gammastrahlung) frei, die nach außen dringt und Röntgen röhre - - - - - - - - -
Röntgenstrahlung
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a
Die nuklearmedizinische Therapie nutzt radioaktiv markierte Moleküle ( >- Kap. 6.2), die sich in krankhaften Geweben spe zifisch anreichern und diese selektiv bestrahlen. Im Unter schied zur molekularen Bildgebung handelt es sich um Teil chenstrahler (Alpha- und Betastrahler), die im Gewebe nur eine sehr geringe Reichweite besitzen und lokal eine hohe Strahlenwirkung entfalten, während das umgebende normale Gewebe nur minimal belastet wird. Für die Therapie werden Patienten mit Hilfe der molekularen Bildgebung ausgewählt ( >- Kap. 6.5): Diese sagt aus, ob die An reicherung eines Radiopharmakons in dem betreffenden Gewebe für eine Therapie ausreicht, und erlaubt die im erkrankten Gewe be zu erzielende Dosis im Voraus zu bestimmen. So wird eine optimale Therapie für den individuellen Patienten gewährleistet. MERKE
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l n der nuklearmedizinischen Diagnostik wird Ga m ma stra h l u n g verwendet, um Moleküle u nd Prozesse im Körper des Patienten mit sehr hoher E m pfi n dl i chkeit nachzuweisen. ln der nuklearmedizini schen Therapie werden Alpha- und Betastrahlung mit einer Reich weite im Millimeterbereich eingesetzt, um erk ra n kte Gewebe selektiv zu bestrahlen.
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Abb. 6.1 Vergleich der radiologischen und n uklearmedizinischen
Bildgebung. ln der Röntgendiagnostik wird eine Röhre ein- und ausge schaltet und die Schwächung der so kurzfristig ausgesandten Strahlung im Körper zum Bi ldaufbau verwendet (a). ln der Nu klearmedizin werden radio aktive Substanzen injiziert und die vom Patienten ausgehende G amma strahlung registriert (b). [ 2 3 ]
6.1 .4 Wa r u m B i l d g e b u n g m it rad i oa ktiven · Stoffen ? Der entscheidende Vorteil der nukleannedizinischen Bildge b u ng gegenüber anderen bildgebenden Verfahren ist ihre au -
210
I
6 N uklearmedizin
ßerordentl iche Empfindlichkeit. Die G rößenordnung zeigt fol gendes Beispiel: Für eine Com putertomografie (CT) werden zur Kontrastierung der G efaße etwa 0,3 mol Iod pro Patient ap plizi ert, bei einer kontrastverstärkten Magnetresonanztomo grafie (MRT) typischerweise etwa 0,07 mol Gadolinium. Für eine nuklearmedizinische Untersuchung mit dem Nuklid Flu or- 1 8 reichen dagegen 0,000000000003 mol (3 x 1 0·12 mol oder 3 pmol) Fluor- 1 8 aus. Diese hohe Empfindlic h keit ist V oraus setzu ng für die so genannte "molekulare Bildgebung", d.h. die Darstellung der Expres si on und Funktion von Biomolekülen im lebenden O rgan i s m us , denn klinisch relevan te Rezeptoren, Enzyme u nd T ran s po rter liege n im Körper typischerweise nur in na nomolaren Konzentrationen vor. Bei Rezeptoren , die i n ho her D ichte exprimiert werden, finden sich typisc herweise et wa 1 00.000 Rezeptoren p ro Zelle. Bei einer Zelldichte von etwa 1 0 1 2 Zellen pro Liter Gewebe entspricht dies 1 0 1 7 Rezep toren pro Liter oder e i ner Rezeptorko nzent ration von 0,000000 1 66 mol ( 1 66 n mol). I n dies em niedrigen K on z ent ra t io n s be r eich m uss ein M e ssver fa hre n z um Rezeptorn ach weis me s se n k ö nnen . Die ge r i ngen für die nuklea r med i zinisch e Unter s uchung eingese t zt en S t o ffm engen haben keine ph a r mak ol ogischen Ne b enwi rku n ge n u nd e rmö gli c hen es, biologische Prozesse im Körper zu verfol gen, ohne sie zu beeinflussen . Dieses Grund prinzip der n uklearmedizinischen Bildgebung wird nach dem engl ischen Ausdruck "to trace" ( nachspüren) auch Tracer prinzip genannt . E nt sp rechend nennt man die in der Nuklear medizin eingesetzten Medikamente nicht nur Radiopharma ka, sondern häufig auch Tracer. Das Tracerprinzip geht auf George de Hevesy zurück, der dafür 1 943 mit dem N o belpreis für Chemie ausge zeichnet wurde.
6. 1 .5 N u k l ea r m ed i z i n isc h e B i l dg e b u n g i m Verg l e i c h m it a n deren m o l e k u l a r b i o l o g ische n Verfa h re n
6.1 .6 D i e B esta n d te i l e e i n e r n u k l e a r m e d izi n isc h e n U nt e rs u c h u n g Jede nuklearmedizinische U ntersuch ung hat zwei Komponen ten: erstens das Radiopharmakon, das dem Patienten appli zi ert wird ( >- Kap. 6.2), und zweitens das Messgerät, mit dem die vom Radiopharmakon ausgesandte Ga m mast rahlung re gis triert und ein Bil d der Verteil ung des Rad iopharmako n s i m Körper rekonstruiert wird ( > Kap. 6.3). Praktisch alle klinisch eingesetzten Messgeräte beruhen auf der sog. Szintigrafie ( > Ka p . 6.3.2). Bei diesem Verfah ren wird die Gamm as trahlung in Krista llen in kurze Lichtim pulse (scintilla, lateinisch für " Funken" ) umgewandelt, die dann elektronisc h verstärkt und n ach gewiese n werden. I m einfachsten Fall erzeugt die S zin tig rafie planare Pr ojektio nen der A kt iv itätsverteilun g im Körper (Szintigramme). Diese entsprechen pl a n aren R öntgenbildern (z.B. "Röntgen Thorax" ), nur m it dem U nterschied, dass Strahlu ng im Kör per des Patienten entstanden ist und n icht in einer R öntgen röh re ( > Abb. 6. 1 ) . M it Hilfe der Single Photon Emission Computed Tomo graphy (SPECT) und der Positronenemissionstomografie (PET, > K ap . 6.3.5) können d reidimensional e S chnittb il der der A ktiv itätsverteilung im Körper erzeugt werden ( > Abb. 6.2). Da aber die nuklearmedizinischeil B ilder nur d ie V erteilung des Radiopharmakons zeigen, enthalten sie kaum anatomische Informationen. Alle Gewebe und Organe, die das Radiopharmako n nicht aufgenommen haben, kommen nicht zur Darstellung. Deshalb kombiniert man die nuklear medizinischen Verfahren im mer häufiger mit einer Computer t o mografi e. Die ent sprechen d en sog. Hybridgeräte (PET/CT und SPECT/CT) e rl a ube n es, die molekularen und funkti onel len Informationen der PET bzw. SPECT exakt anatomisch zu zuordnen ( > Abb. 6.2). M E R K E
Eine nuklearmedizinische U ntersuchung hat zwei Komponenten: das Radiopharmakon, das dem Patienten appl iziert wird und die Expression eines Biomoleküls oder eine Gewebefunktion dar ste l l t • das Messgerät, mit dem die Verteilung des Radiopharmakons nachgewiesen wird •
Viele andere molekul arbiologische Verfahren (z.B. Immun h i s t ochemie, Massenspektroskopie) weisen Biomoleküle mit
derselben oder auch höherer Emp fi ndl i chke i t nach als nukle armedizinische Techniken. Sie b enötigen ab e r entweder ei ne G ewebeprobe (z.B. aus ein er Bi opsie) oder können Biomole küle zwar nichtinvasiv im Serum messen, jedoch nicht räum lich zuordnen. I m G egensatz dazu können durch nuklearme dizinische Techniken molekulare Veränderungen im Patien ten nichtinvasiv lokalisiert, im Verl a u f beobachtet und ihre funktionellen Konsequenzen für den Organis mus bestimmt werden . So kann mit H ilfe der Nuklearmedizin eine Erkt·an kung oft bereits vor dem A uftreten von Symptomen oder strukturellen Veränderungen diag nos t iziert , ihr Schweregrad bestimmt u n d der Effekt von 1l1erapien frühze i tig erkannt werden.
6.1 .7 D e r p r i n z i p i e l l e A b l a uf von n u k l e a r m e d i z i n isc h e n U nte rs uc h u n g e n Die nuklearmedizinische Unters uchun g beginnt mit der meist intravenösen - A pplikation des Radiopharmakons. Die ses verteilt sich dann über den Blu tk reis l au f im Körper. In G e weben mit der s pezifisc hen Zielstruktur des Radiopha rma ko ns kommt es zu einer Reaktion von Radiopharmakon und Ziel struktur; dies kann eine Rezeptorbi ndung, a ber auch ein Transportprozess oder eine en zym ati sche Reaktion sein. Diese Interaktion führt dazu, d ass das Radiopha rmakon loka l gebun-
6. 1 Prinzipien der N u k l earmedizin
21 1
CT sagitt a l
Sag i tta l e s Schnittbild (SPECT)
Planares Szintigramm
SPECT/CT B ildfusion
Abb. 6.2 Beispiele unterschiedlicher nuklearmedizinischer Aufnahmetechniken. Verteilung eines Radiopharmakons, das sich an neu gebildete
Knochenmatrix anlagert. Die Ganzkörperaufnahme (links) zeigt vier Stunden nach I njektion eine intensive Tracerspeicherung im linken Fußwurzelskelett Eine sagittale Schichtaufnahme (SPECT, Mitte) ermöglicht eine ungefä hre Zuordnung zu den Fußwurzelknochen. ln der SPECT!CT-Bildgebung (rechts) lässt sich der Hauptbefund exakt einer Arthritis im Talonavikulargelenk zuordnen. 123] 148]
den bleibt, während es aus den anderen Geweben wieder aus gewaschen wird . Über diesen Mechanismus können die Gewe be, die die Zielstruktur exprimieren, in der Szintigrafie sichtbar gemacht werden. I n vielen Fällen erfolgen die Szintigrafischen Aufnahmen deshalb wenige M inuten bis mehrere Stunden nach I njekti on des Radiopharmakons. Die Dauer der Wartezeit ist ab hängig von dem eingesetzten Radiopharmakon und der in teressierenden Zielstruktur bzw. dem biologischen Prozess. So können Aufnah men zur Untersuchung der Gewebeperfu sion unmittelbar nach I njektion des Radiopharmakons durchgeführt werden, während für die Darstellung von Re zeptoren oder Enzymen meistens längere Wartezeiten erfor derlich sind. In einigen Fällen werden Szintigramme unmittelbar nach der Injektion angefertigt und in den nächsten 30-60 Minuten wiederholt. So kann der zeitliche Verlauf der Anreicherung des Radiopharmakons sichtbar gemacht und quantifiziert werden. Ein typisches Beispiel für eine solche Sequenzszintigrafie ist die Nierenfunktionsszintigrafie, bei der die Perfusion, die Aus scheidungsfunktion und der postrenale Abfluss der Nieren nacheinander beurteilt werden ( > Kap. 6.4.7).
6.1 .8 Da rste l l u n g n u k l e a rm e d i z i n i sc h e r
B ilder Alle bildgebenden nuklearmedizinischen Verfahren ( > Kap. 6.3) zählen die während der Untersuchungszeit ausgesandten Photo nen, die den Detektor erreichen. Die Zahl der pro Zeiteinheit nachgewiesenen Photonen (die sog. Impuls- oder Zählrate) ist proportional zur regionalen Konzentration des Radiopharma kons im Körper des Patienten. Primär sind nuklearmedizinische "Bilder" also sehr lange Folgen von Zahlen, die die regionalen Im pulsraten wiedergeben. Diese Raten können in verschiedenen Farbskalen dargestellt werden, in denen jedem Bildpunkt ent sprechend der dort gemessenen Zählrate eine Graustufe oder Far be zugeordnet wird. Am häufigsten wird eine Schwarz-Weiß-Skala verwendet. Dabei entspricht Schwarz der höchsten und Weiß der niedrigs ten Zählrate. Für manche U ntersuchungen sind aber Unter schiede in den Zählraten in der Schwarz-Weiß-Skala nur sein-ver sichtbar (z.B. regionale Un terschiede der M yokardper fusion, > Kap. 6.4. 1 ). In diesen Fällen kann eine Farbskala verwendet werden, die die Unterschiede besser sichtbar macht. Farbskalen werden auch für die multimodale PET/CT- und SPECT/CT-Bildgebung eingesetzt. In diesem Fall wird die In-
212
6 N uklearmedizin
formation der PET bzw. SPECT in Farbstufen dargestellt und der i n Graustufen dargestellten CT-Information in sog. Fusi onsbildern überlagert ( >- Abb. 6.3).
6.2 Ra d i o p h a r m a ka M. B e h e und W. Weber
6.2.1 Besonde rheite n von Rad i o p h a rm a ka
I
Gegenüber anderen Pharmazeutika weisen Radiopharmaka zwei Besonderheiten auf: • Zum einen haben Radiopharmaka praktisch keine Neben wirkungen, da sie nur minimale Stoffmengen enthalten ( >- Kap. 6. 1 .4). • Zum anderen bedingt der radioaktive Zerfall, dass Radiopharmaka sich nur beschränkt lagern lassen. Radiopharmaka müssen somit häufig unmittelbar vor der An wendung am Patienten hergestellt werden. Dazu wird an eine Vorstufe des Radiopharmakons ("Precursor") das radioaktive Isotop gebunden. Dieser Vorgang wird auch als radioaktive Markierung bezeichnet. Die Markierung muss auf Grund des radioaktiven Zerfalls rasch erfolgen, sodass effiziente Reaktio nen erforderlich sind, die trotz der minimalen Stoft:inenge eine ausreichende Ausbeute des Radiopharmakons erzielen. Ein wichtiger Aspekt bei Radiopharmaka ist die spezifische Aktivität, d.h. die Aktivität pro biologisch aktivem Molekül (Bq/mol). Bei der radiochemischen Synthese kann es passie ren, dass nicht radioaktive, aber biologisch wirksame Neben produkte entstehen. Falls das Verhältnis zu stark auf der Seite dieser Nebenprodukte liegt, kann die spezifische Aufnahme im Zielorgan abnehmen, da die Zielproteine durch die nicht mar kierten Substanzen blockiert werden. Dies gilt es durch eine ausreichend hohe spezifische Aktivität zu verhindern.
6.2.2 Kitm a r k i e r u n g e n von Rad i o ph a rma ka Die Mehrzahl der in der Klinik eingesetzten Radiopharmaka sind mit dem Gammastrahler Technetium-99m (99111TC) markiert. 99mTc hat eine Halbwertszeit von 6 Stunden und steht aus dem Technetiumgenerator (99Mo/99111Tc-Generator, >- Kap. 2.2.3) je derzeit für die klinische Anwendung zur Verfügung. Praktisch jede nuklearmedizinische Abteilung in Deutschland besitzt ei nen oder mehrere Technetiumgeneratoren. Die Funktionsweise des Generators ist in >- Kap. 2.2.3 und >- Abb. 2.5 beschrieben. 99111Tc wird als 99111Tc-Pertechnetat aus dem Generator eluiert und dann als Solches für die Schilddrüsendiagnostik eingesetzt oder aber zu anderen Tracern weiterverarbeitet, indem das Metall 99111Tc über einen Chelator an eine andere Verbindung gekoppelt wird. H ierfür stehen verschiedene MarkierungslOts zur Verfügung. ln einem Kit sind alle für die Reaktion benötig ten Substanzen gefriergetrocknet bereitgestellt. Es sind in der Regel "kalte" (nicht markierte) Vorläufer des Radiopharma kons, ein ReduktionsmitteL um Tc(VII) aus Pertechnetat zu
Tab. 6. 1 Klinisch eingesetzte Radiopharmaka aus Markie rungskits. Radiopharmakon
ZielstrukturI
99mTc-Pertech netat
Natrium/IodidSymporter
99mTc-Hydroxymethylendiphosphonat (HMDP) 99111Tc-Sestamibi, 99mTc-Tetrofosmin 99mTc-Merca ptoacetyltriglyzin (MAG3) 99mTc-Hexametylpropylenaminoxim (HM PAO) 99mTc-Makroaggregi ertes Albumin (MAA) 68Ga-DOTA-TyrosinOctreotid (DOTA-TOC) 68Ga-DOTA-TyrosinOctreotat (DOTA-TATE)
Prozess
Klinische Anwendung
Hydroxylapatit
Skelettdiagnostik
M itochondrienmembran
Myokarddurchblutung
Schilddrüsendiagnostik
Renal Organic An- N ierenfunktionsion Transporter 1 diagnostik zerebrale Perfusion Blutfluss pulmonale Kapi lla- Lungenemboliediagnostik ren Somatostatinrezeptoren
Diagnostik von neuroendokrinen Tumoren
dem notwendigen Tc(V) zu reduzieren, und Stabilisierungs substanzen. Aus dem vom Generator eluierten 99111Tc-Pertechnetat wird die notwendige Aktivität (Menge) im vorgegebenen Volumen zum Kit gegeben. Nach einer gewissen Zeit oder unter Erhit zung bildet sich das Radiopharmakon durch Bindung des 99111Tc am Chelator. Diese Reaktion ist so effektiv, dass keine Aufreinigung vor der Anwendung im Patienten erforderlich ist. Der Erfolg der Markierung wird mit einfachen chemischen Techniken wie der Dünnschichtchromatografie überprüft. 1 >- Tab. 6. 1 zeigt Beispiele für mit 99 1 1Tc markierte Radiophar maka. Auf die spezifischen Anwendungen wird in den folgen den Abschnitten eingegangen. Ein zweites Generatorsystem, das zunehmend klinisch ange wandt wird, ist der Germanium/Gallium-Generator. ln diesem Generator entsteht durch den Zerfall von Germanium-68 (68Ge, H albwertszeit 27 1 Tage) der Positronenstrahler Galli um-68 (68Ga, Halbwertszeit 68 Minuten). 68Ga wird klinisch für die Markierung von Peptiden, die an den Somatostatin rezeptor (SSTR) binden, eingesetzt. Diese Peptide dienen dann zur Diagnostik von neuroendokrinen Tumoren ( >- Kap. 6.4.3). Am Beispiel der SSTR-Liganden lässt sich gut das Prinzip der Entwicklung von Radiopharmaka erläutern. Es soll deshalb etwas näher darauf eingegangen werden ( >- Abb. 6.3) : Aus gangspunkt war das natürliche Peptid Somatostatin- 1 4. Dieses Peptid bindet mit sehr hoher Affinität und Spezifität an den So matostatinrezeptor. Für die Bildgebung ist Somatostatin- 1 4 selbst aber nicht geeignet, da es i m Plasma sehr rasch abgebaut wird und deshalb den Tumor gar nicht erreichen würde. Für die Bindung an den Rezeptor sind 4 der 14 Aminosäuren von Somatostatin entscheidend. Ein auf 8 Aminosäuren reduzier tes Peptid (Octreotid), das diese 4 Aminosäuren enthält, ist metabolisch stabil und behält die Fähigkeit an Somatostatin reze pt o r en zu binden . Das resultierende Octreotid kann nun
6.2 Radi opha rmaka Ala - Gly - Cys - Lys - Asn - Phe - P he - Trp
I
I
Cys - Ser - Thr - Phe - Thr - Lys
Tab. 6.2 Radiopharmaka, für deren Herstellung ein Zyklo tron benötigt wird.
Radiopharmakon
Zielstruktur/ Prozess
1 8F-Fiuordeoxygl ucose Glu kose(FDG) metabolismus
Somatostati n - 1 4
D-Phe - Cys - Phe - D-Trp
I
I
Thr(ol) - Cys -- Thr - Lys
HOh n �OH 0
0
18F-Fi uorethyltyrosin
N NJ 0 CN N 0
(FET)
\__j "---(_ D-Phe - Cys - Tyr - D-Trp HO)---/Chelator I I (DOTA) Thr(oi) - Cys -- Th r - Lys
DOTA-TOC (Tyrosin-Octreotid)
Abb.
18F-Fiuorid 18F-Fiuorethylcholin
(FECH)
Octreotid
6.3 Vom Somatostatin zum Radiopharmakon
DOTA-TOC. I45]
über einen Chelator ( tetraazacyclododecane tetraacetic acid, DOTA) , der an das N -terminale Ende des Peptids gekoppelt wird, mit einem Radiometall markiert werden. Zusätzlich wird die Pharmakakinetik durch den Austausch der Aminosäure Phenylalanin gegen Tyrosin verbessert: Das resultierende Ty rosin-Octreotid (TOC) ist weniger lipophil als Octreotid und wird deshalb weniger von der Leber aufgenommen. Verschiedene weitere mit 68Ga markierte Peptide, die an an dere Rezeptoren im Tumorgewebe binden, sind in der klini schen Testung. Dazu gehören z.B. Liganden von Integrinen, des Bombesinrezeptors und des Glucagon-like Peptide (GLP) Rezeptors.
M ERKE Radiopharmaka für die Kitmarkierung bestehen aus drei Komponen ten: • einem Molekül, das mit der Zie lstruktur interagiert einem Chelator für die Bindung des Radiometalls dem Radiometall (Tech netium oder Gallium) •
•
6.2.3 H e rste l l u ng von Rad i o p h a rm a ka i m Zy k l otron Eine zweite Gruppe von Radiopharmaka enthält Isotope, die in einem Zyklotron herge teilt werden ( > Kap. 2.2.3). Dazu gehö ren insbesondere die Positronenstrahler Kohlenstoff- l i , Stick stolf- 13, Sauerstotf- I S und Fluor- 1 8. Diese Isotope müssen durch kovalente Bindung an Radiopharmaka gebunden werden. Die entsprechenden Markierungen sind in der Regel deutlich aufwendiger als die Kitmarkierungen mit Radiometallen. Für ei ne Reihe von Verbindungen stehen dafür automatisierte Synthe semodule zur Verfügung, die es erlauben, solche Markierungen in nuklearmedizinischeil Abteilungen durchzuführen. Verbin-
213
123 1-lodid 123 1-Fiuorpropylcarbo
methoxyiodphenyltropan (FPCIT)
Hyd roxy l a pat i t Cholinm e ta b ol i s m u s
Am inosä ure-
Iransport Iodstoffwechsel Dopamint ra n spo rte r
1 23 1-Metaiodbenzyl-
Noradrenalin-
g uanidin (MIBG)
transporter
Kl inische Anwendung
kardiologische, ne u rologisehe und onkologisehe Diagnostik Skelettdiagnostik onkologische Diag n osti k onkologische Diagnostik Schi I ddrüsendiagnosti k neurologische Diagnost ik kardiologische Diagnostik und Neben nierendiagnostik
dungen, die mit Fluor- 18 markiert sind (Halbwertszeit 1 1 0 Mi nuten), können über kurze Distanzen auch an Kliniken ohne ein Zyklotron geliefert und dort eingesetzt werden. Die Positronen strahler 1 1C, 1 3N und 1 50, (Halbwertszeit s 20 Minuten) erfordern aber ein Zyklotron mit Radiopharmazie vor Ort. Sie sind auf Grund ihres raschen radioaktiven Zerfalls nicht lieferbar. Trotz der aufwendigeren Markierung besteht großes Interesse an mit 1 1 C und 1 8F markierten Radiotracern. Mit l l ( (Halbwerts zeit 20 min) ist es möglich, auch kleine Biomoleküle radioaktiv zu markieren, ohne ihre chemischen Eigenschaften zu verändern. Mit 1 8F ( Halbwertszeit 1 10 M inuten) können Hydroxylgruppen ersetzt werden, was häufig nur zu geringen Veränderungen der biologischen Eigenschaften des Moleküls führt. Im Gegensatz da zu verändern die relativ großen Chelatoren bei Molekülen mit niedrigem Molekulargewicht die Bioverteilung und Bindung an die Zielstruktur in der Regel deutlich. I nsbesondere werden sol che Verbindungen häufig nicht mehr passiv über die Zellmemb ran - so auch nicht durch die Blut-Hirn-Schranke - transpor tiert. 1 1 C- und 1 8F-markierte Verbindungen sind deshalb von be sonderem Interesse für die Untersuchung von intrazellulären Rezeptoren und Prozessen im zentralen Nervensystem (ZNS). Ein im Zyklotron produzierter Gammastrahler ist Iod- 1 23 C23I). Mit einer Halbwertszeit von 1 3,3 Stunden wird es von Firmen zentral hergestellt und an nuklearmedizinische Abtei lungen geliefert. 1 2 3 1 kann als Iodid für die Schilddrüsendiag nostik eingesetzt werden. Daneben sind verschiedene mit 123I markierte Radiopharmaka i m klinischen Einsatz ( > Tab. 6.2)
6.2.4 A n reicheru ng von Ra d i o p h a r m a ka
i n G eweben
Voraussetzung für die nuklearmedizinische Bildgebung ist die Anreicherung von Radiopharmaka in Geweben, die eine be stimmte Zielstruktur exprimieren oder eine bestimmte physio-
I
I
214
6 N u klearmedizin
logische bzw. biochemische Funktion besitzen. Durch die An reicherung ist die Aktivitätskonzentration in dem interessie renden Gewebe höher als in der U mgebung. Dadurch kann das Gewebe bildlich dargestellt werden. Aus der H öh e der Anrei che rung kann man auf das Ausmaß der Expression der Ziel stru.ktur (z.B. die Rezeptordichte) bzw. auf die Geschwindig keit der dargestellten Prozesse schließen, z.B. auf Gewebeper fusion oder metabolische Prozesse. In diesem Abschnitt wer den verschiedene physiologische und bi ochemisch e Mechanismen für die Anreicherung von Radiopharmaka er läutert. Die klinische Anwendung der Radiopharmaka ist in > Kap. 6.4 und > Kap. 6.5 dargestellt. Der vielleicht einfachste Mechanismus für die Anreiche rung von Radiopharmaka ist eine gesteigerte Gewebeperfu sion. Diese kann direkt nachgewiesen werden d urch radioak tive Mikrosphären, d.h. durch radioaktiv markierte Partikel, deren D u rchmesser größer als der Kapillardurchmesser ist und die deshalb als winzige Embolien in den Kapillaren "ste cken bleiben". Die Zahl der im Gewebe aufgenommenen Par tikel ist direkt proportional zur regionalen Perfusion. Nach intravenöser Injekti o n von mit 99mTc m a rkierten Albumin partikeln kann mit diesem Verfahren die Perfusion der Lunge gemessen werden ( > Tab. 6. 1 , > Kap. 6.4.2). Die Partikel bleiben dabei im er st e n kapill äre n Stromgebiet, den pulmona len Kapillaren, liegen. Mit der nuklearmedizinischen Mess technik wird aber nur ein versch windend kleiner Teil de r p u l monalen Kapillaren embolisiert. Das Verfahren kann also ge fahrlos eingesetzt werden. Nach intraarterieller Gabe von Mi krosphären kann die Perfusion auch von anderen Organen gemessen werden. Nach einem ähnliche n Prinzip kann die regionale Perfusi on auch nichtinvasiv gemessen werden. Dazu benutzt man sog. chemische Mikrosphären. D ies sind Verbin d unge n , die so effektiv von den Zellen im zu un te rs u chen den Gewebe aufgenommen werden, dass aus ihrer Aufnahme auf den re gionalen Blutfluss geschlossen werden kann . Diese Verbin dungen werden nicht in den pulmonalen Kapillaren gebun den. So kann man m it ihnen die Gewebeperfusion nach int ravenöser Injektio n bestimmen. Zu den chemischen Mikro sphären gehört Thallium-201 e0 1TI). D iese Substanz wird über die Natrium/Kalium-ATPase von H erz- und Skelett muskelzellen so rasch aufgenommen ( > Abb. 6.4), dass ih re Vertei lung außer bei sehr hohen Flussraten der regionalen Perfusion entsp r ic h t . I n den letzten Jahren w urde Thallium-20 1 für die Bestim mung der Myokarddurchblutung bei koronarer Herzerkran kung durch 99mTc-MIBI (Methoxyisobutylisonitril). und 99mTc-Tetrofosmin ersetzt. Diese positiv geladenen lipophilen Verbindungen werden durch pa ssive Diffusion entsprechend der Perfusion aufgenommen und binden intrazellulär an die negativ geladene Mitochondrienmembran ( > Abb. 6.4). We gen der wesentlich kürzeren Halbwertszeit von 99mTc (6 S tun 0 den) im Ver glei ch zu 2 1 Tl (73 Stunden) ist die Strahlenexposi tion durch 99111Tc-MIBI und 99111Tc-Tetrofosm in deutlich geringer.
Natrium
Natri u m
Thallium
Thallium
ADP
+
P
MI BI
M I BI
,161 MIBI MIBI 'MIBI
Abb. 6 . 4 Anreicherungsmechanismus d e r .,chemischen Mikro sphären" Thallium und M I B I . [23]
�
'Y � �
Na+
!-
------
N ,•
No•
Tco.-
TcO;
Extrazellulär
\\
�
S c h i l d d rüsenhormone
Intrazell ular
Abb. 6.5 Anreicherungsmechanismus von Iod id und Pertechnetat im Schilddrüsengewebe. [23]
Bei weniger raschem Transport ist nicht d i e Perfusion der limi tierende Schritt für die Speicherung, sondern der Transport prozess. Auf diese Weise kann die Aktivität eines Transport systems sichtbar gemacht werden. Das klassische Beispiel dafür ist der Natrium/Iodid-Symporter, der spezifisch von Schilddrüsenzellen exprimiert wird. Die Anreicherung von Io did oder Pertechnetat (99111Tc04- ) in Schilddrüsengewebe ist proportional zur Expression und Funktion dieses Transport proteins ( > Abb. 6,5 ). Andere Transportproteine, die mit kl inisch-nuklearmedizi nischen Methoden dargestellt werden können, sind der Nor adrenalintransporter ( > Kap. 6.4.4) und der Dopamin transporter ( > Kap. 6.4.3).
6.3 Gerätekunde
Glukose
G/ukose-6-Phosphotase
Ribose-5P
G l u kose
:
-... G l u kose-6P :
Hexakinase
215
"..,
·-.... Pyruvat
G/ukose-6-Phosphotase
� Extrazellulär \ Intrazellular FDG
F DG
-.
FDP-6P
Hexokinase
--+---.
Abb. 6.6 Anreicherungsmechanismus und Normalverteilung von Fluordeoxyglucose (FOG) im Nüchternzustand. Blauer Pfeil: Kor-
tex, grüner Pfeil: Speicheldrüsen und Sprech-/ Sch luckmuskulatur, gelbe Pfei le: Nieren, roter Pfeil: Blase. [23] [48]
Neben Transportern sind Rezeptoren wichtige Zielstruk turen für Radiopharmaka. H ier zeigt eine Anreicherung i m Gewebe d i e Bindung des Radiopharmakons a n d e n Rezeptor an. Neben den oben erwähnten Somatostatinrezeptor-Ligan den für die onkologische Diagnostik werden Rezeptorligan den vor allem in der neurologischen D iagnostik eingesetzt ( >- Kap. 6.4.3 ). Ein weiterer Mechanismus für die Speicherung von Radio pharmaka im Gewebe sind enzymatische Reaktionen, durch die das Radiopharmakon so verändert wird, dass es die Zelle nicht mehr oder nur noch sehr langsam verlassen kann. Das Radiopharmakon ist also in der Zelle "gefangen". Der Mecha n ismus wird deshalb auch als metabol i c trapping" bezeich net. Das klassische Beispiel ist die Darstellung des Glukose stoffwechsels von Geweben mit Hilfe von 1 8 F-Fluordeoxygluco se (FOG, >- Abb. 6.6). FDG wird mit ähnlicher Affinität wie G lukose durch spezifi sche natriumunabhängige Glukosetransporter (vor allem GLUT - I , -3 und -4) über die Zellmembran transportiert und intrazellulär durch die Hexakinase phosphoryliert. Auf Grund der Fluorierung kann FDG-6-Phosphat nicht wie Glukose-6Phosphat weiter metabolisiert werden und die Zellmembran nicht mehr penetrieren. Bei den meisten Geweben (außer der Leber) ist zudem die Aktivität der Glukose-6-Phosphatase nur gering ausgeprägt. Das bedeutet, dass es im Verlauf der klini schen Untersuchung von etwa 2 Stunden zu einer kontinuierli chen Akkumulation von FDG in stoffwechselaktiven Geweben kommt. FOG wird nicht von den natriumabhängigen Trans"
I ,
portern in der Niere transportiert und somit - anders als Glu kose - nicht aus dem Primärharn rückresorbiert, sondern über den Urin ausgeschieden ( >- Abb. 6.6) M ERKE Mechanismen für die spezifische Speicherung von R a diopha rm a ka sind Bindung an Rezeptoren, Aufnahme über Transportproteine und Metabolisierung durch Enzyme.
6.3 G e rä te k u n d e M . Mix
6.3.1 Akt i v i m et e r M i t dem Aktivimeter wird i n der Nuklearmedizin die Radioak tivität in Spritzen oder Proben bestimmt. D ie Geräte arbeiten auf dem Prinzip einer Ionisationskammer. Einfallende Strah lung erzeugt in dem im Inneren dieser Kammer enthaltenen "Zählgas" (Argon oder Xenon) freie Ladungsträger, die im elektrischen Feld der Kammer zu einem Stromfluss führen. Die resultierende Stromstärke dient als Maß für die Strahlung und ermöglicht die Bestimmung der Probenaktivität in Becquerel ( Bq). Im Rahmen der Qualitätssicherung müssen Ansprech vermögen und Linearität des Aktivimeters über den sehr gro ßen Messbereich der Ionisationskammer (kBq bis GBq) regel mäßig überprüft werden.
I
216
l
6 N uklearmed izin
6.3.2 D etektore n Die Bildgebung in der Nuklearmedizin basiert auf der Detekti on von hochenergetischer elektromagnetischer (Gamma-) Strahlung, die bei radioaktiven Zerfallen emittiert wird. Hierfür werden fast ausschließlich Szintillationsdetektoren eingesetzt. In ihnen wird die Energie der Gammaquanten in einem Kristall absorbiert und in Form von Lichtemissionen ( Szintillationen), die je nach Kristallmaterial im sichtbaren oder im UV-Spekt rum liegen, wieder abgegeben. M an verwendet anorganische Szintillationskristalle, die eine hohe Absorption und damit ei ne hohe Nachweisempfindlichkeit haben. Um hohe Zählraten detektieren zu können und eine hohe Energieauflösung zu b i e ten, sollten die Kristalle die absorbierte Energie in sehr kurzer Zeit (Abklingzeit) und mit möglichst viel Licht emittieren. Der gängigste Szintillationskristall für Gammastrahler mit Energien bis etwa 3 50 keV ist das mit Thallium dotierte Natri umiodid (Nai(Tl ) ) . Für die Detektion der bei der Positronen emission entstehenden Vernichtungsstrahlung von 5 1 1 keV ( > Kap. 2.2.2, > Kap. 2.2.3) verwendet man Kristalle aus Wismutgermanal (BGO), aus mit Cer dotiertem Gadolinium Oxyorthosilikat ( GSO) oder aus Cer-dotiertem Lutetium bzw. Lutetium-Yttrium-Oxyorthosilikat (LSO bzw. LYSO). Diese Kristallmaterialien haben für die Vernichtungsstrah lung eine deutlich höhere Nachweisempfindlichkeit als Nal und insbesondere LSO und LYSO auch noch eine deutlich kürzere Abklingzeit Zur Signalerzeugung müssen die Lichtemissionen des Szin tillationskristalls mit passenden Lichtsensoren und einer Aus leseelektronik weiterverarbeitet werden. Dazu koppelt man die lichtempfindliche Kathode eines Photomultipliers (PMT) über einen Lichtleiter an den Szintillator. Das auftreffende Licht setzt im Kathodenmaterial Elektronen frei, die i n einem elektri schen Feld über eine Beschleunigungskaskade zur Anode des PMT hin vervielfacht werden. Die Amplitude (Impulshöhe) des an der Anode abgegriffenen PMT -Signals ist proportional zur deponierten Energie im Kristall. Die Ausleseelektronik enthält Signalverstärker, einen daran anschließenden I mpulshöhen analysator, mit dem Signale eliminiert werden, die außerhalb eines einstellbaren Energiebereichs (Energiefenster) liegen, und einen schnellen Analog-zu-Digital-Wandler, der die Sign a le für die rechnergestützte Weiterverarbeitung digitalisiert.
auswertet. Dazu positioniert man hinter dem Szintillationsde tektor eine Vielzahl von Photomultipliern (PMT) und ermittelt aus der Beziehung der Signalstärken der einzelnen PMT den Szintillationsort im Kristall: Der PMT, der dem Szintillations ort des Gammaquants am nächsten liegt, l iefert das höchste Signal, die in der Nachbarschaft gelegenen PMT haben niedri gere Signalamplituden. Dieses Prinzip der ortsaufgelösten Auswertung eines Szintillationsdetektors wurde bereits 1 95 8 von H. 0. Anger entwickelt u n d wird auch heute noch in den sog. Gammakameras eingesetzt. Die Kenntnis des Eintrittsorts der Gammaquanten im Kris tall reicht aber noch nicht aus, um jetzt auch auf den Entste hungsort des Gammaquants im untersuchten Patienten zu rückschließen zu können. Dazu benötigt man vor dem Kristall einen sog. Kollimator, der nur Gammaquanten aus einer defi nierten Flugrichtung auf den Kristall durchlässt, andere aber ausblendet. Im Allgemeinen wird ein Parallellochkollimator verwen det. Es handelt sich hierbei um eine Metallscheibe mit einer sehr großen Anzahl von (bis zu 200.000) senkrechten Bohrun gen. Die Wände zwischen den Bohrungen nennt man Septen. Die Septendicke, d.h., der Abstand zwischen den Bohrungen, und die Septenlänge (Dicke der Bleischeibe) muss der Energie des verwendeten Radionuklids angepasst sein. Je höher die Energie, desto dicker und länger sind die Septen zu wählen. Für eine optimale Bildgebung sollte der Abstand zwischen Pa tient und Kollimator möglichst klein sein, denn mit zuneh mendem Abstand zwischen Kollimator und Objekt werden Objektdetails unschärfer dargestellt. Als Messkopf einer Gammakamera bezeichnet man die Einheit aus Kollimator, Szintillationsdetektor mit Lichtleiter, PMT und Ausleseelektronik. Moderne Gammakameras besit zen i n der Regel zwei Messköpfe und können zwei Aufnah men des Patienten (z.B. von anterior und posterior) gleich zeitig akquirieren, sodass sich die U ntersuchungsdauer hal biert ( >- Abb. 6.7).
M ERKE Szintillationsdetektoren werden zum Nachweis von Gamma strahlung beim Patienten eingesetzt. Sie absorbieren die Energie der Gammaquanten in einem Kristal l u nd geben sie in Form von Licht i mpulsen weiter.
6.3.3 G a m m a ka me r a
Zum Aufnehmen v o n zweidimensionalen, planaren Bildern werden großflächige Einkristall-Szintillationsdetektoren ( - 40 x 60 cm 2) eingesetzt, deren Signale man ortsaufgelöst
Abb. 6 . 7 Gammakamera m i t zwei beweglichen Messköpfen
(BrightView der
Fa.
Philips). [46]
6.3 Gerätekunde
Z U SAM M E N FAS S U N G • Bei der Gammakamera werden zahlreiche Szintillationsdetektoren zur Aufnahme von zweidimensionalen, planaren Bildern verschal tet. • Um auf den E n tstehungsort der Gammaquanten im Patienten zu rückschließen zu können, ist vor dem Krista ll e i n Kollimator ange bracht, der jeweils nur Ga mm a qu a nten aus einer d efi nierte n F l ug richtung durc hlä sst. Die räumliche Vertei lung des radioaktiven Stoffs wird damit auf der Detektorfläche des Krista l ls abgebil d et . • Photomultiplier wandeln die Signale in elektrische Impulse um und dienen der Ortsanalyse.
•
6.3.4 S i n g l e P h oto n E m i ss i o n Com p uted To mogra phy (SPECT)
H ier werden Projektionen aus verschiedenen, äquidistanten B lickwinkeln akquiriert. Dazu rotieren die Messköpfe um den Patienten. Aus den verschiedenen Projektionen lassen sich computergestützt dreidimensionale Bilder der Aktivitätsver teilung im Patienten rekonstruieren. Analog zur Transmissi ons-Computertomografie mit Röntgenstrahlung (CT) werden über die Rekonstruktion zunächst Transversalschnitte erzeugt, deren x/y-Ebenen senkrecht zur Rotationsachse (z) stehen. Sa gittale (y,z) und karanale (x,z) Schnitte lassen sich durch einfa ches Umsortieren des 3D-Datensatzes gewinnen, da die Bild voxel in x, y und z-Richtung gleich lang sind. M E R K E
SPECT stellt die Fortentwicklung der planaren Gammakamera zu einem Schnittbildverfahren dar.
6.3.5 Positron E m i ss i o n Tom o g ra p h y (PET)
Bei der Positronenemissionstomografie (PET) wird im Gegen satz zur SPECT nicht die primär beim Zerfallsprozess entste hende Gammastrahlung aufgezeichnet, sondern die beim Posi tronenzerfall durch die Positronenvernichtung (Annihilati on) freigesetzte 5 1 1 -keV -Sekundärstrahlung ( >- Kap. 2.2.2,
217
>- Kap. 2.2.3, > Abb. 2.3c) . Energie- und I mpulserhaltung lassen beim Annihilationsprozess gleichzeitig (koinzident) zwei in entgegengesetzter Richtung fliegende 5 1 1-keV-Gam maquanten als Energieäquivalent für die beiden Massen von Positron und Elektron entstehen. Diese beiden Gammaquan ten müssen messtechnisch mit zwei gegenüberliegenden De tektoren erfasst werden. Zwei registrierte Gammaquanten wer den als koinzident und damit als aus einem Entstehungspro zess kommend akzeptiert, wenn ihre Signale innerhalb eines Zeitfensters von 5- 12 ns liegen (Koinzidenzzeitfenster). Ist dies der Fall, wird durch die zwei Detektoren eine Verbin dungslinie (Koinzidenzlinie) definiert, auf dem die Positro nenannihilation stattgefunden hat ( > Abb. 6.8). Für die Be stimmung der Flugrichtung der Gammaquanten müssen somit keine Kollimatoren mehr eingesetzt werden. Man spricht von elektronischer Kollimation. Bei modernen PET -Scannern sind viele Detektoren auf ei nem oder mehreren Ringen angeordnet, sodass ohne Detektor rotation alle für eine tomografische Bildgebung notwendigen Winkelprojektionen gemessen werden können. Die mit einem PET-Scanner innerhalb des Koinzidenzzeitfensters gemessenen Ereignisse stammen nicht ausschließlich aus einer einzigen Positronenannihilation. Neben den wahren Koinzidenzen gibt es Mehrfachkoinzidenzen, die entstehen, wenn mehr als zwei Gammaquanten innerhalb des Koinzidenzzeitfensters registriert werden. Zufällige und gestreute Ereignisse verursachen einen erhöhten Signaluntergrund und führen damit zum Kontrastverlust des Bildes. Durch ein kleines Koinzidenzzeit- und Energiefenster versucht man diese Störanteile messtechnisch zu minimieren; den verbleibenden Rest korrigiert man rechnerisch während der Rekonstruktion der Projektionsdaten. Die Campton-Streuung ( >- Kap. 2.2.2) führt bei vielen Zer fällen auch dazu, dass die Gammaquanten den Detektor gar n icht erreichen und die Zählrate entlang der Koinzidenzlinie abnimmt. Da bei der PET beide Gammaquanten die Detekto ren erreichen müssen, ist der Schwächungseffekt größer als in der SPECT und muss zwingend korrigiert werden. Zur Schwä chungskorrektur verwendet man entweder Transmissions messungen, die bei gleicher Energie aufgenommen wurden,
Korrektur von:
geschwächten Ereignissen
1----+- gestreuten Ereignissen Aussortierung von:
Abb. 6.8 Schematische Darstellung des Messprozesses eines PET-Scanners. [47)
zufälligen Ereignissen mahrfachen Ereignissen
I •
I
218
6 N uklearmedizin
oder man berechnet die 5 1 1 -keV-Schwächung aus den Dichte
reicherung wurden die PET- und SPECT-Datensätze daher mit
informationen einer CI-Aufnahme. Diese individuelle Korrek
Hilfe spezieller Softwareprogramme mit morphologischen CI
tur lässt sich seit der Verfügbarkeil von Hybridscannern mit
und MRT-Daten koregistriert. Seit Ende der 1 990er Jahre sind
einem eingebauten CT routinemäßig umsetzen.
sog.
Hybridscanner im Einsatz, die sowohl die CT als auch die
PET bzw. SPECT enthalten. Dies erlaubt die Untersuchung des Patienten mit beiden Modalitäten in einem Gerät, ohne dass
Z U S A M M E N F A S S U N G
Bei der Positronenemissionstomog rafie (PET) wird die nach Posit ronenvernichtung frei gesetzte 5 1 1 -keV-Sekundärstrahlung ge messen. Messtech nisch müssen dabei jeweils zwei in entgegengesetzter Richtung fliegende 5 1 1 -keV-Gammaquanten mit zwei gegenüber liegenden Detektoren erfasst und auf ihre G le ichzeitigkei t hin überprüft werden. Die zwei Detektoren definieren eine Verbindungslinie (Koinzi denzlinie), auf der die Positronenannih ilation stattgefunden hat. Bei dieser Bestimm ung der Flugrichtung der Gammaquanten sp rich t man von elektronischer Kollimation. • Zufällige Koinzidenzen und Streuung führen zu einem Kont rastver lust im Bild, der durch ein kleines Koinzidenzzeitfenster und ein schmales Energiefenster messtechnisch minimiert wird . •
•
•
ein Umlagern erforderlich wird. Damit wird für die Koregist rierung ein Höchstmaß an Genauigkeit garantiert.
>-
Abb. 6.9
zeigt das Schema eines PET/CI-Geräts.
Während PET/CT bei onkologischen Fragestellungen die
Untersuchungsmodalität der Wahl ist, wird bei neurologischen
Anwendungen die multimodale Bildgebung mit PET und MRT bevorzugt. Aktuell befinden sich sowohl spezielle MRT/PET Scanner für H irnaufnahmen als auch MRT/PET- Ganzkörper scanner in der klinischen Erprobung. Aus Sicht der Geräte technik stellen diese Geräte eine besondere Herausforderung dar, da die klassische Detektortechnik mit Photomultipliern im Magnetfeld des MRT nicht eingesetzt werden kann und neue MRT -basierte Konzepte für die PET -Schwächungskorrektur erarbeitet werden müssen.
Die PET weist gegenüber der SPECT folgende •
Vorteile
auf:
hohe Sensitivität des Verfahrens, da auf Kollimatoren ver zichtet werden kann. I n der SPECT lassen die Kollimatoren
6 .4 K l a ss i sc h e B efu n d e
nur die wenigen Photonen zum Detektor, die (nahezu) senkrecht auf den Messkopf einfallen, während alle übrigen
6.4. 1 K a rd io log i e
Photonen abgeschirmt werden. Die Empfindlichkeit eines
W . Weber
PET -Scanners ist deshalb etwa 1 . 000 Mal höher als die einer Die Bestimmung von Kreislaufzeiten und der linksventrikulären
SPECT- Kamera. •
•
höhere räumliche und zeitliche Auflösung, d.h. eine gute
Pumpfunktion war bis in die 1970er und 80erJahre das Raupt
Trennung von räumlich oder zeitlich benachbarten Signa len. Die räumliche Auflösung geht dabei in den Bereich we
anwendungsgebiet der Nuklearmedizin i n der Kardiologie. Da zu wurden vor allem mit 99111 Tc markierte Erythrozyten einge
niger Millimeter.
setzt, die sich entsprechend dem Blutvolumen im Körper vertei
absolute Quantifizierung der Konzentration von Radiophar
len. Diese Techniken wurden aber durch
maka ( in Bq/ml)
die Echokardiografie
und die Magnetresonanztomografie ersetzt, die die Pumpfunkti
on des Herzens detaillierter und ohne Strahlung untersuchen können. Große klinische Bedeutung haben hingegen nuklear
6.3.6 M u lti mo d a l e B i l d g e b u n g (SPECT/CT, PET/CT, PET/ M R) Als tracerbasierte Bildgebungsverfahren
medizinische Untersuchungen der Myokardperfusion erlangt. Zur Bestimmung der Myokardperfusion wird klinisch die SPECT mit 99111Tc-MIBI und 99111Tc-Tetrofosmin eingesetzt. (2°1Tl liefern PET und
wird aufGrund der hohen Strahlenbelastung nur mehr wenig ver
SPECT funktionelle Informationen mit einer im Vergleich zur
wendet.) Mit diesen Tracern kann die
CT ( und MRT) geringen räumlichen Auflösung. Anatomische
sion
Details sind bei PET und SPECT nur wenig oder überhaupt
chungen mit 13N-Ammoniak und 150 -Wasser kann die Perfusion
nicht zu erken nen. Zur besseren Interpretation der Traceran-
des Myokards auch quantitativ (in ml!(gxmin)) bestimmt wer
dargestellt werden (
>-
regionale Myokardperfu
Kap. 6.2.4). Durch PET-Untersu
den. Auf Grund der kurzen Halbwertszeit von 13N und 150 ( 1 0 bzw. 2 Minuten) werden diese Verfahren aber hauptsächlich im er -.
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Rahmen von klinischen Studien an speziellen Zentren angewandt. Aus den SPECT- Untersuchungen mit 9901Tc-MIBI und 9 9111 Tc Tetrofosmin werden zur einfacheren Orientierung Schnittbilder entlang der kurzen und der langen Achse des lin ken Ventrikels erstellt. Die regionale Perfusion wird in der Re gel in Farbskalen dargestellt (
>-
Kap. 6. 1 .8). In den sog. Kurz
achsenschnitten stellt sich der linke Ventrikel annähernd kreisförmig dar, auf den horizontalen und vertikalen Schnitten
Abb. 6.9 Schematischer Aufbau eines PET/CT-Geräts.
