Handbuch diagnostische Radiologie Herausgeber: Jürgen Freyschmidt, Bremen
D. Hahn (Hrsg.)
Handbuch diagnostische Rad...
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Handbuch diagnostische Radiologie Herausgeber: Jürgen Freyschmidt, Bremen
D. Hahn (Hrsg.)
Handbuch diagnostische Radiologie
Kardiovaskuläres System Mit Beiträgen von: D. Hahn, M. Heinrich, W. Kenn, T.D. Kirchhoff, M. Köhler, P. Kovacs, P. Landwehr, G. Luska, O. Mohrs , Th. Pabst, P. Reimer, H. Rosenthal, J. Sandstede, K. Schürmann, J.-P. Staub, M. Strotzer, M. Uder, Th.Voigtländer, M. Völk, D.Vorwerk, R.Vosshenrich, G. Wittenberg, N. Zorger
Mit 328 Abbildungen in 808 Einzeldarstellungen
123
Professor Dr. med. D. Hahn Institut für Röntgendiagnostik Universität Würzburg Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg
ISBN 978-3-540-41420-9 Springer Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2007 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dr. U. Heilmann, Heidelberg Redaktion: D. Mennecke-Bühler, Heidelberg Herstellung: LE-TeX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Umschlaggestaltung: Frido Steinen-Broo, eStudio Calamar, Spanien Satz und Reproduktion: am-productions GmbH, Wiesloch 21/3180 YL – 5 4 3 2 1 0 Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort
Eine fortlaufende Optimierung der bildlichen Darstellung krankhafter Organveränderungen erfordert ein sich ständig verbreiterndes medizinisches Wissen.
Ein Handbuch ist der Definition nach ein zusammenfassendes, in der Regel mehrbändiges Werk über eine Wissenschaft oder ein spezielles wissenschaftliches Gebiet. Kann ein solches Werk noch Bestand haben in einer Zeit, in der sich wissenschaftliche Erkenntnisse mit nahezu unvorstellbarer Geschwindigkeit entwickeln und wandeln? Die Herausgeber und Autoren dieses Handbuchs bejahen diese Frage; sie halten es geradezu für notwendig, eine fundierte Standortbestimmung über die diagnostische Radiologie in einem Rahmen abzugeben, der für die praktischen Belange dieses – neben der klinischen Pathologie – wichtigsten diagnostischen Schlüsselfachs prinzipiell einen Wertbestand von etwa 8–10 Jahren besitzen soll. Dieser Zeitraum bezieht sich selbstverständlich nur auf die einzelnen Bände, deren jeweiliges Erscheinen sich zwar durch die verschiedensten Umstände seit dem Start des Gesamtprojektes verzögert hat, die sich aber zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung jeweils auf dem aktuellen Erkenntnisstand befanden bzw. befinden. Bei der Erstellung der einzelnen organbezogenen Bände wurde bedacht, dass sich im oben angegebenen Zeitraum zwar untersuchungstechnische Modalitäten, wie z. B. Sequenzen in der MRT, durchaus ändern werden, dass aber das Prinzip der Darstellungsmöglichkeiten von krankhaften Veränderungen bestimmter Organe oder Organsysteme weitgehend unverändert bleibt; denn die den Krankheiten zugrunde liegenden pathologischanatomischen Veränderungen selbst ändern sich ja kaum! Die rasche Entwicklung und den Wandel von ätiologischen, pathogenetischen und therapeutischen Erkenntnissen kann und muss man in wissenschaftlichen Zeitschriften und ggf. aktuellen Monographien verfolgen; doch wird man das Neue nur dann verstehen und nutzen können, wenn man durch einen soliden Wissensfundus darauf vorbereitet ist. Dazu soll dieses Handbuch mit seinem besonderen Konzept der Wissensvermittlung beitragen. Es orientiert sich an Organen oder Organsystemen mit ihren Erkrankungen, die jeweils bestimmte radiologische
Untersuchungsstrategien erfordern (z. B. mit Hilfe der Projektionsradiographie, CT, MRT, Ultraschall, ggf. Szintigraphie). In den jeweiligen Hauptkapiteln findet sich zunächst eine Darstellung der Normalanatomie und ihrer wesentlichen Varianten – bezogen auf die einzelnen Darstellungsmodalitäten; dann folgt ein Kapitel über die systematische Bildanalyse. Die Kapitel über die einzelnen Krankheitsentitäten (Fehlbildungen, traumatische und entzündliche Veränderungen, Tumoren und sonstige Störungen) sind einheitlich nach folgenden Themen aufgebaut: – pathologisch-anatomische Grundlagen (zum Verständnis der radiologischen Befunde), – klinische Symptomatik, – charakteristische radiologische Symptome und ihre Differentialdiagnose. – Jedes Kapitel schließt mit Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie und zusammenfassenden Merksätzen. Der rote Faden, der sich durch das gesamte Werk zieht, ist die synoptische Betrachtungsweise von klinischen und mit Hilfe der Radiologie erkennbaren pathologisch-anatomischen und funktionellen Veränderungen. Eine dem Patienten nützliche Diagnostik kann im Übrigen nur aus der Fusion von technischer Entwicklung und einem angepassten medizinischen Wissen um das Wesen und die Vielfalt von Krankheiten gelingen. Frau Dr. U. Heilmann vom Springer-Verlag danken wir für die Anregung zu diesem Handbuchprojekt. Ein ganz besonderer Dank gilt Frau D. MenneckeBühler, ohne deren gekonntes Management dieses neunbändige Werk sicherlich nicht zum Abschluss gekommen wäre. Im Frühjahr 2007 Für die Herausgeber und Autoren J. Freyschmidt, Bremen
Vorwort
Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen trotz aller medizinischen Fortschritte die häufigste Todesursache in der westlichen Welt dar. Die kardiale und vaskuläre Diagnostik haben in den vergangenen Jahren eine völlig unterschiedliche Entwicklung genommen. Während die invasive Gefäßdiagnostik und die sich daraus entwickelnde interventionelle radiologische Therapie, vor allem nach Einführung der digitalen Subtraktionsangiographie (DSA), ständig an Bedeutung gewonnen haben, hat die kardiale radiologische Bildgebung ständig an Bedeutung verloren. Zugleich kam es zu einem Aufschwung der invasiven Herzdiagnostik, vor allem der invasiven Koronarangiographie, und der Einführung nuklearmedizinischer Untersuchungsverfahren zur Herzfunktionsdiagnostik. Bis zur Einführung von Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) war die kardiale radiologische Diagnostik auf Thoraxübersichtsaufnahmen und konventionelle Schichtaufnahmen beschränkt. Trotz der neuen Möglichkeiten, Herz und große Gefäße mit CT und MRT nichtinvasiv darzustellen, war der klinische Einsatz über viele Jahre auf spezielle Fragestellungen begrenzt. Erst mit der Einführung der Spiral-CT und der funktionellen MR-Herzbildgebung mit sehr schnellen Sequenzen begann eine erfolgversprechende Renaissance der nichtinvasiven Herz- und Gefäßdiagnostik. Die rasante technische Weiterentwicklung sowohl der Mehrzeilen-CT (MSCT) als auch der MRT hat zu einem fruchtbaren Wettstreit zwischen diesen beiden Verfahren um die Bedeutung für die Herzdiagnostik geführt. Beide Verfahren haben mittlerweile auch eine lebhafte Diskussion über Indikationen für die invasive Koronarangiographie und nuklearmedizinische Herzdiagnostik ausgelöst. Die funktionelle MR-Herzdiagnostik stellt aufgrund der hohen zeitlichen Auflösung heute den Goldstandard für die Berechnung der Herzfunktionsparameter dar und hat darin Echokardiographie, Linksherzkatheter und Nuklearmedizin abgelöst. Wegen der exzellenten Darstellung der Koronararterien mit der MSCT eröff-
nen sich nun neue Indikationen zur nichtinvasiven Diagnostik der koronaren Herzkrankheit, die langfristig sicherlich zu einer Reduktion der invasiven Koronarangiographie führen werden. Ein weites Feld der modernen Herzdiagnostik, das bisher nur experimentell eingesetzt wird, stellt die metabolische Bildgebung mit der MR-Spektroskopie (MRS) dar. Hier steht die MRS in Konkurrenz zu neuen nuklearmedizinischen Techniken. Durch die schnelle technische Weiterentwicklung von CT und MRT, aber auch der farbkodierten Duplexsonographie, hat die nichtinvasive Gefäßdiagnostik deutlich an Bedeutung gewonnen. Bis auf spezielle Fragestellungen wird die invasive Gefäßdiagnostik heute überwiegend nur noch bei interventionellen Behandlungen eingesetzt. Die Weiterentwicklung der minimal-invasiven radiologischen Therapie hat durch neue Gefäßprothesen und andere Techniken in den letzten Jahren ihr Indikationsspektrum ebenfalls massiv erweitert. Die Kombination von nichtinvasiver Gefäßdiagnostik und anschließender minimal invasiver interventioneller radiologischer Therapie ist ein erfolgreiches Konzept, das beispielhaft für die Innovation in der Radiologie steht. Die rasante Weiterentwicklung der nichtinvasiven Herz- und Gefäßdiagnostik stellt eine große Herausforderung und Chance zugleich dar, neue Untersuchungsstrategien und Leitlinien für die Herz- und Gefäßdiagnostik zu entwickeln. Es wurden bewusst die Untersuchungstechniken des kardiovaskulären Systems mit der MSCT und MRT in den Mittelpunkt gestellt. Hauptanliegen war es, die modernen Möglichkeiten der morphologischen Darstellung, funktionelle Untersuchungsverfahren und die interventionelle Radiologie in einem klinischen Kontext möglichst umfassend darzustellen. Würzburg im Mai 2007 Prof. Dr. D. Hahn
Inhalt
1
Gefäßsystem
1.3.2
1
Herz J. Sandstede, Th. Voigtländer, Th. Pabst Untersuchungstechnik 3 J. Sandstede, Th. Pabst, Th. Voigtländer Konventionelle Röntgendiagnostik 3 Computertomographie 4 Technische Voraussetzungen 4 Durchführung der Untersuchungen und Auswertung 5 Magnetresonanztomographie 15 Technische Voraussetzungen 15 Sequenzbeschreibung 18 Durchführung der Untersuchungen 33 Echokardiographie 49 Zweidimensionale und M-Mode-Echokardiographie 49 Dopplerechokardiographie 49 Farbdopplerechokardiographie 50 Transösophageale Echokardiographie 50 Nuklearmedizin 50 Radionuklidventrikulographie 50 Single-PhotonenEmissionscomputertomographie 50 Positronenemissionstomographie 51 Herzkatheteruntersuchung 52 Normalanatomie und wesentliche Varianten 52 J. Sandstede, Th. Voigtländer Anatomie des Herzens und der Koronararterien 52 Konventionelle Röntgendiagnostik 53 Herzschatten 53 Herznahe Gefäße und pulmonale Gefäßzeichnung 54 Computertomographie und Magnetresonanztomographie 54 Echokardiographie 54 Systematische Bildanalyse und Auswertung 58 J. Sandstede Konventionelle Röntgendiagnostik 58
1.4
1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.2.1 1.1.2.2 1.1.3 1.1.3.1 1.1.3.2 1.1.3.3 1.1.4 1.1.4.1 1.1.4.2 1.1.4.3 1.1.4.4 1.1.5 1.1.5.1 1.1.5.2 1.1.5.3 1.1.6 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.2.1 1.2.2.2 1.2.3 1.2.4 1.3 1.3.1
1.4.1 1.4.1.1 1.4.1.2 1.4.1.3 1.4.2 1.4.2.1 1.4.2.2 1.4.2.3 1.4.3 1.4.4 1.4.4.1 1.4.4.2 1.4.5 1.4.6 1.4.6.1
1.4.6.2
1.4.6.3 1.4.6.4 1.4.7 1.4.7.1 1.4.7.2 1.4.7.3 1.4.7.4
Computertomographie und Magnetresonanztomographie 59 Erkrankungen des Herzens 60 Th. Voigtländer, J. Sandstede, O. Mohrs Koronare Herzkrankheit 60 Primärdiagnostik der koronaren Herzerkrankung (chronische KHK) 61 Akutes Koronarsyndrom 64 Komplexe koronare Herzkrankheit 65 Kardiomyopathie 71 Hypertrophe Kardiomyopathie 71 Dilatative Kardiomyopathie 72 Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie 73 Myokarditis 75 Perikarditis 78 Akute Perikarditis 78 Pericarditis constrictiva 78 Erworbene Herzklappenerkrankungen 80 Angeborene Herzfehler 86 Gefäß- und Klappenanomalien 88 Kongenitale Aortenklappenstenose 88 Aortenisthmusstenose 88 Pulmonalstenose 89 Shuntvitien 90 Vorhofseptumdefekt 90 Ventrikelseptumdefekt 91 Ductus arteriosus Botalli 92 Komplexe angeborene Vitien 92 Fallot-Tetralogie 92 Kongenitale Transpositionen 93 Koronaranomalien 94 Kardiale Raumforderungen 95 Anatomische Varianten 97 Nichttumoröse Raumforderungen 97 Gutartige Neubildungen 98 Bösartige Neubildungen 100 Literatur 101
X
Inhalt
2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.4.1 2.1.4.2 2.1.4.3 2.1.4.4 2.1.4.5 2.1.4.6 2.1.4.7 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2 2.2.4.3 2.2.4.4 2.2.4.5
3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.2.6 3.2.7 3.3 3.4 3.4.1 3.4.1.1 3.4.1.2 3.4.1.3 3.4.1.4 3.4.1.5
Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße W. Kenn Aorta 105 Radiologische Untersuchungstechnik 105 Normalanatomie und wesentliche Varianten 107 Systematische Bildanalyse 110 Krankheitsbilder 114 Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae) 114 Traumatische Veränderungen 117 Entzündliche Veränderungen 122 Mykotische (infektiöse) Aortitiden 126 Tumoren 127 Aortenbogensyndrom 129 Chronische thorakale Aneurysmen 138 Pulmonale Gefäße 146 Radiologische Untersuchungstechnik 146 Normalanatomie und wesentliche Varianten 147 Systematische Bildanalyse 147 Krankheitsbilder 148 Kongenitale Anomalien 148 Traumatische Veränderungen 156 Entzündliche Veränderungen 157 Tumoren 160 Andere Erkrankungen 161 Literatur 172 Gefäße im Abdomen M. Völk, J.-P. Staub, M. Strotzer Radiologische Untersuchungstechniken 177 Ultraschalldiagnostik 178 CT-Angiographie 179 MR-Angiographie 180 Digitale Subtraktionsangiographie 181 Normalanatomie und wesentliche Varianten 181 Aorta abdominalis 181 Arteriae lumbales 183 Arteriae suprarenales und renales 183 Arteria mesenterica superior und inferior 184 Vena cava inferior 187 Venae renales 190 Vena mesenterica superior und inferior 190 Systematische Bildanalyse 190 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 192 Abdominelle Aorta 192 Abdominelles Aortenaneurysma 192 Stenose und Verschluss der abdominellen Aorta 200 Aortendissektion 201 Penetrierendes Aortenulkus 204 Intramurales Hämatom 206
3.4.1.6 Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma 206 3.4.1.7 Infiziertes Bauchaortenaneurysma 207 3.4.1.8 Vaskulitis 207 3.4.1.9 Posttraumatische Veränderungen der abdominellen Aorta 208 3.4.1.10 Tumoren der Aorta 208 3.4.2 Truncus coeliacus 208 3.4.2.1 Ligamentum-arcuatum-medianumSyndrom 208 3.4.3 Mesenterialgefäße 211 3.4.3.1 Mesenteriale Ischämie 211 Arterielle Mesenterialembolie 212 Arterielle Mesenterialthrombose 214 Nichtokklusive mesenteriale Ischämie 215 Mesenterialvenenthrombose 216 Chronische Mesenterialischämie 217 3.4.3.2 Fibromuskuläre Dysplasie 219 3.4.3.3 Dissektion der Mesenterialarterien 220 3.4.3.4 Traumatische mesenteriale Blutung 221 3.4.3.5 Untere gastrointestinale Blutung 223 3.4.3.6 Vaskulitiden 225 Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis) 26 Takayasu-Arteriitis 227 Thrombangiitis obliterans 228 Polyarteriitis nodosa 228 Wegener-Granulomatose 230 Lupus-erythematodes-Vaskulitis 231 Behçet-Syndrom 232 Andere Vaskulitiden der kleinen Gefäße 233 3.4.3.7 Retroperitoneale Fibrose 233 3.4.4 Nierengefäße 235 3.4.4.1 Arteriosklerotische Nierenarterienstenose 235 3.4.4.2 Fibromuskuläre Dysplasie 239 3.4.4.3 Nierenarterienembolie 240 3.4.4.4 Nierenarterienaneurysma 242 3.4.4.5 Arteriovenöse Malformationen der Nierenarterien 243 3.4.4.6 Nierenvenenthrombose 244 3.4.4.7 Vaskulitiden 245 Takayasu-Arteriitis 246 Polyarteriitis nodosa 247 Lupus-erythematodes-Vaskulitis 248 Literatur 249
4 4.1 4.2 4.2.1 4.3
Peripheres Gefäßsystem P. Reimer, R. Vosshenrich, P. Landwehr Radiologische Untersuchungstechnik 253 Normalanatomie und wesentliche Varianten, Radiometrie 269 Anomalien und Varianten 272 Systematische Bildanalyse 274
Inhalt
4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6 4.4.7 4.4.8 4.4.9 4.4.10 4.4.11
5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3
2 6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6
7 7.1 7.2 7.3
Erkrankungen der peripheren Gefäße 282 Arteriosklerose 282 Aneurysmen 289 Diabetische Angiopathie 292 Vaskulitiden 293 Thrombangiitis obliterans 296 Morbus Raynaud und sekundäres Raynaud-Phänomen 298 Fibromuskuläre Dysplasie 300 Zystische Erkrankung der Adventitia 301 Popliteales arterielles EntrapmentSyndrom 302 Thoracic-outlet-Syndrom 305 Trauma 307 Literatur 311
Venen P. Kovacs Radiologische Untersuchungstechnik 315 Normalanatomie 322 Systematische Bildanalyse 324 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 326 Veränderungen im Hohlvenensystem 326 Veränderungen der Armvenen 332 Veränderungen der Beinvenen 335 Literatur 346
Interventionen am Gefäßsystem Supraaortale Gefäße N. Zorger Allgemeine periinterventionelle Maßnahmen 351 Arteria subclavia 352 Truncus brachiocephalicus 354 Arteria vertebralis 355 Arteria carotis 356 Intrakranielle Gefäße 360 Literatur 361
Thorakale und abdominale Aorta G. Luska Thorakale Aorta 363 Abdominale Aorta 371 Ausblick 377 Literatur 378
8 8.1 8.1.1 8.1.2 8.2 8.2.1 8.2.2
9 9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.3 9.1.4 9.2 9.3 9.3.1 9.4 9.4.1 9.4.2
10 10.1 10.2
11 11.1 11.1.1 11.1.2 11.1.3 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.2.4 11.2.5 11.2.6
Abdominelle Gefäße M. Uder, M. Heinrich, M. Köhler Nierenarterien 379 M. Uder, M. Heinrich Behandlung der Nierenarterienstenose 379 Zentraler und peripherer Verschluss von Nierenarterien 386 Literatur 392 Mesenterialgefäße 393 M. Köhler Behandlung der mesenterialen Ischämie 393 Behandlung der gastrointestinalen Blutung 399 Literatur 403 Beckengefäße K. Schürmann, D. Vorwerk Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien 405 Beckenarterienstenosen 408 Beckenarterienverschlüsse 411 Behandlung von Restenosen 413 Perinterventionelle Behandlung 415 Behandlung von TransplantatNierenarterienstenosen 417 Embolisationsbehandlung im Becken 417 Uterusmyomembolisation 419 Venöse Interventionen 422 Beckenvenenthrombose 422 Beckenvenenstenosen 424 Literatur 426 Periphere Arterien D. Vorwerk Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen Gefäßeröffnende Verfahren bei akuten Verschlüssen 440 Literatur 443
429
Hämodialyseshunt G. Wittenberg Diagnostik 446 Farbkodierte Duplexsonographie 446 Arterielle Shuntangiographie 448 Venöse Shuntangiographie 449 Interventionen 449 Indikationen zur Therapie 449 Kontraindikationen zur Therapie 450 Therapie der Shuntstenose 450 Therapie des Shuntverschlusses 455 Therapie der zentralvenösen Stenose 457 Schlussfolgerung 458 Literatur 459
XI
XII
Inhalt
12 12.1 12.1.1 12.1.2 12.1.3 12.1.4 12.1.5 12.1.6 12.1.7 12.2 12.2.1 12.2.2
Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS) T. Kirchhoff, H. Rosenthal Indikationen zur TIPS-Anlage 461 Rezidivierende Varizenblutung 461 Therapierefraktärer Aszites 462 Therapierefraktärer Hydrothorax 462 Hepatorenales Syndrom 462 Hepatopulmonales Syndrom 462 Budd-Chiari-Syndrom 462 Venookklusive Erkrankung 463 Methodik der TIPS-Anlage 463 Hämodynamische Veränderungen nach TIPS-Anlage 466 Primäre und sekundäre Offenheit 466
12.3 12.4 12.4.1 12.4.2 12.5
Komplikationen 466 Verlaufskontrollen 467 Sonographische und angiographische Verlaufskontrollen Angiographische Portographie zur TIPS-Kontrolle und Shuntrevision 468 TIPS als Brücke zur Transplantation 468 Literatur 469
Sachverzeichnis
471
Autorenverzeichnis
Hahn, D., Prof. Dr. med. Institut für Röntgendiagnostik Universität Würzburg Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg Heinrich, Marc, Dr. med. Institut für Diagnostische Radiologie der Universität Erlangen-Nürnberg Maximiliansplatz 1 91054 Erlangen Kenn, Werner, Dr. med. Institut für Röntgendiagnostik Universität Würzburg Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg Kirchhoff, Timm D., Dr. med. Abteilung Diagnostische Radiologie OE 8220 Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover Köhler, Michael, Dr. med. Universitätsklinikum Münster Institut für Klinische Radiologie Albert-Schweitzer-Straße 33 48149 Münster Kovacs, Peter, Dr. med. Klinische Abteilung für Radiodiagnostik I Universitäts-Klinik für Radiodiagnostik Medizinische Universität Innsbruck Anichstraße 35 6020 Innsbruck Österreich
Landwehr, Peter, Priv.-Doz. Dr. med. Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie KH Henriettenstift Marienstraße 72–90 30171 Hannover Luska, Günter, Prof. em. Dr. med. Hindenburgstraße 12 31319 Sehnde Mohrs, Oliver K., Dr. med. Radiologie Darmstadt Abteilung für Kardiovaskuläre Bildgebung am Alice-Hospital Dieburger Straße 29 – 31 64287 Darmstadt Pabst, Thomas, Dr. rer. nat. Institut für Röntgendiagnostik Universität Würzburg Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg Reimer, Peter, Prof. Dr. med. Zentralinstitut für bildgebende Diagnostik Städtisches Klinikum Moltkestraße 90 76133 Karlsruhe Rosenthal, Herbert, Dr. med. Abteilung Diagnostische Radiologie OE 8220 Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover Sandstede, Jörn, Priv.-Doz. Dr. med. Röntgenzentrum Schäferkampsallee Schäferkampsallee 5–7 20357 Hamburg
XIV
Autorenverzeichnis
Schürmann, Karl, Prof. Dr. med. Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie St.-Johannes-Hospital Johannesstraße 9–17 44137 Dortmund Staub, Jens-Peter, Dr. med. FA für Innere Medizin und Diagnostische Radiologie Abteilung VIII (Radiologie) Bundeswehrkrankenhaus Oberer Eselsberg 40 89081 Ulm Strotzer, Michael, Prof. Dr. med. Abteilung Radiologie Chefarzt-Klinik Hohe Warte Hohe Warte 8 95445 Bayreuth Uder, Michael, Prof. Dr. med. Institut für Diagnostische Radiologie Universität Erlangen-Nürnberg Maximiliansplatz 1 91054 Erlangen Voigtländer, Thomas, Priv.-Doz. Dr. med.. Cardioangiologisches Centrum Bethanien Im Prüfling 23 60389 Frankfurt
Völk, Markus, Priv.-Doz. Dr. med. Ärztlicher Leiter MVZ Theresientor Stadtgraben 10 94315 Straubing Vorwerk, Dierk, Prof. Dr. med. Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Klinikum Ingolstadt GmbH Krumenauerstraße 25 85049 Ingolstadt Vosshenrich, R., Prof. Dr. med. Radiologen-Gemeinschaftspraxis Magnetresonanztherapie im Friederikenstift Humboldtstraße 5 30169 Hannover Wittenberg, G., Priv.-Doz. Dr. med. Institut für Röntgendiagnostik Universität Würzburg Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg Zorger, Niels, Priv.-Doz. Dr. med. Institut für Röntgendiagnostik Universität Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11 93042 Regensburg
1
Gefäßsystem
Herz
1
J. Sandstede, Th. Voigtländer, Th. Pabst, O. Mohrs
1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.2.1 1.1.2.2 1.1.3 1.1.3.1 1.1.3.2 1.1.3.3 1.1.4 1.1.4.1 1.1.4.2 1.1.4.3 1.1.4.4 1.1.5 1.1.5.1 1.1.5.2 1.1.5.3 1.1.6
1.4.5 Erworbene Herzklappenerkrankungen 80 1.4.6 Angeborene Herzfehler 86 1.4.6.1 Gefäß- und Klappenanomalien 88 Kongenitale Aortenklappenstenose 88 Aortenisthmusstenose 88 Pulmonalstenose 89 1.4.6.2 Shuntvitien 90 Vorhofseptumdefekt 90 Ventrikelseptumdefekt 91 Ductus arteriosus Botalli 92 1.4.6.3 Komplexe angeborene Vitien 92 Fallot-Tetralogie 92 Kongenitale Transpositionen 93 1.4.6.4 Koronaranomalien 94 1.4.7 Kardiale Raumforderungen 95 1.4.7.1 Anatomische Varianten 97 1.4.7.2 Nichttumoröse Raumforderungen 97 1.4.7.3 Gutartige Neubildungen 98 1.4.7.4 Bösartige Neubildungen 100
Untersuchungstechnik 3 J. Sandstede, Th. Pabst, Th. Voigtländer Konventionelle Röntgendiagnostik 3 Computertomographie 4 Technische Voraussetzungen 4 Durchführung der Untersuchungen und Auswertung 5 Magnetresonanztomographie 15 Technische Voraussetzungen 15 Sequenzbeschreibung 18 Durchführung der Untersuchungen 33 Echokardiographie 49 Zweidimensionale und M-Mode-Echokardiographie 49 Dopplerechokardiographie 49 Farbdopplerechokardiographie 50 Transösophageale Echokardiographie 50 Nuklearmedizin 50 Radionuklidventrikulographie 50 Single-PhotonenEmissionscomputertomographie 50 Positronenemissionstomographie 51 Herzkatheteruntersuchung 52
Literatur
1.2
Normalanatomie und wesentliche Varianten 52 J. Sandstede, Th. Voigtländer 1.2.1 Anatomie des Herzens und der Koronararterien 52 1.2.2 Konventionelle Röntgendiagnostik 53 1.2.2.1 Herzschatten 53 1.2.2.2 Herznahe Gefäße und pulmonale Gefäßzeichnung 54 1.2.3 Computertomographie und Magnetresonanztomographie 54 1.2.4 Echokardiographie 54 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.4 1.4.1 1.4.1.1 1.4.1.2 1.4.1.3 1.4.2 1.4.2.1 1.4.2.2 1.4.2.3 1.4.3 1.4.4 1.4.4.1 1.4.4.2
Systematische Bildanalyse und Auswertung J. Sandstede Konventionelle Röntgendiagnostik 58 Computertomographie und Magnetresonanztomographie 59 Echokardiographie 59
101
1.1 Untersuchungstechnik J. Sandstede, Th. Pabst, Th. Voigtländer
1.1.1 Konventionelle Röntgendiagnostik
58
Erkrankungen des Herzens 60 Th. Voigtländer, J. Sandstede, O. Mohrs Koronare Herzkrankheit 60 Primärdiagnostik der koronaren Herzerkrankung (chronische KHK) 61 Akutes Koronarsyndrom 64 Komplexe koronare Herzkrankheit 65 Kardiomyopathie 71 Hypertrophe Kardiomyopathie 71 Dilatative Kardiomyopathie 72 Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie 73 Myokarditis 75 Perikarditis 78 Akute Perikarditis 78 Pericarditis constrictiva 78
Die konventionelle radiologische Herzdiagnostik besteht aus der Darstellung des Herzens im posterior-anterioren (p.-a.) Strahlengang und links anliegend im seitlichen Strahlengang. Die technische Durchführung entspricht der üblichen Anfertigung einer Thoraxübersichtsaufnahme. In Ausnahmefällen kann bei Vergrößerung des linken Vorhofs und/oder Ventrikels und bei Lageanomalien der Aorta und/oder Abgangsanomalien der supraaortalen Gefäße die Kontrastierung des Ösophagus mittels Ösophagusbreischluck sinnvoll sein. Zusätzliche Aufnahmen in rechter und linker vorderer Schrägstellung werden im klinischen Alltag nicht mehr durchgeführt.Wenn der klinische Zustand des Patienten eine Untersuchung im Stehen nicht zulässt, kann alternativ die Thoraxübersichtsaufnahme im Liegen in Rückenlage angefertigt werden. Eine Thoraxdurch-
4
Kapitel 1 Herz
leuchtung mit einem Bildverstärkerfernsehsystem wird nur noch zur Lokalisation sowie Beweglichkeitsprüfung von röntgendichten Herzklappenprothesen und Herzschrittmachersonden durchgeführt. Völlig verlassen wurden die Kymographie und die konventionelle Tomographie des Herzens. 1.1.2 Computertomographie 1.1.2.1 Technische Voraussetzungen Eine spezielle computertomographische Herzuntersuchung stellt aufgrund der schnellen und komplexen Eigenbewegung des Herzens hohe Anforderungen an die Gerätetechnik. Im Rahmen der üblichen CT-Diagnostik des Thorax ist nur eine orientierende Beurteilung des Herzens möglich.
!
Für eine spezielle Herzdiagnostik sind Merke eine EKG-Triggerung und eine zeitliche Auflösung der Datenakquisition ≤250 ms notwendig. Daher sollte eine dedizierte CT-Herzuntersuchung nicht mit einer Inkremental-CT und auch nicht mit einer Einzelschicht-Spiral-CT durchgeführt werden, sondern ausschließlich entweder mit der Elektronenstrahl-CT oder der Mehrschicht-CT. Elektronenstrahl-CT Die Elektronenstrahl-CT (EBT, „electron beam CT“) zeichnet sich im Vergleich zur herkömmlichen CT durch seine hohe zeitliche Auflösung von 50–100 ms Datenakquisitionszeit aus. Dies wird durch seine spezielle Technik ermöglicht, die auf bewegte Teile verzichtet. Im Gegensatz zur üblichen Rotation der Röntgenröhre um den Patienten, deren Geschwindigkeit letztendlich durch die entstehenden Fliehkräfte begrenzt ist, entsteht bei der EBT die Röntgenstrahlung in semizirkulär um den Patienten angeordneten „Wolfram-Targets“ durch Rotation eines Elektronenstrahls. Hierzu werden Elektronen mit einer Elektronenkanone zunächst beschleunigt, dann fokussiert und auf die Target-Ringe ausgelenkt. Grundsätzlich werden alle Untersuchungen mit einer prospektiven EKG-Triggerung durchgeführt. Für den Einsatz in der kardialen Diagnostik stehen 2 Aufnahmemodi mit unterschiedlicher zeitlicher und räumlicher Auflösung zur Verfügung.
∑ Im Einzelschichtmodus werden Aufnahmen mit einer zeitlichen Auflösung von 100 ms und einer Matrix von 512×512 akquiriert. Diese Technik wird für den Nachweis von Koronarkalk, die CTKoronarangiographie und die morphologische Darstellung des Herzens eingesetzt.
∑ Im Cine-Modus zur Funktionsdiagnostik wird eine höhere zeitliche Auflösung von 50 ms bei einer Matrix von 256×256 erzielt. Im Gegensatz zur konventionellen CT, bei der sowohl die Scan-Dauer als auch die Spannung und der Röhrenstrom zur Einstellung der Röntgendosis reguliert werden können, wird bei der EBT die Quantität der Röntgenstrahlung und damit die Qualität des CT-Bildes ausschließlich durch die Expositionszeit reguliert. Die Elektronenkanone arbeitet konstant bei 130 kV und 630 mA (Becker et al. 1998 a). Dadurch sinkt die Bildqualität bei adipösen Patienten aufgrund des geringeren Signal-zu-Rausch-Verhältnisses deutlich ab. Nachteile des EBT sind die hohen Kosten bei geringer Verfügbarkeit aufgrund der fehlenden Anwendbarkeit in der Routinediagnostik anderer Körperbereiche. Mehrschicht-CT Die Einführung der Mehrschicht-CT (MSCT) hat die computertomographische Herzdiagnostik revolutioniert. Im Vergleich zur EBT lässt sich eine bessere Bildqualität erzielen. Außerdem findet die Methode aufgrund ihrer vielseitigen Einsetzbarkeit eine deutlich größere Verbreitung. Der Hauptunterschied zur üblichen Spiral-CT ist neben der kürzeren Röhrenrotationszeit das Vorhandensein von mehr als einer Detektorzeile, wodurch sich mit einer Röhrenrotation mehrere Schichten gleichzeitig akquirieren lassen. Die ersten MSCT-Geräte waren so genannte 4-ZeilenComputertomographen, d. h. es wurden gleichzeitig 4 Schichten akquiriert. Derzeit sind 16-Zeilen-Geräte am weitesten verbreitet. In der Herzdiagnostik werden überwiegend schon 40- und 64-Zeilen-Geräte eingesetzt. Ein Ende der technischen Weiterentwicklung ist noch nicht absehbar. Wie bei der Einzelschicht-Spiral-CT lassen sich Datenakquisition und Datenrekonstruktion durch 4 Parameter (Kollimation, Tischvorschub, Schicht– dicke, Inkrement) beschreiben. Die Kollimation gibt die röhrenseitig eingestellte minimale Dicke einer Einzelschicht an. Diese kann bei der Rekonstruktion nicht unterschritten werden. Die Angabe erfolgt als Kollimation einer Einzelschicht, multipliziert mit der Schichtanzahl (z. B. 4×2,5 mm). Zusammen mit dem Tischvorschub pro Umlauf ergibt sich der „Pitch-Faktor“, der entweder auf die Einzel- oder Gesamtkollimation bezogen werden kann. Beispielsweise ergibt eine Kollimation von 4×2,5 mm bei einem Tischvorschub von 15 mm einen Pitch-Faktor von 1,5 bzw. 6. Mittlerweile hat sich die Angabe des Pitch-Faktors bezogen auf die Gesamtkollimation durchgesetzt. Im Gegensatz zur Einzelschicht-Spiral-CT hat der PitchFaktor jedoch bei Beibehaltung der gerätetechnischen Einstellungen keinen Einfluss auf die resultie-
1.1 Untersuchungstechnik
rende Strahlenexposition, da bei höherem Pitch der Röhrenstrom automatisch erhöht wird, um eine konstante Bildqualität zu erreichen. Ein hoher Pitch dient daher hauptsächlich der schnellen Volumenabdeckung. In der Herzdiagnostik wird dagegen ein Pitch <1 verwendet, da die überlappende Datenakquisition die Bildqualität verbessert. Die Schichtdicke gibt die Dicke der berechneten Einzelschicht an, das Inkrement den Schichtabstand. Aufgrund der Rekonstruktionen in anderen Ebenen empfiehlt sich eine überlappende Rekonstruktion mit einem Inkrement von 20–50% der Schichtdicke. Wie auch bei der EBT werden alle Herzuntersuchungen EKG-getriggert durchgeführt. Allerdings ist nicht nur eine prospektive Triggerung (EKG-gesteuerte Scan-Auslösung) sondern auch ein retrospektives Gating (EKG-korrelierte Bilddatenberechnung) möglich. Während bei der prospektiven Triggerung nur ein fester Zeitpunkt der Datenakquisition vor der Untersuchung wählbar ist, können beim retrospektiven Gating die Rohdaten zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Herzzyklus rekonstruiert werden. Grundsätzlich lässt sich der Rekonstruktionszeitpunkt auf 3 verschiedene Arten angeben: 1. als relative Verzögerung in Prozent des Herzzyklus nach der vorausgegangenen R-Zacke, 2. als absolute Verzögerung in Millisekunden nach der vorausgegangenen R-Zacke, 3. als reverse Verzögerung in Millisekunden in einem definierten Abstand vor der nachfolgenden R-Zacke. Im klinischen Alltag hat sich bei gleichmäßigem Herzrhythmus die relative Verzögerung in Prozent des Herzzyklus durchgesetzt, bei Arrhythmien wird jedoch vermehrt die absolute Verzögerung in Millisekunden eingesetzt. Die ersten 4-Zeilen-Geräte hatten eine Rotationszeit von 500 ms. In Abhängigkeit von Hersteller und Gerätegeneration liegt die Rotationsgeschwindigkeiten derzeit zwischen 330 und 500 ms. Mit einem auf dem Halfscan-Verfahren beruhenden Rekonstruktionsalgorithmus muss die Röhre für die Aufnahme eines Bildes eine halbe Rotation beschreiben. Damit wird die effektive zeitliche Auflösung auf die Hälfte der Rotationszeit erhöht. Somit können mittlerweile zeitliche Auflösungen zwischen 165 und 250 ms erzielt werden. Dies gilt sowohl für die prospektive Triggerung als auch für das retrospektive Gating. Eine höhere zeitliche Auflösung lässt sich auf 3 Wegen erreichen: 1. Schnellere Röhrenrotationszeiten: Hier besteht eine physikalische Grenze durch die Fliehkräfte, die bei immer schnellerer Rotation exponentiell zunehmen.
2. Rekonstruktion der Bilddaten aus mehreren Herzzyklen (Multisegmentrekonstruktion; Flohr u. Ohnesorge 2001). Hierdurch kommt es zu einer besseren zeitlichen Auflösung, die direkt proportional zur Anzahl der verwendeten Herzzyklen (Segmente) ist. So kann durch die Rekonstruktion von Bildern aus 2 Segmenten die zeitliche Auflösung z. B. verdoppelt werden. Heute werden bis zu 4 Segmente verwendet. Allerdings kann es bei Arrhythmien oder Frequenzschwankungen zu Artefakten kommen. 3. Einsatz von je 2 Röntgenröhren und Detektoren („Dual-source-“ oder „Zwei-Röhren-CT“): Durch die Anordnung von 2 Röhren-Detektor-Paaren, die um 90° versetzt sind, kann die effektive zeitliche Auflösung der Aufnahme einer vollständigen Schicht auf ein Viertel der Rotationszeit erhöht werden (Johnson et al. 2006). Damit wird die zeitliche Auflösung verdoppelt. Die erste derartige CT erreicht so bei einer Röhrenrotationszeit von 330 ms eine zeitliche Auflösung von 83 ms. Beim retrospektiven Gating kann die Strahlenexposition durch den Einsatz einer EKG-gesteuerten Reduktion des Röhrenstroms vermindert werden. Grundlage des Dosismodulation ist, dass bei der CTKoronarangiographie für die Bildrekonstruktion nur die während einer bestimmten Herzphase akquirierten Daten verwendet werden, während die zu anderen Zeitpunkten im Herzzyklus akquirierten Daten verworfen oder nur für die Funktionsanalyse verwendet werden (s. unten,Abschn.„CT-Koronarangiographie“). Hierfür ist eine reduzierte Bildqualität bei reduziertem Röhrenstrom ausreichend. Deshalb kann der Röhrenstrom während der Herzphase reduziert werden, die nicht zur Rekonstruktion der koronarangiographischen Daten verwendet wird, ohne dass dadurch die Bildqualität der CT-Koronarangiographie abnimmt. Zumeist findet die Datenrekonstruktion in der Diastole (etwa 55–75% des Herzzyklus) statt, weshalb der Röhrenstrom in der Systole vermindert wird. Bei schnelleren Herzfrequenzen kann jedoch der optimale Rekonstruktionszeitpunkt sowohl in der Systole (bei etwa 30%) als auch in der Diastole liegen, weshalb dann der Röhrenstrom nicht zwischen 30-75% des RR-Intervalls, sondern nur in den übrigen Abschnitten der Herzzyklus reduziert wird. Die Dosisreduktion kann bis zu etwa 50% betragen. 1.1.2.2 Durchführung der Untersuchungen und Auswertung Für die Mehrzahl der kardialen CT-Untersuchungen umfasst das Untersuchungsvolumen das gesamte Herz von der Trachealbifurkation bzw. dem Unterrand der linken Pulmonalarterie bis zur Herzspitze
5
6
Kapitel 1 Herz
bzw. dem inneren Zwerchfellwinkel. Mit Ausnahme der Koronarkalkdetektion werden CT-Herzuntersuchungen unter Gabe eines jodhaltigen Kontrastmittels durchgeführt. Hierfür ist ein automatischer Injektor notwendig, der Flussgeschwindigkeiten >3 ml/s ermöglicht. Wenn möglich sollte bei doppelläufigem Injektor ein NaCl-Bolus zur Reduktion der Kontrastmittelmenge angeschlossen werden. Der Zeitpunkt der Kontrastmittelinjektion sollte durch eine Testbolusmessung oder durch automatische Boluserkennung optimiert werden. Der Patient wird in Rückenlage wie für eine Thorax-CT positioniert. Die EKG-Elektroden werden bilateral infraklavikulär und an der linkslateralen Thoraxwand außerhalb des Scan-Volumens platziert. Die Untersuchungen finden in Inspiration statt. Die Untersuchung wird meist in kraniokaudaler Richtung zur sicheren Erfassung der Koronararterienabgänge durchgeführt, kann aber abhängig von der Fragestellung auch kaudokranial geplant werden. Morphologie Zur Darstellung der Morphologie ist eine zeitliche Auflösung von ≤250 ms notwendig, die Datenakquisition wird in die Diastole gelegt. Bei höheren Herzfrequenzen können Bewegungsartefakte entstehen, eine Auswertung ist jedoch zumeist möglich. Die Untersuchung erfolgt analog zur CT-Koronarangiographie. Funktion Die Funktionsdiagnostik des Herzens ist sowohl mit der EBT als auch der MSCT möglich. Die Auswertung der CT-Funktionsanalyse erfolgt analog der Auswertung der Cine-MRT. CT-spezifische Normalwerte sind aufgrund der Strahlenexposition für gesunde Probanden nicht bestimmt worden. In der Literatur konnten für alle Parameter signifikante Korrelationen zwischen MRT und EBT sowie etwas ungenauer auch zwischen MRT und MSCT gezeigt werden, sodass sich die CT bei bestehenden Kontraindikationen als Alternativmethode für den Goldstandard MRT anbietet (Kivelitz et al. 2000). Allerdings sollten wegen der vorhandenen systematischen Unterschiede Verlaufskontrollen unter Therapie nur mit einer Untersuchungstechnik durchgeführt werden. Bei der EBT wird durch Auslenkung des Untersuchungstisches nach rechts (25°) und nach unten (19° Neigung) annähernd eine Darstellung in der kurzen Herzachse erreicht. Eine Auslenkung nach links (21°) und unten versucht, den links- bzw. rechtsventrikulären Zweikammerblick darzustellen. Da die Herzachse bei jedem Patienten anatomisch unterschiedlich ist und die Freiheitsgrade des Untersuchungstisches begrenzt sind, gelingt die Einstellung von definierten Herzachsen jedoch nur in beschränktem Umfang
(Becker et al. 1998 a). Das Herz wird im Cine-Modus in einer Atemanhaltephase in 12 Schichten mit einer Schichtdicke von 8 mm untersucht. Dabei werden maximal 13 Scans pro Schicht und Herzzyklus aufgezeichnet. Die Akquisitionszeit der Einzelschichten und damit die zeitliche Auflösung betragen 50 ms. Nach Bestimmung der Kontrastmitteltransitzeit mit einem Testbolus werden 90–100 ml Kontrastmittel mit einer Flussgeschwindigkeit von 3 ml/s injiziert. Der Bildausschnitt der rekonstruierten Bilder beträgt 18 bzw. 21 cm, die Matrix 256×256. Daraus resultiert eine Pixelgröße von 0,49 bzw. 0,67 mm2. Mit der MSCT können die im Rahmen der CT-Koronarangiographie mit retrospektivem Gating gewonnenen Daten entlang der kurzen Herzachse über den Herzzyklus multiplanar reformatiert werden. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob die zeitliche Auflösung der CT des Herzens für eine valide Funktionsanalyse ausreichend ist. In Abhängigkeit von Hersteller und Gerätegeneration liegt die Rotationsgeschwindigkeit zwischen 330–500 ms. Mit einem auf dem Halfscan-Verfahren beruhenden Rekonstruktionsalgorithmus können bei Ein-Röhren-Geräten somit zeitliche Auflösungen von 165–250 ms erzielt werden. Ein anderer Ansatz zur Verbesserung der zeitlichen Auflösung ist der Einsatz eines MultisegmentRekonstruktionsalgorithmus. Hierbei können aufgrund des „Oversamplings“ bei der Datenakquisition für die Rekonstruktion einer Schicht Daten aus mehreren Herzphasen verwendet werden. Hierdurch kommt es zu einer besseren zeitlichen Auflösung auf Kosten einer gewissen Unschärfe, wenn nicht jeder Herzschlag exakt gleich ist. Dies erscheint jedoch für die Funktionsanalyse nicht von so großer Bedeutung wie für die Koronarangiographie, da die MRT auch über mehrere Herzschläge mittelt. Allerdings konnte für die MRT gezeigt werden, dass für eine valide Funktionsanalyse eine zeitliche Auflösung ≤ 50 ms pro Herzphase notwendig ist, da bei schlechterer zeitlicher Auflösung mit konsekutiv schlechterer Abgrenzbarkeit der Endsystole das endsystolische Volumen überschätzt und die Ejektionsfraktion unterschätzt werden. Trotz dieser methodischen Problematik wurden jedoch immer wieder gute Ergebnisse der CT-Funktionsanalyse publiziert (Heuschmid et al. 2005; Hundt et al. 2005; Yamamuro et al. 2005). Somit können die im Rahmen der CT-Koronarangiographie erhobenen Daten für die globale Funktionsanalyse ausgewertet werden mit klinisch einsetzbaren Ergebnissen. Hierbei ist der Multisegment-Rekonstruktionsalgorithmus aufgrund der höheren, wenn auch gemittelten zeitlichen Auflösung dem Halfscan-Verfahren überlegen. Ein Einsatz der MSCT zur Funktionsanalyse allein ist weiterhin kaum als sinnvoll an-
1.1 Untersuchungstechnik
zusehen, zumal bisher noch nicht gezeigt werden konnte, dass eine regionale Funktionsanalyse mit der CT zuverlässig möglich ist. Koronarkalkbestimmung Mittlere und größere Verkalkungen der Koronararterien lassen sich auch in der konventionellen Durchleuchtung nachweisen. Allerdings lassen sich die Läsionen nicht quantifizieren. Kleinere Läsionen entgehen dem Nachweis, und die Methode ist deutlich von der Erfahrung des Untersuchers abhängig (Becker et al. 1998 b). Auch mit der konventionellen CT kann Koronarkalk detektiert werden. Probleme der konventionellen CT basieren jedoch auf der langen Akquisitionszeit. Es resultieren Bewegungsartefakte, Partialvolumeneffekte, Fehlmessungen durch Atemverschieblichkeit und folglich eine niedrige Reproduzierbarkeit und geringe Sensitivität im Nachweis kleiner Läsionen (Stanford u. Thompson 1999). Die im Vergleich zum Herzschlag lange Akquisitionszeit ist auch der Nachteil der Einzelschicht-Spiral-CT. Die Einführung von EKG-getriggerten SubsekundenScannern ermöglichte zwar eine der EBT vergleichbare Koronarkalkquantifizierung, die Verbreitung der MSCT hat jedoch diese Entwicklung überholt. Für eine valide Koronarkalkquantifizierung ist aufgrund der Bewegung der Koronararterien eine zeitliche Auflösung ≤ 250 ms zu fordern.
쐍 EBT. Für den Nachweis von Koronarverkalkungen wird das gesamte Herz mit etwa 40 kontinuierlichen Schichten mit einer Schichtdicke und einem Tischvorschub von jeweils 3 mm bei 130 kV und 630 mA im Einzelschichtmodus abgebildet. Hierfür sind abhängig von der Gerätegeneration ein oder 2 Atemanhaltephasen notwendig. Die Aufnahmen werden prospektiv EKG-getriggert. Die Datenakquisition erfolgt in der Diastole mit einem Abstand von 80% des RRIntervalls zur vorangehenden R-Zacke. Die Expositionszeit beträgt 100 ms. Im Gegensatz zu den meis-
ten anderen Anwendungen der CT in der kardialen Diagnostik erfolgt diese Untersuchung ohne Verabreichung von Kontrastmittel. Die Strahlenexposition liegt zwischen 0,5–0,8 mSv (Becker et al. 1999).
쐍 MSCT. Die Koronarkalkbestimmung mit der MSCT kann entweder mit prospektiver Triggerung wie bei der EBT oder mit retrospektivem Gating wie bei der CT-Koronarangiographie durchgeführt werden. Bei der prospektiven Triggerung werden im Inkrementalmodus gleichzeitig mehrere Schichten akquiriert, dann erfolgt der aus Schichtanzahl und Schichtdicke resultierende Tischvorschub. Bei der 4-Zeilen-CT sind dies 4×2,5 mm dicke Schichten mit 10 mm-Tischvorschub. Die Triggerung wurde zunächst analog zur EBT bei 80% des RR-Intervalls durchgeführt, mittlerweile hat sich 60% als die durchschnittliche beste Herzphase für die CT-Koronarkalkmessung herausgestellt. Die Strahlenexposition liegt bei 1–3 mSv. Nachteil der 4-Zeilen-Technik ist, dass aufgrund der Detektorkonfiguration nur Schichtdicken von 2,5 mm und nicht wie für die EBT standardisiert von 3 mm gemessen werden können. Bei CT-Geräten mit mehr – und damit auch dünneren – Schichten dagegen können die Detektoren so zusammen geschaltet werden, dass wieder die zur EBT identische Schichtdicke von 3 mm gemessen wird (Tabelle 1.1). Die Koronarkalkmessung mit retrospektivem Gating wird analog zur CT-Koronarangiographie durchgeführt, allerdings mit niedrigerem Röhrenstrom und höherer Schichtkollimation (Tabelle 1.2). Die Datenrekonstruktion kann analog zur EBT mit einer Schichtdicke von 3 mm bei einem Inkrement von 3 mm erfolgen. Sinnvoller ist aber die überlappende Rekonstruktion mit einem Inkrement von 1,5 mm, die zu einer Verringerung der Variabilität und damit einer verbesserten Reproduzierbarkeit führt. Ursache hierfür ist die Verminderung von Partialvolumeneffekten. Bei einer Schichtdicke von 3 mm und
Tabelle 1.1. Durchführung CT-Koronarkalkmessung mit prospektiver Triggerung Gerätetechnik
4-Zeiler
16-Zeiler
64-Zeiler
Dual-source-64-Zeiler 32×0,6 mm
Kollimation
4×2,5 mm
16×0,75 mm
32×0,6 mm
Tischvorschub
10 mm
18 mm
18 mm
18 mm
Schichtdicke
2,5 mm
3 mm
3 mm
3 mm
Inkrement
2, 5 mm
3 mm
3 mm
3 mm
Röhrenspannung
120 kV
120 kV
120 kV
120 kV
Röhrenstrom
100 mAs
100 mAs
100 mAs
76 mAs
EKG-Triggerung
Prospektiv
Prospektiv
Prospektiv
Prospektiv
Kontrastmittel
Nein
Nein
Nein
Nein
7
8
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.2. Durchführung CT-Koronarkalkmessung mit retrospektivem Gating Gerätetechnik
4-Zeiler
16-Zeiler
64-Zeiler
Dual-source-64-Zeiler
Kollimation
4×2,5 mm
16×1,5 mm
24×1,2 mm
24×1,2 mm
Tischvorschub
3,8 mm
5,5 mm
5,7 mm
5,7 mm
Schichtdicke
3 mm
3 mm
3 mm
3 mm
Inkrement
1,5 mm
1,5 mm
1,5 mm
1,5 mm
Röhrenspannung
120 kV
120 kV
120 kV
120 kV
Röhrenstrom
40 mAs (100 mAs eff.)
30 mAs (100 mAs eff.)
20 mAs (100 mAs eff.)
40 mAs/Rotation (100 mAs eff.)
EKG-Triggerung
Retrospektiv + Röhrenstrommodulation
Retrospektiv + Röhrenstrommodulation
Retrospektiv + Röhrenstrommodulation
Retrospektiv + Röhrenstrommodulation
Kontrastmittel
Nein
Nein
Nein
Nein
Bei einer Schichtdicke von 3 mm und einer Akquisition Schicht-bei-Schicht kann ein Kalkplaque mit einem kraniokaudalen Durchmesser von 3 mm exakt in der Schicht lokalisiert und damit gut detektierbar sein. Im schlechtesten Fall dagegen liegt der Plaque genau zwischen 2 Schichten und wird nicht detektiert aufgrund von Partialvolumeneffekten, die durch überlappende Rekonstruktion vermindert werden. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der Datenrekonstruktion zu verschiedenen Zeitpunkten aus demselben Rohdatensatz. Nachteil ist die im Vergleich zur prospektiven Triggerung mit 1–3,5 mSv (Männer) bzw. 1,4–4,1 mSv (Frauen) deutlich höhere Strahlenexposition (Jakobs et al. 2002; Mahnken et al. 2001).
쐍 Auswertung. Die am häufigsten eingesetzte Methode der Koronarkalkquantifizierung ist die Bestimmung des Agatston-Scores. Hierfür werden alle 4 Koronararterienhauptäste in ihrem Verlauf manuell mit groben Konturen segmentiert. Das Auswerteprogramm detektiert innerhalb der Markierung alle Strukturen mit Dichtewerten ≥130 HE. Alternativ kann die Software auch erst alle Pixel ≥130 HE detektieren, die dann vom Untersucher manuell den einzelnen Koronararterien zugeordnet werden (Abb. 1.1). Mehrere „Pitfalls“ können zu einer falschhohen Bestimmung des Koronarkalk-Scores führen. Dies sind Verkalkungen des Anulus fibrosus mitralis und der Aortenwurzel, die bei der manuellen Segmentierung ausgeschlossen werden müssen. Die Einbeziehung von Stents kann durch die spezielle Morphologie und eine sorgfältige Anamnese verhindert werden. Probleme können auch Bewegungsartefakte vor allem der rechten Kranzarterie bereiten. Allerdings sollten die Artefakte mit gemessen werden. Hierdurch wird der Score zwar verfälscht, die Interobserver-Variabilität aber verringert.
Zur Berechnung wird zunächst für jeden Kalkplaque die verkalkte Fläche nebeneinander liegender Pixel mit einem Wichtungsfaktor zwischen 1 und 4 abhängig von der maximalem CT-Dichte der Läsion multipliziert (131–200 HE=1, 201–300 HE=2, 301– 400 HE=3, ≥ 401 HE=4). Merke
!
Der Grenzwert, ab dem eine Läsion als verkalkt angesehen wird, liegt bei
130 HE. Dieser Wert ist empirisch gewählt, da keine spezifische CT-Dichte existiert, ab der eine Läsion eindeutig verkalkt ist. Da die CT-Dichte von Weichteilgewebe jedoch im Mittel 50 HE beträgt, kann ab einer Dichte von 130 HE mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass eine Läsion Kalzium enthält. Der Wichtungsfaktor berücksichtigt die Menge des vorhandenen Kalziums zur Errechnung des Scores. Als Mindestgröße einer Läsion wird 1 mm2 Fläche gefordert, typischerweise 2 Pixeln entsprechend. Dadurch wird erreicht, dass eine Läsion sicher einer verkalkten Plaque entspricht und vom Bildrauschen differenziert werden kann. Der Gesamt-Score entspricht dann der Summe aller Einzel-Scores der nachgewiesenen Läsionen. Insgesamt besteht zwischen EBT und MSCT eine gute Korrelation. Allerdings ergibt die MSCT jedoch systematisch höhere Werte für Agatston-Score und Anzahl der Läsionen aufgrund des höheren Signalzu-Rausch-Verhältnisses und der geringeren Schichtdicke (Becker et al. 2001). Die Vergleichbarkeit in der Größenordung – wenn auch nicht im exakten Messwert – ist jedoch für den klinischen Einsatz ausreichend. Andere Quantifizierungsmöglichkeiten für die MSCT sind das Volumen (Fläche×Inkrement) und vor allem die Masse in Milligramm. Diese wird berechnet aus Fläche×Inkrement×mittlere Dichte×
1.1 Untersuchungstechnik
Abb. 1.1. Koronarkalkmessung. 3 repräsentative transversale Schichten von kranial nach kaudal. LM linker Hauptstamm, LAD R. interventricularis anterior, RCX R. circumflexus, RCA rechte Koronararterie
Kalibrierungsfaktor. Vorteil ist die Vergleichbarkeit der Messwerte unterschiedlicher CT-Geräte, weshalb diese Messmethode für Verlaufskontrollen eingesetzt werden sollte. Leider gibt es derzeit noch keine altersund geschlechtsangepassten Vergleichskollektive zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikos mittels Kalkmasse analog zum Agatston-Score. Deshalb sollten derzeit beide Parameter der Kalklast angegeben werden. Eine gemeinsame Durchführung von Koronarkalkmessung und CT-Koronarangiographie in einer Untersuchung ist nicht möglich. CT-Koronarangiographie
쐍 EBT. Bei der CT-Koronarangiographie wird das gesamte Herz mit 30–40 überlappenden Schichten mit einer Schichtdicke von 3 mm und einem Tischvorschub von 2 mm bei 130 kV und 630 mA im Einzelschichtmodus abgebildet. Die Aufnahmen werden prospektiv EKG-getriggert. Die Datenakquisition erfolgt in der Diastole mit einem Abstand von 80% des RR-Intervalls zur vorangehenden R-Zacke. Die Expositionszeit beträgt 100 ms. Nach Bestimmung der Kontrastmitteltransitzeit mit einem Testbolus von 10 ml werden 120–160 ml Kontrastmittel mit einer Flussgeschwindigkeit von 3–4 ml/s injiziert. Abhängig von der Herzfrequenz des Patienten beträgt die Messdauer etwa 30–50 s, wobei die Akquisition von einem Bild pro Herzschlag bis zu einer Frequenz von 120/min möglich ist. Der Bildausschnitt der rekonstruierten Bilder beträgt 15 cm, die Matrix 512×512. Daraus resultiert eine Pixelgröße von 0,29×0,29 mm2. Die Strahlenexposition beträgt etwa 10 mSv (Achenbach et al. 1998). 쐍 MSCT. In der CT-Koronarangiographie in Multischichttechnik wird das gesamte Herz nach i. v. Kontrastmittelgabe in transversaler Schichtführung mit der geringsten Schichtkollimation untersucht (Tabel-
le 1.3). Die Datenakquisition erfolgt unter kontinuierlicher EKG-Registrierung mit retrospektivem Gating. Die Untersuchung beginnt an der Aortenwurzel in Höhe der Trachealbifurkation und endet unterhalb des Herzens, die Scan-Richtung ist also kraniokaudal.Wurde zuvor eine Koronarkalkmessung durchgeführt, kann sich das Akquisitionsvolumen an der am weitesten kranialen bzw. kaudalen Abbildung der Koronararterien mit einem Sicherheitsabstand von etwa 1 cm orientieren. Die Atemanhaltezeit beträgt etwa 30–40 s für den 4-Zeiler, etwa 20 s für den 16-Zeiler und zwischen 5–10 s für 40- und 64-Zeiler. Das Kontrastmittel wird mit einer automatischen Pumpe injiziert, die Injektionsgeschwindigkeit beträgt mindestens 3 ml/s, besser aber 5 ml/s. Die Startverzögerung nach Beginn der Kontrastmittelinjektion kann entweder mittels Testbolus oder Bolustriggerung bestimmt werden. Bei der Testbolusmethode werden zunächst 10–20 ml mit der gleichen Injektionsgeschwindigkeit wie zur eigentlichen CT-Koronarangiographie injiziert mit Messung in der Aorta ascendens alle 2 s über 30 s. Die Startverzögerung ergibt sich aus der Zeitverzögerung der Spitze des Testbolus (höchste Dichte) plus einer zusätzlichen Startverzögerung von meist 5 s. Bei der Bolustriggerung wird während der Injektion der gesamten Kontrastmittelmenge die Dichte in der Aorta ascendens kontinuierlich gemessen. Die CT-Koronarangiographie wird dann mit einer zusätzlichen Startverzögerung von ebenfalls meist 5 s nach Erreichen der Triggerschwelle (100–200 HE) gestartet. Die Kontrastmittelmenge orientiert sich an der Scan-Dauer einschließlich zusätzlichen Startverzögerung nach Triggerung/Spitze des Testbolus und der Injektionsgeschwindigkeit: Kontrastmittelmenge (ml) = [Scan-Dauer (s) + StartverzögerungTrigger/Testbolus (s)]× Injektionsgeschwindigkeit (ml/s).
9
10
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.3. Durchführung CT-Koronarangiographie Gerätetechnik
4-Zeiler
16-Zeiler
64-Zeiler
Dual-source-64-Zeiler
Kollimation
4×1 mm
16×0,75 mm
(2×) 32×0,6 mm
(2×) 32×0,6 mm
Tischvorschub
1,5 mm
2,8 mm
3,8 mm
3,8 mm
Schichtdicke
1,25 mm
1 mm
0,6 mm
0,6 mm
Inkrement
0,6 mm
0,5 mm
0,4 mm
0,4 mm
Röhrenspannung
120 kV
120 kV
120 kV
120 kV
Röhrenstrom
300–400 mAs
500 mAs
850 mAs
360 mAs/Rotation
EKG-Triggerung
Retrospektiv + Röhrenstrommodulation
Retrospektiv + Röhrenstrommodulation
Retrospektiv + Röhrenstrommodulation
Retrospektiv + Röhrenstrommodulation
Kontrastmittel
Ja
Ja
Ja
Ja
Testbolus
10–20 ml + 30 ml NaCl
10–20 ml + 30 ml NaCl
10–20 ml + 30 ml NaCl
10–20 ml + 30 ml NaCl
KM-Dosis
140 ml + 30 ml NaCl
90 ml + 30 ml NaCl
80–100 ml + 30 ml NaCl
80–100 ml + 30 ml NaCl
Delay nach KM
Testbolus
Testbolus +5 s
Testbolus +5 s
Testbolus +5 s
Flussrate
3–5 ml/s
3–5 ml/s
(3–)5 ml/s
(3–)5 ml/s
Die Kontrastmittelkonzentration sollte mindestens 300 mg Jod/ml betragen. Letztlich ist der Gefäßkontrast jedoch nicht von der Kontrastmittelkonzentration alleine, sondern von der Jodapplikationsrate pro Zeiteinheit (Jodflux) abhängig. Daher bieten sich höhere Jodkonzentrationen von 350–400 mg Jod/ml für die CT-Koronarangiographie an, die bei einer klinische vertretbaren Injektionsgeschwindigkeit von bis zu 5 ml/s zu einem verbesserten Jodflux führen. Hierbei ist jedoch die erhöhte Viskosität zu beachten, weshalb die höher konzentrierten Kontrastmittel auf jeden Fall angewärmt werden sollten. Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen für die Kontrastmittelgabe sind identisch zu allen anderen CT-Untersuchungen mit Kontrastmittel und werden daher hier nicht aufgeführt.
!
Zu beachten ist jedoch für kardiologische Patienten, dass es durch das applizierte Volumen von bis zu 150 ml bei eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion (<30– 40%) aufgrund der Volumenbelastung zu einem akuten Linksherzversagen kommen kann. CAVE
Daher sollte bei Verdacht auf bzw. manifester Herzinsuffizienz vor der CT-Koronarangiographie eine kardiologische Abklärung erfolgen mit der Frage, ob die Volumenbelastung für den Patienten tolerabel ist. Bei Zustand nach Bypass-Operation muss das Untersuchungsvolumen entsprechend angepasst werden. Idealerweise sollten vor der Untersuchung Art, Anzahl und Verlauf der Bypass-Gefäße bekannt sein, um die Untersuchung entsprechend planen zu kön-
nen. Ist dies jedoch nicht der Fall, muss das Akquisitionsvolumen den Abgang der A. thoracica (mammaria) interna aus der A. subclavia einbeziehen, da dieses Gefäß am häufigsten als arterielles Bypass-Gefäß verwendet wird (s. unten, Abschn. „Klappenöffnungsfläche“). Dies bedeutet, dass die Untersuchung etwa 1 cm oberhalb der linken Lungenspitze beginnen muss. Ist zumindest bekannt, dass nur aortokoronare Bypass-Gefäße implantiert wurden, so kann das Akquisitionsvolumen kranial auf den Oberrand des Arcus aortae begrenzt werden. Kaudal wird wie bei der CT-Koronarangiographie stets der untere Herzrand abgebildet. Die Atemanhaltezeit erhöht sich entsprechend. Das Vorhandensein von Stents hat auf die Untersuchungsdurchführung keinen Einfluss. Von entscheidender Bedeutung für den technischen Erfolg und die Beurteilbarkeit einer CT-Koronarangiographie sind die Herzfrequenz des Patienten, der Zeitpunkt der Datenrekonstruktion und die Ausprägung der Koronarverkalkungen.
쐍 Herzfrequenz. Die relative Länge des Datenakquisitionsfensters im Herzzyklus bestimmt aufgrund der hohen Eigenbewegung der Koronararterien die Bildqualität. Da die Rotationszeit nicht verändert werden kann, sinkt bei höheren Herzfrequenzen und damit geringerer Dauer des Herzzyklus die Bildqualität. Deshalb sollte die Herzfrequenz immer möglichst niedrig liegen, auch wenn die neuesten CT-Geräte mit einer zeitlichen Auflösung <100 ms auch bei Herzfrequenzen >75/min eine ausreichende Bildqualität erzielen.
1.1 Untersuchungstechnik
Merke
!
Die beste Beurteilbarkeit ist stets bei Herzfrequenzen <65/min gegeben.
Dies ist durch Gabe eines Betablockers zu erreichen, der auf 3 Arten appliziert werden kann: 1. orale Gabe von Metoprolol 100 mg (z. B. Lopresor) eine Stunde vor Untersuchungsbeginn, 2. I. v.-Injektion eines kurzfristig wirksamen Betablockers (z. B. Brevibloc) unmittelbar vor Untersuchungsbeginn, 3. I. v.-Injektion von 5–20 mg Metoprolol (z. B. Beloc) fraktioniert unmittelbar vor Untersuchungsbeginn. Wichtig ist die Beachtung der Kontraindikationen arteriovenöser Block und chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen. Als zusätzliche Medikamentengabe vor Durchführung der CT-Koronarangiographie hat sich mittlerweile die orale Gabe von Nitroglyzerinspray durchgesetzt. Dies führt zu einer signifikanten Weitstellung der Koronararterien und damit zu einer besseren Beurteilbarkeit (Dewey et al. 2006). Die Applikation sollte nicht unmittelbar, sondern etwa 5 min vor der Aufnahme erfolgen, um eine maximale Wirkung zu erzielen.Als Nebenwirkungen können ein Blutdruckabfall und – vor allem bei jüngeren Patienten – Kopfschmerzen auftreten.
a
b
Abb. 1.2 a, b. Rekonstruktionszeitpunkt CT-Koronarangiographie. a Multiphasenrekonstruktion des R. interventricularis anterior über den gesamten Herzzyklus (RR-Intervall) in 5%Schritten bei einer mittleren Herzfrequenz von 91/min. b Die beste Bildqualität findet sich bei 35% des RR-Intervalls (Volume-Rendering-Technik)
쐍 Zeitpunkt der Datenrekonstruktion. Ein großer Vorteil der CT-Koronarangiographie – z. B. auch im Gegensatz zur MR-Koronarangiographie – ist, dass durch den Einsatz des retrospektiven Gatings die Rohdaten zu verschiedenen Zeitpunkten des Herzzyklus rekonstruiert werden können. Dadurch ist es möglich, für jeden Patienten individuell den Zeitpunkt der besten Abbildung der Koronararterien im Herzzyklus zu bestimmen. Dies geschieht zunächst durch Proberekonstruktionen in 5%-Schritten des RR-Intervalls. Bei langsamen Herzfrequenzen (bis 70/min) liegt der optimale Rekonstruktionszeitpunkt meist in der Diastole bei 60 oder 65%, weshalb hier die Proberekonstruktion zwischen 55 und 75% des RR-Intervalls meist ausreichend ist. Bei schnelleren Herzfrequenzen verlagert sich der Zeitpunkt des optimalen Rekonstruktionsintervalls weiter nach vorne in die Systole. Daher sollte bei Herzfrequenzen >70/min das optimale Rekonstruktionsintervall durch Proberekonstruktionen im Bereich zwischen 25–80% des Herzzyklus und nicht nur in der Diastole gesucht werden (Abb. 1.2 a, b). Wenn sich hierdurch immer noch keine ausreichende Bildqualität erzielen lässt oder wenn der Patient einen unregelmäßigen Herzschlag – z. B. auch bei Vorhofflimmern – hat, bietet sich die Rekonstruktion als absolute Ver-
zögerung in Millisekunden nach der vorausgegangenen R-Zacke an. In 50 ms-Schritten ist oftmals in der Systole ein für den Patienten optimales und insgesamt auch beurteilbares Rekonstruktionsintervall zu finden.
쐍 Ausmaß der Koronarverkalkungen. Die CT-Koronarangiographie kann im selben Untersuchungsgang, jedoch bei getrennten Aufnahmen, mit der Koronarkalkmessung kombiniert werden. Dies führt bei Durchführung beider Untersuchungen unmittelbar nacheinander insgesamt zu einer höheren Strahlenexposition. Dieser Nachteil wird jedoch z. T. durch die exaktere Anpassung des Untersuchungsvolumens der CT-Koronarangiographie an die tatsächliche Position der Koronararterien wieder ausgeglichen. Darüber hinaus wird diskutiert, ob ab einem bestimmten Grenzwert für den Agatston-Score die Durchführung einer CT-Koronargangiographie noch sinnvoll ist, da aufgrund der Kalkplaques eine valide Stenosendetektion erschwert ist. Zudem steigt mit dem Ausmaß der Verkalkungen auch die Anzahl der falsch-positiven Befunde. Allerdings ist weniger die Kalkgesamtmasse als vielmehr die Kalkplaquemorphologie entscheidend
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12
Kapitel 1 Herz
für die Beurteilbarkeit.Während diffuse wandständige Verkalkungen oder auch umschriebene wandständige Kalkplaques mit modernen CT-Geräten eindeutig als wandständig und nicht signifikant stenosierend erkannt werden können, sind zirkuläre Verkalkungen weiterhin nicht beurteilbar. Dies lässt sich jedoch aus der Koronarkalkmessung nicht unterscheiden. Somit erscheint die zusätzliche Durchführung der Koronarkalkmessung nur zur Indikationsstellung für die CT-Koronarangiographie nicht sinnvoll, zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikos kann sie jedoch gut eingesetzt werden.
쐍 Stenosendiagnostik. Die Diagnosestellung erfolgt auf den transversalen Schichten und zweidimensionalen Rekonstruktionen. Hier haben sich vor allem dünne Maximum-Intensity-Projektionen (MIP) mit einer Schichtdicke von 3–5 mm bei einem Schichtabstand von 1,5–2,5 mm bewährt. Zusätzlich sind noch zum Gefäßverlauf orthogonale Projektionen möglich, die eine Planimetrie der Stenose und des normalen Gefäßdurchmessers ermöglichen. Eine Stenose muss immer in 2 Ebenen dargestellt werden. Ob die Angabe eines Stenosegrads in Prozent tatsächlich derzeit schon valide ist, kann noch nicht eindeutig gesagt werden – auf jeden Fall sollte eine Unterscheidung von gering-, mäßig-, und hochgradigen Stenosen sowie Okklusionen erfolgen.
Abb. 1.3. CT-Koronarangiographie. LAO-Projektion (RIVA R. interventricularis anterior)
Rekonstruktionen Für Rekonstruktionen aus CT-Datensätzen ist eine 20–50% überlappende Rekonstruktion der Rohdaten notwendig, d. h. das Inkrement beträgt 50–80% der Schichtdicke. Dies führt vor allem zu einer Vermeidung von Stufenartefakten am Bildrand. Mittlerweile sind MIP- und multiplanare Rekonstruktionen (MPR) auch direkt aus den Rohdaten möglich, ohne dass zunächst die überlappende Rekonstruktion der transversalen Schichten erfolgen muss.Alle beschriebenen Rekonstruktionsverfahren sind analog natürlich auch mit der MRT einsetzbar.
a
쐍 Projektionen. Analog zur Herzkatheteruntersu-
b
chung werden in der MIP- und der MPR-Darstellung zunächst Standardprojektionen angefertigt. Dies sind die LAO- („left antorior oblique-“)Projektion zur Darstellung von rechter Koronararterie (RCA) und R. circumflexus (RCX), die RAO- („right anterior oblique-“)Projektion zur Darstellung des R. interventricularis anterior (RIVA) und die Projektion entlang der langen Herzachse zur Aufsicht auf linken Hauptstamm, R. interventricularis anterior und R. circumflexus sowie der distalen rechten Koronararterie. Zur Erstellung der LAO-Projektion wird zunächst in einer transversalen Ebene der Abgang der rechten
Abb. 1.4 a, b. CT-Koronarangiographie: RAO-Projektion. a Rechte Koronararterie (RCA). b Linker Hauptstamm (LM) und R. circumflexus (RCX)
1.1 Untersuchungstechnik
einer Videosequenz aus mehreren Projektionen vermittelt dann einen räumlichen Eindruck.Vorteile des Verfahrens sind die Unabhängigkeit von Schwellenwerten und das hohe Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Nachteilig ist, dass umliegende Strukturen hoher Signalintensität wie z. B. die Thoraxwand manuell segmentiert werden müssen, um Überlagerungen zu vermeiden.
쐍 VRT. Die Volume-Rendering-Technik (VRT) ergibt
Abb. 1.5. CT-Koronarangiographie. Lange Herzachse R. interventricularis anterior (RIVA) und R. circumflexus (RCX)
Koronararterie aufgesucht. Die Kippung der Schichtebene erfolgt dann von rechts ventral nach links dorsal mit möglichst langstreckiger Darstellung des RCA-Verlaufs. In dieser Darstellung kommen auch der linke Hauptstamm und die R. circumflexus gut zur Darstellung (Abb. 1.3). Für die RAO-Projektion wird in einer transversalen Ebene der Verlauf des R. interventricularis anterior aufgesucht, anhand dessen erfolgt die Kippung der Schichtebene von rechts ventral nach links dorsal (Abb. 1.4 a, b). Die Projektion in der langen Herzachse wird orthogonal zur RAO-Projektion entlang des Verlaufs des R. interventricularis anterior geplant (Abb. 1.5). So kommen linker Hauptstamm, R. interventricularis anterior und Diagonaläste sowie die distale rechte Koronararterie einschließlich Crux cordis und Aufteilung in R. posterolateralis sinster und R. interventricularis posterior zur Darstellung. Bei nicht ausreichender Darstellung aller Koronararteriensegmente werden zusätzliche, individuell anhand des Verlaufs des betreffenden Koronararteriensegments geplante Ebenen erstellt.
쐍 MIP. Bei der MIP werden in einem virtuellen Strahlengang aus jeder Schicht nur die Voxel mit der höchsten Signalintensität als Pixel auf einer Ebene (2D) abgebildet. Primär besteht kein räumlicher Effekt in der Betrachtungsebene. Das Projektionsradiogramm wird jedoch in verschiedenen Ebenen bzw. Betrachtungswinkeln berechnet. Die Kombination zu
ein dreidimensionales Bild (Abb. 1.6 a, b). Im Gegensatz zur MIP-Technik ist auch die Darstellung von überlagernden Gefäßen möglich, da die einzelnen Objekte mit unterschiedlicher Opazität, d. h. Transparenz dargestellt werden. Den darzustellenden Gefäß-, Weichteil- und Knochenstrukturen werden die für die Rekonstruktion zu verwendenden CT-Intensitätswerte und Opazitätswerte zugeordnet, aus denen ein frei rotierbares Projektionsbild errechnet wird. Eine Variante ist die Surface-Rendering-Technik, die die alleinige Darstellung eines Gefäßsystems ermöglicht. Hierfür werden z. B. die Koronararterien auf jeder Einzelschicht manuell segmentiert.
쐍 SSD. Die Oberflächendarstellung („shaded-surface-display“, SSD) ist ebenfalls eine Variante der VRT. Hier wird ein einziges Intervall festgelegt mit maximaler Opazität, sodass nur eine dreidimensionale Oberflächenrekonstruktion ohne Durchscheineffekt erzeugt wird.
쐍 MPR. Bei der MPR entsteht ein zweidimensionales Bild durch die Festlegung einer Schnittebene durch den gesamten Schichtstapel. Die Schnittebene kann entweder eine Gerade sein oder eine gekrümmte Linie. Vor allem letzteres Rekonstruktionsverfahren ist deutlich untersucherabhängig. Der Zeitaufwand ist jedoch relativ gering.
쐍 Virtuelle Koronaroskopie. Bei der virtuellen Koronaroskopie werden Bilder erzeugt, die den Blickwinkel endoskopischer Verfahren simulieren. Hierdurch wird mit Hilfe einer Zentralprojektion nach Vorgabe eines Schwellenwerts ein „Flug“ durch das Koronararterienlumen mit der Möglichkeit zur Betrachtung der Wandstrukturen erzeugt. Hierbei handelt es sich um ein aufwändiges Nachverarbeitungsverfahren, dessen diagnostischer Stellenwert eher gering erscheint.
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Kapitel 1 Herz Abb. 1.6 a, b. CT-Koronarangiographie: Volume-Rendering-Technik (VRT) mit korrespondierender gekurvter multiplanarer Rekonstruktion (MPR). (RCA rechte Koronararterie, RIVA R. interventricularis anterior, RCX R. circumflexus)
a
b
1.1 Untersuchungstechnik
1.1.3 Magnetresonanztomographie 1.1.3.1 Technische Voraussetzungen Technische Weiterentwicklungen der letzten Jahre führten zu einer Generation von Magnetresonanztomographen, die sich durch einen hohen Patientenkomfort, vor allem in Bezug auf die Länge der Magnetfeldröhre, und eine sehr gute Bedienerfreundlichkeit auszeichnen. Für kardiovaskuläre Anwendungen wurden spezielle Empfangsspulen und Messtechniken mit dazugehöriger Auswertesoftware entwickelt. Der Magnetresonanztomograph besteht aus einem Magneten mit Shim-System, einem Magnetfeldgradientensystem, einem Hochfrequenzsystem inklusive Sende- und Empfangsspulen, der Patientenlagerungseinheit und einem Steuer- und Bildrechner mit der dazugehörigen Software. Die einzelnen Komponenten müssen den klinischen Anforderung an die Bildqualität zur Darstellung des kardiovaskulären Systems gerecht werden. Diese wird primär durch das Signal-zu-Rausch-Verhältnis und die zeitliche und räumliche Auflösung beschrieben.
!
Eine Magnetfeldstärke von mindestens 1,0 Tesla (T) ist aufgrund des benötigten Signal-zu-Rausch-Verhältnisses zwingend erforderlich. Merke
Spezielle kardiovaskuläre Untersuchungen wie die Perfusionsmessung und die Koronarangiographie benötigen eine Magnetfeldstärke von 1,5 T. Die Verwendung einer Magnetfeldstärke von 3,0 T bietet vor allem den Vorteil eines deutlich höheren Signal-zuRausch-Verhältnisses als bei 1,5 T, aber auch deutliche Nachteile, wie z. B. eine stark erhöhte spezifische Absorptionsrate, ausgeprägtere Suszeptibilitätsartefakte oder die Beeinflussung der Form des PatientenEKGs. Die kardiovaskulären Anwendungen profitieren vor allem vom Signalgewinn, der u. a. in eine Reduktion der Untersuchungsdauer umgesetzt werden kann. Das Shim-System des Magneten muss in der Lage sein, in einer kurzen Zeitspanne von etwa 1 min die Magnetfeldhomogenität im Untersuchungsvolumen selbstständig zu optimieren. Die Leistungsmerkmale des Gradientensystems ergeben sich aus den geforderten Messbedingungen (Signal-zuRausch-Verhältnis, zeitliche und räumliche Auflösung, Akquisitionszeit) der klinischen Fragestellungen. Die Verwendung eines zielvolumenadaptierten Oberflächenspulensystems, bestehend aus mehreren Elementen auf der Vorder- und Hinterwand des Tho-
rax, ist aufgrund des besseren Signal-zu-Rausch-Verhältnisses obligatorisch. Das Hochfrequenzsystem sollte über mehrere getrennt arbeitende Hochfrequenzkanäle verfügen, damit im Zusammenhang mit dem Oberflächenspulensystem die Verfahren der parallelen Bildgebung angewendet werden können. Die EKG-Triggerung des Magnetresonanztomographen muss weitgehend unabhängig von Störungen durch das Hauptmagnetfeld und das Schalten der Magnetfeldgradienten sein. Die Software für die verschiedenen kardiovaskulären Messtechniken wird ebenso benötigt, wie eine Auswertesoftware für die quantitative Bestimmung der Herzfunktionsparameter, der Perfusions- und der Flussmessungen. Für die Durchführung und Reproduzierbarkeit der kontrastmittelverstärkten Magnetresonanzangiographie (MRA) und der Perfusionsuntersuchung ist ein magnetresonanzkompatibler Kontrastmittelinjektor obligatorisch. Während der Untersuchung sollte eine Überwachung des Patienten sowohl optisch als auch über das EKG erfolgen. Zusätzliche Überwachungsmaßnahmen sind bei Untersuchungen unter pharmakologischem Stress indiziert. Akquisitionsparameter und Akronyme In der MRT wird eine große Anzahl von unterschiedlichen Akquisitionstechniken für verschiedene medizinische Fragestellungen eingesetzt. Die für die MRTUntersuchung des Herzens relevanten Akquisitionstechniken mit den wichtigsten Messparametern wie Wichtung, zeitliche und räumliche Auflösung werden im weiteren Verlauf des Kapitels vorgestellt. Die sehr stark geräte- und herstellerspezifischen Parameter wie Repetitionszeit, Echozeit, Flip-Winkel oder Abstand der Echos werden nicht aufgeführt. Grundlegende Kenntnisse der MRT-Messparameter und deren Zusammenhänge hinsichtlich des räumlichen und zeitlichen Auflösungsvermögens, der Akquisitionszeit und des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses werden dabei vorausgesetzt. MRT-Akquisitionstechniken werden üblicherweise durch Akronyme beschrieben, wobei je nach Hersteller unterschiedliche Akronyme für gleiche oder ähnliche MRT-Techniken verwendet werden. In Tabelle 1.4 wird ein Überblick über die am weitesten verbreiteten Akronyme und MRT-Techniken gegeben, da diese ebenfalls im weiteren Verlauf benutzt werden sollen. Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit sondern soll nur eine Orientierungshilfe darstellen. Herz- und Atembewegung: Triggerverfahren
쐍 EKG-Triggerung. Üblicherweise erfolgen MRT-Aufnahmen des Herzens mit EKG-Triggerung, um Bildartefakte durch die Bewegung des Herzens zu minimieren oder um Bilder zu bestimmten Zeiten des
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16
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.4. Akronyme der Hersteller GE, Philips und Siemens Akronym
Voller Name
Beschreibung
Hersteller
SE TSE
Spin-Echo
Basis SE-Sequenz
GE, Philips, Siemens
Turbo Spin-Echo
SE-Sequenz mit mehreren, unterschiedlich phasenkodierten 180°-HF-Pulsen
Siemens, Philips
FSE
Fast Spin-Echo
SE-Sequenz mit mehreren, unterschiedlich phasenkodierten 180°-HF-Pulsen
GE
HASTE
„Half Fourier single shot Turbo Spin-Echo“
Kombination aus RARE und Half Fourier
Siemens
GRE, GE
Gradientenecho
Basis GRE-Sequenz
GE, Siemens
FFE
„Fast field echo“
Basis GRE-Sequenz
Philips
FLASH
„Fast low angle shot“
GRE mit Magnetisierungsspoiler
Siemens
T1-FFE
„Contrast enhanced fast field echo“ FFE mit Magnetisierungsspoiler
Philips
SPGR
„Spoiled grass“
GRE mit Magnetisierungsspoiler
GE
FISP
„Fast imaging with steady state precession“
GRE mit teilweiser Rephasierung der Gradienten
Siemens
GRASS
„Gradient recalled acquisition in steady state“
GRE mit teilweiser Rephasierung der Gradienten
GE
T2-FFE
„Contrast enhanced fast field echo“ FFE mit teilweiser Rephasierung der Gradienten
Philips
SSFP
„Steady state free precession“
GRE mit teilweiser Rephasierung der Gradienten
GE
PSIF
„Reverse FISP“
GRE mit teilweiser Rephasierung der Gradienten
Siemens
TrueFISP
„FISP with heavy T2 weighting“
GRE mit Rephasierung der Gradienten in allen 3 Richtungen
Siemens
FIESTA
„Fast imaging employing steady state acquisition“
GRE mit Rephasierung der Gradienten in allen 3 Richtungen
GE
BFFE
„Balanced FFE“
GRE mit Rephasierung der Gradienten in allen 3 Richtungen
Philips
Turbo FLASH
„Turbo FLASH“
Sehr schnelle magnetisierungspräparierte FLASH-Sequenz
Siemens
TFE
„Turbo field-echo“
Sehr schnelle magnetisierungspräparierte FFE-Sequenz
Philips
FSPGR
„Fast SPGR“
Sehr schnelle magnetisierungspräparierte SPGR-Sequenz
GE
EPI
„Echo planar imaging“
GRE-Sequenz mit mehreren, unterschiedlich phasenkodierten Gradientenechos
Philips, Siemens, GE
PSIR
„Phase sensitive inversion recovery“
Spezielle Bildaufnahme und Bildrekonstruktion für die Spätaufnahmetechnik
Philips, Siemens, GE
Herzzyklus aufzuzeichnen. Die meisten Sequenztechniken benötigen hierzu eine Datenaufnahme in mehreren Herzzyklen. Durch die EKG-Triggerung wird sichergestellt, dass alle Messdaten zur gleichen Zeit im Herzzyklus aufgezeichnet werden, wodurch Artefakte durch die Herzbewegung weitgehend vermieden werden können. Spezielle, nicht-ferromagnetische EKG-Elektroden erlauben die Ableitung eines EKG-Signals vom Patienten in einem Magnetfeld zur Triggerung einer MRT-Aufnahme. Das vom Patienten abgeleitete EKG-
Signal wird durch das Hauptmagnetfeld gestört (magnetohydrodynamischer Effekt), d. h. die physiologische Form kann verändert werden. Weitere Störungen des EKGs können durch das Schalten der Magnetfeldgradienten während einer Messung erfolgen, wodurch die Triggerung aber nicht beeinflusst werden sollte. Die Triggerung funktioniert im Allgemeinen trotz der Störungen zuverlässig, solange der Magnetresonanztomograph im EKG-Signal einen wiederkehrenden Peak registriert, der in Korrelation zur R-Zacke steht.
1.1 Untersuchungstechnik
a
b
Abb. 1.7 a, b. EKG-Triggerung. Bei der prospektiven Triggerung (a) erfolgt nach der R-Zacke der Beginn der Datenaufnahme, die in der Abbildung durch die grauen Rechtecke dargestellt werden soll. Ein Rechteck soll z. B. im Fall einer GRESequenz die Aufnahme einer k-Raum-Linie symbolisieren, d. h. es werden 9 k-Raum-Linien einer Schicht pro RR-Intervall aufgezeichnet. Bedingt durch normale Schwankungen des Herzzyklus können nur etwa 90% der mittleren RR-Zeit für die Datenaufnahme verwendet werden. Dadurch ist gewähr-
leistet, dass in jedem Herzzyklus eine Datenaufnahme erfolgt und keiner übersprungen wird. Aufnahmen in der späten Diastole werden dadurch im Gegensatz zur retrospektiven Triggerung (b) nicht möglich. Bei der retrospektiven Triggerung erfolgt die Aufnahme von k-Raum-Linien kontinuierlich (EKGunabhängig) bei einer gleichzeitigen EKG-Registrierung. Nach der Messung erfolgt vor der Bildrekonstruktion eine Korrelation der k-Raum-Linien mit ihrem Aufnahmezeitpunkt im Herzzyklus
왔 EKG-Triggerung bedeutet, dass die
Zeitpunkten des Herzschlags zugeordnet, wodurch eine Rekonstruktion von Bildern für verschiedene Herzphasen möglich ist (vgl. Abb. 1.7 b). Ein Vorteil der retrospektiven gegenüber der prospektiven Methode besteht in der Möglichkeit, Aufnahmen in der späten diastolischen Phase zu erhalten. Dies wird durch die kontinuierliche, EKG-unabhängige Rohdatenaufnahme ermöglicht, während im Vergleich dazu bei der prospektiven Triggerung nur etwa während der ersten 90% des Herzzyklus eine Datenaufnahme erfolgt und dann der Tomograph auf die nächste R-Zacke wartet. Es entsteht folglich eine Totzeit von etwa 10% in der späten Diastole. Die ultraschnelle Bildgebung des Herzens kann auch ohne EKG-Triggerung eingesetzt werden, da durch die hohe Datenaufnahmegeschwindigkeit die Bewegung des Herzens gewissermaßen „eingefroren“ wird. Die räumliche Auflösung bei diesen Techniken ist im Vergleich zu EKG-getriggerten Techniken deutlich verringert.
Definition
Datenaufnahme mit dem EKG des Patienten synchronisiert wird. Grundsätzlich stehen dafür 2 Methoden zur Verfügung: die prospektive und die retrospektive EKG-Triggerung (Abb. 1.7 a, b). Die prinzipielle Funktionsweise der prospektiven Triggerung, d. h. der Triggerung der Datenaufnahme auf die R-Zacke des EKGs, kann in 3 Schritten zusammengefasst werden (vgl. Abb. 1.7 a): 1. der Tomograph wartet auf eine R-Zacke, 2. nach der R-Zacke und einer evtl. eingestellten Wartezeit (Trigger-Delay) erfolgt die Datenakquisition und 3. nach Ende der Messung wartet der Tomograph auf die nächste R-Zacke für eine weitere Datenakquisition. Diese Methode kann bei allen Sequenztechniken eingesetzt werden. Im Fall der retrospektiven Triggerung erfolgt eine kontinuierliche Aufnahme von Rohdaten ohne EKG-Triggerung bei gleichzeitiger unabhängiger Registrierung des EKGs. Nach der Datenaufnahme werden die Rohdaten den verschiedenen
쐍 Kompensation der Atmung. Bildartefakte durch die Atmung müssen bei der Herzbildgebung weitgehend minimiert oder gänzlich beseitigt werden, da sie die diagnostische Aussagekraft stark beeinträchtigen
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18
Kapitel 1 Herz
können. Ein großer Teil der Artefakte entsteht durch das helle Fettsignal der vorderen (anterioren) Thoraxwand. Dieses Artefakt wird durch die Verwendung der obligatorischen Oberflächenspulen noch verstärkt. Für die Reduktion der Atemartefakte stehen grundsätzlich 3 Methoden zur Verfügung:
∑ die Datenaufnahme in Atemanhaltetechnik, ∑ die Triggerung auf die Atembewegung oder ∑ eine Datenaufnahme mit einer entsprechende Anzahl von Signalmittelungen. Die Atemanhaltetechnik liefert bei einem kooperativen Patienten sehr gute Resultate. Sie ist mit nahezu allen Bildgebungsmethoden kombinierbar, da die Messzeiten aller Methoden in der Größenordnung von etwa 15–25 s liegen. Für die Atemtriggerung ist eine Detektion der Atembewegung erforderlich, wie sie z. B. mit einem Atemgürtel erfolgen kann. Eine modernere Methode ist die so genannte Navigatortechnik, die mit Hilfe von meist eindimensionalen MRT-Bildern die Bewegung des Herzens direkt oder über die Diaphragmabewegung aufzeichnet. Mit dieser Technik kann z. B. eine Atemtriggerung der EKGgetriggerten Aufnahme in der bewegungsarmen endexspiratorischen Atmungsphase erfolgen. Ein wesentlicher Nachteil dieses Verfahrens ist die erhebliche Verlängerung der Messzeit. Die Methode der Signalmittelungen scheidet bei den meisten Anwendungen durch die sehr lange Untersuchungszeit bei einer nur mäßigen Bildqualität aus. 1.1.3.2 Sequenzbeschreibung Morphologie Für die kardiovaskuläre MRT-Bildgebung steht eine fast unendliche große Anzahl von Sequenztechniken zur Verfügung, die sich primär durch einen unterschiedlichen Bildkontrast, die Länge der Bildaufnahmezeit und die räumliche und zeitliche Auflösung unterscheiden. Alle Sequenztechniken lassen sich aber grundsätzlich auf 2 Basissequenzen, die SpinEcho- (SE-)Sequenz und die Gradientenecho- (GRE-) Sequenz zurückführen. In diesem Abschnitt sollen die Funktionsweisen dieser Basissequenzen beschrieben und ihr grundsätzlich unterschiedlicher Bildkontrast bei der kardiovaskulären Bildgebung insbesondere in der morphologischen Darstellung erläutert werden. Variationen und Kombinationen dieser Sequenzen werden im weiteren Verlauf unter dem Aspekt einer speziellen Anwendung im kardiovaskulären Bereich (z. B. der Perfusionsuntersuchung) vorgestellt. Einige wichtige Messparameter, die bei der morphologischen Untersuchung zu beachten sind, sind in Tabelle 1.5 aufgeführt.
Tabelle 1.5. Messparameter Morphologie Sequenzen
SE, TSE, TIRM, HASTE, FSE, RARE, ...
Wichtung
T1, T2, IR
Pixelgröße
≤1,5 mm×2,1 mm
Matrix
≥256×180
FoV
≤380 mm
Schichtdicke
5–8 mm
쐍 Spin-Echo. Die SE-Pulssequenz ist die am häufigsten benutzte Pulssequenz in der MRT (Stark u. Bradley 1992). Die Ursache dafür ist sicherlich zum einen der einfache Zusammenhang zwischen den Messparametern (TR, TE) und dem entstehenden Bildkontrast und zum anderen die Verfügbarkeit auf allen Magnetresonanztomographen. Die SE-Sequenz besteht aus 2 Hochfrequenzpulsen, einem 90°-Puls gefolgt von einem 180°-Puls im zeitlichen Abstand der halben Echozeit (TE). Auf den 180°-Puls folgt nach nochmaligem Ablauf der gleichen Zeitspanne (TE/2) ein MRT-Signal in der Empfangsspule, das Echosignal. Dieses Echosignal hat den Vorteil, nicht mehr von externen Magnetfeldinhomogenitäten abzuhängen. Die Sequenz, bestehend aus 90°-Puls, 180°-Puls und Echosignal wird mit der Reptitionszeit TR für unterschiedliche Phasenkodiergradienten wiederholt, um die für die Bildrekonstruktion benötigten Rohdaten zu akquirieren. Bei der SE-Sequenz kann sehr einfach durch die Wahl der Messparameter Repetitionszeit (TR) und Echozeit (TE) eine T1-, T2- oder Protonendichte(PD-)gewichtete Aufnahme erzeugt werden:
∑ TR kurz (200–800 ms), TE kurz (<20 ms) ergibt ein T1-Bild, ∑ TR lang (2000–6000 ms), TE kurz (<20 ms) ein PD-Bild und ∑ TR lang (2000–6000 ms) und TE lang (>80 ms) eine T2-gewichtete Aufnahme. Die Parameterkombination TR kurz (200–800 ms), TE lang (>20 ms) liefert einen Mischkontrast aus T1, T2- und PD-Wichtung, der in der Diagnostik nicht verwendet wird. MRT-Aufnahmen des Herzens erfolgen in der Regel mit EKG-Triggerung. Die EKG-Triggerung erfolgt auf die R-Zacke, wodurch ein neuer SE-Pulszyklus (90-180-Echosignal) ausgelöst wird (Abb. 1.8). Demzufolge wird die Repetitionszeit durch die Herzfrequenz bestimmt, woraus die Abhängigkeit des Bildkontrasts und der Gesamtmesszeit von der Herzfrequenz resultiert (vgl. Abb. 1.8). Zur Erzeugung einer T1-gewichteten SE-Aufnahme erfolgt die Triggerung auf jede R-Zacke des Herzzyklus, wodurch sich eine Repetitionszeit von etwa 600–1000 ms ergibt. Um die
1.1 Untersuchungstechnik
aus der Schicht geflossen sind, so liefern sie einen Signalbeitrag, der bei einer Messung mit 2 aufeinanderfolgenden Echos (Doppelecho) unterschiedlich sein kann: Beim ersten (ungeraden) Echo tritt eine Dephasierung, also Signalabschwächung der bewegten Spins auf, wogegen beim zweiten (geraden) Echo eine Rephasierung („even echo rephasing“) mit einem stärkeren Signal entsteht (Waluch u. Bradley 1984).
Abb. 1.8. SE-Schema mit EKG. Schematischer Ablauf der EKGgetriggerten SE-Sequenz: Direkt nach der R-Zacke erfolgt das Schalten eines Blutunterdrückungspulses („dark blood“, db). Nach Ablauf einer einstellbaren Wartezeit (TD) wird der 90°Hochfrequenzpuls und nach der einstellbaren Echozeit TE/2 der 180°-Hochfrequenzpuls gesendet. Das Echosignal wird nach der Echozeit TE aufgenommen. Die EKG-getriggerte TSESequenz unterscheidet sich von der EKG-gertiggerten SE-Sequenz nur dadurch, dass in einem Herzzyklus statt einem Echosignal mehrere Echosignale mit unterschiedlichen Phasenkodierungen erzeugt und gemessen werden. Der Unterschied zwischen nicht-EKG-getriggerter und EKG-getriggerter SE- oder TSE- Sequenz liegt darin, dass der Bildkontrast durch die so genannte effektive Repetitionszeit TReff bestimmt wird. Diese entspricht dem RR-Intervall, wodurch der Bildkontrast vom Herzschlag des Patienten abhängig ist
für eine T2-gewichtete Aufnahme benötigte längere Repetitionszeit zu erhalten, erfolgt die Triggerung auf jede zweite R-Zacke. Die Wahl einer langen Echozeit (60–90 ms) ergibt durch den T2-Zerfall im Vergleich zu einer kurzen Echozeit (<20 ms) ein deutlich schlechteres Signal- zu Rausch-Verhältnis und eine deutliche T2-Wichtung. Für Myokard liegen die T1Relaxationszeiten etwa zwischen 550 und 600 ms, die T2-Relaxationszeiten betragen etwa 30–45 ms. Aus den in etwa gleichen Werten der T1-Relaxationszeiten und den verwendeten Repetitionszeiten und den T2-Relaxationszeiten mit den Echozeiten resultiert der sehr gute Weichteilkontrast im Herzen (Stark u. Bradley 1992). Signalverluste durch Flussphänomene sind eine charakteristische Eigenschaft der SE-Sequenz. Ist die Flussgeschwindigkeit von Blut so hoch, dass die mit dem 90°-Puls angeregten Blut-Spins in der Zeit bis zum 180°-Puls aus der Schicht geflossen sind, so entsteht ein Signalverlust bis hin zur vollständigen Auslöschung des Blutsignals (Auswascheffekt, „dark blood“ oder „flow void“). Dies führt zu einem sehr guten Kontrast zwischen Lumen und Herzwand. Der Auswascheffekt ist umso größer, je dünner die Schicht ist, je länger die Echozeit ist und je schneller das Blut fließt. Ist die Geschwindigkeit des Blutes derart gering, dass die Spins beim 180°-Puls noch nicht
!
Die SE-Technik wird im Gegensatz zur GRE-Technik durch die geringere Empfindlichkeit für Bildartefakte durch Magnetfeldinhomogenitäten bei Patienten mit Metall im Bereich des Herzens (z. B. durch künstliche Herzklappen mit Metallanteilen oder operationsbedingten Metallklammern) vorrangig eingesetzt. Merke
Für die morphologische Bildgebung des Herzens mit SE-Sequenzen finden 2 Magnetisierungspräparationen Verwendung:
∑ Die „Dark-blood-Technik“ stellt Blut dunkel dar und dient zur flussartefaktfreien Abgrenzung von Herzwand und Lumen (Abb. 1.9 a–c). Sie wird insbesondere bei T1- und T2-gewichteten Aufnahmen in Atemanhaltetechnik eingesetzt. Das Prinzip (Abb. 1.9 a–c) der Dark-blood-Technik beruht auf einem nicht-schichtselektiven 180°-Inversionspuls, gefolgt von einem schichtselektiven 180°Inversionspuls, der die Magnetisierung in der zu untersuchenden Schicht wieder in den Ausgangszustand zurückführt, während sie außerhalb invertiert bleibt. Die eigentliche Aufnahme der Schicht erfolgt nach einer Wartezeit, die derart eingestellt wird, dass das Blut in der Schicht durch invertiertes und gesättigtes Blut von außerhalb ersetzt worden ist (Haacke et al. 1995). ∑ Die zweite Magnetisierungspräparation ist die „Inversion-recovery- (IR-)Technik“. Bei diesem Verfahren wird die Magnetisierung durch einen 180°-Inversionspuls invertiert. Die Aufnahme der Schicht erfolgt nach einer Wartezeit (Inversionszeit TI), wobei durch deren Wahl das Signal unterdrückt wird, dessen Magnetisierung gerade zu diesem Zeitpunkt den Wert Null besitzt. So kann durch Variation der Inversionszeit TI eine Unterdrückung unterschiedlicher Gewebe erreicht werden. Die IR-Technik kann auch in Kombination mit der Dark-blood-Technik eingesetzt werden, um z. B. neben Blut auch Fett zu unterdrücken. Definition
왔 Die Turbo-Spin-Echo- (TSE-)Technik
oder Fast-Spin-Echo- (FSE-)Technik ist eine schnelle Variante der SE-Technik bei einem annähernd identischen Gewebekontrast.
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Kapitel 1 Herz
a
b
c
Abb. 1.9 a–c. Prinzip Dark-blood. a Bei der Dark-blood-Magnetisierungspräparation erfolgt als erstes eine Invertierung der Magnetisierung des gesamten Untersuchungsvolumens durch einen nicht-schichtselektiven 180°-HF-Puls. b Die Magnetisierung der Untersuchungsschicht wird direkt danach
durch einen zweiten, diesmal schichtselektiven 180°-HF-Puls zurückinvertiert. c Wartet man nun solange, bis invertiertes Blut in die Untersuchungsschicht eingeflossen ist und dessen Magnetisierung durch Null geht, so kann ein Bild gemessen werden, in dem Blut kein Signal liefert
Die TSE-Technik beruht auf einer Multi-Echo-SE-Sequenz, bei der nach einem 90°-Puls mehrfach ein 180°-Puls geschaltet wird, um einen Zug aus Echos zu erhalten. Der Phasenkodiergradient wird von Echo zu Echo variiert, wodurch in einem Echozug mehrere k-Raum-Linien pro Repetitionszeit gemessen werden. Die Echozuglänge (Turbofaktor) gibt die Zahl der gemessenen Echos, bzw. k-Raum-Linien pro Repetitionszeit an und ist ein Maß für den Geschwindigkeitsgewinn gegenüber der Standard SE-Technik. Obwohl alle Echos in einem Zug zu unterschiedlichen Echozeiten gemessen werden, kann eine effektive, den Bildkontrast beschreibende Echozeit TEeff angegeben werden. Die effektive Echozeit ist diejenige Echozeit, bei der die zentralen k-Raum-Linien akquiriert werden. Die RARE- (Hennig et al. 1986),„Single-shot-FSE-“ oder HASTE- („Half-acquisition-with-TSE-“) Technik sind die schnellsten Varianten der TSE-Technik. Hier kann pro Repetitionszeit TR z. B. die Auslesung aller für eine Schicht benötigten Echos bzw. Phasenkodierzeilen erfolgen. In Kombination mit dem HalfFourier-Verfahren kann die Akquisitionszeit zusätzlich reduziert werden. Die schnellen Varianten der SE-Technik ermöglichen die Aufnahme von einer (TSE) bzw. mehrerer (HASTE) Schichten in einer Atemanhaltezeit. So ist z. B. bei einer Auflösung von 150 2D-Phasenkodierschritten mit einer TSE-Sequenz bei einem Turbofaktor 10 nur eine Messzeit von etwa 15 s (bzw. 15 TR oder 15 RR Intervallen) für die Aufnahme einer Schicht erforderlich. Die HASTE-Technik ermöglicht sogar die Akquisition von einer kompletten Schicht in einer Repetitionszeit, d. h innerhalb eines Herzschlags. Die TSE- und HASTE-Technik wird am Herzen üblicherweise mit einer Dark-blood-Präparation eingesetzt. Das primäre Einsatzgebiet liegt in der Darstellung der Morphologie.
쐍 Gradientenecho. Die GRE-Pulssequenz basiert auf dem Effekt der Dephasierung und Rephasierung der Spins durch einen Magnetfeldgradienten (Edelstein et al. 1980). Nach der Anregung des Spin-Systems durch einen Hochfrequenzpuls erfolgt eine schnelle Dephasierung des MRT-Signals durch das Anlegen eines Magnetfeldgradienten. Die Rephasierung der Spins wird durch einen Magnetfeldgradienten umgekehrter Polarität, aber mit gleichem Produkt aus Amplitude und Anschaltzeit bewirkt. In der Empfangsspule entsteht das so genannte GRE-Signal. Als Echozeit wird die Zeit zwischen der Anregung des SpinSystems und dem Auftreten des Echosignals bezeichnet. Durch das Fehlen des 180°-Refokussierungspulses im Vergleich zur SE-Sequenz ist die Signalamplitude des Echosignals nicht nur von der T2Relaxation, sondern auch vom Signalzerfall durch Magnetfeldinhomogenitäten abhängig. Der kombinierte, schnellere Signalzerfall wird durch die T2*Relaxationszeit beschrieben. Die GRE-Sequenz kann mit einer sehr viel kleineren Repetitionszeit TR als die SE-Sequenz wiederholt werden, da u. a. der 180°Hochfrequenz- (HF-)Puls fehlt und ein anderer Kontrastaufbau stattfindet. Aus der kleinen Repetitionszeit resultiert der große Vorteil einer erheblich verkürzten Messzeit gegenüber der SE-Sequenz. Der Weichteilkontrast ist bei der GRE-Sequenz grundsätzlich geringer ausgeprägt als bei der SE-Sequenz. Er entspricht einem PD-Kontrast mit leichter T1-Wichtung (Stark u. Bradley 1992). Den Bildkontrast der GRE-Sequenz bestimmt nicht nur die Repetitionszeit TR und die Echozeit TE, sondern auch der HF-Anregungswinkel (Flip-Winkel). Typische Messparameter für eine EKG-getriggerte GRE-Aufnahme mit der Akquisition von einer Rohdatenzeile (kRaum-Zeile) pro Herzschlag sind z. B. TR=13 ms, TE=6 ms und Flip-Winkel-α=40°. Durch die im Vergleich zur SE-Sequenz und der T1-Relaxationszeit im menschlichen Körper sehr kurzen Repetitionszeit TR bei der GRE-Sequenz baut sich bei der wiederholten
1.1 Untersuchungstechnik
Anregung zur Messung der Rohdaten (im Besonderen, wenn mehrere Rohdatenzeilen pro Herzzyklus aufgenommen werden) eine so genannte Gleichgewichtsmagnetisierung auf. Durch diese steht bei jeder erneuten Anregung der Spins nur ein Bruchteil der Gesamtmagnetisierung zur Verfügung mit dem Resultat einer im Vergleich zur SE-Sequenz verringerten Signalamplitude. Die Höhe des Signals wird bestimmt durch die T1-Relaxationszeit, die Repetitionszeit TR und den Flip-Winkel α. Bei der SE-Sequenz treten bei schnellem Blutfluss in den Gefäßen Signalverluste auf. Die GRE-Sequenz dagegen liefert auch bei schnellem Blutfluss ein hohes Signal in den Gefäßen. Die Ursache dafür liegt im unterschiedlichen Prinzip der Sequenzen, die Spins zu refokussieren und ein Signalecho zu erzeugen: Bei der SE-Technik müssen die Blutspins solange in der Schicht bleiben, bis die beiden HF-Pulse eingestrahlt wurden, um ein helles Signal zu erzeugen. Bei der GRE-Technik dagegen gibt es nur einen HF-Puls, und es wird eine kurze Echozeit benutzt, sodass auch schnell fließende Blutspins ein Echosignal liefern. Zusätzlich führt der Einstromeffekt (ToF-Effekt) zu einem sehr hohen Blutsignal im Vergleich zum umliegenden Gewebe. Bildartefakte durch Metall (z. B. durch OperationsClips, Herzklappen mit Metallanteil) sind bei der GRE-Sequenz stärker ausgeprägt als bei der SE-Sequenz, d. h. der Bereich der Signalauslöschung ist größer. Die Ursache dafür liegt im Fehlen des refokussierenden 180°-HF-Pulses. Basierend auf der GRE-Sequenz gibt es eine fast unendlich große Anzahl von schnellen Bildgebungssequenzen, von denen einige für kardiovaskuläre Untersuchungen verwendet werden können. An erster Stelle sind hier die schnelle 2D- oder 3D-GRE- oder FLASH-Sequenz zu nennen, die unter Verwendung der k-Raum-Segmentierung für eine erhebliche Reduktion der Akquisitionszeit der EKG-getriggerten Messungen geführt haben. Die Turbo-FLASH-Sequenz und die EPI- („Echo-planar-imaging-“) Sequenzen werden mit und ohne k-Raum-Segmentierung eingesetzt. Diese Sequenzen können mit unterschiedlichen Kontrasten, erzeugt durch verschiedene Magnetisierungspräparationen, für verschiedene Anwendungen eingesetzt werden. Die schnellen GRE-Sequenzen werden im weiteren Verlauf des Kapitels bei den verschiedenen Anwendungen im Detail vorgestellt. Funktion Die Visualisierung der Bewegung des Herzmuskels stellt auch heute noch eine große Herausforderung an die MRT-Bildgebungstechniken dar. Das Verfahren zur Darstellung bewegter Abläufe wird Kinotechnik oder Cine-Technik genannt und basiert darauf,
Tabelle 1.6. Messparameter Herzfunktion (Kinotechnik) Sequenz
Cine-Sequenzen (GRE, FLASH, TrueFSIP, FIESTA, BFFE, ...)
Pixelgröße
≤1,5 mm×3,0 mm
Matrix
≥256×128
FoV
≤380 mm
Schichtdicke
≤10 mm (Schichtlücke ≤3 mm)
Zeitl. Auflösung
≤50 ms
dass eine anatomische Schicht mehrfach während eines Herzzyklus aufgezeichnet und dann in einer schnellen Abfolge dargestellt wird, wodurch der Herzmuskel bewegt erscheint (Tabelle 1.6). Eine lückenlose Darstellung der Bewegung des gesamten Herzmuskels gestattet mit einer entsprechenden Auswertesoftware die Bestimmung der bekannten Herzfunktionsparameter.
쐍 Gradientenecho und Spin-Echo. Die SE-Technik kann grundsätzlich für die Messung von Kinoaufnahmen verwendet werden. Die Aufnahme der Bilddaten zur Visualisierung der Herzbewegung erfolgt dabei im so genannten rotierenden Mehrschichtmodus (Crooks et al. 1984). Dieses Verfahren zeichnet sich durch eine schlechte zeitliche Auflösung und eine sehr lange Messzeit aus. Unter der zeitlichen Auflösung wird der zeitliche Abstand im Herzzyklus verstanden, in dem die einzelnen Bilder (Phasen) aufgezeichnet werden. Diese Nachteile konnten durch die Verwendung anderer Bildgebungsverfahren in der Kinotechnik ausgeräumt werden, wodurch die SE-Kinotechnik heute nur noch einen historischen Charakter besitzt. Die GRE-Technik besitzt im Vergleich zur SETechnik den enormen Vorteil, dass eine sehr kleine Repetitionszeit TR gewählt werden kann. Dadurch ist es möglich, in einem Herzzyklus eine Schicht mehrfach anzuregen, d. h. es werden mehrere k-Raum-Zeilen (Anzahl n) der gleichen Schicht pro Herzzyklus gemessen. Die Messungen erfolgen direkt hintereinander, also zu unterschiedlichen Phasen des Herzzyklus. Im darauffolgenden Herzzyklus werden von der gleichen Schicht zu denselben Zeitpunkten die nächsten k-Raum-Linien gemessen. Führt man dies über so viele Herzzyklen fort, wie 2D-Phasenkodierschritte benötigt werden, so erhält man „n“ Aufnahmen der gleichen Schicht zu unterschiedlichen Herzphasen. Mit allen heute zur Verfügung stehenden gängigen Gradientensystemen ist eine zeitliche Auflösung der Herzphasenbilder von <20 ms erreichbar. Die Gesamtzahl (n) der Herzphasenbilder ergibt sich aus der Länge des Herzzyklus dividiert durch die verwendete Repetitionszeit TR, z. B.: RR=880 ms (davon effektiv nutzbar 90%), TR=20 ms ergibt 40 Herzphasenbilder.
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Kapitel 1 Herz
Abb. 1.10. k-Raum-Segmentation. In der Abbildung wird die k-Raum-Segmentation in Verbindung mit der Kinotechnik dargestellt. Der k-Raum jedes einzelnen Herzphasenbildes ist exemplarisch in 7 gleich große Segmente unterteilt. Nach der ersten R-Zacke beginnt die Datenakquisition mit der Aufnahme von 7 k-Raum-Linien für das 1. Herzphasenbild, gefolgt von der Aufnahme von 7 k-Raum-Linien für das 2. Herzphasenbild usw. Die jeweils für ein Herzphasenbild gemessenen k-Raum-Linien werden in den in der Abbildung dargestellten Segmenten des zugehörigen k-Raums gespeichert. Die Datenakquisition erfolgt über so viele Herzzyklen hinweg, bis alle 2D-Phasenkodierschritte für alle Herzphasenbilder gemessen
worden sind. Der Hintergrund für die Sortierung der Rohdaten in den segmentierten k-Raum ist, dass k-Raum-Linien, die zu einem bestimmten Zeitpunkt im Herzzyklus gemessen werden, immer in das gleiche Segment gelangen sollen. Da der Bildkontrast primär durch die k-Raum-Linien im Zentrum, hier also durch die Daten im Segment Nr. 4, bestimmt wird, kann dem zugehörigen Bild zum einen eine effektive Akquisitionszeit (der Messzeitpunkt der 4. k-Raum-Linie) im Herzzyklus zugewiesen werden, zum anderen werden die Bewegungsartefakte durch die Bewegung des Herzens während der Zeitspanne der Akquisition der 7 k-Raum-Linien reduziert
Aufgrund der kurzen Repetitionszeit ist es auch möglich, mehrere Schichten wiederholt in einem Herzzyklus zu messen (Glover u. Pelc 1988). Allerdings wird dadurch die zeitliche Auflösung, d. h. die Anzahl der Herzphasenbilder reduziert. Es ist ebenfalls möglich, mit der rotierenden Mehrschichtmethode große Volumina durch eine hohe Anzahl von Schichten in einer Messung abzudecken. Trotz der verbesserten zeitlichen Auflösung der GRE-Technik gegenüber der SE-Technik bleibt ein entscheidender Nachteil: Die Gesamtmesszeit für eine Schicht ist zu
lange für die Durchführung in Atemanhaltetechnik. Atemartefakte können somit nur durch Signalmittelungen reduziert werden, wodurch die Gesamtmesszeit pro Schicht auf einige Minuten ansteigt.
쐍 k-Raum-Segmentation. Magnetresonanztomographen der heutigen Generation erlauben in Verbindung mit der GRE-Technik durch die zur Verfügung stehende Leistung des Gradientensystems eine extrem kurze Repetitionszeit TR (<10 ms) und Echozeit TE. Bei der so genannten segmentierten k-Raum-
1.1 Untersuchungstechnik
Methode (Atkinson u. Edelman 1991) wird der kRaum in Segmente von jeweils mehreren 2D-Phasenkodierzeilen unterteilt. Wird der k-Raum z. B. in 7 Segmente unterteilt, so werden immer 7 Phasenkodierzeilen hintereinander (je eine Zeile für ein Segment) akquiriert und für die spätere Rekonstruktion eines Herzphasenbildes gespeichert. Bei einer Repetitionszeit TR von z. B. 8 ms würden dafür 56 ms Akquisitionszeit benötig. Dieses Zeitfenster würde somit der zeitlichen Auflösung der Kinoaufnahme entsprechen (Abb. 1.10). Im nächsten Herzzyklus werden dann wieder je 7 Zeilen für alle Herzphasenbilder aufgezeichnet. Werden z. B. insgesamt 140 2DPhasenkodierschritte benötigt, so sind hierfür 20 Herzzyklen notwendig. Bei einer RR-Zeit von etwa 800 ms ergibt dies eine Gesamtmesszeit von 16 s, die in der Regel in Atemanhaltetechnik zu bewältigen ist. Durch die Wahl der Segmentgröße und der Repetitionszeit TR wird die zeitliche Auflösung der Kinoaufnahme bestimmt. Die Messzeit pro Schicht wird bestimmt durch die räumliche Auflösung in der 2DPhasenkodierrichtung, die Segmentgröße und natürlich die RR-Zeit. Mit der k-Raum-Segmentation steht eine Methode zur Verfügung, mit der in einer Atemanhaltephase eine Schicht im Kinomodus aufgezeichnet werden kann (typische Messparameter vgl. Tabelle 1.6).
!
Mit der k-Raum-Segmentation ist es möglich, in einer für die klinische Routineuntersuchung akzeptablen Untersuchungszeit von 5–15 min eine lückenlose Darstellung des gesamten Herzens im Kinomodus zu erhalten, wie sie für die Bestimmung der Herzfunktionsparameter benötigt wird. Merke
Die „Echo-sharing-Technik“ (oder „Phase-sharingTechnik“) stellt eine Erweiterung der segmentierten Kinotechnik dar, wodurch die zeitliche Auflösung (Bildrate) erhöht bzw. die Datenakquisitionszeit reduziert werden kann (Abb. 1.11 a–c). Die Echo-sharing-Technik akquiriert die Rohdaten in gleicher Art und Weise wie die segmentierte Kinotechnik. Der Unterschied liegt darin, dass immer einige k-RaumLinien, nämlich die nichtzentralen k-Raum-Linien, für die Bildrekonstruktion aufeinanderfolgender Phasen verwendet werden. Diese werden also bei einmaliger Messung doppelt verwendet, worin der eigentliche Zeitgewinn liegt. Die zentralen k-Raum-Linien jedes Herzphasenbildes werden in der Regel für jedes Bild separat gemessen. Durch dieses Verfahren reduziert sich für eine bestimmte zeitliche Auflösung die Anzahl der effektiv benötigten und gemessenen k-Raum-Linien, wodurch die Messzeit unter Verwendung einer damit möglichen, höheren k-Raum-Segmentierung verringert werden kann. Oder man ver-
wendet das Echo-sharing, um bei gleichbleibender Gesamtmesszeit (und k-Raum-Segmentierung) die zeitliche Auflösung oder die Bildrate zu erhöhen, indem eine höhere Zahl von Phasenbildern aus den gemessenen k-Raum-Linien berechnet wird.
쐍 Neue Techniken. Neben der GRE- und SE-Technik gibt es noch eine Reihe anderer Bildgebungstechniken, die für Kinoaufnahmen verwendet werden können, wie z. B. die EPI- oder TrueFISP-Technik. Die EPI-Technik ist die derzeit schnellste Methode zur Messung eines MRT-Bildes (Mansfield 1977). Nach der HF-Anregung eines Spin-Systems werden multiple Gradientenechos erzeugt, wobei jedes Echo mit einer anderen Phase kodiert wird.Werden so viele Echos erzeugt, wie 2D-Phasenkodierschritte benötigt werden, so wird nur eine HF-Anregung pro Bild benötigt und man spricht von einer „Single-shotAufnahme“. Die Aufnahmezeit für ein komplettes Bild liegt unter 30–40 ms. Bedingt durch den T2*Zerfall und das kleine Signal-zu-Rausch-Verhältnis können in der Regel nur 128 Echos aufgezeichnet werden. Den EPI-Bildern kann durch eine entsprechende Magnetisierungpräparation ein bestimmter Bildkontrast auferlegt werden [z. B. SE- (T2-) oder GRE- (T1-)Kontrast]. Der Vorteil der Methode liegt darin, dass im Prinzip in nur einem Herzschlag eine Kinoaufnahme einer Schicht erstellt werden kann. Wegen des schlechten Signal-zu-Rausch-Verhältnisses und der schlechten räumlichen Auflösung (128er Matrix) der Single-shot-EPI-Aufnahmen wird auch hier die segmentierte k-Raum-Akquisition eingesetzt. Das Ergebnis ist die Multi-shot-EPI-Aufnahme, bei der zur Messung aller Rohdaten das Spin-System mehrfach angeregt wird. Die Anzahl der gemessenen k-Raum-Linien pro Herzzyklus und pro Herzphase wird durch die Segmentierung festgelegt und bestimmt die zeitliche Auflösung und die Gesamtmesszeit pro Schicht. Die Multi-shot-EPI-Technik besitzt im Vergleich zur Single-shot-EPI ein verbessertes Signal-zu-Rausch-Verhältnis und ermöglicht eine höhere räumliche Auflösung.
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Durch die kurze Aufnahmezeit eines kompletten Bildes mit der Singleshot-EPI-Technik wird die Bewegung des Herzens und die Atembewegung „eingefroren“. Daraus resultiert die Möglichkeit der Echtzeitbildgebung des Herzens ohne EKG-Triggerung und in freier Atmung. Merke
In den letzten Jahren konnten sich in der Abdomenbildgebung refokussierte GRE-Techniken (TrueFISP: Bezeichnung der Fa. Siemens, BFFE: Philips oder FIESTA: GE) für T2-gewichtete Aufnahmen durch die Kombination aus sehr gutem Signal-zu-Rausch-Verhältnis und sehr kurzer Akquisitionszeit durchset-
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Kapitel 1 Herz
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Abb. 1.11 a–c. Echo-sharing. a k-Raum Segmentation in der Kinotechnik dargestellt. Es werden 5 k-Raum-Linien pro Herzphasenbild pro Herzzyklus gemessen. Unter dem Echosharing-Verfahren versteht man die mehrfache Verwendung gemessener k-Raum-Linien für die Rekonstruktion verschiedener Herzphasenbilder. Werden z. B. je 2 k-Raum-Linien der 2 benachbarten Herzphasenbilder mehrfach verwendet und nur die zentrale k-Raum-Linie für jedes Herzphasenbild erneut gemessen (b), so ergibt sich durch die erhöhte Zahl der Herzphasenbilder eine höhere zeitliche Auflösung. Ist in diesem Fall die räumliche Auflösung konstant geblieben, so bleibt
auch die Gesamtmesszeit unverändert, da weiterhin nur 5 kRaum-Linien pro Herzphasenbild pro Herzzyklus gemessen werden. c Das Echo-sharing kann auch verwendet werden, um bei einer gleichbleibenden Anzahl der Herzphasenbilder und gleichbleibender räumlicher Auflösung die Anzahl der benötigten Herzzyklen zu reduzieren, indem z. B. die Segmentierung von 5 auf 7 erhöht wird und 3 (statt 2) benachbarte k-Raum-Linien pro Bild verwendet werden. Nachteilig kann sich hierbei eine erhöhte Bewegungsunschärfe auswirken, da das effektive Akquisitionsfenster im Herzzyklus verlängert ist
zen. Diese werden auch „Balanced-SSFP-Sequenzen“ („steady state free precession“) genannt (Scheffler u. Lehnhardt 2003). Diese Techniken gehen aus der FISP- oder GRASS-Technik hervor, indem sie statt einer teilweisen eine vollständige Refokussierung der Phasenverschiebung der Spins besitzen, die durch das Schalten der räumlichen Kodiergradienten erzeugt wurde. Signalverluste durch eine kleinere Längsmagnetisierung, erzeugt durch eine Phasendispersion aufgrund von Magnetfeldgradienten, können
dadurch minimiert werden. Daraus resultiert ein Gleichgewichtszustand („steady-state“) mit einer maximal möglichen Längsmagnetisierung und daraus ein sehr hohes Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Die refokussierte GRE-Sequenz kann in analoger Weise wie die GRE-Sequenz mit der k-Raum-Segmentierung kombiniert und zur Kinotechnik eingesetzt werden. Im Vergleich zur GRE- (FLASH-)Technik zeigt sich ein verbessertes Signal-zu-Rausch-Verhältnis, das in eine höhere räumliche Auflösung umge-
1.1 Untersuchungstechnik
setzt werden kann. Die refokussierte GRE-Sequenz kann ähnlich wie eine schnelle GRE-Sequenz (Turbo FLASH, TFE, FSPGR) mit einer Magnetisierungspräparation, z. B. zur Erzeugung eines IR-Kontrasts, kombiniert werden. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, das hohe Signal-zu-Rausch-Verhältnis auch bei einer Perfusionsuntersuchung, einer Spätaufnahmetechnik oder der Koronarangiographie nutzen zu können. Definition
왔 Die parallele Bildgebung ist eine Me-
thode, die prinzipiell mit allen Bildgebungstechniken kombinierbar ist und zu einer Reduktion der Akquisitionszeit führt. Technische Voraussetzung für diese Methode ist die Verwendung eines Systems aus mehreren Oberflächenspulen (Spulen-Array), wobei die Signale jedes einzelnen Spulenelements über einen separaten Hochfrequenzkanal empfangen und verstärkt werden müssen. Die Messzeitreduktion beruht darauf, dass nur noch ein Bruchteil der für die Bildrekonstruktion benötigten k-Raum-Linien tatsächlich gemessen wird. Die verbleibende Information zur räumlichen Kodierung wird aus den gemessenen, räumlich inhomogenen Spulensensitivitäten und den tatsächlich gemessenen k-Raum-Linien mittels spezieller Bilddrekonstruktionsalgorithmen errechnet. Die Bildrekonstruktionsalgorithmen arbeiten entweder im Rohdatenraum (z. B. Grappa, SMASH) oder im Bildraum (z. B. SENSE).
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Die parallele Bildgebung erlaubt eine Reduktion der Bildakquisitionszeit oder bei gleichbleibender Zeit eine Verbesserung der zeitlichen und/oder der räumlichen Auflösung. Merke
Die Anwendung der parallelen Bildgebung ist, bedingt durch das Verfahren, immer verbunden mit einer Verringerung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses, wobei die Verringerung umso größer ist, je größer die Messzeitreduktion ist. Bedingt durch die Verringerung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses darf die parallele Bildgebung nur bei ausreichendem Signal eingesetzt werden. Sie ist mit sehr guten Resultaten bei der Funktionsuntersuchung in Kombination mit den refokussierten GRE-Techniken (TrueFISP, BFFE, FIESTA) mit ihrem hohen Signal-zu-RauschVerhältnis einsetzbar.
쐍 Tagging. Die „Tagging-Technik“ ermöglicht eine direkte Messung der Herzwandbewegung durch das Setzen so genannter „tags“ zu Beginn des Herzzyklus auf der Herzwand (bzw. auf der gesamten Untersuchungsschicht). Die Bewegung dieser Landmarken im Herzzyklus kann mit Hilfe der Kinotechnik beob-
achtet und quantitativ erfasst werden. Die Landmarken bestehen aus räumlich symmetrisch angeordneten Sättigungsstreifen der Magnetisierung auf der Untersuchungsschicht. Ursprünglich wurden die Sättigungsstreifen radial mit einem Zentrum im linken Ventrikel (Kurzachsenschnitt) und gleichem Winkelabstand erzeugt (Zerhouni et al. 1988). Heute stehen noch weitere Taggingverfahren wie Sättigungsgitter oder parallele Sättigungsstreifen zur Verfügung. Die Erzeugung der Sättigungsgitter gehen auf die SPAMM-Methode („spatially modulating the magnetization“; Axel u. Dougherty 1989 a,b) zurück, bei der ein Gitter mit äquidistanten Linien auf der zu untersuchenden Schicht erzeugt wird. Bei einer Magnetfeldstärke von 1,5 T zeigt sich in der Diastole ein „fading“ der Sättigungslinien, das unter Umständen zu einem Verlust der Sichtbarkeit des Sättigungsgitters führen kann. Die Ursache für dieses Problem liegt in der merklichen Relaxation der Magnetisierung des Sättigungsgitters. Dieser Effekt ist bei einer Magnetfeldstärke von 3,0 T, bedingt durch die größeren T1Relaxationszeiten, deutlich schwächer ausgeprägt (Kramer et al. 2006). Bei allen Vorteilen des Tagging-Verfahrens gilt es aber zu bedenken, dass das Verfahren „nur“ Informationen aus der Bewegung der Gitterkreuzungspunkte liefert, d. h. die räumliche Auflösung wird durch die Abstände im Sättigungsgitter bestimmt. Ein anderer Ansatz zur quantitativen Bestimmung der Herzbewegung stellt die Phasenkontrasttechnik dar, die gegenüber dem Tagging-Verfahren den Vorteil der besseren räumlichen Auflösung besitzt. Bei der Phasenkontrasttechnik erfolgt in Analogie zu den Flussmessungstechniken eine pixelweise Messung der Geschwindigkeit über die Phasendifferenz einer bewegungskompensierten und einer bewegungssensitiven Aufnahme einer Schicht (Hennig et al. 1998) in verschiedenen Herzphasen (CinePhasenkontrasttechnik). Kontrastmitteltechniken
쐍 Perfusion. In der MRT stellt die „First-pass-Technik“ die am häufigsten verwendete Methode zur Messung der Perfusion dar. Ein T1-Zeit-verkürzendes Kontrastmittel (z. B. Gadolinium-DTPA) wird intravenös als Bolus appliziert und führt im perfundierten Gewebe zu einem Signalanstieg in einer T1gewichteten Aufnahme. Nicht oder minder perfundiertes Gewebe zeigt keinen oder einen verspäteten und verringerten Signalanstieg. Zur Messung des Signalanstiegs im perfundierten Gewebe wird eine zeitliche Auflösung von einem Herzschlag benötigt, d. h. bei jedem Herzschlag soll im Idealfall das komplette Herz mit mehreren Schichten aufgezeichnet werden.