[23]
entlang der langen Herzachse aber hufeisenförmig. Der rechte
6.4 Klassische Befu nde
219
Abb. 6 . 1 0 Typische Schnittbilder bei der SPECT-Untersuchung des Herzens mit 99mTc-MIBI oder 99mTc-Tetrofosmin. [23] [48]
Ventrikel wird auf Grund seiner geringen Wandstärke in der SPECT nur angedeutet sichtbar ( >- Abb. 6. 10). Mit der Myokard-SPECT kann auch die Pumpfunktion des linken Ventrikels beurteilt werden. Dazu werden die SPECT Aufnahmen EKG-getriggert akquiriert, d.h. Bilder zu ver schiedenen Zeiten nach der R-Zacke rekonstruiert. Aus diesen B ildern werden das endsystolische und das enddiastolische Volumen des linken Ventrikels bestimmt. Mit diesen beiden Werten kann man das linksventrikuläre Schlagvolumen (ejec tion fraction, EF) berechnen: E
F = (enddiastolisches VoL - endsystolisches Vo lum e n ) e nd d iastol isches Volu men
K l i n ische Anwendung Nachweis von Koro n a rstenosen Das Hauptanwendu ngsgebiet der Myokard-SPECT ist die Dia gnostik bei koronarer Herzkrankheit (KH K). Durch die Ver engung der Koronararterien verringert sich die regionale Perfu-
sion im Versorgungsgebiet der betroffenen Arterien. Die Ruhe perfusion des Myokards (etwa 1 ml/(gx min)) wird dabei aber lange aufrechterhalten und erst bei einem subtotalen Ver schluss eines Gefäßes eingeschränkt. Wesentlich früher ist da gegen die myokardiale Perfusion unter Belastung (bis zu 4 ml/ (gxmin)) reduziert. H ier lassen sich in der Myokard-SPECT die Folgen koronarer Engstellen ab etwa 50% Lumeneinengong nachweisen. Ein typischer Befund ist deshalb die sog. belas tungsinduzierte Perfusionsstörung, eine regionale Minder perfusion u nter Belastung, die sich in Ruhe normalisiert ( >- Abb. 6. 1 1 ). Nach einem Myokardinfarkt zeigt die Myo kard-SPECT dagegen eine fixierte Perfusionsstörung, d.h. ei ne regionale Minderperfusion i n Ruhe und Belastung, da Nar bengewebe sowohl in Ruhe als auch unter Belastung deutlich schlechter perfundiert ist als normales Myokard ( > Abb. 6. 12). Die Belastung kann im Rahmen der SPECT körperlich auf dem Laufband bzw. Fahrradergometer nach standardisierten Protokollen erfolgen; alternativ kann mit Adenosin oder Dipy ridamol eine Steigerung der Myokardperfusion durch Dilatati on der Koronararterien induziert werden. 99 111Tc-M 1 B l oder 99'"Tc-Tetrofosmin werden injiziert, wenn die höchste Belas tungsstufe erreicht ist bzw. der Patient über Angina pectoris
220
l
6 N u klearmedizin
Abb. 6.1 1 Belastungsinduzierte Perfusi onsstörung bei einer Stenose des Ramus interventricularis anterior der linken Herz kranzarterie. U nter Belastung zeigt sich eine
ausgeprägte Minderperfusion der Herzspitze (Ak tivitätsdefekt. rote Pfeile) sowie eine M inderperfu sion des Septums (gelbe Pfeile). Beide Verände rungen normalisieren sich unter Ruhebedingun gen. [48)
Abb. 6. 1 2 Fixierte Perfusionsstörung bei H interwandi nfarkt U nter Belastung u nd in Ru
he zeigt sich in gleicher Weise ein Aktivitätsdefekt
in der distalen Hinterwand. [48)
berichtet oder das EKG eine Ischämie anzeigt. Beide Tracer rei chem sich innerhalb etwa einer Minute entsprechend der regi onalen Perfusion im Myo ka rd an. Die V ert e i lun g bleibt danach über mehrere Stunden stabil, da die Tracer an die Mitochond rienmembran gebunden werden ( > Kap. 6.2.4). SPECT -Auf nahmen nach Abschluss der Belastung geben also ein Bild der regionalen Perfusion des Myokards wä h re nd der Belastu n g . M E RKE Zur Vorbereitung auf die Myokardszintigrafie ist es wichtig, nach Möglichkeit alle Medikamente abzusetzen, die den Herzfre quenz- und Blutdruckanstieg u nter einer körperlichen Belastung hemmen können (vor allem Betablocker). Bei unzureichendem An stieg von Herzfrequenz und Bl utdruck steigt der myokard iale Bl utfluss nicht ausreichend an und die Sensitivität der Myokard-S PECT zum Nachweis von Koronarstenosen sinkt ab. Vor einer Belastung mit
Adenosin oder Dipyridamol dürfen Patienten kein Koffein (z.B. in Kaf fee, Tee) zu sich nehmen, da Koffein mit der durch Adenosin und Dipyridamol induzierten Vasedilatation interferiert.
Die Myokard-SPECT kann eine koronare Herzerkrankung mit einer Sensitivität von etwa 85-90% und einer Sp ez ifi tät 80-85% nachweise n. Die diagnostische Genauigkeit ist somit signifi kant höher als beim Belastungs-EKG und vergleichbar mit der Stressechokardiografie. Der Vorteil gegenüber der Stressecho kardiographie ist die geringere Abhängigkeit von der Erfah rung des U ntersuchers.
B e u rte i l u n g der hä medynam ischen Releva nz Eine weitere wichtige Aufgabe der Myokard- SPECT ist die Be u rtei lung der hämodynamischen Relevanz von Koronarste-
6.4 Klassische Befunde
nosen und damit der Prognose von Patienten mit KHK. Pati enten mit unauffälliger Myokard-SPECT haben nämlich unab hängig vom koronarangiografischen Befund ein sehr geringes Risiko für Myokardinfarkte und andere kardiale Ereignisse. Bei ihnen reicht für gewöhnlich eine medikamentöse Behandlung aus. Im Gegensatz dazu profitieren Patienten mit einer belas tungsinduzierten Perfusionsstö rung in der Myokard-SPECT besonders von einer invasiven Revaskularisation durch Angio plastie oder Bypass-Chirurgie. Myoka rdvita I ität
Patienten mit schwerer koronarer Herzerkrankung zeigen häufig eine eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion. Bei diesen Patienten ist es wichtig zu unterscheiden, ob die Einschränkung der Pumpfunktion irreversibel ist oder durch eine Revaskularisation wieder verbessert werden kann. Re versibel in seiner Funktion geschädigtes Myokard wird auch als "winterschlafendes Myokard" (hibernating myocardi um) bezeichnet, da es keine Pumpfunktion mehr zeigt, aber noch vital ist. Eine vorhandene MIBI- oder Tetrofosmin-Speicherung in der Myokardperfusionsszintigrafie in Ruhe weist vitales Myo kard nach . Bei hochgradig reduziertem Ruhefluss wird jedoch die Myokardvitalität in der Myokard-SPECT unterschätzt. Hier kann als weiteres Verfahren die PET -Untersuchung mit 1 8 F Fluordeoxyglucose (FDG-PET, > Kap. 6.2.4) eingesetzt wer den. H ibernating Myocardium zeigt in der FOG-PET einen er haltenen oder gegenüber der Umgebung erhöhten Glukose stoffwechsel, Myokardnarben dagegen keine relevante FüG Speicherung. Patienten mit Hibernating Myocardium zeigen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verbesserung der linksven trikulären Pumpfunktion nach Revaskularisation.
Stra h le nexposition Die Strahlenexposition einer Myokardszintigrafie mit 99m Tc MIBI oder 99m Tc-Tetrofosmin beträgt etwa 4 mSv als effektive Dosis; dies ist etwa 4-mal niedriger als für die 201TI-Szintigrafie. Die Strahlenexposition der FOG- PET beträgt etwa 4 mSv als effektive Dosis. Z U S A M M E N F A S S U N G
Der Ruheblutfluss des Myokards wird bei einer Koronarstenose lange aufrechterhalten und ni mmt erst bei einem subtotalen Ver schluss ab. • U nter Belastung ist der myokardiale Blutfluss j edoch frühzeitig eingeschränkt. Mit der belastungsinduzierten Perfusionsstörung weist die Myokard-SPECT indirekt Stenosen der Koranarien ab etwa 50% Lumeneinengung nach. Dazu wird eine Aufnahme der myokard ialen Perfusion unter Belas tung und eine unter Ruhebedingungen durchgeführt. •
•
•
221
6.4.2 P u l m o n o l og i e W . Weber Nuklearmedizinische Verfahren spielen bei der Beurteilung der Lungenperfusion eine wichtige Rolle, insbesondere bei Verdacht auf eine Lungenembolie. Auch vor operativen Ein griffen an der Lunge kann die regionale Lungenper fusion und Ventilation mit nuklearmedi zinischen Verfahren beur teilt werden. Zur Untersuchung der Lungenperfusion werden beim Er wachsenen etwa 400.000 99"'Tc-MAA-Partikel intravenös inji ziert ( > Kap. 6.2.4). Die pulmonale Strombahn enthält insge samt etwa 280 Milliarden Kapillaren. Somit wird klar, dass die Szintigrafie auch bei Verdacht auf eine Lungenembolie gefahr los durchgeführt werden kann. Für die Untersuchung der Lungenventilation werden in Deutschlan d in der Regel 99111Tc-Technegas oder 99111Tc- DTPA Aerosole eingesetzt. Diese kleinen, mit 99111Tc m arkierten Parti kel verteilen sich inspiratorisch in den Lungenalveolen und bleiben dort liegen.
K l i n ische Anwe n d u ng Das Hauptanwendungsgebiet der Lungenperfusions- und -ventilationsszintigrafie ist der Ausschluss bzw. N achweis einer Lungenembolie. Beim Gesunden sind regionale Venti lation und Perfusion im Wesentlichen gleich verteilt. Bei der Lungenembolie kommt es jedoch im Versorgungsgebiet des betroffenen Gefäßes zu einem keilförmigen Perfusionsde fekt; die Ventilation ist in dem verm indert perfundiertem Areal nicht verändert ( > Abb. 6 . 1 3 ) . Dieser sog. "Ventilati on perfusion mismatch" ist das typische Zeichen für eine Lungenembolie. I m Gegensatz dazu können viele Erkrankungen, z.B. ent zündliche Infiltrate oder eine Bronchusobstruktion die Venti lation und Perfusion vermindern. U rsache ist der Euler-Lilje strand-Reflex, durch den in vermindert ventiliertem Lungen gewebe auch die Perfusion gedrosselt wird. Ein sog. "matched defect" ist somit ein unspezifisches Zeichen und kein Hinweis auf eine Lungenembolie. Die Ventilations- und Perfusionsszintigrafie wird in SPECT Technik durchgeführt. Sensitivität und Spezifität zum Nach weis einer Lungenembolie entsprechen denen der Multidetek tor-CT. Der Vorteil der CT ist allerdings, dass man auch andere Ursachen für thorakale Beschwerden, wie Pneumonien und Aneurysmen, aufdecken kann. Die Szintigrafie wird deshalb vor allem dann eingesetzt, wenn die Gabe von intravenösen Kontrastmitteln mit Risiken verbunden ist (N iereninsuffizienz, Hyperthyreose, Kontrastmittelunverträglichkeit). Neben der Diagnostik der Lungenembolie dient die Perfusi onsszintigrafie auch dazu, vor einer Lungenresektion die post operative Lungenrestfunktion abzuschätzen. Dies erfolgt an hand der relativen Perfusion des Lungenanteils, der durch die Operation entfernt werden soll.
I
I
222
6 N uklearmedizin
Ventilation
R
L
Abb. 6. 1 3 Ventilations-Perfusions-SPEer bei Lungenembolie. Die koranalen S ch n itte zei gen i n den Pe rfu s i on sa u fnah m e n einen keilförmi
Perfusion Ventral
--+
Defekt im rechten Oberlappen (rote Pfeile). ln den Ventilationsaufnahmen besteht dagegen eine u na u f fä l l i g e Aktivitätsvertei lung. I 48)
gen
Dorsal
Bei Vorliegen eines Rechts-Links-Shunts, z.B. bei kardialen Fehl bildungen, treten MAA-Partikel nach intravenöser Injektion in die systemische Zirkulation über. Man kann einen solchen Shunt also szintigrafisch nachweisen und auch das Shuntvolumen quan tifizieren. Dazu wird die Zählrate über dem Körper (ohne die Lunge) zur Zählrate über der Lunge ins Verhältnis gesetzt. M E RKE Typisches Zeichen einer Lungenembolie ist ein keilförmiger Akti vitätsdefekt in der Perfusions-SPECT bei unauffälliger Ventilations SPECT. Die Ventilations-Perfusions-SPECT bei der Diagnostik der Lun genembolie ist eine Alternative zur M ultidetektor CT, insbesondere bei Patienten mit Risiken für die Gabe von Röntgenkontrastmitteln.
Strah l enexposition Die Strahlenexposition der Lungenperfusionsszintigrafie be trägt etwa 1 ,7 mSv als effektive Dosis. Für die Lungenventilati onsszintigrafie beträgt die effektive Dosis etwa 0,5 mSv.
•
Biomarker der synaptischen Aktivität bzw. neuronalen Funktion: zerebrale Perfusion (cerebral blood flow, CB F )
und zerebraler Glukosemetabolismus. Biomarker der synaptischen Neurotransmission: spezifi sche Radiotracer zur Abbildung der Neurotransmitter (NT)-Synthese (z.B. DOPA-Decarboxylase), der präsynapti schen NT-Speicherung (z.B. vesikulärer Monoamintrans porter) und -Wiederaufnahme (z.B. Dopamintransporter) oder von postsynaptischen Rezeptoren (z.B. Dopamin- 02/ D3-Rezeptoren). • Biomarker von ZNS-Pathologien: z.B. spezifische Radio tracer zur Abbildung von ß-Amyloid-Ablagerungen (Patho logie des Morbus Alzheimer) oder von Aminosäuretrans portern ( Hirntumordiagnostik). Eine Übersicht über klinisch relevante PET- und SPECT-Tracer gibt > Tab. 6.3. •
MERKE • Die PET und SPECT werden unter Verwendung einer Vielzahl spe zifischer Radiotracer zur Diagnostik und Therapiekontrolle von ZNS-E rkrankungen eingesetzt. Auch in der klinischen sowie grundlagenorientierten Forschung werden diese Verfahren sehr häufig angewendet. •
6.4.3 N eu ro l o g i e
P. T.
Meyer
H i nterg r u n d M ittels PET u n d SPECT lassen sich zahlreiche physiologische Funktionen sowie molekulare Zielstrukturen des Zentralner vensystems (ZNS) als diagnostische Marker (sog. Biomarker) in vivo abbilden und quantifizieren. Diese Biomarker lassen sich in erster Näherung in drei Ka te gorien einteilen:
Nachfolgend werden die kli ni s c h wichtigsten I ndikationen und Befunde vorgestellt.
Demenzen Die korrekte ( Früh-) Diagnose der Demenz ist Voraussetzung für die zielgerichtete pharmakologische 1l1erapie (z.B. A c etyl cholinesterase-l nhibitoren), zur Vermeidung von u.U. Ieb en s -
6.4 Klassische B efunde Radiotracer
Zielstruktur/-funktion
223
Wichtigste Indikationen
1 8 F-Fiuord eoxyglucose1 C 8 FDG)
Demenzen, Bewegungsstörungen, Epilepsie, H irntumoren
1 50-Wasser2·3
CBF, synaptische Aktivität
sog. Brain Mapping bei H irntumo ren und Epilepsie, Messung der Perfusionsreserve
SPECT
CBF, synaptische Aktivität
Demenzen, Bewegungsstörungen, Epilepsie (iktale SPECT)
PET
DOPA-Decarboxylase, Dopamin-Synthese (nigrostriatale lntegrität)
Bewegungsstörungen, Demenzen
SPECT
präsynaptischer Dopamintransporter (nigrostriatale Integrität)
Bewegungsstörungen, Demenzen
PET
Bewegungsstörungen
SPECT
postsynaptischer Dopamin D2/D3 -Rezeptor (Striatum) postsynaptischer Dopamin-D2/D3-Reze ptor (Striatum)
Bewegungsstörungen
PET
fibrilläre ß-Amyloid-Ablagerungen
Demenzen
SPECT
L-Typ-Aminosäuretransporter
Hirntumoren
L-Typ-Aminosäuretransporter
Hirntumoren
1 1C-Methionin2·3, PET 1 8 F-Fiuorethyltyrosin 3 (1 8 FET)
1 kommerziell verfügbar 2 auf Grund der kurzen Halbwertszeit eso 2 min, 1 1 C 20 min) nur an PET-Zentren mit Zyklotron verfügbar 3 n i c ht zugelassen. Einsatz z.B. im Rahmen einer patientenbezogenen ärztlichen Verschreibung oder Studie bedrohlichen Medikamentennebenwirkungen (z.B. malignes Neuroleptika-Syndrom bei der Demenz mit Levvy-Körperchen) und zur adäquaten Beratung von Patienten und Angehörigen. Die 18FDG-PET und CBF-SPECT (mit 99111Tc- ECD oder 99111Tc HMPAO) sind langjährig etablierte Verfahren zur Diagnostik neurodegenerativer Demenzen. Zur weiteren Differenzialdiag nostik wurde vor wenigen Jahren zudem auch die 1 23 1 -FPCIT SPECT zur Darstellung präsynaptischer striataler Dopamin transporter zugelassen, während sich aktuell verschiedene Fluor- 1 8- markierte PET-Tracer zur Darstellung zerebraler ß -Amyloid-Piaques in der Zulassung befinden. Die Diagnostik der vaskulären Demenz erfolgt vorrangig mittels CT und MRT ( > Kap. 5.3.6). Die nachfolgende Tabelle ( > Tab. 6.4) fasst die wichtigsten Befunde zusammen. Bei der Alzheimer-Demenz (AD) findet sich bereits im Frühstadium ein Hypometabolismus (bzw. eine Hypoperfusi on) im Bereich des posterioren Gyrus cinguli/Precuneus sowie
temporaparietal mit Schwerpunkt im Bereich des tempora parietalen Ü bergangs. Dieser Befund ist häufig asymmetrisch ausgeprägt und korreliert sowohl in seiner Seitenbetonung als auch in seiner Ausprägung mit der Symptomatik (z.B. promi nentes sprachliches Defizit bei Betonung des Befunds auf der sprachdominanten Seite). ln der Regel findet sich auch ein me siotemporaler Hypometabolismus. Bei Fortschreiten der Er krankung kommt es zu einer frontalen Beteiligung, während primäre Kortexareale, subkortikale Kerngebiete und das Zere bellum ausgespart bleiben ( > Abb. 6. 1 4) . B e i der Demenz m i t Lewy-Körperchen (DLB) u n d d e r Par kinson-Erkrankung mit Demenz (PDD) findet sich zusätzlich zu einem der Alzheimer-Demenz sehr ähnlichen Befundmus ter (wenn auch oft m i t geringerer mesiotemporaler Beteili gung) ein u.U. sehr eindrücklicher okzipitaler Hypometabolis mus, korrelierend mit den typischerweise bei diesen Erkran kungen auftretenden visuellen Halluzinationen. Charakteris-
Tab. 6.4 Häufige Demenzen - typische Befundmuster in der PET und SPECT. Demenzform
Glukosemetabolismus C 8FDG)/CBF (z.B. 99mTc-ECD)
Nigrostriatale Integrität C231-FPCIT, 1 8FDOPA)
ß-Amyloid-Bindung (z.B. 1 1C-PIB)
Alzheimer -Demenz
reduziert bds. tempora-parietal, im posterioren Gyrus cinguli/Precuneus und mesiotemporal, bei Fortschreiten auch frontal (oh asymmetrisch)
unauffällig
deutlich erhöht
Frontotemporale Demenz
reduziert bds. frontal, bei Fortschreiten auch pari- normal bis reduziert etal und temporal (oft asymmetrisch)
u nauffällig
Demenz mit Lewy-Körperchen Vaskuläre Demenz
ähnlich der Alzheimer-Demenz, zusätzlich auch bds. okzipital reduziert
deutlich reduziert
meist deutlich erhöht
uneinheitlich, teils diffus erniedrigt, teils fokale Defekte infolge von Infarkten/Lakunen; fehlende Aussparung primärer Kortexareale
meist normal, teils erniedrigt (diffus meist unauffällig bis fokal, abhängig von vaskulären Läsionen im Hirnstamm und Striatum)
224
I
6 N u klearmedizin
Abb. 6 . 1 4 Typische PET-Befunde bei Alzheimer-Demenz (a&b) und fr o ntot emp oraler Demenz (c&d). [49) a&c) Typische 18FDG-PET-Befunde mit beidseits temporaparietalem bzw. frontalem Hypometabolismus. b&d) Ergebn is von PET-Studien der zerebralen ß-Amyloid-Bindung mit deutlichem bzw. fehlendem Nachweis von fibrillären ß-Amyloid-Ablagerungen.
tisch ist zudem ein deutlicher Dopamintransporter-Verlust im Striatum infolge der Degeneration nigrostriataler Projektio nen, was eine sichere Differenzierung zwischen DLB/PDD und AD mit der 1 23 1-FPCIT-SPECT erlaubt. Auf Grund der meist begleitenden Alzheimer-Pathologie findet sich nicht nur bei der AD ( >- Abb. 6. 1 4), sondern häufig auch bei der DLB eine deutlich erhöhte Bindung von spezifischen PET-Tracern an ß-Amyloid-Ablagerungen (seltener hingegen bei der PDD). Eine weitere Gruppe neurodegenerativer Demenzen stellen die frontotemporalen Lobärdegenerationen ( FTLD) dar. Zu dieser heterogenen Erkrankungsgruppe gehört zum einen die frontotemporale Demenz (FTD; Verlaufsform mit führender Wesensänderung), welche durch einen häufig asymmetri schen, frontalen Hypometabolismus (bzw. Hypoperfusion) ge kennzeichnet ist ( >- Abb. 6. 1 4). Bei Fortschreiten der Erkran kung kommt es auch zu einer parietalen und temporalen sowie ggf. subkortikalen Beteiligung. Weitere, seltenere FTLD-Sub formen, die sich vor allem durch eine progrediente Sprachstö rung auszeichnen, sind die primär-progressive Aphasie ( PPA; führende nichtflüssige Aphasie) und die semantische Demenz (SD; führende flüssige, semantische Aphasie). Diese gehen mit einem häufig sehr deutlichen und asymmetrischen, bei Rechts händern linksseitigen Hypometabolismus perisylvisch (fronto temporal; PPA) bzw. temporapolar (SD) einher. Bei den FTLD lässt sich in der Regel keine verstärkte zerebrale ß-Amyloid Ablagerung nachweisen ( >- Abb. 6. 1 4), während sich in der 1 231 -FPCIT-SPECT oder 1 8 FDOPA-PET häufig eine Degenerati on nigrostriataler Projektionen zeigt.
M E R K E
Typische •
•
•
1 8FDG-PET-Befunde bei Demenzen sind:
Alzheimer-Demenz: H ypo met abol ismus im Bereich des posteri
oren Gyrus cinguli/Precuneus und temporaparietaL Demenz m it lewy-Körperchen: zusätzl ich zu einem der Alz heimer-Demenz ähnlichen Befundmuster Nachweis eines ein drücklichen okzipitalen Hypometabol ismus. Frontetemporale Demenz: frontaler Hypometabolismus.
Beweg ungsstörungen Der Haupteinsatz der PET und SPECT bei Bewegungsstörungen betrifft die Diagnose und Differenzialdiagnose des neurodegene rativen Parkinson-Syndroms. Diese Fragestellungen sind von herausragender therapeutischer (z.B. effiziente L-DOPA-Thera pie beim Morbus Parkinson) und prognostischer (ungünstige Prognose atypischer Parkinson-Syndrome) Bedeutung. Die Abgrenzung neurodegenerativer Parkinson-Syndro me (Morbus Parkinsan und atypische Parkinson-Syndrome) von nicht-neurodegenerativen Erkrankungen wie z.B. dem es senziellen Tremor, dem medikamentös induzierten Parkinson Syndrom (insbes. nach Neuroleptika-Gabe) oder dem vaskulä ren Parkinson-Syndrom erfolgt mit sehr hoher diagnostischer Sicherheit über eine SPECT- oder PET-Untersuchung der Inte g rität nigrostriataler Projektionen. Diese zeigt bei den neu rodegenerativen - im Gegensatz zu den nicht-neurodegenera tiven - Erkrankungen einen meist sehr eindrücklichen, kont-
6.4 Klassische Befu nde
225
Abb. 6.1 5 Typische 1231-FPCIT-SPECT- Befunde. [49! a) 1 23 1-FPCIT-SPECT-Befund eines Patienten mit essenziellem Tremor (Nor malbefund mit kräftiger präsynaptischer Dopamintransporter-Bindung in beiden Striata). b&c) Befunde bei Patienten m it Hemiparkinson (Frühstadium des Morbus Parkinson; b) bzw. fortgeschrittenem neurodegenerativem Parkinson-Syn drom (c).
ralateral zur klinisch führenden Körperseite betonten Verlust der nigrostriatalen Innervation ( > Abb. 6. 1 5 ) . Siehe > Tab. 6.5 für eine Zusammenfassung der wichtigs ten Befunde. Zur weiteren Differenzierung zwischen dem eigentlichen Morbus Parkinsan und den atypischen Park in so n - Synd rom en , d.h. im Wesentlichen der M ultisystematrophie (MSA), der progressiven supranukleären Paralyse (PSP) und der kortiko basalen Degeneration (CBD) , werden einerseits SPECT- und PET-Untersuchungen der striatalen Dopamin-D2/D3-Rezep tor-Verfügbarkeit durchgeführt ( > Tab. 6.5): W ährend sich dabei beim Morbus Parkinsan in der Regel ein Normalbefund bzw. im (unbehandelten) Frühstadium sogar eine kompensa torisch erhöhte Dopamin -02/03- Re zepto r - Verfügbarkeil n achweisen lässt, findet sich bei den atypischen Parkinson Syn d r o men meist ein Rezeptorverlust, welcher bei der MSA besonders eindrücklich sein kann ( > Abb. 6. 1 6) . Dies korres p o nd i ert mit dem mangelnden Ansprechen auf L-DOPA-Gabe. Außerdem kommen Marker der neuronalen Funktion (d.h. 1 8 FDG-PET und CBF-SPECT) zum Einsatz ( > Tab. 6.5):
Abb. 6 . 1 6 Typische Befunde der 18FDG-PET (a&c) und 1 231BZM SPECT (b&d) bei Morbus Parkinsan (a&b) und Multisystematrophie (c&d). Beim Morbus Parkinsan findet sich typischerweise ein kräftiger striata
ler Glukosemetabolismus (a) u nd eine kräftige striatale Dopamin-D2/D3-Re zeptor-Bindung (b), wohingegen es bei der Multisystematrophie zu einer Ab nahme von Glukosemetabolismus (c) und Rezeptordichte (d) kommt. [49) Beim Morbus Parkinsan findet sich in diesen Untersuchungen
häufig ein ( relativer) Hypermetabolismus (bzw. Hyperperfusi on) von Striatum, Motorkortex und Zerebellum, während sich - insbesondere bei Patienten mit kognitiver Störung - eine temporoparietookzipitale Funktionsminderung nachweisen lässt (s.o.). Im Gegensatz hierzu findet sich bei der MSA m eist
Tab. 6.5 Häufige Bewegungsstörungen - typische Befundmuster in der PET und SPECT. Glukosemetabolismus e8FDG)/CBF (z. B. 99mTc·ECD)
Striatale Dopami n-D2/ 03-Rezeptor-Bindung (z.B. 1 8F·DMFP,
E rkrankung
N igrostriatale Integrität ( 1 231-FPCIT, 1 8FDOPA)
Morbus Parkinsan
deutlich reduziert im Putamen und (gerin- (relativ) erhöht im Striatum, Motorkortex ger) Nd. ca uda tus, i.d.R. deutlich asymme- und Zerebellum, teils erniedrigt temporotrisch (kontra lateral zur Klinik betont) parietaokzipital (insbes. bei Demenz)
normal, im (unbehandel ten) Frühstadium teils er höht
Multisystematrophie
deutlich reduziert, i.d.R. symmetrischer Befund
erniedrigt (oft de utl ich)
Progressive supranukleäre deutlich reduziert, i.d.R. symmetrischer Befund Paralyse Kortikobasale Degenera- deutlich reduziert, deutlich asymmetrisch (kontralateral zur Klinik betont) tion
ern iedrigt im Striatum und Zerebellum
1231BZM)1
erniedrigt dorsofronta l (im prämotorischen meist erniedrigt Kortex), mesiofrontal und im Zwischenhirn meist erniedrigt (kontra erniedrigt parietal, im Motorkortex, im Striatum u nd teils auch dorsofrontal, deut lateral zur Klinik betont) lich asymmetrisch (kontralateral z u r Klinik betont)
Essenziel ler Tremor, medi- normal im Wesentlichen normal normal kamentöses Parkinsaneid 1 cave: Rezeptorblockade unter dopaminerger Medikation (z.B. Dopaminergika, Neuroleptika, aber auch Metoclopramid u.v.a.m.), ausreichend langes Pausieren erforderlich.
I
226
6 N uklearmed i z i n
ein eindrücklicher striataler und/oder zerebellärer Hypometa bolismus (MSA-P bzw. MSA-C) ( > Abb. 6. 1 6) . Die PSP h in gegen ist gekennzeichnet durch einen reduzierten Metabolis mus hoch dorsofrontal (im Bereich des prämotorischen Kor tex) und mesiofrontal sowie im H irnstamm, TI1alamus und teils Nucl. caudatus. Bei Patienten mit CBD findet sich schließ lich ein markanter Hypometabolismus kontralateral zur klini schen Seitenbetonung mit Betonung im parietalen, sensomoto rischen und prämotorischen Kortex sowie Striatum Der Nutzen der nuklearmedizinischen Bildgebung bei der Diagnostik anderer Bewegungsstörungen wie z.B. Morbus Huntington und Morbus Wilson ist begrenzt (Sicherung der Diagnose mittels humangenetischer bzw. labordiagnostischer Verfahren) und dient hauptsächlich der Erfassung des Status und des Progresses bzw. dem Therapiemonitoring. .
M E R K E •
Der Einsatz der PET und SPECT bei Beweg u n gsst ö run g en ist von herausragender therapeutischer und prognostischer Bedeu
tung.
•
Zum einen betrifh dies die sichere Abgrenzung neurodegene rativer Parkinson-Syndrome von nicht-neurodegenerati ven Erkrankungen durch die Untersuchung nigrostriataler P ro
•
jektionen (mit 123 1-FPC/T oder 1 8FDOPA). Zum anderen erlauben die 1 8FDG·PET und Unt ersuch u ngen des
striatalen Dopamin-D2/D3-Rezeptors eine Trennung zwischen dem eigentlichen Morbus Parkinson und den atypischen Parkinson-Syndromen (MSA, PSP und CBD).
Nachteilig bei diesem Verfahren ist allerdings die hohe physio logische 1 8 FDG-Aufnahme des gesunden Kortex (d.h. niedrig
gradige Tumoren lassen sich oft nicht eindeu tig gegenüber der weißen und höhergradige Tumoren nicht von der grauen Sub stanz abgrenzen). Ein weiterer Aspekt der Therapieplanung ist das präoperati ve Brain Mapping, d.h. die Kartierung von dem Tumor be nachbarten, funktionellen Kortexarealen (z.B. der Motorik oder der Sprachfunktion), um diese bei der Resektion der Raumforderung zu schonen. Die Therapiekontrolle Feststellung und exakte Lokalisation eines verbliebenen Tu morrests bzw. Rezidivs stellen besondere Herausforderungen bei der Behandlung von Hirntumoren dar. Da therapeutische Maßnahmen auch am gesunden Gewebe Veränderungen mit tumo rartigem Aspekt (z.B. Kontrastmittelaufnahme, raumfor derndes Hirnödem) hervorrufen können, ist die sichere Diffe renzierung zwischen therapieassoziierten Veränderungen (z.B. OP- Folge, Strahlenreaktion/-nekrose, Pseudoprogression unter Radiochemotherapie) und tatsächlichem vitalem Tu morgewebe mit der strukturellen Bildgebung häufig er sch wert . D ie Untersuchung der Aminosäureaufnahme der verdächtigen Struktur kann hierbei den entscheidenden diag nostischen Hinweis geben, da vitales Tumorgewebe meist eine nodulär und intensiv gesteigerte Aminosäureaufnahme zeigt
H i rntu moren Während die Diagnose einer zerebralen Ra u mforderung bzw. eines Hi rntumors die Domäne der CT und M RT ist ( > Kap. 5 .3.6), werden nuklearmedizinische Verfahren in erster Linie zur Therapieplanung und Therapiekontrolle ein gesetzt. Therapieplanung Insbesondere bei nicht Kontrastmittel aufnehmenden niedrig gradigen und/oder mit deutlichem Hirnödem einhergehenden hirneigenen Tumoren ist die Abgrenzung des Tumors gegen über dem gesunden Hirngewebe mit der CT und M RT allein oft nur schwer möglich. In dieser Situation kann die 1 1 C-Methio nin- oder 18F-Fluorethyltyrosin-PET sehr wertvolle Beiträge zur Operations- und Strahlentherapieplanung leisten, da hirneige ne Tumoren in der weit überwiegenden Mehrzahl eine ausge prägte Aminosäureaufnahme aufweisen, welche gegenüber der nur sehr geringen Aminosäureaufnahme im gesunden Hirnge webe einen exzellenten Bildkontrast ergibt ( > Abb. 6. 1 7). Daher eignet sich die Aminosäure-PET auch sehr gut zur Festlegung des Ortes einer (ggf. stereotaktischen) Biopsie, bei welcher es gilt den aktivsten und prognostisch relevanteste n Tumoranteil zu erfassen. Für Letzteres bietet sich prinzipiell auch die 18FDG-PET an, da die 18FDG-Aufnahme von hirneige nen Tumoren mit dem histologischen Grading korreliert. ,
Abb. 6. 1 7 Ergebnis einer 18 FET-PET-U ntersuchung bei einem Pati e nten mit einem Rezidiv eines Oligodendroglioms WHO-Grad II. ln
der MRT (obere Reihe) ist in Angrenzung an den Resektionsdefekt keine eindeutige Differenzierung zwischen Tumorrezidiv und Begleitödem mög l ich. Auch findet sich nur eine sehr umschriebene fokale Kontrastmittelauf nahme (koronales Schnittbild). Im Vergleich h ierzu lässt sich in der 1 8 FET· PET (mittlere Reihe) das Tumorrezidiv deutlich besse r a bg renzen welches insbesondere die Kontrastmittel aufnehmende Läsion erheblich ü berschrei· tet. Untere Reihe: PET· MRT·Bildfusion. [49] ,
6.4 Klassische B efu nde
( >- Abb. 6. 1 7). Wo verfügbar, hat die Aminosäure-PET die 1 8F D G-PET bei dieser Fragestellung weitgehend verdrängt. E R K E • •
•
•
Die Diagnose einer zerebralen Raumforderung erfolgt mit der CT bzw. M RT. N u k l earmedizinische Verfahren werden z ur St e ue r ung der Thera pie (Planung, Kontrol l e und Rezidiverkennung) eingesetzt. Bei n ic ht KM aufnehmenden und/oder mit deutlichem Hirnödem ein hergehenden h i rneigenen Tumoren ist die Abgrenzung des Tu mors gegenüber dem gesunden Hirngewebe mit der CT/MRT oft nur schwer mög lich. H i er ist die PET mi t radioaktiven Aminosäuren zur Operations- und Strahlentherapieplanung wich t ig .
E p i l epsie Bei Patienten mit medikamentös unzureichend kontrollierba rer Epilepsie fokalen Ursprungs stellt die chirurgische Resekti on des epileptogenen Fokus eine etablierte Behandlungsmo dalität dar, welche bei der Mehrheit der Patient zu Anfallsfrei heit oder deutlich reduzierter Anfallsfrequenz führt. Insbeson dere wenn sich der epileptogene Fokus nicht mittels konventioneller Diagnostik (Klinik, EEG und MRT) eingrenzen lässt, kommt der PET und SPECT eine wichtige Bedeutung zu. Interiktal (d.h. im anfallsfreien I ntervall) findet sich i m Be reich des epileptogenen Fokus typischerweise ein deutlicher Hypometabolismus; dieser erstreckt sich in der Regel über das
Abb. 6 . 1 8 Typische 1 8FDG-PET-Befunde bei Epilepsie. [49]
a ) 18 FDG·PET bei einer Patientin mit links-tempo ralem Anfallsursprung und begleitendem links temporalem Hypometabol ismus. b) 18 FDG·PET bei einem Patienten mit links-fronta lem Anfallsursprung und begleitendem Hypometa bolismus in einem u mschriebenen links-frontalen Areal, dem epileptogenen Fokus entsprechend.
227
eigentliche epileptogene Areal hinaus auf das angrenzende Pa renchym, welches bei der Anfallsausbreitung von besonderer Bedeutung ist. Die Abbildung dieser sog. "functional deficit zone" mit der 1 8 FDG-PET entspricht daher meist keiner exak ten Fokuslokalisation, sondern einer räumlichen Eingrenzung auf einen Lappen oder eine Hemisphäre. Die interiktale 1 8 FDG PET ist eine etablierte Methode zur Fokuslokalisation/-laterali sation bei Temporallappenepilepsien (ca. 90% korrekte Fokus lateralisation) und erlaubt auch bei extratemporalem Anfalls ursprung meist (ca. 65-70% der Fälle) eine weitere Eingren zung des Fokus ( > Abb. 6. 1 8). Anzumerken ist aber, dass der Wert der 1 8 FDG-PET bei strukturellen Hirnläsionen begrenzt ist, die per se mit einem Hypometabolismus einhergehen (z.B. ischämische Läsionen, Tumoren). In diesem Fall und bei wahrscheinlichem extratem poralem Anfallsbeginn ist die iktale SPECT zu bevorzugen: Bei diesem Verfahren erfolgt die Injektion eines CBF-Markers möglichst unmittelbar mit Anfallsbeginn, um die durch die er höhte neuronale Aktivität im epileptogenen Fokus bedingte regionale Perfusionssteigerung abzubilden. Auf Grund der an spruchsvollen Logistik erfolgt die Tracerinjektion idealerweise unter Zuhilfenahme eines I njektionsautomaten unter VideoEEG-Monitoring. Die Anreicherung der CBF-Marker i m Hirngewebe ist innerhalb weniger Kapillarpassagen ( 1 -2 min) ab geschlossen und fortan weitgehend stabil, sodass die eigentliche SPECT ggf. erst 1-2 h nach dem A nfall (bzw. der Tracerin jektion) erfolgen kann, wenn der Patient wieder ausreichend stabilisiert und kooperativ ist. Die iktale SPECT wird in Zu-
I '
228
6 N u klearmedizin
sammenschau mit einer ergänzenden interiktalen SPECT in terpretiert, um einen lokalen CBF-Anstieg optimal nachweisen zu können. Um mögliche CBF-Steigerungen infolge An fallsausbreitung differenzieren zu können, ist die Kenntnis der Anfallssemiologie und des I njektionszeitpunkts erforderlich. Bei der Temporallappenepilepsie besitzt die iktale SPECT eine der interiktalen 1 8FDG-PET vergleichbare diagnostische Ge nauigkeit, während sie bei extratemporalem Fokus etwas hö her sein dürfte (ca. 75%).
wenn auch im Einzelfall von herausragendem Nutzen, sodass wir diesbezüglich auf die weiterführende Literatur verweisen. D ies betrifft insbesondere zerebrovaskuläre Erkrankungen (Ermittlung der zerebralen Perfusionsreserve), paraneoplasti sche Syndrome (Nachweis der ZNS-Manifestation und des Primärtumors mittels 1 8 FDG-PET/CT) und Liquorzirkulati onsstörungen (Nachweis einer Liquor-Leckage).
6.4.4 O n ko l o g i e M ER K E Patienten mit Epilepsie fokalen U rsprungs können von der Resektion des Fokus erheblich profitieren. Es existieren zwei diagnostische An sätze: ln der interiktalen 1 8FDG-PET findet sich im Bereich des epilep togenen Fokus typischerweise ein deutlicher Hypometabolismus. • Mittels der iktalen SPECT lässt sich die iktal erhöhte neuronale Aktivität im epileptogenen Fokus direkt nachweisen u nd lokalisie ren. •
I
Var i a D i e Anwendung neuronuklearmedizinischer Methoden bei an deren Fragestellungen ist von untergeordneter Bedeutung,
W . Weber
U ntersuch u n g en des Tu morstoffwechse l s In malignen Tumoren sind typischerweise der Glukose-, Ami nosäure- und Cholin-Stoffwechsel massiv beschleunigt. Bereits Otto Warburg hat in den 30er Jahren des vergangenen J ahr hunderts beschrieben, dass Tumorzellen wesentlich mehr Glu kose als normale Zellen metabolisieren. D ie molekularen Me chanismen, die den "glykolytischen Phänotyp" von malignen Tumoren hervorrufen, sind nicht abschließend geklärt. Es ist aber klar, dass eine Vielzahl wichtiger Onkogene und Tumor suppressor-Gene, wie Akt, myc und p53, auch eine wichtige Rolle bei der Regulation des G lukosestoffwechsels von malig nen Tumoren spielen.
Abb. 6. 1 9 Normalbefund einer FDG-PET/CT-Ganzkörperuntersuchung. Für die Befundung werden Projektionen der Aktivitätsverteilung, koronale und axiale Schnitte der PET und CT sowie Fusionsbilder erstellt, in denen die Informationen der PET in roten Farben und die der CT in Graustufen erschei nen. [48]
6.4 Klassische Befunde M E R K E
Die hohe glykolytische Aktivität von Tumorzellen ist die G rundlage für PET-Untersuchungen von malignen Tumoren mit dem G lukoseana logon 1 8F-Fiuordeoxyglucose (FOG). M it der FDG-PET können Primärtumoren und Metastasen der meisten malignen Tumoren mit hoher Sensitivität u nd Spezifität erkannt werden. Wichtige Ausnah men sind das hepatozelluläre Karzinom und Prostatakarzinom, die sich nur in fortgeschrittenen und undifferenzierten Stadien in der FDG-PET darstellen lassen. Auch Hirntumoren sind in der FDG-PET nur schwierig darzustellen, da die normale graue S ubstanz physiolo gischerweise einen hohen Glukosestoffwechsel aufweist.
Für die Diagnostik von Hirntumoren werd en vorzugsweise die radioaktiv markierten Aminosäuren 1 1 C-Methionin und 18F-Fluorethyltyrosin eingesetzt, da das Gehirn nur einen ge ringen A m inosäurestoffwechsel aufweist und Tumoren so mit gutem Kontrast dargestellt werden können ( > Kap. 6.4.3). 1 1 C-Cholin und die Cholinanaloga 18F-Fluorcholin und 1 8F Fluorethylcholin werden auf G rund der erhöhten Aktivität von Cholintransportern und des Enzyms Cholinkinase in vielen malignen Tumoren angereichert. Bei den meisten Tumorer krankungen hat die Cholin-PET dabei keine Vorteile gegen über der FDG-PET; lediglich bei Prostatakarzinomen ist sie ihr überlegen. Die Diagnostik dieser Erkrankung ist deshalb das H a uptanwendungsgebiet der Cholin-PET. Neben dem bei den meisten Tumoren gesteigerten Glukose-, A minosäure- und Cholinstoffwechsel lassen sich bei endokri nen und neuroendokrinen Tumoren spezielle Stoffwechselwe ge für die nuklearmedizinische Diagnostik nutzen (s.u.).
229
M E R K E
Umfangreiche klin ische Studien der letzten 20 Jahre haben gezeigt, dass die meisten malignen Tumoren auf G rund ihres stark gesteiger ten Glukoseumsatzes mit hoher Sensitivität und Spezifität nachge wiesen werden können. Nur floride entzündliche Veränderungen, wie Granulome und Abszesse, haben sich als wichtige Differenzialdia gnosen erwiesen. Häufig können diese Erkrankungen aber durch Anam nese oder a ndere klinische Befu nde ausgeschlossen werden.
Bei Vorliegen eines Bronchialkarzinoms e r fa sst die F O G PET/CI metastatische Herde in n o c h nicht verg r ö ß e rt en Lymphkn ot e n während u nspezifisch vergrößerte Lymph knoten in der Regel F O G nicht anreichern. Dadurch können Lymphknotenmetastasen sensitiver und spezifischer als mit der CT allein nachgewiesen werden ( >- Abb. 6.20). D i e ,
Tu mord iag nosti k m i t FDG-PET/CT Klinische Anwendungsgebiete der FDG-PET sind derzeit die Differenzierung von benignen und malignen Raumforderun gen, das Staging von malignen Erkrankungen, die Therapie kontrolle sowie der Nachweis von Tumorrezidiven und ihre Abgrenzung gegenüber narbigen Veränderungen. In der Regel wird die FDG-PET dabei mit einer CI-Untersuchung als so genannte PET/CI-Untersuchung kombiniert, die sich inzwi schen weltweit als ein Standardverfahren für das Staging- und Re-Staging von vielen malignen Tum oren etabliert h at . >- Abb. 6 . 1 9 zeigt die übliche Darstellungsweise von PET/CT Untersuchungen anhand eines Normalbefunds. Die FDG-PET wird am nüch ternen Patienten durchgeführt, damit der Glukose und Insulinspiegel niedrig sind. Ein hoher Glukosespiegel blockiert nämlich die FOG-Aufnahme und -Phosphorylierung in der Tumorzelle; Insulin dagegen stimu liert die FOG-Aufnahme in M uskulatur und Fettgewebe und verringert so den Bildkontrast Bei Patienten mit Diabetes mel litus sollte vor der FDG-PET/CT der Blutzucker gut eingestellt sein. Abb. 6 . 20 Kleine Lymphknotenmetastase ei nes nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms. Der präkarinale Lymphknoten (roter Pfeil) ist in der
CT nicht vergrößert, zeigt aber eine fokale FDG-Anreicherung als Zeichen einer Metastasierung. Gelber Pfeil: Primärtumor in der linken Lu nge. 148]
230
6
Nuklearmedizi n
FDG-P ET/CT macht auch Fernmetastasen sichtbar und be einflusst dadurch bei etwa 20% der untersuchten Patienten das weitere therapeutische Vorgehen. In multizentrischen randomisierten Studien wurde die Anzahl der nichtkurati ven Thorakotomien durch den Einsatz der FDG-PET/CT um etwa 50% gegenüber der konventionellen CI-basierten Dia gnostik gesenkt. So reduzierten sich die Gesamtkosten für Di ag nost ik und Therapie und den Kranken wurden unnöt ige Operationen erspart. Eine ähnliche Verbesserung des Tumorstagings durch den Einsatz der FDG-PET/CT konnte auch für das Ösophaguskar zinom und das maligne Melanom gezeigt w e rden . Kotorektale Karzinome: Die FDG-PET erzielt bei der Dif ferenzierung eines präsakralen Rektumkarzinomrezidivs ge genüber postoperativen Narben eine Sensitivität und Spezifi tät von > 90%. Der frühzeitige Einsatz der FDG-PET ermög licht so eine raschere Diagnostik eines Tumorrezidivs mit besseren ther apeut i schen O ptionen für eine Resektion oder Bestrahlung. Daneben wird die FDG-PET auch zum " Re-Sta ging" bei Verdacht auf Lebermetastasen eingesetzt ( >- Abb. 6.2 1 ) . Vor geplanter Resektion von Lebermetasta sen werden mit der FDG-PET/CT bei 20-25% der Patienten weitere Metastasen in Organsystemen oder Lymphknoten nachgewiesen. Mit der FDG-PET/CT kann bei einigen Tumoren auch das Ansprechen auf eine Chemo- oder Strahlentherapie abge schätzt werden. Durch eine erfolgreiche Behandlung verrin gert sich nämlich der Tumorstoffwechsel in vielen Fällen deutlich früher und ausgeprägter als die Tumorgröße. Da durch können Patienten mit günstiger bzw. ungünstiger Pro-
gnose früher als mit der CI identifiziert werden. Klinisch wird die FDG-PET/CT insbesondere bei malignen Lympho men zur Beurteilung des Therapieansprechens eingesetzt. Diese Lymphome weisen im unbehandelten Zustand einen sehr hohen Glukosestoffwechsel auf. Nach E inleitung einer Chemotherapie normalisiert sich dieser bei Patienten mit gu tem Tumoransprechen innerhalb weniger Tage; i m Gegen satz dazu ändert sich die Größe der Lymphome nur relativ
wenig. Auch nach Abschluss der Therapie bleiben häufig gro ße Raumforderungen zurück, bei denen in der CI n icht zwi schen vitalem Tumorgewebe und narbigen Veränderungen unterschieden werden kann ( >- Abb. 6.22). I n vielen Fällen ist deshalb die FD G-PET die entscheidende Untersuchung zur Unterscheidung zwischen "Respondern" und "Non-Res pondern".
D i a g n osti k d es P rostata k a rz i noms m it Cho l i n-PET/CT Rezidive von Prostatakarzinomen nach Operation oder Strah lentherapie werden fast ausschließlich zunächst durch einen Wiederanstieg des Tumormarkers PSA diagnostiziert. Für die weitere Therapie ist dann entscheidend, ob das Rezidiv auf die Prostata oder die regionalen Lymphknoten beschränkt ist d.h., ob eine erneute Strahlentherapie oder Operation in kura tiver Intention in Frage kommt - oder ob Fernmetastasen vor liegen. M it der Cholin- PET/CT können Lymphknoten- und Skelettmetastasen mit hoher Sensitivität und Spezifität nach gewiesen werden ( > Abb. 6.23) .
Abb. 6 . 2 1 Lebermetastase eines Kolonkar zinoms in der FDG-PET/CT. Links Fusionsbilder
in koranaler Schnittführung. Rechts oben PET in axialer Schnittführung, rechts unten PET/CT-Bi ld fusion in axialer Schnittführung. ]48]
6.4 Klassische Befunde Abb. 6.22 F DG PETI CT nach Abschluss einer Chemotherapie bei großzelligem Lymphom. ln der CT finden sich im Mediastinum zahlrei -
che pathologisch vergrößerte Lymphknoten (rote Pfeile). ln der FDG-PET (unten) und den Fusionsbildern (Mitte) zeigen diese Lym ph knoten keine gesteigerte Stoffwechselaktivität und haben auf die Chemotherapie g ut angesprochen. [48]
Abb. 6.23 (Bild unten) Rezidivierendes Prostatakarzinom in der 18F-Cholin-PETICT. Links Fusionsbilder in koranaler Schnittführung, rechts
axiale Schnitte. Weißer Pfeil: Lymph knotenmetastase, blauer Pfeil: Lokalre zidiv, grüner Pfeil: Skelettmetastase, roter Pfeil: physiologische Ausschei dung von Cholin in die Harnblase. Bei diesem Patienten kommt wegen der Fernmetastase keine lokale Therapie mehr in Frage. [48]
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6 Nuklea rmedizin
D i a g nost i k des Schi ld d rüsenkarz i noms Iodisotope gehören zu den am längsten i n der klinischen Dia gnostik von Tumoren eingesetzten Radiopharmaka. Sie wer den im Körper weitgehend spezifisch und mit sehr hoher Ef fektivität i m Schilddrüsengewebe aufgenommen. Die Iodidauf nahme erfolgt über den sog. Natrium/Iodid-Symporter (NIS), ein Glykoprotein in der Zellmembran. Durch chemische Bin dung an Thyreoglobulin wird das aufgenommene Iodid in den Follikeln der Schilddrüse gespeichert. Papilläre und follikuläre Schilddrüsenkarzinome und ihre Metastasen exprimieren häufig funktionell aktive NIS und �önnen so mit der Radioiodszintigrafie nachgewiesen werden. Voraussetzung hierfür ist ein ausreichend hoher TSH-Spiegel, da die Iodaufnahme in die Tumorzelle durch TSH gesteigert wird. Die Radioiodszintigrafie wird deshalb etwa 4 Wochen nach Thyreoidektomie erstmals durchgeführt, wenn der TSH Spiegel entsprechend angestiegen ist. (Ohne vorangegangene Thyreoidektomie ist der Einsatz der Radioiodszintigrafie auf grund der in der Regel sehr hohen Radioiodaufnahme der nor malen Schilddrüse (bis zu 80% der applizierten Aktivität) nur selten sinnvoll.)
I n der Nachsorge von Schilddrüsenkarzinomen musste lange Zeit die Substitutionsmedikation mit L-Thyroxin etwa 4 Wochen vor der Radioioddiagnostik abgesetzt werden, um einen TSH-Anstieg mit Stimulation der Iodaufnahme im Tu morgewebe zu erzielen. Seit mehreren Jahren steht n un huma nes rekombinantes TSH zur Verfügung, sodass die Hypothyre ose durch Absetzen der Substitutionsmedikation vermieden werden kann. Zur therapeutischen Anwendung von Radioiod siehe >
Kap. 6.5.4.
N e u roend o k r i n e Tu moren Diese gut- oder bösartigen Tumoren, die ihren Ursprung aus dem Neuroektoderm (Neuralleiste) nehmen, sind größtenteils im gastroenteropankreatischen System lokalisiert. Dazu gehö ren z.B. das Dünndarmkarzinoid ( > Abb. 6.24) , das lnsuli nom und das Gastrinom. Verwandt sind die nervenähnlichen Neuroblastome, Phäochromozytome und Paragangliome. Die Tumoren können wegen ihrer Überexpression von So matostatinrezeptoren mit Hilfe der Somatostatinrezeptor Bildgebung dargestellt werden ( > Kap. 6.2.2).
Abb. G . 24 Ka rzinoid des distalen Ileums in der 68Ga-DOTA-TATE-PET/CT. Links: Projektion der Aktivitätsverteilung, Mitte: Fusionsbilder in koranaler und
Pfeil: physiologische Speicherung 1n der Hypophyse. [48] axialer Schnittführu ng,' rechts: CT in axialer und koranaler Schnittführung. Roter Pfeil : Karzinoid, grüner
6.4 Klass ische Befunde
Dafür steht seit vielen Jahren die 1 1 1 I n-DTPA-Octreotid-Szinti grafie zur Verfügung. Sie wird allerdings zunehmend durch die PET/CI mit 68Ga-DOTA-TATE ( > Abb. 6.24) oder 68Ga-DO TA-TOC ersetzt. D ieses Verfahren besitzt eine signifikant höhere Sensitivität und führt zu einer geringeren Strahlenexposition des Körpers. Die 1 8FDOPA-PET/CT ist eine Alternative zur Somatostatin rezeptor-Bildgebung. 18 FDOPA ist eine Modifikation der Ami nosäure L-DOPA (L-3,4-Dihydrophenylalanin), welche für die Therapie der Parkinson-Krankheit eingesetzt wird. In neuroen dokrinen Tumoren wird DOPA als Vorstufe für die Katechola m insynthese aufgenommen und gespeichert. I nsbesondere bei Patienten mit Phäochromozytom und medullärem Schilddrü senkarzinom zeigt die 1 8FDOPA-PET/CT gute Resultate. Metaiodbenzylguanidin (MIBG) ist ein gegenüber dem enzymatischen Abbau stabiles Analogon des Noradrenalins und wird über den Noradrenalintransporter aktiv und spezi fisch in Zellen des postganglionären sympathischen Nerven-
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systems aufgenommen. Die von diesen Zellen ausgehenden Tumoren, wie Neuroblastome, Phäochromozytome und deren Metastasen, haben die Fähigkeit M I BG zu speichern häufig er halten. Somit stellt die M IBG -Szintigrafie ein Standardverfah ren bei diesen Erkrankungen dar. Die diagnostische Genauig keit ist hoch . Neben der D iagnostik wird mit dem ß-Strahler I od- 1 3 1 markiertes MIBG auch in der Therapie von metasta sierten Phäochromozytomen und Neuroblastomen eingesetzt ( > Kap. 6.5.5). M ER KE Die Bildgebung von neuroendokrinen Tumoren erfolgt multimodal, z.B. mit CT, M RT, Ultraschall. Endoskopie und Somatostatinrezeptor Bildgebung . Insbesondere für das Staging von neuroendokrinen Tu moren ist die Somatostatinrezeptor-PET/CT mit 68Ga-DOTA-TATE oder 68Ga-DOTA-TOC den anderen bildgebenden Verfahren überle gen. Die 1 8FDOPA PET/CT ist die Bildgebung der Wahl für die Darstel lung des Phäochromozytoms und medullären Schilddrüsenkarzinoms.
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Abb. 6.25 Typische Skelettszintigrafische Befunde beim Tumorstaging. [48]
a) Beginnende Metastasierung bei Patienten mit Bronchialkarzi nom. b) Ausgedehnte Metastasierung bei Prostata karzinom. c) Zufallsbefund eines Enchondroms im distalen rechten Femur bei einer Patientin mit Mammakarzinom. Die Ätiologie des Befundes im rechten Femur ka nn in der Szintigrafie nicht geklärt werden. in der SPECT/CT (Kasten) lässt sich der Befund aber einer Struktur mit der typischen ., popcornartigen" Verkalkung eines Enchondroms zuordnen.
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6 N uklearmedizin
Skelettsz i nt i g rafie m it 99mTc-ma rkierten B isphospho naten Bisphosphonate werden an neu gebildetes, mineralisierendes Osteoid adsorbiert. Die Anreicherung dieser Substanzen ist somit ein Maß für den Knochenumbau; daneben spielt aber auch der Blutfluss eine Rolle. Seit Mitte der 1 970er Jahre wer den mit Technetium-99m markierte Bisphosphonate für die Diagnostik von Skelettmetastasen eingesetzt ( >- Abb. 6.25). Sie weisen nicht das metastatische Tumorgewebe selbst nach, sondern den infolge der Metastasierung erhöhten Knochen um b a u . Die Knochenumbauprozesse sind h ä ufi g so intensiv, dass sie sich i n der Skelettszintigrafie um Monate eher abbilden als in konventionellen Röntgenaufnahmen. Frühstadien ei ner Metastasierung, die auf das Knochenmark beschränkt sind, werden in der Skelettszintigrafie allerdings n icht sicht bar. Das trifft auch für rein osteolytische Metastasen zu ( > Abb. 6.26).
Neben Skelettmetastasen kann eine Vielzahl anderer Pro zesse zu einer gesteigerten Knochenneubildung führen. Bei spiele sind gutartige Tumoren, arthrotische und arthritische Veränderungen, aber auch reparative Vorgänge nach einem Trauma. Ein positiver Befund in der Skelettszintigrafie erfor dert deshalb in der Regel eine bildgebende Bestätigung durch Röntgenaufn ahmen, CT oder MRT. Auch die SPECT/CT kann in manchen Fällen zwischen den unterschiedlichen Ur sachen für eine gesteigerte Knochenneubildung differenzie ren ( >- Abb. 6.25). M ER KE Der Einsatz der Skelettszintigrafie beim primären Staging ist kli nisch sinnvoll bei Tumorentitäten, die hä ufig in das Skelett metasta sieren, sowie bei Patienten mit klinischen Symptomen einer Metas ta si e r u ng , um da s Ausmaß des metastatischen Befa l l s feststellen und weitere lokale und systemische Therapiemaßnahmen planen zu kön nen.
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Abb. 6.26 Ausgedehnte Osteolysen in der Wirbelsäule. D ie S kelettszintigrafie (linke Seite) zeigt Kompressionsfrakturen in der BWS und LWS (rote Pfeile). Die weiteren ausgedehnten Osteoly sen in der gesamten Wirbelsäule (CT rechts, sagit tal) zeigen sich in der Szintigrafie nicht. [48]
6.4 Klassische Befunde
235
l Abb. 6 . 2 7 Sentinei-Node-Szintigrafie. 123] [48]
a) Planare Aufnahmen bei Mammakarzinom rechts B lauer Pfeil: l njektionsstelle, roter Pfeil: Sentinei-Lymphknoten. .
b) Sentinei-Node-SPECT/CT bei Mammakarzinom rech ts (andere Patientin) Bei schwieriger anato mischer Lage kann der Lymphknoten in der SPECT/ CT lokalisiert werden.
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Lym phszi ntig rafie mit 99mTc- m a r k ie rten Kol lo i d e n ( " Senti nei-Node " - Szi ntig rafie)
6.4.5 E nd o k r i n o l og i e D. Wild und W. Weber
Bei Vorliegen eines Mammakarzinoms oder malignen Mela noms werden mit Technetium-99m markierte Kolloide zur präoperativen Darstellung des Lymphabflusses eingesetzt. Ziel ist es, den sog. Wächterlymphknoten (sentinel node) auf zufinden ( >- Abb. 6.27). Der Wächterlymphknoten ist der erste Lymphknoten im Lymphabflussgebiet eines malignen Tumors. Ist dieser Lymphknoten tumorfrei, kan n davon aus gegangen werden, dass auch die übrigen regionalen Lymph knoten n icht metastatisch befallen sind. Durch die Identifika tion des Wächterlymphknotens wird also ein Lymphknoten staging ohne Ausräumung der gesamten regionalen Lymph knoten m öglich. Zum Nachweis des Wächterlymphknotens wird peritumoral ein radioaktiv markiertes Kolloid injiziert, das über die Lymph bahnen zu dem Wächterlymphknoten transportiert wird und sich hier ablagert. Durch szintigrafische Aufnahmen und Son denmessungen kann der Wächterlymphknoten identifiziert und markiert werden; anschließend wird er nach einer geziel ten Inzision intraoperativ durch Sonden messungen lokalisiert, selektiv entfernt und histologisch aufgearbeitet. Dieses Verfah ren wird vor allem für das S taging von Mammakarzinomen und malignen Melanomen e i nges et z t und senkt de u t li c h die mit einer Lymphknotendissektion verbundene Morbidität, insbesondere die Häu figkeit postoperativer Lymphödeme.
In Deutschland ist die Szintigrafi.e der Schilddrüse die m it Ab stand häufigste nuklearmedizinische Untersuchung. Der Schwerpunkt dieses Abschnitts liegt deshalb auf der Schilddrü sendiagnostik.
Stra h l e n exposition Die effektive Dosis der in diesen Abschnitt dargestellten PET-Un tersuchungen mit 18F-FDG, J HF-Cholin, 1 RFDOPA oder 68Ga-DOTA-TOC beträgt mit modernen PET-Geräten jeweils 3 -4 m Sv. Die SPECT - U n tersuchungen m i t 1 1 1 1n-Octreotid und 1 23!-M IBG verursachen eine effektive Dosis von etwa 12 mSv bzw. 5 mSv. Zur Strahlenexposition bei der Skelettszintigrafie siehe >- Kap. 6.4.6.
Szi ntig rafie der Sch i l d d rüse Für die Schilddrüsenszintigrafie wird hauptsächlich 99111Tc Pertechnetat verwendet, das aus dem Technetiumgenerator kostengünstig zur Verfügung steht und - da es eine ähnliche Größe und Ladung wie I odid besitzt - von Schilddrüsenzellen über den Natrium/Iodid-Symporter aufgenommen wird 1 ( >- Kap. 6.2.4, >- Kap. 6.4.4). Die Aufnahme von 99 11Tc-Per technetat über den Natrium-lodid-Symporter ist in der Regel ausreichend, um die Schilddüse und Schilddrüsenknoten mit gutem Kontrast darzustellen. Mit 123Iodid kann ei n deutlich höherer Bildkontrast erzielt werden, da 1 23Iodid in Schilddrü senhormone eingebaut und gespeichert wird. Im Gegensatz dazu wird Perleebnetat wieder ausgewaschen. Die Szintigrafie mit 1 23 Iodid w i rd deshalb eingesetzt, wenn ein besonders sen sitiver Nachweis von Schilddrüsengewebe erforderlich ist, z.ß. bei der Abklärung einer Athyreose oder bei Verdacht auf eine Zungengru ndstruma. Die Aufnahme von Iodid und Pertechnetat in der Schilddrü se wird über das Hormon TSH (Thyroidea stimulierendes H or mon) der Hypophyse reguliert. Ist der TSH-Spiegel niedrig (supprim iert), so nehmen normale Schilddrüsenzellen kein Io did (bzw. Pertechnetat) auf. Bei hohem TSH -Spiegel wird da gegen die Jodidaufnahme und Schilddrüsenhormonsynthese stim uliert. Die Schilddrüsenhormone (Triiodthyronin [T3] und Levothyroxin [T4 ] ) unterdrücken wiederum die Produkti on von TSH. Über diesen Regelkreis werden beim Gesunden die Konzentrationen der Schilddrüsenhormone in einem en gen Rahmen konstant geh al t en ( >- Abb. 6.28).
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6 Nuk learmedizin
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Abb. 6.28 Regelkreis für die Produktion von Schilddrüsenhormo nen. 148]
In jodmangelgebieten wie Deutschland komm t es jedoch sehr häufig zur Ausbildung einer sog. Schiiddrüsenautono mie. Bei dieser Erkrankung ist der TSH-Rezeptor der Schild drüsenzellen konstitutiv aktiv, sodass auch ohne Stimulation durch TSH I odid und Pertechnetat aufgenommen und Schilddrüsenhormone produziert werden. Die Schilddrüsen autonomie ist in Deutschland die häufigste Ursache der Hy perthyreose. Die Schilddrüsenautonomie wird mit H ilfe der Szintigrafie nachgewiesen. Der beweisende Befund ist eine 99mTc-Pertech netat-Aufnahme in der Schilddrüse oder in Schilddrüsenkno ten trotz eines supprimierten TSH-Werts. Die Schilddrüsenautonomie kann in der Schilddrüse einen Knoten { unifokale Autonomie oder autonom es Adenom), mehrere Knoten {multifokale Autonomie) oder diffus das ge samte Schilddrüsengewebe betreffen (diffuse Autonomie). Typische Beispiele für diese Autonomieformen sind in > Abb. 6.29 dargestellt.
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MERKE Auf G rund der großen Häufigkeit von autonomen Adenomen i n Deutschland ist d i e Schilddrüsenszintigrafie d a s primäre Verfahren von neu diagnostizierten Schilddrüsenknoten mit einem Durchmesser von 1 cm oder mehr. Durch den Szintigrafischen Befund eines auto nomen Adenoms kann ein maligner Schilddrüsentumor ausgeschlos sen werden.
Verschiedene Schilddrüsenknoten zeigen eine gegenüber dem normalen Schilddrüsengewebe verminderte Pertechnetatspei cherung. Dies sind z.B. Schilddrüsenzysten, nicht funktionell aktive Adenome, aber auch Schilddrüsenkarzinome. Im Gegen satz zu den vermehrt speichernden autonomen Adenomen ("heiße Knoten") werden die hypofunktionellen Knoten als "kalte Knoten" bezeichnet. Hypofunktionelle Knoten in der Szintigrafie müssen in der Regel mit einer Feinnadelpunktion weiter abgeklärt werden. Neben der Schilddrüsenautonomie zeigen auch Autoimmun erkrankungen der Schilddrüse ein typisches Bild in der Schild dri.isenszintigrafie. Bei der Immunhyperthyreose (Morbus Ba-
d
Abb. 6.29 Typische Befunde in der Schilddrüsenszintigrafie. l23] j48]
a) Normalbefund. b) Unifokale Autonomie. c) M ultifokale Autonomie.
d) Dissemin ierte Auto nomie.
6.4 Klassische Befunde
237
Szi nt i g rafie der Nebensch i lddrüsen Sie dient dem Nachweis von Nebenschilddrüsenadenomen bei erhöhtem Kalzium- oder Parathormonspiegel im Blut. 99 111Tc M IBI reichert sich in Nebenschilddrüsenadenomen an. Grund dafür ist wahrscheinlich die gute Perfusion der Adenome und eine hohe Dichte von M itochondrien in den Adenomzellen. Die Nebenschilddrüsenszintigrafie mit 99'"Tc-MIBI ist vor al lem hilfreich, um ektope Adenome nachzuweisen, die in der Sonografie nicht dargestellt werden können. > Abb. 6.3 1 zeigt ein Beispiel.
6.4.6 O rt h o pä d i e u n d Tra u mato l o g i e
W . Weber
Abb. 6.30 Schilddrüsenszintigrafie bei Autoimmunerkrankungen der Schi lddrüse. Oben Befund bei Morbus Basedow. unten bei Hashimo to-Thyreoiditis. [23! [48!
sedow) wird die Pertechnetataufn ahme der Schilddrüse durch stimulierende TSH- Rezeptor-Antikörper massiv angeregt. Szintigrafisch findet sich eine stark erhöhte Pertechnetatspei cherung bei supprimiertem TSH -Spiegel. Die Differenzierung von einer disseminierten Schilddrüsenautonomie gelingt über den Nachweis von TSH- Rezeptor-Antikörpern im Serum. Bei der Autoimmunthyreoiditis Hashimoto kommt es dagegen durch den Entzündungsprozess zu einem Verlust an Schild dri.i senparenchym. Dies führt zu einer niedrigen Pertechnetat speicherung trotz eines hohen TSH-Spiegels ( > Abb. 6.30).
Abb. 6.31 Darstel l ung eines retrosternalen Nebenschilddrüsenadenoms in der 99mTc M I BI -Szintigrafie. Links: planare Aufnah me,
rechts koranaler Schnitt ei ner SPECT. Grüne Pfeile: physiologische MIBI-Speicherung der Schilddrüse, rote Pfeile: retrosternales Nebenschilddrüsenade nom. [48]
Hier beruht die nuklearmedizinische Diagnostik im Wesentli chen auf der Skelettszintigrafie mit 99111Tc-markierten Phos phonaten ( > Kap. 6.4.4), die sich an neu gebildete Knochen matrix anlagern. Die Skelettszintigrafie wird h äufig in der sog. Dreiphasen technik ( > Abb. 6.32) durchgeführt, d.h., es werden Aufnahmen zu drei Zeitpunkten angefertigt: • unm ittelbar nach der Tracerinjektion als Sequenzszintigra fie zur Beurteilung der regionalen Perfusion • im Anschluss als sog. frühstatische oder Blood-Pool-Szintigrafie zur Beurteilung der Gefaßpermeabilität und des re gionalen Blutvolumens • als spä t sta ti sche Szintigrafie, die die Bindung der Phos phanare an die Knochenmatrix 3-4 Stunden nach I njektion darstellt Für die anatomische Zuordnung von Szintigrafischen Verände rungen wird die multimodale Bildgebung mit SPECT/CT ein gesetzt ( > Abb. 6.2, > Abb. 6.25). Alternativ zu den 99111Tc-Phosphonaten kann auch eine PET mit 1 8F-Fiuorid für die Skelettdiagnostik eingesetzt werden. Fluorid hat einen ähnlichen Anreicherungsmechanismus wie die Phosphonate; der Vorteil der PET liegt in der höheren Sen sitivität und räumlichen Auflösung.
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6 Nuklearmedizin
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Abb. 6.32 Dreiphasen-Skelettszintigrafie bei Osteosarkom im distalen linken Femur. a) Perfusionsphase, b) frü hstatische Aufnahmen, c) spät statische Aufnahmen des Femurs und Ganzkörpers. Der Tumor zeigt eine deutlich vermehrte Perfusion u nd erhöhtes Blutvolumen in den ersten beiden Phasen der Szintigrafie. ln den spätstatischen Aufnahmen wird die ausgeprägte Knochenneubildu ng im Tumor und umgebenden Skelett sichtbar. [48]
Um Entzündungsprozesse nachzuweisen, werden ergänzend zur beschriebenen Skelettdiagnostik radioaktiv markierte Leukozy ten verwendet. Die Leukozyten werden ex vivo mit 1 1 1 In-Oxim oder 99111Tc-HMPAO radioaktiv markiert. Nach Re-Injektion kann ihre Verteilung über einen (99111Tc) oder zwei bis drei Tage ( 1 1 1 In) verfolgt werden. Es lassen sich floride bakterielle Entzündungen nachweisen, wo Leukozyten zum Ort der Entzündung migrieren.
K l i n ische Anwe n d u n gsgebiete Typische Anwendungsgebiete der nuklearmedizinischen Dia gnostik in der Orthopädie und Traumatologie sind: • Lockerung von Implantaten • Infekte von Prothesen • Aktivität und ossäre Beteiligung von entzündlichen Gelenk veränderungen
Nachweis von frischen Frakturen und Differenzierung ge genüber älteren Frakturen • Nachweis von malignen Knochentumoren und Differenzierung von benignen Veränderungen Bei all diesen Prozessen kommt es zu einer Knochenneubil dung, die durch die Skelettszintigrafie empfindlich nachgewie sen werden kann. Als Beispiele für die Skelettszintigrafie bei entzündlichen Gelenkerkrankungen zeigt >- Abb. 6.33 eine septische Arthri tis mit Streuherden in beiden Kniegelenken sowie in der Wir belsäule. •
Stra h lenexposition Die Skelettszintigrafie nach Gabe von Phosphonaten ist mit ei ner effektiven Dosis von 3-4 mSv verbunden.
6.4 Klassische Befunde
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Abb. 6.33 Septische Arthritis beider Kniegelenke in der Dreiphasen-Skelettszintigrafie und SPECT/CT. ln der Perfusionsphase (a) zeigt sich
eine ausgeprägte Hyperperfusion beider Kniegelenke. ln der spätstatischen Phase (SPECT/CT; b) findet sich eine ausgeprägte Knochenneubi ldung. ln der CT sind ausgeprägte knöcherne Arrosionen sichtbar (b). Die frühstatischen Ganzkörperaufnahmen zeigen zusätzlich entzündliche Herde in der BWS u nd LWS (c, rote Pfeile), die auch in den spätstatischen Aufnahmen sichtbar sind (d). Die MRT bestätigt eine mu ltisegmentale Spondylodiszitis der LWS (e, links) und BWS (e, rechts) [48]
6.4.7 N e p h ro log i e u n d U ro l og i e W . Weber Die n uklearmedizinische D iagnostik i n der Nephrologie und U rologie wird zum größten Teil mit 99111Tc-MAG3 (Mercap toacetyltriglyzin) durchgeführt. Dieses Radiopharmakon wird in der Niere glomerulär filtriert und zusätzlich von den proxi malen Tubuluszellen aktiv über den Organic Anion Trans po r ter 1 (OAT l ) aus dem Blut aufgen o m m en . Die renale Aufnahme von 99 mTc-MAG3 ist daher s ign i fi ka n t höher als die des alterna tiv einsetzbaren 99m Tc-DTPA, das nur glomerulär filtriert wird. I n sb eso nd e re bei N iereninsuffizienz ist deswegen die Darstel lung der N ieren mit 99111Tc-MAG3 b ess er als mit 99111Tc- DTPA. Ein we i t er es in der n ep hrol og i schen und urologischen Dia gnostik eingesetztes Radiopharmakon ist 99mTc- Dimercapto succinat ( DMSA). lm Gegensatz zu 99111Tc-MAG3 wird 99111Tc DMSA von den Tub u l us zellen nicht ausgeschieden, sondern g espe i c hert . Mit der 99111Tc - D M SA-Szintigrafie kann somit der Urinabfluss nicht beurteilt werden. Der Bildkontrast ist jedoch im Vergleich zu 99 mTc-MAG3 höher und die Nieren können bei schwerer N i ere ni n s uffi zie n z besser dargestellt we rden .
N ierenfun ktionssz i nt i g rafie Die Untersuchung der Nierenfunktion w i rd typischerweis e als Sequenzszintigrafie mit 99111Tc-MAG3 über 30 Minuten durchgeführt. 99111Tc-MAG3 wird nach intravenöser Injektion rasch von den Nieren aufgenommen und innerhalb der U n t er suchungszeit nahezu komplett wieder renal ausgeschieden ( > Abb . 6.34). Die Plasmaclearance von 99111Tc - MAG3 ist so
m it ein Maß für die N ierenfun ktio n. I n der Nierenszintigrafie lassen sich m eh r ere Phasen unter scheiden: Während der Perfusionsphase, die bis etwa 1 m i n n a c h Tracerinjektion dauert, ist die Aufnahme von 99111TC MAG3 durch den B lu t fl uss und nicht durch den aktiven Trans
port in der N iere dominiert. Es schließt sich die Funktions phase an, die bis etwa 2-3 min nach der Tracerinjektion dau ert. Während der Funktionsphase bestimmen glomeruläre Fil tration und aktiver Transpo rt in die Tubuluszelle die lntensität der N ierenspeicherung. B is dahin hat noch keine wes entliche Aktivitätsmenge die N iere über die ableitenden Harnwege ver lassen. Die Funktionsphase ist somit entscheidend für die Be urteilung der Nierenfunktion .
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6 N uklearmedizin
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Perfusion/F u n ktion
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9:00 min
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1 9:30 min
24:00 min
30:00 min
Exkretion Abb. 6.34 Normale N ierenfunktionsszintigrafie. l23] l48]
Nach der Funktionsphase folgt die Exkretionsphase (Clea rance), die bis zum Ende der U ntersuchung dauert. Während dieser Zeit wird die Aktivität aus dem N ierenbecken nahezu komplett in die Blase ausgeschieden. Werden die I mpulsraten über den Nieren über die Zeit aufge tragen entstehen die sog. Nephrogrammkurven ( >- Abb. 6.35 ). Entsprechend der raschen renalen Aufnahme von 99111Tc-MAG3 zeigen diese Kurven nach etwa 3 Minuten ( zum Ende der Funk tionsphase) ein Maximum. In der Exkretionsphase folgt ein konkavbogiger AbfaU der Nephrogrammkurven.
K l i n ische Anwend u ng Typische klinische Anwendungen der Nierenfunktionsszinti grafie mit 99"'Tc-MAG3 sind: • Bestimmung der seitengetrennten Nierenfunktion vor operativen Eingriffen, bei denen eine Niere geschädigt oder entfernt werden muss • Beurteilung des postrenalen Abflusses bei Verdacht auf Obstruktion oder Reflux, insbesondere bei Kindern
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Linke Niere
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Rechte Niere
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Zeit (s)
Abb. 6.35 Bestimmung der seitengetrennten N ierenfunktion aus den Nephrogrammkurven. [48]
241
6.4 Klassische Befunde
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b
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15 min
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25 min
30 min
c
Abb. 6.36 Nierenfunktionsszintigrafie bei proximaler Ureterstenose rechts. in der Funktionsszintigrafie akkumul iert d ie Aktivität kontinuierlich
im Nierenbecken (a). Die zugehörige Nephrogrammkurve der rechten N iere zeigt einen sog. Akkumulationstyp (b). Auch nach Furosemid i.v. fließt d ie Akti vität nicht aus dem rechten Nierenbecken ab (c). [48]
Die Bestimmung der seitengetrennten Nierenfunktion erfolgt aus den Nephrogrammkurven der linken und rechten Niere während der Funktionsphase ( > Abb. 6. 35). Je größer die Flä che unter dieser Kurve ist, desto effektiver hat die jeweilige N iere 99111 Tc-MAG3 aus dem Blut extrahiert. Die relative Funk tion einer Niere berechnet sich aus dem Verhältnis der Fläche unter ihrer Nephrogrammkurve zu der Summe der Flächen unter beiden Nephrogrammkurven. Bei einer Obstruktion der ableitenden Harnwege kommt es zu einer kontinuierlichen Akkumulation von �9111Tc-MAG3 im erweiterten Nierenbecken ( > Abb. 6.36a, b). Ein erweitertes N ierenbecken und eine verzögerte Ausscheidung sind aber kein Beweis für eine Obstruktion. So kann z.B. das Nierenbe cken auch anlagebedingt oder durch Reflux erweitert sein. Auf G rund des größeren Volumens eines erweiterten Beckens ist der Abfluss auch ohne Obstruktion verlangsamt, da sich die Aktivität zunächst mit dem U rin in dem erweiterten N ierenbe cken mischt, bevor sie abfließt. Eine relevante Obstruktion wird deshalb durch den sog. "Furosemid-" oder "Lasix"-Test" nachgewiesen. Dabei wird der U rinfluss nach Abschluss der Funktionsszintigrafie durch intravenöse I njektion von 20-40 mg Furosemid stimuliert.
Liegt keine Obstruktion vor, führt dies zu einem raschen Ab fluss der Aktivität aus dem N ierenbecken ( > Abb. 6.37); im Falle einer Obstruktion passiert das n icht ( >- Abb. 6.36c). In der Klinik hat sich eine mindestens 50%ige Abnahme der Akti vitätsbelegung innerhalb von L 0- 1 5 M inuten als Kriterium zum Ausschluss einer Obstruktion bewährt. Die statische N ierenszintigrafie mit 99 111Tc-DMSA wird vor allem eingesetzt, um Parenchymnarben nach I n fekten nachzuweisen. Dazu ist die statische Nierenszintigrafie auf G rund der höheren und stabilen Anreicherung von 99 "'Tc DMSA besser geeignet als die Nierenfunktionsszintigrafie, bei der die Aktivität rasch aus dem Parenchym in das N i eren becken übertritt.
Stra h lenexposit ion Auf G rund der raschen renalen Ausscheidung beträgt die Strahlenexposition du rch die Nierenfunkt ionsszintigrafie nur 0,2-0,9 mSv. Die Höhe der Dosis hängt vor allem davon ab, wann nach der Untersuchung die Blase entleert wird.
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6 N u klearmedizin
242
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b Abb . 6.37 Nierenfunktionsszintigrafie bei erweitertem linken Nierenbecken ohne Obstruktion. ln der Funktionsszint igrafie des einjährigen
Kindes akkumuliert die Aktivität im linken Nierenbecken (a). Nach i.v. Gabe von Furosemid kommt es aber zu einer raschen Ausscheidung der Aktivität aus dem linken Nierenbecken (b). Die zugehörige Zeit-Aktivitäts-Kurve zeigt einen Abfall u m 50% innerhalb von 7 Minuten. Roter Pfeil: Urin in der Windel. l48]
6.5 N u k l ea r m ed i z i n i sch e T h e ra p i e
•
D. Wild
6. 5 . 1 G ru n d la g e n •
Bei der nuklearmedizinischen Therapie werden Radionuklide eingesetzt, die erkranktes Gewebe selektiv bestrahlen. Ge wünscht ist eine möglichst hohe Aktivität im Zielgewebe bei möglichst niedriger Strahlenexposition für die nicht krankhaft veränderten Gewebe. Therapeutisch eingesetzte Radionuklide sind hauptsächlich Betastrahler mit einer mittleren Reichweite im Gewebe von weniger als 1 cm. Alphastrahler kommen derzeit nur in klinischen Studien zur Anwendung. Sendet das verwendete Radionuklid neben der Beta- auch Gamma strahlung aus (z.B. 1 3 1 1 , 177Lu), kann man diese Strahl ung zur Anfertigung eines Szintigramms zur Therapiekontrolle nutzen ( > Tab. 6.6). Pri nz ip i ell kann das therapeutische Radiopharmakon lokal oder systemisch appliziert werden:
Bei der lokalen Therapie wird das Radiopharmakon z.B. di rekt über einen Femoralkatheter in die Leber i nj iziert (z.B. 90Y- Mikrosphären) oder i n einen vorbestehenden Hohl raum, wie z.B. ein Gelenk (9°Y und 186Re), appliziert. Bei der systemischen Therapie erfolgt die Gabe entweder per os oder intravenös. Die Anreicherung am Zielort erfolgt in der Regel spezifisch über Stoffwechselvorgänge (z.B. 1 " I ) , über Rezeptoren (z.B. 1 77Lu-DOTA-TATE) oder über Zell oberflächenstrukturen, an die Antikörper binden.
6.5. 2 G esetz l i c h e Vorg a be n
I n Deutschland müssen die meisten Therapien mit offenen radio aktiven Stoffen, wie z.B. Radioiodtherapie, Radiopeptidtherapie und M I BG- TI1erapie, stationär in eigens hierzu eingerichteten Therapiestationen durchgeführt werden. Dabei ist ein mindestens 48-stündiger Aufenthalt vorgeschrieben; die Entlassung darf erst erfolgen, wenn eine bestimmte Restaktivität unterschritten ist.
6 . 5 Nuklearmedizinische The r a p i e
Tab. 6.6 Übersicht über nuklearmedizinische Therapiemöglichkeiten. Name
Indikation
Anreicherungsmechanismus
Radiopharmakon
Rad ioiodtherapie
Schildrüsenautonomie, Morbus Basedow, Struma, Schilddrüsenkarzinom
aktive Aufnahme in Schilddrüsenzellen (Natrium/lodid-Symporter)
Natriumiodid
Ra diope ptidthera pi e
neuroendokrine Tumoren
Spezifische Bindung am Somatostatin-
DOTA-TOC DOTA-TATE SIRSpheres® TheraSpheres ®
Selektive interne Radiotherapie (SI RT)
hepatozelluläres Karzinom, cholangiozelluläres Karzinom, Leberm etasta sen
rezeptor Injektion in Leberarterien, Embolisation
follikuläres NHL vom B-Zei i-Typ
spezifische Antikörperbindung an CD20
MI BG-Therapie
Neuroblastom, Paragangliom, Phäochromozytom rheumatoide Arthritis, aktivierte Arthrose
Speicherung in neurosekretorischen Gra- Metaiodobenzylnula guanidin Eiweißkolloid Injektion in das betroffene Gelenk
ossäre Metastasen
Anlagerung an die Knochenoberfläche
Palliative Therapie von Skelettmetastasen
6.5.3 R a d i o i odt h e r a p i e vo n ben ig n e n
Sc h i l d d rüse n e rk ra n k u n g e n
Das für die Radioiodtherapie verwendete Radionuklid 1 3 1 I wird oral (als Kapsel) verabreicht und rasch und vollständig im Dünndarm resorbiert. Wie das mit der Nahrung aufgenomme ne nichtradioaktive Iod wird es in der Schilddrüse konzent riert. Die Betastrahlen von 1 3 1 I bewirken Schäden in der DNA, die letztlich zur Einleitung des programmierten Zelltods (Apo ptose) führen.
I n d i kationen Morbus Basedow (immunogene Hyperthyreose) v funktionelle Autonomie (nicht immunogene Hyperthyreose) J euthyreote Struma -v Die B asedow-Hyperthyreose wird zunächst ein Jahr lang me dikamentös mit Thyreostatika behandelt. Erst wenn es nach einem Auslassversuch zu einer Rezidivhyperthyreose kommt (womit bei etwa 60% der Patienten zu rechnen ist), wird eine Radioiodtherapie oder Operation empfohlen. Dabei wird je weils ein aggressives Vorgehen (nahezu vollständige Ausschal tung der Schilddrüsenfunktion) angestrebt. Die Erfolgsrate der Radioiodtherapie liegt bei der Basedow-Hyperthyreose bei 90%. Allerdings stellt sich, wie auch bei der Operation, an schließend eine Hypothyreose ein, die mit Schilddrüsenhor monen behandelt werden muss. Eine funktionelle Autonomie, welche im Jodmangelgebiet Deutschland nach wie vor häufig auftritt, sollte - wenn gleich zeitig eine Hyperthyreose vorliegt - unmittelbar nach Diagno sestellung durch Radioiodtherapie oder Operation beseitigt •
•
I;t\i!I!.I !115@I 1 31 1
I
90 y
1 77 Lu
90y
Bevacizumab Tositumomab
Radioimmunetherapie
Radiosynoviorthese
243
B isphosphonate, z.B. E DTM P HEDP ,
90y 1 B6 Re 1 69Er
1 53 5m 1 86 Re
werden. Die Indikation zur Radioiodtherapie kann aber auch bei (noch) euthyreoter Stoffwechsellage bestehen; dies gilt ins besondere für ältere Patienten mit zusätzlich bestehenden ta chykarden Rhythmusstörungen sowie für Patienten mit großem Autonomievolumen. Diese Empfehlung resultiert unter ande rem aus der Tatsache, dass Patienten mit unentdeckter funktio neller Autonomie bei einem Iodexzess (z.B. im Rahmen einer kontrastmittelgestützten CT) durch eine eventuelle thyreotoxi sche Krise gefahrdet sind ( > Kap. 5.2.2). Da die funktionell autonomen Bezirke bevorzugt 1311 anreichern ( > Abb. 6.38) , ist die Erfolgsrate der Radioiodtherapie m i t > 90% und einem posttherapeutischen H ypothyreoserisiko von etwa 10% exzel lent. Bei großen Strumen mit Euthyreose ist die Radioiodhera pie nicht die Therapie der ersten Wahl. Sie verkleinert die Stru ma um etwa 50%. Bei Patienten mit erhöhtem Operationsrisi ko, z.B. bei Rezidivstruma oder schweren Begleiterkrankun gen, kann eine Radioiodtherapie jedoch sinnvoll sein.
Vorbere itu ng u n d D u rchführung E s ist darauf zu achten, dass vor einer Therapie mit 1 3 1 I ein Iod Exzess, z.B. durch iodhaltige Kontrastmittel, Medikamente (z.B. Amiodaron) oder Nahrungsergänzungen, vermieden wird, denn eine mit I od abgesättigte Schilddrüse kann auch kein 131 Iod mehr aufnehmen. Die zu verschreibende Aktivität basiert bei benignen Schilddrüsenerkrankungen auf empirisch ermittelten Herddosen (z.B. 250-300 Gy bei Morbus Base dow). Sie wird für jeden Patienten durch die Testgabe einer kleinen Menge von 1 3 1 1 in einem sog. Radioiodtest ermittelt. 1 3 1I wird für die ll1erapie per os appliziert.
244
6 N u klearmedizin
6.5.4 R a d i o i od t h e ra p i e von m a l i g ne n
Sch i l d d rüse n e r k ra n k u ng e n
a
b
Während die Radioiodtherapie bei gutartigen Schilddrüsener krankungen eine Alternative zur Operation darstellt, wird sie beim Schilddrüsenkarzinom additiv und adjuvant eingesetzt. D ie einzige Ausnahme stellt das papilläre Schilddrüsenkarzi nom im Frühstadium (pT l a; Tumordurchmesser S: 1 cm) dar. H ier ist nach der Operation keine adjuvante Radioiodtherapie notwendig. Bei allen weiteren papillären und bei follikulären Karzinomen ist auch nach scheinbar kompletter Strumektomie eine postoperative Radioiodtherapie obligat ( > Abb. 6.39). Erst sie gewährleistet eine ausreichende 1 3 1 1 -Speicherung i n Metastasen oder Rezidivtumoren. Und erst wenn alle Zellen, die Thyreoglobulin bilden (Thyreozyten und maligne transfor mierte Thyreozyten), beseitigt sind, kann Thyreoglobulin als Tumormarker eingesetzt werden,
Vorberei t u n g u n d D u rchfü h ru n g Auch i n diesem Fall sollte eine Iodkontamination v o r der Ra dioiodtherapie vermieden werden. Die Wirksamkeit der ablati ven Radioiodtherapie und der Radioiodtherapie von Metasta sen hängt vom TSH-Spiegel ab; günstig ist ein basales TSH > 30 mU/1. Dieser Wert ist in der Regel 3-5 Wochen nach Thy reoidektomie oder Absetzen einer Levothyroxin (T4)-Medikati on erreicht.
I
Erg e b n i sse c
Abb. 6.38 Radioiodtherapie bei unifokaler Sch ilddrüsenautono mie. [48]
a) Sch ilddrüsenszintigrafie mit 99mTc-Pertechnetat: .. heißer " Knoten im rechten Schilddrüsen Iappen, einem autonomen Adenom entsprechend . Das gesunde Schilddrüsengewebe ist unter TSH·Supprimierung nicht sichtbar. b) Nach erfolgreicher Therapie mit 1 3 1 1 stellt sich der vormals .. heiße " Kno ten " kalt " dar. Gleichzeitig kommt das gesunde Schilddrüsengewebe wie der normal zur Darstellung. c) Normale Schilddrüsenszintigrafie zum Vergleich.
N e benwirkungen u n d Risi ken Nebenwirkungen nach Radioiodtherapie von benignen Schild drüsenerkrankungen sind selten und in der Regel harmlos. I nsbesondere wurde nie ein Risiko für die Induktion eines Zweittumors nachgewiesen. Allergische Reaktionen auf Radio iod treten selbst bei Patienten mit einer I odallergie nicht auf, da die verabreichte Iodmenge weit unter der täglich mit der Nahrung zugeführten Iodmenge liegt.
Die Heilungschancen sind nach Operation und Radiotherapie bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen sehr gut. Die 1 0-Jahres Überlebensrate beträgt bei papillären Schilddrüsenkarzinomen > 90% und bei follikulären Schilddrüsenkarzinomen etwa 80%. Die applizierten Aktivitäten sind bei der Radioiodtherapie des Schilddrüsenkarzinoms wesentlich höher als bei der Thera pie gutartiger Erkrankungen. Es besteht deshalb ein geringes (ca. 1 % ) Risiko für Leukämien, die mit einer Latenz von > 5 Jahren nach kumulierten Aktivitäten > 30 GBq auftreten kön nen. Eine andere Nebenwirkung nach wiederholten Radioiod therapien ist die Schädigung der Speicheldrüsen. Vor allem bei ossären Metastasen kann es auch zu einer Knochenmark depression kommen. M E R K E
Die Radioiodtherapie wird ei ngesetz t : alternativ zur O pe ratio n bei benignen Schilddrüsenerkran kungen: Schilddrüsenautonomie, lmmunhyperthyreose, Struma • adjuvant und additiv zur Operation beim Schilddrüsenkarzinom (Komplettierung der Ablation) • bei Radioiod speichernden Metastasen des Schilddrüsenkarzi noms •
6.5 Nuklearmedizinische Therapie
245
Abb. 6.39 Papilläres Schilddrüsenkarzinom nach totaler Thyreoidektomie und Lymph· adenektomie. [50]
a) Das posttherapeutische Ganzkörperszintigramm nach der ersten Therapie mit 131 1od zeigt im ehe maligen Schilddrüsenbett Radioiod speicherndes Schilddrüsenrestgewebe (-). ansonsten eine 1 physiologische Verteilung von 13 1 in den Ausschei· dungsorganen. 1 1 b) Kontrollszintigrafie mit 3 1 nach der zweiten Radioiodtherapie: regelrechte Verteilung von 13 1 1 ohne H i nweise auf ein e n Schilddrüsenrest oder Fernmetastasen.
a
6.5.5 We itere Thera pi e m ög l ich keiten
mit offe n e n ra d ioa ktiven Stoffen Rad iopeptidthera p i e Die Radiopeptidtherapie i s t eine systemische Therapie zur Be· handJung von neuroendokrinen Tumoren. W ie zur Bildgebung ( > Kap. 6.4.4) kan n das P rinzip des rezeptorvermittelten Targeting bei neuroendokrinen Tu m o ren auch therapeutisch genutzt werden , indem das diag nostische Radionuklid durch ein therapeut isches Radionu· klid ersetzt wird. 1 77Lu- DOTA-T ATE reicher! sich spezi fisch in neuroendokrinen Tumorzellen an und bestrahlt sie von innen. Vor der Therapie wird die Speicherfähigkeit mit der So matostatinrezeptor-Bildgebung ü berprüft ( > Abb. 6.40, > Kap. 6.44). Die I ndikation ist gegeben bei p rogredien ten, metastasierten neuroendokrinen Tumoren, die eine gute Radiopeptidanreicherung i m Tumor zeigen und einer kurativen Operation nicht zugänglich sind. Die klinische Remi ssionsrate beträgt ca. 70%, eine H eilung ist j edoch nicht möglich.
Se l e ktive i nterne Rad i othera p ie (SI RT) Die SlRT ist eine lokale ll1 e ra pi e für Leberzellkarzinome, chol angiozelluläre K arz i no m e und Lebermetastasen. Da be i werden
b
kleinste, mit 90Y markierte Glaskügelchen oder Harze über ei nen Femoralkatheter direkt in die Leberarterie injiziert. Das Verfahren nutzt den Umstand aus, dass Lebertumoren und Le bermetastasen in der Regel von arteriellen Blutgefaßen ver sorgt werden. Im Gegensatz dazu wird das gesunde Lebergewe be zu etwa 80% aus Ästen der Pfortader versorgt. Da die Parti kel nur einen Durchmesser von 20-60 flm haben, embolisieren sie vor allem die Tumorgefaße. Dabei wird das Tumorgewebe vom Betastrahler 90Y bestrahlt ( > Abb. 6.4 1 ). Die Indikation zur SIRT besteht bei Patienten mit leberdominanten Tumoren, die einer Leberresektion nicht zugänglich sind. Die Remissi onsraten betragen 40-90%.
Rad ioi mm u nothera pie Diese systemische ll1erapie wird bei follikulären Non-Hodg kin-Lymphomen (NHL) vom B-Zell-Typ eingesetzt. Mit 90Y oder 1 3 1 1 markierte monoklonale Antikörper richten sich spezi fisch gegen das CD20-Antigen der B-Zellen. Die Radioimmu netherapie wirkt durch die immunologischen Mechanismen des Antikörpers selbst sowie zusätzlich durch den Betastrahler, der das strahlensensible Lymphomgewebe bestrahlt. Die Radioim munetherapie wird insbesondere bei Rezidiven von follikulären N H L eingesetzt. Außerdem zeigen neuere Stu dien gute Resultate bei der Konsolidierung, d.h. im Anschluss an e i ne durch Chemo i mmu notherapie erreichte Krankheits rückb il d u ng.
6 Nuk learmedizin
246
a
b
Abb. 6.40 Radiopeptidtherapie bei einem hepatisch metastasierten neuroendokrinen Pankreaskarzinom. [50] a) Somatostatinrezeptor-Szintigrafie und CT der Leber bei einer 49-jährigen Patientin vor der Radiopeptidtherapie: intensive Anreicherung des Tracers im
Primärtumor des Pankreas (-) und i n der gesamten Leber. Die CT zeigt eine disseminierte Lebermetastasierung. b) Nach drei Zyklen 90Y-DOTA-TOC haben sich die Aktivitätsanreicherungen in Pankreas und Leber normalisiert. Das CT zeigt nur noch einen klei nen Tumor rest in der Leber.
Abb. 6.41 SIRT bei einem hepatisch metastasierten Rektumkarzi nom. [48} a) FDG- PET/CT eines 57-jährigen Patienten mit progredienter Lebermetastasierung. b) FDG·PET/CT nach SIRT: nahezu vollständige Rückbildung der Metastasen
6.5 N uklearmedizinische Therapie
M I B G-Thera p i e D as Katecholamin-Analogon 1 3 1 1-MIBG ( > Kap. 6.4.4) wird zur Behandlung von fortgeschrittenen Tumoren des sympathi schen Nervensystems eingesetzt. Vor der TI1erapie wird die Speicherfahigkeit des malignen Phäochromozytoms bzw. Neu roblastoms mit der 1 23 1-MIBG-Szintigrafie überprüft. Die klini sche Erfolgsrate (Teilremissionen) liegt bei 20-50%.
l ntra a rt i k u l ä re Thera pi e (Rad iosynoviorthese) Bei chronischen Gelenkentzündungen werden durch ein intra a rtikulär injiziertes Radionuklid die entzündliche Synovialis bestrahlt, hypertrophierte Oberflächenschichten zerstört und die Entzündung beseitigt, ohne das Knorpelgewebe anzugrei fen . Die Größe des Gelenks bestimmt die Wahl des Radionuk lids: 90Y für das Kniegelenk, 1 86 Re für Schulter-, Ellenbogen-, Fuß- und Handgelenke u nd 1 69Er für Finger- und Zehengelen ke. Die Radiosynoviorthese ist indiziert bei chronischer Syno vialitis m it rezidivierenden Gelenkergüssen. Je nach Zustand des jeweiligen Gelenks sind Remissionen der Entzündungs symptome bei 40-80% der Patienten ZLI erwarten.
247
Pa l l iat ive Sch merzth erapie von Osteoblastischen Skelettmetastasen Hierfür kommen die von der Skelettszintigrafie bekannten radioaktiv markierten Bisphosphonate wie 1 86Re-H EDP und 1 53 Sm-EDTMP zum Einsatz. Zunächst wird durch ein konven tionelles Skelettszintigramm die Stoffwechselaktivität der Me tastasen überprüft: Sie ist ausschließlich in Osteoblastischen Knochenmetastasen (z.B. eines Prostata- oder Mammakarzi noms) hoch. Ein Therapieerfolg im S inne einer Schmerzreduk tion zeigt sich bei 60-90% der Patienten. Z U S A M M E N FA S S U N G •
•
Außer zur Behandlung von Schilddrüsenerkran ku ngen fi nden nuk learmedizinische Therapien Anwendung zur Behandlung von chro nischen Gelenkentzündungen, neuroendokrinen Tumoren, Leber metastasen, primären Lebertumoren, B-Zeii-NHL, malignen Phäo chromozytomen und Neuroblastomen sowie zur Schmerztherapie bei Knochenmetastasen. Man unterscheidet systemische und lokale n uklearmedizinische Therapien .
I
KAP ITEL
7
R. Sauer u n d R. Fietka u
Strahlentherapie
7 . 1 G r u n d sätz l i c h e s z u r Stra h l e n t h e ra p i e v o n bösa rt i g e n u n d g uta rt i g e n E r k ra n k u n g e n 7.1 .1 D i e Beg riffe Stra h l e nt h e ra p i e,
Primärtherapie, 20-30% in der Rezidivsituation. Die Strahlen therapie ist an der Hälfte aller Tumorheilungen beteiligt, meist in Verbindung mit chirurgischen, aber auch medizinisch-on kologischen Maßnahmen.
Rad iot h e ra p i e u n d Rad i o o n k o l o g i e I m deutschsprachigen Raum werden die Begriffe "Strahlenthe rapie", "Radiotherapie" und "Radioonkologie" als Synonyme gebraucht und die auf diesem Gebiet tätigen Ärzte und Ärztin nen als Radioonkologen, Strahlentherapeuten, evtl. auch als Radiotherapeuten bezeichnet. Strahlentherapie ist der alte deutsche Begriff für die Be handlung bösartiger Neoplasien und verschiedener gutartiger, also nicht bösartiger Erkrankungen. Die älteste Zeitschrift der Welt auf dem Gebiet der Tumorerkrankungen, die 1 9 1 2 von H . Meyer, R. Werner und C. ). Gauss begründete Strahlenthera pie und Onkologie, trägt diesen Namen. Das Wort "Radiothe rapie" leitet sich aus dem angloamerikanischen "radiotherapy" ab und bezeichnet inhaltlich dasselbe. " Radioon ko l o gie als Begriff erweiterte in den letzten 25 Jahren auch weltweit den stark technisch besetzten Begriff "Strahlentherapie" bzw. "Radiotherapie". Denn Radioonkolo gie/Strahlentherapie ist kein technisches Fach, sondern eine den gesamten Menschen erfassende ärztliche Aufgabe, eine klinische Wissenschaft. Und das überwiegende Tätigkeitsfeld des Radioonkologen ist die Tumorbehandlung, die Onkologie. So unterscheiden sich Tumorchirurg/chirurgischer Onkologe und Radiotherapeut/Radioonkologe in ihrer kl inischen Tätig keit nicht grundsätzlich, sondern nur durch ihr spezifisches H andwerkzeug, das Skalpell bzw. die Strahlung. "
7. 1 . 2 T u m orbe h a n d l u n g :
Ste l l u n g d e r Stra h l ent h e ra p i e Deutschland erkranken jährlich ca. 425.000 Menschen neu an Krebs, Männer zahlreicher als Frauen. Die Gesamtzahl ( Prä valenz) wird auf etwa I ,2 Mio. Tumorkranke geschätzt. Die Häufigkeit der Erkrankungen nimmt seit 1 900 ständig zu, und zwar überproportional zum Bevölkerungszuwachs und zur ge stiegenen Lebenserwartung. Nach groben Schätzungen dürften 60-70% aller Tumorpati enten zu irgendeinem Zei tpunkt ihrer Erkra nkung mit der Ra dioonkologie in Berührung kommen, 40-50% im Rahmen der In
7 . 1 . 3 Strateg i e n i n d e r k u rativen Stra h l e nt h e ra p i e
D e r Beg riff ., k u rative Therapi e" Kurativer Therapieansatz sagt aus, dass die Behandlung auf Heilung ausgerichtet ist. Er ist gerechtfertigt, wenn die Befun
de der prätherapeutischen Diagnostik eine realistische Hei lungschance eröffnen. Dann gelten i m Allgemeinen folgende Grundsätze: • Die Geschwulst muss beim ersten therapeutischen Zugriff beherrscht werden. Ein Tumorrückfall (Rezidiv) ver schlechtert nämlich die Lebenserwartung beträchtlich und erzeugt enorme Mehrkosten. • Die verfügbaren Behandlungsmethoden - Chirurgie, Radio therapie und Chemotherapie - sollten sinnvoll miteinander kombiniert werden zu einer multimodalen Therapie. • Vor Therapiebeginn ist von allen Beteiligten (Tumorboard, Tumorkonferenz) interdisziplinär ein Behandlungskon zept zu erarbeiten, das für die gegebene Situation verbind l ich ist. M E R K E
Die drei Säulen der Tumorbehandlung bestehen aus Operation, Strahlenbehandlung und Chemo- bzw. Hormontherapie. Welcher dieser Methoden das Primat zu geben ist oder in welcher Weise sie kombiniert werden sollen, hängt von der Art des Tumors (Typing), seinem Malignitätsgrad (Grading) und der Tumorausbreitung (Sta ging) ab.