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Kapitel 1 Herz Tabelle 1.7. Messparameter Perfusionsuntersuchung Sequenz
Schnelle GRE-Technik
Wichtung
T1
Pixelgröße
≤3 mm×5 mm
Matrix
≥128×76
FoV
≤380 mm
Schichtdicke
≤10 mm
Zeitliche Auflösung
≥3 Schichten pro Herzschlag
Messdauer
30–40 Herzzyklen
Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Sequenztechniken und der Hardware ist es möglich, bei einer zeitlichen Auflösung von einem Herzschlag etwa 3–5 Schichten mit einer Bildmatrix von etwa 128 Punkten aufzunehmen (typische Messparameter s. Tabelle 1.7). Für die First-pass-Technik können 3 Akquisitionsmethoden eingesetzt werden:
∑ die ultraschnelle GRE-Technik (TurboFLASH/ TFE), ∑ die refokussierten GRE-Techniken (TrueFISP, BFFE, FIESTA) oder ∑ die EPI-Technik (Single-shot- oder Multi-shotVerfahren). Die GRE-Technik und die refokussierten GRE-Techniken sind zwar langsamer als die EPI-Technik, besitzen aber den Vorteil, dass sie auf nahezu allen 1,5 TMagnetresonanztomographen zur Verfügung stehen, da keine spezielle Gradienten-Hardware benötigt wird. Die refokussierten GRE-Techniken besitzen im Vergleich zu den ultraschnellen GRE-Techniken, für die heute die größten Erfahrungen vorliegen, den Vorteil eines höheres Signal-zu-Rausch-Verhältnisses (Abb. 1.12). Die ultraschnelle GRE-Technik wird bei der Perfusionsuntersuchung ohne k-Raum-Segmentierung eingesetzt (Abb. 1.12). Mit den üblichen Aufnahmeparametern, wie Repetitionszeit TR=1,9 ms, Echozeit TE=1,0 ms und einer Bildmatrix von 90×128 Bildpunkten entsteht eine Bildaufnahmezeit von etwa 170 ms, womit bei einer RR-Zeit von 800 ms 4 Schichten pro Herzschlag aufgezeichnet werden können. Der Bildkontrast wird primär durch eine Magnetisierungspräparation bestehend aus Vorpulsen [HF-Puls mit 90°- („saturation recovery“, SR-) oder 180°- („inversion recovery“, IR-)Anregungswinkel] und einer einstellbaren Verzögerungszeit bestimmt. In der klinischen Routine hat sich die SR-Präparation aufgrund der kürzeren Messzeit pro Schicht durchgesetzt, da dadurch die Aufnahme einer größeren Zahl von Schichten pro Herzzyklus ermöglicht wird. Die Magnetisierungspulse werden vor der Akquisition
jeder einzelnen Schicht im Herzzyklus gesendet. Dadurch wird gewährleistet, dass der Signalanstieg durch das Kontrastmittel bei allen Schichten gleich groß ist und Schwankungen des Herzschlags keinen Einfluss auf die Signalintensitäten besitzen. Mit dieser Technik kann der Signalanstieg in mehreren Schichten unter Gabe eines Kontrastmittelbolus gemessen werden. Ein Nachteil der Technik ist, dass die Schichten in unterschiedlichen Herzphasen gemessen werden. Die Bestimmung von Signalintensitäts-Zeit-Verläufen für interessierende Areale des Myokards ermöglicht eine objektive Beurteilung des Signalanstiegs. Die EKG-Triggerung muss bei dieser Methode frei von Störungen durch das Gradientensystem arbeiten, da es sonst zu Verfälschungen der Signalintensitäts-Zeit-Verläufe kommt. Mit der First-pass-Methode ist bei der Verwendung von Gadolinium-DTPA keine absolute Messung der Perfusion möglich, da auch eine Diffusion des Kontrastmittels in den Extrazellulärraum bei nichtbekanntem Verteilungsverhältnis stattfindet. Das für die ultraschnelle GRE-Technik vorgestellte Akquisitionsschema wird analoger Weise bei der refokussierten GRE-Technik oder der EPI-Technik angewandt, es erfolgt nur der Austausch des jeweiligen Bildaufnahmemoduls. Einen kontrastmittelunabhängigen Ansatz zur Perfusionsmessung stellt die „Spin-labeling-Technik“ dar, die die Perfusion über eine Änderung der T1-Relaxationszeit bestimmt. Eine Änderung kann bewirkt werden, indem in die Untersuchungsschicht Blut einfließt (z. B. durch Perfusion), das eine andere Magnetisierungspräparation als die Untersuchungsschicht besitzt, d. h. die Spins des einfließenden Blutes wurden über die Magnetisierung markiert („labeling“). Der Vorteil dieser Methode liegt in der beliebigen Wiederholbarkeit der Messung, d. h. es können beliebig viele Schichten untersucht werden, der Nachteil in einem sehr kleinen Signal-zu-RauschVerhältnis (Wacker et al. 1999; Waller et at. 2000, 2001). Eine gänzlich andere Methode zur Bestimmung der Perfusion oder besser der Evaluierung der Funktionstüchtigkeit eines geschädigten Myokardareals stellt die Bestimmung der T2*-Zeit dar (Wacker et al. 1999). Die magnetische Suszeptibilität – ein Parameter, der die T2*-Zeit stark beeinflusst – von Blut wird durch die Konzentration von Deoxyhämoglobin beeinflusst. Ein höherer Blutfluss führt zu einer verringerten Konzentration von Deoxyhämoglobin. Dies erzeugt ein höheres MRT-Signal durch die Erhöhung der T2*-Zeit. Auch bei dieser Technik ist die Anzahl der Untersuchungsschichten nicht limitiert. Die Aussagekraft der beiden Methoden für den Einsatz am Menschen muss noch in klinischen Studien evaluiert werden.
1.1 Untersuchungstechnik
Abb. 1.12. Perfusion-TurboFLASH. Die KM-Perfusionsuntersuchung benötigt eine zeitliche Auflösung von einem Bild pro Herzschlag. Gleichzeitig sollen mehrere Schichten pro Herzschlag aufgezeichnet werden, damit ein möglichst großer Bereich des Herzens mit einer Kontrastmittelgabe untersucht werden kann. Diesen Anforderungen genügt z. B. eine ultraschnelle GRE-Technik. Die Bildakquisition ist im obigem
Schema dargestellt. Direkt nach der R-Zacke erfolgt die komplette Messung mehrerer Schichten pro Herzzyklus. Die SRMagnetisierungspräparation („saturation recovery“) erfolgt durch einen 90°-HF-Puls mit einer einstellbaren Verzögerungszeit TI. Bei einer Gesamtmesszeit TAQ pro Schicht von etwa 170 ms, können etwa 3–5 Schichten pro Herzzyklus gemessen werden
쐍 Gadolinium-Spätaufnahmetechnik. Durch eine hochauflösende T1- oder IR-Bildgebung des Herzens in Atemanhaltetechnik ist es möglich, auch kleine Regionen bzw. die transmurale Ausdehnung einer Kontrastmittelanreicherung zu identifizieren, die exakt den Narbenarealen nach Infarkt entsprechen. Als Ursache werden beim akuten Infarkt ein Einstrom von Kontrastmittel in die infarzierte Zelle und die Änderungen der Kontrastmittelkinetik („washin“/“wash-out“) angesehen. Zusätzlich führt beim akuten und auch beim chronischen Infarkt die Vergrößerung des Extrazellulärraums zu einem erhöhten Kontrastmittelverteilungsvolumen. Das späte Enhancement zeigt nicht nur die Lokalisation und die Größe des betroffenen Myokardareals an, sondern erlaubt auch eine transmurale Differenzierung des Infarktausmaßes und damit eine bildliche Unterscheidung zwischen transmuralen und nichttransmuralen Infarkten. Die am häufigsten eingesetzten Untersuchungstechniken sind die segmentierten IR-TurboFLASH/ TFE- oder IR-TrueFISP-/Balanced-FFE-Sequenzen (Abb. 1.13). Die Sequenzabfolge beginnt nach der RZacke mit einer einstellbaren Delay-Zeit, gefolgt von einem 180°-Inversionspuls und einer einstellbaren Inversionszeit. Diese wird derart eingestellt, dass gesundes Myokard schwarz erscheint, woraus ein deutlicher Kontrastgewinn resultiert. Nach der Inversionszeit TI werden während der Datenakquisition n
k-Raum-Linien gemessen. Die gesamte Messung erfolgt über so viele Herzzyklen hinweg, bis alle 2D-kRaum-Linien akquiriert wurden (Gesamtzahl der 2D-k-Raum-Linien/n k-Raum-Linien pro Herzzyklus). Die wichtigsten Messparameter der Gadolinium-Spätaufnahmetechnik sind in Tabelle 1.8 aufgeführt. Die Inversionszeit sollte individuell für jeden Patienten eingestellt werden, da sie von der Kontrastmitteldosis und dem Zeitpunkt der Messung nach Gabe des Kontrastmittels abhängt. Für die Wahl der richtigen Inversionszeit stehen 3 verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:
∑ Zum einen kann über mehrmalige Testaufnahmen mit unterschiedlichen Inversionszeiten die optimale Inversionszeit zur Signalunterdrückung von gesundem Myokard ermittelt werden. ∑ Oder es kann zum anderen eine spezielle „Suchsequenz“ verwendet werden, bei der die gleiche Testschicht mehrfach mit unterschiedlichen Inversionszeiten in einem Atemanhaltezug aufgenommen wird. Die richtige Inversionszeit kann anschließend aus der Bildserie ausgewählt werden. ∑ Die dritte Möglichkeit besteht aus der Verwendung der phasensensitiven Inversionstechnik (Kellman et al. 2002), bei der über die Berechnung eines phasenkorrigierten Realbildes (anstatt des
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Kapitel 1 Herz
Abb. 1.13. LE-TurboFLASH. Bei der Gadolinium-Spätaufnahmetechnik wird eine segmentierte schnelle GRE-Technik (TurboFLASH, TFE, TrueFISP, BFFE) mit einem Inversionspuls zur Magnetisierungpräparation verwendet. Die Inversionszeit wird individuell für jeden Patienten so eingestellt, sodass das gesunde Myokard keine Signalintensität besitzt, wodurch der Bildkontrast zum Infarktareal, das eine höhere Signalintensität
besitzt, verbessert wird. Die gemessenen n k-Raum-Linien pro Herzzyklus werden im k-Raum derart in die Segmente einsortiert, dass bei der Inversionszeit die zentralen k-Raum-Linien akquiriert werden. Die Datenakquisition erfolgt in der Enddiastole und über so viele Herzzyklen, bis alle benötigten 2Dk-Raum-Linien gemessen wurden
Tabelle 1.8. Messparameter Gadolinium-Spätaufnahmetechnik
einem Bereich von 22–109 mm/s. Diese Geschwindigkeit ist neben der Messposition vor allem vom Zeitpunkt im Herzzyklus abhängig (Achenbach et al. 2000). Insgesamt lässt sich auch in der frühen bis mittleren Diastole eine Bewegung in der Größenordnung von einigen Millimetern pro 100 ms abschätzen. Das Akquisitionsfenster einer Messung sollte daher <100 ms betragen. Dies wird mit den derzeit zur Verfügung stehenden Techniken nicht immer erreicht, und durch das im Vergleich zur Herzbewegung relativ lange Akquisitionsfenster entstehen immer noch deutliche Unschärfen durch die Bewegung. Zur Beseitigung bzw. Reduktion von Bildartefakten durch die Atembewegung kommen nur 2 Verfahren in Betracht:
Sequenz
Schnelle GRE-Technik
Wichtung
IR
Pixelgröße
≤1,5 mm×1,9 mm
Matrix
≥256×204
FoV
≤380 mm
Schichtdicke
≤8 mm
üblicherweise berechneten Magnitudenbildes) der Kontrast zwischen Infarkt und gesundem Myokard in einem großen Bereich um eine mittlere Inversionszeit herum unabhängig von der Inversionszeit ist. Bei dieser Technik entfällt das Einstellen der Inversionszeit, es kann die gleiche „mittlere“ Inversionszeit für jeden Patienten verwendet werden. Koronarangiographie Für die MR-Koronarangiographie stehen eine Reihe von Untersuchungstechniken zur Verfügung, auf die im weiteren Verlauf detaillierter eingegangen wird. An dieser Stelle sollen zuerst die anatomischen und physiologischen Schwierigkeiten angesprochen werden, mit denen sich diese Techniken auseinandersetzen müssen. Das an erster Stelle stehende und schwierigste Problem der MR-Koronarangiographie stellt die Bewegung des Gefäßbaums durch den Herzschlag und die Atmung dar. Die Bewegung durch den Herzschlag lässt sich prinzipiell sehr einfach durch eine EKGTriggerung bewältigen. Allerdings zeigen die Herzkranzgefäße eine hohe Bewegung im Herzzyklus mit einer mittleren Geschwindigkeit von 47 mm/s in
∑ die Atemanhaltetechnik oder ∑ die Atemtriggerung. Die Atemanhaltetechnik besitzt den Vorteil, dass bei einem kooperativen Patienten die Aufnahmen völlig frei von Atmungsartefakten sind. Nachteilig wirkt sich allerdings aus, dass bei mehreren Schichten eines 2D-Schichtstapels immer die gleiche reproduzierbare Atemlage benötigt wird. Die Aufnahme von 3D-Datensätzen in Atemanhaltetechnik ist mit ultraschnellen Techniken möglich geworden. Die Ausdehnung des Datensatzes in der 3. Dimension ist allerdings beschränkt, bedingt durch die benötigte hohe räumliche Auflösung und der relativ kurzen zur Verfügung stehenden Atemanhaltezeit. Für 3D-Messungen bietet sich aufgrund dessen die Atemtriggerung an, bei der auf die Bewegung der Herzwand oder des Diaphragmas getriggert wird. Auf die Funktionsweise der Atemtriggerung wird im weiteren Verlauf des Kapitels detaillierter eingegangen. Auch hier erfolgt die Messung in einem end-
1.1 Untersuchungstechnik
Abb. 1.14. Segmentierte 2D-GRE-Sequenz. Bei der segmentierten 2D-GRE-Sequenz zur Darstellung der Koronararterien erfolgt durch die Einstellung der Verzögerungszeit TDelay die Datenaufnahme in der Ruhephase der Koronararterien. Nach Ablauf der Verzögerungszeit wird zur Kontrastverbesserung
das Fettsignals durch einen Fettsättigungspuls unterdrückt. Anschließend werden n k-Raum-Linien pro Herzzyklus akquiriert. Die Messung erfolgt wieder über so viele Herzzyklen, bis der komplette k-Raum gefüllt ist
lichen „Zeitfenster“ der Atembewegung, wodurch trotz Triggerung eine Bewegungsunschärfe auftritt. Der Nachteil der Atemtriggerung liegt in der relativ langen Messzeit. Von Vorteil ist, dass auch unkooperative Patienten untersucht werden können und ein längeres Datenakquisitionsfenster als bei der Atemanhaltetechnik zur Verfügung steht. Trotz EKG- und Atemtriggerung können noch weitere Bewegungsunschärfen, z. B. durch einen irregulären Herzschlag oder durch eine Driftbewegung des Herzens während des Atemanhaltens (Poncelet et al. 1993) auftreten. Die Anatomie des Koronargefäßbaums stellt das zweite Problem der Untersuchungstechniken dar. Die Koronargefäße besitzen einen Durchmesser von maximal 5 mm und haben einen geschlängelten Verlauf. Dadurch gestaltet sich die Darstellung mit 2D-Einzelschichten schwierig, da die Gefäße immer wieder aus den Schichten herauslaufen. Abhilfe ist durch die Messung von 2D-Schichtstapeln oder durch unterschiedliche Angulationen möglich. 3D-Verfahren bieten hier eindeutige Vorteile, da der Datensatz z. B. in einfacher transversaler Orientierung aufgezeichnet und mit 3D-Nachverarbeitungsmethoden (MIP, MPR) bearbeitet werden kann. Ein weiterer Vorteil liegt im besseren Signal-zu-Rausch-Verhältnis als bei den 2D-Verfahren, ein möglicher Nachteil allerdings in der möglichen Sättigung einfließender Blutspins.
Die k-Raum-Linien werden segmentiert aufgezeichnet, d. h. pro Herzzyklus wird in einer Ruhephase ein Segment aus n k-Raum-Linien aufgenommen (Edelman et al. 1991; Abb. 1.14). Das dafür benötigte Akquisitionsfenster im Herzzyklus ergibt sich aus der verwendeten Repetitionszeit TR (u. a. abhängig vom Gradientensystem) und der Zahl „n“ der gemessenen k-Raum-Linien. Aus der Segmentierungszahl „n“ und den insgesamt benötigten k-Raum-Linien ergibt sich in gleicher Weise wie bei den segmentierten Kinosequenzen die Anzahl der benötigten Herzzyklen und damit die Atemanhaltezeit pro Schicht. Für 180 2D-Phasenkodierschritte ergibt sich z. B. bei der Akquisition von 9 k-Raum-Linien pro Herzschlag (RR=800 ms) eine Atemanhaltezeit von 16 s. Die Gefäße werden in der GRE-Sequenz durch frische ungesättigte Blutspins hell dargestellt. Da die Koronararterien häufig im Fettgewebe eingelagert sind, wird bei der GRE-Sequenz üblicherweise eine Sättigung des Fettsignals vorgenommen (z. B. durch Sättigungspulse in jedem Herzzyklus vor der Akquisition der k-Raum-Linien, vgl. Abb. 1.14), wodurch eine Verbesserung des Bildkontrasts erreicht wird. Die 2D-GRE-Sequenz bietet gegenüber den 2D-SETechniken den Vorteil eines kleineren Datenakquisitionsfensters und einer besseren Auflösung, besitzt aber auch alle beschriebenen Nachteile der 2D-Verfahren.
쐍 2D-Technik. Die für morphologische Untersuchungen (s. oben, Abschn. „Morphologie“) eingesetzte dark-blood-präparierte TSE- und HASTE-Sequenz kann ebenfalls zur Darstellung der proximalen Anteile der Koronararterien und von Bypässen verwendet werden. Die Limitationen liegen in den schon beschriebenen Problemen der 2D-Verfahren, der eingeschränkten Darstellung der Gefäße bedingt durch das lange Datenakquisitionsfenster im Herzzyklus und die schlechte räumliche Auflösung.
쐍 3D-Technik mit Atemtriggerung. Dreidimensionale Datensätze stellen die beste Alternative zur Darstellung der komplexen Anatomie der Koronararterien dar. Die Problematik liegt hier allerdings im Vergleich zur 2D-Bildgebung bei einer stark verlängerten Akquisitionszeit, wodurch eine Durchführung in Atemanhaltetechnik nur eingeschränkt möglich ist. Die einfachste Möglichkeit zur Reduktion von Bildartefakten durch die Atmung besteht in einer Signalmittelung. Die Ergebnisse sind allerdings nicht sehr
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Kapitel 1 Herz
befriedigend (Li et al. 1993; Wang et al. 1995).Weitaus bessere Resultate liefert die technisch aufwändigere Atemtriggerung auf die Bewegung der Zwerchfellkuppe oder der Herzwand (Li et al. 1996), die unter der Bezeichnung Navigatortechnik bekannt ist. Die Detektion der Diaphragmaposition erfolgt über ein eindimensionales MRT-Bild (eigentlich kein Bild, sondern ein Stab oder ein Bild mit der Matrixgröße 1 in einer Richtung), das senkrecht auf der Zwerchfellkuppe steht. Das 1D-Bild wird durch eine SE-Sequenz erzeugt, indem der 90°- und der 180°-HF-Puls in 2 unterschiedlichen Ebenen die Spins anregen. Nur die Spins im Schnittvolumen der beiden HF-Anregungsschichten „sehen“ den 90°- und 180°-HF-Puls und erzeugen somit ein „eindimensionales“ Bild (Abb. 1.15 a–c). Wird der Stab senkrecht auf die Zwerchfellkuppe gesetzt, so kann damit die Atembewegung über die Bewegung des Grenzpunktes zwischen Leber (hell) und Lunge (dunkel) gemessen werden. Durch einen mathematischen Algorithmus kann der Grenzpunkt zwischen Leber und Lunge detektiert und als Triggersignal verwendet werden. Die Aufnahme des Stabes (oder der Atemlage) erfolgt direkt vor der Datenaufnahme im Herzzyklus, wodurch den gemessenen Rohdaten eine Zwerchfell- oder Atemposition zugeordnet werden kann. Bei der prospektiven Atemtriggerung wird in Echtzeit nach der Messung der Atemlage entschieden, ob sie innerhalb eines vor der Messung festgelegten Atemfensters liegt. Für den Fall, dass sie darin liegt, erfolgt die eigentliche 3D-Datenakquisition, ansonsten wird auf den nächsten Herzzyklus für den nächsten Versuch gewartet. Ein Problem der Triggerung auf die Zwerchfellkuppe ist die nicht korrekte Annahme, dass eine lineare Korrelation zwischen Diaphragma- und Herzbewegung vorliegt. Die Bewegung der proximalen Koronararterien liegt bei etwa 60%, die des Apex bei 90% der Diaphragmabewegung (Wang et al. 1995). Eine Verbesserung liefert die Verwendung eines Korrekturfaktors zwischen Diaphragmabewegung und einer in Echtzeit durchgeführten Korrektur der Schichtposition, falls die „Soll-Atemlage“ nicht erreicht worden ist, oder eine direkte Triggerung auf die Vorderwand des linken Ventrikels. Die eigentliche Bildakquisition erfolgt mit einer segmentierten 3D-GRE- oder Balanced-SSFP-Sequenz, wobei letztere derzeit aufgrund des höheren Signal-zu-Rausch-Verhältnisses und des besseren Kontrasts zwischen Blut und Myokard einen Vorteil besitzt. Sowohl bei der GRE- als auch bei der Balanced-SSFP-Sequenz ist vor der Aufnahme der kRaum-Linien eine Unterdrückung des Fettsignals zur Kontrastverbesserung zwingend erforderlich. Zusätzlich kann eine Präparation der Magnetisierung durch einen MTC-Puls (Magnetisierungs-Transfer-
a
b
c
Abb. 1.15 a–c. Prinzip Navigator. Das 1D-SE-Bild zur Detektion der Atembewegung wird dadurch erzeugt, dass die Ebene, in der der 90°-HF-Puls eingestrahlt wird, nicht mit der Ebene zusammenfällt, in der der 180°-HF-Puls eingestrahlt wird, sondern diese kreuzt. Die Spins im Schnittvolumen der beiden Ebenen erfahren beide HF-Pulse und erzeugen das 1D-SEBild. Die Orientierung der beiden Ebenen ist auf dem transversalen (a) und dem koronaren (b) Übersichtsbild ersichtlich. Das Schnittvolumen der 2 Ebenen bildet einen Stab mit einem Parallelogramm als Querschnitt. c Signalintensität dieses Stabes als Funktion der Atembewegung. Die Grenzfläche zwischen Leber (hell) und Lunge (dunkel) kann von einem mathematischen Algorithmus detektiert und zur Atemtriggerung verwendet werden
1.1 Untersuchungstechnik
Abb. 1.16. Segmentierte 3D-GRE-Sequenz. Eine 3D-Sequenz besitzt einen 3D-k-Raum, der in der Regel durch den Durchlauf von 2 Datenakquisitionsschleifen mit Rohdaten gefüllt wird. Eine EKG-getriggerte, segmentierte 3D-GRE-Sequenz kann wie oben dargestellt die Rohdaten akquirieren (es gibt verschiedene Möglichkeiten, dargestellt ist eine einfache Variante). In einem Herzzyklus erfolgt wie bei der 2D-GRE-Sequenz (vgl. Abb.1.14) die Aufnahme von n k-Raum-Linien in
der Ruhephase der Koronararterien. Der Unterschied zur 2DSequenz liegt darin, dass in jedem Herzzyklus alle 2D-kRaum-Linien die zu einer 3D-k-Raum-Linie (hier: die Linie m) gehören, gemessen werden. Im nächsten Herzzyklus werden dann alle 2D-k-Raum-Linien zur nächsten 3D-k-Raum-Linie (hier: m+1) aquiriert usw. Die Messung dauert solange, bis all 3D-k-Raum-Linien durchlaufen wurden
Kontrast) oder einen T2-Puls zur Verbesserung des Kontrasts zwischen Koronararterien und Myokard eingesetzt werden. Mit den 3D-Techniken in Verbindung mit der Atemtriggerung gelingt es, eine räumliche Auflösung von 1×1×1 mm und besser zu erreichen. Das Datenakquisitionsfenster im Herzzyklus liegt bei etwa 100 ms. Eine Verringerung des Zeitfensters und damit der Bewegungsartefakte ist über eine kleinere Segmentierung zu erreichen, wodurch aber immer die Gesamtmesszeit ansteigt. Eine weitere Verbesserung der räumlichen Auflösung ist auch möglich, sie führt aber ebenfalls zu einer Verlängerung der Gesamtmesszeit.
Da es mit einem derart dünnen 3D-Volumen in Normalfall nicht möglich ist, den kompletten Koronargefäßbaum abzubilden, wurde ein Verfahren mit der Bezeichnung VCATS („volume coronary angiography with targeted scans“) entwickelt (Wielopolski et al. 1998). Bei dieser Technik erfolgt die Aufnahme der Hauptstämme durch mehrere unterschiedlich orientierte 3D-Datensätze in mehreren Atemanhaltezyklen bzw. Messungen. Das VCATS-Verfahren kann mit allen schnellen 3D-Sequenztechniken kombiniert werden. Die räumliche Auflösung ist im Vergleich zu den Techniken mit Atemtriggerung schlechter, sie liegt bei etwa 1,5×1 mm in der Schicht und einer Schichtdicke von etwa 1,5 mm. Die 3D-GRE-Techniken in Atemanhaltetechnik können in Analogie zur kontrastmittelgestützten MRA mit der Gabe eines Kontrastmittels zur Verbesserung des Kontrast-zu-Rausch-Verhältnisses kombiniert werden. Bei der Verwendung von extrazellulärem Kontrastmittel ist eine Abstimmung der Rohdatenakquisition (zentrale k-Raum-Linien) mit der Transitzeit des Kontrastmittels erforderlich. Der Einsatz des extrazellulären Kontrastmittels besitzt den entscheidenden Nachteil, dass die Kontrastmittelgabe und damit die Messung nicht beliebig oft wiederholt werden kann und von Messung zu Messung der Kontrastgewinn durch den Verbleib von Kontrastmittel im Körper verkleinert wird.
쐍 3D-Technik in Atemanhaltetechnik. Die 3D-Bildakquisition in Atemanhaltetechnik erfolgt ebenfalls mit segmentierten 3D-GRE- oder Balanced-SSFP-Sequenzen (Abb. 1.16). Bei der Verwendung dieser schnellen Techniken in Kombination mit einem leistungsstarken Gradientensystem ist es möglich, ein 3D-Volumen mit ausreichender Dicke in einem Atemanhaltezyklus zu untersuchen. Da durch die EKG-Triggerung eine deutlich kleinere Zeit als die Atemanhaltezeit für die Datenakquisition zur Verfügung steht, muss im Vergleich zu einer in Atemanhaltetechnik durchgeführten 3D-CE- (kontrastverstärkte-)MRA ohne EKG-Triggerung die Dicke des 3DBlocks verkleinert (auf etwa 2–3 cm), bzw. die räumliche Auflösung verringert werden.
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Kapitel 1 Herz
Flussmessungen 쐍 Phasenänderung durch Fluss und Flusskompensation. Die MRT-Akquisitionstechniken verwenden zur Erzeugung eines so genannten Gradientenechos einen Magnetfeldgradienten. Dieser wird für eine bestimmte Zeitdauer t1 mit einer Amplitude G1 eingeschaltet, wobei während dieser Zeit eine Dephasierung der Spins erfolgt. Wird danach der Gradient mit einer negativen Amplitude G2 und einer Zeitdauer t2 eingeschaltet, nimmt die Phasenänderung wieder ab. Ist für einen bestimmten Zeitpunkt die Bedingung G1×t1 = G2×t2 erfüllt (bipolarer Gradient), so ist die Phasenverschiebung komplett aufgehoben, und ein so genanntes Gradientenecho entsteht und kann in der Empfangspule registriert werden. Erfolgt während der Schaltung der Gradienten eine Bewegung der Spins in Richtung des Magnetfeldgradienten, so wird die Phasenverschiebung nicht mehr komplett aufgehoben. Die Phase ist im Vergleich zu stationären Spins vergrößert oder verkleinert, wodurch Bildoder Phasenartefakte entstehen. Dieses Phänomen kann allerdings auch zur Detektion (Betragskontrastangiographie, Phasenkontrastangiographie) und Quantifizierung von Fluss verwendet werden. Mit Hilfe der so genannten Flusskompensationsmethoden ist es andererseits möglich, die nichterwünschte Phasenverschiebung und damit die Bildartefakte aufzuheben. Diese Techniken setzen weitere, zusätzliche Gradientenpulse unterschiedlicher Amplitude und Vorzeichen ein, um die Dephasierungen rückgängig zu machen.
쐍 Flussmessung. Bei der Phasenkontrastangiographie (PC-MRA) und der quantitativen Flussmessung erfolgt die Messung der flussbedingten Änderungen des MRT-Signals, um daraus die Gefäße darstellen bzw. den Fluss quantitativ bestimmen zu können. Die Messung der flussbedingten Phasenänderung erfolgt durch die Aufnahme eines Datensatzes mit einem zusätzlichen bipolaren Gradienten in einer oder mehreren Raumrichtungen. Die bipolaren Gradienten dienen zur Erzeugung einer flussbedingten definierten Phasenverschiebung (phasensensitive Messung) und werden als Flusskodiergradienten bezeichnet. Die Phasenverschiebung ist proportional zu der Flussgeschwindigkeitskomponente, die in Richtung des bipolaren Gradienten zeigt und ergibt sich aus folgender Beziehung: Phasenverschiebung ϕ = γ×G×T×T×v (γ gyromagnetisches Verhältnis, G Gradientenamplitude, T Gradientendauer, T Zeit zwischen den Gradientenpulsen, v Geschwindigkeit). Da aber eine Phasenänderung des MRT-Signals durch verschiedene Faktoren – nicht nur durch Fluss
– erzeugt werden kann, wie z. B. durch Magnetfeldinhomogenitäten, ist es notwendig, eine Referenzmessung anzufertigen. Mit Hilfe dieser Referenzmessung sollen alle nichtflussinduzierten Phasenänderungen eliminiert werden. Die Referenzmessung kann durch die Aufnahme des Datensatzes mit einer Flusskompensation anstatt der bipolaren Gradienten zur Flusskodierung erstellt werden. Nach einer komplexen Subtraktion der MRT-Signale der Referenzmessung von der phasenkodierten Aufnahme steht ein Datensatz zur Verfügung, dessen Darstellung der Phase als Grauwertbild das so genannte Phasenbild oder die Flussmessungen liefert. Da der Phasenwinkel proportional zur Blutflussgeschwindigkeit v ist, kann mit Hilfe des Phasenbildes die Flussgeschwindigkeit absolut quantifiziert werden. Diese Technik wird als quantitative Flussmessung bezeichnet. Üblicherweise wird der mit der Periodizität von 2 π auftretende Phasenwinkel im Bereich von –180° und +180° bzw. die gemessene Geschwindigkeit von –vmax bis +vmax im Grauwertbild über die zur Verfügung stehende Grauwertskala von ganz schwarz nach ganz weiß dargestellt. Ein mittlerer Grauwert bedeutet also keinen Fluss, ein zur Richtung des bipolaren Gradienten paralleler Fluss wird heller und ein antiparalleler dunkler dargestellt. Daraus resultiert die Möglichkeit, visuell die Flussrichtung zu bestimmen oder über eine entsprechende Auswertesoftware quantitativ die Flussgeschwindigkeit oder die Flussrate zu ermitteln. Ein Nachteil des Verfahrens ist die Diskontinuität des Phasenwinkels mit einer Periodizität von 2 π, woraus ein „aliasing“ der Signalintensität (Hell-dunkel-Sprünge) für den Fall resultiert, dass der Phasenwinkel den Bereich von –180° bis +180° überschreitet. Dieser Fall wird durch die Eingabe einer maximal zu erwartenden Flussgeschwindigkeit vmax (oder valiasing oder venc) als Untersuchungsparameter vermieden, womit in der Untersuchungssequenz der bipolare Gradient so berechnet wird, dass der Bereich von – 180° .... +180° nicht überschritten wird.Wird dagegen die Geschwindigkeit vmax sehr viel größer als die tatsächliche maximale Geschwindigkeit gewählt (z. B. um ein Aliasing sicher zu vermeiden), so werden alle gemessenen Geschwindigkeiten durch eine sehr kleine Phasendifferenz oder Signalintensität dargestellt, was zu einem schlechten Signal-zu-Rausch-Verhältnis führt. In der praktischen Durchführung erfolgt die quantitative Flussmessung in einem Gefäß derart, dass man senkrecht zu diesem mit einer 2D-Flusssequenz eine Schicht aufzeichnet, die eine Flussempfindlichkeit in Schichtselektionsrichtung besitzt. Die Aufnahme erfolgt mit EKG-Triggerung in der Kinotechnik, um die Geschwindigkeit zu verschiedenen Zeitpunkten des Herzzyklus ermitteln und um Fluss-
1.1 Untersuchungstechnik
raten bestimmen zu können. Die retrospektive EKGTriggerung besitzt bei den Flussmessungen im Vergleich zur prospektiven Triggerung den Vorteil, dass der für die quantitative Erfassung des Flusses wichtige enddiastolische Anteil ebenfalls bestimmt werden kann. Die zeitliche Auflösung beschreibt wie bei der Kinotechnik das Zeitfenster für die Messung eines Bildes im Herzzyklus, bzw. hier den zeitlichen Abstand, in dem Flussmessungen vorgenommen werden. Soll aus den Flussmessungen quantitativ die Flussrate oder die maximale Flussgeschwindigkeit ermittelt werden, so muss aus den einzelnen Messungen eine Flusskurve erstellt werden. Eine schlechte zeitliche Auflösung führt hierbei zu einem erhöhten Fehler der quantitativen Werte, vor allem die maximale Flussgeschwindigkeit kann bei einem zu großen Zeitfenster nicht exakt bestimmt werden. Eine deutliche Verbesserung der zeitlichen Auflösung gelingt durch die Verwendung der Phase-sharing-Technik und/oder der parallelen Bildgebung in gleicher Weise wie bei der Kinotechnik. Bei den Flussmessungen ist es wichtig, hinsichtlich der Wahl der beiden Verfahren die zeitliche Auflösung zu berücksichtigen. Metabolische Bildgebung Das Element Natrium (Na) mit dem Isotop 23Na (Spin 3/2) und das Element Phosphor (P) mit dem Isotop 31P (Spin 1/2) ist mit dem MRT-Verfahren durch den ungeradzahligen Spin nachweisbar. Im Vergleich zu Wasserstoff besitzen diese beiden Elemente eine geringere In-vivo-Konzentration und MRT-Empfindlichkeit, woraus ein stark verringertes MRT-Signal resultiert. Phosphor und Natrium besitzen zudem ein anderes gyromagnetisches Verhältnis als Wasserstoff, also andere Larmor- oder Anregungsfrequenzen: 25,9 MHz für Phosphor und 16,8 MHz für Natrium bei einer Magnetfeldstärke von 1,5 T. Technische Vorraussetzungen für die Durchführung der 31P- und 23Na-MRT-Untersuchung sind zum einen ein entsprechender Hochfrequenzsender und eine spezielle auf die verwendete Anregungsfrequenz abgestimmte Sende- und Empfangsspule. Da sowohl die Natriumbildgebung als auch die Phosphorspektroskopie aufgrund der speziellen Geräteausstattung und der erforderlichen Kenntnis der Verfahren derzeit nur in klinischen Studien angewendet werden, soll hier nur eine kurze orientierende Darstellung gegeben werden. Die 23Na-MRT-Bildgebung ist ein relativ neues Verfahren zum Nachweis und zur Größenbestimmung eines Myokardinfarkts (Sandstede et al. 2001, 2004). Die Untersuchung erfolgt in analoger Weise zur Protonenbildgebung mit GRE-Sequenzen, wobei aufgrund des niedrigen Signal-zu-Rausch-Verhält-
nisses vorwiegend 3D-Sequenzen verwendet werden. Atem- und Herzbewegungen werden üblicherweise durch Signalmittelungen reduziert. Hierbei ist die Verwendung einer EKG-Triggerung möglich und führt zu einer Verbesserung der Bildqualität, aber auch zu einer Verlängerung der Messzeit. Bedingt durch das niedrige Signal-zu-Rausch-Verhältnis werden Voxelgrößen in der Größenordnung von 400 ml benutzt. Das Isotop 31P wird vorwiegend in der MRT-Spektroskopie des Herzmuskels zur Beurteilung der energiereichen Phosphate Adenosintriphosphat (ATP) und Phosphorcreatin (PCr) eingesetzt. In der MRSpektroskopie werden spezielle Pulssequenzen und Signalverarbeitungsmethoden angewendet, die das MRT-Signal hinsichtlich der spektralen Komponenten untersuchen. Es können neben 2D- auch 3D-Volumenselektionsmethoden eingesetzt werden, sodass der gesamte Herzmuskel in einer Untersuchung erfasst werden kann. Die Untersuchungsvoxel liegen in einer Größenordnung von etwa 25 ml. Ein sehr großer Vorteil der Phosphorspektroskopie stellt die in den letzten Jahren etablierte Technik zur Absolutquantifizierung der Phosphorverbindungen dar. 1.1.3.3 Durchführung der Untersuchungen Herzachsen Die Untersuchung des Herzens in der MRT erfolgt in den meisten Fällen doppelt anguliert entlang der anatomischen Herzachsen (Tabelle 1.9). Nur in Einzelfällen ist die Darstellung in den Standardebenen (transversal, frontal, sagittal) ausreichend. Zunächst werden transversale „scouts“ akquiriert, auf denen die Herzspitze und die Mitte der Mitralklappe lokalisiert werden. Anschließend wird eine Ebene durch diese beiden Punkte gelegt zur Darstellung des orientierenden linksventrikulären Zweikammerblicks (Abb. 1.17 a). Dieselben Landmarken (Mitte der Mitralklappe und Herzspitze) werden auf dieser Schichtebene zur Erzeugung des orientierenden Vierkammerblicks benutzt (Abb. 1.17 b). Die orientierende kurze Herzachse (biventrikulärer Zweikammerblick) wird auf dieser Planungsebene durch eine Schicht entlang der Klappenebene abgebildet mit Schichtführung durch die ventrale Insertion der Trikuspidalklappe und die dorsale Insertion der Mitralklappe (Abb. 1.17 c).
!
Die exakte Ausrichtung parallel zur Klappenebene ist Grundlage der vergleichenden Quantifizierung der rechts- und linksventrikulären Volumina. Merke
Der tatsächliche Vierkammerblick (lange Herzachse) wird auf einer mittleren Schicht der kurzen Herzach-
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34
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.9. Planung von Herzuntersuchungen entlang der anatomischen Herzachsen Herzachse
Planungsebene
1. Achsenpunkt
2. Achsenpunkt
Orientierender LV Zweikammerblick
Transversale Schichten
Mitte der Mitralklappe
Herzspitze
Orientierender Vierkammerblick
Orientierender LV Zweikammerblick
Mitte der Mitralklappe
Herzspitze
Kurze Herzachse
Orientierender LV Vierkammerblick
Ventrale Insertion der Trikuspidalklappe
Dorsale Insertion der Mitralklappe
Vierkammerblick
Kurze Herzachse mittventrikulär
Zentrum linker Ventrikel
Laterale Spitze rechter Ventrikel
LV Zweikammerblick
Vierkammerblick
Mitte der Mitralklappe
Herzspitze
RV Zweikammerblick
Vierkammerblick
Mitte der Trikuspidalklappe
Herzspitze
LV Ausflusstrakt
Transversale Schichten
Bulbus aortae
Aortale Ausflussbahn
RV Ausflusstrakt
Transversale Schichten
Pulmonalklappe
Pulmonalarterienaufzweigung
Dreikammerblick
Kurze Herzachse Höhe LV Ausflusstrakt
Zentrum Aorta ascendens
Zentrum linker Vorhof
LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel.
se mit Achsenführung durch das Zentrum des linken Ventrikels und die laterale Spitze des rechten Ventrikels geplant (Abb. 1.17 d). Anschließend können auf dem Vierkammerblick der linksventrikuläre Zweikammerblick (Abb. 1.17 e) durch Schichtführung durch die Mitte der Mitralklappe und die Herzspitze sowie der rechtsventrikuläre Zweikammerblick (Abb. 1.17 f) durch Schichtführung durch die Mitte der Trikuspidalklappe und die Spitze des rechten Ventrikels geplant werden. Die linksventrikuläre Ausflussbahn wird auf transversalen Schichten geplant. Es wird eine parafrontale Achse zwischen Bulbus aortae und der bereits in dieser Ebene sichtbaren aortalen Ausflussbahn gezogen (Abb. 1.17 g). Der rechtsventrikuläre Ausflusstrakt wird auf 2 transversalen Schichten bestimmt, auf denen die Pulmonalklappe und die Aufzweigung des Truncus pulmonalis in die Pulmonalarterien zu sehen sind. Anschließend wird eine Achse durch die Mitte der Pulmonalklappe und der Pulmonalarterienaufzweigung gelegt (Abb. 1.17 h). Der Dreikammerblick stellt den linken Vorhof und den linken Ventrikel mit aortalem Ausflusstrakt und Beginn der Aorta ascendens dar. Die Planung erfolgt auf einem basalen Kurzachsenschnitt in Höhe des aortalen Ausflusstrakts mit einer Achse durch das Zentrum des linken Vorhofs und der Aorta ascendens (Abb. 1.17 i). Globale und regionale Funktionsanalyse Für die Funktionsanalyse des Herzens wird das gesamte Herz mit der Cine-MRT in aufeinanderfolgenden Schichten von der Herzbasis bis zur Herzspitze in der kurzen Herzachse untersucht. Hierbei muss sichergestellt werden, dass die erste Schicht im Bereich
der Vorhöfe und die letzte Schicht außerhalb des Ventrikellumens liegen. Zur Beurteilung der Herzspitze schließt sich jeweils mindestens eine Schicht in der langen Herzachse und im links- bzw. rechtsventrikulären Zweikammerblick an. Mit dieser Technik lassen sich sowohl die globale Herzfunktion als auch die regionale Wandfunktion beider Ventrikel beurteilen. Eine weiterführende Untersuchung ist mit der Tagging-Technik möglich. Zur Quantifizierung regionaler Wandbewegungsstörungen können einzelne Schichten mit der Tagging-MRT wiederholt werden. Auf diesen Schichten können Rotation, radiäre Kontraktion und Umfangsverkürzung global und regional bestimmt werden. Zur Beurteilung der Torsionsbewegung des Herzens werden eine basale und eine apikale Schicht mit der Tagging-Technik untersucht. Definition
왔 Als basale Schicht wird die erste
Schicht definiert, in der die gesamte Zirkumferenz des linken Ventrikels in Diastole und Systole abgebildet ist. Als die am weitesten an der Herzspitze gelegene Schicht wird die letzte Schicht definiert, in der noch ein endsystolisches Volumen abgrenzbar ist. Noch in der Erprobung befindet sich die Phasenkontrasttechnik mit höherer räumlicher Auflösung, bei der analog der Flussmessung die Myokardbewegung über die Phasenverschiebung der einzelnen Pixel gemessen wird.
쐍 Auswertung – globale Funktionsanalyse. Die biventrikuläre Massen- und Funktionsanalyse erfolgt üblicherweise in der kurzen Herzachse. Vor Beginn der
1.1 Untersuchungstechnik Abb. 1.17 a–d. Untersuchungsplanung Herzachsen. a Orientierender linksventrikulärer Zweikammerblick. b Orientierender Vierkammerblick. c Doppelt angulierter biventrikulärer Zweikammerblick (kurze Herzachse). d Doppelt angulierter Vierkammerblick (lange Herzachse)
a
b
c
d
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36
Kapitel 1 Herz Abb. 1.17 e–h. e Doppelt angulierter linksventrikulärer Zweikammerblick. f Doppelt angulierter rechtsventrikulärer Zweikammerblick. g Aortaler Ausflusstrakt. h Pulmonaler Ausflusstrakt
e
f
g
h
1.1 Untersuchungstechnik Abb. 1.17. i Doppelt angulierter Dreikammerblick
i
!
Auswertung sind einige Definitionen notwendig: Die Festlegung der enddiastolischen und der endsystolischen Phase erfolgt auf der ersten Schicht, die in allen Herzphasen die vollständige Myokardzirkumferenz zeigt.
Die Messungen der Funktionsparameter und des Herzgewichts mit der MRT stellen heute den Goldstandard der Funktionsanalyse dar, da die Auswertungen sehr robust und reproduzierbar sind.
왔 Die enddiastolische Phase ist das Bild,
Die Intra- und Interobserver-Variabilitäten dieser Auswertungen liegen zwischen 5–6% und 4,5–11,5% (Lorenz et al. 1999; Rominger et al. 1999; Sandstede et al. 2000 a). Durch eine Segmentierung aller Herzphasen lassen sich die linksventrikulären systolischen Auswurf- und diastolischen Füllungsparameter bestimmen. Dies kann entweder für alle Schichten oder auch auf einer repräsentativen mittventrikulären Schicht erfolgen (Rominger et al. 1999 b). Die maximalen linksventrikulären Auswurf- (MAR) und Füllungsraten (MFR) werden durch Interpolation der Zeit-Volumen-Kurven durch Polynome dritter Ordnung berechnet und in ml/s angegeben bzw. auf das EDV normalisiert und als LV EDV/s beschrieben (Bonow et al. 1988). Die Zeitpunkte der maximalen Auswurfrate (Z-MAR) bzw. der maximalen Füllrate (Z-MFR) werden relativ zum enddiastolischen bzw. endsystolischen Phasenbild gemessen. Aus der Untersuchung von gesunden Probanden in einer weiten Altersspanne ergibt sich, dass die Analyse von Volumina und Massen bei Patienten unter Berücksichtigung entweder alters- oder geschlechtskorrigierter Vergleichswerte erfolgen sollte. Während mit zunehmendem Alter die Herzmasse konstant bleibt, nehmen die Volumina signifikant ab. Die Verwendung eines Index, bezogen auf die Körperoberfläche, beseitigt die linksventrikulären geschlechtsabhängigen Volumenunterschiede, die linksventrikuläre Masse bleibt jedoch auch als Index signifikant unterschiedlich. Alters- oder geschlechtsunabhängig sind Herzzeitvolumen und Ejektionsfraktion. Für die Beurteilung des linken Ventrikels im klinischen Alltag be-
Definition
das als erstes Bild nach der Triggerung auf die R-Zacke akquiriert wird, die endsystolische Phase ist das Bild mit dem geringsten Ventrikelvolumen. Als Herzbasis wird getrennt für Diastole und Systole jeweils die Schicht definiert, in der mindestens 50% der Zirkumferenz des linken Ventrikels abgebildet sind. Als die am weitesten an der Herzspitze gelegene Schicht wird die letzte Schicht ausgewertet, in der noch ein endsystolisches Volumen abgrenzbar ist. Anschließend werden in der enddiastolischen und der endsystolischen Phase die endokardialen und epikardialen Konturen beider Herzventrikel mit Hilfe einer Auswertesoftware manuell eingezeichnet. Die Papillarmuskeln und die Trabekulierung werden dem Ventrikelvolumen zugerechnet. Parameter der globalen Funktionsanalyse sind für den rechten (RV) und den linken Ventrikel (LV) enddiastolisches Volumen (EDV), endsystolisches Volumen (ESV), Ejektionsfraktion (EF), Herzzeitvolumen (HZV) und Masse (M), jeweils in absoluten Werten und in normalisierten Werten als Index bezogen auf 1 m2 Körperoberfläche (EDVI, ESVI, Herzindex/HI, MI). Die Körperoberfläche wird nach der Du-BoisFormel berechnet: Körperoberfläche (cm2)=[Körperlänge (cm)0,725] ×[Körpergewicht (kg)0,425]×71,84.
Merke
37
38
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.10. Normwerte der biventrikulären Funktions- und Massenuntersuchung. (Aflakih et al. 2003; Sandstede et al. 2000 a) Männer LV
Frauen RV
LV
RV
A) Normwerte absolut (Bereich: Mittelwert±2 SD) SSFP EDV ESV EF Masse
102–235 29–93 55–73 85–181
111–243 47–111 48–63 –
96–174 27–71 54–74 66–114
83–178 32–72 50–70 –
GRE EDV ESV EF Masse
65–171 15–66 56–77 119–190
75–188 20–87 46–74 –
55–139 10–48 61–80 79–141
54–145 8–62 50–87 –
B) Normwerte normalisiert auf die Körperoberfläche (Bereich: Mittelwert±2SD) SSFP EDV ESV EF Masse
53–112 15–45 55–73 46–83
111–243 25–53 48–63 –
56–99 14–40 54–74 37–67
48–103 18–42 50–70 –
GRE EDV ESV EF Masse
34–84 8–33 56–77 60–95
42–89 12–41 46–74 –
36–77 7–27 61–80 49–80
36–80 6–35 50–87 –
LV linker Ventrikel; RV rechter Ventrikel; SD Standardabweichung; EDV enddiastolisches Volumen; ESV endsystolisches Volumen; EF Ejektionsfraktion.
deutet dies, dass für die Herzmasse eine Geschlechtskorrektur, für die Volumina eine Alterskorrektur und für Herzzeitvolumen und Ejektionsfraktion keine Korrekturen notwendig sind. Die rechtsventrikulären Parameter sind deutlicheren Schwankungen unterworfen mit geschlechts- und altersabhängigen Unterschieden. Aus Gründen der Praktikabilität erscheint jedoch der Bezug auf die Gesamtmittelwerte als gerechtfertigt (Alfakih et al. 2003; Sandstede et al. 2000 a; Tabelle 1.10). Für die kardiale Funktionsanalyse stehen 2 verschiedene Sequenztypen zur Verfügung: die GRE-Sequenz und die Balanced-SSFP-Sequenz. Während die GRE-Sequenz weniger artefaktanfällig ist, wird bei der Balanced-SSFP-Sequenz ein Signalgewinn durch Refokussierung und damit Nutzung der angeregten Transversalmagnetisierung erzielt. Damit ist bei dieser Sequenz das Blutsignal höher und das Myokardsignal niedriger bei zusätzlich noch geringeren subendokardialen Flussartefakten. Dies führt u. a. zu einer verbesserten Endokardkonturdefinition und damit im Vergleich zur GRE-Sequenz zu höheren Werten für das enddiastolische und das endsystolische Volumen. Daraus ergeben sich etwas niedrigere Werte für die Ejektionsfraktion und auch die myokardiale Masse wird niedriger gemessen. Daher gelten unterschiedliche Normwerte für beide Sequen-
zen. Verlaufsuntersuchungen müssen deshalb immer mit derselben Sequenz durchgeführt werden.
쐍 Auswertung – regionale Funktionsanalyse. Die Befunderhebung der regionalen Funktionsanalyse erfolgt entweder anhand einer globalen Einteilung in Vorder-, Seiten-, Hinterwand und Septum oder anhand einer Einteilung in Segmente. In der Routine hat sich das 17-Segment-Modell der AHA („American Heart Association“) etabliert, das ursprünglich für die Echokardiographie entwickelt wurde (Cerqueira et al. 2002; Abb. 1.18 a, b). Der Referenzsektor wird an der vorderen Septuminsertion der freien Wand des rechten Ventrikels platziert. Der basale und der mittlere Kurzachsenschnitt werden in jeweils 6 und der apikale Kurzachsenschnitt in 4 Segmente unterteilt, das 17. Segment ist die Herzspitze. Das Modell bietet neben der Vergleichbarkeit auch unterschiedlicher Bildgebungsmethoden außerdem den Vorteil, dass die einzelnen Segmente den jeweiligen koronararteriellen Stromgebieten zugeordnet werden können (R. interventricularis anterior: Segment 1, 2, 7, 8, 13, 14, 17; R. circumflexus: Segment 5, 6, 11, 12, 16; rechte Koronararterie: Segment 3, 4, 9, 10, 15). Bei der visuellen Analyse wird der Kontraktionsablauf entweder durch die Betrachtung der Einzelbilder auf dem Film oder im Cine-Modus am Monitor
1.1 Untersuchungstechnik
a
b
Abb. 1.18 a, b. Segmenteinteilung des Herzens der „American Heart Association“. a Sektoreneinteilung des linksventrikulären Myokards: 1 basale Vorderwand, 2 basales anteriores Septum (Anteroseptalwand), 3 basales inferiores Septum (Inferoseptalwand), 4 basale Hinterwand, 5 basale inferiore Seitenwand (Inferolateralwand), 6 basale anteriore Seitenwand (Anterolateralwand), 7 mittventrikuläre Vorderwand, 8 mittventrikuläres anteriores Septum (Anteroseptalwand), 9 mittventrikuläres inferiores Septum (Inferoseptalwand), 10 mitt-
ventrikuläre Hinterwand, 11 mittventrikuläre inferiore Seitenwand (Inferolateralwand), 12 mittventrikuläre anteriore Seitenwand (Anterolateralwand), 13 apikale Vorderwand, 14 apikales Septum, 15 apikale Hinterwand, 16 apikale Seitenwand, 17 Apex (Herzspitze). b Die großen Koronargefäße und ihre linksventrikulären Versorgungsgebiete: hellgrau R. interventricularis anterior (RIVA), dunkelgrau rechte Koronararterie (RCA), weiß Ramus circumflexus (RCX)
beurteilt. Hierbei wird die Wandbewegung in 4 Grade eingeteilt:
nächst mit Hilfe eines Nachverarbeitungsprogramms die Kreuzungspunkte für alle Herzphasen von der Enddiastole bis zur Endsystole detektiert und ggf. manuell korrigiert werden. Anschließend wird mit der Software für jede Herzphase das Zentrum neu berechnet, sodass die Bewegung der Tags jeweils in Relation zum aktuellen Mittelpunkt der untersuchten Schicht analysiert wird. Die Gesamtbewegung der Tags während der Kontraktion wird zumeist in einem Diagramm dargestellt. Die Ausgabe der Werte erfolgt als Grad (°) und Richtung der Rotation, Strecke (mm) der radialen Kontraktion und prozentuale (%) Umfangsverkürzung von der Enddiastole bis zur Endsystole. Die Torsion wird aus der gegenläufigen Bewegung der maximalen Rotation der Herzspitze (gegen den Uhrzeigersinn) im Vergleich zur Herzbasis (im Uhrzeigersinn) zum gleichen Zeitpunkt berechnet. Der Normalwert für die Torsion beträgt 14,5°±3,7°. Die anderen Werte sind in Tabelle 1.12 aufgetragen. Die Werte für die prozentuale Umfangsverkürzung steigen von der Herzbasis bis zur Herzspitze an. Daher ist bei der Orientierung an Normalwerten eine
1. normokinetisch – normale Wandbewegung, 2. hypokinetisch – eingeschränkte, jedoch noch vorhandene Wandbewegung, 3. akinetisch – keine Wandbewegung, 4. dyskinetisch – irreguläre Wandbewegung, häufig systolische Auswärtsbewegung des Myokards. Die Wanddickenanalyse erfolgt analog zur globalen Funktionsanalyse nach Segmentierung der endo- und epikardialen Konturen. Anschließend werden die enddiastolische (EDWD) und endsystolische Wanddicke (ESWD) sowie die absolute (SWDZ) und prozentuale [(ESWD–EDWD)/EDWD×100%= %SWDZ] systolische Wanddickenzunahme gemessen. Die Ergebnisse der Wanddickenanalyse sollten mit Normwerten getrennt für Vorder-, Seiten-, Hinterwand und Septum verglichen werden; eine Unterteilung nach Basis, Mitte und Spitze ist nicht notwendig (Sandstede et al. 2002 a; Tabelle 1.11). Zur Quantifizierung von Kontraktion und Torsion des Herzens mit der Tagging-Technik müssen zu-
39
40
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.11. Normwerte der linksventrikulären Wanddickenanalyse (GRE). (Sandtstede et al. 2000 b) Parameter
Vorderwand
Seitenwand
Hinterwand
Septum
EDWD (mm)
12,0±2,5
11,9±2,5
11,6±2,0
12,6±1,9
ESWD (mm)
18,8±2,4
19,1±2,6
17,6±2,5
17,3±2,2
SWDZ (mm)
6,8±1,8
7,2±2,4
6,0±2,8
4,7±1,8
%SWDZ (%)
61±21
66±27
57±31
41±17
EDWD enddiastolische Wanddicke; ESWD endsystolische Wanddicke; SWDZ systolische Wanddickenzunahme; %SWDZ prozentuale systolische Wanddickenzunahme.
Tabelle 1.12. Normwerte der linksventrikulären Tagging-Analyse. (Sandstede et al. 2000) Zirkumferenzielle Umfangsverkürzung Rotation
Radiäre Kontraktion
subendokardial
subepikardial
transmural
Basis
–4,2±1,9
7,7±1,9 mm
27,7±6,4%
11,6±3,6%
19,7±4,7%
Mitte
3,4°±2,4
7,9±0,9 mm
31,2±5,5%
12,8±1,8%
22,0±3,4%
Spitze
10,3°±2,5
6,9±0,9 mm
33,2±4,1%
15,7±3,5%
24,4±3,0%
Differenzierung nach Herzbasis, -mitte und -spitze notwendig, während eine Differenzierung der einzelnen Wandabschnitte nicht nötig ist (Sandstede et al. 2002 b). Perfusionsstudien Perfusionsuntersuchungen werden nach Möglichkeit in der kurzen und langen Herzachse durchgeführt. Meistens stehen bei Multischichtsequenzen 3– 4 Schichten zur Verfügung. Drei Kurzachsenschichten sollten stets orientierend den gesamten linken Ventrikel abdecken, die 4. Schicht wird in der langen Herzachse zur Beurteilung der Herzspitze platziert. Wenn aufgrund der Herzfrequenz nur 3 Schichten pro Herzschlag akquiriert werden können, kann am ehesten auf die lange Herzachse verzichtet werden. Das Kontrastmittel wird mit einer Flussrate von 3– 5 ml/s gegeben. Die Datenakquisition mit einem Bild pro Herzschlag und die Injektion werden gleichzeitig gestartet. Nach der ersten Kontrastmittelgabe ist vor der Wiederholung (z. B. bei Untersuchungen unter pharmakologischem Stress) ein Intervall von 10 min notwendig, in dem das Kontrastmittel aus dem Myokard ausgewaschen wird. Die Kontrastmitteldosis sollte für eine semiquantitative Auswertung mit 0,025–0,05 mmol/kg KG möglichst niedrig sein. Hierdurch können zum einen Artefakte in den Ventrikellumina durch eine zu hohe Kontrastmittelkonzentration vermieden werden. Zum anderen besteht nur bei dieser niedrigen Dosierung ein linearer Zusammenhang zwischen der Kontrastmittelkonzentration und der gemessenen Signalintensität. Wird allein eine visuelle Auswertung durchgeführt, kann die Dosis auf 0,05–0,1 mmol/kg KG gesteigert werden.
쐍 Auswertung. Perfusionsstudien können entweder visuell, semiquantitativ oder quantitativ ausgewertet werden. Bei der visuellen Auswertung wird das Signalverhalten während der maximalen Kontrastierung des Myokards beurteilt, wobei eine Hypointensität einen Perfusionsdefekt nachweist. Es kann hierbei zwischen subendokardialen und transmuralen Perfusionsdefekten unterschieden werden. Allerdings gibt es einige Fallstricke, die bei der Beurteilung beachtet werden müssen: ∑ Beim Einströmen des Kontrastmittels in den linken Ventrikel kommt es häufig zu einer subendokardialen Hypointensität, die häufig zirkulär auftritt, aber auch regional begrenzt und dann vor allem im Septum lokalisiert sein kann. Dieser Suszeptibilitätsartefakt kann von einer echten Minderperfusion auf 2 Arten unterschieden werden: 왔 Vergleich von Ruhe- und Stressuntersuchung: Ein Artefakt ist auch in der Ruheuntersuchung nachweisbar. 왔 Ein echtes Perfusionsdefizit ist auch noch sichtbar, wenn das Kontrastmittel aus dem Lumen des linken Ventrikels bereits wieder ausgewaschen ist. Der Artefakt nimmt im Gegensatz hierzu gleichmäßig mit der Signalintensität des linken Ventrikels ab. ∑ Myokardiale Narben können hämodynamisch verursachte Perfusionsdefekte vortäuschen. Auch hier hilft der Vergleich von Ruhe- und Stressuntersuchungen, da eine narbig bedingte Minderperfusion auch in Ruhe nachweisbar ist. Zum anderen sollte die Perfusionsuntersuchung immer mit
1.1 Untersuchungstechnik Abb. 1.19. Signalintensitäts-ZeitKurve einer Perfusionsmessung
Spätaufnahmen nach der Kontrastmittelgabe verbunden werden. Hier lassen sich dann myokardiale Narben durch das späte Enhancement eindeutig identifizieren. ∑ Ein nicht untersuchungstechnisch, sondern pathophysiologisch bedingter Fallstrick ist die diffuse oder fleckige Hypoperfusion bei mikroangiopathischen Veränderungen, z. B. bei Diabetes mellitus oder arteriellem Hypertonus. Diese kann durch die fehlende Zuordnung zu einem koronararteriellen Versorgungsgebiet von einer makroangiopathisch bedingten Minderperfusion unterschieden werden. ∑ Die Auswertung der Myokardperfusion ist immer auf einen intrinsischen Vergleich angewiesen, d. h. minderperfundierte Areale werden durch den Vergleich mit normal perfundierten Arealen identifiziert. Eine schwere „Drei-Gefäß-KHK“ kann somit dem Nachweis entgehen, da kein normal perfundiertes Myokardsegment für den intrinsischen Vergleich der Myokardperfusion der einzelnen koronararteriellen Versorgungsgebiete zur Verfügung steht. Die semiquantitative Auswertung beruht auf der Messung von Signalintensitäten, die als indirekte Marker für die myokardiale Perfusion dienen. Hierfür werden zunächst die Endokard- und Epikardkonturen in jeder Herzphase eingezeichnet. Anschließend wird die Myokardzirkumferenz wie oben, unter Abschn. „Globale und regionale Funktionsanalyse“, beschrieben in Sektoren eingeteilt. Für jeden Sektor wird eine Signalintensitäts-Zeit-Kurve (Abb. 1.19) erstellt, der sich die folgenden Parameter entnehmen lassen:
∑ Die Dauer vom Beginn der Myokardkontrastierung bis zu ihrem Maximum („time to peak“) ist ein Maß für die Vaskularisierung. ∑ Die maximale Kontrastierung („peak“) ist ein Marker des myokardialen Blutvolumens. ∑ Am wichtigsten ist die maximale Steigung der Kurve (Anstiegsgeschwindigkeit, „slope“), die als Parameter für die Perfusion gilt. Leider sind vor der Bestimmung dieser Parameter verschiedene mathematische Nachverarbeitungen notwendig: Aufgrund des Spulenintensitätsprofils haben nicht alle Segmente vor der Anflutung des Kontrastmittels dieselbe Signalintensität. Dies wird mit durch die Anpassung der Basislinien aller Segmente, die so genannte Basislinienkorrektur, ausgeglichen. Des Weiteren ist die Anflutung des Kontrastmittelbolus von der Herzfunktion abhängig, die durch die arterielle Input-Funktion angezeigt wird. Hierfür wird auch im linken Ventrikel eine SignalintensitätsZeit-Kurve gemessen. Da sich die Herzfunktion und damit auch die arterielle Input-Funktion durch eine pharmakologische Belastung ändert, ist eine Korrektur auf die arterielle Input-Funktion für den Vergleich von Ruhe- und Stressuntersuchungen notwendig. Eine dritte Korrekturmöglichkeit besteht im Ausgleich von Partialvolumeneffekten im Myokard, die durch den kräftigen Signalanstieg erst im rechten und dann im linken Ventrikellumen entstehen. Diese können mit der so genannten Kontaminationskorrektur, einem iterativen Verfahren, ausgeglichen werden. Abschließend muss noch die aus Einzelpunkten bestehende Kurve mit einem mathematischen Verfahren „gefittet“, d. h. geglättet werden. Ein weiteres Problem einer (semi-)quantitativen Auswertung sind Artefakte durch ungenügenden Atemstopp des Patienten.
41
42
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.13. Untersuchungen unter pharmakologischem Stress Stress-Perfusions-MRT
Vitalitätsdiagnostik
Stress-Cine-MRT
Pharmakon
Adenosin Dipyridamol
Dobutamin
Dobutamin, ggf. Atropin
Dosierung
Adenosin: 140 mg/kg KG/min Dipyridamol: 0,56 mg/kg KG
5 und/oder 10 mg/kg Kg/min
5, 10, 20, 30 und 40 mg/kg Kg/min, ggf. unterstützt durch jeweils 0,25 mg Atropin (max. 1 mg)
Infusionsdauer
Adenosin: max. 6 min, Untersuchungsbeginn nach 3 min Dipyridamol: Infusion über 4 min, Untersuchungsbeginn 3 min nach Infusionsende
5 min Vorlauf, Weitergabe während der Untersuchung
Infusion von in 3 min-Schritten bis zum Erreichen der maximalen Herzfrequenz bzw. zum Auftreten von Wandbewegungsstörungen
Nebenwirkungen
Flush, Brustschmerz, Dyspnoe, Kopfschmerz, Schwindel, Bronchospasums, Hypotonie, AV-Block
Anstieg von Herzfrequenz und Blutdruck, gelegentlich Blutdruckabfälle, Herzrhythmusstörungen bis ventrikuläre Tachykardie/ Kammerflimmern, Brustschmerzen, Kopfschmerz, Übelkeit
Wie bei niedriger Dosierung
Gegenmaßnahmen
Abbruch der Infusion Aminophyllin oder Theophyllin (50–125 mg) langsam i. v.
Kurzfristig wirksamer Betablocker i. v. Nitroglyzerinspray
Wie bei niedriger Dosierung
Alle diese Nachverarbeitungsschritte sind derzeit nur in Einzelschritten, jedoch noch nicht in ihrer Gesamtheit automatisiert und benötigen viel Erfahrung und einen hohen Zeitaufwand. Deshalb hat sich die semiquantitative Auswertung in der klinischen Routine bisher nicht etablieren können. Eine Quantifizierung der Myokardperfusion ist nur sehr eingeschränkt möglich, da bereits bei der ersten Kontrastmittelpassage durch das Herz („firstpass“) ein variabler Anteil des Kontrastmittels in das Interstitium diffundiert und daher die Signalintensität nicht ausschließlich vom Blutvolumen sondern auch von der variablen interstitiellen Verteilung abhängig ist. Deshalb ist eine quantitative Auswertung mit Beschreibung des myokardialen Blutvolumens mit den derzeitigen extrazellulären Kontrastmitteln nur mit Hilfe mathematischer Modelle möglich, die nur eine Näherung an die tatsächlichen Werte liefern. Aus diesem Grund befindet sich die Methode noch in der Erprobung. Untersuchungen unter pharmakologischem Stress Viele auch hämodynamisch relevante Stenosen verursachen nur unter Belastungsbedingungen eine Minderperfusion des Myokards, da erst ab einer Stenose >85% mit einer Einschränkung der Ruheperfusion zu rechnen ist. Daher lassen sich viele Stenosen nur durch eine eingeschränkte Perfusionsreserve nachweisen, d. h. durch die ungenügende Steigerung der Durchblutung unter Belastung bei normaler Ruheperfusion.
!
Die Diagnose der eingeschränkten Perfusionsreserve erfolgt durch den Nachweis einer Myokardminderperfusion oder konsekutiver Wandbewegungsstörungen unter Belastungsbedingungen. Merke
Grundsätzlich werden daher 2 Arten von Pharmaka für die MRT unter pharmakologischer Belastung eingesetzt:
∑ vasodilatierende Pharmaka zur Erzeugung einer koronaren Hyperämie (Adenosin, Dipyridamol) und ∑ inotrop und chronotrop wirksame adrenerge Substanzen zur Steigerung des myokardialen Sauerstoffverbrauchs und damit zur Induktion von Wandbewegungsstörungen (Dobutamin, Arbutamin), ggf. kombiniert mit Atropin (Dosierung s. Tabelle 1.13). Vor Beginn der Belastungsuntersuchung müssen eine kardiovaskuläre Anamnese und die Basis-Vitalparameter zur Verfügung stehen. Besonders beachtet werden sollten die Anamnese, die vorangegangene Medikation, die Symptomatik, die kardialen Risikofaktoren, die vorangegangenen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen und die Indikationsstellung für die aktuelle Untersuchung. Akute Ischämien, schwere Arrhythmien und Leitungsstörungen müssen vor Beginn der Belastungsuntersuchung ausgeschlossen werden. Patienten mit der Anamnese eines Bronchospasmus oder anderer pulmonaler Erkrankungen (Asthma, pulmonaler Hypertonus), sys-
1.1 Untersuchungstechnik
temischer Hypotension (systolisch <90 mmHg), mit schwerer Mitralklappenerkrankung oder anamnestisch bekannter Hypersensitivität gegenüber Adenosin sollten einer vasodilatatorischen Stimulation mit Adenosin nicht unterzogen werden. Patienten mit fortgeschrittenem atrioventrikulärem Block (II oder III) oder mit „Sick-Sinus-Syndrom“ sollten ebenfalls nicht mit Adenosin untersucht werden, wegen dessen negativ-dromotropen Effekts (SA- und AV-Knoten). Weitere Kontraindikationen für vasodilatatorische Substanzen sind abgelaufener Myokardinfarkt (≤ 3 Tage), instabile Angina, schwere Aortenstenose und schwere obstruktive hypertrophische Kardiomyopathie. Der Einsatz von Adenosin wird während der Schwangerschaft und in der Laktationsphase nicht empfohlen. Ino- bzw. chronotrop wirksame Substanzen sind bei Patienten mit ventrikulärer Tachyarrhythmie kontraindiziert. Sie sind nur mit größter Vorsicht bei Patienten mit obstruktiver oder hypertrophischer Kardiomyopathie oder in der frühen Post-Infarktphase einzusetzen. Die Patienten müssen mindestens 48 Stunden lang hämodynamisch und klinisch stabil sein, bevor eine Belastungsuntersuchung durchgeführt wird. Vor der pharmakologischen Belastung sollten die Patienten mindestens 4 Stunden lang nüchtern bleiben. Bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus sollte am Tag der Untersuchung eine optimale Einstellung des Blutzuckers vorliegen. Falls medizinisch nicht kontrainidiziert, sollten im Rahmen der Vorfelddiagnostik Medikamente, die Herzfrequenz- und Blutdruckveränderungen unter Belastung modifizieren können (z. B. Betablocker), für die diagnostischen Tests abgesetzt werden. Koffeinhaltige Getränke und Methylxanthin-enthaltende Medikamente müssen mindestens 24 Stunden vor pharmakologischer Belastung mit Vasodilatatoren (für langwirksame Methylxanthin-Präparate entsprechend länger) abgesetzt werden, da diese die Auslösung einer koronaren Hyperämie verhindern können. Alle Formen der Belastung müssen während der Belastungs- und Erholungsphase von einem qualifizierten Arzt überwacht werden. Für die Überwachung während der Untersuchung müssen MRTkompatible EKG-Registrierung, Blutdruckmessung und ggf. Pulsoxymetrie zur Verfügung stehen. Für die Applikation der Pharmaka und eines Kontrastmittels müssen sichere intravenöse Zugänge gewährleistet sein. Für die genaue Dosierung der Pharmaka sind automatische Injektoren notwendig. Instrumentierung und Medikamente für den kardialen Notfall müssen in unmittelbarer Nachbarschaft des Magnetresonanztomographen zur Verfügung stehen. Das EKG muss kontinuierlich während der Belastung und während der Erholungsphase registriert werden. Vi-
talparameter (Herzfrequenz und Blutdruck) und das Auftreten oder Fehlen von Symptomen einer Myokardischämie sind in regelmäßigen Intervallen während der Belastungs- und Erholungsphase zu erheben. Gegenmaßnahmen sind der Abbruch der Infusion (führt bei Adenosin zum Aussetzen der Wirkung nach 10–20 s), ansonsten bei vasodilatierenden Substanzen die Gabe von Aminophyllin oder Theophyllin (50–125 mg) langsam intravenöse und bei positiv inotropen Substanzen die Gabe von Betablockern und/oder Nitroglyzerin. Abbruchkriterien sind Patientenwunsch, progrediente oder schwere Angina pectoris, Atemnot, Abfall des systolischen Blutdrucks um mehr als 40 mmHg, Bluthochdruck (≥240/120 mmHg), schwere Arrhythmien und andere schwere Nebenwirkungen. Spätes Enhancement Bei der Beurteilung des späten Enhancements muss zwischen ischämischem und nichtischämischem späten Enhancement unterschieden werden. Sowohl akute als auch chronische Infarkte, d. h. fibrotisch umgebaute Infarktnarben, zeigen ein spätes Enhancement. Allerdings ist dieses Phänomen sowohl bei infiltrativen Herzerkrankungen wie der Myokarditis und der Sarkoidose als auch bei primären und sekundären Kardiomyopathien nachweisbar. Bei diesen Erkrankungen handelt es sich entweder um entzündliche Veränderungen oder um eine Myokardfibrose, die das späte Enhancement verursacht. Neben der Anamnese und anderen klinischen Untersuchungsergebnissen sind vor allem die Lokalisation sowie das Ausmaß und das Verteilungsmuster der Areale späten Enhancements für die Differenzialdiagnose wichtig. Die Ischämie führt aufgrund der Blutversorgung des Myokards von subepikardial nach subendokardial immer zuerst zu einer subendokardialen Nekrose, die sich dann in Form des „Wellenfrontphänomens“ nach epikardial ausbreitet. Ein ischämisch verursachtes spätes Enhancement bezieht also immer die subendokardialen Regionen ein. Nichtischämisch bedingtes spätes Enhancement dagegen kann auch die subendokardialen Regionen betreffen, aber auch die mittmyokardialen und subepikardialen Abschnitte. Des Weiteren sind ischämisch bedingte Areale späten Enhancements flächig und einem koronararteriellen Versorgungsgebiet zuzuordnen, nichtischämisch bedingtes spätes Enhancement kann dagegen auch fleckig oder diffus verteilt sein. Somit kann das späte Enhancement nichtischämischer Genese einen Myokardinfarkt zwar simulieren, in den meisten Fällen lässt es sich jedoch eindeutig differenzieren. Bei ischämisch bedingtem späten Enhancement wird für die Vitalitätsdiagnostik das transmurale In-
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Kapitel 1 Herz
farktausmaß gemessen. Für eine exakte Vitalitätsvorhersage mit Angabe der Erholungswahrscheinlichkeit wird das Ausmaß späten Enhancements in 5 Gruppen eingeteilt:
∑ ∑ ∑ ∑ ∑
0%, 1–25%, 26–50%, 51–75%, 76–100%
(Kim et al. 2000; s. unten, Abschn. „Vitalitätsdiagnostik“). Klinisch hat sich für die Aussage „Funktionserholung wahrscheinlich: ja/nein“ die Unterscheidung in ≤50%- und >50%-Ausmaß des transmuralen Enhancements etabliert. Die Quantifizierung erfolgt zumeist visuell oder mittels Planimetrie. Dann ist eine exakte Angabe der transmuralen Ausdehnung in Prozent der Myokarddicke bzw. der Gesamtmasse des späten Enhancements als Prozent der linksventrikulären Masse möglich. Flussmessungen 쐍 Klappenebene und herznahe große Gefäße. Flussmessungen über die Mitralklappe und der Trikuspidalklappe werden auf dem Vierkammerblick entlang der anterioren und posterioren Klappeninsertion geplant. Im Abgangsbereich der herznahen großen Gefäße erfolgt die Untersuchung in senkrechter Schichtführung zum Gefäßverlauf („throughplane“). Die Aorta ascendens wird zunächst mit Schichtführung durch Aorta ascendens und Aorta descendens auf einer transversalen Planungsschicht dargestellt. Die Flussmessung erfolgt entweder in Höhe der Aortenklappe vor Abgang der Koronararterien oder deutlich kranial der Aortenklappe vor Abgang des Truncus brachiocephalicus (Abb. 1.20 a, b). Die erste Methode vermeidet den systematischen Fehler, der durch die fehlende Erfassung der koronararteriellen Durchblutung bei weiter kranial gelegener Messung entsteht. Aufgrund der Vermeidung der Turbulenzen in der Klappenebene ist jedoch die kranialer gelegene Messung zu bevorzugen. Die Untersuchung des pulmonalen Stromgebiets erfolgt zumeist im Truncus pulmonalis; möglich ist auch die Messung in beiden Aa. pulmonales. Die Untersuchung des Truncus pulmonalis wird auf dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt geplant, die Schichtführung erfolgt möglichst weit distal der Pulmonalklappe vor Aufteilung in die Aa. pulmonales (vgl.Abb. 1.20 a, b). Zur Untersuchung der Aa. pulmonales werden auf transversalen Schichten jeweils einfach angulierte Schichten senkrecht zum Gefäßverlauf geplant (vgl. Abb. 1.20 a, b).
쐍 Auswertung. Mit einer Auswerte-Software wird in der ersten Herzphase eine „region of interest“ (ROI) auf den Gefäßrand gelegt und in den folgenden Herzphasen entsprechend der Positionsänderung lagekorrigiert. Die Auswertung ergibt Werte für die mittlere und die maximale Flussgeschwindigkeit sowie das Flussvolumen (mittlerer Fluss×Querschnitt). Zur Vermeidung einer Unterschätzung des Flussvolumens sollte die ROI eher etwas größer als das Gefäß gewählt werden. Bei zu groß gemessenem Querschnitt wirkt sich die Flächenüberschätzung durch den fehlenden Fluss im Randbereich nicht aus, während bei zu klein gewähltem Querschnitt der Fluss im Randbereich fehlt und somit das Flussvolumen unterschätzt wird. 쐍 Quantifizierung von Stenosen. Die Quantifizierung eines Stenosegrads erfolgt über die Flussmessung mit Bestimmung der maximalen Flussgeschwindigkeit. Mit Hilfe der modifizierten Bernoulli-Formel: ΔP(mmHg) ≅ 4×[Vmax(m/s)]2 kann hierdurch der Druckabfall quantifiziert werden. Hierfür ist es wichtig, tatsächlich den maximalen Fluss zu messen, der nicht immer unmittelbar in der Stenose vorherrscht. Deshalb sollte die Flussmessung entweder „in-plane“ entlang des Druckgradienten oder an mehreren Stellen „through-plane“ im Bereich der Stenose erfolgen.
쐍 Quantifizierung von Insuffizienzen. Regurgitationsvolumina können mit 2 Methoden quantifiziert werden. Die genaueste Methode ist die Messung des Regurgitationsvolumens mit der Phasenkontrastsequenz, mit der der systolische Vorwärtsfluss (Vsys) und der diastolische Rückwärtsfluss (Vdia) gemessen werden. Aus dem Vergleich dieser beiden Parameter wird dann die Regurgitationsfraktion (Vdia/Vsys) bestimmt. Die zweite Methode ist der Vergleich der Schlagvolumina des rechten und des linken Ventrikels (z. B. Aorteninsuffizienz: Regurgitationsfraktion=SVLV– SVRV/SVLV). Diese Methode ist jedoch nur bei Erkrankung einer einzelnen Klappe valide.
쐍 Quantifizierung von Shuntvitien. Zur Quantifizierung von Shuntvitien müssen das pulmonale (Qp) und das systemische (Qs) Flussvolumen bestimmt werden. Die genaueste Methode ist die Flussmessung in Aorta ascendens und Truncus pulmonalis. Es können jedoch auch die Schlagvolumina des rechten und des linken Ventrikels eingesetzt werden. Hiermit lassen sich ein Links-rechts-Shunt bzw. seltener ein Rechts-links-Shunt (Qs–Qp/Qs) quantifizieren.Wichtig ist, dass bei intrakardialen Shuntvitien Qp im
1.1 Untersuchungstechnik Abb. 1.20 a, b. Untersuchungsplanung Flussmessungen. a Flussmessung in der Aorta ascendens. b Flussmessung im Truncus pulmonalis
a
b
Truncus pulmonalis bzw. rechten Ventrikel und Qs in der Aorta ascendens bzw. im linken Ventrikel gemessen werden. Bei extrakardialen Shuntvitien (z. B. persistierender Ductus arteriosus Botalli) dagegen werden Qp in der Aorta ascendens bzw. im linken Ventrikel und Qs im Truncus pulmonalis bzw. rechten Ventrikel bestimmt. Im Vergleich zur invasiven Messung ist diese Methode ausreichend validiert. Die direkte Messung im Vorhofseptumdefekt dagegen überschätzt das Shuntvolumen mit zusätzlich deutlicher Messvariabilität und sollte daher nicht eingesetzt werden.
쐍 Koronararterien und Bypass-Gefäße. Flussmessungen in Koronararterien werden ebenfalls senkrecht zum Gefäßverlauf durchgeführt. Aufgrund des kleineren Durchmessers ist jedoch vor allem die Messung der Flussvolumina mit Unsicherheiten behaftet, da bei der räumlichen Auflösung der derzeitigen Sequenzen nur 1–4 Pixel im Gefäßlumen liegen. Relativ valide ist aber die Bestimmung der maximalen Flussgeschwindigkeit möglich. Die Flussmessung in Bypass-Gefäßen ist dagegen aufgrund des größeren Gefäßkalibers der venösen bzw. des oberflächlicheren
Verlaufs der arteriellen Bypass-Gefäße besser möglich.
쐍 Sinus coronarius. Der venöse Rückfluss im Sinus coronarius repräsentiert den überwiegenden Teil der myokardialen Durchblutung. Der Sinus coronarius wird zunächst auf einer transversalen Schicht lokalisiert. Anschließend wird für die Flussmessung eine senkrechte Ebene 1–2 cm vor der Einmündung in den rechten Vorhof gelegt. Durch Normierung des Flussvolumens auf die kardiale Masse kann damit die Myokardperfusion auch in Absolutwerten (ml×min– 1 ×g–1) angegeben werden, eine regionale Differenzierung der Durchblutung ist jedoch nicht möglich. Klappenöffnungsfläche Die Bestimmung der Klappenöffnungsfläche dient zur Indikationsstellung für den operativen Klappenersatz bei Patienten mit Aortenklappen- bzw. Mitralklappenstenose. Die Operationsindikation wird anhand des Druckgradienten und der Klappenöffnungsfläche (KÖF) gefällt. Neben dem Einsatz von Flussmessungen zur Beurteilung der hämodynamischen Relevanz einer Klappenstenose kann mit der
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Kapitel 1 Herz
b
a
c
Abb. 1.21 a–c. Messung der Klappenöffnungsfläche (Aortenklappenbioprothese). a Diastole, b Systole, c Systole mit Planimetrie: Klappenöffnungsfläche 1,3 cm2
MRT auch analog zur Echokardiographie die Klappenöffnungsfläche planimetriert werden.
!
Als invasiver Goldstandard gilt die Messung der Klappenöffnungsfläche im Herzkatheter nach der Gorlin-Formel durch die Bestimmung von 2 Geschwindigkeits-Zeit-Integralen vor und nach der Klappe und der Fläche des linksventrikulären Ausflusstrakts. Merke
Die Planimetrie der Aortenklappe erfolgt in der systolischen Phase einer Cine-Sequenz orthogonal zur Aortenklappe, die auf der Darstellung des aortalen Ausflusstrakts geplant wird. Es werden mindestens 4 konsekutive Schichten mit 5 mm Dicke ohne Schichtlücke akquiriert. Von diesen wird die Schicht mit der maximalen Klappenöffnungsfläche ausgewählt, auf der dann in der frühen Systole die Klappenöffnungsfläche planimetriert wird (Abb. 1.21 a–c). Es besteht eine ausgezeichnete Korrelation sowohl zwischen MRT und TEE als auch zwischen MRT und Katheter, jedoch wird die KÖF in der MRT leicht überschätzt. Daher ist es notwendig, unterschiedliche Grenzwerte für die Operationsindikation für MRT und Katheter zu definieren. Stellt man die Operationsindikation bei einer Klappenöffnungsfläche <1,3 cm2 in der MRT im Vergleich zu einer Klappenöffnungsfläche <1 cm2 im Herzkatheter, so betragen Sensitivität und Spezifität der MRT 96 und 100%. Die Untersuchung der Mitralklappe erfolgt in gleicher Weise. Auf der langen Herzachse wird eine Schichtebene orthogonal zur Mitralklappe definiert. Auch werden mindestens 4 konsekutive Schichten ohne Schichtlücke mit einer Dicke von 5 mm akquiriert, auf denen die maximale Klappenöffnungsfläche ausgewählt und planimetriert wird.Auch hier besteht eine gute Korrelation zwischen MRT und TEE sowie MRT und Katheter bei vergleichsweise gerin-
gerer Überschätzung der Klappenöffnungsfläche. Allerdings wird auch hier für die MRT ein höherer Grenzwert (1,65 cm2) als für den Katheter (1,5 cm2) für den Nachweis einer Mitralklappenstenose definiert. Unter Verwendung dieser Werte betragen Sensitivität und Spezifität der MRT 89 und 75%. Koronarangiographie und Bypass-Darstellung Die Untersuchung der Koronararterien mit 2D-Techniken erfolgt entlang ihres anatomischen Verlaufs. Hierzu werden zunächst in transversaler Schichtführung die Abgänge der rechten und der linken Koronararterie und deren Aufzweigung in R. circumflexus und R. interventricularis anterior dargestellt. Die weitere Untersuchung erfolgt dann für jeden Koronararterienhauptast separat durch jeweils neue Winkelung der Schichtführung auf der zuvor akquirierten Schicht. 3D-Techniken mit der Möglichkeit zur Abbildung des gesamten Herzens können in transversaler Schichtführung eingesetzt werden, beginnend unterhalb der Pulmonalarterienaufzweigung bis zur Herzspitze. Besser ist die Winkelung der 3DAkquisition entlang des Koronararterienverlaufs. Bei der vereinfachten Planung wird ein Schichtstapel entlang der rechten Koronararterie positioniert. Er dient auch zur Abbildung des R. circumflexus. Der andere Schichtstapel wird entlang des linken Hauptstamms und des R. interventricularis anterior ausgerichtet. Die Planung der Schichtstapel erfolgt am genauesten auf transversalen Scouts mit der 3-Punkt-Methode: Zur Darstellung von rechter Koronararterie und R. circumflexus werden der Ursprung der R. circumflexus aus dem linken Hauptstamm, der Ursprung der rechten Koronararterie aus der Aorta und die Mitte des rechten arteriovenösen Sulcus markiert. Zur Darstellung des linken Hauptstamms und der R. interventricularis anterior werden der Ursprung
1.1 Untersuchungstechnik
a
b
Abb. 1.22 a, b. MR-Koronarangiographie. Normalbefund a des R. interventricularis anterior (transversales Quellenbild) und b des linken Hauptstamms und des R. circumflexus (multiplanare Rekonstruktion)
des linken Hauptstamms sowie der mittlere und kaudale Anteil des anterioren Interventrikularsulcus markiert. Alternativ können zur Darstellung des proximalen linken Koronarsystems auch die Aufzweigung des linken Hauptstamms, die mittlere R. interventricularis anterior und die proximale R. circumflexus markiert werden (Abb. 1.22 a, b). Die Durchgängigkeitsprüfung von Bypass-Gefäßen ist wesentlich einfacher durchzuführen, wenn Anzahl, Ursprung und Anastomosen der Bypass-Gefäße zum Untersuchungszeitpunkt bekannt sind. Ist dies jedoch nicht der Fall, können die Bypass-Gefäße auch anhand ihres typischen Verlaufs untersucht werden. Es werden verschiedene Typen von Bypass-Gefäßen eingesetzt. Die häufigsten sind der venöse Bypass mit einer proximalen Anastomose zur Aorta ascendens und die A. thoracica (mammaria) interna als arterieller Bypass. Einzel-Bypass-Gefäße werden End-zu-Seit mit einer Koronararterie anastomosiert, sequenzielle By-
pass-Gefäße („jump-grafts“) dagegen haben mehr als eine distale Anastomose. Möglich ist auch die Anlage so genannter „T-Grafts“, d. h. Bypass-Gefäße mit proximaler End-zu-Seit-Anastomose zu einem anderen Bypass-Gefäß und dann distaler End-zu-SeitAnastomose zu einer Koronararterie. Die proximale Anastomose venöser Bypass-Gefäße liegt mehrere Zentimeter oberhalb der nativen Koronararterienabgänge an der Vorderfläche der Aorta ascendens. Bypass-Gefäße zum R. circumflexus der linken Kranzarterie (R. circumflexus oder LCX) werden linksseitig am weitesten kranial anastomosiert und verlaufen zunächst vor dem Truncus pulmonalis, bevor sie nach dorsal zur linken Atrioventrikulargrube ziehen. Selten nehmen sie auch einen retroaortalen Verlauf zwischen der V. cava superior und der Aorta ascendens, bevor sie ventral des Truncus pulmonalis weiterziehen. Bypass-Gefäße zum R. interventricularis anterior der linken Kranzarterie (R. interventricularis anterior oder LAD) werden etwas kaudal und medial der Bypass-Gefäße zur R. circumflexus anastomosiert und ziehen dann vor dem Truncus pulmonalis nach ventral zum Sulcus interventricularis anterior. Bypass-Gefäße zur rechten Kranzarterie (RCA) werden am weitesten kaudal und rechtsseitig anastomosiert und ziehen über den rechten Vorhof zur rechten Atrioventrikulargrube. Die Aa. thoracicae (mammariae) internae werden von der Thoraxwand abpräpariert unter Beibehaltung der Verbindung zur A. subclavia. Sie haben aus diesem Grund nur eine distale Anastomose. Zum Einsatz kommen entweder die HASTE-Technik oder die kontrastmittelgestützte 3D-MR-Koronarangiographie. Die HASTE-Sequenz erlaubt die Darstellung mehrerer Schichten in einer Atemanhaltephase. Die empfohlene Schichtdicke ist 5 mm. Zunächst erfolgt die Akquisition von transversalen, sagittalen und frontalen Schichten, anschließend werden weitere Schichtebenen je nach Bypassverlauf geplant. Die Untersuchungszeit beträgt etwa 20 min. Offene Bypass-Gefäße stellen sich aufgrund des Blutflusses dunkel dar, vor allem im Kontrast zum umgebenden Fettgewebe. Für die 3D-CE-MR-Koronarangiographie wird zunächst die Transitzeit mittels eines Testbolus (2 ml, Fluss 2 ml/s, 1 Bild/s) in Höhe des Aortenbogens ermittelt. Anschließend werden 0,1 mmol/kg KG Gadolinium-Chelat mit einem Fluss von 2 ml/s injiziert. Die Startverzögerung der 3D-CEMR-Koronarangiographie ergibt sich aus der Differenz zwischen Kreislaufzeit und der Akquisitionszeit bis zur Messung der k-Raum-Mitte. Der Einsatz der EKG-Triggerung ist fakultativ, wird jedoch empfohlen. Die Atemanhaltezeit beträgt 20–30 s in tiefer Inspiration. Die Akquisition zweier 3D-Datensätze erfolgt in einfacher Angulierung entlang des Koronar-
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Kapitel 1 Herz
http://www.mrisafety.com. Anhand dieser Übersichten und der vorliegenden Literatur können folgende Empfehlung für die Untersuchung von Patienten mit kardialen Metallimplantaten gegeben werden:
쐍 Gefäßstützen. Die Sicherheit von Koronararterienstents wurde in mehreren experimentellen Studien untersucht. Während die meisten Stenttypen bei 1,5 T ohne Gefahr einer Bewegung oder Erwärmung untersucht werden können, zeigen einige Stenttypen eine Interaktion mit dem Magnetfeld. Daher empfehlen einige Hersteller eine Wartezeit von 6–8 Wochen nach der Stentimplantation, um die Endothelialisierung und damit die feste Verankerung des Stents in der Gefäßwand abzuwarten. Die größten Artefakte finden sich bei GRE- und EPI-Sequenzen.
쐍 Herzklappenprothesen. In 2 experimentellen StuAbb. 1.23. MR-Koronarangiographie: Durchgängiger aortokoronarer Venen-Bypass auf die rechte Kranzarterie (RCA)
arterienverlaufs. Mit einem dritten Schichtstapel in sagittaler Orientierung kann ggf. der Verlauf eines IMA-Bypasses dargestellt werden. Die BypassDurchgängigkeit wird durch die Kontrastierung des Bypass-Gefäßes nachgewiesen (Abb. 1.23). Zur besseren Beurteilbarkeit kann die Anfertigung einer Nativaufnahme sinnvoll sein, auch wenn eine Subtraktion der Datensätze aufgrund der zumeist unterschiedlichen Atemlagen nur selten möglich ist. Sicherheitsaspekte Für die kardiale MRT ist wie bei der GanzkörperMRT die MR-Tauglichkeit metallischer Implantate von besonderer Bedeutung. Im Bereich des Herzens werden Gefäßstützen (Stents), Herzklappenprothesen, Shunt-Okkluder sowie Herzschrittmacher und automatische Defibrillatoren (ICD-Konverter) eingesetzt. Neben den von der Sequenzwahl abhängigen Artefakten entstehen potenzielle Gefahren durch das statische Magnetfeld, die sich schnell ändernden Gradientenfelder und durch das Hochfrequenzfeld. Die Induktion eines elektrischen Stroms kann zu einer Erwärmung führen. Zudem besteht die Möglichkeit einer Dislokation mit Funktionsverlust oder einer Gefäß-Nerven-Verletzung durch die Anziehung im Magnetfeld. Herzschrittmacher und Defibrillatoren können umprogrammiert werden und somit ihre Funktion einbüßen. Referenz für die Sicherheit kardialer Metallimplantate ist der jährlich aktualisierte Pocket guide to MR procedures and metallic objects von F.G. Shellock oder die Internetseite:
dien wurden magnetische Anziehung, Erwärmung und Artefakte gängiger Herzklappenprothesen bei 1,5 T untersucht (Edwards et al. 2000; Kalden et al. 2000). In beiden Studien konnten keine bzw. vernachlässigbare Interaktionen mit dem Magnetfeld nachgewiesen werden. Die maximale Erwärmung einzelner Klappenprothesen betrug 0,5–0,8°C. Bei der Verwendung von TSE-Sequenzen sind die Metallartefakte weniger deutlich als bei GRE-Sequenzen. Insgesamt ist die Untersuchung von Patienten mit Herzklappenprothesen als ungefährlich anzusehen, auch die ursprünglich als mit einem Risiko behaftet angesehene Starr-Edwards-Prothese gilt laut Shellock als unbedenklich. Eine mögliche Interaktion der Herzklappenprothese mit dem Magnetfeld stellt jedoch der Lenz-Effekt dar (Condon u. Hadley 2000). Bewegte, auch nicht-ferromagnetische Metallteile in einem stationären Magnetfeld entwickeln ein eigenes Magnetfeld, das der Bewegung entgegenwirkt. Die Stärke dieses Magnetfelds ist abhängig von der Position des Metallteils und nimmt mit größerer Feldstärke zu. Für den Patienten bedeutet dies, dass bei einer metallhaltigen Kippscheibenprothese in Mitralposition maximal 18% der Krafteinwirkung eines Herzschlags auf die Klappe einwirken. Dies kann bei Patienten mit Herzinsuffizienz die Herzfunktion beeinträchtigen. Damit könnte die Untersuchung von Patienten mit Herzklappenprothesen bei Feldstärken über 1,5 T problematisch sein, entsprechende Berichte liegen jedoch bisher nicht vor.
쐍 Shunt-Okkluder. Metallische Okkluder zum Verschluss eines offenen Ductus arteriosus Botalli bzw. eines Vorhof- oder Ventrikelseptumdefekts bestehen entweder aus 304 V Stahl oder MP35 N. Während das letztere Material nicht ferromagnetisch ist und eine MRT-Untersuchung sofort durchgeführt werden
1.1 Untersuchungstechnik
kann, ist 304 V Stahl gering ferromagnetisch. Deshalb sollten nach der Implantation 6 Wochen zur Endothelialisierung der Implantate abgewartet werden.
쐍 Herzschrittmacher und automatische Defibrillatoren. Galt die Untersuchung von Patienten mit Herzschrittmachern noch bis vor kurzem als absolute Kontraindikation, so mehren sich in jüngerer Zeit die Berichte, dass eine Untersuchung im Niederfeldgerät und auch bei 1,5 T unter bestimmten Bedingungen möglich ist.
!
Mögliche Gefahren einer MRT-Untersuchung bei Herzschrittmachern oder automatischen Defibrillatoren sind Bewegung des Implantats oder der Kabel, eine Gerätedysfunktion und vor allem die Erwärmung der Kabel und der Sondenspitze. CAVE
Diese ist abhängig von der spezifischen Absorptionsrate (SAR) und der Sondenposition relativ zum Spulenzentrum. Daher ist die Untersuchung des Schädels, des Beckens und der unteren Extremität noch eher durchführbar als diejenige von Herz, Thorax oder Brustwirbelsäule. Schrittmacherdysfunktionen können durch ein Umschalten in den asynchronen Modus vermieden werden, obwohl weiterhin das geringe Risiko einer ausgeprägten Tachykardie besteht. Die Untersuchung sollte daher nur nach strenger Indikationsstellung unter Überwachung von Blutdruck, EKG und O2-Sättigung und unter Beachtung der SAR-Limits erfolgen. Möglicherweise sind in Zukunft neue Systeme eher für MRT-Untersuchungen geeignet. Für die Untersuchung des Herzens bei Patienten mit Herzschrittmachern und automatischen Defibrillatoren stehen ansonsten die alternativen echokardiographischen, nuklearmedizinischen und vor allem computertomographischen Methoden zur Verfügung. 1.1.4 Echokardiographie 1.1.4.1 Zweidimensionale und M-Mode-Echokardiographie Bei Ultraschall handelt es sich um Schallwellen von 50–20.000 Hz. Im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung wird durch Piezokristalle ein gerichteter Ultraschallimpuls (2–5 MHz) generiert. Ein großer Teil der abgegebenen Schallenergie wird im Körper absorbiert und ist für die Bildgebung nicht nutzbar. Ein Teil der Ultraschallenergie wird jedoch an Grenzflächen (z. B. freie rechtsventrikuläre Wand, interventrikuläres Septum) reflektiert. In Abhängigkeit vom gewählten Frequenzbereich können auch Grenzflä-
chen erreicht werden, die eine größere Distanz zur Ultraschallquelle haben (z. B. posteriore Hinterwand). Von diesen Grenzflächen werden entsprechende Anteile der ursprünglichen Ultraschallenergie reflektiert. Für die Ultraschallbildgebung werden die unterschiedlichen Laufzeiten der reflektierten Ultraschallstrahlen und die Stärke des reflektierten Ultraschallsignals verwendet. Bei der zweidimensionalen Echokardiographie werden Ultraschallimpulse auf 120 Bildzeilen in einem Sektor von 90° 20- bis 30-mal pro Sekunde abgegeben. Im Gegensatz dazu wird bei der M-ModeEchokardiographie ein Ultraschallimpuls auf nur einer Zeile gesendet und der reflektierte Anteil wieder empfangen. Diese M-Mode-Darstellung wird mit Hilfe eines zweidimensionalen Bildes geplant und hat den Vorteil, dass zeitliche Abläufe visualisiert werden können und kardiale Dimensionen gemessen werden können. 1.1.4.2 Dopplerechokardiographie Der Dopplereffekt kommt dadurch zustande, dass die Distanz zwischen Ultraschallquelle und Reflexionsebene nicht konstant ist. Dies geschieht bei Schallreflexionen an sich bewegenden Blutzellen. Bewegen sich die Blutzellen auf die Schallquelle zu, kommt es zur Verkürzung der Wellenlänge und damit zur Frequenzerhöhung. Man spricht vom positiven Dopplershift. Bewegen sich die Blutkörperchen von der Schallquelle weg, kommt es zur Verlängerung der Wellenlänge, zu einer niedrigeren Frequenz und man spricht von einem negativen Dopplershift. Zur weiteren Analyse ist die Dopplergleichung wesentlich: fd=2×f0×V×cosθ×c–1. Sie beschreibt die Beziehung des Dopplershiftes (fd) zur Frequenz der Schallsonde (f0), zur Blutströmungsgeschwindigkeit (V) und -richtung und zur Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schallwellen in Blut (c=1560m/s). Cos× ist der Cosinus des Winkels zwischen Strömungsgeschwindigkeit und Ausbreitungsrichtung des Blutstroms. Wird diese Gleichung nach der Geschwindigkeit aufgelöst, kann die Strömungsgeschwindigkeit der Blutkörperchen, die den Ultraschallstrahl passieren, bestimmt werden. Mit dem Ergebnis der Berechnung der Blutströmungsgeschwindigkeit lassen sich dann mit Hilfe der Bernoulli-Formel Druckgradienten über den Herzklappen berechnen. Proportional zur Anzahl der erfassten Blutkörperchen ist die Amplitude des Dopplersignals. Dies ist eine densitometrische Komponente und wird mit Hilfe einer Grauskala dargestellt.
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Kapitel 1 Herz
Bei den Dopplertechniken werden die „Continuous-wave-“ (CW-)Technik und die „Pulsed-wave-“ (PW-)Technik unterschieden.
!
Bei der CW-Technik wird kontinuierlich Schall ausgesendet und empfangen. So werden alle Strömungsgeschwindigkeiten in der Schallrichtung erfasst. Mit der PW-Technik wird durch Vorgabe eines Intervalles zwischen Senden und Empfangen eine Reflexionsebene festgelegt und so eine lokale Strömungsgeschwindigkeit bestimmt. Merke
1.1.5 Nuklearmedizin Nuklearmedizinische Verfahren bieten Informationen über Funktion, Perfusion und Stoffwechsel des Herzens. Etablierte Verfahren sind:
∑ die Radionuklidventrikulographie (RNV), ∑ die Single-Photonen-Emissionscomputertomographie (SPECT) und ∑ die Positronenemissionstomographie (PET), die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen.
Mit der PW-Dopplertechnik können jedoch keine hohen Frequenzen bzw. Geschwindigkeiten bestimmt werden. Durch die im Vergleich zur CW-Dopplertechnik geringere Sende- und Empfangsrate können bei der PW-Dopplertechnik nur reflektierte Schallwellen niedrigerer Frequenz korrekt erfasst werden. Diese Limitation wird als „Aliasing-Phänomen“ bezeichnet. Die Grenze der noch korrekt erfassten Frequenzen wird als Nyquist-Zahl beschrieben (Pulsrepetitionsrate >2-mal Frequenz des Dopplershifts). 1.1.4.3 Farbdopplerechokardiographie Eine Weiterentwicklung stellt die Farbdopplerechokardiographie dar. Es erfolgt eine Farbkodierung der Blutströme, wobei der Fluss vom Schallkopf weg blau kodiert ist und der zum Schallkopf hin rot kodiert ist. An stenosierten Klappen ergibt sich das typische „mosaic flow pattern“ mit einem bunten Farbmuster. 1.1.4.4 Transösophageale Echokardiographie Die transthorakale Echokardiographie ist limitiert, wenn eine eingeschränkte Schallbarkeit wie z. B. beim Emphysemthorax besteht. Mit der transösophagealen Echokardiographie und den mittlerweile einsetzbaren multiplanen Sonden ist auch bei diesen Patienten eine gute Bildqualität erreichbar. Einige Strukturen lassen sich auch bei guten Schallbedingungen transthorakal nicht sicher beurteilen. Insbesondere das Vorhofseptum kann zuverlässig nur transösophageal beurteilt werden. Ein offenes Foramen ovale kann diagnostiziert werden, indem Echokontrastmittel transvenös injiziert wird und während des Valsalva-Manövers ein Kontrastmittelübertritt von rechtsatrial nach linksatrial nachgewiesen werden kann. Auch Klappenprothesen, Thromben im linken oder rechten Vorhof sowie im linken oder rechten Vorhofohr können in aller Regel nur mittels transösophagealer Echokardiographie nachgewiesen werden.
1.1.5.1 Radionuklidventrikulographie Die RNV ist eine klinisch nur noch selten eingesetzte Methode zur Bestimmung der ventrikulären Funktionsparameter und zur Beurteilung der Wandmotilität.Vorteil ist die hohe Reproduzierbarkeit, Nachteil die eingeschränkte Beurteilbarkeit exzentrisch verformter Ventrikel und die Nachweisbarkeit nur größerer Wandbewegungsstörungen. Die radioaktive Markierung des Blutes erfolgt entweder durch Gabe von 99mTechnetium- (Tc-)Humanserumalbumin oder durch in vivo bzw. ex vivo mit 99mTc markierte Erythrozyten. Die Untersuchung kann entweder im First-pass oder bei der üblicheren Methode im Äquilibrium erfolgen. Bei der First-pass-RNV wird die Zeitaktivitätskurve während der ersten Tracer-Passage registriert. Bei der Äquilibrium-RNV erfolgt nach Gleichverteilung des Tracers die EKG-gesteuerte Registrierung von Herzbinnenraumszintigrammen. Vorteil dieser Methode ist die Wiederholbarkeit der Messung unter verschiedenen Belastungsstufen oder Medikationen ohne erneute Injektion. Für die Auswertung ist die manuelle oder automatische Markierung der Herzbinnenraumkonturen in den verschiedenen Herzphasen notwendig. 1.1.5.2 Single-Photonen-Emissionscomputertomographie Die SPECT ermöglicht die Darstellung der Aktivitätsverteilung des Herzens in Form von beliebig orientierbaren Schnittbildern durch eine rotierende Gammakamera. Im Gegensatz zur planaren Szintigraphie ist die Untersuchungszeit mit 15–30 min zwar länger, dafür ist aber die räumliche Auflösung verbessert. Es gelingt eine relative topographische Zuordnung von Speicherdefekten. Die Aufnahmen können mit anderen Schnittbildverfahren wie z. B. der MRT verglichen und evtl. fusioniert werden. Durch EKG-getriggerte Aufnahmen ist auch eine gleichzeitige globale und regionale linksventrikuläre Funktionsanalyse möglich. Die szintigraphische Untersuchung des Herzens beruht auf dem Prinzip der Darstellung der
1.1 Untersuchungstechnik
Myokardperfusion. Hierzu wird ein Radiopharmakon injiziert, das sich proportional zum regionalen Blutfluss im Herzmuskel anreichert. Seit Mitte der 1970er Jahre wird hierzu das Kalium-Analogon 201Thallium- (Tl-)Chlorid eingesetzt, das sich über die Na+/K+-ATPase im Myokard anreichert. Seit Anfang der 1990er Jahre wird 201Tl-Chlorid zunehmend durch 99mTc-markierte Pharmaka (99mTc-Sestamibi oder 99mTc-Tetrofosmin) ersetzt. 201Tl reichert sich nach der Injektion zunächst im Herzmuskel an, verlässt diesen dann wieder und verteilt sich in anderen Organen (Muskulatur, Nieren, Leber, Magen-Darm-Trakt). Nach etwa 3–4 Stunden kommt es zu einer Redistribution ins Herz. Dadurch sind Untersuchungen unter Stress- und Ruhebedingungen nach nur einer Injektion möglich: Zunächst wird die Perfusion unter Stress dargestellt, die Aktivität 3–4 Stunden später entspricht dann der Ruheperfusion. Neben der Perfusionsmessung kann die 201TlSPECT auch zur Vitalitätsdiagnostik eingesetzt werden. Hierzu wird in hypoperfundierten Arealen entweder die Redistribution oder die Aufnahme von 201Tl nach Reinjektion beurteilt. 99mTc dagegen wird in den myokardialen Mitochondrien angereichert und verbleibt dort. Daher müssen für den Vergleich von Ruhe- und Stressuntersuchungen 2 separate Untersuchungen mit 2 Injektionen durchgeführt werden. Vorteile von 99mTc gegenüber 201Tl sind jedoch die geringere Strahlenexposition (7 mSv vs. 17 mSv) und die geringere physikalische Halbwertszeit (6 h vs. 73 h), die ständige Verfügbarkeit und die höhere applizierbare Aktivität und damit die bessere Abbildungsqualität. In der Regel wird die Myokardperfusionsszintigraphie mit einer körperlichen Belastung auf dem Laufband oder Ergometer kombiniert. Ist dies jedoch aufgrund des klinischen Zustands des Patienten (periphere AVK, Gelenkerkrankungen, körperliche Erschöpfung) nicht möglich, wird als Alternative analog zur Perfusionsmessung mit der MRT eine pharmakologische Belastung eingesetzt. Auswertung Die szintigraphischen Aufnahmen werden zunächst visuell ausgewertet. Hierzu wird die regionale TracerVerteilung in allen 3 Herzachsen bezüglich Lokalisation, Auswertung, Intensität und ggf. Reversibilität beurteilt. Für eine quantitative Auswertung werden entweder verschiedene Areale wie z. B. Vorderwand und Hinterwand miteinander verglichen oder die Aktivität der Segmente in Relation zu dem Segment mit der höchsten Aktivitätsanreicherung (=100%) gesetzt. Falsch-positive Befunde durch Fehlinterpretationen entstehen durch die physiologisch verminderte
Aktivität im Bereich von Herzbasis und -spitze oder durch Strahlenabsorption. Diese kann physiologisch durch das Zwerchfell im Bereich der Hinterwand bzw. der Mamma im Bereich von Vorderwand und Septum erfolgen oder auch durch implantierte Defibrillator-Patches. Speicherdefekte, die eine hämodynamisch relevante KHK vortäuschen, können auch bei Mikroangiopathien, Koronarspasmen, Kardiomyopathien oder asymmetrischer Hypertrophie, kleinnarbigen oder infiltrativen Herzerkrankungen und bei arterieller Hypertonie und Diabetes mellitus entstehen. Bei bis zu 90% der Patienten mit Linksschenkelblock wird eine Minderbelegung des Septums unter Belastung beobachtet, die zwar einer tatsächlichen Durchblutungsminderung entspricht, allerdings nicht durch eine KHK verursacht ist (Richter et al. 1998). Falsch-negative Befunde sind durch zu kleine Speicherdefekte oder Überlagerung mit anderen Myokardabschnitten bzw. Organen (Galle, Darm) verursacht. Speicherdefekte können nicht nachgewiesen werden bei unzureichender Belastung, nicht abgesetzter antianginöser Therapie, guter Kollateralisierung oder hämodynamisch nicht relevanten Stenosen. 1.1.5.3 Positronenemissionstomographie Die PET ermöglicht die Untersuchung der Perfusion, des myokardialen Stoffwechsels und der autonomen neuronalen Innervation des Herzens. Grundlage der PET ist der Nachweis der Positronenemission der lokal angereicherten Tracer. Das vom Tracer abgegebene Positron zerfällt im Gewebe in 2 Photonen, die vom Detektor aufgefangen werden. Die verwendete Ringdetektor-PET-Technologie ermöglicht die dreidimensionale Datenakquisition mit Quantifizierung lokaler Tracer-Konzentrationen. Die räumliche Auflösung beträgt bei der derzeitigen Gerätegeneration 5–7 mm bei einer zeitlichen Auflösung von einigen Sekunden pro Bild. Durch EKG-Triggerung der Aufnahmen können die Einflüsse von Wandbewegung und Wanddickenänderung auf die Bildqualität reduziert werden. Perfusion Die Untersuchung der Perfusion mit der PET beruht analog zur SPECT ebenfalls auch auf der Gabe eines Tracers, der sich proportional zum Blutfluss im Myokard anreichert. Hierfür werden N-13-Ammoniak (13NH3), O-15-Wasser (H215O) und Rubidium-82 eingesetzt. N-13-Ammoniak und O-15-Wasser erfordern wegen ihrer kurzen Halbwertzeiten die Nähe eines Zyklotrons, Rubidium-82 ist derzeit in Deutschland nicht kommerziell erhältlich. Die primäre Auswertung erfolgt visuell; möglich ist auch eine semiquantitative
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Kapitel 1 Herz
Auswertung. Mit volumetrischen Methoden anhand schwächungskorrigierter PET-Aufnahmen – mit zunehmendem Blutfluss kommt es zu einer relativen Abnahme der Tracer-Retention – kann der myokardiale Blutfluss in ml/g/min quantifiziert werden. Metabolismus Die beiden Hauptsubstrate des myokardialen Stoffwechsels sind Glukose und Fettsäuren. Durch die radioaktive Markierung von deren Analoga kann der Herzmetabolismus untersucht werden.Vor allem Untersuchungen des regionalen Glukosestoffwechsels sind in der Vitalitätsdiagnostik etabliert. Der Positronenemitter 18F-Deoxyglukose (FDG) wird über Glukosetransporter in das Myokard aufgenommen und anschließend durch die Hexokinase phosphoryliert. Das entstehende FDG-6-Phosphat kann nur eingeschränkt glykolisiert werden und wird deshalb intrazellulär gespeichert. Die lokale Tracer-Konzentration ist dadurch ein Maß für den lokalen Energiestoffwechsel und damit für die Anzahl vitaler Zellen. Autonome nervale Innervation Die Beurteilung der Funktion des autonomen Nervensystems befindet sich derzeit noch in der Entwicklung. Die verschiedenen Tracer setzen entweder an den präsynaptischen Nervenendigungen oder den postsynaptischen Rezeptoren im Herzen an. Damit kann z. B. der kontinuierliche Prozess der sympathischen Reinnervation nach orthotoper Herztransplantation beurteilt werden oder die Down-Regulation kardialer b1-Rezeptoren bei Herzinsuffizienz nachgewiesen werden. 1.1.6 Herzkatheteruntersuchung Die Herzkatheteruntersuchung beinhaltet die so genannte Einschwemmkatheteruntersuchung mit Bestimmung von hämodynamischen Parametern (Herzzeitvolumen, Oxymetrie, Druckmessung im rechten Vorhof, im rechten Ventrikel, Pulmonalarterie und Ermittlung des pulmonalkapillären Wedge-Drucks). Wesentlicher Bestandteil der Herzkatheteruntersuchung ist die so genannte Linksherzkatheteruntersuchung, wobei neben der Lävokardiographie und Druckmessung im linken Ventrikel sowie in der Aorta ascendens die Koronarangiographie große Bedeutung erlangt hat. Zugang für die diagnostische Koronarangiographie ist die A. femoralis, seltener die A. radialis oder die A. brachialis. Speziell vorgeformte Katheter, die auch atypischen anatomischen Gegebenheiten der Lage der Ostien für die rechte und linke Kranzarterie genügen, werden in die Aorta ascendens vorgebracht, danach das Ostium der jeweiligen
Kranzarterie sondiert. Das Kranzarteriensystem wird dann in verschiedenen Projektionsebenen dargestellt. 1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten J. Sandstede, Th. Voigtländer
1.2.1 Anatomie des Herzens und der Koronararterien Das Herz hat die Form eines abgerundeten Kegels. Die Herzspitze zeigt nach vorne links unten, die Herzbasis nach hinten rechts oben. Die Unterfläche, Facies diaphragmatica, liegt dem Zwerchfell auf. Das Herz ist zweigeteilt in ein „rechtes“ und ein „linkes“ Herz, jeder Teil besteht aus einem Vorhof (Atrium) und einer Kammer (Ventriculus oder Ventrikel). Die Grenze zwischen dem rechten und dem linken Herz wird durch das Vorhof- und das Ventrikelseptum gebildet, Grenze zwischen Vorhöfen und Kammern ist die Klappenebene. Der rechte Vorhof ist dreieckförmig mit breiter Verbindung zum rechten Ventrikel. Kranial und kaudal münden die V. cava superior und V. cava inferior ein. Zusätzlich mündet kaudal der Sinus coronarius. Diese Einmündung des Sinus coronarius bildet die Grenze zwischen V. cava inferior und rechten Vorhof, wobei sich der rechte Vorhof häufig lateral der V. cava inferior nach kaudal vorwölbt. Üblicherweise findet sich eine noduläre Verdickung an der Hinterwand des rechten Vorhofs, die die Einmündung von V. cava superior und inferior verbindet. Diese Crista terminalis entspricht der embryonalen Grenze zwischen dem Anteil des rechten Vorhofs, der aus dem Sinus venosus entsteht, und dem aus dem embryonalen Vorhof entstehenden Anteil. Mediale Begrenzung des Vorhofs ist das Septum interatriale, in dem zentral als Rest des Fetalkreislaufs die Fossa ovalis liegt. Nach ventral setzt sich der rechte Vorhof in das rechte Herzohr fort. Die Trikuspidalklappe hat 3 Segel, Cuspis septalis, anterior und posterior. Diese Klappensegel sind durch Chordae tendineae an den 3 Papillarmuskeln, M. papillaris anterior, posterior und septalis befestigt. Der rechte Ventrikel hat auf axialen Schichten eine Dreieckform. Die Wand ist deutlich dünner als die des linken Ventrikels. An der Innenseite besteht sie aus vielen einzelnen Muskelbälkchen. Diese Trabekulierung ist vor allem im Bereich der medialen Begrenzung, des Septum interventriculare, deutlich ausgeprägt. Eine Besonderheit ist das Moderatorband, das von der Mitte des Septums zur Spitze zieht und nahe der Basis des vorderen Papillarmuskels an
1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten
der freien Wand des rechten Ventrikels inseriert. Die rechtsventrikuläre Ausflussbahn setzt sich in den Conus arteriosus fort und wird durch die aus 3 Taschenklappen bestehende Pulmonalklappe vom Truncus pulmonalis getrennt. Der Austritt des Truncus pulmonalis liegt ventral der Aorta. In den linken Vorhof münden beiderseits die Vv. pulmonales ein. Nach ventral endet der linke Vorhof im linken Herzohr. Die Verbindung zum linken Ventrikel ist die Mitralklappe. Diese besteht nur aus 2 Segeln, dem Cuspis anterior und posterior, die ebenfalls durch Chordae tendineae am M. papillaris anterior und posterior befestigt sind. Der linke Ventrikel ist muskelstark und hat normalerweise nur eine gering ausgeprägte Trabekulierung. Die aortale Ausflussbahn wird durch die aus 3 Taschenklappen bestehende Aortenklappe vom Bulbus aortae getrennt, von dem die Koronararterien abgehen. Die linke Koronararterie (LCA, A. coronaria sinistra) entspringt im linken Sinus aortae (Valsalvae). Der linke Hauptstamm zieht zunächst nach lateral zwischen linkem Herzohr und Truncus pulmonalis und teilt sich dann auf in den R. circumflexus (RCX) und den R. interventricularis anterior (RIVA). Der R. interventricularis anterior zieht im Sulcus interventricularis anterior bis zur Herzspitze; die Abgänge werden im klinischen Sprachgebrauch Diagonaläste genannt. Der R. circumflexus verläuft im Sulcus coronarius sinister nach dorsal bis zur Facies diaphragmatica; die Abgänge werden als Marginaläste bezeichnet. Der R. intermedius ist ein inkonstanter Ast der linken Koronararterie, der zwischen R. interventricularis anterior und R. circumflexus abgeht und die Vorderwand versorgt. Die rechte Kranzarterie (RCA,A. coronaria dextra) entspringt im rechten Sinus aortae (Valsalvae). Sie verläuft zunächst auf der Vorderseite fast senkrecht nach unten im Sulcus coronarius dexter und biegt dann im Bereich der Crux cordis in den Sulcus interventricularis posterior ab. Hier verläuft sie als R. interventricularis posterior an der Facies diaphragmatica bis zur Herzspitze.
!
Die Versorgungsgebiete der Koronararterien sind sehr variabel, je nach Überwiegen der einen oder anderen Seite spricht man von einem Rechtsversorgungs-, Linksversorgungs- oder ausgeglichenem Typ. Merke
Bei ausgeglichenen Typ versorgt der R. interventricularis anterior die Vorderwand und den vorderwandnahen Anteil des Septums unter Einbeziehung eines angrenzenden Teils des rechten Herzens, der R. circumflexus versorgt die Seitenwand und die rechte Koronararterie versorgt die Hinterwand, den hinterwandnahen Anteil des Septums und das rechte Herz.
Der Sinus coronarius ist das Sammelgefäß des venösen Rückstroms. Er verläuft an der Facies sternocostalis cordis an der Unterseite des linken Vorhofs vor der Einmündung in den rechten Vorhof. Größere Herzvenen, die sich im Sinus coronarius vereinigen, sind die V. cordis magna und die V. cordis media. Die V. cordis magna verläuft bogenförmig zunächst im Sulcus interventricularis anterior parallel zum R. interventricularis anterior und dann im Sulcus coronarius sinistra entlang dem R. circumflexus. Die V. cordis media verläuft im Sulcus interventricularis posterior parallel zum R. interventricularis posterior der rechten Koronararterie. Zusätzlich münden noch die V. posterior ventriculi sinstri und die V. cordis parva in den Sinus coronarius,außerdem gelangen kleinere Venen direkt aus der Herzwand in den rechten Vorhof. Das Epikard bedeckt das Myokard, die Herzkranzgefäße und das Baufett der Herzoberfläche. Die Umschlagsfalte zum Perikard liegt oberhalb und hinter der Herzbasis, relativ herznah auf der Wand von V. cava inferior und Vv. pulmonales, relativ herzfern (wenige Zentimeter oberhalb des Herzens) dagegen auf der Wand von Aorta ascendens, Truncus pulmonalis und V. cava superior. 1.2.2 Konventionelle Röntgendiagnostik 1.2.2.1 Herzschatten Im p.-a.-Bild sind von kranial nach kaudal folgende Strukturen randbildend (Abb. 1.24 a):
∑ Rechtsseitig: 왔 V. cava superior, 왔 rechter Vorhof. ∑ Linksseitig: 왔 distaler Abschnitt des Aortenbogens, 왔 Truncus pulmonalis (Pulmonalsegment), 왔 linker Vorhof (linkes Herzohr), 왔 linker Ventrikel. Im Seitbild sind von kranial nach kaudal folgende Strukturen randbildend (Abb. 1.24 b):
∑ Ventral: 왔 Aorta ascendens, 왔 Truncus pulmonalis, 왔 rechter Ventrikel. ∑ Dorsal: 왔 Aorta descendens, 왔 A. pulmonalis sinistra, 왔 linker Vorhof, 왔 linker Ventrikel, 왔 V. cava inferior.
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Kapitel 1 Herz
a
Truncus pulmonalis entspringt links vor und etwas oberhalb der Aorta und verläuft nach hinten und oben, wobei die rechte Wand der Aorta ascendens anliegt. Daher sind im p.-a.-Bild nur der linke Rand („Pulmonalissegment“) und im Seitbild der Vorderrand auf einer kurzen Strecke sichtbar. Aufgrund der niedrigen Druckverhältnisse im pulmonalarteriellen und -venösen Gefäßsystem zeigen die Pulmonalgefäßkaliber im Stehen ein typisches, von der Schwerkraft beeinflusstes Verteilungsmuster. In der Oberfeldern betragen die Durchmesser der Pulmonalgefäße nur etwa 50% der Durchmesser in den Unterfeldern. Eine Unterscheidung von Pulmonalarterien und -venen ist in den Oberfeldern kaum möglich. In den Mittel- und Unterfeldern dagegen lassen sich die Pulmonalvenen durch ihre Einmündung in den linken Vorhof von den im Bereich der Hili abgehenden Pulmonalarterien unterscheiden. 1.2.3 Computertomographie und Magnetresonanztomographie Die Normalanatomie des Herzens wird anhand von Abb. 1.25 a–c dargestellt. Die einfach bzw. doppelt angulierten Herzachsen werden oben, in Abschn. „Herzachsen“ erläutert 1.2.4 Echokardiographie
b
Abb. 1.24 a, b. Röntgenthorax in p.-a. und seitlichem (linksanliegenden) Strahlengang. LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel, LA linker Vorhof (Atrium), RA rechter Vorhof (Atrium), A Aorta, P Pulmonalarterie
1.2.2.2 Herznahe Gefäße und pulmonale Gefäßzeichnung Die Aorta ascendens wird im p.-a.-Bild in der Regel rechtsseitig von der V. cava superior überlagert. Daher sind hier nur der distale Anteil des Bogens und der Beginn der Aorta descendens als so genannter Aortenknopf und dann die links paravertebral verlaufende Aorta descendens zu erkennen. Im Seitbild stellt sich dagegen der gesamte Aortenbogen dar. Der
Die Beurteilung des echokardiographischen Befundes beinhaltet ∑ die Wandbewegungsanalyse des linken und rechten Ventrikels, ∑ die Bestimmung der Größe des linken und rechten Vorhofs sowie ∑ mittels der Farbdopplerechokardiographie die Analyse der AV-Klappen (Mitral- und Trikuspidalklappe) und der Taschenklappen (Aorten- und Pulmonalklappe). Die Bestimmung der quantitativen Parameter der Ventrikel- und Vorhofdimensionen erfolgt im so genannten M-Mode. Mittels der Dopplerechokardiographie können systolische und diastolische Blutflussgeschwindigkeiten quantitativ bestimmt werden.
1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten
a
Abb. 1.25 a. Normalanatomie des Herzens in transversaler (a), frontaler (b) und sagittaler (c) Schichtführung. LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel, LA linker Vorhof (Atrium), RA rechter Vorhof (Atrium), AK Aortenklappe, PK Pulmonalklap-
pe, MK Mitralklappe, TK Trikuspidalklappe, A Aorta, P Pulmonalarterie, Inf Infundibulum (rechtsventrikulärer Ausflusstrakt), VCS V. cava superior, VCI V. cava inferior
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Kapitel 1 Herz
b
Abb. 1.25 b. . Normalanatomie des Herzens in transversaler (a), frontaler (b) und sagittaler (c) Schichtführung. LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel, LA linker Vorhof (Atrium), RA rechter Vorhof (Atrium), AK Aortenklappe, PK Pulmonalklap-
pe, MK Mitralklappe, TK Trikuspidalklappe, A Aorta, P Pulmonalarterie, Inf Infundibulum (rechtsventrikulärer Ausfluss trakt), VCS V. cava superior, VCI V. cava inferior
1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten
c
Abb. 1.25 c. . Normalanatomie des Herzens in transversaler (a), frontaler (b) und sagittaler (c) Schichtführung. LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel, LA linker Vorhof (Atrium), RA rechter Vorhof (Atrium), AK Aortenklappe, PK Pulmonalklap-
pe, MK Mitralklappe, TK Trikuspidalklappe, A Aorta, P Pulmonalarterie, Inf Infundibulum (rechtsventrikulärer Ausflusstrakt), VCS V. cava superior, VCI V. cava inferior
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Kapitel 1 Herz
1.3 Systematische Bildanalyse und Auswertung J. Sandstede
1.3.1 Konventionelle Röntgendiagnostik Die Herzgrößenbestimmung in der konventionellen Herzdiagnostik dient im klinischen Alltag weniger der primären Diagnose einer Herzvergrößerung als vielmehr der Verlaufsbeobachtung. Wichtig ist hierfür, dass die Aufnahmen in der gleichen Atemlage des Patienten angefertigt werden. Während aufwändigere Methoden wie die Volumenbestimmung mit Messwerten in allen 3 Raumebenen verlassen wurden, hat sich als einfache und schnelle Methode die Bestimmung des Herztransversaldurchmessers im p.-a.-Bild durchgesetzt. Von der Thoraxmitte aus werden der größte rechts- und linksseitige Abstand gemessen und addiert. Dieser Messwert wird in Relation zum Thoraxtransversaldurchmesser gesetzt, der vom Innenrand der Rippen in Höhe des linken Zwerchfells gemessen wird. Das Verhältnis von Herz- zu Thoraxtransversaldurchmesser darf höchstens 1:2 betragen. Zu beachten ist hierbei jedoch auch die Herzkonfiguration im Seitbild, da z. B. bei einem Sternum recurvatum eine Herzvergrößerung im p.-a.-Bild vorgetäuscht werden kann. Die Beurteilung der Herzgröße auf Liegendaufnahmen ist aus mehreren Gründen erschwert: Die Aufnahmen werden in Rückenlage angefertigt mit somit größerem Objekt-(Herz-)Film-Abstand und außerdem mit einem im Verhältnis zur Stehendaufnahme geringeren Film-Fokus-Abstand. Beides führt aufgrund der Abbildungsgeometrie zu einer Vergrößerung des Herzschattens. Zusätzlich ist das Herz im Liegen durch den höheren Zwerchfellstand bei geringerer Inspiration quergelagert, und der vermehrte venöse Rückstrom führt auch zu einer tatsächlichen Herzvergrößerung. Daher sind Stehend- und Liegendaufnahmen nicht vergleichbar, die Beurteilung der Herzgröße kann im Liegen nur im Verlauf erfolgen. In der Thoraxübersichtsaufnahme lässt sich nicht nur die globale Herzgröße beurteilen, sondern die Vergrößerung einzelner Herzkammern führt auch zu charakteristischen Veränderungen der Herzsilhouette:
Vergrößerungen von Herz und Herkammern im Röntgenthorax ∑ Linker Herzvorhof: 왔 Verstrichene oder konvexe Herztaille 왔 Aufspreizung der Trachealbifurkation (>60°) 왔 Ausbildung eines „Kernschattens“ innerhalb der Herzsilhouette 왔 Linker Vorhof rechts randbildend (Doppelkontur rechts) 왔 Dorsale Vorwölbung im Seitbild ∑ Linker Herzventrikel: 왔 Verbreiterung des Herzens nach links mit ausgeprägter Herztaille (so genannte aortale Konfiguration) 왔 Bei ausgeprägter Dilatation dorsale Vorwölbung im Seitbild, die hintere Kontur überragt die Einmündungsstelle der V. cava inferior >2 cm ∑ Rechter Herzvorhof: 왔 Rechts konvexe Vorwölbung des rechten Herzrands 왔 Einengung des kranialen Retrosternalraums ∑ Rechter Herzventrikel: 왔 Verbreiterung des Herzens nach links, durch Rechtsherzvergrößerung dreht sich das Herz nach links, der linke Ventrikel wird nach dorsal verlagert, der rechte Ventrikel wird links randbildend mit Anhebung der Herzspitze 왔 Einengung des Retrosternalraums im Seitbild (die Herzkontur liegt >1/3 der Sternumrückfläche an)
Verkalkungen des Herzens entstehen durch entzündliche, degenerative, postinfarzielle und arteriosklerotische Prozesse. Durch ihre Lokalisation und Konfiguration unterscheidet man:
∑ Verkalkungen des Anulus fibrosus der Mitraloder Aortenklappe, ∑ Verkalkungen der Mitral- oder Aortenklappensegel, ∑ Koronarkalk, ∑ Perikardverkalkungen (bei der Pericarditis constrictiva), ∑ Herzwandverkalkungen (z. B. verkalktes Herzwandaneurysma). Zur Herzdiagnostik im Summationsbild gehört auch die Analyse von Veränderungen der herznahen Gefäße und der pulmonalen Gefäßzeichnung Veränderungen der herznahen Gefäße und der pulmonalen Gefäßzeichnung ∑ Aorta ascendens: 왔 Dilatation – Aorta ascendens rechts randbildend mit rechtskonvexem Verlauf über den rechten Wirbelsäulenrand hinaus – Einengung des Retrosternalraums im Seitbild bei anterokonvexem Verlauf 왔 Elongation Abstand Aortenbogen-Klavikula <2 cm ∑ Truncus pulmonalis: 왔 Dilatation – Prominentes Pulmonalsegment
1.3 Systematische Bildanalyse und Auswertung
Elongation – Einengung des Retrosternalraums im Seitbild ∑ Pulmonale Hypervolämie: 왔 Erweiterung des Pulmonalsegments 왔 Erweiterung der Hilusgefäße 왔 Erweiterung der Lungengefäße (Arterien und Venen) bis in die Peripherie, keine „Gefäßabbrüche“ 왔 Unter Durchleuchtung werden die raschen Volumenänderungen der Pulmonalarterien durch große Schlagvolumina als „tanzende Hili“ beschrieben ∑ Erhöhter Pulmonalarteriendruck: 왔 Erweiterung der Hilusgefäße und der mittleren Pulmonalarterienabschnitte 왔 Sprunghafte Normalisierung des Gefäßkalibers in der Peripherie („Gefäßabbrüche“,„Hilusamputation“) 왔 Pulmonalvenen normal weit ∑ Erhöhter Pulmonalvenendruck: 왔 Stadium I: Erweiterung der Pulmonalvenen in den Oberfeldern bis zur gleichen Weite wie in den Unterfeldern („Umverteilung“) 왔 Stadium II: Gefäßkaliber der Pulmonalvenen in den Oberfeldern größer als in den Unterfeldern 왔 Stadium III: perivaskuläre und peribronchiale Flüssigkeitsaustritte führen zur „Gefäßkonturunschärfen“ und peribronchialen Verdichtungen („Bronchusmanschette“). Zusätzlich können Kerley-B-Linien entstehen. Dies sind 1–3 cm lange subpleurale horizontale Linien in den basalen Abschnitten als Zeichen erweiterter Lymphgefäße und eines interstitiellen Flüssigkeitsaustritts in die interlobulären Septen 왔 Stadium IV: alveolärer Flüssigkeitsaustritt („alveoläres Lungenödem“) 왔
1.3.2 Computertomographie und Magnetresonanztomographie Die Analyse des Herzens sollte entlang der Blutzirkulation erfolgen. Ausgehend von der V. cava superior und inferior – die Einmündung des Sinus coronarius bildet hier die Grenze zum rechten Vorhof – fließt das Blut in den rechten Vorhof. Hier ist vor allem auf intraatriale Raumforderungen und die Intaktheit des Septums zu achten. Über die trikuspide Trikuspidalklappe gelangt das Blut in den rechten Ventrikel. Wichtig sind hier Form
und Weite des Ventrikels, Kontraktilität, die Muskelwanddicke und die Stärke der Trabekulierung und des Moderatorbands sowie die Intaktheit des Septums. Über das muskuläre Infundibulum fließt das Blut dann über die trikuspide Pulmonalklappe in den Truncus pulmonalis. Über die Lungenvenen gelangt das Blut in den linken Vorhof, auch hier ist auf die Weite zu achten und wieder besonders nach intraatrialen Raumforderungen zu suchen. Über die bikuspide Mitralklappe wird der linke Ventrikel gefüllt. Analog zum rechten Ventrikel müssen Form und Weite des Ventrikels, Kontraktilität und die Muskelwanddicke beurteilt werden. Über den aortalen Ausflusstrakt entlang des Septums fließt das Blut dann über die trikuspide Aortenklappe in die Aorta ascendens. In der MRT lassen sich durch den Einsatz der T1und T2-Wichtung, der Fettunterdrückung und von Kontrastmittel einige Gewebearten charakterisieren (Tabelle 1.14). Die Analyse von Morphologie, Funktion, Perfusion, Kontrastmittelaufnahme, Flussmessungen und Koronararterien mit MRT und CT wird in den Abschnitten 1.1.2 und 1.1.3 dargestellt. 1.3.3 Echokardiographie Die erste Anlotungen im 2D- und M-Mode erfolgen im parasternalen Langachsen- und Kurzachsenschnitt. Quantitativ werden die Diameter der Aorta ascendens, des linken Ventrikels auf Höhe der Papillarmuskel, des linken Vorhofes, des rechten Vorhofes und des rechten Ventrikels erfasst. Besondere Bedeutung hat die Bestimmung der linksventrikulären Funktion mit der Analyse der regionären und globalen Pumpfunktion. Zusätzlich erfolgt die Beurteilung der Atrioventrikular- und Taschenklappen. Neben Klappenanomalien (z. B. bikuspide Aortenklappe, Prolaps eines Mitralsegels) können auch degenerative Veränderungen dokumentiert werden. Im zweiten Schritt erfolgt die Anlotung von der Herzspitze. Es werden ein Vierkammerblick, ein so genannter Fünfkammerblick, ein RAO-Äquivalent und ein strikter Zweikammerblick eingestellt. Neben
Tabelle 1.14. Signalintensität verschiedener Gewebearten des Herzens in der MRT T1
T2
Fettunterdrückung
Kontrastmittel (Spätaufnahmen)
Normales Myokard
Intermediär
Intermediär
Intermediär
Kein Enhancement
Fetteinlagerung
Hyperintens
Hyperintens
Signalverlust
Kein Enhancement
Ödem
Hypointens
Hyperintens
Hypointens
Geringes Enhancement möglich
Nekrose
Hypointens
Hyperintens
Hypointens
Kräftiges Enhancement
Narbe
Hypointens
Hypointens
Hypointens
Kräftiges Enhancement
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Kapitel 1 Herz
der Analyse der Binnenraumparameter von linkem und rechtem Ventrikel, linkem und rechtem Vorhof erfolgt bei dieser Anlotung die Bestimmung der regionären systolischen linksventrikulären Funktion. In einem weiteren Untersuchungsabschnitt erfolgt die Farbdopplerechokardiographie mit Untersuchung aller Klappen und mit der Bestimmung des Mitraleinflussprofiles. 1.4 Erkrankungen des Herzens Th. Voigtländer, J. Sandstede, O. Mohrs
1.4.1 Koronare Herzkrankheit Definition
왔 Bei der koronaren Herzerkrankung
(KHK) liegt ein Missverhältnis zwischen myokardialem Sauerstoffbedarf und -angebot zugrunde. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Ursächlich hierfür ist überwiegend eine Veränderung im Koronargefäßsystem. Es können Stenosen auftreten, die Ursache der Minderdurchblutung sind, aber auch Koronarthrombosen oder Koronarspasmen. Mitursache einer myokardialen Ischämie kann eine Myokardhypertrophie sein oder ein erhöhter ventrikulärer Füllungsdruck. Neben Veränderungen im epikardialen Koronargefäßsystem können Veränderungen der Mikrovaskulatur ebenfalls zu einem reduzierten Sauerstoffangebot des Myokards führen. Ursache von Veränderungen der epikardialen Koronargefäße, aber auch der Mikrovaskulatur sind das längerfristige Einwirken von Risikofaktoren. Die wichtigsten sind
∑ ∑ ∑ ∑
Hypertonie, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie und Rauchen.
Auch die familiäre Disposition für eine KHK spielt eine zentrale Rolle bei der Einschätzung des Risiko für eine KHK. Mit Scores kann ein relatives Risiko für das Auftreten eines koronaren Ereignisses ermittelt werden (z. B. PROCAM Score; Münster). Die stabile Angina pectoris wird von akuten koronaren Syndromen unterschieden. Diese beiden Entitäten der KHK sind gekennzeichnet durch unterschiedliche histomorphologische Befunde.
Definition
왔 Bei der stabilen Angina pectoris be-
steht eine in aller Regel eine stabile Plaquemorphologie mit einem hohen Anteil an fibrösen und kalzifizierenden Plaquestrukturen. Die instabile Angina pectoris wird durch eine so genannte instabile Plaquemorphologie verursacht. Hierbei kommt es zur Ruptur der so genannten „fibrous cap“. Diese häufig sehr dünne Membran bedeckt cholesterinhaltige Plaquestrukturen. Es kommt nach der Ruptur zur Endothelaktivierung und zur Thrombozytenanlagerung. Diese führt in Abhängigkeit vom Ausmaß der Koronarlumenverlegung zu den unterschiedlichen klinischen Erscheinungsformen eines akuten koronaren Syndroms. Klinische Symptomatik Die KHK äußert sich vor allem als Angina pectoris. Sie ist verbunden mit sind überwiegend thorakalen Beschwerden, die aber häufig auch in den Hals, in beide Arme oder in den Oberbauch ausstrahlen können. Der typische Angina-pectoris-Anfall wird durch Belastung ausgelöst und dauert 3–5 min. Weitere, typische Auslöser sind Kälteexposition und auch psychische Belastung. Besserung tritt ein bei körperlicher Ruhe oder Nitroglyzeringabe. Die Klassifikation der stabilen Angina pectoris erfolgt nach der „Canadian Cardiovascular Society“ (CCS). Bei der instabilen Angina pectoris treten die Beschwerden bereits bei geringer Belastung auf. Gekennzeichnet ist die instabile Angina pectoris dadurch, dass diese Beschwerden neu aufgetreten sind und bereits zu Beginn in aller Regel auch bei geringerer Belastung auftreten. Zusätzlich kann sich aus einer vorbestehenden stabilen Angina pectoris durch eine deutliche Beschwerdesteigerung eine instabile Angina pectoris entwickeln.
!
Eine Zunahme der Anfälle, die Beschwerden bei geringerer Belastung und ein zunehmender Nitroglyzerinbedarf kennzeichnen den Übergang einer stabilen Angina pectoris in eine instabile Angina pectoris. Merke
Eine anhaltende Myokardischämie mit einem Angina-pectoris-Anfall, der über 20 min dauert, weist darauf hin, dass ein akutes Koronarsyndrom vorliegen kann. Kann durch Ruhe oder Nitroglyzeringabe keine Besserung der Symptomatik erreicht werden, liegt häufig ein Verschluss eines Koronargefäßes vor. Anhand von EKG-Zeichen werden ein so genannter STHebungsinfarkt und ein Nicht-ST-Hebungsinfarkt unterschieden. Beiden Infarktsituationen ist jedoch gemeinsam, dass immer das Troponin als Nekroseparameter erhöht ist. In Abhängigkeit von Lokalisation
1.4 Erkrankungen des Herzens
und Größe des Infarkts können Infarktkomplikationen wie kardiogener Schock, Perikarditis, Papillarmuskelsyndrom, Ventrikelseptumdefekt, Ventrikelruptur, Myokardinfarkt mit Rechtsherzbeteiligung und die Entwicklung eines linksventrikulären Aneurysmas auftreten. Differenzialdiagnosen Beim Thoraxschmerz, dem typischen Leitsymptom der KHK, müssen eine Reihe von Differenzialdiagnosen berücksichtigt werden. Neben kardialen Differenzialdiagnosen wie Perimyokarditis, Aortendissektion, Aortenklappenstenose und hypertroph-obstruktiver Kardiomyopathie müssen auch extrakardiale Erkrankungen differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Häufig sind Nerven- und Skeletterkrankungen mit ursächlich für den Thoraxschmerz. Insbesondere Hals- und Brustwirbelsäulenveränderungen müssen berücksichtigt werden. Auch pulmonale Erkrankungen wie eine Lungenembolie, eine Pleuritis, ein Pneumothorax, eine Pleuropneumonie oder selten Mediastinaltumoren können thorakale Beschwerden auslösen. Häufig sind gastrointestinale Erkrankungen differenzialdiagnostisch zu berücksichtigen. Insbesondere die Refluxösophagitis ist eine wesentliche Differenzialdiagnose, bei der auch häufig über ein retrosternales Brennen geklagt wird. Weitere Ösophaguserkrankungen sowie Erkrankungen des ösophagogastralen Übergangs, Ulkuserkrankungen, Erkrankungen der Gallenblase und des Gallengangssystems sowie Pankreatitiden müssen differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. 1.4.1.1 Primärdiagnostik der koronaren Herzerkrankung (chronische KHK) Der erste Schritt der Diagnostik bei Verdacht auf eine KHK ist die Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit. In Abhängigkeit von der Art der Symptomatik (typische Angina pectoris vs. atypische Angina pectoris), Geschlecht, Alter und Risikofaktoren kann
die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer KHK bereits eingeschätzt werden (Tabelle 1.15). Eine zusätzliche Diagnostik ist nach den Vorschlägen der Autoren der nationalen Versorgungsleitlinie nicht erforderlich, wenn die Vortestwahrscheinlichkeit <10% ist. Wenn die Vortestwahrscheinlichkeit >90% beträgt, ist eine weitere nichtinvasive Diagnostik nicht erforderlich, da durch die nichtinvasive Diagnostik keine weitere Steigerung der Vortestwahrscheinlichkeit erreicht werden kann. Das Krankheitsbild muss invasiv durch die Koronarangiographie abgeklärt werden. So hat z. B. ein 70-jähriger Mann mit typischer Angina pectoris und Risikofaktoren eine Vortestwahrscheinlichkeit von 94%. In dieser Situation bringen weitere nichtinvasive Tests keine zusätzliche Information und nur die invasive Abklärung ist sinnvoll. Es bleibt die Gruppe mit einer mittleren Vortestwahrscheinlichkeit zwischen 10 und 90%. Für diese Gruppe wird als nächster Diagnostikschritt eine Ergometrie empfohlen. Bei geeigneten Patienten kann (vgl. Tabelle 1.15) kann mit Hilfe des BelastungsEKGs unter kontrollierten Bedingungen überprüft werden, ob eine typische Angina-pectoris-Symptomatik auftritt. Des Weiteren können EKG-Veränderungen während der Belastung einen Hinweis für eine Myokardischämie ergeben. Treten bei einer Belastungsuntersuchung keine Angina pectoris und keine wesentliche Luftnot auf und liegen keine EKG-Veränderungen im Belastungs-EKG vor, ist die Prognose gut, und es muss keine weitere Abklärung erfolgen. Kommt es während des Belastungs-EKGs zum Auftreten von Angina-pectoris-Beschwerden, die nicht über eine hypertensive Entgleisung erklärbar sind, und kommt es zusätzlich zu klaren ischämiebedingten ST-Strecken-Veränderungen, besteht die Indikation zur weiteren invasiven Abklärung mittels Koronarangiographie. Es muss aber kritisch berücksichtigt werden, dass in der Gruppe mit mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit für eine KHK die Sensitivität des Belastungs-EKGs nur bei 45–68% und die Spezifität nur bei 77–85% (AHA/ACC Guidelines Update 2002) liegen.
Tabelle 1.15. Vortestwahrscheinlichkeit in Prozent. (Mod. nach nationaler Versorgungsleitlinie chronische KHK, 2006) Alter [Jahre]
Männer
Frauen
Männer
Frauen
Männer
Frauen
Nichtanginöse Brustschmerzen
Atypische Angina
Typische Angina
35
3–35
1–19
8–59
2–39
30–88
10–78
45
9–47
2–22
21–70
5–43
51–92
20–79
55
23–59
4–25
45–79
10–47
80–95
38–82
65
49–69
9–29
71–86
20–51
93–97
56–84
Die erste Zahl steht für das Risiko für Patienten ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren, die zweite Zahl für Hochrisikopatienten mit Diabetes, Hyperlipoproteinämie und Nikotinabusus.
61
62
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.16. Ursachen der fehlenden Aussagekraft des Belastungs-EKGs
∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑
Ruhe-EKG mit linksventrikulärer Hypertrophie Digitalismedikation WPW- (Wolf-Parkinson-White-) Syndrom ST-Strecken-Senkung in Ruhe (cave: Stehreaktion) Linksschenkelblock Schrittmacherstimulation (VVI – DDD) Fehlende körperliche Ausbelastung (es werden <85% der alterskorrigierten maximalen Herzfrequenz erreicht) Inkonklusives Belastungs-EKG (z. B. Frauen, hypertensive Herzerkrankung)
Darüber hinaus sind eine Reihe von Bedingungen zu beachten, bei denen ein Belastungs-EKG nicht durchgeführt werden kann oder bei denen das Ergebnis der Belastungs-EKG-Untersuchung keine abschließende Einschätzung zum myokardialen Ischämiestatus zulässt (Tabelle 1.16). Für die Fälle, bei denen ein Belastungs-EKG nicht möglich ist oder bei denen das Ergebnis des Belastungs-EKGs nicht eindeutig ist, werden weitere nichtinvasive Verfahren für den Nachweis einer Myokardischämie erforderlich. Entsprechende methodische Ansätze sind die Stressechokardiographie, bei der unter Belastung (physikalisch oder medikamentös mittels Dobutamin und ggf. Atropin) analysiert wird, ob sich eine Wandbewegungsstörung entwickelt als Hinweis auf eine regionäre Ischämie. Häufig ist die Stressechokardiographie durch eine eingeschränkte Bildqualität limitiert. Die Stress-MRT-Untersuchung arbeitet mit medikamentösem Stress (ebenfalls Dobutamin und unter Umständen Atropin) und kann hierbei vergleichbar mit der Stressechokardiographie nur mit wesentlich besserer Bildqualität ischämiebedingte Hypokinesien des linksventrikulären Myokards detektieren. Hierzu gibt es Vergleichsstudien, bei denen die Überlegenheit hinsichtlich Sensitivität und Spezifität der Stress-MRT-Untersuchung im Vergleich zur Stressechokardiographischen-Untersuchung insbesondere bei eingeschränkter Bildqualität nachgewiesen werden konnte (Hundley et al. 1999; Nagel et al. 1999). Die Myokardperfusion kann mit szintigraphischen Methoden nachgewiesen werden. Bei einer negativen Myokardszintigraphie ist die Prognose des Patienten gut und das Auftreten eines koronaren Ereignisses liegt <0,4%/Jahr (Groutars et al. 2000). Eine Weiterentwicklung der Ischämiediagnostik hinsichtlich der Myokardperfusion stellt die Perfusionsanalyse mittels MRT dar, die bei fehlender Strahlenexposition eine bessere Ortsauflösung als die Myokardszintigraphie aufweist. Durch den Einsatz eines Vasodilatators (Adenosin) wird die so genannte Vasodilatatorreserve bestimmt. Beim Gesunden kann die myokardiale Durchblutung auf das etwa 3-Fache
(Vasodilatatorreserve) gesteigert werden. Dies ist die Antwort der myokardialen Mikrovaskulatur auf einen erhöhten Sauerstoffbedarf bei Belastung. Liegt eine Stenose in einem Segment des epikardialen Herzkranzgefäßsystems vor, hat das abhängig versorgte Myokardareal eine eingeschränkte Vasodilatatorreserve. Der zugrunde liegende pathophysiologische Mechanismus bedingt bereits in Ruhe eine Inanspruchnahme der Vasodilatatorreserve, um eine adäquate Durchblutung des Myokardareals zu erreichen. Eine zusätzliche Steigerung der Durchblutung während der Adenosingabe ist dann nur eingeschränkt möglich. Die Analyse der Myokardpersusion mittels MRT wird entweder visuell, d. h. qualitativ (Abb. 1.26 a, b), oder semiquantitativ durchgeführt. Für die semiquantitative Analyse hat sich eine Berechnung der Anstiegsgeschwindigkeit in Ruhe und unter Adenosin (so genannte „Slope-Reserve“) durchgesetzt. Aus Gründen der Praktikabilität wird an vielen Zentren die visuelle Analyse mit guten Erfolgen eingesetzt, obwohl sich in einer Vergleichsstudie die semiquantitative der rein visuellen Analyse mit Bestimmung der Slope-Reserve überlegen zeigt. Die Sensitivität und Spezifität für die semiquantitative Analyse liegt bei einer mittleren Vortestwahrscheinlichkeit von 51% für eine KHK bei etwa 88 bzw. 90% und bei der visuellen Analyse bei etwa 70 bzw. 78% (Nagel et al. 2003). Zur obligaten Abklärung gehört die Echokardiographie. Mit dieser Methode können regionäre Kontraktionsstörungen als Hinweis auf abgelaufene Infarkte oder eine chronische Ischämie festgestellt werde. Auch wesentliche kardiale Differenzialdiagnosen können mit dieser Methode abgeklärt werden. Erhebliche Anstrengungen werden unternommen, um mittels MRT-Technologie das Herzkranzgefäßsystem nichtinvasiv darzustellen. Die MRT-Technologien sind erheblich weiter entwickelt worden und haben Bedeutung erlangt bei der Diagnose von Koronaranomalien. Die zuverlässige Darstellung der Herzkranzgefäße und die Bestimmung von Gefäßwandveränderungen sowie Stenosierungen im Herz-
1.4 Erkrankungen des Herzens
a
a
b
b
Abb. 1.26 a,b. Transmuraler umschriebener Perfusionsdefekt (Pfeil) der Hinterwand in der First-pass-MR-Perfusion unter Adenosin-Stress (b), der in Ruhe (a) nicht sichtbar ist
kranzgefäßsystem gelingen jedoch nicht. In einer 2001 publizierten Studie (Kim et al. 2001) zeigte sich, dass zwar relativ hohe Sensibilitäten und Spezifitäten für das Erkennen einer koronaren Dreigefäßerkrankung bestehen, Ein- und Zweigefäßerkrankungen jedoch nur unzureichend nachgewiesen werden konnten. Auch Studien mit Einsatz von intravasalem Kontrastmittel konnten noch keine ausreichende Zuverlässigkeit bei der Darstellung von Koronarerkrankungen nachweisen.
c
Abb. 1.27 a–c. CT-Koronarangiographie mit multiplanarer Reformation (MRP, a) und Volume-Rendering-Technik (VRT, b) in Korrelation zur invasiven Koronarangiographie (c): hochgradige komplexe Stenose des proximalen R. interventricularis anterior bei einem gemischten, überwiegend nichtverkalktem Plaque (Pfeil)
Die CT-Diagnostik hat mit dem Einsatz der neuen Mehrzeilengeräte eine wesentliche Verbesserung erfahren. Die Indikation zur CT-Angiographie (CTA) besteht bei Patienten, bei denen eine mittlere Vortestwahrscheinlichkeit vorliegt und bei denen durch andere nichtinvasive Verfahren kein eindeutiges Ergebnis zu erzielen ist (Abb. 1.27 a–c). Es können, wie neu-
63
64
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.17. Koronares Risiko asymptomatischer Patienten in Abhängigkeit vom Ausmaß der Koronarkalzifizierungen Kalzium-Score
Plaquebelastung
Wahrscheinlichkeit einer Stenose
Kardiovaskuläres Risiko
0
Kein Plaque nachweisbar
Sehr niedrig, <5%
Sehr niedrig
1–10
Minimale Plaques
Unwahrscheinlich, <10%
Niedrig
11–100
Sicherer Nachweis minderer Plaques
Geringe Stenose wahrscheinlich
Mäßig
101–400
Mäßige Plaquebelastung
Nichtobstruktive KHK wahrscheinlich, obstruktive KHK möglich
Mäßig hoch
>400
Ausgedehnte Plaques
Hohes Risiko für mindestens eine Stenose
Hoch
Tabelle 1.18. Abklärung Thoraxschmerz und Verdacht auf KHK – etablierte Diagnose und neue Verfahren Etablierte Diagnostik 1. Anamnese 2. Risikofaktorenanalyse 3. Untersuchungsbefund 4. EKG 5. Transthorakale Echokardiographie 6. Konventionelle Belastungs-EKG-Untersuchung 7. Stressechokardiographie 8. Myokardszintigraphie 9. Invasive Koronarangiographie Neue Verfahren 1. Dobutamin-Stress-Cine-MRT 2. Adenosin-Stress-Perfusions-MRT 3. MR-Koronarangiographie 4. CT-Koronarangiographie 5. CT-Koronarkalkmessung
ere Studien gezeigt haben, auch Wandveränderungen und beginnend auch deren Zusammensetzung analysiert werden. Eine Reihe von Studien hat gezeigt, dass die Ausschlussdiagnostik bei guter Bildqualität mit einem negativen Vorhersagewert von nahezu 100% zuverlässig möglich ist (Ropers et al. 2006 b; Schmermund u. Erbel 2005). Mittels CT-Technik kann die Verkalkung der Wand des Koronararteriensystems sicher nachgewiesen werden. Dies kann quantifiziert werden, und es werden hierzu validierte Scores eingesetzt (Tabelle 1.17). Bei einem symptomatischen Patienten mit klarer Angina pectoris ist diese Untersuchungsmodalität nicht indiziert. Wenn bei Patienten mit unklaren Thoraxschmerzen die Herzkranzgefäße keine Verkalkungen aufweisen, kann eine stabile Koronarläsion mit einem negativen Vorhersagewert von >90% ausgeschlossen werden kann. Dennoch muss diese Untersuchung immer im Kontext mit den oben genannten übrigen Diagnostikverfahren gesehen werden. Insbesondere bei instabilen Koronarläsionen kann eine Verkalkung fehlen. Eine Übersicht über die Diagnostik bei Thoraxschmerz und Verdacht auf KHK gibt Tabelle 1.18. Bei
allen symptomatischen Patienten und bei Patienten mit Nachweis einer Myokardischämie erfolgt die invasive Koronarangiographie. Liegt eine stenosierende KHK vor, erfolgt in aller Regel die unmittelbare interventionelle Therapie oder, wenn sich keine interventionelle Therapieoptionen ergeben, die koronare Bypass-Operation. 1.4.1.2 Akutes Koronarsyndrom Das akute Koronarsyndrom umfasst die 3 Entitäten
∑ instabile Angina pectoris, ∑ den Nicht-ST-Hebungsinfarkt und ∑ den ST-Hebungsinfarkt. Bei der instabilen Angina pectoris ist der Troponinspiegel negativ, beim Nicht-ST-Hebungsinfarkt und beim ST-Hebungsinfarkt ist Troponin definitionsgemäß als Ausdruck einer Myokardnekrose positiv. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Troponinspiegel erst 2–4 Stunden nach Symptombeginn positiv wird, und insbesondere die Unterscheidung instabile Angina pectoris vs. Nicht-ST-Hebungsinfarkt häufig erst dann möglich ist. Patienten mit positivem Troponin haben eine schlechtere Prognose als Patienten mit negativem Troponin, Patienten mit einem akuten Koronasyndrom haben eine schlechtere Prognose als Patienten mit chronischer KHK. Eine Übersicht der Abklärungsdiagnostik bei Verdacht auf akutes Koronarsyndrom gibt Tabelle 1.19.
!
Bei nachgewiesenem akuten Koronarsyndroms oder dringendem Verdacht auf akutes Koronarsyndrom müssen wegen der kritischen prognostischen Implikationen die sofortige Monitorüberwachung und eine sehr zeitnahe invasive Abklärung mittels Koronarangiographie durchgeführt werden. Merke
Die Echokardiographie hat im Rahmen der Diagnostik eines akuten Koronarsyndroms einen wesentlichen Stellenwert. Es kann festgestellt werden, ob be-
1.4 Erkrankungen des Herzens Tabelle 1.19. Abklärung bei Verdacht auf akutes koronares Syndrom 1.
Anamnese
2.
Risikofaktorenanalyse
3.
Körperlicher Untersuchungsbefund
4.
EKG
5.
Troponin-Bestimmung
6.
Echokardiographie
7.
MRT
8.
CT
9.
Wenn die Verdachtsdiagnose bestätigt oder nicht auszuschließen ist: unmittelbare Monitorüberwachung, stationäre Aufnahme und Koronarangiographie
reits regionäre Kontraktionsstörungen als Hinweis für stattgehabte Infarkte bestehen. Zusätzlich können mittels der Echokardiographie Differenzialdiagnosen des Thoraxschmerzes wie akute, hämodynamisch bedeutsame Lungenembolie mit Rechtsherzdilatation, Aortenklappenstenose und hypertroph-obstruktive Kardiomyopathie, Perimyokarditis und auch eine Dissektion der Aorta thoracalis (auch transösophageale Echokardiographie) evaluiert werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Differenzialdiagnose des erhöhten Troponins. Eine Troponinerhöhung kann auch bei einer submassiven oder massiven Lungenembolie auftreten sowie bei einer Myokarditis. Belastungsuntersuchungen sind bei Verdacht auf akutes Koronarsyndroms nicht indiziert. Es liegen Daten zur MRT-Untersuchung bei Patienten mit instabiler Angina pectoris vor (Kwong et al. 2003). Bei diesen Patienten wurde mittels Perfusionsanalyse während Adenosingabe und Kontrastmittelspätaufnahmen eine weitere Abklärung durchgeführt. Dies setzt allerdings eine exzellente personelle und apparative Überwachung während der MRT-Untersuchung voraus. Mit der nun verbesserten CT-Technologie gibt es erste Ansätze, den akuten Thoraxschmerz mit dieser Untersuchungsmodalität abzuklären („triple rule out concept“). Es gelingt hiermit, die Differenzialdiagnosen akute Lungenembolie, die Dissektion der Aorta thoracalis und KHK zu klären. Dies wird jedoch Ausnahmeindikationen vorbehalten sein, da in den meisten Fällen mit der konventionellen Diagnostik (Anamnese, Untersuchungsbefund, EKG, Echokardiographie, Troponin, D-Dimer) die Diagnosestellung erfolgen kann (Schussler u. Smith 2007).
1.4.1.3 Komplexe koronare Herzkrankheit Diagnostik des chronischen Infarkts Die Diagnose und die Lokalisation eines chronischen Infarkts können häufig bereits mit der Echokardiographie bestimmt werden. Die Echokardiographie hat einen wichtigen Stellenwert, da hiermit näherungsweise die Größe des Infarkts und die linksventrikuläre Funktion bestimmt werden können. Das Ausmaß der Einschränkung der linksventrikulären Funktion ist ein wichtiger die Prognose bestimmender Faktor bei diesen Patienten. Auch chronische Infarktkomplikationen wie Spitzenthromben können häufig bereits mit der Echokardiographie diagnostiziert werden. Ebenso kann das Vorliegen einer ischämischen Mitralinsuffizienz, häufig als Folge eines basisnahen Hinterwandinfarkts, echokardiographisch diagnostiziert werden. Die MRT-Diagnostik mit den Kontrastmittelspätaufnahmen hat die Infarktdiagnostik revolutioniert (Abb. 1.28 a–e). Mit einer bisher nicht erreichten Auflösung können auch sehr kleine nichttransmurale Infarkte nachgewiesen werden. Die MRT-Infarktdiagnostik ist bei der Erkennung von kleinen Infarkten aufgrund der besseren Auflösung der SPECT-Diagnostik überlegen (Wagner et al. 2003). Vitalitätsdiagnostik Die Ischämiediagnostik beinhaltet bei diesen Patienten neben der Bestimmung einer stressinduzierten Ischämie (s. oben) auch die Vitalitätsdiagnostik. Hierbei wird untersucht, ob im myokardialen Versorgungsgebiet eines verschlossenen oder bedeutsam stenosierten Koronargefäßes vitales Myokard besteht. In Abhängigkeit vom Vorliegen vitalen Myokards erfolgt dann die Entscheidung zum interventionellen oder auch operativen Vorgehen mit dem Ziel, die Gesamtkontraktilität zu verbessern. Besondere Bedeutung hat diese Fragestellung bei Patienten nach Infarkt und nichtrekanalisiertem Infarktkoronargefäß. Bereits echokardiographisch zeigt sich bei diesen Patienten eine regionäre myokardiale Hypokontraktion. Mittels der niedrig-dosierten Dobutamin-Stressechokardiographie kann dann Vitalität nachgewiesen werden, wenn es unter der Katecholaminstimulation zur Kontraktionssteigerung in diesem Areal kommt. Analog zur KHK-Primärdiagnostik kann dieser Nachweis auch mit der niedrig-dosierten Dobutamin-Stress-Cine-MRT bei besserer Bildqualität erfolgen. Auch mittels PET kann die Vitalität mit allerdings geringer örtlicher Auflösung zuverlässig nachgewiesen werden.
65
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Kapitel 1 Herz
a
b
c
d
e
Abb. 1.28. Lange Herzachse (a,d,e), linksventrikulärer Zweikammerblick (b) und Kurzachenschnitt (c) bei Zustand nach Myokardinfarkt. Transmuraler Infarkt der Herzspitze und der
apikalen Hinterwand und mit nichttransmuraler angrenzender Infarzierung der apikalen Anterseptalwand (a–c). Akinesie der Herzspitze in der Cine-MRT (d Diastole, e Systole)
Die Arbeitsgruppe von Kim und Judd (Kim et al. 2000; Kwong et al. 2003) konnte mittels der „Late-enhancement-Technik“ zeigen, dass eine Besserung der Kontraktilität nach interventioneller oder operativer Therapie in Abhängigkeit vom Ausmaß der Trans-
muralität des Infarkts eintritt (Abb. 1.29 a–e). Diese sehr robuste Methode hat rasch klinische Bedeutung erreicht, und die PET-Diagnostik ist häufig nicht mehr erforderlich.
1.4 Erkrankungen des Herzens
a
d
a
b
c
Abb. 1.29 a–e. Schematische Darstellung der Vitalitätsdiagnostik: a 0%, b bis 25%, c bis 50%, d bis 75% und e >75% myokardiales Infarktausmaß. Bei a–c kann eine myokardiale Funktionserholung erwartet werden
e
b
Abb. 1.30 a–c. Rekonstruktionen einer KM-verstärkten MRangiographischen Darstellung von Bypass-Gefäßen. a A.mammaria-interna-Graft zum R. interventricularis anterior (LIMA-RIVA) und aortokoronarer Venengraft zum R. circumflexus (ACVB-RCX). b Aortale Anastomose des aortokorona-
c
ren Venengrafts zum R. circumflexus (ACVB-RCX). c Langstreckiger Verlauf des A.-mammaria-interna-Grafts zum R. interventricularis anterior (LIMA-RIVA). (LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel)
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68
Kapitel 1 Herz
Bypass-Diagnostik
!
Die nichtinvasive Bestimmung derBypass-Funktion ist bei der Nachbetreuung von Patienten mit KHK sehr wichtig, da die venösen Bypass-Gefäße zu 50% nach 10 Jahren verschlossen sind. Merke
a
Die offenen venösen Bypass-Gefäße weisen nach 10 Jahren in etwa 30% eine höhergradige Stenosierung auf. Erfreulicherweise ist dies bei den Mammaria-Bypass-Gefäßen zur RIVA (R. interventricularus anterior) nicht in diesem Ausmaß beschrieben (10% Okklusionsrate nach 10 Jahren, 10% Stenose).
b
c
Abb. 1.31 a–c. Flussmessung im A.-mammaria-interna-Graft zum R. interventricularis anterior (LIMA-RIVA) mittels Phasenkontrasttechnik. a Anatomisches Magnitudenbild mit orthograd getroffenem Gefäßquerschnitt in anguliert transversaler Schnittführung. b Korrespondierendes flusskodierendes Bild. c Mittlere Flussgeschwindigkeit im A.-mammaria-inter-
na-Graft zum R. interventricularis anterior (LIMA-RIVA). Es zeigt sich unter Adenosingabe eine deutliche Steigerung der mittleren Flussgeschwindigkeit (gestrichelte Kurve) im Vergleich zur Ruhemessung (durchgezogene Kurve). Die Flussreserve beträgt 3,7 (Norm >1,5) und repräsentiert damit ein kompetentes Bypass-Gefäß
1.4 Erkrankungen des Herzens
a
b
Abb. 1.32 a, b. CT-Koronarangiographie in Volume-Rendering-Technik (VRT): Frei durchgängiger arterieller LIMA-Bypass auf den R. interventricularis anterior mit unauffälliger distaler Anastomose und regelrechtem Abstrom
Die MRA und die Flussmessung in den koronaren Bypass-Gefäßen bieten ein gutes, nichtinvasives Verfahren, um diese Patienten im Verlauf zu untersuchen. Dies ist umso wichtiger, da die Symptome eines Bypass-Gefäß-Verschlusses häufig nicht eindeutig zugeordnet werden können. Es wird hierbei sowohl eine kontrastmittelgestützte als auch eine nichtkontrastmittelgestützte MRTTechnik verwandt. Die Offenheit von koronaren Bypass-Gefäßen kann mit der MRT mit nahezu 100%iger Sicherheit nachgewiesen werden (Kalden et al. 1999; Abb. 1.30 a–c). Leider gelingt eine Stenosendetektion mit den angesprochenen Verfahren nicht sicher. Mittels der MR-Flussmessung kann eine so genannte koronare Flussreserve in den einzelnen Bypass-Gefäßen mit Einsatz von Adenosin bestimmt werden. Hierbei wird eine Ruheflussmessung durchgeführt und eine Flussmessung während der Adenosininfusion. Dadurch kann der Parameter koronare Flussreserve bestimmt werden. Steigt der Fluss im Bypass-Gefäß unter Adenosinbelastung nicht über das 1,5-Fache, kann von einer Bypass-Dysfunktion ausgegangen werden. Dieses ist eine Technik, die bisher nur an wenigen Zentren etabliert ist (Langerak et al. 2001; Voigtländer 1998; Abb. 1.31 a–c).
Abb. 1.33. CT-Koronarangiographie in Volume-RenderingTechnik (VRT): 2 durchgängige arterielle Bypass-Gefäße (RIMA auf RCA, LIMA auf RIVA) und 2 durchgängige ACVB auf das RCX-Stromgebiet
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Kapitel 1 Herz
a
b
Abb. 1.34. a,b. CT-Koronarangiographie mit multiplanarer Reformation (MRP, a) und Volume-Rendering-Technik (VRT, b) in LAO-Projektion: Ein verschlossener aortokoronarer
Venengraft (ACVB) auf die rechte Koronararterie, ein durchgängiger ACVB auf den ersten Marginalast, ein durchgängiger arterieller LIMA-Bypass
c
a
b
d
Abb. 1.35 a–d. CT-Koronarangiographie in Volume-Rendering-Technik (VRT, a,b) und mit multiplanarer Reformation (MRP, c,d): frei durchgängiger Stent im proximalen R. interventricularis anterior
Mittels CTA kann ebenfalls die Offenheit von arteriellen und venösen koronaren Bypass-Gefäßen sicher bestimmt werden (Abb. 1.32 a,b, Abb. 1.33, Abb. 1.34 a, b). Mit den neuen CT-Systemen gelingt eine zunehmend sichere Erkennung auch von Steno-
sen der Bypass-Gefäße (Ropers et al. 2006 a). Auch koronararterielle Stents können mit der CTA beurteilt werden, allerdings derzeit nur ab 3 mm Lumenweite und bei geeignetem Stentmaterial (Abb. 1.35 a– d, Abb. 1.36 a–d).
1.4 Erkrankungen des Herzens
b
a
Abb. 1.36 a–d. CT-Koronarangiographie mit multiplanarer Reformation (MPR, a–c) in mehreren Ebenen in Korrelation zur invasiven Koronarangiographie (d): hochgradige In-Stent-Restenose eines proximalen R.-interventricularis-anterior-Stents
!
Die invasive Abklärung ist zur genauen Bestimmung der Koronarmorphologie und wegen der Möglichkeit der direkten interventionellen Therapie bei allen Patienten nach Infarkt indiziert. Merke
Auch im Falle des Nachweises von Vitalität wird die weitere invasive Abklärung mittels Koronarangiographie bzw. eine interventionelle Therapie oder Bypass-Operation erforderlich. Sollten sich bei den nichtinvasiven Untersuchungen zur Bypass-Funktion Hinweise auf eine Bypass-Dysfunktion ergeben, besteht ebenfalls die Indikation zur weiteren invasiven angiographischen Abklärung.
c
d
1.4.2 Kardiomyopathie Die Formen der Kardiomyopathien sind
∑ die hypertrophe Kardiomyopathie mit Obstruktion (HOCM) und ∑ ohne Obstruktion (HNCM), ∑ die dilatative Kardiomyopathie (DCM) und ∑ die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVCM). 1.4.2.1 Hypertrophe Kardiomyopathie Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Hypertrophe Kardiomyopathien haben eine Prävalenz von 0,2%. Sie zählen zu den häufigen Erbkrankheiten. Die Manifestation der hypertrophen Kardiomyopathie ist facettenreich. Die Hypertrophie kann regionär sein, aber auch diffus. Hämodynamisches Kriterium des Vorliegens einer bedeutsamen hypertrophen Kardiomyopathie ist die eingeschränkte diastolische linksventrikuläre Funktion.
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Kapitel 1 Herz
a
c
b
Abb. 1.37 a–c. Nichtobstruktive, hypertrophe Kardiomyopathie im Kurzachsenschnitt. Im Vergleich von enddiastolischem (a) zum endsystolischen Zeitpunkt (b) zeigt sich in der CineDarstellung eine deutliche Hypertrophie insbesondere der an-
teroseptalen Wandabschnitte (*). c In den KM-Spätaufnahmen findet sich eine anteroseptal irregulär konfigurierte Myokardfibrose. (LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel)
Klinische Symptomatik Insbesondere bei der hypertroph-obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM) kommt es zu den Symptomen Angina pectoris, Dyspnoe und Synkope. Bei der HNCM ist das Symptom Dyspnoe in ausgeprägteren Formen dominierend. Der Untersuchungsbefund zeigt bei der HOCM ein typisches Systolikum ohne wesentliche Fortleitung in die Karotiden. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu Zeichen der dekompensierten Links- und Rechtsherzinsuffizienz.
erreicht werden (Schulz-Menger et al. 2000). Im Falle der HNCM müssen myokardiale Speicherkrankheiten differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden, und im Einzelfall ist die invasive Myokardbiopsie erforderlich. Das Bild einer HOCM ist nur selten mit einer Speicherkrankheit kombiniert. Bei den hypertrophen Kardiomyopathien kann durch die MRT die exakte Darstellung der linksventrikulären, herzspitzennahen Abschnitte, die häufig transthorakal nicht sicher einsehbar sind, erfolgen, um regionäre hypertrophe Kardiomyopathien zu diagnostizieren. Mit der „Spitaufnahmetechnik“ können umschriebene Nekroseareale in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung nachgewiesen werden (Abb. 1.37 a–c). Es sind Berichte publiziert, die darauf hinweisen, dass bei Nachweis von Nekrosearealen eine eingeschränkte Prognose besteht, da es häufiger zu Rhythmuskomplikationen kommt (Moon et al. 2003).
Differenzialdiagnose Arterielle Hypertonie, koronare Herzerkrankung, myokardiale Speicherkrankheiten (Morbus Fabri, Amyloidose, Glykogenose, Hämosiderose), Sportlerherz. Diagnostik Anamnese und körperliche Untersuchung und die EKG-Schreibung sind die Basismaßnahmen. Mit der Echokardiographie kann die Diagnose häufig gesichert werden. Hierbei kann im Falle der HNCM durch die Detektion einer diffusen Hypertrophie des linksventrikulären Myokards oder auch einer regionären Hypertrophie die Diagnose häufig bereits gestellt werden. Zusätzlich zeigt im Falle der HOCM die Farbdopplerechokardiographie einen Gradienten im linksventrikulären Ausflusstrakt. Dieser kann unter Nitroglyzeringabe provoziert werden. Mit der MRT kann eine noch exaktere Differenzierung von Aortenklappenapparat und Obstruktion im linksventrikulären Ausflusstrakt erfolgen. Eine Gewichtung der hämodynamischen Bedeutsamkeit der HOCM kann auch durch die MRT-Bestimmung der Öffnungsfläche im linksventrikulären Ausflusstrakt
1.4.2.2 Dilatative Kardiomyopathie Definition
왔 Es liegt eine Vergrößerung des end-
diastolischen Volumenindexes des linken und häufig auch des rechten Ventrikels vor. Die Wanddicke ist normal. Die Kontraktionsfähigkeit des links- und rechtsventrikulären Myokards ist eingeschränkt. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Ursächlich bestehen Hinweise für eine primär genetische Schädigung der Myokardzellen selbst oder von Bestandteilen des Interstitiums. Weitere Ursachen
1.4 Erkrankungen des Herzens
Abb. 1.38. Dilatative Kardiomyopathie p.-a. mit Vergrößerung beider Vorhöfe und Ventrikel
Diagnostik Anamnese und Untersuchungsbefund sind die 2 Grundsäulen, auf denen sich weitere Untersuchungsmodalitäten aufbauen. Der Röntgenthorax zeigt die ausgeprägte Herzvergrößerung (Abb. 1.38). Dem EKG kommt in dieser Situation eine wichtige Bedeutung zu, um eine Mehrgefäßerkrankung mit möglicherweise stattgehabten Infarkten abzugrenzen, indem chronische Infarktzeichen ein- oder ausgeschlossen werden können. Die transthorakale Echokardiographie hat eine diagnostische Schlüsselfunktion. Auch bei schlechten Schallbedingungen kann in aller Regel eine Einschränkung der systolischen linksventrikulären Funktion gut erfasst werden. Die Diagnose der DCM ist eine Ausschlussdiagnose und beinhaltet als ersten Schritt den Ausschluss einer hypertensiven Herzerkrankung oder einer KHK als Ursache der linksventrikulären Funktionsstörung. Die beiden letztgenannten sind die häufigsten Ursachen einer linksventrikulären Funktionsstörung.
sind ätiologisch schwer abzugrenzende Folgezustände von Virusmyokarditiden mit teils autoimmunen Reaktionen. Auch Alkoholabusus ist ein prädisponierender Faktor für die Entwicklung einer DCM. Selten kommt es postpartal zur Entwicklung einer Kardiomyopathie. Die Ätiologie dieses Krankheitsbildes ist nicht geklärt. Klinische Symptomatik Eine spezifische Symptomatik der DCM gibt es nicht. Es dominieren die Symptome der beginnenden oder manifesten Links- und Rechtsherzinsuffizienz. Gelegentlich kann im Rahmen einer Manifestation des Krankheitsbildes ein länger bestehender Infekt mit Bronchitis und Grippesymptomen eruiert werden (inflammatorische Kardiomypathie, s. Abschn. 1.4.3, „Myokarditis“). Wichtiges Symptom ist die verzögerte Rekonvaleszenz und eine längerfristig eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Differenzialdiagnose Es müssen alle Formen einer Kardiomegalie differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Insbesondere muss eine diffuse Kontraktionsstörung bei koronarer Mehrgefäßerkrankung und möglichen Infarkten vom Bild der DCM abgegrenzt werden. Ebenso kann die Endform einer hypertensiven Herzerkrankung mit Dilatation der linksventrikulären Binnenräume eine wichtige Differenzialdiagnose darstellen.
!
Wegen der wichtigen Differenzialdiagnose DCM vs. KHK besteht bei einer eingeschränkten linksventrikulären Funktion die Indikation zur Koronarangiographie. Merke
Es gibt mittlerweile Daten, die zeigen, dass mittels der nichtinvasiven MRA oder CTA des Koronargefäßsystems diese Differenzialdiagnose ebenfalls möglich wird. Bevor diese Diagnostikverfahren jedoch routinemäßig bei dieser Fragestellung eingesetzt werden können, sollten noch größere Studienzahlen abgewartet werden. Ein weiterer Ansatz nutzt die Late-enhancement-Technik, um die Differenzialdiagnose KHK vs. DCM zu klären. Es zeigte sich bei allen KHKPatienten eine infarkttypische späte Kontrastmittelanreicherung. Ein Teil der Patienten mit DCM zeigte ebenfalls eine Kontrastmittelanreicherung, diese war aber nicht infarkttypisch und in der Mitte der myokardialen Wand gelegen (s. Abschn. 1.4.3,„Myokarditis“; McCrohon et al. 2003). 1.4.2.3 Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie Definition, pathologisch anatomische und ätiologische Grundlagen Die ARVCM ist gekennzeichnet durch einen fibrolipomatösen Ersatz rechtsventrikulären Myokards. Selten betrifft dieser Ersatz den rechten Ventrikel insgesamt, häufiger ist dieser Ersatz regional betont und führt dadurch zur Kontraktionsstörung. Diese betreffen betont den Ausflusstrakt. Neben den morphologischen und hämodynamischen Veränderungen
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Kapitel 1 Herz
kommt es zu Veränderungen der Erregungsausbreitung und Erregungsrückbildung. In den fibrolipomatösen Umbauregionen kann es zur Entwicklung eines so genannten arrhythmogenen Substrats kommen, und dies kann Ursache von anhaltenden ventrikulären Tachykardien oder auch Kammerflimmerepisoden sein. Die Erkrankung hat eine Inzidenz von 0,06%. Männer sind insgesamt häufiger betroffen als Frauen. Ein autosomal-dominanter Erbgang ist beschrieben. Symptomatik Häufig sind Symptome einer Rhythmusstörung die Erstmanifestation. Nur in sehr ausgeprägten Fällen kommt es zur Rechtsherzinsuffizienz, verursacht durch einen sehr umfassenden lipomatösen Umbau des rechtsventrikulären Myokards. Tabelle 1.20. Haupt- und Nebenkriterien der Diagnose einer arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie (ARVD) in der MRT, jeweils bezogen auf den rechten Ventrikel Hauptkriterien: Fettige Myokardinfiltration mit hoher Signalintensität Fibrös-fettiger Ersatz mit Ausdünnung des Myokards Aneurysmen des rechten Ventrikels oder Ausflusstrakts Schwere Dilatation des rechten Ventrikels – oder Ausflusstrakts ∑ Globale systolische Dysfunktion ∑ Vermehrte Trabekulierung, vor allem im Bereich – der Herzspitze
∑ ∑ ∑ ∑
Nebenkriterien:
∑ Geringe Dilatation des rechten Ventrikels
Differenzialdiagnose Überwiegend müssen andere Ursachen für eine Rhythmusproblematik differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Eine wesentliche Differenzialdiagnose bei Nachweis einer regionären rechtsventrikulären Kontraktionsstörung im Rahmen einer ausgeprägteren lipomatösen Umbausituation ergibt sich nicht. Diagnostik Angelehnt an die diagnostischen Kriterien der ARVCM (Mc Kenna et al. 1994), kommt dem EKG und der Echokardiographie wie auch der MRT eine wichtige Position zu. Es zeigen sich sowohl Repolarisationsstörungen als auch Depolarisationsstörungen sowie supraventrikuläre und auch ventrikuläre Rhythmusstörungen. Eines der Hauptkriterien für die Diagnosestellung ist der Nachweis einer globalen oder regionalen rechtsventrikulären Dysfunktion. Mit der Echokardiographie können nur sehr ausgeprägte Fälle einer rechtsventrikulären regionären Kontraktionsstörung erfasst werden. Die MRT hat bei der Diagnostik dieses Krankheitsbildes einen festen Stellenwert. Sowohl das Kontraktionsvehaltens des rechten Ventrikels (Abb. 1.39 a, b) als auch morphologische Wandparameter fließen in die MRT-Diagnostik der arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie ein (di Cesare 2003; Tabelle 1.20). Bei einigen Patienten kann auch ein Late-enhancement als Ausdruck der fibrösen Umbauvorgänge nachgewiesen werden (Abb. 1.40 a–f; (Hunold et al. 2005).
oder Ausflusstrakts
∑ Regionale Kontraktionsstörungen ∑ Globale diastolische Dysfunktion
Abb. 1.39 a, b. Arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie (ARVD). Aneurysmatische Dyskinesie des rechtsventrikulären Ausflusstrakts (Pfeil) in der systolischen Phase der CineMRT in der langen (a) und kurzen (b) Herzachse
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Abb. 1.40 a–f. Arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie (ARVD). Cine-MRT in der langen Herzachse mit Akinesie der rechtsventrikulären Herzspitze (Pfeil) sowie je 3 aufeinander folgende Schichten in der langen Herzachse mit heller Signal-
intensität der rechtsventrikulären Herzspitze (Pfeil) sowohl in der T1-gewichteten TSE-Sequenz (a,c,e) als auch in der IR-Sequenz nach KM-Gabe (spätes Enhancement, b,d,f) als Korrelat einer fibrös-fettigen Dysplasie
1.4.3 Myokarditis
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Bei einer chronischen Myokarditis sind die histologischen Zeichen einer Nekrose nicht obligat, bestimmend ist das histologische Bild einer Fibrose. Davon wird weiter abgegrenzt das Bild einer so genannten inflammatorischen Kardiomyopathie.
Definition
왔 Die Myokarditis ist definiert als ein
entzündlicher Prozess mit inflammatorischem Infiltrat des Myokards. Ein Kennzeichen der akuten Myokarditis ist das Auftreten von Nekrosen und Degenerationen im Myozytenverbund.
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Kapitel 1 Herz
Definition
왔 Bei einer inflammatorischen Kardio-
myopathie besteht neben den Kriterien einer akuten oder chronischen Myokarditis eine kardiale Dysfunktion (systolische oder diastolische linksventrikuläre Funktionseinschränkung). Grundlage einer Myokarditis ist ganz überwiegend eine virale Infektion. Neuere Untersuchungen zeigen, dass das Parvovirus B19 und das humane Herpesvirus Typ 6 häufige Ursache einer Myokarditis sind (Mahrholdt et al. 2006). Auch bakterielle Infektionen treten auf. Neben den Borrelien kommen seltene Formen wie z. B. Leptospiren vor. Bei den immunologisch verursachten Myokarditiden muss auch die Abstoßungsreaktion nach Herztransplantation genannt werden. Klinische Symptomatik Die Myokarditis ist häufig gekennzeichnet durch eine Infektanamnese und eine verzögerte Rekonvaleszenz. Das klinische Bild ist jedoch,auch in Abhängigkeit vom Ausmaß der begleitenden linksventrikulären Funktionsschädigung, sehr facettenreich. Häufig besteht eine unterschiedlich stark eingeschränkte Leistungs-
Abb. 1.41. Kurze Achse bei akuter Myokarditis. Regionäres, anteroseptales inflammatorisches Myokardödem (#) im Vergleich zum übrigen Myokard (*) bei viraler Myokarditis in der T2-Wichtung (LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. M. Thelen, Mainz)
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Abb. 1.42 a–f. Kurze Achse bei akuter Myokarditis. Teils fleckförmiges (a,b), teils supepikardiales flächiges (c) spätes Enhancement der Hinterwand mit korrespondierendem Ödemnachweis in der T2-Wichtung (d–f)
1.4 Erkrankungen des Herzens Abb. 1.43 a–d. Linksventrikulärer Zweikammerblick (a, c), kurze (b) und lange (c) Herzachse bei Sarkoidose. Subendokardiales, unscharf begrenztes spätes Enhancement von Hinterwand (b, c) und Seitenwand (d) mit korrespondierendem Ödem in der T2-Wichtung (a)
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fähigkeit. Etwa 1/3 der Patienten beklagen Palpitationen. Neben sehr leichten Verlaufsformen kann das Krankheitsbild auch Ursache eines kardiogenen Schocks sein.Die Inzidenz einer Myokarditis bei Viruserkrankungen beträgt 1%. Die Myokarditis ist bei jungen Menschen in 8–12% Ursache des plötzlichen Herztodes. Die Ursache einer eingeschränkten linksventrikulären Funktion ist in 9% der Fälle eine Myokarditis. Differenzialdiagnose Es müssen andere Formen einer kardialen Infektsituation berücksichtigt werden, wie z. B. Endokarditis und Perikarditis. Auch die KHK ist aufgrund einer häufigen perikardialen Mitbeteiligung bei Myokarditis wegen der in diesem Fall oft auftretenden Thoraxschmerzen eine wesentliche Differenzialdiagnose. Wichtig ist die Differenzialdiagnose zur so genannten Pericarditis epistenocardiaca, die in der Folge eines Myokardinfarkts auftreten kann. Weitere seltenere Differenzialdiagnosen sind myokardiale Inflammation aufgrund von Chemotherapeutika (z. B. Anthrazykline) und u. a. inflammatorische Prozesse bei immunologischen Erkrankungen (z. B. Sarkoidose, Churg-Strauss-Syndrom, WegenerGranulomatose).
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Diagnostik Wichtiger Baustein sind Anamnese und Untersuchungsbefund. Bei kritisch eingeschränkter linksventrikulärer Funktion kann häufig ein dritter Herzton als Ausdruck der linksventrikulären Funktionsstörung auskultiert werden. Die EKG-Diagnostik zeigt häufig Endteilveränderungen mit insbesondere ST-Strecken-Hebungen, die dann im Gegensatz zum Infarktgeschehen aus dem S heraus auftreten. Entscheidend ist auch hier die Echokardiographiediagnostik, die im Einzelfall neben der linksventrikulären Funktionseinschränkung auch eine perikardiale Mitbeteiligung und einen möglicherweise begleitenden Perikarderguss erfassen kann. Die Endomyokardbiopsie ist nur selten erforderlich. Insbesondere bei der Entscheidung, ob bei Vorliegen einer Viruspersistenz eine Interferontherapie sinnvoll ist, kann sie im Einzelfall erforderlich werden. Die Koronarangiographie kann bei sehr unklaren Fällen zur Klärung der Differenzialdiagnose KHK vs. Perimyokarditis notwendig werden. Die MRT hat großes Potenzial, um bei der schwierigen Diagnosestellung einer Myokarditis entscheidende diagnostische Hinweise zu geben. Ödem-
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Kapitel 1 Herz
sensitive Sequenzen sind in der Lage, das häufig regionäre Auftreten einer Myokarditis nachzuweisen (Abb. 1.41). Zunehmende Bedeutung erhält die MRTDiagnostik auf der Grundlage der Kontrastmittelspätaufnahmen. Die Late-enhancement-Areale sind typischerweise nicht obligat endokardial oder transmural nachweisbar, sondern zeigen ein epikardiales oder intramurales Auftreten (Abb. 1.42 a–f; Friedrich et al. 1998). Auch die Veränderungen im Rahmen einer Sarkoidose können eine umschriebene Hyperintensität im Rahmen des Late-enhancements zeigen (Abb. 1.43 a–d). 1.4.4 Perikarditis 1.4.4.1 Akute Perikarditis Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Ursache einer Perikarditis ist häufig eine virale Infektion. Aber auch Begleitperikarditiden im Rahmen eines Postkardiotomiesyndroms oder als Pericarditis epistenocardiaca nach Infarkt treten auf. Klinische Symptomatik Die Perikarditis hat häufig einen Thoraxschmerz als Hauptsymptom. Im Gegensatz zur Angina pectoris ist dieser eher stechend und lage- und atemabhängig. Liegt eine zusätzliche effusive Komponente mit bedeutsamem Perikarderguss vor, kommen die Symptome Luftnot und Leistungseinschränkung hinzu. Diagnostik Sehr häufig kann die Perikarditis im EKG-Bild bereits vermutet werden. Wie bei der Myokarditis können ST-Strecken-Veränderungen auftreten. Liegt ein bedeutsamer Perikarderguss vor, besteht eine so genannte Niedervoltage. Zielführend ist die Echokardiographie. Sie kann einen begleitenden Perikarderguss sicher detektieren. Auch eine mögliche Kompression des rechtsventrikulären Binnenraums bei hämodynamisch bedeutsamem Perikarderguss kann die Echokardiographie sicher nachweisen („swinging heart“, paradoxe Septumbewegung). Die MRT kann kleine, insbesondere herzspitzennahe Perikardergüsse im Vergleich zur Echokardiographie sensitiver nachweisen (Abb. 1.44, Abb. 1.45 a–f).
Abb. 1.44. Perikarditis. Umschriebener, nichtphysiologischer Perikarderguss im Bereich der Herzspitze (Pfeile) im Vierkammerblick (LA linker Vorhof, RA rechter Vorhof, LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel)
1.4.4.2 Pericarditis constrictiva Definition
왔 Die konstriktiven perikardialen Er-
krankungen weisen eine chronisch-fibröse Verbreiterung des Epikards und Perikards auf. Gelegentlich geht diese Verbreiterung mit einer Kalzifizierung einher. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Fibrosierung und Kalzifizierung bewirken eine Abnahme der Compliance des Perikards. Dadurch kommt es zu einem Dehnbarkeitsverlust und zu einer nichtmyokardialen, restriktiven Ventrikelfunktionsstörung. Die diastolische Bewegung ist eingeschränkt, und die Füllungsvolumina des rechten und linken Ventrikels sind reduziert. Konsekutiv kommt es zur Erhöhung der Drücke im rechten und im linken Vorhof mit der Folge der Pulmonalvenenstauung und der oberen und unteren Einflussstauung. Die Vorhöfe sind typischerweise beide dilatiert. Bei sehr fortgeschrittenen Formen des Krankheitsbildes kann es bis hin zur Cirrhose cardiaque aufgrund der chronischen Leberstauung kommen. Klinische Symptomatik Beim Untersuchungsbefund imponieren Halsvenenstauung und massive Beinödeme. Zusätzlich können Zeichen der Linksherzinsuffizienz auftreten.
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Abb. 1.45 a–f. Perikarditis, lange und kurze Herzachse sowie linksventrikulärer Zweikammerblick. Perikardiales Enhancements nach KM-Gabe (IR-Sequenz, a,c,e) sowie Perikarderguss, der sich in der T2-Wichtung (b,d,f) hell darstellt
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Kapitel 1 Herz
1.4.5 Erworbene Herzklappenerkrankungen
Abb. 1.46. Pericarditis constrictiva. Kurzachsendarstellung einer zirkulären, rechtsventrikulär betonten Perikardverdickung bis zu 8 mm (Pfeile; LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel)
Differenzialdiagnose Die schwierige Differenzialdiagnose der Pericarditis constrictiva ist die restriktive Ventrikelfunktionsstörung auf dem Boden eines myokardialen Problems. Hierzu gehören neben der hypertensiven Herzerkrankung hypertrophe Kardiomyopathien, aber auch seltene Erkrankungen, wie die Endokardfibrose. Diagnostik Im EKG zeigt sich eine Niedervoltage, die Röntgenthoraxaufnahme kann in Projektion auf das Perikard eine Verkalkung aufweisen. Die Echokardiographie zeigt das typische Bild der sehr großen Vorhöfe mit kleinem linken und rechten Ventrikel und einem veränderten Mitraleinstromprofil. Echokardiographisch kann in einigen Fällen bereits ein verdicktes Perikard diagnostiziert werden. Liegt ein begleitender Perikarderguss vor, kann dieser mittels Echokardiographie sicher diagnostiziert werden. Mit der MRT gelingt in aller Regel eine sichere Abgrenzung des Perikards und eine sichere Dickenbestimmung. Diameter von >4 mm sind pathologisch und beweisen eine Perikarderkrankung (Abb. 1.46). Die Perikarddickenbestimmung kann gleichermaßen mit der CT durchgeführt werden. Sowohl die MRT als auch die CT sind in der Lage, die Perikardstrukturen sicher vom Myokard abzugrenzen. Dies ist im Echokardiogramm im Einzelfall schwierig. Mit der CT können wesentlich genauer als mit dem konventionellen Röntgenthorax Verkalkungen als Ursache einer Pericarditis constrictiva sicher nachgewiesen werden.
Definition, pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die erworbenen Herzklappenfehler werden abgegrenzt von den kongenitalen kardiovaskulären Anomalien. Heutzutage ist die durch degenerative Umbauprozesse bedingte Aortenklappenstenose der häufigste erworbene Herzklappenfehler. Die Aortenklappeninsuffizienz tritt als relative Aortenklappeninsuffizienz auf, wenn es zu einer Ektasie der Aorta ascendens kommt. Auch im Rahmen von Endokarditiden ist eine Aortenklappeninsuffizienz häufig. Die rheumatisch bedingte Mitralklappenstenose ist durch die frühzeitige Antibiotikabehandlung seltener geworden. Mitralinsuffizienzen können als Folge eines Mitralklappenprolapssyndroms oder als so genannte ischämische Mitralklappeninsuffizienz nach Infarkt oder durch Teilabriss des Mitralhalteapparats auftreten. Auch im Rahmen einer Endokarditis kann sich durch Destruktion des Mitralklappenapparats eine schwere Mitralinsuffizienz entwickeln. Die erworbenen Herzklappenfehler der Pulmonalklappe und der Trikuspidalklappe sind selten. Diese treten nur bei Infektionen im Rahmen von intravenösem Drogenabusus oder bei Patienten mit infizierten Schrittmachersystemen auf. Klinische Symptomatik In Abhängigkeit vom zugrunde liegenden Vitium treten unterschiedliche Leitsymptome auf. Bei der bedeutsamen Aortenklappenstenose beispielsweise sind die Leitsymptome Dyspnoe, Angina pectoris und Synkopen. Bei den Mitralvitien bestehen häufig als erstes Symptom Dyspnoe und eine deutlich eingeschränkte Belastbarkeit. Differenzialdiagnose Insbesondere das Symptom Dyspnoe erfordert die Berücksichtigung einer Reihe von extrakardialen und kardialen Differenzialdiagnosen. Bei Vitien mit linksventrikulärer Dilatation muss insbesondere ausgeschlossen werden, ob die Hauptursache nicht doch eine hypertensive Herzerkrankung oder eine KHK ist. Auch die Gewichtung einzelner Komponenten bei Vorliegen einer kardialen Problematik, die nicht auf eine Klappenerkrankung zurückzuführen ist, aber von einer Klappenerkrankung begleitet wird, erfordert eine sehr intensive diagnostische Evaluierung (z. B. KHK und ischämische Mitralklappeninsuffizienz).
1.4 Erkrankungen des Herzens Abb. 1.47 a, b. Echokardiographie bei Aortenklappenstenose. a Darstellung der kalzifizierten Aortenklappe (AK) im Fünfkammerblick. b Dopplermessung (maximaler instantaner Gradient nach Bernoulli 71 mmHg, mittlerer Gradient 47 mmHg)
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Diagnostik Neben der Anamnese (Hinweise für rezidivierende Tonsilitiden, Diphterie, Scharlach, unklares Fieber über mehrere Wochen ohne nachweisbaren Fokus) kommt der körperlichen Untersuchung eine erhebliche Bedeutung zu. Mittels Auskultation können Herzgeräusche identifiziert werden. Durch die Zuordnung zu Systole oder Diastole und durch die Geräuschcharakteristika kann häufig bereits eine recht eindeutige Verdachtsdiagnose hinsichtlich eines vorliegenden Vitiums erstellt werden. Die klinischen Symptome erlauben oft eine Einschätzung des Schweregrades des Vitiums. Mit Hilfe des EKGs können z. B. eine linksventrikuläre Hypertrophie (wie bei der Aortenklappenstenose) erkannt werden. Auch die Analyse der P-Welle (Depolarisation der Vorhöfe) kann wichtige Hinweise geben. So ist bei einer ausgeprägten Mitralklappenstenose ein so genanntes P sinistroatriale festzustellen. Das Auftreten eines Vorhofflimmerns ist bei gleichzeitig vorliegendem Herzgeräusch häufig ein Zeichen eines fortgeschrittenen Herzklappenfehlers. Zeichen der Rechtsherzhypertrophie können beispielsweise bei der Mitralstenose dadurch auftreten, dass zusätzlich zum erhöhten pulmonalkapillären Druck eine präkapilläre Hypertonie auftritt und dadurch eine rechtsventrikuläre Hypertrophie mit den klassischen EKG-Zeichen besteht.
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Die transthorakale Echokardiographie ist bei der Diagnose und bei der Quantifizierung von Vitien zentral und kann in der Mehrzahl aller Fälle über das weitere notwendige therapeutische Vorgehen entscheiden. Merke
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Bei der Aortenklappenstenose kann mit der sicheren Bestimmung des so genannten instantanen Gradienten (Abb. 1.47 a, b) über der Aortenklappe eine exakte Graduierung des Vitiums erfolgen. Zusätzlich kann die Klappenöffnungsfläche bestimmt werden. Wenn die Bildqualität der transthorakalen Echokardiographie nicht ausreicht, wird eine transösophageale Echokardiographie zur Bestimmung der Aortenklappenöffnungsfläche erforderlich. Beide Parameter – Druckgradient und Klappenöffnungsfläche – sind Grundlage für die Entscheidung hinsichtlich des operativen Vorgehens. Besteht bereits eine eingeschränkte linksventrikuläre Funktion, kann der Druckgradient abfallen und der Schweregrad des Vitiums unterschätzt werden. In dieser Situation kommt der Bestimmung der Klappenöffnungsfläche eine entscheidende Bedeutung zu (<1,0 cm2 entspricht einer hochgradigen Aortenklappenstenose). Die Aortenklappeninsuffizienz kann mittels Echokardiographie semiquantitativ bestimmt werden (Abb. 1.48 a, b). Das Ausmaß des diastolischen Farbjets in den linken Ventrikel wird für die Quantifizierung der Aortenklappeninsuffizienz genutzt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bestimmung der linksventrikulären Funktion im Rahmen eines Aortenklappeninsuffizienzvitiums. Beginnt der linke Ventrikel hinsichtlich des endsystolischen Volumenindexes und des enddiastolischen Volumenindexes zuzunehmen, besteht bei einer Aortenklappeninsuffizienz eine Operationsindikation. Die Mitralklappenstenose ist mittels Echokardiographie sicher quantifizierbar. Neben dem Spitzenund mittleren Gradienten über der Mitralklappe ist die Mitralöffnungsfläche der entscheidende Parameter, um eine Therapiebedürftigkeit (interventionelle Valvuloplastie, Mitralklappenersatz) festlegen zu können (Abb. 1.49).
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Abb. 1.48 a, b. Echokardiographie bei Aortenklappeninsuffizienz. a Farbdopplerechokardiographie mit diastolischem Farbjet nach linksventrikulär (Aortenklappensinsuffizienz 2. Grades). b Dopplerechokardiographie mit diastolischem Dopplersignal über der Aortenklappe (Regurgitationsgeschwindigkeit >5 m/s)
Die Mitralklappeninsuffizienz lässt sich mittels Echokardiographie semiquantitativ darstellen. Neben der genauen Beurteilung des Mitralklappenapparats (Prolapssyndrom, Papillarmuskelabriss, Chordaabriss), die für eventuelle rekonstruktive operative Maßnahmen erforderlich ist, kann das Ausmaß der Mitralklappeninsuffizienz ähnlich wie bei der Aortenklappeninsuffizienz durch das Ausmaß des systolischen Insuffizienzjets in den linken Vorhof bestimmt werden (Abb. 1.50 a, b). Auch hierbei ist die Bestimmung des enddiastolischen und endsystolischen Volumenindexes wichtig, um mögliche Operationsentscheidungen treffen zu können. In aller Regel ist die Herzkatheteruntersuchung nur dann erforderlich, wenn im Rahmen der präoperativen Vorbereitung eine Koronarangiographie erforderlich wird (Patient >40 Jahre). Die Vitiendiagnostik selbst ist in aller Regel durch die Echokardiographie alleine ausreichend genau. Die konventionelle Röntgendiagnostik zeigt bei erworbenen Herzklappenvitien charakteristische Veränderungen der Herzsilhouette. Zusätzlich geben die pulmonale Gefäßzeichnung und die Aortenweite Hinweise auf die resultierende Hämodynamik. Bei der kompensierten Aortenstenose ist das Herz nicht verbreitert, da sich die konzentrische Hypertrophie nach innen entwickelt. Erst bei einer Dekompensation zeigt sich eine linksventrikuläre Herzvergrößerung (Abb. 1.51 a, b). Im Herzschatten kann Aortenklappenkalk nachweisbar sein. Die Aorta ascendens ist poststenotisch dilatiert und elongiert. Bei der Aorteninsuffizienz kommt es zu einer deutlichen Vergrößerung des linken Herzventrikels mit ausgeprägter Herztaille (so genannte aortale
Abb. 1.49. Echokardiographie bei Mitralklappenstenose. Oben: klein im Bild ist die verkalkte Mitralklappe mit eingeschränkter Öffnungsbewegung abgebildet. Unten: Dopplermessung mit verlängerter so genannter Druckhalbwertszeit (PHT, grüne Linie). Dieser Parameter ist zuverlässig proportional zur Mitralöffnungsfläche (170 ms entsprechend einer MÖF von 1,26 cm2)
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Abb. 1.50 a, b. Echokardiographie bei Mitralklappeninsuffizienz bei Mitraklappenprolapssyndrom. a Prolaps des hinteren Mitralsegels mit fehlendem Klappenschluss (RAO-Äquivalent). b Farbdopplerechokardiographie im Vierkammerblick mit sehr exzentrischem Regurgitationsjet (systolische Regurgitation nach dem linken Vorhof mit Mosaikmuster bei turbulentem Fluss, entsprechend einer Mitralklappeninsuffizienz Grad IV)
Konfiguration; Abb. 1.52 a, b). Erst bei einer Dekompensation zeigen sich auch eine Vergrößerung des linken Herzvorhofs und eine Lungenstauung. Die Aorta ascendens und descendens ist aufgrund des erhöhten Schlagvolumens erweitert. Bei der Mitralstenose ist der linke Herzvorhof vergrößert mit verstrichener Herztaille, Ausbildung eines Kernschattens und eingeengtem Retrokardialraum, der so genannten Mitralkonfiguration. Der linke Ventrikel und die Aorta ascendens sind aufgrund der niedrigen Volumenbelastung dagegen schmal. Kommt es zu einer Erhöhung des Pulmonalarteriendrucks, führt dies auch zu einer Vergrößerung des rechten Herzventrikels und zu einer Dilatation des Pulmonalsegments. Pulmonal zeigt sich eine vermehrte Lungengefäßzeichnung mit Erweiterung vor allem der Oberlappengefäße. Im weiteren Verlauf
b
Abb. 1.51 a, b. Aortenstenose p.-a. und seitlich mit vergrößertem linken Ventrikel bei abgerundeter Herzspitze sowie elongierter und sklerosierter Aorta
können sich als Zeichen eines interstitiellen Ödems auch Kerley-B-Linien ausbilden. Bei rezidivierenden kleinen Lungenblutungen kann als Zeichen der Siderose eine kleinfleckige interstitielle Zeichnungsvermehrung sichtbar sein. Die Mitralklappeninsuffizienz führt aufgrund der Volumenbelastung zu einer Vergrößerung des linken Herzventrikels und betont des linken Herzvorhofs. Erst in einem späten Stadium kommen eine pulmonale Stauung und eine Rechtsherzvergrößerung hinzu. Die Aorta ist aufgrund des geringen linksventri-
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Abb. 1.52 a, b. Aorteninsuffizienz p.-a. und seitlich mit Vergrößerung des linken Ventrikels (aortale Konfiguration mit tiefer Herzbucht) und des linken Vorhofs b
kulären Auswurfvolumens schmal. Beide Vitien liegen öfter auch kombiniert vor (Abb. 1.53 a, b). Die Pulmonalstenose führt zur Ausbildung eines prominenten Pulmonalsegments und einer Einengung des Retrosternalraums im Seitbild durch die Elongation des rechtsventrikulären Ausflusstrakts aufgrund der poststenotischen Dilatation des Truncus pulmonalis. Bei einer hochgradigen Pulmonalstenose zeigt sich eine verminderte Lungendurchblutung. Bei der Trikuspidalklappenstenose zeigt sich eine Vergrößerung des rechten Herzvorhofs ohne beglei-
Abb. 1.53 a, b. Kombiniertes Mitralvitium p.-a. und seitlich mit Vergrößerung des linken Vorhofs (Vorbuckelung der Herztaille durch das prominente Herzohr, Carina aufgespreizt,Vorhofkernschatten) sowie prominentem Pulmonalsegment und Vergrößerung des rechten Ventrikels
tende Dilatation des Pulmonalissegments. Eine Trikuspidalklappeninsuffizienz führt zu einer noch ausgeprägteren Dilatation des rechten Herzvorhofs. Insgesamt zeigt sich eine verminderte Lungendurchblutung.
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Abb. 1.54 a–d. Ausgeprägtes Jetphänomen (Pfeil) im Truncus pulmonalis bei Pulmonalklappenstenose (Cine-MRT, a–d: Diastole bis Systole)
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Abb. 1.55 a,b. Cine-MRT des aortalen Ausflusstrakts (a Diastole, b Systole) bei einem umschriebenen subvalvulären Aortenaneurysma (Pfeil) bei Aorteninsuffizienz mit nachweisbarem Jetphänomen (Pfeilkopf)
Die CT gibt Informationen über die Herzdilatation und -hypertrophie, wird jedoch im klinischen Alltag bei diesen Erkrankungen kaum eingesetzt. Mit der retrospektiv „gegateten“ Multischicht-CT können wie in der Echokardiographie die Klappenmorphologie, das Ausmaß der Verkalkungen und der Durchmesser des Klappenrings verlässlich bestimmt werden. Die Untersuchung mit Kontrastmittelgabe ist hierbei überlegen. Bei den erworbenen Vitien kann die MRT ergänzende diagnostische Aussagen treffen, wenn die
Operationsnotwendigkeit durch die Echokardiographie nicht eindeutig festgelegt werden kann. Eine orientierende Einordnung des Schweregrads von Stenosen und Insuffizienzen ist durch die Beurteilung der durch Turbulenzen entstehenden Signalauslöschung in der Cine-MRT möglich (Abb. 1.54 a–d, Abb. 1.55 a, b). Allerdings ist diese Methode lediglich semiquantitativ und außerdem von technischen Parametern wie Schichtebene und Echozeit abhängig (Kupfahl et al. 2004).
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Abb. 1.56 a, b. Morphologische Darstellung und flussquantifizierende Bestimmung der Aortenklappeninsuffizienz. a CineLVOT-Darstellung des exzentrisch gegen das vordere Mitralsegel
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Der Schweregrad einer Aortenklappeninsuffizienz kann durch die genaue Bestimmung der Regurgitationsfraktion sehr genau eingeschätzt werden. Merke
Mit Hilfe der MRT-Flussmessung wird der diastolische Rückfluss über der Aortenklappe bestimmt (Abb. 1.56 a, b). Auch eine beginnende Einschränkung der linksventrikulären Funktion kann besser als mit der Echokardiographie erfasst werden und so ebenfalls in Grenzfällen einen weiteren wichtigen Entscheidungsbaustein für oder gegen die Entscheidung für eine Operation darstellen. Neuere Studien zeigen, dass auch die Öffnungsfläche der stenosierten Aortenklappe bestimmt werden kann. Im Vergleich mit der Öffnungsflächenbestimmung mittels Echokardiographie und Herzkatheter (Gorlin-Formel) wird jedoch die Öffnungsfläche etwas überschätzt. Weitere Studien müssen abgewartet werden, um den Stellenwert der MRT-Diagnostik bei der Bestimmung der Aortenklappenöffnungsfläche zu beurteilen. Mittels der Geschwindigkeitsmessung (Phasenkontrasttechnik) kann näherungsweise auch ein Gradient bestimmt werden. Dies erfolgt wie in der Echokardiographie mit Hilfe der Bernoulli-Gleichung. Zur Zeit ist jedoch die zeitliche Auflösung noch zu gering, um die Spitzengradienten sicher zu erfassen. Wegen der mittels Echokardiographie nur semiquantitativen Analyse der Regurgitationsfraktion bei einer Mitralklappeninsuffizienz kann auch die MRT
gerichteten Insuffizienzjets (*) der Aortenklappe (LA linker Vorhof, LV linker Ventrikel). b Flusskurve der Flussmessung in Phasenkontrasttechnik mit einer Regurgitationsfraktion von 54%
als ergänzendes Verfahren zur weiteren Quantifizierung dieses Vitiums herangezogen werden. Hierbei wird zum einen der Fluss in der Aorta ascendens und zum anderen das volumetrisch ermittelte Schlagvolumen des linken Ventrikels bestimmt. Die Differenz dieser beiden Werte ergibt das Volumen, das systolisch in den linken Vorhof zurückfließt. Weitere Möglichkeiten der Quantifizierung sind der Vergleich des rechtsventrikulären und des linksventrikulären Schlagvolumens. 1.4.6 Angeborene Herzfehler Definition, pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Zahl der Patienten, die im Erwachsenenalter eine angeborene Fehlbildung des Herzens aufweisen, steigt kontinuierlich, da mittlerweile eine Vielzahl von Patienten im Kindesalter an komplexen angeborenen Herzfehlern operiert wurden und durch diese Therapiemaßnahmen ein Überleben in das Erwachsenenalter hinein erreichen. Eine erste Gruppe beinhaltet Patienten, bei denen das kongenitale Vitium erst im Erwachsenenalter festgestellt wird. Dies sind z. B. Erkrankungen wie die bikuspide Aortenklappe, der Vorhofseptumdefekt, eine Aortenisthmusstenose, der Morbus Epstein oder eine korrigierte Transposition der großen Gefäße.
1.4 Erkrankungen des Herzens Tabelle 1.21. Beurteilung unbekannter kongenitaler Vitien 1. Systemvenen Einmündung von V. cava superior und V. cava inferior Persistierende linke obere Hohlvene? 2. Lungenvenen Fehleinmündung? 3. Anatomische Zuordnung der Vorhöfe Rechter Vorhof: Dreieckige Form Breite Verbindung zum Ventrikel Meist Verbindung zur V. cava inferior Linker Vorhof: Schlauchform Schmale Verbindung zum Ventrikel 4. Atrialer Situs Situs solitus: normale rechtsseitige Position des anatomisch rechten Vorhofs und normale linksseitige Position des anatomisch linken Vorhofs. Leber, V. cava inferior und der kurze Hauptbronchus liegen rechts, die rechte Pulmonalarterie verläuft ventral des rechten Hauptbronchus. Magen, Milz und Aorta abdominalis liegen links, die linke Pulmonalarterie kreuzt den linken Hauptbronchus Situs inversus: spiegelverkehrte Anordnung, meist kombiniert mit abdominellem Situs inversus Situs ambiguus, ggf. mit rechtem oder linkem Isomerismus: Die Zuordnung des atrialen und/oder abdominellen Situs ist unklar oder nicht möglich, Hauptbronchien und Pulmonalarterien sind symmetrisch ausgebildet. Es können auch beide Äste nach einer Seite lateralisiert sein (linker bzw. rechter Isomerismus) 5. Vorhofseptum Dicke Defekt 6. Atrio-ventrikuläre Verbindung Konkordant, diskonkordant, ambiguös 7. Anatomische Zuordnung der Ventrikel Rechts: Moderatorband Grobe Trabekulierung (vor allem Septumoberfläche) Muskuläres Infundibulum Trikuspidalklappe inseriert näher zur Herzspitze als die Mitralklappe Links: Kräftige Papillarmuskeln Feine Trabekulierung (vor allem Septumoberfläche) Mitralklappe inseriert näher zur Herzspitze als die Trikuspidalklappe 8. Ventrikuloarterielle Verbindung Aorta und Pulmonalarterie lassen sich aufgrund ihrer typischen Aufzweigungen differenzieren 9. Extrakardiale Shunts
Die Gruppe derer, bei denen im Kindesalter eine definitive Korrektur des angeborenen Herzfehlers durchgeführt wurde, bleibt auch im Erwachsenenalter oft symptomlos und bedarf lediglich Kontrolluntersuchungen. Eine dritte Gruppe beinhaltet Patienten, bei denen im Kindesalter eine Palliativoperation durchgeführt wurde und die im Erwachsenenalter wegen der nicht vollständigen Korrekturoperation weiterbestehende kardiologische Probleme haben. Eine detaillierte Beschreibung seltener Anomalien (Häufigkeit <1%) würde den Rahmen dieses Buches überschreiten, hierfür sei auf weiterführende Lehrbücher verwiesen. Aus diesem Grund werden nur die häufigeren kongenitalen Herzerkrankungen vorge-
stellt. Kongenitale Anomalien, die eine intrakardiale Raumforderung vortäuschen können, werden unter Abschn. 1.4.7.1, „Anatomische Varianten“, beschrieben. Klinische Symptomatik In Abhängigkeit von den oben aufgeführten unterschiedlichen Vitien kann diese sehr unterschiedlich sein. Häufig sind auch bei diesen Patienten die Symptome Dyspnoe und eingeschränkte Belastbarkeit führend. Mit zu berücksichtigen ist, dass ein Teil dieser Krankheitsbilder zu einer Degeneration des Reizleitungssystems führt. Die Folge sind tachykarde und bradykarde Herzrhythmusstörungen mit den Symptomen Schwindel und Synkopen.
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Differenzialdiagnose Erworbene Herzfehler. Diagnostik Neben der sorgfältigen Anamnese und dem körperlichen Untersuchungsbefund gibt die konventionelle Röntgendiagnostik über die Form der Herzsilhouette, den Verlauf der großen Gefäße und den Füllungszustand der Lungenstrombahn einen ersten Überblick über die Formveränderung und die Hämodynamik der kongenitalen Herzerkrankung. Dem EKG kommt eine zentrale Stellung zu. Häufig ist jedoch, insbesondere bei den sehr komplexen angeborenen Vitien, die Echokardiographie sinnvoll mit der MRT zu ergänzen. Diese erlaubt eine vollständige Analyse der kardialen Struktur in Zusammenhang mit den großen herznahen Gefäßen. Ist die Morphologie einer kongenitalen Herzerkrankung bei der Erstuntersuchung noch unklar, sollte die anatomische Beurteilung des Herzens und der herznahen großen Gefäße in der MRT anhand eines Schema erfolgen (Tabelle 1.21). In der MRT gelingt es insbesondere durch die morphologische Darstellung von Shunts und die Bestimmung von deren hämodynamischer Bedeutsamkeit, ein Vitium – auch komplexer Natur – nahezu vollständig zu evaluieren. Eine Lücke der magnetresonanztomographischen Diagnostik ist die Druckbestimmung im kleinen Kreislauf. Diese kann mit der MRT bisher nicht zuverlässig durchgeführt werden. Hierzu ist eine Einschwemmkatheteruntersuchung mit Bestimmung des pulmonalkapillaren Wedge-Drucks und des pulmonalarteriellen Drucks erforderlich. Dies hat häufig Konsequenzen für die weitere Therapie, da operative Schritte meist nur bei noch normalem pulmonalarteriellen Druck durchgeführt werden können. 1.4.6.1 Gefäß- und Klappenanomalien Kongenitale Aortenklappenstenose Definition
왔 Die valvuläre Aortenstenose entsteht
durch Fehlbildung oder rudimentäre Anlage der Klappentaschen. Die Kommissuren können entweder verschmolzen sein oder fehlen. In etwa 75% der Fälle sind die Aortenklappen asymmetrisch oder bikuspid angelegt. Bei der lokalisierten, subvalvulären Aortenstenose führt eine zirkuläre fibromuskuläre Membran unterhalb der Aortenklappe zur Einengung des linksventrikulären Ausflusstrakts. Die supravalvuläre Aortenstenose ist die seltenste Form der linksventrikulären Ausflusstraktobstruktion und befindet sich in der Regel am Übergang zwi-
schen Sinus Valsalvae und Aortenwand, d. h. in Höhe der Klappenkommissuren. Symptomatik Die Symptomatik ähnelt dann, wenn die Stenosierung hämodynamisch relevant ist, der erworbenen Aortenklappenstenose mit Dyspnoe, Angina pectoris und Synkopen. Differenzialdiagnose Erworbene Herzklappenfehler, KHK (u. a.). Diagnostik Mittels Auskultation und Echokardiographie kann die Diagnose in aller Regel gestellt werden. Die MRTDiagnostik kann insbesondere bei den subvalvulären und supravalvulären Aortenstenosen zusätzliche Information geben und die Abgrenzung gegenüber der Aortenklappe erleichtern. Aortenisthmusstenose Die Häufigkeit der Aortenisthmusstenose liegt bei 5– 8% aller kongenitalen Herz- und Gefäßmissbildungen. Männliche Kinder sind 4-mal häufiger betroffen als weibliche. Definition
왔 Es handelt sich um eine Verengung
der Aorta descendens, distal des Abgangs der A. subclavia sinistra. Diese wird als so genannter Erwachsenentyp einer Aortenisthmusstenose bezeichnet. Die kindliche, so genannte präduktale Aortenisthmusstenose ist im Erwachsenenalter extrem selten und häufig mit einem offenen Ductus arteriosus Botalli verbunden. Klinische Symptomatik Hypertonie und hypertoniebedingte Folgen (Zephalgie, diastolische linksventrikuläre Funktionsstörung bei hypertensiver Herzerkrankung). Diagnostik Auskultatorisch lässt sich ein Systolikum interskapulär nachweisen. Bei einer hämodynamisch bedeutsamen Aortenisthmusstenose ergibt die Dopplerdruckmessung der Extremitäten einen im Vergleich zur rechten A. brachialis reduzierten Druckwert. Mit der Dopplerechokardiographie kann bei suprasternaler Anlotung häufig ein Gradient im Bereich der proximalen Aorta descendens ermittelt werden. Der Röntgenthorax kann eine linksventrikuläre Herzvergrößerung und vor allem Rippenusuren infolge der dilatierten Interkostalarterien zeigen (Abb. 1.57 a, b).
1.4 Erkrankungen des Herzens
nimmt das Flussvolumen nach distal ab. Bei Kollateralisierung über die Interkostalarterien kommt es jedoch zu einem nach distal vermehrten Flussvolumen. Bis auf die hämodynamischen Daten kann die CTDiagnostik eine ähnliche morphologische Darstellung der Aortenisthmusstenose gewährleisten wie die MRT. Pulmonalstenose Es wird zwischen
∑ einer valvulären, ∑ einer subvalvulären infundibulären und ∑ einer supravalvulären Stenose
a
unterschieden. Die valvuläre Form ist die häufigste Ursache der so genannten Obstruktion des rechtsventrikulären Ausflusstrakts. Definition
왔 Bei der valvulären Form kommt es
durch die Fusion der Komissuren des Pulmonalklappenapparats zur Stenosierung und zu einem konsekutiven Gradienten über der Pulmonalklappe mit der Folge einer Rechtsherzhypertrophie, die eine Rechtsherzinsuffizienz nach sich ziehen kann. Die subvalvuläre infundibuläre Form ist gekennzeichnet durch eine membranöse oder muskuläre Anomalie des Infundibulums mit konsekutiver Obstruktion im Ausflusstrakt. Davon zu unterscheiden ist die Variante, die auch als subinfundibuläre Stenose bezeichnet wird. Hierbei besteht ein Muskelstrang an der Grenze des Einflusstrakts zum rechtsventrikulären Ausflusstrakt, und dies führt zu einem „double chambered right ventricle“ mit Hochdruckanteil proximal dieser muskulären Stenose und Niederdruckkammer distal dieser Stenose. b
Abb. 1.57 a, b. Aortenisthmusstenose p.-a. und seitlich mit nicht sicher abgrenzbarem Aortenknopf, betontem, jedoch noch normalem linken Ventrikel und Rippenusuren beidseits
Die MRT ist die überlegene diagnostische Modalität, um Ausmaß und Lokalisation der Stenosierung zu bestimmen. Auch zur Planung möglicher interventioneller oder operativer Schritte ist sie die Methode der Wahl zur Darstellung der Morphologie. Mittels Flussmessungen kann die Relevanz der Aortenisthmusstenose auch hämodynamisch abgeklärt werden. Die Messung der maximalen Geschwindigkeit im Stenosejet erlaubt eine Abschätzung des Gradienten. Durch Messung des Flussvolumens in der Aorta thoracalis kurz nach der Stenose und in Höhe des Zwerchfelldurchtritts lässt sich zusätzlich die hämodynamische Relevanz abschätzen. Normalerweise
Die zuletzt genannte Variante tritt oft mit weiteren Vitien wie z. B. einem Ventrikelseptumdefekt auf. Supravalvuläre Stenosen können auf nahezu jedem Niveau der Pulmonalisstrombahn beobachtet werden. Symptomatik Es zeigen sich bei fortgeschrittenen Formen die Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz. Differenzialdiagnose Erkrankung mit Einhergehen eines pulmonalarteriellen Hypertonus und eines Cor pulmonale. Diagnostik Neben Anamnese und Auskultation hat die Echokardiographie einen wichtigen Stellenwert. In den meisten Fällen kann die Diagnose echokardiographisch gestellt werden. Die MRT kann wesentliche Zusatzinformationen geben und beispielsweise bei der subinfundibulären Stenose die genaue Morphologie klä-
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Kapitel 1 Herz
ren. Bei der Evaluation der supravalvulären Stenosen kommt der CTA und auch der MRA eine wichtige Bedeutung zu. 1.4.6.2 Shuntvitien Vorhofseptumdefekt Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen: Der Vorhofseptumdefekt (ASD) ist neben der bikuspiden Aortenklappe das häufigste kongenitale Vitium im Erwachsenenalter. Es werden 3 Formen unterschieden. Definition
왔 Der Ostium-secundum-Defekt ist eine
Maladaptation der beiden Vorhofkulissen (vom Vorhofdach und von der Mitralklappenebene ausgehend). Er liegt im zentralen Anteil des Vorhofseptums im Bereich der Fossa ovalis. Beim Ostium-primum-Defekt kommt es zu einer nicht vollständigen oder fehlenden Anlage des Anteils des Vorhofseptums, der von der Mitralklappenebene ausgeht. Diese Form wird häufig von Defekten der Mitralklappe begleitet. Der Sinus-venosus-Defekt ist in der Regel im oberen Anteil des Vorhofseptums, unmittelbar an der Einmündung der Hohlvene lokalisiert. Hierbei finden sich gehäuft Lungenvenenfehleinmündungen.
a
Der Ostium-secundum-Defekt ist mit 80% die häufigste Fehlbildung dieser Art. Ein offenes Foramen ovale hat per se keinen Krankheitswert (Inzidenz: 30% der Bevölkerung). Es können jedoch, insbesondere wenn zusätzlich ein Aneurysma des Vorhofseptums besteht, bei Disposition paradoxe Embolien begünstigt werden. Klinische Symptomatik Hämodynamisch nicht bedeutsame Shuntvitien sind häufig bis an das Lebensende asymptomatisch. In Abhängigkeit von der Größe des Shunts kommt es zur Volumenbelastung des rechten Ventrikels und zu den Zeichen der rechtsventrikulären Belastung. Durch die Belastung der Lungenstrombahn kann sich eine sekundäre pulmonale Hypertonie mit dem Bild einer schweren Rechtsherzinsuffizienz und bei ausgeprägten Verlaufsformen einer Eisenmenger-Reaktion ausbilden. Symptomatisch im Vordergrund stehen die Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz sowie bei Vorliegen eines Eisenmenger-Syndroms die Zyanose. Differenzialdiagnose Andere Formen der Shuntvitien. Differenzialdiagnose der Zyanose.
b
Abb. 1.58. a Vorhofseptumdefekt (ASD) p.-a. mit erweitertem Pulmonalsegment, vergrößertem linken Vorhof und Ventrikel sowie erweiterten zentralen und peripheren Lungengefäßen in den Ober- und Unterfeldern. b Nach Verschluss des ASD sind Herzgröße und Lungengefäßdilatation regredient
Diagnostik Nur in ausgeprägten Varianten ist die Klinik wegweisend. Das EKG weist bei einem ASD vom Secundumtyp in 95% der Fälle einen inkompletten Rechtsschenkelblock auf. Diagnostisch entscheidend ist neben der transthorakalen Echokardiographie bei be-
1.4 Erkrankungen des Herzens Abb. 1.59 a, b. Visualisierung des interatrialen Links-rechtsShunts bei Vorhofseptumdefekt. Flussquantifizierend (Messung in Pulmonalarterien und Aorta ascendens) ergab sich ein Shuntvolumen von 20% und ein Qp/QsQuotient von 1,3. a Cine-Kurzachsen-Darstellung auf Vorhofebene. b Flusskodierendes Bild (LA linker Vorhof, RA rechter Vorhof, RVOT rechtsventrikulärer Ausflusstrakt)
b
a
Die MRT kann zum einen die Morphologie der Shuntvitien klären (Abb. 1.59 a, b), kann begleitende fehleinmündende Pulmonalvenen exzellent darstellen (Abb. 1.60) und vor allen Dingen die hämodynamische Bedeutsamkeit durch Flussmessungen im pulmonalarteriellen System und in der Aorta ascendens genau bestimmen. Die Shuntbestimmung mittels MRT entspricht in ihrer Zuverlässigkeit der invasiven Oxymetrie (Petersen et al. 2002). Die Herzkatheteruntersuchung ist dann, wenn transösophageale Echokardiographie und MRT durchgeführt werden können, nicht zur Evaluation des Vitiums erforderlich. Wenn operative oder interventionelle Schritte geplant sind, sollte eine Einschwemmkatheteruntersuchung erfolgen, um die Druckverhältnisse im kleinen Kreislauf zu klären. Abb. 1.60. Rekonstruktionen einer KM-verstärkten MR-angiographischen Darstellung der Lungenvenen. 3 Pulmonalvenen (*) münden regelrecht in den linken Vorhof (LA), die venöse Drainage des linken Oberlappens (#) erfolgt jedoch aberrierend in die V. subclavia sinistra und schließlich in die obere Hohlvene (SVC). Flussquantifizierend ergab sich ein Shuntvolumen von 21% und ein Qp/Qs-Quotient von 1,3
deutsamen Shuntvitien die transösophageale Echokardiographie, die auch kleine Shuntvitien und ein offenes Foramen ovale exakt nachweisen kann. In der konventionellen Röntgendiagnostik zeigen sich der rechte Herzventrikel und Herzvorhof vergrößert (Abb. 1.58 a, b). Ab einen Shuntvolumen >30–35% sind die Zeichen der pulmonalen Hypervolämie nachweisbar. Die Aorta ist schmal, der linke Vorhof nicht vergrößert, die periphere Lungenzeichnung ist normal.
Ventrikelseptumdefekt Definition
왔 Es handelt es sich um Defekte, die
häufig (70%) so genannte perimembranöse Defekte darstellen und in der Pars membranacea des Interventrikularseptums gelegen sind. Seltener sind muskuläre Defekte des Ventrikelseptums. Klinische Symptomatik Bei länger bestehenden, hämodynamisch bedeutsamen Ventrikelseptumdefekten (VSD) kommt es zur Belastung des linken Ventrikels, und die Klinik ist durch die beginnende Linksherzinsuffizienz mit Dyspnoe und eingeschränkter Belastbarkeit gekennzeichnet. Bei Spätformen kann es zur Shuntumkehr mit Zyanose kommen.
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Kapitel 1 Herz
Differenzialdiagnose Erworbener VSD (Infarkt-VSD). Diagnostik Bei der körperlichen Untersuchung lässt sich häufig bereits ein systolisch-diastolisches Geräusch auskultieren, das die Verdachtsdiagnose begründet. Diese kann durch die transthorakale Echokardiographie in aller Regel sicher bestätigt werden. In der konventionellen Röntgendiagnostik ist der Herzbefund abhängig von der Defektgröße bei kleinen Defekten unauffällig, bei größeren Defekten finden sich Vergrößerungen des linken Herzvorhofs und des linken Herzventrikels und Zeichen der pulmonalen Hypervolämie. Die vermehrte Lungendurchblutung führt dann zu einem prominenten Pulmonalissegment mit vermehrter Lungengefäßzeichnung. Die MRT kann zur Komplettierung der nichtinvasiven Diagnostik sinnvoll eingesetzt werden, um nichtinvasiv die hämodynamische Bedeutsamkeit des VSD mit Bestimmung des Shuntvolumens zu evaluieren (Flussmessung im pulmonalarteriellen System und in der Aorta ascendens, s. oben). In aller Regel ist die Herzkatheterdiagnostik zur Diagnose eines VSD heutzutage nicht mehr erforderlich.
ist die Analyse des Shuntvolumens mittels Flussmessungen möglich. Hierfür werden das pulmonale (Qp) und das systemische (Qs) Flussvolumen in der Aorta ascendens (Qp) und im Truncus pulmonalis (Qs) bestimmt. Da der Shunt extrakardial liegt, wird das pulmonale Flussvolumen in der Aorta ascendens und das systemische Flussvolumen im Truncus pulmonalis gemessen. Damit können der Links-rechts-Shunt (Qp–Qs/Qp) sowie das Verhältnis von pulmonalem zu systemischem Fluss (Qp/Qs) bestimmt werden. Auch eine Flussmessung und damit Shuntbestimmung im Ductus selbst ist magnetresonanztomographisch möglich. Die Herzkatheteruntersuchung ist bei vorbestehender Diagnostik nur bei therapeutischer Intervention erforderlich. 1.4.6.3 Komplexe angeborene Vitien Fallot-Tetralogie Definition
왔 Es handelt sich um ein Krankheitsbild
mit einem VSD, der hoch sitzend ist, und einer Pulmonalklappenstenose mit konsekutiver rechtsventrikulärer Hypertrophie.
Ductus arteriosus Botalli Definition
왔 Es handelt sich hierbei um das seltene
Persistieren eines Shunts zwischen der Aorta descendens und dem pulmonalarteriellen System. Es kommt zu einem Links-rechts-Shunt. Dieser Links-rechts-Shunt führt, da der rechte Ventrikel nicht einbezogen ist, zu einer Linksherzbelastung. Klinische Symptomatik Zeichen der Linksherzinsuffizienz mit Dyspnoe und eingeschränkter Belastbarkeit. Diagnostik Die transthorakale Echokardiographie und insbesondere die transösophageale Echokardiographie können häufig den Bluteinstrom in das proximale pulmonalarterielle System farbdopplerechokardiographisch nachweisen. In der konventionellen Röntgendiagnostik führt ein Shunt >30–35% zu einer Vergrößerung von linkem Herzvorhof und Herzventrikel. Das Pulmonalissegment ist dilatiert, zusätzlich zeigen sich die Zeichen der pulmonalen Hypervolämie. Aufgrund der erhöhten linksventrikulären Auswurfleistung ist auch die Aorta ascendens erweitert. Mittels der MRT-Untersuchung kann die genaue Morphologie exakt bestimmt werden. Auch hierbei
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Aorta reitet auf dem VSD. Die Obstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn ist häufig sowohl durch eine infundibuläre als auch eine valvuläre Stenosierung bedingt. Häufig findet sich als weitere Anomalie ein Vorhofseptumdefekt (17%). Das Ausmaß der pulmonalarteriellen Minderperfusion durch die Obstruktion des rechtsventrikulären Ausflusstrakts und durch den Rechts-links-Shunt bei VSD und rechtventrikulärer Druckerhöhung ist prognosebestimmend. Klinische Symptomatik Diese ist sehr vielfältig und abhängig von der Ausprägung der Fallot-Tetralogie und von bereits durchgeführten operativen Eingriffen im Kindesalter. Häufig kommt es jedoch zu einer rechtsventrikulären Insuffizienz mit den daraus folgenden Symptomen. Durch den großen VSD kann, wenn die Pulmonalklappenstenose nicht hochgradig ist, eine dauerhafte Druckbelastung des pulmonalarteriellen Systems auftreten mit der Konsequenz der pulmonalarteriellen Hypertonie und der zusätzlichen Belastung des rechten Ventrikels. Differenzialdiagnose Andere angeborene und erworbene Herzfehler.
1.4 Erkrankungen des Herzens
Diagnostik Neben Anamnese und Auskultation kommt auch hier der Echokardiographie eine wichtige Bedeutung zu. Dennoch ist bei der Fallot-Tetralogie wie auch bei anderen komplexen kongenitalen Vitien die MRT häufig die entscheidende diagnostische Modalität zur Erfassung der komplexen Vitien. Bereits mit einer zeitaufgelösten MRA können Shuntverbindungen und Shuntrichtungen orientierend erfasst werden (Mohrs et al. 2006). Neben der genauen morphologischen Darstellung kann mit den Shuntbestimmungen eine zusätzliche Evaluierung des Vitiums erfolgen. Die Herzkatheteruntersuchung ist ergänzend erforderlich, um den pulmonalarteriellen Druck zu bestimmen. Kongenitale Transpositionen Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen
a
왔 Bei
der korrigierten kongenitalen Transposition besteht eine atrioventrikuläre und eine ventrikuloarterielle Diskordanz. Definition
Die Vv. cavae konfluieren im rechten Vorhof, der jedoch mit dem morphologisch linken Ventrikel verbunden ist und dieser mit dem pulmonalarteriellem System. Die Pulmonalvenen münden in den linken Vorhof und sind mit dem morphologisch rechten Ventrikel verbunden, der wiederum mit der Aorta verbunden ist. Dies wird als korrigierte Transposition der großen Arterien bezeichnet. Der morphologisch rechte Ventrikel, der bei diesem Vitium als Systemventrikel arbeitet, kann infolge der hohen Druckbelastung insuffizient werden. Definition
왔 Bei einer nichtkorrigierten Transposi-
tion besteht eine ventrikuloarterielle Diskordanz bei artrioventrikulärer Konkordanz. Die Neugeborenen können nur überleben, wenn zusätzliche Shuntverbindungen bestehen, die eine Verbindung der Kreisläufe ermöglichen. Wenn keine zusätzlichen Shuntverbindungen bestehen, kann mit der Rashkind-Ballon-Septostomie diese interventionell geschaffen und so das Überleben der Kinder erreicht werden. Therapeutisch wurde eine so genannte atriale Switch-Operation (Mustard-Technik) durchgeführt. Hierbei wurden die Vorhöfe umgeleitet, sodass ein Konfluens der Pulmonalvenen geschaffen wurde und diese in den anatomisch rechten Vorhof umgeleitet wurden. Das Blut fließt dann über anatomisch rechten Ventrikel in die transponierte Aorta. Heutzutage erfolgt eine arterielle Switch-Ope-
b
Abb. 1.61 a, b. Operativ korrigierte Transposition der großen Gefäße (Mustard-Operation). a Cine-Darstellung der atrialisierten Hohlvenen (SVC, IVC) mit Mündung in den den Pulmonalkreislauf (PA) bedienenden, jedoch morphologisch linken Ventrikel (LV). T entspricht dem Konfluens der Pulmonalvenen (Mustard-Tunnel). b Cine-Darstellung von rechts- und linkventrikulärem Ausflusstrakt
ration mit dem Ziel, eine nahezu normale Anatomie zu erreichen. Bei den palliativen Korrekturoperationen kommt es im weiteren Verlauf häufig zu einer Insuffizienz des anatomisch rechten Ventrikels, der den Systemkreislauf bedient. Neben der Insuffizienz des anatomisch rechten Ventrikels kommt es häufig zu einer schweren Insuffizienz der Trikuspidalklappe. Häufig
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Kapitel 1 Herz
kann bei diesen Patienten auch eine Reizleitungsproblematik mit Entwicklung eines Syndroms des kranken Sinusknotens beobachtet werden. Zu der Gruppe dieser Anomalien muss auch der „double outlet right“ und „left ventricle“ gezählt werden. Dies ist eine Gruppe sehr komplexer Anomalien, bei denen beide großen Gefäße vollständig oder eines der großen Gefäße und 50% des Diameters des anderen aus einem Ventrikel entspringen. Klinische Symptomatik In Abhängigkeit von der vorliegenden Form der Anomalie kommt es zu Symptomen der Rechtsherzinsuffizienz (z. B. pulmonale Hypertonie bei chronischer Druckbelastung des kleinen Kreislaufs bei „double outlet right ventricle“) oder auch zu Symptomen der Linksherzinsuffizienz (Transposition der großen Gefäße). Nicht selten steht auch eine Rhythmusproblematik im Vordergrund, und es kommt zu den Symptomen Palpitation, Herzrasen, Schwindel und Synkopen. Diagnostik Die exakte Anamnese und bei den operierten Erwachsenen die genaue Analyse der häufig palliativen operativen Korrekturoperationen ist Grundlage der weitergehenden Diagnostik. Die EKG-Diagnostik wird zur Rhythmusanalyse verwandt und kann häufig durch ausgeprägte Rechtsherzhypertrophiezeichen Hinweise auf das zugrunde liegende Krankheitsbild geben. Mit der Echokardiographie kann zumeist die Diagnose gestellt werden. Die MRT hat jedoch, insbesondere um die Verbindung zu den großen herznahen Gefäßen darzustellen, einen festen Stellenwert in der Diagnostik dieser Anomalien (Abb. 1.61 a, b). Die häufigen Shuntverbindungen können morphologisch mittels MRT dargestellt werden und das Shuntvolumen kann durch MRT-Flussmessungen quantifiziert werden. 1.4.6.4 Koronaranomalien Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Koronaranomalien sind in ihrer Mehrzahl klinisch nicht relevant. Wichtig ist allerdings, insbesondere beim jungen Patienten, der Nachweis des Verlaufs des linken Hauptstamms zwischen Truncus pul-
monalis und Aorta ascendens. In dieser Situation entspringt die linke Kranzarterie aus dem rechten Sinus Valsalvae. Bei Patienten, die diese Koronaranomalie aufweisen, ist beschrieben, dass eine erhöhte Inzidenz des plötzlichen Herztodes besteht. Man erklärt sich dies dadurch, dass es zu einer Kompression des linken Hauptstamms kommt. In Einzelfällen besteht die Indikation zur operativen Versetzung des LCAOstiums. Eine weitere klinisch relevante Koronaranomalie ist das Bland-White-Garland-Syndrom. Hier liegt der Ursprung der linken Kranzarterie im pulmonalarteriellen Gefäßsystem, in aller Regel aus der linken A. pulmonalis. Diese Patienten sind nur überlebensfähig, wenn ein dominantes rechtes Kranzgefäß besteht und eine sehr gute retrograde Kollateralisierung des R.-interventricularis-anterior- und R.-circumflexus-Systems vorliegt. Patienten, die das Erwachsenenalter erreicht haben, haben aufgrund der bestehenden chronischen Ischämie des linken Ventrikels eine Vorderwandbewegungsstörung und fallen häufig klinisch durch ein pathologisches Belastungs-EKG oder eine Vergrößerung des linken Ventrikels auf. Symptomatik Dyspnoe, Angina pectoris. Differenzialdiagnose KHK. Diagnostik Diese Anomalien fallen häufig während einer konventionellen Herzkatheteruntersuchungen auf. Die meisten Koronaranomalien können im Rahmen der invasiven Koronaruntersuchung geklärt werden. In Einzelfällen kann es schwierig sein, den Verlauf des linken Hauptstamms zwischen Truncus pulmonalis und Aorta ascendens sicher darzustellen. Dann ist die ergänzende Diagnostik mittels MRT oder CT (Abb. 1.62 a–d) zielführend (Post et al. 1995). Beim Bland-White-Garland-Syndrom kann in Einzelfällen mittels MRT und CT eine ergänzende Diagnostik durchgeführt werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, um das Ostium im Bereich des pulmonalarteriellen Systems für die Operationsplanung genauer darzustellen.
1.4 Erkrankungen des Herzens
a
b
c
Abb. 1.62 a–d. CT-Koronarangiographie in Volume-Rendering-Technik (VRT, a–c) und mit multiplanarer Reformation (MRP, d): Koronararterienanomalie mit Abgang des linken Hauptstamms aus dem rechten Sinus Valsalvae mit benigem Verlauf der anomalen Koronararterie vor dem Truncus pulmonalis und nicht zwischen Truncus pulmonalis und Aortenwurzel. Zusätzlich Okklusion der rechten Koronararterie auf 3 cm Länge bei überwiegend nichtverkalktem Okklusionsmaterial
d
1.4.7 Kardiale Raumforderungen Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Primäre Tumoren des Herzens sind mit einer Inzidenz von <0,1% selten, sekundäre Herztumoren wesentlich häufiger (etwa 30-mal so häufig). Diese sind oft metastatische Tumoren. Die zugrunde liegende Tumorerkrankung sind häufig ein Karzinom der Mamma, kleinzellige Bronchialkarzinome, maligne Lymphome, und es können sich Filiae eines Melanoms als Herztumoren manifestieren. Unter den primären Herztumoren ist das Myxom das häufigste. Lipome des Herzens machen etwa 14% der kardialen Tumoren aus. Selten treten Sarkome im Bereich des Herzens auf. Neben dem Angiosarkom werden Rhabdomyosarkome und Fibrosarkome beobachtet. Perikardzysten sind häufig an der rechten Herzseite gelegen und bedürfen nur selten einer Therapie.
Klinische Symptomatik Diese ist stark abhängig von der Größe und Lokalisation des jeweiligen Tumors. Bei sehr großen Myxomen kann eine Verlegung der Mitralklappe verursacht werden, die zu den Symptomen der Lungenstauung, aber auch des „low outputs“ führen kann. Diagnostik Die bildgebende Diagnostik bei kardialen Raumforderungen sollte folgende Fragestellungen behandeln:
∑ primärer Nachweis, ∑ Lokalisation, Größe, Form, Ursprung, Oberflächenbeschaffenheit und Mobilität, ∑ Lagebeziehung zu kardialen und parakardialen Strukturen und Gefäßen, ∑ Gewebecharakteristik, ∑ Dignität, primärer oder sekundärer Ursprung, ∑ Nachweis bzw. Ausschluss einer Umgebungsinfiltration, ∑ funktionelle Beeinträchtigung der Herzfunktion, ∑ Therapieplanung. Die konventionelle Röntgendiagnostik zeigt kardiale Raumforderungen nur bei einer Herzvergrößerung oder Vorwölbung der Herzkontur bei großen Tumo-
95
96
Kapitel 1 Herz Tabelle 1.22. Differenzialdiagnose kardialer Raumforderungen Lokalisation Vorhof Myxom Thrombus Sarkome
Ventrikel Rhabdomyom
Herzklappen Papilläres Fibroelastom Mitbeteiligung: Sarkome
Wachstum Intramural Rhabdomyom Rhabdomyosarkom Vorhofseptumlipom Fibrom
Intrakavitär breitbasig Lipom Paragangliom Sarkome
Intrakavitär gestielt Myxom Papilläres Fibroelastom
KM-Aufnahme Keine Thrombus (oder randständig) Lipom Zysten Rhabdomyom (wie Myokard)
Inhomogen Myxom Fibrom Sarkome
Kräftig Paragangliom
Nekrosen, Zysten, Einblutungen Myxom Paragangliom Sarkom
Verkalkungen Myxom Fibrom Paragangliom Osteosarkom
Jugendliche/junge Erwachsene Lipom Paragangliom
Erwachsene Myxom Papilläres Fibroelastom Angiosarkom
Binnenstruktur Homogen Lipom Rhabdomyom Fibrom Alter Neugeborene/Kinder Rhabdomyom Fibrom Hämangiom Lymphangiom Rhabdomyosarkom
ren und bei extrakardialem Wachstum. Allerdings kann eine Herzvergrößerung auch aufgrund einer Herzinsuffizienz oder eines Perikardergusses entstehen, ggf. mit Zeichen der Lungenstauung. Bei malignen Tumoren kann eine pulmonale Metastasierung nachweisbar sein. Die Primärdetektion einer kardialen Raumforderung erfolgt in den meisten Fällen mit einer Schnittbilddiagnostik, hierbei ist die zeitliche Auflösung der Methode entscheidend. Neben der transthorakalen Echokardiographie kommt der transösophagealen Echokardiographie eine wichtige Bedeutung zu. Häufig kann durch das Echomuster und die Lokalisation eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Die CT kann heutzutage durch die hohe zeitliche Auflösung der Multischicht-CT ebenfalls zur Primärdetektion auch kleiner Raumforderungen eingesetzt werden. Bereits für die Detektion ist die Kontrastmittelgabe obligat. Der Nachweis von Verkalkungen und das Kontrastmittel-Enhancement geben differenzialdiagnostische Hinweise. In der MRT ist für die Primärdetektion kleiner Raumforderungen der Einsatz einer Cine-Sequenz mit hoher zeitlicher Auflösung notwendig. Die SE-
Perikard/Epikard Lipom Hämangiom Lymphangiom Liposarkom Lymphom Mesotheliom
oder TSE-Technik ergibt nur ein einzelnes, diastolisches Bild des Herzens. Hierfür werden die Signale für die Bilderzeugung über den gesamten Herzzyklus gemittelt. Dies hat den Nachteil einer geringeren zeitlichen Auflösung, durch die bewegte Tumoren dem Nachweis entgehen können. Eine Kontrastmittelgabe ist für die Detektion intrakavitärer, wandständiger oder klappenständiger Raumforderungen nicht notwendig. Sie ist allerdings bei Verdacht auf eine intramurale Raumforderung sinnvoll. Nach erfolgter Detektion einer Raumforderung dagegen sind die Kontrastmittelgabe sowie Einsatz von T1- und T2-gewichteten und GRE-Sequenzen zur Differenzialdiagnose von kardialen Raumforderungen obligat (Semelka et al. 1992). Zudem kann in der T2-Wichtung auch ein peritumorales Ödem nachgewiesen werden. Des Weiteren ermöglicht die Tagging-Technik die Unterscheidung einer fokalen Hypertrophie von einer intrakardialen Raumforderung. Beide Verfahren, MRT und CT, geben zusätzliche Information bezüglich der kardialen und parakardialen Morphologie. Eine Zusammenfassung der Charakteristika kardialer Raumforderungen findet sich in Tabelle 1.22
1.4 Erkrankungen des Herzens
1.4.7.1 Anatomische Varianten Für die Primärdetektion von Raumforderungen ist die Kenntnis von normalen intrakardialen Strukturen und Anomalien, die eine Raumforderung vortäuschen können, von großer Bedeutung (Tabelle 1.23). Im rechten Vorhof können sowohl die Crista terminalis als knotige Struktur an der Hinterwand als auch das Chiari-Netzwerk, ein lineares Gebilde aufgrund des variablen Regressionsgrades des Chiari-Netzwerks, zu finden sein. Im linken Vorhof hat das linke Herzohr häufig muskuläre wandständige Bänder, die von Thromben unterschieden werden müssen. Ebenfalls mit einer Raumforderung verwechselt werden können Aneurysmen des interatrialen Septums oder des Sinus Valsalvae. Im rechten Ventrikel kann das hypertrophierte Moderatorband eine Raumforderung vortäuschen, im linken Ventrikel sind manchmal falsche Chordae tendineae mit Verlauf von Endokard zu Endokard statt von Papillarmuskel zu Mitralklappe zu finden. Echokardiographisch können extrakardiale Befunde wie Hiatushernie, Ösophaguskarzinom, bronchogene Zyste oder eine elongierte und dilatierte Aorta descendens eine intraatriale Raumforderung simulieren. Eine Differenzierung ist mit CT und MRT einfach möglich. Auch kongenitale Anomalien können bei der Primärdiagnose eine Raumforderung vortäuschen. Eine seltene Anomalie ist der unterteilte linke Vorhof. In den meisten Fällen führt diese Anomalie in den ersten Lebensjahren zu einer Obstruktion des pulmonalvenösen Rückflusses. In wenigen Fällen bleibt das interatriale Septum jedoch asymptomatisch und kann als Zufallsbefund mit einem intraatrialen Tumor verwechselt werden.
1.4.7.2 Nichttumoröse Raumforderungen Thromben Häufigste Lokalisationen von Thromben sind das Herzohr des linken Vorhofs sowie der linke Ventrikel bei meist post-ischämischen regionalen linksventrikulären Wandbewegungsstörungen. Zumeist sind die Thromben homogen, sie können jedoch auch verkalken und werden dann in der Thoraxübersichtsaufnahme sichtbar. Die CT zeigt Thromben zumeist als wandständige, hypodense Raumforderungen, ggf. mit Verkalkungen. In der MRT sind die Thromben in der T1-Wichtung und im GRE hypointens und im T2gewichteten Bild gering hyperintens (Abb. 1.63). Kleinere, bewegte Thromben lassen sich nur in der Cine-MRT mit hoher zeitlicher Auflösung nachweisen. Obwohl im Allgemeinen die fehlende Kontrastmittelaufnahme eines Thrombus als differenzialdiagnostisches Kriterium zur Unterscheidung von einer tumorösen Raumforderung gilt, können im Rahmen der Organisation des Thrombus randständig Gefäße einsprossen und dadurch ein randständiges Enhancement nach Kontrastmittelgabe verursachen. Diese Thrombusorganisation kann auch zu einem Verlust des Wassergehalts und damit der Signalhyperintensität im T2-Bild, zu Bildung paramagnetischer Eisenkomplexe mit konsekutiven Suszeptibilitätsartefakten und zu Verkalkungen führen.
Tabelle 1.23. Intrakardiale Strukturen, die eine Raumforderung vortäuschen können Rechter Vorhof: Crista terminalis Chiari-Netzwerk Rechter Ventrikel: Moderatorband Linker Vorhof: Muskuläre wandständige Bänder Aneurysma des Septum interatriale Intraatriales Septum Linker Ventrikel: Falsche Chordae tendineae Abb. 1.63. Lange Herzachse in einer IR-Sequenz nach KMGabe (spätes Enhancement) bei Zustand nach transmuralem Herzspitzeninfarkt (Pfeil) mit Ausbildung eines Ventrikelthrombus (Pfeilspitze)
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Kapitel 1 Herz
Regionale Hypertrophie Häufigste Lokalisation regionaler Hypertrophien sind die aortale Ausflussbahn und die Herzspitze. Echokardiographisch ist eine Unterscheidung von passiv mitbewegten, echogleichen echten Tumoren nicht immer möglich, auch in der CT kann bei gleicher Dichte keine eindeutige Unterscheidung getroffen werden. Die MRT dagegen kann mit der Tagging-MRT die Kontraktion in der Hypertrophie nachweisen und damit die aktive Bewegung des Muskelgewebes von der passiven Bewegung einer Raumforderung unterscheiden. Während sich das Gitternetz bei einer fokalen Hypertrophie während des Herzzyklus verformt, bleibt es bei unbewegten oder passiv bewegten Objekten unverändert. Diese Differenzierung ist bereits mit einer qualitativen visuellen Auswertung möglich.
Entzündliche Erkrankungen Im Rahmen einer Endokarditis entstehen Klappenvegetationen. Kleine Vegetationen sind derzeit nur mit der Echokardiographie nachweisbar, größere Vegetationen oder verkalkte Residuen können auch mit der Cine-MRT und ggf. auch mit der CT darstellbar sein. Bei der Echinokokkose ist in 0,5–2% eine kardiale Mitbeteiligung zu beobachten. Echinokokkuszysten sind am häufigsten im linksventrikulären Myokard und im interventrikulären Septum lokalisiert. In der MRT stellen sie sich zystentypisch, jedoch mit einer dicken fibrotischen, im T1- und T2-gewichteten Bild hypointensen Membran dar, deren Nachweis die Unterscheidung von nichtparasitären epithelialen Zysten ermöglicht.
Lipomatöse Hypertrophie des Vorhofseptums
1.4.7.3 Gutartige Neubildungen
Definition
왔 Die Definition der lipomatösen Hy-
pertrophie des Vorhofseptums beinhaltet eine transversale Ausdehnung von >2 cm in Höhe der Fossa ovalis. Im Gegensatz zum neoplastisch entstandenen Lipom handelt es ist um eine nichtgekapselte, nichtneoplastische Ausdehnung des interatrialen Fettgewebes. In der CT stellt sich die lipomatöse Hypertrophie fettisodens dar. In der MRT ist die Raumforderung in T1und T2-gewichteten Sequenzen hyperintens ohne Kontrastmittelaufnahme. Durch Sequenzen mit Fettunterdrückung lässt sich durch die Signalminderung das Fettgewebe sicher nachweisen. Eine Differenzialdiagnose ist die subakute Blutung, die ebenfalls hyperintens auf T1-gewichteten Bildern ist. Allerdings ist die Signalintensität einer Blutung auf T2-gewichteten Bildern deutlich höher und bleibt auch in fettunterdrückten Sequenzen erhalten. Perikardzyste Perikardzysten sind am häufigsten im rechten kardiophrenischen Winkel lokalisiert, gefolgt vom linken kardiophrenischen Winkel – allerdings sind auch andere Lokalisationen im vorderen und hinteren Mediastinum möglich. Die Zysten sind dünnwandig, oval bis rund und grenzen an das normale Perikard an. Selten können die Zysten auch verkalken. In der Thoraxübersichtsaufnahme können Perikardzysten als parakardiale Raumforderung imponieren. Die CT zeigt die Perikardzyste als homogen hypodense, glatt begrenzte, dünnwandige Raumforderung ohne Kontrastmittelaufnahme. In der MRT stellt sich die Perikardzyste im T1-gewichteten Bild hypointens und im T2-gewichteten Bild hyperintens dar, ebenfalls ohne Enhancement nach Kontrastmittelgabe.
Myxom Myxome sind in 70–80% der Fälle im linken und in 10–20% der Fälle im rechten Vorhof lokalisiert. In seltenen Fällen kann ein Myxom auch durch die Fossa ovalis in beide Vorhöfe wachsen. Myxome der Ventrikel sind mit etwa 5% der Fälle selten. Bevorzugter Ursprung ist das interatriale Septum in Höhe der Fossa ovalis mit einem intrakavitären Wachstum. Meist sind die Myxome gestielt, sie können aber auch breitbasig der Wand aufsitzen. Über 90% der Myxome treten solitär auf. Die Form ist variabel und reicht von einer glatt begrenzten ovalären Raumforderung bis zu gelappten oder villösen Formen. Häufig sitzen Thromben auf der Oberfläche. Die Myxome sind meist heterogen mit Zysten, Nekrosen und Einblutungen, in 16% der Fälle werden Verkalkungen gefunden. In der Thoraxübersichtsaufnahme können bei einem Myxom im rechten Vorhof Verkalkungen sichtbar sein, da sich Verkalkungen häufiger in rechtsseitigen als in linksseitigen Myxomen finden lassen.Ansonsten lassen sich nur als Sekundärsymptom ggf. Zeichen einer durch Obstruktion verursachten Herzinsuffizienz nachweisen. In der CT stellen sich die Myxome aufgrund ihrer gelatinösen Konsistenz heterogen hypodens dar, meist auch hypodens im Vergleich zum Blut. Es können auch kleine Verkalkungen bzw. Einblutungen, Zysten oder Nekrosen detektiert werden. In der MRT zeigt sich die heterogene Struktur der Myxome, wobei diese im T1-gewichteten Bild eher isointens und im T2-gewichteten Bild eher hyperintens sind (Abb. 1.64). Hypo- bzw. hyperintense Areale stellen Einblutungen, Zysten oder Verkalkungen dar. Die Kontrastmittelgabe führt zu einem inhomogenen, jedoch recht kräftigen Enhancement. Die Insertionsstelle kann meist exakt nachgewiesen wer-
1.4 Erkrankungen des Herzens
pe (25%) ist etwas häufiger als der Sitz im rechten Herzen an der Pulmonalklappe (13%) und der Trikuspidalklappe (17%). Der Tumor ist homogen, in einigen wenigen Fällen wurden Verkalkungen berichtet. In den meisten Fällen liegt die Größe <1 cm Durchmesser. Es wurden allerdings schon bis zu 5 cm große Fibroelastome beobachtet. In der CT und MRT sind die papillären Fibroelastome aufgrund der geringen Größe und ihrer Beweglichkeit zumeist nicht sichtbar. Mit der neuen Gerätetechnik wurden aber erste Darstellungen beschrieben. Einzelne Fallbeschreibungen berichten über in der EBT bzw. CT hypdense und in der MRT hypointense Fibroelstome, die von allen Herzklappen ausgehen können (Wintersperger et al. 2000).
Abb. 1.64. Myxom in linken Vorhof (*, lange Herzachse)
den. In GRE-Sequenzen stellt sich ein Myxom deutlich hypointens dar, möglicherweise aufgrund von Suszeptibilitätsartefakten wegen des hohen Eisengehalts oder bedingt durch Mikrokalzifikationen. Lipom Lipome sind glattbegrenzte homogene Raumforderungen, die meist breitbasig vom Epikard ausgehen und sich im Epi-/Perikardzwischenraum ausbreiten. Ursprung kann aber auch das Endokard sein, hier auch das interatriale Septum, mit einem intrakavitären Wachstum. Selten sind Septierungen nachweisbar. Im Unterschied zur lipomatösen Hypertrophie des interatrialen Septums handelt es sich jedoch um eine umschriebene echte Neoplasie des Fettgewebes. Die Thoraxübersichtsaufnahme kann bei kardialen Lipomen eine Herzvergrößerung zeigen. In der CT sind die Lipome homogen hypodens mit negativen Dichtewerten, sie können jedoch auch feine Septierungen aufweisen. Es zeigt sich eine intrakavitäre oder subperikardiale Lage. In der MRT sind die Lipome sowohl im T1- als auch im T2-gewichteten Bild hyperintens ohne Kontrastmittelaufnahme. Durch Sequenzen mit Fettunterdrückung lässt sich durch die Signalminderung das Fettgewebe sicher nachweisen. Papilläres Fibroelastom Papilläre Fibroelastome sind gestielte Tumoren mit dem Aussehen einer Seeanemone. Über 90% gehen von den Herzklappen aus. Damit ist dies der häufigste Tumor der Herzklappen. Der Sitz im linken Herzen an der Aortenklappe (29%) und der Mitralklap-
Rhabdomyom Rhabdomyome sind die häufigsten Herztumoren bei Neugeborenen. In allen bildgebenden Verfahren können multiple kleine Rhabdomyome nur als diffuse Wandverdickung nachweisbar sein. In der CT sind die Rhabdomyome isodens zum Myokard und lassen sich daher nur bei Vorwölbungen der Kontur der Ventrikelmuskulatur nachweisen. In der MRT sind die Rhabdomyome im T1-gewichteten Bild isointens zur Muskulatur. Im T2-gewichteten Bild zeigen sie jedoch eine etwas höhere Signalintensität. Die Kontrastmittelaufnahme entspricht dem Myokard. Insgesamt können mit der MRT nachweisbare Rhabdomyome in der Echokardiographie nicht darstellbar sein und umgekehrt, weshalb beide Untersuchungen als komplementär zu betrachten sind. Fibrom Fibrome sind solitäre intramurale Tumoren, die fast ausschließlich in der Ventrikelmuskulatur entstehen, zumeist im Septum oder in der freien linksventrikulären Wand. Im Gegensatz zu anderen Tumoren sind Fibrome meist homogen ohne Zonen mit Nekrosen,Einblutungen oder Zysten, allerdings finden sich häufig Verkalkungen. Üblicherweise sind die Tumoren sehr groß mit einem mittleren Durchmesser von 5 cm. Der häufigste Befund bei Patienten mit kardialen Fibromen in der Thoraxübersichtsaufnahme ist eine Herzvergrößerung, ggf. mit Vorwölbung der Herzkontur. In 25% der Fälle sind Verkalkungen nachweisbar (Grebenc et al. 2000). In der CT zeigen sich Fibrome als eine homogene, weichteildichte Raumforderung mit entweder scharfer oder infiltrativer Begrenzung, ggf. mit kleinen Verkalkungen. In der MRT sind die Fibrome im T1-gewichteten Bild isointens oder gering hyperintens zur Muskulatur, im T2gewichteten Bild eher hypointens vergleichbar mit fibrotischem Gewebe anderer Lokalisation. Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich meist kein bis minimales Enhancement. Es sind allerdings auch Fälle mit
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Kapitel 1 Herz
homogenem bzw. inhomogenem Enhancement beschrieben worden. Häufigste Differenzialdiagnose ist das Rhabdomyom, wobei ein solitärer, ventrikulärer, kalzifizierter und ansonsten homogener Tumor mit hoher Sicherheit ein Fibrom ist. Hämangiom Hämangiome sind inhomogene Raumforderungen zumeist im Epi-/Perikardzwischenraum. In der CT sind Hämangiome heterogen mit kräftigem inhomogenen Enhancement nach Kontrastmittelgabe. Aufgrund der Vaskularisierung und des Fettanteils stellen sich die Hämangiome in der MRT im T1-gewichteten Bild gering und im T2-gewichteten Bild deutlich hyperintens dar mit ebenfalls kräftiger, in– homogener Kontrastmittelaufnahme. Lymphangiom Lymphangiome entstehen am häufigsten im Epi-/Perikardzwischenraum. Berichte über die CT-Diagnostik von Lymphangiomen fehlen in der Literatur. Aufgrund des spongiösen Aufbaus mit Fettanteilen im Stroma und Lymphe in den Zwischenräumen stellen sich Lymphangiome in der MRT im T1- und T2-gewichteten Bild hyperintens und zeigen ein kräftiges Enhancement nach Kontrastmittelgabe. Paragangliom Paragangliome gehen meist von der Hinterwand oder dem Dach des linken Vorhofs aus. Sie können allerdings auch am interatrialen Septum inserieren. Die Tumoren sind relativ groß mit 3–8 cm Durchmesser und weisen häufig Nekrosen, selten auch Verkalkungen auf. Meist haben die Paragangliome eine Kapsel, sie können jedoch auch infiltrativ wachsen. Aufgrund der Lage am Dach des linken Vorhofs zeigt die Thoraxübersichtsaufnahme häufig eine mediastinale Raumforderung mit Aufspreizung der Carina, die eine Vorhofvergrößerung simuliert. In der CT stellen sich Paragangliome als umschriebene hypodense heterogene Raumforderungen mit zentralen Nekrosen dar, allerdings können auch unscharfe Begrenzungen und Umgebungsinfiltrationen nachweisbar sein. In der MRT sind die Paragangliome deutlich hyperintens im T2- und hypo- bis isointens im T1-gewichteten Bild mit kräftiger Kontrastmittelaufnahme. Das Enhancement ist jedoch häufig heterogen, ggf. unter Aussparung der zentralen Nekrosen. 1.4.7.4 Bösartige Neubildungen Primäre Herztumoren
쐍 Sarkome. Die häufigsten malignen Herztumoren sind Sarkome. Primärlokalisation sind zumeist die Vorhöfe. Die Tumoren infiltrieren jedoch rasch die
Vorhofwand und das Perikard. Dies führt zu einem hämorrhagischen Perikarderguss, in dem auch nekrotische Tumoranteile vorhanden sein können. Klinisch entwickeln sich Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz und der Einflussstauung. Die konventionelle Thoraxübersichtsaufnahme kann nur sekundäre Veränderungen wie Lungenmetastasen, Zeichen einer Herzinsuffizienz oder eine Herzvergrößerung aufgrund eines Perikardergusses zeigen. Am häufigsten sind Angiosarkome, die zumeist umschriebene, jedoch irregulär oder nodulär begrenzte und infiltrativ wachsende Raumforderungen aufweisen. Typische Lokalisation ist der rechte Vorhof. In der CT zeigt sich eine unscharf begrenzte hypodense Raumforderung im rechten Vorhof mit zentralen Einblutung und Nekrosen sowie einem begleitenden Perikarderguss. In der MRT sind gemischte Signalintensitäten in allen Sequenzen nachweisbar, wobei in T1-gewichteten Bildern die hyperintensen Anteile Einblutungen entsprechen. In T2-gewichteten Sequenzen lässt sich der Tumor besser vom Myokard differenzieren. In GRE-Sequenzen überwiegen die hypointensen Anteile. Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich ein inhomogenes kräftiges Enhancement. Rhabdomyosarkome sind die zweithäufigsten malignen Tumoren. Diese treten häufiger bei Neugeborenen und Kindern auf. Die Tumoren haben ein variables Erscheinungsbild, das von homogen bis zystisch mit zentralen Nekrosen reicht, gelegentlich sind auch Einblutungen sichtbar. Andere, seltenere Sarkome sind das Osteosarkom, häufig mit Verkalkungen, Leiomyosarkome, Fibrosarkome und Liposarkome. Letztere enthalten kaum oder nur wenig Fett und sind mit gutartigen Lipomen kaum zu verwechseln. Eine exakte differenzialdiagnostische Einordnung dieser Tumoren ist jedoch aufgrund des heterogenen Erscheinungsbildes zumeist kaum möglich.