A l l e i n ig e Stra h l entherapie Man gibt immer dann einer alleinigen Strahlentherapie den Vorzug, wenn der Tumor klein, zumindest gut begrenzt und ausreichend strahlenempfindlich ist, sodass bei gleicher H ei l ungsau ss ic ht ein besseres fun kt ione l les oder kosmetisches Ergeb n i s erwartet werden kann als nach einer Tumorresekti on. Beispiele dafür sind z.B. maligne Lymphome, Hauttumo ren a n sich tbaren Körperstellen, Larynx- und Epipharynxkar zinome, Mundhöhlen- und Zungenkarzinome, einige H i rntu-
250
7 Strahlentherapie
moren, Prostatakarzinome, Peniskarzinome, Karzinome der Gebärmutter (hier allerdings in sehr fortgeschrittenen Situa tionen), der H arnblase u nd des Analkanals. Oftmals werden zur Wirkungssteigerung zusätzlich noch Chemotherapeutika verabreicht, zur sog. simultanen Radiochemotherapie ( > Kap. 3 .4.4, > Kap. 7.5. 1 ) . Im Übrigen kann verallgemei nernd gelten, dass eine Strahlentherapie in der Mehrzahl der Fälle eine Operation n icht ersetzen kann.
Operation und Nachbestrahlung müssen zeitlich und räumlich gut aufeinander abgestimmt sein. Die Bestrahlung beginnt spä testens 6 Wochen nach der Operation. Die Dosis ist eine volle Tumorvernichtungsdosis von (je nach Tumorhistologie und - rest) 50-75 Gy. Nur bei hoch strahlenempfindlichen Tumoren reichen 20-40 Gy aus. M E R K E
Im Falle einer RO-Resektion (histologisch gesunde Schnittränder) kann man u.U. auf eine Z usatz beha ndl un g verzichten. Nach R 1 -Re sektion (h istologisch Tumorzellen in den Schnitträndern) und R2-Re sektion (makroskopischer Tumorrest) ist die postoperative Radiothe rapie jedoch zwingend indiziert.
Präoperative (neoadj uvante) Stra h lenthera pie
Die Bestrahlung vor einer Operation setzt s ich i n den letzten Jahren mehr und mehr durch. Sie hat folgende Ziele: • Verkleinerung und bessere Abgrenzung des Tumors, um ei ne Operation im Gesunden zu ermöglichen (mikroskopisch tumorfreie Schnittränder = RO- Resektion). Man spricht auch von Downsizing, ggf. Downstaging, wenn sich das Tumorstadium bessert. • Zerstörung von bereits in die N achbarschaft eingedrunge nen Tumorausläufern, um postoperative Lokalrezidive zu vermeiden. • Verminderung des Risikos einer intraoperativen Tumor zellverschleppung infolge Tumoreinschnitt oder -einriss durch das o.g. Downsizing. • Devitalisierung der Tumorzellen im Primärtumor und in seiner Umgebung, um deren Einnisten und Entwicklung zu Metastasen zu verhindern, sollten sie intraoperativ tatsäch lich verschleppt werden. Die präoperative Bestrahlung ist besser verträglich als die post operative und scheint auch wegen der noch intakten Blutver sorgung im Tumorgebiet (keine Verwachsungen oder Narben) biologisch effektiver zu sein als jene. Die Dosis beträgt ein D rit tel (bei Kurzzeitvorbestrahlung) oder zwei Drittel (Langzeit vorbestrahlung) der sonst bei alleiniger Strahlentherapie gege benen "Tumorvernichtungsdosis". Die Operation folgt, abhän gig von der verabreichten Dosis, entweder unmittelbar danach (Kurzzeitvorbestrahlung) oder nach 4-6 Wochen (Langzeit vorbestrahlung). Nur bei der Letzteren kommt allerdings das gewünschte Downsizing oder Downstaging des Tumors zu stande. Posto perative R a d i othera p i e
Die Radiotherapie nach einer vorangegangenen Operation wird zur Vermeidung von lokalen, regionalen oder systemi schen Rezidiven in folgenden Situationen indiziert: • T umorreste verblieben im Operationsgebiet, d.h., die Tu morresektion erfolgte n icht im Gesunden, ob makrosko pisch ( R2-Resektion) oder m ikroskopisch (Rl -Resektion). • Tumorzellabsiedlungen sind im regionalen Ausbreitungs gebiet manifest oder müssen aufgrund allgemeiner Erfah rung dort vermutet werden. In Frage kommen regionale Lymphknoten, Peritoneal- und Pleurahöhle sowie ggf. der Liquorraum .
Konso l i d ierende R a d i ot h era p i e
Gemeint i s t eine ganz umschriebene Strahlentherapie nach pri märer Chemotherapie. Geläufig sind folgende Indikationen: • Eine durch Chemotherapie erreichte Vollremission ( CR) soll durch eine zusätzliche Strahlentherapie "stab il isiert" oder u.U. erst erreicht werden. Beispiele sind das kleinzelli ge Bronchialkarzinom und bestimmte maligne Lymphome. Organe oder Körperbinnenräume, die von der Chemothera pie nicht oder nur unzureichend erfasst werden, sollen von Tumorzellen befreit werden. Beispiele sind das zentrale Nervensystem oder die Hoden bei bestimmten Leukämie formen . •
7.1 .4 Strateg i e n i n d e r p a l l i a t i v e n
T u m o rt h e ra pi e
D e r Beg riff " pa l l i a t ive Thera p i e "
Liegt ein nicht mehr heilbares Tumorleiden vor, hat die Be handlung nur noch palliative Zielvorgaben: Linderung oder Prophylaxe t umorbedingter Symptome, was meist ohne nen nenswerten Einfluss auf die Gesamtprognose ist. Der Zeit punkt der Therapie sollte zurückhaltend, sorgfältig und kri tisch geplant sein, u m nicht durch überstürztes Handeln wertvolle, nämlich arzt- bzw. kranke nhausfreie Lebenszeit d.h. Lebensqualität - zu neh men oder evtl. sogar zu schaden. Ein beschwerdefreier Patient ka n n nicht beschwerdefreier werden! Sta b i l isieru ngs bestra h Iu ng
D ie I ndikationen für eine Stabilisierungsbestrahlung sind: • Stabilisierung von metastatisch durchsetzten Skelettab schnitten • Beseitigung neurologischer Ausfalle durch H irnmetastasen oder primäre, inkurable H irntumoren Verbesserung der Leben quali tät durch Beseitigung weite rer Tumorsymptome, wie Blutungen, Luft not, H usten, Darmversch l uss und Schmerzen •
7 . 2 B estra h l ungsplanung
251
Die Dosis beträgt etwa zwei Drittel einer T u mo rv e rn i c h t u n gs
Makuladegeneration des Auges, Pterygium corneae, Hypervas
dosis. Sie kann in Einzelfällen - dann nämlich, wenn bei Soli
kularisation der Hornhaut nach Keratoplastik). Die Strahlen
tär- oder Sp ätm e tast a s en noch ein kurativer Anspruch besteht
therapie kan n diese Prozesse zurückdrängen bzw. verhindern,
- auch höher gewählt werden.
wenn s ie in Risikosituationen prophylaktisch gegeben wird
( 10-30 Gy, evtl. auch höher, in F raktionen von 1 ,5-2 Gy).
S c h m e rzbestra h l u n g T umo rb ed ingte Schmerzen lassen sich be reits mit relativ nied
I mm u n s u pp ress i ve Effekte
riger Strahlendosis lindern, längerfristig jedoch nur mit "stabi
Die Strahlentherapie wird hier gegenwärtig intensiv beforscht:
lisierenden Dosen" (s.o.) beseitigen. Auf diese Weise lassen
erstens wegen bekannter klinischer Effekte bei allogenen Or
sich Schmerzmittel i n beträchtlichem Maße einsparen. Von
gantransplantationen, bei neurologischen Erkrankungen (mul
der Dosierung reicht im Allgemeinen ein V iertel bis ein Drittel
tiple Sklerose, chronische demyeli nisierende Polyneuropathie)
der "Tumorvernichtungsdosis" aus; diese wird oft nur einzeitig 8 Gy) oder i n 3-4 Fraktionen.
gegeben (z.B.
7 . 1 .5 Stra h l e nthera p i e g uta rt i g e r
und A utoi m m u nkra n kheiten, und zweitens wegen der immer
deutlicher werdenden systemischen Effekte einer lokalen Tu morbestrahlung.
E rk ra n k u n g e n
7 . 2 B est ra h l u n g s p l a n u n g
Seit mehr als 1 00 Jahren wird d i e Strahlentherapie auch bei
Vor jeder Strahlenbehandlung - gleich welcher Indikation - ist
nicht bösartigen Krankheiten eingesetzt. Das Spektrum ihrer Anwendung ist b reit. Es reicht vom Hautekzem über akute und
ein individueller, die j eweilige Krankl1eitssituation berücksich tigender Bestrahlungsplan aufzustellen.
ßende Narbenbildungen, ortsfremde Verknöcherungen und
M E R K E
chronische E ntzündu ngen , Gelenkerkrankungen, überschie
die endokrine Orbitapathie bei Morbus Basedow bis hin zu neuropathischen Beschwerden und Malformationen (Fehlbil dungen) der Blutgefäße. Diese Indikationen nehmen inzwi schen einen Anteil von 20-35% aller Strahlenbehandlungen
Die Bestrahlungsplanung umfasst alle medizi nischen, ärztlichen, bio logischen, physikal isch-technischen und organisatorischen Vorbere i tungssch ritte der Strahl entherapie ( > Abb. 7 . 1 ).
e i n . Das Gebiet kann hier nur ges treift werden. Weiterfüh rend
sei auf das Lehrbuch Strahlentherapie und Onkologie von R. Sauer (5. Auflage, Urban & Fischer, München, 20 10) und ra dioonkologische Spezialliteratur verwiesen.
I.
Diagnose gesichert
Kl i n i k
'\..
I
II.
D iese Entzündungs- und S c h m e r zb es t ra hl u n ge n richten sich 111.
Schweißdrüsenabszesse, Thrombophlebitiden, H e rpes zoster, Skeletterkrankungen (Periarthrosis h um e r o scapula r i s, Arthro
3-6 G y in 2-3 Fraktionen pro Woche sind hoch wirksam.
IV.
Kombinationsbeh a n d l u ng bei Systemerkrankungen
/
� l /R�
I
Be
strah lung sp lan un g
Physikali sch-techni sch Biologisch
Ganzkörper-/ Ganzhaut-RT
I
�
Ant i p ro l iterative Effekte H ypertrophe P r o z ess e des Bindegewebes beruhen für gewöhn
� Racllothera�utlsche Technik
I
Perku- Brachytherapie Stereotaxie Intraoperative tane RT�
viral bedingte I nterkostalneuralgien etc.) und degenerative sen, Spondylosen, F e r s ens po rn ) . Bereits nie d rige Dosen von
/
�
Behandlungsstrategie
�
I
Ausbreitung
Prä- oder postoperative Allei n i g e Radiotherapie Radiotherapi e
Antii nfl a m mato rische Effekte gegen akute und chronische Entzündungen (Panaritien,
Histologie
V.
Lokalisation/ Simulation
VI .
Therapie
lich auf kern- und gefäßarmen Überschussbildungen von kolla genen Fasern ( Narbenkeloide, Induratio penis plastica, Dupuy tren-Kontraktur, benigne Desmoidtumoren), auf überschie ßender Aktivität von M esenchymzellen ( o rt s fre md e Ossifikati onen nach o pe ra t i v e n E i ngriffen an Gelenken ), degenerativer
Ü berp rol i fera t ion von Myofib roblasten der Gefäßwände ( I nt i mafibrose) oder ü ber s c h i e ß en d e r Gefä ßsprossung (exsudative
A m bu l an te Therapie
......,. Sup portiv-,._.. Psychologische ........,.. Stationäre Therapie
Betreuung
Therapie
Abb. 7 . 1 Die "Sechs Schritte" der ärztlichen, biologischen und p hysikal isch-technischen Bestrah l u ngsplanung.
252
7 Stra h l entherapie
7 . 2 . 1 Al l g e m e i n e Bestra h l u n gs p l a n u n g
•
Sch ritte der B estrah l un g s p l a n u n g
chytherapie)? •
I m Allgemeinen gehen wir folgende Planungsschritte von der individuellen Krankheitssituation bis zur technischen Umset
zung der Therapie an den Bestrahlungsgeräten: Überprüfung von Diagnose und Ausbreitung des Tumorge •
•
•
morausbreitungsgebiete ( > Kap.
Festlegung der Behandlungsstrategie in einem interdiszipli •
Welche Bestrahlungsmethode und welche Technik sind
Anfertigung von Q ue r und Längsschnitten des Patienten in Höhe der Tum o r region mit Hilfe der modernen Schnittbild
•
vorgesehen? Kann die Behandlung ambulant oder m u s s sie stationär er
-
folgen ?
Identifizierung und Markierung des Tumorvolumens (GTV)
•
•
querschnitten ( > Kap. 7.2.2 und > Abb. 7.2) erster Vorschlag für die Bestrahlungsfelder am Therapiesi mulator ( > Kap. 7 . 3 . 5 ) oder am CT Ordination der Bestrahlungsdosis in den Zielvolumina, Be
Welche Begleitbehandlung (Supportivtherapie) ist Voraus setzung für eine erfolgreiche Behandlung?
und der therapeutischen Zielvolumina auf den Patienten
•
7.2.2)?
när zusammengesetzten Tumorboard (s.o.)
verfahren CT, MRT und Ultraschall •
Ist eine alleinige Radiotherapie vorgesehen oder eine Korn b inati onsb eh a ndl ung mit Chemotherapeutika (Radioche motherapie) oder Hyperthermie (hypertherme Radio- bzw. Rad i oche moth e rap ie) ? Welche Zielvolumina sollen bestrahlt werden: nur der sicht bare Primärtumor oder zusätzlich weitere potenzielle Tu
schehens (Typing, Grading und Staging) •
S ol l prä- oder postoperativ bestrahlt werden? Perkutan von außen (Teletherapie) oder interventioneil "von innen" (Bra
•
Ist der Pat i ent über die vorgesehene Behandlung, ihre Wir kungen und Nebenwirkungen sowie die möglichen Spätfol gen ausreichend aufgeklärt? Stimmt er der geplanten Be handlung zu?
grenzung der höchstzulässigen Dosen an den kritischen (strahlensensiblen) Organen •
Erstellung des physikalisch-technischen Bestrahlungsplans mit Hilfe eines computergestützten Bestrahlungsplanungs
7.2.2 Z i e l vo l u m e n ko n ze pt e/the r a p e u t i s c h e Vol u m i n a
systems •
Verifizierung des Zentralstrahls, des Strahlenfelds, des Be strahlungsvolumens und der Bestrahlungstechnik sowie ge gebenenfalls Optimierung der Bestrahlungsparameter am Therapiesimulator bzw. CT
Die Definition der klinischen Volumina basiert auf der Deut
schen Norm "Begriffe und Benennungen in der radiologischen Technik" (DIN 68 1 4-8 von 1 998) und dem ICRU-Report 50 Prescribing, Recording a nd Reporting Photon Beam Therapy von 1 993. Danach sind bei der Tumorbehandlung onkologi
Fest l eg u n g d e r B e h a n d l u n g sstrateg ie
sche von st rahl enthera peutischen Volumina zu unterscheiden ( > Abb. 7.2 und > Abb. 7.3).
Um die Behandlungsstrategie festlegen zu können, m üssen im
M E R K E
Tumorboard folgende Punkte geklärt sein: •
•
Besteht bei dem Kranken eine kurative oder nur noch eine pa l l iat iv e Behandlungsindikation?
Eigentlich völlig klar: Die onkologischen Volum ina bestimmen die strahlentherapeutischen Volumina, welche i m mer etwas größer sind.
Lassen Ernährungs- und Allgemeinzustand überhaupt eine Behandlung zu? Ist sie sinnvoll?
Tumorvolumen GTV
Tumorausbreitungs gebiet Klinisches Zielvolumen CTV Planungszielvolumen PTV Behandeltes Volumen TV Bestrahltes Volumen IV
·'
Abb. 7 . 2 Veranschaulichung der für die Be stra h lungsplanung erforderlichen onkolo gischen und thera peutischen Volumenbe griffe. I 53]
7.2 B estra h l u ngsplanung
O n kolog ische Vol u m i n a Tumorvolumen Gebiet, in dem mit diagnostischen oder operativen Methoden T umorgewebe n achgewiesen wurde. Der ICRU-Report be zeichnet dieses Gebiet als "gross tumor volume", also makros kopisch erkennbares Tumorvolumen (GTV).
,
Tumorausbreitungsgebiet Bereiche außerhalb des sichtbaren Tumorvolumens, die vermut lich Tumorzellen enthalten, was allerdings nicht nachgewiesen ist. Es handelt sich um subklinische I nfiltrationszonen am Tu morrand, um regionale Lymphabflusswege oder präformierte Hohlorgane, in die TumorzeLlen eingedrungen sein können, z.B. der Liquorraum bei MeduUoblastom. Das radiotherapeutische Zielvolumen CTV (clinical target volume) hat dieses Tumorausbreitungsgebiet zu umschließen ( >- Abb. 7.2 und >- Abb. 7.3).
Stra h l entherapeutische Vol u m i na Hiermit werden anatomische Regionen bezeichnet, die, wenn eine Strahlentherapie erfolgreich sein soll, behandelt werden müssen. In der T umorbehandlung gibt es für gewöhnlich meh rere Zielvolumina ( >- Abb. 7. 2 ) . Sie sollen, bezogen auf die Wahrscheinlichkeit Tumorzellen zu enthalten, auch mit unter schiedlicher Dosis belegt werden. Dafür hat die Bestrahlungs planung zu sorgen.
253
Die folgenden Definitionen gelten für die Therapie maligner Erkrankungen. S ie können sinngemäß auch auf die Strahlen therapie gutartiger Erkrankungen übertragen werden. Klinisches Zielvolumen ( CTV) Volumen, welches räumlich zusammenhängende onkologi sche Bereiche umschließt, in denen ein besti mmtes radioonko logisches Behandlungsziel erreicht werden soll (clinical target volume, >- Abb. 7.2 und >- Abb. 7.3). Ist beabsichtigt, hier unterschiedliche Dosen zu applizieren, legt m an entsprechend unterschiedliche Zielvolumina fest. D ies sind die Zielvolumina 1 . , II. und III. Ordnung: • I. Ordnung: Primärtumor mit Sicherheitssaum • II. Ordnung: typisches Tumorausbreitungsgebiet, also In filtrationszonen u nd regionale Lymphknoten • 111. Ordnung: potenzielles Tumorausbreitungsgebiet - hier m uss aufgrund allgemeiner Erfahrung ebenfalls eine Tu morzellabsiedlung angenommen werden, wenn auch die W ahrscheinlichkeit dafür geringer ist als im typischen Tu morausbreitungsgebiet (Lymphknoten, Körperhöhlen, ze rebrospinaler Liquorraum)
Planungszielvolumen ( PTV) Es umschließt die klinischen Zielvolumina I., li. oder III. Ord nung mit einem Sicherheitssaum, weil sich während der Wo chen der Strahlenbehandlung Volumenabweichungen einstellen können, z.B. durch Lageveränderungen, andere Füllung der Hohlorgane, Gewichtsabnahme, aber auch zur Sicherheit wegen
�
Dm
Nl
D ref
Isozentrum
�
GTV 2
b
Abb. 7 . 3 B e strahlungsplanung bei einem Karzinom des Pankreaskopfs. Das Isozentrum (Schnittpunkt der Drehachsen der Bestra h l u ngsanlage) liegt im Z e n trum des Tumors. Es k a n n damit zugleich als Referenzdosispunkt D,.f herangezogen werden . ln diesem Fall wurden vier Volum i n a segmen tiert, die on kologischen Vol u m i na GTV 1 und GTV2 sowie die stra h l entherapeutischen
TV u nd
IV (Behandl ungsvolumen
C TV
und PTV. Die zwei weiteren strahlentherape utischen Vol u m ina
und bestrahltes Volumen) ergeben s ich aus der Tec h n i k u n d Dosi svert e i l u n g :
GTV 1 (g ross t u m o r volume 1 ), d e r im CT sichtbare Primärtumor (violett). GTV 2 (gross tumor volume 2), ein befa l l e ner regionaler Lym p h k noten paraaortal (rot). CTV (clin ical target volu me), das k l i nische Z i e lvol umen, enthält die sichtbare Tu mormasse i n k l . suspekter Bereiche, einen Sicherheitssaum, u m s u b k l i n ische Metastasen zu erfassen, sowie region a le, nicht befa llene Lym phknoten (orang e).
PTV (planning target volume), das Planu ngszielvol u men, u mschl ießt das CTV u n d berücksichtigt zusätzlich die geografische Unsicherheit d u rch Organ- bzw. Patiente n b ewegungen und E inste l l u ngenau i g keit (gelb).
Behandlu ngsvolumen (treated volume), hier ganz gut durch die Isodose m1t 9 5 % von D101 beschrieben . Bestrahltes Volumen ( i rradiated volume) w i rd von der N u tzstrah l u n g mit exponiert und kann k l i n isch relevante Dosen erhalten. Das ist hier der Bereich innerh a l b der dunkelbla uen 20%-lsodose vo n D,01 .
I
7 Strahlentherapie
254
vielleicht nicht immer millimetergenauer Patientenpositionie rung (planning target volume, >- Abb. 7.2 und >- Abb. 7.3). Das Planungszielvolumen wird also größer als das CTV gestaltet.
Pri märstrahlenquelle
Behandeltes Volumen (TV) Dieses Volumen ergibt sich, wenn das PTV von einer Isodo senfläche umhüllt wird, welche für das Behandlungsziel als er forderlich festgelegt wurde (Zielvolumendosis Dm; 11). Oftmals "schmiegt sich" D min aber nicht strumpfförmig um das für ge wöhnlich komplexe PTV, überragt es also teilweise (treated volume) . Das TV imponiert also größer als oder doch mindes tens so groß wie das PTV. Im Idealfall sollten jedoch beide Va lumina deckungsgleich sein. Bestrahltes Volumen (IV) Bereich des Körpers, welcher zusätzlich zum TV unvermeidbar mit durchstrahlt wird, was aber eigentlich unerwünscht ist. Hier muss also auch mit relevanten Strahlenwirkungen gerech net werden (irradiated volume, >- Abb. 7.2 und >- Abb. 7.3). Risikobereiche Risikobereiche bezeichnen Normalgewebe innerhalb des be strahlten Volumens, für die ein Risiko für Spätfolgen besteht. Be trifft dies ein bestimmtes Organ, nennt man es ein Risikoorgan. M E R K E • Das klinische Zielvolumen (CTV) umfasst das onkologische Tu
morvolumen (GTV) einsch ließlich des typischen Ausbreitungsge biets. Es kann zusätzlich das potenzielle Tumorausbreitungsgebiet enthalten wo aufgrund allgemeiner Erfahrung auch Tumorausläu fer erwartet werden müssen (Zielvolumina 1 . , I I . und 111. Ordnung). • Das Planungszielvolumen (PTV) berücksichtigt zusätzlich einen Sicherheitssaum, weil sich während der Strahlenbehandl ung Lage und Formveränderungen des Zielvolu mens ergeben können. Idea lerweise sollte das PTV auch das behandelte Volumen (TV) sein. ,
7.2.3 Das Stra h l enfe l d u n d
sei n e C h a ra kteris i e r u n g
Der Therapiestrahl aus dem Bestrahlungsgerät kann heute vom Radiotherapeuten ebenso kunstvoll und geschickt geführt wer den wie das Skalpell in der Hand des Chirurgen. Im Folgenden seien deshalb einzelne Definitionen in Bezug auf den Therapie strahl gegeben, sprachlich modifiziert nach DIN 68 1 4-8 ( >- Abb. 7.4): • Strahlenfeld, einfacher : Bestr�hlungsfeld: Gesamtheit aller vom Fokus ausgehenden Stranlen, wie sie durch die Kanten des Blendensystems begrenzt werden. Die Kantenlängen beschreiben die Feldgröße. • Feldpforte, einfacher: Hautfeld: Schnittfläche eines Strah lenfelds mit der Körperoberfläche . Bei Bewegungsbestrah lungen ist dies die gesamte vom Strahlenfeld überstrichene Fläche.
Abb. 7.4 Definitionen von Strahlenbündeln in der Strahlentherapie. •
Primärstrahlungsbereich: Die geometrischen Strahlen die ses Bereichs reichen über die wirksamen Kanten des Blen densystems hinaus. Er ist in seitlicher Ausdehnung also stets größer als das Strahlenfeld. Dort herrscht eine geringe re Dosisleistung als im Strahlenfeld. Es entsteht ein Halb schatten.
•
•
•
Fokus: In der Strahlentherapie stellt der Fokus eine punkt förnüg idealisierte Primärstrahlungsquelle dar, von der also die Strahlung ausgeht. Zentralstrahl: Er ist der geometrische Strahl, der vom Fo kus ausgehend durch den Mittelpunkt der nicht eingeblen deten Feldfläche verläuft. Feldgröße: Die Größe des Strahlenfelds wird in einer Feld ebene angegeben, die in einem festzulegenden Abstand vom Fokus senkrecht zum Zentralstrahl verläuft.
7.2.4 Dos i sspez i f i kat i o n i n d e r B est ra h l u ng sp l a n u n g
Der I CRU-Report SO. hat 1 993 für die Bestrahlungsplanung fol gende Dosisspezifikationen festgelegt, die weltweit u mgesetzt werden:
7.2 Bestrah lungsplanung
255
7.2.5 E i nfl üsse auf d i e Dosisverte i l u n g b e i d e r Photo n e n - u n d E l e ktro n e n t h e ra p i e
Tiefendosisvertei l u n g
Abb. 7.5 Geografische Dosisspezifikation in der Strahlentherapie nach dem Referenzpunktkonzept nach ICRU 50. [53)
•
•
•
Referenzdosis ( D,er) ist die Energiedosis am Referenz punkt, der für jeden Planungsfall genau festzulegen und leicht wieder aufzufinden ist, z.B. 3 cm vor der Wirbelsäule ( > Abb. 7.3 und > Abb. 7.5). Oft legt man ihn auch ins lsozentrum. Am Referenzpunkt wird die zu applizierende Strahlendosis berechnet, dokumentiert und gleich 1 00% ge setzt. Alle weiteren Dosisangaben beziehen sich auf ihn, zu meist als Prozentangabe. So erhalten die Isodosen ihre Be zeichnungen, z.B. als 5%- bis 99%-Isodosen von D ref· Zielvolumendosis (D 111;11 oder Dzv), oft auch als Herddosis bezeichnet, ist diejenige Dosis, die das Planungszielvolu men PTV gerade noch vollständig abdeckt, also die Min destdosis, die im PTV erreicht wird. Maximaldosis (D111 . J : Wie bei der Definition der Zielvolu mendosis D 111 ;11 bereits angedeutet, ist die geografische Do sisverteilung im Zielvolumen bzw. bestrahlten Volumen nie ganz homogen. Hier geht es um die Dosisspitzen. Die höchste von ihnen ist die Maximaldosis D max· Sie tritt für gewöh nlich nur an einem Punkt auf und sollte im Allge meinen D,cr höchstens um 1 5 % überschreiten. In diesem Fall wäre dann D max 1 1 5%. l n den meisten Fällen kann aber eine bessere Dosisverteilung realisiert werden, z.B. mit einer D max von 1 05-1 07%. =
M E R K E
Die Referenzdosis Dref dient der Verständigung unter Spezia listen, weil sie an einem geographisch genau rekonstruierbaren Punkt die Dosis angibt. Alle weiteren Dosisangaben beziehen sich auf sie. • Die Zielvolumendosis D min ist d ie Mindestdosis (Herddosis), die im Zielvolumen erreicht werden muss. Sie bestimmt die Tumor
•
•
heilungswahrscheinlichkeit Die Maximaldosi s Dmax beschreibt das Maximum der Energiedo
sis, das im durchstrahlten Volumen berechnet wird. Es ist immer ein Punkt (Hot Spot) und sollte im Zielvolumen liegen. Die Maxi maldosis verantwortet das Risiko für Spätschäden.
Die Energietluenz einer Primärstrahlung nimmt mit der E in dringtiefe infolge Ausbreitung, Abbremsung und Streuung ab, somit auch die dort deponierte Dosis. D ies zu quantifizie ren, ist die Voraussetzung für jede physikalische Bestrah lungsplanung. D ie relative Tiefendosis Drei (z) tut das, indem sie die Dosis in einer bestimmten Gewebstiefe in Beziehung setzt zu einer Referenzdosis, entweder d er Maximaldosis D m a x oder der Dosis an einem anderen Referenzpunkt D,rr ( > Kap. 7.2.4). D - _j:)_ D rel (z) D0 D(z)
D0
Energiedosis in der Tiefe z Bezugswert D ref bzw. Dma.x
Der Tiefendosisverlauf wird von der Strahlenart, Feldgröße, Feldbegrenzung, Filterung, vom Fokus-Haut-Abstand und von Körperinhomogenitäteil bestimmt. Für die wichtigsten Strah lungen finden sich die relativen Tiefendosen D,e1 (z) in der wis senschaftlichen Literatur veröffentlicht ( > Tab. 7 . 1 ) . Folgen de Beobachtungen sind für das Verständnis der Strahlenthera pie wichtig ( > Abb. 7.6; vgl. auch > Abb. 7.7) : • Mit zunehmender Energie wandert das Dosismaximum der Photonenstrahlung tiefer in das Gewebe (sog. A u fb au effekt ) und die Tiefendosis wird höher. Damit wurde erst moderne Strahlentherapie möglich. • Streuvorgänge im Gewebe laufen bei höher werdenden Ener gien immer mehr in Richtung des Primärstrahlenbündels ab. Dadurch vermindert sich die Streustrahlung aus dem Strah lenfeld ( > Kap. 7.2.4) hinaus: Der Feldrand wird schärfer. • Elektronenstrahlung zeigt nach dem Erreichen des Dosis maxi mums einen steilen Abfall der Tiefendosiskurve. Auf diese Weise lässt sich bei der Tilerapie oberflächlicher gele gener Tumoren tiefer liegendes Gewebe schonen. Der flache Auslauf der Kurve ( > Abb. 7. 7) am Ende ist der Brems strahlung geschuldet, die bei der Interaktion der Elektronen mit Körpergewebe entsteht. • Neutronenstrahlen von 1 4 MeV haben einen ähnlichen T iefendosisverlauf wie die 6°Kobal tstrahlung.
Ergänzend zu diesen grundsätzlichen Feststellungen noch eini ge Details zu den die Tiefendosis bestimmenden Faktoren:
Stra h l en a rt Der Tiefendosisverlauf für Photonen- und Korpuskularstrah l un g ist nach dem oben Gesagten unterschiedlich: Bei Photo nenstrahlung beobachtet man den sog. Autbaueffekt: Die
I
7 Strahlentherapie
256
Tab. 7 . 1 Charakteristische Tiefendosisverläufe für verschiedene Strahlenarten. Angegeben sind die Gewebetiefe für Drei = 50 %
und die prozentualen Dosiswerte in 1 0 cm Tiefe. Die relative Tiefendosis Drei errechnet sich aus dem Verhältnis zwischen der Dosis in einer bestimmten Gewebetiefe und dem Dosismaximum Dmax·
Strahlenart
Dmax
200-kV-Röntgenstrahlung
Oberfläche 0, 5 cm 2,5 cm 5,0 cm 2,5 cm 0, 5 cm
6°Cobalt-Strahlung
1 0-MV-Photonenstrahlung 30-MV-Photonenstrahlung 1 0-MeV·Eiektronenstrahlung 1 4-MeV-Eiektronenstrahlung
(Maximaldosis)
Drei
50%
6 cm 1 0 cm 1 8 cm
26 cm
4-4, 5 cm 1 1 cm
Energieabgabe an das Gewebe steigt zunächst mit zunehmen der Energie und Eindringtiefe in den oberflächlichen Gewebe teilen steil an und sinkt dann nach Erreichen eines Dosismaxi-
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Gewebetiefe
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Tiefendosisverteilung für verschiedene Photonenenergien
Drei
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FHA (Fokus-Haut-Abstand) 40 cm
60 cm 1 00 cm 1 00 cm 1 00 cm 1 00 cm
mums langsam zur Tiefe hin wieder ab. Die Lage dieses Dosis maximums ist bestimmt von der mittleren Reichweite der se kundär ausgelösten Elektronen im Gewebe. Mit zunehmender Strahlungsenergie verlagert sich das Dosismaximum also im mer mehr in die Tiefe. Das führt in der Klinik bei Verwendung von Photonenstrahlung zur Entlastung der Körperoberfläche und der oberen Gewebeanteile. Die Energieabgabe geladener Korpuskeln (Eiektronenstrah lung) erfolgt dagegen beim Eintreten in Materie nicht "zufäl lig" wie bei der Photonenstrahlung, sondern kontinuierlich. Damit besitzen Korpuskularstrahlen eine bestimmte, genau definierte Eindringtiefe bzw. Reichweite. Und während die oberflächlichen Körperpartien bei der Photonenstrahlung mit steigender Strahlungsenergie entlastet werden, erhöht sich bei der Elektronenstrahlung die Dosis an der Oberfläche trotz Ver lagerung des Dosismaximums in die Tiefe ( > Abb. 7.6). Der Tiefendosisverlauf von Elektronen ist charakterisiert durch die Lage des Dosismaximums (D maxl: Es liegt in einer Gewebetiefe, die - in cm ausgedrückt - etwa Ys des Zahlen werts der Strahlungsenergie in MeV beträgt (bei 18 MeV also 3 cm). Weiterhin sind kennzeichnend die 50%-Tiefe (2 x D max l und die praktische Reichweite (Dp 3 x Dma x l · Die therapeu tische Reichweite (80-95%) wird vom Arzt festgelegt, meist zwischen der 80%- und 95%-lsodose. =
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Gewebetiefe
b
cm
Tiefendosisverteilung für verschiedene Elektronenenergien
Abb. 7.6 Tiefendosisverläufe im Gewebe für Photonen- und Elektro
nenstrahlen im Vergleich. a) Photonen: Mit steigender Energie wandert das Dosismaximum in die Tie fe, die Oberflächendosis sinkt infolge des Aufbaueffekts. b) Elektronen: Mit steigender Energie wandert das Dosismaximum ebenfalls in die Tiefe, aber die Oberflächendosis nimmt zu.
MERKE Mit zunehmender Energie verlagert sich das Dosismaximum von Photonen- und Elektronenstrahlen tiefer in das Gewebe. Bei Photo nenstrahlen kommt e s dabei zu einer Entlastung, bei Elektronen strahlen zu einer stärkeren Belastung der oberflächlichen Gewebs schichten.
Der Tiefendosisverlauf einer Korpuskularstrahlung ist ab hängig von • der kinetischen Energie des Teilchens, • der Masse des Teilchens, • der Zahl der positiven oder negativen Ladungen des Teilchens, • der Dichte des absorbierenden Materials und • der Ordnungszahl des absorbierenden Materials. Neuerdings sind Protonen und Ionen leichter Elemente, z.B. 1 2C (Kohlenstoft), in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Grund ist der faszinierende Verlauf ihrer Energieabgabe im
7 . 2 Bestrahlungsplanung
und zwar aus der Nachbarschaft in den Primärstrahlungsbe reich hinein. Er ist eine Zusatzdosis und bewirkt, dass beson ders in den tiefen Gewebsschichten die Dosis zunimmt, also der Tiefendosisverlauf günstiger wird.
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M E R K E
in der Hochenergie-Strahlentherapie mit ultraharter Röntgenstrah lung gibt es kaum Streustrahlung. Deshalb wird ihr Einfluss auf den Tiefendosisverlauf sehr gering.
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257
30 20 10 10
20
Gewebetiefe (cm)
30
40
Abb. 7.7 Tiefendosisverläufe von Elektronenstrahlen (grün), Pho tonenstrahlen (gelb) und Protonenstrahlen (blau) im Vergleich.
Die Kurven sind idealisierend stark vereinfacht. Die fa rbigen Flächen darun ter symbolisieren die absorbierte Integraldosis im durchstrahlten Gewebe. Deutlich wird, dass die Protonenstrahlung, bis sie den Bragg-Peak in 20 cm Tiefe ausbildet, deutlich weniger Energie im Gewebe deponiert als Photo nenstrahlung und dahinter eigentlich ü be rhaupt keine mehr. [54]
Für Elektronenstrahlen gilt, dass mit kleiner werdendem Strahlenfeld das Dosismaximum im Gewebe mehr und mehr an die Oberfläche wandert und die Isodosenlinien zur Tiefe hin immer weniger kalkulierbar werden. Nur bei im Verhältnis zur Elektronenreichweite genügend großen Feldern bilden sich ausreichend gestaltete Isodosenkurven aus. Kleine Feldgrößen eignen sich also nur zur Bestrahlung ganz oberflächlicher Ziel volumina.
Feld begren z u n g
Gewebe ( > Abb. 7.7). Beide Strahlungen geben nämlich auf dem Weg zum Zielvolumen im Vergleich zu Photonen- und Elektronenstrahlungen relativ wenig Energie an das durch strahlte Gewebe ab, sondern deponieren diese erst am Ziel als sog. Bragg-Peak. Der Bragg-Peak lässt sich nun durch die Aus wahl geeigneter Strahlungsenergien sehr genau in das klinische Zielvolumen ( CTV) hinein platzieren bzw. über dieses vertei len ("Abscannen"). Somit gelingt es, Tumoren höher dosiert zu bestrahlen, auch wenn sie in der Nachbarschaft besonders strahlensensibler Gewebe liegen. Diese werden nämlich nicht nennenswert belastet. Da zudem die relative biologische Wirk samkeit (RBW, > Kap. 2.4) zumindest von Protonen recht genau bekannt ist - nämlich im Bereich derjenigen von Rönt genstrahlen liegt - bietet sich wohl die risikofreie klinische Er probung in spezialisierten Zentren an. Von denen haben be reits auch in Deutschland einige den Betrieb aufgenommen oder stehen kurz davor.
Bei der Bestrahlung mit Photonenstrahlung des unteren und mittleren Energiebereichs, z.B. konventioneller Röntgen- und Kobaltstrahlung, ist der Feldrand unscharf. Dieser sog. Halb schatten drückt aus, dass hier die Dosis nicht scharf abfallt, sondern wegen Streuung relativ weich "ausläuft". Die Konse quenz muss sein, mit hoher Photonenenergie und gut kolli mierten (eingeblendeten) Feldern zu arbeiten. Bei schnellen Elektronen ist das Problem des Dosishalb schattens am Feldrand besonders groß: Die Isodosenlinien weiten sich seitlich über die Feldbegrenzung aus, sodass sie ei ne Pinsel- bzw. Flaschenform bekommen. Um eine schärfere BündeJung des Elektronenstrahls zu erreichen, bedient man sich nach unten offener Tubusse, die dem Körper unmittelbar aufgesetzt werden. Trotzdem bleibt das Ergebnis letztlich un befriedigend Die Bezugsisodose von 90-95% wird erst 1 -2 cm unterhalb des Tubusrands erreicht ( > Abb. 7.8).
M E RKE
Körperi n homogen itäten
•
•
Bei Bestrahlung mit energiereichen schweren Teilchen nimmt die Eindringtiefe der Strahlung ins Gewebe mit der Energie zu, aber mit der Masse der Teilchen und der Dichte bzw. O rdnungs zahl des absorbierenden Materials ab. Die Energieabgabe von Protonen und 12C -Ionen nimmt mit der Eindringtiefe sogar bis zu einem B ragg-Peak zu. Bei Elektronen nimmt die gemessene Tiefendosis mit der Ein dringtiefe sehr viel rascher ab als bei energiereichen schweren Teilchen.
Feldgröß e Mit zunehmender Feldgröße steigt - namentlich bei Verwen dung weicher Strahlung - auch der Streustrahlenanteil an,
Körperinhomogenitäten spielen für die Dosisverteilung im Körper eine große Rolle, wenn mit niedrigen Photonenenergi en (Röntgen-Hartstrahltherapie, > Kap. 7.3. 1 ) und Elektro nenstrahlung gearbeitet wird ( > Abb. 7.9).
Konventionelle Röntgentherapie Bei der Nutzung niederenergetischer Röntgenstrahlen kann die vom Knochen absorbierte Dosis deutlich über der im Weichteilgewebe liegen ( > Abb. 7.9). Das erhöht die Gefahr einer Osteoradionekrose. Zudem gibt es einen "Dosisschatten" hinter dem Knochen mit der Gefahr der Unterdosierung. Grund dafür ist das Phänomen der Photoabsorption ( > Kap. 2.2.2). Deren Wahrscheinlichkeit wächst mit der
258
7 Stra h l e ntherapie 200
Elektronenstra h l
M u s kelgewebe Knochen
Tiefendosisverlauf
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ohne Knochen
mit Knochen
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cm
Abb. 7.9 Tiefendosisverlauf einer n iederenergetischen Photo nenstrahlung bei Einlagerung von Knochen in Muskelgewebe:
hohe Stra h le nabsor ption im Knochen, Dosisschatten hinter dem Knochen.
M E R K E •
•
Der E insatz von niederenergetischen Röntgen- und Elektronen strahlen führt u . U . zu einer hohen Energiedeposition im Knochen m i t dem Risiko für Osteoradionekrosen. Hinter dem Knochen bil det sich ein Dosisschatten mit der Gefahr der Unterdosierung. Die mit Luft gefüllte Lunge stellt insofern besondere Anforderun gen an die Bestrahlungsplanung, weil es wegen ihrer geringen Strahlenschwächung ohne Berücksichtigung von Korrekturfakto ren zu beträchtlichen Überdosierungen im Lungenparenchym und den dahinter gelegenen Strukturen käme.
F i lterung I n der Strahlentherapie verwendet man zur Modifizierung der Dosisleistung verschiedene Filter: H ärtungs-, Schwächungs-, Ausgleichs- und Streufilter. Allen ist gemeinsam, dass sie die Dosisleistung mindern. Abb. 7.8 Versuch der Kollimation eines Elektronenstrahls mit H il fe eines fokusnahen Blendensystems und eines dem Körper un mittelbar a ufgesetzten Tubus. Die Elektronen streuen nicht mehr so
stark, aber weith in an der Tubuswandung und im Gewebe. [ 5 5)
dritten Potenz der Ordnungszahl Z des durchstrahlten Materi als. Mit zunehmender Strahlenenergie verliert die Photoab sorption an Bedeutung ( > Abb. 2.4), und die Unterschiede in der Strahlenabsorption zwischen Knochen-, Muskel- und Fett gewebe verschwinden weitgehend ( > Abb. 2. 1 1 ) .
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Elektronenstrahlung
A uch niederenergetische Elektronenstrahlung wird vom Knochen, vor allem von den oberflächlichen Knochenantei len, stark absorbiert. Das hat Bedeutung für Sternum und Rippen bei kombinierten Bestrahlungen der ll10raxwand. Manche sog. Sternummetastase ist in Wirklichkeit eine Os teoradionekrose.
Grenzenergie
Abb. 7 . 1 0 Härtungsfilter. Diese Filter schwächen die niederenergeti schen Anteile einer Strahlung stärker als die hochenergetischen. Damit wird die Strahlung insgesamt homogener und härter, die Dosisleistung geringer. während die Grenzwellenlänge (rechte Kurvenseitel unverändert b l e i bt.
7.3 Gerätekunde
Härtungsfilter haben den Zweck, durch Absorption weicher Strahlungsanteile die mittlere Photonenenergie anzuheben. Sie schwächen die niederenergetischen Strahlungskomponenten stärker als die hochenergetischen ( > Abb. 7. 1 0) . Schwächungsfilter verändern die Photonenflussdichte über die Feldfläche und verformen damit die Isodosenlinien. Sie be stehen aus Materialien mit einer hohen Ordnungszahl. Je nach Zweck werden sie unterschiedlich gestaltet. So haben Keilfilter den Zweck, einen Neigungswinkel der Isodosenlinien hervor zurufen ( > Abb. 7. l l ) . Der W inkel, den die 50%- Isodose mit der Horizontalen bildet, bezeichnet die Keilfilterstärke: z.B. 1 5°-, 30°-, 45°-Keilfilter. Neben manuellen (von außen einschiebbaren) und motori schen (im Kopf des Beschleunigers integrierten) Keilfiltern bie ten heute alle Hersteller auch "dynamische Keilfilter" an. De ren Wirkung beruht auf einem Vor- oder Zurückziehen von Lamellen in einem M ultileaf-Kollimator ( > Kap. 7.3.2, Line arbeschleuniger). Eine solche Auslenkung von Isodosenlinien ist dann erforderlich, wenn es beim Zusammenwirken ver schiedener Bestrahlungsfelder (Kreuzfeuerbestrahlungen) zu unerwünschten Dosisspitzen kommen sollte.
259
M E R K E Schwächungsfilter (Keil· und Ausgleichsfilter) vermeiden örtliche
Dosisspitzen durch Homogenisierung der Dosisverteilung im Zielvolu· men. Sie tragen zu einer nebenwirkungsarmen Strahlentherapie bei.
Ausgleichsfilter gleichen Verzerrungen der Dosisverteilung aus, die bei der Bestrahlung von komplexen Körperquerschnitten so wie bei ungünstigem Strahleneinfall auftreten würden. Sie werden aus Knetmasse, Wachs, Plexiglas oder Metallplättchen gefertigt. Streufi.lter finden sich bereits im Kopf der Bestrahlungsgerä te integriert und garantieren eine homogene Teilchenflussdich te über die Feldfläche ( > Kap. 7.3.2, Linearbeschleuniger).
7.3 G e räte k u n d e 7.3.1 R ö ntgent h e ra p ie
Die Strahlentherapie mit Röntgenbestrahlungseinrichtungen bezeichnet man als Röntgentherapie oder auch als konventio nelle Strahlentherapie (früher: Orthovolttherapie). Entspre chend dem breiten Anwendungsgebiet variieren die Röhren spannungen zwischen 7 kV und 300 kV. M E R K E Die Röntgentherapie erzeugt in größeren Zielvolumina keine be friedigende Dosishomogenität Sie i st deshalb nur i ndiziert:
zur Bestrahlung von degenerativen Skeletterkrankungen, zur Entzün dungsbestrahlung, Schmerzbestrahlung und antiproliferativen Be strahlung ( > Kap. 7 . 1 . 5), wo wegen der geringen Dosierung Dosisin· homogenitäten noch am ehesten in Kauf genommen werden können zur Strahlentherapie von kleinen, oberflächl ichen Hauttumoren, die im Maximum der absorbierten Energie - eben in der Haut - liegen • zur palliativen Strahlentherapie von oberflächlich gelegenen Meta· stasen, z.B. Rippen- oder Hautmetastasen, weil dafür die geringe therapeutische Reichweite dieser Strahlung ausreicht •
•
Weichstra h l t herapie Sie wird zur Behandlung ganz oberflächlicher Läsionen eingesetzt. Es soll eine möglichst weiche Röntgenstrahlung erzeugt werden, die nur in die oberflächlichen Gewebeschichten eindringt und ei nen raschen Dosisabfall zur Tiefe hin aufweist. Die Röntgenspan nung liegt zwischen 10 und 50 kV, die Eigenfilterung der Röhre (Aufhärtung der Strahlung am Röhrenfenster) wird durch ein hauchdünnes Berylliumblech möglichst gering gehalten. Der Fo kus-Haut·Abstand beträgt in der Regel nicht mehr als 30 cm.
H artstra h ltherapie
Abb. 7. 1 1 Abwinkelung des Isodosenverlaufs durch Keilfilter.
Für die sogenannte Hartstrahltherapie (auch Orthovoltthera pie) dienen Röhrenspannungen von 1 00-400 kV. Eingesetzt wird die Hartstrahltherapie zur Behandlung von degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen. In den Entwick lungsländern stellt sie neben der Chirurgie oft das e in zige M it tel zur Tumorbehandlung dar.
I
260
7 Strahlentherapie
7.3.2 H oche n erg i e-Stra h lenthera p i e ( H ochvolt- o d e r M egavo ltthera p i e)
tonen und 12C-Ionen sprachen wir bereits im > Kap. 7.2.5 und > Abb. 7.7 an. Diese Strahlungen befinden sich in kli nischer Erprobung.
Telegammatherapie M E RKE
Verschiedene Prinzipien der Mehrfachbeschleunigung wurden zu technischer Reife entwickelt. Dabei gibt es Bauarten mit geradliniger (linearer) Beschleunigu ngsstrecke u nd Teilchenbahn (Linearbe schleuniger) und mit kreis- oder spiralförmiger Teilchenbahn
Die Telegammatherapie (Telecurietherapie) nutzt die Gamma strahlung, die beim Zerfall des radioaktiven Isotops 6°Cobalt entsteht. Mit dem im Kernreaktor durch Neutronenbeschuss des inaktiven 58Co künstlich erzeugten 6°Co bestand in den l 950er Jahren erstmals die Möglichkeit zur Hochenergie Strahlentherapie.
(Kreisbeschleuniger).
Kreisbeschleuniger (Betatron)
M E R K E
Telekobaltgeräte bestechen in der H oche nerg ie Stra h l enth erapie durch ihre unko m pl izie rte und weitgehend störungsfrei e Arbeitswei se. Nachteilig ist, dass die Quelle etwa alle 3 Ja hre wegen abnehmen der Aktivi tät ausgetauscht und entsorgt werden muss . -
Grundsätzlich lassen sich mit einem modernen Telekobaltgerät viele Indikationen der Radioonkologie umsetzen. Entschei dend ist die Dosisverteilung im Zielvolumen, nicht die Fest schreibung eines Indikationskatalogs! Gerade bei Bestrahlun gen im Kopf- Hals-Bereich und bei der Therapie des Mamma karzinoms sind - eine differenzierte Planung vorausgesetzt Telekobaltgeräte unübertroffen.
Beschleuniger Grundsätzlich kommen z u r Beschleunigung für d i e Strahlen therapie alle geladenen und ungeladenen Teilchen in Frage ( > Tab. 7.2). Tatsächlich werden für die klinische Routine heute ausschließlich Elektronen beschleunigt, um ultraharte Röntgenbremsstrahlung zu erzeugen - die Basis der mo dernen Strahlentherapie. Elektronen werden aber auch selbst für die Therapie genutzt und dafür aus dem Beschleuniger ausgelenkt Bis vor 20 Jahren wurden auch Neutronen für die Strahlentherapie getestet. Die mit dem hohen LET dieser Strahlungen verbundenen strahlenbiologischen Hoffnungen, z.B. die geringere Abhängigkeit ihrer Wirkung vom Sauer stoff, ließen sich aber für die Patienten kaum einmal gewinn bringend umsetzen. Die neuerdings stark diskutierten P ro-
Die Idee wurde bereits 1 922 von Wideroe und 1 933-35 von Steenbeck formuliert. Das erste funktionstüchtige Betatron nahm Kerst 1 94 1 in Betrieb. Im Betatron werden folgende phy sikalische Phänomene genutzt: • Freie geladene Teilchen der Bremsgeschwindigkeit v be schreiben in einem statischen Magnetfeld B (B senkrecht zu v) Kreisbahnen. • Im Magnetfeld, welches sich zeitlich ändert (dB/dt), wirkt auf geladene Teilchen die beschleunigende Lorentz-Kraft ein. Bei geeigneter Abstimmung von (B) und (dB/dt) (Betatronbe dingung) werden Elektronen auf einer Sollkreisbahn beschleu nigt. Es sind während der Beschleunigungszeit viele Umläufe und lange Strecken ( 1 00-1.000 km) zurückzulegen, um Ener gien von 1 5-45 MeV zu erreichen. Dies bedingt eine relativ ge ringe Strahlenausbeute, d.h. eine nur niedrige Dosisleistung. I n den l960er und l 980er Jahren arbeiteten die meisten klinisch eingesetzten Elektronenbeschleuniger nach dem Betatronprin zip. Inzwischen wurden die Betatrons durch die wesentlich leistungsstärkeren Linearbeschleuniger ersetzt.
Li nearbesch leun i ger Auch das Prinzip des Linearbeschleunigers ( Linac) geht auf Wideroe ( 1 928/30) zurück. Es nutzt zur Beschleunigung der Elektronen das elektrische Feld, das zwischen einer Reihe von Ringkondensatoren durch ein hochfrequentes Wechselfeld aufgebaut wird. In den heutigen Linearbeschleunigern ist die Beschleunigungsröhre als eine Reihe von Hohlraumresonato ren zu verstehen, in der - zeitlich abgestimmt auf die Ge-
Tab. 7 . 2 Charakterisierung von geladenen und ungeladenen Teilchen, die in der Strahlentherapie verwendet werden. Energie für Reichweite Energie für 1 0 cm Halb Teilchen Ladung Massen im Vergleich wertsschicht (in MeV) 1 0 cm (i n MeV) zum Elektron
-1 -1 0 +1 +2 +6
1* 273 1 .839 1 .836 7.294 :: 20.000
Erläuterung: e- = Elektronen; TI = TI-Mesonen; n = Neutronen; p+ = Protonen; t 0,5 1 MeV oder 9, 1 x 1 0-31 kg. entsprich nmasse * Eine Elektrone
:: 20 :: 50 :: 1 00 :: 1 50 :: 200 a++ = a-Teilchen; 6+C
=
6Kohlenstoff
7.3 G erätekunde
schwindigkeit der Elektronen - jeweils eine Komponente des elektrischen Feldes in axialer Richtung beschleunigt wird. Medizinisch genutzte Beschleuniger sind automatische, rechnergesteuerte und rechnerüberwachte Systeme. Sie beste hen aus fünf Komponenten: • Modulator • Hochfrequenzgenerator (Magnetron, Klystron) • Energieversorgung
•
•
•
261
Beschleunigungseinheit mit Elektronenquelle (Injektor, Elektronenkanone), Kühlaggregat, Vakuumpumpe und Be schleunigungsrohr ( > Abb. 7. 1 2) Strahlerkopf mit Umlenkmagnet, Photonentarget, Feldaus gleichsfilter, Kollimatorsystem, Lichtvisier und Strahlmoni tor ( > Abb. 7 . 1 2 und > Abb. 7.13) Bedienpult mit Verifikationssystem zur automatischen Protokollierung der Bestrahlungsparameter Ablenkungs·
Abb. 7 . 1 2 Prinzipieller Aufbau eines Line arbeschleunigers. Von einem Injektor werden
Elektronen in die Beschleunigungsstrecke (Wave Guide) eingeschossen. Nach ihrem Austritt erle ben sie eine Umlenkung, in diesem Fall um 2 70°. Schiebt man nun ein Target i n das Strahlenbündel ein, entsteht ultraharte Röntgenbremsstrahlung. Das Kollimatorsystem begrenzt das Strahlenbün del auf die gewünschte Feldgröße. [46]
Abb. 7 . 1 3 Strahlerkopf eines Linearbe schleunigers. Er birgt eine Reihe wichtiger Funk tionen: ( 1 ) Umlenkung des horizontal herange
führten Elektronenstrahls in Richtung Patient mit magnetischen U mlenksystemen. (2) Erzeugung der Röntgen-Bremsstrahlung mit Hilfe eines oder mehrerer Bremstargets. (3) Eliminierung der i m Target entstandenen Campton-Elektronen aus dem PhotonenstrahL (4) Feldausgleich und -ho mogenisierung. (5) Kollimation ( " E i nblendung " ) des Therapiestra hls, und zwar sowohl für den Elektronen- als auch für den Photonenbetrieb. Dies geschieht m it Hilfe sog. Multileaf-Kollimato ren, ei ner großen Zahl para l lel verlaufender Wolf ramlamellen. (6) Doppel-Monitorsystem zum Strahlenmonitaring (mindestens zwei voneinander unabhängige, räumlich getrennte Durchstrah lungs-lonisationskammern). [57] M Slalommagnete für die Strahlenumlenkung, D Doppeldosismonitor, P Primärkollimator, A Pho tonenausgleichskörper mit E lektronenfänger, Foli en: Ausgleichsfolien für Elektronen, E Entfernungs messer, H Halter für Tubusse und Filter, X, Y Kolli matorblenden, Lampe und Spiegel (Lichtvisier).
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I
262
7 Strah lenthera pie
Abb. 7 . 1 4 Feldeinstellung bei einer Patien tin an einem modernen Linearbeschleuni ger . [58[
7.3.3 Hypert h e r m i e
Wärmeerze u g u ng Wärme entsteht durch elektromagnetische Wellenstrahlung. Die Oberflächenhyperthermie nutzt F re quen zen von etwa 1 GHz (Mikrowellen), die Tiefenhyperthermie Frequenzen von etwa 1 00 M H z (UKW-Rundfunk-Bereich). Vereinzelt werden auch Ultraschallwellen zur Wärmeerzeugung verwendet. Ankoppelung der Antennen an den Körper: Die Bereitstel lung der H ochfrequenz macht keine technischen Schwierigkei ten, die Ankoppelung der elektromagnetischen Wellen an den Körper dafür umso mehr. Um Verbrennungen der Haut und des subkutanen Fettgewebes zu vermeiden, ist ein Transmissi ons- und Kühlmedium zwischen abstrahlender Antenne und der Körperoberfläche erforderlich.
Oberflächen hyperthermie Bei der Oberflächenhyperthermie (therapeutischer Bereich bis ca. 4 cm Gewebetiefe) werden heute dünne und leichte Spi ralapplikatoren verwendet ( >- Abb. 7. 1 5). Sie bestehen aus spiralförmigen Antennen in Gruppen (Arrays) von bis zu 24 Spiralen. So können Bezirke bis 20 x 30 cm 2 erwärmt werden. Die Systeme sind fahrbar und haben etwa die Größe eines Ul traschallgerätes. Sie können ohne spezielle Hochfrequenzab schirmung betrieben werden.
Reg i o n a l e Tiefe n hyperthermi e I m Wesentlichen sind zwei Tecl111ologien kommerziell erhältlich: radiative Multiantennensysteme (Phased-Array-Technologie) und kapazitive Systeme. Wir gehen hier nur auf die erstere ein.
Abb. 7. 1 5 Applikatoren für die Oberflächenhyperthermie als Wellen- und Spiralapplikatoren. [ 1 ] [ 59]
Phased-Array-Technologie: Die Geräte arbeiten mit einer Betriebsfrequenz von etwa 1 00 MHz. Vier oder 1 2 Hochfre quenzkanäle können zwei- oder dreidimensionale, elektro nisch gesteuerte E-Feld-Verteilungen erzeugen ( >- Abb. 7. 1 6) .
Tem peratu rmess ung Praktisch gestaltet sich d i e Temperaturmessung diffizil. Bisher konnte sie nur invasiv und punktuell über implantierte Kathe ter vorgenom men werden. Neuerdings gibt es in Deutschland wegweisende Entwicklungen bei der nichtinvasiven, also un blutigen Temperaturmessung. Dazu wird ein Hyperthermie system mit einem M R-Tomografen hybridisiert ( >- Abb. 7. 1 6) . Durch Temperaturänderungen ändert sich die Proto nenresonanzfrequenz (PRF). Diese kann mit Gradientenecho sequenzen gemessen werden ( >- Abb. 7.50).
7.3 Gerätekunde
263
a
b
Abb. 7 . 1 6 Radiatives Multiantennensystem mit einer Betriebsfrequenz von etwa 1 00 MH zur regionalen Tiefenhyperthermie. Das System kombiniert die radiative Multianten nentechnologie m it einem Magnetresonanztomografen, m i t dem die Temperatur nichtinvasiv gemessen wird, zu einem sog. Hybridsystem. I 1 I [59]
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Fokus d e r Strahlenquelle (Röntgenröhre)
vertikale Drehachse Isozentrum
horizonta l e Drehachse horizontale
Abb. 7 . 1 7 Therapiesimulator mit diagnos tischer Röntgenröhre für Durchleuchtung und Röntgenaufnahmen sowie Bildverstär ker. Eingezeichnet sind die verschiedenen Bewe gungsmöglichkeiten und das lsozentrum. Die Pati entencouch entspricht genau derjenigen des je weiligen Bestrahlungsgeräts. Alle F unktionen sind aus Strahlenschutzgründen fernbedienbar.
I
264
7 Strahlentherapie
7.3.4 Thera p i esi m u lator
Es handelt sich um eine speziell und ausschließlich für die Be strahlungsplanung entwickelte Röntgenanlage ( > Abb. 7. 1 7) . I h r Zweck ist d i e Simulation u n d Dokumentation der Bestrah lungsparameter an den Bestrahlungseinrichtungen mit H ilfe von D urchleuchtung und Röntgenaufnahmen. Dazu gehören die Festlegung des Isozentrums, der Bestrahlungsfelder, ihrer Einstrahlrichtung und Anpassung an anatomische Strukturen gemäß, ggf. auch vor dem physikalischen Bestrahlungsplan. Bei der Lokalisation der Bestrahlungsfelder bewährt sich, Knochenstrukturen durchleuchtend als anatomische Orientie rungspunkte aufzusuchen und den Zentralstrahl, die Feldgren zen und damit auch das Zielvolumen mit diesen sog. Landmar ken in Beziehung zu setzen. Zusätzliche Orientierung verschaf fen Kontrastmittelfüllungen von vorhandenen H ohlorganen, wie Ösophagus, Magen, Dickdarm, Nierenbecken, Ureter und Harnblase. Eine Messblende im Strahlerkopf bildet sich auf den Simulationsröntgenaufnahmen ab und markiert als Schat tenbild die Feldbegrenzung, das Durchleuchtungsfeld und identifiziert den Zentralstrahl über ein diagonales Fadenkreuz.
maßstabsgerechte, verzerrungsfreie Zusammenführung aller Bilddaten eröffnet folgende Möglichkeiten: CT-Simulation (die in vielen Institutionen bereits den The rapiesimulator ersetzt) MRT-Simulation durch die Fusion von CT- und MRT Daten PET- und CT-Fusion zum sog. PET-CT 4D-Planung und Bestrahlung, welche die Organbeweglich keit berücksichtigen funktionelle Bildgebung zur Visualisierung der Tumorphy siologie und des Tumoransprechens während und nach der Therapie •
•
•
•
•
Kontrolle der Patientenpositionierung: Ergänzend zur elekt ronischen Dokumentation des Therapiestrahls mit Portal-lma ging-Systemen ( > Kap. 7.6.3) oder Verifikationsaufnahmen (Portal-Film) dient die CT-Technik im Bestrahlungsraum der optimalen Patientenpositionierung und der korrekten Führung des Therapiestrahls während der Bestrahlung. Der Patient soll in derselben Position bestrahlt werden, die er im Planungs-CT bzw. während der Bestrahlungsplanung eingenommen hatte. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Konzepte: Tandem-Aufstellung von CT und Beschleuniger im selben Bestrahlungsraum (In-Room-CT): Dies ist von der Abbil dungsqualität her sicher das Beste der denkbaren Möglich keiten, aber auch das investiv Aufwendigste. Für eine grö ßere Zahl von Beschleunigern dürfte es flächendeckend nicht umzusetzen sein. • Cone-Beam-CT, entweder mit Nutzung von diagnostischer Röntgenstrahlung oder aber der Therapiestrahlung selbst (Megavoltnutzung, > Abb. 7. 1 9) . In diesem Fall wird also nach abgeschlossener Lagerung, aber vor Aktivierung des Therapiestrahls die exakte Positionierung des Patienten un ter CT-Kontrolle noch einmal verifiziert. Man kann sich vorstellen, dass die Abbildungsqualität wesentlich unbefrie digender ist als mit CT und diagnostischer Röntgenstrah lung, aber sie reicht aus. •
7.3.5 B i l d g estützte Rad i oth era pie (IGRT)
Die jeweils aktuellsten bildgebenden Verfahren dazu zu nut zen, die sichtbare und unsichtbare Ausdehnung eines Tumors möglichst genau darzustellen und das klinische Zielvolumen danach auszurichten und dies täglich zu dokumentieren, ist nicht neu. Der neue Begriff "Image Guided Radiotherapy" (IGRT) ist heute in aller Munde, weil interessante Verfahren in den letzten Jahren hinzukamen: der Ultraschall (US), die Com putertomografie ( CT) , die Magnetresonanztomografie (MRT), die Positronenemissionstomografie (PET), aber auch die Nut zung der Therapiestrahlung (Cone Beam CT).
Sonographie (US) Der Ultraschall eignet sich zur Bestrahlungsplanung von ober flächlichen Weichteilprozessen, z.B. von Halslymphknotenme tastasen. Durch den intrakavitären Ultraschall lässt sich nun die beginnende Infiltrationstiefe von Karzinomen des Ösopha gus, Magens und Rektums konkurrenzlos bestimmen und auch die Brachytherapie des Prostatakarzinoms erschloss sich in der heutigen Perfektion erst mit dem endorektalen Ultra schall (EUS; > Abb. 7. 18).
Com putertomografie, M RT u nd Hybridsysteme Bestrahlungsplanung: Hier geht es um die Integration von CT- oder MRT-Daten direkt in den Bestrahlungsrechner. Es geht also nicht nur um CT-Bilder oder M RT-Aufnahmen, die schon solange es diese Verfahren gibt als Vorlage bei der Defi nition der radiotherapeutischen Zielvolumina dienten. Die
Tomotherapie: Die Tomotherapie stellt die perfekte Integra tion eines CT in einen zur I MRT (intensitätsmodulierten Ra diotherapie) befähigten Linearbeschleuniger dar ( > Abb. 7.20). Das Strahlenbündel erfasst bewusst nicht das ganze Ziel volumen. Zunächst wird der Tumor spiralförmig, Schicht für Schicht, von wenigen kleinen, möglichst symmetrischen Strah lenbündeln "abgetastet" entsprechend einem Spiral-CT in der diagnostischen Radiologie, um anschließend ebenso spiralför mig bestrahlt zu werden. Es begann damit, dass Zusatzkollek toren an den Beschleunigern und Zusatzkollimatoren während mehrfacher Umdrehungen des Beschleunigers das Zielvolu men in 2 x I 0 mm dicken Schichten bestrahlten. Diese enge Abtastung resultierte bei U mlaufzeiten von je l -2 min in unre alistisch langen Bestrahlungszeiten. Die IMAT (intensity mo dulated arc therapy) kommt heute bei Varian (RapidArc•) und Elekta (VlMAT") mit um die zwei Minuten aus - quasi in einer
7.3 Gerätekunde
265
Abb. 7.1 8 Temporäre, transperineale Implantation von 1921ridium-Strahlern bei Prostatakarzinom. [601
a) Durch den Damm hindurch werden unter Leitung der endorektalen Sonographie (EUS) Meta llnadeln in die Prostata eingeführt. Ein .. Template " dient der parallelen Nadelführung. b) Das Röntgenbild dokumentiert die streng parallele Nadel Iage. Es dient zur dreidimensionalen Planung der lsodosenverteilung. c) Computersimulation der die Prostata umschließenden Bezugsisodose. Andeutungsweise erkennt man die Nadeln bzw. Strahler. d) Der EUS stellt durch die Rektumwand hindurch d ie Applikatoren und die verschiedenen Isodosenlinien dar.
einzigen Umdrehung und mit optimierter Modulation des Therapiestrahls.
Molekulare B i ldgebung (Molecular lmaging)
•
I
I
•
Abb. 7 . 1 9 Cone-Beam-CT (TrilogyTM der Fa. Varian), bestehend aus ei
nem Linearbeschleuniger und einem Computertomografen (mit diagnosti scher Röntgenstrahlung), der an der Gantry des Beschleunigers angebracht ist: links die Röntgenröhre, rechts der Bildverstärker. [6 1 1
Stoffwechselvorgänge sollen sichtbar gemacht und quantifi ziert werden. Die radioaktiv markierten Arzneimittel treten in Wechselwirkung mit Funktionsproteinen des menschlichen Körpers, also Enzymen, Transportproteinen oder Rezeptoren, deren Aktivitätszustand über die Verteilung des Radiotracers im Körper entscheidet. Typisches Beispiel hierfür ist die Dar stellung des Iodidtransports in der Schilddrüse mit H ilfe von 99rnTc-Pertechnetat. Dieser korreliert mit der Hormonsynthese, stellt also nicht ihre Struktur, sondern nur ihre Hormonpro duktion dar. Ein Beispiel aus der Onkologie ist die mit radioaktivem 1 8 F markierte Fluor- 1 8-Deoxyglukose ( FDG). die über die zell membranstä ndigen Glukosetransporter in die Zellen h i nein transportiert und anschließend von dem Enzym Hexakinase
266
7 Strahlentherapie
Abb. 7.20 Tomotherapie. Fusion eines Linear beschleunigers mit einem Computertomografen. Im Vordergrund der 6·MV-Beschleuniger als Strahlenquelle mit Kollimator zur Formung des Strahlenfelds. Unter dem liegenden Patienten der CT·Detektor mit dem dahinter liegenden Beam Stopper (zum Abstoppen des Therapiestrahls). Diese neuere Entwicklung steuert sequenziell bis zu fünf Strahlerköpfe über eine Elektronen-Beam l ine an (Multibeam Tomotherapy TOM' S). I62I
phosphoryliert wird. Die Verteilung des markierten FOG vi sualisiert in der Positronenemissionstomografie (PET) den Glukoseverbrauch und damit den Energiestoffwechsel von Zellen. Beide sind gewöhnlich in Tumorgeweben erhöht. > Abb. 7.2 1 verdeutlicht, dass dieser Nachweis von zwei Faktoren und ihrem Verhältnis zueinander abhängt: ( l ) von der spezifischen Aktivität der Tumorläsion und (2) ihrer Grö ße. Beide stehen im umgekehrten Verhältnis zueinander: Bei hoher Aktivität im Tumorgewebe werden bereits Prozesse ab 5 mm Durchmesser gegenüber dem Körper-Background sichtbar.
7.4 Stra h l e nt h e ra peutische Tech n i ken 7.4.1 Gru n d sätz l i c h e E i nte i l u n g Teletherapie (perk uta ne Stra h lentherapie) Man spricht von Teletherapie, wenn der Abstand des Strahlen fokus von der H autoberfläche (Fokus-Haut-Abstand) � 1 0 cm beträgt. Die Bestrahlung erfolgt von außerhalb des Körpers. Zur Teletherapie zählen die Röntgentherapie (Weich- und Hartstrahltherapie), Telegammatherapie ( mit 6°Cobalt) und Hochenergietherapie (früher Hochvolt- oder Megavoltthe rapie) mit Linear- oder Kreisbeschleunigern und die Spezi alverfahren stereotaktische Radiotherapie, Radiochirurgie und intraoperative Radiotherapie ( I ORT). •
•
•
prozentualer Messfehler
·
B rachytherapie (Kurzd ista nztherapie)
Background
Man spricht von Brachytherapie, wenn die Bestrahlung des Zielvolumens (CTV) aus kürzester Distanz erfolgt. Definitions gemäß beträgt der Abstand zwischen Strahlenquelle und CTV < I 0 cm. Im engeren Sinn geht es um die 1l1erapie mit um schlossenen Strahlern. Dazu gehören die Kontakttherapie: Die Strahlenquelle bzw. der Applikator wird von außen in Kontakt mit dem CTV auf der H aut oder Schleimhaut gebracht (z.B. Augapfel, Epipharynx, Mund höhle, Analkanal). intrakavitäre Therapie: Der Applikator oder ein offener oder umschlossener Strahler wird in eine Körperhöhle ( Uterus, Scheide, Blase), ein schlauchförmiges Lumen ( int ralumina.le Therapie von Ösophagus, Bronchus, Gallen gang, Koronararterie) oder als offener Strahler in eine Zyste oder Gelenkhöhle eingebracht. •
�,
__ __ __ __ __ __ __ L_ __ __
Tumorgröße/Auflösung
•
Abb. 7.21 Darstel lung von Läsionen mit der Positronenemissi onstomografie (PET). Die Auffindung ist abhängig von der Größe der Läsion (auf der Abszisse), der Aktivitätsaufnahme in Prozent (links auf Ordi nate) und der Background-Aktivität. Um sich aus dem Background heraus zuheben und dadurch detektierbar zu sein, muss eine kleine Läsion sehr viel Aktivität gespeichert haben, während bei einer großen schon eine geringere spezifische Aktivität ausreicht [ 631
7.4 Strahlentherapeutische Techniken •
interstitielle Therapie: Der Strahler oder zunächst ein Ap plikator wird direkt in das Tumorgewebe und seine unmit telbare Nachbarschaft implantiert (klinischer Fachjargon: Spicken).
7.4.2 Tec h n i ken d e r Telethera p i e
Die Bestrahlungstechnik bestimmt wesentlich die Dosisvertei lung im klinischen Zielvolumen CTV. H ier und bei der biologi schen Bestrahlungsplanung, nämlich bezüglich der Formung der Zielvolumina, der Fraktionierung und Protrahierung er weist sich die Hohe Schule der Strahlentherapie.
267
E i nzelstehfeldbestrah l u ngen Einzelstehfelder sind für ein CTV bis maximal 3 cm Tiefe ei ne adäquate Bestrahlungstechnik. Das Dosismaximum D m ax liegt entweder in der H aut, wie bei der Weichstrahl- und Oberflächentherapie mit Röntgenstrahlen, oder in 5 mm (bei der Telekobalttherapie) bzw. bei bis 5-7 cm Tiefe bei der Elektronentherapie. Einzelstehfelder mit Linearbe schleuniger- Photonen ( > Abb. 7. 22a) sind nur ausnahms weise einmal indiziert. Schwierigkeiten können sich beim Aneinandersetzen von Stehfeldern ergeben ( > Abb. 7.23). Die Strahlendivergenz verursacht entweder Überdosierungen (Hot Spots) durch
Abb. 7.22 Beispiele für Dosisverteilungen bei der Bestrahlung paraaortaler Lymphknoten mit einem einzelnen Stehfeld, mit Ge genfeldern und einer Mehrfeldertechnik. Die Normierung erfolgte auf einen Referenzpunkt D,.1 1 00% im CTV. Das Dosismaximum Dmax ist als weiß-violettes .. Flügelrad " erkenntlich. Die 95%-lsodose (rot) soll das Ziel volumen u mfassen. Das Volumen mit Dosen über 1 05% ist grau schattiert, das über 1 1 5% violett (beides nur in der oberen Abbildung). a) Die Bestrahlung m it dem Einzelstehfeld ergibt ein riesiges, nicht zu tole rierendes Maximum. D,.1 45 Gy i n 25 Fraktionen a 1 ,8 Gy Dmax 58 Gy ( 1 29% von D"1) b) Ebenso l ängst überholte Technik mit opponierenden Stehfeldern: Der ge samte .. Kana l " , beginnend an der Bauchwand bis hin zur Rückenhaut, wird mit der CTV-Dosis Drnin (rot) homogen durchstrahlt. Drei = 45 G y Dm" 48 Gy ( 1 07% von D,.1) c) Mehrfeldertechnik mit vier Stehfeldern von ventral, dorsal und seitlich (4-Felder-Box). Die seitlichen Felder sind mit Keilfiltern modifiziert. Die Ziel volumendosis D"''" umschließt das CTV. Das durchstrahlte Volumen wird gegenüber (b) wesentlich entlastet. D"1 45 Gy D'"" 48 Gy ( 1 07% von D,.1). =
=
=
=
=
=
7
268
Strah lentherapie
Hautoberfläche
l
Überdosierung (Hot Spot) Abb. 7.23 Beim Aneinandersetzen von Bestrahlungsfeldern gibt es in und unter der Haut Ü ber- oder Unterdosierungen.
Überschneidung der Strahlenbündel in der Tiefe, wenn sich die Felder auf der Haut be�ühren, oder Dosiseinbrüche (Cold Spots) an der Oberfläche, wenn die Fe lde r auf d e r Haut nicht unmittelbar aneinandergesetzt werden. Durch überlegte Felda nordnungen, -ausblockungen und - kippunge n lassen sich sol che Dosissprünge fast immer vermeiden oder doch zumindest reduzieren.
I
Der Ablaufwinkel der Maschine bezeichnet den Bereich, der vom Zentralstrahl durchlaufen wird. Rotation ist ein Ab lauf von 360°, die Bestrahlung eines Segments eine Segment oder W inkelrotation, die mehrerer Segmente eine mehrseg ' mentale Rotation. Monoaxiale (Bewegung um eine Achse), biaxiale ( Bewegung um zwei Achsen) und mehraxiale Bewe gungsbestrahlungen sind denkbar und durchaus üblich. Die Wahl der Technik richtet sich nach der Konfiguration des Ziel volumens und der Lokalisation kritischer Organe. > Abb. 7.25 zeigt eine biaxiale, quadrosegmentale Rotation. Eine weitere Technik der B eweg un g sbest r ah l ung ist z.B. die Tangentialrotation ( >- Abb. 7.26). V e rwen d e t werden so wohl Photonen- als auch Elektronenstrahlen. Indikationen sind schalenförmige Zielvolumina an der Thorax- und Bauch wand oder im Körperinneren. Strahler kopf
Strahler kopf
M e h rfelderbest ra h l u ngen Di e Felder stehen sich exakt oppo nierend gegenüber, sodass beide Zentralstrahlen ineinander ve rlau fen ( >- Abb. 7.22b). Man bezeichnet diese Feldanord nung auch als koaxial oder koplan ar. Es resultiert eine homo gene Durchstrahlung des entsprechenden Körpe rabschni tts, also nicht nur des Zielvolumens CTV, sondern überflüssiger weise auch des gesunden Gewebes davor und dah in ter. Kreuzfeuerbestrahlungen: D i e Zentralstrahlen der zwei, drei oder mehr Einzelstehfelder si nd gegeneinander abgewinkelt, aber auf das Zielvolumen im Körperinneren - besser gesagt: auf das Isozentrum - gerichtet ( >- Abb . 7.22c). Diese Technik bringt eine hohe Dosis ins CTV und entlastet das u m li egende ge sunde Gewebe. D max liegt im Zielvolumen. Im Bereich spitzer W i nkel oder bei ungleicher Verteilung der Felder über die Kör perzirkumferenz bilden sich u.U. Hot Spots aus. Deshalb plant man primär grundsätzlich nicht mit "offenen Feldern", sondern setzt zur Homogenisierung der Dosisverteilung Keilfilter in die Strahlengänge ein, welche die Isodosenverläufe jedes Felds e n t sprech e nd modi fi zieren ( >- Abb. 7.22c). Gegenfeldbestrahlungen:
Beweg u n gsbestra h l u nge n J ede Bewegungsbestrahlung ist eigentlich ei ne Vielfelder Kreuzfeuer-Technik mit dem Unterschied, dass sich die Strah lenquelle auf einem Kreisbogen oder Kreissegment um den Patienten bewegt ( >- Abb. 7.24).
Abb. 7.24 Prinz i p der Bewegungsbestrahlung. Ausrichtung des Zent ralstrahls auf das lsozentrum, das g leichzeitig d ie Drehachse des Gerätes ist. Dosiskonzentration im CTV, geringe Exposition des umgebenden Gewebes.
D
bestrahlte Zonen
D Schattenzonen
Abb. 7 . 2 5 Biaxiale, quadrosegmentale Bewegungsbestrahl ung.
Der Beschleuniger rotiert nacheinander um zwei Rotationsachsen. Ü ber vier Segmenten schaltet er die Strahlung ein. [64]
7.4 Strahlentherapeutische Tech n iken
269
Konformierende Stra hlenthera p i e Stra hler kopf
a
Ein komplex gestaltetes Zielvolumen in der Nachbarschaft be sonders strahlensensibler Strukturen (z.B. Sehnerv) soll gewe beschonend mit einer konformierenden, sozusagen "hauten gen" Bezugsisodose überzogen werden, die sich also dem Ziel volumen besonders gut anpasst. Es geht hier zunächst nur u m die Geometrie, bei der dynamischen lbdiotherapie wird zu sätzlich noch die Energiefluenz \f' verändert. Dle verschiedenen Möglichkeiten der konformierenden Strahlentherapie sind folgendermaßen definiert: • Konformation: jede Form der individuellen, zielvolumen bezogenen Kollimation von Bestrahlungsfeldern im Rah men von zwei- oder dreidimensionalen Bestrahlungsplä nen. Stichwort: "hautenge Bezugsisodose". • Stereotaktische Radiotherapie: hochkomplexe Spielart der Konformationsbestrahlung mit Hilfe zahlreicher, jeweils in dividuell kollimierter Einzelstehfelder oder mehrsegmentaler Bewegungsbestrahlungen (Ares). Die Indikation wird v.a. gestellt bei kleinen Zielvolumina in d�r Nähe besonders strah lensensibler Normalstrukturen, z.B. in Sehnervennähe, im Gehirn ( > Abb. 7.27), im H irnstamm, nahe dem bzw. im Rückenmark sowie bei peripheren Lungentumoren und Le bermetastasen. Die Bestrahlung erfolgt fraktioniert; der Kopf bzw. der betreffende Körperabschnitt wird mit speziellen Ste reotaxiemasken oder -ringen vollständig immobilisiert ( >- Abb. 7.28). Für diese Techniken wurden schon spezielle, für die Stereotaxie dedizierte Linearbeschleuniger entwickelt, beispielsweise das Novalis Shaped Beam Surgery® System. • Radiochirurgie (radiosurgery): Technisch grundsätzlich gleich wie die stereotaktische Radiotherapie, wird bei der Radiochirurgie nur einmal, und zwar mit sehr hoher Dosis bestrahlt, z.B. mit 20 Gy (Einzeitbestrahlung). Da dieser "Schuss" auf den Millimeter genau sitzen muss, verlangt die Methode höchste Präzision bei der Feldeinstellung und -fi xierung. Der den Kopf fixierende Stereotaxiering wird be reits während der leitenden Bildgebung (CT oder M RT) am knöchernen Schädel verschraubt ( > Abb. 7 .27 und > Abb. 7.28). M E R K E Konformierende Strahlentherapie beze i chnet ganz al lgemein jede gewebeschonende Anpassung des behandelten Volumens (TV) an ein i ndividuelles, u.U. komplex gefor mtes klinisches Ziel volumen (CTV) bzw. Planungszielvolumen (PTV). Stereotaktische Strahlentherapie bezeichnet eine hoch ent wickelte, besonders komplexe Form der fraktionierten Konformati onstherapie, welche sehr kleine Tumoren im Gehirn, im Rücken mark oder Körperstammbereich so gezielt angeht, dass umgeben des Risikogewebe trotz der appli zierten hohen Dosis optimal ent lastet wird. • Radiochirurgie me i nt, dass es sich bei der stereotaktischen Strahlentherapie n icht um eine fraktion ierte Bestrahlung handelt, sonde rn u m eine hoch dosierte Einmalbestrahlung. • Dynamische Strahlentherapie verändert während des Bestrah lungsvorgangs einen oder mehrere Bestrahlungsparameter, wie Feldgröße, Feldkontur, Dosisleistung, Tischposition etc. •
•
Abb. 7.26 Prinzip der Tangentialrotation mit dem Linearbe schleuniger zur Abdeckung schalenförmiger Zielvolumina. a) Schalenförmiges Zielvol u men an der Körperoberfläche. b) Real is ierung von (a); exzentrische, tangentiale Rotationsbestrahlung ent· lang der Th oraxwand ; die Rotationsachse liegt mitten in der rechten Lunge. M e ist muss das Rotationsfeld a n den Enden durch Stehfelder ergänzt werden. c) Bestrahlung von prävertebral gelegenen paraao rtalen Lymphk noten mit einem exzentrischen Rotationsfeld. D,01 = 4 5 G y Drnax = 50 Gy (:: 1 1 1 % von D"1) Die Dosisnormierung entspricht Abbildung 7 . 2 2 .
I
270
7 Strahlentherapie
Abb. 7.27 Stereotaktische Bestrahlung einer kleinen, solitären Hirnmetastase eines hypernephroiden Nierenzellkarzinoms.
a) Darstellung der Eintrittspforten einer Mehrfelder-Rotationsbestrahlung (englisch: multi arc). Das Bild entsteht durch eine 3D-Rekonstruktion aus dem CT-Datensatz der Bestrahlungsplanung. b) Transvers alschnitt durch das Zielvolumen bei der stereotaktischen Bestrahlu ng, mit farbkodierten lsodosen. Man erkennt die Schrauben in der Schädel kalotte für den Stereotaxiering (selbst unsichtbar, weil nicht schattengebend). c) Koranalschnitt durch das Zielvolumen bei der stereotaktischen Bestrah lung, mit farbkodierten Isodosen und angedeuteter Strahlführung. d) Sagittalschnitt.
7.4 Stra hlentherapeutische Techn i ken
271
\ \
Halswirbelkörper
Rückenmark (kritischstes Organ)
Abb. 7 . 28 Stereotaxiering zur invasiven Fixierung der Schädelka lotte. Dieses Vorgehen ist vornehmlich bei der Radiochirurgie (stereotakti sche Einmalbestrahlung) von kleinen Hi rntumoren unverzichtbar, auch bei der stereotaktischen I mplantation von 1 25 1od-Seeds in benigne und maligne H i rntumoren. [65]
I n tensitätsmodulierte Strah lentherapie ( I M RT) Diese relativ neue Technik zerlegt das Strahlenfeld in viele klei ne Teilbereiche, die mit jeweils unterschiedlicher Dosis belegt werden können ( > Abb. 7.29). So erhält auch das Tumorvolu men quasi Punkt für Punkt eine je nach Risiko genau festgeleg te, u.U. auch unterschiedliche Dosis. Neuere strahlenbiologi sche Forschungen konnten nämlich innerhalb eines Tumors ganz unterschiedlich maligne Areale nachweisen, die verschie dene Resistenzmechanismen aufweisen und für Progressionen bzw. Rezidive verantwortlich sind. Die Philosophie dieses sog. Dose Painting bricht also mit der bisher unwidersprochenen Forderung, dass jeweils der ganze Tumor so homogen wie möglich ein- und dieselbe Strahlendosis erhalten müsse. Zu sätzlich kann durch die I M RT gesundes strahlensensibles Ge webe besonders gut "beschattet" werden. Das bewährt sich be reits bei der Bestrahlung von Zielvolumina, die unmittelbar an Risikoorganen liegen, so bei Kopf-Hals-Tumoren ( Rücken mark! > Abb. 7.30), Tumoren der Schädelbasis und der Pros tata ( > Abb. 7.3 1 ) .
Abb. 7.29 Intensitätsmodulierte Strah lentherapie am Beispiel ei nes Oropharynxkarzi noms. Ein schematischer Schnitt ist durch die Mundhöhle gelegt. Ein großer Tumor liegt linksseitig vor der Halswirbelsäu le. Er wird über fünf E instrahlrichtungen angegangen, u m die kritischen Organe Rückenmark (rot) und große Speicheldrüsen (Parotiden, grün) sowie auch die Mundschleimhaut aus dem Hochdosisbereich herauszunehmen und z u schonen: Ein größeres Feld kommt von vorn, zwei Felder von seitlich und zwei von schräg dorsal. Jedes der fünf Bestrahlungsfelder ist i n mehre re Teilfelder zerlegt, sozusagen .,moduliert " . Diese Teilfelder werden jeweils mit unterschiedl icher Energiefluenz (symbolisiert d u rch die Farben Weiß, Rot, Gelb und Grün) belegt und bringen somit .. zerlegte " , ganz unterschied l iche Dosisanteile in die Summendosis am Tumor ein. Idealerweise schmiegt sich die Bezugsisodose (gepunktete Linie) unmittelbar um den Tumor, so dass das Rückenmark und die großen Speicheldrüsen .,beschattet" werden. [23)
272
7 Strahlentherapie
Kollimator
cl-
=
Behandeltes Volumen
'l
�
(\;,;k \
/
a
Zielvolumen
Behandeltes Volumen
R
o mg
i/
L• l
u
�
""
Zielvolumen
\
b
'
I ntraoperative Bestra h l u ng (IORT) Sofern ein Operatem während des Eingriffs feststellt, dass er vermutlich nicht alles Tumorgewebe im Gesunden entfernen konnte (RI /R2- Resektion), bietet sich die intraoperative Ra diotherapie (IORT) als Sicherungsmaßnahme an. Drei Verfah ren stehen zur Auswahl: Elektronenstrahlung eines für die I ORT dedizierten Linear beschleunigers, die mit einem in die Operationshöhle einge setzten Elektronentubus direkt auf das Operationsfeld ge richtet wird ( > Abb. 7.32). Konventionelle Röntgenstrahlung 1 00 kV. Die Röhre wird ebenso in die Operationshöhle eingeführt. Strahlung des 192Iridiums. Eine Moulage ( > Abb. 7.33) wird auch während der Operation in das Operationsfeld eingebracht und anschließend in einem Strahlen abschir menden Raum mit dem Strahler im Afterloading-Verfahren beschickt (Flab-Technik). Die kritischen Organe - bei intraabdominaler IORT Dünn und Dickdarm, bei Thoraxeingriffen die Lunge - sind zur IORT noch aus dem zu bestrahlenden Bereich herausluxiert, werden also nicht der Direktstrahlung ausgesetzt. Auf diese Weise lässt sich ein gut definiertes Zielvolumen hoch dosiert und neben wirkungsarm exponieren. Die Strahlung sollte eine begrenzte Reichweite haben. Deshalb wird heute allgemein die Elektro nenstrahlung eines Linearbeschleunigers verwendet. Sie dringt 2-3 cm ins Gewebe ein, sodass Strukturen hinter dem CTV geschont werden. •
•
•
R isikoorgan
Abb. 7.30 Bestrahlung eines Tumors im HNO-Bereich, der konkav um das Risikoorgan Rückenmark wächst. [66] a) Dosisverteilung mit ei ner konventionellen Konformationsbestra h lung. Die das Zielvolumen abdeckende Isodosenfläche (braun) erfasst das Risikoorgan Rückenmark voll. b) Deutlich überlegene Dosisverteilung durch IMRT, symbolisiert durch die unterschiedliche Länge der Pfeile an den Bestrahlungsfeldern. Sie schont das Rückenmark.
M E R K E
Konformierende Strahlentherapie mit Stereotaxie und Radiochirurgie ist radioon kologischer Sta ndard. I M RT (i ntensitätsmodulierte Strah lentherapie) und I ORT (intraoperative Radioth erapie) setzen sich nach und nach durch, u nterstützt durch klinische Studien .
r. Abb. 7 . 3 1 Bestrahlung eines Prostatakarzinoms mit einem für die Stereotaxie dedizierten Linearbeschleunige I ntensitätsmodulation und inver Frontalschnitt links, Sagittalschnitt rechts. l6 7 ] skizziert). (orange Blase und Markierung) (rote Enddarm von Schonung eine ist Ergebnis Das ierung. se Pla nungsoptim
7.4 Strahl entherapeutische Techniken
273
a
Abb. 7.32 Intraoperative Radiotherapie (IORT) nach Resektion eines Beckentumors. Die Schemazeichnungen zeigen den in die Bauchhöhle ein· geführten Elektronentubus; er ist u.U. angeschrägt, sodass er je nach Risikogebiet gut platziert werden kann (rote Markierung = Zielvolumen mit Dosimeter): a) für Tumorreste im Blasen· und Prostatabereich, b) für die präsakrale Region. CD Tubus, 0 Kreuzbein ( 1 . Sakralwirbel), @ Harnblase m it intravesikalem Dosimeter, ® Prostata, ® Symphyse, ® herausluxierter Darm, (J) Aorta, ® Enddarm. [68] c) Originalfoto eines durch die Bauchwand eingeführten und fixierten Elektronentubus eines Linearbeschleunigers. [69]
G ro ßfe l d bestra h l u n g e n
Abb. 7.33 Flab-Methode zur intraoperativen Strahlentherapie. l n einen weichen " Schwabbe l " (englisch: flab) sind Applikatorschläuche eingearbei· tet, die an ein Afterloadi ng·Gerät angeschlossen werden sollen. Der Flab kann bereits während der Operation beschickt werden, meist aber erst da· nach in einem strah lenabschirmenden Raum. [ 70]
Sie dienen der Bestrahlung ausgedehnter Zielvolumina "in ei nem Stück" mit dem Ziel, die beim Aneinanderfügen mehrerer Bestrahlungsfelder entstehenden Unter- oder Überdosierun gen zu vermeiden. Unabdin gbarer und integraler Bestandteil aller Großfeldbestrahlungen sind individuell gefertigte Abde ckungen für kritische Organe wie Lunge, blutbildendes Kno chenmark, H erz, Nieren, und Leber. Folgende Beispiele von Großfeldtechniken sind onkolo gisch-taktisch zu nennen: • Mantelfeld und umgekehrtes Y-Feld bzw. totalnodale Be strahlung bei lymphoretikulären Systemerkrankungen (Mor bus Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphome): Befallene und be nachbarte, makroskopisch nicht befallene Lymphknotenstati onen werden als ein Zielvolumen bestrahlt ( > Abb. 7.34). • Ganzkörperbestrahlung vor Knochenmarktransplantation zur Vernichtung von nach Chemotherapie noch verbliebe nen Leukämie- und Knochenmarkstammzellen ("Konditio nierung"). Auch Teilkörperbestrahlungen zur Immunsup pression bei Autoimmunkrankheiten und wr Schmerzbe handlung wegen ausgedehnter Metastasierung sind geläufig.
274
7 Strahlentherapie
Abb. 7.34 Individuelle Kol limation bei der Großfeldbestrahlung des Morbus Hodgki n . a) Patientin unter d e m Großfeld in Bauchl age. Humerusköpfe, Lungen u n d untere Thoraxwand s i n d abgedeckt. b) Die Verifikationsaufnahme ( Portalfilm) mit der Therapiestrahlung zeigt den korrekten Sitz des lndividualkoll imators.
•
Ganzhaut-Elektronentherapie bei kutanen Lymphomen, Mycosis fungoides und anderen ( >- Abb. 7.35 und >- Abb. 7.36): Diese Technik ist sehr aufwendig, entstehen doch trotz der Vielfelder-Fernbestrahlung mehrere Schattenzo nen an der Körperober fläche, die alle zusätzlich lokal mit Dosis ergänzt (geboostet) werden müssen (z.B. Schulter, Achselhöhlen, Leisten, Hand- und Fußflächen, Analfalte und Submammärbereich).
II
II
Abb. 7.35 Patientenpositionen bei der Ganzhaut-Eiektronentherapie wegen kuta ner Lymphome. Die Stellungen 1-11 werden täg l ich abgewechselt.
7.4
275
Strahlentherapeutische Techniken
Mittlere Elektronenenergie
Zentralstrahl 2ss·
Abb. 7.36 Bestrahlungsanordnung und Feldgeometrie bei der Ganzhaut-Eiektro nentherapie wegen kutaner Lymphome. Ein Plexiglasschirm von 5-1 0 mm Dicke setzt d ie E lek tronenenergie an der Haut des Patienten von 7 MeV auf 5 MeV herab und bringt dadurch das Dosismaximum in die Haut.
Zentralstrahl
288°
Om
1 m
3m
7.4.3 B rachyt h e ra p i e 1 . H DR-Fraktion
D ie Platzierung radioaktiver Strahler direkt am oder im Tumor empfiehlt sich immer, wen n die Bestrahlungsdosis dort um schrieben erhöht oder dieser Tumor allein ohne Ausbreitungs wege bestrahlt werden soll. Das Verfahren heißt Brachythera pie (Kurzdistanz-Radiotherapie). Es wird in den letzten Jahren wieder vermehrt e ingesetzt. Vorteile der Brachytherapie sind: • hohe I ntegraldosis im Zielvolumen deutlich geringere Belastung der gesunden Nachbargewebe infolge des steilen Dosisgradienten außerhalb des Zielvolu mens • räumlich und zeitlich optimal an den individuellen Tumor angepasste Bestrahlung durch die jeweilige Positionierung •
der Strahler und die verschiedenen Möglichkeiten der Do sisprotrahierung
Dosisle istu ngsbereiche In der Brachytherapie spielt d i e zeitliche Dosisverteilung diesel be Rolle wie in der Teletherapie. Während dort aber Fraktionie rungseffekte für Antitumorwirkung und Spätfolgen am Nor malgewebe ausschlaggebend sind, nutzt man h ier die Protrahie
rungsefFekte ( >- Kap. 3.3.4) durch die Auswahl verschiedener Dosisleistungen (DL). Man unterscheidet ( >- Abb. 7.37): • LDR (low dose rate, < I Gy pro Stunde): herkömmlicher DL-Bereich in der Gynäkologie und bei Kopf-Hals-Tumo ren bis zur Einführung des Afterloading-Verfahrens • HDR ( h igh dose rate, > I 0 Gy pro Stunde): häufigster Ein satz beim Afterloading-Betrieb, vergleichbar der DL bei der perkutanen Teletherapie PDR (pulsed dose rate, Pulse von 0,5- 1 ,0 Gy pro Stunde im H D R-Verfahren): PDR imitiert biol ogisch die LDR-nerapie ( >- Abb. 7.37). Die Applikatoren bleiben für mehrere Tage in Position, doch fährt die Quelle jeweils nur kurz in die Af•
2. H DR-Fraktion
HDR
24 h
48 h
72 h
96 h
LDR
24 h
48 h
72 h
96 h
1111111
PDR
24 h
48 h
72 h
96 h
Abb. 7.37 HDR-, LDR- und PDR-Brachytherapie in der Übersicht. HDR: 1 x 5-1 0 Gy pro Fraktion, alle 5-8 Tage. LDR: kontinuierliche Be strahlung von 30 Gy/3 Tage (72 Stunden). PDR: 72 Pu lse von je 1 Gy in 3 Tagen. terloading-Schläuche ein und wird vom Gerät automatisch sogleich wieder zurückgezogen
Rad ion u k l ide für die B rachytherapie Für die interstitielle 1l1erapie kommen 125I od, 103Palladium und 192Iridium in Betracht. Alle anderen, früher gebräuchli chen Radionuklide (226Radium, 1 37Caesium, 6°Cobalt, 19RGold) sind aus Praktikabilitäts- und Strahlenschutzgründen ausge schieden.
276 •
•
•
•
7 Strahlentherapie
192Jridium-Quellen ( ' 92I r) sind metallische Zylinder mit ei nem Durchmesser von 0,5 mm und einer Länge von 1 ,63 ,6 mm, auch als 1 92 Iridium-Pellets bezeichnet. Ein solches Pellet wird von einer zylindrischen Edelstahlkapsel mit ei ner Wandstärke von 0,2-2 mm umhüllt. 192 Iridium-Wires sind Iridium-Drähte oder -Ketten, Letz tere mit aufgereihten 192Iridium-Seeds. Sie werden im Zen traltresor gelagert, vor einer interstitiellen Spickung indivi duell zugeschnitten und bei allen Indikationen für temporä re interstitielle Implantate manuell eingeführt. Wegen der hierbei zu beachtenden Strahlenexposition für Operateur und Personal setzt man sie selten ein. 1 25Iod-Seeds ( 1 251) bestehen aus einer Titankapsel, die an ihren beiden Enden an ein Ionenaustauscherharz absorbier tes radioaktives 1 25Iod enthält. In der Mitte des Seeds befin det sich eine inaktive Goldkugel, mit Hilfe derer sich das Seed unter Röntgendurchleuchtung identifizieren lässt. 1 03 Palladium-Seeds ( ' 03Pd) werden seit wenigen Jahren den 125lod-Seeds vorgezogen. Wie 1 2 5Iod ein Betastrahler, hat die Strahlung aber eine größere therapeutische Reich weite. Deshalb sind für eine Prostataspickung weniger Seeds erforderlich. Ein Seed ist nahezu genauso klein wie ein 1 25Iod-Seed, nämlich 4,5 mm lang und 0,8 mm breit. Es besteht aus einem Titanrohr und enthält zwei mit 1 03Pd be schichtete Pellets aus Grafit, die durch einen röntgendich ten Marker aus Blei voneinander getrennt sind.
Afte rload i ng-Verfa h ren (Nach ladeve rfa h ren) Die vor 20-25 Jahren noch geläufige herkömmliche Technik der intrakavitären, interstitiellen und Kontakttherapie belaste te Arzt und Personal verhältnismäßig hoch mit Strahlung, v.a. auf Hände und Gesicht. So waren es allein Gründe des Strah-
Messsonden
Abb. 7.38 Nachladeverfahren (Afterloading) in der gynäkologi schen Strahlentherapie. Längsschnitt d urch das weibliche Becken mit Bestrahlungsapplikator i n der Uterushöhle und verschiedenen Messsonden in den benachbarten Organen Vag ina, Blase und Rektum zur M itmessung der d ortig en Strahlendosis. [7 1 )
lenschutzes, die 1 960 zur Einführung der Nachlade- bzw. A f terloading (AL)-Technik durch U. K. Henschke führten. Zuerst löste das AL im gynäkologischen Bereich die herkömmliche und seit Jahrzehnten bewährte Radiumtherapie ab, den dama ligen Schwerpunkt der Brachytherapie ( > Abb. 7.38) . Rasch wurde das AL auch für nahezu alle anderen Indikationsberei che der Brachytherapie geläufig. Seitdem ist die operative Strahlentherapie für Operateur und Personal mit keiner Strah lenexposition mehr verbunden. > Abb. 7.39 und > Abb. 7.40 zeigen AL-Geräte im klinischen Einsatz. Heute verwendet man für das Afterloading nahezu punkt förmige Gammastrahler ( 1921ridium) oder kurze Linienquellen von nur wenigen Millimetern Länge und 1 mm Durchmesser. Mit ihnen sind selbst die Koronargefäße zugänglich.
Abb. 7.39 Bestrahlung eines Mammakarzinoms in Afterloading-Technik mit einer 1921ridium-Quelle, einem Gammastrahler. [721 [73] a) Die Applikatoren sind in die rechte Brust gelegt und über Schläuche mit dem Tresor verbunden. Von außerhalb des Raumes wird die Strahlenquelle ferngesteuert, nämlich aus dem Tresor nachei nander in die verschiedenen Appl ikatoren eingeführt und nach Beendigung des Bestrahl ungsvorgang s wieder in den Tresor zurückgezo gen. b) Die Patientin ist von dem Geschehen gänzlich unberührt und kann sich, wenn keine Bestrahlung stattfindet, innerhalb und außerhal b des die Strahlung abschirme nden Raums frei bewegen.