쐍 Andere primäre Herztumoren. Primäre Lymphome entstehen am häufigsten im rechten Herzen, vor allem im rechten Vorhof, können jedoch alle Herzkammern betreffen. Die Morphologie reicht von homogen bis inhomogen. In der MRT sind Lymphome häufig hypointens im T1-gewichteten Bild und hyperintens im T2-gewichteten Bild mit variabler Kontrastmittelaufnahme. Die Raumforderung kann aber auch iso- bis hypodens zum Muskelgewebe sein. Das primäre perikardiale Mesotheliom kann das Herz einmauern, infiltriert die Muskulatur jedoch im Allgemeinen nicht. Im Gegensatz zu den pleuralen Mesotheliomen ist die Entstehung nicht Asbest-assoziiert. Das Erscheinungsbild ist heterogen mit jedoch zumeist kräftiger Kontrastmittelaufnahme.
1.4 Erkrankungen des Herzens
Abb. 1.65. Kardiale Metastasierung (*, frontale Schichtführung) eines Nierenkarzinoms mit begleitendem Perikarderguss (Pfeil)
Sekundäre Herztumoren Metastasen können das Herz hämatogen, lymphogen oder per continuitatem erreichen. Die direkte mediastinale Infiltration ist am häufigsten durch Lungen-, Mamma- und Ösophaguskarzinome sowie mediastinale Lymphome verursacht. Eine Herzbeteiligung bei kontinuierlicher Ausbreitung findet sich über die V. cava inferior (Nieren-, Leberkarzinome) und die Lungenvenen (Lungenkarzinome). Im Rahmen einer systemischen Metastasierung finden sich meist Absiedlungen von malignen Melanomen oder Lymphomen, aber auch von allen anderen Tumoren (Abb. 1.65). Erstes Symptom ist hier meist der hämorrhagische Perikarderguss. Das Erscheinungsbild gibt meist die Charakteristika der Primärtumoren wieder. Literatur Achenbach S, Moshage W, Ropers D, Nossen J, Daniel WG (1998) Value of electron-beam computed tomography for the noninvasive detection of high-grade coronary-artery stenoses and occlusions. N Engl J Med 339: 1964–1971 Achenbach S, Ropers D, Holle J, Muschiol G, Daniel W, Moshage W (2000) In-plane coronary arterial motion velocity: measurement with electron-beam CT. Radiology 216: 457–463 AHA/ACC Guidelines Update 2002 Alfakih K, Plein S, Thiele H, Jones T, Ridgway JP, Sivananthan MU (2003) Normal human left and right ventricular dimensions for MRI as assessed by turbo gradient echo and steady-state free precession imaging sequences. J Magn Reson Imaging 17: 323–329
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103
Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße W. Kenn
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.4.1 2.1.4.2 2.1.4.3 2.1.4.4 2.1.4.5 2.1.4.6 2.1.4.7
Aorta 105 Radiologische Untersuchungstechnik 105 Normalanatomie und wesentliche Varianten 107 Systematische Bildanalyse 110 Krankheitsbilder 114 Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae) 114 Traumatische Veränderungen 117 Entzündliche Veränderungen 122 Mykotische (infektiöse) Aortitiden 126 Tumoren 127 Aortenbogensyndrom 129 Chronische thorakale Aneurysmen 138
2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2 2.2.4.3 2.2.4.4 2.2.4.5
Pulmonale Gefäße 146 Radiologische Untersuchungstechnik 146 Normalanatomie und wesentliche Varianten Systematische Bildanalyse 147 Krankheitsbilder 148 Kongenitale Anomalien 148 Traumatische Veränderungen 156 Entzündliche Veränderungen 157 Tumoren 160 Andere Erkrankungen 161 Literatur
147
172
2.1 Aorta 2.1.1 Radiologische Untersuchungstechnik Konventionelle Röntgendiagnostik Der Röntgenthorax im p.-a.- und lateralen Strahlengang oder – wenn eine Stehendaufnahme nicht möglich ist – die a.-p.-Liegendaufnahme, stellt die Basisdiagnostik in der Beurteilung der thorakalen Aorta dar. Die Mehrzahl der aortalen Pathologien zeigt bereits in der Übersichtsaufnahme einen pathologischen Befund. Dabei geben assoziierte Befunde wie z. B. Pleuraerguss und/oder Perikarderguss, Trachealverlagerung, Mediastinalverbreiterung, die Herzkonfiguration, knöchene Pathologien (Frakturen, Rippenusuren) und die Anamnese (spontanes thorakales Schmerzereignis beim akuten Aortenbogensyndrom, adäquates Dezelerationstrauma bei traumatischer Aortenruptur, Zufallsbefund beim asymptomatischen arteriosklerotischem Aortenaneurysma) entscheidende Hinweise auf das Vorliegen einer Aortenpathologie.
RAO-, LAO-Projektionen und Röntgenbreischluck zur Beurteilung charakteristischer Impressionen als indirekter Nachweis von Verlaufs- und Lageanomalien haben im Zeitalter der Schnittbildverfahren keine nennenswerte Bedeutung mehr. Computertomographie Für die Beurteilung der thorakalen Aorta hat die CTAngiographie (CTA) die konventionelle CT mit ihren bekannten Limitationen ersetzt. Das Grundprinzip der CTA basiert auf der Akquisition eines SpiralScans in einer Phase der optimalen Kontrastmittelanflutung im Untersuchungsvolumen. Dabei hat die Einführung der Mehrzeilendetektorsysteme mit einer verbesserten Auflösung in Z-Richtung und nahezu isotropen Datensätzen zu einer Reduzierung der Messzeit, einer geringeren Artefaktanfälligkeit und besseren Bolusausnützung geführt. Dabei ist u. a. das Kontrastmittel-Timing Voraussetzung für eine diagnostische CT-Untersuchung. Dies kann durch eine Bestimmung der Kreislaufzeit mit einem Testbolus geschehen. Dabei empfiehlt es sich, zu der Zeit von Injektionsstart bis zum Kontrastmittel-Peak etwa 2– 5 s hinzu zu addieren. Günstiger ist eine semi- oder vollautomatische Bolustriggerung. Hierbei werden an geeigneter Stelle (Aorta descendens in Herzhöhe) so genannte MonitorScans mit reduzierter Dosis und eine Messregion festgelegt, in der die Kontrastmittelanflutung gemessen wird. Sobald ein ausreichender Kontrast erreicht wird (entweder visuell oder bei Erreichen eines eingestellten Schwellenwertes), fährt der Tisch zur eigentlichen Ausgangsposition, und der Spiral-Scan wird ausgelöst. Ob vor der Kontrastmittelserie einen Nativ-Scan durchgeführt werden sollte, wird kontovers diskutiert. Unter Umständen ergeben sich aus dem NativScan wichtige differenzialdiagnostische Hinweise (z. B. inwendig verlagerte, verkalkte Intimaplaques beim penetrierenden Aortenulkus/PAU, bei der intramuralen Hämorrhagie/IMH oder bei der akuten Dissektion im Unterschied zum chronischen Abscheidethrombus oder beim arteriosklerotischen Aneurysma oder die in der Nativserie deutlich hyperdense Aortenwand bei der IMH).
2
106
Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Die Auswertung beruht auf der Bildanalyse der axialen Schichten, multiplanare Sekundärrekonstruktionen (MPR), 3D-Oberflächenrekonstruktionen (SSD), Maximum-Intensitäts-Projektionen (MIP), 3D-Volume-Rendering (3D-VR-)Techniken oder virtuelle Angioskopie sind hilfreich bei der Darstellung pathologischer Befunde. Artefakte können durch Bewegung (Pulsation, Atmung), die Wahl der Scan-Parameter, die Kontrastmittelinjektion oder durch die Bilddarstellung (MPR, MIP usw.) verursacht werden. Pulsationsartefakte treten besonders im Bulbusbereich auf und können unter Umständen eine Dissektion vortäuschen. Pulsationsartefakte gehen oft über die Aortenkontur hinaus und sind klassischerweise bei 12/1 Uhr bzw. 6/7 Uhr lokalisiert.
!
Die Methode der Wahl zur Vermeidung von Pulsationsartefakten ist die Durchführung einer Spiral-CT mit EKG-Triggerung. Merke
Mit Hilfe einer EKG-Triggerung sind auch der Bulbus und die Koronararterien beurteilbar. Hochkontrastartefakte (Schrittmacherkabel, Clips, fehlende Abduktion der Arme, hohe Kontrastmittelkonzentration in der V. brachiocephalica) können intimale Flaps vortäuschen. Aufhärtungsbedingte Artefakte sind streng linear, verlaufen über die Aortenwand und sind nicht durchgängig auf allen Schichten zu sehen. Eine Bildbetrachtung in einem weiteren Fenster kann in vielen Fällen zur Klärung beitragen. Die CTA ist ein nichtinvasives, schnelles und robustes Verfahren mit hoher Sensitivität und Spezifität (95–100%) in der Abklärung aortaler Pathologien. Nachteile bestehen neben der Strahlenexposition vor allem in der Verwendung eines potenziell allergenen und nephrotoxischen Kontrastmittels. Magnetresonanztomographie Die MRT hat als multiplanares Schnittbildverfahren die Möglichkeiten der angiographischen Darstellung als kontrastmittelunterstützte MR-Angiographie (MRA), der Flussmessung sowie einer hochaufgelösten Darstellung der Morphologie. Sie ist daher, eine gute bis optimale Bildqualität vorausgesetzt, die Methode der Wahl in der Abklärung der thorakalen Aorta. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der instabile und/oder nichtkooperative Patient kein geeigneter Kandidat für eine suffiziente MRT-Diagnostik ist. Von Geräteseite ist eine durchgängige diagnostische Bildqualität nur unter Hochfeldbedingungen mit Hochleistungsgradientensystemen zu erzielen. Eine suffiziente EKG-Triggerung ist für die Beurteilung des Bulbus sowie der bulbusnahen Aorta obligat. Für die Darstellung der Morphologie sind TurboSpin-Echo- (TSE-)Sequenzen in Atemanhaltetechnik
und mit EKG-Triggerung zu empfehlen, da EKG-getriggerte Aufnahmen ohne Atemstillstand oft erhebliche Artefakte zeigen. Die Schichtdicke sollte – in Abhängigkeit vom Befund – 5–8 mm (evtl. darunter) nicht überschreiten. Als Schichtebene sind eine transversale und eine die Aorta in ihrem gesamten Verlauf darstellende, anguliert parasagittale Schichtorientierung obligat. Weitere Ebenen ergeben sich in Abhängigkeit vom pathologischen Befund. T1- und T2-gewichtete Sequenzen (mit „Dark-blood-Präparationsimpuls“) geben wichtige Informationen in der Differenzialdiagnose von Wandveränderungen (Aortitis, IMH, Plaque und/oder chronischer Abscheidethrombus, Aortentumor). In diesem Zusammenhang ist die fehlende Sensitivtät der MRT für intimale Verkalkungen kein diagnostischer Nachteil, da die Signalcharakteristik der Läsionen hier direkt zur Diagnose führen kann. Eine Kontrastmittelgabe ist sinnvoll für die Differenzialdiagnose Abgrenzung eines Aortenwandtumors und/oder von entzündlich bedingten Wandverdickung im Rahmen einer Aortitis. Einzelne Arbeitsgruppen beschreiben in diesem Kontext die Kontrastmittelaufnahme der Aortenwand als Parameter der Krankheitsaktivität (Choe et al. 1999). Flussmessungen als Phasenkontrastangiographie mit einer hohen Sensitivität auch für geringe Flüsse (beachte: niedrige Venc-Werte einstellen!) klären die Differenzialdiagnose einer komplett thrombosierten/teilthrombosierten Dissektion, das Signalverhalten die Differenzialdiagnose zum chronischen Abscheidethrombus. Im diesem Kontext ergibt sich möglicherweise ein weiterer Indikationsbereich für Flussmessungen als Verlaufsbeurteilung, da diskutiert wird, ob spezifische Flussmuster (Reflux, Turbulenzen) im falschen Lumen zur aneurysmatischen Erweiterung prädisponieren (Strotzer et al. 2000). Die kontrastmittelverstärkte MRA kann als Bolusgetimete 3D-MRA oder als zeitaufgelöste 3D-MRA durchgeführt werden. Vorteil der zeitaufgelösten MRA ist die dynamische Information (bessere „Entry-“ und „Reentry-Detektion“ bei akuter Dissektion) und das Fehlen eines Bolus-Timings, Nachteil die reduzierte Ortsauflösung. Vorteil der Bolus-getriggerten 3D-Kontrastmittel-MRA ist die hohe Ortsauflösung mit einem Angiographie-ähnlichem Bild der gesamten Aorta und deren Abgänge (maximales „field of view“/FOV 450 mm). Dabei ist die Akquisition eines 3D-Blocks in Atemanhaltetechnik mit der geforderten Schichtdicke von 1,5–2 mm nur unter Hochfeldbedingungen mit einem Hochleistungsgradientensystem zu realisieren. Bezüglich der Wandbeurteilung ist die MRA der Bildgebung naturgemäß unterlegen (Tabelle 2.1).
2.1 Aorta Tabelle 2.1. MRT-Untersuchungsprotokoll für die thorakale Aorta
Sequenz
Übersicht
Morhologie
MRA
Flussmessung
Haste, Turboflash usw.
T1, T2 TSE, TIRM „dark blood“
3D-GRE
2D-Phasenkontrast
Schichtdicke
5–10 mm
5–8 mm
<2 mm
5–10 mm
EKG
Nein
Obligat für Aszendens, Bulbus
Obligat
Obligat
„Breathhold“
Nein
Zumindest eine Ebene
Ja
Fakultativ
Orientierung
Transversal, parasagittal, koronar
Transversal, parasagittal optional
Parasagittal oder koronar
„In plane“ oder „through plane“
FOV
<400 mm
<380 mm
<480 mm
<380 mm
Zeit
<15 s
<20 s bei „breathhold“
15–30 s
>6 Phasen pro Herzzyklus
Digitale Subtraktionsangiographie Die konventionalle Blattfilmangiographie der thorakalen Aorta, später weitgehend ersetzt durch die digitale Subtraktionsangiographie (DSA), galt lange als Goldstandard. Sie ist heute durch CTA und MRA weitgehend verdrängt worden. Eine gute Auflösung (1024×1024) ist erforderlich, um auch 1–2 mm große intimale Flaps nachzuweisen, die bei einer 512er Matrix dem Nachweis entgehen können (Brant-Zawadski et al. 1983). Dabei sind mindestens 2 orthogonale Projektionen (im amerikanischen Schrifttum sind dies die RAO- und LAO-Projektion bzw. a.-p. und LAO) obligat sowie zusätzliche Projektionen bei unklaren Befunden. Eine Kontrastmittelmenge von 20– 30 ml/Serie bei einer Injektionsgeschwindigkeit von 25 ml/s ist empfehlenswert. Der transfemorale Zugang ist der mit weitem Abstand am häufigsten verwendete, mit einer Komplikationsrate <1%. Diese umfasst vor allem punktionsund kontrastmittelbedingte Komplikationen. In Einzelfällen (Sondierungsprobleme oder Verschluss der Beckenstrombahn im Sinne eines Leriche-Syndroms) bietet sich der transaxilläre oder transbrachiale Zugang an mit deutlich höherer Komplikationsrate (4–8%,Vasospasmus, Hämatom, in seltenen Fällen Thrombose und Dissektion). Die Angiographie besitzt eine 100%ige Sensitivität im Erfassen von intimalen Läsionen, wenn diese tangential abgebildet werden. Limitationen bestehen in der Beurteilung von Wandveränderungen (z. B. IMH), da sich diese nur indirekt als Kontrastmittelaussparung darstellen und die differenzialdiagnostische Abgrenzung gegenüber einem Plaque nicht möglich ist. Die Indikationen für den Einsatz der DSA sind vor allem bei inkongruenten Befundkonstellationen zu sehen oder im Rahmen einer Koronarangiographie zur Abklärung des Koronarstatus vor einer Operation.
2.1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten Die Aorta ascendens beginnt linksseitig in Höhe des 3. Interkostalraums (ICR) und verläuft schräg nach rechts oben bis zum 1. ICR. Ihre Weite ist altersabhängig: Bei Kindern im Alter von 5 Jahren beträgt der Durchmesser 1 cm, er liegt im Alter von 10 Jahren bei 1,3 cm und beträgt bei 20- bis 50-Jährigen 2–3 cm mit einen maximalen Durchmesser von 3–3,5 cm bei über 50-Jährigen. Die Aorta ascendens liegt im Ganzen intraperikardial. Sie setzt sich in den nach links dorsal ziehenden Aortenbogen fort, der die Trachea etwa in Höhe des 4. Brustwirbelkörpers kreuzt und danach links paratracheal wieder absteigt. Der höchste Punkt des Bogens befindet sich hinter dem Manubrium sterni, 2,5 cm unter der Incisura sterni. Der Arcus aortae ist 5–6 cm lang und hat am Anfang einen Durchmesser von 2–3 cm und am Ende einen Durchmesser von 1,7–2,5 cm. Definition
왔 Als Isthmus wird der Abschnitt zwi-
schen dem Abgang der linken A. subclavia und der Insertionsstelle des Ductus Botalli bezeichnet. Beim so genannten Ductusdivertikel handelt es sich um eine umschriebende Aufweitung der inneren Aortenbogenkonvexität, die nicht auf die Traktion des Ductus zurückzuführen ist, sondern ein embryonales Residuum des rechtsseitigen Aortenbogens darstellt. Die Aorta descendens liegt im hinteren Mediastinum links von der Wirbelsäule und zieht in Höhe des 12. Brustwirbels durch den Hiatus aorticus in den Bauchraum. Die ersten Äste der Aorta ascendens sind die Koronarien, die aus dem Sinus valsalvae entspringen. Der erste Ast des Aortenbogens ist der Truncus brachio-
107
108
Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
cephalicus, bevor dann A. carotis communis links und linksseitige A. subclavia abgehen. Diese normale Anatomie liegt in 70% aller Fälle vor. Als häufigste Variante findet man einen gemeinsamen Abgang von Truncus brachiocephalicus und A. carotis communis in 20% der Fälle. Die zweithäufigste Variante mit 4– 6% ist ein isolierter Abgang der linken A. vertebralis aus dem Aortenbogen (Lippert 1967). Eine den Schilddrüsenisthmus versorgende A. thyroidea ima (6% der Fälle) geht in 50% der Fälle aus dem Truncus brachiocephalicus hervor, kann aber auch direkt aus dem Bogen, der rechten A. subclavia, der A. thoracica interna oder der A. suprascapularis entspringen. Bei etwa 80% aller Patienten finden sich zwischen 3. und 11. ICR 9 segmentale, dorsale Interkostalarterien. Die oberen 2 werden durch den Truncus costocervicalis versorgt. Jede Interkostalarterie hat einen dorsalen Ast, der Wirbelsäule, Meningen, paravertebrale Muskulatur und das Rückenmark versorgt. Anzahl, Größe und Ursprung der Bronchialarterien sind sehr variabel. 21–38% aller Patienten haben 2, 40–50% 3 und in etwa 20% werden 4 Bronchialarterien angetroffen. Knapp 90% der rechts- und 70% der linksseitigen Bronchialarterien entspringen in Höhe Th4 bis Th6. Sie können direkt oder aus Interkostalarterien abgehen. Dabei verlaufen sie geschlängelt zum Lungenhilus und können mit Pulmonalarterien, mediastinalen Arterien und Koronarien anastomosieren. Klinische Bedeutung bekommt die selektive Darstellung der Bronchialarterien in der Abklärung von Hämoptysen. Zahlreiche Varianten des Aortenbogens und seiner Äste sind beschrieben worden. Dabei handelt es sich um z. T. komplexe Fehlbildungen der 4. Kiemenbogenarterie. Alle Anomalien lassen sich gemäß der Hypothese von Edwards mit einem doppelt angelegten Aortenbogens erklären (Abb. 2.1). Der normale Aortenbogen bildet sich aus der 4. linken Kiemenbogenarterie, während die rechte resorbiert wird. Bleiben beide Anlagen bestehen, so bildet sich ein doppelter Aortenbogen 0,04% (Arcus aortae duplex, Abb. 2.2). Dabei entspringt aus dem rechten Anteil die A. carotis communis und die rechte A. subclavia, aus dem linken die linksseitige A. carotis communis und A. subclavia sinistra (in dieser Reihenfolge). Der rechte Anteil verläuft lateral der Trachea und posterior des Ösophagus, um sich dann mit dem linksseitigen Anteil zu vereinigen. Gelegentlich liegt dabei die deszendierende Aorta rechtsseitig, und der linksseitige Anteil verläuft hinter dem Ösophagus. Alternativ kann der deszendierende Anteil in der Mittellinie liegen. Dann ist der linksseitige Aortenbogen oft schmaler, vor allem distal des Abgangs der linken A. subclavia. Dieser Abschnitt kann als schmales Gefäßband erhalten bleiben oder durch ein fibröses Band ersetzt werden und so durch Trachealobstruk-
Abb. 2.1. Hypothese von Edwards: doppelt angelegter Aortenbogen. (Mit freundlicher Genehmigung, aus: Shuford u. Sybers 1974)
Abb. 2.2. Bleiben beide Anlagen bestehen, so entsteht eine doppelter Aortenbogen (in 0,04%), Arcus aortae duplex. (Mit freundlicher Genehmigung, aus: Shuford u. Sybers 1974)
tion und Dysphagie symptomatisch werden. Dies geschieht in der Regel innerhalb der ersten 6 Lebensmonate, die klinische Symptomatik kann jedoch auch erst im Erwachsenenalter manifest werden. Kommt es zur Resorption der linksseitigen 4. Kiemenbogenarterie und bleibt die rechte bestehen, so entsteht mit einer Häufigkeit von 0,04% der Autopsien ein rechtsseitiger Aortenbogen, der sich in der Mehrzahl der Fälle in eine rechts deszendierende Aorta fortsetzt. Dabei sind viele Varianten beschrie-
2.1 Aorta
Abb. 2.3. Rechtsseitiger Aortenbogen mit spiegelbildlicher Anordnung der supraaortalen Äste. (Mit freundlicher Genehmigung, aus: Shuford u. Sybers 1974)
Abb. 2.5. Linksseitiger Aortenbogen mit aberrierender rechter A. subclavia. (Mit freundlicher Genehmigung, aus: Shuford u. Sybers 1974)
2. Rechtsseitiger Aortenbogen mit retroösophageal verlaufender linksseitiger A. subclavia und linksseitigem Ductus bzw Lig. Botalli (Abb. 2.4). Bei dieser Form kommt es zu einer Obliteration des doppelt angelegten Bogens zwischen linker A. carotis communis und A. subclavia. Somit stellt die linke A. carotis communis den ersten und die linke A. subclavia den letzten Abgang dar, die als Gefäßschlinge retroösophageal verläuft, aber nur selten Kompressionssymptome verursacht. Assoziierte kongenitale Vitien finden sich in etwa 12% der Fälle.
Abb. 2.4. Rechtsseitiger Aortenbogen mit retroösophageal verlaufender linksseitiger A. subclavia und linksseitigem Ductus bzw. Lig. Botalli. (Mit freundlicher Genehmigung, aus: Shuford u. Sybers 1974)
ben worden (Shuford u. Sybers 1974). Die wichtigsten Formen sind: 1. Rechtsseitiger Aortenbogen mit spiegelbildlicher Anordnung der supraaortalen Äste (Abb. 2.3). Bei dieser häufigsten Form nimmt man an, dass der embryonale linksseitige Aortenbogen distal des Ductus arteriosus obliteriert. Somit entsteht als erster Ast eine linksseitige A. brachiocephalica, bevor die A. carotis communis rechts und A. subclavia dextra folgen. 98% der Patienten haben gleichzeitig kongenitale zyanotische Herzfehler (Fallot-Tetralogie, Truncus arteriosus, „double outlet“ rechter Ventrikel usw.).
Linksseitiger Aortenbogen und rechts deszendierende Aorta In dieser Kombination sind Gefäßringe häufig. Der linke Bogen kreuzt hinter den Ösophagus. In Kombination mit einem offenen rechtsseitigen Ductus oder einem Ursprung der linken A. subclavia aus dem rechtsseitigen embryonalen Aortenbogen entsteht eine Gefäßschlinge. Diese Fälle sind als Teil des zervikalen Aortenbogenkomplexes häufig assoziiert mit einer zervikalen Position des Aortenbogenapex. Linksseitiger Aortenbogen mit aberrierender rechter A. subclavia Bei dieser in 0,5–1% der Patienten vorkommenden Anomalie des Aortenbogens entspringt die rechte A. subclavia distal des Abgangs der linken und verläuft in 80% der Fälle hinter, in 15% zwischen Ösophagus und Trachea und in 5% ventral von Trachea oder Hauptbronchus schräg aufwärts zur rechten Seite (Abb. 2.5). Dysphagie tritt selten auf. Meistens handelt es sich um einen Zufallsbefund. Assoziierte kongenitale Vitien kommen in etwa 10% der Fälle vor.
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Dabei kann als Rarität die aberrierende A.subclavia aus einem Kommerell-Divertikel entspringen, einem embryonalen Rest der rechtseitigen dorsalen Aortenanlage. Über lebensbedrohliche Blutungen aus einer durch eine Duodenalsonde bedingten Arrosion der A. lusoria existieren Einzelfallberichte (Kuffer et al. 1992). Zervikaler Aortenbogen Der zervikale Aortenbogen ist eine seltene (weniger als 50 Fälle in der internationalen Literatur) Anomalie unklarer Ätiologie, bei sich der Aortenbogen bis in die zervikalen Weichteile ausdehnt. Dabei werden 2 Formen unterschieden: Bei der ersten Form befindet sich der Zervix kontralateral zur Aorta descendens mit aberrierender A. subclavia, bei der zweiten Variante liegt eine ipsilateral deszendierende Aorta und eine spiegelbildliche Anordnung der supraaortalen Äste vor (Kazuma et al. 1997). Dabei ist eine Assoziation mit einer Chromosomendeletion 22q11.2 (Catch 22) und schwerem Herzfehler (Fallot-Tetralogie, Ventrikelseptumdefekt/VSD, Pulmonalatresie) beschrieben worden. Die meisten Patienten sind jedoch asymptomatisch, oder es werden Gefäßringe mit konsekutiver Dyspnoe oder Dysphagie auffällig. Eine zusätzliche aneurysmatische Erweiterung findet sich in 20%. In nahezu allen Fällen ist klinisch eine pulsierende zervikale Raumforderung tastbar. 2.1.3 Systematische Bildanalyse Röntgenthorax 1. Position des Aortenknopfes: Liegt er rechts oder links paratracheal? Liegt er rechtsseitig, so ist auf die Herzposition zu achten. Besteht gleichzeitig eine Dextrokardie bei linksseitiger Lage der Leber, so liegt ein Situs inversus totalis vor. Liegt eine Lävokardie vor, so ist an eine der zahlreichen Varianten zu denken, häufig assoziiert mit einem schweren Herzfehler (s. oben). 2. Liegt ein doppelter Aortenbogen vor? Position und Lage der deszendierenden Aorta (rechts/links deszendierend). 3. Höhe des Aortenknopfes: Liegt der Aortenbogenscheitel in der p.-a.-Aufnahme in Höhe des Schlüsselbeins oder darüber als Zeichen der Aortenelongation. Zervikale Lage beim so genannten zervikalen Aortenbogen. 4. Doppelkontur des Aortenknopfes bei akuter Dissektion. Cave: Überlagerungseffekte von aszendierender und deszendierender Aorta.
5. Abgrenzbarkeit der Aortenschattens: unscharfe aortale Konturen in Zusammenhang mit der Klinik eines akuten thorakalen Schmerzereignisses (z. B. akute Dissektion, ein PAU und/oder gedeckte Aortenruptur, IMH usw.). 6. Weite der Aorta: in Abhängigkeit vom Alter bis 3 cm, Graubereich zwischen 3 und 5 cm im Sinne einer aneurysmatischen Erweiterung, Aneurysma bei einem Durchmesser >5 cm (Operationsindikation ab 5,5–6 cm). Cave: Durchmesser oft nicht zuverlässig im Röntgenbild bestimmbar. 7. Form und Lage von Verkalkungen: Eine >1 cm betragende Distanz zwischen einer Intimaverkalkung und dem äußeren Aortenrand als Zeichen einer Dissektion (niedrige Spezifität mit 7%). Cave: Projektionsbedingt durch geschlängelte Aorta mit verkalkten, arteriosklerotischen Plaques. 8. Verdichtung retrotracheal: als möglicher Hinweis auf eine aberrierende A. subclavia oder einer zirkumflexen, transversal verlaufenden rechten Aortenbogens bei links deszendierender Aorta. 9. Sekundärphänomene: Pleura-, Perikarderguss, Mediastinalverbreiterung, Trachealverlagerung. Computertomographie 1. Durchmesser der Aorta: Es gilt, dass ab einem Durchmesser von 5,5–6 cm – unter Berücksichtigung von Ätiologie und Zeitfaktor – die Operationsindikation gegeben ist. In diesem Kontext geben Lokalisation und Form des Aneurysmas entscheidende Hinweise auf die Genese (s. Abschn. „Aneurysma“). Unabhängig davon ist auf die Mitbeteiligung des Bulbus und der Koronararterienabgänge zu achten (wichtig für das operative Vorgehen: klappentragendes Konduit mit Reinsertion der Koronarien vs. klappenerhaltendes Vorgehen ohne Reinsertion der Koronarien). Dabei ist die Miteinbeziehung der supraaortalen Äste zu berücksichtigen (unter Umständen Aszendens- und Bogenersatz) und dazu Stellung zu nehmen, wann sich das aortale Lumen wieder normalisiert hat. Eine ganz andere Bedeutung hat der aortale Durchmesser bei einem adäquaten Dezelerationstrauma. Zeigt sich eine abrupte Lumenzunahme (von einer Schicht zur nächsten), so ist dies Ausdruck einer Aortenruptur (zusätzliche Sekundärphänomene sind in diesem Fall Hämatom oder intraluminaler Flap). 2. Wandverdickung: In diesem Zusammenhang ist die Anamnese des Patienten entscheidend: Bei einem akuten thorakalen Schmerzereignis ist an eine IMH zu denken.
2.1 Aorta
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Abb. 2.6. Williams-Beuren-Syndrom: Seltene (1:2500) chromosomale Anomalie (heterozygote Deletion von Chromosom 7q11.23) mit fazialer Dysmorphie, mentaler Retardierung und kardiovaskulären Fehlbildungen, u. a. supravalvuläre Aortenstenose, Hypoplasie der deszendierenden und abdominellen Aorta und Koarktation der Aorta. Der vorliegende Fall eines 20-jährigen Patienten mit bekannter geistiger Retardierung und Hypertonus zeigt in der MRA eine hochgradige Koarktation bei Hypoplasie der Aorta descendens und abdominalis. (Williams et al. 1961; Beuren et al. 1962)
Dabei ist die Verdickung sichelförmig mit erhöhter Dichte (Aortenwandhämatom!), und es liegt eine inwendig verlagerte Intimaverkalkung vor im Unterschied zum chronischen Abscheidethrombus mit geringer Dichte, einer exzentrischen Konfiguration und einer Verlagerung des Intimakalks zur Wand hin. Die Ausdehnung der Wandveränderung ist ein weiteres differenzialdiagnostisches Kriterium: Die Wanddicke kann 2 cm und mehr betragen, die kraniokaudale Ausdehnung unter Umständen mit >10 cm erheblich sein. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Nachweis eines Ulkus. In diesem Fall liegt das Krankheitsbild eines PAU mit Wandeinblutung vor. Fehlt das akute Schmerzereignis und klagt der Patient über unspezifische Allgemeinsymptome wie Schwäche, Appetitlosigkeit oder Fieber und wird symptomatisch mit Zeichen einer okulären, kranialen oder peripheren Minderdurchblutung, so kann die Wandverdickung Ausdruck einer Aortitis sein, die klassischerweise zum Befall von Aortenbogen und der supraaortalen Äste mit Steno-
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Abb. 2.7 a, b. Zufallsbefund bei einer 50-jährigen Patientin: rechtsseitiger Aortenbogen und rechts deszendierende Aorta
sen führt. Dies unterscheidet die Aortitis von einem Befall im Rahmen einer granulomatösen Systemerkrankung, die die abgehenden Äste mit einbezieht, nicht aber stenosiert. Unproblematisch ist die Abgrenzung der Aortitis gegenüber den intimal lokalisierten arteriosklerotischen Veränderungen, die typischerweise an Gefäßabgängen anzutreffen sind.
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Abb. 2.8 a–d. Rechtseitiger Aortenbogen mit A. lusoria
Abb. 2.9 Situs inversus mit rechts deszendierender Aorta
3. Membranstrukturen: In diesem Zusammenhang ist zuverlässig zu klären, ob eine Dissektion vorliegt oder nicht. Besteht ein zweites, perfundiertes Lumen kontinuierlich über mehrere Schichten, so ist die Diagnose eindeutig. Dabei sind als Differenzialdiagnosen vor allem Artefakte abzugrenzen: Pulsationsartefakte, Hochkontrastartefakte sowie kleine, sichelförmige periaortale Atelektasen oder die inferiore linke Pulmonalvene. Bei nachgewiesener Dissektion ist auf die Abgänge der Aortenäste und Zeichen der Minderperfusion zu achten. Ist zusätzlich ein Hämatothorax oder ein Hämatom nachweisbar, so ist dies Ausdruck einer bereits erfolgten Ruptur (Operationsindikation auch beim Typ-B-Aneurysma). Ein völlig andere Bedeutung kommt dem Nachweis von Membranstrukturen bei einem schweren Dezelerationstrauma zu. Hier sind sie Ausdruck einer Intima- und/oder Medialeftze.
2.1 Aorta
Magnetresonanztomographie Für die MRT gelten dieselben Bildbetrachtungskriterien wie für die CT. Bezüglich der aortalen Wandverdickung ist neben der Lokalisation die intravenöse Kontrastmittelgabe entscheidend. Sie ist im Falle einer Aortitis überwiegend positiv, negativ bei einem intramuralen Hämatom im Rahmen einer IMH oder eines PAU sowie beim exzentrischen Plaque oder beim chronischen Abscheidethrombus. Im Falle einer intramuralen Hämorrhagie kann das charakteristische Signalverhalten der Blutung (hyperintens im T1-gewichteten Bild bei Methämoglobinbildung) differenzialdiagnostisch weiterhelfen. In der Abgrenzung einer IMH von einem PAU ist auf den Nachweis eines Ulkuskraters bei PAU zu achten. Obwohl die MRT der MRA in der Beurteilung der Aortenwand überlegen ist, kann auch eine hochaufgelöste MRA mit Schichtdicken von 1,5–2 mm den Nachweis eines kleinen Aortenulkus erbringen. Membranstrukturen sollten eindeutig von Pulsationsartefakten abgegrenzt werden: Dabei ist der Nachweis in mindestens einer weiteren 2. Ebene zu fordern. Differenzialdiagnostisch hilfreich ist in diesem Fall eine Veränderung der Präparationsrichtung. Bekannte Ursache falsch-negativer Befunde ist die fehlende Darstellung der Intima-Media-Membran in der MIP. Eine Betrachtung aller Einzelbilder lässt diesen Pitfall vermeiden helfen. Vollständig thrombosierte Anteile einer Aortendissektion lassen sich differenzialdiagnostisch von einem geringen Rest-Flow im falschen Lumen mit ergänzender Phasenkontrastangiographie und/oder einer Tagging-Sequenz eindeutig abgrenzen.
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Abb. 2.10 a–c. Zufallsbefund eines asymptomatischen 55-jährigen Patienten mit einer retroösophageal verlaufenden A. lusoria
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2.1.4 Krankheitsbilder 2.1.4.1 Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae) h
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Abb. 2.11 a–i. 60-jährige Patientin mit zunehmenden Schluckstörungen. Die Breischluckuntersuchung zeigt eine Verlagerung des Ösophagus. Ursächlich ist ein großes, teilthrombosiertes Aneurysma mit aberrierender A. subclavia, aus dem Kommerell-Divertikel entspringend, einem embryonalen Rest der rechtsseitigen dorsalen Aortenanlage
Definition
왔 Die Coarctatio aortae ist die häufigste
kongenitale Stenose der proximalen deszendierenden Aorta mit einer Inzidenz von 4,1 auf 10.000 Neugeborene, und sie wird in 7% der Fälle mit kongenitalem Herzfehler gefunden. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Stenose wird durch eine Einbuchtung der lateralen, ventralen und dorsalen Gefäßwand und einen in das Lumen vorspringenden Mediawulst hervorgerufen. Das stenotische Segment kann fokal (juxtaduktale Koarktation), diffus (hypoplastischer Isthmus) oder in etwa 25% der Fälle komplett (Atresie) sein. In der Regel entspringt die A. subclavia sinistra proximal der Stenose, kann aber auch mit in sie einbezogen sein. Etwa 80% der Isthmusstenosen liegen distal der Mündung des Ductus arteriosus (Erwachsenentyp), 20% proximal (infantiler Typ) mit einem offe-
2.1 Aorta
nen Ductus in nahezu 100% der Fälle. Infolge der Aortenisthmusstenose muss der linke Ventrikel gegen Widerstand auswerfen, was langfristig zu einer konzentrischen Hypertrophie führt. Zur Umgehung der Stenose bildet sich ein Kollateralkreislauf aus Ästen der A. subclavia (A. thoracica interna, A. axillaris und A. vertrebralis) und der Aa. intercostales, spinales und epigastricae. Klinische Symptomatik Die klinische Symptomatik und das Alter des Patienten zum Zeitpunkt der klinischen Manifestation hängen stark von Ausmaß der assoziierten kardialen Fehlbildungen ab. Die bei der präduktalen (infantilen) Form häufig assoziierten Fehlbildungen (Koarktation als Teil des so genannten hypoplastischen Linksherzsyndroms, VSD, arteriovenöser Kanal) führen schon im Neugeborenen- und frühen Säuglingsalter zu rascher kardialer Dekompensation,und diese Form wird dementsprechend auch als kritische Aortenisthmusstenose bezeichnet. Im Unterschied dazu kann die postduktale Form lange asymptomatisch bleiben.
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Nahezu alle Patienten zeigen eine Hypertonie der oberen Körperhälfte mit einem deutlichen Druckgradienten zwischen Armen und Beinen. Dabei gilt eine Blutdruckdifferenz von 20 mmHg und mehr als ein starker Prädiktor für das Vorhandensein einer Aortenisthmusstenose. Merke
Ein Systolikum (links parasternal und auf dem Rücken) war in einer Fallstudie von Pees et al. (1999) in 51 von 53 Fällen nachzuweisen. Radiologische Symptomatik In der Nativröntgendiagnostik erscheint die Konfiguration des Herzens bei der isolierten, juxta- und postduktalen Aortenisthmusstenose in den meisten Fällen uncharakteristisch, die Herzgröße normal, bei älteren Kindern etwas nach links ausladend. Gelegentlich kann in der p.-a.-Aufnahme eine prästenotische Dilatation der Aorta ascendens auffällig sein. Häufiger ist eine Einkerbung am linken oberen Mediastinalrand als Lian-Zeichen zu finden. Diese Einkerbung stellt nicht die eigentliche Aortenisthmusstenose dar, sondern ist vielmehr durch die prästenotisch entspringende A. subclavia bedingt. Die früher viel zitierten Rippenusuren als Zeichen einer über Jahre bestehenden Kollateralisierung sind heute seltener zu finden, da Diagnostik und Therapie schon im Vorschulalter stattfinden. Mit der zweidimensionalen Echokardiographie gelingt über einen suprasternalen, subxiphoidalen oder parasternalen Zugang der direkte Nachweis der Stenosierung im Isthmusbereich, wobei sich die Schallbedingungen mit zunehmendem Alter verschlechtern. Eine Abschätzung des Druckgradienten ist oft
wegen der poststenotischen Turbulenzen eingeschränkt. Die MRT hat die Angiographie weitgehend ersetzt und ermöglicht eine exaktere Bestimmung des Stenosegrades, der Kollateralverhältnisse sowie eine bessere Abschätzung des Druckgradienten als die Echokardiographie. Das Ausmaß der Stenose wird besonders auf Spin-Echo (SE-) oder TSE-Bildern, die Kollateralverhältnisse mit einer kontrastmittelunterstützten 3D-MRA und die Druckverhältnisse mit Hilfe einer Phasenkontrastangiographie deutlich (Riquelme et al. 1999).Aus diesem Grund gilt die MRT in der Primärdiagnostik und vor allem in der Verlaufsbeurteilung postoperativer Verhältnisse als Methode der Wahl. Auch wenn die CTA vor allem in den Zeiten der Multidetektorgeneration mit nahezu isotropen 2D-Rekonstruktionen eine Darstellung der Stenose ermöglicht, ist sie aus strahlenhygienischen Gesichtspunkten eher die Schnittbildmethode der zweiten Wahl, zumal die MRT hinsichtlich der Möglichkeit einer ergänzenden Flussmessung mit Abschätzung der Druckverhältnisse sowie der Darstellung der Kollateralsituation überlegen ist. Differenzialdiagnose, operative und interventionelle Aspekte Assoziierte Herzfehler mit kardialer Dekompensation erfordern schon im frühen Säuglingsalter eine operative Korrektur. Ohne Operation sterben etwa 80–100% der Säuglinge im ersten Jahr. Dabei bestimmt das Ausmaß der assoziierten Fehlbildungen die Prognose und Mortalität (z. T. bis 60%). Bei isolierter Aortenisthmusstenose und kardialer Dekompensation wie auch bei der Atresie ist die Operationsindikation sofort gegeben, nachdem mit einer intravenösen Prostaglandin-Infusion (künstlich offen gehaltener Ductus Botalli) in 80% der Fälle eine Stabilisierung der hämodynamischen Verhältnisse erreicht werden kann. Besteht keine kardiale Dekompensation, verzögert man den Zeitpunkt des operativen Eingriffs um 3–6 Monate, da vorher das Risiko einer Reststenose/Rezidivrate höher ist. Bei einer milder Aortenisthmusstenose kann die Operation bis ins frühe Vorschulalter verschoben werden, da dann das Operationsrisiko sehr gering ist (<1%) und eine dauerhafte Beseitigung der Stenose garantiert werden kann und auch nicht mit dem Auftreten von Spätschäden zu rechnen ist. Insgesamt bewegt sich die Operationsletalität bei isolierter Aortenisthmusstenose zwischen 2–6%. Die Paraplegierate lag in einem großen Kollektiv mit 12.532 eingeschlossenen Koarktektomien von Brewer et al. (1972) bei 0,4%.
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Operationsverfahren der Wahl ist die Resektion des krankhaft veränderten Isthmusgewebes und die End-zu-End-Anastomose mit der geringsten Rezidivquote (<5%). Merke
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
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Abb. 2.12 a–c. 40-jähriger blinder Patient, der über eine Claudicatio-ähnliche Symptomatik klagt. Subclavian-steal-Symptomatik. Das Röntgenbild zeigt das Bild einer konzentrischen, linksventrikulären Hypertrophie, eine glatt begrenzte, konvexe Vorwölbung oberhalb des Aortenknopfes (der dilatierten A. subclavia entsprechend) sowie Rippenusuren (Pfeil). Die
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Abb. 2.13 a, b. Ähnlicher Fall einer erst im Erwachsenenalter diagnostizierten Koarktation. 22-jährige Mutter (160 cm, 100 kg) von 2 Kindern, die seit ihrem 16. Lebensjahr an einem Hypertonus leidet und unter einem Dreimedikamentenregime normotom ist! Berichtet seit ihrer Kindheit von kalten Beinen (RR untere Extremität 50 mmHg). a MRT-Bild: beginnende
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MRA demonstriert eindrucksvoll die segmentale Agenesie der Aorta, die ausgedehnte Kollateralisierung über die A. thoracica interna, die Interkostalarterien sowie vor allem über eine distal des aplastischen Aortensegments abgehende A. subclavia mit einer retrograden Flussrichtung (in der farbkodierten Duplexsonographie nachgewiesen)
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Dilatation eines hypertrophierten, linksventrikulären Myokards. b Die MRA zeigt eine proximal entspringende, dilatierte A. subclavia sinistra sowie ausgedehnte Kollateralkreisläufe über die A. thoracica internae und die durch den hohen Fluss korkenzieherähnlich deformierten Interkostalarterien
2.1 Aorta
Die Rezidivwahrscheinlichkeit der „Subclavian-flapTechnik“, bei der die A. subclavia am Abgang der A. vertrebralis abgesetzt, der Isthmus längs eröffnet und nach Resektion des intraluminalen Wulstes die längs inzidierte Subklavia aufgenäht wird, ist deutlich höher (5–15%). Eine Dakron-Interposition führt in bis zu 27% der Fälle (Kontrollzeitraum 2–14 Jahre; Ala-Kulju et al. 1983) zur Aneurysmabildung. Galt in den letzten Jahren die Ballondilatation beim Auftreten einer Rest-/Rezidivstenose sowie von milden Stenosen im Kindes- und Erwachsenenalter als eine mögliche Therapieoption, so hat sie in neuerer Zeit eine Erweiterung der Indikationsstellung als primäres Therapieverfahren für Säuglinge (>1 Monat) und Kleinkinder erfahren, begrenzt auf mäßige, juxtaduktale Stenosen bei einem sonst normal entwickeltem Aortenbogen (Patel et al. 2001). Diese Indikationsstellung ist durchaus umstritten, so wird in einer vergleichenden Studie (Johnson et al. 1993) die Rest-/Rezidivstenosenrate mit 57 vs. 14% deutlich höher angegeben. Definition
왔 Die Pseudokoarktation ist eine selte-
ne, angeborene Anomalie der thorakalen Aorta mit einer Elongation des Bogens und der proximalen Aorta descendens mit einem „kinking“ in Höhe des Lig. arteriosum. Eine Pseudokoarktation entsteht bei einer Verschmelzungsstörung der 3. bis 7.Aortensegmente. Sie bleibt in der Regel asymptomatisch, da sich daraus keine hämodynamisch wirksame Stenosierung entwickelt. Die Pseudokoarktation unterscheidet sich von der Koarktation durch das Fehlen einer Stenosierung und durch den hochstehenden, elongierten Aortenbogen (Abb. 2.12 a–c, Abb. 2.13 a, b). 2.1.4.2 Traumatische Veränderungen Aortenruptur Definition
왔 Die akute Aortenruptur ist die trau-
matisch bedingte Zerreißung von Teilen oder sämtlichen aortalen Wandschichten. Nach Parmley et al. (1958) werden
∑ der intimale Typ mit Wandhämorrhagie ohne oder mit intimalem Flap bis zur Lamina interna, ∑ der mediale Typ mit Einriss von Intima und Media sowie ∑ der adventitiale Typ mit Beteiligung aller Wandschichten unterschieden.
Dabei spricht man in den ersten 14 Tagen nach Trauma von einer akuten, danach von einer chronischen Aortenruptur. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die akute Aortenruptur wurde 1557 erstmals von Vesalius beschrieben, ehe Strassmann (1947) 72 autoptisch gesicherte Fälle beschrieb. Ursächlich ist ein akutes Dezelerationstrauma (z. B. Auffahrunfall bei Verkehrsunfällen). Dabei wirken das Lig. arteriosum und die Interkostalarterien für die Aorta descendens wie ein Anker, während das Herz mit Aorta ascendens und Aortenbogen ungebremst nach vorne beschleunigt werden (so genannter Wasser-HammerEffekt). Dieser Mechanismus erklärt, warum 80–90% der akuten Aortenrupturen im Isthmusbereich lokalisiert sind. In 5–9% liegt die Rupturstelle in der Aorta ascendens, in 1–3% in Bereich der Pars diaphragmatica. In immerhin 6–10% muss mit mehreren Rupturlokalisationen gerechnet werden. Dabei treten enorme Kräfte auf, die einer intravasalen Druckerhöhung auf 2500 mmHg entsprechen. Nur 10% der Unfallopfer überleben dieses Trauma. Betrifft die Ruptur alle Wandschichten einschließlich der umgebenden mediastinalen Pleura, so kann sich die Blutung ungehindert ausbreiten, und der Tod ist die Folge. Bleibt die mediastinale Pleura intakt, so breiten sich großen Blutmengen nach retropleural aus mit der Folge eines hämorrhagischen Schocks. Unter solchen Umständen kann Blut die mediastinale Pleura penetrieren, und es entsteht ein Pleuraerguss. Ist die sehr widerstandsfähige Adventitia intakt – dies ist in der Regel der Fall, wenn die Ruptur nicht die ganze Zirkumferenz betrifft –, so ist das periaortale und mediastinale Hämatom unter Umständen nicht sehr ausgedehnt. Wird eine akute Aortenruptur nicht erkannt und sofort operiert, so sterben 30% innerhalb der ersten 6, 40–50% innerhalb von 24 Stunden und 90% innerhalb von 4 Monaten. Dabei kann sich an der Rupturstelle ein Pseudoaneurysma ausbilden. Dies kann unter Umständen jahre- und jahrzehntelang stabil bleiben und schließlich größer werden und rupturieren. Klinische Symptomatik Patienten mit einer akuten Aortenruptur sind oft polytraumatisiert. Begleitverletzungen wie Leber- und Milzruptur, schwere Schädel-/Hirnverletzungen sind häufig. Oft steht der hämorrhagische Schock im Vordergrund, wenngleich einige Patienten hämodynamisch stabil sind. Bei solchen Patienten kann sich sogar eine hypertensive Blutdrucksituation der oberen Extremität bei schlechten Pulsen der unteren Extremität (akutes Koarktationssyndrom) entwickeln.
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Radiologische Symptomatik
쐍 Röntgendiagnostik. Der Röntgenthorax kann eine Vielzahl von Pathologien darstellen: Mehr als 90% der Aortenrupturen zeigen eine im Übersichtsbild nachweisbare Mediastinalverbreiterung. Der nichtabgrenzbare Aortenknopf und die Obliteration des aortopulmonalen Fensters hat eine Sensitivität von 40–100%, die Verbreiterung des paraspinalen Linie eine Sensitivität von 12–80%. Ein linksseitiger Hämotothorax ist ein weiteres sensitives, aber wenig spezifisches Zeichen, da es im Rahmen des Thoraxtraumas auch zu Blutungen aus dem Lungenparenchym oder aus Interkostalarterien bei Rippenfrakturen kommen kann. Weitere Röntgenzeichen sind die Rechtsverlagerung der Trachea, die Kaudalverlagerung des linken Hauptbronchus und das positive Pleurakuppenzeichen (apikales Hämatom). Eine Fraktur der 1. und 2. Rippe ist nur im Zusammenhang mit einem mediastinalen Hämatom zu werten. 쐍 Computertomographie. Die CT ist die bildgebende Methode der ersten Wahl. Sie kommt bei polytraumatisierten Patienten in einigen Zentren schon direkt im Schockraum zum Nachweis von thorakalen oder abdominellen Verletzungen zur Anwendung. Merke
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Zur Beurteilung einer Aortenruptur ist eine intravenöse Kontrastmittelga-
be obligat. Eine vorher durchgeführte native Serie bietet keinen belegten Vorteil. Dabei ist die CT in Spiraltechnik mit dünnen Schichtdicken (3 mm) bei einem maximalen Pich-Faktor von 1,5 und einem engen Rekonstruktionsintervall von Vorteil, um auch kleine intramurale Einblutungen nachweisen und die Differenzialdiagnose eines kleinen Ductusdivertikels zweifelsfrei klären zu können. Dabei ist die Differenzierung zwischen subtilen, nichtpolypoiden intimalen Einblutungen und arteriosklerotisch bedingten Wandverdickungen unter Umständen nicht zu klären. Dies trifft jedoch für alle bildgebenden Modalitäten zu. Sagittale oder koronare Rekonstruktionen bieten gegenüber den axialen Bildern keinen Vorteil (Parker et al. 2001). CT-Studien, die an Spiralscannern durchgeführt wurden, belegen eine Sensitivität von 100% bei einer Spezifität zwischen 80 und 100% (Dyer et al. 2000; Gavant et al. 1995). Direkte Zeichen einer Aortenruptur sind der intimale Flap, der Kalibersprung, das Pseudoaneurysma, die Pseudokoarktation, das intramurale Hämatom, die Dissektion sowie in seltenen Fällen der direkte Kontrastmittelaustritt.
Indirekte Zeichen sind das periaortale und mediastinale Hämatom. Ursachen falsch-positiv diagnostizierter Aortenrupturen können sein: Pulsations-, Bewegungs- oder Aufhärtungsartefakte, das Ductusdivertikel, die V. intercostalis superior („aortic nipple“), das Infundibulum der Bronchialarterie oder nichttraumatisch bedingte Wandunregelmäßigkeiten, z. B. der nichtverkalkte arteriosklerotische Plaque. In diesem Fall können Alter, Anammese des Patienten und das Vorhandensein weiterer arteriosklerotischer Plaques weiterhelfen.
쐍 Angiographie. Die konventionelle Blattfilmangiographie (heute durch die DSA ersetzt) galt als Goldstandard in der Diagnostik von Aortenrupturen. Dabei ist eine gute Auflösung (1024×1024) erforderlich, um auch 1–2 mm große intimale Flaps nachweisen zu können, die bei einer 512er Matrix evtl. dem Nachweis entgehen (Brant-Zawadski et al. 1983). Es sind mindestens 2 orthogonale Projektionen (RAO- und LAO-Projektion bzw. a.-p. und LAO) obligat sowie zusätzliche Projektionen mit größerem Bildverstärker bei unklaren Befunden. Die Komplikationsrate des im angloamerikanischen Schrifttums empfohlenen transfemoralen Zugangs liegt <1%. Sie umfasst punktions- und kontrastmittelbedingte Komplikationen.
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Auf eine vorsichtige Passage der mutmaßlichen Rupturstelle bzw. des Pseudoaneurysmas mit Führungsdraht und Katheter ist zu achten, da Einzelfallberichte eines letalen Ausgangs bei direkter Kontrastmittelinjektion in das Pseudoaneurysma beschrieben sind (LaBerge u. Jeffrey 1987). CAVE
Angiographische Zeichen einer Aortenruptur können sein:
∑ der direkte Kontrastmittelaustritt bei transmuralen Zerreißungen, ∑ das Pseudoaneurysma oder ∑ eine unter Umständen sehr diskrete lineare Aufhellungslinie als angiographisches Korrelat eines Intimaeinrisses. Intramurale Verletzungen wie das Wandhämatom verursachen z. T. subtile Verdickungen oder Wandunregelmäßigkeiten. Wird diese Region nicht tangential abgebildet, so können sich diskrete Veränderungen dem Nachweis entziehen. Als angiographisches Spätzeichen eines intramuralen Hämatoms lässt sich in der Spätphase (d. h. beim Auswaschen des Kontrastmittels) eine feine Zähnelung der Intima feststellen. Obwohl falsch-negative Befunde beschrieben sind (Kearney et al. 1993; Smith et al. 1995), beträgt die
2.1 Aorta
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Abb. 2.14 a–d. 21-jähriger Patient mit Polytrauma (Auffahrunfall gegen einen Baum mit etwa 100 km/h). Die Thorax-Liegendaufnahme zeigt eine diskrete, linksbetonte Mediastinalverbreiterung und eine fehlende Abgrenzbarkeit des Aortenknopfes. In der CT Nachweis eines geringen rechts-betonten Hämatoms sowie eines geringen rechtsseitigen hämorrhagischen Ergusses. So genanntes Pseudoaneurysma mit Flap der
Aorta in Richtung Ductus ziehend. Intraoperativ waren Intima und Media in Richtung innerer Aortenkonkavität komplett semizirkumferenziell zerrissen bei intakter Adventitia. Die DSA mit dem typischen Befund des so genannten Pseudoaneurysmas. Therapie: Adaptation der zerrissenen Wandanteile durch direkte Naht
Sensitivität der Angiographie nahezu 100% (Kirsh et al. 1976; Sturm et al. 1990) bei einer Spezifität von 98%. Falsch-positive Befunde entstehen durch anatomische Varianten (Ductusdivertikel, erweiteres Infundibulum des Truncus bronchiointercostalis), atheromatöse Plaques oder Ulzera oder durch Pulsations- und/oder Subtraktionsartefakte. Diese Fehlerquellen können durch multiple Schrägprojektionen („steep oblique views“) vermieden werden. Die Angiographie in der Hand des Erfahrenen ist ein zuverlässiges diagnostisches Verfahren bei Verdacht auf Aortenverletzungen, das jedoch bei primärer CT-Diagnostik allenfalls noch bei fraglichen CTBefunden zum Einsatz kommt wird.
쐍 Transösophageale Echokardiographie. Erste optimistische Studien berichten von einer 100%igen Sensitivität und einer Spezifität von fast 100% (Buckmaster et al. 1994), während prospektive Studien diese Ergebnisse mit einer Sensitivität von 60% bei einer Spezifität um 90% relativieren (Minard et al. 1996). Eine vergleichende Studie bei 17 gesicherten Aortenrupturen sieht die transösophageale Echokardiographie der CT bei intimalen und medialen Läsionen überlegen (Vignon et al. 2001).Vorteil der Methode ist, dass sie direkt im Schockraum durchgeführt werden kann, Nachteil ist die Untersucherabhängigkeit bei dieser Methode, da eine entsprechende Erfahrung des Untersuchers Voraussetzung ist. Im klinischen
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Kontext ist die transösophageale Echokardiographie ein unterstützendes Verfahren, aus thoraxchirurgischer Sicht nicht alleinige Modalität zur Operationsindikationsstellung („it may or may not be elected to confirm the diagnosis“, Kirklin u. Barratt-Boyes 1993).
쐍 Magnetresonanztomographie. Der instabile Patient ist kein Kandidat für eine MRT-Untersuchung. So bleibt die Indikation zur MRT auf die Fälle beschränkt bleibt, bei denen eine klinisch stabile Situation vorliegt und die Diagnose fraglich ist (z. B. Divergenz von transösophagealer Echokardiographie und Angiographie- oder CT-Befunden). Die Qualitätsanforderungen an die MRT-Untersuchung müssen hoch sein. Sie sollte nicht durch Atembewegungen (Verwendung von „Breathhold-Sequenzen“) und Pulsationsartefakte (EKG-Triggerung) eingeschränkt sein. In der Literatur existieren nur wenige Berichte über den Einsatz der MRT bei Aortenrupturen. Fattori berichtet von einer Studie mit 24 Patienten über eine hohe Treffsicherheit der MRT, in einem Fall konnte er durch Verlaufsbeurteilung das „Abheilen“ eines Aortenwandhämatoms zeigen (Fattori et al. 1996). Differenzialdiagnose, operative und interventionelle Aspekte Die Diagnose einer Aortenruptur und ihrer Lokalisation sollte zweifelsfrei gestellt werden, da sie sofort operativ versorgt werden muss. Bei einer Rupturlokalisation im Bereich der Aorta ascendens verläuft der Zugangsweg über eine mediane Sterniotomie, bei der typischen Lokalisation distal des Abgangs der A. subclavia über eine links laterale Thorakotomie. Bei einer Rupturlokalisation im Bereich der Aorta ascendens ist der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine erforderlich, bei Verletzungen der deszendierenden Aorta in jedem Fall dann, wenn die voraussichtliche Abklemmzeit >30 min beträgt. Dies hängt vom Ausmaß der Aortenverletzung ab. So sollte der Radiologe zur kraniokaudalen Befundausdehnung, z. B. wieviel von der Gefäßwandzirkumferenz noch erhalten ist oder ob Hinweise für eine komplette Dehiszens (Abb. 2.14 a–d,Abb. 2.15 a–c) vorliegen, Stellung nehmen. Die Diagnose einer Aortenruptur sollte bereits nach der CT-Untersuchung gestellt werden. Sie ist vor allem bei ausgedehnteren Befunden eindeutig. Pulsations-, Bewegungs- oder Aufhärtungsartefakte können zarte intimale Flaps vortäuschen. Hier empfiehlt sich, die Untersuchung unter Verwendung anderer Parameter (Schichtdicke, Pitch, Rekonstruktionintervall, verdünnter Kontrastmittelbolus usw.) zu wiederholen. Bleibt der Befund unklar, so kann ein Abgleichen des CT-Befundes mit der transösophagealen
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Abb. 2.15 a–c. Dezelerationstrauma eines 25-jährigen Motorradfahrers mit ausgedehnten linksseitigen Lungenkontusionen, Rippenserienfrakturen, Pneumothorax, Weichteilemphysem und mediastinalem Hämatom. In der CT Kalibersprung der Aorta auf Höhe des Ductus
2.1 Aorta Abb. 2.16 a, b. Die transbrachial von rechts durchgeführte DSA demonstriert eindrucksvoll eine fusiforme Erweiterung der postduktalen Aorta descendens. Intraoperativ waren bis auf den noch stehenden Adventitiaschlauch alle Wandanteile zirkumferent zerrissen
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Echokardiographie helfen, bei weiter fraglichen Befunden sollte eine Angiographie das Problem klären. Das Ductusdivertikel ist eine umschriebene, glatt begrenzte, harmonische spindelförmiger Aufweitung der Aortenkonkavität. Schwierig kann die Differenzialdiagnose eines Wandhämatoms als Ausdruck einer intramuralen Verletzung von nicht traumatisch bedingten Wandunregelmäßigkeiten, z. B. dem nichtverkalkten arteriosklerotischen Plaque, sein. Hier helfen die Lokalisation (Prädilektionsstellen) sowie der Nachweis eines wenn auch unter Umständen diskreten periaortalen Hämatoms, die Diagnose einer Aortenruptur zu stellen. Bei vorliegender Inoperabilität und Ruptur der proximalen deszendierenden Aorta wurden erstmals Ende der 1990er Jahre über eine erfolgreiche endoluminale Stentimplementierung berichtet (Kato et al. 1997). Mittlerweile ist die Indikationsstellung erweitert worden, und es liegen größere Fallberichte vor, die eine niedrige Morbidität und Mortalität belegen, Langzeitergebnisse stehen aber noch aus (Tehrani et al. 2006).
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Abb. 2.17 a, b. 18-jähriger Patient mit Hochgeschwindigkeitsaufpralltrauma, der noch in der Notaufnahme verstarb. Transsektion mit freiem Kontrastmittelaustritt
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Die Aortenruptur tritt im Rahmen eines schweren Dezelerationstraumas auf. Nur 10% der Patienten überleben die ersten Minuten. Wird eine akute Aortenruptur nicht erkannt und sofort operiert, so sterben 30% innerhalb der ersten 6, 40–50% innerhalb 24 Stunden und 90% der Patienten innerhalb von 4 Monaten. Die Diagnose sollte ohne Verzögerung schon im Schockraum durch eine CT mit Kontrastmittel gestellt werden. Merke
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
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Abb. 2.18 a–e. 69-jähriges Patient mit Polytrauma (PKW-Unfall) mit Hangman-Fraktur, stumpfem Thoraxtrauma mit Rippenserienfrakturen beidseits, Kalottenfraktur und Zephalhämatom. Aortenruptur an typischer Stelle, die aufgrund des schlechten klinischen Zustands des Patienten mit einer Stent-graft-Prothese versorgt wurde. Der Patient verstarb eine Woche später an einer Sepsis mit Multiorganversagen
Aortendissektion Traumatisch bedingte Dissektionen (Stanford A und B) sind eine Rarität und in der Literatur nur anekdotisch beschrieben (Goverde et al. 1996; Uematsu et al. 1995). Typischerweise führt ein schweres Dezelerationstrauma zu einer Aortenruptur. Aortenwandhämatom Von dieser traumaassoziierten Form (im Unterschied zur spontanen IMH, s. unten) liegen mehr als 3/4 am Abgang der A. subclavia. Aortenwandhämatome entsprechen ihrem anatomischen Profil nach dem der traumatischen Aortenruptur, sie werden aber im Unterschied zur Transsektion aufgrund des benignen Verlaufs primär konservativ behandelt.
Abb. 2.19. Differenzialdiagnose: Ductusdivertikel. Das Ductusdivertikel stellt ein Residuum des distalen embryonalen rechten Aortenbogens dar und ist nicht auf eine Traktion durch den Ductus zurückzuführen (gerader Pfeil: Lig. arteriosum, gebogener Pfeil: Ductusdivertikel)
2.1.4.3 Entzündliche Veränderungen In der Literatur existiert eine Vielzahl von häufig unübersichtlichen Klassifikationen aus den verschiedenen Bereichen der Medizin (Pathologie, Dermatologie, klinische Immunologie usw.). Bewährt hat sich eine ätiologische Einteilung, wobei Angiitiden (Befall von Arterien und Venen) mit bestimmter Ätiologie, bei denen die Pathogenese bekannt ist, von den Angiitiden mit unbestimmter
2.1 Aorta Tabelle 2.2. Mögliche Ursachen einer Aortitis Bestimmte Ätiologie Viral Zytomegalievirus Bakteriell TBC Lues Clostridien Salmonellen Staphylococcus aureus betahämolysierende Streptokokken Kryptokokken Mykotisch Aspergillus Candida Myceliophthora thermophila Parasitär Trypanosoma cruzei (Chagas-Krankheit; tierexperimentell) Physikalische und chemische Noxen Radiatio, Hitze- oder Kälteschäden Unbestimmte Ätiologie „Large vessel disease“ Riesenzellarteriittis Takayasu Arteriitis Morbus Horton „Medium-sized vessel disease“ Panarteriitis nodosa „Small vessel disease“ SLE Morbus Behçet Rheumatoide Arthritis Sklerodermie Rezidivierende Polychondritis Colitis ulcerosa Morbus Bechterew
Ätiologie unterschieden werden. Die Mehrzahl der in dieser Gruppe zusammengefassten Vaskulitisformen sind wahrscheinlich allergisch-hyperergischer Natur. Es besteht darüber hinaus eine Unterscheidung zwischen primärer Angiitis, bei der die entzündlichen Gefäßveränderungen im Vordergrund stehen mit sekundären Organveränderungen, und einer sekundären Angiitis mit Gefäßwandveränderungen im Rahmen einer anderweitigen Grunderkrankung. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Angiitis kann Arterien (Arteriitis) und Venen (Phlebitis) betreffen. Dabei unterscheidet man nach Lokalisation und Ausdehnung
∑ Endangiitis (innere Gefäßwandanteile), ∑ Mesangiitis (entzündliche Prozesse der Media), ∑ Periangiitis (Entzündung von der Adventitia ausgehend) sowie ∑ Panangiitis, bei der alle Wandschichten mit einbezogen sind.
Viele Vaskulitiden zeigen ein Befallsmuster mit Beteiligung kleiner und mittelgroßer Gefäße. Tabelle 2.2 gibt eine Übersicht (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) der die Aorta involvierenden in der Literatur beschriebenen Aortitiden. Empfehlung zur Untersuchungsstrategie Bildgebende Methode der Wahl ist die MRT mit einer überlegenen Darstellung von Aortenwand und aortalen Lumen als MRA. Vor allem in der Darstellung des Aortenbogens ist sie aufgrund ihrer Multiplanarität die Methode der Wahl. Einzelne Arbeitsgruppen beschreiben die Kontrastmittelaufnahme der Aortenwand als Parameter der Krankheitsaktivität (Choe et al. 1999). Dies ist noch anhand von größeren klinischen Studien zu korrelieren. Unbestritten ist die Rolle der MRT zur nichtinvasiven Verlaufsbeurteilung von Wandverdickungen, Stenosen oder Aneurysmen auf dem Boden von Vaskulitiden. Eine Indikation zur Angiographie ist nicht gegeben. Die CT zeigt analog zur MRT Wandverdickungen, Stenosen und aneurysmatische Veränderungen, und die Sekundärrekonstruktionen sind im Zeitalter der Mehrzeilendetektoren bei engen Rekonstruktionsintervallen der MRT vergleichbar, sie dürften aber aus strahlenhygienischen Aspekten und aufgrund kontrastmittelassoziierter Risiken die Methode zweiten Wahl sein. Erste optimistische Berichte über den Einsatz der PET in der Aktivitätsbeurteilung liegen vor (Derdelinckx et al. 2000). Klinische Symptomatik Die klinische Symptomatik wird durch die zugrunde liegende Erkrankung dominiert und variiert stark – von unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Schwäche, Appetitlosigkeit oder Fieber bis hin zum septischen Krankheitsbild bei bakteriell bedingter Aortitis mit thromboembolischen Ereignissen, foudroyant verlaufender Aneurysmabildung bis zur Aortenruptur. Takayasu-Aortitis Prävalenz und Inzidenz sind nur ansatzweise bekannt. Die Prävalenzraten liegen in der westlichen Hemisphäre bei 2,5 pro 1.000.000 Einwohner. Zuerst in Japan beschrieben, ist sie weltweit verbreitet mit jedoch höherer Prävalenz in Japan und Korea. Die Pathogenese ist unklar, und es wird eine genetische Disposition, eine Beziehung zur Tuberkulose wie auch aufgrund der rheumatoiden Beschwerden ein Bezug zu den Kollagenosen hergestellt. Die Takayasu-Aortitis befällt vorwiegend junge Frauen mit einem Krankheitsbeginn zwischen 15 und 20 Jahren. Nach der Lokalisation unterscheidet man folgende Typen (Lupi et al. 1975):
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Abb. 2.20 a–c. 5-jährige Patientin mit Typ-IV-Takayasu-Arteriitis. a TSE-Sequenz in Dark-blood-Technik: wandverdickter Aortenbogen, Truncus pulmonalis sowie abgehende supraaortale Äste. b 2D-TOF und c T1-gewichtete TSE-Sequenz mit
deutlicher Wandverdickung der A. carotis communis beidseits rechts hämodynamisch wirksam (Pfeil), keine neurologische Symptomatik
∑ Takayasu-Arteriitis des Arcus aortae und der supraaortalen Äste (Typ 1), ∑ Takayasu-Arteriitis der Aorta descendens und der Aorta abdominalis einschließlich der großen Abgänge (Typ 2), ∑ Mischform aus Typ 1 und 2 (Typ 3), ∑ Typ 1, 2 oder 3 mit zusätzlicher Beteiligung der A. pulmonalis (Typ 4).
Histologisch handelt es sich um eine granulomatöse Entzündung, die in der Adventitia beginnt und sich auf die Media ausbreitet. Unbehandelt führt die Erkrankung zum Tod. Bei Fehlen einer Kausaltherapie ist die Prognose unter Therapie mit Glukokortikoiden und Zytostatika (Methotrexat) relativ gut. In einer Studie von Yamato et al. (1986) mit 59 Patienten zeigte in 68% bereits das Übersichtsbild Auffälligkeiten mit Veränderungen der Aortenkontur und Kalzifikationen, Kaliberunregelmäßigkeiten der großen pulmonalen Gefäße oder hilärer Lypmphadenopathie. Das wichtigste Röntgenzeichen ist eine inwendig verlagerte segmentale Kalzifikation im Bereich einer segmentalen Stenose der Aorta. Die CT zeigt eine Wandverdickung mit/ohne Stenosierungen von Aorta, supraaortalen Abgängen oder zentralen pulmonalen Gefäßen. Für die Beurteilung der Lokalisation, der Ausdehnung sowie zur Therapiekontrolle
Die klinische Symptomatik hängt vom Gefäßbefallsmuster ab. 90% aller Fälle zeigen Pulsdefizite („pulseless women“), wobei Symptome z. B. der Armminderdurchblutung aufgrund ausreichender Kollateralisierung oft in den Hintergrund treten. Im späteren okklusiven Stadium treten Zeichen der okulären und kranialen Minderdurchblutung wie Gesichtsfelddausfälle,Amaurose oder die typischen lageabhängigen Sehstörungen,die beim Aufrichten aus der Horizontalen als herabsinkender Vorhang geschildert werden, auf.
2.1 Aorta
Die Literatur berichtet in Fallserien über eine Inzidenz von Aortenaneurysmen in bis zu 85% bei Takayasu-Aortiden (Kumar et al. 1990). Dabei bedürfen insbesondere Aortenaneurysmen mit deutlicher Wandverdickung einer kurzfristigen Kontrolle, da diese zur Ruptur mit letalem Ausgang neigen (Sueyoshi1 et al. 2000). In der differenzialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber anderen Aortitiden (Morbus Horton) ist vor allem das Geschlecht und das Erkrankungsalter zu berücksichtigen. Der Befall von Aortenbogen und supraaortalen Ästen ist typisch, aber keineswegs pathognomonisch. Unproblematisch ist die Abgrenzung gegenüber intimal lokalisierten arteriosklerotischen Veränderung, die typischerweise an Gefäßabgängen anzutreffen sind .
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Die Takayasu-Arteriitis als typischer Vertreter der Riesenzellarteriitiden ist eine seltene, vorwiegend junge Frauen betreffende Arteriitis mit bevorzugtem Befall von Aortenbogen und supraaortalen Ästen. Dabei ist die MRT Methode der Wahl, da sie die entzündliche Wandverdickung und als MRA Stenosen und Aneurysmen darstellt. Bei relativ guter Prognose unter Glukokortikoiden und Zytostatika (Methotrexat) ist die Ausbildung von Aortenaneurysmen mit Wandverdickung zu nennen. Diese sollten kurzfristig kontolliert werden, da sie besonders zur Ruptur mit letalem Ausgang neigen. Merke
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Abb. 2.21 a, b. 45-jährige Patientin mit Typ-I-Takayasu Arteriitis. a Bis auf eine Ektasie der aszendierenden Aorta unauffällige MRA. b Die T1-gewichtete TSE-Sequenz nach i. v. KM (Fettsaturierung) und Dark-blood-Magnetisierungspräparation zeigt eine KM-Aufnahme der Aortenwand
ist die MRT die Methode der Wahl. Sie zeigt als MRA umschriebene Stenosen sowie aneurysmatische Erweiterungen, während die Bildgebung (idealerweise „dark-blood imaging“) die entzündliche Wandveränderung aufzeigt. Eine Angiographie ist vor allem in frühen Stadien nicht indiziert, da hier noch keine Stenosen, wohl aber entzündliche Wandverdickungen vorliegen. Dabei korrlierten Wandverdickung und Kontrastmittelaufnahme der Wand in einer Studie von (Choe et al. 2000) in 80% der Fälle mit den klinischen Verlaufsparametern wie BSG und C-reaktives Protein. Diesen Studie zufolge stellt die Signalintensität im T2-gewichteten Bild einen schlechteren Parameter dar. Die Duplexsonographie ist die ideale Ergänzung für die Beurteilung der Halsgefäße.
Riesenzellarteriitis Synonym: Arteriitis temporalis Horton. Definition
왔 Es handelt sich um eine systemische,
riesenzellige Arteriitis der mittleren und großen Arterien mit vorzugsweiser Beteiligung der A. temporalis oder anderer Äste der A. carotis. Eine Beteilung der thorakalen Aorta liegt in etwa 10% der Fälle vor. Die Prävalenz liegt bei 2–3 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Die meisten Patienten sind älter als 50 Jahre, Frauen sind geringfügig weniger betroffen als Männer. Die Ätiologie ist unbekannt, diskutiert wird neben einer Autoimmungenese eine zusätzliche exogen-antigene Komponente. Typisch für die Riesenzellarteriitis ist der segmentale, multifokale Befall bei streckenweiser völlig unveränderter Arterie. Charakteristisch ist die floride Panarteriitis mit lymphohistiozytären Infiltraten und Riesenzellen sowie okkludierenden Thrombosen im befallenen Segment („skip lesions“). Blande Verläufe mit Spontanheilungen stehen einem – wenn auch extrem seltenen – letalen Verlauf gegenüber. Bei Therapie mit Glukokortikoiden kommt es meist zur
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
kompletten Remission. Rezidive sind nach Absetzen der Medikation häufig, weshalb eine mehrjährige niedrig dosierte Medikamentengabe empfohlen wird. Wie bei jedem Aortitissyndrom kann die Krankheit mit uncharakteristischen Allgemeinsymptomen wie Schwäche, Schweißausbrüche, Fieber, Appetitlosigkeit oder Kopfschmerzen beginnen. 50 –70% der Patienten entwickeln eine schultergürtelbetonte Polymyalgie (Polymyalgia arteriitica). Typische Lokalsymptome sind heftige Schläfenkopfschmerzen. Sehstörungen (bis hin zur Erblindung) durch einen Befall der A. ophtalmica sind häufig. In der Regel folgt beim Befall des einen Auges einige Tage später das zweite. Die duplexsonographische Untersuchung der A. temporalis zeigt eine hohe Sensitivität (70–90%) mit Verschlüssen und/oder Stenosen sowie einem periartiellen echoarmen Saum und ist eine wichtige Ergänzung zur klinischen Untersuchung, sowie einer stark beschleunigten BSG (Schmidt et al. 1997). Für die Beurteilung des Aortenbefalls und seiner Äste ist die MRT die Modalität der Wahl, da Lumen und Wand gleichzeitig beurteilt werden können. Für die Beurteilung der der Duplexsonographie zugänglichen Gefäßabschnitte von A. subclavia, A. axillaris und A. brachialis ist die Duplexsonographie die Methode der Wahl. Bei einem Befall der Aorta oder ihrer Äste (beschrieben in bis zu 15%) ist in gut 3/4 der Patienten die obere Extremität befallen, in etwa der Hälfte der weiteren Patienten liegt ein isolierter Befall der unteren Extremität vor und in knapp 10% ein Befall von obererer und unterer Extremität mit segmentalen, bilateralen Stenosen oder Okklusionen. Aneurysmen sind selten anzutreffen. In der differenzialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen Arteriitiden ist vor allem der segmentale Befall mit Okklusionen typisch. Dies ist auch ein Grund dafür, warum selbst die bitemporale Biopsie nur eine Sensitivität von etwa 75% besitzt. Die Diagnose ist überwiegend klinisch zustellen (Alter des Patienten, Polymyalgiesymptomatik, okuläre Symptomatik, hohe BSG usw.). Zu beachten ist, dass im Ausheilungsstadium im Rahmen der narbigen Regeneration die morphologischen Veränderungen oft nicht von einer Arteriosklerose zu unterscheiden sind.
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Die Arteriitis temporalis Horton ist Merke eine systemische, riesenzellige Arteriitis der mittleren und großen Arterien mit vorzugsweiser Beteiligung der A. temporalis oder anderer Äste der A. carotis. Ein Befall von Aorta und supraaortalen Ästen kommt in etwa 10% der Fälle vor. Die meisten Patienten sind älter als 50 Jahre. Die Diagnose wird überwiegend klinisch gestellt (Polymyalgie-
symptomatik, okuläre Symptomatik, hohe BSG) oder durch eine bitemporale Biopsie der A. temporalis. Typisch für die Riesenzellartiitis ist der segmentale Befall, weshalb eine Biopsie auch falsch-negativ ausfallen kann. 2.1.4.4 Mykotische (infektiöse) Aortitiden Syphylitische Mesaortitis Definition
왔 Die syphylitische Mesaortitis stellt ei-
ne schwer vernarbende und destruierende Schädigung der thorakalen Aortenmedia im Rahmen einer tertiären Lues dar. Besaß sie im 19. Jahrhundert in Autopsiestudien noch eine Prävalenz von bis zu 6,9%, ist diese Erkrankung heute extrem selten. Im Rahmen der tertiären Lues führt eine Vaskulitis der Vasa vasorum zu einer zunehmenden Obliteration dieser Gefäße. In der Media bilden sich multiple ischämische Nekrosen mit Zerstörung der elastischen Lamellen mit konsekutivem Elastizitätsverlust und zunehmender Wandschwäche. Dies führt zu einem fast immer in der Pars ascendens lokalisierten Aortenaneurysma, wobei syphylitische Aneurysmen z. T. Kopfgröße erreichen, benachbarte Strukturen komprimieren bzw. arrondieren und rupturieren mit akut letalem Ausgang (Abb. 2.22). Tuberkulöse Aortitis Das Mycobakterium tuberculosis führt in der Nachbarschaft von morphologisch fassbaren Veränderungen der Tuberkulose zu vaskulären Begleitentzündungen, die zunächst im Bereich der Adventitia auftreten und sekundär eine Endangiitis mit oder ohne Thromben auslösen. Durch die Destruktion der Wand im Bereich größerer Blutgefäße können Aneurysmen enstehen, die durch Ruptur zu der gefürchteten Massenblutung bei Lungentuberkulose führen können. Eine isolierte Organtuberkulose mit Granulomatose der Intima ist eine Rarität. Auch die tuberkuloseassoziierten mykotischen Aneurysmen sind selten und in weniger als 100 Fällen beschrieben. Sonstige Aortitiden Im Rahmen einer Bakteriämie, einer Septikopyämie/Sepsis oder einer Pilzinfektion können eitrigembolische Angiitiden mit Destruktion der Gefäßwand und mit Komplikationen wie Thromben,Aneurysmen oder Rupturen entstehen. Prädisponierende Faktoren sind immunologische Inkompetenz, kongenitale Herzfehler, arteriosklerotische Plaques und Gefäßanastomosen. Häufige bakterielle Erreger sind
2.1 Aorta
Abb. 2.22. Typisches luetisches Aszendensaneuryma, welches sich durch Zerstörung der elastischen Lamellen mit konsekutivem Elastizitätsverlust und zunehmender Wandschwäche in
die ventrale Thoraxwand hineinwölbt. (Mit freundlicher Genehmigung von Herrn PD Dr. Engelke)
Staphylococcus aureus, betahämolysierende Streptokokken, Salmonellen oder Pseudomonasvarianten, in selteneren Fällen sind es Infektionen mit Pilzen wie Candida oder Aspergillus, sowohl als übergreifende Infektion über einen pulmonalen Befall als auch hämatogen.
beschriebenen Tumoren sind undifferenzierte Fibrosarkome, gefolgt vom malignen fibrösen Histiozytom (MFH) und dem Angiosarkom.
Differenzialdiagnose der Aortiden Periaortale Gewebsvermehrungen kommen im Rahmen von granulomatösen Systemerkrankungen oder eines Lymphoms vor. Im Unterschied zu Aortitiden führen diese nicht zu Gefäßstenosierungen. Eine Kontrastmittelaufnahme kann bei beiden Entitäten vorkommen. In der Differenzialdiagnose zur IMH helfen Lokalisation und die typische klinische Symptomatik einer IMH. 2.1.4.5 Tumoren Primäre, von der Aortenwand ausgehende Tumoren sind eine Rarität. In der Literatur sind weniger als 100 Fälle beschrieben (Seelig et al. 1998). Die häufigsten
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Mehrzahl dieser Tumoren zeigt ein intimales Wachstum (intimaler Typ) zum aortalen Lumen hin. Der geringere Teil aortaler Tumoren entsteht in der Media oder Adventitia mit intramuraler oder extraluminaler Tumorausdehnung. Klinische Symptomatik Patienten mit Tumoren des intimalen Types werden klinisch auffällig durch eine periphere Pulsabschwächung distal des Tumors bei Tumormassen im Lumen oder durch Tumorthombembolien. Bei Tumoren, die in der Media oder Adventitia entstehen, sind Tumorthrombembolien dagegen selten, da die Intima intakt bleibt. Hier sind die klinischen Symptome unspezifisch: Rückenschmerzen und unspezifische Tumorzeichen wie Fieber und Gewichtsverlust.
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße Abb. 2.23 a, b. Malignes fibröses Histiozytom, mediastinale LK´s der Aortenwand
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Bei Diagnosestellung schwankt in der Literatur die Tumorgröße von 2 cm bis zu einer kraniokaudalen Befundausdehnung von 20 cm. Das Durchschnittsalter der in der Literatur beschriebenen Fälle liegt bei etwa 60 Jahren. Die Prognose ist schlecht mit einem durchschnittlichen mittleren Überleben von knapp 6 Monaten. Radiologische Symptomatik und Untersuchungsstrategie Bei großen extraluminalen Tumoranteilen zeigt bereits die Röntgenübersicht eine periaortale Gewebsvermehrung. Bei einem intraluminalen Tumoranteil, einer polypoiden Konfiguration der Läsion sowie der Obliteration des Lumens ist die Diagnose in der weiterführenden CT eindeutig. Schwierig wird die Diagnose bei einem glatt begrenzten en-plaque-ähnlichen Tumorwachstum. Solche Fälle sind oft fälschlicherweise als Thrombus diagnostiziert worden (Higgins et al. 1991). In diesen Fällen ergeben sich in der MRT durch Signalcharakteristik und die Kontrastmittelaufnahme Hinweise auf einen aortalen Tumor (Abb. 2.23 a, b). Differenzialdiagnose Ein Aortenwandhämatom ist sichelförmig konfiguriert und lässt sich durch eine vermehrte Signalintensität im T1-gewichteten Bild abgrenzen, ein arteriosklerotische Plaque durch die fehlende Kontrastmittelaufnahme sowie die fehlende tumortypische Konfiguration. In der Abgrenzung gegenüber einer entzündlichen Aortenwandverdickung im Rahmen einer Aortitis helfen Lokalisation sowie die typische Einbeziehung und Stenosierung der Abgänge. Anamnese und klinischer Befund geben hier weitere differenzialdiagnostische Hinweise.
Aortale Tumoren mit großen extraaortalen Tumoranteilen und fehlenden intraluminalen Anteilen sind in Einzelfallberichten initial fälschlicherweise als teilthrombosierte Aortenaneurysmen beschrieben worden (Schipper et al. 1989). In diesem Fall eines aortalen Leiomyosarkoms zeigte die CT eine extraaortale Raumforderung, die homogen mehr als die Hälfte der Aortenkonvexität umschloss. In einem anderen von Glock et al. (1997) publizierten Fall ist eine akute Hämorrhagie eines aortalen Leiomyosarkoms unter dem Bild einer akuten Aortendissektion operiert worden. In der CT müssen Verkalkungen oder eine Kontrastmittelaufnahme in der periaortalen Gewebsvermehrung an eine tumoröse Genese denken lassen. Die MRT sollte in allen Fällen durch Signalintensität und Kontrastmittelaufnahme zu einer Klärung führen.
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Primäre Tumoren der Aortenwand sind eine Rarität. Histologisch handelt es sich in der Mehrzahl um undifferenzierte Sarkome mit schlechter Prognose. Der intimale Typ wird klinisch durch periphere Tumorthrombembolien oder Pulsabschwächung durch luminale Tumorobliteration auffällig, der seltenere murale Typ mit etwas besserer Prognose bleibt klinisch länger inapparent und wird oft als große extraaortale Raumforderung manifest. Die MRT ist die Methode der Wahl, da Signalcharakteristik und Kontrastmittelaufnahme die infrage kommenden Differenzialdiagnosen wie z. B. eines teilthrombosierten Aortenaneurysmas beim muralen Typ bzw. eines Thrombus beim intimalen Typ weitgehend ausschließen (Abb. 2.24 a–f). Merke
2.1 Aorta
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Abb. 2.24 a–f. 43-jähriger Patient mit akutem Verschluss der rechten A. brachialis. Echokardiographisch kein Thrombusnachweis. In der CT und MRT Nachweis eines reitenden Thrombus am Abgang des Truncus brachiocephalicus. In der
Cine-Sequenz Nachweis von flottierenden Thrombusanteilen. 2 Tage später erleidet der Patient unter suffizienter Antikoagulation eine TIA. Bei unauffälliger zerebraler MRT Verschluss der rechten A. carotis interna
2.1.4.6 Aortenbogensyndrom
Akutes dissezierendes Aneurysma
Definition
왔 Unter diesem Begriff werden alle
spontanen Aortenbogenerkrankungen mit einem akut eintretenden, schweren thorakalen Schmerzereignis subsumiert.
Definition
왔 Die akute Aortendissektion bezeich-
net ein plötzliches Ereignis, bei dem Blut das aortale Lumen durch die Intima verlässt und sich zwischen der inneren und äußeren Media ein zweites Lumen schafft.
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Noch kontrovers wird diskutiert, ob eine Ruptur der Vasa vasorum das initiale Ereignis ist und zuerst eine intramediale Hämorrhagie entsteht, aus der sich dann die Dissektion entwickelt oder ob eine intimale Läsion das primäre Ereignis ist. Larson u. Edwards (1984) stützen mit einer Untersuchung von 161 Autopsiefällen letztere Hypothese, indem sie in 158 von 161 Fällen eine intimale Läsion nachweisen konnten. Liegt das Ereignis 14 Tage zurück, spricht man von einer chronischen Dissektion. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Dissektionen erfolgen entlang der physiologischen Schwachstelle zwischen mittlerem und äußerem Mediadrittel. Pathogenetisch werden degenerative Veränderungen in der Aortenwand diskutiert, auch wenn man bei vielen Patienten keine über die normale Gefäßalterung hinausgehenden Veränderungen findet. Zu den prädisponiernden Faktoren zählen:
∑ zystische Medianekrose Erdheim-Gsell, die in 20% der Patienten mit akuter Aortendissektion gefunden wird, ∑ Marfan-Syndrom, hierbei entwickeln die Patienten mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 20 und 40% eine akute Aortendissektion, ∑ Anuloektasie ohne Marfan-Syndrom, die bikuspide Aortenklappe, die Koarktation und die Arteriosklerose, wobei auch die Schwangerschaft als prädisponierender Faktor und eine gewisse Gynäkotropie, der zufolge ältere Frauen mit fortgeschrittener Arteriosklerose ein deutlich höheres Risiko einer Aortendissektion tragen, noch dikutiert werden. Ein stumpfes Thoraxtrauma sowie die Kanülierungsstelle für den kardiopulmonalen Bypass oder eine Aortitis sind als Ursache einer akuten Aortendissektion beschrieben. Bei den akuten Aortendissektionen liegt der intimale Einriss in knapp 50% in der aszendierenden Aorta und in knapp 40% der Fälle im Abgangsbereich der A. subclavia sinistra. Wenige Sekunden nach Beginn der Dissektion breitet sich die Dissektion nach proximal (38%) bzw. nach distal aus. Dabei können die Abgänge abgeschert, verschlossen oder direkt Anschluss an das falsche Lumen gewinnen oder nicht mit einbezogen werden. Dabei ergibt sich die klinische Symptomatik aus Lokalisation und Ausmaß der beteiligten Gefäße. In den meisten Fällen kommt es distal zu einer Reperforation („re-entry“) ins wahre Aortenlumen. Der falsche Kanal liegt in der äußeren Hälfte der aortalen Media, und infolgedessen ist seine äußere Wand dünner. Auch wenn eine initiale Ruptur nicht eintritt,
kann Blut durch schwache Wandanteile der Media und der Adventitia extravasieren und ein diskretes bis ausgedehntes Mediastinal- und perikardiales Hämatom nach sich ziehen. Bei einigen Patienten entwickelt sich im Laufe der Zeit eine aneurysmatische Aussackung, bei der ein hohes Rupturrisiko gegeben ist. Gelegentlich kann es zu einer partiellen oder vollständigen Thrombosierung des falschen Lumens kommen. Klassifikation Von Seiten der Klinik hat sich die Stanford Klassifikation durchgesetzt. Man unterscheidet man ∑ den Typ A (50–60%) mit Beteiligung der Aorta ascendens und/oder des Aortenbogens und ∑ den Typ B mit dem Beginn der Dissektion distal des Abgangs der A. subclavia.
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Diese Klassifikation hat sich insofern bewährt, als Typ A sofort operiert werden sollte und Typ B beim Fehlen von Organkomplikationen durch okkludierte aortale Abgänge konservativ behandelt wird. Merke
Nach DeBakey werden Aortendissektionen in 3 Typen unterteilt:
∑ Typ 1: Die Dissektion beginnt in der Aorta ascendens und setzt sich über den Bogen bis in die deszendierende Aorta fort. ∑ Typ 2: Die Dissektion beschränkt sich auf die Aorta ascendens. ∑ Typ 3: Die Dissektion beginnt im Isthmus, d. h. distal der A. subclavia. Empfehlung zur Untersuchungsstrategie Die akute Aortendissektion ist ein Notfall, der einer schnellen Diagnose und im Falle einer Stanford-ADissektion einer sofortigen Operation bedarf. Besteht der Verdacht auf eine akute Aortendissektion, werden heute folgende diagnostische Verfahren eingesetzt: Transösophageale Echokardiographie, CTA und MRT. Vorteil der transösophagealen Echokardiographie ist, dass sie als ein mobiles, kostengünstiges und weit verbreitetes, semiinvasives und sensitives Verfahren direkt in der Notaufnahme eingesetzt werden kann. Nachteil der transösophagealen Echokardiographie ist die höhere Rate falsch-positiver Befunde, sodass bei konsekutiver Operationskonsequenz bei der Typ-A-Dissektion eine zweite bildgebende Modalität nach Meinung vieler Herzchirugen erforderlich ist. Im Falle eines instabilen Patienten ist dies die CTA, bei einer stabilen Situation sind dies – in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit – die MRT oder die CTA.
2.1 Aorta
Klinische Symptomatik Die akute Aortendissektion kann schmerzlos sein. Die meisten Patienten stellen sich jedoch mit dem Gefühl eines thorokalen Vernichtungsschmerzes vor. Der Schmerz wird oft zwischen den Schulterblättern empfunden, kann aber auch in den Hals oder den Arm ausstrahlen. Ansonsten wird die klinische Symptomatik durch Beteiligung der großen Aortenabgänge bestimmt: Apoplex in 10% der Fälle bei TypA-Dissektion, Mesenterialinfarkt, Nierenarterienverschluss, periphere Ischämie oder eine mit 2% der Fälle eher seltene Paraplegie. Gefürchtete Komplikation einer Stanford-A-Dissektion ist die Ruptur des zweiten Lumens ins Perikard mit Perikardtamponade oder das Abscheren der Koronarien mit Todesfolge (25% der akuten Aortendissektionen). Die Patienten können sich auch mit einer Schocksymptomatik präsentieren, wenn es zum Austritt von Blut nach pleural oder peritoneal gekommen ist oder wenn es – wie in etwa 35–50% der Fälle – beim Typ A zu einem Abscheren der Klappenkommissuren kommt. Aus diesem Grund ist die Typ-A-Dissektion eine vitale Operationsindikation (Mortalität von 1– 2% pro Stunde). Radiologische Symptomatik
쐍 Röntgendiagnostik. Siehe die folgende Übesicht. Veränderungen in Thoraxübersichtsaufnahmen 1. Eine Verbreiterung des Mediastinums in etwa 3/4 der Fälle (Mediastinalhämatom) 2. Unscharfe aortale Konturen (periaortales Hämatom) 3. Doppelkontur (bis zu 40%) Cave: Überlagerungseffekte von aszendierender und deszendierender Aorta 4. Pleuraerguss in bis zu 25% der Fälle 5. Eine >1 cm betragende Distanz zwischen einer Intima verkalkung und dem äußeren Aortenrand (7%) Cave: Projektionsbedingt durch geschlängelte Aorta mit verkalkten, arteriosklerotischen Plaques 6. Zunahme der Breite der Aortensilhouette
쐍 Angiographie. Die Angiographie als früher akzeptierter Goldstandard ist heutzutage weitgehend durch transösophageale Echokardiographie, CT oder MRT ersetzt worden. Unbenommen ist ihr Einsatz als Koronarangiographie zur präoperativen Abklärung der koronaren Durchblutungssituation. Der Zugangsweg wird durch den peripheren Pulsstatus bestimmt. Bei gut tastbarem Leistenpuls empfiehlt sich der transfemorale Zugang. Der axilläre oder transbrachiale Zugang bietet keine Vorteile. Sondiert man fälschlicherweise das falsche Lumen
und besteht ein ausreichender Flow, so kann auch hierüber eine angiographische Darstellung erfolgen. Lassen sich Katheter und Führungsdraht nicht weiter nach proximal vorschieben, zieht man Katheter und Führungsdraht wieder in die abdominelle Aorta zurück und versucht, durch Drehen des Systems wieder ins wahre Lumen zu kommen. Andernfalls muss die Punktionsstelle gewechselt werden. Angiographische Befunde 1. Darstellung der Eintrittsstelle und der Intima-MediaMembran als dünne bandförmige Kontrastmittelaussparung mit schwächerer Kontrastierung des zweiten Lumens 2. Kompression des wahren Lumens in etwa 70–80% der Fälle 3. Stenose oder Okklusion abgehender Gefäße 4. Insuffizienz der Aortenklappe 5. Verbreiterung der Aortenwand Cave: Auch bei stark arterioskleotisch veränderter Aorta
Die Sensitivität der Aortographie schwankt in der Literatur zwischen 80 und 90%, die Spezifität zwischen 90 und 100% (Cigarroa et al. 1993).
쐍 Computertomographie (CT-Angiographie). Mit Einführung der Spiral-CT 1989 mit 2D/3D-Rekonstruktionsmöglichkeiten hat die CTA die Angiographie als primäres bildgebendes Verfahren weitgehend abgelöst. Mit der Entwicklung der Mehrzeilen-CT-Generation und einer nahezu isotropen Darstellungsmöglichkeit ist eine weitere Verbesserung der Treffsicherheit erzielt worden, die eine Sensitivität und Spezifität von annährend 100% erreicht. Kontrovers wird diskutiert, ob vor der Kontrastmittelserie eine Nativuntersuchung erforderlich ist. Vorteil der Nativserie ist beim Vorliegen von intimalen Verkalkungen eine „Markierung“ der Intima. So ist der Nachweis eines inwendig verlagerten Intimaplaques ein typisches Zeichen einer klassischen Aortendissektion in der Nativuntersuchung. Die CT-Diagnose einer Dissektion erfolgt durch den Nachweis der Intima-Media-Membran als dünne bandförmige Kontrastmittelaussparung. Dabei können alle Abgänge der Aorta dargestellt und ihre Ursprünge dem wahren bzw. falschen Lumen zugeordnet werden. Das wahre Lumen ist in der Regel kleiner (bedingt durch die Wandschwäche des falschen Lumens) und verläuft meist in der Aortenkonkavität. Auch die Koronarien und die Klappenfunktion sind bei Verwendung von 64-Zeilen-Geräten oder an Dual-Source-CT-Scannern mit EKG-Triggering möglich. Einschränkungen bestehen unter Umständen noch darin, dass eine komplette Abdeckung der thorakoabdominellen Aorta nur mit einer gewissen Dosiserhöhung möglich ist. Organkomplikationen wie z. B. eine renale Ischämie als verminderte
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Kontrastierung einer Niere oder eine Beteiligung der proximalen Abschnitte des mesenterialen Stromgebiets sowie wichtige Nebenbefunde wie Hämatomediastinum, Hämatoperikard, Hämatothorax sind eindeutig zu diagnostizieren. Die folgende Übersicht zeigt Pitfalls, die zu beachten sind. Pitfalls 1. Schlechte Kontrastierung der Intima-Media-Membran bei schlechter Gefäßkontrastierung (zu spät, geringe Injektionsrate usw.) oder bei zu starker Kontrastierung (zu früh,zu hohe Kontrastmittelkonzentration usw.; hier kann unter Umständen die Bildbetrachtung in einem weiteren Fenster hilfreich sein). 2. Streifenartefakte (Schrittmacherkabel, Clips, fehlende Abduktion der Arme, hohe Kontrastmittelkonzentration in der V. brachiocephalica). Während die Intima-Media-Membran als zarte Membran leicht gebogen ist und streng auf das aortale Lumen begrenzt ist, verlaufen die Artefakte streng linear über die Aortenwand und sind in der Regel nicht durchgängig auf allen Schichten zu sehen. Eine Bildbetrachtung in einem weiteren Fenster kann in vielen Fällen zur Klärung beitragen. Schwieriger in der Abgrenzung sind die aortalen Pulsationsartefakte, die aber häufig nicht durchgängig auf mehreren Schichten nachweisbar sind und klassischerweiser in der Aortenwurzelnähe zwischen 12 und 1 Uhr bzw. zwischen 6 und 7 Uhr lokalisiert sind. 3. Periaortale Strukturen (V. intercostalis superior, die inferiore linke Pulmonalvene, der superiore perikardiale Rezessus, periaortale Gewebsvermehrungen bei Lymphomen oder Aortitis, eine periaortale Atelektase (Lungenfenster!)). 4. Ductusdivertikel: Falsch-positive Befunde können bei einem spitzen Winkel des Divertikels mit der Aortenwand entstehen.
쐍 Transösophageale Echokardiographie. Die transösophageale Echokardiographie ist eine mobiles, kostengünstiges und weit verbreitetes, semiinvasives Verfahren, das im Bett oder auch intraoperativ eingesetzt werden kann. Mit den neueren bi- bzw. multiplanaren TEE-Methoden werden Sensitiviäten von nahezu von nahezu 100% bei tendenziell geringerer Spezifität erzielt. Ein Vorteil liegt in der Beurteilung der Klappenfunktion, umstritten ist die Beurteilbarkeit der Koronarien. Nicht ausreichend beurteilbar sind in der transösophagealen Echokardiographie die supraaortalen Abgänge und abdominelle Aortenäste. Vergleichende Studien belegen eine sehr hohe Sensitivität von transösophagealer Echokardiographie im Vergleich zur CT und MRT bzw. von transösophageale Echokardiographier zur MRT bei schlechterer Spezifität (Nienaber et al. 1992; Sommer et al. 1996). Die Komplikationsrate der transösophagealen Echokardiographie liegt in einer Größenordnung von etwa 2% und umfasst Aspiration, Arrhythmien, Blutdruckschwankungen, Ösophagusverletzungen und Blutungen.
쐍 Magnetresonanztomographie. Die MRT ist das Verfahren mit der höchsten Sensitivität und Spezifität bei akuten Aortendissektionen in der klinisch stabilen Situation. Instabile und beatmetete Patienten sind primär eine Indikation für die CTA, falls die Operationsindikation in Zusammenhang mit der klinischen Situation nicht direkt aus der transösophagealen Echokardiographie gestellt wird. Vorteil der MRT ist Multiplanarität des Verfahrens. Dabei sind die T1gewichteten SE- oder TSE-Sequenzen (als „Nonbreathhold-Sequenzen“ mit EKG-Triggerung), aber vor allem T1-gewichtete TSE-Breathhold-Sequenzen mit „Dark-blood-Präparationsimpulsen“ die Kernsequenzen für die Darstellung der zarten Intima-Media-Membran (Schichtdicke 5 mm). Ist der Befund in einer Ebene nicht eindeutig, empfiehlt sich eine zweite Ebene orthogonal dazu. Eine kontrastverstärkte MRA ist der Bildgebung vor allem im Hinblick auf die Wandbeurteilung (intramurales Hämatom) unterlegen (Krinsky et al. 1997). Eine ergänzende Phasenkontrastsequenz (idealerweise in BreathholdTechnik) kann den Befund von 2 durchströmten Lumina bestätigen, wobei das Lumen mit dem langsameren Fluss dem falschen Lumen entspricht. Eine Evaluierung spezifischer Flussmuster im falschen Lumen wird eher im Hinblick auf seine prognostische Bedeutung bei der Entwicklung einer aneurysmatischen Erweiterung des falschen Lumens bei chronischer Dissektion diskutiert (s. dort). In der Übersicht sind die zu beachtenden Pitfalls aufgeführt. Pitfalls 1. Fehlende Darstellung der Intima-Media-Membran in der MIP hilft, bei kontrastmittelverstärkter MRA (eine Betrachtung aller Einzelbilder diesen Pitfall zu vermeiden). 2. Pseudodissektion durch eine anliegende, kontrastmittelaufnehmende Atelektase oder durch eine parallel verlaufende V. azygos bei rechts-deszendierender Aorta (Einzelbilder!). 3. Pulsationsartefakte, vor allem bei SE- oder TSE-Sequenzen (ein Verändern der Präparationsrichtung und eine 2. oder 3. Ebene ist hilfreich, diesen Pitfall zu vermeiden).
Differenzialdiagnose, operative und interventionelle Aspekte Die Diagnose einer akuten Aortendissektion sollte zweifelsfrei gestellt werden. Sie führt im Falle einer Stanford-A-Dissektion zwingend zur sofortigen Operation, während die Stanford-B-Dissektionen beim Fehlen von Organkomplikationen primär konservativ behandelt werden. Dabei wird im Falle einer Stanford-A-Dissektion in Abhängigkeit der Klappenbeteiligung ein klappentragendes Konduit mit Reinsertion der Koronarien oder ein klappenfreies Konduit implantiert, was für den Patienten den Vorteil hat, dass auf eine lebenslange Markumarisierung verzichtet werden kann. Die distale Anastomose liegt
2.1 Aorta
in der Regel proximal der Abgänge der supraaortalen Äste und die Dissektion wird verklebt. Bei Beteiligung der supraaortalen Äste mit neurologischer Symptomatik werden Aszendens und Bogen ersetzt und die supraaortalen Äste reimplantiert. Dabei liegt die Mortalität – in Abhängigkeit von Komorbidität und vorgenommem Eingriff – im Schnitt bei etwa 25%. Die Typ-B-Dissektion ohne ischämische Komplikationen der abgängigen Aortenäste wird primär konservativ mit Betablockern behandelt. Halbjährliche oder jährlich Kontrollen der Lumenverhältnisse sind erforderlich. Eine Operationsindikation ergibt sich bei Ischämiesymptomtik (spinal, viszeral, renal, peripher), bei einem Hämotothorax sowie ausgedehntem Hämatom als Ausdruck einer bereits erfolgten gedeckten Ruptur. Das „Wie“ des operativen Eingriffs wird durch die lokalen Verhältnisse bestimmt. Unter Umständen ist nur eine Bypassierung des ischämischen Organs erforderlich, in anderen Fällen (in jedem Fall bei Rupturierung des falschen Lumens) erfolgt ein Dakronersatz, selten ist ein thorakoabdomineller Zugang (Crawford-Zugang) erforderlich. Neben der hohen perioperativen Morbidität und Mortalität besteht dabei ein Paraplegierisiko in der Größenordnung von 10–25%. Hohe Mortalität, Morbidität und hohes Paraplegierisiko haben zur Entwicklung interventionellradiologischer Verfahren geführt. Einzelne Arbeitsgruppen berichten von einer Stabilisierung der hämodynamischen Verhältnisse bei einer sogenannten „True-lumen-collaps-Situation“. (Überdruck im Falschkanal komprimiert das wahre Lumen und die aus dem wahren Lumen abgehenden viszeralen Äste mit sukzessiver Thrombosierung des Lumens) durch thorakale Stentprothesen (Dake et al. 1999; Richter et al. 2001) in einer akuten Typ-B-Situation (chronische Dissektion, s. dort). Differenzialdiagnostisch abzugrenzen ist vor allem die partielle oder vollständige Thrombosierung des falschen Lumens. Dabei kann in der MRT ein geringer Fluss im falschen Lumen hyperintens sein und so eine vollständige Thrombosierung vortäuschen. Eine ergänzende Phasenkontrastangiographie mit niedrigen Venc-Werten, eine transversale „Time-offlight- (TOF-)Technik“ oder eine Tagging-Sequenz (s. Beispiel unten) detektieren zuverlässig Thrombosierung oder langsamen Fluss. In der CT-Diagnostik kann eine Dichteanhebung des falschen Lumens nach intravenöser Kontrastmittelgabe Ausdruck einer minimalen Perfusion sein. In der Differenzialdiagnose zu chronischen Abscheidethromben kann in der CT die Beziehung zur häufig verkalkten Intima herangezogen werden. Liegt die Intimaverkalkung medial, so liegt ein Abscheidethrombus vor, liegt sie lumenwärts, so muss neben der Differenzialdiagnose
a
b
Abb. 2.25 a, b. 55-jährige Patientin mit spontaner Typ-A-Dissektion, die computertomographisch bis an den Abgang der linken Koronararterie (Pfeil) herangeht. Dissektion in den Truncus brachiocephalicus hinein reichend. Intraoperativ gute Klappenfunktion und noch ausreichende Mediasubstanz. Deshalb Entscheidung zur suprakoronaren Rohrprothese. Histologie: degenerative Arteriosklerose
133
134
Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
b
a
c
Abb. 2.26 a–c. 70-jährige Patientin mit akutem Schmerzereignis vor einer Woche. Typ-B-Dissektion bis nach iliakal reichend, keine Organkomplikationen. Das wahre Lumen (a: VRT-Modus) in der Aortenbogenkonkavität, sich spiralför-
mig um das falsche Lumen (a: dunkel) wickelnd. Viszeralarterien und linke Nierenarterie aus dem wahren Lumen abgehend. Konservative Therapie mit Antihypertensiva
einer thrombosierten Dissektion eine IMH (s. unten) abgegrenzt werden. In der Differenzialdiagnose zu chronischen Abscheidethromben mit Septierungen kann hier die Multiplanarität der MRT-Technik helfen. Die penetrierende Aortenulzeration (PAU) wird als Differenzialdiagnose und Ursache klassischer Aortendissektionen diskutiert. Charkterischer Befund ist eine kontrastmittelgefüllte Nische – das pe-
netrierende Ulkus – häufig umgeben von einer Wandverdickung, die in 75% der Fälle durch intramurale Einblutungen bedingt ist. Das Potenzial des PAU zur Ausbildung einer Aortendissektion ist mit 16% beobachteter Dissekate eher gering (s. unten). Zur Differenzialdiagnostik zum periaortalen Lymphom bzw. Aortentumor s. oben, Abschn. Tumoren.
2.1 Aorta
c
b
a
d
e
Abb. 2.27 a–e. 40-jährige Patientin mit Typ-B-Dissektion und Ischämie des rechten Beins durch Kompression der rechten A. iliaca externa (Pfeil) Bei Zustand nach Stentimplantation regelrechte Perfusionsverhältnisse
Penetrierendes Aortenulkus Definition
왔 Das penetrierende Aortenulkus (PAU)
bezeichnet ein die Lamina elastica interna penetrierendes arteriosklerotisches Intimaulkus. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Das Risikoprofil entspricht dem von Patienten mit ausgeprägter Arteriosklerose, und die Patienten befinden sich fast ausnahmslos jenseits der 6./7. Lebensdekade. Entsprechend dem Verteilungsmuster
der Arteriosklerose befinden sich nur 12% der PAU in der Aorta ascendens, die überwiegende Mehrzahl ist im mittleren und distalen Drittel der Aorta lokalisiert. Ihre Ausdehnung kann sehr variabel sein und wird im Schnitt mit 5–25 mm bei einer Tiefe von 3–30 mm angegeben. Das Überschreiten der Lamina scheint nahezu obligat zu Arrosionsblutungen der Media mit Ausbildung eines Mediahämatoms zu führen. Dabei kann das Hämatom lokalisiert sein, es kann sich aber auch auf die gesamte Aorta descendens erstrecken. Im Unterschied zu der IMH als Vorstufe der Aortendissektion scheinen die Mediahämatome beim PAU
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
nur ein geringeres Potenzial zur Entwicklung einer klassischen Dissektion zu haben. So werden Dissekate nur in 16% der PAU beschrieben. Meist handelt es sich dabei um atypische Dissekate mit einer verdickten und kalzifizierten Intima. Möglicherweise verhindert Fibrosierung durch die ausgeprägte Arteriosklerose ein Fortschreiten der Dissektion. Häufige Komplikationen sind die Ruptur (meist inkomplett) und die Ausbildung eines Pseudoaneurysmas. Klinische Symptomatik Bei 70% der Patienten stellen akute thorakale Schmerzen die initiale Symptomatik dar. Dabei ist das PAU in nur 3% Ursache eines akuten Aortenbogensyndroms (Dissektion etwa 80%, IMH etwa 17%). Periphere Ischämiezeichen oder neurologische Komplikationen sind selten. Radiologische Symptomatik In knapp 50% der Fälle ist im Röntgenbild eine Mediastinalverbreiterung nachweisbar, in gut 1/3 der Fälle ein Hämatothorax oder Pleuraerguss. Die Bezeichnung PAU entstand in der Ära der Angiographie. Heute haben CT und MRT die Angiographie in der Diagnostik der PAU ersetzt. In der NativCT zeigt sich ein Wandhämatom, das sich gegenüber der normalen Wand abhebt. Lumenwärts verlagerte, verkalkte Intimaplaques sind ein weiteres Kriterium. Nach Kontrastmittelgabe demarkiert sich eine kontrastmittelgefüllte Nische, wobei das Ulkus nach einer Literaturzusammenfassung von Kodolitsch u. Nienaber (1998 a) in 30% der Fälle nicht nachweisbar war. Die MRT zeigt das subakute Wandhämatom als Signalerhöhung im T1- und T2-gewichteten Bild und soll in der Differenzialdiagnose „Abgrenzung zum arteriosklerotischen Plaque und dem chronischen intraluminalen Thrombus“ der CT überlegen sein (Yucel et al. 1990), während Baur et al. (1998) in 3 von 3 Fällen das Ulkus nicht nachweisen konnten. Differenzialdiagnose, operative und interventionelle Aspekte Der Nachweis eines Ulkus mit Wandhämatom beweist ein PAU. Kann der Nachweis nicht erfolgen, so gelingt unter Umständen eine Detektion des Ulkus durch Reduktion der Schichtdicke. Bei fehlendem Ulkus und alleinigem Wandhämatom ist dann bei ähnlicher klinischer Symptomatik eine IMH anzunehmen (s. dort). Die Abgrenzung einer Aortendissektion ist bei fehlendem 2. Lumen in der Regel unproblematisch. Die Frühletalität (Ruptur) ist mit der der klassischen Aortendissektion vergleichbar. Dabei ist be-
sonders die hohe Letalität der Typ-A-Ulzera mit fast 50% zu beachten (Kodolitsch u. Nienaber 1998 a), während sie bei Typ-B-Ulzera deutlich niedriger liegt (14%). Entsprechend wird für den Typ-A-Ulkus eine sofortige operative Sanierung empfohlen (Coady et al. 1999). Die perioperative Komplikationsrate ist aufgrund der Multimorbidität mit etwa 20–30% so hoch, dass von einigen Autoren in einer klinisch stabilen Situation mit einem bewandeten Ulkuskrater und einem direkten Ansprechen auf eine Analgesie ein primär konservatives Vorgehen propagiert wird (Movsowitz et al. 1994). Für die prognostisch günstigere Typ-B-Situation wird vermehrt über Stentinterventionen berichtet. Erste erfolgversprechende Ergebnisse mit Mortalitätsraten <1% bei einer Paraplegiewahrscheinlichkeit von 0–2% liegen vor (Dake 2001; Sailer et al. 2001). Dabei wird das Ulkus mit einem Stent überbrückt. Die Frage, ob und wann bei einem Typ-B-Ulkus eine Stentintervention erfolgen sollte und ob ein kurzfristiges Follow-up ausreichend ist, kann noch nicht abschließend beantwortet werden. Persistierende Klinik und die Größenzunahme des Ulkus oder die Entwicklung eines Pseudoaneurysmas gelten als prognostisch ungünstige Zeichen und sollten Anlass einer operativen oder interventionell-radiologischen Maßnahme sein (Abb. 2.28 a,b, Abb. 2.29 a–c). Intramurale Hämorrhagie Definition
왔 Die IMH ist eine intramurale Hämor-
rhagie infolge einer Rhexisblutung aus den Vasa vasorum. Da dieser Befund auch bei der klassischen Aortendissektion anzutreffen ist, wird sie von vielen Autoren als deren Vorstufe angesehen. Im Unterschied zur Aortendissektion finden sich aber weder ein Riss der Intima noch ein falsches Lumen. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen IMH entstehen spontan (etwa 70% der Fälle), im Rahmen eines stumpfen Thoraxtraumas oder werden in Assoziation mit schweren arteriosklerotischen Wandveränderungen beschrieben. Bei der traumaassoziierten Form entsteht die Blutung in gut 3/4 der Fälle distal des Abgangs der A. subcavia und wird bei benignem Verlauf primär konservativ behandelt (Vilacosta et al. 1997). Die spontanen IMH sind in 90% der Fälle mit einem Hypertonus assoziiert, und dieser wird übereinstimmend als prädisponierender Faktor angesehen. Das Durchschnittsalter liegt zwischen 55 und 65 Jahren.
2.1 Aorta Abb. 2.28 a, b. PAU eines 78-jährigen Patienten mit kontrastmittelgefülltem Ulkus, geringem umgebendem Hämatom sowie umschriebenem Pleuraerguss mit Teilatelektase des Unterlappens. Therapie der Wahl ist die Implementierung eines Aortenstents
a
b
Abb. 2.29 a–c. MRT einer PAU mit Nachweis von 2 Ulzera in der deszendierenden Aorta
b
a
!
Die klinische Bedeutung IMH liegt in der Möglichkeit der Entwicklung einer klassischen Dissektionen oder einer Aortenruptur. Merke
Dabei ist in 18% der Fälle mit der Entwicklung klassischer Dissektionen und bei weiteren 15% mit Aor-
c
tenrupturen zu rechnen. Diese Komplikationen sind bei einem Befall der Aorta ascendens etwa doppelt bis 3-mal so häufig. Die Wanddicken schwanken von 9–20 mm, die kraniokaudale Ausdehnung zwischen 30 und 300 mm. Die IMH ist in 1/3 der Fälle in der Aorta ascendens lokalisiert.
137
138
Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Klinische Symptomatik Ähnlich dem PAU stellt bei der IMH bei etwa 90% der Patienten das thorakale Schmerzereignis das primäre Symptom dar. Eine neurologische oder peripher ischämische Symptomatik tritt bei 12 bzw. 5% der Fälle auf, in 26% entwickelt sich eine akute Aortenklappeninsuffizienz (Kodolitsch u. Nienaber 1998 b). Radiologische Symptomatik Über eine Verbreiterung des Mediastinums und/oder der Aortenkontur wird in gut 3/4 der Fälle berichtet. Weitere Röntgenzeichen sind Pleuraerguss und/oder Perikarderguss (20–30%). Die Diagnose wird in der Mehrzahl der Fälle durch die CT gestellt. Typischerweise lässt sich in der nativen CT ein zirkulärer, hyperdenser Randsaum ohne Kontrastmittel-Enhancement nachweisen. Dabei ist – falls vorhanden – intimaler Kalk lumenwärts verlagert. In der transösophagealen Echokardiographie ist eine Wandauftreibung nachweisbar, die unter Umständen schwer vom Wandödem oder arteriosklerotischen Auflagerungen zu unterscheiden ist. Angiographisch kann nur aufgrund von längerstreckigen, glattwandigen Lumeneinengungen die Verdachtsdiagnose einer IMH geäußert werden. Im akuten Stadium zeigt sich in der MRT bei isointensem Signal im T1-gewichteten Bild eine Hyperintensität der Wand im T2-gewichteten Bild, während die subakute Blutung sowohl im T1- als auch im T2gewichteten Bild hyperintens ist (Bluemke 1997). Differenzialdiagnose, operative und interventionelle Aspekte In der Differenzialdiagnose sind der chronische Abscheidethrombus und die thrombosierte Dissektion zu erwähnen.Abscheidethrombus oder arteriosklerotische Plaques sind z. T. exzentrisch konfiguriert und – falls vorhanden – liegt der Intimakalk zur Wand hin. In der MRT kann der Nachweis von Methämoglobin den entscheidenen differenzialdiagnostischen Hinweis geben. Dabei kann eine Abgrenzung gegenüber der vollständig thrombosierten Dissektion unmöglich sein, da Form und Signalintensität denen der IMH entsprechen können. Hilfreich können die TOFTechnik oder eine Phasenkontrastangiographie sein, die auch ganz geringen Fluss detektieren. Die Differenzialdiagnose bleibt letztendlich ohne klinische Bedeutung, da die IMH wie eine Dissektion behandelt wird: Die Typ-A-IMH stellt eine dringliche Operationsindikation dar. Bei der stabileren Typ-B-Situation (8% Todesfälle unter medikamentöser Therapie) wird ein primär konservatives Vorgehen (antihypertensive Therapie) angestrebt, wenn nicht Instabilität und/oder Größenprogredienz zu einem operativen Eingriff zwingen, der allerdings mit einer 33%igen Operationsletalität behaftet ist.
Abb. 2.30. Typ A (analog zur Einteilung der dissezierenden Aortenaneurysmen) IMH einer 45-jährigen Patientin mit plötzlichem thorakalem Schmerzereignis. In der T1-gewichteten SE-Sequenz typisches, hyperintenses Signal im Sinne einer Hämorrhagie. Zur Differenzialdiagnose vgl. Abb. 2.31
Abb. 2.31. Differenzialdiagnose: Abgrenzung zur Atheromatose: Im Unterschied zur IMH liegt der die Intima markierende Kalk außen
2.1.4.7 Chronische thorakale Aneurysmen Definition
왔 Darunter werden alle echten Aneurys-
men (alle Wandschichten betreffend), alle falsche Aneurysmen, die als Folge einer Ruptur aller Wandschichten auftreten, Pseudoaneurysmen, wobei ein Teil der Wandschichten intakt ist inklusive aller chronisch dissezierenden Aneurysmen subsumiert.
2.1 Aorta
Ab 5 cm im Querdurchmesser wird von einem Aneurysma gesprochen, ein Graubereich besteht zwischen 3 und 5 cm. Nach der makroskopischen Form unterscheidet man im Wesentlichen das fusiforme (falls die Gefäßwand zirkulär eingezogen ist) und das sackförmige Aneurysma, bei dem nur ein umschriebener Bezirk der Wand betroffen ist. Wahre Aneurysmen sind in der Regel fusiform, falsche Aneurysmen und Pseudoaneurysmen dagegen vorwiegend sackförmig. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Je nach Pathogenese unterscheidet man
∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑
kongenitale, arteriosklerotische, mykotische (infektiöse), Arteriitis-assoziierte, posttraumatische und das chronische disseziierende Aortenaneurysma.
Am häufigsten sind die arteriosklerotischen (65%), gefolgt von den chronisch dissezierenden und den kongenitalen Aneurysmen. Während man 1956 noch in bis zu 50% der Aneurysmen eine luetische Genese fand, ist diese Ursache heute selten. Die Häufigkeit mykotischer Aneurysmen soll sich auf 3–10% belaufen. In einem unselektionierten Kollektiv thorakaler Aortenaneurysmen betrafen 45% die Aorta ascendens, 10% den Aortenbogen, 35% die deszendierende Aorta und etwa 10% die thorakoabdominelle Aorta (Bickerstaff et al. 1982). Klinische Symptomatik Gut 50% der Aneurysmen sind asymptomatisch und werden durch Zufall auf der Röntgenübersicht entdeckt. Wenn Symptome auftreten, dann gehen sie in der Regel bereits von sehr großen Aneurysmen aus, die mit benachbarten Organstrukturen in Beziehung treten. Hauptsymptom ist der retrosternale Schmerz. Je nach Lokalisation kann es zu Dysphagie, Dyspnoe, Heiserkeit (linksseitiger Phrenikus) oder zur oberen Einflussstauung bei Kompression der V. cava kommen. Hauptkomplikation ist die Ruptur, die in alle benachbarten Strukturen erfolgen kann (Herzbeutel, Ösophagus, V. cava, Mediastinum, Bronchialsystem) und meist tödlich endet. Die klinische Untersuchung ist meist unergiebig. Einzig die Zeichen einer Aortenklappeninsuffizienz oder Strömungsgeräusche können auf ein thorakales Aneurysma hindeuten. Radiologische Symptomatik In der Thoraxübersicht zeigt sich eine umschriebene oder globale Verbreiterung der Aortenschattens. Eine Doppelkontur der Aorta zeigt sich in knapp der Hälf-
te aller chronischen Aortenaneurysmen. Eine Trachealverlagerung ist in knapp 2/3 der Fälle zu beobachten. Die Verdrängung der verkalkten Intima von der Aortenwand in der p.-a.-Aufnahme um >10 mm (s. oben) ist als Zeichen einer Dissektion wenig spezifisch, da es auch projektionsbedingt durch eine elongierte Aorta mit verkalkten, arteriosklerotischen Plaques postiv sein kann. Die CT oder die MRT als weiterführende Diagnostik klären Lokalisation, Größe und Ausdehnung und machen die Angiographie entbehrlich. Arteriosklerotisches Aneurysma Das arteriosklerotische Aneursma macht die Mehrzahl aller thorakalen Aneurysmen aus. Der arterielle Hypertonus gilt als prädisponierender Faktor. Pathogenetisch führt die subintimale Plaquebildung zu einer verschlechterten Versorgung der Media und einer Fibrosierung unterversorgter Wandanteile. Durch den Verlust an elastischen Fasern wird die Gefäßwand starrer und weiter. Mit zunehmendem Radius wächst die tangentiale Wandspannung, sodass das dilatierte unelastische Gefäß wesentlich höheren Wandspannungen ausgesetzt ist, was den Prozess weiter beschleunigt. Typischerweise sind arteriosklerotisch bedingte Aneurysmen fusiform. Mit zunehmender Größe steigt das Risiko der Dissektion und Ruptur. Die Frage, wann die Indikation zum operativen Eingriff gestellt werden soll, wird kontrovers diskutiert. Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass die Größe des Aneurysmas der entscheidende Faktor ist. So liegt – einer multivarianten Regressionsanalyse nach – die Wahrscheinlichkeit einer akuten Ruptur bei einer Größe zwischen 6,0 und 6,9 cm bei 37% (Aorta ascendens), für Deszendensaneurysmen >7 cm bei 43% (Coady et al. 1999).
!
Eine Operationsindikation wird – unter Berücksichtigung der Komorbidität – zwischen 5,5 und 6 cm für die Aorta ascendens und 6,5–6,9 cm für die Aorta descendens gesehen. Merke
Umschriebene sakkuläre Aneurysmen stellen eine gute Indikation für eine Stentintervention bei deutlich niedrigerer Mortalität und Morbidität dar (Won et al. 2001. Chronisch dissezierendes Aneurysma Das chronische dissezierende Aneurysma stellt nach dem arteriosklerotischen Aneurysma die zweithäufigste Ätiolögie thorakaler Aortenaneurysmen dar. Definition
왔 Eine Dissektion wird als chronisch
bezeichnet, wenn das akute Ereignis mehr als 14 Tage zurückliegt.
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
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Abb. 2.32 a–e. Arteriosklerotisches thorakoabdominelles Aneurysma. c–e Arteriosklerotisches Aneurysma der Aorta descendens und abdominalis. Aneurysma mit exzentrischer Atheromatose und umschriebener sackförmiger Ausweitung proximal davon
Dabei wird die asymptomatische chronische Dissektion ohne Organkomplikationen konservativ behandelt. Die Berechtigung für dieses Behandlungskonzept liegt in der Gleichwertigkeit der Langzeitergebnisse zwischen operativem und konservativem Vorgehen. Die Rolle der Bildgebung besteht bisher in der kurzfristigen Kontrolle von Lumenweite, dem Nach-
weis einer Perfusion des falschen Lumens und in der Beurteilung der Aortenabgänge. Diesbezüglich sind die Angio-CT und die MRT als gleichwertig zu betrachten. Die Zunahme der Lumenweite des falschen Lumens gilt als ein wichtiger prognostischer Parameter. Im diesem Kontext wird diskutiert, ob spezifische
2.1 Aorta
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Abb. 2.33 a–d. 52-jähriger Patient mit bekannter arterieller Hypertonie bei chronischer Typ-B-Dissektion (kleine Niere rechts als Hinweis auf eine chronische Dissektion). MRA zur Abklärung einer renovaskulären Ursache des Hypertonus. Dabei zeigt sich in der MIP lediglich ein Kontrastsprung zwischen thorakaler und abdomineller Aorta. In der transversalen
MIP und der GRE-Sequenz Nachweis einer Typ-B-Dissektion mit Ursprung der rechten Nierenarterie aus dem wahren, komprimierten Lumen und Abgang der linken Nierenarteie aus dem falschen Lumen. Therapie: Etablierung eines Aortenstents distal des Abgangs der linken A. subclavia
Flussmuster (Reflux, Turbulenzen) im falschen Lumen zur aneurysmatischen Erweiterung prädisponieren. Hier ergeben sich sinnvolle Indikationen für den Einsatz der MRT (ergänzende Phasenkontrastangiographie; Strotzer et al. 2000) mit der Beurteilung von Form und Funktion. Ein weiterer Vorteil ist aufgrund der Multiplanarität des Verfahrens in der besseren Beurteilung von Entry bzw Reentry zu sehen. Die Zehnjahresmortalität der chronischen Typ-BDissektion bei konservativem Regime beträgt etwa 30%, und die Patienten versterben in 90% der Fälle an einer akuten Ruptur (Fann et al. 1995). Dabei ist das kumulative Risiko einer Ruptur bei chronischer Dissektion etwa doppelt so hoch wie beim wahren Aneurysma mit einer durchschnittlichen Lumenweite von 5,5 cm zum Zeitpunkt der Ruptur. Hohes Alter,
chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und Hypertonus sind negative Prädiktoren. Trotz verbesserter Operationstechnik und Mortalitätsraten um 10% ist das Paraplegierisiko mit etwa 15% hoch. Dies hat in den letzten Jahren zu einem vermehrten Einsatz von aortalen Stents geführt, anfänglich beschränkt auf Hochrisikopatienten mit der Tendenz zur zunehmenden Ausweitung der Indikation auf diejenigen Patienten, bei denen bisher eine Operationsindikation gegeben war. Bei den bisher durchgeführten etwa 3000 Stentimplantationen (alle Indikationen) lag die Mortalität zwischen 0 und 4% bei einem Paraplegierisiko von 0–2% (Dake 2001). Dabei kam es in >90% der Fälle mit akuter oder chronischer Typ-B-Dissektion zu einer vollständigen Thrombosierung des falschen Lumens.
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
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Abb. 2.34 a–d. 60-jähriger Patient mit bislang stabiler Typ-BDissektion. Aktuell abdominelle Schmerzen und Anstieg der Ischämieparameter (Laktat: 25 mmol/l, Transaminasen >10.000 U/l). So genannte „True-lumen-Kollapssituation“ mit
Verlegung des Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior durch das falsche Lumen (dorsal gelegen). Therapie: aortozöliakaler und mesenterialer Bypass
Abb. 2.35. Thrombosierte Typ-B-Dissektion durch Tagging-Technik. Während der Fluss im durchströmten Lumen zu einer Dephasierung des Tagging-Musters führt, bleibt das Muster der Tagging-Pulse im Thrombus ähnlich wie in der Muskulatur der Thoraxwand konstant
2.1 Aorta
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Abb. 2.36 a–e. 60-jährige Patientin, Zustand nach suprakoronarem Aszendensersatz bei Typ-A-Dissektion. Regelrechte Darstellung der proximalen und obere Bildreihe (a und b) distalen Anastomose (Pfeile) einer 28er Dacron-Rohrprothese. Stabiler klinischer Verlauf über 1 Jahr. Erneutes Schmerzereignis. e–c Aneurysmatische Erweiterung des falschen Lumens mit periaortalem Hämatom im Sinne einer gedeckten Ruptur. Wenige Stunden nach Implantation eines 46 mm großen, gecoverten Stents distal des Abgangs der linken A. subclavia verstarb die Patientin. Die Rupturstelle zeigt sich deutlich als KM-Extravasation (Pfeil)
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Kongenitales Aneurysma Definition
왔 Im Rahmen von angeborenen, gene-
ralisierten Bindegewebsstörungen wie des Marfan- oder des Ehlers-Danlos-Syndroms kommt es durch den Verlust elastischer Fasern zur Schwächung der Aortenwand und zur progredienten Dilatation und Aneurysmabildung. Mit Beteiligung des Anulus kommt es in fast 90% der Fälle zur Aortenklappeninsuffizienz (anuloaortale Ektasie). Dissektion und Aortenruptur sind die lebensbedrohlichen Komplikationen der Erkrankung und für etwa 60% der Todesfälle bei diesen Patienten verantwortlich. Eine Dissektion entwickelt sich in etwa 20–30% der Fälle. Dabei kamen in einer Fallstudie von 101 Patienten (Niinami et al. 1999) Typ A und B jeweils zu gleichen Teilen vor. Eine Indikation zu einem operativen Eingriff (mit/ohne Klappenersatz) wird bei Patienten mit Marfan-Syndrom ab einer Lumenweite von 5,5 cm gesehen, da danach das Risiko von Dissektion und Ruptur deutlich ansteigt. Infektiöses (mykotisches) Aneurysma Der Begriff geht auf eine Einzelfallbeschreibung eines Patienten mit einer Endokarditis, septischer Embolie und einem sekundär entstandenem Aortenaneurysma zurück. Man nahm an, es gehe von einer Pilzinfektion aus und prägte den Ausdruck „mykotisches Aneurysma“. Heute wird der Begriff auf alle durch mikrobielle Infektionen entstandene Aneurysmen ausgedehnt. Pathogenetisch wird neben dem hämatogen Infektionsweg über die Vasa vasorum oder vom Gefäßlumen transmural, der den überwiegenden Anteil ausmacht, auch der per continuitatem von einem benachbarten Entzündungsherd ausgehende diskutiert. Mykotische Aneurysmen (s. Abschn. „Aortitiden“) werden vorwiegend bakteriell verursacht. Häufige bakterielle Erreger sind Staphylococcus aureus, betahämolysierende Streptokokken, Salmonellen oder Pseudomonasvarianten, in selteneren Fällen sind es Infektionen mit Pilzen wie Candida oder Aspergillus. Mykotische Aneurysmen sind am häufigsten in der Aorta ascendens anzutreffen und zeigen oft eine schnelle Größenzunahme. Idiopathische (zystische) Mediadegeneration Definition
왔 Die idiopathische Medianekrose (Erd-
heim/Gsell) ist eine wahrscheinlich genetisch bedingte Strukturstörung der Media mit
einer Reduktion der elastischen Fasern und einer Ablagerung von mukoiden Substanzen in den mittleren und äußeren Mediawandschichten. Das Durchschnittsalter der Patienten liegt zwischen 40 und 70 Jahren. Erdheim-Gsell-assoziierte Aneurysmen betreffen vorwiegend die Aorta ascendens und den Aortenbogen und machen etwa 8–10% aller thorakalen Aortenaneurysmen aus. Die idiopathische Medianekrose (Erdheim/Gsell) prädisponiert zur Ausbildung dissezierender Aneurysmen (s. dort; Abb. 2.37 a–d). Posttraumatische Aneurysmen Wird ein schweres Dezelerationstrauma überlebt und die Aortenruptur nicht diagnostiziert und operiert, so kann das periaortale Hämatom resorbiert werden und es entwickelt sich ein falsches Aneurysma (Pseudoaneurysma), das über Jahre stabil bleiben, sich aber auch schnell vergrößern und rupturieren kann. Typischerweise sind diese Aneurysmen distal des Lig. arteriosum lokalisiert. Entzündliche Aneurysmen Im Rahmen einer Arteriitis (s. oben) kann es zur Ausbildung von Aortenwandaneurysmen kommen. Diese überwiegend im Bogen lokalisierten Aneurysmen haben eine schnelle Wachstumstendenz mit hoher Rupturgefahr. Typischerweise zeigen sie eine Verdickung der Aortenwand und eine Stenosierung der aortalen Äste. Eine besondere und morphologisch seltsame Form ist das so genannte inflammatorische Aneurysma, wobei trotz der Bezeichnung „inflammatorisch“ dieses nicht mit einem durch Mikroorganismen entstandenen Aneurysma verwechselt werden darf. Typischerweise ist diese Aneurysmaentität infrarenal lokalisiert. Es sind bisher weniger als 10 Fälle in der Literatur beschrieben worden, davon mit zusätzlicher Beteiligung der Aorta descendens 5 Fälle und der Aorta ascendens 2 Fälle (Girardi u. Coselli 1997). Diese Aneurysmaart zeigt intraoperativ eine sehr derbe fibröse Aortenwand mit einer Dicke von bis zu mehreren Zentimetern. Nachbarstrukturen können mit der Aneurysmawand derbe verbacken sein. Histologisch zeigen sich entzündliche Infiltrate mit histiozytären Riesenzellen, Lymphozyten und Plasmazellen mit fokalen Medianekrosen. Eine Hyperimmunantwort auf arteriosklerotische Plaques wird kontrovers diskutiert, da inflammatorische Aneurysmen auch ohne arteriosklerotische Veränderungen gefunden wurden.
2.1 Aorta
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Abb. 2.37 a–d. Zufallsbefund im Rahmen einer betriebsärztlich durchgeführten Thoarxübersichtsaufnahme eines 35-jährigen Dachdeckermeisters. Aortendilatation und linksventrikuläre Herzvergrößerung. c,d In der MRT (TSE-Sequenz,
Dark-blood-Technik) großes (7,5 cm) Aszendensaneurysma. Indikation zur Anlage eines Aortenkonduits. Histologie: zystische Medianekrose Erdheim-Gsell
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
2.2 Pulmonale Gefäße 2.2.1 Radiologische Untersuchungstechnik Konventionelle Röntgendiagnostik Der Röntgenthorax im p.-a.- und lateralen Strahlengang oder – wenn eine Stehendaufnahme nicht möglich ist – die a.-p.-Liegendaufnahme, stellt die Basisdiagnostik in der Beurteilung der pulmonalen Gefäße dar. Computertomographie Die CT gilt als das Standardverfahren nach der Übersichtsaufnahme in der Beurteilung der Pulmonalgefäße. Dabei wird in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle die Untersuchung primär mit Kontrastmittel durchgeführt, wenngleich Verkalkungen (z. B. verkalkte Lymphknoten oder Thromben) bei primärer Kontrastmittelgabe maskiert werden können und bei bestimmten Fragestellungen (z. B. Embolie: Differenzialdiagnose intravasaler Tumor) eine Aussage über die Kontrastmittelaufnahme nicht möglich ist. In solchen Fällen kann eine Nativuntersuchung in einem zeitlichen Intervall von 2–4 Stunden nach intravenöser Kontrastmittelgabe ergänzend durchgeführt werden. Dabei ist eine ausreichende und gleichmäßige Kontrastierung der Gefäße entscheidend. Es existieren in der Literatur eine Vielzahl verschiedener Protokolle, von einem „Low-concentration- (150– 240 mg/ml) high-flow- (4–5 ml/s)“ bis zu einem „High-concentration- (300–350 mg/ml) low-flow(2–3 ml/s) Protokoll“. Ein „Scan-delay“ von 15–20 s bietet in den meisten Fällen eine ausreichende Kontrastierung der Gefäße (bzw. Triggerung des Bolus auf dem Truncus pulmonalis) bei einem Kontrastmittelvolumen von 80–120 ml plus etwa 60 ml NaCl. Zur Beurteilung der segmentalen und subsegmentalen Gefäßanatomie sollte die Schichtdicke bei der Einzeldetektortechnik 2–3 mm nicht überschreiten (Pitch 5 mm, Rekonstruktionsintervall 3 mm). Bei der MSCT empfiehlt sich eine Kollimation von <1 mm und ein Pitch-Faktor von <1,5. Multiplanare Rekonstruktionen (in der Regel sagittale und frontale Sekundärrekonstruktionen) erleichtern Befundung, diagnostische Sicherheit und Dokumentation. MIP und 3D-Oberflächenrekonstruktionen (SSD) vermitteln einen dreidimensionalen Eindruck und sind eher für die Demonstrabilität von Befunden als für die eigentliche Befunderstellung geeignet.
Magnetresonanztomographie Erste Versuche einer magnetresonanzangiographischen Darstellung der Pulmonalgefäße mit Blackblood- oder TOF-Techniken erwiesen sich aufgrund der langen Akquisitionzeiten und der dadurch bedingten Artefaktanfälligkeit als wenig erfolgversprechend. Mit der kontrastmittelverstärkten MRA konnte der entscheidene Durchbruch erzielt werden. So ist mit den MR-Scannern der neuesten Generation eine Darstellung der Pulmonalgefäße in der Größenordnung von 5–7 s möglich. Dadurch kann auf ein BolusTiming verzichtet werden, wie es bei Akquisitionszeiten eines 3D-Datenblocks von bisher um die 20 s notwendig war, und es ermöglicht eine angiographieähnliche Darstellung von pulmonalarteriellem Einstrom und venöser Phase. Dabei können mit Schichtinterpolation Schichtdicken von 2 mm erzielt werden. Dies ermöglicht eine Darstellung bis zur Subsegmentarterienebene.Von Vorteil gegenüber der CT ist die Möglichkeit der primären Datenaquisition in der frontalen Ebene, nachteilig ist die im Vergleich zur MSCT-Generation deutlich schlechtere Ortsauflösung und die überlegene Darstellung des Lungenparenchyms in der CT. Mit Hilfe von Phasenkontrastangiographiesequenzen können Flussgeschwindigkeiten in den zentralen Pulmonalarterien bestimmt werden und wertvolle Informationen über die Hämodynamik gewonnen werden (z. B. im Rahmen einer nichtinvasiven Shuntvolumenbestimmung z. B. bei fehleinmündenden Lungenvenen oder bei arteriovenösen Malformationen, als Verlaufskontrolle bei pulmonalarterieller Hypertonie oder als postoperative Verlaufskontrolle nach Lungentransplantationen). Erste Ansätze, mit „Blood-pool-Kontrastmitteln“ und einem navigatorunterstützten „Atem-Gating“ über eine Verlängerung des Akquisitionsfensters eine deutliche Verbesserung der Ortsauflösung zu erzielen sind erfolgversprechend, wenngleich hiermit eine Überlagerung pulmonalarterieller und -venöser Gefäße in Kauf genommen werden muss. Pulmonalisangiographie Die Pulmonalisangiographie stellt den Goldstandard in der Beurteilung der pulmonalen Gefäße dar. Sie wird normalerweise als DSA mit selektiver Darstellung der rechten und linken Pulmonalarterie in mindestens 2 Projektionen (a.-p. und eine Schrägprojektion von 45°) durchgeführt. Der Zugang erfolgt femoral oder über eine Kubitalvene. 20–30 ml eines jodhaltigen Kontrastmittels mit einer Konzentration von 300 mg/ml und einer Injektionsgeschwindigkeit von etwa 10–15 ml/s sind zur Erzielung eines guten Gefäßkontrasts ausreichend. Katheterbedingte Komplikationen sind iatrogene pulmonale Thrombembo-
2.2 Pulmonale Gefäße
lien und Verletzungen des Papillarmuskels oder des Trikuspidalklappenapparats. In einer großen Serie von 1350 Pulmonalisangiographien (Mills et al. 1980) kam es in 0,2% zu einem tödlichen Ausgang (bei vorliegender pulmonalarterieller Hypertonie), in 3,2% der Patienten wurden größere Komplikationen wie Verletzungen des Endomyokards oder schwere Arrythmien beobachtet. Nachteil der Pulmonalisangiographie ist – neben den bei sorgfältiger Technik und guter Patientselektion (RVED Druck <20 mmHg) extrem seltenen Komplikationen – die im Vergleich zu den Schnittbildverfahren CT und MRT nur indirekte Beurteilung der Gefäßwand, was in der Diagnositik von Vaskulitiden nachteilig sein kann. 2.2.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten Anatomie Der Pulmonalarterienhauptstamm entspringt aus dem rechten Ventrikel und verläuft ventral der aszendierenden Aorta. Sein Anfangsabschnitt ist vom Perikard bedeckt, das sich vor der Aufteilung in die rechte und linke Pulmonalarterie zurückwendet. Er zieht zur linken Seite und teilt sich unterhalb des Aortenbogens in die rechte und linke Pulmonalarterie. Die linke Pulmonalarterie ist kürzer als die rechte und verläuft schräg nach links oben und hinten, kreuzt den linken Hauptbrochus und verläuft oberhalb desselben. Im weiteren Verlauf gibt sie Zweige an den Oberlappen ab. Die Zahl der Gefäße variiert zwischen 4 und 8. Die große Verschiedenheit lässt sich auf 3 anatomische Gegebenheiten zurückführen. Die Segmente S3, S1 und S5 werden von Gefäßen versorgt, die gleichzeitig von der mediastinalen und interlobären Seite ausgehen können. Zweitens können die Segmente S1 und S2 geteilte Arterien enthalten, und/oder es können zusätzliche Gefäße angelegt sein. Nach Abgabe der zum Oberlappen verlaufenden Zweige läuft die A. pulmonalis sinistra dann als Interlobärarterie im großen Lappenspalt und teilt sich in die Segmentäste für den Unterlappen. Nach dem Ursprung von der Segmentarterie A6 nennt sich der Gefäßstamm Pars basalis. Dieser teilt sich in 2 Äste, welche die mediobasale (A7, A8) bzw. die laterobasale (A9, A10) Gefäßgruppe ergeben. Dabei sind zahlreiche Variationen beschrieben worden (Hornykiewytsch u. Stender 1955). Die rechte Pulmonalarterie verläuft hinter der aszendierenden Aorta, der V. cava und der rechten Oberlappenvene. Sie liegt ventral des Ösophagus und des rechten Oberlappenbronchus. Der erste Ast (Truncus superior) kann in einer kleinen Zahl der Fälle den ganzen Lappen versorgen. Meistens wird
der rechte Oberlappen aber von 3 isoliert abgehenden Arterien versorgt (R. apicalis, R. posterior und R. anterior). Zum rechten Mittellappen führen in 50% der Fälle eine (R. lobi medii), in 50% 2 Arterien (R. lateralis und R. medialis). Sie entspringen vom Truncus interlobaris. Die Blutversorgung des rechten Unterlappens erfolgt aus dem abwärts gehenden Schenkel der A. pulmonalis dextra. Dabei entspringt in 80% der Fälle die A6-Arterie solitär und meist höher als die Mittellappenarterie. Die Pars basalis gibt Äste zu den Unterlappensegmenten ab, wobei zahlreiche Varianten beschrieben sind (Hornykiewytsch u. Stender 1955). Im Allgemeinen münden auf beiden Seiten je 2 Vv. pulmonales in den linken Vorhof. Diese Venen entstehen in den Hili aus dem Zusammenfluss der intrapulmonalen Segmentalgefäße. Auf der linken Seite bilden die 3 Oberlappensegmentvenen die kraniale Lungenvene. Die 2 Hauptunterlappenvenen bilden die linksseitige kaudale Lungenvene. Rechtseitig vereinigt sich die Mittellappenvene mit den Oberlappenvenen zur rechten kranialen Lungenvene. Dabei sind zahlreiche Einmündungsvarianten beschrieben. Klinisch relevant sind jedoch nur die, bei denen es zur Fehleinmündung in den venösen Kreislauf gekommen ist (rechter Vorhof, V. cava; s. dort). 2.2.3 Systematische Bildanalyse Die folgende Übersicht stellt die Befunde aus Röntgenthoraxaufnahmen zusammen. Röntgenthorax ∑ I. Globale Veränderungen der Gefäßarchitektur: 왔 1. Schmale periphere Gefäße bei normaler Größe und Konfiguration der zentralen Gefäße – z. B. kongenitale Vitien mit Pulmonalstenose 왔 2. Schmale periphere Gefäße bei dilatierten zentralen Gefäßen: primäre pulmonalarterielle Hypertonie, chronisch thomboembolische Erkrankung 왔 3. Schmale periphere Gefäße bei dilatierten zentralen Gefäßen und vermehrter Strahlentransparenz der Lunge: Emphysem, spastisches Asthma 왔 4. Dilatierte periphere Gefäße (arteriell und venös) und normale bis gering dilatierte zentrale Gefäße: Mitralstenose, Linksherzinsuffizienz, Cor triatriatum, Vorhoftumor/-thrombus oder primären Veränderungen der Pulmonalven wie im Rahmen einer fibrosierenden Mediastinitis, kongenitaler Pulmonalvenenstenosen und -anomalien,„venous-occlusive disease“ (VOD), Thrombus oder Tumor usw. 왔 5. Dilatierte periphere Gefäße bei deutlich dilatierten zentralen Gefäßen: Hyperzirkulationsvitien mit Linksrechts-Shunt, arteriovenöse Malformationen ∑ II. Regionale Veränderungen der Gefäßarchitektur:
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
1. Lobäre oder unilaterale Oligämie mit vermehrter Strahlentransparenz: Swyer-James- bzw. MacleodSyndrom, Agenesie/Hypoplasie der Pulmonalarterie 왔 2. Lobäre Oligämie, normale Strahlentransparenz der Lunge und erweiterte hiläre Pulmonalarterien: nahe zu pathognomonisch für eine Lungenembolie ohne Infarzierung 왔 3. Lobäre Oligämie, vermehrte Strahlentransparenz der Lunge und erweiterte hiläre Pulmonalarterien: lokales Lungenemphysem ∑ III.Atypische Gefäßverläufe/-strukturen: 왔 1. Fehlmündende Lungenvenen wie z. B. beim ScimitarSyndrom 왔 2. Prominente links- oder rechtseitige obere Pulmonalvene oder venöser Konfluens, die einen hilären Pseudotumor vortäuschen können 왔
2.2.4 Krankheitsbilder 2.2.4.1 Kongenitale Anomalien Aplasie/Hyoplasie Die Aplasie der rechten Pulmonalarterie ist seit mehr als 100 Jahren bekannt und stellt eine seltene Missbildungsform dar (Erstbeschreibung durch Frantzel 1868). Sie ist in der Regel einseitig, dabei ist die dem Aortenbogen gegenüber liegende Seite am häufigsten involviert. In 60% der Fälle sind kongenitale Vitien assoziiert. Bei isolierter Aplasie und dem Fehlen von assoziierten Vitien können die Patienten erst im Erwachsenenalter klinisch durch rezidivierende bronchopulmonale Infektionen symptomatisch werden – links etwas häufiger als rechtsseitig ausgebildet. Bei Fehlen der linken Lungenarterie wird die linke Lunge über kompensatorisch erweiterte Bronchialarterien und Äste aus der Aorta versorgt. Bei Fehlen der rechten Lungenarterie kann die Blutversorgung auch über Äste der Aorta ascendens, gelegentlich auch über einen persistierenden Ductus arteriosus erfolgen. Die Aplasie einer Lungenarterie ist häufig mit Missbildungen der bronchopulmonalen Anlage und des Herzens kombiniert (Fallot-Tetralogie, Pulmonalarterienaplasie, Aortenbogenanomalie, Aortenisthmusstenose). Pathogenetisch handelt es sich um eine Hemmungsmissbildung der ventralen Knospe der rechten oder linken Kiemenbogenarterie bei gleichzeitiger Ausbildung einer alternativen Blutversorgung der Lunge durch Persistenz und Vergrößerung embryonaler systemischer Gefäße. Folgeveränderungen der betroffenen Lunge sind Hypo-/Aplasie und zystische Parenchymfehlbildungen. Bei einer Aplasie nimmt
die normale kontralaterale Lunge den gesamten Thoraxraum ein, und die mediastinalen Strukturen sind zur aplastischen Seite verlagert. Bei einer isolierten Aplasie einer Lungenarterie mit angelegtem Tracheobronchialsystem zeigt sich die betroffene Lunge vermehrt strahlentransparent mit einer spärlichen Vaskularisierung, bedingt durch die Ausbildung systemischer Kollateralen. Die nichtbetroffene Lunge ist vermehrt perfundiert, da das gesamte Herzminutenvolumen durch die gesunde Lunge geleitet wird. Hypoplastische Pulmonalarterien finden sich häufig bei Vitien mit rechtsventrikulärer Obstruktion. Anormaler Ursprung der Pulmonalarterien Anomalien des Ursprungs der Pulmonalarterien sind selten. Sie können aus der aszendierenden oder der deszendierenden Aorta sowie von aortalen Ästen oder von einem offenen Ductus arteriosus ausgehen. Auch sind Abgänge aus Koronararterien bei komplexen Pulmonalarterienatresien beschrieben. Beim seltenen so genannten „Ring-sling-Syndrom“ geht die linke Pulmonalarterie aus der rechten hervor und hinterkreuzt die Trachea vor dem Ösophagus. In bis zu 60% der Fälle kommt es in Abhängigkeit von der Lokalisation der Gefäßschlinge zu einem obstruktiven Emphysem der gesamten rechten Lunge, des Mittel- oder Unterlappens. Oft fatal ist eine assoziierte Fehlbildung der präkarinalen Trachea, bei der es zusätzlich zur vaskulären Schlinge zur Ausbildung eines kompletten knorpeligen „O-Ringes“ um die Trachea bei einem Fehlen der Pars membranacea kommt. Die Mortalität dieser Variante ist wegen der hohen Komplikationsrate trachealer Rekonstruktionen hoch. Assoziierte kardiale und/oder gastrointestinale Fehlbildungen sind häufig (bis zu 80%). In der Regel werden die Patienten bereits im 1. Lebensjahr durch die Atemwegsobstruktion klinisch auffällig. Dabei können durchaus andere, mit kardialen Fehlbildungen assoziierte Symptome im Vordergrund stehen. Radiologisch zeigt sich neben dem obstruktiven Emphysem im a.-p.- oder p.-a.-Bild eine rechts-tracheale Raumforderung, die im seitlichen Strahlengang zwischen Trachea und Ösophagus in Höhe der Karina lokalisiert ist. Ein horizontaler Verlauf des Hauptbronchus („T-shaped trachea“) ist ein weiteres Zeichen. Der Breischluck zeigt die Impression der ventralen Ösophaguswand. Zur umfassenden Beurteilung der trachealen, vaskulären und kardialen Verhältnisse gilt die MRT als Methode der Wahl.
2.2 Pulmonale Gefäße
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Abb. 2.38 a–d. „Pulmonary-sling-Syndrom“ (Pfeil) mit retrotracheal verlaufender linksseitiger A. pulmonalis bei offenem, verkalktem Ductus arteriosus (Stern) bei einer 36-jährigen, geistig behinderten Patientin mit zentraler Zyanose (Eisenmenger-Komplex). Dextropositioniertes Herz mit erheblicher
rechtsventrikulärer Hypertrophie und linksbetonter pulmonalarterieller Hypertonie. In der sagittalen Rekonstruktion wird durch die primäre Kontrastierung der postduktalen Aorta die Shuntumkehr deutlich
Pulmonalarterienstenose oder -koarktation
Fehlbildungen assoziiert. In Abhängigkeit von Lokalisation und Ausmaß der Stenosierungen sowie assoziierten Fehlbildungen kann das röntgenologische Gefäßbild normal, rarefiziert oder plethorisch sein, und es können Zeichen der pulmonalarteriellen Hypertonie und des Cor pulmonale bestehen. Die klinische Symptomatik ergibt sich häufig aus den assoziierten kardialen Fehlbildungen und ist durch die Zyanose und/oder respiratorische Insuffizienz bestimmt. Eine Sonderform ist die Koarktation der linken Pulmonalarterie, bedingt durch eine Expansion von duktalem Gewebe in die proximale linke Pulmonalarterie. Die Klinik wird bei Fehlen weiterer assoziierter kardialer Fehlbildungen durch die sich entwickelnde Hypertension der hyperperfundierten Lunge bestimmt (Zevallos-Giampietri et al. 1997; Abb. 2.39).
Definition
왔 Diese seltene Anomalie ist gekenn-
zeichnet durch einzelne oder multiple Koarktationen der Pulmonalarterien mit poststenotischer Dilatation, bedingt durch eine fibröse Intimaproliferation.
∑ Typ 1 nach Baum et al. (1964) betrifft die zentralen Abschnitte, wohingegen ∑ beim Typ 2 die peripheren Lungenarterien betroffen sind. Die Ätiologie ist unklar, eine familiäre Disposition sowie eine Assoziation mit dem Ehlers-Danlos-Syndrom sind beschrieben. Typ 1 ist in etwa 60% der Fälle mit einer infundibulären, valvulären oder supravalvulären Pulmonalstenose oder anderen kardialen
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Abb. 2.39. Isolierte Koarktation der linken Pulmonalarterie ohne weitere assozierte kardiale Fehlbildungen. Hypertension der hyperperfundierten rechten Lunge
Abb. 2.40. Scimitar-Syndrom: milde Hypoplasie der rechten Pulmonalarterie und Darstellung der so genannten ScimitarVene, einer säbelzahnähnlich verlaufenden Fehleinmündung der rechten Pulmonalvenen in die V. cava inferior (Pfeil)
Anomalien von Pulmonalarterien und -venen Synonyme: Scimitar-Syndrom, hypogenetisches Lungensyndrom, venolobuläres Syndrom. Definition
왔 Das Scimitar Syndrom ist eine seltene
Anomalie, bestehend aus einer Hypoplasie der rechten Lunge, eine Hypoplasie der rechten Pulmonalarterie mit Dextroposition des rechten Herzens, einer abnormalen arteriellen Versorgung des rechten Unterlappens aus der abdominellen Aorta sowie einer Fehleinmündung der Pulmonalvenen in die V. cava inferior. Etwa 130 Fälle (2/3 weiblichen Geschlechts) sind in der internationalen Literatur beschrieben, bei denen nicht immer alle Kriterien vorhanden waren. Assoziiert sind kongenitale kardiale Fehlbildungen wie z. B. Fallot-Tetralogie, VSD, bikuspide Aortenklappe und in 20% der Fälle eine Aortenisthmusstenose. Die klinische Symptomatik hängt vom Ausmaß der Pulmonalarterienhypoplasie ab. Milde Formen können asymptomatisch sein, höhergradige Hypoplasien und Bronchialmissbildungen werden früh durch rezidivierende Pneumonien klinisch auffällig. Radiologisch auffällig sind eine Hypoplasie der rechten Lunge und der Pulmonalarterie und ein rechtsseitiger Zwerchfellhochstand mit Mediastinalverlagerung zur rechten Seite. Besonderes Augenmerk ist auf die so genannte Scimitar-Vene zu lenken, eine erweiterte Vene, die säbelscheidenähnlich zum rechten Zwerchfell zieht (Abb. 2.40).
Eine Indikation zur operativen Korrektur der fehleinmündenden Lungenvene ist wegen des geringen und in der Regel gut tolerierten Links-rechts-Shunts in der Regel nicht gegeben. Bei häufig rezidivierenden Pneumonien ist eine Pneumonektomie indiziert. Partielle oder totale Lungenvenenfehleinmündungen Definition
왔 Bei der totalen Lungenvenenfehlein-
mündung fließt das Blut ausschließlich direkt oder – über systemische Venen – indirekt in den rechten Vorhof. Hier werden 4 Formen unterschieden, je nachdem an welcher Stelle die Fehlkonnektion des Pulmonalvenensinus erfolgt. Kardiale Fehlbildungen sind häufig, und die Patienten werden schon früh durch eine Zyanose (Links-rechts-Shunt) auffällig. Bei den partiellen Lungenvenenfehleinmündungen (0,7% in Autopsien) wurde eine Vielzahl von Varianten beschrieben. Die weitaus häufigste ist die Mündung der superioren rechten Pulmonalvene in die V. cava superior (Abb. 2.41) oder den rechten Vorhof, die in der Regel mit einem Sinus-venosus-Typ des Vorhofseptumdefekts (ASD) kombiniert ist. Es folgt die Fehleinmündung der rechten inferioren Pulmonalvene in die V. cava inferior. Diese kann isoliert auftreten oder Teil des Scimitar-Syndroms sein.
2.2 Pulmonale Gefäße Abb. 2.41. Kontrastmittelunterstützte MRA: fehleinmündende obere Lungenvene in den V. cava superior (Pfeil)
Kongenitale Lungenvenenstenosen/-atresien Kongenitale Lungenvenenstenosen sind sehr selten. Edwards (1969) fand lediglich bei 2 Fällen unter 711 Patienten mit komplexen kardiovaskulären Fehlbildungen eine Pulmonalvenenstenose. Kongenitale Lungenvenenstenosen haben Ähnlichkeiten mit dem Cor triatriatum und der totalen Lungenvenenfehleinmündung. In Abhängigkeit vom Ausmaß involvierter Venen stehen die Symptome der pulmonalvenösen Hypertonie im Vordergrund. Die Prognose ist schlecht, insbesondere wenn alle Venen involviert sind. Lungenvenenatresien als sehr seltene kongenitale Anomalie entstehen durch die fehlende Inkorporation meist der unteren rechten oder linken Lungenvene. Der behinderte venöse Abfluss erfolgt über Äste des portalvenösen Systems oder die V. cava. Klinisch werden die Patienten durch rezidivierende Hämoptysen und Pneumonien auffällig. Der betroffene Thoraxhälfte ist oft kleiner mit einer Mediastinalverlagerung zur betroffenen Seite sowie einer hypoplastischen Pulmonalarterie. Die linke Vorhofkontur in Höhe der Pulmonalveneneinmündung ist rund und glatt, und es fehlt die einmündende Lungenvene. Auf Kolleratalgefäße zwischen dem pulmonalvenösen und systemvenösen System ist zu achten. Die definitive Diagnose wird durch pulmonalarte-
rielle Wedge-Angiographie mit fehlender Darstellung eines pulmonalvenösen Abflusses gestellt. Therapie der Wahl ist die Resektion der betroffenen Lunge (Lobektomie, Pneumonektomie). Bronchopulmonale Sequestration Definition
왔 Eine bronchopulmonale Sequestra-
tion ist eine angeborene Fehlbildung, die 1–5% aller pulmonalen Malformationen ausmacht, wobei ein funktionsloser Lungenanteil mit systemarterieller Gefäßversorgung ohne reguläre Verbindung mit dem Tracheobronchialsystem besteht. Wegen der Kombination mit gastrointestinalen Anomalien werden die bronchopulmonale Sequestrationen neuerdings als bronchopulmonale Vorderdarmfehlbildungen zusammengefasst. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Klare Vorstellungen über die Embryogenese sowie eine einheitliche Klassifikation aller Formen der Lungensequestrationen existieren bisher nicht. Pathologisch-anatomisch unterscheidet man die mit 75% häufigere intralobäre von der extralobären Form. Bei
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
der intralobären Form ist das nichtfunktionstüchtige Lungenparenchym von der allgemeinen viszeralen Pleura umgeben, während die extralobäre Form seine eigene viszerale Pleura besitzt. Beide erhalten ihren arteriellen Zufluss direkt aus der thorakalen oder abdominalen Aorta oder deren Äste (z. B. Interkostalarterien, Bronchialarterien). In 15–20% sind mehrere arterielle Zuflüsse nachweisbar. Bei der intralobären Form ist die zuführende Arterie im Unterschied zur extralobären Form oft kaliberstark. In sehr seltenen Fällen kann die arterielle Versorgung aus den Koronarien erfolgen oder aus einer „A. innominata“ (Bertsch et al. 1999; Grigoryants et al. 2000). Unterschiedlich ist die venöse Drainage. Bei der intralobären Form erfolgt die venöse Drainage überwiegend über das pulmonal-venöse System in den linken Vorhof, bei der extralobären Form systemvenös über die V. azygos oder hemiazygos, direkt in die V. cava oder über die Pfortader in die V. cava inferior. 60–70% der intralobären Sequester sind im posterolateralen Abschnitt des linken Unterlappens lokalisiert. In 90% der Fälle einer extralobären Form sind die zwerchfellnahen Abschnitte des linken Unterlappens betroffen, in der überwiegenden Mehrzahl zwischen dem linken Unterlappen und dem Zwerchfell. Die extralobäre Sequestration kann in seltenen Fällen auch perikardial, mediastinal oder retroperitoneal lokalisiert sein. Assoziierte Malformationen wie kongenitale Zwerchfellhernien, Paralyse, andere skelettale (Rippen- und Wirbelanomalien) oder kardiale Fehlbildungen (ASD, Dextrokardie, Fallot-Tetralogie) sowie assoziierte intestinale Duplikaturen und anorektale Fehlbildungen sind mit 30–60% bei der extralobären Form häufig, mit etwa 10% bei der intralobären seltener. In seltenen Fällen einer extralobären Sequestration bestehen Fisteln zum Ösophagus und zum Magen. Bei der intralobären Form ist das Geschlechtsverhältnis ausgeglichen, bei der extralobären Form ist das männliche Geschlecht etwa 3- bis 4-mal so häufig betroffen. Das histopathologische Bild zeigt unterentwickeltes Parenchym mit einzelnen oder multiplen Zysten, die Mukus oder im Falle einer Infektion Eiter enthalten können. Mikroskopisch ähneln die Zysten dilatierten Bronchien, die respiratorisches Epithel und gelegentlich Knorpel enthalten können. Klinische Symptomatik Die extralobäre Variante wird oft pränatal, direkt postnatal oder in den ersten Lebensjahren diagnostiziert (<10% im Erwachsenenalter). Die meisten Patienten fallen durch respiratorische Symptome auf, die sich beim Füttern verstärken. Besteht ein signifikanter arteriovenöser Shunt, kann die Zyanose im
Vordergrund stehen. Beim älteren Kind sind es meist chronische, rezidivierende Pneumonien, die zur Diagnose führen. Im Unterschied zur extralobären Form wird die intralobäre Variante oft erst im Erwachsenenalter durch chronisch rezidivierende Pneumonien klinisch manifest. Komplikationen können sich durch eine Superinfektion mit Aspergillus, Tuberkulose, Hämoptysen oder in seltenen Fällen durch die Entwicklung eines Hämatothorax (Avishai et al. 1996) ergeben. Bisher ist in der Literatur ein Fall eines malignen Tumors in einem intralobären Sequester beschrieben worden (Gatzinsky u. Olling 1988). Radiologische Symptomatik Der Röntgenthorax bietet ein weites Spektrum: Das unkomplizierte intralobäre Sequester imponiert als gut abgrenzbare homogene Verschattung des vorwiegend linken Unterlappens, kann aber auch rundlich oder lobuliert erscheinen und einen malignen Tumor vortäuschen. Im Falle einer Infektion erscheint der Sequester pneumonieähnlich unscharf, und in 20– 30% der Fälle ist durch einen Anschluss an das Tracheobronchialsystem ein Luft-Flüssigkeits-Spiegel nachweisbar. Ein Pneumothorax kann durch die Ruptur einer Zyste entstehen, ein Hämatothorax durch eine Hämorrhagie des Sequesters. Im Randbereich oder auch zentral im intralobären Sequester finden sich gelegentlich emphysematös überblähte Lungenabschnitte, möglicherweise bedingt durch ein so genanntes „air trapping“ über die Kohn-Poren aus dem umgebenden ventilierten Parenchym (Suga et al. 2001). Der extralobäre Sequester manifestiert sich röntgenologisch als glatt begrenzte homogene Raumforderung zwischen Diaphragma und Unterlappen oder als eine dem posterior-medialen Diaphragma aufsitzende Vorwölbung. Atypische Lokalisationen sind perikardial, mediastinal und retroperitoneal. Obwohl der extralobäre Sequester von einer eigenen Pleura umgeben wird, wird auch hier das Phänomen der emphysematösen Überblähung beobachtet. In seltenen Fällen können extralobäre Sequester luftgefüllt sein, bedingt durch eine Kommunikation mit Ösophagus und Magen. Hier ist eine Breischluckuntersuchung zum Nachweis entsprechender Fisteln indiziert. Die Sonographie hat sich vor allem in der pädiatrischen Diagnostik als wertvolle, nichtinvasive Zusatzdiagnostik etabliert. Das Sequester zeigt sich in der Regel als solide echogene, diaphragmal oder epidiaphragmal lokalisierte Raumforderung. Der zusätzliche Einsatz der farbkodierten Duplexsonographie mit dem Nachweis eines kräftigen, arteriellen Feeders erleichtert die differenzialdiagnostische Einordnung als bronchopulmonale Sequestration. Die Differenzialdiagnose zum Neuroblastom, zur adeno-
2.2 Pulmonale Gefäße
id-zystischen Malformation oder zur arteriovenöse nMalformation kann unter Umständen extrem schwierig oder unmöglich sein und eine weiterführende Diagnostik erforderlich machen. Die invasive Bronchographie spielt in Zeiten der CTDiagnostik keine Rolle, Sie zeigt lediglich ein durch das Sequester verlagertes unauffälliges Tracheobronchialsystem, und selbst die seltenen winzigen Verbindungen zum Bronchialsystem bei intralobären Sequestern lassen sich bronchographisch fast nie darstellen. Computertomographisch kann das Spektrum unterschiedlicher Befunde außerordentlich weit sein: Die bronchopulmonale Sequestration kann als homogener oder inhomogener solider Tumor mit oder ohne zystische Veränderungen imponieren. Es können multiple multilobulierte zystische Veränderungen oder auch isolierte kavernenähnliche Höhlen mit Spiegelbildung vorliegen. Von entscheidener differenzialdiagnostischer Bedeutung ist die Identifikation einer aberranten systemischen Gefäßversorgung, die mit konventioneller CT-Technik nicht immer nachweisbar sein muss. So sind im Zeitalter der Spiral-CT- und MSCT-Technik selbst kleine, oft nur 1–2 mm große Feeder nachweisbar. Die venöse Drainage muss nicht immer nachweisbar sein (vor allem beim intralobären Sequester mit einem Abfluss über die Pulmonalvenen).
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Indirekte Zeichen in der CT wie eine Erweiterung des Azygos- oder Hemiazygossystems auf >10 mm müssen zusammen mit der posterobasalen Lungenveränderung an eine bronchopulmonale Sequestration denken lassen. Merke
Auch wenn die CT die pulmonalen Veränderungen besser darstellt, ist die MRT als kontrastmittelunterstützte MRA die Methode der Wahl in der Darstellung der aberrierenden Arterien und des venösen Abflusses und macht die invasive Angiographie in den meisten Fällen entbehrlich. Differenzialdiagnose, operative und interventionelle Aspekte Die adenoid-zystische Malformation lässt die aberrante systemarterielle Gefäßversorgung vermissen. Die arteriovenöse Malformation manifestiert sich als solitäre/multiple runde oder lobulierte Raumforderung mit zu- und abführenden Feedern und ist als Rendu-Osler-Weber-Syndrom (90%) häufig mit teleangiektatischen Veränderungen von Haut und Mukosa assoziiert. Auch die Pneumonie und der Lungenabszess bereiten durch das Fehlen pathologischer Gefäße differenzialdiagnostisch keine Probleme. Therapie der Wahl ist bei symptomatischen bronchopulmonalen Sequestrationen das chirurgische
Vorgehen (Resektion, Lobektomie). Zur Prophylaxe der oben bereits erwähnten Komplikationen wird im chirurgischen Schriftum auch bei asymptomatischen Fällen die operative Sanierung empfohlen. Als Alternative zum chirurgischen Vorgehen liegen bei assoziierten schweren kardialen Fehlbildungen Einzelfallberichte über erfolgreiche Coil-Embolisationen vor (Tokel et al. 2000; Abb. 2.42 a–e). Arteriovenöse Malformation 왔 Eine
arteriovenöse Malformation (AVM) ist eine angeborene (häufig) oder erworbene (posttraumatisch, infektiös oder iatrogen) abnorme Shuntverbindung zwischen Pulmonalarterien und Pulmonalvenen seltener auch zwischen Bronchial- und Pulmonalarterien oder zwischen Bronchialarterien und Pulmonalvenen. Definition
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Pathogenetisch liegt der angeborenen AVM eine Persistenz fetaler kapillärer Anastomosen zugrunde. In etwa 70% der Fälle sind sie mit der hereditären (autosomal-dominant) hämorrhagischen Teleangiektasie (HHT, Morbus-Rendu-Osler-Weber) assoziiert. Im Unterschied dazu haben nur etwa 15–35% aller Patienten mit AVM eine HHT. In etwa 1/3 der Fälle liegen multiple AVM vor. Eine Sonderform mit multiplen kleinen AVM ist als seltene diffuse pulmonale Teleangiektasie beschrieben, die Dilatationen kleiner präkapillärer Gefäße aufweist. Diese Form wird bei der HHT gefunden, aber auch in Verbindung mit einer Leberzirrhose. Alle Lokalisationen sind möglich, 70% aller AVM sind jedoch im Unterlappen lokalisiert. Erworbene AVM sind oft Kurzschlussverbindungen zwischen Bronchialarterien und Pulmonalarterien oder -venen und werden bei chronischen Infektionen, bei pulmonaler Schistosomiasis, posttraumatisch oder infolge eines rupturierten Aneurysmas gefunden. Da in diesen Fällen keine hereditäre Komponente vorliegt und eine Kurzschlussverbindung systemarteriell und pulmonalarteriell/-venös vorliegt, empfehlen einige Autoren auch eine begriffliche Trennung und subsumieren diese Entität unter dem Begriff „vaskuläre Shunts“. Klinische Symptomatik Isolierte AVM unter einer Größe von 2 cm sind in der Regel asymptomatisch, wohingegen Läsionen >2 cm oder multiple AVM klinisch symptomatisch werden. Man schätzt, dass etwa 10% der AVM im Kleinkindund Kindesalter klinisch manifest werden, die Mehr-
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Abb. 2.42 a–e. 28-jährige Patientin mit rezidivierenden pulmonalen Infekten. In der CT zeigen sich neben atypischen Infiltrationen tubuläre Gefäßstrukturen und ein aus der Aorta abgehendes Gefäß (Pfeil). In der MRA Nachweis eines aus der Aorta abgehenden Gefäßes mit Shunt zur dorsobasalen Lungenvene im Sinne eines intralobären Sequesters
2.2 Pulmonale Gefäße
zahl der AVM aber klinsch stumm bleibt. Dabei korrelieren Ausmaß und Größe der AVM mit der Symptomatik. Etwa 30% der symptomatischen AVM haben eine neurologische Ischämiesymptomatik, etwa 10% entwickeln Hirnabszesse und 10% werden klinisch durch Blutungskomplikationen wie Hämoptysen oder Hämatothorax manifest. In Abhängigkeit vom Shuntvolumen stehen Symptome wie Dyspnoe und Zyanose im Vordergrund. Oberflächliche Teleangiektasien sind im Falle einer HHT oft das einzige klinische Zeichen. Auskultatorisch lässt sich in gut 1/3 der Fälle ein Strömungsgeräusch über der betroffenen Thoraxhälfte ausmachen. Radiologische Symptomatik Im Röntgenthoraxbild zeigen sich die AVM als ovale oder runde gelappte Raumforderungen. Oft können schon im Übersichtsbild die zuführende Arterie und Vene identifiziert werden. Dabei ist die Angiographie der Goldstandard, sowohl im Hinblick auf die exakte Darstellung der Gefäßarchitektur, sytemarterieller Kollateralzuflüsse über Bronchialarterien als auch auf die Detektion kleinster AVM. So werden angiographisch 2 Typen unterschieden: 1. Der einfache Typ (80% der AVM) ist durch eine direkte Verbindung von Arterien und Venen gekennzeichnet. Dieser Typ prädisponiert zu paradoxen Embolien. Der venöse Schenkel, aus dem ein fusiformes oder sakkuläres venöses Aneurysma entspringt, ist dilatiert. Mehr als 90% dieser AVM erhalten ihren arteriellen Zufluss pulmonalarteriell, in den anderen Fällen kommt die arterielle Versorgung aus den Bronchialarterien. 2. Komplexer Typ: Dieser Typ ist durch eine oder mehrere zuführende Arterien und prominente drainierende Venen gekennzeichnet. Zwischen Arterien und Venen ist ein Netzwerk von geschlängelten, dilatierten Gefäßkanälen vorhanden. Auch wenn die Angoiographie den Goldstandard darstellt, ist zwischen der Verdachtsdiagnose einer AVM und der exakten angiographischen Darstellung vor Embolisation die CT oder mit zunehmender Bedeutung die MRT in der prätherapeutischen Planung vorgeschaltet. Dabei ist die hohe Sensitivität der CT von 98% in einer vergleichenden Studie an 109 AVM belegt (Remy et al. 1992) mit einer hohen Übereinstimmung (75%) bezüglich ihrer Angioarchitektur (Remy et al. 1994). Erste Erfahrungen (Maki et al. 2001; Ohno et al. 2002) mit der kontrastmittelunterstützten MRA belegen eine hohe Treffsicherheit (90%) in der Detektion, Lokalisation und Charakterisierung der Angioarchitektur. Limitationen bestehen bezüglich der Detektion kleiner AVM <5 mm. Dabei
darf die klinische Relevanz kontrovers diskutiert werden, da die Indikation für eine Embolisation erst ab einem Durchmesser des zuführenden Gefäßes von 3 mm und mehr gesehen wird (White et al. 1988). Die Bedeutung der Kontrastechokardiographie besteht im primären Screening von HHT-Patienten und bei klinischen Verdacht einer AVM (paradoxe Embolie, klinische Zeichen eines Rechts-links-Shunts). Im Unterschied zum Shunt auf kardialer Ebene zeigen sich die Mikrobläschen („bubbles“) erst mit einer zeiltlichen Verzögerung im linken Vorhof. Dabei hat die Kontrastechokardiographie eine nahezu 100%ige Sensitivität im Erfassen klinisch relevanter AVM. Die Perfusionsszintigraphie mit 99mTc markierten Mikrosphären oder Makroaggregaten von humanem Serumalbumin beweist mit der Aktivitätsanreicherung in den Nieren einen Rechts-links-Shunt, der auch bei Vitien auf Vorhof- oder Ventrikelebene positiv ist. Dabei kann der Shuntanteil aus dem Verhältnis von Nieren- zur Lungenaktivität verlässlich bestimmt werden. Eine direkte Darstellung der AVM ist durch den Nachweis einer sequenziellen Akkumulation der Aktivität und einem rapiden „washout“ ebenfalls möglich. Wegen der fehlenden Darstellung der Angioarchitektur ist die Perfusionsszintigraphie nicht Methode der Wahl. Differenzialdiagnose, operative und interventionelle Aspekte Die Verdachtsdiagnose einer AVM ergibt sich in vielen Fällen schon aus dem Übersichtsbild und wird durch eine weiterführende Schnittbilddiagnostik (CT/MRT) bestätigt. Der pulmonale Varixknoten als dilatierte und/oder geschlängelte Pulmonalvene liegt in der direkt in Nachbarschaft zum linken Vorhof. Auf Verwechselungsmöglichkeiten einer extrem geschlängelten und anomal verlaufenden Pulmonalvene mit einer AVM sei an dieser Stelle hingewiesen (Engelke et al. 2001). Differenzialdiagnostisch sind hypervaskularisierte Metastasen (Chorionkarzinom, Adenokarzinom, Schilddrüse, Karzinoid) zu nennen (Cirimelli et al. 1988; Halbsguth et al. 1983), die computertomographisch wie AVM imponieren können. Dies gilt vor allem für kleine Läsionen. In diesen Fällen sind die Klinik, die Kontrastechokardiographie und/oder eine Perfusionsszintigraphie hilfreich. Bestehen Zweifel, so führt eine Angiographie zur entgültigen Klärung. In aktuellen Verlaufsstudien unbehandelter AVM liegt die Gesamtmorbidität und -mortalität bedingt durch Hirnabszedierung, zerebral ischämische Komplikation, Hämoptysen oder Hämatothorax in einer Größenordnung von etwa 20%. Therapie der Wahl ist die Embolisation mit einer im Vergleich zum chirurgischen Vorgehen deutlich niedrigeren Komplikations- und Rezidivrate (0–2% vs. 0–10%;
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Abb. 2.43 a–c. Im Röntgenthorax rundliche Verdichtung im linken Mittelfeld. b Die CT zeigt die große aneurysmatische Aussackung der PAVM in der inferioren Lingula (Stern). c Angiographisch Darstellung der arteriellen Feeders (schwarze
Pfeile) sowie der drainierenden Vene (weiße Pfeile). Therapie. Embolisation. (Bilder mit freundlicher Genehmigung von Frau Prof. M. Remy-Jardin)
Lee et al. 1997; White et al. 1996). Dabei gilt die Indikation zur Embolisation ab einem Durchmesser der zuführenden Arterie von >3 mm als gegeben, da die AVM-assoziierten Komplikationen bei einer Größe der zuführenden Arterie <3 mm als als gering anzusehen sind (White et al. 1983; Abb. 2.43 a–c).
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Traumatische Verletzungen der Pulmonalarterie sind extrem selten. In einer autoptischen Studie von 585 Fällen eines letalen Thoraxtraumas fanden Kemmerer et al. (1961) nur 4 Zerreißungen der Pulmonalarterie. Über Patienten, die eine akute komplette oder inkomplette Zerreißung des Truncus oder des Pulmonalarterienhauptstamms überlebt haben, liegen in der Literatur nur vereinzelte Fallberichte vor (Collins u. Robinson 1989; Daon u. Gorton 1997; Hawkins et al. 1988; Katz u. Groskin 1993). Dabei soll die Überlebenswahrscheinlichkeit einer kompletten Zerreißung <30% liegen (Daon u. Gorton 1997). Ist sie inkomplett, so kann sich ein Pseudoaneurysma (bisher etwa 3 Fälle nach stumpfen Thoraxtrauma beschrieben; Savage et al. 2001) entwickeln, das über Jahre klinisch stumm bleiben kann. Es kann Ursache von Em-
2.2.4.2 Traumatische Veränderungen Pulmonalarterien Definition
왔 Die akute Ruptur ist die traumatisch
bedingte Zerreißung von Teilen oder sämtlicher Wandschichten des Truncus oder des Pulmonalarterienhauptstamms.
2.2 Pulmonale Gefäße
bolien sein oder sich klinisch durch Hämoptysen oder thorakale Schmerzen manifestieren. Klinische Symptomatik Die klinische Präsentation kann variieren. Am häufigsten liegt ein massiver Hämatothorax vor, der die sofortige Thorakotomie erfordert.
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Bei einem Spannungshämotothorax kann das Einlegen einer Entlastungsdrainage zu einer nicht rechtzeitig stillbaren, letalen Blutung führen (Katz u. Groskin 1993). CAVE
Liegt die Rupturstelle im intraperikardialen Anteil des Truncus pulmonalis, so präsentiert sich der Patient mit den Symptomen einer Perikardtamponade. Ist die Ruptur gedeckt, so kann sich durch Resorption des Hämatoms ein Pseudoaneurysma (Aneurysma spurium) ausbilden, oder es kommt mit einer zeitlichen Verzögerung zur Ausbildungen eines ausgedehnten Pleuraergusses. Radiologische Symptomatik Die Röntgenaufnahme im Liegen kann die Zeichen eines schweren Thoraxtraumas mit Frakturen des Thoraxskelettes, eines Mediastinalhämatoms, eines Hämotothorax oder der Perikardtamponade bieten ohne spezifische Hinweise auf eine pulmonalarterielle Verletzung. Durch die CT – falls die klinische Situation des Patienten dies überhaupt zulässt und nicht die direkte Thorakotomie erforderlich ist – kann oft nur eine Aortenruptur ausgeschlossen werden. Lediglich in einem publizierten Fall (Ambrose et al. 2000; Weltman et al. 1999) war in der CT eine direkte Extravasation von Kontrastmittel aus dem Truncus pulmonalis nachweisbar, in einem anderen Fall fiel eine Irregularität der Pulmonalarterie auf (Daon u. Gorton 1997). Pulmonalvenen Bisher sind in der Literatur weniger als 10 Fälle einer traumatischen Pulmonalvenenruptur beschrieben (Le Guyader et al. 2001). Häufigste Ursache war ein Dezelerationstrauma im Rahmen eines Verkehrsunfalls. Die klinische Präsentation mit den Zeichen der Hypovolämie, Hypotension und Hämatothorax sind oft genauso unspezifisch wie die Röntgenübersicht und/oder die CT, die einen Hämatothorax oder eine Perikardtamponade bei einer Rupturlokalisation des intraperikardialen Pulmonalvenenabschnitts zeigen kann. Ein signifikantes Mediastinalhämatom ist in keinem der beschriebenen Fälle beschrieben worden. Fehlende Zeichen einer knöchernen Thoraxverletzung schließen eine Pulmonalvenenverletzung kei-
neswegs aus. In den bisher beschriebenen Fällen wurde die Diagnose durch eine mediane Sterniotomie oder durch eine laterale Thorakotomie gestellt. Ein klinisch wichtiges Zeichen kann der Druckabfall nach Thoraxdrainage sein. Der Hämatothorax stellt in diesem Fall eine Erweiterung des linksatrialen Systems dar, und die Entlastung führt über die Reduktion der linksatrialen „preloads“ zu einem systemarteriellen Druckabfall. 2.2.4.3 Entzündliche Veränderungen In der Literatur über pulmonale Vaskulitiden existiert eine Vielzahl von häufig unübersichtlichen Klassifikationen. Fulmer u. Kaltreider (1983) unterscheiden 3 Formen:
∑ die Lunge als Hauptmanifestationsorgan (Wegener-Granulomatose, allergische Angiitis ChurgStrauss, die nekrotisierende, sarkoide Granulomatose und die lymphomatoide Granulomatose), ∑ die pulmonale Beteiligung im Rahmen eines Multiorgangeschehens (z. B. Kyroglobinämie, Purpura Henoch-Schönlein, mikroskopische Polyarteriitis nodosa) und ∑ pulmonale Erkrankungen, bei denen die Vaskulitis ein Teilaspekt des pathologischen Geschehens ist (z. B. „collagen vascular diseases“/CVD, eosinophile Pneumonie). Eine neuere Klassifikation (Jennette u. Falk 1997) unterscheidet nach der Größe der involvierten Gefäße („small“,„medium“ und „large“) mit einer deutlichen Überlappung zwischen den Gruppen. Vom radiologischen Erscheinungsbild bietet sich eine Kategorisierung in 3 Gruppen an: 1. Vaskulitiden mit einem lokalisierten nodulären und „patchy“ Erscheinungsbild im Röntgenbild wie die Wegener-Granulomatose, die allergische Angiitis Churg-Strauss, die nekrotisierende, sarkoide Granulomatose und die lymphomatoide Granulomatose. 2. Vaskulitiden mit einem diffus-bronchopneumonischen Bild wie die Polyarteriitis nodosa, der systemische Lupus erythematodes oder das Goodpasture-Syndrom oder 3. Vaskulitiden mit Stenosierungen und Aneurysmen der großen pulmonalen Gefäße wie die Takayasu-Arteriitis und den Morbus Behçet. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Angiitis kann Arterien (Arteriitis) und Venen (Phlebitis) betreffen. Dabei unterscheidet man nach Lokalisation und Ausdehnung:
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∑ Endangiitis (innere Gefäßwandanteile), ∑ Mesangiitis (entzündliche Prozesse der Media), ∑ Periangiitis (Entzündung von der Adventitia ausgehend) sowie ∑ Panangiitis, bei der alle Wandschichten mit einbezogen sind. Die Mehrzahl der Vaskulitisformen sind wahrscheinlich allergisch-hyperergischer Natur. Pulmonale Arteriitis – nodulär fleckiges Bild (Granulomatosen) Definition
왔 Die Wegener-Granulomatose ist cha-
rakterisiert durch eine nekrotisierende granulomatöse Vaskulitis des Tracheobronchialsystems, eine segmentale Glomerulonephritis und eine Vaskulitis kleiner Gefäße. Das Durchschnittsalter bei Erkrankungsbeginn liegt bei etwa 50 Jahren. Die Patienten werden neben der pulmonalen Symptomatik (Hämoptysen, Dyspnoe) mit einer Sinusitis, Epitaxis, Fieber und Gewichtsverlust, Hämaturie oder Proteinurie aufffällig. 75% der Patienten präsentieren sich klinisch mit einer pulmonalen Symptomatik. 90% der Patienten sind positiv für zytoplasmatische, antineutrophile Antikörper (cANCA). Radiologisch reicht das Spektrum von umschriebenen, isolierten bis multiplen z. T. scharf begrenzten Rundherden von 1–10 cm Größe. Kavernenbildung ist häufig. Pleuraergüsse liegen in 20–30% der Fälle vor, eine Lymphadenopathie ist selten. Eine Kapillaritis führt zur diffusen Hämorrhagie und ist die häufigste Ursache dieser lebensbedrohlichen Komplikation. Mit einer Hochdosissteroidtherapie und Cyclophosphamid liegt die Fünfjahresüberlebenswahrscheinlichkeit bei >90%. Definition
왔 Die allergische Angiitis Churg-Strauss
ist charakterisiert durch eine Hypereosinophilie, Asthma und eine systemische Vaskulitis. Sie eine Multiorganerkrankung und befällt neben der Lunge die Haut, ZNS, Gastrointestinaltrakt, Herz und Gelenke. Radiologisch imponieren vorwiegend peripher lokalisierte Verschattungen oder multiple rundherdartige Verdichtungen. Im Unterschied zur Wegener-Granulomatose sind Kavitationen sehr selten. Die lymphomatoide Granulomatose bietet radiologisch ein ähnliches Bild wie die Wegener-Granulomatose, jedoch ohne Beteiligung der oberen Luftwege und ohne Nierenbeteiligung. Die nekrotisierende sarkoide Granulomatose zeigt multiple, rundherdähnliche Infiltrate ohne Kavita-
tion. Im Unterschied zur klassischen Sarkoidose sind eine extrapulmonale Beteiligung und eine hiläre Lymphadenopathie selten. Die bronchozentrische Granulomatose unterscheidet sich von den anderen Granulomatosen dadurch, dass der Befall der Luftwege (bronchozentrisch) primär und die Vaskulitis sekundär entsteht. Radiologisch zeigen sich 2–6 cm große flächige, vorwiegend unilateral lokalisierte (75%) Verdichtungen mit Bevorzugung der Oberfelder. Pulmonale Arteriitis – diffuses bronchopneumonisches Bild (diffuse pulmonale Hämorrhagie) Definition
왔 Die diffuse pulmonale Hämorrhagie
ist charakterisiert als eine flächige kapilläre Blutung in die Alveolen auf dem Boden einer Kapillaritis. Erkrankungen, die ein diffuses bronchopneumonische Bild bieten, sind vor allem die Polyarteriitis nodosa, der systemische Lupus erythematodes oder das Goodpasture-Syndrom zu nennen sowie die Kyroglobinämie im Rahmen eines Morbus Behçet, einer Wegener-Granulomatose oder einer Henoch-Schönlein-Purpura. Das akute Stadium zeigt sich radiologisch als überwiegend diffuse oder fleckige Verschattungen, oft unter Aussparung der Lungenperipherie. Bei der mikroskopischen Polyarteriitis nodosa als „Small-vessel-Vaskulitis“, die mit einer fokalen oder segmentalen Glomerulonephritis assoziiert ist, tritt eine diffuse pulmonale Hämorrhagie etwa in 1/3 der Fälle auf. Bei einem Lupus erythematodes ist es eine seltene (<2%), oft (60–90%) letale Komplikation. Das Goodpasture-Syndrom als Antibasalmembranerkrankung betrifft vorwiegend junge Männer. Die Diagnose wird serologisch oder durch eine Nierenbiopsie gestellt. Pulmonale Arteriitis – Befall der großen pulmonalen Gefäße In diesem Kontext sind vor allem 2 Erkrankungen zu nennen, die zu einer Beteiligung der Pulmonalarterien führen:
∑ die Takayasu-Arteriitis und ∑ der Morbus Behçet. Definition
왔 Die Takayasu-Arteriitis als typischer
Vertreter der Riesenzellarteriitiden ist eine seltene, vorwiegend junge Frauen betreffende Arteriitis mit vorzugsweisem Befall von Aortenbogen und supraaortalen Ästen.
2.2 Pulmonale Gefäße
Dabei sind die Pulmonalarterien mit 50–80% (Wheatherhall et al. 1996) häufig befallen, wenngleich ein Befall im Frühstadium selten ist und die Symptome aufgrund des aortalen Befalls im Vordergrund stehen. Gleichwohl ist der pulmonale Befall ein prognostisch ungünstiger Faktor, denn in bis zu 10% der Fälle (Liu et al. 1994) entwickelt sich durch Stenosierungen der großen Gefäße eine pulmonalarterielle Hypertonie. Seltene Symptome eines Lungenbefalls können thorakales Engegefühl, Dyspnoe oder Hämoptysen sein. Das Röntgenübersichtsbild ist im Initialstadium oft unauffällig. Gelegentlich sind diffuse parenchymale Infiltrationen im Initialstadium beschrieben (Hara et al. 1998). Die Beteiligung der Pulmonalgefäße zeigt sich in Form von Kaliberunregelmäßigkeiten der großen pulmonalen Gefäße. Hiläre Lymphadenopathien sind mehrfach beschrieben. Das Spätstadium zeigt die typischen Veränderungen einer pulmonalarteriellen Hypertonie. In CT und MRT sind die Wandverdickung, die damit verbundene Verengung des Lumens sowie eine entzündliche Begleitreaktion des umgebenden Fettgewebes charakteristische Befunde. In diesem Zusammenhang ist besonders die Wertigkeit der MRT hervorzuheben, die nichtinvasiv sowohl das angiographische Bild als kontrastmittelunterstützte MRA als auch die entzündliche Wandverdickung zeigen kann. Angiographisch zeigen sich Stenosen und/oder Okklusionen lobärer, segmentaler oder subsegmentaler Arterien. Dabei waren in einer angiographischen Studie mit 47 Patienten (Liu et al. 1994) die Oberlappenarterien häufiger involviert als Mittellappen(Lingula) oder Unterlappenarterien, der bilaterale Befall häufiger als der unilaterale. Dilatationen und eine Beteiligung der zentralen Pulmonalarterien sind seltener beschrieben. Aneurysmen werden bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf beobachtet und bedürfen einer engmaschigen Kontrolle, da die Ruptur eine gefürchtete Spätkomplikation dieser Erkrankung ist. In der Perfusionsszintigraphie können sich Perfusionsausfälle wie bei einer Lungenembolie zeigen. Die Diagnose einer Takayasu-Arteriitis ergibt sich dann aus der Kombination von klinischer Symptomatik, körperlichen Untersuchungsbefunden und Laborbefunden (CRP, BSG-Erhöhung) sowie der weiterführenden Diagnostik (CT/MRT; vgl. Abb. 2.20 a). Ging der Erstbeschreiber H. Hulusi Behçet 1937 noch von einer viralen Dermatose mit der klassischen Trias „Aphtitis stomatosa, Uveitis und Genitalulzera“ aus, so wird unter dem Morbus Behçet heute eine systemische Vaskulitis verstanden, die alle Organsysteme betreffen kann. Die Ätiologie ist unklar, eine virale Genese, autoimmunologische Prozesse, ei-
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Abb. 2.44 a, b. Morbus Behçet. 25-jähriger Patient mit Uveitis, venösen Thrombosen (Thrombus im rechten Ventrikel) sowie Aneurysma der rechten Mittellappenarterie
ne genetische Disposition sowie Umwelteinflüsse werden diskutiert. Dabei befällt die systemische Vaskulitis vorwiegend die Venen, dann die Kapillaren und die Arterien (in einzelnen Kollektiven bis zu 85% venöse Beteiligung; Kabbaj et al. 1993). Die Erkrankung tritt endemisch im mittleren Osten, in den Mediterranregionen sowie in Zentral- und Ostasien auf. Das Durchschnittsalter der Patienten bei Erkrankungsbeginn liegt zwischen 20 und 30 Jahren. Männer sind etwa 5- bis 6-mal so häufig betroffen wie Frauen. Rezidivierende aphtöse Ulzera sind mit 90% die häufigste klinische Manifestation, gefogt von Genitalulzera (84%) und Uveititiden (80%; Whallett et al. 1999). In etwa 10–15% der Fälle treten zerebrovaskuläre Komplikationen auf. Etwa 60% der Erkrankungen
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zeigen eine Gelenkbeteilung, und in 40% der Fälle treten gastrointestinale Ulzera auf. Die Häufigkeit einer vaskulären Beteiligung schwankt in der Literatur zwischen 2 und 50%. Dabei gilt die Thrombose der tiefen Becken-Bein-Venen als häufigste Manifestation, gefolgt von der V.-cava-superior-Thrombose. Von arterieller Seite sind Okklusionen und Stenosen vorwiegend der unteren Extremität und Pseudoaneurysmen zu nennen (Abb. 2.44 a, b). Eine thorakale Manifestation (5–10%) ist ein prognostisch schlechtes Zeichen, und massive Hämoptysen gelten als die häufigste Todesursache. Thorakale Manifestationen umfassen pulmonale Infarkte, Hämorrhagien, Thrombosen der V. cava superior sowie Aneurysmen der Pulmonalarterien. Das Erscheinungsbild in der Röntgenübersichtsaufnahme ist variabel und unspezifisch: pulmonale Infiltrate, Ergussbildung, Mediastinalverbreiterung als Ausdruck einer V.-cava-Thrombose oder einer mediastinalen Lymphadenopathie, hiläre Lymphadenopathie und umschriebene Rundherde (Aneurysmen) können Ausdruck einer thorakalen Beteiligung sein. CT oder MRT zeigen die thrombotische Okklusion der V. cava superior ebenso wie die Aneurysmen der Pulmonalarterien, die mediastinale oder hiläre Lymphadenopathie und sind die bildgebenden Methoden der Wahl in der Verlaufsbeurteilung der Erkrankung. Eine diagnostischeAngiographie ist in den Zeiten der MRA obsolet, zumal 17% der Patienten ein Pseudoaneurysma an der Punktionsstelle entwickeln (Le Thi Huong et al. 1995).
2.2.4.4 Tumoren Pulmonalarteriensarkome sind extrem seltene Tumoren. In der Literatur sind insgesamt nur 120 Fälle beschrieben (Krüger et al. 1990). Pulmonalarteriensarkome gehen überwiegend vom Pulmonalarterienhauptstamm aus, können per continuitatem in die peripheren Pulmonalarterienäste vorwachsen und/oder sich proximal an der Pulmonalklappe und im rechten Ventrikel ausbreiten.
Differenzialdiagnose Manifestiert sich die Vaskulitis als diffuses bronchopneumonisches oder als nodulär fleckiges Bild, so ist eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen in Betracht zu ziehen (s. Handbuch diagnostische Radiologie, Thorax) und umfasst infektiöse bakterielle Prozesse, mykotische und parasitäre Erkrankungen, allergische Prozesse (allergische Alveolitis, Löffler-Syndrom usw.) wie auch maligne Veränderungen (z. B. bronchoalveoläres Karzinom, Lymphome usw.). In der Differenzialdiagnose multipler Pulmonalarterienaneurysmen ist das Hughes-Stovin-Syndroms zu nennen (s. unten). Multiple Pulmonalarterienaneurysmen sind bei systemischen Mykosen (z. B. Aspergillose, MucorMykose) und Bakteriämien (vor allem Salmonellen, Staphylococcus und E. coli) und bei der Tuberkulose (so genanntes Rasmussen-Aneurysma) beschrieben worden.
Radiologische Symptomatik Die Thoraxübersichtsaufnahme kann unauffällig sein oder unspezifische Veränderungen wie eine Kardiomegalie oder Dilatation der Pulmonalarterien zeigen. Es können sich pulmonale Infiltrate als Ausdruck einer Tumor-/Thrombusembolie finden, oder bei entspechender Größe ist ein Tumorkernschatten und/oder eine periphere Metastasierung nachweisbar. Die Ventilations-/Perfusionsszintigraphie kann das Bild einer Lungenembolie imitieren. Die selektive Pulmonalisangiographie kann eine Kontrastmittelaussparung wie bei einer Lungenembolie zeigen – lediglich eine atypische Konfiguration (z. B. lobuliert, zentraler Stil, das so genannte „To-and-fro-Phänomen“; Okada et al. 1996) muss an ein Pulmonalarteriensarkom denken lassen. In der CT kann sich ein Lungenembolie-ähnliches Bild zeigen, wobei intratumorale Hämorrhagien, Nekrosen und unterschiedliche Gewebsanteile an einen Tumor denken lassen müssen.
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Pulmonalarteriensarkome entstehen wahrscheinlich aus Zellen in der Region des Bulbus cordis. Vermutlich besteht eine Verwandtschaft zwischen der quergestreiften Muskulatur des rechtsventrikulären Ausflusstrakts und den glatten Muskelzellen im Truncus. Pulmonalarteriensarkome setzten sich aus verschiedenen histologischen Entitäten zusammen: das undifferenzierte Angiosarkom als häufigste Entität, gefolgt vom Leiomyosarkom, Myxosarkomen und der Gruppe der Rhabdomyosarkome, Fibrosarkome, Chondrosarkome und malignen Mesenchymome. Klinische Symptomatik Die Symptome sind unspezifisch (Dyspnoe, Thoraxschmerz, Zyanose, Hämoptysen, nichtproduktiver Husten), was die Diagnosestellung erschwert. Oft präsentieren sich die Patienten mit den Symptomen einer Lungenembolie, die radiologisch die wichtigste Differenzialdiagnose darstellt.
2.2 Pulmonale Gefäße
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Eindeutig ist die Diagnose eines Pulmonalarteriensarkoms bei einer Wandüberschreitung der intraluminalen Raumforderung. Merke
Eine Kontrastmittelaufnahme der intraluminalen Raumforderung kann in der CT sehr diskret sein oder vollständig fehlen. In diesen Fällen kann die MRT durch den besseren Nachweis einer Kontrastmittelaufnahme die Diagnose erbringen, wenngleich auch Fälle eines fehlenden Kontrastmittel-Enhancements in der MRT beschrieben sind (Fasse et al. 1999). Erste positive Erfahrungen mit der FDG-PET zeigen eine tumorspezifische Anreicherung, wie sie bei einem organisierten Thrombus nicht zu erwarten ist (Thurer et al. 2000). Differenzialdiagnose Wie oben bereits erwähnt, ist die Lungenembolie die wichtigste Differenzialdiagnose. Sicheres Zeichen eines Pulmonalarteriensarkoms ist die Wandüberschreitung der intraluminalen Raumforderung. Weitere CT/MRT-morphologische Zeichen sind Inhomogenitäten durch Tumornekrosen, Einblutungen oder unterschiedliche Gewebsanteile. Erschwerend kommt die in einigen Fällen fehlende oder sehr diskrete Kontrastmittelaufnahme hinzu, die in der MRT besser nachweisbar ist. Eine Anreicherung in der FDG-PET scheint nach den ersten Erfahrungen ein starker Prädiktor für ein Pulmonalarteriensarkom zu sein. In zweifelhaften Fällen sollte der Befund zusammen mit klinischen Parametern (z. B. das Fehlen prädisponierender Thrombosefaktoren, fehlendes Ansprechen auf Antikoagulation, erhöhte BSG, Tumoraspekt des Patienten) zu einer operativen Exploration führen. 2.2.4.5 Andere Erkrankungen Akute Thrombembolie Definition
왔 Die akute Thrombembolie bezeichnet
die Einschwemmung von thrombotischem Material in die Lungenstrombahn. Die Inzidenz von Thrombembolien bei hospitalisierten Patienten liegt in der Größenordnung von 0,2– 0,4%, die Inzidenz im autoptischen Kollektiv zwischen 12 und 30%. Die veröffentlichten Zahlen Lungenembolie-assoziierter Mortalität schwanken in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Patientenkollektivs stark, von 1,8% (Simonneau et al. 1997), einer Dreimonatsletalität von 17% der ICOPER-Studie (Goldhaber et al. 1999) bis zu 31% in der MAPPET-Studie (Kasper et al. 1997).
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In Deutschland wird etwa mit 10.000– 20.000 tödlichen Lungenembolien pro Jahr gerechnet. Merke
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Lungenembolie ist in aller Regel die Folgeerkrankung einer tiefen Bein-/Beckenvenenthrombose. Die Pathogenese ist multifaktoriell und umfasst u. a. Veränderungen der Koagulationseigenschaften des Blutes, der Blutflussgeschwindigkeit des venösen Blutflusses sowie eine endotheliale Komponente (Virchow-Trias). Prädisponiernde Faktoren sind u. a. ein Body-mass-Index >29 (kg/m2), eine Immobilisation länger als 5 Tage, ein chirurgischer Eingriff innerhalb der letzten 2 Monate, Trauma, Nikotinabusus, chronische Niereninsuffizienz, Tumorerkrankung, die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Herzinsuffizienz u. v. m. In der ersten Phase der reinen Nachlasterhöhung kommt es zu einem Abfall der Ejektionsfraktion. Diese kann durch die Bereitstellung vorher nichtdurchbluteter Gefäßabschnitte kompensiert werden. Beim Lungengesunden führt erst eine Verminderung des Lungenquerschnitts um mehr als 50% zu einem Anstieg des pulmonalarteriellen Mitteldrucks. Aber auch weniger ausgeprägte Embolien können duch eine mediatorvermittelte Vasokonstriktion Druckanstiege hervorrufen. Die entstehende pulmonale Hypertonie führt über die gesteigerte systolische Wandspannung zu einer Verminderung der Auswurfleistung, die zudem durch die Hypoxämie unterstützt wird. Bei Patienten ohne vorbestehende Rechtsherzbelastung werden pulmonalarterielle Drücke bis 40 mmHg noch toleriert. Bei darüber liegenden Drücken kommt es zur akuten Rechtsherzdekompensation, wobei Patienten mit vorbestehender Rechtsherzhypertrophie deutlich höhere Drücke tolerieren. Trifft eine akute Lungenembolie einen herzund lungengesunden Patienten, so kann eine Verlegung bis 50% kompensiert werden. Das gilt nicht für Patienten mit präexistenter Linksherzinsuffizienz oder einer obstruktiven oder restriktiven Ventilationsstörung. In etwa 10% der Embolien kommt es zur Ausbildung eines Lungeninfarkts. Pathogenetisch kommt es zu einer Ischämie des Alveolarendothels und einer Einblutung über bronchopulmonale Anastomosen. Dies geschieht nur bei einer präexistierenden Linksherzinsuffizienz, wenn der venöse Abfluss behindert ist. Lungenembolien verlaufen in bis zu 75% in Schüben. So gehen einer massiven Lungenembolie oft kleinere „Signalembolien“ voraus. Die rechtszeitige
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Diagnose und Therapieeinleitung ist deshalb von entscheidener Bedeutung. Klinische Symptomatik Es wird geschätzt, dass etwa 10% aller Patienten mit pulmonaler Embolie hämodynamisch instabil (systolisch <90 mmHg) sind; in diesen Fällen ist die Diagnose oft eindeutig zu stellen. Die Diagnose einer Lungenembolie bei einem klinisch stabilen Patienten kann schwierig sein. So liegen bei etwa 60% der Patienten mit dem klinischen Verdacht einer Lungenembolie keine pulmonale Embolie vor. Häufigstes Symptom einer pulmonalen Embolie ist die Dyspnoe (80%), gefolgt vom Thoraxschmerz (50%), Engegefühl, Husten und Hämoptysen (30–50%). EKG-Veränderungen werden bei etwa 80% der Patienten beobachtet und sind meist unspezifisch. Mit typischen EKG-Veränderungen wie Rechtsschenkelblock, Vorhofflimmern oder Veränderungen des QRS-Komplexes (S1Q3-Typ) oder negatives T über der Vorderwand ist in etwa 15% der Fälle zu rechnen. Die arterielle Blutgasanalyse ist ebenfalls nicht wegweisend, da der arterielle pO2-Wert in Abhängigkeit von zugrunde liegenden kardiopulmonalen Erkrankungen stark variieren kann und ein normaler pO2 eine Lungenembolie nicht ausschließt (etwa 10– 20% der Patienten mit pulmonaler Embolie haben einen normalen pO2). Berichteten erste Studien über den Einsatz von DDimeren von einer Ausschlusswahrscheinlichkeit von 98–100%, so weiß man heute, dass der fehlende Nachweis von D-Dimeren eine segmentale und/oder massive Lungenembolie ausschließt, nicht jedoch die subsegmentale Lungenembolie. Mit der Echokardiographie gelingt in etwa 5% (transthorakal) bzw. 14% (transösophageal) der Fälle der direkte Thrombusnachweis im rechten Vorhof, Ventrikel oder zentral pulmonal. Indirekte Zeichen sind die rechtsventrikuläre Hypo-/Akinesie, eine paradoxe Septumbewegung und/oder die Dilatation von Ventrikel und Pulmonalarterie. In der ICOPERStudie (Elliott et al. 2000) zeigten 40% der Patienten mit Lungenembolie rechtsventrikuläre Hypokinesien, ein Thrombus war in 4% der Fälle nachweisbar. Dabei scheint einer Multivarianzanalyse zufolge der Nachweis von rechtsventrikulären Hypokinesien ein prognostischer Parameter zu sein. So war das Risko eines letalen Ausgangs einer Lungenembolie bei diesen Patienten etwa doppelt so hoch wie bei Patienten ohne Hypokinesien. Radiologische Symptomatik Röntgenbildveränderungen wurden in der ICOPERStudie (2322 Lungenembolien) bei etwa 76% der Patienten beobachtet (Elliott et al. 2000). Am häufigsten fand sich eine Kardiomegalie (27%), gefolgt von
Pleuraergüssen (23%), einem Zwerchfellhochstand (20%) und einer Dilatation der zentralen Pulmonalgefäße (Fleischner-Zeichen) in 19% der Patienten mit Lungenembolie. Atelektasen/Infiltrate fanden sich 17% der Fälle. Typisch, aber nicht häufig, ist der so genannte Hampton-Höcker. Der Infarkt (5% der Lungenembolien) sieht aus wie ein Kegelstupf, der mit seiner Basis der Pleura visceralis anliegt. Charakteristischerweise wird ein in Rückbildung begriffener Infarkt nach und nach kleiner, behält aber seine ursprüngliche Gestalt (Zeichen des schmelzenden Eiswürfels). Die lokale Oligämie (Westermark-Zeichen) fand sich in 8% der Fälle. In der Ventilations-/Perfusionsszintigraphie zeigen sich segmentale Perfusionsausfälle bei normaler Ventilation. Diese Methode gilt in vielen Zentren als das Screening-Verfahren bei klinisch vermuteter Lungenembolie. Dabei schließt ein Normalbefund eine Lungenembolie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus. Ein so genannter „High-probabiltyV/Q-Scan“ korrelierte in einer großen prospektiven Studie (The PIOPED Investigators 1990) in 88% mit einer angiographisch nachgewiesenen Lungenembolie,wohingegen nur 33% der Kategorie einer „intermediate probality“ eine Lungenembolie aufwiesen. Mit Hilfe der SPECT-Technik ist zwar in neuerer Zeit eine Reduktion der unsicheren Befunde auf 4% (Corbus et al. 1997) beschrieben worden, jedoch lag nur in 4% der Fälle ein angiographischer Goldstandard vor. Die selektive Pulmonalisangiographie ist der Goldstandard in der Diagnostik der Lungenembolie. Nachteil des Verfahrens ist die Invasivität mit einer Morbidität von 4% und einer Mortalität von 0,2%. Spezifisches Zeichen ist der intraluminale Füllungsdefekt. Andere angiographische Befunde wie Oligämie, Fehlen einer Drainagevene oder Kollateralgefäße sind weniger spezifisch. Ursache falsch-positiver Befunde können Strömungsartefakte oder überlappende oder parallele Gefäße sein. Die CTA hat als minimal-invasives Verfahren die Pulmonalisangiographie weitgehend ersetzt. Die Einführung der Spiral-CT hat zu einer wesentlichen Verbesserung der diagnostischen Treffsicherheit bis zur Ebene der Segmentarterien mit Sensitivitäten zwischen 75 und 100% bei Spezifitäten zwischen 75 und 100% geführt. In einer großen europäischen Multicenterstudie mit 401 Fällen (Herold et al. 1998) ereichte die CTA eine durchschnittliche Sensitivität von 85% (gegenüber 50% in der Ventilations-/Perfusionsszintigraphie). Schwäche der CTA in den publizierten Studien ist die geringere Sensitivität in der Detektion subsegmentaler Embolien. Mit Einführung der MSCT liegt die Sensitiviät und Spezifität in der Größenordnung von etwa 95%.
2.2 Pulmonale Gefäße
쐍 CT-Morphologie. Voraussetzung für die gute Beurteilbarkeit ist ein guter und gleichmäßiger Kontrast in den Lungenarterien. Ein zu kurzes Kontrastmitteldelay führt genauso zur inadäquaten Kontrastierung der ersten Schichten wie ein zu langes Delay zu einer schlechten Kontrastierung der letzten Schichten. Dabei ist der Vergleich mit der Gegenseite hilfreich, wenn eine fehlene Kontrastierung einer kleinen Arterie von einem kompletten Verschluss abgegrenzt werden soll. Berücksichtigt werden muss in diesem Kontext, dass Perfusionsunterschiede durch vielfältige kardiopulmonale Erkrankungen verursacht sein können (z. B. pleurale/pulmonale Restriktionen, Infiltrationen, erworbene bronchopulmonale Shunts usw.). Merke
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Sicheres Zeichen einer Lungenembolie ist die intraluminale Kontrastmit-
telaussparung. Dabei sind vor allem kleine hiläre Lymphknoten abzugrenzen. Hier sind unter Umständen Sekundärrekonstruktionen hilfreich. Durch eine zu enge Fensterung können subtile Kontrastmittelaussparungen dem Nachweis entgehen. Abzugrenzen von intraluminalen Thromben sind Pseudo-Kontrastmittelaussparungen durch z. B. schräg verlaufende Arterien bei zu großem Rekonstruktionsintervall. Größere Studien zur klinischen Wertigkeit der MRA bei Patienten mit Lungenembolie liegen derzeit noch nicht vor. Als kontrastmittelverstärkte 3D-MRA liegen die Messzeiten mit modernsten Scannern in einer Größenordnung von 5–10 s, und eine vollständige Abbildung der pulmonalarteriellen Strombahn ist somit innerhalb eines Atemanhaltezyklus auch bei dyspnoeischen Patienten zu realisieren. Die „In-plane-Auflösung“ und eine interpolierte Schichtdicke von mehreren Millimetern sind deutlich schlechter als bei der CTA. Erste Studien erzielten eine Sensitivität von 85% bei einer Spezifität von 96% (Gupta et al. 1999). In einer größeren Studie von Oudkerk und Mitarbeitern (2002) an 141 Patienten mit Lungenembolie wurde eine Sensitivität von 100% für zentrale, 84% für segmentale, 72% für subsegmentale sowie 40% für isolierte subsegmentale Embolien erzielt. Intravaskuläre Kontrastmittel (Blood-pool-Kontrastmittel) haben den Vorteil, länger im Gefäßsystem zu verbleiben, somit ein langes Akquisitionsfenster zu ermöglichen und die Ortsauflösung deutlich zu verbessern. Nachteilig kann eine Überlagerung durch pulmonal-systemvenöse und systemarterielle Gefäße sein. Wegen der langen Messzeiten (5–10 min) ist eine suffiziente Atemtriggerung erforderlich. Erste Ergebnisse bei Probanden liegen vor – inwieweit die zu erwartenden Triggerprobleme bei Lungenemboliepatienten (Ahlström et al. 1999) eine ähnliche Bildqualität ergeben, bleibt abzuwarten.
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Abb. 2.45 a, b. 70-jährige Patientin mit klinischem Verdacht auf akutes Koronarsyndrom. Im EKG SIQIII-Typ. Echokardiographisch dilatierter rechter Ventrikel (D-Dimere erhöht mit 0,82, Normbereich –0,190). a In der a.-p.-Thoraxaufnahme liegend betonter rechtsseitiger Pulmonalishauptstamm. b In der CT fulminante zentrale Lungenembolie
Differenzialdiagnose und diagnostischer Algorithmus Die klinischen Differenzialdiagnosen orientieren sich an den Kardinalsymptomen und umfassen bei akuter Dyspnoe den Pneumothorax, die Pneumonie, das Lungenödem usw., bei akutem Thoraxschmerz den Myokardinfarkt, die Pleuritis, die Perikarditis oder das akute Aortenbogensyndrom (s. dort) und bei Hämoptysen die Tuberkulose, Bronchiektasen, das Bronchialkarzinom, das Goodpasture-Syndrom oder eine Angiodysplasie. Da das Röntgenbild der Lungenembolie wenig spezifisch ist, ist die Liste der möglichen Differenzialdiagnosen lang:
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
∑ bei einer Kardiomegalie der Perikarderguss und die Kardiomyopathie mit ihren zahllosen Ursache, ∑ bei infiltrativen Veränderungen das pulmonale Infiltrat, das bronchoalveoläre Karzinom, das Lymphom, granulomatöse Erkrankungen (z. B. Morbus Wegener) usw. Die Liste der Differenzialdiagnosen eines Pleuraergusses umfasst eine Vielzahl abdomineller, kardialer
Abb. 2.46. Paraneoplastische Lungenembolie einer 65-jährigen Patientin mit TBVT und geringer Dyspnoe. Thrombembolisches Material links zentral und beidseits der unteren Lungenarterien. Röntgenthorax unauffällig
und pulmonaler Erkrankungen, die hier im Einzelnen nicht aufgeführt werden können. Computertomographisch ist der intraluminale Füllungsdefekt von kleinen benachbarten Lymphknoten abzugrenzen. Dabei sind Sekundärrekonstruktionen oder – falls die Rohdaten noch vorhanden sind – eine Rekonstruktion mit kleinerem Inkrement hilfreich. Wichtig ist, darauf zu achten, ob die Kontrastmittelaussparung über die Gefäßkontur hinausgeht, was den anliegenden Lymphknoten vom Embolus unterscheidet. Eine eher seltene Differenzialdiagnose ist das Pulmonalarteriensarkom (s. oben). Die vielleicht wichtigste Differenzialdiagnose besteht in der Abgrenzung gegenüber einem Artefakt aufgrund des Gefäßverlaufs und/oder einer unzureichenden Kontrastierung (s. oben). Der diagnostische Algorithmus beim klinischen Verdacht auf eine Lungenembolie wird uneinheitlich angegeben, und diagnostische Leitlinien von Seiten der Fachverbände liegen nicht vor. Der instabile Patient (etwa 10% der Fälle) wird – wenn eine Bildgebung möglich ist und nicht schon primär die Therapie eingeleitet wird – zunächst der CT zugeführt, um in Abhängigkeit vom Ausmaß des embolischen Geschehens die Indikation zur Lyse, zur operativen Embolektomie (40% Operationsletalität!) und/oder der interventionellen Thrombusfraktionierung zu stellen. Beim klinisch stabilen Patienten mit Verdacht auf Lungenembolie ist die Untersuchung der tiefen Becken-Bein-Venen (nach Echo, Blutgasanalyse, LDHAbb. 2.47 a, b. Differenzialdiagnose: Abgrenzung eines intraluminalen Thrombus von extraluminalen Lymphknoten. Mit Hilfe sekundärer Rekonstruktionen gelingt der MSCT bei guter Kontrastierung der pulmonalarteriellen Strohmbahn in nahezu allen Fällen die Differenzialdiagnose intra-/extraluminaler Prozess, wie das vorliegende Beispiel multipler hilärer und infrahilärer Lymphknoten zeigt
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2.2 Pulmonale Gefäße
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Abb. 2.48 a, b. Positives Westermark-Zeichen bei einer linkszentralen Lungenembolie mit Gefäßamputation der peripheren Lungenarterien (nur in knapp 10% der Fälle) b
Bestimmung, EKG, D-Dimere) obligat (Kompressionssonographie). Gelingt der Nachweis einer Thombose, ist in der Regel keine weitere Diagnostik notwendig und die Indikation zur Antikoagulation (in der Regel Markumarisierung für ein Jahr) gestellt. Lässt sich keine Thrombose nachweisen und ist Ventilations-/Pulsationsszintigraphie unauffällig, so ist eine Lungenembolie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Zeigt der V/TScan eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie, so wird in einigen Algorithmen von einer Lungenembolie ausgegangen. In den meisten Zentren wird in diesem Fall noch eine CTA angeschlossen. Vielerorts wird gänzlich auf einen V/P-Scan verzichtet.
Abb. 2.49 a, b. Embolischer Verschluss der linken unteren Lungenarterie in der MRA
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Besteht eine mittlere oder niedrige Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie oder ist das Ergebnis unsicher, so ist die Indikation zur CTA gegeben. Ist sie positiv, gilt die Lungenembolie als gesichert. Merke
Bei fehlendem Nachweis ist wegen der diagnostischen Lücke einer nichtdetektierten isolierten Subsegmentembolie eine Lungenembolie noch nicht ausgeschlossen. Dabei wird die klinische Relevanz kontrovers diskutiert: In einem großen Kollektiv von 383 angiographisch gesicherten Lungenembolien
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fanden sich in 6% der Fälle isolierte Subsegmentembolien (PIOPED-Studie, Stein et al. 1999), andere Arbeitsgruppen (ANTILOPE-Studie, De Monye et al. 2000) wiesen eine deutlich höheren Prozentsatz von 22% isolierter Subsegmentembolien auf (29/130 angiographisch gesicherten Lungenembolien). Dies ist insofern von klinischer Relevanz, als bei einer nichttherapierten Lungenembolie in 10–30% der Fälle mit dem Auftreten einer letalen Re-Embolie gerechnet werden muss, sodass der Algorithmus einiger Zentren hier die Indikation zur Pulmonalisangiographie sieht. Auf der anderen Seite berichten Verlaufsstudien von Patienten mit negativer CT und fehlender Antikoagulation in einem Dreimonatsintervall von einer Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Lungenembolie von 1% (Goodman et al. 2000) bzw. 3% (Ferretti et al. 1997) und liegen damit in derselben Größenordnung wie Verlaufskontrollen mit negativem V/P-Scan und selektiver Pulmonalisangiographie (Abb. 2.45 a,b, Abb. 2.46, Abb. 2.47 a,b, Abb. 2.48 a,b, Abb. 2.49 a, b). Chronische thrombembolische pulmonale Hypertension Die chronische thrombembolische pulmonale Hypertension (CTPH) ist eine der wenig verstandenen und übersehenen Ursachen einer sekundären pulmonalen Hypertonie. Sie gilt mit einer Häufigkeit von 0,1–0,5% als seltene Komplikation der Lungenembolie. Eine frühzeitige Diagnose ist von entscheidener Bedeutung, da die chirurgische Desobliteration einen kurativen Therapieansatz darstellt, bevor es zur Fixierung der pulmonalarteriellen Hypertonie kommt. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Auch wenn die Ätiologie noch nicht abschließend geklärt ist, geht man davon aus, dass es anstelle einer Lyse zur Organisation der Thromben und nachfolgend zum Einbau in die Gefäßwand kommt. Dabei zeigen die Patienten keine Auffälligkeiten bezüglich Koagulation und Fibrinolyse. Lediglich in 10% der Patienten wurden Antikörper gegen Cardiolipin gefunden. Diskutiert wird, ob zusätzlich eine In-situThrombosierung in den Pulmonalarterien stattfindet. Ohne Intervention ist die Prognose der Erkrankung schlecht. In einer Studie betrug die Fünfjahresüberlebenswahrscheinlichkeit bei Patienten, die bei Diagnosestellung bereits einen pulmonalarteriellen Druck von 40 mmHg und mehr aufwiesen, 30% (Riedel et al. 1982).
Klinische Symptomatik Wie alle anderen Formen der pulmonalen Hypertonie ist die zunehmende Dyspnoe oft die einzige klinische Manifestation. In einigen Fällen ist nur eine oft übersehene Spaltung des zweiten Herztons aufffällig. Das Labor zeigt bei Patienten mit CTPH keine Auffälligkeiten. Zu achten ist auf eine positive Anamnese einer tiefen Becken-Bein-Venenthrombose bei 35– 45% der Patienten. Radiologische Symptomatik Der V/O-Scan zeigt segmentale oder größere Perfusionsausfälle bei regelrechter Ventilation („V/P mismatch“). Dabei wird das Ausmaß der Erkrankungen im V/P-Scan oft unterschätzt. Das Röntgenbild ist oft unspezifisch oder kann im frühen Stadium unauffällig sein. In einem Kollektiv von 50 Patienten fanden Schmidt et al. (1996) in 96% der Fälle einen erweiterten Truncus pulmonalis, eine Dilatation der rechten Pulmonalarterie in 40% sowie der linken in 14%.Woodruff et al. (1985) beschrieben bei guter Korrelation mit dem pulmonalangiographischen Bild gefäßrarefizierte Areal und in 70% (von 22 Fällen) die so genannte Mosaikoligämie. In der präoperativen Diagnostik gilt bis heute die selektive Angiographie als Methode der Wahl. Im Unterschied zur akuten Embolie als intraluminalem Füllungsdefekt finden sich wandständige Kontrastmittelaussparungen („pouching defects“), querverlaufende Membranen, intimale Unregelmäßigkeiten oder komplette Verschlüsse (Auger et al. 1992). Die CTA hat sich mittlerweile als valides Schnittbildverfahren in der Diagnostik der CTPH bewährt. Bergin et al. (1997) fanden die CTA der selektiven Angiographie in der Beurteilung der zentralen Pulmonalarterien sogar überlegen. Computertomographisch zeigen sich wandständige Thrombusauflagerungen in den zentralen Lungenarterien, periphere Gefäßabbrüche, Kalibersprünge und intraluminale Füllungsdefekte. Weitere Zeichen können sein: rechtsventrikuläre Dilatation, Dilatation der zentralen Pulmonalarterien und bronchialarterielle Kollateralgefäße. Senititiv, aber weniger spezifisch, ist das so genannte Mosaikbild des Lungenparenchyms (Bergin et al. 1996). Erste Berichte über den Einsatz der MRA in der Diagnostik der CTPH waren wenig erfolgversprechend. Die Implementierung leistungsfähiger Gradientensysteme hat die Qualität der MR-Angiogramme deutlich verbessert. So konnten Kreitner et al. (2000) zeigen, dass die MRA der DSA in der Beurteilung zentraler Gefäßabschnitte vergleichbar und lediglich in der Beurteilung der Subsegmentebene unterlegen war. Zusätzliches Potenzial ergibt sich durch die neuen Möglichkeiten der MR-Perfusion und Ventilation.
2.2 Pulmonale Gefäße
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Abb. 2.50 a–c. Patientin mit CTPH: chronische thrombotische Wandauflagerungen der zentralen Lungenstrombahn links mit Dilatation des Truncus pulmonalis und der zentralen Lungenarterien als Zeichen des pulmonalen Hypertonus. Im Lungenfenster so genannte Mosaikperfusion des Lungenparenchyms. Ursächlich ist eine Minderperfusion von Lungenarealen
Differenzialdiagnose Eine wichtige, wenngleich seltene Differenzialdiagnose ist die fibrosierende Mediastinitis, die klinisch, im konventionellen Röntgenbild, angiographisch und in der CT ein ähnliches Bild zeigen kann. Sie kann auch unilateral vorkommen und durch die perivaskuläre Fibrose zu Gefäßirregularitäten und -verschlüssen führen und auch ein mosaikähnliches Bild des Lungenparenchyms zeigen. Charakteristisch für die fibrosierende Mediastinitis ist die oft ausgedehnte mediastinale Lymphadenopathie, wenngleich mediastinale Lymphknotenvergrößerungen auch bei einer CTPH gefunden werden.Wichtigstes Kriterium in der differenzialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber der fibrosierenden Mediastinitis sind die intraluminalen Veränderungen („pouching defects“, Segel und Membranen), die bei der fibrosierenden Mediastinitis nicht vorkom-
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men. Dennoch kann es CT-angiographisch schwierig sein, einen Lymphknoten, der von außen zur einer Stenosierung des Gefäßes führt, von einem intraluminalen Füllungsdefekt zu unterscheiden. Arteriitiden (z. B. die Takayasu-Arteriitis) können durch Wandverdickungen und Gefäßunregelmäßigkeiten ein ähnliches angiographisches Bild wie die CTPH bieten. Charakteristisch ist das Fehlen intraluminaler Füllungsdefekte, die entzündliche Imbibierung des mediastinalen Fettgewebes und die unterschiedliche klinische Präsentation (s. oben). Differenzialdiagnostisch unproblematisch ist die Abgrenzung einer CTPH von einem intraluminalen Angiosarkom. Dieses zeigt nicht die typischen oft kontinuierlichen wandständigen Füllungsdefekte, ist oft zentral, polypoid, gestielt, inhomogen und weist in einigen Fällen eine Kontrastmittelaufnahme auf (s.dort).
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
Pulmonale Hypertonie Definition
왔 Eine pulmonalarteriellen Hypertonie
liegt vor, wenn der mittlere pulmonalarterielle Druck 20 mmHg überschreitet. Von einer pulmonalvenösen Hypertonie wird gesprochen, wenn der pulmonalvenöse Wedge-Druck 12 mmHg überschreitet. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Ätiologisch können 6 Kategorien unterschieden werden: 1. Passive oder postkapilläre pulmonale Hypertonie (kardial bedingt durch eine Mitralstenose, Linksherzinsuffizienz, Cor triatriatum oder Vorhoftumor/-thrombus oder primäre Veränderungen der Pulmonalvenen wie im Rahmen einer fibrosierenden Mediastinitis, kongenitaler Pulmonalvenenstenosen und -anomalien, VOD, Thrombus oder Tumor). 2. Hyperkinetische pulmonale Hypertonie (bedingt durch Links-rechts-Shunts intrakardial oder peripher, arteriovenöse Malformationen). 3. Obstruktive pulmonale Hypertonie (bedingt durch eine Verlegung der pulmonalarteriellen Ausstrombahn, z. B. embolisch, tumorbedingt oder durch intravaskuläre Thrombosierungen z. B. im Rahmen von Hämoglobinopathien). 4. Restriktive pulmonale Hypertonie (bedingt durch pleuropulmonale Veränderungen, wie z. B. Emphysem, Fibrose, Fibrothorax, Thoraxwanddeformitäten oder alveoläre Hypoventilation: neuromuskulär, Adipositas permagna, idiopathisch). 5. Vasokonstriktive pulmonale Hypertonie (bedingt durch akute oder chronische Hypoxie, bei Patienten mit Sklerodermie sowie bei Kokainabusus). 6. Idiopathische Pulmonale Hypertonie (in dieser Gruppe ist die Ätiologie unklar; in ihr werden die primäre pulmonale Hypertonie, die pulmonale Hypertonie in Assoziation mit einem chronischen Leberleiden sowie medikamenten- – L-Tryptophan, Aminorex-fumarat – und HIV-assoziierte pulmonale Hypertonie subsumiert). Klinische Symptomatik Es gibt keine spezifischen Symptome für eine pulmonale Hypertonie. Aus diesem Grunde ist die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose oft bereits weit fortgeschritten.
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Das früheste und am weitesten verbreitete Symptom bei allen Formen der pulmonalen Hypertonie ist die Belastungsdyspnoe. Merke
Schwindel und synkopale Zustände finden sich genauso wie unspezifische thorakale Schmerzen. Diese sind differenzialdiagnostisch gegenüber kardiogenen Ursachen abzugrenzen. Hämoptysen können bei allen Formen der pulmonalen Hypertonie auftreten. Ursächlich dafür sind u. a. Rupturen von dilatierten submukösen Venen. Heiserkeit, bedingt durch eine Kompression des linksseitigen N. laryngeus recurrens zwischen Aorta und linker Pulmonalarterie, ist ein Symptom der fortgeschrittenen Erkrankung. Auskultatorisch findet sich oft eine Spaltung des zweiten Herztons. Die Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz finden sich erst im fortgeschrittenen Stadium, ähnlich wie eine periphere oder zentrale Zyanose. Radiologische Symptomatik In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Ursache der pulmonalarteriellen Hypertonie variiert das Röntgenbild und kann zusammen mit dem klinischen Algorithmus, bestehend aus
∑ Echokardiographie (Abschätzung des pulmonalarterielllen Drucks, Ventrikel-Klappen-Funktion, Shunting auf kardialer Ebene), ∑ V/P-Scan zum Ausschluss einer thromboembolischen Ursache, ∑ Lungenfunktion zum Nachweis/Ausschluss einer pulmonalen Restriktion/Obstruktion, ∑ der arteriellen Blutgasanalyse (Störungen des Gasaustauschs) und ∑ der Serologie (Kollagenosen, Vaskulitiden) Hinweise auf die Ätiologie der pulmonalarteriellen Hypertonie geben (Veränderungen des Parenchyms, kardiale Ursachen wie Links-rechts-Shunt, Linksherzinsuffizienz, Mitralklappenvitium oder extrapulmonale Ursachen wie z. B. die Kyphoskoliose, Spondylitis ankylosans, neuromuskuläre Erkrankungen wie Dystrophien, Myastenia gravis, Guillain-BarréSyndrom usw. oder extreme Adipositas). Röntgenologisch zeigen sich eine vermehrte Konvexität des Pulmonalissegments und eine Erweiterung der zentralen pulmonalarteriellen Gefäße bei einer Kaliberreduktion der peripheren Pulmonalarterienäste bei der präkapillären Form, im Unterschied zur postkapillären oder hyperkinetischen Form der pulmonalen Hypertonie mit einer Erweiterung der pulmonalarteriellen Gefäße bis in die Peripherie. Die Größe des rechten Ventrikels ist oft normal, ehe es mit Fortschreiten der Erkrankung auch hier zu einer Vergrößerung kommt. Tritt eine Rechtsherzinsuffizienz hinzu, kommt es zur Erweiterung der V. cava superior mit/ohne Pleuraerguss. Die CT kann hilfreich sein in der besseren Beurteilung des Lungenparenchyms und einer zugrunde liegenden prä- oder postkapillären Form der pulmonalen Hypertonie. Häufig findet sich das so genannte
2.2 Pulmonale Gefäße
Mosaikmuster des Lungenparenchyms („ground glas opacities“ neben Arealen eines so genannten „air trapping“) bei den verschiedensten Ursachen der pulmonalen Hypertonie (Tan u. Kuzo 1998). Mehrere CT-Studien berichten von einem prädiktiven Wert des computertomographisch bestimmten Durchmessers des Truncus pulmonalis (3 cm unterhalb der Bifurkation) bei einer pulmonalen Hypertonie. Dabei ergab sich in einer Studie von Kuriyama et al. (1984) für das Vorhandensein einer pulmonalen Hypertonie bei einem Durchmesser >2,9 cm eine Sensitivität von 69% und eine Spezifität von 100%. Die Bestimmung der Durchmesser von rechter und linker Pulmonalarterie erwies sich als weniger hilfreich. In einer Multivarianzanalyse fanden Ny et al. (1999) für Patienten unter 50 Jahren einen Quotienten von Truncus pulmonalis und aszendierender Aorta >1 (Durchmesser von Truncus pulmonalis/ Aszendensdurchmesser) als einen validen (96%) prädiktiven Marker für eine pulmonale Hypertonie.
Abb. 2.51. MRA einer PPH. Dilatation der Pulmonalarterien zentral mit Rarefizierung des peripheren Gefäßbildes
Primäre pulmonale Hypertonie Definition
왔 Die primäre pulmonale Hypertonie
als klinisches Syndrom ist charakterisiert durch das Fehlen einer erkennbaren Ursache. Die klinische Diagnose basiert auf 3 Kriterien: 1. klinische, radiologische und echokardiographische Zeichen einer pulmonale Hypertonie, 2. ein erhöhter pulmonalarterieller Druck im Rechtsherzkatheter bei normalen Wedge-Druck, 3. das Fehlen einer kardiologischen und pulmonalen Ursache oder einer Systemerkrankung. Die primäre pulmonale Hypertonie ist eine seltene Erkrankung, die vorwiegend Frauen (5:1) im Alter zwischen 30 und 40 Jahren betrifft. Die Ätiologie ist ungeklärt. Neuere Erkenntnisse geben Hinweise darauf, dass es sich um ein Ungleichgewicht zwischen Produktion und Abbau vasoaktiver Substanzen, Thromboxane und Prostaglandine handelt, zusammen mit der lokalen Produktion von Endothelin, einer von den Endothelien produzierten vasokonstriktiven Substanz. Interessanterweise wurde diese Erkrankung in den 1960er Jahren häufiger beobachtet und war assoziiert mit der Einnahme des Appetitzüglers Aminorex-fumarat. Auch geben Tierversuche, die eine pulmonale Hypertonie durch bestimmte Alkaloide provozieren konnten, Hinweise auf eine humorale Komponente. In diesem Zusammenhang wird auch die 5- bis 6mal so häufige Assoziation der pulmonale Hypertonie mit einer portalen Hypertension unterschiedlichster Ätiologie diskutiert. Man vermutet, dass es zu einer verringerten Produktion vasodilatierender Sub-
stanzen durch die Leber kommt. In letzter Zeit ist häufiger die Assoziation mit einer HIV-Infektion beobachtet worden. Mutmaßlich wird die pulmonale Hypertonie durch eine direkte endotheliale Infektion und/oder über die Freisetzung von Mediatorsubstanzen getriggert. Das histologische Bild ist vielfältig und kann eine Mediahypertrophie, eine intimale Fibrose, eine plexogene oder thromboembolische Arteriopathie oder das Bild einer Arteriitis zeigen. Die Prognose der Erkrankung ist schlecht, und das mediane Überleben liegt bei 2–3 Jahren. Therapeutisch versucht man, die Erkrankung mit Vasodilatanzien und Antikoagulation aufzuhalten, wenngleich nur etwa ein 1/3 der Patienten auf die Therapie ansprechen und die systemarteriellen Nebenwirkungen überwiegen. In vielen Fällen ist die kombinierte Herz-Lungen-Transplantation die Ultima Ratio. Radiologisch zeigt sich das Bild einer Dilatation der zentralen Pulmonalarterien mit einer Rarefizierung des peripheren Gefäßbildes mit/ohne Rechtsherzvergrößerung. Die pumonalen Venen zeigen keine Auffälligkeiten. Bis auf die Oligämie ist das Lungenbild unauffällig (Abb. 2.51). Pulmonale kapilläre Angiomatose Die pulmonale kapilläre Angiomatose ist eine extrem seltene Ursache einer pulmonalen Hypertonie. Bisher sind etwa 30 Fälle beschrieben worden (Umezu et al. 2001). Die Erkrankung betrifft vorwiegend das frühe Erwachsenenalter ohne erkennbare Geschlechtsprädilektion. Die Ätiologie ist ungeklärt. Pathologisch-ana-
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
tomisch liegt eine benigne erscheinende Proliferation von dünnwandigen Kapillaren in das Lungenparenchym, in die Blutgefäße, die interlobären Septen, die Bronchialwand, Pleura oder Perikard vor. Die Infiltration in die Pulmonalvenen kann zu einer sekundären VOD führen,die histologisch auch die wesentliche Differenzialdiagnose darstellt. Der Infiltration ist diffus und betrifft beide Lungen im späten Stadium der Erkrankung. Die Diagnose wird ähnlich wie bei der VOD in der Regel erst post mortem autoptisch gestellt. Die Symptome der primären kapillären Hämangiomatose (PCH) mit Dyspnoe und Hämoptysen sind unspezifisch. Röntgenologisch finden sich neben den Zeichen der rechtsventrikulären Hypertonie diffuse oder umschriebene retikulonoduläre Verdichtungen. Computertomographisch finden sich neben einer Hypertrophie und Dilatation der zentralen Pulmonalarterien (fakultativ) unspezifische septale Verdickungen, unscharf begrenzte noduläre Verdichtungen, ein mosaikähnliches Bild des Lungenparenchyms und unter Umständen Pleuraergüsse und/oder mediastinale Lymphknoten, Veränderungen, die bei der primären pulmonalen Hypertonie nicht beobachtet werden und an eine PCH oder VOD denken lassen müssen. Die Erkrankung führt – ähnlich wie die primäre pulmonale Hypertonie – zum Tode mit einem im Vergleich zur primären pulmonalen Hypertonie polongierteren Krankheitsverlauf. Pulmonale „venous-occlusiv disease“ Die pulmonale VOD ist ähnlich wie die PCH eine sehr seltene Erkrankung des frühen Adoleszentenalter bis ins Erwachsenenalter (9–59 Jahre) mit sehr schlechter Prognose. Bisher sind etwa 70 Fälle beschrieben worden (Wagenvoort et al 1985). Klinisch und röntgenologisch sind sie von der PCH nicht zu unterscheiden. Computertomographisch fanden Swenson und Mitarbeiter (1996) in allen Fällen eine Verdickung der interlobären Septen, multifokale „Groundglass-Verdichtungen“ und ein Mosaikmuster, Pleuraergüsse und eine Dilatation der zentralen Pulmonalarterien. Die pulmonale VOD ist differenzialdiagnostisch nicht von der PCH abzugrenzen. Eine definitive Diagnose kann wie bei der PCH nur histologisch erfolgen. Dabei zeigt sich eine exzentrische intimale Fibrose der kleinen postkapillären Venen. Im Unterschied zu PCH, die sekundär auch eine Fibrosierung der Venen zeigen kann, findet sich diese Veränderung bei der VOD in allen Venen. Eine erfolgversprechende Behandlung außer der Herz-LungenTransplantation existiert nicht. Vasodilatanzien können, falls überhaupt wirksam, zu einem fatalen Lungenödem führen. Andere Therapieversuche mit Immunsuppressiva oder Antiphlogistika haben sich als wenig erfolgversprechend erwiesen.
Differenzialdiagnose Die wichtigste Differenzialdiagnose einer PCH oder VOD ist die primäre pulmonale Hypertonie. Im Unterschied zur PCH und VOD werden Pleurergüsse, Lymphknotenvergrößerungen und retikulonoduläre Verdichtungen nicht beobachtet. Das Mosaikmuster ist bei den verschiedensten Formen der pulmonalen Hypertonie (Sekundärphänomen) beschrieben worden und eignet sich nicht als differenzialdiagnostisches Kriterium. In der differenzialdiagnostischen Abgrenzung zur CTPH ist neben dem Nachweis wandständiger Thromben in CT/MRT der V/P-VentilationScan die Methode der Wahl. Im Unterschied zur CTPH, die segmentale und/oder subsegmentale Perfusionsausfälle zeigt, ist der V/P-Scan bei der primären pulmonalen Hypertonie, PVH und VOD normal. Unproblematisch ist die Abgrenzung einer physiologischen von einer pathologischen Dilatation des Pulmonalissegments. Sie tritt bei jungen Menschen sowie bei Gravidität auf und zeigt ein normales pulmonalarterielles und -venöses Gefäßbild. Pulmonalarterienaneurysma Definition
왔 Darunter werden alle echten Aneurys-
men (alle Wandschichten betreffend), alle falsche Aneurysmen, die als Folge einer Ruptur aller Wandschichten auftreten und alle Pseudoaneurysmen, wobei ein Teil der Wandschichten intakt bleibt, subsumiert. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Pulmonalarterienaneurysmen sind selten. In einem Kollektiv von 109.000 Biospsien fanden Deterling u. Clagett (1947) lediglich 8 Pulmonalarterienaneurysmen, in den meisten Fällen assoziiert mit kongenitalen, kardialen Fehlbildungen (Koarktation, Pulmonalklappenstenose, offener Ductus arteriosus usw.). Man schätzt die Inzidenz für Pulmonalarterienaneurysmen auf 1:14.000 Patienten. Heute sind iatrogene Pseudoaneurysmen durch Swan-Ganz-Katheter die häufigste Ursache eines Pulmonalarterienaneurysmas. Auch wenn dies mit 0,05– 0,2% eine seltene Komplikation darstellt, ist sie wegen des fatalen Ausgangs in 45–65% der Fälle gefürchtet (Ferretti et al. 1996). Andere Ursachen sind posttraumatisch (s. oben), im Rahmen einer Vaskulitis (Morbus Behçet), eines Morbus Rendu-Osler-Weber (s. dort) oder mykotisch. Bis in die Mitte der 1920er Jahre waren hier vor allem die Syphilis und die Tuberkulose die häufigste Ursache,heute sind dies Salmonellen,Staphylokokken, E. coli und Pilze (z. B. Aspergillus). Drei pathogenetische Mechanismen in der Entstehung des Pulmonalarterienaneurysma sind möglich:
2.2 Pulmonale Gefäße
a
c
b
d
Abb. 2.52 a–d. Zufallsbefund bei einer 65-jährigen asymptomatischen Patientin mit einem großen Aneurysma des Truncus pulmonalis. a In der p.-a.-Aufnahme des Thorax deutlich dilatiertes Pulmonalissegment. b In der seitlichen Aufnahme
scheint eine Erweiterung der aszendierenden Aorta vorzuliegen. c, d In der MRA Nachweis eines knapp 8 cm großen Pulmonalarterienaneurysma (in der seitlichen Thoraxaufnahme randbildend)
1. durch den direkten Kontakt mit dem infektiösen Prozess (z. B. die Tuberkulose mit Entstehung des so genannten Rasmussen-Aneurysmas in der Nachbarschaft einer tuberkulösen Kaverne), 2. im Rahmen einer Bakteriämie über die Vasa vasorum (z. B. Syphilis), 3. über die direkte Ausbreitung eines septischen Thromembolus (häufigste Ursache).
Prädisponierender Faktor in der Entstehung eines Pulmonalarterienaneurysmas ist die sekundäre (seltener im Rahmen einer primären) pulmonalarterielle Hypertonie, meist auf dem Boden einer kongenitalen kardiovaskulären Fehlbildung (am häufigsten offener Ductus) oder eines Marfan-Syndroms (zystische Medianekrose). In diesen Fällen kann es zu dissezierenden Pulmonalarterienaneurysmen kom-
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Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße
men, von denen bisher etwa 50 Fälle in der internationalen Literatur beschrieben sind (Inayama et al. 2001). Multiple Aneurysmen der segmentalen Pulmonalarterien werden beim Hughes-Stovin-Syndrom beobachtet (s. unten). Das gehäufte Auftreten von arteriellen Aneurysmen ovarieller, endometrialer, subchorionidaler, splenischer, renaler, brachialer, spinaler und pankreatikoduodenaler Gefäße während der Schwangerschaft ist ein bekanntes Phänomen. In der Literatur gibt es eine Kasuistik über ein Pulmonalarterienaneurysma während der Schwangerschaft bei einer vorher gesunden 23-jährigen (Gruber et al. 2001). Klinische Symptomatik Pulmonalarterienaneurysmen sind in der Regel asymptomatisch. Unspezifische Symptome sind Husten, parasternaler oder präkordialer Schmerz, (bei Dissektionen) Dyspnoe und Hämoptysen in einigen Fällen. Gefürchtet ist die Aneurysmaruptur mit einer hohen Mortalität zwischen 50 und 100%.
Das Hughes-Stovin-Syndrom bezeichnet die Trias „multiple Pulmonalarterienaneurysmen, Thrombophlebitis und tiefe Venenthrombosen“. Betroffen sind fast ausschließlich junge Männer im Alter von 14–40 Jahren. Die Ätiologie ist ungeklärt. Einige Autoren fassen dieses Syndrom als Variante des Mobus Behçet auf, wenngleich rezidivierende orale und genitale Ulzera in den meisten Fällen eines Hughes-Stovin-Syndroms nicht beobachtet wurden. Die Erkrankung ist sehr selten mit insgesamt etwa 20 weltweit beschriebenen Fällen (Balci et al. 1998). Neben Thrombosierungen tiefer peripherer Venen sind thrombotische Verschlüsse der V. cava inferior und superior sowie pulmonale Thromembolien häufig. Eine frühe Diagnose mit Resektion der befallenen Lungensegmente ist entscheidend, da die Rupturgefahr mit letalem Ausgang als hoch einzuschätzen ist (Kopp u. Green 1962). Erste Berichte über den erfolgreichen Einsatz einer immunsuppressiven Therapie liegen vor (Ali-Munive et al. 2001). Literatur
Radiologische Symptomatik Das röntgenologische Erscheinungsbild variiert in Abhängigkeit von Ätiologie und Pathogenese. Periphere, glatt begrenzte, solitäre oder multiple Rundherde mit Durchmessern von wenigen Millimetern bis mehreren Zentimentern wie auch unscharf begrenzte, infiltratähnliche Verdichtungen (z. B. bei Einblutungen) sowie eine Mediastinalverbreiterung können röntgenologisches Korrelat sein. In diesem Zusammenhang kommt dem klinischen Befund eine entscheidende Rolle zu (Hämoptysen, septisches Krankheitsbild, bekannte kongenitale kardiale Fehlbildungen, Vaskulitis, Tuberkulose, Thoraxtrauma usw.). Die kontrastverstärkte CT führt als weiterführendes bildgebendes Verfahren zur Diagnose und hat als CTA in der prätherapeutischen Planung (Operation, Intervention) die Angiographie (zusammen mit der MRA) weitgehend ersetzt. Das Pulmonalarterienaneurysma zeigt sich als kontrastmittelaufnehmende, Truncus-pulmonalis-isodense Raumforderung mit unter Umständen randständigen Thrombosierungen (Abb. 2.52 a–d). Differenzialdiagnose In den meisten Fällen ist in der CT die Diagnose eindeutig. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen ist die arteriovenöse Malformation (vor allem bei peripheren kleinen Befunden). Dabei kommt der Detektion einer abführenden Vene bei der arteriovenösen Malformation als Unterscheidungskriterium die entscheidene Rolle zu. In fraglichen Fällen bringt die Angiographie als Goldstandard die differenzialdiagnostische Klärung.
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2.2 Pulmonale Gefäße Ny CS, Wells AU, Padley SP (1999) A CT sign of chronic pulmonary arterial hypertension: the ratio of main pulmonary artery to aortic diameter. J Thorac Imaging 14: 270–278 Ohno Y, Hatabu H, Takenaka D, Adachi S, Hirota S, Sugimura K (2002) Contrast-enhanced MR perfusion imaging and MR angiography: utility for management of pulmonary arteriovenous malformations for embolotherapy. Eur J Radiol 41: 136–146 Okada H, Tsuboi H, Sasaki J, Katho T, Fujimura Y, Esato K (1996) [A case of pulmonary sarcoma with a differential diagnosis from preoperative pulmonary thromboembolism]. Kyobu Geka 49: 1036–1039 Oudkerk M, van Beek E, Wielopolski P et al. (2002) Comparison of contrast-enhanced magnetic resonance angiography and conventional pulmonary angiography for the diagnosis of pulmonary embolism: a prospective study. Lancet 359 (9318): 1643–1647 Pees C, Haas NA, Lange PE (1999) Die klinische Diagnose der Aortenisthmusstenose. Dtsch Med Wochenschr 124: 1329– 1334 Parker MS, Matheson TL, Rao AV et al. (2001) Making the transition: the role of helical CT in the evaluation of potentially acute thoracic aortic injuries. AJR Am J Roentgenol 176: 1267–1272 Parmley LF, Mattingly TW, Manion WC, Jahnke EJ (1958) Nonpenetrating injury of the aorta. Circulation 17: 1086–1101 Patel HT, Madani A, Paris YM, Warner KG, Hijazi ZM (2001) Balloon angioplasty of native coarctation of the aorta in infants and neonates: is it worth the hassle? Pediatr Cardiol 22: 53–57 The PIOPED Investigators (1990) Value of ventilation/perfusion scan in acute pulmonary embolism: results of the Prospektive Investigation of Pulmonary Embolism Diagnosis (PIOPED). JAMA 263: 2753–2759 Remy J, Remy-Jardin M,Wattinne L, Deffontaines C (1992) Pulmonary arteriovenous malformations: evaluation with CT of the chest before and after treatment. Radiology 182: 809– 816 Remy J, Remy-Jardin M, Giraud F, Wattinne L (1994) Angioarchitecture of pulmonary arteriovenous malformations: clinical utility of three-dimensional helical CT. Radiology 191: 657–664 Richter GM, Allenberg JR, Schumacher H, Hansmann J,Vahl C, Hagl S (2001) Die Aortendissektion – wann operieren, wann endoluminal therapieren? Radiologe 41: 660–667 Riedel M, Stanek V, Widimsky J, Prerovsky I (1982) Longterm follow-up of patients with pulmonary thromboembolism. Late prognosis and evolution of hemodynamic and respiratory data. Chest 81: 151–158 Riquelme C, Laissy JP, Menegazzo D, Debray MP, Cinqualbre A, Langlois J, Schouman-Claeys E (1999) MR imaging of coarctation of the aorta and its postoperative complications in adults: assessment with spin-echo and cine-MR imaging. Magn Reson Imaging 17: 37–46 Sailer J, Peloschek P, Rand T, Grabenwoger M, Thurnher S, Lammer J (2001) Endovascular treatment of aortic type B dissection and penetrating ulcer using commercially available stent-grafts. AJR Am J Roentgenol 177: 1365–1369 Savage C, Zwischenberger JB, Ventura KC, Wittich GR (2001) Hemoptysis secondary to pulmonary pseudoaneurysm 30 years after a gunshot wound. Ann Thorac Surg 71: 1021– 1023 Schipper J, van Oostayen JA, den Hollander JC, van Seyen AJ (1989) Aortic tumours: report of a case and review of the literature. Br J Radiol 62: 35–40 Schmidt HC, Kauczor HU, Schild HH et al. (1996) Pulmonary hypertension in patients with chronic pulmonary thromboembolism: chest radiograph and CT evaluation before and after surgery. Eur Radiol 6: 817–825
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175
176
Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße Vilacosta I, San Roman JA, Ferreiros J et al. (1997) Natural history and serial morphology of aortic intramural hematoma: a novel variant of aortic dissection. Am Heart J 134: 495–507 Wagenvoort CA, Wagenvoort N, Takahashi T (1985) Pulmonary veno-occlusive disease: involvement of pulmonary arteries and review of literature. Hum Pathol 16: 1033–1041 Weltman DI, Baykal A, Zhang D (1999) CT diagnosis of laceration of the main pulmonary artery after blunt trauma. AJR Am J Roentgenol 173: 1361–1362 Whallett AJ, Thurairajan G, Hamburger J, Palmer RG, Murray PI (1999) Behcet’s syndrome: a multidisciplinary approach to clinical care. QJM 92: 727–740 Wheatherhall DJ, Ledingham JGG, Warrell DA (1996) Takayasu’s disease. Oxford textbook of medicine, 3rd edn. Oxford, Oxford University Press, pp 2377–2380 White RI Jr, Mitchell SE, Barth KH, Kaufman SL, Kadir S, Chang R, Terry PB (1983) Angioarchitecture of pulmonary arteriovenous malformations: an important consideration before embolotherapy. AJR Am J Roentgenol 140: 681–686 White RI Jr, Lynch-Nylan A, Terry P et al. (1988) Pulmonary arteriovenous malformations: techniques and long-term outcome of embolotherapy. Radiology 169: 663–669
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Gefäße im Abdomen
3
M. Völk, J.-P. Staub, M. Strotzer
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4
Radiologische Untersuchungstechniken 177 Ultraschalldiagnostik 178 CT-Angiographie 179 MR-Angiographie 180 Digitale Subtraktionsangiographie 181
3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.2.6 3.2.7
Normalanatomie und wesentliche Varianten 181 Aorta abdominalis 181 Arteriae lumbales 183 Arteriae suprarenales und renales 183 Arteria mesenterica superior und inferior 184 Vena cava inferior 187 Venae renales 190 Vena mesenterica superior und inferior 190
3.3
Systematische Bildanalyse 190
3.4 3.4.1 3.4.1.1 3.4.1.2 3.4.1.3 3.4.1.4 3.4.1.5 3.4.1.6 3.4.1.7 3.4.1.8 3.4.1.9
Erkrankungen der abdominellen Gefäße 192 Abdominelle Aorta 192 Abdominelles Aortenaneurysma 192 Stenose und Verschluss der abdominellen Aorta 200 Aortendissektion 201 Penetrierendes Aortenulkus 204 Intramurales Hämatom 206 Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma 206 Infiziertes Bauchaortenaneurysma 207 Vaskulitis 207 Posttraumatische Veränderungen der abdominellen Aorta 208 Tumoren der Aorta 208 Truncus coeliacus 208 Ligamentum-arcuatum-medianum-Syndrom 208 Mesenterialgefäße 211 Mesenteriale Ischämie 211 Arterielle Mesenterialembolie 212 Arterielle Mesenterialthrombose 214 Nichtokklusive mesenteriale Ischämie 215 Mesenterialvenenthrombose 216 Chronische Mesenterialischämie 217 Fibromuskuläre Dysplasie 219 Dissektion der Mesenterialarterien 220 Traumatische mesenteriale Blutung 221 Untere gastrointestinale Blutung 223 Vaskulitiden 225 Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis) 26 Takayasu-Arteriitis 227 Thrombangiitis obliterans 228 Polyarteriitis nodosa 228 Wegener-Granulomatose 230 Lupus-erythematodes-Vaskulitis 231 Behçet-Syndrom 232 Andere Vaskulitiden der kleinen Gefäße 233 Retroperitoneale Fibrose 233
3.4.1.10 3.4.2 3.4.2.1 3.4.3 3.4.3.1
3.4.3.2 3.4.3.3 3.4.3.4 3.4.3.5 3.4.3.6
3.4.3.7
3.4.4 3.4.4.1 3.4.4.2 3.4.4.3 3.4.4.4 3.4.4.5
Nierengefäße 235 Arteriosklerotische Nierenarterienstenose 235 Fibromuskuläre Dysplasie 239 Nierenarterienembolie 240 Nierenarterienaneurysma 242 Arteriovenöse Malformationen der Nierenarterien 243 3.4.4.6 Nierenvenenthrombose 244 3.4.4.7 Vaskulitiden 245 Takayasu-Arteriitis 246 Polyarteriitis nodosa 247 Lupus-erythematodes-Vaskulitis 248 Literatur 249
Im Folgenden wird auf die unpaaren und paarigen Äste der abdominellen Aorta eingegangen. Insbesondere werden die Gefäße dargestellt, die auch im interventionellen Teil dieses Bandes abgehandelt werden. Angaben zu Anatomie und Erkrankungen des Truncus coeliacus und seiner Gefäße sowie der V. portae und der splanchnischen Venen finden sich im Band Gastrointestinales System, auf die Gefäße des Urogenitaltrakts wird in Band Urogenitaltrakt, Retroperitoneum, Mamma aus der Reihe Handbuch Diagnostische Radiologie eingegangen. 3.1 Radiologische Untersuchungstechniken Zur radiologischen Untersuchung der vaskulären Strukturen des Abdomens stehen die Ultraschalldiagnostik – B-Mode/Modus, farbkodierte Dopplersonographie (FKDS) und gepulster (pw-) Doppler –, die CT-Angiographie (CTA) und die MR-Angiographie (MRA) sowie die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) zur Verfügung, die sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Indikation hervorragend ergänzen können. Unter Berücksichtigung der modalitätsspezifischen Vorteile der einzelnen Untersuchungstechniken muss das diagnostische Vorgehen eng an die klinische Fragestellung geknüpft werden.