7.4 Strahlentherapeutische Techniken
277
Abb. 7.40 Afterloading-Handgerät mit 9°Yttrium-Quelle, einem Betastrahler. D ie se Technik w u rde einschließlich des Bestrahlungska theters speziell für die intrakoronare Brachythera pie entwickelt. Diese verhindert nach D i latation des K oron a rgefäßes und na c hfo l g e n de r Stentim p la ntatio n die Re-Stenosierung des Gefäßes, die auf einer Ü berproliferation der Myofibri llen in der k o ro na r e n Gefäßwand beruht. I 51 I M E R K E
Das automatische Nachladeverfahren (Afterloading) hat im Ge gensatz zur früheren, ausschließlich manuell ausg efüh rt e n Brachy therapie folgende Vorteile: Mögl ichkeit der prospektive n Dosimetrie und Bestrahlungsplanung (erst n ach O pt i m ie ru ng d e s Best ra h l u ng s plan s e rfo lgt die Bestrah lung) optimierte und jederzeit korrigierbare Positionierung der Applika toren und der Halt e pun kt e de r Q ue l l e Verkürzung der Patientenliegedauer im Strahlen-/Operationsbe reich, wenn mit hoher Dosisleistung (HDR) bestrahlt wird Eliminierung jeglicher Strah le n exposit io n für Arzt und Personal •
Dosis hinter dem CTV besonders steil ab (Augenschale, > Abb. 7.4 1 ) . Wegen seiner Energie (2,25 MeV), Halbwertszeit (28 Jahre) und spezifischen Aktivität der Strahler eignet sich 90Sr/90Y am besten. 90Strontium zerfallt in 90Yttrium, mit dem es
nach kurzer Zeit im radioaktiven Gleichgewicht steht. Thera peutisch genutzt wird allein die Betastrahlung des 90Yttriums.
•
•
•
O berflä c h e n kontaktthera pie 90Stro nt iu m-Prä parate
1 06 Ruthen iu m/1 06 Rhodiu m-Piaq ues Diese Plaques werden zur Kontaktbestrahlung von Aderhaut melanomen einer Tumordicke von s 5 mm genutzt. Attraktiv ist an diesem Betastrahler, dass sein Gammaanteil nur 1 -2% beträgt und die therapeutische Reichweite mit etwa 7 m m rela tiv groß ist. Man appliziert 1 00- 1 50 Gy an der Tumorspitze. Das bedeutet an der Tumorbasis, dort, wo das Plaque der Skle ra aufsitzt, eine maximale Dosis (D max) von 1 .000- 1 .200 Gy.
Soll die Strahlung nur wenige Millimeter tief eindringen, z.B. bei sehr oberflächlichen Zielvolumina in der Ophthalmologie und Dermatologie, bieten sich Betastrahler an. Hier fällt die mm
��
Applikator
90 Strontium
Sklera
Augapfel
Netzhaut
Abb. 7.41 Str ont i u m pl att e (90Sr/90Y-Präparat), dem Auga pfe l a ufgesetzt. Indikatio n : mal ignes Melanom der Konjunkt iva. Manuelle Applikation. Der Isodosenverlauf fäl lt nach wenigen M i l l imetern steil zur T iefe hin ab.
Abb. 7 .42 106Ruthenium-Piaques zur Bestrahlung von Aderhaut melanomen. Die Präparate enthalten das 106Ru/106Rh in eine Rein si l be r hülle eingewalzt und können mehrere Tage auf der Sklera des Augapfels a ngenäht bleiben .
278
7 Strah l entherapie
Dickere Tumoren eignen sich nicht mehr, weil - wenn man die D,ef an der Tumorspitze als gegeben ansieht - die D max an der Sklera zu groß würde. Die schalenförmigen Augenapplikatoren ( > Abb. 7.42) werden dem Bulbus außen operativ aufgenäht und nach 2-6 Tagen wieder entfernt. Sie sind aus Reinsilber gearbeitet, 1 mm dünn, der radioaktive Teil selbst nur 0,2 mm. Der Boden ist 0,7 m m stark, damit nur noch etwa 3% der Dosis nach dorsal abstrahlen. Auch die vorderen Augenabschnitte erhalten fast keine Strahlung. M o u lagen
Moulagen aus plastisch formbarem Material wie Plastilin, Wachs, Schaumgummi o.Ä. enthalten Gammastrahler ( i 92Iridium-Dräh te) eingebettet oder können per Afterloading mit diesen bestückt und direkt der Haut- oder Schleimhautoberfläche aufgebracht werden. Moulagen lassen sich den äußeren und inneren Körper konturen ideal anpassen. Die maximale therapeutische Reich weite der ausgehenden Strahlung beträgt 10 mm im Gewebe. Letzten Endes ist auch der Flab zur IORT ( > Abb. 7.33) eine Moulage.
l ntra kavitä re Thera pie Bereits kurz nach seiner Entdeckung i m Jahre 1 898 wurde 226Radium in die i ntrakavitäre Strahlentherapie eingeführt, und zwar von Karzinomen des Uterushalses, des Uteruskör pers und der Scheide. Seine Halbwertszeit von 1 .620 Jahren gewährleistete eine konstante Aktivität. Und die Ergebnisse
der gynäkologischen .,Kontaktbestrahlung" aus dieser Zeit wa ren so hervorragend, dass sie für uns bis heute die Messlatte sind. N ur aus Strahlenschutzgründen wurde vor etwa 30 Jah ren die Afterloading (AL)-111erapie mit 1 92Iridium eingeführt, welche inzwischen das ..gute alte Radium" völlig verdrängt hat. Trotzdem orientiert sich verständlicherweise das technische Vorgehen beim AL an der Radium-Ära. Die Applikatoren sind in Form und Positionierung den Radiumpräparaten nachemp funden ( >- Abb. 7.38) und werden fortlaufend auch für andere Indikationen optimiert ( > Abb. 7.43). Indikationsgebiete der intrakavitären TI1erapie sind: • die gynäkologischen Karzinome im kleinen Becken (Uterus und Scheide) • verschlossene oder stenosierte Gangsysteme wie Gallengän ge, Ösophagus und Bronchien (man spricht hier von intra luminaler Therapie) • intrakoronare Strahlentherapie zur Stenoseprophylaxe nach Koronardilatation (perkutane transluminale Koronarangio plastie, PTCA) M E R K E
Die Dosierung bei der intrakavitären bzw. intraluminalen Strahlen therapie e rfol gt auf eine vorher bestimmte Gewebetiefe, gemes sen ab Schleimhautoberfläche. • Bei Verwendung von sehr dünnen Applikatoren und ungeklärtem Wandkontakt dosiert man auf einen Referenzpunkt in einigen Mil limetern Entfernung von der Applikatormitte. Es sind dies je n a ch Organ 5-1 0 mm, am Koronarsystem 2, 2-2,5 mm. 1 • Als Strahlenquelle dienen fast ausschließlich 921ridium, seltener 1 2 slod und 90Strontium/90Yttrium. •
I nterstit i e l le Thera p i e Für die interstitielle Therapie werden die radioaktiven Strahler direkt in das Tumorgewebe bzw. seine unmittelbare Umge bung eingebracht. Zunächst sind es inaktive Nadeln oder Schläuche als Platzhalter. Man unterscheidet zwischen tempo rären und permanenten I mplantaten.
Tem po rä re I mpl a ntationen
Abb. 7.43 Verschiedene Applikatoren für die Afterloading-Thera pie. Von links nach rechts: gebogener Applikator für die Tonsillenspickung, Vaginalappl ikator mit intrauteriner Sonde, Uterovagi nalapp likator, Temp Iale mit zwei Nadeln zur Prostataspickung, Nasopharynxapplikator.
Bei temporären I mplantaten verwendet man grundsätzlich Strahler mit hoher Aktivität (da durch die Schutzmaßnahmen eine Strahlenexposition des Personals ausgeschlossen ist) und langer Halbwertszeit, damit sie möglichst lange verwendet werden können. Das Beschicken der Hohlnadeln oder Schläu che erfolgt im Afterloadi ng-Verfahren, in den meisten Fällen automatisch. Dies hat den Vorteil, dass vorher die Haltepunkte der Quelle definiert werden können und die Dosimetrie bereits prospektiv vorliegt. je nach verschriebener Dosishöhe und Do sisleistung bleiben die Strahler Minuten bis Tage in situ. Afterloadi ng-Verfahren: > Abb. 7.44 zeigt das Prinzip am Be i sp ie l des manuell durchgeführten Nachladeverfahrens: E i n stechen der Kanüle, Durchzug des Applikatorschlauchs (Tube), E n t fe r n u n g der K a n üle, F i x ierung des Nylon-Tubes,
7 . 4 Strah l entherapeutische Techniken
279
Abb. 7.44 Prinzip des Afterloading·Verfah· rens mit 1921ridium·Drähten am Beispiel ei ner interstitiellen Therapie. 1 ) E i ne Kanüle aus rostfreiem Stahl wird einge
führt. 2) Ein Nylonschlauch (Tube) wird an das stumpfe Nadelende angesetzt und mit Hilfe eines Füh rungsfadens durch d i e Ka nüle gez ogen . 3) Mit dem E n tfe rne n der Nadel wird der Plastik Tube in den Tumor eingezogen. 4) F i x i e ru ng des Tubes an der Kö rper oberfl äche mit a ufgesetzte n Knöpfen. 5) M it einer Pinzette wird der 1 92 1ridium-Draht i n d e n Tube eingeführt. 6) Aktiver 1 92 1 ridium-Draht in Bestrahlungspositi
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on.
Röntgenkontrolle, Einzug der Strahler (in diesem Fall eine Seed-Kette bzw. 192Iridium-Wires). Arzt und Personal verlas sen den strahlenabgeschirmten Raum. Wegen der Strahlen exposition des Operateurs wird man hier Strahlenquellen mit niedriger Dosisleistung verwenden, also eine Lew-Dose Rate (LDR)-Behandlung von mehreren Tagen Dauer durch führen. Automatisches Afterloading erfolgt pri nzipiell ebenso, aber mit dem Unterschied, dass die Strahlenquelle automa tisch ein- und wieder herausgefahren wird. Da hierbei weder Arzt noch Assistenzpersonal einer Strahlung ausgesetzt si nd wird aus ökonomischen Gründen eine 1 92 Iridium-Quelle mit hoher Aktivität bevorzugt, also eine HDR-Behandlung durch-
geführt - es sei denn, man setzt auch hier aus biologischen Gründen auf eine LDR-Bestrahlung. M E R KE Manuelles Afterloading: Pos i ti on i e ru ng der St rahl e r bzw. Drähte m i t den Händen - Strahlenexposition für Operateur und •
AssistenzpersonaL
•
Automatisches Afterloading: automatischer Vorschub des Strahlers - keine Stra h le n exposi tio n für Operateur und Assistenz pe rso n al .
,
> Abb. 7 . 1 8, > Abb. 7.45 und > Abb. 7.46 zeigen Indika tionsbeispiele für temporäre Implantationen.
Abb. 7.45 Interstitielles Implantat in der Brustdrüse zur örtlichen Dosisaufsättigung des Tumorbetts nach externer Ganzbrustbestrah l ung wegen Karzinom. [60[ a) Flexible Tubes, jeweils auf der Haut mi t K nöpfen fixiert und mit Markierung möglicher späterer H altepunkte der Quelle (weiße Punkte). b) Darauf aufbauend dreidimensionale D a rstell u ng des I mplantats Die roten Punkte bezeichnen die Ha ltepunkte der Q uelle
280
7 Stra h lentherapie Perma nente I m p l a ntationen
Einmal eingebracht, verbleiben die Strahler zeitlebens im Ge webe. Ihre Aktivität klingt dort nach und nach ab. Permanent Implantationen sind angesichts der breiten Möglichkeiten des automatischen Afterloadings, bei dem ja ausschließlich tem poräre Implantate gesetzt werden, weltweit relativ stark zu rückgegangen. Die Patienten müssen nur so lange im Kran kenhaus zubringen, bis die ihren Körper verlassende Strah lung die Freigrenze erreicht hat. Weil Perman en t Impl antate manuell eingebracht und somit Operateur sowie Assistenz personal ionisierender Strahlung ausgesetzt werden, verwen det man Strahl er geringer Aktivität und kurzer Reichweite sowie, u m die Hospitalisationsdauer kurz zu halten, kurzer Halbwertszeit. > Abb. 7.47 zeigt das Prinzip der Seecl-Ap plikation in die Prostata. -
Abb. 7 .46 Temporäre Implantate wegen eines Zervixkarzinoms, das sich bis in die Vagina hinein ausgebreitet hat. Die Nadeln wurden über ein Template, das durch einen Führungsstab in der Scheide ausgerichtet ist und als Führungshilfe für die Nadeln dient, in die Vaginalwand und Gebär mutter eingeführt. [ 7 3 ]
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Abb. 7.47 App likation von 1251od-Seeds bei Prostatakarzinom (Permanentimplantati on). a) Mehrere Kanülen werden im Abstand von je weils etwa 1 cm in die Prostata eingestochen. b) Der Applikator, der eine m it 1 25 1od-Seeds bela dene Kartusche enthält, setzt nun in jede Kanüle mehrere Seeds. c) Nachdem das erste Seed abgelegt ist, wird d ie jeweilige Kanüle, durch d ie gerade beladen wird, unter fortwährendem Ausstoß weiterer Seeds zu rückgezogen. Wenn so alle Kanülen bestückt wur den, ist der Tumor vollständig mit Seeds durch setzt. Statt 125 1od wird heute auch 1 03 Palladium eingesetzt.
7 . 5 Kombinationsbehandlungen
bezweckt demzufolge eine lokale Wirkungssteigerung und sys temische Wirkungserweiterung der Radiotherapie. Dies ge schieht auf unterschiedliche Weise ( >- Abb . 7.48): • Sequenzielle Chemo- und Radiotherapie: Zunächst wer den mehrere Kurse einer Chemotherapie gegeben, anschlie ßend die Bestrahlung und evtl. wieder Chemotherapie (si cher in erster Linie systemischer Effekt, lokale Wirkungs verstärkung wohl nur gering). • Alternierende Radio- und Chemotherapie: Chemothera p ie und Radiotherapie erfolgen abwechselnd in Einzelzyk len (lokaler Effekt gesichert, systemische Wirkung in der Diskussion). Simultane Radiochemotherapie: Radiotherapie und Che motherapie werden sowohl zeitlich (an bestimmten Be strahlungstagen) als auch hinsichtlich Dosierung verbind lich aufeinander abgestimmt geplant und simultan appli ziert (optimale lokale Wirkungsverstärkung, systemische Wirkungssteigerung geringer als bei alleiniger, nämlich ag gressiver dosierter Chemotherapie, kürzeste Behandlungs dauer). Die derzeit erfolgversprechendste Therapieform ist die simultane Radiochemotherapie (RCT). Sie stellt die ideale räumliche Kooperation von Strahlentherapie (starke Lokalwirkung) und Chemotherapie (systemische Wirkung auf Tumorzellen im ganzen Körper) dar. Zwingend ist bei der Chemotherapie die Auswahl geeigneter Substanzen. Die Wirkungen von Strahlen therapie und Chemotherapie sollen sich nur am Tumorgewebe addieren und bezüglich der Nebenwirkungen am Normalgewebe möglichst nicht überschneiden (gespreizte Toxizität, >- Abb. 7.49). Die Induktionschemotherapie vor Radio- oder Radioche motherapie - also wieder ein sequenzieller Therapieansatz kommt neuerdings wieder stärker ins Gespräch. Sie soll die Tumorerkrankung begrenzen, verborgene Tumorzellen im
Der Nachteil der permanenten I mplantate gegenüber den temporären Implantaten besteht darin, dass - wenn die Seeds einmal eingebracht sind - keine Optimierung der Dosisvertei l ung mehr möglich ist. Seeds können auch nicht wie Nadeln wieder entfernt und dann besser platziert werden. Sie können obendrein nach Prostata-Spickung aus der Prostata wieder mit dem Urin verloren gehen, was Strahlenschutzprobleme nach sich zieht, oder über die Blutbahn ins Kapillargebiet der Lunge gelangen und dort Hot Spots (umschriebene hoch do sierte B estrahlun ge n ) verursachen. Aus diesen Gründen ver bietet sich bei permanenten Implantaten die Spickung über die Organgrenzen hinaus, was aber bei kapselüberschreiten dem Tumorwachstum durchaus nötig wäre.
•
M ERKE Te m p o rä re Implantation ( ..automatisches Afterloading"): Die
•
•
281
Strahler haben eine hohe Aktivität und (weil man sie oft wieder verwenden möchte) eine lange Halbwertszeit. Die Strahlenexposi tion für Ärzte und Personal ist g leich Null, weil die Applikation von außerhalb des Raums fe rn gesteuert erfolgt. Permanente Implantation (manuelles Afterloading von Seeds): Die Strahler haben (da sie dauerhaft im Körper verbleiben) eine re lativ geringe Aktivität, kurze Reichweite und kurze Halbwertszeit. Trotzdem sind Ärzte und Personal immer einer (allerdings gerin gen) Stra hl ung ausgesetzt.
7.5 Ko m b i n a t i o n s b e h a n d l u n g e n 7.5.1 R a d i oc he mothera p i e
Die geplante Kombination der Strahlentherapie m i t onkologi schen Chemotherapeutika verbindet den lokalen Effekt der Ra diotherapie mit dem systemischen der Chemotherapie und
Sequentiell mit adjuvanter C hemotherapie (hier ,.Sandwich-Methode")
@] i 4
Wochen
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Radiotherapie
4 Wochen
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Simultane Rad'ochemotherapie (mit Erhaltu ngschemotherapie) Fiii
R a d i o th e ra p i e
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CT
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Abb. 7 . 48 Kombinationsmög lichkeiten von Radiotherapie (RT) und Chemotherapie (CT): zusammen mit einer adjuvanten Chemotherapie entweder seq uenziell (sog. Sandwich-Methode) oder a lternierend - oder als eigener, auch bezüglich der Bestra hlungstage u nd Dosierungen festgeschriebe ner, si m ultaner Therapieblock als Radiochemotherapie
I
282
7 Strahlentherapie
die Dosierung der nachfolgenden RCT immer zurückgenom men werden muss (insbesondere die der simultanen Chemo therapie).
Radiotherapie
M E R K E
Bei der Kombination von Radiotherapie und C hemotherapie sind die
spezifischen Toxizitätsspektren zu beachten, die sich nicht gegen
Nebenwirkungs spektrum I
seitig verstärken sollen.
additiv superadditiv
Abb. 7.49 Wirkungsprinzip der simu ltanen Radiochemotherapie:
Addition der Wirkungen von Radio- und Chemotherapie am Tumor lokal, doch nur relativ geringe Verstärkung der allgemeinen Normalgewebsreak tionen (gespreizte Toxizität).
Körper frühzeitig angreifen und den lokalen Tumor "bestrahl bar" machen. Die bisherigen klinischen Studien verliefen aber negativ. Vielleicht schmälert eine Induktionschemotherapie sogar die Erfolgschancen der RCT, weil sie die Repopulierung verbliebener klonogener Tumorstammzellen stimuliert und
7.5.2 Hypert h e r m i e
Die Hyperthermie ist der experimentell bisher a m besten un tersuchte Strahlensensibilisator (strahlenbiologische Details > Kap. 3 .4.4). Im Folgenden gehen wir auf einzelne Verfah ren ein.
Reg iona le Tiefen hyperthermie Die regionale, von außen durch die Haut vorgenommene Hy perthermie (RTH) hat einen definierten Platz in der Onkologie, zumindest an den dafür kompetenten Zentren, und hier vor zugsweise kombiniert mit der Radio- bzw. Radiochemothera pie. Allerdings können die Probleme, die mit der homogenen
Ab b . 7.50 Temperaturverteilung bei der regionalen Tiefenhyperthermie eines Rektumkarzinomrezidivs (Sagittalschnitl). [271
a) Ungünstige Temperaturverteilung mit Maxima an der Symphyse und am Kreuzbein. b) Das Temperaturmaxim um von � 43 oc liegt jetzt im Tumor, nachdem über die Hochfrequenzkanä le die Held-Verteilunge n opum1ert wurden. .
.
.
7.6 Praktisches aus der täg l ichen Strah lenbehandlung
Überwärmung von definierten Zielvolumina im Thorax, i m Abdomen u n d im Becken verbunden sind, noch n icht als gelöst betrachtet werden. Insbesondere das Erreichen und Aufrecht erhalten einer therapeutisch effektiven Temperatur von 404 1 ,5 oc bereitet oft Schwierigkeiten. Auch das Problem der Temperaturmessung ist keinesfalls gelöst. Am zuverlässigsten erfolgt sie immer noch invasiv und punktuell über eingestochene Messsonden. Messungen in der gefüllten Harnblase, im Zervixkanal des Uterus oder im Rek tumlumen geben zwar Anhaltswerte, lassen die angestrebte Temperatur im benachbarten Zielgebiet aber nur vermuten. Wegweisende klinische Forschungen gibt es inzwischen aber mit der 1 ,5-Tesla-Magnetresonanztomografie, die mit H il fe der sog. Hybridsysteme ( > Kap. 7.3.3) während der laufenden RTH-Behandlung durchgeführt werden kann ( > Abb. 7.50).
In terstitielle Hyperthermie Sie eignet sich besonders zur definierten Überwärmung tief lie gen der Tumoren in Kombination mit der i nterstitiellen Radio therapie. Dabei werden über vorher eingebrachte Führungs-Tu bes oder -nadeln ( > Kap. 7.4.3 und > Abb. 7.44) Mikrowel lenantennen, I mplantate für Radiowellenerzeugung oder heiße bzw. erhitzbare Metall-Seeds direkt in und um den Tumor plat ziert, bevor die 192Iridium-Quelle eingefahren wird. In gleicher Weise werden Messsonden eingebracht. Die Temperaturmes sung kontrolliert und steuert die Behandlung. Auf diese Weise gelingt es zuverlässig, umschriebene Gewebebezirke homogen zu überwärmen und dies auch durch Simultanmessungen zu be legen. Wir selbst setzen dieses Verfahren in Verbindung mit der interstitiellen Brachytherapie regelmäßig ein.
•
•
•
283
Zweidimensionale Algorithmen berechnen die Dosisver teilung in einer Ebene unter der Annahme, dass in dieser Ebene die Zentralstrahlen aller Felder liegen. Dabei werden Form und Größe des Körperabschnitts nicht berücksichtigt. Dreidimensionale Algorithmen berücksichtigen zusätzlich vor allem die Streustrahlungsbeiträge aus dem ganzen be strahlten Körpervolumen. D iese 3D-Algorithmen sind sehr rechenintensiv. Die genaueste Berechnung ermöglicht das sog. Monte-Carlo-Simulationsverfahren. Vierdimensionale Algorithmen schließen, vereinfacht ge sprochen, die zeitliche Veränderung der Zielvolumina in die Planung und Behandlung ein. Dabei kommen Atembewe gungen während der Bestrahlung besondere Bedeutung zu.
Bestra h l u ngspla n u ngssysteme Computergestützte Planungssysteme ( > Abb. 7.5 1 ) bestehen aus Geräten, auf denen von allen Eingabestationen auf alle Funktionalitäten zugegriffen werden kann, sowie Programmen (Software). Die Systeme sollten sinnvollerweise in die N etze der elektronischen Datenverarbeitung ( EDV) eines Klinikums/ Instituts integriert sein mit Verbindung • zu bildgebenden Systemen wie CT, M RT, PET und Thera piesimulator, • zum Krankenhaus-Informationssystem ( KIS), d.h. der Pati entenverwaltung, • zur Dokumentation und Verifikation der Patienten- und Behandlungsdaten i n der Institution selbst und • zur Steuerung der Bestrahlungsanlagen.
7.6 Pra kt i sc h es a u s d e r täg l i c h e n Stra h l e n be h a n d l u n g An jedem Tag müssen die aus der Bestrahlungsplanung vorge gebenen Daten zuverlässig umgesetzt werden. Dies fordert die MTA, den fachkundigen und verantwortlichen Arzt, den Phy siker und nicht zuletzt auch die Mitarbeit des Patienten. Die Stichworte lauten Aufklärung, Offenheit, Fürsorge bei der Vor bereitung, Lagerung und Feldeinstellung, schließlich auch Do ku m en tation des Praktizierten. Hier nur wenige Asp ekte. 7.6. 1 Physi k a l i sch-tech n is c h e r
Bestra h l u n g sp l a n
Der Bestrahlungsplan beinhaltet die vollständige räumliche Dosisverteilung im Körper, wobei sämtliche Wechselwirkun gen der Primär-, Streu- und Sekundärstrahlung berücksichtigt werden. j e nach technischen M öglichkei te n und Qualitätsan fo rderungen gibt es unter chiedliche Näherungsmeth oden. M a n u n ters c h e i d e t grob zwischen 2D-, 3D- und 4 D - A lg o r i th men.
Abb. 7.51 Medizinphysiker und Arzt am Bestrahlungsplanungs system. Zu erkennen sind Rechner, Monitor, Tastatur und Digital isierungs tableau. Letzteres benutzt man nur noch für wenige Indikationen, z.B. Zeichnen von Individualabsorbern für Ganzschädel- u nd andere Großfeldbe strahlungen. Die Dateneingabe erfol gt sonst ausschließl ich online vom CT, M RT, PET etc. aus. I26J
284
7 Strahlentherapie
M E R K E
Trotz der Fortschritte der Bestrahlungsplanung und des damit ver bundenen enormen Rechenaufwands besteht für die globale Dosis angabe immer noch eine Unsicherheit von bis zu 5%. Örtlich können sogar Abweichungen von > 1 0% a uhreten. Dabei sind noch nicht einmal die starken Dosisgradienten an den Feldrändern berücksich tigt.
7.6.2 E i nste l l- und Lageru ngshi lfen M E R K E
Einstell- und Lagerungshilfen erleichtern die tägliche Feldeinstellung, ihre Reproduzierbarkeit und Genauigkeit und dienen dem Pa tentenkomfort. Sie sind somit eine wichtige Maßnahme der Quali tätssicherung. Bestra h l u ngsmaske
Die Bestrahlungsmaske ( > Abb. 7.52) hat sich bei Bestrahlun gen im Kopf- und Halsbereich, aber auch bei schwierigen Ein stellungen am Körperstamm und den Extremitäten durchge setzt. Verschiedene Systeme sind im Gebrauch. Ideal sind Mas ken aus durchsichtigem thermoplastischem Material; sie wer den über einem Gipsabdruck des betreffenden Körperteils in einer Tiefziehmaschine unter Hitzeeinwirkung individuell ge formt. Die direkt am Patienten mit Gipsbinden o.Ä. während der Lokalisation geformten Masken sind einfacher und schnel ler hergestellt und auch wesentlich kostengünstiger. Welcher Maskentyp auch immer zur Anwendung kommt, die Maske ist ein wesentlicher Faktor der Qualitätssicherung in der Strahlen therapie. Sie hat zwei Aufgaben: • Stabilisation und Immobilisierung des zu bestrahlenden Körperbereichs. Weil Einstellungsunsicherheiten entfallen, kann man mit deutlich kleineren Strahlenfeldern arbeiten als beim nicht mit einer Maske bewehrten Patienten. Das reduziert Nebenwirkungen.
Abb. 7.52 Durchsichtige PVC-Bestrahlungsmaske mit Laser- und Feldmarkierungen für die Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich. Die Gesichtskonturen sind als zusätzliche Einstellkontrolle gut erkennbar.
•
Träger aller Anzeichnungen für das Laser-Koordinaten system, in dem der Patient ausgerichtet wird, und für die Bestrahlungsfelder einschließlich Abdeckungen und Ein stellhinweisen. Damit entfallen die Anzeichnungen am Pati enten selbst. Der Patient bleibt sozial integriert und ist nicht mehr durch Hautmarkierungen für jedermann sichtbar als Bestrahlungspatient stigmatisiert.
Stereotaxie r i n g
Gänzlich fixiert - auch um Millimeterbruchteile unbeweglich - ist der Kopf mit dem in der Schädelkalotte angeschraubten und an der Patientencouch befestigten Stereotaxiering ( > Abb. 7.28). Dieser Ring wird zu Beginn der Bestrahlungs planung vom Neurochirurgen angebracht und verbleibt wäh rend der gesamten Planungsschritte (Computertomografie, evtl. Magnetresonanztomografie, Lokalisation, evtl. Nachlo kalisationen und dann erste Bestrahlung), die in möglichst kurzer Zeit absolviert werden sollten, unverändert am Kopf des Patienten. Diese Art der I mmobilisierung ist insofern aber auch problematisch, als die in die Schädelkalotte einge schraubten und den Ring befestigenden Bolzen allenfalls zwei Tage in situ bleiben sollten. Deshalb wird der Stereotaxiering ausschließlich für die Radiochirurgie genutzt (eine einzige
Abb. 7.53 Unblutige Fixierung eines Stereotaxierings an den ana tomischen Strukturen Augenhöhlen, Nasenrücken. Kiefer bzw. Gebiss (mit Beißblock), Kinn, Stirn, Hinterkopfschuppe (mit angeformter Gipsscha le) und äußere Gehörgänge (System DKFZ, Heidelberg, auch Strahlenklinik Erlangen).
7 . 6 Praktisches aus der tägl ichen Strahlenbehandlung
Bestrahlung, allenfalls wenige weitere, kurzzeitig aufeinander folgende Bestrahlungsfraktionen), aber nicht für die fraktio nierte Stereotaxie. I nzwischen wurden Stereotaxiehalterungen entwickelt, die an dafür geeigneten Fixationsorten des Kopfes unblutig ange bracht und verspannt werden können ( > Abb. 7.53). Für die meisten Fälle immobilisieren diese Systeme ausreichend, auch für die fraktionierte Stereotaxie. Sie können wiederholt angebracht werden, doch bringen sie n icht dieselbe S icher heit wie der an der Schädelkalotte "blutig befestigte" Stereo taxiering.
K u rzzeitna rkose Eine besondere Herausforderung stellen jeweils Bestrahlungen von Kindern und insbesondere von Säuglingen dar. Oft sind Kinder n icht anders zur Ruhe zu bringen und zu kontrollieren als mit einer Kurznarkose. Die Narkosen sind i nzwischen so gut steuerbar, dass wir sie ohne Skrupel auch über mehrere Wochen bei jeder Bestrahlungssitzung durchführen können. Das bedeutet enormen Komfort, nicht nur für das Kind und seine Begleitpersonen, sondern auch für die die Bestrahlung ausführenden Radiologieassistentinnen und Ärzte.
Laser-Koord i natensystem Alle Behandlungsräume, die Computertomografie, die Magne tresonanztomografie und der Simulatorraum müssen heute mit Laserkoordinaten versehen sein. Das sind dünne, am Pati enten schließlich nur wenige Millimeter breite Lichtstreifen, die sowohl vertikal als auch beidseits streng horizontal kreuz förmig auf den Patientenkörper projiziert werden. Sie alle schneiden sich in einem Punkt. Auf diesen stellt man jeweils das Isozentrum ein.
7.6.3 S i c h e r u n g u n d Dok u mentation d e r
E i n ste l l u n g v o n Bestra h l un gsfe l dern
zu dicken Stifts beim Nachzeichnen, durch Wechsel der verant wortlichen MTAR am Gerät etc. Diese einfache Erinnerungshilfe dient dem Patienten, der MT AR und dem Arzt gleichermaßen.
Feld kontrollaufn a h men (Porta l Fil ms) Im Fall von Stehfeldbestrahlungen bilden Verifikationsaufnah men den durchstrahlten Körperbereich als Röntgenaufnahme ab, und zwar am Bestrahlungsgerät mit der Therapiestrahlung. Man erhält mit dem Photonenstrahl eine Aufnahme, die hin sichtlich der korrekten Feldeinstellung mit den Lokalisations aufnahmen verglichen werden kann. Hierfür gibt es Filme mit einem breiten Belichtungsspielraum und sehr flacher Grada tion. Kontrast und Abbildungsschärfe sind vergleichsweise ge ring, aber nach längerer Erfahrung zur Beurteilung der Feldlage im Allgemeinen ausreichend. Inzwischen kann man mit dem Therapiestrahl auch durchleuchten (portal beam imaging).
Portal - l magi ng-Systeme Sie dienen als Durchleuchtungsbild der Online-Überwachung der Bestrahlung mit dem TherapiestrahL Portal-Jmaging-Sys teme sind fest am Beschleuniger installiert. Man unterscheidet zwei unterschiedliche Technologien: mit Flüssigkeitsionisationskammer ( > Abb. 7.54a) und mit Leuchtschirmtechnik und Compact-Chip-Display (CCD) Kamera, die wegen der starren Spiegelanordnung etwas mehr Platz benötigt ( > Abb. 7.54b). Beide Detektoren werden auf der dem Fokus gegenüberliegen den Strahlenaustrittsseite des Patienten angebracht. Die CCD Kamera ist so lichtstark, dass sie selbst das geringe Leuchten des Leuchtschirms aufnehmen, digitalisieren und kontrastver stärken kann. Strahlendosen von nur wenigen cGy reichen be reits für ein kontrastreiches Bild aus. Einige Systeme bieten auch die Möglichkeit, Portalaufnahmen mit einem vorher ein gespeisten Referenzbild (z.B. Lokalisationsaufnahme) oder mit früheren Portal Images zu vergleichen. Bei intolerablen Abwei chungen vom Soll sollte der Computer den Bestrahlungsvor gang automatisch unterbrechen. o o
Kameraaufnahmen ( ., Polaroida ufnah men " ) Kamerabilder der Feldmarkierungen auf der Haut, der Anzeich nungen der verschiedenen Laserstriche am Patientenkörper und der Patientenlage auf der Behandlungscouch sind nach Ab schluss der Bestrahlungsplanung anzufertigen. Sie sind Teil der Bestrahlungsakte und müssen bei jeder Feldeinstellung am Ge rät zur Kontrolle verfügbar sein. Schließlich muss jede auch noch so gewissenhafte Feldeinstellung gesichert und dokumen tiert werden. Zu leicht könnten sich Fehler einschleichen: durch Unsicherheit am Montag, wenn am bestrahlungsfreien Wo chenende die Einzeichnung verloren ging, durch Gebrauch eines
285
a
II
Abb. 7.54 Portal-lmaging-System. l57] a) Mit Flüssigkeitsionisationskaromer. b) Mit Leuchtschirmtechnik und CCD-Kamera.
KAP ITEL
8
R . Sauer u n d R . G . M ü l ler
Strahlenschutz
8 . 1 N a t ü r l i c h e u n d z i v i l i sato r ische
Stra h l e n expos i t i o n Der mensch liche Organismus kann ionisierender Strahlung von außen ausgesetzt sein und radioaktives Material mit der Atmung oder der Nahrung aufnehmen. Entsprechend unter scheidet man die folgenden Expositionspfade: Externe Exposition - durch natürliche Strahlung aus dem Kosmos und Erdbo den, die sog. kosmische und terrestrische S t rahl ung , - aus künstlichen Strahlenquellen inklusive M edizin und Forschung, - durch Reaktorunfälle, Kernwaffenversuche bzw. -abwür fe u n d Strahlenunfälle im Labor. • I nhalation - der natürl i c he n Radongase 222 Rn (Radon) und 220Rn ("Thoron") in Häusern, Bädern, Ra don quel l en etc., - von 210Pb (Blei) und 218Po ( Polonium) mit dem Tabak ra uch, - von 1 4C (Kohlenstoff, kosmogen) sowie 1 3 1 1 (Iod), 1 37Cs (Caesium) und 1 34Cs durch Kern kraftwe rke im Normal betrieb und nach Strah l en u nfä l l e n Ingestion - von natürlichem 1 4C in d er N ah ru ng - von 1 37Cs, 90Sr (Stron tium), 131 1 etc. nach Strahle n u n fällen bzw. Kernwaffentests. Welche Organe besonders betroffen sind, richtet sich nach d e m Radioisotop: seinen chemischen Eigenschaften, seinem physikalischen Zustand und der Partikelgröße. Die Art der a usgesa nd t en Strahlung spielt dabei keine Rolle. Radioaktives I od reicher! sich in der Schilddrüse an, Strontium und Plutoni um im Knochen, Caesium und Kalium im ganzen Körper. 239Pu/24 1Pu ( Plutonium) und das ebenfalls radioaktive Zerfalls produkt 90Y ( Y t t r i u m vom 90Sr) gehen nach der I nkorporation in kolloidale Form über und werden vom retikuloendothelia len System der Leber, der Milz und des Knochenmarks gespei chert. Diese Isotope haben also eine spezielle Organaffinität Vorsicht ist beim Verzehr von landwirtschaftlichen Produk te n gebot e n die zur Zeit eines rad i oak tiven Niederschlags noch n icht geerntet bzw. zubereitet waren. Durch d ie sog. Nahrungs kette ka nn sich radioaktives Material, das ursprünglich i n un bedenklicher Konzentration vorlag, durch den S t o fhvech s el in Pflanze und Tier anreichern und d a d urch in einzelnen Pflan
Tschernobyl ( 1 986) auch in Deutschland noch immer in einigen Gegenden erhöhte Aktivitätswerte in Wildfleisch und Pilzen. >- Tab. 8. 1 gibt die Strahlenexposition der Bevö l kerung in der Bundesrepublik Deutschland wieder. Sie beträgt ca. 4,5 mSv pro Jahr. 53% davon (2,4 mSv) e ntfallen auf die natürliche Strahlenexposition, 47% (2, 1 mSv) auf d ie künstliche, wobei die Medizi n mit 2 mSv den weit überwiegenden Teil ausmacht.
•
.
•
,
Tab. 8 . 1 Mittlere Strahlenexposition der Bevö l kerun g in der Bundesrepublik Deutschland pro Jahr.
M ittlere effektive Dosis •
"'
"'
ca. 4,5 mSv
I I
Kosmische Strahlung Terrestrische Strahlung Aufenthalt in Häusern (Radon inhalation) Körpereigene Strah Jung
0,3 mSv mSv 1 ,3 mSv
0, 5
0,3 mSv Summe ca. 2.4 mSv
Künstliche Strahlenexposition: 47 %
Medizin Forschung und Technik Fallout Kernte c hnische Anla g en Beruf Unfall im KKW Tschernobyl
ca. 2,0 mSv < 0,02 mSv < 0,0 1 mSv < 0,0 1 mSv < 0,0 1 mSv ca. 0,04 mSv
Summe ca. 2, 1 mSv
M E R K E 53% der Strahlenexposition in der Bundesrepubl ik Deutschland stammen aus natürlichen Quellen, weitere 44% aus medizinischen
Anwendungen.
,
,
zenbestandteilen und Tierorganen bedenkliche Konzentratio nen erreichen. So fi nde n sich nach dem Reaktorunti1 1l von
Strahlenexposition d u rch Radon Mehr als die Hälfte unserer natürlichen Strahlenexposition, näm l ich I ,3 mSv, entfallt auf die Inhalation von Radongasen, insbe
sondere von TI10ron ( >- Tab. 8. 1 ). Diese Radongase sind radio akti ve Zerfal lsprodukte des Uran bzw. TI10rium, die im Wesentli ch e n für die Radioaktivität der Gesteine, der meisten Baumateri alien und der Gewässer verantwortlich sind. Die Edelgase 222 Rn ( Radon) und 220 Rn (TI10ron) gelangen h aup tsächl ich aus dem Bau u nte rgrund in die I n nenluft der Häuser. Der Beitrag durch . die Baumaterialien selbst und das Leitungswasser spielt aber n ur
8 Strahlenschutz
288
eine untergeordnete Rolle. Ihre physikalische Halbwertszeit ist mit 3,8 Tagen ( 222 Rn) bzw. 1 Minute (220Rn) sehr kurz. Sie werden als Edelgase im Körper nicht angereichert. Bei ihrem Zerfall ent stehen aber Metalle, z.T. wiederum Radionuklide e 8Po, 2 1 0Pb, 2 14Bi [Wismut] ) , die sich an L u ftpartikel anlagern und so eingeat met werden können. Es handelt sich dabei um Alphastrahler, die die Bronchialschleimhaut signifikant belasten. M ERKE Die Bedeutung des Radons und seiner Folgeprodukte für die Strah lenexposition des Menschen wurde lange unterschätzt. Dabei han delt es sich um den Hauptteil der natürlichen Strahlenexposition.
Die Radon-Konzentration in der Luft schwankt beträchtlich. Im Freien ist sie noch am geringsten. Die höchsten Werte wurden in Kellern, Erdgeschossen, Bädern und zuhause während des Dus chens in der Duschkabine gemessen. In gut isolierten Häusern mit luftdichten Fenstern und schlechter Belüftung finden sich in der Raumluft die höchsten Konzentrationen (Paradebeispiel ist das in Skandinavien beliebte Holzhaus auf felsigem Unter grund). So ist Raumdurchlüftung der effektivste Strahlenschutz.
8.2 Recht l i c h e G ru n d l a g e n Der Strahlenschutz der Bevölkerung folgt gemäß den Empfeh lungen der I n ternationalen Strahlenschutzkommission I CRP (International Corn rnission on Radiation Protection) einer ein fachen Regel: MERKE Die Strahlenbelastung soll so gering sein, wie sie unter vernünftigen Vorauss etz un gen erreichbar ist ( .,As Low As Reasonably Achievab· le ALARA). "
=
Die nationalen Verordnungen, die den Strahlenschutz regeln, unterscheiden drei Gruppen: al lgem e ine Bevöl ke r un g , Patienten und • beruflich strahlenexponiertes Personal, bei dem wiederum Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere, Stillende und Jugendliche einen besonderen Sch utz genießen. Die Verordnungen legen für die Bevölkerung und d i e genann ten Untergruppen Dosisgrenzwerte fe st m i t Ausnahme der medizinischen Anwendung. D iese wird jedoch mit der Einfüh rung von Referenzwerten in der Röntgendiagnostik und Nuk learmedizin ebenfalls kontrolliert und die Strah lenex pos i t i o n vo n Pa t i e n ten da m i t einges chränkt . A u f jeden Fall muss j ede A nwendung ionisierender Strahlung in der Medizin dadurch gerechtfertigt werden, dass für jeden Pa tienten der erkennbare N utzen die möglichen Risiken bei Weitem überwiegt und es keine al t e rn ati ven s t rahl u ngs freie n Methoden mit gl eic her dia g n os t isch e r oder therapeutischer Sicherheit g i b t : Diese "recht fertigende Indikation" kann nach RöV nur der fachkundige
R ichtl i n i e n, Verord n u ng e n und N o r m e n D i e Regierungen der Länder der Europäischen Union sind i m Zuge d e r Vereinheitlichung von Rechtsnormen verpflichtet, die Richtlinien 96/29/EURATOM und 97/43/EURATOM i n nationales Recht umzusetzen. I n Deutschland geschah dies m i t der Verabschiedung einer neuen Röntgenverordnung a m 1 8. Juni 2002 u n d einer neuen Strahlenschutzverordnung a m 20. J ul i 200 1 .
Röntgenve rordn u n g ( RöV) Die Röntgenverordnung regelt den Umgang mit Röntgenein richtungen und Störstrahlern mit einer Grenzenergie bis ma ximal 1 M eV . Unter Störstrahlern versteht man Geräte oder Einrichtungen, die Röntgenstrahlen erzeugen, ohne dass s ie zu diesem Zweck betrieben werden (z.B. Fernsehgeräte).
Stra hlensch utzverord n u n g (StriSchV) D ie Strahlenschutzverordnung regelt den U mgang mit offenen und umschlossenen Radionukliden (z.ß. in der Nuklearmedi zin und B rac h yth er ap ie ) sowie d ie E rr i chtu ng und den Betrieb von Beschleunigeranlagen und Telegammageräten (z.B. Te lekobaltgeräte). Ebenfalls unterliegen der StriSch V Störstrahler mit Grenzenergien über I MeV.
Ri chtl i n ien u n d No rmen Richtlinien ergänzen die Verordnung und dienen als Ausfüh rungsbestimmungen, z.B. die "Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin" oder d ie "Fachkunderichtlinie Medizin nach RöV", die s i ch i hrerseits wieder auf Normen s tützen.
8.3 F ü r d e n Stra h l e n sc h utz re l eva nte Dosisg rö ß e n
•
•
A rzt stellen.
lm Strahlenschutz sind folgende Dosisgrößen gebräuchl ich: Energiedosis, Äquivalentdosis, effektive Dosis, Ortsdosis, Ortsdosisleistung, Organdosis, Körperdosis, Folgedosis und Personendosis. Die D osis beg ri fle, d ie nicht schon in Kapitel 2.4 eingeführt wurden, werden hier erl ä u tert. Im Zuge des Genehm igungsverfah rens für eine Anlage, die ionisierende S t ra h l ung erzeugt, bzw. für Räume, in denen r a dioaktive Stoffe a ng e we n d et oder gel age rt werden, errechnet und misst man an relevanten Orten ihrer Umgebung Orts dosiswerte. A u f diese Weise lassen s ich bes t i m m te S trah le n schutzhereiche fest legen und eingrenzen.
O rtsdosis (M essgröße) Die Ortsdosis ist eine Äquivalentdosis, i n die d ie Einschal tzeit sowie mit dem S t rahlungswichtu ngsfaktor w1l eine b i ol ogisc h e Bewert ung e i n ge h e n. Die O rtsdosis summiert die Strahlenex-
8.4 D o sisgrenzwerte
position über ein ganzes Jahr. Die Ortdosisleistung i st eine Messgröße und wird herangezogen, u m z.B. einen Sperrbe reich zu definieren: Bereiche m i t Dosisle i stu n gen von ;:; 3 mSv/ Stunde sind als Sperrbereiche einge s t uft ( > Abb. 8. 1 ) .
nerseits schwächt, aber andererseits auch verstärkt (Aufbauef fekte bei Photonen und Neutronen). M E R K E
Alle Personen, die in i h rem Beruf rege lmäß ig ionisierender Strahlung ausgesetzt oder in einem Kontrollbereich tätig sind, haben ein Per sonendosimeter zu tragen. Ungewöhnliche Messwerte, v.a. Grenz wertüberschreitungen, muss der Strahlenschutzbeauftragte dem Be troffenen und - falls nicht bereits durch eine amtl iche Auswertesteile geschehen - der Aufsichtsbehörde mitteilen. Sofort ablesbare Personendosimeter und evtl. damit gewonnene Messwerte u nterliegen der persönlichen Verantwortung des Trägers.
Personen dosis (Messgröße) Die Personendosis ist ebenfalls eine Ä quivalentdosis ( > Kap. 2 .4), die mit Hilfe einer Messung an einer repräsentativen Stel le der Körperoberfläche mit einem "amtlichen" Dosimeter er m ittelt werden kann. Die Personendosis bildet die wesentliche Grundlage für die Personendosisüberwachung. Gewöhnlich wird mit dem Filmdosimeter gemessen. Dieses enthält außer dem Röntgenfilm drei Kup ferfilter verschiedener Dicke und
8.4 Dos i s g r e n zwe rte
ein Bleifilter. Dadurch lassen sich feststellen: • •
• •
die Dosis anhand der Filmschwärzung, die Einfallsrichtung der Strahlung (von vorn, hinten etc.), die Strahlenart und
Die in den Verordnungen festgelegten Dosisgrenzwerte bezie hen sich einerseits auf Strahlenschutzbereiche und anderer seits auf Organdosen und die effektive Dosis für Personen und Personengruppen ( > Tab. 8.2 und > Abb. 8. 1 ) .
die Strahlenenergie.
Die Filmdosimeter werden einmal monatlich von der nach Landesrecht zuständigen Behörde ausgewertet, die das Mess ergebnis dem Strahlenschutzbeauftragten mitteilt.
Tab. 8.2 Grenzwerte für die Ortsdosis nach RöV (2002) und StriSchV ( 2001 ).
Organ dosis, effektive Dosis und Körperdosis (festgelegte Sch utz g rößen) D iese h ier genannten Dosen sind nicht direkt messbar, stellen aber im Strahlenschutz biologisch relevante Größen dar und
Strahlenschutzbereich
Ortsdosis pro Jahr bzw. Orts dosisleistung
Grenzwerte für Personen pro Jahr
A llg e m e i nes Sta atsge b i et
1 mSv bzw. 0.3 mSv (s. Text) > 1 -6 mSv > 6-20 mSv 2 3 mSv pro Stu n de
1 mSv
werden mit Grenzwerten belegt. Organdosen sind Äquivalent
dosen; sie dienen unter Zuhilfenahme des Gewebewichtungs faktors wr zur Berechnung der effektiven Dosis. Die Körper dosis ist stellt einen "Sammelbegriff für effektive Dosis und Organdosen in den j e we iligen Orga n en" dar. D i e Folgedosis ist
289
Überwachungsbereich Kontro l l b e re ic h
I
Sperrbereich
eine effektive Dosis, die sich aus der Aktivitätsaufnahme über
> 1 -6 mSv > 6-20 mSv Aufenthalt nicht g estattet
einen bestimmten Bezugszeitraum ergibt. Beim Umgang mit Röntgen- und Gammastrahlung kann die Personendosis der effektiven Dosis gleichgesetzt werden. Für das beruflich strahlenexponierte Personal besteht Duldungs pflicht für die Personendosimetrie. So ist während der Tätig keit in Kontrollbereichen die Messung der Personendosis mit am Körper zu tragenden Dosimetern Vorschrift. Die histori schen Stabdosimeter (passive lonisationsdosimeter) wurden inzwischen durch elektronische D osi me t er ersetzt, die für die Tiefenpersonendosis Hp( I O) g eei ch t werden. Die Zahl 1 0 steh t für einen Dosiswert in I 0 mm Körpertiefe. Sie deutet an, dass die Hautbelastung durch geladene Teilchen weggefiltert und nicht m i t r egis triert wird. Für die Bewertung baulicher Strahlenschutzeinrichtungen
ist die Größe Umgebungsäquivalentdosis H*( I O) einge fü h rt die wiederum die Dosis in einer Phantomtiefe von I 0 111111 be sch reib t ( lCRU- Kugel). Solcherlei Definitionen sind notwen
,
sch ließl ich aus einer Messung im Strahlungsfeld auf die Ge fa hrdu ng des Menschen g e schl ossen werden soll, der se l bs t durch se in e M asse das Strahlu ngsfeld erh e bli ch beeinflusst: eidig, da
ab >
1
mSv/a
Abb. 8 . 1 Strahlenschutzbereiche. S i e wurden aufgrund der Dosis· grenzwerte für Personen und Personengruppen festge legt Beachte die U n· terte i l un g von Kontrollbereichen in solche mit erwarteten Personendosen von > 6-20 mSv/Jahr und solche mit > 20 mSv/Jahr. .
I
290
8 Strahlenschutz
8.4. 1 Dosisg renzwerte fü r Person e n u n d
Person e n g ruppen a l s B a s i s f ü r d i e Fest leg u n g v o n Stra h l e nsch utzbere i ch e n
suchungsräume, Bestrahlungsräume in der Radioonkologie und Räume, in denen mit offenen radioaktiven Stoffen umgegangen wird. Der Zutritt zum Kontrollbereich ist nur gestattet in Ausübung des Berufs, zur Ausbildung, zur Patientenbehandlung und helfenden Begleitpersonen. Personendosimetrie ist zwingend vorgeschrieben. Ausnahmen regeln die StrlSchV und RöV. Schwangeren Frauen ist der Zugang zu Kontrollbereichen nur gestattet, wenn sichergestellt ist, dass die besonderen Grenzwerte eingehalten werden. Schwangere und stillende Frauen dürfen zudem nicht mit offenen radioaktiven Stoffen hantieren. Jugendliche zwischen 1 6 und 18 Jahren haben nur dann Zutritt zum Kontrollbereich, wenn dies im Rahmen ihrer Ausbildung notwendig ist (z.B. MTA-Schüler). •
Allgemeines Staatsgebiet
• •
Zum Schutz der Bevölkerung vor ionisierender Strahlung wird für jeden Bürger unseres Landes ein Grenzwert von 1 mSv pro Jahr für die effektive Dosis festgelegt, die durch den Umgang mit ionisierender Strahlung und radioaktiven Stoffen möglich erscheint. Als Folge der Ableitung von radioaktiven Stoffen dürfen im ungünstigsten Fall nur effektive Dosen von maximal 0,3 mSv pro Jahr auftreten. Die einzelnen Organdosen, z.B. an den Augenlinsen, können dabei höher sein.
ü berwachu ngsbereich Wenn in einem Bereich mehr als die für die Normalbevölkerung zugelassene effektive Dosis von I mSv/Jahr, maximal jedoch nicht mehr als 6 mSv/Jahr, auftreten kann, handelt es sich um einen Überwachungsbereich, der als solcher abzugrenzen und kenntlich zu machen ist ( > Abb. 8. 1 ) . Die sich dort aufhaltende Personengruppe ist beschränkt auf das dort tätige Personal, auf Patienten, helfende Personen, Probanden, Auszubildende und u.U. weitere zu definierende Besucher. Weitere Sicherungsmaß nahmen sind zu treffen, z.B. Ortsdosismessungen. Der Überwa chungsbereich unterliegt der Aufsicht und Verantwortung des Genehmigungshalters ( Krankenhausträger, Praxisinhaber).
Kontrol l bereich Können Personen in einem Bereich mit einer effektiven Dosis von > 6 mSv/Jahr exponiert werden, muss dieser als Kontrollbe reich ausgewiesen werden ( > Tab. 8.2 und > Abb. 8. 1 ) . Das dort tätige Personal zählt zu den beruflich strahlenexponierten Personen. Der obere Grenzwert für die effektive Dosis dieser Personengruppe beträgt 20 mSv/Jahr. Stark exponierte Perso nen werden in die Kategorie A eingestuft, weniger stark Expo nierte, bei denen wegen nur gelegentlichen Aufenthalts mit Si cherheit ein Dosisgrenzwert von 6 mSv nicht überschritten wird, in die Kategorie B. Kontrollbereiche sind u.a. die Röntgenunter-
•
Sperrbereich Der Sperrbereich ist im Gegensatz zu den anderen Bereichen n icht durch eine zulässige Jahresdosis definiert, sondern durch eine Dosisleistung von � 3 mSv/Stunde. Somit ist der Bestrahlungsraum in der Strahlentherapie während einer laufenden Bestrahlung Sperrbereich. Dort darf sich mit Aus nahme des gerade dort bestrahlten Patienten niemand auf halten. Sperrbereiche sind abzugrenzen und mit dem Hin weis "Sperrbereich, kein Zutritt" deutlich sichtbar zu ma chen. I n der Röntgendiagnostik und Nuklearmedizin gibt es keine Sperrbereiche. Die weitere Differenzierung in Personenuntergruppen und Organdosen ist > Tab. 8 . 3 zu entnehmen. 8.4.2 Auflagen f ü r beruflich stra h le n expo n i e rte Perso nen
Für beruflich strahlenexponierte Personen gelten außerdem folgende Auflagen: Sie unterliegen der Strahlenschutzkontrolle, d.h die indivi duelle Personendosis ist durch Dosismessung ( Filmdosi meter + Stabdosimeter) laufend zu ermitteln. •
.•
Tab. 8.3 Grenzwerte für strahlenexponierte Personen.
Augenlinsen (mSv/Jahr) Haut, Hände, Unterarme, Füße, Knöchel (mSv/Jahr)
Kat. A
Kat. B
20
6
1 50
500
Gebärmutter Ungeborenes Kind
400 mSv gesamt Berufslebensdosis Tätigkeitsbeschränkung beim Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen oberhalb der Freigrenze
Gebärfähige Frauen
Jugendliche in Ausbildung
15
45 1 50
50 5 mSv/Monat
1 mSv gesamt
schwangere und stillende Frauen
Tätigkeit nur nach Genehmigung
8.5 Praktische M a ßn a h men i m Strahlenschutz •
•
•
Strahlenexponierte Personen sind vor dem erstmaligen Zu tritt zum Kontrollbereich und anschließend in einjährigen Abständen über die Arbeitsmethoden, die möglichen Ge fahren, die anzuwendenden Sicherheits- und Schutzmaß nahmen und die für ihre Tätigkeit wesentlichen Inhalte der Verordnungen und Genehmigungen zu belehren. Strahlenexponiertes Personal der Gruppe A ist innerhalb ei nes Jahres vor Beginn der Tätigkeit von einem sog. ermäch tigten Arzt zu untersuchen. Diese Untersuchungen sind jährlich zu wiederholen. Personen der Kategorie B unterliegen der Pflicht zur jährli chen Kontrolluntersuchung nicht, es sei denn, sie gehen mit offenen radioaktiven Stoffen um. In diesem Fall muss eben falls vor Tätigkeitsbeginn eine entsprechende ärztliche Un tersuchung erfolgen.
8.5 Pra kt i sche M a ß n a h m e n
i m St ra h l e nsch utz 8.5.1 Stra h l e nsch utz fü r berufl ich expo n i e rte
Person e n
I m Strahlenschutz sind die "vier A " zu beherzigen : Abstand, Abschirmung, Aufenthaltszeit und Schutz gegen die Aufnah me ( Inkorporation) von radioaktiven Stoffen.
Absta n d Die Dosisleistung D nimmt mit dem Quadrat der Entfernung r ab: D - l /r2
Dieses sog. Abstandsquadratgesetz gilt für alle Strahlenarten ( > Kap. 2.3.2).
291
Beta- und Elektronenstrahlen Elektronen werden völlig abgeschirmt, wenn die Absorber schicht dicker ist als ihre maximale Reichweite. Diese hängt ihrerseits von der Energie der Elektronen ab. Es empfiehlt sich eine doppelte Abschirmung: Als Absorber verwendet man zu nächst ein Material mit niedriger Ordnungszahl (z.B. Plexiglas, Plastilin oder Aluminium), um die Energiefluenz der bei der Abbremsung von Elektronen entstehenden Röntgenstrahlung niedrig zu halten. Mit einer zweiten Absorberschicht, die aus einem Material hoher Ordnungszahl besteht (z.B. Blei), muss dann die sekundäre Bremsstrahlung so gut wie möglich abge schirmt werden. Photonenstrahlen Photonen können nur geschwächt, nicht aber völlig abge schirmt werden. Da bei Photonenstrahlung nicht von Reich weiten in bestimmten Materialien gesprochen werden kann, hat man den Begriff der Halbwerts- bzw. Zehntelwertsschicht dicke eingeführt. M E R K E Die Halbwerts- bzw. Zehntelwertsschichtdicke ist diejenige
Schichtdicke eines Materials, die die Dosisleistung einer Strahlung auf die Hälfte bzw. ein Zehntel schwächt.
Bei hohen Strahlungsenergien hängt die notwendige Ab schirmdicke vorwiegend von der Dichte des absorbierenden Materials ab, bei niedrigen Energien (z.B. in der Röntgendiag nostik) von der Ordnungszahl Z. So beträgt die Zehntelwerts schichtdicke für die 6°Co-Strahlung (etwa 1 ,25 MeV) in Wasser 55 cm, in Beton 25 cm, in Eisen 7 cm und in Blei 4,8 cm. Bei entsprechenden Angaben muss also immer das verwendete Material (Blei, Beton usw.) benannt werden. Schwächungswer te in der Röntgendiagnostik werden typischerweise auf Blei bezogen:
M E R K E
Abstand ist der einfachste und billigste Strahlenschutz.
Abschirmung Die Art der Abschirmung richtet sich nach der Strahlenart, der Strahlenenergie und der Quellenstärke bzw. Dosisleistung. Die Dichte des abschirmenden Materials sowie dessen Ordnungs zahl und Dicke bestimmen die Schwächung der Strahlung. M E R K E Geladene Teilchen lassen sich prinzipiell vollständig abschirmen, Photonenstrahlen dagegen nur schwächen auf einen sehr gerin
gen und oftmals zu vernachlässigenden Betrag.
Alphastrahlen Alphastrahlen haben in Materie wegen ihrer großen Masse und Ladung eine n ur sehr kurze Reichweite. So wird Alphastrah lung einer Energie von I 0 MeV schon von 0, I m m Wasser bzw. I 0 cm Luft vollständig a bgesc hi r m t.
M E R K E Der Schwächungsgleichwert oder Bleigleichwert eines Materi
als gibt die Schichtdicke einer Bleiabschirmung an, die die betreffen de Strahlung ebenso schwächen würde wie das gerade benutzte Material, z.B. Aluminium, Kunststoff oder Stein.
In der Röntgendiagnostik werden zur Abschirmung "Blei gummischürzen" mit Bleigleichwerten von 0,25-0,5 mm ver wendet. Dies wäre in der Nuklearmedizin unsinnig, weil z.B. bei Verwendung von 99"'Technetium eine Schürze mit einem Bleigleichwert von 0,5 mm noch knapp ein Viertel der Strah lung durchlassen würde, bei Verwendung von 131! sogar > 80%. In der Hochenergie-Strahlentherapie und in der Brachythera pie mit hochenergetischen Strahlern wäre das Tragen einer Bleischürze sogar nachteilig, da die sekundären Elektronen, die die harte Strahlung durch Photoeffekt und Compton-Effekt in der Bleischürze erzeugen würde, die Haut erheblich belasten könnte, ohne dass das Strahlenfeld der Photonen nennenswert geschwächt wird.
292
8 Stra h l enschutz
Aufentha ltszeit Wenn das Arbeiten unter Strahleneinwirkung nicht zu umge hen ist, muss die Expositionszeit so kurz wie möglich gehalten werden. Schnelles Arbeiten im Kontrollbereich ist wichtiger als Blei. Die notwendigen Verrichtungen im Strahlenfeld müssen vorher eingeübt werden. M E R K E
Aktiver Strahlenschutz ist eine Frage des Gehirns, nicht von Blei
Bei Durchleuchtungsuntersuchungen ist die Durchleuch tungszeit zu registrieren. Sie kann durch das Studium der Fra gestellung, der Krankengeschichte und der Voraufnahmen vor Untersuchungsbeginn deutlich gesenkt werden. M E R K E
Jede Strahlenexposition muss nachvollziehbar sein. Deshalb sollen die Zahl der Aufnahmen, der kV-Wert, das mAs-Produkt, das Flä chen-Dosis-Produkt, die Größe des Strahlenfelds und die Durchleuch tungszeit dokumentiert werden.
( .. Kopf statt Blei").
Maßnahmen gegen die Aufnahme von Radion u k liden Beim Arbeiten mit Radionukliden- sind besondere Sicherheits vorkehrungen zu beachten, um die Inkorporation von radioak tiven Substanzen zu vermeiden: Im Isotopenlabor ist Schutz kleidung zu tragen, Präparate dürfen nur mit Greifwerkzeugen berührt, Nahrungsmittel, Getränke und Rauchwaren hier nicht aufbewahrt und konsumiert werden. Beim Verlassen des La bors müssen an einem Monitor Hände, Schuhe und Kleidungs stücke auf mögliche Kontaminationen überprüft werden. M E RK E
Wegen der Gefahr der Ingestion von radioaktivem Material sind in einem Isotopenlabor das Trinken, Essen, Schminken und Pipettieren mit dem Mund verboten - das Rauchen ja sowieso.
8.5.2 Stra h l e n sc h utz i n d e r
Röntg e n d i a g nosti k
Die gegenseitige Information und die kritische Diskussion zwi schen anforderndem Arzt und Röntgendiagnostiker sind Vor aussetzung für jeden praktischen Strahlenschutz. Hier gilt es, scheinbar gegensätzliche Grundsätze zu vereinen: M E RK E • •
•
Der beste Strahlenschutz ist das Vermeiden von Röntgenuntersu chungen. Das Unterlassen einer radiologischen Untersuchung darf Gesund heit und Leben des Patienten nicht gefährden. Der erkennbare N utzen muss die möglichen Risiken bei Weitem überwiegen, und es darf keine alternativen strahlungsfreien Me thoden mit gleicher diagnostischer oder therapeutischer Sicherheit geben ( .. rechtfertigende Indikation " ).
Sch utzmaßnah men für Patienten Im Sinne der bereits angesprochenen "Vermeidungsstrategie" muss bei allen Patienten die Anamnese sorgfältig erhoben werden, um unnötige Wiederholungsuntersuchungen zu ver meiden. Darüber hinaus sind bei Röntgenuntersuchungen alle die Strahlenbelastung des Patienten bestimmenden Faktoren sorgfältig zu protokollieren.
Frauen im gebärfähigen Alter müssen vor der Untersuchung gefragt werden, ob sie möglicherweise schwanger sind. Die Antwort hat schriftlich zu erfolgen: ja/nein oder unsicher. Bei vermuteter Schwangerschaft ist die Indikation zu einer Rönt genuntersuchung besonders kritisch zu prüfen. Vor allem ist abzuschätzen, wie groß die Dosisbelastung der Leibesfrucht im ungünstigsten Falle sein könnte. Bei der Entscheidung für die Röntgenuntersuchung ist die informierte Zustimmung der Pa tientin schriftlich einzuholen. M E RKE Die Schwellendosis für deterministische Fruchtschädigun gen wird mit 50 mSv angesetzt. Für eine mögliche Malignominduk
tion im weiteren Leben des Kindes gibt es keine Schwellendosis.
Kann eine Patientin eine Schwangerschaft nicht mit letzter Si cherheit ausschließen, hat der Arzt nach erfolgter Röntgenun tersuchung die an einer eventuellen Leibesfrucht applizierte Strahlendosis abzuschätzen und zu dokumentieren. In sol chem Fall gelten dann folgende Regelungen: • Bis 20 mSv protokolliert der exponierende Arzt den Vor gang. Weitere Maßnahmen sind nicht notwendig. • Bis 50 mSv hat durch einen Gutachter eine weitere Dosisab schätzung am Embryo zu erfolgen. • Bei mehr als 50 mSv ist eine genaue Dosisberechnung durch einen Gutachter erforderlich. Der Gesetzgeber eröffnet in diesem Fall die Möglichkeit, abhängig vom Alter des Kindes ( > Kap. 4.3) einen Schwangerschaftsabbruch zu erwägen.
Techn ische Schutzma ß n a h men Die Strahlenbelastung des Patienten lässt sich durch optimier te Aufnahmetechnik reduzieren. Von den verschiedenen Ein flussgrößen, welche die Strahlenexposition des Patienten be stimmen, seien die folgenden hier erwähnt: • Röhrenspannung: Hohe Röhrenspannungen erzeugen här tere (durchdringungsfähigere) Strahlen, deren Anteile we niger als bei weicher Strahlung im Patienten absorbiert werden. Die sehr weichen Strahlungsanteile tragen auch zur Bildinformation nichts bei. • Moderne Generatoren mit Mehr- bzw. Multipulstechnik senken die Strahlenbelastung dadurch, dass sie konstant über die gesamte Schaltzeit hohe Röhrenspannungen be reitstellen.
8.5 Praktische Maßnahmen i m Strahlenschutz •
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Filterung eliminiert weiche Strahlenanteile des Nutzstrah lenbündels, die im Körper des Patienten absorbiert würden. Gesetzlich vorgeschrieben sind bei Röhrenspannungen bis 70 kV 1 ,5 mm Aluminiumgleichwert (Al), bei über 70 kV 2,5 mmAl, bei mobilen Durchleuchtungsgeräten und Thera piesimulatoren 3 mmAI. Für Mammografiegeräte gilt ab weichend eine Mindestfilterung von 0,5 mmAl und 0,03 mm Molybdän, um eine besonders weiche Strahlung zur Detaildarstellung zu bekommen (Weichstrahltechnik). Die Feldgröße muss der Fragestellung angepasst sein. Auf enge Einblendung ist zu achten. In einem möglichst empfindlichen Bildempfängersystem liegt das größte StrahlenschutzpotenziaL Bei analogen Techniken (heute noch oft gebräuchlich) werden Verstär kerfolien verwendet. Die Dosisreduktion gegenüber dem fo lienlosen Film erfolgt um den Faktor 1 00-800. Unter "digi taler Technik" werden Empfängersysteme verstanden, die mittelbar oder unmittelbar zu digitalen Bildern mit kaum noch reduzierter Ortsauflösung (Pixel) fuhren: Bildverstär ker, Speicherfolien und neuerdings Detektoren aus z.B. amorphem Silizium. Die delektierten Aufnahmen können direkt am Bildschirm befundet oder wie beim CT mit einer Laserkamera auf Filme belichtet werden. Digitale Detekto ren kommen gewöhnlich mit reduzierter Dosis aus. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass die "Bilder" digital nachbe arbeitet werden können. Gonadenschutz: Zunächst einmal werden die Gonaden aus dem Strahlenfeld ausgeblendet. Wenn es die Anatomie erlaubt, werden bei Männern und Frauen die Gonaden durch Bleischürzen abgedeckt. Ist dies wegen der Nähe des Untersuchungsfeldes nicht möglich, wird bei Männern ei ne Hodenkapsel angelegt. Sie sollte auch sonst in besonde ren Fällen eingesetzt werden, weil sie die körpereigene Streustrahlung am Hoden um 50% herabsetzt. Die lokale "Ausblendung" der Ovarien bei Untersuchungen im Ab domen ist kaum möglich: Die Lage der Ovarien variiert nämlich, von außen nicht erkennbar, sehr stark, und eine zu große Abschirmung würde eventuell wichtige anatomi sche Details ebenfalls verdecken. Doch bereits bei Untersu chungen im Oberbauch, im Thorax, an den Extremitäten etc. ist die Abdeckung der Patientin - wenigstens des Be ckens - mit einem richtig angebrachten Bleischutz immer zwingend.
Schutzmaßnahmen für das Personal Der Strahlenschutz des Personals wird durch folgende Maß nahmen sichergestellt: • adäquate Bauart und einwandfreier Wartungszustand der Geräte, • korrekte Anwendung des Strahlenschutzzubehörs, • Baumaßnahmen und sorgfaltiges, strahlenschutzgerechtes Verhalten am Arbeits platz. •
293
Das wichtigste Strahlenschutzutensil für beruflich strahlenex ponierte Personen ist die Bleigummischürze. Sie wird v.a. bei Durchleuchtungsuntersuchungen (Angiografie und interventi onelle Radiologie) erforderlich. Vorgeschrieben ist ein Blei gleichwert von mindestens 0,35 mm (im Operationssaal 0,25 mm). Die Schürze muss den ganzen Körperstamm bede cken. Wird eine Schürze getragen, ist das Personendosimeter hinter der Schürze zu platzieren - es soll ja die Personendosis erfassen. Für andere stärker exponierte Bereiche können zu sätzliche Dosimeter eingesetzt werden (z.B. Fingerringdosime ter) oder sind sogar eine Auflage der Genehmigungsbehörde. 8.5.3 Stra h le nsch utz i n d e r N u k l ea rm e d i z i n E. Moser
Um die einschlägigen Forderungen der Strahlenschutzver ordnung sowie der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin zu erfüllen, sind eine Reihe von Maßnahmen für Patient und Personal erforderlich. Den Patienten betreffen: • korrekte lndikationsstellung, • Reduktion der Aktivität durch Verlängerung der Akquisitionszeit, Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung. Kurzlebige Radionuklide mit günstigen kernphysikalischen Eigenschaften sind in der nuklearmedizinischen Diagnostik Standard. Das früher häufig genutzte 131! ist z.B. heute in der Diagnostik obsolet wegen seiner physikalischen Halbwertszeit (HWZphys) von 8 Tagen und seinem bedeutenden ß-Anteil, der eine bedeutende Strahlenexposition des Patienten darstellt. Der Möglichkeit die Akquisitionszeit zu verlängern, um die zu applizierende Aktivität niedrig zu halten, sind Grenzen ge setzt. Es ist nämlich für schwerkranke Patienten unzumutbar, länger als 30 Minuten auf einer unbequemen Liege zuzubringen. Weitere wichtige Maßnahmen sind Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung. Dafür sind Ärzte, Radiochemiker und Medizinphysiker jeweils in ihrem Bereich verantwortlich. •
M E R K E Der Strahlenschutz für den Patienten lässt sich durch korrekte
lndikationsstellung, kurze HWZ der Nuklide, geeignete Tracer, Re duktion der Aktivität durch größtmögliche Akquisitionszeit sowie durch Qualitätskontrolle und -Sicherung optimieren.
8.5.4 Stra h l ensch utz i n d e r Stra h lenthera p i e
Auch i n der Strahlentherapie, wo etwa 80% der Patienten an einer Tumorerkrankung leiden und mit einer Tumorvernich tungsdosis von 20-80 Gy behandelt werden, ist für den übrigen Körper ein sorgfaltiger Strahlenschutz zu beachten. Der Ge setzgeber macht diesbezüglich keinen grundsätzlichen Unter schied zwischen Strahlentherapie auf der einen und Radiodiag nostik sowie Nuklearmedizin auf der anderen Seite.
I
294
8 Stra hlenschutz
M E R K E •
•
Strahlenschutz in der Radiotherapie bezweckt die Vermeidung von stochastischen Strahlenwirkungen in n icht behandelten Kör perabschnitten, d.h. von Kanzerogenese und genetischen Schä den . Er verlangt auch, im durchstrahlten Körpervolumen deterministi sche Strahlenfolgen (Akutreaktionen und Strahlenspätfolgen) so gering wie m ög l ich zu halten.
Sch u tzma ß n a h me n für Patienten Zum strahlentherapeutischen H a ndwerk gehört es, durch sorgsame physikalische und biologische Bestrahlungsplanung eine hohe Elektivität zu erreichen. Dies umfasst die Wahl einer geeigneten Strahlenart, schonende Behandlungstechniken, ge eignete Einzel- und Gesamtdosen sowie sorgfaltige Fraktionie rung. M E R K E
Der handwerklich versierte Radiotherapeut erweist sich an geringen Akut- und Spätfolgen und trotzdem hohen Tumorkontrollraten.
Gonadenschutz ist auch bei Tumorpatienten durchaus sinn voll und möglich. Hoden und Ovar sollten nicht i m Strahlen feld liegen. Sie werden entweder abgedeckt, aus dem Strahlen feld herausverlagert (laterale Ovaropexie bei Beckenbestrah Iungen) oder mit einer Schlinge manuell aus dem Strahlenfeld herausgezogen (Hoden). Eine Hodenkapsel aus Blei und eine
I
zusätzliche externe B le i abschi rm un g gegen S t reu und Leck -
strahlung können die Strahlenexposition der Hoden noch ein mal um den Faktor 5 - 1 0 senken. D ie verpflichtende Dokumentation aller Bestrahlungspa rameter ist in der Richtlinie Strahlens ch ut z geregelt. D ies be trifft z.B. A ngaben zum Bestrahlungsgerät, zur Bestrahl u n gs re gion, Strahlenqualität, Strahlenenergie, zum Fraktionierungs schema und zur Belastung kritischer Organe anband von Do sis- Volumen-Histogrammen .
Schutz m a ß n a h m en fü r das Personal Heute sind in der Radioonkologie die "beruflich strahlen exponierten Personen" wie Ärzte, MTRA und Schwestern
beim Einsatz von Beschleunigeranlagen und Afterloading Geräten keiner ionisierenden Strah lu ng mehr ausgesetzt. Sie . werden aber wegen der nicht ganz auszuschließenden Gefahr eines Störfalls oder einer Fehlbedienung grundsätzlich in der Kategorie B g efü h rt . Bei interventioneilen Techniken und der Applikation von radioaktiven Seeds gelten allerdings dieselben Regeln wie in der Nuklearmedizin. Eine Besonderheit stellt die Auflage der StrSchV gegenüber schwangeren M itarbeiterinnen dar. Da in den Räumen der Beschleun iger ab Energien > 6 M V die Raum luft gering aktiviert werden kann, ist Schwangeren der Zugang grundsätzlich untersagt, gleichgültig wie klein eine mögliche Strahlenbelastung wäre.
Glossar wörtlich: "Aufsaugen", ,,Verschlucken"; h ie r : vol lständige Aufnahme von Strahlung Aerobroncho- > P ne umo b ron ch og ramm
Absorption
gramm Aerosol
Affinität
Akquisitions-
zeit Akzeleration Algorithmus
Angioplastie
Anorexie Anoxie Apoplex Applikator Auflösungsvermögen Aufhellung
Dispersion feinstverteilter fester oder flüssiger Teilchen in Gas; Anwendung wirkstoffhaltiger Aerosole zur Inhalationstherapie, z.B. bei Erkran ktmgen der oberen Luftwege Maß für die Stärke der Bindung zwischen einem Liganden und einem Protein; übertragen auch Neigung zur Anreicherung einer Substanz in bestimmten Geweben bzw. Organen Zeitintervall für das Sammeln von Bilddaten, z.B. zur Anfertigung eines Szintigramms nach Injektion eines Radiopharmazeutikums Be schl e un i gu n g mathematische Methode zur Problemlösung; z.B. Umwandlung von Computertomografiedaten nach mathematischen Regeln per Computer in ein Bild oder rationelle Gestaltung diagn ostisch er Abläufe (z.B. zuerst Anamnese und Untersuchungsbefund, dann ERCP und CT) instrumentelle Erweiterung von arteriosklerotischen Gefäßverengungen; wird auch als perkutane trans luminale Angioplastie (PTA) oder Ballondilatation bezeichnet Appetitlosigkeit sauerstoffloser Zustand eines Gewebes Verschluss oder Ruptur eines Hirngefäßes (auch Schlaganfall) Vorrichtung zum Einbringen umschlossener radioaktiver Strahler in den Körper (optisch) kleinstmöglicher Abstand zweier noch getrennt abgebildeter und erkennbarer Punkte vermehrt strahlendurchlässiger Bezirk des Röntgen pilds, der sich auf dem Filmpositiv hell, auf dem Filmnegativ dunkel darstellt (z.B. Emphysemblase oder Pneumothorax)
Autoradio grafie BEIRCommittee
Bildmatrix
Bolus
fotografischer Nachweis von Radioaktivität i m untersuchten Gewebe Arbeitsgruppe aus Medizinern und Physikern der OS-amerikanischen Akademie der Wissenschaften, die sich mit den Gesundheitsrisiken von ionisierenden Strahlen im Niedrigdosisbereich befasst und in regelmäßigen Abständen Berichte veröffentlicht; voller Name: Academy of Seiences Advisory Committee on the Biological Etfects oflonizing Radiation Anordnung von Matrixelementen einer digitalen Bildinformation in einem meist kartesischen Koordinatensystem (z.B. 512 x 5 1 2 oder 1.024 x 1.024 Sp ei cher pl ä tz e ) Bissen, zum Verschlucken vorbereitete Nahrungspor tion im Mund; in der Radiologie besteht der Bolus: • für eine Ösophagus-Magen- Darm-Passage aus Bariumsulfat,
•
bei Schnittbildverfahren (Computertomografie oder Magnetresonanztomografie) aus einer kurzzeitig intravenös applizierten Kontrastmittelmenge
Boluskinetik die Geschwindigkeit, mit der sich ein Kontrastmittel bolus nach
intravenöser Injektion über eine Gefäß strecke i n ein bestimmtes Organgebiet (z.B. die Leber) bewegt; definiert durch Herzpumpleistung und
Gefäßwiderstand
Boost Brachy Clearance
Coulomb Feld
in der Strahlentherapie umschriebene D osise rhöh u ng (in einem Bereich mit besonderem Rückfallrisiko) kurz, nah (Vorsilbe, von griechisch brachys) Entfernung einer exogenen oder endogenen Substanz aus dem Blut bzw. Gewebe durch die spezifische Leistung eines Ausscheidungsorgans. Quantitativ ist die Clearance das Volumen, das pro Zeiteinheit von der Substanz geklärt wird. das elektrische Feld zwischen unterschiedlichen Ladungen. Es hat eine unendliche Ausdehnung, gehorcht aber dem l /r2-Gesetz (Abstandsquadratges etz )
Degeneration physiologischer Gewebsuntergang, minderwertiger Dekontamination Demenz Detektor Demyelinisierung Divertikel Diffusion
Dosimeter Dosismaxi mum (Dmax) Echogenität
Ersatz, Entartung Reinigung von Verunreinigungen, z.B. von rad io aktiven Subst an zen Verfall der geistigen Fähigkeiten Empfängersystem Verlust der Myelinscheiden von Nervenfasern Wandausstülpung eines Hohlorgans das auf gleichmäßige Verteilung in einem gegebenen Raum (Durchmischung) gerichtete Ausbreiten von Molekülen, Ionen, Flüssigkeiten oder Gasen, z.B. zum Ausgleich von Konzentrationsunterschieden Gerät zur Messung von Strahlendosis der Punkt mit dem höchsten Dosiswert im durch strahlten Volumen in der Ultrasonografie gebräuchlicher Ausdruck für die Intensität des Bildaufbaus (geringe Echogenität: Flüssigkeiten, intensive Echogenität: solide Struk turen)
elektiv Elution
auswählend
Herstellung eines Radionuklids (z.B. 99111Technetiu m ) durch Auswaschen einer Generatorsäule, die mit einer längerlebigen Muttersubstanz (z.B. 99Molybdän) beladen ist emittieren aussenden Enanthem Rötung einer Schleimhaut Energiefluenz Energie, die durch eine Fläche transportiert wird Enhancement Steigerung, Verstärkung; Dichteanstieg durch Kontrastmittelgabe (meist i.v. Gabe in der CT und MRT). Bei einer Nierenzyste wird sich nach Kontrast· m ittelgabe kein Dichteanstieg ergeben, wohl aber bei einem durchbluteten Tumor. EpidemiologieLehre von der Häufigkeit ( Prävalenz, Inzidenz) und Verteilung von Krankheiten (in der Gesamtbevölke rung bzw. in bestimmten ßevö lker u ngsgruppen ) sowie von deren Ursachen und Risikofaktoren, deren Verlauf und volkswirtschaftlichen Au swirkungen Epitope O berfläch enbereiche eines Antige nm ol ekü l s , die seine Spezifität bestimmen; führen zur Bildung dazu passender spezifi scher A nt ikö rpe r Summe aller Reparatur- und Neutralisieru ngsmecha Erholung nismen in Zellen und Geweben, z.B. Beseitigung von DNA-Schäden
-
298
G lossar
auf größere Körperpartien ausgebreitete entzündliche oder vasomotorische Hautveränderung Einwirkung einer Sache - hier: der Strahlung - auf Exposition den Organismus Extrapolation näherungsweise Weiterführung von Funktionswerten auf Grund bereits bekannter Werte, z.B. Fortführung eines Kurvenverlaufs Exzision Ausschneidung Festkörper Verfahren der digitalen Radiografie, bei dem Röntgenstrahlen direkt über einen großen Chip als detektordigitale Information registriert und zum Bildaufbau Technik weitergegeben werden Fetus ungeborene Leibesfrucht nach dem 3. Monat, d.h. nach Abschluss der Organentwicklung Fibrose Vermehrung des Bindegewebes, auch als Sklerose bezeichnet Fokus Herd; hier: Brennpunkt, punktförmige Strahlenquelle Teilmenge, Einzeldosis bei der Strahlentherapie Fraktion Fü l lungs bei Kontrastmitteluntersuchungen durch Raumfor derungen (z.B. Polyp, Tumor) verursachte Kontrast defekt mittelaussparung am Bestrahlungsgerät der Tragarm, an dem die Gantry Strahlenquelle angebracht ist Gap Lücke, Spalte (englisch) Generaliin der Onkologie: Ausbreitung der Tumorerkrankung sierung im ganzen Körper (generalisierte Metastasierung) Glättung elektronische Nachbearbeitung von Szintigrafischen Bildern mit dem Ziel, störende statistische Schwan kungen (Rauschen) zu unterdrücken Gradation Verhältnis von Schwärzung zur Dosis im erzeugten Bild. Im Fall einer flachen Gradation sind Kontrast und Abbildungsschärfe vergleichsweise gering (geringe Grauabstufung) histologische Einteilung der Tumoren nach Entdiffe Grading renzierungs- (Bösartigkeits-)graden (G l -G4) Grenzenergie historischer, heute unüblich gewordener Begriff für ein Energieniveau, ab dem ein bestimmter Effekt auftritt (z.B. Ionisation ab 2-3 eV). Grenzstrahlen nannte man ganz weiche, nur oberflächlich eindrin gende Röntgenstrahlen, die in Weichstrahlröhren mit Berylliumfenster bei 8- 1 0 kV Spannung erzeugt werden. Gynäkomastie ein- oder doppelseitige Vergrößerung der männlichen Brustdrüse(n) Grenzwert Dosiswert, der in einer bestimmten Zeiteinheit nicht überschritten werden darf Hadronen Teilchenstrahlungen, die aus sog. Quarks bestehen, fundamentalen Teilchen also, zwischen denen starke Wechselwirkungen durch Kernkräfte herrschen; z.B. Protonen, Neutronen, Mesonen hohe/niedrige Dichte; vor allem in der ComputerHyper-/ Hypodensität tomografie als Bezeichnung für Bezirke mit hoher/ niedriger Absorption der Strahlung im Vergleich zum umgebenden Gewebe, ausgedrückt in Hounsfield Einheiten (HE) Sauerstoffarmut im Gewebe (im Gegensatz zu Euoxie Hypoxie = Sauerstoffsättigung) durch Handlungen oder Äußerungen des Arztes iatrogen hervorgerufen internationales Gremium zur Erarbeitung von ICRP Strahlenschutzempfehlungen; voller Name: Internati onal Commission on Radiological Protection ICRU internationales Gremium zur Definition und Festlegung von Einheiten und Größen ionisierender Strahlung; voller Name: International Commission on Radiation Units & Measurements Exanthem
idiopathisch ohne erkennbare Ursache Implantation Einpflanzung, hier: von radioaktiven Strahlern zur
Tumortherapie kurz dauernde Ä nderung einer Größe, z.B. ein Spannungs- oder Stromstoß oder ein Echoimpuls (Ultraschall) Induration Verhärtung Inkorporation Aufnahme (hier: von Radioaktivität) durch Atmung, per os oder über die Haut Insult Ereignis Interaktion Wechselwirkung von oder mit Arzneimitteln interradiologisches Verfahren, bei dem ein operativer Eingriff mit Hilfe von Durchleuchtung, Sonografie, ven tionelle CT oder MRT gesteuert wird; bessere, aber kaum Radiologie gebräuchliche Definition: minimalinvasives bildgesteuertes Verfahren Eindringen von Krankheitserregern oder Tumorzellen Invasion in Nachbargewebe oder -organe Zahl der neu aufgetretenen Fälle (einer bestimmten Inzidenz Krankheit) pro 100.000 Einwohner pro Jahr; altersspezifische lnzidenz: in einer bestimmten Altersklasse (vgl. > Prävalenz) Einschnitt; Inzisionsbiopsie: scharfe Probeentnahme Inzision aus einem Tumor Blutleere Ischämie gleich dicht, z.B. in der Computertomografie isodens Linie, die alle Punkte mit gleicher Dosis verbindet; auf Isodose einer Isodosenfläche besteht eine entsprechende Mindestdosis (wichtig für die Strahlentherapie) Knochenschwiele nach Bruch Kallus quantifizierbare Beurteilung des Allgemeinzustands Karnofsky eines Tumorpatienten (Aktivitätsindex) unter Index (KI) Berücksichtigung körperlicher und sozialer Faktoren; z.B. entspricht ein KI von 1 00% einer uneinge schränkten Aktivität, ein KI von 40% einer Pflegebe dürftigkeit krankhafte Furcht, an "Krebs" zu erkranken Karzino Impuls
phobie Katarakt Kaverne Kernfeld
Linsentrübung (grauer Star) Hohlgeschwür Um den Atomkern mit seiner positiven Ladung besteht ein Coulomb-Feld. Seine Stärke ist direkt proportional der Kernladungszahl Z, also groß bei Materialien mit hoher Kernladungs- bzw. Ordnungs zahl. Die klinische Prüfung im Sinne des Arzneimittel klinische gesetzes ist die Anwendung eines Arzneimittels zum Prüfung Zweck, über den einzelnen Anwendungsfall hinaus Erkenntnisse über den therapeutischen Wert dieses Arzneimittels, insbesondere hinsichtlich der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. zu gewinnen. Sinngemäß gilt das Gleiche nach dem Medizinpro duktegesetz auch für alle Eingriffe oder Produkte der interventioneilen Radiologie. Gruppe von genetisch identischen Zellen, die durch Klon fortwährende Teilung (ungeschlechtliche Fortpflan zung) aus einer einzigen Zelle hervorgegangen ist prospektiv geplante Studie für eine Gruppe gleichartig Kohorten erkrankter Patienten studie Kollimation/ Begrenzung und damit BündeJung eines Nutzstrah Kollimierung Jenbündels bzw. eines Strahlenfelds Abteil; relativ enger, weitgehend abgeschlossener KompartiRaum, z.B. Muskelbündel. Gefaßraum, Zellorganelle ment Konjunktivitis Bindehautentzündung des Auges Verunreinigung, Verseuchung; hier: Verunreinigung Kontamimit radioaktiven Substanzen nation
Glossar Kontusion (z.B. Gehirn, Leber) konventio neUe Strah lentherapie/ Röntgen therapie Körperdosis
gedeckte Verletzung eines Organs. Ausmaß der
Osteomalazie Knochenerweichung, sekundäre Ossifikationsstörung;
Gewebezerstörung entsprechend Gewalteinwirkung
typisch sind Looser-Umbauzonen am vorderen Beckenring
Strahlentherapie mit einem Röntgenstrahler, i m
Osteoporose
Gegensatz z u r Hochenergietherapie (Telekobalt, Linearbeschleuniger u.a.) und Brachytherapie
typisch sind Transparenzerhöhung der LWS und Sinterungsfrakturen von BWS und LWS
gemittelte Äquivalentdosis über ein kritisches
Palliation L i nderung (von Schmerzen, Blutungen, Atemnot etc.) Paradontose chronische Infektion von Zahntaschen und Zahnhäi (Paradentose) sen. die zur Brüchigkeit von Zähnen. Zahnverlust und
Organ mit zu beachtender Strahlenempfindlichkeit nach externer oder i n terner Bestrahlung
Substanzverlust der Kieferknochen führt
Permeabilität Durchlässigkeit eines porösen Gebildes (Membran)
Zeitabschnitt zwischen einem bestimmten Ereignis
für andere Stoffe; abhängig von der G röße der Poren
(Infektion, Strahlenexposition, Diagnose) und dem Auftreten eines Effekts (eines Symptoms, eines
und der durchtretenden Teilchen
Photonen
Teilchen der elektromagnetischen Strahlung. d.h.
Plexus Pixel
hier: Nervengeflecht
Tumors, von Metastasen)
Letalität
Sterberate der von einer bestimmten Krankheit Betroffenen in Prozent, auch bei bestimmten
Linac Marker enzyme
(picture element, Bildpunkt), definiert durch seine Adresse innerhalb der Bildmatrix, seine Größe und
Linearbeschleuniger
seinen Inhalt (z.B. schwächungsbedingter Grau wert,
Enzyme, die mit unterschiedlicher Spezifität auf
l mpulszahl)
tumoräse oder rheumatische E rkrankungen
Pneumabronchogramm
Darstellung des offenen Bronchialsystems durch die
Polyp Prädiktion
Geschwulst, die sich aus Schleimhaut aufbaut
zentrale weiße Substanz, vorwiegend aus Nervenfa sern bestehend
Matrix element Medianwert
Mill iamperesekunde, d.h. Stromstärke von I mA während I Sekunde
kleinste Einheit einer Bildmatrix
cerebri media durch lluombose beim Hirninfarkt ( Befundmechanismus wie beim Hämatom)
metachrones zeitlich versetztes Wachstum eines Tumortyps in Wachstum verschiedenen Lokalisationen (z.B. beim hepatozellu lären Karzinom) arithmetisches M ittel, 7. . B. durchschnittliche Lebens
zeit von 99 Menschen. Extremwerte haben hier be
trächtlichen Einfluss, im G egensatz zum Medianwert.
Prävalenz
Erkrankungsrate; die in einem bestimmten Zeitraum
Prognose Krankheitsvorhersage, Heilungsaussicht Proliferation Wucherung; in der Tumorpathologie: Vermehrung der Tumorzellen (Tumorzellproliferation)
Protoonkogen protrahieren Quanten Remission Repopulie rung Resektion Response Resistenz
verzögern; strahlenbiologisch: zeitlich verdünnen kleinste unteilbare Energiebeträge (Photonen) Rückbildung von Krankheitszeichen Wiederbevölkerung, auch Wiederherstellung einer bestimmten Zellzahl operative Entfernung Ansprechen auf eine Behandlung ererbter oder erworbener Schutz gegenüber Noxen, z.B. Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika oder
bezogen auf I00.000 Einwohner
eines Zellverbands gegen ion isierende Strahlung (Strahlenresistenz)
Sterbefälle pro I00.000 Einwohner pro Jahr Applikation eines plastischen Materials, h ier: zur
Restriktion
mehrere Krankheitsherde in einem Organ, z.B. der
Einschränkung, Beschränkung; hier: Abwehrsystem zur Eliminierung einer von der Zelle als fremd erkannten DNA (vgl. Restriktionspunkt im Zellzyklus)
Rezidiv
Rückfall; in der Onkologie: Tumorrückfall im weitesten Sinn ( Rezidivtumor)
herd
Rinne
laterale Begrenzung des Pankreaskopfs zur medialen
Brust
Duodenalwand hin (durch Fett). Flüssigkeit in der
Mutationen des genetischen Materials auslösend G ewebstod durch mangelh afte Blutversorgung (im
das Staging von Pankreastumoren wichtig
Gegensatz zur Apoptose = program mierter Zelltod)
Nulleffekt
Gen, das durch Mutation zum Onkogen wird
registrierte Zahl der Fälle einer defi n ierten Krankheit,
Mukositis Schleimhautentzündung Multifokalität ein aus mehreren Teilherden bestehender Krankheits
Neuralgie
Gesamtzahl der von einer bestimmten Krankheit bestimmten Zeitpunkt (vgl. > l nzidenz)
Aufnahme von radioaktiven Strahlern
Multi zentrizität mutagen Nekrose
Vorhersage; ein prädiktiver Assay sagt z.B. eine Therapieantwort voraus
zeit des 50. der Medianwert (vgl. > Mittelwert ) .
Mediazeichen beim Nativ-CT hyperdenser Abschn i tt der Arteria
Mortalität Moulage
fenen Alveolarräume und den dadurch entstehenden
Betroffenen pro I 00.000 Einwohner zu einem
Dauer nach geord net, so ist die individuelle Lebens
Morbidität
m it Flüssigkeit (z.B. Seewasser, Blut, Eiter) vollgelau Flüssigkeits- Luft:- Kontrast
i n der Mitte liegender Wert: Werden z.B. die verschiedenen Lebenszeiten von 99 Menschen der
M ittelwert
Matrixelement einer zweidimensionalen Bildmatrix
mit > Mortalität
Rezidivdiagnostik hohe Bedeutung besitzen
mAs
Licht, Röntgen- oder Gammastrahlung.
Operationen (Operationsletalität); oftmals verwechselt
hinweisen und insbesondere in der Verlaufs- und
Marklager
Knochenschwund bei erhaltener Kn ochenstruktur durch gesteigerten Knochenabbau oder -anbau;
( .. Nahbestrahlung")
Volumen des Körpers bzw. Ganzkörpers
kritisches Organ Latenzzeit
Nervenschmerzen ohne erkennbare morphologische
Rinne bei Rinnenpankreatitis; die Rinne ist auch fü r
R-Kiassifi kation
Klassifikation eines Resttumors nach Operation, Radiotherapie oder Chemotherapie:
Veränderung oder Ursache
•
Anteil einer Strahlungsmessung infolge von H inter
•
grundstrahlung (background), verursacht durch die natürliche Umweltstrahlung
Onkologie
299
Gebiet der Medizin, das sich mit der Früherkennung, Diagnose, T herapie und Nachsorge von Tumorerkran ku ngen befasst. Tumorärzte sind Onkologen.
RO: kein Resttumor R l : h istologischer Tumorrest (z.B. an den Schnitträndern nach einer Operation)
•
R2: makroskopischer Tumorrest (z.B. lokal nach einer Operation)
l
300
G l ossar
Schnittbild verfahren
Oberbegriff für computerunterstützte Akquisition und Darstellung von Schnittbildern (Beispiele: Sonografie, CT, M RT, SPECT, PET) hier: n icht linearer, sondern verzögerter Abfall einer Zellüberlebenskurve im niedrigen Dosisbereich, bedingt durch Reparatur von subletalen Strahlenschä den Empfindlichkeit, z.B. eines Gewebes für ionisierende Strahlung (Organsensibilität) Ansprechen (Empfindlichkeit) eines Testsystems bzw. einer Untersuchungsmethode, ausgedrückt als Prozentsatz von richtig positiven Ergebnissen bei 1 00 gleichartigen Fällen (z.B. Häufigkeit der richtigen D iagnose mit Ultraschall beim Vorliegen von Lebermetastasen) Intensität, mit der in der Magnetresonanztomografie Gewebebezirke als Signal aufleuchten (z.B. Fettgewe be: hohe Signalintensität) bedeutende Abweichung eines geprüften Werts vom statistisch erwarteten Wert (wobei die Signifikanz umso deutlicher wird, je geringer die Zufallswahr scheinlichkeit ist) Prozentsatz der richtig negativen Ergebnisse eines Testsystemsfeiner Untersuchungsmethode bei Normalbefunden (vgl. > Sensitivität) in der Radiodiagnostik: Luft-Flüssigkeits-Spiegel, der entsteht, wenn in Hohlräumen (z.B. Magen oder Darm) Flüssigkeit mit Luft überschichtet ist. Aufnahmen im Stehen (mit Strahlenrichtung parallel zur Spiegeloberfläche) zeigen eine gerade Linie; mit der CT sind Spiegel auch im Liegen nachweisbar rohrförmige Gefaßstütze, gewöhnlich mit stabiler, netzartiger Wand aus Metall oder Kunststoff; damit soll das Wiederverschließen einer aufgeweiteten Stenose (meist des Gefäßes, aber z.B. auch der Gallengänge) verhindert werden durch ein Stereotaxiegerät gesteuerter, hoch präziser Eingriff, z.B. in der Strahlentherapie und Neurochir urgie Ablenkung einer Wellen- oder Korpuskularstrahlung aus der ursprünglichen Bahn spezialisierte Schlaganfallstation mit Neurologen, Internisten, Neuroradiologen oberhalb des Tentoriums und damit des Kleinhirns gelegen gleichzeitig auftretend, z.B. Tumoren oder Metastasen in der Radiologie verwendet für die kritische Wertung verschiedener radiologischer und/oder nuklearmedi zinischer Befunde im klinischen Kontext Z ielscheibe; z.B. Bremstarget für die Elektronen in einem Linearbeschleuniger zur Erzeugung von hochenergetischer Photonenstrahlung, aber auch: Z ielorgan/Zielzelle akute Mangelversorgung des Territoriums (Versor gungsgebiets) einer H irnarterie
Schulter
Sensibilität Sensitivität
Signal intensität Signifikanz
Spezifität
Spiegel
Stent
Stereotaxie
Streuung Stroke Unit supra tentoriell synchron Synopse
Target
Territorial infarkt
thyreotoxi sche Krise
Thrombolyse Tracer
Transparenz
Trias tumorizid Typing UNSCEAR
Unverträg lichkeit Validität
Verschattung
Voxel
zwiebel schalenartig
Xerostomie Zervix Zyste Zystektomie Zytologie
akute, lebensbedrohliche Exazerbation einer Hyperthyreose, ausgelöst durch massive Iodbelastung im Intervall ( 4-8 Wochen), z.B. nach Gabe von iodhal tigem Röntgenkontrastmittel bei Patienten mit latenter Überfunktion medikamentöse Auflösung von Thromben durch Enzyme auf venösem oder arteriellem Weg ( Katheter) Substanz, die einen biochemischen P rozess begleitet, ohne diesen zu beeinflussen, und durch radioaktive Markierung extern nachweisbar ist Lichtdurchlässigkeit; bei Röntgenbildern Ausdruck für den Luftgehalt der Lunge (erhöhte Transparenz: z.B. bei Iufthaitiger Emphysem blase; verminderte Transparenz: geringer Luftgehalt, z.B. bei Pneumonie) drei klinische Symptome, die für ein bestimmtes Krankheitsbild typisch sind tumorzerstörend Artdiagnose, z.B. histologische Tumordiagnose wissenschaftlicher Ausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen der Atomtech nologie und Radioaktivität; voller Name: United Nations Scientific Committee on the Effects of At01nic Radiation in der Radiologie meist Kontrastmittelunverträglich keit (oft als "allergische" Reaktionen bezeichnet) Gütekriterium für die Zuverlässigkeit eines Testsys temsfeiner Untersuchungsmethode zur Auftindung bestimmter Merkmale; wichtige Parameter sind > Sensitivität und > Spezifität vermindert strahlendurchlässiger Bezirk des Röntgenbilds, der sich auf dem Filmpositiv dunkel (Schatten), auf dem Filmnegativ hell darstellt (z.B. pneumonisches Infiltrat in der Lunge); Gegensatz: Aufhellung (z.B. Emphysemblase) dreidimensionales Bildelement (volume element) in der Schnittbildgebung - im Gegensatz zum Pixel, das ein zweidimensionales Element ist; auch: Objektbereich nach Lage und Größe, dem ein Pixel zugeordnet ist nach Abhebung und Verknöcherung von Periost in verschiedenen Schichten entstehende Begleitverschat tung am Knochen. Der Ausdruck ist eher reserviert für den bösartigen Knochentumor ( Ewing-Sarkom), ähnliche Veränderungen werden jedoch auch bei Überlastung (Sport) oder unzureichend behandelter Osteomyelitis beobachtet. Mundtrockenheit Hals, also z.B. Gebärmutterhals von einer Kapsel umgebene, ein- oder mehrkammeri ge Geschwulst mit flüssigem Inhalt (eine Pseudozyste besitzt im Gegensatz dazu keine Kapsel) operative Entfernung der Harnblase eigentlich Lehre vom Bau und den Funktionen der Zellen, umgangssprachlich auch Beurteilung von aus dem Gewebsverband gelösten Einzelzellen mit Hilfe eines Zellausstrichs
Abkü rzungsverzeichnis 20, 30 y 'l A.
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A A A A. a
ACE ACTH AD AL Al ALARA a.p.