178
Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
3.1.1 Ultraschalldiagnostik Um optimale Untersuchungsbedingen durch Verringerung von Darmgasüberlagerungen zu erhalten, erfolgt die sonographische Untersuchung der abdominellen Gefäße am nüchternen Patienten. Üblicherweise werden „Curved-array-Schallköpfe“ mit einer Frequenz von 3,5–5,0 MHz verwendet. Mit linearen Schallköpfen und Frequenzen von >5,0 MHz wird bei schlanken Patienten eine höhere Auflösung und Detailerkennbarkeit erreicht. Durch Angulation des Farbfensters kann die FKDS außerdem deutlich erleichtert werden. Die Untersuchung beginnt mit der Darstellung der abdominellen Aorta und Iliakalgefäße zunächst in der transversalen, dann in sagittaler Schnittführung. Bei jugendlichen Patienten und guten Schallbedingungen kann die typische Dreischichtung der Wand abgeleitet werden. Kalkplaques stellen sich als dichte Wandauflagerungen mit Schallauslöschungen dar. Zur FKDS wird der Schallkopf von 90° auf 60° nach kaudal gekippt, um eine homogene, pulssynchrone Ausfüllung des Lumens zu erreichen. Während die Untersuchung des Truncus coeliacus in der angulierten transversalen Schnittführung erfolgt, wird die A. mesenterica superior parallel zum Verlauf der Aorta dargestellt. Das Auffinden des Abganges der A. mesenterica inferior wird durch axiale Bilder in der FKDS vereinfacht. Die Untersuchung erfolgt im Anschluss parallel zum Gefäßverlauf. Stenosen, die aufgrund von Luftüberlagerungen häufig nur im Abgangsbereich erkannt werden können, führen durch die Strömungsbeschleunigung zu einem „aliasing“ mit Farbumschlägen. Die maximale systolische und diastolische Flussgeschwindigkeit wird im Doppler quantifiziert (Abb. 3.1). Wichtige Stenosekriterien des Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior sind in Tabelle 3.1 aufgeführt. Die Nierenarterien gehen auf Höhe des 1. oder 2. Lendenwirbelkörpers (LWK) rechtwinklig aus der Aorta ab und können am besten in der transversalen
Abb. 3.1. Deutliche Flussbeschleunigung im Truncus coeliacus bei einer Patientin mit Lig.-arcuatum-medianum-Syndrom.
Schnittführung erfasst werden. Die rechte Nierenarterie entspringt dabei etwas weiter ventral als die linke Arterie. Durch den leicht gebogenen Verlauf wird oft eine Signaländerung in der FKDS beobachtet, die nicht als Flussbeschleunigung fehlgedeutet werden darf. Die oft proximal liegenden Nierenarterienstenosen lassen sich durch das Aliasing gut erkennen. Die Flussbeschleunigung wird durch die Dopplermessung quantifiziert und mit der Aorta verglichen.
!
Als pathologisch gilt eine maximale systolische Geschwindigkeit von >180 cm/s oder ein Verhältnis zwischen maximaler renaler und aortaler Geschwindigkeit VmaxNiere/ VmaxAorta von >3,5. Merke
Während die weiter lateral liegenden Gefäßabschnitte durch Darmgasüberlagerungen oft schwer darzustellen sind, gelingt die Ableitung der intrarenalen Gefäßabschnitte in der parakoronaren Schnittführung zuverlässig. Zur Bestimmung des „Resistance Index“ (RI=1–VmaxEnddiastolisch/VmaxEndsystolisch) wird jeweils eine Interlobararterie im kranialen, mittleren und kaudalen Drittel an der Parenchym-Pyelon-
Tabelle 3.1. Dopplersonographische Kriterien einer hämodynamisch wirksamen Stenose oder Verschluss von Truncus coeliacus und A. mesenterica superior. (Nach Zwolak et al. 1998) Parameter
Truncus coeliacus
A. mesenterica superior
Maximale diastolische Geschwindigkeit (PDV)
≥55 cm/s oder fehlendes Flusssignal
≥45 cm/s
Maximale systolische Geschwindigkeit (PSV)
≥200 cm/s oder fehlendes Flusssignal
≥ 300 cm/s (Sensitivität 60%)
Weitere Kriterien
Retrograder Fluss in der A. hepatica communis als Hinweis für eine hochgradige Stenose oder Verschluss des Truncus coeliacus
3.1 Radiologische Untersuchungstechniken
Grenze der Niere aufgesucht und der Mittelwert gebildet. Während die RI-Werte mit zunehmendem Alter ansteigen, sind die Unterschiede zwischen beiden Seiten minimal. Eine Differenz von >5% zwischen der rechten und der linken Seite ist hochsensitiv für das Vorliegen einer hämodynamisch relevanten Nierenarterienstenose. Neben den Gefäßen ist auch auf Veränderungen der Hohl- und parenchymatösen Organe infolge vaskulärer Erkrankungen zu achten. Verdickte Darmwände können Ausdruck einer intestinalen Ischämie sein, sie lassen sich gegenüber entzündlich bedingten Wandveränderungen durch das reduzierte Signal im Powerdoppler diskriminieren. 3.1.2 CT-Angiographie
Abb. 3.2. Embolischer Verschluss (Pfeil) der oberen Segmentarterie mit keilförmigem Perfusionsdefizit. CTA, gekrümmte koronare MIP
Mit Entwicklung der Multislice-Spiraltechnik hat sich die CT zu einer wertvollen Modalität zur Untersuchung vaskulärer Strukturen insbesondere des Abdomens entwickelt. Durch Kombination von CTA mit Folge-Scans in der Parenchym- oder portalvenösen Phase ist die CT in der Lage, eine Vielzahl von Fragestellungen der klinischen Routine und bei Notfallsituationen an die bildgebende Diagnostik zu beantworten und hat die Indikationen zur diagnostischen Angiographie deutlich eingeschränkt. Der große Vorteil der Schnittbilddiagnostik ist, dass nicht allein das Lumen der Gefäße dargestellt, sondern die Abbildung von Wand- und Organveränderungen wertvolle Hinweise für die Ätiologie von Erkrankungen liefern kann. Kollimation (4-mal 1 mm bis 64-mal 0,5 mm) und Pitch (1,5 bei 4-Zeilern bis 0,75 bei 64-Zeilern) hängen vom Scannertyp ab und werden der Fragestellung angepasst.
!
Die rekonstruierte Schichtdicke sollte <3 mm liegen, da ansonsten die Sensitivität zur Detektion von Stenosen deutlich abfällt.
Abb. 3.3. CTA, VRT: Kontrolle nach Aortenstent bei infrarenalem Bauchaortenaneurysma
Aus einem zweiten Datensatz mit minimaler Schichtdicke und einer Überlappung von 50% werden „Maximum-intensity-Projektionen“ (MIP) rekonstruiert, die einen integralen Bestandteil der Bildanalyse darstellen. Die in 2 Ebenen anzufertigenden Dünnschicht-MIP werden dabei an den Gefäßverlauf angepasst und idealerweise gekrümmt angefertigt (Abb. 3.2). „Software-tools“ bieten zudem die Möglichkeit, orthogonale Schichten zu akquirieren, mit denen eine zuverlässige Beurteilung auch asymmetrischer Stenosen gelingt. Die „volume-rendering technique“ (VRT) erlaubt nicht nur die räumliche Darstellung des Gefäßverlaufs in Beziehung zu be-
nachbarten anatomischen Strukturen (Abb. 3.3), sie bietet auch Vorteile bei der Abbildung von In-StentStenosen und kalzifizierter Plaques. Die orale Gabe röntgenpositiver Kontrastmittel ist bei den Fragestellungen dieses Kapitels kontraproduktiv. Sie erschwert nicht nur die Anfertigung aussagekräftiger MIP sondern etwa auch die Detektion intramuraler oder intraluminaler Einblutungen sowie die Beurteilung der Durchblutung der Darmwand. Im Hinblick auf eine ausreichende Darmdistension sollte bei entsprechenden Fragestellungen Wasser oder Mannitol gewählt werden.
Merke
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Um einen hohen intravasalen Kontrast zu erreichen, ist eine optimale Bolusformung unumgänglich. Biphasische Kontrastmittelprotokolle wie z. B. initial 30 ml mit einer Konzentration von 300 mg J/ml mit 6 ml/s, gefolgt von 40–80 ml mit 3–4 ml/s und einem Nachspülbolus mit physiologischer Kochsalzlösung führen zu einer hervorragenden Kontrastierung (Fleischmann 2003). Die Menge des applizierten Kontrastmittels wird dabei an die Scan-Dauer angepasst. Die Triggerung des Scans erfolgt durch Monitoring des „region of interest“ (ROI) in der Aorta auf Höhe des LWK 1. Bei der Lokalisation abdomineller Blutungen kann es vorteilhaft sein, das Start-Delay um 10–20 s hochzusetzen. Aus strahlenhygienischen Gesichtspunkten und unter Kenntnis des zunehmenden Anteils von CTUntersuchungen an der medizinischen Strahlenbelastung, muss die Indikation zu Mehrphasenuntersuchungen streng gestellt und an die individuelle Fragestellung angepasst werden. Native Untersuchungen sind bei gastrointestinalen Blutungen sinnvoll. Ein zweiter Scan in der portalvenösen oder der Parenchymphase nach CTA kann zur Beurteilung von begleitenden Veränderungen der parenchymatösen oder der Hohlorgane mit breiterer Kollimation durchgeführt werden. 3.1.3 MR-Angiographie Die MRA der abdominellen Gefäße erfolgt mit gespoilten, ultraschnellen T1-gewichteten 3D-Gradientenecho- (3D-GRE-) Sequenzen nach Kontrastmittelinjektion. Kurze Messzeiten und die Generierung isotroper Voxel sind ideale Voraussetzungen zur Anfertigung artefaktfreier MIP in unterschiedlicher Angulation. Nach Erstellung der nativen Sequenz werden Mehrfachakquisitionen durchgeführt. Durch Subtraktion der unterschiedlichen Phasen kann auch das portalvenöse System mit minimaler arterieller Überlagerung dargestellt werden. Techniken der parallelen Bildgebung (SENSE, SMASH, GRAPPA) ermöglichen eine höhere räumliche und zeitliche Auflösung. Da das arterielle Fenster im Abdomen mit etwa 10 s bei den Nierenarterien gegenüber 60 s bei den Extremitätenarterien sehr kurz ist, ist insbesondere bei längeren Messzeiten hohen Wert auf den exakten zeitlichen Beginn des Sequenzstarts zu legen. Durch die Ausscheidung in die ableitenden Harnwege führen Testboli im Abdomen zu einer Überlagerung und sind dadurch weniger geeignet. Der Sequenzstart erfolgt am besten durch automatische Softwareerkennung. Die zentralen, kon-
Abb. 3.4. MRA, koronare MIP: rechts gedoppelte Nierenarterie, links Doppelniere
trastbildenden k-Raum-Zeilen können dann während der maximalen Boluskonzentration gemessen werden. In Abhängigkeit von der Fragestellung sollte die MRA durch zusätzliche, ggf. fettunterdrückte T2und T1-gewichtete Sequenzen ohne und mit Fettsättigung nativ und nach Gabe von Kontrastmittel ergänzt werden. Die Schnittführung wird dabei an das zu untersuchende Organ angepasst. Axiale Schichten eignen sich, um Ödem und Kontrastmittelaufnahme einer entzündlich verdickten Aortenwand festzustellen und Aussagen über die Krankheitsaktivität treffen zu können. Die repetitiven Quellschichten der MRA können die Dynamik des Enhancement visualisieren. Wie bei der CTA stehen auch bei der MRA an den Gefäßverlauf angepasste MIP im Vordergrund der Auswertung (Abb. 3.4). Die zunehmend höhere Auflösung und isotrope Voxel ermöglichen mit zum Gefäßverlauf orthogonalen Schnitten eine genauere Quantifizierung von Nierenarterienstenosen (Schoenberg et al. 2005). Der Wert der MRA bei Risikopatienten (z. B. schwere Niereninsuffizienz) wurde durch die jüngsten Berichte über die nephrogene systemische Fibrose (nephrogene fibrosierende Dermopathie) relativiert.
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten
Diese Nebenwirkung Gadolinium-haltiger MRKontrastmittel wurde erstmals 1997 beschrieben und tritt fast ausschließlich bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz und Azidose auf. Die Fibrose befällt neben der Haut auch innere Organe und kann tödlich verlaufen. Die amerikanische Gesundheitsbehörde (FDA) empfahl daher im Dezember 2006 den zurückhaltenden Einsatz der Gadolinium-verstärkten MRA bei Patienten mit mäßiger und schwerer Niereninsuffizienz. Am häufigsten trat die nephrogene systematische Fibrose bei Gadodiamid (Omniscan) auf. Hier stellt eine schwere Nierenfunktionsstörung sowie eine erfolgte oder geplante Lebertransplantation eine Kontraindikation zur Verabreichung dieses Kontrastmittels dar. Auch bei Gadopentetat-Dimeglumin (Magnevist) und Gadoversetamid (Optimark) kam es zu dieser Nebenwirkung. Dies führt zu einem Dilemma, denn gerade niereninsuffiziente Patienten galten bislang als Zielgruppe der MRA.
Um anatomische Varianten darzustellen, beginnt die diagnostische Angiographie mit einer Übersichtsangiographie durch maschinelle Kontrastmittelinjektion in einen auf Höhe des LWK 1 positionierten Pigtail-Katheter. Bei der selektiven Darstellung der Mesenterialarterien sollte mit der A. mesenterica inferior begonnen werden, da es ansonsten zu Überlagerungen mit der kontrastierten Harnblase kommen kann. Um pathologische Veränderungen nicht zu übersehen, muss bei der Untersuchung das gesamte Versorgungsgebiet, ggf. in mehren Untersuchungsserien bis in die venöse Phase, dargestellt werden. Zur selektiven Darstellung der Nierenarterien werden die Ostien mit Kobra- oder Sidewinder-Katheter sondiert und Aufnahmen in Schrägprojektion nach Handinjektion des Kontrastmittels in absteigender Aufnahmefrequenz angefertigt. Die interventionelle Therapie von Erkrankungen der Nieren- und der Mesenterialgefäße wird in Kap. 8.1. und 8.2. dargestellt.
3.1.4 Digitale Subtraktionsangiographie
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten
Die steigende Abbildungsqualität von CTA und MRA hat die Indikation zur DSA zunehmend limitiert. Aufgrund der hohen Auflösung, der dynamischen Darstellung von Flussverhältnissen und der Möglichkeit zur interventionellen Therapie bleibt die Modalität jedoch ein unverzichtbarer Bestandteil in der Gefäßdiagnostik des Abdomens (Abb. 3.5).
3.2.1 Aorta abdominalis Die Aorta abdominalis liegt primär retroperitoneal und beginnt auf Höhe des Durchtritts durch das Zwerchfell (Hiatus aorticus) etwa auf Höhe des 11./12. Brustwirbels. Abbildung 3.6 zeigt die Aorta abdominalis und ihre Äste mit Lage der Ursprünge. Sie liegt gering paramedian links der Wirbelsäule und hat einen mittleren Innendurchmesser von etwa 1,4–1,6 cm im Erwachsenenalter. Zwischen dem 4. und 5. LWK teilt sich die Aorta abdominalis in die beiden Aa. iliacae communis. Bei älteren Menschen findet man oft eine Elongation und ein „kinking“ der Aorta. Die abdominelle Aorta zeigt keine wesentlichen Varianten im Unterschied zu ihren Abgängen. Die Abgänge der abdominellen Aorta lassen sich in 3 Gruppen einteilen: 1. die dorsale Gruppe mit den paarigen Lumbalarterien I bis V, 2. die laterale Gruppe mit den paarigen Gefäßen der Nieren, Nebennieren und Geschlechtsorgane, 3. die ventrale Gruppe mit den unpaarigen viszeralen Gefäßen zur Versorgung der abdominellen Organe.
Abb. 3.5. DSA, selektive Darstellung der A. mesenterica superior: Variante mit Abgang der A. hepatica communis aus der A. mesenterica superior
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Abb. 3.6. Aorta abdominalis und ihre Äste. Lage und Ursprünge der viszeralen und parietalen Äste. (Nach Lanz u. Wachsmuth 2004, S. 446, Abb. 429)
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten
3.2.2 Arteriae lumbales Die dorsalen Äste der Aorta abdominalis bilden die paarigen Lumbalarterien I bis IV, in >80% der Fälle mit getrenntem Abgang aus der Aorta. Diese versorgen die dorsolaterale Bauchwand, die Rückenmuskulatur und die Cauda equina. In etwa 4% der Fälle haben die rechte und linke Lumbalarterie einen gemeinsamen Ursprung aus der abdominellen Aorta. Nur in etwa 2% der Fälle haben 2 oder mehr Lumbalarterien auf einer Seite einen gemeinsamen Ursprung (Adachi 1928). Dorsal der Aortenbifurkation entspringt der inkonstante Endast der abdominellen Aorta, die A. sacralis mediana. Hier zweigt auch die 5. Lumbalarterie ab. Diese gibt kleine Gefäße zum Rektum ab und dient als Kollaterale bei Verschlusserkrankungen der Aorta und der Iliakalgefäße. 3.2.3 Arteriae suprarenales und renales Die seitlichen paarigen Äste der abdominellen Aorta versorgen die Nieren und Nebennieren sowie die Genitalorgane (Abb. 3.7).
Die arterielle Blutversorgung der Nebennieren (A. suprarenalis superior, media und inferior) erfolgt stets aus mehreren sich aufzweigenden Gefäßen. In etwa 1/3 der Fälle haben sie ihren Ursprung aus der A. phrenica inferior, der Nierenarterie sowie der abdominellen Aorta. In etwa 60% der Fälle wird die Nebenniere aus 2 Quellen gespeist. Entweder aus der A. phrenica inferior und der abdominellen Aorta oder aus der A. phrenica inferior und der A. renalis oder aus der Aorta und der A. renalis. Die Versorgung über nur einen Ursprung ist sehr selten. Die Anatomie der Nierenarterien und ihre Varianten haben insbesondere eine Bedeutung für die Nierentransplantation. Die A. renalis tritt etwa auf Höhe der Bandscheibe des LWK 1/2 beidseits aus der abdominellen Aorta, wobei die rechte Nierenarterie in etwa 40% etwas kranialer aus der Aorta abgeht als die linke, in ungefähr 45% der Fälle liegt der Ursprung auf gleicher Höhe (Levi 1909). Die rechte Nierenarterie ist länger als die Gegenseite, bedingt durch die linksseitige Lage der Aorta. In etwa 60% der Fälle teilen sich die Nierenarterien in 2 Hauptstämme auf, die sich in 2–10 Segmentarterien aufzweigen und das Nierenparenchym versorgen. Diese Gefäße besitzen keine Anastomosen untereinander. Es handelt sich um so genannte „Endarterien“, die bestimmte Nierensegmente versorgen.
Abb. 3.7. Arterien der Nieren und Nebennieren, Ansicht von vorn. (Aus Tillmann 2005, S. 341, Abb. 5.166)
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Bedingt durch die Embryologie der Niere können häufig Polarterien und mehrere Nierenarterien beobachtet werden. Drei und mehr Nierenarterien werden nur in etwa 4% der Fälle beobachtet. Atypische Ursprünge der Nierenarterien finden sich gehäuft bei ektopem Nierengewebe und Hufeisennieren z. B. aus der A. mediana sacralis, der A. iliaca interna und externa, der A. mesenterica superior und inferior, dem Truncus coeliacus sowie kranial davon direkt aus der Aorta (Graves 1957). 3.2.4 Arteria mesenterica superior und inferior Die ventralen Abgänge sind ursprünglich paarig angelegte Gefäße zur Versorgung des Dottersacks. Sie verschmelzen allmählich und bilden die Arterien im dorsalen Mesenterium des Darms. Beim Erwachsenen sind dies der Truncus coeliacus und die A. mesenterica superior und inferior. Die Umbilikalarterien sind ebenfalls ventrale Äste der Aorta und im Embryo wesentlich kaliberstärker als alle anderen ventralen Gefäße. Die Umbilikalarterien verschmelzen nicht. Aus ihnen entwickeln sich longitudinale Anastomosen zu der Segmentarterie auf Höhe des 5. LWK, und ihr ursprünglicher aortaler Ursprung bildet sich zurück. Nach der Geburt sind diese Gefäße nicht länger notwendig, und die distalen Anteile bilden das Lig. umbilicale laterale. Arteria mesenterica superior Die A. mesenterica superior entspringt etwa 1–2 cm kaudal des Truncus coeliacus aus der ventralen Aorta abdominalis etwa auf Höhe des 1. LWK. Der Truncus coeliacus entspringt entweder unmittelbar subdiaphragmal oder noch im Hiatus aorticus. Er teilt sich in 3 Hauptäste (Haller-Tripus), die A. hepatica communis, die A. gastrica sinistra und die A. splenica. Die A. mesenterica superior versorgt das Jejunum, das Ileum und das Kolon bis vor die linke Kolonflexur. Ursprungsnah zweigt von ihr in etwa 13% der Fälle entweder eine akzessorische Leberarterie oder die A. gastroduodenalis ab. In etwa 2/3 der Fälle teilt sich die A. mesenterica superior in mehrere Gefäße, die das Jejunum und das Ileum sowie 3 Hauptäste, die das Kolon versorgen. Dies sind die Aa. ileocolica, colica dextra und colica media (Abb. 3.8).
Die größte Variationsbreite unter den Gefäßen der A. mesenterica superior weist die A. ileocolica auf. Von besonderer klinischer Bedeutung sind mögliche akzessorische Gefäße der A. colica media, da ihr Versorgungsgebiet bis zur linken Kolonflexur und sogar bis zum Colon descendes reichen kann. Die Gefäßverbindung zwischen A. mesenterica superior und inferior wird über anastomosierende Endäste der A. colica media und sinistra gebildet und nach ihrem Erstbeschreiber Riolan-Anastomose genannte. Diese bildet z. B. bei einem arteriellen Mesenterialgefäßverschluss einen wichtigen Kollateralkreislauf aus. Nach Deiler (1983) wird die Riolan-Anastomose in etwa 53% der Fälle zwischen A. mesenterica superior und inferior im Bereich des linken Colon transversum durch Marginalarterien, R. sinistra der A. colica media und R. ascendens der A. colica sinister, gebildet (Abb. 3.9). Eine mit etwa 19% relativ häufige Variante der Riolan-Anastomose ist ein R. ascendens bei horizontal verlaufender A. colica sinistra und A. colica media (Deiler 1983). Arteria mesenterica inferior Die A. mesenterica inferior ist ein konstanter direkter Abgang aus der abdominellen Aorta. Sie entspringt etwa 6–7 cm kaudal der A. mesenterica superior, der Abang der A. mesenterica inferior liegt etwa auf Höhe des 3. LWK. In etwa 90% der Fälle teilt sie sich in die A. colica sinistra, die Aa. sigmoideae und die A. rectalis superior. Sie versorgt über die A. colica sinistra und die Aa. sigmoideae das linke Drittel des Colon transversum, des Colon descendens und des Colon sigmoideum (Abb. 3.10). Wie oben beschrieben, ist die A. colica sinistra ein wichtiger Bestandteil der Riolan-Anastomose. In etwa 10% der Fälle hat die A. colica media ihren Ursprung in der A. mesenterica inferior. Die A. rectalis superior ist der wichtigste Endast der A. mesenterica inferior. Diese anastomosiert mit Ästen aus der A. iliaca interna und versorgt das Rektum. Diese rektalen Anastomosen können bei Verschluss der A. iliaca externa von klinischer Relevanz sein. In diesen Fällen findet die kollaterale Blutversorgung des Beins über die A. mesenterica inferior, die A. rectalis superior, die A. iliaca interna oder A. femoralis statt. Da die A. rectalis superior das Hauptversorgungsgefäß des Rektums ist, kann eine Ligatur distal der letzten Anastomose mit einer A. sigmoidea gefährlich sein (Sudeck-Punkt).
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten
Abb. 3.8. Verzweigung der A. mesenterica superior. (Aus Lanz u. Wachsmuth, S. 348, Abb. 340)
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Abb. 3.9. Arterielle Versorgung des Kolons. (Nach Lanz u. Wachsmuth 2004, S. 381, Abb. 376)
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten Abb. 3.10. Verzweigung der A. mesenterica inferior. (Nach Lanz u. Wachsmuth 2004, S. 387, Abb. 384)
3.2.5 Vena cava inferior Die V. cava inferior verläuft retroperitoneal vor der Wirbelsäule und rechts neben der Aorta abdominalis durch das Foramen vv. cavae des Diaphragmas (Abb. 3.11). Sie drainiert das venöse Blut der unteren Extremitäten, der Eingeweide des Beckens, des Retroperitonealraums und der Leber sowie des unteren Teils des Wirbelkanals und des Rückenmarks und mündet im rechten Vorhof. Die Ursache für die ausgeprägte Varianz der Anomalien ist in der komplizierten Embryogenese der venösen Gefäße begründet. Beim 4 Wochen alten Embryo zirkuliert das Blut in 3 großen Venensystemen: den Dotter-, den Nabel- und den Kardinal-
venen. Während die Dotter- und Nabelvenen das venöse Blut vom Dottersack und der Plazenta zum Herzen zurückführen, übernehmen die Kardinalvenen den eigentlichen venösen Rückfluss im Embryo. Ab der 6. Embryonalwoche bilden sich aus den verschiedenen Anteilen der paarig angelegten Kardinalgefäße die 3 unteren Segmente der V. cava inferior. Man unterscheidet das infrarenale, das renale und das suprarenale Segment. Das suprarenale Segment anastomosiert mit dem aus den Lebersinusoiden entstehenden 4. Segment der V. cava inferior, das sich unabhängig von den Kardinalvenen aus den oben genannten Dottervenen entwickelt. Die venösen Gefäße entwickeln sich normalerweise zu einem unilateralen, rechtsseitigen System.
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen Abb. 3.11. Pars abdominalis der V. cava inferior mit Zuflüssen. (Aus Lanz u. Wachsmuth 2004, S. 460, Abb. 437)
!
Fehlbildungen der großen Körpervenen kommen selten isoliert vor. Aus der Embryonalentwicklung des Venensystems ergibt sich zwangsläufig eine Verknüpfung mit Herzmissbildungen und weiteren Venenmissbildungen, wie z. B. der Persistenz einer linken oberen Hohlvene. Merke
Des Weiteren sind auch Kombinationen mit einem partiellen oder totalen Situs inversus beschrieben (Bücheler et al. 1966; Dietz u. Reinheimer 1991). Anomalien der V. cava inferior sind im Vergleich zur V. cava superior selten. Die Häufigkeit von Anomalien der V. cava inferior wird mit etwa 1,5–4%
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten Abb. 3.12 a, b. Doppelung der linken Hohlvene (V. cava inferior sinistra, Variante). a Ansicht von vorne. (Aus Tillmann 2005, S. 344, Abb. 5.171). b Koronare Rekonstruktion (VRT; Pfeil)
a
angegeben (Popovic et al. 1989). Meist werden diese angeborenen Fehlbildungen zufällig diagnostiziert, nur in Ausnahmefällen treten akute klinische Formen in Erscheinung. Man unterscheidet 3 typische Anomalien der V. cava inferior:
∑ die Doppelung, ∑ die Linkslage und ∑ die Aplasie (Mayo et al. 1983; Royal u. Callen 1979). In der Mehrzahl der Fälle ist der Gefäßverlauf betroffen. Fehlbildungen in Form einer Aplasie oder Hypoplasie sind Raritäten. Die Doppelung der unteren Hohlvene stellt mit 1–3% die häufigste Fehlbildung dieser Vene dar (Milloy et al. 1962; Abb. 3.12 a, b). Die doppelseitige V. cava inferior entsteht bei fehlender Rückbildung der linksseitigen Kardinalvenen. Distal entsteht die linke V. cava inferior als Fortsetzung der linken V. iliaca externa. Infrarenal finden sich meist symmetrische venöse Hauptgefäße, die die Aorta begleiten. Die linke V. cava inferior kreuzt auf dem Niveau der Nierenvenen vor der Aorta nach rechts und mündet in die rechte V. cava inferior. Diese Anomalie kann in
b
manchen Fällen als erweiterte linke V. testicularis/ ovarica fehlinterpretiert werden. In seltenen Fällen kann auf der rechten Seite eine zweigeteilte V. cava inferior vorliegen. Der rechte Ureter verläuft in diesem Fall zwischen dem medialen und lateralen Segment der V. cava inferior; als Folge kann es zu einem Harnaufstau kommen (Rademaker et al. 1993).
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Eine weitere Fehlentwicklung stellt die vollständige und unvollständige linksseitige V. cava inferior dar. Hierbei handelt es sich aus entwicklungsgeschichtlicher Sicht um die Persistenz der linken unteren Kardinalvene. Die Länge des linksseitigen Verlaufs kann dabei sehr unterschiedlich sein. Im Fall der unvollständigen Linkslage der V. cava inferior verläuft diese nur eine kurze Strecke auf der linken Seite nach kranial. Etwa in Höhe des 1. oder 2. LWK, nach Aufnahme der linken V. renalis, kreuzt sie nach schräg rechts und zieht dann zum rechten Vorhof (Buurmann u. Bücheler 1976). Bei der vollständigen Linkslage läuft die linke V. cava inferior in der Regel bis zur linken V. jugularis und V. subclavia durch. Der linksseitige Abfluss kann aber auch in den linken Vorhof oder über eine persistierende linke V. cava superior erfolgen (Boldt u. Thelen 1977). Die 3. Fehlentwicklung ist die Aplasie oder Hypoplasie der V. cava inferior. Diese sind nur in Ausnahmefällen klinisch auffällig. Ein ausgeprägtes Kollateralsystem über die Lumbalvenen und die Azygos- und Hemiazygosvenen gewährleisten einen ausreichenden Abstrom des venösen Blutes aus der unteren Körperhälfte. Klinische Symptome im Sinne einer unteren Einflussstauung oder eine tiefe Becken-/Beinvenenthrombose werden nur selten beobachtet. 3.2.6 Venae renales Die paarige V. renalis münden meist kaudal und etwas ventral der Aa. renales in die V. cava inferior. Die V. renalis sinistra liegt vor der Aorta, in sie münden die V. suprarenalis sinistra und die V. testicularis/ ovarica sinistra. Auf der rechten Seite münden diese beiden Gefäße direkt in die V. cava inferior. Mit einer Häufigkeit von etwa 14% findet sich ein retroaortaler Verlauf der linken V. renalis (Schmidt u. Loeweneck 1975). Bei der retroaortal verlaufenden linken V. renalis entwickelt sich die vordere Subkardinalvene vollständig zurück und nur die retroaortalen suprakardinalen Venen bleiben übrig, um die linke Niere an die V. cava inferior anzubinden. Die linke Nierenvene kann entweder retroaortal in Höhe der normalen linken V. renalis verlaufen, oder aber schräg kaudal hinter der Aorta verlaufen und auf dem Niveau der Iliakalvenen in die V. cava inferior münden. In beiden Fällen kreuzt die retroaortal verlaufende linke Nierenvene in Höhe der normalen Nierenvene. Seltener entwickelt sich aus dem embryonalen Venengeflecht der so genannte „Venenring“.
Definition
왔 Bei einem Venenring besteht ein Ring
der linken Nierenvene um die Aorta. Der venöse Abfluss der linken Niere erfolgt über 2 kommunizierende Venen, die vor und hinter der Aorta verlaufen. Die retroaortale Nierenvene verläuft zuerst einige Zentimeter parallel zur Aorta nach kaudal, bevor sie hinter der Aorta zur V. cava inferior zieht (Royal u. Callen 1979). 3.2.7 Vena mesenterica superior und inferior Die V. mesenterica superior nimmt das venöse Blut des gesamten Dünndarms (Vv. jejunales und ileales) und des Dickdarms bis zur linken Flexur (Vv. ileocolica, colica dextra und media) auf. Die V. mesenterica inferior sammelt über die V. rectalis superior, die Vv. sigmoideae und die V. colica sinistra das Blut des restlichen aboralen Dickdarms (Abb. 3.13). Beide Venen bilden zusammen mit der V. splenica und der V. gastrica sinistra die Hauptzuflüsse zur V. portae. Am häufigsten mündet die V. mesenterica inferior in die V. splenica oder V. mesenterica superior. Sie kann aber auch in seltenen Fällen in beide Gefäße gleichzeitig münden. Varianten können in den Ursprung der V. portae münden. 3.3 Systematische Bildanalyse Die Bildanalyse hat die Erkennung und Einordnung krankhafter Veränderungen zum Ziel. Hierfür sind technische (s. Abschn. 3.1.), anatomische (s. Abschn. 3.2.) sowie pathophysiologische (s. Abschn. 3.4.) Kenntnisse unerlässlich. Der folgende Abschnitt versteht sich als Orientierung bei der Bildanalyse und muss im Kontext mit dem restlichen Kapitel verstanden werden. Insbesondere wird in Abschn. 3.4 auf die Wertigkeit der einzelnen Modalitäten für das jeweilige Krankheitsbild näher eingegangen. Ultraschalldiagnostik Die Ultraschalldiagnostik ist ubiquitär verfügbar und kostengünstig. Sie stellt häufig die erste bildgebende Modalität dar und ist bei entsprechender Erfahrung des Untersuchers eine aussagekräftige Methode. Als untersucherabhängiges Verfahren sollte die Ultraschalluntersuchung, insbesondere bei Verlaufsbeurteilungen, immer vom selben Untersucher durchgeführt werden.
3.3 Systematische Bildanalyse
Abb. 3.13. Hauptzuflüsse zur V. portae. (Aus Lanz u. Wachsmuth 2004, S. 398, Abb. 389)
Es stehen verschiedene Untersuchungstechniken zur Differenzierung verdächtiger Strukturen zur Verfügung. So erfolgt die Beurteilung parenchymatöser Veränderungen der abdominellen Organe (z. B. Nieren, Darm) im so genannten B-Modus. Hierbei, wie auch in der FKDS oder pw-Doppler, können Luftüberlagerungen die Beurteilung erschweren. Grundsätzlich ist die Gefäß- und Organbeschaffenheit zu beurteilen und reproduzierbar zu dokumentieren. Im B-Modus sollte auf die Echogenität von etwaigen Gefäß- oder Organveränderungen geachtet werden.
Der FKDS und der pw-Doppler sind hilfreich bei der Detektion von Stenosen, da sich hier eine Beschleunigung des normalerweise nahezu laminaren Flusses zeigt (s. Abschn. 3.1.1). Computertomographie und Magnetresonanztomographie Bei der Analyse von CT- oder MRT-Bildern darf nicht eine Schicht für sich alleine betrachtet werden – vielmehr muss sie im Kontext mit den angrenzenden Schichten interpretiert werden. Es muss auch die ge-
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
eignete Untersuchungsmodalität bzw. die geeignete Untersuchungstechnik/-strategie für das entsprechende Krankheitsbild gewählt werden. Im Folgenden wird insbesondere auf die CTA und MRA eingegangen. So stellt die CTA die Methode der Wahl bei Veränderungen der Bauchaorta dar. Dies gilt insbesondere bei Verfügbarkeit eines Mehrzeilensystems (MSCT). Die MSCT ist der MRA hinsichtlich Ortsauflösung und Schnelligkeit überlegen. Anwendung findet die CTA auch bei der Beurteilung der großen abdominellen Gefäße wie den Mesenterialgefäßen und des Truncus coeliacus sowie des Pfortaderkomplexes. Mit Hilfe der MSCT können insbesondere Stenosen und Verschlüsse in diesen Bereichen nachgewiesen und quantifiziert werden. Des Weiteren bietet diese Methode die Möglichkeit der Bildnachverarbeitung mittels MPR (multiplanarer Rekonstruktion), MIP und VRT, wobei hier stets die Originaldatensätze hinzugezogen werden müssen. Zusätzlich liefert diese Methode ein detailliertes Bild der Organe des Abdomens sowie begleitender Veränderungen von Gefäßerkrankungen wie z. B. Hämatome, Infektionen, Infarkten und Verkalkungen. In der MRT lassen sich in den axialen, kontrastmittelgestützten Sequenzen entzündliche Gefäßwandinfiltrationen gut abgrenzen, Hämatome hingegen vor allem in nativen Sequenzen. Verkalkungen lassen sich in der CT auf nichtkontrastmittelgestützten Bildern besser beurteilen, während die vorgenannten Entitäten besser in kontrastmittelgestützten Untersuchungen nachgewiesen werden können.
Diagnostische Katheterangiographie Die diagnostische Katheterangiographie hat nach Einführung der CTA und MRA an Bedeutung eingebüßt. Sie hat jedoch ihren Stellenwert als dynamische Untersuchungsmodalität, die mit unterschiedlichen Bildfrequenzen an die Geschwindigkeit des Kontrastmittelflusses angepasst werden kann. In der Beurteilung der Flussdynamik und der selektiven Darstellung einzelner Gefäßprovinzen liegen die wichtigsten Vorteile der diagnostischen Katheterangiographie. Sie liefert ein Bild des Gefäßlumens. Eine Beurteilung der Gefäßwand ist nicht hinreichend möglich. Auch hier kann eine Stenosequantifizierung nach oben genannter Formel erfolgen. Es lassen sich gut mögliche Kollateralgefäße bei Stenosen oder Verschlüssen nachweisen. Diese sollten immer in 2 Ebenen dargestellt werden. Nachteile dieses Verfahrens sind die Verwendung jodhaltiger Kontrastmittel sowie die Invasivität mit den assoziierten Komplikationen wie z. B. Perforationen, Infektionen, Blutungen und Infarkte.
!
Generell ist auf eine suffiziente Kontrastierung des interessierenden Gefäßabschnittes zu achten (arterielle, venöse oder portalvenöse Phase). Dies gelingt insbesondere bei Arterien durch Bolus-getriggerte Kontrastmittelinjektionen. Merke
Die MRA bietet insgesamt ähnliche Möglichkeiten wie die CTA: In beiden Modalitäten lassen sich die Gefäßverläufe im Hinblick auf Stenosen und Verschlüsse gut beurteilen. Auch in der MRA sollten neben den möglichen Rekonstruktionen zwingend auch die Quelldaten analysiert werden. Gefäßwandpathologien lassen sich ebenfalls beurteilen – z. B. Hämatome, wobei Verkalkungen besser in der CTA erfasst werden. Die MRA ist im Vergleich zur CTA anfälliger für Atmungsartefakte, Pulsationsartefakte und Suszeptibilitätsartefakte. Als Vorteile der MRA gelten die fehlende Strahlenbelastung und die geringere Nephrotoxizität der verwendeten Kontrastmittel.
Des Weiteren können detaillierte Messungen z. B. für die Planung einer Aortenprothese vorgenommen werden. Der Nachweis und die Quantifizierung von Stenosen der abdominellen Gefäße gelingen auch in der CTA. Auch für diese Technik sei exemplarisch die Quantifizierung der Nierenarterienstenose dargestellt. Der Grad der Stenose ist definiert durch das Verhältnis zwischen dem engsten Durchmesser in der Stenose (A) und dem nächsten distal gelegen unbetroffenen Gefäßdurchmesser der Nierenarterie (B): 100×(1–A/B). Diese Quantifizierungsmethode kann auch auf die MRA und die Katheterangiographie angewendet werden.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 3.4.1 Abdominelle Aorta 3.4.1.1 Abdominelles Aortenaneurysma Definition
왔 Als Aneurysma wird die umschriebe-
ne Ausweitung eines Blutgefäßes infolge angeborener oder erworbener Wandveränderungen bezeichnet. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Das abdominelle Aortenaneurysma stellt mit Abstand die wichtigste Erkrankung der Bauchaorta dar (Abb. 3.14). Mit etwa 90% ist die Arteriosklerose
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Abb. 3.14. Infrarenales Bauchaortenaneurysma (VRT-Rekonstruktion)
ursächlich. Seltenere ätiologische Faktoren sind Traumen, Infektionen bzw. Entzündungen, angeborene Defekte von Strukturproteinen der Aortenwand (z. B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom) und sekundäre Aneurysmabildung im Rahmen einer Aortendissektion. Männer sind wesentlich häufiger betroffen als Frauen (mindestens um den Faktor 5). Manche Quellen sprechen bei einem Durchmesser der infrarenalen Bauchaorta von >3 cm von einem Aneurysma, andere erst ab 4 cm. Alternativ zu einem Schwellenwert für den Transversaldurchmesser kann auch das Verhältnis zwischen supra- und infrarenalem Aortendurchmesser angegeben werden. Einzelne Quellen sprechen ab einer Relation von 1,2:1 von einem Aneurysma, andere ab 1,5:1. Untersuchungen zur Mortalität ergaben, dass bei Frauen im Vergleich zu Männern eine niedrigere Schwelle anzusetzen ist. Insgesamt gilt, dass eine starre Orientierung an Grenzwerten dem alters- und geschlechtsabhängigen individuellen Risiko nicht gerecht wird. Allgemein anerkannt ist eine Therapieindikation bei >5 cm bzw. ab 5,5 cm Durchmesser, sofern schwerwiegende begleitende Risikofaktoren fehlen (z. B. schwere koronare Herzerkrankung, manifeste zerebrovaskuläre Insuffizienz, schwere Niereninsuffizienz). Diese Angaben gelten generell für fusiforme Aneurysmen. Bei sackförmigen Aneurysmen besteht grundsätzlich ein höheres Rupturrisiko. Rein physikalische Betrachtungen werden der komplexen Pathophysiologie des Bauchaortenaneurysmas nicht gerecht. Histologisch fassbare Veränderungen der Aortenwand spielen ebenso eine wichtige
Rolle wie z. B. Mediadegeneration oder inflammatorische Prozesse. Dennoch hat das Gesetz von Laplace eine zentrale Bedeutung bei der Entwicklung eines Aneurysmas: Bei konstantem transmuralem Druck besteht eine direkt proportionale Beziehung zwischen Wandspannung und Gefäßradius. Dies führt dazu, dass Aneurysmen mit zunehmendem Durchmesser schneller wachsen, bis sie schließlich rupturieren, weil die immer dünner werdende Gefäßwand der gleichzeitig steigenden Wandspannung nicht standhalten kann. So betrug in einer größeren Statistik die jährliche Wachstumsrate bei Aneurysmen <4 cm 2–4 mm, bei einem Durchmesser von 4–5 cm 2–5 mm und bei einem Aneurysmadurchmesser >5 cm schließlich 3–7 mm. Die Rupturrate innerhalb von 4 Jahren lag bei 2, 10 bzw. 22% (Hallin et al. 2001). Ebenfalls eine Rolle spielt das Bernoulli-Gesetz: Es besagt, dass der Druck in einer Flüssigkeit mit zunehmender Flussgeschwindigkeit sinkt (hydrodynamisches Paradoxon). Da bei einem Aneurysma – bedingt durch den zunehmenden Querschnitt – die Flussgeschwindigkeit abfällt, kommt es automatisch zu einer Erhöhung des intraluminalen Drucks und einer entsprechenden Steigerung der Wandspannung. Hinzu kommen Turbulenzen, welche dem Blutfluss eine Komponente senkrecht zur Gefäßwand verleihen und damit zusätzlichen Stress erzeugen.
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Bei der Messung des Aneurysmadurchmessers auf transversalen Schnittbildern ist darauf zu achten, dass senkrecht zur Längsachse des Gefäßes (Kurzachse) gemessen wird. Merke
Die Messung in der Schnittebene kann bei Kinking der Aorta zu falsch-hohen Messwerten führen. Exakte Messungen erfordern daher eine multiplanare Reformation. Screening-Untersuchungen, die besonders in England und Skandinavien evaluiert wurden, belegen die hohe Prävalenz infrarenaler Bauchaortenaneurysmen bei Personen ab dem 65. Lebensjahr. Diese beträgt bis zu 8,8% (Newman et al. 2001). Die Prävalenz von Aneurysmen >5 cm wurde mit bis zu 4% angegeben. Optimistischen Angaben zufolge sind etwa 350 Screening-Untersuchungen bei Patienten ab dem 65. Lebensjahr erforderlich, um ein Menschenleben zu retten (Lindholt et al. 2005). Die zahlreichen veröffentlichten Screening-Studien kommen aufgrund verschiedener Schwellenwerte sowie unterschiedlicher Selektionskriterien der Screening-Populationen zu differenten Ergebnissen. Weitgehend unstrittig ist jedoch, dass bei geeigneter Definition der Population das Aneurysma-
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Screening zu einer Senkung der Mortalität führt. Schließlich beträgt die Letalität eines rupturierten Bauchaortenaneurysmas um 50%, während die Sterblichkeit im Rahmen der elektiven Operation etwa 5% beträgt (Hallin et al. 2001). Bei extremer Patientenselektion liegt das elektive Operationsrisiko sogar <5%. Die Einschätzung des individuellen Rupturrisikos ist anhand morphologischer Kriterien schwierig, da die Wandspannung ungleichmäßig verteilt ist. Eine drohende Aneurysmaruptur kann z. B. aus der Wachstumsrate oder dem Nachweis eines intramuralen Hämatoms abgeleitet werden. Bemerkenswert ist, dass bis zu 9% der rupturierten Bauchaortenaneurysmen einen Durchmesser von <4 cm aufweisen. Ähnliche Beobachtungen wurden im Zusammenhang mit rupturierten intrakraniellen Aneurysmen gemacht, wobei dort jedoch der Zusammenhang zwischen Aneurysmagröße und Rupturrisiko aufgrund unterschiedlicher pathophysiologischer und physikalischer Bedingungen noch schwächer ist.
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Klinische Symptomatik Aortenaneurysmen können sich lange Zeit klinisch stumm verhalten. Die Beschwerden können allerdings mit zunehmender Raumforderung progredient sein. Oft handelt es sich um Zufallsbefunde im Rahmen von körperlichen Untersuchungen als tastbare Raumforderung oder bei technischen Untersuchungen (Ultraschall, CT, MRT). Eine Aneurysmaruptur oder eine drohende Ruptur manifestiert sich meistens in Form von Schmerzen.
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Bedeutsam ist, dass eine Aneurysmaruptur nicht selten klinisch fehlgedeutet wird, z. B. als Nierenkolik, Lumbago oder Divertikulitis. Bei vorhandenen Risikofaktoren (arterielle Hypertonie, männliches Geschlecht, Alter) sollte daher – auch bei schwachem Verdacht – zumindest eine Sonographie des Abdomens durchgeführt werden. Merke
Radiologische Symptomatik Mit Hilfe der Sonographie lässt sich die Diagnose eines abdominellen Aortenaneurysmas meist leicht stellen. Es zeigt sich eine pulsierende, meist teilweise wandverkalkte echoarme Raumforderung. Diese bildgebende Methode hat jedoch ihre Limitationen bei Adipositas und Darmgasüberlagerungen. Unstrittig ist die CT als Methode der Wahl bei Verdacht auf eine Aneurysmaruptur anzusehen, denn sie deckt in einem Untersuchungsgang in kürzester Zeit das gesamte Abdomen ab. Sie ist für die Therapieplanung in der Regel alleine ausreichend und weitgehend untersucherunabhängig.
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Abb. 3.15 a, b. Rupturiertes, abdominelles Aortenaneurysma. a Linksseitig betontes retroperitoneales Hämatom (Pfeil) und b KM-Übertritt in die Aneurysmawand als Korrelat für die Rupturstelle (Pfeil)
Bei der gedeckten Ruptur finden sich lokale Hämatome um die Aorta mit Ausbildung eines Pseudoaneurysmas. Die Rupturstelle kann gelegentlich an der Unterbrechung der aortalen Wandverkalkung erkennbar sein. Bei einer aktiven Blutung ist neben dem meist retroperitoneal gelegenen Hämatom ein Kontrastmittelextravasat erkennbar (Abb. 3.15 a,b). Blut in der Bauchhöhle ist ein prognostisch ungünstiges Zeichen, denn eine intraperitoneale Ruptur verläuft meist letal. An ein Hämoperitoneum ist zu denken, wenn die Dichte der intraperitonealen Flüs-
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße Abb. 3.16 a, b. Rupturiertes, abdominelles Aortenaneurysma. Ausdehnung des Aneurysmas vom Abgang der A. mesenterica superior (a) bis zur Aortenbifurkation (b)
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sigkeit 20 HE übersteigt. Zu beachten ist, dass die Dichtewerte innerhalb des Hämatoms vom Hämatokrit abhängen. Normalerweise beträgt die Dichte des Hämatoms um 60–70 HE. Fehlinterpretationen sind jedoch bei Anämie und nach der Gabe von Plasmaexpandern möglich. Manche Autoren empfehlen eine Nativuntersuchung der Aorta bei Verdacht auf drohende bzw. gedeckte Aortenruptur. Diese Untersuchungstechnik ist bei differenzialdiagnostischen Überlegungen (z. B. Nephrolithiasis) ebenso hilfreich wie beim Nachweis eines intramuralen Hämatoms, muss jedoch nicht als obligater Untersuchungsbestandteil angesehen werden.
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Die MSCT ist die Methode der Wahl bei akuten Erkrankungen der Aorta sowie zur Verlaufskontrolle, vor allem nach endovaskulärer Therapie. Merke
Prä- und postoperative Bildgebung Die erste erfolgreiche abdominelle Aneurysmaresektion erfolgte 1951 durch Dubost. Die Aneurysmaoperation soll die Fünfjahresüberlebenswahrscheinlichkeit eines Patienten von 40% bei konservativer Behandlung auf bis zu 70% erhöhen. Entscheidend für die Therapieindikation sind einerseits der Aneurysmadurchmesser sowie dessen Form und andererseits das Vorhandensein von Kom-
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plikationen oder Hinweisen auf eine drohende Ruptur. Zur Operationsplanung ist hauptsächlich die Ausdehnung des Aneurysmas von Bedeutung (Abb. 3.16 a, b). Essenziell sind dabei
∑ die Frage nach der Einbeziehung der Viszeralarterien, ∑ die Länge des Aneurysmahalses (Abstand zwischen Nierenarterienabgängen und kranialem Aneurysmaende) und ∑ die kaudale Aneurysmaausdehnung (Einbeziehung der Aortenbifurkation bzw. der Iliakalarterien). Anomalien der Nieren (z. B. Hufeisen- oder Beckenniere) sind ebenso von Bedeutung wie akzessorische Nierenarterien, eine retroaortal verlaufende Nierenvene oder eine persistierende linke untere Hohlvene. Bei einer suprarenalen Ausdehnung ergibt sich die Problematik der spinalen Ischämie infolge der Aneurysmaausschaltung. In immerhin 10% soll die A. radicularis magna (Adamkiewicz-Arterie) aus einer Lumbalarterie (meistens L1) entspringen. Die Schonung dieses Gefäßes verhindert eine mögliche Querschnittslähmung, die vor allem bei der Behandlung thorakaler Aneurysmen gefürchtet wird. Auch im Zeitalter der MSCT stellt die verlässliche Darstellung der Adamkiewicz-Arterie eine Herausforderung dar. Ihre Darstellbarkeit wird mit 70–90% angegeben. Diese hohe Erfolgsrate setzt jedoch eine gezielte
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Suche und eine subtile Untersuchungstechnik voraus (Yoshioka et al. 2003). Zu den häufigsten kurzfristigen postoperativen Komplikationen zählen die retro- und intraperitoneale Blutung, die Bauchdeckenhernie, der Prothesenbzw. Iliakalarterienverschluss, die Dickdarmischämie, der mechanische Ileus und die Infektion mit Abszess. Weitere, ebenfalls radiologisch relevante, allgemeine Komplikationen sind Pankreatitis, Pneumonie, akutes Nierenversagen, zerebraler Insult und Lungenembolie (Teschner u. Dragojevic 1997). Aufgrund der vergleichsweise geringen Komplikationsrate im Anschluss an die unmittelbare postoperative Phase werden in der Regel 2-jährige Kontrollintervalle (Ultraschall, ggf. CT) empfohlen. Mögliche Spätkomplikationen sind proximale und distale Anschlussaneurysmen. Aufgrund der bekannten Limitationen der abdominellen Sonographie ist die CTA, vor allem bei proximalen Anschlussaneurysmen, dem Ultraschall deutlich überlegen. Bei der CTA im Rahmen der postoperativen Nachsorge sollte detailliert auf die Situation der Viszeralarterien eingegangen werden, die in besonderen Fällen in die Aortenprothese operativ reinseriert werden. Hier kann es zu Stenosen oder Anastomosenaneurysmen kommen. Bildgebung vor endovaskulärer Aneurysmabehandlung Erstmals wurde die endovaskuläre Therapie eines abdominellen Aortenaneurysmas von Parodi et al. (1991) publiziert. Zahlreiche verschiedene Stentsysteme wurden seither entwickelt und in Multicenterstudien getestet (z. B. EVAR 1 und 2). Je nach Standpunkt werden diese Studienergebnisse sehr unterschiedlich interpretiert. Konsens besteht jedoch darin, dass die Planung der endovaskulären Aneurysmatherapie eine subtile Diagnostik im Vorfeld des Eingriffs erfordert. Diese erfolgt idealerweise mit einer MSCT, ggf. ergänzt durch eine intraarterielle DSA unter Verwendung eines kalibrierten Maßstabes. Am besten geeignet ist ein Pigtail-Katheter mit röntgendichten Markierungen in definiertem Abstand (Abb. 3.17). Die Bildqualität der DSA wird jedoch besonders bei großen Aneurysmen und Herzinsuffizienz durch den verlangsamten und turbulenten Blutfluss beeinträchtigt. Ob eine endovaskuläre Aneurysmaversorgung technisch möglich ist und wie komplex der Eingriff voraussichtlich werden wird, hängt neben dem Typ des zur Verfügung stehenden Stent-grafts und der individuellen Expertise auch von zahlreichen anatomischen Faktoren ab (Tabelle 3.2). Von zentraler Bedeutung ist die proximale Verankerungszone des Stents. Typischerweise sind hierfür
Abb. 3.17. Infrarenales Bauchaortenaneurysma. DSA mit kalibriertem Messkatheter vor Implantation eines Stent-grafts
Tabelle 3.2. Voraussetzungen einer erfolgreichen endovaskulären Therapie bei abdominellem Aortenaneurysma (die angegebenen Maße stellen dabei typische Richtwerte dar) Lage des Aneurysmas
Rein infrarenal
Länge des Aneurysmahalses
Mindestens 15 mm
Durchmesser des Aneurysmahalses
Maximal 30 mm
Proximale Verankerungszone
Keine größeren Plaques
Kinking
<60°
Einbeziehung der Iliakalbifurkation Allenfalls einseitig Iliakaler Zugangsweg
Keine hochgradigen Stenosen, kein starkes Kinking
A. mesenterica superior
Keine hochgradige Stenose
Nierenarterien
Keine unbehandelten Stenosen, keine größeren Polarterien
mindestens 15 mm normallumige Aorta erforderlich. Es wurde bereits in der frühen Erprobungsphase der Methode die Beobachtung gemacht, dass die Überdeckung der Nierenarterien durch nicht-gecoverte Stentstreben („bare springs“) ohne Folgen für die Nierendurchblutung blieb.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
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Abb. 3.18 a–c. Infrarenales Bauchaortenaneurysma. DSA nach Implantation eines modularen Stent-grafts mit erhaltener A. iliaca interna beidseits (gleicher Patient wie in Abb. 3.17)
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Arteriosklerotische Plaques gefährden eine sichere Prothesenverankerung. Ein starkes Kinking im Bereich der Verankerungszone begünstigt ebenfalls die Dislokation der Stentprothese. CAVE
Die Aneurysmaausdehnung nach kaudal entscheidet über die Verwendung des Prothesentyps (Rohr oder Y-Konfiguration). Ein aortouniiliakales System kann bei einseitigem Iliakaverschluss oder Verwendung eines iliakalen „occluders“ zum Einsatz kommen. Stets berücksichtigt werden sollte dabei, dass wenigstens eine A. iliaca interna perfundiert bleiben muss, da sonst aufgrund des obligaten Verschlusses der A. mesenterica inferior eine lebensbedrohliche Darmischämie droht (Abb. 3.18 a–c). Folgende Messwerte sollten typischerweise erhoben werden:
∑ Durchmesser der suprarenalen Aorta, ∑ Durchmesser und Länge des Aneurysmahalses, ∑ maximaler Durchmesser des thrombosierten sowie des nichtthrombosierten Aneurysmaanteils, ∑ Länge und Durchmesser der A. iliaca communis sowie der A. iliaca externa beidseits. Manche Autoren empfehlen die Verwendung einer Spezialsoftware zur Vermessung, die eine bessere Reproduzierbarkeit der Messergebnisse verspricht.
Neben der Verankerungszone ist bei der geplanten Stentimplantation der Zugangsweg von entscheidender Bedeutung. So können nichtbehandelte Stenosen der A. iliaca externa oder der A. iliaca communis sowie eine ausgeprägte Elongation oder Kalzifikation der Iliakalgefäße eine Kontraindikation darstellen. Weitere Fragen, die im Vorfeld des Eingriffs beantwortet werden müssen, sind:
∑ Vorhandensein einer Stenose des Truncus coeliacus, der A. mesenterica superior oder der Nierenarterien, ∑ Präsenz akzessorischer Nierenarterien, ∑ Anzahl und Kaliber der offenen Lumbalarterien sowie ∑ Offenheit der A. mesenterica inferior und ggf. Ausprägung der Riolan-Anastomose. Viszeralarterienstenosen können bei Bedarf im Vorfeld oder in gleicher Sitzung mittels PTA und Stent behandelt werden. Im Einzelfall kann die Coil-Embolisation prominenter Lumbalarterien oder einer offenen A. mesenterica inferior sinnvoll sein. Eine umfassende Embolisation im Vorfeld des Eingriffs ist aufwändig und wird nicht generell empfohlen. Nach der Stentimplantation besteht im Bedarfsfall jedoch häufig keine Zugangsmöglichkeit mehr zu den relevanten Gefäßabschnitten (z. B. Lumbalarterienabgang bei Typ-II-Endoleak).
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Ebenso können Beckenarterienstenosen im Vorfeld saniert werden, um den endovaskulären Zugang zum Aneurysma erst zu ermöglichen. Bildgebung nach endovaskulärer Aneurysmabehandlung Zu den sehr häufigen Befunden nach endovaskulärer Aneurysmabehandlung zählen Endoleckagen, so genannte Endoleaks. Definition
왔 Bei einem Endoleak besteht eine un-
vollständige Thrombosierung des Aneurysmalumens, und es gelangt Kontrastmittel durch unterschiedliche Mechanismen in den Aneurysmasack. Primäre Endoleaks sind in etwa 16% zu erwarten. Persistierende Endoleckagen in 9% und sekundäre Endoleaks immerhin in ungefähr 8% (Pfeiffer u. Sandmann 2002). Die Auswertung von 2030 Patienten im Rahmen der EUROSTAR-Studie ergab nach 18 Monaten eine Endoleckage-Rate von 10%. Innerhalb eines Vierjahreszeitraums betrug die Reinterventionsrate bei 1023 Patienten sogar 38%. Endoleckagen werden wie folgt klassifiziert:
∑ Typ I: Eine Typ-I-Endoleckage resultiert aus einer Undichtigkeit am proximalen oder distalen Prothesenende. Mögliche Ursachen sind eine ungenaue Platzierung der Prothese, zu kurzer Aneu-
a
rysmahals, Unterdimensionierung des Stentgraft-Durchmessers oder dessen Überdimensionierung mit Falten- oder Knickbildung. All die oben genannten Situationen führen zu einer primären Endoleckage vom Typ I mit Einstrom von Kontrastmittel in den Aneurysmasack (Abb. 3.19 a, b). Sekundäre Typ-I-Leckagen resultieren aus einer Prothesenmigration. Diese wird am häufigsten begünstigt durch eine Knickbildung der Aorta, eine progressive Dilatation des proximalen Verankerungssegmentes im Rahmen der Arteriosklerose und eine instabile Verankerung infolge starker arteriosklerotischer Veränderungen in der Verankerungszone. ∑ Typ II: Diese Variante der Endoleckage entsteht durch retrograden Bluteinstrom in den Aneurysmasack über Seitenäste der Aorta. Kommt es zu einer Kontrastierung des Aneurysmasacks über die A. mesenterica inferior, ist meist ein Kontrastmitteldepot im ventralen Anteil des Aneurysmasacks nachweisbar. Bei einer Füllung des Aneurysmasacks über Lumbalarterien liegt dieses Kontrastmitteldepot meist dorsal bzw. lateral. Die exakte Anatomie insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit der endovaskulären Behebung der Typ-II-Leckage erfordert eine selektive intraarterielle DSA. Hierbei zeigt sich häufig eine retrograde Füllung der A. mesenterica inferior
b
Abb. 3.19 a, b. Endoleak Typ I nach Stent-graft-Implantation vor 6 Monaten (CTA). a KM-Übertritt aus der Andockstelle in das teilthrombosierte Aneurysmalumen (Pfeil). b Darstellung des Stent-grafts sowie des Endoleaks in sagittaler Reformation (Pfeil)
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
oder der Lumbalarterien (Kontrastierung z. B. über die A. iliaca interna und die A. iliolumbalis), seltener der A. sacralis mediana. ∑ Typ III: Bei dieser Variante der Endoleckagen kommt es zum Blutaustritt durch die Prothese infolge eines Defekts der Kunststoffummantelung oder der Dislokation einzelner modularer Komponenten, z. B. des iliakalen Prothesenschenkels. Eine ungenügende Überlappung des aortalen und des iliakalen Moduls führt zum primären Typ-IIIEndoleak. Die anhaltende mechanische Belastung und ggf. Veränderungen der Aneurysma- und Gefäßgeometrie können zur sekundären Dislokation der Komponenten führen. Begünstigt wird dies durch eine Knickbildung der Iliakalarterien oder zu knappe Überlappung im Rahmen der Implantation. Unibody-Prothesen in Form einer Rohrprothese sind Standard, haben sich jedoch als Y-Konfiguration wegen der technischen Probleme während der Platzierung nicht durchgesetzt. Ein typischer Vertreter dieser Kategorie mit metallischem Endoskelett und äußerer PTFE-Hülle wird heute nicht mehr eingesetzt. ∑ Typ IV: Diese Form der Undichtigkeit resultiert aus der Porosität des verwendeten, in der Regel hauchdünnen Kunststoffmaterials. Das Phänomen ist bei einzelnen Prothesentypen häufig zu beobachten, jedoch in der Regel temporär und nach einem Monat meist nicht mehr nachweisbar. ∑ Endotension: Dieser Begriff beschreibt den Umstand, dass im Aneurysmasack eine persistierende Druckerhöhung mit Rupturgefahr besteht, ohne dass ein Kontrastmittelübertritt vom Aortenlumen in das Aneurysma nachweisbar ist. Manchmal wird dieses Phänomen als Endoleak Typ V bezeichnet. Die Ursache dieser Erscheinung ist nicht bekannt.Vermutlich besteht in vielen Fällen ein unerkanntes Leck. Hier liegt ein viel versprechender Ansatz für die Anwendung von Blutpool-MR-Kontrastmitteln, die eine höhere Sensitivität im Nachweis von Leckagen aufweisen sollen. Bei Stent-grafts mit Innenskelett und äußerer Hülle könnte durch die pulssynchrone Ballonierung der Prothese eine Druckübertragung auf das Aneurysma erfolgen und die Schrumpfung verhindern.
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Ein Endoleak ist selbst bei vermeintlich geringer Ausprägung mit einer Druckerhöhung im Aneurysmasack und damit auch einem erhaltenen Rupturrisiko verbunden. CAVE
Analog zu den kommunizierenden Röhren (hydrostatisches Paradoxon) setzt sich der intravasale Druck in den Aneurysmasack fort. Daher ist ein persistierendes Endoleak als Therapieversagen anzusehen. Folgerichtig ist auch keine Aneurysmaschrumpfung, sondern eher eine Größenprogredienz zu erwarten. Eine invasive Druckmessung ist nicht erforderlich und kann aufgrund des Risikos der perkutanen Aneurysmapunktion nicht empfohlen werden. Stent-grafts der Aorta sind extremen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Das Streben nach möglichst kleinen Einführbestecken führte dagegen zu einer Minimierung des Materialeinsatzes. So sind die Kunststoffhüllen der Stents um ein Vielfaches schwächer als herkömmliche Dacron-Aortenprothesen und die Stentstreben oft bedenklich filigran und durch Einzelnähte miteinander verknüpft. Daraus resultiert einerseits eine Permeabilität der Stenthülle, die zu einem meist selbst limitierenden Endoleak vom Typ IV führt. Andererseits sind Brüche des Stents im Langzeitverlauf häufig und können schließlich zu einer kompletten Desintegration und zum Kollaps des Stent-grafts führen. Durch die anhaltende longitudinale Krafteinwirkung des pulsatilen Blutflusses und die Schubwirkung an der künstlichen Aortenbifurkation, also dem Staudruck, besteht eine distale Wanderungstendenz der Prothese, der die proximale Verankerung unter Umständen nicht dauerhaft standhalten kann. Es kommt dann zu einer Freilegung des Aneurysmas und seiner Reperfusion (sekundäres Endoleak Typ I). Dieser Prozess wird durch die natürliche Tendenz der Aorta zur fortschreitenden Ektasie im Bereich der proximalen Verankerungszone begünstigt. Bei der Verwendung einer Rohrprothese besteht das Risiko einer aneurysmatischen Aufweitung der Aorta unmittelbar proximal der Bifurkation (Abb. 3.20). Dieser Vorgang wird durch die mangelnde Elastizität des Stent-grafts gefördert, welches die Energie der Druckwelle nicht ausreichend absorbiert (fehlende Windkesselfunktion). Ein früher verwendeter Typ endovaskulärer Aortenprothesen, der nur an den Enden metallische Stützen aufwies (Ancure-Prothese der Firma Guidant), neigte bei geringfügiger Veränderung der Gefäßgeometrie zum Abknicken der iliakalen Schenkel mit konsekutiver Thrombose. Solche geometrischen Veränderungen sind jedoch gerade bei großen Aneurysmen, die infolge der erfolgreichen Stent-graft-Implantation stark schrumpfen, unausweichlich. Auch bei modernen Stents kann es dabei zur Abknickung und Dislokation der Prothese mit Reperfusion des Aneurysmas oder zur Knickstenose mit Aortenthrombose kommen. Die Implantation zusätzlicher Stents zur mechanischen Unterstützung kann in manchen Fällen Abhilfe schaffen.
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Abb. 3.20. Infrarenales Bauchaortenaneurysma nach operativer Versorgung (MIP aus MRA). Einschnürung im Bereich der proximalen Anastomose mit Erweiterung der proximalen Aorta (Pfeile)
den Ansatz zum Nachweis von Endoleckagen stellt die Anwendung von Blutpool-Kontrastmitteln dar. Dabei handelt es sich z. B. um Albumin-gebundene Gadolinium-Verbindungen oder Kohlehydrat-gebundene Eisenoxidpartikel. Basierend auf theoretischen Überlegungen und praktischen Beobachtungen ist die Untersuchung in einer extremen Spätphase (z. B. 24 h nach Injektion) um ein vielfaches sensitiver als übliche Untersuchungstechniken (Ersoy et al. 2004). Bestimmte Stentsysteme (besonders die auf Nitinol basierenden, z. B. die Excluder-Prothese der Firma Gore) sind voll MR-kompartibel, d. h. sie sind nicht nur MR-sicher, sondern verursachen zudem keine nennenswerten Artefakte. Andere Stent-grafts enthalten dagegen Edelstahlkomponenten oder Kobaltlegierungen, die ausgeprägte Signalauslöschungen verursachen. In diese Kategorie fällt z. B. das Zenith-System der Firma Cook. Die Methode der Wahl zur Verlaufskontrolle nach endovaskulärer Aneurysmatherapie ist derzeit zweifellos die CTA. Strittig ist dagegen, welchen Umfang diese Untersuchung haben sollte. Rozenblit et al. (2003) vertreten die Auffassung, dass eine Nativuntersuchung, eine Akquisition in der arteriellen und in der Spätphase (z. B. 3–5 min nach Kontrastmittelinjektion) erforderlich seien.
Weitere Komplikationsmöglichkeiten sind Infektionen und selten auch Fisteln (z. B. aortoduodenale Fistel). Aufgrund der hohen Rate an pathologischen Befunden nach Aortenstentimplantation sowie der unzureichenden Langzeiterfahrungen ist eine lebenslange Kontrolle dieser Patienten mittels bildgebender Verfahren (bevorzugt MSCT) erforderlich. Eine Kontrolluntersuchung sollte vor der Entlassung des Patienten aus dem Krankenhaus sowie nach 3 und 6 Monaten erfolgen. Weitere Kontrollen sind nach 12, 18 und 24 Monaten sinnvoll, später in jährlichem Abstand. Da Brüche der Stentstreben infolge der hohen mechanischen Belastung häufig und mittels CT normalerweise unzureichend darstellbar sind, empfiehlt sich der ergänzende Einsatz von Übersichtsaufnahmen in 2 Ebenen, am besten digital mit befundbezogener Einblendung. Von großem Interesse ist die Frage, wie die Strahlenbelastung im Rahmen der häufigen Follow-upUntersuchungen reduziert werden kann.Wünschenswert wäre natürlich der Ersatz der CTA durch die MRA. Der Wert der FKDS ist limitiert. Sie gilt als der CTA deutlich unterlegen. Tatsächlich kann die MRA beim Nachweis von Endoleaks vorteilhaft sein. Einen sehr erfolgversprechen-
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Im Allgemeinen ist eine lebenslange Verlaufskontrolle mit bildgebenden Verfahren, am besten MSCT, notwendig. Merke
3.4.1.2 Stenose und Verschluss der abdominellen Aorta Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Am häufigsten ist eine Stenose der Bauchaorta distal lokalisiert und arteriosklerotisch bedingt. Ein Aortenverschluss kann durch thrombotische Auflagerungen auf die ausgeprägten arteriosklerotischen Plaques in der Aortenwand entstehen. Definition
왔 Beim Leriche-Syndrom kommt es zu
einem akuten Verschluss der distalen Bauchaorta einschließlich der Aortenbifurkation. Ursache ist eine Thrombose auf dem Boden einer arteriosklerotischen Stenose oder eine Embolie. Definition
왔 Beim so genannten mittaortalen Syn-
drom („midaortic syndrome“) besteht eine meist langstreckige Verengung der unteren thorakalen oder der oberen abdominellen Aorta, z. T. mit Einbeziehung der Viszeralarterienabgänge (Nierenarterien und A. mesenterica superior).
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Histopathologisch handelt es sich um eine fibromuskuläre Hyperplasie. Manifest wird die Erkrankung meistens in der 2. Dekade. Manche betrachten die Erkrankung als kongenital. Es wird eine Verwandtschaft mit der Aortenisthmusstenose vermutet. Morphologisch ist sie von einer Manifestation der Takayasu-Arteriitis oder einer dysplastischen Stenose im Rahmen eines Morbus Recklinghausen teilweise nicht zu unterscheiden (Sebastia et al. 2003). Klinische Symptomatik Beim akuten Aortenverschluss kommt es typischerweise zu plötzlich einsetzenden Schmerzen in beiden Beinen bei fehlenden beidseitigen Leistenpulsen und peripheren Pulsen. Das klinische Erscheinungsbild kann irreführend sein und z. B. eine Paraplegie vortäuschen. Zusätzlich kann es zu einer Erektionsschwäche kommen. Radiologische Symptomatik Die Diagnose sollte mittels CTA oder MRA der Becken- und Beinarterien gesichert werden, die jeweils eine umfassende Therapieplanung ermöglichen. Zu bedenken ist dabei, dass das übliche Bolus-Triggering die Ankunft des Kontrastmittelbolus in der distalen Bauchaorta voraussetzt. Es muss daher entweder eine Testbolusmessung in der suprarenalen Aorta durchgeführt oder mit einem festgelegten Delay gestartet werden. Alternativ steht die transbrachiale DSA zur Verfügung, bei der ein 4-French-Pigtail-Katheter bevorzugt über die linke A. brachialis in die Bauchaorta eingeführt wird. Bei schlechter Kollateralsituation sind sehr lange Serien erforderlich, und häufig ist eine befriedigende Darstellung der Fußarterien wegen der limitierten Kontrastmittelmenge nicht möglich. Der Katheter darf dabei nicht zu tief platziert werden, da sonst nicht alle beteiligten Kollateralen (Lumbal- und Interkostalarterien) zur Kontrastierung der Peripherie beitragen können. Die CTA bietet den Vorteil gegenüber der MRA, dass nicht selten schwere Wandverkalkungen nachgewiesen werden können, die unter Umständen gegen eine endovaskuläre Therapie (PTA und Stent) sprechen. 3.4.1.3 Aortendissektion Definition
왔 Bei einer Aortendissektion kommt es
zum Einbruch von Blut in die Media der Aortenwand. Das Blut breitet sich in Längsrichtung überwiegend nach distal aus.
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Aortendissektionen entstehen meist in der thorakalen Aorta und dehnen sich häufig bis in die abdominelle Aorta bzw. die Beckenarterien aus. Besteht eine Dissektion länger als 2 Wochen, wird sie als chronische Dissektion bezeichnet. Eine Aortendissektion entsteht als Folge einer Bindegewebserkrankung (z. B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom), posttraumatisch oder im Rahmen eines degenerativen Prozesses (Arteriosklerose). Sehr seltene Ursachen sind das penetrierende Aortenulkus und das intramurale Hämatom. Isolierte Dissektionen der abdominellen Aorta sind selten. Ätiologisch sind diese von der klassischen Aortendissektion zu unterscheiden. Das Durchschnittsalter dieser Patienten ist deutlich höher, und es wird angenommen, dass ein penetrierendes Aortenulkus auf der Basis arteriosklerotischer Veränderungen den Auslöser dieser Form der Aortendissektion darstellt. Klinische Symptomatik Meist zeigen sich unspezifische Symptome wie Rücken- oder Brustschmerzen. Selten zeigen sich neurologische Symptome oder Ischämiezeichen an den Extremitäten. Radiologische Symptomatik Sowohl die CTA als auch die MRA eignen sich hervorragend zur Darstellung der abdominellen Aortendissektion einschließlich ihrer Beziehung zu den Viszeral- und Beckenarterien. Das Kontrastmittelverhalten der parenchymatösen Bauchorgane ist ein wichtiger Indikator für ein mögliches Malperfusionssyndrom. Hierbei spielt die Nierendurchblutung eine besondere Rolle. EKG-getriggerte, magnetresonanztomographische Flussmessungen im wahren und falschen Lumen der Aorta haben zum besseren Verständnis der hämodynamischen Verhältnisse und zur Erklärung des Kollapses des wahren Lumens sowie zur Aneurysmaentstehung beigetragen (Strotzer et al. 2000; Abb. 3.21 a–c). Für die aneurysmatische Dilatation des falschen Lumens sind 2 Faktoren entscheidend: 1. Der Blutfluss im falschen Lumen ist relativ langsam, einerseits durch den primär höheren Querschnitt des falschen Lumens und andererseits durch den schlechten peripheren Abstrom bei z. T. sogar blindsackartiger Konfiguration des falschen Lumens. Infolge des Bernoulli-Gesetzes steigt der intraluminale Druck mit sinkender Flussgeschwindigkeit (hydrodynamisches Paradoxon). Turbulenzen belasten die Gefäßwand zusätzlich.
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
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Abb. 3.21 a–c. Thorakoabdominelle Aortendissektion mit Blindsack. a MRA der Bauchaorta (MIP) mit Darstellung des blind endenden falschen Lumens im Bereich der A. iliaca communis links (Pfeilspitze) sowie der Dissektionsmembran (Pfeile). b Phasenkontrastdarstellung in der Systole mit kraniokau-
dalem Blutfluss im falschen Lumen (FL, weiß) und Reflux im komprimierten wahren Lumen (schwarz). c Phasenkontrastdarstellung in der Diastole mit Reflux im falschen Lumen (schwarz) und orthogradem Fluss im deutlich besser entfalteten wahren Lumen (WL, weiß)
2. Durch die Ablösung der intimomedialen Membran kommt es zu einer Schwächung der Aortenwand, die nicht in der Lage ist, dem erhöhten intraluminalen Druck dauerhaft standzuhalten.
weise, die eine Differenzierung zwischen wahrem und falschem Lumen ermöglichen (Le Page et al. 2001). Gerade bei chronischen Dissektionen ist praktisch immer das falsche Lumen weiter als das wahre Lumen (Abb. 3.22). Dies kann u. a. mit dem hydrodynamischen Paradoxon erklärt werden: Der Gesamtdruck im Gefäß sinkt mit Erhöhung der Flussgeschwindigkeit und umgekehrt. Da im wahren Lumen der Blutfluss in die Peripherie im Gegensatz zum falschen Lumen meistens weitgehend unbehindert ist, liegen dort deutlich höhere Flussgeschwindigkeiten mit entsprechender Sogwirkung vor. Andererseits besteht im falschen Lumen häufig ein Pendelfluss mit langsamer Flussgeschwindigkeit und einer systoli-
Wahres und falsches Lumen Sofern kein Malperfusionssyndrom und keine Rupturgefahr bestehen, wird die Typ-B-Dissektion konservativ behandelt. Im Rahmen einer abdominellen CT-Untersuchung ist eine Aortendissektion als Zufallsbefund durchaus denkbar. Hierbei kann zwischen wahrem und falschem Lumen nicht durch die Verfolgung der Lumina bis zu ihrem Ursprung differenziert werden. Allerdings gibt es zuverlässige Hin-
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
nehmende Fibrosierung und Neointimabildung im Rahmen der chronischen Dissektion ist daher die Bewegung der Dissektionsmembran kein geeignetes Mittel, um die beiden Lumina zu differenzieren. Bemerkenswert ist, dass in der früharteriellen Phase der Kontrastmitteleinstrom im wahren Lumen meist rascher erfolgt als im falschen und dass auch der Kontrastmittelausstrom hier früher stattfindet.
Abb. 3.22. Dissektion der thorakoabdominellen Aorta mit proximal und distal blind endendem falschen Lumen. DSA vor endovaskulärer Versorgung mit Entry (Pfeil) und Kompression des stenosierten wahren Lumens
schen Kompression des wahren Lumens. Beide Effekte können zum Kollaps des wahren Lumens führen.
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Ein sehr verlässliches Zeichen sowohl bei akuter als auch bei chronischer Dissektion ist das so genannte „beak sign“. Hierbei besteht im falschen Lumen ein spitzer Winkel zwischen Aortenwand und intimomedialer Membran. Merke
Das falsche Lumen ist wesentlich häufiger thrombosiert bzw. teilthrombosiert als das wahre Lumen. Hauptgrund hierfür ist die Flussstörung im falschen Lumen, bedingt durch eine ungenügende Größe des Reentrys bzw. durch die Ausbildung eines Blindsacks. Das „cobweb sign“ ist selten. Hierbei kann man wandadhärente, lineare, spinnwebartige Aussparungen im falschen Lumen nachweisen. Dabei handelt es sich um filigrane, netzartig angeordnete fibromuskuläre Bänder. Im chronischen Stadium weniger verlässlich sind Zeichen, die auf dem Nachweis von Verkalkungen der Aortenwand bzw. der intimomedialen Membran basieren. Während bei einer akuten Dissektion die intimomediale Membran noch sehr mobil ist und in Abhängigkeit vom Herzzyklus im Lumen flottiert, verdickt diese mit der Zeit und wird starr. Durch die zu-
Komplikationen Der Kollaps bzw. die Kompression des wahren Lumens ist eine wichtige Ursache für ein Malperfusionssyndrom (so genannte „dynamische Obstruktion“). Die Therapie der Wahl besteht hierbei in einer Stentimplantation zur Aufrechterhaltung des wahren Lumens. Dadurch wird auch die Verlegung der Viszeralarterienabgänge durch die angesaugte Dissektionsmembran verhindert. Trotz des meist größeren Querschnitts des falschen Lumens entspringen die Viszeralarterien meistens aus dem wahren Lumen. Es kommt nicht selten vor, dass ein Intimaschlauch quer durch das falsche Lumen verläuft und das wahre Lumen z. B. mit der linken Nierenarterie verbindet. Diese kann allerdings infolge der Dissektion stenosiert sein. Die intimomediale Membran kann sich auch in die Nierenarterie fortsetzen. Das Resultat ist eine so genannte „statische Obstruktion“. Von diagnostischem Interesse bei der chronischen Dissektion der abdominellen Aorta sind also einerseits Stenosen der abgehenden Gefäße (Viszeralarterien, Beckenarterien) und dynamische Kompressionsphänomene (Kollaps des wahren Aortenlumens und Verlegung der Viszeralarterienabgänge). Andererseits ist für die mögliche Therapieindikation die Ausbildung eines Aneurysmas von Bedeutung. Hierbei ist neben dem absoluten Aneurysmadurchmesser auch dessen Wachstumsgeschwindigkeit relevant.
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Typische Komplikationen einer chronischen Aortendissektion sind eine Aneurysmaentwicklung mit entsprechendem Rupturrisiko und Malperfusionssyndrome („dynamische“ und „statische“ Obstruktion). Merke
Befunde nach interventioneller Therapie Therapeutische Bemühungen zielen auf eine Verbesserung der Durchblutung des wahren Lumens und die Offenhaltung der Viszeralarterienostien ab (z. B. durch Stenting des herzzyklusabhängig kollabierenden wahren Aortenlumens). Ein ebenfalls viel versprechender Therapieansatz besteht in der Perforation der Dissektionsmembran (z. B. mit Hilfe eines TIPS-Punktionssets) und der anschließenden Ballondilatation mit dem Ziel, den Abstrom im falschen Lumen zu erleichtern, damit den intraluminalen
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
besondere Kobalt- und Edelstahlstents erlauben keine Beurteilung des durchströmten Stentlumens. 3.4.1.4 Penetrierendes Aortenulkus Definition
왔 Beim so genannten penetrierenden
Aortenulkus besteht eine arteriosklerotische Ulzeration mit Defekt in der Lamina elastica (Macura et al. 2003). Erstmals beschrieben wurde das penetrierende Aortenulkus 1986 (Stanson et al. 1986). Der Spontanverlauf ist im Einzelfall nicht vorhersagbar, und es liegen keine ausreichenden wissenschaftlich fundierten Daten zur Prognose vor. Daher ist bei asymptomatischen Patienten in jedem Fall eine Verlaufskontrolle innerhalb eines Monats nach Entdeckung des penetrierenden Aortenulkus empfehlenswert. Schmerzen können ein Hinweis auf eine drohende Perforation der Aortenwand sein und müssen sehr ernst genommen werden. Abb. 3.23. Dissektion der thorakoabdominellen Aorta mit proximal und distal blind endendem falschen Lumen. DSA nach Anschluss des distalen Endes des falschen Lumens an das wahre Lumen mittels Punktion der intimomedialen Membran, Dilatation und Stent-Implantation (Pfeil; gleicher Patient wie in Abb. 3.22)
Druck zu senken und die Dissektionsmembran zu stabilisieren (Abb. 3.23). Aufgrund weniger ausgeprägter stentbedingter Artefakte ist die CTA der MRT-Darstellung bei Kontrolluntersuchungen überlegen (Abb. 3.24 a, b). Ins-
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Eine Progredienz der Ulzeration kann zur Ausbildung eines exzentrischen Aneurysma spurium führen, welches charakteristischerweise überhängende Ränder aufweist und als hochgradig rupturgefährdet anzusehen ist (Abb. 3.25 a, b). CAVE
Auch eine Dissektion kann sich aus dem penetrierenden Aortenulkus entwickeln. Dass es sich in diesen Fällen um kurzstreckige Dissektionen handelt, mag an der Arteriosklerose liegen, die eine Ausdehnung Abb. 3.24 a, b. Postinterventionelle Kontrolle einer Dissektion der thorakoabdominellen Aorta (gleicher Patient wie in Abb. 3.20 und Abb. 3.21). Vorteil der CTA (a) gegenüber der der artefaktbehafteten MRA (b) mit Signalauslöschung im Bereich des Stents (Pfeile)
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b
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße Abb. 3.25 a, b. Penetrierendes Aortenulkus der thorakoabdominellen Aorta. a Axiale CTA mit KM-Austritt und intramuralem Hämatom (Pfeil). b Sagittale Reformation der CTA (KM-Austritt: Pfeil)
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b
Abb. 3.26 a, b. Penetrierendes Aortenulkus der thorakoabdominellen Aorta (gleicher Patient wie in Abb. 3.23). a DSA vor interventioneller Versorgung mit Messkatheter und KM-Austritt (seitliche Projektion; Pfeil). b DSA nach endovaskulärer Versorgung mittels Stent-graft (seitliche Projektion; Pfeil)
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der Dissektion und die Entstehung eines Reentrys verhindert. Es ist sogar möglich, dass ein großer Teil der chronischen Dissektionen bei älteren Patienten auf dem Boden eines penetrierenden Aortenulkus entsteht. Ein penetrierendes Aortenulkus kann auf der Basis eines arteriosklerotischen Ulkus im Verlauf der gesamten Aorta auftreten. CT- und MRT-morphologisch erscheint es gelegentlich wie eine lokale Dissektion mit thrombosiertem falschem Lumen. Es wird vermutet, dass die meisten spontanen Aortenrupturen auf ein penetrierendes Aortenulkus zurückzuführen sind
b
(Hayashi et al. 2000). In einer einzelnen Serie wurde ein Rupturrisiko von 40% festgestellt (Coady at al. 1998). Damit läge das Rupturrisiko deutlich über dem einer chronischen Typ-B-Aortendissektion. Andere Autoren berichten von benignen Verläufen, sodass sicher nicht in jedem Fall eine Operationsindikation besteht. Aufgrund der meist kurzstreckigen Veränderungen und der häufigen Komorbidität der betroffenen Patienten eignen sich diese Läsionen gut für eine endovaskuläre Versorgung mit einer Rohrprothese (Abb. 3.26 a, b), sofern nicht die Abgänge der Vis-
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
zeralarterien oder der A. radicularis magna die Platzierung eines Stent-grafts verhindern.
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Das penetrierende Aortenulkus resultiert aus einer arteriosklerotischen Ulzeration und kann sowohl zu einem Aneurysma spurium als auch zu einer Dissektion führen. Merke
3.4.1.5 Intramurales Hämatom Definition
왔 Ein intramurales Hämatom wird als
Folge einer Rhexisblutung aus den Vasa vasorum im Rahmen einer arteriellen Hypertonie aufgefasst. Selten ist ein intramurales Hämatom Folge eines stumpfen Bauchtraumas. Grundsätzlich bleibt beim intramuralen Hämatom die Intima intakt. Allerdings kann eine klassische Dissektion aus einem intramuralen Hämatom resultieren (Macura et al. 2003). Computertomographisch stellt sich das intramurale Hämatom typischerweise sichelförmig hyperdens dar (vgl.Abb. 3.25 a). Tatsächlich kann es aber schwierig sein, ein intramurales Hämatom von einem wandständigen Thrombus zu unterscheiden. Diese Differenzierung erfordert die Darstellung der Intima. Im Falle einer Intimaverkalkung ist dies mittels CT leicht möglich, in anderen Fällen kann ausnahmsweise die intravasale Sonographie hilfreich sein. Ein intramurales Hämatom kann symptomatisch sein oder als Zufallsbefund nachgewiesen werden. Bei asymptomatischen Patienten ist „watchful waiting“ vertretbar. Schmerzen können wie beim penetrierenden Aortenulkus dagegen eine drohende Ruptur anzeigen.
a
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Ähnlich wie beim penetrierenden Aortenulkus kann aus dem intramuralen Hämatom eine Aneurysmaruptur oder eine Dissektion resultieren. Merke
3.4.1.6 Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma Definition
왔 Hierbei handelt es sich um eine Va-
riante des Aortenaneurysmas mit extensiver perianeurysmatischer Fibrose und Wandverdickung. Etwa 3–10% der Aneurysmen fallen in diese Kategorie. Das inflammatorische Bauchaortenaneurysma stellt erhöhte operationstechnische Anforderungen und ist mit einer höheren Morbidität und Mortalität assozi-
b
Abb. 3.27 a, b. Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma.Axiale CT mit Darstellung a des durchströmten Aneurysmalumens und des thrombotischen Randsaums (Pfeil), b der entzündlichen Umgebungsreaktion (Pfeil)
iert. In den ersten 2 Jahren nach der Operation wird eine engmaschige Kontrolle dieser Patienten empfohlen. Die Ätiologie des inflammatorischen Bauchaortenaneurysmas ist unbekannt. Eine Verbindung mit dem
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Abb. 3.28. Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma. Koronare Reformation mit Darstellung der Ureterschiene links bei Harnaufstau (Pfeil; gleicher Patient wie in Abb. 3.27 a, b)
Morbus Ormond und anderen fibrosklerosierenden Erkrankungen wird vermutet. Sonographisch manifestiert sich diese Erkrankung durch eine Verdickung der Aortenwand mit echoarmem umgebendem Material. Computertomographisch zeigt sich ebenfalls eine verdickte Gefäßwand, oft verbunden mit Verkalkungen und periaortalem Pannusgewebe (Abb. 3.27 a, b), welches verzögert Kontrastmittel anreichert und sich von der weniger stark anreichernden fibrös verdickten Adventitia abhebt (Cullenward et al. 1986). Die DSA erlaubt keine Differenzierung zwischen einem typischen arteriosklerotischen Bauchaortenaneurysma und einem inflammatorischen Aneurysma. Durch eine Einbeziehung der Ureteren kann es zum Harnstau kommen (Abb. 3.28). Daher ist es sinnvoll, im Rahmen einer DSA eine Übersichtsaufnahme der ableitenden Harnwege anzufertigen. 3.4.1.7 Infiziertes Bauchaortenaneurysma Der Begriff des mykotischen Aortenaneurysmas ist in diesem Zusammenhang irreführend, denn die häufigsten Erreger sind Bakterien (vor allem Staphylokokken, Salmonellen und Kolibakterien). Als Patho-
mechanismus kommen die hämatogene Infektion über die Vasa vasorum und die Ausdehnung per continuitatem bei bestehender Intimaläsion infrage. Vom arteriosklerotischen Bauchaortenaneurysma unterscheidet sich diese Variante durch die eher sackförmige Konfiguration, die raschere Größenzunahme und die oft ausgeprägte entzündliche Umgebungsreaktion, z. T. mit Abszedierung und Gasbildung. Die Kontur des Aneurysmas ist manchmal gelappt. Die Lokalisation ist in der Regel atypisch: Einbeziehung des thorakolumbalen Übergangs und der Viszeralarterienabgänge. Während 85% der arteriosklerotischen Aortenaneurysmen infrarenal lokalisiert sind, trifft dies für die infektiösen Aneurysmen nur auf 15–30% zu (Macedo et al. 2004). Seine relative Häufigkeit wird mit 0,7–2,6% aller abdominellen Aortenaneurysmen angegeben. Das Fehlen von Wandverkalkungen wird z. T. ebenfalls als Hinweis auf eine infektiöse Genese gewertet, ist jedoch als unspezifisches Kriterium anzusehen. Selten treten infektiöse Aortenaneurysmen auch multipel auf. Es besteht ein erhöhtes Rupturrisiko sowohl spontan als auch intraoperativ. Große Bedeutung hat bei der Bildgebung die Beurteilung der Gefäßumgebung. Hierdurch können sowohl Komplikationen als auch kausale Faktoren identifiziert werden: z. B. Spondylodiszitis und Fisteln zum Magen-Darm-Trakt (Duodenum, Kolon). Nuklearmedizinische Methoden (Szintigraphie mit radioaktiv markierten Leukozyten, Galliumszintigraphie oder PET) können beim Nachweis des infektiösen Aortenaneurysmas hilfreich sein. Ein infektiöses Aneurysma eignet sich grundsätzlich nicht für die endovaskuläre Aneurysmaversorgung, denn die Keimbesiedelung des Implantats wäre vorprogrammiert. Andererseits kann es als Komplikation nach Implantation eines Stent-grafts auftreten.
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Bildgebende Verfahren erlauben häufig keine Differenzierung zwischen einem inflammatorischen Bauchaortenaneurysma und einem infizierten Bauchaortenaneurysma. Merke
3.4.1.8 Vaskulitis Gelegentlich manifestiert sich eine systemische Vaskulitis an der Bauchaorta. Typische Vertreter einer Vaskulitis der großen Arterien sind die Takayasu-Erkrankung und die Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis oder Morbus Horton). Weitere mögliche Grunderkrankungen sind Morbus Wegener und Morbus Behçet. In der rheumatologischen Literatur wird spekuliert, dass die Vaskulitis der Aorta im Rahmen einer systemischen Autoim-
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
munerkrankung häufig unerkannt bliebe. Resultate von PET-Studien lassen tatsächlich die Vermutung zu, dass die Beteiligung der Aorta unterschätzt werden könnte. Die Entzündung manifestiert sich in der Schnittbilddiagnostik unspezifisch in Form einer Wandverdickung. Im Verlauf der Erkrankung kann es zur Stenosierung, aber auch zur Entwicklung eines sackförmigen Aneurysmas und schließlich zur Aortenruptur kommen. Die Wachstumsgeschwindigkeit und das Rupturrisiko sind höher als beim arteriosklerotischen Bauchaortenaneurysma. Wandverkalkungen sind dabei jedoch ein Indikator für einen chronischen Prozess mit niedrigerem Komplikationsrisiko. 3.4.1.9 Posttraumatische Veränderungen der abdominellen Aorta 96% aller traumatischen Aortenrupturen finden im Bereich des Isthmus statt. Nur in 1% der Fälle ist die Bauchaorta betroffen.Während die thorakale Aortenruptur in der Regel durch ein Dezelerationstrauma ausgelöst wird, ist das stumpfe Bauchtrauma der führende Mechanismus bei der Ruptur der Bauchaorta. Auch penetrierende Verletzungen, z. B. Schussverletzungen oder Messerstiche spielen dabei eine Rolle. Hier besteht theoretisch die Option einer endovaskulären Behandlung. Zu berücksichtigen ist allerdings die Häufigkeit von Begleitverletzungen der Bauchorgane, die oft nur mittels Operation diagnostiziert und behandelt werden können. Eine seltene Traumafolge bei stumpfer abdomineller Verletzung ist der komplette Aortenverschluss infolge einer Intimaläsion, z. B. im Rahmen eines Autounfalls mit Verletzung durch den Sicherheitsgurt oder das Lenkrad. 3.4.1.10 Tumoren der Aorta Primäre Tumoren der Aorta oder Metastasen sind sehr selten und histologisch heterogen. Am häufigsten kommen undifferenzierte Sarkome vor (Abb. 3.29). Metastasen maligner Keimzelltumoren können eine lokale Infiltration der Aorta verursachen und einen primären Tumor der Aorta vortäuschen. Klinische Symptome treten meist erst im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung auf: Rückenschmerzen, Ischämien durch die Stenosierung oder durch Embolien.
Abb. 3.29. Angiosarkom der abdominellen Aorta (DSA). Intraluminales Wachstum des von der Aortenwand ausgehenden Tumors (Pfeil). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Hahn, Würzburg)
3.4.2 Truncus coeliacus Um Redundanzen zu vermeiden, werden die Erkrankungen des Truncus coeliacus im Rahmen der einzelnen Organe und Organarterien abgehandelt. Es wird hier auf den Band Gastrointestinales System aus der Reihe Handbuch Diagnostische Radiologie verwiesen. Die unterschiedlichen Formen der Mesenterialischämie unter Beteiligung des Truncus coeliacus werden im Abschn.„Mesenterialgefäße“ dieses Kapitels beschrieben. 3.4.2.1 Ligamentum-arcuatum-medianum-Syndrom Definition
왔 Kompression des Truncus coeliacus
durch das Lig. arcuatum medianum als Bestandteil der Aortenarkade mit konsekutiver postprandialer Angina abdominalis. Synonym: Truncus-coeliacus-Kompressionssyndrom.
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Posttraumatische Veränderungen der Merke abdominellen Aorta und Tumoren (primäre und Metastasen) sind sehr seltene Krankheitsentitäten.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße Abb. 3.30. a Normaler Verlauf, b Kompression des Truncus coeliacus durch tiefen Verlauf des Lig. arcuatum medianum
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Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Das Lig. arcuatum medianum ist die tendinöse Verbindung zwischen rechtem und linkem Zwerchfellschenkel, der die anterosuperiore Begrenzung des Hiatus aorticus bildet. In Bezug auf Verlauf und Ausprägung weist das Band eine hohe Variabilität auf. Normalerweise verläuft es oberhalb des Abgangs des Truncus coeliacus.Autoptische Studien ergaben, dass in 33% der Fälle der Abgang auf gleicher Höhe oder oberhalb des Bandes lag (Lindner u. Kemprud 1971). Eine trunkale Kompression durch ligamentäre Strukturen kann so unter Umständen den Blutfluss deutlich reduzieren und symptomatisch werden (Abb. 3.30 a, b). Die Einengung wird durch die Aufwärtsbewegung des Truncus während der Exspiration verstärkt und stellt ein nicht selten beobachtetes Phänomen in angiographischen Untersuchungen dar. Von klinischer Relevanz ist allein die in allen Atemphasen anhaltende hämodynamisch wirksame Stenose. Als Ursache der postprandial auftretenden Beschwerden wird nicht nur ein „Steal-Effekt“ aus Kollateralen der A. mesenterica superior (A. pancreaticoduodenalis → A. gastroduodenalis → A. hepatica communis) mit der Folge einer funktionellen intestinalen Ischämie, sondern auch eine Affektion des Plexus coeliacus diskutiert, der eine enge räumliche Beziehung zum Truncus coeliacus und dem Lig. arcuatum medianum aufweist (Vlasova 2000). Das Lig.-arcuatum-medianum-Syndrom besitzt nicht nur als mögliche Ursache für eine Angina abdominalis Bedeutung.
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Nach Lebertransplantationen können tödliche Komplikationen durch die mangelnde Versorgung über die A. hepatica communis auftreten. Die Durchtrennung der A. gastroduodenalis im Rahmen einer Whipple-Operation kann ebenfalls zu fatalen Ischämien führen. CAVE
Klinische Symptomatik Typischerweise tritt das Lig.-arcuatum-medianumSyndrom bei jungen, schlanken Frauen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf. Neben krampfartigen, epigastrischen Schmerzen, die durch Nahrungsaufnahme ausgelöst werden und zu einer ausgeprägten Gewichtsabnahme führen können, wird auch Übelkeit und Erbrechen beklagt. Bei der körperlichen Untersuchung kann ein systolisches Strömungsgeräusch im Oberbauch auskultiert werden. Therapie der Wahl ist die laparoskopische Dekompression, Durchtrennung des Lig. arcuatum medianum und Exzision des Plexus coeliacus mit intraoperativer Doppleruntersuchung zur Bestätigung der besseren Flussverhältnisse (Carbonell et al. 2005; Roayaie et al. 2000). Da der Operationserfolg nicht sichergestellt ist, sollte die Indikation nur gestellt werden, wenn neben harten klinischen Kriterien (postprandiale, epigastrische Angina abdominalis mit Gewichtsverlust) eine auch über die Exspiration fortbestehende hämodynamisch relevante Stenose des Truncus coeliacus und ein „steal“ aus dem Stromgebiet der A. mesenterica superior nachgewiesen werden kann.
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
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Abb. 3.32. DSA, Aufnahme in Inspiration: abgangsnahe, hochgradige Einengung des Truncus coeliacus durch Lig. arcuatum medianum
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Abb. 3.31 a, b. CTA. a Axiale MIP: schlitzförmige Kompression des Truncus coeliacus durch kräftig ausgebildetes Lig. arcuatum medianum (Pfeil). b VRT: hochgradige Einengung mit poststenotischer Dilatation
Radiologische Symptomatik In der FKDS stellt sich unter Exspiration eine Angulation des Truncus coeliacus nach kranial und eine Zunahme des Aliasings als Ausdruck der Flussbeschleunigung dar. Die alleinige endexspiratorische Flussbeschleunigung besitzt keinen pathologischen Wert. Zur Diagnose sollte die maximale systolische Geschwindigkeit auch in Inspiration (vgl. Abb. 3.1) und insbesondere in Atemmittellage >200 cm/s liegen (Scholbach 2006; Wolfman et al. 2003). Die in der Inspirationsphase durchgeführte CTA kann in den Quellschichten eine Bandstruktur nachweisen, die zu einer schlitzförmigen Einengung des Truncus coeliacus führt (Abb. 3.31 a). In der sagittalen Rekonstruktion oder 3D-Darstellung zeigt sich neben einer abgangsnahen, hochgradigen Einengung eine poststenotische Dilatation und oft eine ha-
kenförmige Konfiguration des Gefäßes, die bei arteriosklerotisch bedingten Stenosen nicht beobachtet wird (Abb. 3.31 b). Zusätzlich stellt sich eine betonte A. gastroduodenalis als Ausdruck der Kollateralisierung dar (Horton et al. 2005). In der MRA zeigt sich ebenfalls eine atemabhängige Kompression des Truncus coeliacus.Akquisitionszeiten von <20 s erlauben die überlagerungsfreie Darstellung des Truncus coeliacus in Inspiration und Exspiration (Lee et al. 2003). Bei der selektiven Sondierung des Truncus coeliacus kann in der DSA, insbesondere in der lateralen Projektion, die atemabhängige Kompression bis zur völligen Aufhebung der Kontrastierung der A. hepatica communis in der Exspirationsphase nachgewiesen werden (Abb. 3.32). Bei Sondierung der A. mesenterica superior stellen sich großkalibrige pankreatikoduodenale Kollateralen dar (Bron u. Redman 1969). Differenzialdiagnose Arteriosklerotische Wandveränderungen als Ursache einer Angina abdominalis im Rahmen der chronischen Mesenterialischämie zeigen Kalkplaques und weisen keine hakenförmige Konfiguration des Truncus coeliacus auf. Patienten mit einem Lig.-arcuatum-medianum-Syndrom sind zudem deutlich jünger und typischerweise nicht adipös.
Ödematös verdickte Darmwand mit Kokardenzeichen Ödematös verdickte Dünndarmwand mit Kokardenzeichen Ausgeprägte Infiltration des mesenterialen Fettgewebes 10% Mesenterialvenenthrombose
Multiple Thromben in Ästen der V. mesenterica superior
Ödematös verdickte Darmwand ± Kokardenzeichen Nur in ausgeprägten Fällen der NOMI betroffen Geringere Infiltration als bei der Mesenterialvenenthrombose 2–10% Nichtokklusive Darmischämie
Häufig keine pathologischen Befunde in der CTA
Ödematös verdickte Darmwand mit hypodenser Muskularis, ggf. mit Anreicherung von Mukosa und Serosa (Kokardenzeichen) Dilatierte, ausgedünnte Wand mit fehlender KM-Aufnahme, KM-Enhancement Frühzeichen, Ausdruck der Reversibilität oder Reperfusion Geringere Infiltration als bei der Mesenterialvenenthrombose. Infiltration um Dünndarm gilt als Zeichen der transmuralen Nekrose 20–25% Arterielle Thrombose
Kalkhaltiger Thrombus proximal
60–70%
Arterielle Embolien werden am häufigsten beobachtet (Tabelle 3.3). Quelle sind Thromben im linken Vorhof bei absoluter Arrhythmie, seltener sind arteriosklerotische Plaques oder Herzklappenfehler die Ursache. Thrombotische Verschlüsse vorwiegend der proximalen Gefäßabschnitte auf dem Boden
Arterielle Embolie
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Die akute Mesenterialischämie ist Ursache von etwa 1% der Fälle mit akutem Abdomen und besitzt trotz Fortschritte in Diagnostik und Therapie eine unverändert hohe Letalität von 50–90%. Merke
Gefäße
Die Einteilung der mesenterialen Durchblutungsstörungen erfolgt in Abhängigkeit von Klinik und zugrunde liegender Ätiologie. Als Angina abdominalis wird die chronische Form bezeichnet, die sich am häufigsten auf arteriosklerotische Veränderungen der Mesenterialgefäße zurückführen lässt und zu rezidivierenden, vorwiegend postprandialen abdominellen Schmerzen führt.
Tabelle 3.3. Typische CT-Befunde bei Mesenterialischämie
derperfusion der Darmwand durch Stenosen und Verschlüsse von Mesenterialarterien und -venen.
Häufigkeit
왔 Reversible oder fortschreitende Min-
Befund
Definition
Mesenterium
3.4.3.1 Mesenteriale Ischämie
Dilatierte, ausgedünnte Wand mit fehlender KM-Aufnahme, KM-Enhancement Frühzeichen, Ausdruck der Reversibilität oder Reperfusion
Dünndarm
3.4.3 Mesenterialgefäße
Geringere Infiltration als bei der Mesenterialvenenthrombose. Infiltration um Dünndarm gilt als Zeichen der transmuralen Nekrose
!
Das Lig.-arcuatum-medianum-Syndrom tritt typischerweise bei jungen, schlanken Frauen auf und äußert sich durch postprandiale Angina abdominalis mit Gewichtsabnahme. Die Diagnose erfolgt durch den Nachweis einer erhöhten Flussgeschwindigkeit im Truncus coeliacus vor allem in Inspiration und Atemmittellage. Bei sorgfältiger Indikationsstellung kann eine laparoskopische Operation zur Symptomfreiheit führen. Merke
Hypodenser Embolus im mittleren Abschnitt
Dickdarm
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Bei klinischem Verdacht auf ein Lig.-arcuatum-medianum-Syndrom erfolgt die Sicherung der Diagnose durch die FKDS des Truncus coeliacus und die dopplersonographische Bestimmung der maximalen systolischen Geschwindigkeit in Exspiration, Inspiration und Atemmittellage. Als zusätzliches bildgebendes Verfahren kann eine MRA oder CTA durchgeführt werden. Mit zunehmender Ortsauflösung und den Möglichkeiten der multiplanaren und dreidimensionalen Rekonstruktion erscheint die DSA verzichtbar.
Ödematös verdickte Darmwand mit hypodenser Muskularis, ggf. mit Anreicherung von Mukosa und Serosa (Kokardenzeichen)
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
präexistenter arteriosklerotischer Wandveränderungen sind die zweithäufigste Form akuter mesenterialer Ischämien und treten vor allem in der A. mesenterica superior auf. Die nichtokklusive Darmischämie zeichnet sich durch einen ausgeprägten intestinalen Vasospasmus aus und kann durch Blutdruckabfall, Hypovolämie oder unter Therapie mit Katecholaminen und anderen Medikamenten auftreten. Etwa 10% der Fälle mesenterialer Ischämien werden durch eine venöse Thrombose ausgelöst. Neben einer Hyperkoagulopathie können auch Tumoren oder entzündliche Darmerkrankungen die Ursache sein. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Ischämie und der Histopathologie wird zunächst eine Nekrose der Mukosa mit Ulzerationen und Blutungen beobachtet, die reversibel ist und folgenlos ausheilen kann (Haglund u. Bergqvist 1999). Mit fortschreitender Durchblutungsstörung umfasst die Nekrose neben der Submukosa auch Anteile der Muskularis. Reparativ-fibrotische Vorgänge können Stenosen und Strikturen zur Folge haben (Whitehead 1976). Das 3. Stadium beschreibt die transmurale Darmwandnekrose, erfordert eine chirurgische Intervention und ist für die hohe Letalität des Krankheitsbildes verantwortlich. Die Nekrose der Darmwand ist in jedem Stadium der Erkrankung von einem intramuralen Ödem und Einblutungen begleitet. Das Ausmaß hängt jedoch von der Ätiologie der Ischämie ab: Die venöse Okklusion zeigt deutlichere Befunde als arterielle Embolien oder Thrombosen. Insbesondere im Kolonrahmen führt der Zusammenbruch der Mukosabarriere zu Superinfektion der Darmwand mit fortschreitender Nekrose, Bakteriämie und Sepsis. Arterielle Mesenterialembolie Definition
왔 Akuter embolischer Verschluss von
Mesenterialarterien mit der Folge einer Darmischämie. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Etwa 60–70% der Mesenterialischämien werden durch arterielle Embolien ausgelöst. Aufgrund der guten intestinalen Kollateralversorgung muss der Verschluss eines Gefäßes nicht klinisch apparent werden. Der Befall peripherer Äste oder das Auftreten multipler Embolien kann jedoch zu ausgeprägten Darmwandnekrosen mit hoher Letalität führen. Bevorzugte Lokalisation ist die A. mesenterica superior. Der Embolus findet sich entweder distal des Abgangs der A. colica media, unmittelbar proximal im Abgangsbereich oder in peripheren Gefäßaufzweigungen.
Als Emboliequelle können vorwiegend kardiale Thromben identifiziert werden. Ursachen sind Vorhofflimmern, akinetische Myokardanteile nach Herzinfarkt, Herzklappenfehler und Endokarditiden. Daneben können auch arterioarterielle Embolien auf dem Boden einer präexistenten Arteriosklerose auftreten. Klinische Symptomatik Die Patienten beklagen akut einsetzende, zunächst krampfartige, dann anhaltende abdominelle Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö. Laborchemisch finden sich neben einer Leukozytose erhöhte Werte für Laktat und D-Dimere. Aus der Vorgeschichte sind häufig eine absolute Arrhythmie, Herzklappenfehler oder ein Myokardinfarkt bekannt. Das Alter liegt im Mittel bei etwa 70 Jahren, Männer sind ebenso häufig wie Frauen betroffen. Bei Zeichen der Darmwandnekrose erfolgt die Behandlung primär chirurgisch durch explorative Laparatomie, Embolektomie und Resektion gangränöser Darmabschnitte. Nichtokkludierende Stenosen können interventionell angegangen werden. Radiologische Symptomatik Sonographisch finden sich neben freier Flüssigkeit erweiterte oder verdickte Darmschlingen mit verminderter Perfusion im Powerdoppler. Abgangsnahe embolische Verschlüsse zeigen einen Abbruch oder eine Umkehr des arteriellen Flusssignals in der FKDS. Flüssigkeitsgefüllte Dünndarmschlingen imponieren in der Abdomenübersicht als „luftleeres“ Abdomen, intramurale Luftansammlungen können Ausdruck der Gangrän sein. Die CTA weist den Embolus als Kontrastmittelaussparung in der proximalen A. mesenterica superior oder Gefäßabbruch im distalen Verlauf nach (Abb. 3.33 a, b). Da in 20% der Fälle gleichzeitig unterschiedliche Gefäße betroffen sein können, sind begleitende Nieren- und Milzinfarkte wichtige Hinweise (Yamada et al. 1998). Eine Infiltration des mesenterialen Fettgewebes, mesenteriale Flüssigkeitsansammlungen und Aszites sind unspezifische Zeichen der Darmischämie. Während die parakolische Infiltration regelmäßig in frühen Stadien auftritt, gilt die perifokale Infiltration um Dünndarmschlingen als Zeichen der transmuralen Nekrose. Dilatierte Dünndarmabschnitte mit Luft-Flüssigkeits-Spiegeln werden häufiger bei transmuralen als bei reversiblen Mesenterialischämien beobachtet (Wiesner et al. 2003). Die arteriookklusive Dünndarmischämie imponiert typischerweise als ausgedünnte Wand mit fehlender Kontrastmittelaufnahme. Ein Ödem (>3 mm bei ausreichender Distension)
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
a
Abb. 3.34. Embolie der A. mesenterica superior (Pfeil) in der MRA
b
Abb. 3.33 a, b. Embolie der A. mesenterica superior mit subtotalem Verschluss (Pfeil). a Axiale MPR, b gekrümmte sagittale MPR
mit Enhancement der Mukosa und Submukosa ist eher Ausdruck einer reversiblen Ischämie oder Reperfusion.
!
Dilatierte, nichtkontrastierte Dünndarmschlingen mit Spiegelbildungen, verdünnter Wand und Infiltration des mesenterialen Fettgewebes sind Spätzeichen der transmuralen, arteriellen Ischämie. Merke
Angesichts häufiger Hämorrhagien und Superinfektionen imponiert die Kolonwand auch bei arteriellen Verschlüssen oft verdickt. In der Frühphase, bei einer Superinfektion oder während der Reperfusion wird eine verstärkte Kontrastmittelanreicherung in Mukosa und Submukosa sowie Serosa und Subserosa beobachtet, die in Zusammenhang mit dem Wandödem als „target sign“ bezeichnet wird.
Portalvenöse oder intramurale Luftansammlungen in der Dünn- und Dickdarmwand sind unspezifisch, können jedoch Ausdruck der fortgeschrittenen, transmuralen Mesenterialischämie sein und sind mit einer schlechteren Prognose vergesellschaftet. Embolisch bedingte Kontrastmittelaussparungen können auch in der MRA dargestellt werden (Abb. 3.34). Angesichts des akuten Krankheitsbildes und der oft schwer erkrankten Patienten kann diese Untersuchungstechnik jedoch nicht als Modalität der Wahl angesehen werden. Embolien stellen sich in der DSA als Kontrastmittelaussparungen vorwiegend distal des Abgangs der A. colica media oder als Gefäßabbrüche dar. Im Gegensatz zur CTA lassen sich auch periphere Embolien durch selektive Darstellung der A. mesenterica superior, der A. mesenterica inferior und des Truncus coeliacus direkt nachweisen. Differenzialdiagnose Die arterielle Thrombose bevorzugt den abgangsnahen Bereich der A. mesenterica superior und zeigt Wandverkalkungen der Gefäße. Venöse Thrombosen imponieren als ausgeprägte Infiltration des mesenterialen Fettgewebes und deutliches Wandödem mit Hyperämie. Entzündliche Darmerkrankungen oder der Schockdarm können ähnliche Wandveränderungen aufweisen, sie zeigen jedoch eine normale Gefäßdarstellung und eine intensive Kontrastmittelanreicherung der Mukosa.
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die CTA erreicht in Kombination mit einer Untersuchung in der portalvenösen Phase eine hohe Sensitivität und Spezifität und ist als nichtinvasives Verfahren die primäre Methode, um eine Mesenterialischämie nachzuweisen (Kirkpatrick et al. 2003). In Abhängigkeit von Befund und Klinik erfolgt die operative Therapie mit oder ohne vorherige Gefäßdarstellung und die perkutane Intervention in der DSA.
!
Arterielle Embolien sind die häufigste Ursache von Mesenterialischämien. In Schnittbildverfahren können die betroffenen Darmabschnitte unterschiedlich durch ein intramurales Ödem oder eine ausgedünnte Wand, fehlende Kontrastmittelaufnahme oder verstärkte Anreicherung von Submukosa und -serosa imponieren. Merke
a
Arterielle Mesenterialthrombose Definition
왔 Thrombotischer Verschluss der Mes-
enterialarterien auf dem Boden einer präexistenten Arteriosklerose. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen In etwa 20–25% der Fälle sind arteriosklerotische Wandveränderungen für die Entstehung einer akuten mesenterialen Ischämie verantwortlich. Die obliterierende Arteriopathie begünstigt das Auftreten von Sekundärthromben, die zu einem akuten Gefäßverschluss führen können. Wie bei der akuten arteriellen Embolie treten ischämische Ereignisse erst auf, wenn die Kollateralversorgung gestört ist. Klinische Symptomatik Da vorbestehende Stenosen die Ausbildung von Kollateralgefäßen begünstigen, ist die Klinik der arteriellen Thrombose oft weniger akut als bei der Embolie. Die Patienten beklagen auch hier abdominelle Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Im Labor ist das Laktat erhöht, D-Dimere und Leukozyten liegen außerhalb des Normbereichs. Das Risikoprofil unterschiedet sich nicht von dem anderer Manifestationen der Arteriosklerose. Männer und Frauen sind von akuten Ereignissen gleich häufig betroffen, das Durchschnittsalter beträgt 73 Jahre. Im Vordergrund der Therapie steht bei Zeichen der Darmwandnekrose auch hier die chirurgische Behandlung vor interventionellen Maßnahmen. Radiologische Symptomatik Wie bei der Mesenterialarterienembolie können die Wandveränderungen sonographisch erfasst werden.
b
Abb. 3.35 a, b. Abgangsnahe Einengung der A. mesenterica superior durch partiell verkalkten Thrombus. a Axiale MPR, b gekrümmte sagittale MPR
In der FKDS stellen sich abgangsnahe Gefäßabbrüche, Kalkplaques oder eine Flussumkehr dar. Die CTA zeigt kissenartige, hypodense thrombotische Wandauflagerungen und arteriosklerotische Plaques. Die Veränderungen finden sich bevorzugt im proximalen Teil der A. mesenterica superior und der A. mesenterica inferior oder des Truncus coeliacus (Abb. 3.35 a, b). Bei beiden Formen der arteriookklusiven Mesenterialischämie sind die Veränderungen der Darmwand (vgl. Tabelle 3.3) identisch (Abb. 3.36). Auch bei der arteriellen Thrombose sollte auf ausgedünnte Dünndarmwände mit verringerter oder fehlender Kontrastmittelanreicherung und einer Infiltration des umgebenden Fettgewebes geachtet werden. Arteriosklerotische Plaques imponieren in der DSA als zirkuläre oder asymmetrische Einengungen des Gefäßlumens mit poststenotischer Dilatation. Verschlüsse bilden sich als Abbruch der Kontrastierung ab. Oft können ausgeprägte Kollateralen dargestellt werden.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
bei vermindertem Herzzeitvolumen – etwa im Rahmen kardiochirurgischer, aber auch gefäß- und viszeralchirurgischer Eingriffe –, der durch die verstärkte Ausschüttung von Katecholaminen,Vasopressin und Angiotensin II zu einem erhöhten Tonus der mesenterialen Widerstandsgefäße führt und die Perfusion dramatisch über die Ischämiegrenze hinweg absinken lässt.Auch bei Dialysepatienten wurde über eine erhöhte Inzidenz der nichtokklusiven Darmischämie berichtet; die Letalität beträgt in diesem Kollektiv 45% (John et al. 2000). Die Erkrankung tritt bevorzugt im linken Hemikolon auf, kann aber auch das rechte Hemikolon betreffen und in schweren Fällen eine Ischämie des gesamten Dick- und Dünndarms hervorrufen. Abb. 3.36. Mesenterialarterienthrombose,VRT: verdickte Wand des Colon ascendens mit verstärkter Gefäßinjektion
Differenzialdiagnose Arterielle Embolien stellen sich als umspülte Kontrastmitteldefekte in weiter peripher liegenden Gefäßabschnitten dar. Oft fehlen arteriosklerotische Wandveränderungen. Die nichtokklusive Darmischämie imponiert angiographisch als deutlich ausgebildete Vasokonstriktion der A. mesenterica superior und inferior vom Hauptast bis in die Peripherie. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Primäre diagnostische Modalität ist die CTA in Kombination mit einer Untersuchung in der portalvenösen Phase, in der sowohl die Gefäßverschlüsse als auch die Wandveränderungen von Dick- und Dünndarm nachgewiesen werden können. In Abhängigkeit vom Befund kann im Anschluss eine DSA mit Intervention durchgeführt werden.
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Bei unterschiedlicher Ätiologie zeigen Merke arterielle Thrombosen und Embolien die gleichen Veränderungen der Darmwand. Beide werden bei Hinweisen auf transmurale Darmwandnekrosen primär chirurgisch behandelt. Nichtokklusive mesenteriale Ischämie Definition
왔 Mesenteriale Ischämie als Folge einer
ausgeprägten intestinalen Vasokonstriktion mit fehlendem Nachweis von Thromben oder Embolien. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Mit einem Anteil von 2–10% ist die Häufigkeit der nichtokklusiven mesenterialen Ischämie im Vergleich zu arteriookklusiven Formen deutlich niedriger. Ursache ist ein Abfall des systolischen Blutdrucks
Klinische Symptomatik Die nichtokklusive Darmischämie betrifft vor allem ältere Patienten nach kardiochirurgischen Operationen, größeren Gefäß- und viszeralchirurgischen Eingriffen oder Patienten mit Niereninsuffizienz, die hämodialysiert werden. Im Vergleich zu den arteriookklusiven Formen treten die Symptome weniger akut auf. Krampfartige oder persistierende abdominelle Schmerzen sind Folge eines Ileus oder Subileus. Die alleinige operative Therapie der nichtokklusive Darmischämie besitzt eine Mortalität von >80% (Schutz et al. 1998). Unter Berücksichtigung der Ätiologie erfolgt die Therapie interventionell durch selektive Sondierung der A. mesenterica superior und inferior und intraarterielle Injektion von Papaverin oder Prostaglandin E1 bis zur Normalisierung des angiographischen Befundes (s. Kap. 8.2.1). Nekrotische Darmabschnitte werden reseziert, die Kathetertherapie dabei jedoch nicht abgesetzt. Radiologische Symptomatik Sonographisch zeigen sich segmental verdickte Kolonwände mit verminderter Perfusion in der FKDS und einer Infiltration des parakolischen Fettgewebes (Ripolles et al. 2005). Mit fortschreitender Erkrankungsdauer wird die Untersuchung durch zunehmende Gasüberlagerung erschwert. Die CTA kann keine Embolie oder Thromben nachweisen. Freie Flüssigkeit und die mesenteriale Infiltration sind unspezifische Zeichen der Darmischämie. Vorwiegend im Kolon, insbesondere im linken Hemikolon stellen sich ödematös verdickte Wände mit verstärkter Kontrastmittelanreicherung von Submukosa und Mukosa sowie Serosa und Subserosa dar, die sich gegenüber der hypodensen Muskularis als Target sign abgrenzen. Die DSA erlaubt eine sichere Diagnose der Erkrankung. Zeichen sind ein aortaler Kontrastmittelreflux, Flussreduktion mit verminderter peripherer Gefäßfüllung, Engstellung der primären mesenteria-
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
len Äste, Unregelmäßigkeiten der Gefäßlumina, Spasmus der intestinalen Arkaden und eine reduzierte Füllung intramuraler Gefäße (Siegelman et al. 1974). Differenzialdiagnose Bei den arteriookklusiven Formen der Mesenterialischämie können in der CTA Thromben oder Embolien nachgewiesen werden, hier sind auch prozentual häufiger Dünndarmanteile betroffen. Die nichtokklusive Darmischämie bevorzugt dagegen einen Befall des Kolons. Gegenüber der Mesenterialvenenthrombose und entzündlichen Darmerkrankungen lässt sie sich durch das typische angiographische Bild mit ausgeprägten Gefäßspasmen abgrenzen. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Bei klinischem Verdacht auf eine Mesenterialischämie und fehlenden Hinweisen für eine arteriookklusive oder venöse Genese in der CTA muss eine selektive DSA der Mesenterialgefäße durchgeführt werden, um die Diagnose einer nichtokklusiven Darmischämie zu sichern und die interventionelle Therapie mit Vasodilatanzien einleiten zu können.
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Die nichtokklusive Darmischämie wird durch einen ausgeprägten mesenterialen Vasospasmus ausgelöst, bevorzugt das Kolon, zeigt charakteristische angiographische Zeichen und wird durch intraarterielle Applikation von Papaverin oder Prostaglandin E1 behandelt. Merke
Mesenterialvenenthrombose Definition
왔 Subtotale Stenose oder Verschluss
portomesenterialer thrombotisches Material.
Venen
durch
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Beeinträchtigung des venösen Rückstroms durch portalvenöse oder mesenteriale Thromben ist bei etwa 10% der Patienten Ursache für eine Darmischämie. In Abhängigkeit von der Ätiologie können die Thromben zentrifugal vom Leberhilus aus fortschreiten oder in den distalen Anteilen der V. mesenterica superior, mit 6% deutlich seltener in der V. mesenterica inferior, entstehen. Aufgrund der venösen Kollateralkreisläufe bleiben Thrombosen der zentralen Abschnitte häufig lange klinisch inapparent. Periphere Verschlüsse können dagegen ausgeprägte Ischämien mit hämorrhagischer Infarzierung auslösen. Etwa 20% der akuten Mesenterialvenenthrombosen bleiben ätiologisch ungeklärt und werden der primären Form zugeordnet. Die Ursachen der sekundären Formen sind vielfältig: Neben einer Hyper-
koagulopathie durch Mangel an Protein C, Protein S oder Antithrombin III, medikamentös bedingt durch Einnahme von Kontrazeptiva oder durch eine Schwangerschaft können auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, eine Pankreatitis, Divertikulitis oder eine Sepsis eine Mesenterialvenenthrombose auslösen. Weitere Ursachen sind Systemvaskulitiden, vorangegangene abdominalchirurgische Eingriffe oder die Kompression von Mesenterialvenen durch raumfordernde Prozesse. Klinische Symptomatik Mit einem Alter von durchschnittlich 44 Jahren sind die Patienten deutlich jünger als bei anderen Formen der Mesenterialischämie (Warshauer et al. 2001). Die Klinik ist oft subakut und kann über mehrere Wochen bis zur Diagnosestellung anhalten. Im Vordergrund der Beschwerden stehen krampfartige Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Durchfälle und peranale Blutabgänge. Im Vergleich zu der arteriookklusiven und nichtokklusiven Mesenterialischämie ist die Letalität deutlich geringer. Gangränöse Darmabschnitte werden reseziert. Intraoperativ kann ein Katheter in eine periphere Mesenterialvene eingebracht werden, über den eine regionale Lyse appliziert wird. Bei fehlenden Zeichen einer Peritonitis wird über einen transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunt (TIPS) oder perkutan transhepatisch ein interventioneller Zugang zum portomesenterialen Venensystem erreicht, über den der Thrombus fragmentiert, aspiriert und lysiert wird (Goldberg u. Kim 2003; Uflacker 2003). Radiologische Symptomatik Im Ultraschall stellt sich der Thrombus als intraluminale, echoreiche Struktur dar, betroffene Darmwände sind verdickt, das mesenteriale Fettgewebe ist infiltriert, und es findet sich freie intraperitoneale Flüssigkeit. Der portomesenteriale Blutfluss ist reduziert oder aufgehoben. Die kontrastmittelgestützte Sonographie ist der FKDS in Bezug auf die Detektion von Thromben überlegen (Rossi et al. 2006). Die in der portalvenösen Phase durchgeführte CT zeigt ödematös verdickte Darmwände, die eine verstärkte Kontrastmittelanreicherung der inneren und äußeren Schichten aufweisen können (Abb. 3.37 a). Das mesenteriale Fettgewebe ist deutlich häufiger als bei den arteriookklusiven Formen infiltriert („wet ischemia“). In Zusammenhang mit der verdickten Darmwand und einem Thrombusnachweis in der V. mesenterica superior gilt freie intraperitoneale Flüssigkeit als Zeichen der fortgeschrittenen Darmischämie und sollte ein chirurgisches Vorgehen favorisieren (Bradbury et al. 2002). Portomesenteriale Thromben können direkt als scharf begrenzte intra-
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
a
b
schlängelt verlaufende Umgehungskreisläufe identifiziert werden (Abb. 3.37 b). In Bezug auf die Detektion von Thromben in der V. mesenterica superior erreicht die kontrastmittelgestützte MRA mit T1-gewichteten 3D-Sequenzen bei einer Spezifität von 100% eine höhere Sensitivität im Vergleich zur DSA (Kreft et al. 2000). Thromben stellen sich in den Quellschichten und MIP als intraluminale Kontrastmitteldefekte oder Abbruch der Kontrastierung dar. Die MRA sollte durch axiale T1-gewichtete Sequenzen mit Fettunterdrückung ergänzt werden, um Veränderungen der Darmwand und die Infiltration des mesenterialen Fettgewebes darstellen zu können (Abb. 3.37 c). Nach Sondierung der A. mesenterica superior und Kontrastmittelinjektion stellen sich mesenteriale Thromben in der venösen Phase der DSA als umspülte Füllungsdefekte portomesenterialer Venen dar. Die zuführenden Arterien können spastisch verengt, die Perfusion der Darmwand reduziert sein, Kollateralen imponieren als varikös erweiterte mesenteriale Venen. Differenzialdiagnose Im Vergleich zu den arteriookklusiven Formen zeigt die Mesenterialvenenthrombose oft eine deutlich ausgeprägtere Infiltration des perienteralen Fettgewebes und verdickt imponierende Dünndarmwände. Der direkte Thrombusnachweis in portomesenterialen Venen durch CT und MRT erlaubt die Abgrenzung auch gegenüber der nichtokklusiven Darmischämie. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Sowohl die CT als auch die MRT besitzen eine hohe Sensitivität in Bezug auf den Nachweis mesenterialer Thromben. Aufgrund des geringeren Zeitaufwands und der geringeren Anfälligkeit gegenüber Bewegungsartefakten sollte bei fehlenden Kontraindikationen der CT der Vorzug gegeben werden.
c
Abb. 3.37 a–c. Mesenterialvenenthrombose. Verdickte Dünndarmschlingen mit Kokardenzeichen und Infiltration des mesenterialen Fettgewebes. a Axiale MPR, b multiple Thromben in Ästen der V. mesenterica superior, c MRT: T1-Wichtung fs nach KM
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Der klinische Verlauf der Mesenterialvenenthrombose ist deutlich weniger akut als bei arteriookklusiven und nichtokklusiven Mesenterialischämien. Die Diagnose erfolgt mit Schnittbildverfahren wie CT und MRA in Kombination mit axialen Schichten, die Behandlung bei fehlenden Zeichen einer Gangrän interventionell durch Thrombusfragmentation und lokale Lysetherapie. Merke
Chronische Mesenterialischämie luminale Defekte nachgewiesen werden, die von einer ringförmig Kontrastmittel anreichernden Gefäßwand umgeben sind. Üblicherweise sind mehrere mesenteriale Venen betroffen, und es können ge-
Definition
왔 Episodisch auftretende mesenteriale
Ischämie bei Stenosen des Truncus coeliacus und der Mesenterialgefäße, die durch Nahrungsaufnahme provoziert wird.
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die weitaus häufigste Ursache chronisch mesenterialer Ischämien sind arteriosklerotisch bedingte Stenosen des Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior oder inferior. In seltenen Fällen können auch Systemvaskulitiden der großen Gefäße wie die Takayasu-Arteriitis, fibromuskuläre Dysplasie, Dissektion oder eine trunkale Kompression durch das Lig. arcuatum medianum für die Symptomatik verantwortlich sein.
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Das langsame Fortschreiten arteriosklerotischer Veränderungen begünstigt die Ausbildung mesenterialer Kollateralkreisläufe und erklärt, dass die Erkrankung erst bei einer hochgradigen Stenose oder Verschluss von 2 der 3 Hauptgefäße klinisch apparent wird. Merke
Wichtige Kollateralgefäße sind die A. gastro- und pancreaticoduodenalis zwischen Truncus coeliacus und A. mesenterica superior und die Riolan-Anastomose sowie die A. marginalis (Drummond) zwischen A. mesenterica superior und inferior. Ein Verschluss der A. mesenterica inferior kann durch Äste aus der A. iliaca interna kompensiert werden. Die mesenteriale Ischämie wird durch einen Anstieg der intestinalen Perfusion in der postprandialen Phase und den Steal-Effekt der verstärkten Magendurchblutung ausgelöst. Im Vergleich zu den akuten Formen der Mesenterialischämie sind fulminante Verläufe mit Darmwandnekrosen erheblich seltener. Klinische Symptomatik Die Patienten beklagen typischerweise etwa 15– 60 min nach Nahrungsaufnahme einsetzende, intermittierende epigastrische Schmerzen, die über mehrere Stunden anhalten und nach Defäkation sistieren. Die Angst vor der Nahrungsaufnahme führt zu Gewichtsverlust und Kachexie. Mit einem Verhältnis von 3:1 sind Frauen häufiger als Männer betroffen, das Durchschnittsalter liegt bei 60 Jahren. Die chirurgische Behandlung der chronischen Mesenterialischämie besteht in der transaortalen Endarteriektomie des Truncus coeliacus bzw. der A. mesenterica superior oder der Anlage eines aortooder iliakomesenterialen Bypasses. Bei vergleichbarem Primärerfolg ist die Morbidität und Mortalität der interventionellen Therapie niedriger (Silva et al. 2006). In Kenntnis der Kollateralkreisläufe und der technisch einfacheren Durchführung sollte primär eine Revaskularisation der A. mesenterica superior angestrebt werden (Cognet et al. 2002). Die Intervention erfolgt dabei als PTA oder als sofortige Stentimplantation, die sich auch
aufgrund der ostialen Lage der Stenosen anbietet (Sheeran et al. 1999). Üblicherweise werden ballonexpandierbare Stents mit einem Durchmesser von 6–7 mm und einer Länge von 15–18 mm verwendet. Die im Vergleich zur operativen Revaskularisation höhere Restenoserate erfordert wiederholte Interventionen mit Dilatation von In-Stent-Stenosen, und macht eine engmaschige Nachkontrolle unumgänglich (Brown et al. 2005). Radiologische Symptomatik Im B-Bild der Sonographie stellen sich die abgangsnahen Stenosen des Truncus coeliacus oder der A. mesenterica superior als das Lumen einengende Plaques mit poststenotischer Dilatation dar. Die FKDS zeigt Turbulenzen, eine Strömungsbeschleunigung oder einen vollständig aufgehobenen Fluss. Bei einer systolischen Flussbeschleunigung im Truncus coeliacus auf >200 cm/s, in der A. mesenterica superior auf >300 cm/s oder einer enddiastolischen Flussgeschwindigkeit von >45 cm/s liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine hämodynamisch relevante Stenose vor (Zwolak et al. 1998; vgl. Tabelle 3.1). Die CTA zeigt kalkhaltige, arteriosklerotische Plaques und Stenosen des Truncus coeliacus sowie der Mesenterialarterien, die in der sagittalen Rekonstruktion am besten dargestellt werden können (Abb. 3.38). Eine ergänzende Untersuchung in der portalvenösen Phase erlaubt die Visualisierung intestinaler Wandveränderungen und den Ausschluss von Differenzialdiagnosen der chronischen Mesenterialischämie. Im Vergleich zur DSA erreicht die MRA eine vergleichbare Qualität in der Darstellung proximal liegender Gefäßveränderungen (Abb. 3.39) und bietet sich insbesondere bei Patienten an, die eine allergische Disposition aufweisen (Ernst et al. 2000).
Abb. 3.38. Ausgeprägte arteriosklerotische Wandveränderungen der A. mesenterica superior
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
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Die chronische Mesenterialischämie äußert sich als postprandiale Angina abdominalis und kann durch FKDS, CTA und MRA sicher diagnostiziert werden. Angesichts der älteren und multimorbiden Patienten stehen heute interventionelle Maßnahmen wie die Stenimplantation der A. mesenterica superior im Vordergrund der Behandlung. Merke
3.4.3.2 Fibromuskuläre Dysplasie Definition
왔 Nichtarteriosklerotische, nichtentzünd-
liche Arteriopathie vorwiegend der mittleren bis kleinen Arterien mit fibrotischer segmentaler Wandverdickung.
Abb. 3.39. Abgangsnahe Einengung der A. mesenterica superior bei chronischer Mesenterialischämie
Angesicht der proximal liegenden Gefäßveränderungen, die in Schnittbildverfahren gut erkannt werden können, ist die Durchführung einer diagnostischen DSA nicht notwendig. Hier würden sich zirkuläre, abgangsnahe Einengungen mit poststenotischer Dilatation und Kollateralkreisläufen darstellen. Differenzialdiagnose Die akuten Formen der Mesenterialischämie präsentieren eine andere Klinik und zeigen begleitende Veränderungen der Darmwand, ein mesenteriales Ödem und ggf. freie intraperitoneale Flüssigkeit. Malignome wie etwa ein Pankreaskarzinom als Ursache der postprandialen Schmerzen und der Gewichtsabnahme können durch eine ergänzende Untersuchung in der parenchym- oder portalvenösen Phase der CT und MRT ausgeschlossen werden. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Als nichtinvasives Verfahren ohne Risiko von Kontrastmittelreaktionen sollte bei Verdacht auf das Vorliegen einer chronischen Mesenterialischämie zunächst eine FKDS des Truncus coeliacus und der Mesenterialarterien angestrebt werden. Die Sicherung der Diagnose erfolgt in der CTA und MRA, die Durchführung einer DSA ist nur im Rahmen interventioneller Maßnahmen notwendig.
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Ätiologie der fibromuskulären Dysplasie ist unklar. Neben genetischen und humoralen Faktoren werden auch mechanische Ursachen diskutiert, die zu einer pathologischen fibroproliferativen Reaktion der Gefäßwand mit Ablagerung von Kollagen oder einer Hyperplasie der glatten Muskulatur führen. In Abhängigkeit vom Befallsort werden unterschiedliche Formen der fibromuskulären Dysplasie unterschieden, wovon die mediale Fibroplasie mit >80% am häufigsten vorkommt. Sie zeichnet sich histopathologisch durch alternierend verdickt bzw. ausgedünnt imponierende Mediaanteile aus, die durch aneurysmatische Aufweitungen das typische, perlschnurartige Bild in der Gefäßdarstellung ergeben. Klinische Symptomatik Von der fibromuskulären Dysplasie sind doppelt so häufig Frauen wie Männer betroffen. Das Manifestationsalter liegt in der Regel unter 50 Jahren (Mettinger u. Ericson 1982). Mit etwa 70% ist die Nierenarterie am häufigsten involviert, höhergradige Stenosen können eine renovaskuläre Hypertonie auslösen. Der zweithäufigste Manifestationsort ist mit 25–30% die A. carotis. Die extrakraniellen Stenosen sind oft mit intrakraniellen Aneurysmen assoziiert, sodass die Patienten durch subarachnoidale Blutungen symptomatisch werden können. Bei etwas weniger als 1/3 der Patienten mit fibromuskulärer Dysplasie ist mehr als eine Gefäßregion betroffen. Der Befall der A. mesenterica superior und des Truncus coeliacus ist mit etwa 2% selten, kann jedoch zu mesenterialen Ischämien mit letalem Ausgang führen (Horie et al. 2002). Symptomatische Stenosen werden interventionell durch Ballondilatation, ggf. in Kombination mit Stentimplantation behandelt, Aneurysmen werden gecoilt oder embolisiert. Alternative chirurgische Verfah-
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
ren sind die Resektion mit End-zu-End-Anastomose oder Reimplantation des Gefäßes, Patchplastik oder autologe Venentransplantation. Radiologische Symptomatik Die intestinale Manifestation der fibromuskulären Dysplasie betrifft vor allem die A. mesenterica superior und den Truncus coeliacus. Bei der Gefäßdarstellung werden in den mittleren bis distalen Gefäßabschnitten wechselweise glatt begrenzte Stenosen und aneurysmatische Aufweitungen beobachtet („string of beads“). Angiographisch sind die perlschnurartigen Veränderungen nicht so typisch ausgeprägt wie an den Nierenarterien oder der A. carotis, die Stenosen imponieren eher unregelmäßig und die Aneurysmen sackförmig. Daneben werden Dissektionen beobachtet, die eine Intervention notwendig machen. Da die Läsionen nicht im proximalen Gefäßabschnitt liegen müssen, können sie der Bildgebung in der FKDS entgehen. CTA und MRA sind geeignete Verfahren, um die Schwankungen des Gefäßlumens darzustellen. Aufgrund der hohen räumlichen Auflösung und der Möglichkeit zur Intervention ist die DSA jedoch in der Bildgebung vorzuziehen. Differenzialdiagnose Die wichtigste Differenzialdiagnose stellt die Arteriosklerose dar – hier handelt es sich jedoch um ein älteres Patientenkollektiv mit sichtbaren Kalkablagerungen in der Gefäßwand. Beide Erkrankungen können aber auch gleichzeitig vorliegen. Angesichts der perlschnurartigen Veränderungen, die auch bei der Polyarteriitis nodosa, der rheumatoiden Vaskulitis, der Lupus-erythematodes-Vaskulitis und dem Churg-Strauss-Syndrom beobachtet werden, sollte eine Vaskulitis der mittleren und kleinen Gefäße als Differenzialdiagnose ausgeschlossen werden. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie MRA und CTA sind konkurrierende Verfahren, um die Wandveränderungen der fibromuskulären Dysplasie darzustellen. Die DSA wird zur Darstellung peripher liegender Veränderungen und zur Planung vor operativer Therapie oder im Rahmen interventioneller Maßnahmen eingesetzt.
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Die fibromuskuläre Dysplasie befällt vorwiegend die Nierenarterien und die Karotiden, kann in seltenen Fällen jedoch zu perlschnurartigen Stenosen an den Mesenterialgefäßen und des Truncus coeliacus und zu Ischämien insbesondere im Versorgungsgebiet der A. mesenterica superior führen. Merke
3.4.3.3 Dissektion der Mesenterialarterien Definition
왔 Intimaeinriss mit Einblutung in die
Media, Delamination der Gefäßwand und Ausbildung einer Stenose oder eines Pseudoaneurysmas. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Der Einriss der Intima führt zu einem Bluteinstrom in die Media mit Ausbildung eines Wandhämatoms und exzentrischer Einengung des Lumens unter Abhebung der Intima. Als Folge kann eine mesenteriale Ischämie mit Nekrosen von Darmabschnitten und hoher Letalität oder eine aneurysmatische Gefäßaufweitung mit Blutung auftreten. Häufigste Ursache sind fortgeleitete Dissektionen aus der Aorta oder Traumen. Spontane Dissektionen sind selten, aber mehrfach beschrieben. Sie können idiopathisch oder etwa im Rahmen einer fibromuskulären Dysplasie sowie einer zystischen Medianekrose auftreten. Neben der A. mesenterica superior kann auch der Truncus coeliacus betroffen sein. Klinische Symptomatik Die Dissektion der A. mesenterica superior oder des Truncus coeliacus äußert sich in akut einsetzenden abdominellen Schmerzen, die auf die Dissektion selbst oder auf die induzierte mesenteriale Ischämie zurückgeführt werden. Spontane Dissektionen der A. mesenterica superior bevorzugen in etwa 80% das männliche Geschlecht und treten in einem Alter von 41–71 Jahren auf (Miyamoto et al. 2005). Asymptomatische Dissektionen können unter konservativer Therapie mit Antikoagulanzien engmaschig kontrolliert werden. Operativ werden unterschiedliche Verfahren angewandt: Neben der Thrombektomie und Arteriotomie kann eine Refixation der Intima, eine Resektion des befallenen Segments oder eine Bypassimplantation durchgeführt werden. Die perkutane Stentimplantation wird zunehmend als sichere und effektive Alternative zu den operativen Verfahren durchgeführt (Froment et al. 2004). Radiologische Symptomatik Dissektionen der A. mesenterica superior treten am häufigsten nahe des Gefäßabgangs aus der Aorta auf und eignen sich daher für die dopplersonographische Diagnostik. Hier zeigt sich eine aneurysmatische Aufweitung des Gefäßes mit einer echoreichen intraluminalen Bandstruktur als Ausdruck der Dissektionsmembran. Die FKDS kann die unterschiedlichen Flussgeschwindigkeiten oder -richtungen im wahren und falschen Lumen nachweisen (Wadhwani et al. 2001).
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
In der CTA imponiert die Dissektion als erweiterter Gefäßabschnitt mit Dichteanhebung des umgebenden Fettgewebes und exzentrischer Lumeneinengung mit Nachweis eines intramuralen Hämatoms oder des Intimalappens (Suzuki et al. 2004). Native, fettgesättigte T1-gewichtete Sequenzen können in der subakuten Phase das Wandhämatom in der MRT zeigen. Die MRA eignet sich zur Darstellung der hypointensen Dissektionsmembran. Angiographisch zeigt sich eine langsam nach distal zunehmende Gefäßeinengung mit Dissektionsmembran und möglicherweise einem Wiedereintritt des Kontrastmittels in das wahre Lumen. Ein Vorteil der DSA ist die höhere räumliche Auflösung mit Darstellung des Bezugs zu Seitenästen, Das Wandhämatom entgeht der direkten Darstellung. Differenzialdiagnose Bei fehlender Darstellung der Dissektionsmembran kann die Dissektion in den Schnittbildverfahren wie eine arterielle Embolie oder Thrombose imponieren. Wandveränderungen auch in anderen Gefäßregionen können wichtige Hinweise für das Vorliegen einer Arteriosklerose sein. Bei zweifelhaften Befunden sollte die Dissektion angiographisch dargestellt werden. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die FKDS wird als primäre bildgebende Methode eingesetzt und bei negativem Befund durch die CTA oder MRA ergänzt, die sich beide zur Darstellung eines Wandhämatoms und der Dissektionsmembran eignen. Bei zweifelhaften Befunden und zur Planung der Therapie wird die DSA eingesetzt.
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Dissektionen der A. mesenterica superior und des Truncus coeliacus können spontan auftreten und stellen eine wichtige Differenzialdiagnose in der Ursachenabklärung der Mesenterialischämie dar. Merke
3.4.3.4 Traumatische mesenteriale Blutung Definition
왔 Intraperitoneale, intramurale oder in-
traluminale Blutung als Folge eines stumpfen oder penetrierenden abdominellen Traumas. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen In Europa ist das stumpfe Bauchtrauma 8- bis 10-mal häufiger als penetrierende Verletzungen. Bei Kindern und Jugendlichen stehen Gurt- und Fahrradlenkerverletzungen, bei Erwachsenen vor allem Hochrasanztraumen, insbesondere bei Motorradunfällen
oder bei Arbeitsunfällen mit Einklemmungen im Vordergrund. Etwa 5% der Patienten mit stumpfem Bauchtrauma weisen laparoskopisch Verletzungen des Dünn- und Dickdarms oder des Mesenteriums auf, Ursachen sind Dezelerationen oder direkte stumpfe Gewalteinwirkung (Rizzo et al. 1989). Am häufigsten sind die fixierten Darmabschnitte wie das proximale Jejunum, das Duodenum, das Zökum und das aszendierende Kolon betroffen. Klinische Symptomatik Die Patienten beklagen abdominelle Schmerzen und Abwehrspannung als Ausdruck der peritonealen Reizung. Ein zunehmender Bauchumfang ist Zeichen einer massiven, intraabdominellen Einblutung und geht mit einem hämorrhagischen Schock und Bewusstseinseintrübung einher. Die möglichst frühe Diagnosestellung ist zur Einleitung einer adäquaten Therapie und Vermeidung von Komplikationen entscheidend, eine verzögerte Behandlung geht mit einer deutlich erhöhten Mortalität einher. Radiologische Symptomatik Sonographisch kann die traumatische mesenteriale Blutung durch echofreie Flüssigkeitsansammlungen in den Pouches und zwischen Darmschlingen nachgewiesen werden. Das mesenteriale Hämatom imponiert im Ultraschall als echoreiches Areal im Verlauf der Mesenterialwurzel. Intramurale Hämatome stellen sich als eine echoreiche Verdickung der Darmwand dar, die im Powerdoppler ein reduziertes Signal als Ausdruck der verminderten Perfusion aufweisen (Frisoli et al. 2000). Kleinere Einblutungen mesenterialer Gefäße äußern sich in der CT als streifige Infiltration des umgebenden Fettgewebes und umschriebene Flüssigkeitsansammlungen zwischen Darmschlingen oder der Mesenterialwurzel. Bei ausgedehnten Mengen freier Flüssigkeit im Sinne eines Hämatoperitoneums liegt die Dichte zwischen 35 und 50 HE. Mesenteriale Hämatome sind die häufigsten Zeichen einer Blutung, sie imponieren als umschriebene Dichteanhebungen entlang des Gefäßverlaufs mit Werten von 60–100 HE und erfordern nicht zwingend eine chirurgische Intervention (Abb. 3.40 a, b). Zirkuläre Wandverdickungen >3 mm mit oder ohne Kontrastmittelanreicherung können Zeichen eines intramuralen Hämatoms, einer vaskulären Affektion oder einer entzündlichen Reaktion sein. Im Zusammenhang mit perifokalen Flüssigkeitsansammlungen oder einem mesenterialen Hämatom liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Perforation oder Gefäßverletzung vor, die eine chirurgische Exploration notwendig macht (Dowe et al. 1997). Die arterielle Gefäßverletzung imponiert in der CT als umschriebene oder schlierenförmige Dichte-
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
a
b
Abb. 3.40 a, b. Mesenteriales Hämatom nach stumpfem Bauchtrauma mit aktiver Blutung (Pfeil). a Axiale, b koronare MPR
Tabelle 3.4. CT-Befunde bei traumatischer Mesenterialblutung Befund
Bemerkungen
Prozedere
Freie Flüssigkeit
Serös <35 HE, Blut 35–50 HE
In Abhängigkeit von Klinik
Mesenteriale Infiltration
–
Kontroll-CT
Mesenteriale Flüssigkeit
–
Kontroll-CT
Mesenteriales Hämatom
Dichte 60–100 HE
Kontroll-CT
Verdickung der Darmwand
>3 mm bei ausreichender Distension
Kontroll-CT
Aktive Blutung
Dichte >91 HE
DSA, Laparatomie
Verdickte Darmwand + mesenteriale Flüssigkeit und/oder Hämatom
Dringender Verdacht auf Perforation
Laparatomie
anhebung mit isodensen Werten im Vergleich zu benachbarten arteriellen Gefäßen und ist von einem Hämatom oder von nichtkontrastiertem Blut umgeben (Abb. 3.41 a). Die Rate arterieller Blutungen ist beim mesenterialen Trauma höher als bei jeder anderen Verletzung im Bauchraum und erfordert die sofortige Intervention (Yao et al. 2002). Die DSA weist die mesenteriale Blutung als Kontrastmittelextravasat in die Bauchhöhle oder intraluminal in Dünn- und Dickdarmschlingen nach (Abb. 3.41 b). Da die Höhenlokalisation bereits in der CT erfolgt ist, wird die Untersuchung selektiv durchgeführt, um im Anschluss an die Darstellung die Intervention planen zu können. Differenzialdiagnose Unter Berücksichtigung der Unfallanamnese mit adäquatem Trauma ergeben sich bei Nachweis freier abdomineller Flüssigkeit mit erhöhter Dichte, eines mesenterialen Hämatoms oder eines aktiven Kontrastmittelaustritts keine differenzialdiagnostischen Schwierigkeiten. Wandverdickte Dünn- und Dick-
darmschlingen mit verstärktem Kontrastmittelenhancement können auch Folge eines reversiblen Schockdarms bei Kreislaufversagen oder einer mesenterialen Ischämie sein. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die Ultraschalluntersuchung im Schockraum dient zum Nachweis freier intraabdomineller Flüssigkeit. Der kreislaufstabile Patient wird danach ohne vorherige orale Kontrastmittelgabe in der CT nach intravenöser Kontrastmittelapplikation untersucht. Aktive arterielle Blutungen, Perforationen der Hohlorgane und Wandverdickungen von Darmschlingen mit umgebender Flüssigkeit oder benachbartem mesenterialem Hämatom erfordern eine DSA mit Intervention oder chirurgischer Exploration (Tabelle 3.4). Bei einem isolierten mesenterialen Hämatom, einer Wandverdickung oder einer Infiltration des mesenterialen Fettgewebes kann eine engmaschige klinische Überwachung und eine Kontroll-CT nach einem Intervall von 6–12 Stunden erfolgen (Stuhlfaut et al. 2004).
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die untere gastrointestinale Blutung tritt wesentlich seltener auf als Blutungen oberhalb des Treitz-Bandes auf und betrifft in bis zu 70% der Fälle den Kolonrahmen und das Rektum. Während bei jungen Patienten vorwiegend chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Meckel-Divertikel im Vordergrund stehen, stellen Divertikelblutungen bei älteren Patienten die Hauptursache dar. Trotz des deutlich häufigeren Auftretens von Divertikeln im linken Hemikolon ist die Blutung häufiger im proximalen Kolon und Zökum anzutreffen. Die Blutungen sistieren in etwa 90% der Fälle spontan, neigen jedoch zu Rezidiven (Zuckerman et al. 1993). Angiodysplasien stehen bei älteren Patienten an zweiter Stelle der Ursachen für eine untere gastrointestinale Blutung. Sie stellen submuköse arteriovenöse Malformationen mit dilatierten Gefäßen unter ausgedünnter Mukosa dar und sind am häufigsten im Zökum und Colon ascendens anzutreffen. Etwa 10% der Angiodysplasien bluten episodisch, 90% terminieren spontan, bei bis zu 50% zeigen die Blutungen jedoch innerhalb von 3 Jahren Rezidive (Foutch 1997). Weitere Ursachen gastrointestinaler Blutungen sind neben anorektalen Erkrankungen wie Hämorrhoiden oder Analfissuren Polypen und Malignome.
a
b
Abb. 3.41 a, b. Traumatische intraluminale Blutung in Dünndarmschlingen (Pfeil) nach stumpfem Bauchtrauma. a Schräg axiale VRT, b selektive DSA vor Intervention
!
Traumatische mesenteriale Blutungen sind selten, bei verzögerter Diagnosestellung und Therapie jedoch mit hoher Letalität verbunden. Die CT nach Kontrastmittelinjektion ist die Modalität der Wahl, um Verletzungen des Mesenteriums, des Dünn- und Dickdarms zu erkennen und einer adäquaten Therapie zuzuführen. Merke
3.4.3.5 Untere gastrointestinale Blutung Definition
왔 Akute oder chronische intestinale
Blutung distal des Treitz-Bandes in Darmstrukturen von der Flexura duodenojejunalis bis zum Rektum.
Klinische Symptomatik Die untere gastrointestinale Blutung betrifft vor allem ältere Menschen. Risikofaktoren sind die Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika und Antikoagulanzien. Das Spektrum der Symptome reicht von Schwächegefühl und Müdigkeit aufgrund des erniedrigten Hämatokrits bei okkulten Blutungen bis zum hämorrhagischen Schock mit Absetzen massiver Blutstühle (Hämatochezie). Teerstühle weisen auf eine Blutung hin, die proximal der rechten Kolonflexur liegt, und erfordern die gastroskopische Abklärung. In 11% der Fälle ist eine obere gastrointestinale Blutung Ursache des peranalen Blutabgangs (Jensen u. Machicado 1988). Die Behandlung der unteren gastrointestinalen Blutung erfolgt in Abhängigkeit von Klinik, Ursache und Lokalisation endoskopisch (Thermo-, Elektround Laserkoagulation, Sklerosierung, Bandligatur, Clips), interventionell (Vasopressin, Embolisation) oder chirurgisch. Die Mortalität liegt bei <5% (Zuckerman u. Prakash 1999). Radiologische Symptomatik In der nativen CT kann sich ein intraluminales Hämatom als globuläre Dichteanhebung („sentinel clot“) mit Werten von >60 HE darstellen (Orwig u. Federle 1989). Die kontrastmittelgestützte CT wird in
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
a
Abb. 3.42 a–c. Aktive Einblutung in die rechte Kolonflexur (Pfeil). a axiale MPR, b, c selektive DSA vor Intervention
b
c
der arteriellen Phase durchgeführt und zeigt einen jetförmigen, linearen, wirbelartigen oder ovalären Kontrastmittelaustritt (Tew et al. 2004; Abb. 3.42 a). Durch Dichtemessungen kann zwischen Hämatom und Kontrastmittel unterschieden werden: Während koaguliertes Blut Werte zwischen 28–82 HE aufweist, erreicht das Extravasat Werte von 91 bis >274 HE (Willmann et al. 2002). Bei der akuten massiven gastrointestinalen Blutung (>4 Bluttransfusionen, systemischer Blutdruck <90 mmHg) besitzt die arterielle CT eine Sensitivität von 91% und eine Spezifität von 99% (Yoon et al. 2006). Die CTA nach Positionierung eines Pigtail-Katheters in die abdominelle Aorta oder selektiver Sondierung der A. mesenterica superior kann angiographisch okkulte Blutungen nachweisen (Ettore et al. 1997; Schürmann et al. 2002). Falls keine vorherige Höhenlokalisation erfolgt ist, wird angiographisch zunächst die A. mesenterica inferior, dann die A. mesenterica superior und der Truncus coeliacus dargestellt. Bei vollständig erfasstem Stromgebiet und ausreichender Aufnahmedauer können Blutungen ab 0,5–1,0 ml/min erkannt werden. Kontrastmittelextravasate persistieren über die venöse Phase und zeigen ein Negativbild des Schleimhautreliefs (Abb. 3.42 b, c).
Nuklearmedizinisch werden 99mTc-markierte rote Blutkörperchen oder Schwefelkolloide eingesetzt, die gastrointestinale Blutungen ab einer Rate von 0,1–0,2 ml/min nachweisen können. Die aktive Blutung stellt sich hier als intraluminales, in Aktivität über die Zeit hin zunehmendes Signal dar, das sich mit der Peristaltik nach distal bewegt (Holder 2000). Differenzialdiagnose Nachgewiesene Kontrastmittelextravasate ergeben keine differenzialdiagnostischen Schwierigkeiten. Die angiographische Darstellung vaskulärer Malformationen wie etwa einer Angiodysplasie ist nicht als sicherer Nachweis einer Blutungsquelle zu interpretieren, da diese auch bei 0,8–1% der Patienten über 60 Jahre ohne gastrointestinale Blutung diagnostiziert werden kann (Lewis 2000). Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Hämodynamisch instabile Patienten mit unterer gastrointestinaler Blutung werden angiographiert, interventionell behandelt oder der chirurgischen Therapie zugeführt. Nach erfolgloser endoskopischer Abklärung erfolgt bei stabilen Patienten eine nuklearmedizinische Untersuchung oder eine CT nativ und arteriell ohne vorherige orale Kontrastmittelapplikation.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
!
Häufigste Ursache der unteren gastrointestinalen Blutung sind Divertikel. Bei jüngeren Patienten werden auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, bei älteren Angiodysplasien beobachtet. Im Vordergrund der Diagnostik steht die endoskopische Abklärung. Nuklearmedizinische Verfahren besitzen eine hohe Sensitivität, die Angiographie die Möglichkeit zur Intervention. Bei der akuten massiven gastrointestinalen Blutung besitzt die CT in der arteriellen Phase die gleiche Wertigkeit wie die DSA. Merke
3.4.3.6 Vaskulitiden Definition
왔 Vaskulitiden sind eine heterogene
Gruppe von Erkrankungen, die durch eine entzündliche Infiltration der Gefäßwand gekennzeichnet sind und deren Ätiologie nicht vollständig geklärt ist. Die Manifestation kann das gesamte Gefäßsystem von der Aorta bis zu den Venen umfassen. Die Klassifikation erfolgt nach dem Durchmesser der befallenen Arterien. Im Vergleich zur Arteriosklerose sind Vaskulitiden selten auftretende Erkrankungen, die jedoch insbesondere bei jüngeren Patienten mit Allgemeinsymptomen wie Fieber oder atypischer Lokalisation der Wandveränderungen als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden müssen.
!
Atypisch lokalisierte Stenosen der Mesenterialgefäße bei Patienten mit Allgemeinsymptomen können durch eine Vaskulitis verursacht sein. Merke
Im Gastrointestinaltrakt können sich die Erkrankungen durch eine Ischämie, Wandödem, Stenosen, Strikturen oder Blutungen klinisch manifestieren. Bei der vaskulären Bildgebung wird am häufigsten eine Verdickung der Gefäßwand mit konsekutiver Einengung des Lumens und die Ausbildung von Stenosen beobachtet. Die Störung der Zellwandintegrität durch das entzündliche Infiltrat führt seltener zu aneurysmatischen Aufweitungen und Blutungen. Die Erkrankung ist nicht allein auf das Gefäß beschränkt, eine wandüberschreitende Infiltration und Granulombildung kann das benachbarte Parenchym schädigen. Pathogenetisch kommt dem Immunsystem eine besondere Bedeutung zu: Die entzündliche Infiltration der Gefäßwand wird auf pathologische Im-
Tabelle 3.5. Einteilung der systemischen Vaskulitiden. (Nach Jennette u. Falk 1997) Primäre Vaskulitiden Große Gefäße Riesenzellarteriitis Takayasu-Arteriitis Mittelgroße Gefäße Polyarteriitis nodosa Kawasaki-Syndrom Zerebrale Vaskulitis Kleine Gefäße ANCA-assoziiert Mikroskopische Polyangiitis Wegener-Granulomatose Churg-Strauss-Syndrom Drogeninduzierte ANCA-Vaskulitis Immunkomplex-assoziiert Purpura Henoch-Schönlein Kryoglobulinämische Vaskulitis Lupus-erythematodes-Vaskulitis Rheumatoide Vaskulitis Sjögren-Syndrom-Vaskulitis Urtikariavaskulitis Behçet-Syndrom Goodpasture-Syndrom Serumkrankheit Drogeninduzierte Immunkomplexvaskulitis Parainfektiöse Vaskulitis Paraneoplastische Vaskulitis Vaskulitis bei entzündlichen Darmerkrankungen
munkomplexbildungen und -ablagerungen, auf eine überschießende Antwort von T-Lymphozyten mit Granulombildung oder auf die Synthese von AntiNeutrophilen-Zytoplasma-Antikörpern (ANCA) zurückgeführt (Sneller u. Fauci 1997). Vaskulitiden können, wie oben beschrieben, primär Folge immunpathogener Vorgänge sein oder sekundär im Rahmen einer Grunderkrankung, etwa aus dem rheumatischen oder onkologischen Formenkreis bzw. einer Infektion, auftreten. Ihre Klassifikation beruht nach der „Chapel Hill Consensus Conference“ (Jennette et al. 1994) auf der Größe der hauptsächlich betroffenen Gefäßabschnitte, wobei zwischen Vaskulitiden der großen, mittleren und kleinen Gefäße unterschieden wird (Tabelle 3.5). Als große Gefäße gilt die Aorta mit ihren Ästen, die mittelgroßen Gefäße umfassen die Viszeralarterien mit ihren Aufzweigungen und unter den kleinen Gefäßen werden Arteriolen, Kapillaren und Venolen subsumiert. Neben den in Tabelle 3.5 klassifizierten Vaskulitiden wird im Folgenden auch die Thrombangiitis obliterans abgehandelt, die eine nichtarteriosklerotische, nichtsystemische entzündliche Gefäßerkrankung darstellt.
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis) Definition
왔 Arteriitis unklarer Ätiologie der gro-
ßen und mittleren Gefäße mit histologischem Nachweis von Riesenzellen in der Gefäßwand. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Riesenzellarteriitis ist die häufigste systemische Vaskulitis des Erwachsenen.Als Entzündung der großen und mittelgroßen Arterien befällt sie vorwiegend Äste der A. carotis, insbesondere die A. temporalis. Neben alternierenden Segmenten mit Lumeneinengungen werden dilatierte Wandabschnitte beobachtet. Thorakale, seltener auch abdominelle Aneurysmen treten im Vergleich zu altersentsprechenden Kollektiven häufiger auf. Pathogenetisch wird eine Immunreaktion unter Beteiligung von Zytokinen und T-Lymphozyten vermutet. Histologisch zeichnet sich die Arteriitis durch mononukleäre Zellinfiltrate und Nachweis mehrkerniger Riesenzellen aus, die Lamina elastica interna ist fragmentiert. In etwa 40–60% der Fälle ist die Riesenzellarteriitis mit der Polymyalgia rheumatica assoziiert, eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, die sich durch morgendlich auftretende Schmerzen im Schultergürtel und den unteren Extremitäten äußert. Klinische Symptomatik Betroffen sind vorwiegend weibliche Patientinnen im Alter von über 50 Jahren, die neben Fieber und Anämie eine stark beschleunigte Blutkörperchensenkungsgeschwindgkeit (BSG) aufweisen. Der bei 2/3 der Patienten beobachtete Befall der Temporalarterien, die schmerzhaft verdickt und geschlängelt imponieren, verursacht Zephalgien. Die Augenbeteiligung als Folge einer ischämischen Optikusneuritis kann eine Visusbeeinträchtigung bis zur Erblindung zur Folge haben. Die Riesenzellarteriitis befällt zwar bevorzugt Äste der A. carotis, die Erkrankung kann jedoch alle Körperregionen betreffen: Stenosen des Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior oder inferior können mesenteriale Ischämien zur Folge haben (Evans et al. 2005). Die Erkrankung spricht gut auf eine Therapie mit Glukokortikoiden an. Die Behandlung ist oft langwierig und muss über mehrere Monate bis Jahre fortgesetzt werden. Radiologische Symptomatik Die Riesenzellarteriitis zeigt segmentale Lumeneinengungen bis zu Stenosen mit alternierend auftretenden Gefäßerweiterungen. Thorakale Aneurysmen
werden 17-mal, abdominelle Aneurysmen doppelt so häufig wie bei altersentsprechenden Kontrollen beobachtet. Sonographisch imponieren die entzündliche Wandverdickung und das Ödem der Gefäßwand als typischer echoarmer Halo um das Lumen. Dieser lässt sich insbesondere an der A. carotis und der A. temporalis gut abgrenzen (Schmidt u. GromnicaIhle 2005). Sowohl die CT als auch die MRT können neben Lumenschwankungen und Aneurysmen auch die entzündliche Infiltration der Gefäßwand nachweisen (Stanson 2000). Vorteil der MRT ist die bessere Darstellung der Wandverdickung und eine Kontrastmittelanreicherung der Gefäßwand in fettgesättigten T1-gewichteten Sequenzen nach Gabe von Gadolinium. Vor Kontrastmittelapplikation können fettgesättigte T2-gewichtete oder STIR-Sequenzen zum Nachweis eines Wandödems eingesetzt werden (Atalay u. Bluemke 2001). Aufgrund der fehlenden Wanddarstellung steht die DSA nicht im Vordergrund der Diagnostik, auch damit können jedoch die Lumenschwankungen, Stenosen und Aneurysmen nachgewiesen werden. Differenzialdiagnose Die Takayasu-Arteriitis tritt eher bei jüngeren, weiblichen Patienten auf, andere Vaskulitiden befallen vorwiegend mittlere bis kleinere Arterien. Arteriosklerotische Wandveränderungen können ein ähnliches Befallsmuster aufweisen, zeigen jedoch ein anderes klinisches Bild und Risikoprofil. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Angesichts häufig auftretender Zephalgien und einer schmerzhaft verdickten A. temporalis wird die Verdachtsdiagnose klinisch gestellt. Laborchemische Veränderungen wie eine beschleunigte BSG und Anämie sind entscheidende Hinweise für eine Riesenzellarteriitis. Segmentale Stenosen und die ödematöse Wandverdickung lassen sich am besten mit der FKDS nachweisen. Die MRT besitzt gegenüber der CT Vorteile in der besseren Darstellung der Wandveränderungen.
!
Die Riesenzellarteriitis zeigt einen bevorzugten Befall von Ästen der A. carotis, insbesondere der A. temporalis. Typische klinische Zeichen sind Zephalgien und druckempfindlich verdickte Gefäße. Als Systemarteriitis können alle Gefäßprovinzen einschließlich der Mesenterialgefäße betroffen sein. Die bildgebende Methode der Wahl zum Nachweis segmentaler Lumenschwankungen und dem Wandödem ist neben der FKDS die MRT. Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch Biopsie der A. temporalis. Merke
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Takayasu-Arteriitis Definition
왔 Granulomatöse Arteriitis der Aorta
und ihrer Hauptäste unklarer Ätiologie, die vorwiegend bei Patientinnen im Alter von unter 50 Jahren auftritt. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Takayasu-Arteriitis zeigt eine Prädilektion des Aortenbogens und seiner Äste, insbesondere der A. subclavia. Die Gefäßabgänge sind dabei stärker betroffen als die weiter peripher liegenden Abschnitte. In 18% der Fälle können auch der Truncus coeliacus und die A. mesenterica superior befallen sein (Kerr et al. 1994). Die Ätiologie der Takayasu-Arteriitis ist unklar, immunpathogene Mechanismen werden vermutet. Es handelt sich um eine granulomatöse Entzündung der großen und mittleren Arterien, die histologisch durch mononukleäre Zellinfiltrate, den Nachweis von Riesenzellen und eine ausgeprägte Intimaproliferation gekennzeichnet ist. Klinische Symptomatik Von der Erkrankung sind vorwiegend jüngere Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren betroffen. Sie tritt in Südostasien etwa 10-mal häufiger als in Europa auf. Neben Allgemeinsymptomen wie Fieber stehen klinisch die Beschwerden der Durchblutungsstörungen im Vordergrund. Bei bis zu 93% der Patienten ist die A. subclavia betroffen. Folgen sind Kältegefühl in den Händen und eine beidseitige Abschwächung bis Aufhebung des Radialispulses („pulseless disease“). Ein Befall der Mesenterialarterien äußert sich in abdominellen Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Die Therapie der Erkrankung erfolgt in der akuten Phase mit Glukokortikoiden. Erhöhte Blutdruckwerte, die Bedeutung für die Entwicklung von Komplikationen besitzen, werden durch Antihypertensiva eingestellt. In Abhängigkeit von Lokalisation und Ausdehnung wird neben der perkutanen Angioplastie auch die chirurgische Bypassanlage zur Behandlung von Stenosen eingesetzt. Interventionen sollten dabei nicht in der akuten Phase der Erkrankung durchgeführt werden. Radiologische Symptomatik Angiographisch zeigt die Takayasu-Arteriitis ein typisches Bild mit glattwandigen, abgangsnahen Stenosen von Ästen des Aortenbogens. Um das Ausmaß der Erkrankung vollständig zu erfassen, sollte die gesamte Aorta dargestellt werden. Während der Truncus coeliacus und die A. mesenterica superior in 18% der Fälle beteiligt sein können, ist eine Stenose der A. mesenterica inferior selten.
Sonographisch kann die Verdickung und Infiltration der Gefäßwand wie bei der Riesenzellarteriitis als echoarmer Halo nachgewiesen werden. Stenosen werden durch die FKDS verifiziert. Zur Detektion der Entzündungsherde kann die 18-FDG-PET als sensitives nuklearmedizinisches Verfahren eingesetzt werden (Love et al. 2005). Als Schnittbildverfahren hat die CT gegenüber der DSA den Vorteil, dass Wandveränderungen und eine mögliche Infiltration des umgebenden Gewebes dargestellt werden können. Nach Gabe von Kontrastmittel imponiert die aktive Erkrankung durch ein ringförmiges Enhancement der Gefäßwand (Angeli et al. 2001). Die bessere Gewebedifferenzierung prädestiniert die MRT zur Diagnose und zur Verlaufsbeurteilung der Takayasu-Arteriitis. Mit der CE-MRA (kontrastverstärkten MRA) können abgangsnahe Stenosen und Verschlüsse sowie Aneurysmen nachgewiesen werden. Native fettgesättigte T2- und fettgesättigte T1-gewichtete Sequenzen nach Gabe von Gadolinium in axialer Schnittführung ermöglichen die Darstellung des Wandödems und Aussagen über die Aktivität der Erkrankung anhand des Kontrastmittelverhaltens (Kissin u. Merkel 2004). Differenzialdiagnose Die Riesenzellarteriitis befällt bevorzugt Äste der A. carotis bei älteren Patientinnen. Die Abgrenzung gegenüber arteriosklerotischen Veränderungen kann schwierig sein. Es liegt jedoch ein unterschiedliches Patientenkollektiv mit Kalkablagerungen in der Gefäßwand vor. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die Verdachtsdiagnose wird aufgrund der abgeschwächten oder fehlenden beidseitigen Radialispulse, der Allgemeinsymptome und der erhöhten Entzündungsparameter gestellt. Zur Darstellung der Wandinfiltration und der Lumenveränderungen ist die MRT die Methode der Wahl. Die CE-MRA sollte durch axiale Sequenzen vor und nach Gabe von Gadolinium ergänzt werden (Tabelle 3.6). Die Aorta muss in ihrem gesamten Verlauf untersucht werden. Die DSA bleibt der präoperativen Planung und Bildgebung im Rahmen interventioneller Maßnahmen vorbehalten.
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Die Takayasu-Arteritiis ist eine vorwiegend bei jüngeren asiatischen Frauen auftretende Erkrankung, die zu abgangsnahen Stenosen des Aortenbogens, insbesondere der A. subclavia führt. Bei klinischem Verdacht erfolgt die Diagnose durch Darstellung des charakteristischen Gefäßbefalls in der MRT, die auch für das Follow-up eingesetzt wird. Auf die bioptische Sicherung muss oft verzichtet werden, da nur selten zugängliches Gewebe zur Verfügung steht. Merke
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen Tabelle 3.6. MRT-Untersuchungsprotokoll bei Vaskulitiden der großen Gefäße. (Nach Nastri et al. 2004) Sequenz
Typische Befunde
T1 fs und T2 nativ
Verdickung der Gefäßwand
T2 fs
Ödem der Gefäßwand als Ausdruck der Aktivität
3D-CE-MRA
Stenosen und Aneurysmen großer Gefäße
T1 fs post KM
Kontrastmittelanreicherung der Gefäßwand als Ausdruck der Aktivität
Thrombangiitis obliterans Definition
왔 Entzündliche thromboembolische Er-
krankung der mittleren bis kleinen Arterien und Venen, die nicht zu den Systemvaskulitiden gezählt wird und mit Nikotinabusus assoziiert ist. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Thrombangiitis obliterans (Morbus WiniwarterBuerger) ist eine nichtarteriosklerotische segmentale entzündliche Gefäßerkrankung, die vorwiegend zu arteriellen Verschlüssen der oberen und unteren Extremität mit sekundärer Thrombosierung führt. Histopathologisch handelt es sich um eine Panangiitis mit Infiltration der Adventitia und Tunica media. Im Gegensatz zur Riesenzellarteriitis und der Takayasu-Arteriitis bleibt die Lamina elastica intakt. Die pathologische Immunkomplexbildung und zelluläre Antwort von T-Lymphozyten wird auf einen Nikotinabusus als Auslöser der Autoimmunreaktion zurückgeführt. Klinische Symptomatik Die Erkrankung tritt fast ausschließlich bei jungen Rauchern auf und manifestiert sich zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr durch Durchblutungsstörungen mit Kältegefühl und Claudicatio an Händen und Füßen. Die Inzidenz beträgt bei Frauen 2%. In Südostasien tritt die Erkrankung deutlich häufiger auf als in Europa. Im Gegensatz zur Arteriosklerose fehlen Diabetes mellitus und Hypercholesterinämie als begleitende Risikofaktoren. In seltenen Fällen können auch die Mesenterialgefäße betroffen sein (Filis u. Bastounis 2004). Der Befall äußert sich durch krampfartige abdominelle Schmerzen, Diarrhö und Gewichtsabnahme. Die Prognose der Erkrankung korreliert eng mit dem Rauchverhalten. Bei Fortführen des Nikotinkonsums treten Ulzerationen an den Extremitäten auf.
Während die Lebenserwartung nicht wesentlich reduziert wird, müssen häufig Amputationen von Fingern und Zehen durchgeführt werden. Radiologische Symptomatik Angiographisch imponiert die Thrombangiitis obliterans durch das Nebeneinander von normalen Gefäßabschnitten vorwiegend der proximalen Bereiche und segmentalen Stenosen sowie Verschlüssen der kleinen Arterien mit korkenzieherartiger Schlängelung der Kollateralen. Die beschriebenen Veränderungen lassen sich auch in der FKDS nachweisen. Die DSA stellt jedoch die Methode der Wahl dar. Angesichts der peripheren Lokalisation und des seltenen Befalls der Mesenterialarterien existieren über den Einsatz von CT und MRT nur wenige Daten. Gemeinsam sind beiden Verfahren die geringere räumliche Auflösung im Vergleich zur DSA. Differenzialdiagnose Arteriosklerotische Wandveränderungen zeigen sich bei jungen Patienten oft nicht in dem Ausmaß, dass fortgeschrittene Symptome von Ischämien auftreten. Die Erkrankung ist auch mit Diabetes mellitus und Hypercholesterinämie als weitere Risikofaktoren vergesellschaftet. Im Gegensatz zur Arteriosklerose treten bei der Thrombangiitis obliterans keine arteriellen Kalkablagerungen auf. Vaskulitiden der mittelgroßen Gefäße zeigen Allgemeinsymptome und erhöhte Entzündungsparameter. Sie können ein ähnliches Befallsmuster aufweisen. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Der vorwiegende Befall von mittleren bis kleinen Arterien prädestiniert den Einsatz der DSA als bildgebendes Verfahren der Wahl. Bei allergischer Vorgeschichte kann auf die MRT als Modalität ausgewichen werden.
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Die Thrombangiitis obliterans tritt fast ausschließlich bei jungen Rauchern auf und zeigt ein charakteristisches angiographisches Bild mit unauffälligen großen bis mittleren Gefäßen bei bilateralen, multiplen Stenosen der Extremitätenarterien und geschlängelt verlaufenden Kollateralen. Der Befall der Mesenterialarterien ist selten. Merke
Polyarteriitis nodosa Definition
왔 Die Polyarteriitis nodosa ist eine
nekrotisierende Vaskulitis der mittleren bis kleinen Gefäße, die vorwiegend renale sowie viszerale Arterien befällt und Mikroaneurysmen als charakteristisches Merkmal aufweist.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Der segmentale, panmurale Befall kleiner viszeraler Arterien mit mukoider Degeneration und fibrinoider Nekrose führt zur Desintegration der Zellwand und Ausbildung multipler, für die Erkrankung charakteristischer Mikroaneurysmen. Als Auslöser der Erkrankung werden Infektionen mit Hepatitis-B- und Zytomegalieviren angesehen, die eine Immunkomplexreaktion initiieren. Histopathologisch stellen sich polymorphkernige Zellinfiltrate in allen Wandschichten und im perivaskulären Bindegewebe dar. Intimaproliferation und fibrinoide Nekrose führen zu einer weiteren Einengung des Lumens. Klinische Symptomatik Die Erkrankung bevorzugt das männliche Geschlecht. Das Durchschnittsalter beträgt 45 Jahre. Bei Patienten mit Hepatitis B wird eine erhöhte Inzidenz beobachtet.Alle Organe des Körpers können beteiligt sein, bevorzugt werden die Niere (80–90%), der Gastrointestinaltrakt (50–70%), die Leber (50–60%) und die Milz (45%). Neben Allgemeinsymptomen wie Fieber und Gewichtsverlust stehen die durch den jeweiligen Organbefall ausgelösten Beschwerden im Vordergrund. Die renale Beteiligung äußert sich in erhöhten Blutdruckwerten und ansteigenden Retentionsparametern, der Befall von Arterien des Gastrointestinaltrakts in abdominellen Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Gastrointestinale Blutungen und Perforationen von Hohlorganen treten in etwa 5%, mesenteriale Infarkte in <2% der Fälle auf. Während die Prognose der unbehandelten Polyarteriitis nodosa mit einer Fünfjahresüberlebensrate von 10–20% schlecht ist, kann sie durch eine Therapie mit Glukokortikoiden, ggf. in Kombination mit Cyclophosphamid, auf 80–90% erhöht werden. Radiologische Symptomatik In der DSA lassen sich multiple, oft perlschnurartig angeordnete Aneurysmen in der Organperipherie nachweisen. Die großen Gefäße sind von den beschriebenen Veränderungen ausgespart. Die Größe der Aneurysmen liegt <10 mm, häufig zwischen 1 und 5 mm (Hagspiel et al. 1999). Im Gastrointestinaltrakt ist vorwiegend der Dünndarm, in absteigender Häufigkeit auch Mediastinum und Dickdarm betroffen (Abb. 3.43 a, b). Die Mikroaneurysmen sind häufig, aber nicht immer anzutreffen. Gefäßunregelmäßigkeiten und Stenosen können die einzigen Zeichen eines abdominellen Befalls darstellen. Gastrointestinale Blutungen als Folge rupturierter Aneurysmen und ischämische Kolitiden mit Darmperforation sind selten, verlaufen aber häufig mit To-
a
b
Abb. 3.43 a, b. Polyarteriitis nodosa, multiple Stenosen und aneurysmatische Gefäßaufweitungen. a MRA, späte Phase, b selektive DSA der A. mesenterica superior
desfolge. CT und MRT können häufig nur größere Aneurysmen und Gefäßveränderungen in fortgeschrittenen Stadien darstellen. Sie dienen vor allem der Visualisierung von Organveränderungen.Als Folge der Ischämie stellen sich die segmental betroffenen Dünn- und Dickdarmanteile dilatiert dar. Die Darmwand ist verdickt und weist ein ringförmiges Kontrastmittelenhancement auf (Target sign), das mesenteriale Ödem im angrenzenden Fettgewebe führt zur Bildung von Aszites.
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Für die Diagnosestellung der Polyarteriitis nodosa ist der Nachweis von Mikroaneurysmen nicht spezifisch und keine Voraussetzung. Die Erkrankung zeigt in der Biopsie Merke
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
charakteristische histologische Befunde. Aufgrund des segmentalen Verteilungsmusters können die befallenen Abschnitte jedoch verfehlt werden. Differenzialdiagnose Als Differenzialdiagnose müssen andere Vaskulitiden beachtet werden, die mittelgroße bis kleine Gefäßabschnitte befallen. Vaskulitiden bei rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, Churg-Strauss-Syndrom und Drogenabusus können ebenfalls Mikroaneurysmen aufweisen, lassen sich jedoch oft durch die Klinik ausschließen. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Der Nachweis von Organveränderungen und Komplikationen erfolgt im Ultraschall oder mit der CT. Die MRT kann insbesondere bei allergischer Disposition eingesetzt werden. Da die Aneurysmen oft nur eine Größe von 1–5 mm aufweisen, sollte eine DSA der Viszeralarterien durchgeführt werden.
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Als nekrotisierende Vaskulitis befällt die Polyarteriitis nodosa neben der Niere in bis zu 2/3 der Fälle Mesenterialgefäße und imponiert angiographisch als multiple, in der Organperipherie liegende Mikroaneurysmen. Komplikation sind selten, können sich jedoch in Blutungen durch Ruptur der Aneurysmen und Darmischämien äußern, die durch CT oder MRT nachgewiesen werden. Merke
Wegener-Granulomatose Definition
왔 Granulomatöse Vaskulitis der kleinen
Gefäße mit bevorzugtem Befall des oberen und unteren Respirationstrakts in Verbindung mit einer Glomerulonephritis. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Ätiologie der Wegener-Granulomatose ist unklar. Immunologische Untersuchungen konnten eine erhöhte Synthese von Interferon-γ, Tumornekrosefaktor-α und Interleukin 12 durch mononukleäre Zellen nachweisen. Der erhöhte Spiegel von c-ANCA wird diagnostisch genutzt. Histologisch zeigt sich eine nekrotisierende Vaskulitis mit Ausbildung von Granulomen, die auch außerhalb der Gefäße nachgewiesen werden können. Männer sind von der Erkrankung doppelt so häufig wie Frauen betroffen. Das mittlere Manifestationsalter liegt bei 40 Jahren. Klinische Symptomatik Initial äußert sich die Erkrankung durch rezidivierend auftretende Erkältungssymptome und Sinusiti-
den. Im weiteren Verlauf entwickeln die Patienten ausgeprägte Befunde mit Schmerzen durch Befall der Kieferhöhlen und setzen blutig-eitriges Nasensekret ab. Während pulmonale Infiltrate (70% der Patienten) oft diagnostisch wegweisend sind, wird die Prognose der Erkrankung durch den Nierenbefall mit Ausbildung einer fokal nekrotisierenden Glomerulonephritis bestimmt. Der Gastrointestinaltrakt ist klinisch in 10% der Fälle betroffen, die Patienten beklagen abdominelle Schmerzen und Durchfälle (Haworth u. Pusey 1984). Mehrere Fälle von Darmperforationen wurden beschrieben, sie scheinen die häufigste Ursache für ein akutes Abdomen zu sein. Unbehandelt endet die Erkrankung innerhalb weniger Monate tödlich im Nierenversagen. Durch eine Medikation mit Cyclophosphamid in Kombination mit Glukokortikoiden konnte die Prognose mit einer Fünfjahresüberlebenszeit von 85% deutlich verbessert werden. Radiologische Symptomatik Schnittbildverfahren wie die CT und MRT zeigen – wie bei anderen Vaskulitiden der kleinen Gefäße – segmental dilatierte Dünn- oder Dickdarmschlingen sowie fokal oder diffus verdickte Darmwände mit Einengung des Lumens und pathologischem Kontrastmittelverhalten. Neben freier Flüssigkeit im Sinne von Aszites werden vergrößerte abdominelle Lymphknoten gefunden. Die distalen Abschnitte der Mesenterialgefäße können stenosiert sein oder einen geschlängelten Verlauf aufweisen (Frauenfelder et al. 2004). Differenzialdiagnose Der abdominelle Befall der Wegener-Granulomatose kann bildmorphologisch nicht von anderen Vaskulitiden der kleinen Gefäße unterschieden werden. Die Erkrankung kann auch das Vorliegen einer entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa vortäuschen (Sokol et al. 1984). Die Differenzierung gelingt durch laborchemischen Nachweis von c-ANCA und analogen Anti-Proteinase 3- (Anti-PR3-) Antikörpern, die eine hohe Spezifität in Bezug auf die Wegener-Granulomatose aufweisen. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie CT und MRT sind die wichtigsten Verfahren, um einen abdominellen Befall durch die Wegener-Granulomatose darzustellen. Da die Erkrankung keine charakteristischen bildmorphologischen Zeichen zur Abgrenzung gegenüber anderen Vaskulitiden der kleinen Gefäße aufweist, muss die Diagnose durch Bestimmung der c-ANCA und Anti-PR3-Antikörper gesichert werden. Aufgrund des Befalls der kleinen
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Gefäße und der vorwiegenden Veränderungen im Bereich der Endorgane stehen angiographische Verfahren nicht im Vordergrund der Diagnostik.
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Neben dem Respirationstrakt und den Nieren kann die Wegener-Granulomatose in bis zu 10% der Fälle eine mesenteriale Manifestation aufweisen und zu schweren Komplikationen wie Blutungen und Perforationen führen. Wichtigstes diagnostisches Mittel ist die Bestimmung von spezifischen Antikörpern wie c-ANCA und Anti-PR3. Die bildgebende Diagnostik des abdominellen Befalls erfolgt mit Schnittbildverfahren wie der CT und MRT. Merke
Lupus-erythematodes-Vaskulitis Definition
왔 Nekrotisierende Vaskulitis der klei-
nen Gefäße unklarer Ätiologie, die neben der Haut vor allem synoviale und seröse Strukturen befällt. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Zell- und Gewebeschädigung der Lupus-erythematodes-Vaskulitis kommt durch Ablagerung zirkulierender Antigen-Antikörper-Komplexe zustande, die eine nekrotisierende Vaskulitis der kleinen Blutgefäße auslösen. Während die histopathologischen Veränderungen der Gefäße nicht spezifisch sind, dienen die bei der Nierenbiopsie erhobenen Befunde zur Abschätzung des Schweregrades der Erkrankung und Bestimmung der adäquaten Therapie. Klinische Symptomatik Betroffen sind vor allem Frauen im Alter von 16– 41 Jahren, Männer, Kinder und ältere Patienten können jedoch auch erkranken. Die Erkrankung befällt vor allem die Haut, Gelenke, Nieren, das zentrale Nervensystem und die Lunge. In bis zu 50% der Fälle ist der Magen-Darm-Trakt beteiligt. Neben unspezifischen Symptomen werden vor allem abdominelle Schmerzen beklagt. An Komplikationen können mesenteriale Infarkte, Blutungen und ein Ileus auftreten. Der Gastrointestinaltrakt kann im gesamten Verlauf betroffen sein. Proximal werden Ulzerationen der Mundschleimhaut, Motilitätsstörungen des Ösophagus und Gastritiden beobachtet. Das Versorgungsgebiet der A. mesenterica superior wird jedoch von der Erkrankung bevorzugt. Die Diagnose der Erkrankung erfolgt anhand klinischer Klassifikationskriterien und dem Nachweis von Autoantikörpern. Während antinukleäre Antikörper (ANA) als Screening-Test gelten, sind Antikörper gegen Doppelstrang-DNS und gegen das Sm-Antigen hochspezifisch.
Radiologische Symptomatik Ösophageale Motilitätsstörungen können im Breischluck nachgewiesen werden und betreffen vor allem die distalen Abschnitte der Speiseröhre. Multisegmentale Verdickungen der Darmwand weisen in der CT eine verstärkte Kontrastmittelaufnahme der inneren und äußeren Abschnitte auf (Target sign), daneben werden dilatierte Darmabschnitte beobachtet. Das mesenteriale Fettgewebe ist häufig infiltriert. Es bildet sich Aszites aus, und die retroperitonealen Lymphknoten imponieren vergrößert (Byun et al. 1999). Die mesenterialen Gefäße sind betont und ziehen palisadenförmig zu den betroffenen Darmabschnitten („comb sign“). Die mesenteriale Gefäßinjektion wird als Frühzeichen der Lupus-erythematodes-Vaskulitis diskutiert (Ko et al. 1997). Spleno- und Hepatomegalie sowie die beidseitige Vergrößerung der Nieren mit pathologischem Kontrastmittelverhalten als Ausdruck der Nephritis sind wichtige Hinweise für das Vorliegen einer vaskulären Systemerkrankung. Die segmentalen Darmwandverdickungen können auch sonographisch dargestellt werden. In der DSA imponieren die distalen Gefäßabschnitte enggestellt, die Perfusion der Darmwand ist reduziert.
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Im Vergleich zur Mesenterialischämie sind die Darmwandveränderungen der Vaskulitiden kleiner Gefäße oft längerstreckiger, bevorzugen den Dünndarm und betreffen unterschiedliche Gefäßprovinzen. Ein Befall des Duodenums und begleitende Veränderungen von Milz oder Nieren sprechen für das Vorliegen einer Vaskulitis (Kim et al. 2001). Merke
Differenzialdiagnose Neben anderen Vaskulitiden der kleinen Gefäße muss auch eine Arteriosklerose als Ursache der mesenterialen Ischämie als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden. Bei der Lupus-erythematodes-Vaskulitis sind die Veränderungen der Darmwand jedoch oft multifokal ausgebildet und lassen sich nicht nur einem Versorgungsgebiet zuordnen. Pathologische Veränderungen an Leber, Milz und insbesondere den Nieren sind weitere Hinweise für das Vorliegen einer vaskulären Systemerkrankung. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Schnittbildverfahren wie die CT und MRT eignen sich am besten, um die segmentalen Veränderungen der Darmwand und der Mesenterialgefäße als Hinweis für einen abdominellen Befall durch die Lupuserythematodes-Vaskulitis darzustellen. Die Diagnosestellung erfolgt anhand klinischer Zeichen und dem Nachweis von Autoantikörpern (ANA, AntidsDNS-AK, Anti-Sm-AK). Neben Veränderungen der
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Darmwand sollte auch auf einen Befall parenchymatöser Organe geachtet werden.
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Der systemische Lupus erythematodes befällt vorwiegend Frauen im gebärfähigen Alter und wird anhand klinischer Zeichen sowie Antikörpernachweisen diagnostiziert. Vorwiegend sind Haut, Gelenke, Lunge und die Nieren betroffen. Der abdominelle Befall äußert sich in segmental verdickten Darmschlingen mit Infiltration des perienteralen Fettgewebes und mesenterialer Gefäßinjektion. Merke
Behçet-Syndrom Definition
왔 Nekrotisierende, leukozytoklastische
Vaskulitis mit bevorzugtem Befall der Venolen und rezidivierendem Auftreten mukokutaner und okulärer Symptome. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Das Behçet-Syndrom ist eine Vaskulitis unklarer Ätiologie, die vorwiegend die Venolen befällt und durch eine Thromboseneigung gekennzeichnet ist. Histopathologisch stellt sich die Erkrankung als nekrotisierende Vaskulitis mit Ablagerung von Immunkomplexen in der Wand kleiner Blutgefäße dar. Bei etwa der Hälfte der Patienten können zirkulierende Antikörper gegen die Mundschleimhaut nachgewiesen werden. Klinische Symptomatik Die Erkrankung tritt bei Männern und Frauen gleich häufig auf. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 30 Jahren. In mediterranen Ländern wird eine erhöhte Prävalenz beobachtet. Bei bevorzugtem Befall mukokutaner und okulärer Strukturen gelten rezidivierend auftretende orale Ulzera als notwendige Kriterien zur Diagnosestellung. Genitale Ulzera, Läsionen der Augen und der Haut sowie ein positiver Pathergie-Test (positive Hautreaktion nach intradermaler Injektion von Natriumchlorid) sind Nebenkriterien, von denen 2 erfüllt sein müssen. Der Gastrointestinaltrakt ist bei 10–40% der Patienten betroffen (Ha et al. 1998). Schleimhautulzera von Dünndarm und Kolon äußern sich in abdominellen Schmerzen und Diarrhöen. Komplikationen des abdominellen Befalls stellen Blutungen, Perforationen, Fistelbildungen und Peritonitiden dar. Die Behandlung der Erkrankung erfolgt mit Glukokortikoiden in Kombination mit Immunsuppressiva. Die neurologische Beteiligung hat eine kritische Prognose, ansonsten ist die Lebenserwartung nicht reduziert.
Radiologische Symptomatik Schlüsselzeichen eines intestinalen Befalls sind tiefe, penetrierende Ulzera, die die Ileozökalregion bevorzugen und in Zusammenhang mit verdickten Schleimhautfalten und Lumeneinengungen im Kolonkontrasteinlauf in Doppelkontrastverfahren dargestellt werden können. In der CT zeigen sich polypoide Schleimhautvorwölbungen, verdickte Darmwände mit verstärkter Kontrastmittelaufnahme und konzentrischer Einengung des Lumens sowie einer Imbibierung des mesenterialen Fettgewebes. Der Grad der perienteralen Infiltration korreliert mit dem Auftreten von Komplikationen. Eine ausgeprägte mesenteriale Infiltration erhöht die Wahrscheinlichkeit von Mikroperforationen oder lokalen Peritonitiden (Ha et al. 1998). Während sich angiographisch keine Schlängelung der Mesenterialarterien, Mukosahyperämie oder frühe venöse Füllung darstellt (Stanley et al. 1975), konnte dopplersonographisch bei symptomatischen Patienten mit intestinalem Befall durch ein BehçetSyndrom ein erhöhter Fluss in der A. mesenterica superior und inferior nachgewiesen werden (Sigirci et al. 2003). Differenzialdiagnose Aufgrund des bevorzugten Befalls der Ileozökalregion sollte neben einer ulzerativen Kolitis ein Morbus Crohn als Differenzialdiagnose ausgeschlossen werden. Das gleichzeitige Vorliegen rezidivierend auftretender oro-genitaler Ulzera, von Hautläsionen und entzündlichen Augenerkrankungen können wichtige Hinweise für ein Behçet-Syndrom darstellen. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die modalitätsspezifischen Vorteile der CT mit gleichzeitiger Darstellung von Veränderungen der Darmwand – wie einer polypoiden Verdickung, einer Infiltration des mesenterialen Fettgewebes, die Bedeutung für das Auftreten von Komplikationen besitzt – und die Abbildung der Komplikationen selbst empfiehlt diese als diagnostisches Verfahren der Wahl.
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Neben rezidivierend auftretenden orogenitalen Ulzera, Hautläsionen und entzündlichen Augenerkrankungen kann das BehçetSyndrom auch intestinale Ulzerationen auslösen und imponiert bildmorphologisch als zirkuläre Wandverdickungen, polypoide Schleimhautvorwölbungen und Infiltration des mesenterialen Fettgewebes. Merke
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Andere Vaskulitiden der kleinen Gefäße
쐍 Rheumatoide Vaskulitis. Die rheumatoide Vaskulitis ist eine leukozytoklastische Vaskulitis vorwiegend der Venolen, die durch Ablagerung von Immunkomplexen zustande kommt und sich meist kutan manifestiert. Der Befall abdomineller Gefäße kann zu mesenterialen Ischämien führen, die bildmorphologisch in der CT als verdickte Darmwände mit pathologischer Kontrastmittelaufnahme imponieren. 쐍 Churg-Strauss-Syndrom. Die granulomatöse Vaskulitis manifestiert sich vorwiegend pulmonal und kutan. In 20% der Fälle ist der Gastrointestinaltrakt befallen und führt zu Ulzerationen, Blutungen und Perforationen. Neben einer Vaskulitis der Mesenterialgefäße wird auch eine Infiltration der Darmwand durch eosinophile Zellen beobachtet.
쐍 Mikroskopische Polyangiitis. Als nekrotisierende Vaskulitis der kleinen Gefäße zeigt die mikroskopische Polyangiitis keine charakteristischen Zeichen wie Mikroaneurysmen. Mit 80% sind vorwiegend die Nieren betroffen, bei einem Befall des Gastrointestinaltraktes imponiert die Darmwand verdickt und zeigt wie bei anderen Vaskulitiden der kleinen Gefäße ein pathologisches Enhancement der inneren und äußeren Schichten im Sinne einer Kokarde.
쐍 Purpura Henoch-Schönlein. Die Purpura HenochSchönlein tritt gewöhnlich bei Kindern auf. Bis zu 70% weisen eine gastrointestinale Beteiligung mit kolikartigen Schmerzen, Übelkeit, Diarrhö oder Obstipation auf. Bildmorphologisch ist auch diese Vaskulitis der kleinen Gefäße neben Aszites durch verdickte Darmschlingen mit pathologischem Kontrastmittelverhalten gekennzeichnet. Die Veränderungen betreffen vorwiegend die Mukosa und Submukosa und sind oft selbstlimitierend. 3.4.3.7 Retroperitoneale Fibrose Definition
왔 Chronisch-entzündlicher Prozess un-
klarer Ätiologie, der vorwiegend das lumbale Retroperitoneum befällt. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Ätiologie der retroperitonealen Fibrose ist nicht vollständig geklärt. In etwa 2/3 der Fälle liegt die idiopathische, auch als Morbus Ormond bezeichnete Form vor, bei der eine Autoimmunreaktion als Antwort auf Bestandteile arteriosklerotischer Plaques
wie Zeroid diskutiert wird (Jois et al. 2004). Bei der sekundären retroperitonealen Fibrose kann die Erkrankung auf Medikamente wie Methysergid, auf Tumorerkrankungen oder Vaskulitiden zurückgeführt werden, die eine desmoplastische Reaktion initiieren. Histologisch zeigt sich eine chronischentzündliche Infiltration der Adventitia großer Gefäße, eine Ausdünnung der Media und eine perivaskuläre Fibrose mit Infiltration umgebender Strukturen. Die Erkrankung befällt vor allem die infrarenale Aorta, ummauert die V. cava und die Ureteren, infiltriert per continuitatem andere Organe, kann aber in seltenen Fällen auch diskontinuierlich andere Regionen wie Abschnitte der A. mesenterica superior, den Truncus coeliacus und den Ductus hepatocholedochus erfassen (Tamura et al. 2003; Vivas et al. 2000). Klinische Symptomatik Die Patienten weisen durchschnittlich ein Alter von 50 Jahren auf. Bei der idiopathischen Form wird das männliche Geschlecht im Verhältnis 2:1 bevorzugt. Zu Beginn der Erkrankung sind die Symptome unspezifisch. Beklagt werden Fieber, Gewichtsverlust, Müdigkeit und Flanken- oder Rückenschmerzen. Mit fortschreitender Organmanifestation werden die Befunde spezifischer. Die mesenteriale Infiltration kann sich in kolikartigen abdominellen Schmerzen oder Diarrhö äußern. Im Vordergrund steht jedoch häufig die Obstruktion der V. cava inferior und die fortschreitende Niereninsuffizienz. Die Prognose der Erkrankung ist gut, sie spricht auf die Behandlung mit Kortikosteroiden und anderen Immunsuppressiva an. Radiologische Symptomatik Die CTA kann die Verlagerung, Einengung und prästenotische Dilatation der Gefäße mit umgebender Weichteilinfiltration nachweisen (Abb. 3.44 a). In der portalvenösen Phase kann zwischen nicht anreicherndem Bindegewebe und einem aktiv entzündlichen Prozess mit deutlichem Enhancement unterschieden werden (Moroni et al. 2005). In der MRT imponiert die perivaskuläre Infiltration in frühen Stadien der Erkrankung in T2-gewichteten Sequenzen hyperintens. Mit zunehmender Fibrose zeigt sich eine niedrigere Signalintensität. Das Ödem kann gegenüber dem Fettgewebe am besten in fettgesättigten T2-gewichteten Sequenzen abgegrenzt werden (Abb. 3.44 b). In Abhängigkeit von der entzündlichen Aktivität zeigen fettgesättigte T1gewichtete Sequenzen nach Gabe von Kontrastmittel einen deutlichen Signalanstieg (Abb. 3.44 c). Die MRA stellt die Einengungen des Lumens, Stenosen, Verschlüsse und Kollateralkreisläufe dar (Abb. 3.45).
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
a
Abb. 3.45. Deutliche Einengung des Lumens der A. mesenterica superior im mittleren Gefäßabschnitt (Pfeil) bei retroperitonealer Fibrose
b
c
Abb. 3.44 a–c. Retroperitoneale Fibrose mit Beteiligung der A. mesenterica superior. a CTA, schräg koronare VRT: Einengung des Gefäßlumens und perivaskuläre Infiltration. b MRT, T2-gewichtete TSE-Sequenz fs: perivaskuläres Ödem (Pfeil). c MRT, T1-Wichtung flash fs nach KM: deutliche KM-Anreicherung als Ausdruck der entzündlichen Aktivität
Differenzialdiagnose Konfluierende, perivaskuläre Lymphome und maligne mesenchymale Tumoren wie das Fibrosarkom, aber auch Vaskulitiden können gegenüber atypischen Manifestationen der retroperitonealen Fibrose oft nicht sicher abgegrenzt werden. Bei unklaren Fällen muss eine bioptische Abklärung erfolgen. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie CT und MRT sind geeignete Verfahren, um sowohl die Gefäße als auch die perivaskuläre Infiltration darzustellen. Modalitätsspezifisch zeigt die MRT einen höheren Weichteilkontrast und ist der CT in der Bildgebung vorzuziehen. Um die Aktivität der Erkrankung beurteilen zu können, sollte die kontrastmittelgestützte MRA nativ durch fettgesättigte T1- und T2-gewichtete Sequenzen in axialer Schnittführung sowie fettgesättigte T1-gewichtete Sequenzen nach Gabe von Kontrastmittel ergänzt werden.
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In seltenen Fällen kann die retroperitoneale Fibrose nicht nur die infrarenale Aorta, sondern auch die Mesenterialarterien, den Truncus coeliacus oder den Ductus hepatocholedochus befallen. Um neben dem Ausmaß der Infiltration auch die Krankheitsaktivität bestimmen zu können, erfolgt die Bildgebung am besten mit der MRT. Merke
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
3.4.4 Nierengefäße 3.4.4.1 Arteriosklerotische Nierenarterienstenose Definition
왔 Arteriosklerotisch bedingte, ein- oder
beidseitige Einengung der Nierenarterie mit Ausbildung einer renovaskulären Hypertonie und fortschreitender Niereninsuffizienz. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Hämodynamisch relevante Stenosen der Nierenarterien lassen sich dopplersonographisch bei 6,8% der Patienten im Alter von über 65 Jahren nachweisen (Hansen et al. 2002). Die klinischen Manifestationen reichen von asymptomatischen Stenosen bis zur Entwicklung einer renovaskulären Hypertonie, progredienter Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz, rezidivierend auftretendem Lungenödem und Angina pectoris oder von Schlaganfällen. In einer Studie mit 1235 Patienten, die einer Herzkatheteruntersuchung unterzogen wurden, stellte die Nierenarterienstenose einen unabhängigen Faktor für die Gesamtmortalität mit einem relativen Risiko von 2,9 und einer Vierjahresmortalität von 30% bei einer Stenose von 50% sowie 52% bei einer Stenose von >95% dar (Conlon et al. 1998, 2001). Trotz einem Anteil von <5% bei allen Hypertonikern stellt die renovaskuläre Hypertonie die häufigste Form der heilbaren sekundären Hypertonie dar. In Kollektiven mit therapierefraktärer oder maligner Hypertonie liegt der Anteil mit 25–45% deutlich höher. Etwa 90% der Nierenarterienstenosen lassen sich auf die renale Manifestation der Arteriosklerose zurückführen (Safian u. Textor 2001). Prädilektionsstelle ist dabei das Ostium und die proximalen 2 cm der Nierenarterie. Eine Beteiligung weiter peripher liegender Gefäßabschnitte ist selten. Der Abfall des renalen Perfusionsdruckes stimuliert über Barorezeptoren die Reninsynthese und -ausschüttung im juxtaglomerulären Apparat. Die Protease Renin wandelt das in der Leber gebildete Angiotensinogen in Angiotensin I um, aus dem durch das endothelständige „Angiotensin-converting-Enzym“ (ACE) Angiotensin II abgespalten wird (vgl. Abb. 8.2, Abb. 8.3). Der renale Perfusionsdruck und die glomeruläre Filtrationsrate werden durch die Kontraktion der efferenten Arteriolen aufrecht erhalten. Außerdem stimuliert Angiotensin II die Ausschüttung von ACTH, Kortisol sowie Aldosteron und fördert die Natrium- und Wasserrückresorption. Vasokonstriktion und erhöhte Volumenbelastung führen zur Ausbildung einer reninabhängigen Hypertonie, die durch ACE-Hemmer oder Angiotensin-I-
Rezeptorantagonisten behandelt werden kann. Die mit fortschreitender Erkrankungsdauer beobachtete Normalisierung des Reninspiegels erklärt die eingeschränkte Wirksamkeit interventioneller Maßnahmen in Bezug auf die Blutdruckkontrolle und kommt durch die zunehmende Aktivierung alternativer vasokonstriktiver Mechanismen zustande. Neben einer renalen Hypertonie können Stenosen auch eine Verschlechterung der Nierenfunktion bis zur terminalen Niereninsuffizienz auslösen. Da <10% des Blutangebots für die Aufrechterhaltung der metabolischen Funktion der Niere notwendig (Epstein 1997) und die Ausprägung des Stenosegrades nicht mit der Niereninsuffizienz korreliert ist (Farmer et al. 1999), kann die Erkrankung nicht allein durch den poststenotischen Druckabfall und die reduzierte Perfusion erklärt werden. Die Stimulation profibrogener Zytokine wie TGF und die lokale Wirkung von Angiotensin II sowie Endothelin I führen neben anderen Mechanismen zu einer Schädigung der Podozyten, Proteinurie, sowie einer glomerulären und tubulointerstitiellen Infiltration von Entzündungszellen mit Ausbildung einer ausgeprägten interstitiellen Fibrose und Glomerulosklerose (Garovic u. Textor 2005). Klinische Symptomatik Das Alter der Patienten liegt über 50 Jahren. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Als Risikofaktoren gelten Nikotinabusus, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie und die arterielle Hypertonie. Etwa 25% der Patienten, die einer diagnostischen Herzkatheteruntersuchung zugeführt werden, weisen eine Nierenarterienstenose auf (Weber-Mzell et al. 2002). Bei Patienten mit gesicherter peripherer arterieller Verschlusskrankheit (AVK) liegt die Inzidenz bei >30% (Olin et al. 1990). Ein abdominelles Strömungsgeräusch auf Höhe des Bauchnabels gilt als klinisches Leitsymptom. Weitere Hinweise sind die plötzliche Verschlechterung einer vorbestehenden Hypertonie, schwer einstellbare Hypertonie, zunehmende Niereninsuffizienz, insbesondere unter Therapie mit ACE-Hemmern, eine unilaterale Schrumpfniere oder rezidivierend auftretendes Lungenödem ohne Hinweis auf eine kardiale Funktionsstörung. Unter Berücksichtigung des systemischen Charakters der Erkrankung mit Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Mortalität und Fortschreiten einer peripheren AVK stellt die medikamentöse Stufentherapie nach der WHO die Basis der Behandlung der Nierenarterienstenose dar. Mit der Kombination moderner Antihypertensiva wie ACE-Hemmern, Kalziumantagonisten, Betablockern und Angiotensin-IRezeptorantagonisten lässt sich oft eine gute Blutdruckeinstellung erreichen. Die Indikation zur Intervention sollte insbesondere bei medikamentösen
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen Tabelle 3.7. Indikationen zur Angioplastie und Stentimplantation nach den Leitlinien der ACC und AHA bei Nierenarterienstenosen (NAST). (Nach Hirsch et al. 2006)
a b
c
Symptom
Indikation
Asymptomatische Patientena
Bilaterale NAST, unilaterale NAST oder Einzelniere mit hämodynamisch wirksamer NAST (50–70% mit Druckgradient 20 mmHg oder >70%)
Hypertonieb
Maligne Hypertonie Therapieresistente Hypertonie Verschlechterung einer vorbestehenden Hypertonie Hypertonie bei Medikamentenunverträglichkeit Hypertonie bei unilateraler kleiner Niere
Niereninsuffizienz
Verschlechterung der Nierenfunktion bei bilateralen NAST oder Einzelniere mit Nierenarterienstenose Niereninsuffizienz bei unilateraler NASTc
Kardiale Symptome
Nicht-kardial bedingte Herzinsuffizienz oder rezidivierend auftretendes Lungenödem Instabile Angina pectoris
Klasse-IIb-Empfehlung, bei unilateraler NAST oder Einzelniere Nierengröße >7 cm. Maligne Hypertonie: Endorganschäden; therapieresistente Hypertonie: keine ausreichende Blutdruckkontrolle unter Dreierkombination. Klasse-IIb-Empfehlung, Niereninsuffizienz: GFR <60 ml/min/1,73m2 über 3 Monate.
Therapieversagern, einer raschen Verschlechterung der renalen Funktion, instabiler Angina pectoris oder rezidivierend auftretendem Lungenödem bei hämodynamisch relevanter Nierenarterienstenose gestellt werden sollte (Hirsch et al. 2006). Die Empfehlung des American College of Cardiology (ACC) und der American Heart Association (AHA) sind in Tabelle 3.7 aufgeführt. Eine Metaanalyse von 14 Studien mit insgesamt 678 Patienten, die einer Stentimplantation unterzogen worden waren, zeigte bei einer hohen technischen Erfolgsrate eine Verbesserung der Hypertonie bei 69%, bei 38% eine Stabilisierung und bei 20% eine Verbesserung der renalen Funktion (Leertouwer et al. 2000). Bei vergleichbaren klinischen Ergebnissen war die Restenoserate (26 vs. 17%) in Studien mit alleiniger PTA höher, die primäre technische Erfolgsrate mit 77 vs. 98% geringer. Insbesondere bei ostialen Stenosen weist die primäre Stentimplantation in Bezug auf die technische Erfolgsrate und Offenheitsrate bessere Werte auf (Baumgartner et al. 2000). Eine ausführliche Darstellung zur interventionellen Behandlung der Nierenarterienstenose findet sich in Kap. 8.1.
Bei vergleichbaren Werten für den klinischen Verlauf und den technischen Erfolg liegt die Komplikationsrate der operativen Revaskularisation höher, sodass diese Methode der Behandlung einer Nierenarterienstenose bei gleichzeitig vorliegendem Aorten- oder Nierenarterienaneurysma und technisch nicht durchführbarer oder nicht beherrschbarer Komplikationen nach Interventionen vorbehalten bleibt. Radiologische Symptomatik Im Vergleich zur DSA besitzt die Dopplersonographie eine Sensitivität von 84–98% bei einer Spezifität von 62–99% (Carman et al. 2001). Aufgrund mangelnder Erfahrung oder Darmgasüberlagerung kann jedoch in 4% der Untersuchungen keine sichere Aussage getroffen werden (Hansen et al. 1990). Die Flussbeschleunigung imponiert in der FKDS durch ein Aliasing und poststenotische Turbulenzen. Die intrastenotisch abgeleitete, maximale systolische Flussgeschwindigkeit liegt nach Winkelkorrektur >180 cm/s, das Verhältnis zwischen maximaler renaler und aortaler Flussgeschwindigkeit >3,5. Poststenotisch fällt die systolische Flussgeschwindigkeit ab, und die Dopplerkurve weist einen abgeflachten systolischen Anstieg mit einer verlängerten Akzeleration von >0,05–0,08 s sowie einer Verringerung des Akzelerationsindex auf <370–470 cm/s2 auf. Ein im Vergleich zur kontralateralen Niere um >5% erniedrigter RI ist hochsensitiv für das Vorliegen einer hämodynamisch relevanten Nierenarterienstenose. In einer prospektiven Studie mit 191 Patienten, die einer Stentimplantation bei Nierenarterienstenose unterzogen wurden, konnte nicht bestätigt werden, dass bei einem RI von >0,8 keine Verbesserung der Hypertonie oder Nierenfunktion zu erwarten ist (Zeller et al. 2003). Die CTA erreicht eine hohe Sensitivität und Spezifität (Fraioli et al. 2006). Bei einem positiven Vorhersagewert von 95% schließt eine in der CTA unauffällig imponierende Nierenarterie zudem eine renovaskuläre Hypertonie mit hoher Sicherheit aus und bietet sich als Screening-Verfahren an (Prokop 1999). Aufgrund des zur Scan-Ebene parallelen oder schrägen Gefäßverlaufs ist mit axialen Schichten allein keine ausreichende Beurteilung möglich. Schräge oder zum Gefäßverlauf gekrümmte Dünnschicht-MIP in 2 Ebenen erlauben die Darstellung exzentrischer oder konzentrischer abgangsnaher Plaques. Insbesondere bei Verkalkungen erwiesen sich interaktive VRT-Rekonstruktionen als hilfreich (Johnson et al. 1999). Zur weiteren Beurteilung und Graduierung sollten zum Gefäßverlauf orthogonale Schichten angefertigt werden. Die Möglichkeiten der MPR erlauben eine genauere Quantifizierung von Stenosen als mit der DSA. Während die Detektion ostialer Steno-
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Abb. 3.46. Hochgradige beidseitige Nierenarterienstenosen in der MRA
Abb. 3.47. Hochgradige infundibuläre Stenose der rechten Nierenarterie in der Übersichts-DSA vor Intervention
sen leichter ist, entgehen peripher liegende Gefäßveränderungen jedoch oft der Darstellung. Wichtige Kollateralphänomene sind die poststenotische Gefäßdilatation sowie eine verzögerte Kontrastierung und Ausscheidung bei verkleinerter Niere mit verschmälertem Parenchymsaum. Angesichts der geringen Artefaktanfälligkeit eignet sich die CTA außerdem hervorragend zur Nachbeobachtung von Patienten, die einer Stentimplantation unterzogen wurden. In-Stent-Stenosen können mit VRT-Rekonstruktionen sicherer als mit MIP erkannt werden (Mallouhi et al. 2003). Im Vergleich zur CTA ergeben sich bei der kontrastmittelgestützten 3D-MRA keine statistischen Unterschiede in Bezug auf die Erkennung hämodynamisch wirksamer Nierenarterienstenosen (Willmann et al. 2003), sodass sich diese Modalität insbesondere bei Patienten mit allergischer Disposition anbietet. Tendenziell wird der Stenosegrad überschätzt. In die Beurteilung müssen neben den MIP (Abb. 3.46) die Quellschichten mit einbezogen werden. Zum Gefäßverlauf orthogonale Projektionen führen zu einer deutlich zuverlässigeren Bestimmung des Stenosegrades (Schoenberg et al. 2005). Aufgrund der niedrigen Ortsauflösung können Stenosen der intrarenalen Arterien der Beurteilung entgehen. Angesichts der Qualität der durch CTA und MRA erhobenen 3D-Datensätze mit der Möglichkeit der
MPR und zusätzlichen Beurteilung der Gefäßwand bleibt die DSA unklaren Befunden oder der Bildgebung im Rahmen interventioneller Maßnahmen vorbehalten (Abb. 3.47). Bei der selektiven Sondierung können unmittelbar ostial liegende Stenosen übersehen werden. Bei der Detektion peripher liegender Stenosen von intrarenalen Ästen, die allerdings selten isoliert auftreten, besitzt die DSA jedoch klare diagnostische Vorteile. Bei der Captopril-Szintigraphie wird die seitengetrennte Veränderung der glomerulären Filtrationsrate nach Applikation eines ACE-Hemmers gemessen. In ausgewählten Kollektiven konnte dabei eine Sensitivität von 51–96% in Bezug auf die Erkennung hämodynamisch relevanter Nierenarterienstenosen erreicht werden (Prigent 1993). Im Vergleich zur Basisrenographie mit 99mTc-markierten Radiopharmaka induziert der ACE-Hemmer einen Druckabfall in den Vas efferens und senkt die glomeruläre Filtrationsrate in der betroffenen Niere. In der Folge stellen sich ein reduzierter Uptake, eine parenchymale Retention und eine verzögerte Exkretion in das Nierenbecken dar (Abb. 3.48 a, b). Bedeutung besitzt das Verfahren auch zur Detektion akzessorischer, stenosierter Nierenarterien, die anderen, nichtinvasiven bildgebenden Verfahren entgehen können. Der prädiktive Wert zur Vorhersage einer Verbesserung von Blutdruck und renaler Funktion nach Angioplastie konnte in einer Studie mit 74 Patienten nicht be-
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen Abb. 3.48 a, b. Verzögerter Tracer-Durchsatz bei Nierenarterienstenose in der Captopril-Szintigraphie (hellgraue Kurve). a Basisuntersuchung, b Untersuchung nach 30 mg Captopril p. o.
a
b
stätigt werden (Soulez et al. 2003). Da die Sensitivität bei Patienten mit Niereninsuffizienz unzureichend ist und beidseitige Nierenarterienstenosen nicht erkannt werden, eignet sich die Modalität nicht als Screening-Verfahren. Differenzialdiagnose Im Gegensatz zur arteriosklerotischen Nierenarterienstenose, die die proximalen 2 cm des Gefäßverlaufs befällt, bevorzugt die fibromuskuläre Dysplasie insbesondere das mittlere Drittel der Nierenarterie. Hier zeigen sich die charakteristischen, längerstreckigen perlenkettenförmigen Schwankungen des Gefäßlumens. Wie bei Vaskulitiden der großen und mittleren Arterien (Takayasu-Arteriitis, Polyarteriitis nodosa), die ebenfalls Ursache einer Nierenarterienstenose sein können, sind vorwiegend jüngere Patienten betroffen. Aus der Aorta fortgeleitete Dissektionen der Nierenarterien können eine weitere Ursache einer Nierenarterienstenose darstellen. In der FKDS, der CTA, der MRA und der DSA stellt sich hier eine intraluminale Bandstruktur als Ausdruck des Intimalappens dar. Die Klinik ist deutlich akuter als bei arteriosklerotischen Veränderungen.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Bei klinischem Verdacht auf eine Nierenarterienstenose erfolgt die Bildgebung mit den konkurrierenden und gleichwertigen Modalitäten Dopplersonographie, CTA und MRA. Bei unklaren Befunden wird auf eine andere Modalität ausgewichen oder eine DSA angestrebt. Ist die Indikation (vgl. Tabelle 3.7) gesichert, erfolgt die Intervention. Zur nichtinvasiven Verlaufsbeobachtung nach Stentimplantation eignen sich Dopplersonographie und CTA.
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Die mit 90% weitaus häufigste Ursache der Nierenarterienstenose sind arteriosklerotische Wandveränderungen, die in den proximalen 2 cm nachgewiesen werden können. Hämodynamisch relevante Stenosen können durch nichtinvasive bildgebende Verfahren nachgewiesen oder ausgeschlossen werden. Aufgrund des systemischen Charakters der Erkrankung erfolgt die Behandlung primär medikamentös. Bei gesicherter Indikation profitiert ein Teil der betroffenen Patienten von der Intervention in Bezug auf Hypertonie und Nierenfunktion. Merke
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
3.4.4.2 Fibromuskuläre Dysplasie Definition
왔 Nichtarteriosklerotische, nichtentzünd-
liche Arteriopathie vorwiegend der mittleren bis kleinen Arterien mit fibrotischer segmentaler Wandverdickung. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Ätiologie der fibromuskulären Dysplasie ist unklar. Neben genetischen und humoralen Faktoren werden auch mechanische Ursachen diskutiert, die zu einer pathologischen fibroproliferativen Reaktion der Gefäßwand mit Ablagerung von Kollagen oder einer Hyperplasie der glatten Muskulatur führen. Mit etwa 70% ist die Nierenarterie am häufigsten betroffen. Screening-Untersuchungen von asymptomatischen potenziellen Nierenspendern zeigten eine Inzidenz von 6,6% in der Bevölkerung (Neymark et al. 2000). Bei 2/3 der Patienten finden sich die Veränderungen an beiden Seiten. Liegt ein unilateraler Befall vor, wird die rechte Seite bevorzugt. In Abhängigkeit vom Befallsort werden unterschiedliche Formen der fibromuskulären Dysplasie differenziert, wovon die mediale Fibroplasie mit >80% am häufigsten vorkommt. Sie zeichnet sich histopathologisch durch alternierend verdickt und ausgedünnt imponierende Mediaanteile aus, die durch aneurysmatische Aufweitungen das typische, perlschnurartige Bild in der Gefäßdarstellung ergeben. Weitere Formen sind die perimediale (10–15%) und die intimale (<10%) Fibroplasie, hier werden häufiger Dissektionen und thrombotische Verschlüsse beobachtet. Die segmentalen Einengungen und membranartigen Stenosen treten vorwiegend im mittleren und distalen Drittel der Nierenarterien auf und sind für etwa 10% der Nierenarterienstenosen verantwortlich. Klinische Symptomatik Die fibromuskuläre Dysplasie befällt vorwiegend Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 50 Jahren und stellt damit in diesem Kollektiv eine häufige Ursache erhöhter Blutdruckwerte dar. Als einziger Risikofaktor ist die familiäre Disposition bekannt. Während die intimale und perimediale Form zu vollständigen Gefäßverschlüssen führen kann, schreitet die mediale Fibroplasie langsam voran und hat nur selten eine komplette Okklusion der Nierenarterie zur Folge. Die primäre PTA der fibromuskulären Dysplasie ist die Therapie der Wahl. Durch sie lässt sich in 95– 100% der Fälle eine Heilung oder deutliche Besserung der Blutdruckwerte erreichen (Tegtmayer et al. 1982). Auch bei hämodynamisch nicht wirksam im-
ponierenden Wandunregelmäßigkeiten in der angiographischen Darstellung können durch die dünnen membranartigen Stenosen Druckgradienten vorliegen, die durch intraarterielle Druckmessung erkannt und durch Angioplastie behoben werden müssen (Mahmud et al. 2006; McLaughlin et al. 2005). Radiologische Symptomatik Angesichts der im mittleren bis distalen Abschnitt der Nierenarterie liegenden Wandveränderungen gelingt die Darstellung der fibromuskulären Dysplasie im Ultraschall nur bei sehr guten Untersuchungsbedingungen. Im B-Mode oder der FKDS zeigen sich Lumenschwankungen mit Einkerbungen und einer verdickt imponierenden Gefäßwand. Die Flussbeschleunigung imponiert durch ein Aliasing und poststenotische Turbulenzen. In der CTA können die Stenosen, aneurysmatischen Aufweitungen und die perlschnurartigen Veränderungen mit einer Sensitivität von 87% erkannt werden (Beregi et al. 1999). Die Detektion wird durch die kombinierte Beurteilung axialer Quellschichten mit Dünnschicht-MIP, MPR und SSD („shaded surface display“) deutlich verbessert (Sabharwal et al. 2006). Da weiter peripher liegende Stenosen nur unzureichend dargestellt werden, bleibt die DSA der Goldstandard zur Beurteilung der fibromuskulären Dysplasie. Unter Berücksichtigung des jungen und vorwiegend weiblichen Patientenkollektives bietet sich die MRA als Screening-Untersuchung bei Verdacht auf das Vorliegen einer fibromuskulären Dysplasie an. Die kontrastmittelgestützte 3D-MRA erreicht im Vergleich zur DSA eine Sensitivität von 97% bei einer Spezifität von 93% (Willoteaux et al. 2006). Bei der Darstellung ist auf eine hohe Qualität in Bezug auf Kontrastierung und Ortsauflösung ggf. durch Anwendung von Techniken der parallelen Bildgebung zu achten. Die modalitätsspezifischen Vorteile der DSA erlauben die Darstellung peripher liegender Veränderungen intrarenaler Arterien. Zirkuläre Stenosen in Abwechslung mit aneurysmatischen Aufweitungen führen bei der medialen Fibroplasie zu einem charakteristischen perlschnurartigen Bild („string-of beads“). In 98% der Fälle ist das proximale Segment ausgespart (Abb. 3.49). Die Weite der dilatierten Segmente überschreitet das normale Gefäßlumen (Lassiter 1998). Bei der intimalen Form zeigt sich eine fokale konzentrische Einengung oder eine längerstreckige, symmetrische Stenose mit poststenotischer Dilatation. Die perimediale fibromuskuläre Dysplasie weist längerstreckige, perlschnurartige Einschnürungen des Gefäßlumens auf. Der maximale Gefäßdurchmesser überschreitet hier nicht die Weite des normalen Lumens (Kincaid et al. 1968).
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
derungen sind die proximalen Anteile der Nierenarterien regelmäßig ausgespart. In >95% der Fälle tritt nach Angioplastie eine Verbesserung oder Heilung der Hypertonie auf. 3.4.4.3 Nierenarterienembolie Definition
왔 Akuter embolischer Verschluss der
Nierenarterien oder ihrer Äste mit Folge einer renalen Ischämie oder eines Niereninfarkts.
Abb. 3.49. Fibromuskuläre Dysplasie: hochgradige Stenose am Übergang zum distalen Drittel mit poststenotischer Dilatation
Differenzialdiagnose Arteriosklerotische Nierenarterienstenosen betreffen die proximalen Gefäßabschnitte, die bei der fibromuskulären Dysplasie in 98% der Fälle ausgespart bleiben. Die Patienten sind zudem älter. Beide Erkrankungen können jedoch simultan auftreten. Vaskulitiden der großen bis mittleren Arterien führen nicht zum typischen angiographischen Bild der fibromuskulären Dysplasie mit perlschnurartigen Lumenschwankungen, sollten jedoch als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden. Die Dissektion ist eine Komplikation der fibromuskulären Dysplasie, insbesondere des perimedialen und intimalen Subtyps. Aus der Aorta fortgeleitete Dissektionen können durch die unterschiedlichen Modalitäten davon sicher unterschieden werden. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Angesichts des jungen Patientenkollektivs sollte bei klinischem Verdacht primär eine kontrastmittelgestützte 3D-MRA als Screening-Untersuchung durchgeführt werden.Aufgrund der Beteiligung peripherer Äste bleibt die DSA der diagnostische Goldstandard zur Beurteilung der fibromuskulären Dysplasie.Auch bei angiographisch gering imponierenden Wandunregelmäßigkeiten können dünne membranartige Stenosen vorliegen, die durch invasive Druckmessung erkannt und erfolgreich mit PTA behandelt werden können.
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Die fibromuskuläre Dysplasie ist für etwa 10% der Nierenarterienstenosen verantwortlich und tritt vorwiegend bei jüngeren Frauen auf. Von den perlschnurartigen GefäßveränMerke
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die weitaus meisten Niereninfarkte werden durch kardiale Embolien hervorgerufen. Ursachen sind Vorhofflimmern, akinetische Myokardanteile mit intrakardialen Thromben nach Herzinfarkt, Herzklappenfehler oder Endokarditiden. Daneben können auch arterioarterielle Embolien auf dem Boden einer vorbestehenden Arteriosklerose auftreten, die spontan oder im Rahmen von Katheteruntersuchungen oder Interventionen abgeschilfert werden. Innerhalb einer Stunde nach Verschluss einer A. arcuata oder Interlobararterie bildet sich ein keilförmiges Infarktareal aus, dessen Spitze in Richtung Nierenhilus zeigt. Aufgrund der Kollateralversorgung aus den Kapselarterien bleibt ein subkapsulärer Saum vital. Die narbige Umwandlung führt ab der ersten Woche zur Schrumpfung des Gewebes, Einsinken der Oberfläche und Ausbildung einer unregelmäßigen Kontur. Die Veränderungen treten oft multipel oder bilateral auf. Begleitend können Milz- oder andere Organinfarkte beobachtet werden. Klinische Symptomatik Die Patienten sind oft über 60 Jahre. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Kleinere Embolien sind asymptomatisch und werden als Zufallsbefund diagnostiziert. Größere Infarkte äußern sich durch akut einsetzende Flankenschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen. In der Laboranalyse zeigt sich eine deutlich erhöhte LDH als Ausdruck der Gewebsnekrose, erhöhte D-Dimere und eine Hämaturie. In Abhängigkeit von der Ausdehnung des infarzierten Areals erfolgt die Behandlung durch Antikoagulation. Eine zugrunde liegende Nierenarterienstenose wird interventionell angegangen. Intraarterielle Thrombolyse oder Thrombektomie sind weitere interventionelle Verfahren bei größeren Infarkten. Bei irreversibler Schädigung muss die Niere operativ entfernt werden.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Radiologische Symptomatik Proximale Embolien können als echoreiche intraluminale Strukturen mit Abbruch des Flusssignals in der FKDS erkannt werden. Die B-Mode-Untersuchung der Niere ergibt keine spezifischen Befunde. Nach Gabe von Kontrastverstärkern demarkiert sich das minderperfundierte Areal im Powerdoppler deutlich besser, sodass Infarkte zuverlässig erkannt werden können (Yucel et al. 2001). Segmentale Infarkte können sich in der Ausscheidungsurographie durch Aussparungen im Nephrogramm darstellen. Globale Infarkte weisen ein fehlendes Nephrogramm und eine fehlende Ausscheidung auf der betroffenen Seite auf. In der CTA zeigt sich ein Abbruch der größeren Gefäßabschnitte in der MIP-Rekonstruktion (Abb. 3.50). In der portalvenösen Phase finden sich keilförmige Perfusionsdefekte bei erhaltener Kontrastierung der subkapsulären Rinde als Ausdruck der Kollateralisierung über Kapselarterien (Abb. 3.51 a). Das „cortical rim sign“ tritt innerhalb von mehreren Stunden nach dem Infarktereignis auf, wird bei etwa 50% der Patienten beobachtet und gilt als spezifisch (Wong et al. 1984). Die hypodensen Infarktareale weisen in der Frühphase häufig einen raumfordernden
Abb. 3.51 a, b. Infarkt nach Nierenarterienembolie. a Erhaltene subkapsuläre KM-Anreicherung: „cortical rim sign“. b Deutlich reduzierte Tracer-Aufnahme der betroffenen Niere (hellgraue Kurve)
a
b
Abb. 3.50. Embolischer Verschluss (Pfeil) der oberen Segmentarterie mit keilförmigem Perfusionsdefizit. CTA, gekrümmte MIP, transversale Schnittführung (gleicher Patient wie in Abb. 3.2)
Effekt auf. Das perirenale Fettgewebe kann infiltriert sein, gelegentlich zeigen sich subkapsuläre Flüssigkeitsansammlungen (Suzer et al. 2002).
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Die MRT zeigt in der akuten Phase ein in T2-gewichteten Sequenzen hyperintenses Signal, das sich nach Kontrastmittelinjektion in T1-gewichteten Sequenzen scharf durch die fehlende Anreicherung demarkiert. In der selektiven DSA findet sich ein Abbruch der Kontrastierung oder ein umspülter Embolus. Das nachgeschaltete Infarktareal zeigt einen keilförmigen Perfusionsdefekt. Bei größeren Infarkten ist die Ausscheidung gestört. Angesichts der hohen Ortsauflösung bleibt die DSA der Goldstandard zur Beurteilung embolischer Gefäßverschlüsse der Nierenarterien. Nuklearmedizinisch können Niereninfarkte nach Injektion von 99mTechnetium-markiertem DTPA oder MAG3 durch Parenchymdefekte und verminderte Tracer-Aufnahme diagnostiziert werden (Abb. 3.51 b). Differenzialdiagnose Arteriosklerotische Nierenarterienstenosen stellen sich durch kalkhaltige Plaques mit luminaler Einengung im Abgangsbereich der Nierenarterien dar. Pyelonephritiden können in der portalvenösen Phase der CT ebenfalls als keilförmige Perfusionsdefekte imponieren, hier fehlt jedoch die subkapsuläre Kontrastmittelanreicherung, das perirenale Fettgewebe ist zudem deutlicher infiltriert. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie In Abhängigkeit von Verfügbarkeit und renalen Retentionsparametern sollte zunächst eine FKDS mit Kontrastverstärkern angestrebt werden. In der CT imponieren Infarktareale als keilförmige Perfusionsdefekte mit erhaltener Kontrastierung der subkapsulären Rinde. Die Sicherung der Diagnose mit Lokalisation des Embolus und ggf. Intervention erfolgt mit der selektiven DSA.
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Der Nierenarterienembolie liegt häufig eine kardiale Erkrankung als Emboliequelle zugrunde. Während abgelaufene Infarkte in den Schnittbildverfahren charakteristische Befunde ergeben, erfolgt die Sicherung der Diagnose durch die selektive DSA. Merke
3.4.4.4 Nierenarterienaneurysma Definition
왔 Angeborene oder erworbene um-
schriebene Erweiterung des Gefäßlumens der Nierenarterie oder ihrer Äste. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Prävalenz renaler Aneurysmen liegt in der Bevölkerung bei 0,01–0,1%. Im Rahmen von Angiogra-
phien werden in dem vorselektierten Krankengut in bis zu 2,5% der Untersuchungen Nierenarterienaneurysmen nachgewiesen (Schorn et al. 1997). Häufigste Ursache ist die Arteriosklerose. Vaskulitiden wie etwa die Polyarteriitis nodosa, die fibromuskuläre Dysplasie, das Ehlers-Danlos-Syndrom, Infektionen, Traumen und Schwangerschaften sind seltenere Ursachen für ein Aneurysma. Die Lokalisation ist am häufigsten extrarenal an der Gefäßgabelung. Es wird zwischen
∑ sakkulären (Arteriosklerose, fibromuskuläre Dysplasie), ∑ fusiformen (fibromuskuläre Dysplasie, keine Verkalkung), ∑ dissezierenden (traumatisch, iatrogen, perimediale und intimale fibromuskuläre Dysplasie) und ∑ intrarenalen (Polyarteriitis nodosa) Formen unterschieden. Während das Rupturrisiko gering ist, können Thromben rezidivierende Embolien mit zunehmender Funktionseinschränkung der Nieren auslösen. Klinische Symptomatik Renale Aneurysmen sind häufig asymptomatisch und werden im Alter von 40–70 Jahren als Zufallsbefund entdeckt. Etwa 70% der Patienten weisen erhöhte Blutdruckwerte auf. Embolien oder Blutungen können sich durch akut einsetzende Flankenschmerzen äußern. Kalzifizierte Aneurysmen <2 cm werden nicht behandelt. Die Indikation zur Therapie ergibt sich bei Größenzunahme, dem Auftreten von Niereninfarkten, bei gebärfähigen Frauen oder bei einer Ruptur. Neben der operativen Resektion können auch interventionelle Verfahren (Coiling, Embolisation) zum Einsatz kommen. Radiologische Symptomatik Sonographisch stellt sich eine echoarme, pulsierende Raumforderung im Nierenhilus, ggf. mit thrombotischen Wandauflagerungen, und Fluss in der FKDS dar. In der CT können randständige Verkalkungen erkannt werden (Abb. 3.52 a). Nach Gabe von Kontrastmittel demarkieren sich intramurale Thromben, gleichzeitig können embolisch bedingte Infarkte als keilförmige Parenchymdefekte visualisiert werden. Einblutungen, häufig bedingt durch die Ruptur eines intrarenalen Aneurysmas bei Polyarteriitis nodosa, äußern sich durch ein subkapsuläres, intraparenchymales oder perirenales Hämatom. MPR in unterschiedlicher Angulation, MIP und VRT erlauben bei der CTA und MRA, die Ausdehnung des Aneurysmas mit Bezug zu den vaskulären Strukturen darzustellen und geben wichtige Hinweise für die operative Planung (Abb. 3.52 b).
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Differenzialdiagnose Lokalisation, Form und Zahl der Aneurysmen erlauben Rückschlüsse auf die Ätiologie: Singuläre, verkalkte Aneurysmen an der Gefäßaufzweigung sind häufig arteriosklerotisch bedingt. Perlschnurartig angeordnete Aneurysmen im mittleren bis distalen Drittel oder der Segmentarterien werden bei der fibromuskulären Dysplasie, multiple intrarenale Aneurysmen bei Vaskulitiden wie der Polyarteriitis nodosa beobachtet. a
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Um neben der räumlichen Ausdehnung auch Komplikationen wie Infarkte oder Blutungen erfassen zu können, erfolgt die Darstellung von Nierenarterienaneurysmen primär mit Schnittbildverfahren wie der CT oder MRT als biphasische Untersuchung nach CTA oder MRA. Die selektive DSA schließt sich als Goldstandard an und dient der operativen oder interventionellen Planung.
b
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Renale Aneurysmen sind seltene Zufallsbefunde bei angiographischen Untersuchungen der Nierenarterien oder bei CTund MRT-Untersuchungen des Abdomens. Sie sind am häufigsten arteriosklerotisch bedingt, können embolische Niereninfarkte auslösen oder rupturieren. Merke
3.4.4.5 Arteriovenöse Malformationen der Nierenarterien Definition
왔 Angeborene oder erworbene Fehlbil-
dung des renalen Gefäßsystems mit direkter Verbindung zwischen Arterien und Venen ohne zwischengeschaltetes Kapillarbett. c
Abb. 3.52 a–c. Randständig verkalktes, partiell thrombosiertes Nierenarterienaneurysma in der Gefäßaufzweigung. a VRT transversal, b VRT koronar, c Übersichtsangiographie
Als dynamisches Verfahren kann die DSA nicht nur das Füllungsverhalten des Aneurysmas zeigen, sondern erlaubt auch Aussagen über eine Kompression der Segmentarterien mit zeitverzögerter Kontrastierung des Nierenparenchyms (Abb. 3.52 c). Die DSA ist der Goldstandard vor der operativen oder interventionellen Behandlung des Nierenarterienaneurysmas. Sie sollte jedoch mit Schnittbildverfahren kombiniert werden, auch um thrombosierte Aneurysmen nicht zu übersehen.
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Renale arteriovenöse (AV-) Malformationen sind seltene Befunde mit einer Prävalenz von 0,04% (Cho u. Stanley 1978). Etwa 1/3 sind angeboren und können klassifiziert werden in:
∑ cirsoide AV-Malformationen mit multiplen arteriovenösen Verbindungen, die traubenförmig aneinandergelagert neben dem Sammelsystem lokalisiert sind, oder ∑ als kavernöse AV-Malformationen, die von einer einzelnen Arterie gespeist werden. Erworbene AV-Fisteln lassen sich häufig auf Traumen oder Nierenbiopsien zurückführen. Weitere Ursachen sind onkologische oder entzündliche Erkrankungen. Aufgrund der verstärkten Volumenbelastung können AV-Fisteln zur Kardiomegalie führen. Die Minderperfusion des distal der Fistel gelegenen
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Nierenparenchyms fördert die Ausbildung einer renovaskulären Hypertonie und Verschlechterung der Nierenfunktion. Klinische Symptomatik Kongenitale AV-Malformationen werden bei Frauen häufiger als bei Männern beobachtet. Durch das erhöhte Vorkommen penetrierender Verletzungen bevorzugen die erworbenen AV-Fisteln das männliche Geschlecht. Die Fehlbildungen sind häufig asymptomatisch, können aber auch Flankenschmerzen hervorrufen. Aufgrund der räumlichen Nähe zum Sammelsystem kann bei 75% der symptomatischen Patienten eine Hämaturie diagnostiziert werden, etwa 50% leiden unter erhöhten Blutdruckwerten. Hypertonie und erhöhte Volumenbelastung durch den AV-Shunt können zur Ausbildung einer Herzinsuffizienz führen. Traumatische AV-Fisteln verschließen sich oft spontan innerhalb von wenigen Monaten. Symptomatische AV-Malformationen werden selektiv embolisiert. Zum Einsatz kommen Alkohol oder andere flüssige Embolisate (s. Kap. 8.1.2). Die operative Resektion kommt bei Tumoren oder Therapieversagern zum Einsatz. Radiologische Symptomatik In der FKDS stellt sich eine umschriebene, inhomogene Raumforderung im Nierenparenchym mit erhöhten Flusssignal dar. Der AV-Shunt führt zu einem Anstieg des diastolischen Flusses in der zuführenden Arterie und zu einem pulsatilen Muster in der drainierenden Vene (Takebayashi et al. 1991). In der CT stellen sich die AV-Malformationen als früharteriell anreichernde Raumforderung im Nierenparenchym mit erweiterter, geschlängelt verlaufender drainierender Vene dar. Die Nierenvene zeigt einen höheren Kontrast als auf der Gegenseite. Die verminderte Perfusion des Parenchyms distal der AVMalformationen stellt sich als hypodenses Areal dar. Die selektive DSA zeigt geschlängelt verlaufende und erweiterte zuführende Arterien und Sammelvenen mit frühzeitiger Kontrastierung der Nierenvene. Bei cirsoiden AV-Malformationen können multiple Feeder dargestellt werden, kavernöse AV-Malformationen werden durch ein einziges arterielles Gefäß versorgt. Bei traumatisch bedingten AV-Fisteln kann häufig ein Pseudoaneurysma nachgewiesen werden. Differenzialdiagnose Nierenhämangiome, hypervaskularisierte Nierenzelladenome und -karzinome können in Schnittbildverfahren ähnlich wie AV-Malformationen der Nieren imponieren, ihnen fehlt jedoch die frühe Kontrastierung der Nierenvene.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Bei Verdacht auf AV-Malformationen sollte zunächst eine FKDS oder eine Mehrphasen-CT der Nieren durchgeführt werden. Die Sicherung der Diagnose und Planung der interventionellen Therapie erfolgt mit der DSA.
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AV-Malformationen sind selten und oft asymptomatisch. Sie können jedoch zu Hämaturie, erhöhtem Blutdruck und zu Herzinsuffizienz führen. Während sich traumatisch bedingte AV-Fisteln häufig spontan schließen, erfolgt die Therapie symptomatischer AV-Malformationen durch selektive Embolisation mit Alkohol und anderen flüssigen Embolisaten. Merke
3.4.4.6 Nierenvenenthrombose Definition
왔 Vollständiger Verschluss oder subto-
tale Stenose der Nierenvene durch thrombotisches Material. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Nierenvenenthrombose ist eine häufig auftretende Komplikation des nephrotischen Syndroms. In einer Untersuchung von 151 Patienten mit nephrotischem Syndrom wiesen 22% eine Nierenvenenthrombose auf (Llach et al. 1980). Ursache ist eine Hyperkoagulopathie durch Anstieg des Fibrinogens, gesteigerte Thrombozytenaggregation und verstärkte renale Ausscheidung von Antithrombin III. Bei den meisten erwachsenen Patienten kann eine membranöse oder membranoproliferative Glomerulonephritis nachgewiesen werden. Weitere Erkrankungen, die mit einer erhöhten Thromboseneigung einhergehen, sind der systemische Lupus erythematodes, Antithrombin-III-, Protein-C- und Protein-S-Mangel. Dehydratation, Traumen, mechanische Kompression etwa in der Schwangerschaft oder Karzinome wie das Nierenzellkarzinom und der Wilms-Tumor können ebenfalls zu einer Nierenvenenthrombose führen. Risikofaktoren bei Neugeborenen und Kleinkindern stellen erhöhtes Alter oder Diabetes mellitus der Mutter, Dehydratation im Rahmen einer Gastroenteritis und Sepsis dar. Die längere linke Nierenvene ist häufiger als die Gegenseite betroffen, es können jedoch auch beidseitige Nierenvenenthrombosen auftreten. Klinische Symptomatik Nierenvenenthrombosen zeigen eine zweigipflige Häufigkeitsverteilung mit verstärktem Auftreten bei Kindern unter 2 Jahren und im Erwachsenenalter.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Die Thrombose verläuft häufig asymptomatisch, kann sich jedoch in akut einsetzenden Flankenschmerzen, Hämaturie und einer Verschlechterung der Nierenfunktion mit Ausbildung generalisierter Ödeme äußern. Thromboembolische Ereignisse sind häufig: Etwa 50% der Patienten erleiden eine Lungenembolie. In Abhängigkeit von Klinik, Ausdehnung, Nierenfunktion und Ätiologie erfolgt die Behandlung medikamentös oder interventionell durch Thrombektomie mit oder ohne Thrombolyse und Angioplastie (Kim et al. 2006) Radiologische Symptomatik In der Ultraschalluntersuchung findet sich eine vergrößerte Niere mit fehlender kortikomedullärer Differenzierung und echoreichen Arealen als Ausdruck der Einblutung. Der echoarme Thrombus kann durch den Einsatz der FKDS besser differenziert und direkt dargestellt werden. In der Doppleruntersuchung ist die Pulsatilität des venösen Flusses verringert und der RI im Vergleich zur Gegenseite erhöht. In der akuten Phase der Erkrankung stellt sich der Thrombus in der CT als hypodenser Füllungsdefekt in einer erweiterten Nierenvene dar (Abb. 3.53). Die Niere ist vergrößert, die kortikomedulläre Phase hält im Vergleich zur Gegenseite länger an, die Ausscheidung ist verzögert und das perirenale Fettgewebe imponiert infiltriert. Mit fortschreitender Erkrankungsdauer bilden sich venöse Kollateralen aus, die sich als geschlängelte Gefäße im Bereich des proximalen Ureters und des Nierenlagers darstellen (Gatewood et al. 1986). In der MRT besitzt der Thrombus in der subakuten Phase in nativen, fettgesättigten T1- und T2-gewichteten Sequenzen ein hyperintenses Signal, das
später zunehmend abfällt. Dynamische 3D-MRA-Sequenzen erlauben eine sichere Differenzierung des Thrombus, ergänzende transversale und koronare Schichten nach Gabe von Kontrastmittel zeigen eine im Vergleich zur kontralateralen Seite vergrößerte Niere mit verzögerter Anreicherung des Nierenmarks (Kanagasundaram et al. 1998). Bei der selektiven angiographischen Darstellung der Nierenvene stellt sich ein kompletter Verschluss oder teilumspülter Thrombus mit venöser Kollateralisierung dar. Da die Diagnose mit der FKDS, der CT oder MRT sicher gestellt werden kann, erfolgt die invasive Diagnostik nur im Rahmen einer geplanten Intervention. Differenzialdiagnose Pyelonephritiden können ein ähnliches nephrographisches Bild wie eine Nierenvenenthrombose aufweisen, hier fehlt jedoch der direkte Thrombusnachweis. Bei einer Abflussbehinderung der Ureteren ist die Kontrastierung des Nierenmarks ebenfalls zeitverzögert, die Ursache der Harnleiterstaus kann hier dargestellt werden. Tumorthromben weisen in der CT und MRT eine Anreicherung nach Gabe von Kontrastmittel auf. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die FKDS lässt eine sichere Darstellung der Nierenvenenthrombose zu und ist insbesondere bei Kindern die Modalität der Wahl. Alternative Verfahren sind die dynamische MRA in Kombination mit nativen Sequenzen und die biphasische CT in der kortikomedullären und späten Phase, um die Ausdehnung des Thrombus in die untere Hohlvene dokumentieren zu können.
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Die Nierenvenenthrombose tritt bei Kindern unter 2 Jahren oder bei Erwachsenen, hier oft als Komplikation eines nephrotischen Syndroms, auf und kann in der FKDS, der CT und der MRT sicher diagnostiziert werden. Merke
3.4.4.7 Vaskulitiden
Abb. 3.53. Umspülter Thrombus in der linken Nierenvene (Pfeil)
Die Manifestation der Vaskulitiden umfasst das gesamte Gefäßsystem von der Aorta bis zu den Venen (s. oben, vgl. Tabelle 3.5). In Abhängigkeit vom Befallsort reicht das Spektrum der Befunde von Stenosen der proximalen Nierenarterien (Takayasu-Arteriitis) über Aneurysmen der Interlobararterien und der Aa. arcuatae (Polyarteriitis nodosa) bis zu Parenchymschäden der Niere ohne begleitende Gefäßveränderungen in den Schnittbildverfahren (systemischer Lupus erythematodes).
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
Takayasu-Arteriitis Definition
왔 Granulomatöse Arteriitis der Aorta
und ihrer Hauptäste unklarer Ätiologie; die vorwiegend bei Patientinnen im Alter von unter 50 Jahren auftritt. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Ätiologie der Takayasu-Arteriitis ist unklar. Immunpathogene Mechanismen werden vermutet. Es handelt sich um eine granulomatöse Entzündung der großen und mittleren Arterien, die histologisch durch mononukleäre Zellinfiltrate, den Nachweis von Riesenzellen und eine ausgeprägte Intimaproliferation gekennzeichnet ist. Die Takayasu-Arteriitis zeigt eine Prädilektion des Aortenbogens und seiner Äste, insbesondere der A. subclavia. Typischerweise sind die Gefäßabgänge dabei stärker betroffen als die weiter peripher liegenden Abschnitte. Stenosen sind bis zu 4-mal häufiger als Aneurysmen (Kerr et al. 1994). Die Takayasu-Arteriitis ist die einzige Vaskulitis, die zu einem Verschluss der Aorta führen kann. In etwa 40% der Fälle sind die Nierenarterien betroffen. Klinische Symptomatik Von der Erkrankung sind vorwiegend jüngere Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren betroffen. Die Erkrankung tritt in Südostasien etwa 10-mal häufiger als in Europa auf. Nach Allgemeinsymptomen wie Fieber stehen später die Symptome der Gefäßokklusion im Vordergrund der klinischen Beschwerden: Bei bis zu 93% der Patienten ist die A. subclavia betroffen. Folgen sind Kältegefühl in den Händen und eine beidseitige Abschwächung bis Aufhebung des Radialispulses („pulseless disease“). Der Befall der Nierenarterien äußert sich in einer renovaskulären Hypertonie, Herzinsuffizienz und einer Verschlechterung der Nierenfunktion bis zur Dialysepflicht. Die Therapie der Erkrankung erfolgt in der akuten Phase der Erkrankung mit Glukokortikoiden. Erhöhte Blutdruckwerte, die Bedeutung für die Entwicklung von Komplikationen besitzen, werden zunächst durch Antihypertensiva eingestellt. Die Indikation zur Angioplastie wird bei einer durch Monotherapie nicht ausreichend eingestellten Hypertonie oder einer Stenose von >70% in der inaktiven Phase der Erkrankung (normale BSG und CRP) gestellt, die PTA weist eine hohe Erfolgsrate auf (Weaver et al. 2004). Radiologische Symptomatik Sonographisch kann eine konzentrische Verdickung und Infiltration der Gefäßwand als echoarmer Halo nachgewiesen werden. Die FKDS zeigt intrasteno-
tisch ein Aliasing, im Doppler finden sich erhöhte Flussgeschwindigkeiten. In der CTA fehlen die für arteriosklerotische Erkrankungen typischen Kalkplaques, die Gefäßwand ist verdickt und begleitende Veränderungen der Aorta und der Mesenterialarterien stellen sich zuverlässig dar. Die bessere Gewebedifferenzierung prädestiniert die MRT für Diagnose und Verlaufsbeurteilung der Takayasu-Arteriitis. Mit der CE-MRA können abgangsnahe, glattwandige und langstreckige Stenosen sowie seltener Aneurysmen nachgewiesen werden. Native fettgesättigte T2- und fettgesättigte T1-gewichtete Sequenzen nach Gabe von Gadolinium in axialer Schnittführung ermöglichen die Darstellung des Wandödems und Aussagen über die Aktivität der Erkrankung anhand des Kontrastmittelverhaltens (Nastri et al. 2004). In der DSA zeigt die Takayasu-Arteriitis ein typisches Bild mit glattwandigen, abgangsnahen Stenosen von Ästen des Aortenbogens. Um das Ausmaß der Erkrankung vollständig zu erfassen, sollte die gesamte Aorta dargestellt werden.
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Zur Untersuchung von Vaskulitiden der großen Gefäße wird die 3D-CEMRA durch zum Gefäßverlauf orthogonale, fettgesättigte T1- und T2-gewichtete Sequenzen ergänzt, um neben der Gefäßmorphologie auch Aussagen über die Aktivität der Erkrankung stellen zu können. Merke
Differenzialdiagnose Arteriosklerotisch bedingte Nierenarterienstenosen zeigen Kalkablagerungen in der Gefäßwand. Die Stenosen sind oft kurzstreckig und unregelmäßig begrenzt. Die Patienten sind häufig über 50 Jahre alt, das weibliche Geschlecht wird nicht bevorzugt. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Zur Darstellung einer durch die Takayasu-Arteriitis verursachten Wandinfiltration und Stenose der Nierenarterie ist die MRT die Methode der Wahl. Die CE-MRA sollte durch axiale Sequenzen vor und nach Gadolinium-Gabe ergänzt werden, die Aorta muss in ihrem gesamten Verlauf untersucht werden. Der DSA bleibt die präoperative Planung und Bildgebung im Rahmen interventioneller Maßnahmen vorbehalten.
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Die Takayasu-Arteritiis ist eine vorwiegend bei jüngeren asiatischen Frauen auftretende Erkrankung, die zu abgangsnahen Stenosen des Aortenbogens, insbesondere der A. subclavia führt. Bei klinischem Verdacht erfolgt die Diagnose durch Darstellung des charakteristischen Gefäßbefalls in der MRT, die auch für das Follow-up eingesetzt wird. Nierenarterienstenosen, die Merke
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße
bei 40% der Patienten beobachtet werden, können in der inaktiven Phase der Erkrankung erfolgreich durch Angioplastie behandelt werden. Polyarteriitis nodosa Definition
왔 Nekrotisierende Vaskulitis der mittle-
ren bis kleinen Gefäße ohne histologische Zeichen einer Glomerulonephritis oder Beteiligung der Arteriolen, Kapillaren und Venolen. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Als Auslöser der Polyarteriitis nodosa werden Infektionen mit Hepatitis-B- und Zytomegalieviren angesehen, die eine Immunkomplexreaktion initiieren. Der segmentale, panmurale Befall kleiner Arterien mit mukoider Degeneration und fibrinoider Nekrose führt zur Desintegration der Zellwand und Ausbildung multipler, für die Erkrankung charakteristischer Mikroaneurysmen. Histopathologisch stellen sich polymorphkernige Zellinfiltrate in allen Wandschichten und im perivaskulären Bindegewebe dar. Intimaproliferation und fibrinoide Nekrose führen zu einer weiteren Einengung des Lumens mit Ausbildung multipler Stenosen und Gefäßverschlüsse. Klinische Symptomatik Die Erkrankung bevorzugt das männliche Geschlecht. Das Durchschnittsalter beträgt 45 Jahre. Bei Patienten mit Hepatitis B wird eine erhöhte Inzidenz beobachtet.Alle Organe des Körpers können beteiligt sein, bevorzugt wird die Niere (80–100%), das Herz (bis zu 70%), der Gastrointestinaltrakt (50–70%), die Leber (50–60%) und die Milz (45%, Travers et al. 1979). Neben Allgemeinsymptomen wie Fieber und Gewichtsverlust stehen die durch den jeweiligen Organbefall ausgelösten Beschwerden im Vordergrund. Die renale Beteiligung äußert sich in erhöhten Blutdruckwerten, schmerzloser Hämaturie und ansteigenden Retentionsparametern. Die Ruptur intrarenaler Aneurysmen oder Niereninfarkte stellen Komplikationen dar und führen zu akut einsetzenden Flankenschmerzen. Während die Prognose der unbehandelten Polyarteriitis nodosa mit einer Fünfjahresüberlebensrate von 10–20% schlecht ist, kann sie durch eine Therapie mit Glukokortikoiden, ggf. in Kombination mit Cyclophosphamid, auf 80–90% erhöht werden. Rupturierte Nierenaneurysmen werden interventionell durch Coiling behandelt. Radiologische Symptomatik CT und MRT können häufig nur größere Aneurysmen und Gefäßveränderungen in fortgeschrittenen Stadien darstellen, sie dienen vor allem der Visuali-
Abb. 3.54. Polyarteriitis nodosa mit multiplen Mikroaneurysmen
sierung von Organveränderungen. Hier zeigen sich multiple Niereninfarkte unterschiedlichen Alters mit Perfusionsdefekten und Einziehungen der Oberfläche. Die Rupturhäufigkeit liegt bei 9%. In den Schnittbildverfahren finden sich dann subkapsuläre, intraparenchymale oder perirenale Hämatome (Jee et al. 2000). In der DSA lassen sich multiple, oft perlschnurartig angeordnete Aneurysmen an der Aufzweigung der Interlobararterien und der Aa. arcuatae nachweisen. Die großen Gefäßstämme sind von den beschriebenen Veränderungen ausgespart. Die Größe der Aneurysmen liegt <10 mm, häufig zwischen 1 und 5 mm (Abb. 3.54). Mikroaneurysmen sind häufig, aber nicht immer anzutreffen. Angiographische Untersuchungen von 56 Patienten zeigten bei 61% aneurysmatische Gefäßaufweitungen und bei 98% Stenosen oder Gefäßverschlüsse. 39% der Patienten wiesen als einziges Zeichen der Polyarteriitis nodosa luminale Einengungen ohne Aneurysmen auf (Stanson et al. 2001). Differenzialdiagnose Vaskulitiden bei rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, Churg-Strauss-Syndrom oder Drogenabusus können ebenfalls Mikroaneurysmen aufweisen und müssen als Differenzialdiagnose durch klinische Parameter ausgeschlossen werden. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Schnittbildverfahren wie CT und MRT dienen zur Darstellung von Komplikationen wie Niereninfarkten oder Einblutungen. Zur Visualisierung von Mikroaneurysmen und segmentalen Stenosen sowie Verschlüssen peripherer Arterien muss eine selektive DSA der Nierenarterien durchgeführt werden.
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Kapitel 3 Gefäße im Abdomen
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Der fehlende Nachweis von Mikroaneurysmen schließt die Diagnose einer Polyarteriitis nodosa nicht aus. Gefäßverschlüsse und Stenosen sind deutlich häufiger und können das einzige angiographische Zeichen der Erkrankung darstellen. Die Polyarteriitis nodosa befällt als nekrotisierende Vaskulitis in >90% die Niere und imponiert angiographisch als intrarenale Mikroaneurysmen und Gefäßokklusionen. Die Erkrankung spricht gut auf die Behandlung mit Glukokortikoiden an, rupturierte Aneurysmen können interventionell angegangen werden. Merke
Lupus-erythematodes-Vaskulitis Definition
왔 Nekrotisierende Vaskulitis der klei-
nen Gefäße unklarer Ätiologie, die neben der Haut vor allem synoviale und seröse Strukturen befällt. Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Zell- und Gewebeschädigung der Lupus-erythematodes-Vaskulitis kommt durch Ablagerung zirkulierender Antigen-Antikörper-Komplexe zustande, die eine nekrotisierende Vaskulitis der kleinen Blutgefäße auslösen. Während die histopathologischen Veränderungen der Gefäße nicht spezifisch sind, dienen die bei der Nierenbiopsie erhobenen Befunde zur Abschätzung des Schweregrades der Erkrankung und Bestimmung einer adäquaten Therapie. Immunhistochemisch können bei allen Patienten mit systemischem Lupus erythematodes pathologische Veränderungen gefunden werden, die in etwa 50% der Fälle klinisch apparent sind. Neben tubulointerstitiellen Schäden zeigen sich unterschiedliche Formen der Glomerulonephritis. Die diffus-proliferative Glomerulonephritis ist am häufigsten und führt unbehandelt innerhalb von 2 Jahren zur Niereninsuffizienz. Die durch die Erkrankung ausgelöste Hyperkoagulopathie erhöht das Risiko thrombotisch bedingter Gefäßverschlüsse und kann zu Nierenvenenthrombosen führen. Klinische Symptomatik Betroffen sind vor allem Frauen im Alter zwischen 16 und 41 Jahren. Männer, Kinder und ältere Patienten können jedoch auch erkranken. Die Erkrankung befällt vor allem die Haut, Gelenke, Nieren, das zentrale Nervensystem und die Lunge. Die renale Manifestation äußert sich in einer Proteinurie, Hämaturie, einem nephrotischen Syndrom, erhöhten Blutdruckwerten und einer fortschreitenden Verschlechterung der Nierenfunktion bis zur terminalen Insuffizienz und Dialysepflicht.
Die Diagnose der Erkrankung erfolgt anhand klinischer Klassifikationskriterien und dem Nachweis von Autoantikörpern. Während ANA als ScreeningTest gelten, sind Antikörper gegen ds-DNS und gegen das Sm-Antigen hochspezifisch. Der systemische Lupus erythematodes kann nicht geheilt werden. Seine Behandlung stützt sich vor allem auf Glukokortikoide und Immunsuppressiva wie Cyclophosphamid. Radiologische Symptomatik In der Ultraschalluntersuchung zeigen sich beidseits vergrößerte Nieren mit einem Längsdurchmesser von >13 cm und einer verstärkten Echogenität der Nierenrinde. Mit fortschreitender Krankheitsdauer und Niereninsuffizienz imponieren die Nieren verkleinert. Bei der Doppleruntersuchung korreliert der RI mit erhöhten Kreatininwerten und einer schlechteren klinischen Prognose (Platt et al. 1997). Die CT-Befunde sind unspezifisch: Die Nieren sind vergrößert, und es zeigen sich radiär verlaufende hypodense Streifen, die auf die Vaskulitis zurückgeführt werden. Begleitende Veränderungen an Leber und Milz, Pleuraergüsse, Aszites, eine Infiltration des mesenterialen Fettgewebes und ischämische Darmabschnitte können wichtige Hinweise für das Vorliegen einer Systemerkrankung darstellen. Durch die Hyperkoagulopathie im Rahmen des nephrotischen Syndroms induzierte Nierenvenenthrombosen imponieren als hypodense Füllungsdefekte in einer erweiterten Nierenvene. Mikroaneurysmen sind bei der Lupus-erythematodes-Vaskulitis deutlich seltener als bei der Polyarteriitis nodosa. In der DSA können die Interlobulararterien ein geringeres Kaliber aufweisen, die Aa. arcuatae und interlobares verlaufen geschlängelt. Die Perfusion der Niere ist reduziert, das Nephrogramm kann Defekte aufweisen.
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Der systemische Lupus erythematodes kann bildmorphologisch weder mit Schnittbildverfahren noch der DSA sicher von anderen Vaskulitiden kleiner Gefäße unterschieden werden. Zur Abgrenzung muss eine Bestimmung der Autoantikörper erfolgen. Merke
Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch müssen andere Vaskulitiden der kleinen und mittelgroßen Gefäße ausgeschlossen werden. Da die mit Ultraschall und DSA erhobenen Befunde unspezifisch sind, erfolgt dies mit Hilfe von Klinik und Laborchemie. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Schnittbildverfahren wie Ultraschall und CT eignen sich am besten, um Organveränderungen darzustellen. Da die Diagnosestellung anhand klinischer Zei-
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chen und dem Nachweis von Autoantikörpern (ANA, anti-dsDNS-AK, anti-Sm-AK) erfolgt, ist eine DSA nur in Einzelfällen sinnvoll. Neben Veränderungen der Niere sollte auch auf einen Befall von Leber und Milz, Darmwandveränderungen und das Vorliegen von Pleura- und Perikardergüssen sowie Aszites geachtet werden.