ATP AUG B BER Bi BGO Bq BrdU BWS c c
c c
CA CCD CBD CBF CD CDK cGy Ci CIP CK(-MB) CLL cm CR CRP Cs CT CT CTA CTDI CTV D d d d
zwei-/dreidi mensionaJ gyromagnetisches Verhältnis Wirkungsgrad Wellenlänge linearer Schwächungskoeffizient (Materialkonstante) M ikroliter M ikrometer Mikrosekunde Frequenz Dichte Energiefluenz od. Intensität Präzessionsfrequenz Angström Ampere Atomgewicht od. Massenzahl Arteria )ahr(e) Acetylcholinesterase adrenokortikotropes Hormon Alzheimer-Demenz Afterloading Al uminium "as low as reasonably achievable" anterior-posterior Adenosintriphosphat Ausscheidungsurografie Magnetfeldstärke Basenexzisions-Repai r Wismut Wismutgermanal Becquerel Bromdesoxyuridin Brustwirbelsäule Coulomb Kohlenstoff Lichtgeschwindigkeit (Schall-) Wellengeschwindigkeit carbohydrate antigen, Kohlenhydratantigen Compact Chip Display kortikobasale Degeneration cerebral blood flow, zerebrale Perfusion duster of differentiation cyclin-dependent kinase, Cyclin-abhängige Kinase Zentigray Curie CDK interacting proteins Kreatinkinase (vom Myokardtyp) chronisch-lymphatische Leukämie Zentimeter complete remission, Vollremission C-reaktives Protein Caesium Computertomografie Chemotherapie computertomografische A ngiografie Computertomografie-Dosisindex clinical target volume, klinisches Zielvolumen ( Energie-)Dosis (Schicht-) Dicke Distanz Tag(e)
D. DIN DKFZ DL DLB dl DMFP DMSA DNA DSA DOPA DOTA DSB DTPA E E e e ECD EDTMP EDV EEG EF EKG EPI Er ERC(P) ESB EURATOM EUS eV F F F F
f f f
FDG FECH FET FHA FISP FLAIR FLASH FPCIT
fs
FSH FTD FTLD g Ga GBq Gd Ge
GE GFR GIT GI.
Ductus Deutsches Institut für Normung Deutsches Krebsforschungszentrum Dosisleistung Lewy body dementia, Demenz mit Lewy-Körperchen Deziliter Desmethoxyfallyprid Dimercaptosuccinat deoxyribonucleic acid, Desoxyribonukleinsäure digitale Subtraktionsangiografie Dihydroxyphenylalanin Tetraazacyclododecan-Tetraazetat Doppelstrangbruch Diethylene triamine pentaacetic acid, Diethylentriam i npen taessigsäure Energie Kompressibilität Elementarladung Euler-Zahl Ethylcysteinat-Dimer Ethylendiamin-Tetramethylenphosphat elektronische Datenverarbeitung Elektroenzephalogramm ejection fraction, Auswurffraktion Elektrokardiogramm Echo Planar lmaging Erbium endoskopische retrograde Cholangio(pankreatiko) grafie Einzelstrangbruch Europäische Atomgemeinschaft endorektaler Ultraschall Elektronenvolt Fläche French Fluor Dopplerfrequenz Sendefrequenz Einfallswinkel (molare) Fraktion Fluordeoxygl ukose Fluorethylcholin Fluorethyltyrosin Fokus-Haut -Abstand fast imaging with steady state precession fluid-attenuated inversion recovery fast low-angle shot Fluorpropylcarbomethoxyiodphenylnortropan fettgesättigt Follikel stimulierendes Hormon frontotemporale Demenz frontotemporale Lobärdegeneration Gramm Gallium Gigabecquerel Gadolinium Germanium Gradienten-Echoglomeruläre Filtrationsrate Gastrointestinaltrakt Glandula
302 GLP GLUT GOT GSO GTV Gy H H h h HBDH HCC HDR HE HEDP HF HIV HMDP HMPAO HWK HWS HWZ Hz I I IBZM ICRP ICRU IGRT IL IMAT IMRT IMT In INK4 I ORT Ir lUG IV i.v.
J
kBq
KERMA keV kg KHK KIP KIS km KM KM
kt kV
I
LBD
LDH LDR LET LH
LMDS In
Abkürzungsverzeichnis
Glucagon-like peptide, glukagonähnliches Peptid Glukosetransporter Glutamat -Oxalazetat-Transaminase Gadolinium-Oxyorthosilikat gross tumor volume, makroskopisches Tumorvolumen Gray Äquivalentdosis Wasserstoff Planck-Wirkungsquantum Stunde(n) Hydroxybutyratdehydrogenase hepatozelluläres Karzinom High Dose Rate Hounsfield-Einheit(en) Hydroxyethan-Diphosphonsäure Hochfrequenzhuman immunodeficiency virus, menschliches Immunschwächevirus Hydroxymethylendiphosphonat Hexamethylpropylenaminoxim Halswirbelkörper Halswirbelsäule Halbwertszeit Hertz Iod (Strahlungs-)Intensität Iodbenzamid International Commission on Radiological Protection International Commission on Radiation Units and Measurements image-guided radiotherapy, bildgestützte Radiotherapie Interleukin intensity-modulated arc therapy, intensitätsmodulierte Rotationsbestrahlung intensitätsmodulierte Radiotherapie Iodmethyltyrosin Indium inhibitor of cyclin-dependent kinase 4 intraoperative Radiotherapie Iridium lnfusionsurografie irradiated volume, bestrahltes Volumen intravenös Joule Kilobecquerel kinetic energy released in matter Kiloelektronenvolt Kilogramm koronare Herzkrankheit kinase inhibiting proteins Krankenhaus-Informationssystem Kilometer Knochenmark Kontrastmittel Kilotonne Kilovolt Liter Lewy body diseases, Lewy-Körperchen-Erkrankungen Laktatdehydrogenase Low Dose Rate linearer Energietransfer luteinisierendes Hormon locally multiply damaged sites, Mehrfachschäden Logari thmus naturalis
LPO LQ LSO Lu LWK LWS LYSO M m m m MAA MAG3 mAs mCi MDCT MDP MDR MeV mg mGy MHz MIBG MIBI M io mi n mm mmAI MMR Mo mol mosmol MR MRA MRCP .
MRS MRT MS ms MSA MSA-C MSA-P mSv MTA MTRA mU MUG MV N N n Na Nd. NER N H EJ NHL NIS nmol ns NT NW 0
OAT
linksposterior linear-quadratisch Lutetium-Oxyorthosilikat Lutetium Lendenwirbelkörper Lendenwirbelsäule Lutetium-Yttrium -Oxyorthosilika t (Gesamt-)Magnetisierung Masse Meter metastabil makroaggregiertes Albumin Mercaptoacetyltriglyzin Milliampere x Sekunde Millicurie multidetector computed tomography, Mehrzeilen Computertomografie Magen-Darm-Passage Medium Dose Rate Megaelektronenvolt Milligramm Milligray Megahertz Metaiodbenzylguanidin Methoxyisobutylisonitril Million Minute(n) Millimeter Millimeter Aluminiumgleichwert Mismatch-Repair Molybdän Mol Milliosmol Magnetresonanzmagnetresonanztomografische Angiografie magnetresonanztomografische Cholangiopankreati kografie Magnetresonanzspektroskopie Magnetresonanztomografie multiple Sklerose Mill isekunde Multisystematrophie Multisystematrophie vom zerebellären Typ Multisystematrophie vom Parkinson-Typ Millisievert medizinisch-technische( r) Assistent( in) medizinisch-technische(r) Röntgenassistent(in) milliunit(s), Millieinheiten Miktionszystourethrogramm Megavolt Neutronenzahl eines Atoms Stickstoff Anzahl Natrium Nucleus Nukleotidexzisions-Repair, Strangexzisions- Repai r nichthomologes End-joining Non- Hodgkin-Lymphom Natrium/Iodid-Symporter Nanomol
Nanosekunde Neurotransmitter Nebenwirkung(en) Sauerst ofl' organic a n ion
Anionen
transporter, Transporter für organische
Abkü rzungsverzeichnis OER
OL OP
Op p
p.a. PACS pAVK Pb PCP PD Pd PDD PDGF PDR PET p.i. PIB PK pmol PMT PNET Po PPA PR PRF PSP PTA PTCA PTC(D) PTV Pu PVC R r RAD RBW RCT rd Re rem RES Rh Rn RNA RöV RPA RT RTH Ru s
SAB s
SD SE
oxygen enhancement ratio, Sauerstoffverstärkungs faktor (Lungen- )überlappen Operationssaal OperationsPhosphor posterior-anterior Pielure Archiving and Communication System periphere arterielle Verschlusskrankheit Blei Pneumocystis-Pneumonie Protonendichte Palladium Parkinsan disease with dementia, Parkinson- Erkran kung mit Demenz platelet- derived growth factor, TI1rombozytenwachs tumsfaktor Pulsed Dose Rate Positronenemissionstomografie post irradiationem Pittsburgh Compound B Proteinkinase Picomol Photomultiplier primitive neuroektodermale Tumoren Polonium primär- progressive Aphasie Projektionsradiografie Protonenresonanzfrequenz progressive supranukleäre Paralyse perkutane transluminale Angioplastie perkutane transluminale Koronarangioplastie perkutane transhepatische Cholangiografie (und Drainage) Planungszielvoltunen Plutonium Polyvinylchlorid Röntgen Radius od. Abstand rechts-anterior oblique relative biologische Wirksamkeit Radiochemotherapie Rad Rhenium Rem retikuloendotheliales System Rhodium Radon ribonucleic acid, Ribonukleinsäure Röntgenverordnung Replikationsprotein A Radiotherapie regionale T iefenhyperthermie Ruthenium Stoßbremsvermögen Subarachnoidalblutung Sekunde semantische Demenz Spin- Echo-
SLD SF SIRT Sm SPECT
303
subletal defect, subletaler Strahlenschaden surviving fraction, überlebende Zellfraktion selektive interne Radiotherapie Samarium single photon emission computed tomography, Einzelphotonenemissions-Computertomografie SPIO superparamagnetic iron oxides Sr Strontium SSTR Somatostatinrezeptor STH somatotropes Hormon StrlSchV Strahlenschutzverordnung Sv Sievert SWK Sakralwirbelkörper t, T Zeitdauer T Tesla TI longitudinale Relaxationszeit T2 transversale Relaxationszeit TATE Tyrosin- Octreotat Tc Technetium TCG time compensated gain, zeitabhängige Verstärkung TD Toleranzdosis TE Echozeit TER thermal enhancement ratio, Hyperthermie- Verstär kungsfaktor TFIIH Transkriptionsfaktor ll H TGF tumor growth factor, Tumorwachstumsfaktor TIM Total Imaging Matrix TIPSS transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt Tl Thallium TNF Tumornekrosefaktor TOC Tyrosin-Octreotid TR Repetitionszeit TSH Thyreoidea stimulierendes Hormon TV Television TV treated volume, behandeltes Volumen V Spannung V Umdrehungen V unit, Einheit VAE Uterusarterienembolisation VIP usual interstitial pneumonia, gewöhnliche interstiti elle Pneumonie VKW Ultrakurzwelle VL (Lungen - ) Unterlappen vs Ultraschall uv Ultraviolett V Volt V (Blutströmungs- )Geschwindigkeit V. Vena w Wichtungsfaktor WHO World Health Organisation, Weltgesundheitsorganisation Xe Xenon XPA, XPB, XPD, XPF, XPG Xeroderma- Pigmentosum- Protein A, B, D, F, G Yttrium Y Ordnungs- od. Kernladungszahl Z Z Schallwellenwiderstand ZNS Zentralnervensystem
Register A
a/ß-Wert 28, 29 Abdomennativaufnahme
1 49, I SO, 1 54,
1 55, 1 56, 1 57, 1 63
- Linksseitenlage 1 5 1 , 1 52 , 1 54 Abdomenleeraufnahme, Siehe Abdomenna tivaufnahme Abdomenübersichtsaufnahme, Siehe Abdomennativaufnahme Abschirmung 29 1 Absorption
6 7, 1 6
Absorptionskoeffizient
Abstandsquadratgesetz 1 4, 1 5 , 2 9 1 Adult Respiratory Distress Syndrome 140 Aerobranchogramm 1 34, 1 35, 1 37, 1 40, 1 42
Afterloading 276, 277, 278, 279 Aktivimeter 2 1 5 Akustikusneurinom, MRT 1 93 Aluminiumgleichwert 1 4 Alzheimer-Demenz 223, 224 Aminosäure-PET 226 Aminosäuretransporter 223 Aneurysma
1 87
- A ngiografie 1 87 - endevaskuläre TI1erapie 1 87 Aneurysmaruptur 203 A ngiografie 63 Anode 1 2, 1 3 Aorta, CT 1 76, 1 80 Aortenaneurysma 1 49, 203 - CT I SO, 203 - Katheterangiografie 203 - Klassifikation 204 Aortendissektion 20 1 , 202 - CT 20 1 - MRT 20 1 Apfelbutzenzeichen 1 57, 1 62 Apoptose
25, 26
Ä quivalentdosis 1 6, 1 7 Arteria carotis, Siehe Karotisangiografie Arteria gastroduodenalis, CT 1 76 Arteria hepatica, CT 1 80 Arteria lienalis, CT 78 Arteria mesenterica
- CT 1 76 - Katheterangiografie Arthritis 1 1 6, 239 Arthrose 1 1 4, 1 1 6 - Röntgenbild 1 1 7 - Szintigrafie 1 1 7 Aspiration 1 3 1 Atelektase 1 33, 1 34, - CT
1 35, 1 4 2
63, 203
1 42
- Röntgenbild 1 35, 1 36, 1 4 0 Atombombenopfer 43, 45, 47, 48 Atomkern 4 Atommodell 5 Aufbaueffe kt 255 Aufhellung 1 23, 1 28, 1 3 1 Augen app lika to ren 278 Auger-Effekt 6
Ausgleichsfilter 1 3 , 259 Ausscheidungsurografie 205 Autonomes Adenom 236 B ß-Amyloid 2 2 3 , 224 Becken, Röntgenbild 98, 1 1 4 B ecken Bein-Arterien 1 98 - Katheterangiografie 1 98, 1 99 - MR-Angiografie 96 Befundung - Abdomenaufnahme 1 5 1 - Skelettaufnahme I 07 - Thoraxaufnahme 1 25 Belastungsszintigrafie 2 1 9 Beruflich strahlenexponierte Personen -
290
Beschleuniger 260 Bestrahlungsmaske 284 Bestrahlungsplanung 25 I, 264, 283 - Dosisspezifikationen 254 - Therapiesimulator 263, 264 Betastrahlung 4 Betatron 260 Bewegungsbestrahlung 268 Bewegungsstörungen 224, 225 Bildverstärker 59, 60, 6 1 Biliom 1 72 Biomarker 222 Biopsie, schnittbildgesteuert 1 70 - CT
79, 1 72
Blebs 147 Bleigleichwert 29 1 Blutung - CT 99, 1 86 - intrakranielle 1 86 - MRT 86 Bolustracking 75 Brachytherapie 266, 275 - Appl i kato ren 278 - Implantation 278, 279, 280, 2 8 1 - Prostatakarzinom 265 - Radionuklide 275 B ragg-Peak
c
Cholegrafie
I0I
74
73
Compu tertomografie-Dosisindex,
Cone-Beam-CT Crosslinks
CTDl
264, 265
22
CT-Angiografie
188
D
Darmgasverteilung 1 5 1 , 1 53, 1 54 , 1 57 Demenz I SO, 222 - M RT 1 83 Demyelinisierung 1 86, 1 89 Dichtewerte CT, Siehe Graustufen, Hounsfield-Einheiten Dickdarm 1 5 1 Dickdarmobstruktion 1 5 3, 1 56, 1 57 - Röntgenbild 1 54, 1 57, 1 6 1 Digitale Subtraktionsangiografie, Siehe Katheterangiografie Dissektionsmembran 2 0 1 Divertikel 159, 1 6 1 - CT
161
- Kontrasteinlauf 1 57 - Röntgenbild 1 60, 1 64 Divertikulitis
1 59, 1 6 1
- CT 1 6 1 - Röntgenbild 1 6 1 DMSA 239 DNA-Schäden 22 - Reparatur 2 3 Dopaminrezeptordiagnostik, Siehe Nigrostriatale Integrität Doppelgangzeichen
1 73
Dopplereffekt 70 Dopplersonografie 70, 72 D oppl e rw i n kel 71 Dosimeter 289, 290 Dosisakzelerierung 37 Dosis-Effekt-Kurven, Siehe Ze ll ü b erl eb e n s -
257
Brain Mapping 226 Bremsstrahlung, Siehe Röntgenstrahlung Bremsvermögen 8, 1 2 Bronchialkarzinom 1 34 - CT 1 3 7 Bronchopneumonie 1 36, - Röntgenbi ld 1 3 8 Bulky Lesions 22, 23
Compton-Effekt 6, 7 Computertomografie 73, - Blutung 99 - Fenstereinstellung 75 - Graustufen 73, 74, 75 - Hydrotechnik 1 78 - technische Grundlagen
kurven Dosisleistung
1 8, 32
Downsizing/Downstaging
1 40
Cholelithiasis 1 74 - CT 1 74 - Sonografie 7 1 , 1 74, 1 75 Cholezysti tis, Sonografie 1 75 Cholin- PET 230, 23 1 Chromosomenaberrationen 43, 4 5 Ci ne-MRT 200
250
Drainage, schnittbildgesteuert 1 73 Dünndarm ! 5 1 , ! 55 - Enteroklysma 6 1 , ! 56 Dünndarmobstruktion 1 53, I SS, I 57 - Röntgenbi ld 1 54 , 1 56 Dünndarmpassage, Siehe Entereklysma Durchleuchtung 59, 60 - gepulste 63 E Echo Planar lmaging 9 1 Echokardiografie 1 97 Ec h oze i t , TE 85, 90 Efrektive Äquivalentdosis Effektive Dosis 289 Ei nblutungen, ischämische
17 1 62 , 1 65
76
Register
Einzelstehfeld 267 Elementarteilchen 5 Elkind-Erholung 3 1 Embolisation 65, 1 87 , 207 Emphysem, Siehe Lungenemphysem Encephalitis disseminata 1 89 - MRT 1 90 Enchondrom 233 Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie, ERCP 62, 1 73, 1 79 Endothelschäden 5 1 Energiedosis 6, 1 6, 1 7 Energiedosisleistung 1 8 Energiefluenz 1 2, 1 4 Enteroklysma 6 1 , 1 56, 1 63, 1 64 Entzündungsbestrahlung 4 1 , 25 1 , 259 Enzephalitis 1 89 Enzephalopathie 1 85 - CT 1 86 Ependymom, MRT 1 94 Epidemiologie 297 Epiduralhämatom 1 94 - CT 1 95 Epilepsie 1 83, 227 ERCP, Siehe Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie Erholung 297 Erholungsfahigkeit 27, 28 Euler-Liljestrand-Reflex 1 33 Exspirationsaufnahme 1 28 , 1 30, 1 3 1 Exzisions-Repair 23, 24 F Farbduplexsonografie 7 1 , 72 FDG-PET 22 1 , 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230
FDOPA 223 FDOPA- PET 233 Feldeinstellung 284 - Dokumentation 285 Feldpforte 254 FET-PET 226 Fibrose 5 1 Fistel 1 62 - Röntgenbild 1 63 Flab-Methode 273 Flachbettdetektor 57 Flächendosisprodukt 1 3 Flip-Winkel 90 Fluordeoxyglucose 2 1 3, 2 1 5, 223, 229
Fokus 1 4, 254 FPClT 2 1 3, 223, 224 FPCIT-S PECT 225 Fraktionierung 3 1 , 32, 36 - F raktionierungsmuster 36, 37 - paradoxer Fraktionierungseffekt 54 Fraktur, pathologische 1 09, 1 1 4 Frakturlinie 1 08, 1 09, 1 1 0 Freie Luft 1 49, 1 52 - Röntgenbild I SO Fremdkörper, Röntgenbild 1 58, 1 59 Fremdkörperaspiration, Röntgenbild 131
Frequenzkodierung Furosemidtest
24 1
90
G
Gadolinium, Nebenwirkungen 1 02 Gallenblasenkarzinom, Sonografie 1 75 Gallenblasenpapillom, CT 1 75 Gallensteine, Siehe Cholelithiasis Gallenwege 1 73 - ERCP 62 - Tumor 1 74 Gammakamera 2 1 6, 2 1 7 Gammastrahlung 4 Gangabbruch 1 73 - CT 1 78 - MRT 1 73 - Röntgenbild 1 73 Gantry 73 Ganzhaut-Elektronentherapie 274, 275 Ganzkörperbestrahlung 273 Gefäßerkrankungen 1 98 Gegenfeldbestrahlung 268 Gelenkspalt I 08 Gerota-Faszie 1 76 Gesamtmagnetisierungsvektor 82 Gewebewichtungsfaktor 1 7 Gitterrelaxation, Siehe Spin-GitterRelaxation Gliom, MRT 1 9 1 Glukosemetabolismus 22 3 , 225, 229, 230
Gompertz-Kurve 35 Gonadenschutz 293 Gradienten-Echo-Sequenz Gradientenspule 87 Graustufen 73, 74, 75 Großfeldbestrahlung 273 Grünholzfraktur I 09 H
91
Halbschatten 254, 257 Halbwertsschichtdicke 1 4, 29 1 Halbwertszeit 9 Hämangiom, Leber 1 67, 1 68 - CT 1 68, 1 70 - MRT 1 69 - Sonografie 1 69 Hämatothorax 1 42 - Röntgenbild 1 4 3 Handgelenk, Röntgenbild 1 08, 1 09 Harnblase, Sonografie 70 Harnwegsobstruktion 240, 24 1 Hartstrahltechnik 4 Hartstrahltherapie 259 Härtungsfilter 1 4, 258, 259 Hautfeld 254 Hepatozelluläres Karzinom 1 67 - CT 1 67 - Katheterangiografie 65 Herddosis 255 Herpes-Enzephalitis 1 89 - M RT 1 90 Herz - Bildgebung 1 97 - M RT 95 Herzschatten 1 23 High Dose Rate, HDR 32, 275 Hilusvergrößerung 1 38 H ippokampusatrophie 1 83
305
Hirnabszess 1 88 - MRT 1 89 Hirnatrophie 1 80 Hirninfarkt 1 8 5 - CT 99, 1 85, 1 86 H irnkontusion 1 95 - CT 1 96 Hirnmetastasen 1 9 1 - CT 1 92 H irntumoren 226 Hochfrequenzspule 89 Hormesis 4 1 Hounsfield-Einheiten 74, 75, I 06 Hüfte, Röntgenbild 1 1 3 Hybridgeräte 2 1 0, 2 1 8 Hydro-CT 1 8 0 Hydrozephalus 1 84 - CT 1 85 Hyperdense-Media-Zeichen 1 85 Hyperthermie 37, 38, 39, 262, 282 - Ankoppelung 262 - interstitielle 283 - Temperaturmessung 262, 283 Hyperthermie-Verstärkungsfaktor Hypophysenadenom 1 93 - MRT 1 94
38
I
IBZM-SPECT 225 Ileus 1 54, 1 55 - paralytischer 1 53, 1 57 - Röntgenbild 1 57 Image Guided Radiotherapy, IGRT Infiltrate, milchglasartige 1 47 Interphasetod 26 Interstitium 1 28, 1 33 Interventionelle Radiologie 65, 66,
264
1 87,
20 1 , 207
Inversion-Recovery-Sequenz Ionendosis 1 6 , 1 7 Ionisation 5, 6, 7, 2 1 Ionisationskammer 2 1 5 Irisblendenzeichen 1 68 - CT 1 68 - M RT 1 69 Isodosen 255 Isotope 5
91
K
Kalibersprung 1 27 Kallus I I ! , 1 1 7 Kanzerogenese 45 Kardiopathie, radiogene 53 Karotisangiografie 63, 1 87, 1 88 Karotisstenose 1 87 Karzinoid 232 Katheterangiografie 63, 65, 1 87,
1 88, 1 98,
1 99
Katheterarteriografie, selektive Kaverne 1 36, 1 39, 1 40 Keilfilter 259 KERMA 6 Kernladungszahl 4 Kindesmisshandlung 1 1 7, 1 1 8, Kirmarkierung 2 1 2 Klavikulafraktur 1 1 9
63
1 19
306
Register
Klinisches Zielvolumen, erv Kniegelenk, Rön tgenbild
Knochenmetastasen
253, 254
99, 1 1 0, 1 1 8
1 1 3, 233, 234,
Lungenemphysem - er
- CT
- Röntgenbild
1 32
- vikariierendes
247 - Rö n tgenbild
1 14
- Szin tigrafie
-
er
1 45
Knochentumor
1 13
- Röntgenbild
Koinzidenzlinie
217
Lungenszin tigrafie
Kollimator
2 16
Kolonkontrasteinlauf Kolonrahmen
62, 1 57, 1 6 1 , 1 64
1 53 , 1 56
Kompressionsatelektase Kontrastm i ttel - iodhaltige - ionische
1 57
I 00
- wasserlösliche
Kontrastmittelreaktionen
1 0 1 , 1 03
290
Koronarangiografie
Koronare Herzerkrankung - Katheterangiografie Koronarstenose
200, 2 1 9
200
2 1 9, 2 2 1
MAG3
239 151
M i tosetod
Korpuskularstrahlung Kreuzband, M R T
87
- Signalverhalten
86
- M RT
84
aufnahme, Linksseitenlage 78, 1 05 , 1 6 7
- Duplexsonografie
- MRT
- CT
72
Lebervenenstern
70
M astitis, M RT
Leukodystrophie
1 86
M astopathie
Linearbeschleuniger
223
260, 26 1 , 262
L inearer Energietransfer, LET L inear-quadratisches Modell L i nksh e rz i n su ffiz i e n z
- Cf
1 45
Low Dose Rate, L D R
- Cr
32, 275
22 1 , 222
127
- Röntgenbild
Nebenn ieren, CT
27, 28, 29
Nekrose 1 86
121
1 26
Nephrolith iasis
I SO, 206 206 232, 245
1 80
N ichtho mologes End - )oin ing, N H EJ
M ediasti nalt u mor
N iere
- er
1 44
1 76
- Duplexsonografie
1 44
- M RT
143
94
- Rön tgenbild
1 92
- Sonografie
1 93 267,
72
14 9 70
N ierenfunktionsszint igrafie
239, 240, 24 1 ,
242
M e n i ngeom
1 92
191
23,
24
- CT
- M RT
205
Rö n tge n b ild
Neuroradiologie
255
268
1 02
240, 24 1
Neuroendokrine Tumoren
64
Meh rfelderbest rahlung
237
Nephroge n e s ys t e mische Fibrose
- Sonografie
1 20
M edulloblastom
78
25, 26
N ephrogramm -
1 22
M axi maldosis
- M RT
2 1 2, 2 1 4 ,
Nebenschilddrüsenszintigrafie
212
4
M edias t i n u m
1 47
L M DS, Siehe B u lky Lesions 1 10 Loose r- U mbauzon en Lungene mbolie
Natrium/Iodid-Symporter
1 89
- fibrozystische M at r ix
221
Napkin sign, Siehe Apfelbu tzenzeichen
1 29, 1 3 0
- Röntgenbild
147
- Röntgenbild
8, 1 7, 20, 2 1
219
M yokardvi tal i t ä t
232
7, 1 6
Lewy- Körperchen -Demenz
Myokard-SPECT
129
Massenzahl
27
4 1 , 42, 43, 45, 46
Nachladeverfahren, Siehe Afterloading
M assen energieabsorption skoeffizie n t
1 70
minata
M u l t i target- Modell
N
1 28
M a r kl age r verä n d e run gen , Cr
1 70
53
M u ltiple Sklerose, Siehe Encephal itis disse-
Myom, Siehe Uterusmyom
1 20, 1 2 1 , 1 22
Marklagerödem
1 70
M ukositis
M utationen
1 2 1 , 1 22
Markierung, radioaktive
1 70, 1 72
- Sonografie
1 97
1 20
- Röntgenbild
70, 7 1
Lebermetastasen
- Cr
79
94, 95
- Sonografie
80, 8 7
1 20
Mantelpneumothorax
95, 96, 1 74
fie
1 20, 1 2 1
Mammografie
95, 96, 1 83, 1 88,
1 97 M RCP
85
Mammakarzinom
278
M R-Angiografie, M RA
M RCP, Siehe M R-Cholangiopankreatikogra
121
Mammazyste
1 67
- er -gesteuerte Biopsie - M RT
- Sonografie
1 82, 223, 225
1 83
M R-Cholangiopankreatikografie,
1 22
- Röntgenbild
81
Lateraler Dekubitus, Siehe Abdomennativ-
- CT
88, 90
89, 90
- Fibroadenom
Larmor-Gieichung
79
96
- Signalintensität
1 63
1 07
M oulagen
89, 90
- physikalische Grundlagen
- Sequenzen
M o rbus Crohn - MRT
87
I0
M o lybdän-Technetium-Generator
- M RT
- Resonanzbedingung
1 20
M o rbus Parkinsan
Mamma
268
L
Leber
91
M alformation, arteriovenöse
Kreuzfeuerbestrahlung
79
86
- Ortskodierung
265
Molybdän-Anode
89
- Zeitkonstanten
3, 4
93
24
25
Molecular Imaging 62
204
1 76
M ismatch-Repair
Magen
1 20
M iktionszystourethrogramm M ilz, CT
- technische Grund lagen
289
Längsrelaxation
1 64
235
- Schwangerschaft
200
45
2 1 4, 242
M ikroverkalkungen
Lymphszintigrafie
- kranielle
1 05, 1 67, 1 68
Kon t rollbereich
M i kronukleus- Test
1 45, 1 66, 1 80
- Bl utung
10 I
Kon t rastmittel-CI
247
2 1 4, 2 1 8, 2 1 9, 237
M ikrosphären
Lymphom, intestinales
- Bilderzeugung
1 02
I 03
Körperdosis
22 1
1 62
- Anwendungsgebiete
1 00
233
M l Bl
Magnetresonan ztomografie
I 04
- röntgennegative - Sonografie
1 48
- Doppelkontrast
101
- Nebenwirkungen
1 14 71
M IBG -Therapie
M
1 34
1 00
- nicht ionische
- eT
M I BG
1 42
Lymphknoten
Kolonkarzinom, Röntgenbild
- Röntgenbild
1 46
L u ngenödem
298
229
- Sonografie
- Röntgenbild
Kollimation
93, 1 70
- PET
1 47
Knochenszintigrafie, Siehe Skel ettszin tigrafie
1 70
- M RT
1 33
L u ngenfibrose
115
Metastase
131
1 33
N ierensteine, Siehe Nephrol i t h iasis ieren t u m o r, Cr
I 06
Reg ister
206
Nierenzellkarzinom - Sonografie N ierenzyste - komplexe - Sonografie
2 10, 2 1 8, 228, 229, 232
PET/CT
207
- MRT
Pflastersteinrelief
207 205 205 205
1 63
Phäochromozytom - PET
209 209 - Hirntumoren 226 - Mikrosphären 2 1 4
243, 245 232 Radioiodtherapie 243, 244 Radioisotope, Organaffinität 287 Radioimmunotherapie Radioiodszintigrafie
151 233
- MRT
223, 225
Nigrostriatale I n tegrität Nuklearmedizin
Phasenkodierung
- Bildgebung
Phlebografie
64
Radionuklide
Phlebolithen
1 50
- Erzeugung
232
- Neuroendokrine Tumoren
232, 2 35 - Schmerztherapie 247 - Therapie 209, 242 - Tumorstaging 229 Nuklide 5 Nutzstrahlenbündel 13 0
- Anreicherung - Herstellung
262
1 18
1 4 1 , 147 1 42
216 288, 289 Ortskodierung 89, 90 Ösophagus 1 64 Ösophagusbreischluck
Ösophagusdivertikel
Ösophaguskarzinom, Röntgenbild
1 66
Osteitis, Siehe Osteomyelitis
1 16 1 1 2, 1 1 3, 1 1 4, 1 1 6, 234
Osteoarthritis
Osteomalazie
I I0
Osteomyelitis
1 1 4, 1 1 5
143
1 1 0, 1 1 2
258
238
p
- CT
224, 225
227
- CT
Repair
217
- technische Grundlagen - Vorteile
218
Präzession
81
- ERCP
1 75 1 76, 1 77
Pseudarthrose
Pankreatoduodenale Rinne
1 76
Parkin on-Synd rome, Siehe auch Morbus Parkinsan
Pellets
276
Perforation, intestinale - Rön tgenbild
! 54
I SS
Perkutane t ra nshepatische Cholangiografie, PTC
66 Per onendosis
PET, Siehe Positronenemissionstomografie
85
45, 46 32, 36
Rezidiv
- charakteristische
32
6, I I
288
32, 2 75
s
- CT
145
- Röntgenbild Satellitenherd
145 1 40 2 1 , 32
Sauerstoffverstärku ngsfaktor
84
20, 2 1 , 2 2 8
1 96
Sarkoidase
32
Schädel
76, 92, 99, 1 8 1 , 1 82, 1 85 92 , 93, 1 8 1 , 1 82 - Röntgenbild 58 Schallauslöschung, dorsale 69, 1 74 -
Radioaktivität
57
Röntgenstrahlung, Siehe Bremsstrahlung
Sauerstoffeffekt
3
Q uerrelaxation
59, 6 1
II
Rückenmarkkompression, MRT
langiografie
Radikale
299
Röntgenverordnung
I 09, l l l
Pulsed Dose Rate, PDR
Quanten
1 49, 1 5 1
94
Röntgengenerator
PTC, Siehe Perkutane transhepatische Cho
Q
- M RT
Röntgenstrahler
R
289
59, 107
70
Protrahierungsfaktor
Pankreatitis - CT
57,
97, 98
230
Proloonkogene
1 79
36 46
Retroperitoneum
254
85, 89
Repetitionszeit, TR
Röntgenröhre
Protrahierung
33, 34
Retinablastom
1 39, 140
25
26
Repopulierung
Protonendichte-Wichtung
1 78, 1 80
1 70
84 299
Reoxygenierung
230
- Prostata
204, 240
Relative biologische Wirksamkeit, RBW Remission
221
- Sonografie
1 78
204 Regeneratknoten 1 68, - MRT 1 70 Rejoining 23
Relaxation
- interiktale PET
- PET
255
- Röntgenbild
222
- Demenz
292
255
Referenzpunktkonzept
Prostata
1 75 78, 79, 1 76
51
Rekombination, homologe
- Dichtegruppen
PACS 5 7 Pankreas
- M RT
Reflux, vesiko-uretero- renaler
1 22 - Bewegungsstörungen
1 83
1 85 , 1 95 1 84
Referenzdosis
285
Projektionsradiografie
6, 7, 8 Paarvernichtung 7, 8
- CT
Rechtfertigende Indikation
1 32
Primärkomplex
Paarbildung
1 34
Raumforderung, intrakranielle
Recall- Phänomen
Primärstrahlungsbereich
Pankreaskarzinom
1 47
Positronenemissionstomografie
- M yokard
Osteopenie, Siehe Osteoporose
243, 247
111 287, 288 Rarefizierung 1 28,
1 34, 1 42 - interstitielle 1 4 5, 147 - Röntgenbild 1 3 7, 1 47 Pneumothorax 128 Polyp 162, 1 64 - Röntgenbild 1 64 Portkammer
39
Radiusfraktur
Portal-Imagi ng-System
6 1 , 1 60, 1 66 1 59
Radiosensibilität, Siehe Strahlensensibilität
Radiosensitizer
Radon
Pneumonie
Ortsdosis
213 2 1 2, 2 13
Radiotherapie, Siehe Strahlentherapie
Pneumocystis-Pneumonie
Ortsauflösung
Osteosarkom
1 42
chogramm
Orthovolttherapie, Siehe Hartstrahltherapie
2 1 2, 2 1 3, 223
Radiosynoviorthese
Pneumobronchogramm, Siehe Aerobran-
4 289 Organtoxizität 52
Osteoradionekrose
253, 254
1 4 1 , 1 42, 1 43
Pleurakuppenzeichen
277
Organdosis
Osteoporose
64
- Röntgenbild
Ordnungszahl
Osteolyse
66, 67 73, 74
Pitch-Faktor
- Sonografie
243, 245, 246
Radiopeptidtherapie
3, 4
Piezoelektrizität
Pleuraerguss
Oberflächenkontakttherapie
5, 9, 275 10
Radiopharmaka
6, 7, 257
Planungszielvolumen, PTV
114
21
Photonenstrahlung
Pixel
Oberflächenhyperthermie Oberschenkelfraktur
Radiolyse
Radioonkologie, Siehe Strahlentherapie
- CT
Oberarm, Rön tgenbild
90
Photoabsorption, Siehe Photoeffekt Photoeffekt
- Schilddrüse
269 52
Radiodermatitis
72 149
- Duplexsonografie
39, 40, 28 1
Radiochemotherapie Radiochirurgie
Pfortader, Siehe Vena portae
307
CT
- M RT
18
308
Register
Schallkopf 67, 68 Schallschatten, Siehe Schallauslöschung Schallverstärkung, dorsale 69 Schichtdicke, virtuelle 73, 74 Schichtkollimation 73 Schienbeinkopffraktur 1 10 Schießscheibenzeichen 7 1 , 1 70 Schilddrüsenszintigrafie 235, 236, 244 Schlaganfall, Siehe Hirninfarkt Schmerzbestrahlung 2 5 1 , 259 Schnittbildverfahren 57 Schocklunge 140, 1 4 1 - Röntgenbild 1 40 Schultergelenk, Röntgenbild 1 1 9 Schulterkurve 27, 3 1 Schwächung 6 Schwächungsfilter 259 Schwächungsgleichwert 29 1 Schwächungskoeffizient 1 4 Schwächungskoeffizient CT 74 Schwarzschild-Gesetz 26, 32 Schwellendosis 50, 292 Seeds 276, 280 Sekundärstrahlung 6 Selektive i nterne Radiotherapie 243, 245 Sellink-Technik 61 Sentinel loop, Siehe Wächterschlinge Sentinel-Node-Szintigrafie 235 Sequester 1 1 4 Shim-Spule 88 Shuntvolumen 222 Sichel 152 - Röntgenbild I SS Sigmadivertikel 1 57, 1 60, 1 64 Single Photon Emission Computed Tomography - Bewegungsstörungen 224, 225 - Demenz 222 - iktale SPECT 227 - Myokard-SPECT 2 1 9 - technische Grundlagen 2 1 7 Single-Strand-Annealing 23, 25 Sinusvenenthrombose 1 87 - CT-Angiografie 188 - MR-Angiografie 1 88 SIRT, Siehe Selektive interne Radiotherapie Skelettmetastasen, Siehe Knochenmetastasen Skelettszintigrafie 233, 234, 238 - technische Grundlagen 237 Sklerose 1 08, 1 09, 1 10, 1 1 1 , 1 1 3, 1 14 Soma tosta tinrezeptordiagnostik 2 1 2, 2 1 3, 232, 246 Sonografie - Auflösungsvermögen 69 - B -Bild 66 - Echomuster 68 - Hämangiom 68 - Metastasen 68, 1 70 - Normalbefunde 70 - technische Grundlagen 66 - Zyste 68, 7 1 Spannungspneumothorax 128 - Röntgenbild 130, 1 3 1 SPECT. Siehe Single Photon Emission Com puted Tomography
SPECT/CT 2 1 0, 2 1 1 , 2 1 8 Sperrbereich 290 Spicken 267 Spiegel 1 52, 1 53, I 55 - Röntgenbild 1 54, 1 55, 1 56, 1 6 1 Spina bifida occulta 1 14 Spin-Echo-Sequenz 85, 9 1 Spin -Gitter-Relaxation 82, 84 Spin-Spin-Relaxation 82, 84 SPIO 1 70 Spondylophyten 1 1 6, 1 1 7 Stammganglienödem 1 83 Stehfeldbestrahlung 267 Stenose, i ntestinale 1 62, 1 64 Stents 66 Stereotaxie 269, 270, 272 - Im mobilisierung 27 1 , 284 Stoßbremsvermögen 8, 1 1 , 1 2 Strahlenbelastung 12, 1 3, 1 4, 1 5 - ALARA-Prinzip 288 - Computertomografie 76 - Einflussfaktoren 292 Strahlendosimeter, Siehe Dosimeter - biologisches 45 Strahlenexposition, Expositionspfade 287 Strahlenfeld 254 Strahlenfolgen, Siehe Strahlenschäden Strahlengang 1 25 Strahlennephropathie 54 Strahlenpneumopathie 53 Strahlenresistenz 35, 36 Strahlenschäden - Akutreaktion 28, 50, 5 1 - Auge 5 5 - chronische Strahleneffekte/Spätfolgen 28, 50, 5 1 - Einflussfaktoren 49 - Endothelschäden 5 1 - Fibrose 5 1 - früh/spät reagierende Gewebe 28, 29 - genetische 4 1 - Hämatopoese 52 - Kanzerogenese 45 - Keimdrüsen 54, 55 - Lebenszeitrisiko 47 - Mutationsverdoppelungsdosis 42 - Organtoxizität 52 - Reparatur 23, 26, 3 1 , 43 - somatische 45 - stochastische/deterministische 4 1 - subletale 26, 3 I - teratogene 43 Strahlenschutz - Dosisgrenzwerte 289, 290 - Dosisgrößen 288 - Grenzwerte 42 - Patienten 292, 293, 294 - Personal 293, 294 - rechtliche Vorschriften 288 - Schwangerschaft 292 Strahlenschutzbereiche 289, 290 Strahlenschutzverordnung 288 Strahlensensibilität 30, 3 1 , 52, 54, 55 - Tumoren 35
Strahlentherapie - bildgestützte (IGRT) 264 - Dosisdefinitionen 254 - Dosisverteilung 267 - dynamische 269 - Elektivitätsfaktor 34 - Feldeinstellung 284 - Filter 258 - gutartige Erkrankungen 251 - intensitätsmodulierte, IMRT 271, 272 - interstitielle 278, 279 - intrakavitäre 266, 278 - intraoperative, !ORT 272, 273 - konformierende 269 - konsolidierende 250 - neoadjuvante 250 - palliative 250 - postoperative 250 - Risikobereiche, Risikoorgane 254 - Strahlenbündel 254 - Tangentialrotation 268, 269 - Volumendefinitionen 252 - Zielvolumen 253 Strahlentherapie 249 - konventionelle 259 Strahlenwirkung, direkte/indirekte 20 Strahlung, charakteristische 6, I 0, 1 1 Strahlung, (in)direkt ionisierende 3 Strahlung, weiche/harte 4 Strahlungsbremsvermögen 8, I I , 12 Strahlungswichtungsfaktor 1 6 Strangbrüche 22, 23, 24 Streufilter 259 Streustrahlenraster 1 5 Streustrahlung 1 5, 255, 257 Subarachnoidalblutung, CT 1 87 Subduralhämatom, CT 1 95 Surviving Fraction 27 Syrinx 1 94, Szintigrafie, technische Grundlagen 2 1 0, 2 1 1 ' 216 Szintillationsdetektor 2 1 6 T
T l -/T2-Wichtung 85, 86 T l -Relaxation, Siehe Spin-Gitter-Relaxation T 1 -Zeit/T2-Zeit 84 Technetium 2 1 2 Telecurietherapie, Siehe Telegammatherapie Telegammatherapie 260 Telekobaltgeräte, Siehe Telegammatherapie Teletherapie 266, 267 Teratogenität 43 Territorialinfarkt, Siehe Hirn infarkt Tetrofosmin 2 1 4, 2 1 8, 2 1 9 Thermal Enhancement Ratio, TER 38 Thorax - CT 77 - Normalbefund 58, 1 23, 1 24, 1 26, 1 32, 1 34, 1 36, 1 4 1 - seitlich 58, 1 24, 125, 1 32, 1 4 1 "n10raxaufnahme 1 23, 1 25 - stehend/liegend 124, 1 25 "nlllmbprints 1 62, 164 - CT 165 - Röntgenbild 164
Regi ster Tiefenblenden
V
13
Tiefendosis, relative Tiefendosisverlauf
255, 256, 257, 258
Tiefenhyperthermie
Vena lienalis - CT
26 2, 263
Tiefenpersonendosis
Weichstrahltechnik
Vena cava inferior, CT
255
Time compensated gain, TCG
68
- MRT
78, 1 76, 1 80
- CT
Wires
78, 1 76
Vena portae, CT
78
50
Venenkonfluens
1 77
Tomotherapie
264, 266
- CT
66
Tracer, Siehe Radiopharmaka Tracerprinzip Trimmspule
Ventilmechanismus
IR-Relaxation, Siehe Spin-Spin-Relaxation Truncus coeliacus, CT
Tuberkulose
78, 1 76, 1 80
Tumorausbreitungsgebiet 229
Tumorkonferenz
249
Tumorstoffwechsel
- zeltförmige le
1 98
tische
Ulkus
290
Umgebungsäquivalentdosis
208
289
207
1 36
253
208
27, 28, 3 1 , 39, 40, 5 1
- linear-quadratisches Modell
30
- Strahlensensibilität Zenker- Divertikel - Röntgenbild Zentralstrahl Zielvolumen
29
Wächterlymphknoten
235
1 55, 1 75 21
30, 3 1
1 59
1 60 1 4, 254
Zerfall, radioaktiver
Zyklotron 1 08, 1 09
27
29
- Checkpoints
8
253 255
65
Zustand, metastabiler
Wachstumsfraktion
Wasserradiolyse
25
Zellüberlebenskurven
Zöliakografie
w
Wächterschlinge
Zelltod, reproduktiver
Zielvolumendosis
7
73
Wachstumsfuge
1 47, 1 48
Uterusarterienembolisation Uterusmyom - MRT
Voxel
1 62
Umverteilung
35, 1 37, 1 40
Vorwärtsstreuung
9
Überwachungsbereich
1 99
Volumina, onkologische/strahlentherapeu
34
25
Zelltod, programmierter, Siehe Apoptose
Zellzyklus
1 33
Volumen diminutum
Tumorwachstumskurven
benskurven
Zelltod
- Multitarget-Modell
Volumen auctum
46
253
Übergang, isomerer
147
1 48
- Katheterangiografie
228, 230
u
1 23, 1 28, 1 36, 1 37, 1 44, 148
Verschlusskrankheit, periphere arteriel-
Tumorsuppressor-Gene Tumorvolumen
253
8, 1 0, 2 1 7
1 33, 142
- interstitielle
1 38, 1 39
Tumordiagnostik
Verschattung - flächige
22 1
1 28, 1 3 1
- honigwabenartige
1 36, 1 40
- Röntgenbild
z
Vernichtungsstrahlung
88
1 1 2, 1 1 7
276
Zellinaktivierungskurven, Siehe Zell überle-
1 76, 1 78, 1 80
Ventilation Perfusion Mismatch
210
94
- Röntgenbild
1 79
Toleranzdosis
TIPSS
259
Wirbelsäule
177
Vena mesenterica
289
4
Weichstrahltherapie
78, 1 76
309
9
213
Zystenwandkarzinom
205
27, 28, 29
Die Bundesrepublik Deutschland ist seit
1 969 dem
Internatio
zurückgelegter Wegstrecke
nalen Einheitensystem (SI = Systeme International d'Unites)
(t); also: v
angeschlossen. Es sollten deshalb auch in der Radiologie nur
daher z. B. lauten: v =
noch die SI- Einheiten verwendet werden.
=
60 km
=
(!) und der dafür benötigten Zeit
l!t. Das numerische Ergebnis einer Messung kann
60 km/h. Eine Angabe von v
=
60 oder v
ist unsinnig.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Größe und Ein heit. • Beispiel: Größe sei die Zeit mit dem Zeichen t. t wird
in der
zugelassenen Einheit Sekunde mit Zeichen s angegeben. Aus
Beziehungen zwischen SI-Ei n h eiten u n d alten Ei n heiten in der Radiologie
Tradition werden bei der Zeit aber auch nichtdekadische Vielfache wie Minute, Stunde und Tag akzeptiert. Physikalische Gleichungen drücken die Beziehungen zwischen physikalischen Größen aus. Es m uss daher auf die definitions gemäße Wah l von Einheiten geachtet werden . •
Beispiel: Die G eschwindigkeit (v) eines sich gleichförmig be
wegenden Körpers ist definiert durch den Quotienten aus
Größe
SI-Einheit
alte Einheit
Ionendosis
1 C/kg 2,58 X 10-4 C/kg 1 Gy 0,01 Gy
= = = = = = = = =
Energiedosis Äquivalentdosis Aktivität
Basisei nheiten des SI-Systems Größe
SI-Einheit
Länge Zeit Masse Stromstärke Tem peratur Lichtstärke Stoffmenge
das Meter (m) die Sekunde (s) das Kilogra m m (kg) das Ampere (A) das Kelvi n (K) das Candela (cd) das Mol (mol)
1 Sv 0,01 Sv 1 Bq 37 MBq 3 . 7 x 1010 Bq = 37 G Bq
3876 R 1 R 1 00 rd 1 rd 100 rem 1 rem 2,7 X 10-11 Ci
1 mCi 1 Ci
Als einzige nicht SI -konforme Einheit wird weiterhin in der Radiologie das Produkt aus elektrischer Ladung eines Elek trons und elektrischer Spannung ( eV) zur Beschreibung der E ne rg i e quantenhaft ablaufender Prozesse (z. B . Photonenen ergie) benutzt.
Größe
alte Einheit
SI-Einheit
Strahlungsenergie
1 eV
= 1,6022
X
10-19 J
Abgeleitete SI-Ei n h eiten (als Produkt oder Quotient aus den Basiseinheiten)
Größe
SI-Einheit
Energie
1 Joule (J)
elektrische Spannung elektrische Ladung Kraft Druck magnetischer
1 Volt (V)
Fluss magnetische Flussdichte Frequenz Aktivität Ionendosis Energiedosis Äquivalentdosis
1
Coulo m b
( Beispiel: l M V = l Megavolt = 1 M illion Volt) 1 kg m2/s2 = 1 Wattsekunde (Ws) = 1 J/As =
(C)
1 Newton (N) 1 Pascal (Pa) 1 Weber (Wb) 1 Tesla
Vielfach e u nd Teile von Ei n h eiten
(T)
=
1
As
= 1 J/m = 1 kg mfsZ = 1 N/m2 = 1 kg/m s2 = 1 Vs =
1 V/m2
1 Hertz (Hz) 1 Becquerel ( Bq)
1 Schwingu ng/s = 1 Zerfall/s = l C/kg
1 Gray (Gy) 1 Sievert (Sv)
1 Jjkg = 1 J/kg
=
=
E
p
T
G
M k h da
d
c m
fl
n
p f .
a
ExaPetaTeraGigaMegaKiloHektoDekaDeziZentiMilliMikroNanoPicoFemtoAtto-
= = = = = = = = =
1018 1011
1012
109 106 103 102 10 1
10-1 = 1o-z c 10-J - to-6 = = = =
10-9
10-12 t o- 11
1 Trillion 1 Billiarde = 1 Billion = 1 Milliarde = 1 Million = 1000 c 100 = =
= 10 =
0, 1
= 0,01 = 0 , 00 1
= =
0, 000001 0,000000001
to-18 ".. $-, ·
I
Normale Aktivität und Arbeit, keinerlei Pflege erforderlich
Arbeitsunfähig, kann zuhause Leben und sich um die meisten persönlichen Dinge kümmern; unterschiedliche Bedürfnisse nach Unterstützung
Kann sich nicht um persönliche Bedürfnisse küm mern; benötigt Fürsorge in Heim oder Krankenhaus; rasches Fortschreiten der Krankheit möglich
100%
keine Beschwerden oder Krankheitszeichen
90%
zu normaler Aktivität in der Lage, geringfügige Zeichen von Krankheit
80%
mit Anstrengung zu normaler Aktivität in der Lage, einige Kran kheitszeichen
70%
Selbstversorger, zu normaler Aktivität oder Arbeit nicht i n der Lage
60%
benötigt gelegentliche Hilfe, kann sich aber sonst selbst versorgen
50%
benötigt beträchtliche Hilfe und häufige medizinische Pflege
40%
Patient ist behindert und pflegebedürftig
30%
starke Behinderung, Krankenhausaufn a h me erforderlich, aber keine un mittelbare
20%
schwer krank; Krankenhausaufnahme erforderlich, lebenserhaltende Maßnahmen i ndiziert
10% 0%
Lebensbedrohung
moribund; schnell voranschreitender Sterbeprozess Tod