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Der Lupus erythematodes befällt vorwiegend Frauen im gebärfähigen Alter und wird anhand klinischer Zeichen sowie Antikörpernachweisen diagnostiziert. Die Niere ist bioptisch immer, klinisch in bis zu 50% der Fälle betroffen. Die multiplen, aber oft unspezifischen Organveränderungen erklären sich durch den systemischen Charakter der Erkrankung. Merke
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251
252
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Peripheres Gefäßsystem
4
P. Reimer, R. Vosshenrich, P. Landwehr
4.1
Radiologische Untersuchungstechnik 253
4.2 4.2.1
Normalanatomie und wesentliche Varianten, Radiometrie 269 Anomalien und Varianten 272
4.3
Systematische Bildanalyse 274
4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6
Erkrankungen der peripheren Gefäße 282 Arteriosklerose 282 Aneurysmen 289 Diabetische Angiopathie 292 Vaskulitiden 293 Thrombangiitis obliterans 296 Morbus Raynaud und sekundäres Raynaud-Phänomen 298 4.4.7 Fibromuskuläre Dysplasie 300 4.4.8 Zystische Erkrankung der Adventitia 301 4.4.9 Popliteales arterielles Entrapment-Syndrom 302 4.4.10 Thoracic-outlet-Syndrom 305 4.4.11 Trauma 307 Literatur 311
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), zunehmend häufig in Kombination mit dem Diabetes mellitus, ist in den Industrienationen eine vermehrt auftretende Erkrankung der immer älter werdenden Bevölkerung. In Deutschland sind etwa 3,3 Mio. Menschen betroffen. In 80–90% der Fälle wird die Erkrankung durch eine Arteriosklerose verursacht (Dormandy et al. 1999). Gegenwärtig werden aufgrund einer pAVK in Deutschland jährlich etwa 22.000 Amputationen durchgeführt. An den direkten Krankheitsfolgen versterben etwa 18.000 Patienten. Für Leistungen wegen arteriosklerotischer Gefäßerkrankungen entstehen Kosten von insgesamt 2,2 Mrd. Euro pro Jahr. Statistische Schätzungen haben ergeben, dass jedes Jahr etwa 100.000 Neuerkrankungen zu erwarten sind (Gesundheitsbericht für Deutschland 1998). Für die Diagnostik der Erkrankung war die invasive Arteriographie mit intraarterieller Kontrastmittelapplikation zunächst als Blattfilm-Angiographie, dann als digitale Subtraktionsangiographie (DSA) für Jahrzehnte die Methode der Wahl (Abb. 4.1 a–l,
Abb. 4.2 a–f). Obwohl die modernen Angiographietechniken generell als sicher gelten, verbleiben jedoch gewisse Risiken. Dazu zählen sowohl punktionsbedingte Komplikationen als auch kontrastmittelinduzierte Zwischenfälle und Organschäden (Waugh u. Sacharias 1992). Hinzu kommen medikolegale Probleme im Hinblick auf die Aufklärung des Patienten mit dem Hinweis auf alternative Verfahren und Aspekte im Rahmen der Nachsorge sowie ökonomische Überlegungen (Yin et al. 1995). Aus diesen Gründen beinhalteten moderne Untersuchungskonzepte in Abhängigkeit vom Schweregrad einer peripheren arteriellen Gefäßerkrankung neben angiologischen, nichtapparativen und apparativen Funktionstests (klinische Untersuchung, Bestimmung der standardisierten beschwerdefreien Gehstrecke mittels Laufbandtest, Dopplerverschlussdruckmessung, Arm-Knöchel-Index-Bestimmung, Belastungstests, Oszillographie) auch verschiedene nichtinvasive bildgebende Verfahren wie die Ultraschalldiagnostik [B-Sonographie, Farbduplexsonographie], die CT-Angiographie oder die Magnetresonanzangiographie (MR-Angiographie). Ultraschalldiagnostik Für die sonographische Diagnostik des peripheren Gefäßsystems stehen in der klinischen Routine die folgenden Verfahren zur Verfügung:
∑ Dopplersonographie (ohne Bildgebung, zur Dopplerverschlussdruckmessung), ∑ B-Sonographie, ∑ Farbduplexsonographie, ∑ Spezialverfahren wie Panorama- und 3D-Bildgebung, Phaseninversionstechniken, durch Echosignalverstärker unterstützte Techniken und PowerDoppler-Techniken. Die nichtbildgebende Dopplersonographie ist ein Untersuchungsverfahren zur Funktionsbestimmung (Hämodynamik), wohingegen die B-Sonographie lediglich morphologische Informationen liefert (Gefäßtopographie, Gefäßumgebung, Gefäßwand). Erst die Kombination aus gepulster Dopplersonographie und B-Bildsonographie (z. B. in Form der Farbdu-
254
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
a
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b
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f
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Abb. 4.1 a–l. Retrograde DSA bei pAVK. Die retrograde DSA mit einem 3-French-Katheter zeigt bei pAVK Stadium II B eine generalisierte pAVK mit einem Verschluss der A. femoralis superficialis links (Pfeile). Der Verschluss bewirkt eine Flussverzögerung in das linke Bein, sodass von den Aufnahmen 2 Fül-
i
lungsphasen (a, b, f–k) abgebildet sind. Die Beckenetage wurde in 3 Projektionen aufgenommen (c–e). Für den distalen Unterschenkel und die Füße wurde zusätzlich ein Summationsbild der verschiedenen Füllungsphasen angefertigt (l). j–l siehe nächste Seite
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik
j
k
l
Abb. 4.1 j–l.
plexsonographie) erlaubt gleichzeitig Aussagen über die Gefäßtopographie, die Gefäßwand und den Blutfluss. Zur sonographischen Untersuchung der peripheren Arterien nimmt der Patient eine bequeme Rückenlage ein. Zur Darstellung der A. poplitea sowie der A. tibialis posterior und der A. fibularis ist die Bauchlage günstiger. Der Untersucher sitzt neben der rechten Patientenseite. Die alleinige Dopplersonographie, die noch immer unverzichtbare Basis jeder apparativen Diagnostik der peripheren Arterien ist, kann mit einfachen, tragbaren und kostengünstigen Geräten durchgeführt werden. Mittels Stiftsonden (z. B. 5 MHz-Sendefrequenz) und kontinuierlicher Schallaussendung [„Continous-wave- (CW-) Dopplersonographie“] kann der Blutfluss in den peripheren Arterien sensitiv nachgewiesen werden. Hierdurch wird es möglich, eine nichtinvasive systolische Blutdruckmessung in den distalen Unterschenkelarterien unter Zuhilfenahme einer einfachen Blutdruckmanschette vorzunehmen. Hierbei übernimmt der Ultraschallkopf die Funktion des tastenden Fingers bzw. des Stethoskops, um bei schrittweisem Ablassen des Drucks in der Blutdruckmanschette bei Unterschreiten des systolischen Drucks die Reperfusion zu detektieren. Die Messung des Dopplerverschlussdrucks an den Unterschenkelarterien im Vergleich mit dem höhe-
ren systolischen Wert der A. brachialis beider Arme wird als Dopplerverschlussdruckquotient (auch Dopplerverschlussdruckindex oder bei Einsatz an der unteren Extremität Knöchel-Arm-Index genannt; englisch: ABI/„ankle brachial index“) bezeichnet.
!
Der Dopplerverschlussdruckquotient ist ein einfacher und robuster Parameter für die hämodynamische Integrität der Extremitätenarterien, zudem ist er ein guter Marker für das allgemeine kardiovaskuläre Risiko (Diehm et al. 2004; Lange et al. 2005). Merke
Die Untersuchung sollte zwecks Standardisierung nach etwa 15-minütiger Ruhepause des Patienten erfolgen. Das dopplersonographisch detektierte Wiederauftreten des Flusses bei langsamer Reduktion des Manschettendrucks markiert die Höhe des systolischen Blutdrucks auf Höhe der Blutdruckmanschette. Bei Grenzbefunden in Ruhe (z. B. subnormale oder normale, nichtkonklusive Werte) kann die Untersuchung nach definierter Belastung wiederholt werden, um die Sensitivität zu erhöhen. Zum Beispiel wird bei vermuteter pAVK vom Oberschenkeltyp durch 40 Zehenstände, bei vermuteter pAVK vom Beckentyp durch 20 Kniebeugen eine Belastungssituation geschaffen, die zu einem passageren Absinken des Index führt. Das Ausmaß der Reduktion des In-
255
256
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
c b a
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Abb. 4.2 a–f. Transbrachiale DSA bei pAVK. Die transbrachiale DSA mit einem 4-French-Katheter zeigt eine generalisierte pAVK bei Z. n. kurzem femoropoplitealem Bypass rechts (Pfeile)
dex unter Belastung sowie die Dauer der Erholungsphase gehen in die Auswertung ein. Limitationen des Verfahrens bestehen bei Patienten mit schwerer Mediasklerose (Diabetes, dialysepflichtige Niereninsuffizienz) aufgrund der reduzierten Kompressibilität der Arterien sowie bei Patienten mit ausgedehnten Ulzerationen und lokalen Infektionen, die ein Anlegen der Blutdruckmanschette unmittelbar proximal der Knöchelregion nicht zulassen. Die Wahl des Schallkopfes für die B-Sonographie und die Farbduplexsonographie richtet sich nach der zu untersuchenden anatomischen Region. Für die abdominellen Arterien (Abb. 4.3 a–c) sind im Allgemeinen Konvexschallköpfe von 3- bis 5 MHz-Sendefrequenz einzusetzen. Je nach Dicke des Weichteilmantels kommen für die Extremitätenarterien Schallköpfe mit einer Sendefrequenz von 5 bis etwa 10 MHz zur Anwendung, wobei Breitbandschallköpfe moderner Ultraschallgeräte einen großen Einsatzbereich bieten. Um ein gutes und in der vollen Bildbreite ver-
wertbares Dopplersignal aus den zu untersuchenden Arterien zu erhalten, ist es – außer bei der Darstellung abdomineller Arterien von Erwachsenen – bei der Diagnostik der peripheren Arterien essenziell, Linearschallköpfe einzusetzen (Abb. 4.4). Die Sonographie ergibt nur einen kleinen Bildausschnitt („field of view“/FOV) im Vergleich z. B. mit der MR-Angiographie. Dieser Nachteil kann durch die Möglichkeiten des dynamischen und schnellen Wechsels der Schallkopfposition ausgeglichen werden. Prinzipiell kann auch mit der Sonographie eine nahezu vollständige Abbildung aller peripheren Arterien erreicht werden, diese ist jedoch insbesondere bei bilateraler Untersuchung zeitaufwändig. Bei der farbduplexsonographischen Untersuchung der peripheren Arterien kommt es vielmehr darauf an, aufbauend auf den Resultaten der klinischen Untersuchung und der Dopplerverschlussdruckmessung die relevanten Läsionen nachzuweisen und im Schweregrad einzuschätzen.
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik
b
a
c
Abb. 4.3 a–c. Infrarenale Aortenstenose. a DSA. b Farbduplexsonographie. c Poststenotisches Dopplerfrequenzspektrum in der A. femoralis communis
Abb. 4.4. Popliteaaneurysma. Partiell thrombosiertes Popliteaaneurysma (T Thrombus, Pfeil Wandverkalkung)
Es muss das Ziel sein, nach Abschluss der Farbduplexsonographie eine Einschätzung vornehmen zu können, ob der Patient eine angiographische Bildgebung (mit DSA, MR- oder CT-Angiographie) benötigt oder ob schon auf Basis der Sonographieresultate eine therapeutische Entscheidung möglich ist. Aus den oben geschilderten Gründen ist für die sonographische Untersuchungstechnik eine klare Strategie erforderlich. Diese wird wesentlich durch die klinische Fragestellung und Orientierung an den therapeutischen Möglichkeiten bestimmt. Beispielsweise reicht bei der Frage nach einem postpunktionellen Aneurysma spurium die umschriebene Darstellung der Punktionsstelle aus. Für die Qualitätskontrolle nach perkutaner transluminaler Angioplasie (PTA) einer Stenose der A. femoralis superficialis wird im Allgemeinen neben der Verschlussdruckmessung die farbduplexsonographische Darstellung des therapierten Gefäßabschnitts ausreichen.
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem Abb. 4.5. Stenosebedingte Flussphänomene. Farbduplexsonographie bei einer idealen Stenose (Modell, konzentrische 50%ige Stenose). Intrastenotisch (1) erhöhte Strömungsgeschwindigkeit mit poststenostischem Jet. Unmittelbar poststenotisch (2) randständige regelmäßige Flusswirbel (Flussumkehrung,„flow reversal“), weiter distal Turblenzen (3)
Ist bei der Erstdiagnostik der AVK aufgrund der Klinik und der Dopplerverschlussdruckmessung eine pAVK wahrscheinlich, werden zunächst strategisch wichtige, repräsentative Gefäßabschnitte im Längsschnitt unter Darstellung in Farbe sowie mit Ableitung von Dopplerfrequenzspektren untersucht. Diese ersten Ableitungspunkte sind insbesondere
∑ die A. iliaca communis, ∑ die Femoralisgabel (mit A. femoralis communis, Hauptstamm der A. profunda femoris sowie proximaler A. femoralis superficialis), ∑ die A. femoralis superficialis im mittleren und distalen Drittel, ∑ die A. tibialis anterior und posterior zunächst auf Sprunggelenkhöhe sowie ∑ die A. poplitea im mittleren Drittel. Wesentlich hierbei ist die morphologische Analyse der Dopplerfrequenzspektren. Es ist darauf zu achten, ob für den jeweiligen Ableitungsort typische Spektren vorliegen oder ob spektrale Formveränderungen bestehen, die z. B. auf einen poststenotischen, postokklusiven oder für eine arteriovenöse (AV-) Fistel typischen Fluss hinweisen. Bei Änderung der Spektralform zwischen 2 Ableitungspunkten muss zwischen diesen Messpunkten detailliert nach der zugrunde liegenden Pathologie gefahndet werden.
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Eine besonders rationelle untersuchungstechnische Vorgehensweise kann darin bestehen, zunächst Spektren von je einem sehr weit proximalen (z. B. A. femoralis communis) und einem weit distalen (z. B. A. tibialis anterior auf Höhe des Sprunggelenks) Messpunkt abzuleiten und je nach morphologischer Änderung der Spektralmorphologie von proximal nach distal die Läsionseingrenzung vorzunehmen. Merke
Das Auffinden der Läsionen wird durch die Flussdarstellung in Farbe erheblich erleichtert. Zu achten ist etwa auf erhöhte Flussgeschwindigkeiten und Turbulenzen im Rahmen von Stenosen (Abb. 4.5), auf fehlende intraluminäre Flusssignale bei Verschlüssen (Abb. 4.6 a–c) sowie auf Kollateralgefäße. Die Bestimmung der maximalen systolischen Flussgeschwindigkeit wird zur Quantifizierung von Stenosen genutzt. Die Analyse der Wandbeschaffenheit mittels der B-Bild-Information ergänzt die farbduplexsonographische Untersuchung. Bei der Farbduplexsonographie ist eine Fülle von Parametern einzustellen, um eine Optimierung von B-Bild, Farbbild und Spektrum zu erreichen. Hierzu gehören neben der Sendefrequenz, und damit der Schallkopfwahl, vor allem
∑ die Sendeleistung (Power), ∑ die Empfangsverstärkung („gain“ und tiefenabhängige Verstärkung), ∑ die Pulswiederholfrequenz (PRF), ∑ die Größe und Ausrichtung des Farbfensters, ∑ die Lage, Größe und Ausrichtung des Messfensters für die gepulste Dopplersonographie sowie ∑ die Lage der Nulllinie bei der Darstellung des Spektrums. Bei der Auswertung der Dopplerfrequenzspektren muss auf eine korrekte Lage der tatsächlichen Längsachse des Gefäßes (Winkelkorrektur) geachtet werden, damit eine Berechnung von Strömungsgeschwindigkeiten aus den gemessenen Dopplerfrequenzverschiebungen erfolgen kann. Die Dokumentation der Bilder und Spektren muss alle repräsentativen Untersuchungsregionen und relevanten Pathologien einbeziehen. Dabei ist auf eine exakte Beschriftung zu achten. Bei Dokumentation longitudinaler Schnittbilder ist der proximale Körperabschnitt links im Bild darzustellen.
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik
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Abb. 4.6 a–c. Verschluss der A. femoralis superficialis. a DSA. b Farbduplexsonographie proximal des Verschlusses (Pfeil Thrombus, K Kollaterale. c Farbduplexsonographie distal des Verschlusses (Stern Wiederanschluss, K Kollaterale)
Computertomographie Bis zur Einführung der Spiral-CT war eine CT-Angiographie der peripheren Arterien nicht möglich. Erst mit der Einführung der Multidetektor- (MD-) oder Multisclice- (MS-) CT von den 4-Zeilen-Geräten bis hin zu aktuellen 64-Zeilen-Geräten wurde die Darstellung der peripheren Arterien mittels CT in der klinischen Routine möglich (Rubin et al. 2000; Willmann et al. 2005). Mit der technischen Entwicklung der MS-CT-Geräte hat sich das Scan-Volumen in ZRichtung verlängert und die räumliche Auflösung bei einer minimalen Kollimation von 2,5 mm bei 4-Zeilen-Geräten bis hin zu 0,6 mm bei 64-Zeilen-Geräten verringert. Im Allgemeinen empfiehlt es sich, mit möglichst dünner Kollimation und einer Rekonstruktionsüberlappung von >50% zu arbeiten, sodass sich annähernd isotrope Voxel ergeben. Mit zunehmender Scan-Geschwindigkeit ist darauf zu achten, den Kontrastmittelbolus nicht zu überholen. Dazu wird der Pitch bei 64-Zeilern z. B. bei einer Kollimation von 0,6 mm und einem Inkrement von 0,3 mm auf 0,9 re-
duziert. Praktisch sollten die Knie aneinander fixiert werden, um ein kleines Messfeld zu scannen. Zur Steigerung der räumlichen Auflösung in der Schichtebene ist eine seitengetrennte Rekonstruktion der Extremitäten vorteilhaft. Die Kontrastmittelinjektion erfolgt für die Arterien der unteren Extremität über die Armvenen ohne Seitenpräferenz. Für die Untersuchung einer Seite der oberen Extremitätenarterien sollte über den kontralateralen Arm injiziert werden, der dazu ausgelagert werden kann. Zur optimalen Kontrastierung muss das Zusammenspiel der Parameter Scan-Verzögerung, Jodkonzentration, Injektionsgeschwindigkeit und des NaCl-Nachspülbolus beachtet werden. Zur Bestimmung der Scan-Verzögerung kann die Messung der Kreislaufzeit dienen. Effizienter sind jedoch Bolustriggerverfahren, bei denen ein absoluter Dichteanstieg oberhalb eines Schwellenwertes von typischerweise 100–120 Hounsfield-Einheiten (HE) zur Auslösung des eigentlichen Scans führt. Die optimale intravasale Jodkonzentration im Scan-Bereich kann bei den schnellen 16- oder 64-Zeilen-CT-Gerä-
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
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Abb. 4.7 a, b. AVK vom Oberschenkel- und Unterschenkeltyp beidseits (CT-Angiographie). a CT-Angiographie (MIP). Diffuse Arteriosklerose. 50%ige Stenose der A. femoralis superficialis links (Pfeil), längerstreckige Stenose der A. poplitea rechts. Proximaler, kollateralisierter Verschluss der A. fibularis rechts. Solitäre Ausstrombahn über die A. fibularis beidseits, distal über Kollateralen mit Anschluss an die A. tibialis posterior. b CT-Angiographie (VRT-Rekonstruktion) des Fibularisverschlusses rechts (D. Fleischmann, Stanford)
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik
Abb. 4.9. Stent A. iliaca links. CT-Angiographie (Multi-PfadMPR). Regelrechter Z. n. Stentimplantation in die linke A. iliaca externa
Abb. 4.8. AVK vom Oberschenkel- und Unterschenkeltyp beidseits (CT-Angiographie, MIP). Regelrechter Z. n. femoropoplitealem Bypass rechts. Profundateilverschluss, proximaler Femoralis-superficialis-Verschluss und Popliteaverschluss links (D. Fleischmann, Stanford)
ten über eine Erhöhung der Injektionsgeschwindigkeit (bis zu 6–10 ml/s) oder der Jodkonzentration (370–400 J/mg) mit niedrigeren Injektionsgeschwindigkeiten von 3–4 ml/s realisiert werden. Alternativ kann analog zur Kontrastmittel- (KM-) MR-Angiographie bei langen Scan-Strecken auch mit einem biphasischen Protokoll gearbeitet werden. Dabei kommt initial eine höhere, später eine niedrigere Injektionsgeschwindigkeit zur Anwendung. Ein ausreichender Nachspülbolus von 30–50 ml NaCl erhöht die Kontrastierung und reduziert das Kontrastmittelvolumen. Die Strahlenexposition kann mit automatisierten Dosismodulationsverfahren und geringer Absenkung
der Röhrenspannung auf <50% reduziert werden. Zur Vermeidung störender Überlagerungen im Beckenbereich sollte auf eine Applikation positiver oraler Kontrastmittel verzichtet werden. Die Bildanalyse beginnt mit der Betrachtung der axialen Daten. Durch die Anfertigung von an den Gefäßverlauf angepassten Rekonstruktionen und die Betrachtung in verschiedenen Fenstereinstellungen erfolgt die Beurteilung von Kalzifikationen. Für die Visualisierung der Befunde werden multiplanare Rekonstruktionen (MPR), maximale Intensitätsprojektion (MIP) und „Volume-rendering-technique-“ (VRT-) Sekundärrekonstruktionen angefertigt (Abb. 4.7 a,b, Abb. 4.8). Automatisierte Gefäß-Tracking-Softwareprogramme sind zunehmend verfügbar (Abb. 4.9). Der Einsatz der CT in Notaufnahmen ist heute robust und rasch möglich, sodass oft auf eine weiterführende invasive Diagnostik verzichtet werden kann. Aktuelle Studien belegen eine mit der Duplexsonographie oder KM-MR-Angiographie vergleichbare Aussagefähigkeit der CT-Angiographie.
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
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Die MS-CT-Angiographie ist limitiert bei Patienten mit Diabetes mellitus, Hämodialysepatienten und extensiven Gefäßwandverkalkungen, insbesondere in kleineren Arterien wie an Unteramen, den Händen, den Unterschenkeln oder den Füßen (Portugaller et al. 2004). CAVE
Diese Patientengruppe ist jedoch zunehmend häufiger vertreten. Magnetresonanztomographie Die MR-Angiographie der peripheren Gefäße ist fest im klinischen Ablauf etabliert. Die Einstrommethode (TOF) und die Phasenkontrastmethode (Phasenkontrastangiographie) sind durch MR-Angiographie nach Kontrastmittelinjektion (KM-MR-Angiographie) mit technischer Durchführung analog zur DSA oder CT-Angiographie abgelöst worden. Für die untere Extremität wird zumeist eine Schrittverschiebetechnik mit Verschiebung des Patienten auf der Untersuchungsliege („moving table“) oder ein Konzept mit gekoppelten Spulen angewendet. Im Bereich der oberen Extremität werden häufiger Messungen mit definierten Spulenpositionen durchgeführt. Die Entwicklung einer kontinuierlichen Tischbewegung analog zur CT ist absehbar. Eine spezielle Patientenvorbereitung ist für die KM-MR-Angiographie nicht notwendig. Nach Anlage eines intravenösen Zugangs ist es für die Untersuchung in Atemstillstand sinnvoll, vor dem Start der eigentlichen Messung mit dem Patienten „Atemübungen“ während der Aufklärung und im Magnetresonanztomographen durchzuführen. Wird die Atemübung als Nativmessung verwendet, können Subtraktionsfehler auftreten. Nach durchgeführter Atemübung wird ein Datensatz als Nativaufnahme aufgenommen, der von dem nachfolgenden Kontrastmitteldatensatz optional subtrahiert werden kann.Auch alle Lokalisationssequenzen („scout“) sollten möglichst in Atemstillstand durchgeführt werden. Über den bevorstehenden Start der KM-MR-Angiographie sollten die Patienten informiert werden und präzise Anweisungen erhalten. Die Messung bei Untersuchung des Körperstamms (Schulter, Becken) wird bei mäßiger Inspiration gestartet. In dieser Atemlage können die Patienten im Allgemeinen die Zwerchfellposition am längsten in konstanter Position halten. Zur Darstellung der Hand- und Fußarterien können verschiedene flexible Spulen wie die Kopfspule oder die Extremitätenspule angewendet werden. Die KM-MR-Angiographie basiert auf dem Prinzip der Reduktion der T1-Zeit durch die Injektion paramagnetischer Kontrastmittel mit Messung der Daten im so genannten „first pass“ durch das zu untersuchende Gefäßsystem (Abb. 4.10 a–c). Dazu
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Abb. 4.10 a–c. Normalbefund einer KM-MR-Angiographie der Becken-Bein-Arterien bei Untersuchung in 3 Etagen mit Spulenüberlappung
werden gegenwärtig für diese Anwendung zugelassene extrazelluläre niedermolekulare (0,5 molare) Gadolinium-Chelate oder ein 1-molares GadoliniumChelat verwendet. Die Zulassung eines spezielles Kontrastmittels mit einem prolongierten Enhancement (Blut-Pool-Kontrastmittel) ist aktuell erfolgt (Abb. 4.11 a, b). Bei Anwendung stark T1-gewichteter ultraschneller Gradientenecho- (GRE-) Sequenzen kommt es zu einem sehr hohen Gefäßkontrast. Wahlweise wird nur der Kontrastmitteldatensatz nachverarbeitet, oder es wird in Analogie zur DSA eine Subtraktion zuvor gemessenen nativen Datensatz vorgenommen. Der zu bearbeitende Datensatz kann mit den bekannten Algorithmen, wie der MPR und der MIP, nachverarbeitet werden, um verschiedene Projektionen des Gefäßbaums oder transversale Schichten (Gefäßquerschnitte) zu berechnen. Basis der Auswertung sind unverzichtbar immer die Rohdaten,
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik Abb. 4.11 a, b. KM-MR-Angiographie mit einem Blut-PoolKontrastmittel. Die koronare MIP der arteriellen Phase a und Einzelschicht der Blut-Pool-Phone b zeigen eine Stent-bedingte Signalauslöschung der rechten A. iliaca comunnis und einen kollateralisierten Verschluss der linksseitigen A. iliaca communis (Pfeile). Die Untersuchung wurde mit 7 ml Vasovist und Bolusinjektion mit 2 ml/s durchgeführt
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die zur Qualitätskontrolle und Beurteilung zu betrachten sind. Für die KM-MR-Angiographie existieren Sequenzen mit k-Raum-Abdeckung. Die Kenntnis des Aufnahmeschemas ist für die Planung der Untersuchung relevant. Bei Sequenzen mit symmetrischer k-RaumAbdeckung beginnt die Aufnahme mit der äußeren k-Raum-Zeile, und die zentrale k-Raum-Zeile wird bei 50% der Messzeit ausgelesen. Anschließend wird vom Zentrum nach außen gehend wiederum die zweite Hälfte der Zeilen aufgenommen. Die äußeren k-Raum-Zeilen bestimmen über die höheren Frequenzen die Ortsauflösung. Die zentralen Zeilen bestimmen über die tieferen Frequenzen (zentrale k-Raum-Linien) den Bildkontrast. Bei Sequenzen mit asymmetrischer k-Raum-Abdeckung stimmt die Mitte der Messzeit nicht mit der Aufnahme der zentralen Zeilen überein. Da das Maximum der Kontrastierung zur Mitte der k-Raums erfolgen soll, ist es unbedingt erforderlich, dies zu berücksichtigen. Das Kontrastmittel sollte die zu untersuchenden Arterien oder Venen erreichen, bevor die zentralen (etwa 20%) k-Raum-Zeilen gemessen werden. Der Grad der Randschärfe der Gefäße und der Auflösung hängt davon ab, ob beim First pass zum Zeitpunkt der Messung der äußeren k-Raum-Zeilen (hohe Frequenzen) noch Kontrastmittel durch das Gefäß strömt. Theoretisch wird durch eine Kontrastierung über die gesamte Messzeit eine optimale Bildqualität erreicht. In Abhängigkeit von der Gefäßregion kommt es jedoch zu einem unterschiedlich schnellen venösen Rückstrom mit Überlagerung der arteriellen Ge-
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fäße (vgl. Abb. 4.14 a–c). Deshalb wird entweder mit hoher Zeitauflösung (z. B. Datensätze mit einer Messzeit von jeweils 2–8 s) bei entsprechend niedrigerer räumlicher Auflösung gemessen oder für eine Messung mit hoher räumlicher Auflösung ein Bolus-Timing vorgenommen. Die Anflutung des Kontrastmittelbolus sollte etwa 10% vor der k-Raum-Mitte erfolgen, d. h. nach Aufnahme von 40% der k-RaumZeilen einer symmetrischen Sequenz. Der venöse Rückstrom sollte frühestens nach Aufnahme von 60% des k-Raums einer symmetrischen Sequenz beginnen. Wegen der fehlenden Atmungs- und Bewegungsanfälligkeit sind bei KM-MR-Angiographie-Messungen der peripheren Arterien (z. B. Beinarterien) längere Messzeiten mit höherer Auflösung möglich. Limitationen ergeben sich durch einen schnelleren arteriovenösen Transit in den distalen peripheren Gefäßen, z. B. den Hand- oder Fußarterien. Die Sequenzparameter sollten sich nach der notwendigen Größe des Bildfeldes und der klinisch erforderlichen Auflösung richten. Im Prinzip sollen die TR (Repetitionszeit) und die TE (Echozeit) so eingestellt sein, dass möglichst kurze Messzeiten (z. B. für Messungen in Atemstillstand) erreicht und auf diese Weise Fluss- und Suszeptibilitätsartefakte (z. B. Darmgas usw.) minimiert werden. Andererseits erlauben sehr kurze TE keine kleinen FOV im Sinne einer Auflösungsverbesserung (es wird eine längere Bandbreite notwendig). Höhere Auflösung bedeutet mehr Phasenkodierschritte. Dies wiederum erfordert längere Akquisitionszeiten. Grundsätzlich sollte zwar für ein möglichst exaktes Stenose-Grading die
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
höchste räumliche Auflösung definiert werden, gleichzeitig verschlechtert sich jedoch auch das Signal-zu-Rausch-Verhältnis, was sich negativ auf die detailgetreue Darstellung des Restlumens einer Stenose auswirkt. Die Wahl des richtigen Flipwinkels ist nicht besonders kritisch, er sollte zwischen 30–50° betragen. Für eine gute räumliche Auflösung ist die Verwendung einer 512-Bildmatrix in Frequenzkodierrichtung, einer Bildmatrix >256 in Phasenkodierrichtung, eine Partitionsdicke von unbedingt <2 mm und die Anwendung kurzer TR- und TE-Zeiten als Minimalforderung sinnvoll. Aktuelle MRT-Geräte ermöglichen eine Darstellung der arteriellen Gefäße nahezu des gesamtem Körpers (Abb. 4.12). Alternativ zum Timing der KM-MR-Angiographie kann die zeitaufgelöste Methode („time-resolved“/ TR) angewendet werden. Allerdings ist die TR-KMMR-Angiographie mit einer Reduktion der räumlichen Auflösung verbunden, und die detailgetreue Abbildung kleinerer Gefäße wird der kurzen Messzeit untergeordnet. Die Reduktion der Auflösung bezieht sich dabei zuerst auf die Schichtselektionsrichtung (Partitionsrichtung), da in dieser Richtung bei gleich bleibender Matrix weniger Partitionen gemessen werden. Der Bildeindruck einer koronaren MIP-Rekonstruktion ändert sich zwar bei reduzierter Anzahl dickerer Partitionen kaum, die Gefäße werden jedoch in sagittaler Projektionsrichtung deutlich unschärfer und mit einem unrealistischen größeren Durchmesser dargestellt. Sequenzen mit Schichtinterpolation können zwar optisch die sagittale MIPDarstellung verbessern, die tatsächlich gemessene Auflösung in Schichtselektionsrichtung bleibt jedoch reduziert und die Stenosegraduierung problematisch. Die Ansätze können auch kombiniert werden, indem einzelne Etagen (z. B. Unterschenkel) zusätzlich mit einer Zeit aufgelösten Technik zur Vermeidung venöser Überlagerungen aufgenommen werden. Eine Verbesserung der zeitlichen und räumlichen Auflösung wird auch durch den Einsatz der parallelen Bildgebung erzielt. Die Beschleunigungsfaktoren (PAT-Faktoren, SENSE-Faktoren) und die damit verbundenen Scan-Parameter müssen je nach Hersteller und Hardware optimiert werden (Abb. 4.13 a–c). Bei der Kontralmittelinjektion liefert eine Flussrate von 1–3 ml/s gute Ergebnisse. Die Erhöhung des NaCl-Nachspülvolumens führt zu einer Verlängerung des Bolus und optimaleren Ausnutzug der Kontrastmitteleffekte. Die Planung der Parameter und somit der Boluslänge in Relation zur Messzeit sollte berücksichtigen, dass nach der Aufnahme von 40% der k-Raum-Zeilen bis zum Ende der Messung Kontrastmittel im Gefäß vorhanden sein sollte. Ist der Bolus zu kurz, zieht dies unweigerlich einen Verlust an Auflösung in Schichtselektionsrichtung nach sich.
Abb. 4.12. Ganzkörper KM-MR-Angiographie. Durch verschiedene Spulenkonzepte und Tischverschiebungen ist mit modernen MR-Geräten eine annähernde Ganzkörper-KMMR-Angiographie möglich. (Die Aufnahmen wurde von Prof. Dr. Bernd Tombach zur Verfügung gestellt)
Dies ist praktisch gleichbedeutend mit dickeren Partitionen, die prinzipiell auch primär eingestellt werden können und im Vorhinein den Vorteil einer Messzeitverkürzung beinhalten. Die Bolusgeometrie des Kontrastmittels muss an die definierten Sequenzparameter (Messzeit und Auflösung) angepasst werden, um eine optimale Ausnutzung des Kontrastmittels und eine optimale Qualität der MR-Angiographie zu erreichen. Für die Berechnung der Bolustransitzeit (BT) ist es ausreichend eine Testdosis von 1 ml Kontrastmittel zu injezieren. Das NaCl-Nachspülvolumen (20–30 ml mit 1–3 ml/s) und die Injektionsrate (1–3 ml/s) sollten auch unverändert für die anschließende KM-MR-Angiographie
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik Abb. 4.13 a–c. Zeitaufgelöste KM-MR-Angiographie mit Keyhole-Technik. Das Problem der fehlenden zeitlichen Auflösung kann durch eine zeitlich besser aufgelöste Technik kompensiert werden. Der Befund des Beckenverschlusses (a, Pfeil) mit konsekutiver Flussverzögerung im Oberschenkel (b) und Unterschenkel (c) wurde mittels Keyhole-Technik im Unterschenkel zeitlich aufgelöst untersucht. (Die Aufnahmen wurde von Prof. Dr. Bernd Tombach zur Verfügung gestellt)
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verwendet werden. Anhand einer SignalintensitätZeit-Kurve wird die Zeit bis zum Anfluten des Kontrastmittels im Gefäß bestimmt. Je nach Geräteausstattung können auch automatische oder fluoroskopische Bolusdetektionstechniken eingesetzt werden. KM-MR-Angiographie der Extremitätenarterien Die am häufigsten angewandte Technik besteht in einer Tischverschiebung in 2–3 Positionen von der abdominellen Aorta bis zu den distalen Unterschenkelarterien (vgl. Abb. 4.10 a–c). Sollen die Nierenarterien und der Arcus plantaris mit abgebildet werden, sind je nach FOV und Patientengröße 3–4 Positionen erforderlich (vgl. Abb. 4.12). Im Bereich der Unterschenkel- und Fußarterien bestehen die größten Pro-
bleme aufgrund venöser Überlagerung, unzureichender Kontrastierung oder zu geringer räumlicher Auflösung (Abb. 4.14 a–c). Deshalb besteht ein Ansatz darin, die Messung distal zu beginnen mit Abbildung vom Knie bis zum Fuß. Danach erfolgt die Messung der proximalen Etagen. Die Qualität der distalen Abschnitte wird hier zu Ungunsten der vorgeschalteten Gefäßetagen verbessert. Proximal kann es insbesondere bei Anwendung des höher konzentrierten Gadoliniums durch kontrastierende Darmwände zu störenden Überlagerungen kommen, die nicht immer subtrahiert werden können. Neuere Entwicklungen tragen dieser Problematik Rechnung. Es wird wahlweise pro Etage, vorzugsweise im Unterschenkel, räumlich und zeitlich hochaufgelöst untersucht.
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
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Abb. 4.14 a–c. KM-MR-Angiographie der Becken-Bein-Arterien mit Venenfüllung im linken Unterschenkel. a,b Die KMMR-Angiographie zeigt einen Normalbefund des Beckens, der Oberschenkelarterien, der Kniearterien und der proximalen
Unterschenkelarterien. c In der Abbildung der distaleren Unterschenkelarterien kommt es links bedingt durch einen Weichteilinfekt bei Diabetes mellitus zu einer die Beurteilung beeinträchtigenden Venenüberlagerung durch die reaktive Hyperämie
Dadurch kommt auch ein bislang fehlender und der DSA vergleichbarer dynamischer Aspekt hinzu (vgl. Abb. 4.13 a–c). Die venöse Überlagerung der Unterschenkel- und Fußarterien kann ferner durch Anlage einer dosierten Kompression (40–60 mm Hg) der Oberschenkel minimiert werden. Durch eine Zunahme des interstitiellen Volumens verringert sich die venöse Überlagerung. Vergleichbar ist auch die Untersuchung der oberen Extremität, wobei hier in der Regel keine Tischverschiebung erforderlich ist. Die Fuß- und Handarterien werden mit kleineren Spulen gezielt untersucht.
Durch Verwendung dünner Katheterschleusen und Katheter von 3 oder 4 French sowie durch die Möglichkeit des transbrachialen Zugangsweges mit einer reduzierten Immobilisationsdauer von 1–4 Stunden sind diagnostische Arteriographien der Extremitäten einfach, komplikationsarm und auch ambulant durchführbar.
Katheterangiographie Die diagnostische Katheterangiographie der Extremitätenarterien stellt eine invasive Untersuchung mit perkutaner Platzierung einer Nadel, einer Schleuse oder eines Katheters in eine Arterie in Kombination mit einer Kontrastmittelinjektion dar. Für die Aufnahme der Bildserien wird heute ausschließlich die DSA eingesetzt. Vor der Untersuchung ist der Patient über mögliche allgemeine und spezielle Risiken wie eine Gefäßund Nervenverletzung, Gefäßverschluss, Nephrotoxizität des Kontrastmittels, Unverträglichkeitsreaktionen, die Induktion einer Hyperthyreose oder eine Nachblutung aufzuklären (siehe „American College of Radiology’s Standard on Diagnostic Arteriography“ unter http://www.acr.org).
Merke
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Eine komplette Untersuchung der oberen Extremität beinhaltet die Darstellung der thorakalen Aorta mit den abgehenden supraaortalen Arterien bis zu den Arterien der Schulterregion und des Oberarms mittels Übersichtskatheter (z. B. Pigtail-Katheter) und mittels geeigneter Selektivkatheter (z. B. Vertebraliskatheter, Sidewinder-Katheter) für die weitere Peripherie ggf. inklusive der Hand- und Fingerarterien. Für die Darstellung der Fingerarterien kann es in bestimmte Fällen vorteilhaft sein, intraarteriell injizierte vasodilatierende Substanzen einzusetzen (z. B. Prostavasin, Nitroglyzerin). Bei speziellen Fragestellungen kann der Umfang der Untersuchung reduziert werden. Für die Darstellung inklusive Aortenbogen und/ oder beider Arme wird ein femoraler Zugang zumeist in retrograder Punktionstechnik oder für die Abbildung eines Armes ein direkter brachialer Zugang ebenfalls überwiegend in retrograder Punktionstechnik gewählt. Wird nur eine Seite untersucht und deshalb eine retrograde Punktion der A. brachialis durchgeführt, ist auf Gefäßanomalien wie z. B.
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik
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Abb. 4.15 a–c. Selektive retrograde DSA. Die retrograde DSA mit einem 4-French-Dilatator wurde aufgrund einer nichtaussagefähigen KM-MR-Angiographie vorgenommen. a In der Oberschenkeletage kommt neben Stenosen der A. femoralis superficialis ein umschriebens Aneurysma nach PTA vor eini-
gen Jahren zur Darstellung. Die Aufnahmen b der Knieetage und c des Unterschenkels zeigen ein filiformes Restlumen der distalen A. poplitea (Pfeil) und einen limitierten Ausstrom bei verschlossener A. tibialis posterior
einen frühen Abgang der A. radialis zu achten. Dieser kann nicht selten schon auf Höhe des proximalen Oberarms liegen. Eine komplette Untersuchung der unteren Extremität beginnt proximal mit der Darstellung der Nierenarterien und schließt distal die Fußarterien mit Abbildung des Arcus plantaris ein (vgl. Abb. 4.1 a–l, Abb. 4.2 a–f). Dazu werden zumeist transfemoral oder transbrachial platzierte Übersichtskatheter (z. B. Pigtail-Katheter) eingesetzt (vgl. Abb. 4.2 a–f). Für die Darstellung eines einzelnen Beines kann es vorteilhaft sein, selektiv vorzugehen, und zwar von kontralateral in „Cross-over-Technik“ oder von ipsilateral mit retrograder Punktion (Abb. 4.15 a–c). Bei offener Oberschenkelstrombahn kann auch antegrad punktiert werden (Abb. 4.16 a–c). Für die ipsilaterale Darstellung ist die Verwendung eines 4-French-Dilatators oder einer 4-French-Schleuse einer Nadelplatzierung zwecks Schonung der Gegäßwand vorzuziehen.
Obwohl sich einige Indikationen für eine Katheterangiographie zu den nichtinvasiven Techniken verschoben haben, bleibt die Katheterangiographie ein fester Bestandteil diagnostischer Gefäßuntersuchungen. Nach internationalen Qualitätsrichtlinien sollten sich etwa 95% der Indikationen aus den in der folgenden Übersicht angegebenen Bereichen rekrutieren. Indikationen für die Katheterangiographie ∑ Beckenangiographie (Kadir 1987): 왔 Aortoiliakale Arteriosklerose 왔 Gastrointestinale, gynäkologische oder urologische Blutungen 왔 Trauma 왔 Primäre Gefäßanomalien wie Aneurysmen, Gefäßmalformationen oder Vaskulitis 왔 Erektile Dysfunktion bei aortoiliakaler Arteriosklerose 왔 Beckentumoren 왔 Vor interventionellen Eingriffen
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem Abb. 4.16 a–c. Selektive antegrade DSA. Die antegrade DSA über eine 4-French-Schleuse wurde aufgrund einer nichtaussagefähigen KM-MR-Angiographie vorgenommen. a,b In der Unterschenkeletage kommt ein langstreckiger Verschluss der A. tibialis posterior zur Darstellung. c Die Austrombahn nach subintimaler Rekanalisation zeigt einen antegraden Abstrom über die A. tibialis posterior (Pfeile)
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∑ Extremitätenangiographie (Baum 1997; Kadir 1987; Neiman u. Yao 1985; Rutherford 1991; Sullivan u. Besarab 1997): 왔 Arteriosklerotische Gefäßerkrankungen wie Aneurysmen, Embolien, Stenosen, Verschlüsse und Thrombosen 왔 Vaskuläre Traumen 왔 Präoperative Planung und postoperative Evaluation bei rekonstruktiver Chirurgie 왔 Evaluation chirurgischer Prothesen und von Dialysefisteln und -Shunts 왔 Primäre Gefäßanomalien wie Gefäßmalformationen, Vaskulitis,„Entrapment-Syndrom“,„Thoracic-outletSyndrom“, usw. 왔 Tumoren 왔 Vor interventionellen Eingriffen
Komplikationen Komplikationen nach diagnostischen Angiographien sind selten. Durch die Einführung der DSA und gegenwärtig der Flächendetektoren konnten die Kontrastmittelmenge, die Untersuchungszeit und damit auch die Komplikationsrate reduziert werden. Dabei spielt auch die Verbesserung der Angiographiematerialien mit der Möglichkeit ambulanter 3- und 4-French-Angiographien eine positive Rolle. Die verbliebenen Komplikationen können in 3 Gruppen unterteilt werden:
∑ Komplikationen am Punktionsort, ∑ systemische Komplikationen und ∑ katheterinduzierte Komplikationen. Die häufigste Komplikation (bis zu 10%) am Punktionsort stellen kleinere, klinisch nicht relevante Hä-
matome dar. Größere Hämatome sind selten (Baum 1997; Cragg et al. 1991; Hessel et al. 1981). Bei einem größeren Hämatom werden unter Umständen eine Transfusion, eine chirurgische Ausräumung oder eine Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes erforderlich. Ein größeres Hämatom ist femoral mit 0,5% seltener als axillär mit 1,7%. Für die übrigen bekannten Komplikationen am Punktionsort wie Dissektion, Thrombose, Pseudoaneurysma oder eine AV-Fistel liegt die kumulative Häufigkeit <1% aller transfemoralen diagnostischen Angiographien (Abb. 4.17 a–c). Lokale Infekte sind selten und kommen, wenn überhaupt, in Zusammenhang mit mehreren Punktionen in kurzer Zeit und einer langen Verweildauer von Schleusen vor. Eine Antibiotikaprophylaxe wird deshalb nicht generell empfohlen. Systemische Komplikationen treten in <5% auf und sind zumeist Übelkeit, Erbrechen oder eine vasovagale Reaktion. Idiosynkratische „allergische“ Reaktionen wie Urtikaria oder periorbitale Ödeme treten in <3% der Fälle auf (Katayama et al. 1990). Die überwiegende Mehrzahl der Reaktionen ist milde und erfordert in <1% der Fälle eine stationäre Behandlung (American College of Radiology 1998). Eine kontrastmittelinduzierte Nierenschädigung wird durch eine eingeschränkte Nierenfunktion, einen Diabetes mellitus, eine Dehydrierung und ein hohes Kontrastmittelvolumen (Berkseth u. Kjellstrand 1984) begünstigt. Einen protektiven Effekt haben eine v.a. periprozedurale Hydrierung und ggf. die Gabe zusätzlicher Medikamente wie z. B. Acetylcystein (Chatterjee et al. 2004).
4.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten, Radiometrie
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Abb. 4.17 a–c. Partiell subintimale Drahtposition. a Primär subintimale Drahtposition mit b Schleifenbildung des Drahtes (Pfeil) an einer Stenose in der proximalen A. iliaca externa
rechts. c Nach Entfernung des Drahtes, Kompression der Punktionsstelle und Durchführung einer KM-MR-Angiographie zeigt sich keine resultierende Gefäßkomplikation
Katheterassoziierte Komplikationen mit einer Häufigkeit von <0,5–2% beinhalten die unbeabsichtigte subintimale Passage von Führungsdrähten oder Kathetern und Dissektionen oder Embolien durch das Kathetermaterial oder die Kontrastmittel (Singh et al. 2003). Durch eine kontinuierliche Verbesserung von Kathetermaterialien hat sich die Komplikationsrate fortwährend verbessert. Die intensive Schulung des die Angiographie durchführenden Personals sowie die Spezialisierung in interventioneller Radiologie haben hieran ebenso Anteil.
datensatzes an einer Workstation jede beliebige Ansicht im Rahmen der Bildnachverarbeitung (z. B. als MIP) zu rekonstruieren. Bei der Katheterangiographie sind hierfür zusätzliche Aufnahmeserien mit konsekutiver Erhöhung der Strahlen- und Kontrastmittelbelastung erforderlich. Mit der Farbduplexsonographie gelingt bei Verwendung hochfrequenter Schallköpfe eine zeitlich und räumlich hochaufgelöste, segmentale Darstellung der Gefäße. Anders als bei den angiographischen Methoden gehen sowohl die Sonomorphologie als auch die Hämodynamik (z. B. Nachweis stenosebedingter Flussbeschleunigungen oder Turbulenzen, Änderungen des Flussmusters distal von Gefäßobstuktionen) in die Beurteilung der Gefäßveränderungen ein. Durch dynamische Veränderung der Schallkopfposition in Längsrichtung der Gefäße und durch kontinuierliche Korrelation zwischen Gefäß und anatomischer Lagebeziehung des Schallkopfes entsteht beim Untersucher ein topographischer und dreidimensionaler, zusammenhängender Eindruck des Gefäßstatus. Mittels neuerer Techniken (Panoramabildgebung) ist eine weit über die Größe des Bildfeldes des Schallkopfes hinausgehende, zusammenhängende Demonstration größerer Gefäßabschnitte möglich (Abb. 4.18). Bei der technisch am wenigsten aufwändigen, nichtbildgebenden Dopplersonographie werden, wie unter Abschn. 4.1 beschrieben, systolische Druckmessungen an den Extremitätenarterien durchgeführt. Dabei gilt in Ruhe ein systolischer Dopplerverschlussdruck an den distalen Unterschenkelarterien als normal, wenn er über demjenigen an den oberen Exterimäten liegt. Der Quotient aus den beiden Ver-
4.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten, Radiometrie Mit der CT- und MR-Angiographie können Gefäße analog zur intraarteriellen DSA dargestellt werden. Dabei bestehen mehrere wesentliche Unterschiede zwischen Katheterangiographie und schichtbildbasierter Angiographie. Die DSA liefert mit einer Bildfrequenz von 0,5 bis >6 Bilder/s einen dynamischen Aspekt, den die CTund MR-Angiographie derzeit nicht bieten können. Diese fehlende dynamische Betrachtung wird in Zukunft partiell durch aktuelle Entwicklungen der zeitlich aufgelösten MR-Angiographie kompensiert werden. Eine selektive arterielle DSA erreicht eine höhere räumliche Auflösung. Mit der CT- und MR-Angiographie ist es im Gegensatz zur intraarteriellen DSA möglich, auf der Basis des einmal gewonnenen Bild-
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
Abb. 4.18. Femoropoplitealer Bypass (regelrecht), Panorama-Ultraschall
Abb. 4.19 a, b. Normales, biphasisches Dopplerfrequenzspektrum aus einer Extremitätenarterie in a Ruhe und b nach Belastung. Kräftiger antegrader, systolischer Fluss, retrograder frühdiastolischer Fluss in Ruhe, monophasischer Fluss nach Belastung (kontinierlicher antegrader Fluss)
b
a
schlussdrucken (Knöchel-Arm-Index) liegt damit >1. Nach Belastung der unteren Extremitäten (z. B. 20 Kniebeugen bei Verdacht auf AVK vom Beckentyp, 40 Zehenstände bei Verdacht auf AVK vom Oberschenkel- oder Unterschenkeltyp) sinkt im Gegensatz zum Gesunden der Verschlussdruckindex für mehr als 60 s auf <1 ab. Es ist darauf zu achten, dass nach Belastung auch an der oberen Extremität gemessen werden muss (Steigerung des systolischen Blutdrucks bei Belastung).
!
Absolute Verschlussdruckwerte von >80–100 mmHg kennzeichnen eine ausreichende bis gute Durchblutungsreserve, Werte <50 mmHg kennzeichnen eine kritische Ischämie. Merke
Die Beurteilungskriterien bei der Bildanalyse der Farbduplexsonographie sind in Abschn. 4.3 beschrieben. Der Stellenwert absoluter Strömungsgeschwindigkeiten in der Diagnostik pathologischer Veränderungen der Beinarterien ist gering, sodass die Kenntnis der Normalwerte nicht unbedingt erforderlich ist. Die maximale systolische Vorwärtsgeschwindigkeit
liegt in Ruhe in der Becken- und Oberschenkeletage bis etwa 100 cm/s, im Bereich von Knie- und Unterschenkelarterien bis etwa 50 cm/s (Luska et al. 1990). Die physiologische Schwankungsbreite ist jedoch sehr groß (>50% des Mittelwertes). Ursache der erheblichen Schwankungsbreite ist die wechselnde periphere Widerstandslage, die sich in Ruhe in einem physiologischen Schwankungsbereich des Pulsatilitätsindex von 3 bis >30 ausdrückt. Die Dopplerspektren der Extremitätenarterien sind in Ruhe aufgrund des hohen peripheren Gefäßwiderstandes mindestens bi-, meist sogar triphasisch (Abb. 4.19 a, b). Bei Belastung formen sich die Spektren monophasisch um, da durch Eröffnung der Arteriolen der periphere Widerstand z. T. drastisch absinkt und infolgedessen der diastolische Flussanteil stark zunimmt. Die 3 Schnittbildverfahren sind auf unterschiedliche Weise in der Lage, auch die Gefäßwand und das extravasale Gewebe darzustellen. Dies gelingt mit der intraarteriellen DSA, die eine reine Luminographie ist, nicht. Die folgenden Abbildungen zeigen anatomische Normalbefunde und Varianten (Abb. 4.20, Abb. 4.21, Abb. 4.22, Abb. 4.23, Abb. 4.24).
4.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten, Radiometrie Abb. 4.20. Variante der Unterschenkelversorgung. Die DSA zeigt eine dominante A. tibialis posterior bei Hypoplasie der A. tibialis anterior und der A. fibularis
Abb. 4.21. Variante der Unterschenkelversorgung. Die DSA zeigt eine echte Unterschenkeltrifurkation rechts (Fehlen eines Truncus tibiofibularis), links besteht ein sehr kurzer Truncus
Abb. 4.23. Variante der Unterschenkelversorgung. Die DSA zeigt eine dominante A. fibularis, die direkt in die A. dorsalis pedis übergeht. Hypoplastische A. tibialis anterior, hypoplastische, weit distal entspringende A. tibialis posterior
Abb. 4.22. Hohe Aufzweigung der A. brachialis.Angiographisch Nachweis einer weit proximalen Aufzweigung der A. brachialis. Die A. radialis entspringt im proximalen Oberarmdrittel. Die Ebene des Ellbogengelenks ist durch eine Linie markiert
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
Abb. 4.25. Normvariante der A. poplitea. Die KM-MR-Angiographie zeigt einen hohen Abgang der A. tibialis posterior rechts und einen hohen Abgang der A. tibialis anterior links (Pfeile)
Abb. 4.24. Variante der Handarterien. Hypoplastischer Hohlhandbogen
4.2.1 Anomalien und Varianten Definition
왔 Anomalien oder Varianten des arte-
riellen Gefäßsystems sind Fehlentwicklungen während der Embryonalzeit. Hierbei kommt es zur Persistenz embryonal angelegter Gefäße oder zur Ausbildung von Nebengefäßen aufgrund einer Aplasie oder Hypoplasie der Hauptstrombahn. Klinisch handelt es sich bei den meisten Gefäßanomalien (s. Abb. 4.20 bis 4.24) um Zufallsbefunde im Rahmen einer bildgebenden Gefäßuntersuchung. Bei den peripheren Gefäßen sind sowohl die oberen als auch die unteren Extremitäten betroffen. Gefäßanomalien können klinisch unbedeutend sein, in manchen Fällen jedoch Beschwerden verursachen. Ihre Kenntnis ist sowohl für die Interpretation bildgebender Gefäßuntersuchungen als auch für die invasive Diagnostik und Therapie wichtig. Bei den Arterien des Arms findet man in 1–2% der Fälle eine persistierende oberflächliche Brachialarterie. In bis zu 12% entspringt die A. radialis aus der proximalen A. brachialis (oberhalb der Interkondy-
larlinie des Humerus) (Abb. 4.22).Wesentlich seltenere Varianten der A. radialis (jeweils<1%) sind eine Aplasie oder Hypoplasie und eine partielle oder komplette Duplikatur. Die A. ulnaris weist in 2–3% der Fälle einen hohen Abgang aus der proximalen A. brachialis auf. Seltener ist ein tiefer Ursprung (2– 4%), etwa 5–7 cm unterhalb des Ellenbogengelenks. Eine persistierende mediane Arterie, die aus einer A. interossea communis oder anterior hervorgeht, kann an der Ausbildung des Arcus palmaris superficialis beteiligt sein (Kadir 1992). Die arteriellen Hohlhandbögen mit der konsekutiven Versorgung der Finger besitzen eine große Variabilität (Abb. 4.24). Bei den angeborenen Anomalien der unteren Extremitäten stehen jene im Vordergrund, die sich aus der Persistenz einer embryonalen Anlage ableiten lassen oder eine Aplasie darstellen.Wesentlich für die Vaskularisation der Beine ist in der Embryogenese zunächst ein kaliberstarker, dorsal verlaufender Gefäßstamm, die A. ischiadica. Erst später erscheint in der Embryonalentwicklung ein ventraler Arterienstamm, aus dem die A. femoralis hervorgeht. Aus diesen Besonderheiten können radiologisch bedeutsame Varianten entstehen (Nicholson et al. 1977). Eine persistierende A. ischiadica, die dem Verlauf des N. ischiadicus dorsal folgt, kann allein die Vaskularisation der unteren Extremität übernehmen. Bei gleichzeitig nachweisbarer Hypoplasie der A. femoralis resultiert hieraus nicht zwangsläufig eine arterielle Minderversorgung. Erst bei degenerativen Veränderungen z. B. einer persistierenden A. ischiadica können Ischämiesyndrome entstehen. Ferner können Aplasien oder Hypoplasien der A. iliaca oder der
4.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten, Radiometrie Abb. 4.26 a–c. Arteriovenöse Malformation im Stromgebiet der A. iliaca interna links mit großem venösen Aneurysma. a KM-unterstützte MR-Angiographie. Frühe venöse Füllung (VCI V. cava inferior, An. Aneurysma). b Intraarterielle DSA, früharterielle Phase. Dilatierte Äste der A. iliaca interna. Pathologische Gefäße der Malformation mit Drainage in das venöse Aneurysma. c Farbduplexsonographie. Typisches AV-Fistel-Spektrum innerhalb der Malformation
a
c
b
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
A. femoralis auftreten, die im Einzelfall schwer gegenüber Veränderungen im Rahmen einer pAVK abzugrenzen sind. Darüber hinaus sind eine hohe Teilung der A. poplitea entweder in eine A. tibialis posterior und einen Truncus peronei tibialis anterior oder in einen Truncus tibiofibularis und eine A. tibialis anterior beschrieben (Abb. 4.25 a, b). Nicht selten findet man eine Hypoplasie der A. tibialis posterior. Hierbei wird der Arcus plantaris über einen kaliberstarken R. communicans peronei aus der A. fibularis versorgt. Mehrere Autoren haben sich mit einer systematischen, möglichst umfassenden Darstellung der arteriellen Gefäßversorgung der Hände und Füße befasst. Hierbei wurden sowohl Analysen von Sektionen vorgenommen als auch Angiogramme ausgewertet (Coleman u. Anson 1961; Janewski 1982). Eine übersichtliche und klinisch relevante Darstellung erfolgte 1984 durch Lippert. Dabei zeigt der oberflächliche Hohlhandbogen die stärkste Variabilität. Lediglich in 42% der Fälle ist er zwischen A. radialis und A. ulnaris geschlossen. In 58% fehlt eine Verbindung. Die Aa. digitales palmares communes entspringen mehrheitlich aus der A. ulnaris. In etwa 10% beteiligt sich die A. mediana, die aus dem proximalen Anteil der A. interossea entspringt und in der Mitte des Unterarms zwischen der A. radialis und der A. ulnaris verläuft. Die A. mediana schließt sich in 5% dem Arcus palmaris superficialis an. In weiteren 5% geht sie bei fehlendem Bogenschluss in die A. palmaris I oder II über. Der tiefe Hohlhandbogen ist sehr konstant. In lediglich 3% wird ein offener Bogen gefunden. Die A. radialis und die A. interossea posterior versorgen das Rete carpi dorsale. Ein Ast der A. ulnaris kommt in 38% hinzu. Die Versorgungsgebiete der A. tibialis anterior und der A. tibialis posterior sind am Fuß variantenreich. In mehr als der Hälfte der Fälle stammt die Hauptversorgung der Plantarseite der Zehen aus der A. tibialis anterior. Über einen R. plantaris profundus beteiligt sich die A. dorsalis pedis am Bogen der Fußsohle. Äste des Arcus palmaris erreichen häufig die Dorsalseite der Zehen II bis V. Neben den echten anatomischen Varianten sind angeborene Gefäßfehlbildungen zu berücksichtigen. Sie sind im Zusammenhang mit peripheren Arterien selten und werden oft zufällig oder bei Komplikationen der Fehlbildung entdeckt. Wichtigste Vertreter sind AV-Malformationen, die durch den hohen Fluss, durch eine Blutung oder Kompression von Umgebungsstrukturen klinisch relevant sein können (Abb. 4.26 a–c).
4.3 Systematische Bildanalyse Bei der Bildanalyse vaskulärer Erkrankungen gilt es, die unterschiedlichen Aspekte der Erkrankungen im Kontext mit den Besonderheiten der verschiedenen bildgebenden Verfahren zu berücksichtigen. Nicht alle Gefäßerkrankungen sind mit den verschiedenen bildgebenden Verfahren gleichermaßen sicher zu beurteilen. Die kombinierte Darstellung von Morphologie und Hämodynamik erfordert bei der Farbduplexsonographie eine differenzierte Bildanalyse hinsichtlich Gefäßwand, Perfusionsmuster, Auswertung der Dopplerfrequenzspektren und der Gefäßumgebung. Hierbei sind Kenntnisse der klinischen und hämodynamischen Grundlagen erforderlich, da nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass alle Gefäßabschnitte in optimaler Qualität direkt darstellbar sind. Beispielsweise muss bei Überlagerung von Beckenarterien durch Darmgas die Auswertung der Spektren in der A. femoralis communis auf indirekte Zeichen einer Stenose der Aorta oder der Beckenarterien erfolgen (Abb. 4.3; vgl. Abb. 4.27 a, b). Die Beurteilung der vaskulären Sonographie erfolgt unmittelbar während der Untersuchung. Die Aufzeichnung repräsentativer Bilder, Spektren oder Videosequenzen dient lediglich der Dokumentation.
!
Es ist streng darauf zu achten, dass alle Dokumentationen zweifelsfrei hinsichtlich der Lokalisation und der Seite der untersuchten Extremität beschriftet werden, da in der Gefäßdiagnostik dem einzelnen Ultraschallbild aufgrund des Fehlens eindeutiger anatomischer Referenzstrukturen im Allgemeinen nicht anzusehen ist, wo es aufgenommen wurde. CAVE
Bei der Analyse des Grauwertbildes ist auf
∑ ∑ ∑ ∑ ∑
die Lage des Gefäßes, die Gefäßweite (z. B. Aneurysma), arteriosklerotische Wandverbreiterungen, Dissektionsmembranen und umschriebene Plaques (echoarm, echoreich, gemischt)
zu achten. Auch die Gefäßumgebung ist in die Beurteilung einzubeziehen (z. B. Hämatom, Kompression von Umgebungsstrukturen durch ein Aneurysma). Die farbliche Flussdarstellung bei der Farbduplexsonographie (vgl. Abb. 4.5) ist zu beurteilen hinsichtlich
∑ des Vorhandenseins von Fluss, ∑ der Pulsatilität des Flusses,
4.3 Systematische Bildanalyse
b
Abb. 4.27 a, b. Arterielle Dopplerspektren distal von Gefäßobstruktionen. a Poststenotisches Dopplerfrequenzspektrum bei hochgradiger Stenose der A. femoralis superficialis (monophasischer Fluss, unmittelbar poststenotisch stark verbreitertes Spektrum). b Dopplerfrequenzspektrum distal eines frischen Verschlusses eines femoropoplitealen Bypasses
a
∑ der Homogenität der Flussrichtung (gleiche Farbe in definierter Flussphase: lokal gerichteter, homogener Fluss; unterschiedliche, evtl. sogar mosaikartig verteilte Farben: inhomogener, ggf. sogar turbulenter Fluss), ∑ der umschriebenen Erhöhung („je heller, desto schneller“) oder Erniedrigung der Flussgeschwindigkeit (semiquantitative Analyse). Dabei erleichtert die Farbe das Auffinden insbesondere auch kleinerer Gefäße (Unterschenkelarterien, Kollateralen) sowie pathologischer Gefäßläsionen. Die Dopplerfrequenzspektren werden nach den folgenden, grundsätzlichen Kriterien beurteilt:
∑ Morphologie des Spektrums (monophasisch, biphasisch, triphasisch; Form des systolischen Peaks; Bandbreite der spektralen Geschwindigkeitsverteilung; vgl. Abb. 4.27 a, b), ∑ maximale systolische Strömungsgeschwindigkeit (Messung nach Winkelkorrektur im „post-processing“). Die Messung der Strömungsgeschwindigkeiten ist wichtig für die Stenosegradbestimmung (Abb. 4.28 a–c), wobei weniger die absolute Geschwindigkeit als vielmehr die Geschwindigkeitsrelation zwischen stenosierten und nichtstenosierten Gefäßabschnitten relevant ist (Ota et al. 2005). Die CT-Angiographie kann mit verbesserter Qualität durch die MS-CT auch langstreckige Gefäßabschnitte abbilden (Abb. 4.29).
!
Gefäßwandverkalkungen können bei der CTA zu einer erheblichen Einschränkung der Beurteilbarkeit führen, da in diesem Fall die Gefäßlumina nicht mehr ausreichend abgegrenzt und Stenosen nicht mehr hinreichend quantifiziert werden können. Merke
Liegen keine wesentlichen Verkalkungen vor und ist das Gefäßsystem qualitativ ausreichend kontrastiert, sollten zunächst die Originaldaten überlappend rekonstruiert und ebenso betrachtet werden. Auf den Originaldaten werden Artefakte erkannt und bewertet.Anschließend kommen die Auswertung unterstützende Bildnachverarbeitungstechniken MPR, MIP oder VRT zur Anwendung (vgl. Abb. 4.7 a,b, Abb. 4.8). Zusätzlich sind spezielle Programme mit Berechnung der Mitte des Gefäßlumens inklusive Rückprojektion,eine automatisierte Berechnung des Gefäßverlaufs mit isolierter Projektion oder eine automatisierte Entfernung störender Strukturen wie Knochen (so genanntes „automatic bone removal“) in der Entwicklung oder bereits verfügbar. Die aufgenommenen Daten werden im Hinblick auf das Vorhandensein und das Ausmaß von Gefäßpathologien analysiert.
!
Der besondere Vorteil der CT-Angiographie liegt in der exakten Stenosequantifizierung anhand der Querschnittsbilder transversal zum Gefäßverlauf. Merke
Gefäßverschlüsse werden hinsichtlich ihrer Länge präzise eingeschätzt, weil der ggf. vorliegende retrograde Fluss distaler Gefäßsegmente die Gefäße ausreichend kontrastiert. Die Kontrastierung der Gefäßwand ist bedeutsam für das Erkennen und die Bewertung entzündlicher Gefäßerkrankungen. Die Analyse von MR-Angiographien, optional mit zusätzlichen Bildsequenzen zur Beurteilung der Gefäßwand und der Gefäßumgebung, basiert ebenfalls auf der initialen und obligatorischen Betrachtung der Originaldaten. In den Originaldaten wird die diagnostische Kontrastierung des Gefäßsystems verifiziert, und Artefakte können erkannt und bewertet werden. Anschließend erfolgt die Auswertung mit
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem Abb. 4.28 a–c. Farbduplexsonographie einer Stenose der A. femoralis superficialis. a Darstellung mit Dopplerspektrum proximal der Stenose. b Darstellung mit Dopplerspektrum innerhalb der Stenose. Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit von 80 auf 360 cm/s. c Darstellung mit Dopplerspektrum distal der Stenose. Turbulenter Fluss
a
b
c
4.3 Systematische Bildanalyse
Abb. 4.29. AVK vom Becken- und Oberschenkeltyp rechts. CT-Angiographie (MIP-Rekonstruktion). Verschluss der A. iliaca externa, der A. femoralis communis und der proximalen Abschnitte der A. femoralis superficialis rechts (D. Fleischmann, Stanford)
Hilfe der unterstützenden Bildnachverarbeitungstechniken MPR, MIP oder VRT (Abb. 4.30 a,b, Abb. 4.31 a,b,Abb. 4.32 a,b, vgl.Abb. 4.11 a, b). Zusätzlich können spezielle Programme zur Berechnung der Mitte des Gefäßlumens inklusive dessen Rückprojektion oder eine automatisierte Berechnung des Gefäßverlaufs mit isolierter Projektion eingesetzt werden. Eine rechnergestützte Entfernung von Knochen ist nicht erforderlich. Die MR-Angiographie wird durch Gefäßwandverkalkungen – anders als die CT-Angiographie – in ihrer Aussagekraft nicht beeinträchtigt. Allerdings führen Stents regelhaft zu oft vollständigen Signalauslöschungen im gestenteten Gefäßabschnitt. Die aufgenommenen Daten werden auf das Vorhandensein und das Ausmaß von Gefäßpathologien analysiert.
!
Der spezielle Vorteil der MR-Angiographie liegt in der exakten Stenosequantifizierung in den Originalbildern entlang des Gefäßverlaufs bzw. in den transversalen Rekonstruktionen des Originaldatensatzes. Merke
Verschlüsse werden hinsichtlich ihrer Länge präzise eingeschätzt, da der ggf. vorliegende retrograde Fluss distaler Gefäßsegmente meistens die Gefäße ausreichend kontrastiert. Die Kontrastierung der Gefäßwand ist bedeutsam für das Erkennen und die Bewertung entzündlicher Gefäßerkrankungen. Hierzu sollten additiv fettgesättigte T1-gewichtete Sequenzen eingesetzt werden. Die Katheterangiographie stellt demgegenüber ein seit Jahrzehnten etabliertes dynamisches Verfahren
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
a
b
Abb. 4.30 a, b. Nahtaneurysma in der linken Leiste. a Die koronare MIP der KM-MR-Angiographie zeigt ein Nahtaneurysma in der linken Liste nach aortobifemoraler Prothese und einen Verschluss der linken A. superficialis femoralis. b Erst die axiale T1-Aufnahme nach Kontrastmittel unterscheidet den perfundierten und thrombosierten Anteil des Aneurysmas (Pfeil)
mit serieller Aufnahme während und nach der automatisierten Kontrastmittelinjektion dar. Die Bildfrequenz kann der Flussgeschwindigkeit angepasst werden. Moderne Angiographiegeräte verfügen über erprobte Softwarekomponenten wie eine Bewegungskorrektur, eine Kontrastverstärkung, eine Bildsummation und eine Stenosequantifizierung. Prinzipiell werden mit der Katheterangiographie das Gefäßlumen und nur sehr eingeschränkt bei Kalzifikationen direkt Anteile der Gefäßwand dargestellt. Zur präzisen Beurteilung von Stenosen sind mindestens 2 Projektionsebenen erforderlich, wobei der Stenosegrad abgeschätzt oder semiautomatisch berechnet wird. Bei Verschlüssen kann es zu einer Überschätzung der Verschlusslänge bei langsamem retrograden Fluss der wieder perfundierten distalen Gefäßsegmente kommen. Vorteilhaft ist die Untersuchungsmöglichkeit mit funktionellem Stress
wie bei Kompressionssyndromen, die nicht auf eine bloße Liegendposition wie bei CT- oder MR-Angiographie beschränkt ist (Abb. 4.33 a–c). Beispielhaft sei die Angiographie im Stehen unter Provokation (Adson-Test) bei Verdacht auf Thoracic-outlet-Syndrom genannt (Abb. 4.34 a, b). Zur Stenosequantifizierung hat sich das Vorgehen nach den NASCET- („North American Symptomatic Carotid Endarterectomy Trial-“) Kriterien für Karotisstenosen durchgesetzt. Dabei wird der Durchmesser in der Stenose mit dem Durchmesser eines gesunden oder normal erscheinenden Segments in Beziehung gesetzt (Moneta et al. 1993; North American Symptomatic Carotid Endarterectomy Study Group 1987, 1991). Grundsätzlich präziser ist eine Quantifizierung der Querschnittsfläche, da mit der diameterbasierten Quantifizierung der Stenosegrad unterschätzt wird. So entspricht eine exakt konzentrische 50%-Stenose nach der Diametermethode einer 75%Einengung der Querschnittsfläche. Eine 75%-Stenose nach der Diametermethode entspricht einer 94%Stenose nach Bestimmung der Querschnittsfläche. Diese Möglichkeit der Quantifizierung mit der CToder MR-Angiographie ist prinzipiell vorteilhaft gegenüber der in dieser Hinsicht ungenaueren Katheterangiographie, die je nach Stenosegeometrie so-wie bei gewundenen Gefäßen mindestens 2 Aufnahmeprojektionen benötigt. Allerdings ist in der klinischen Praxis eine präzise Stenosequantifizierung – anders als an der A. carotis – an den Extremitätenarterien weniger entscheidend, da auch andere Kriterien (z. B. AVK-Stadium nach Fontaine, standardisierte schmerzfreie Gehstrecke im Stadium II, Dopplerverschlussdruckindex) ganz wesentlich in eine Therapieentscheidung einbezogen werden müssen. Die lokale Stenosequantifizierung mit der Farbduplexsonographie kann entweder mittels morphometrischer oder hämodynamischer Informationen erfolgen (Ota et al. 2005). Über die Durchmesserbestimmung des perfundierten Lumens kann eine geometrische Abschätzung erzielt werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die räumliche Auflösung der farbkodierten Flussdarstellung schlechter ist als diejenige der B-Bild-Sonographie.Aus diesem Grund besitzen auf Phaseninversionstechniken beruhende Verfahren methodische Vorteile bei der morphologisch-geometrischen Stenosegradbestimmung. Als zuverlässig in der lokalen Stenosegradbestimmung kann die hämodynamische Methode gelten, bei der die aus dem Dopplerfrequenzspektrum abgeleitete, maximale systolische Geschwindigkeit in der Stenose mit derjenigen proximal der Stenose in Beziehung gesetzt wird (vgl. Abb. 4.28 a–c). Für die peripheren Arterien ist es aus pragmatischen Gründen hinrei-
4.3 Systematische Bildanalyse
a
a b
Abb. 4.31 a, b. Aneurysma A. poplitea beidseits. a Die koronare MIP der KM-MR-Angiographie zeigt beidseitige Aneurysmen der A. poplitea. b Im axialen T1-gewichteten Bild nach Kontrastmittel sind beidseits Wandthromben (Pfeile) erkennbar, die dem Nachweis in der MIP (a) entgehen b
chend, eine >50%ige Durchmessereinengung ab einem systolischen Geschwindigkeitsindex von >2,5 anzunehmen.
!
Als einzige Methode bietet die Sonographie in der klinischen Routine auch die Möglichkeit der indirekten Abschätzung des Ausmaßes von Obstruktionen durch die Betrachtung des Flussverhaltens distal der Läsion. Merke
Bis zu einem Diameterstenosegrad von 50–60% werden die distal der Läsion abgeleiteten Ruhe-Doppler-
Abb. 4.32 a, b. Thrombosiertes Aneurysma der A. poplitea links. a Die koronare MIP der KM-MR-Angiographie zeigt einen Verschluss der linken A. poplitea. b Es sind Thromben (Pfeile) in den axialen Aufnahmen ursächlich erkennbar, die dem Nachweis in der MIP (a) entgehen
spektren nicht verändert. Distal der Stenose oder des Verschlusses wird die Flusskurve aufgrund der partiellen Umleitung des Flusses über Kollateralen, des Absinken des peripheren Widerstandes sowie der Dämpfung der Pulskurve durch die Stenose verän-
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
a
c
dert. Bei zunehmendem Stenosegrad kommt es zu einer Reduktion der systolischen Amplitudenhöhe und der Anstiegssteilheit sowie zu einer Umformung im Sinne eines monophasischen Flussmusters (Abb. 4.35 a,b, vgl. Abb. 4.27 a, b). Die Analyse der Plaquezusammensetzung spielt vor allem wissenschaftlich, in manchen Bereichen auch klinisch eine zunehmende Rolle. Während mit der DSA als Ursache der Lumeneinengung allenfalls Kalzifikationen direkt beobachtet werden, können mit den Schnittbildverfahren differenzierte Aussagen zur Plaquezusammensetzung und zur Gefäßwand getroffen werden. Die Analyse der Gefäßwand sowie der Plaqueausdehnung und -zusammensetzung ist mit der Sonographie in hoher räumlicher Auflösung möglich, wobei mit der intravaskulären Sonographie
b
Abb. 4.33 a–c. Beckenverschluss rechts, i. a. DSA. a Die transbrachiale DSA zeigt einen subakuten Beckenverschluss rechts mit oberflächlichen und tiefen Kollateralen. b,c Links setzt sich der Verschluss in den Oberschenkel fort. Rechts besteht ein asymptomatischer, langstreckiger Verschluß der A. superficialis femoralis mit Kollateralisierung über die A. profunda femoris (Pfeile)
die besten Ergebnisse erzielt werden. Die Plaqueanalyse (Lal et al. 2006; Takaya et al. 2006) und Wanddickenbestimmung (Mackinnon et al. 2004) in der A. carotis hat bei bestimmten konservativen Therapieansätzen (Soares et al. 2005) einen hohen wissenschaftlichen, jedoch immer noch begrenzten klinischen Stellenwert (Sztajzel 2005).Auch bei peripheren Arterien ist die sonographische Plaqueanalyse möglich. Sie ist jedoch neben der Bestimmung der Gefäßwandelastizität (Roman et al. 2005) und der endothelialen Dysfunktion (Jarvisalo et al. 2004) bisher nahezu ausschließlich von wissenschaftlichem Interesse (Gyongyosi et al. 2004), zunehmend auch im Rahmen der Primärprävention sowie der Therapiekontrolle. Mit der CT und der MRT können die weichen Plaqueanteile zunehmend präziser erfasst werden.
4.3 Systematische Bildanalyse
b
a
Abb. 4.34 a, b. Thoracic outlet. a Die i. v. DSA bei einer jugendlichen Patienten in stehender Position zeigt einen Verschluss der linken A. subclavia in Armelevation (Pfeil) bei unauffälligem Bild in Neutralposition (b)
Abb. 4.35 a, b. Bypassverschluss. a Farbduplexsonographie der Leiste bei Verschluss eines femoropoplitealen Kunststoffbypasses (Pfeile). Abgangsverschluss der A. femoralis superficialis (Stern; AFP A. profunda femoris , VFS V. femoralis superficialis). b Postokklusives Spektrum in der A. tibialis posterior
a
b
Durch die bessere räumliche Auflösung der CT vorteilhaft, wird die Plaqueanalyse bereits zur Beurteilung von Koronararterien hinzugezogen. Magnetresonanztomographisch werden transversal zum Gefäßlumen angulierte Messsequenzen ohne und mit Fettsättigung (z. B. T1-gewichtete und protonenge-
wichtete Sequenzen) herangezogen. Die zusätzliche Analyse der Plaquemorphologie kann Informationen zur Einschätzung der Plaques als vulnerabel und damit „rupturgefährdet“ und somit therapiebedürftig oder intakt und nicht gefährdet liefern (Chen u. Wasserman 2005; Mitsumori et al. 2003).
281
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 4.4.1 Arteriosklerose Definition
왔 Unter Arteriosklerose versteht man
sequenziell ablaufende pathologische Veränderungen in den Wänden der Blutgefäße, die die betroffenen Gefäße zunehmend einengen und völlig verschließen können (Vollmar 1996). Die Arteriosklerose kann sich in unterschiedlichen Krankheiten mit entsprechenden Symptomen äußern. Sie stellt die häufigste Todesursache in den Industrieländern dar. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen. In Abhängigkeit davon, welche Region des Gefäßsystems betroffen ist, äußert sich die Arteriosklerose in verschiedenen Krankheiten mit unterschiedlichen Symptomen und Verläufen. Entsprechend veränderte Gefäße können entweder zu einer stenosierenden oder dilatativen Verlaufsform der Arteriosklerose führen. Zu den wesentlichen Organmanifestationen zählen
∑ ∑ ∑ ∑ ∑
die koronare Herzkrankheit, der zerebrale Insult, das Bauchaortenaneurysma, Durchblutungsstörungen der Beine und das vaskulär bedingte Nierenversagen.
Da den Krankheiten die gleiche Ursache zugrunde liegt, kommt es nicht selten vor, dass bei einem Patienten gleichzeitig mehrere der genannten Erkrankungen vorliegen. Wird eine pAVK diagnostiziert, muss von einer signifikant erhöhten Sterblichkeit in den Folgejahren ausgegangen werden. Die Sterblichkeit wird vor allem durch Manifestationen der Arteriosklerose außerhalb der peripheren Arterien bestimmt. Je höher das diagnostizierte AVK-Stadium ist, umso höher ist die Sterblichkeit in der Folgezeit (Criqui et al. 1992).
!
Die Erstsymptome einer Arteriosklerose der unteren Extremitäten müssen daher Anlass sein, weitere, klinisch bisher stumme Gefäß- und Organmanifestationen nachzuweisen. Speziell bei Durchblutungsstörungen der Beine kann es bei progredientem Verlauf bis zu einer Amputation der betroffenen Extremität kommen (Vollmar 1996). Merke
Ätiologie und Pathogenese Als primäre Risikofaktoren gelten
∑ ∑ ∑ ∑
die chronische arterielle Hypertonie, die Hyperlipoproteinämie, der Nikotinabusus und der Diabetes mellitus.
Sekundäre Risikofaktoren sind Adipositas, Bewegungsarmut und Stress. Das Lebensalter stellt einen konstanten Risikofaktor dar. Die klinischen Untersuchungen zeigen ein fast lineares Ansteigen der Häufigkeit der AVK von der Jugend bis ins hohe Alter. Die Geschlechtsdisposition ist insbesondere an den unteren Extremitäten in jüngerem Lebensalter eindeutig: Das männliche Geschlecht überwiegt mit 80–90% aller Erkrankungen. Vor der Menopause ist die Krankheit bei Frauen selten, während postmenopausal eine Angleichung des Risikos stattfindet (Vollmar 1996). In der Sequenz der Entstehung und der Progression der Arteriosklerose kommt es, begünstigt durch die beschriebenen Risikofaktoren, zunächst zu umschriebenen Schädigungen der Intima mit Adhäsion von Thrombozyten, einem Intimaödem und schließlich zur Ausbildung arteriosklerotischer Plaques. Die Plaqueformation kann voranschreiten, nekrotisieren, exulzerieren, embolisieren oder zum thrombotischen Gefäßverschluss führen. Klinik Entsprechend des Schweregrades wird die Arteriosklerose der Extremitätenarterien, die pAVK, nach Fontaine in 4 Stadien eingeteilt:
∑ Stadium I: Nachweis einer Gefäßpathologie (z. B. Stenose) ohne Beschwerden, ∑ Stadium II: a. beschwerdefreie Gehstrecke >250 m (so genannte Schaufensterkrankheit, Claudicatio intermittens), b. beschwerdefreie Gehstrecke <250 m (so genannte Schaufensterkrankheit, Claudicatio intermittens), ∑ Stadium III: Ruheschmerzen, ∑ Stadium IV: Gewebeuntergang (trockene oder feuchte Nekrosen). Im Stadium IV treten eine Vielzahl trophischer Störungen der Haut in Form von Blässe, fehlender Venenfüllung bis zur Nekrose, die oft an der Großzehe beginnt, auf. Es entstehen Weichteilinfektionen mit Wundheilungsstörungen. Typisch ist die Nagelbettverletzung, die schließlich zur Nekrose der Zehe führt. Sehr häufig treten diese Veränderungen in Begleitung eines Diabetes mellitus auf. In dieser Krankheitsphase sind die diabetischen Patienten oft beschwerdefrei, weil häufig gleichzeitig eine neuropathische Komponente der Erkrankung mit Schädigung der vaskulären Versorgung der Nerven besteht. Im angloamerikanischen Sprachraum ist diese Stadieneinteilung nach Fontaine nicht gebräuchlich. Dort wird zwischen einer Claudicatio intermittens
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
a
c
b
Abb. 4.36 a–c. Beckenstenosen. KM-MR-Angiographie der Becken- und Beinarterien mit automatischer Tischverschiebung nach einmaliger KM-Gabe. a Nachweis einer hochgradigen Stenose der A. iliaca communis rechts (Pfeil) und einer zirkulären Stenose der A. iliaca communis links mit poststenotischer Dilatation (Pfeil). b In der Oberschenkeletage
a
b
Abb. 4.37 a–c. Aortenverschluss und Beckenarterienverschluss. In der KM-MR-Angiographie der Becken- und Beinarterien mit automatischer Tischverschiebung nach einmaliger KM-Gabe Nachweis eines Verschlusses der infrarenalen
Darstellung eines kurzstreckigen, kollateralisierten Verschlusses der linken A. femoralis superficialis (Pfeil) sowie einer Atheromatose der linken A. poplitea im I. Segment. c Am rechten Unterschenkel Abbildung einer Hypoplasie der A. tibialis posterior
c
Bauchaorta und der Beckenarterien. Über Kollateralen Wiederauffüllung der A. femoralis communis beidseits. Regelrechte Kontrastierung der Oberschenkel-, Knie- und Unterschenkelarterien
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
Abb. 4.38. Leriche-Syndrom, CT-Angiographie (MIP). Chronisches Leriche-Syndrom: Verschluss der infrarenalen Aorta inklusive Bifurkation und A. iliaca communis beidseits. Kollateralisation über lumbale Arterien, Bauchwandarterien und A. mesenterica inferior
und kritischer Ischämie („critical leg ischaemia“) unterschieden. Nach einer ersten Begriffsbestimmung (1991 Konsensuskonferenz) beschreibt die kritische Ischämie einen chronischen Zustand der Minderversorgung der Extremität, die das Bein oder die Akren amputationsgefährdet. Die Definition wurde durch 2 Kriterien erweitert: 1. Andauernder Ruheschmerz, der eine regelmäßige Analgetikagabe für mehr als 2 Wochen notwendig macht, verbunden mit einem Knöchelarteriendruck von <50 mmHg und/oder Zehenarteriendrücken von <30 mmHg. 2. Ulzerationen oder Gangrän von Fuß oder Zehen mit einem systolischen Knöchelarteriendruck von <50 mmHg oder Zehenarteriendrücke von <30 mmHg (Diehm et al. 1999).
a
b
Abb. 4.39 a–c. Multisegmentale pAVK. KM-MR-Angiographie der Becken- und Beinarterien mit automatischer Tischverschiebung nach einmaliger KM-Gabe. a Homogene Kontrastierung der infrarenalen Bauchaorta und der Beckenarterien. b In der Oberschenkeletage Dokumentation einer langstreckig hochgradig eingeengten rechten A. femoralis superficialis mit
c
Verschluss im distalen Anteil und kaliberstarker Kollateralisation über die A. profunda femoris (Pfeile). Nachweis einer Atheromatose der linken A. femoralis superficialis im distalen Anteil. c Am rechten Unterschenkel Nachweis einer Hypoplasie der A. tibialis anterior
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
a
b
c
d
Abb. 4.40 a–d. Becken- und Beingefäße bei pAVK, i. a. DSA. a,b Die DSA zeigt eine dilatative proximale Arteriopathie ohne wesentliche atherosklerotische Lumeneinengungen. In der
Knieetage (c) und der Unterschenkeletage (d) kommen peripher betonte Stenosen und Unterschenkelverschlüsse zur Darstellung
Nach Lokalisation der Gefäßpathologie ergibt sich ein klinisches Enteilungsprinzip:
Als Sonderformen der pAVK gelten:
∑ Beckentyp: Lokalisation in den Beckenarterien oder der distalen Aorta abdominalis (Abb. 4.36 a– c, Abb. 4.37 a–c, Abb. 4.38, vgl. Abb. 4.3 a–c). ∑ Oberschenkeltyp: Lokalisation in den Oberschenkelarterien (Abb. 4.39 a–c, Abb. 4.40 a–d, vgl. Abb. 4.6 a–c, Abb. 4.7 a,b, Abb. 4.8, Abb. 4.28 a–c, Abb. 4.29), ∑ peripherer Typ: Lokalisation in den Unterschenkel- oder Fußarterien (Abb. 4.41, vgl. Abb. 4.1 a–l, Abb. 4.2 a–f, Abb. 4.13 a–c, Abb. 4.16 a–c).
∑ juvenile Form: die pAVK der jungen Menschen mit vermehrtem Wachstum der Intimazellen, ∑ Mönckeberg-Krankheit: Verkalkung der Media; die Intima ist nicht betroffen, und das Gefäßlumen ist offen, ∑ Raynaud-Krankheit: Gefäßverschlüsse infolge entzündlicher Prozesse, ∑ Thrombangiitis obliterans (Winiwarter-BuergerKrankheit): entzündliche und degenerative Veränderungen der kleineren Gefäße (Abb. 4.42 a, b), ∑ diabetische Gefäßkrankheit: kleine und mittlere Gefäße inklusive der blutversorgenden Gefäße der Nerven (Polyneuropathie).
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286
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
Diagnostik
쐍 Anamnese und klinische Untersuchung. Die Anamnese spielt in der Diagnostik der pAVK eine wichtige Rolle.
!
Zur Differenzierung möglicher Ursachen von durch Belastung auslösbaren Schmerzen in den Beinen (z. B. pAVK? Spinalkanalstenose? radikuläre Syndrome?) ist eine möglichst genaue Erfragung von Schmerzcharakter und Schmerzlokalisation unabdingbar und hilft, in einer Frühphase der Diagnostik apparative Methoden zielgerichtet einzusetzen. Merke
Abb. 4.41. Stenose der A. profunda femoris
Bei pAVK-bedingten Schmerzen sind im Stadium II z. B. der intermittierende Charakter in Abhängigkeit vom Ausmaß der Belastung sowie die typische Schmerzlokalisation (in der Regel eine Etage distal der Hauptpathologie) typisch.
a
Abb. 4.42 a, b. Thrombangiitis obliterans. a Farbduplexsonographie am Unterschenkel. Korkenzieherartige Kollateralen entlang eines verschlossenen Arterienlumens. b I. a. DSA. Vollständiger Unterschenkelarterienverschluss, typische Kollateralnetze
b
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
Die körperliche Untersuchung gibt Hinweise auf eventuelle Hautveränderungen wie Blässe, Nekrosen oder Wundheilungsstörungen. Der Pulsstatus, die Auskultation der großen Gefäße sowie einfache klinische Tests wie die Ratschow-Lagerungsprobe geben wichtige Hinweise auf das Vorhandensein sowie die grobe Lokalisation der Läsionen. Beim Diabetes mellitus kann allerdings trotz tastbarer Pulse eine schwere pAVK vorliegen.
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Zur Objektivierung der beschwerdefreien Gehstrecke ist eine standardisierte Laufbanduntersuchung mit einer Geschwindigkeit von 3,0 km/h und 12% Steigung geeignet. Die dopplersonographische Messung der Verschlussdrucke an den Fußarterien in Relation zum Verschlussdruck der A. brachialis nach 15-minütiger Ruhephase stellt den nächsten Schritt dar. Liegt der Knöchel-Arm-Index <1, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine pAVK vor. Die Sensitivität im Nachweis einer pAVK beträgt bei Berücksichtigung der Ausschlusskriterien (schwere Mediasklerose bei Diabetes mellitus oder Niereninsuffizienz mit falsch-hohen Verschlussdruckwerten von z. T. >300 mmHg) bis zu 100%, die Spezifität >90% (Baxter u. Polak 1993). Absolute Verschlussdruckwerte von >80–100 mmHg kennzeichnen eine ausreichende bis gute Durchblutungsreserve, Werte <50 mmHg kennzeichnen eine kritische Ischämie. Subnormale oder normale Verschlussdruckwerte trotz AVK-typischer Klinik erfordern eine Wiederholung der Verschlussdruckmessung nach einfachen Belastungstests (s. oben). Mit der Dopplerverschlussdruckmessung ist auch bei Einsatz der segmentalen Technik eine für eine Therapieentscheidung hinreichende Lokalisierung sowie Charakterisierung (Stenose, Verschluss) der Läsion nicht erreichbar, wohingegen dies mit der Farbduplexsonographie in >90% möglich ist (Baxter u. Polak 1993). Ebenso kann die Farbduplexsonographie bei der Entscheidung, ob der Patient eine angiographische Bildgebung (mit DSA, MR- oder CT-Angiographie) benötigt, oder hinsichtlich einer Therapie (konservativ, Katheterintervention, Operation) hilfreich sein. Eine korrekte Entscheidung für eine interventionelle Therapie ist allein auf Basis einer qualifiziert durchgeführten Farbduplexsonographie in >90% der Fälle erreichbar (Elsman et al. 1996; Abb. 4.43 a,b, vgl. Abb. 4.3 a–c ). Wenn ausreichende Hinweise auf eine therapeutisch relevante Pathologie vorliegen, eine invasive Revaskularisation grundsätzlich in Frage kommt, die Farbduplexsonographie jedoch zur Entscheidung bzw. Planung nicht ausreicht oder nicht verfügbar ist, erfolgt eine bildgebende Diagnostik mittels KM-MRAngiographie, CT-Angiographie oder DSA. Dabei ist
im Nachweis bzw. Ausschluss >50%iger Obstruktionen die KM-MR-Angiographie der Duplexsonographie überlegen (Leiner et al. 2005; Visser u. Hunink 2000). Alle 3 Verfahren können ambulant durchgeführt werden. Bei der DSA als 3- oder 4-French-Angiographie wird eine Liegezeit von 1–4 Stunden erforderlich (vgl. Abb. 4.1 a–l, Abb. 4.2 a–f). Hierbei sollten alle Etagen dargestellt werden, um die Gefäßverhältnisse proximal der Pathologie und den Zustand der Ausflussbahn bis in die pedalen Gefäße überschauen zu können. Ein invasiver Eingriff macht ggf. eine Risikoabklärung eventueller Gefäßveränderungen im Bereich des Herzens, des Gehirns und der Niere erforderlich, da es sich bei der Arteriosklerose um eine systemische Erkrankung handelt. Im Stadium IV mit Nekrosen und Weichteilinfekten gehört zur präoperativen Abklärung auch die Anfertigung von Röntgenbildern der Knochen. Hiermit kann eine knöcherne Beteiligung im Bereich der Nekrosestellen ausgeschlossen werden (Vollmar 1996). Therapie Die Therapie der pAVK orientiert sich an verschiedenen Faktoren: Das klinische Stadium, der Befallstyp, der Zeitverlauf der Entwicklung der Beschwerden, das individuelle Risikoprofil sowie die Lebenssituation des Patienten spielen bei der Entscheidung für eine bestimmte Behandlungsform eine entscheidende Rolle. Folgende grundlegenden Therapieformen stehen zur Verfügung:
∑ endovaskulär (Ballon-PTA, Stent-PTA, Katheterlyse, Katheterthrombektomie, Kombinationen), ∑ offen-chirurgisch (Thrombendarteriektomie, Venen-Bypass-Rekonstruktion, Kunststoff-BypassRekonstruktion, Thrombektomie), ∑ Hybridrevaskularisation (endovaskulär plus offenchirurgisch), ∑ konservative Therapie (Training, Medikamente), ∑ CT-gesteuerte Sympathikolyse. Bei der symptomatischen Makroangiopathie im Stadium IIa oder IIb kann je nach Gefäßsituation ein gezieltes Gefäßtraining wieder zu einer deutlichen Steigerung der schmerzfreien Gehstrecke führen. Die Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern und ggf. vasoaktiven Substanzen sowie die konsequente Behandlung der Risikofaktoren sind wichtige Elemente einer medikamentösen Therapie. Ein gefäßchirurgischer Eingriff kommt, sofern technisch möglich und sinnvoll, erst in Frage, wenn keine sinnvolle endovaskuläre Behandlungsoption besteht. In der aortoiliakalen Etage ist zur Erzielung eines prognoserelevanten Primärergebnisses neben der PTA die fakultative Einlage eines Stents fest etabliert. In der
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem Abb. 4.43 a, b. Iatrogene Dissektion der A. iliaca externa. a Vor Stentimplantation (f falsches Lumen, w zum Teil hochgradig stenosiertes wahres Lumen). b Nach Stentimplantation in das wahre Lumen. Thrombosiertes falsches Lumen (Stern)
a
b
femoropoplitealen Etage wurde bisher vorrangig mit einer PTA therapiert. Aktuell werden hier verschiedene Stentdesigns und Beschichtungen erprobt. Die derzeitigen Ergebnisse lassen die Implantation eines selbstexpandierbaren Stents in den extraartikulären Gefäßsegmenten bei unzureichendem PTA-Ergebnis sinnvoll erscheinen. Die PTA wird bedingt durch verbessertes Kathetermaterial auch in der kruralen und pedalen Etage angewendet (vgl.Abb. 4.16 a–c).Spezielle Stents für diese Region werden derzeit entwickelt, wobei schon heute Koronarstents für die Unterschenkelarterien verwendet werden können. Ziel der endovaskulären oder operativen Intervention ist die Wiederherstellung des Lumens bzw. die Wiederherstellung der Durchblutung distal der Pathologie. Der Eingriff bleibt im Allgemeinen ohne Einfluss auf den Verlauf der Grundkrankheit. Den-
noch wird bei einem Teil der Kranken eine Gefäßwiederherstellung vorgenommen, weil die Beseitigung der Pathologie meist eine Wiedererlangung der Aktions- und Berufsfähigkeit auf Jahre hinaus bedeutet. Die Wiederherstellung der Durchblutung ist nur dann sinnvoll, wenn der Kranke hierdurch ein entsprechendes Maß an Aktivität und Leistungsfähigkeit zurückgewinnt. Die Gefäßrekonstruktion als präventiver Eingriff im Stadium I ist seltenen Sonderfällen vorbehalten. Bei einem fortgeschrittenen Stadium (III oder IV) besteht eine absolute Indikation zur Wiederherstellung der Durchblutung. Sollte auch im Stadium II eine schnelle Abnahme der Gehstrecke mit Beeinträchtigung des Patienten in seiner beruflichen und persönlichen Aktivität vorliegen, ist auch in diesem Fall eine Gefäßrevaskularisation anzuraten.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
Im Gesamtkontext ist es wichtig, zu verstehen und den Patienten zu vermitteln, dass die medikamentöse, die interventionelle oder die operative Behandlung symptomatische Behandlungsformen darstellen und die Krankheitsmanifestation an den Blutgefäßen nicht rückgängig machen können.
!
Eine pAVK ist immer ein erhebliches Alarmsignal, dass der Patient unter einer schweren systemischen Arteriosklerose leidet. Durch konsequente Reduktion und Vermeidung von Risikofaktoren kann jeder Patient selbst dazu beitragen, das Risiko der bestehenden Arteriosklerose für die Entwicklung von Komplikationen und relevanten Beschwerden zu senken bzw. den Krankheitsprozess zu verlangsamen (Vollmar 1996). Merke
4.4.2 Aneurysmen Umschriebene Gefäßwandaufweitungen können in Abhängigkeit von der Genese in allen Körperregionen auftreten. Die infrarenale Bauchaorta sowie die Becken- und Kniearterien sind in der Peripherie am häufigsten betroffen. Definition
왔 Ein Aneurysma ist eine Gefäßlumen-
erweiterung auf mehr als das 1,5-Fache des normalen Durchmessers (Aorta abdominalis >30 mm, A. poplitea >7 mm).
Ätiologie und Pathogenese Die häufigste Ursache für ein Aneurysma ist eine altersbedingte Zerstörung der Media, vergesellschaftet mit einer Arteriosklerose (Abb. 4.44). Ferner liegt eine angeborene Schwäche der Arterienwand bei der fibromuskulären Dysplasie, beim Ehler-Danlos- und beim Marfan-Syndrom vor. Bei einem mykotischen Aneurysma (Abb. 4.45) handelt es sich um eine De-novo-Infektion der Arterienwand, die zu einem Aneurysma führt. Bei der sekundären Infektion eines vorbestehenden Aneurysmas spricht man von einem infizierten Aneurysma. Auch posttraumatisch kann es aufgrund einer Gefäßwandverletzung zu einer aneurysmatischen Aussackung kommen (Abb. 4.46 a, b). In diesem Fall spricht man von einem Pseudoaneurysma oder falschen Aneurysma/Aneurysma spurium. Hierbei sind alle Gefäßwände durchtrennt („pulsierendes Hämatom“), während bei einem wahren oder echten Aneurysma alle Wandschichten erhalten sind. Bei den echten Aneurysmen werden nach morphologischen Kriterien sack- und spindelförmige sowie dissezierende Formen unterschieden. Etwa 2% aller Menschen >60 Jahre sind betroffen (Männer>Frauen). Bei einem Bauchaortenaneurysma (BAA) findet man in 10–14% auch ein Poplitealarterienaneurysma (PAA; Abb. 4.47 a–e, vgl.Abb. 4.31 a,b, Abb. 4.32 a, b). Umgekehrt zeigt sich bei einem nachgewiesen PAA, das in 50–70% der Fälle bilateral auftritt, bei 30–50% der Patienten auch ein BAA. Bei einem PAA sind die Männer 10- bis 30-mal häufiger betroffen als Frauen (Wright et al. 2004).
Abb. 4.44. Panoramaultraschall (B-Bild) bei Aneurysmose der A. femoralis superficialis und der A. poplitea. Subtotale Popliteathrombose.
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
Abb. 4.45. Riesiges mykotisches Hinterwandaneurysma der A. femoralis communis bei einem intravenös Drogenabhängigen. Ein- und Ausstrom sind mit Pfeilen markiert.
a
Klinik Klinisch kann man 3 Stadien unterscheiden.
∑ Stadium I (asymptomatisches Stadium): Hierbei wird ein Aneurysma, das keinerlei Beschwerden verursacht, zufällig festgestellt. Dies ist beim BAA der weitaus häufigste Fall. Poplitealaneurysmen sind in 45% der Fälle zum Zeitpunkt der Diagnosestellung asymptomatisch. ∑ Stadium II (symptomatisches Stadium): Die Beschwerden werden durch Expansion des Aneurysmas und/oder durch Druck auf die umgebenden Organe hervorgerufen. ∑ Stadium III (rupturiertes Stadium): Beim BAA erfolgt die Ruptur im Regelfall nach retroperitoneal. Klassische Zeichen sind ein starker Dauerschmerz und ein hämorrhagischer Schock. Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Ein asymptomatisches Aneurysma kann im Rahmen der klinischen Untersuchung durch Palpation und Auskultation entdeckt werden.
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Die klinische Verdachtsdiagnose auf das Vorliegen eines Aneurysmas kann sehr einfach mit der B-Sonographie verifiziert werden. Ferner ist die Quantifizierung der Aneurysmagröße hiermit gut möglich. Bei der Darstellung der Lagebeziehung eines intraabdominellen Aneurysmas in Relation zu abgehenden Gefäßen (z. B. Nierenarterien) hat die Sonographie eine schlechtere Aussagekraft als CT- und MR-Angiographie. Die farbkodierte Duplexsonographie gestattet sowohl Aussagen zu den Blutflussverhältnissen im An-
b
Abb. 4.46 a, b. Thrombin-Therapie bei Aneurysma spurium. Falsches Aneurysma der A. femoralis superficialis nach arteriellem Zugang für eine PTA. a Persistierendes, durch die Punktion bedingtes Gefäßleck (Pfeil, AFC A. femoralis communis). Perfusion in den extravaskulären Weichteilen. b Nach sonographisch gezielter Injektion von 50 IE Thrombin vollständige Thrombose des Aneurysma spurium
eurysma, zu Gefäßwandveränderungen, zu den größeren aus dem aneurysmatisch erkrankten Gefäßabschnitt abgehenden Gefäßen sowie zu thrombembolischen Komplikationen. Ein Aneurysma kann beispielsweise aufgrund des Flussnachweises in der Farbduplexsonographie von einer poplitealen Zyste abgegrenzt werden. Die Sonographie ist das Verfahren der Wahl in der Verlaufskontrolle von Aneurysmen. In der Akutphase ist bei Verdacht auf Ruptur eines BAA die Sonographie der CT unterlegen, da sie zwar meist das Aneurysma nachweist, jedoch häufig das Ausmaß z. B. eines retroperitonealen Hämatoms unterschätzt.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
a
b
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d
e
Abb. 4.47 a–e. Vollständig thrombosierte Aneurysmen der A. poplitea beidseits. a Die KM-MR-Angiographie zeigt beidseitige Verschlüsse der A. poplitea (Pfeile) mit guter Kollateralisierung. b,c T2-gewichtete Sequenzen in sagittaler Schicht-
führung bilden den thrombotischen Anteil als solide imponierende Raumforderungen (Thromben) im Verlauf der A. poplitea ab, die in den axialen T1-gewichteten Aufnahmen (d,e) nicht erkennbar sind (Pfeile)
Bei intraabdominell und -pelvin gelegen Befunden sind die CT und die MRT der Sonographie in der Bildgebung überlegen, wenn es um die Darstellung der exakten Lagebeziehung zu anderen Strukturen (z. B. Gefäßabgängen) geht. Beide Verfahren erlauben eine exakte Bestimmung von Größe und Längsausdehnung. Ferner können die umgebenden Strukturen überlagerungsfrei abgebildet werden. Darüber hinaus ist eine präzise Erfassung der erforderlichen Daten vor einem interventionellen oder chirurgischen Eingriff möglich. Mit beiden Verfahren gelingt eine Gefäßdarstellung in Form von übersichtlichen Rekonstruktionen, sodass die diagnostische Arteriographie in den Hintergrund getreten ist.
ca, A. poplitea) ausgeschlossen werden, dies gilt umgekehrt auch für den BAA-Ausschluss bei Erstdiagnose eines peripheren Aneurysmas.
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In Notfallsituationen (Stadium III) gilt heute die CT-Diagnostik als Verfahren der ersten Wahl, da sie in kürzester Zeit alle relevanten Informationen liefert und die schwerkranken Patienten adäquat überwacht und ggf. sofort behandelt werden können. Merke
Bei peripheren Aneurysmen (z. B. der A. poplitea) ist es wichtig, eventuelle thrombembolische Komplikationen vollständig zu erfassen. Bei Erstdiagnose eines BAA sollten gleichzeitig weitere Aneurysmen (A. ilia-
Therapie Die Behandlung der Aneurysmen ist abhängig von deren Lokalisation. Im Bereich von Gelenken (Hüft- und Kniegelenk) ist ein gefäßchirurgischer Eingriff mit prothetischem Ersatz Methode der Wahl. So genannte „gecoverte Stents“ (Endoprothesen,„stent-grafts“), die mit Prothesenmaterial überdeckt sind, können in extraartikulären Gefäßsegmenten wie der Aorta (Abb. 4.48 a, b), den Aa. iliacae communes und externae sowie der A. femoralis superficialis eingesetzt werden. Aneurysmen der A. iliaca interna werden zumindest initial embolisiert und ggf. sekundär mit einer Endoprothese überdeckt. Im Bereich von Gelenken wie der Hüfte oder dem Knie sind Endopothesen kontraindiziert. Bei thrombembolischen Komplikationen eines PAA sind kombinierte Verfahren mit Katheterlyse des thrombembolisch verschlossenen Gefäßsegments (z. B. III. Poplitealsegement, Unterschenkelarterientrifurkation) und anschließender Ausschaltung des Aneurysmas durch Bypassverfahren indiziert.
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
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Abb. 4.48 a, b. Kontroll-Power-Dopplersonographie nach transluminalem Stentgraft bei Bauchaortenaneurysma. Die iliakalen Prothesenschenkel sind regelrecht perfundiert, das Aneurysma ist ausgeschaltet. Querschnitt (a), Längsschnitt (b)
von Fettsäuren, Cholesterin und Triglyzeriden sowie deren Einbau in die Gefäßwand (Liermann u. Kirchner 1997). Zusätzlich liegt bei Diabetikern nach etwa 10 Jahren Krankheitsverlauf eine diabetische Mikroangiopathie vor. Histologisch findet man eine Verdickung der Basalmembranen, die in Verbindung mit einer Viskositätszunahme des Blutes zu einer Kapillaropathie mit Verlegung der Haargefäße führt. Hieraus resultiert eine fatale Dekompensation der Mikrozirkulation. Sie betrifft vor allem die Retina und die Niere und wirkt sich an den Extremitäten in Kombination mit der Makroangiopathie auf die Perfusion der Endstrombahn und die Gewebetrophik aus (Zeitler 1997). Klinik Der klinische Verlauf der diabetischen Makroangiopathie wird häufig unterschätzt. Die Kombination von fehlendem Belastungsschmerz, geringer Infektionsresistenz und fortgeschrittener Arteriosklerose führt zu schwerwiegenden Krankheitsbildern z. B. in Form des diabetischen Fußes, wobei neben den angiopathischen Ursachen neuropathische Komponenten eine wesentliche Rolle spielen. Akut lebensbedrohlich sind vorrangig die Folgen einer Koronaroder ein Zerebralsklerose. Zu den wichtigsten Komplikationen der diabetischen Mikroangiopathie gehören die Retino-, die Nephro- (Kimmelstiel-WilsonGlomerulonephritis) und die Neuropathie. Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Die gezielte Anamnese er-
Die diabetische Angiopathie wird heute als Manifestation und nicht als Komplikation des Diabetes mellitus angesehen (Alexander 1990). Es werden 2 Manifestationsformen des Diabetes mellitus an den Arterien unterschieden: diabetische Makro- und Mikroangiopathie.
folgt in Hinblick auf eine Einschränkung der Gehstrecke, ein Kältegefühl der Beine, eine Gangunsicherheit, das „Burning-feet-Beschwerdebild“, Empfindungsstörungen sowie Minderung des Sehvermögens und der Potenz. Die klinische Untersuchung besteht insbesondere in der Inspektion der Füße (Atrophie? Entzündung? Deformität? Nekrose?), der Palpation von Hauttemperatur und Pulsen sowie der Prüfung von Muskeleigenreflexen und Tiefensensibilität (Frykberg 2002; Wagner 1987).
Ätiologie und Pathogenese Bei der diabetischen Makroangiopathie werden neben den Koronar- und Zerebralarterien bevorzugt die peripheren Extremitäten betroffen. Das Gefäßsystem altert um etwa 10–15 Jahre schneller als das von Nichtdiabetikern. Man geht heute davon aus, dass es sich um eine frühe, besonders schwere Verlaufsform der Arteriosklerose handelt. Ursächlich übt die Hyperinsulinämie einen proliferationssteigernden Einfluss auf die glatten Muskelzellen der Gefäßwand aus. Zudem steigert Insulin die Synthese
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Für die apparative und bildgebende Diagnostik der Makroangiopathie kommen die gleichen Verfahren wie für die pAVK zur Anwendung. Bereits anhand einer Röntgenaufnahme des Vorfußes sind typische Verkalkungen der kleinen Fußarterien infolge der Mediasklerose nachweisbar. Ferner kann man in Abgängigkeit vom Lokalbefund Zeichen einer Osteoporose, einer Osteomyelitis oder Osteolysen erkennen. Bei der angiographischen Darstellung zeigen sich für die diabetische Makroangiopathie typische Veränderun-
4.4.3 Diabetische Angiopathie
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
gen. Diese betreffen nicht die Morphologie der Läsionen, sondern deren Lokalisation.Auffällig ist eine angiographisch nachweisbare Betonung der Verschlusslokalisationen in der Peripherie, hierbei vor allem der Unterschenkel- und Fußarterien. Während bei Nichtdiabetikern Veränderungen im femoropoplitealen Abschnitt lediglich in 56% der Fälle gefunden wurden, zeigten sich diese bei Diabetikern mit AVK in 85% (Arlart 1992). Die Beckenstrombahn ist bei Patienten mit Diabetes mellitus in 15% der Fälle, bei Patienten ohne Diabetes mellitus in 44% betroffen. Insbesondere bei einer eingeschränkten Nierenfunktion ist die KM-MR-Angiographie heute das angiographische Verfahren der Wahl (vgl. Abb. 4.14 a–c).
!
Vorsicht ist bei dopplersonographischen Druckmessungen geboten, da diese infolge der durch die Mediasklerose eingeschränkten Kompressibilität der Gefäße nur eingeschränkt oder gar nicht zu verwerten sind. Häufig werden bei langjährig bestehendem Diabetes falschhohe Druckwerte >300 mmHg gemessen. CAVE
Die zur Verfügung stehenden Methoden zur Diagnostik der Mikrozirkulationsstörung sind entweder sehr aufwändig (Videokapillarmikroskopie) oder wenig spezifisch (transkutane Sauerstoffdruckmessung, laborchemische Messung rheologischer Parameter). Lediglich für die an der Nagelfalz durchgeführte Kapillarmikroskopie wurde bisher eine sinnvolle Klassifikation zur Risikoabschätzung entwickelt. Die Laser-Dopplerfluxmetrie als einfach durchführbare Methode scheint sich in der Beurteilung der Mikrozirkulation zu bewähren. Bei Diabetes mellitus Typ I wird in jüngsten experimentellen Studien auch der Dicke von Intima und Media (IMT/„intimal-medial thickness“) – ohne Patientenbelastung sonographisch an der A. carotis communis gemessen – ein prädiktiver Wert zuerkannt (Jarvisalo et al. 2004). Wegen der großen individuellen Unterschiede eignen sich alle diese Verfahren allerdings eher zur Kontrolle der Effektivität therapeutischer Maßnahmen als zur Frühdiagnostik. Therapie Oberstes Gebot muss die sorgfältig überprüfte und immer wieder hinterfragte Einstellung der Blutzuckerwerte sein. Auf die Bedeutung und Wichtigkeit der Therapie einer Hypertonie und zusätzlicher Risikofaktoren (Nikotin, Übergewicht, Fettstoffwechselstörung) soll hier nicht eingegangen werden. Ferner konnte nachgewiesen werden, dass bei der symptomatischen Makroangiopathie ein gezieltes Gefäßtraining zu einer deutlichen Steigerung der schmerzfreien Gehstrecke führen kann.
Thrombozytenaggregationshemmer und vasoaktive Substanzen sind wichtige Elemente einer medikamentösen Therapie. Eine Indikation zur radiologischen Intervention besteht grundsätzlich nur dann, wenn zusätzlich zur diabetischen Mikroangiopathie und/oder Neuropathie (z. B. beim diabetischen Fußsyndrom) eine makroskopische Komponente vorliegt (Arlart 1992). In der aortoiliakalen Etage ist zur Erzielung eines für die Prognose relevanten Primärergebnisses neben der PTA die fakultative Einlage eines Stents etabliert. In der femoropoplitealen Etage wurde bisher vorrangig mit einer Ballon-PTA therapiert. Aktuell werden hier verschiedene Stentdesigns und Stentbeschichtungen erprobt. Die derzeitigen Ergebnisse lassen die Implantation eines selbstexpandierbaren Stents in den extraartikulären Gefäßsegmenten bei unzureichendem PTA-Ergebnis sinnvoll erscheinen. Die PTA wird bedingt durch verbessertes Kathetermaterial zunehmend insbesondere bei Diabetikern auch in der kruralen und pedalen Etage angewendet. Spezielle Stents für diese Region wurden noch nicht entwickelt. Wie schon bei der Therapie der pAVK ausgeführt, sind spezielle Stents für diese Region in Entwicklung. Ein gefäßchirurgischer Eingriff mit Implantation eines kruralen oder pedalen Bypasses kommt, sofern technisch möglich und sinnvoll, erst in Frage, wenn endovaskulär keine Option besteht. 4.4.4 Vaskulitiden Die systemischen Vaskulitiden umfassen eine Gruppe unterschiedlicher Erkrankungen, deren gemeinsames histologisches Kennzeichen eine Entzündung der Gefäßwand ist. Unterschieden werden primäre von sekundären Vaskulitiden. Die Ursache ist bei den primären Gefäßentzündungen unbekannt. Bei den sekundären Erkrankungen sind die Ursachen entweder bekannt (z. B. Zytomegalievirusinfektion) oder sie treten im Rahmen anderer Erkrankungen (z. B. Kollagenosen) auf. Die primären systemischen Vaskulitiden können entsprechend ihres Befallsmusters und der Größe der beteiligten Gefäße klassifiziert werden. Die großen und mittelgroßen Gefäße sind bei der Riesenzell- und der Takayasu-Arteriitis betroffen. Aufgrund ihrer Prädilektionsstellen können bei beiden Erkrankungen die peripheren Gefäße betroffen sein (Reuter et al. 2003). Riesenzellarteriitis Die Riesenzellarteriitis gehört zu den Vaskulitiden, die den rheumatischen Erkrankungen zugeordnet werden. Sie ist die häufigste Form der systemischen
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294
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
Vaskulitiden bei Erwachsenen. Aus rheumatologischer Sicht werden die Arteriitis temporalis Horton und die Polymyalgia rheumatica unterschieden. Definition
왔 Hierbei handelt es sich um eine Arte-
riitis mit Beteiligung von Segmenten der Tunica media der großen und mittleren Arterien. Die Arteriitis temporalis betrifft vorwiegend Frauen >50 Jahre, die doppelt so häufig erkranken wie Männer. Ferner zeigt sich ein deutliches Nord-Süd-Gefälle, mit der höchsten Erkrankungshäufigkeit in den skandinavischen Ländern. Ätiologie und Pathogenese Die Ursache ist unklar. Vermutet wird ein Zusammenhang mit viralen Infektionen (Parvo- oder Parainfluenzavirus). Pathogenetisch besteht eine zellvermittelte Autoimmunität mit einer granulomatösen Entzündung. Hierbei scheinen Makrophagen durch die T-Zellen aktiviert zu werden und über eine Vielzahl von Mechanismen zu Schädigungen zu führen. Charakteristisch ist eine Prädominanz mononukleärer Zellinfiltrate oder eine granulomatöse Entzündung mit vielkernigen Riesenzellen an der Grenze zwischen Intima und Media. Die Riesenzellarteriitis liegt histologisch in 3 Mustern vor, die den verschiedenen zeitlichen Stadien der Erkrankung entsprechen sollen:
∑ klassische Form (Befall an der Intima-MediaGrenze mit angelagerten Riesenzellen), ∑ unspezifische Entzündungsform (Leukozyteninfiltrationen der gesamten Gefäßwand) und ∑ fibrosierende Form (reaktive Intimafibrose mit Gefäßlumenobliteration). Gemäß den histologischen Befunden findet man alternierende Segmente von Gefäßlumeneinengungen oder -verschlüssen sowie Dilatationen. Prädilektionsstellen sind die supraaortalen Arterien und hier die extrakraniellen Anteile der A. carotis. Die A. temporalis ist am häufigsten betroffen. Seltenere Manifestationen sieht man an der thorakalen Aorta und den Herzkranzarterien (Bradley 2002; Riede u. Schaefer 1995). Klinik Zu den klinischen Symptomen zählen Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Fieber. Bei Einbeziehung der A. centralis retinae können Sehstörungen bis zur Erblindung bestehen. Bei Mitauftreten der Polymyalgia rheumatica bestehen zusätzliche Symptome wie Morgensteifigkeit und Schmerzen im Schultergürtel mit Druckempfindlichkeit der Oberarme.
Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Bei der klinischen Untersuchung ist die A. temporalis häufig verdickt und druckschmerzhaft. Gelegentlich ist kein Puls zu tasten. 쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Bei den laborchemischen Befunden zeigt sich eine Entzündungsaktivität: Beschleunigung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), eine Leukozytose und eine Anämie. Die Biopsie der A. temporalis führt zur Diagnose. In der Bildgebung finden sich segmentale Veränderungen mit Stenosen in langen Gefäßabschnitten bis hin zu Gefäßverschlüssen. Thorakale Aortenaneurysmen findet man 17-mal häufiger als bei altersentsprechenden Kontrollen. Mit der Sonographie können ein entzündliches Wandödem sowie die Wandverdickung aufgrund der entzündlichen Zellproliferation als echoarmer Anteil dargestellt werden. Insbesondere an den Aa. carotides können Gefäßlumeneinengungen dokumentiert und quantifiziert werden. Die Wandveränderungen sind sowohl mit der CT als auch der MRT nachweisbar. Hierbei ist die MRT aufgrund ihrer besseren Gewebedifferenzierung der CT überlegen. Es ist jedoch darauf zu achten, dass zusätzlich zu den angiographischen Techniken (z. B. KM-MR-Angiographie) weitere Schnittbildtechniken (z. B. fettgesättigte T2-Bildgebung, fettgesättigte T1-Bildgebung nach Kontrastmittelgabe) eingesetzt werden. Mit beiden Verfahren ist eine übersichtliche angiographische Befunddokumentation möglich. Für die KM-MR-Angiographie liegen derzeit wenige Erfahrungsberichte vor. Hiermit wurden bilaterale Stenosen und Verschlüsse, selten auch umschriebene Ektasien der proximalen Armarterien, sicher erkannt. Nach distal kann sich die Riesenzellarteriitis auf die Aa. brachiales erstrecken, sodass im Einzellfall weitere Messungen erforderlich werden (Reuter et al. 2003; Stanson 2000). Differenzialdiagnostisch sind die Befunde von einer Arteriosklerose, einer Vaskulitis anderer Genese oder einer Takayasu-Arteriitis abzugrenzen. Dies gelingt häufig erst im Kontext mit den anamnestischen Angaben sowie den klinischen und laborchemischen Befunden und ggf. einer Biopsie. Therapie Die Diagnose eine Riesenzellarteriitis erfordert eine sofortige Behandlung, um Komplikationen wie z. B. eine Erblindung zu verhindern. Mittel der ersten Wahl sind Kortikosteroide. Die Kortisongabe erfolgt nicht selten über Jahre. Die Patienten müssen regelmäßig kontrolliert werden, um therapiebedingte Komplikationen wie z. B. einen Diabetes mellitus
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
rechtzeitig erkennen und behandeln zu können. Immunsuppressiva wurden ebenfalls verwandt. Zu nennen sind Methotrexat und Azathioprin. Sie können zusätzlich zur Einsparung von Kortikosteroiden herangezogen werden.
Betroffen sind meist junge Frauen <40 Jahren, wobei der Erkrankungsgipfel zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr liegt (Abb. 4.49 a–d). Geographisch wird ein gehäuftes Auftreten in Japan, Indien und Südostasien beobachtet (Diehm et al. 1999).
Takayasu-Arteriitis Die Erstbeschreibung erfolgte durch den japanischen Augenarzt M. Takayasu, der 1908 in einem kasuistischen Beitrag ungewöhnliche Veränderungen an den großen Gefäßen des Augenhintergrundes beschrieb.
Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie ist unbekannt. Vermutet werden ungeklärte genetische Faktoren. Ferner wird eine immunvermittelte Ursache angenommen. Die entzündliche Reaktion ist durch eine Infiltration mit mononukleären Zellen charakterisiert, die alle Wandschichten betrifft. Aufgrund der Lokalisation der entzündlichen Wandveränderungen werden 4 anatomische Typen unterschieden:
Definition
왔 Die Takayasu-Arteriitis ist eine idio-
pathische, systemische granulomatöse Vaskulitis mit Beteiligung der Aorta und deren Hauptästen.
a
c
b
Abb. 4.49 a–d. Takayasu-Syndrom. Die Gefäßuntersuchungen bei einer jugendlichen Patienten mit bekanntem Takayasu-Syndrom mit viszeraler Beteiligung zeigen eine Stenose der linken proximalen A. subclavia (a, Pfeil), Stenosen der infrarenalen Bauchaorta (b, Pfeil) und A. iliaca rechts (Pfeil) sowie eine ausgeprägte Riolan-Anastomose mit kräftiger A. mesenterica inferior (Pfeil, b,c) bei Stenose der A. mesenterica superior und Verschluss des Truncus coeliacus (d). Die Perfusion des Truncus coeliacus erfolgt über Kollateralen aus mesenterialen Arterien
d
295
296
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
∑ ∑ ∑ ∑
Typ I: zervikobrachialer Befall, Typ II: thorakoabdomineller Befall, Typ III: kombinierter Befall, Typ IV: pulmonaler Befall.
Ferner gibt es folgende Grading-Kriterien (Bradley 2002):
∑ ∑ ∑ ∑
Typ I: klassische Takayasu-Arteriitis, Typ II: gemischter Typ, Typ III: atypische Coarctatio aortae und Typ IV: dilatativ.
Klinik Die Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation und Floridität der entzündlichen Gefäßveränderungen. Eine Pulslosigkeit an der oberen Extremität findet man in >95% der Fälle. Im Stadium der akuten Entzündung überwiegen Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Fieber, Myalgien, Arthralgien, Krankheitsgefühl und Müdigkeit. Die Spätfolgen zeichnen sich durch neurologische Symptome wie Aphasie, Hemiparese, Krämpfe und Apoplexie aus. Ferner können kardiale Erkrankungen mit Angina pectoris, Aortenklappen- und Herzinsuffizienz auftreten. Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Neben der Anamnese (Fieber unklarer Genese) ist die Erhebung des Pulsstatus (Pulslosigkeit an den oberen Extremitäten) von Relevanz. 쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Laborchemisch sollten die Entzündungsparameter wie BSG und C-reaktives Protein (CRP) bestimmt werden, die regelhaft erhöht sind. Spezifische serologische Marker gibt es nicht. Im Einzelfall muss eine Luesserologie zum Ausschluss einer syphilitischen Mesaortitis durchgeführt werden. Bei Fieber unklarer Genese erfolgt heute zur Detektion von Entzündungsherden die 18-Fluorodesoxyglukose- (FDG-) Positronenemissionstomographie (PET). Hiermit sind exakte Aussagen zur Lokalisation und Ausdehnung entzündlicher Gefäßwandinfiltrationen möglich (Love et al. 2005). Die Beurteilung der Wanddicke und der Lumenweite kann mit allen Schnittbildverfahren erfolgen. Die MRT in Kombination mit der KM-MR-Angiographie ist derzeit das Verfahren der Wahl in der Primärdiagnostik und der Verlaufskontrolle. Mit konventionellen Spin-Echo- (SE-) oder Turbo-SpinEcho- (TSE-) Sequenzen vor und nach Kontrastmittelgabe sind Aussagen zur Gefäßwanddicke und -infiltration möglich (Matsunaga et al. 1998; Yamada et al. 1993). Besonders sensitiv in der Erfassung florider
entzündlicher Wandveränderungen sind kontrastmittelunterstützte GRE-Sequenzen mit Fettsättigung. Mit der KM-MR-Angiographie gelingt der Nachweis von Stenosen, Verschlüssen und Aneurysmen. In der Verlaufsbeurteilung scheint die MRT der FDG-PET in der Beurteilung der Gefäßwandveränderungen überlegen zu sein (Meller et al. 2003). Therapie In der aktiven Phase werden Glukokortikoide verabreicht. Bei Nichtansprechen kann ein Versuch mit Cyclophosphamid und Methotrexat erfolgen. Die Wirksamkeit von Thrombozytenaggregationshemmern ist nicht zweifelsfrei belegt (Diehm et al. 1999). In der okklusiven Phase müssen die Hypertonie und andere Komplikationen behandelt werden. Therapeutisch kommt vorwiegend die BallonPTA zur Anwendung und nur in ganz seltenen Ausnahmefällen eine Stentimplantation (Chapdelaine et al. 1998; Lusic et al. 2000). Entsprechend der geographischen Verbreitung werden größere PTAFallzahlen überwiegend aus Indien mitgeteilt. Die Offenheitsraten lagen in Abhängigkeit vom Stenoseausmaß zwischen 50 und 100% (Joseph et al. 1994; Tyagi et al. 1998). Zusätzliche gefäßchirurgische Eingriffe können bei aneurysmatischen Gefäßveränderungen und Ischämiesyndromen erforderlich sein. 4.4.5 Thrombangiitis obliterans Der Wiener Pathologe Felix von Winiwater berichtete erstmals 1879 über einen Mann mit Endarteriitis und Endophlebitis der Füße. Die erste präzise und bis heute gültige Beschreibung der Pathomorphologie stammt von Leo Buerger aus dem Jahr 1908. Seitdem ist die Thrombangiitis obliterans (TAO) als eigenständige Entität etabliert. Im englischen Sprachraum wird sie als „Buerger’s disease“ bezeichnet. Definition
왔 Es handelt sich um eine entzündliche,
stenosierende und thromboembolische Erkrankung kleinerer und mittelgroßer Arterien und Venen der Arme und Beine. Betroffen sind häufig stark rauchende junge Männer. Der Erkrankungsbeginn liegt zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr. Während die Thrombangiitis obliterans in Europa und Amerika mit einer Inzidenz von 8/100.000 Männern unter einem Lebensalter von 45 Jahren selten ist, verursacht sie in Japan und Indien etwa 2/3 aller peripheren arteriellen Gefäßerkrankungen (Olin 2000).
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie ist bis heute unbekannt. Als mögliche Ursachen werden autoimmune, hämatoserologische und -rheologische sowie infektiöse Faktoren genannt. Der maßgebliche Einfluss des Nikotinabusus ist unbestritten. Als zugrunde liegender Pathomechanismus wird eine Vaskulitits mit Proliferation von Endothelzellen, entzündlichen Infiltrationen der Gefäßwand und das Lumen okkludierenden zellreichen Thromben beschrieben. Klinik Zu Beginn klagen die Patienten über Kälte, Brennen oder Taubheitsgefühl an den oft gemeinsam betroffenen oberen und unteren Extremitäten. Ein begleitendes Raynaud-Phänomen ist häufig. Bei etwa 40% der Patienten lässt sich anamnestisch eine Phlebitis migrans eruieren. Ischämische Ulzerationen der Hände treten bei mehr als der Hälfte der Patienten mit Befall der oberen Extremitäten auf. Belastungsabhängige Schmerzen der Hohlhand und des Fußgewölbes („instep-claudicatio“) gelten als charakteristisch (Kyriss et al. 2004). Eine intestinale Manifestation ist untypisch. Die zerebrale Form wird nach ihren Erstbeschreibern Spatz-Lindenberg benannt (Lindenberg u. Spatz 1939).
Projektion auf die originäre Strombahn (Abb. 4.42, Abb. 4.50, Abb. 4.51 a, b). Als Alternative zu einer Katheterangiographie kommt bei Niereninsuffizienz eine KM-MR-Angiographie in Betracht (vgl. Abb. 4.50). Differenzialdiagnostisch sind die segmentalen Verschlüsse nicht immer eindeutig von peripheren Embolien oder fixierten funktionellen Gefäßverschlüssen abzugrenzen (Liermann u. Kirchner 1997). Auch mit der Farbduplexsonographie ist die Darstellung korkenzieherartiger Kollateralen möglich (vgl. Abb. 4.42 a, b). Therapie Als oberstes Gebot gilt absolute Nikotinkarenz. Die Wirkung von Thrombozytenaggregationshemmern, Kalziumantagonisten, Immunsuppressiva und Vasoaktiva ist umstritten (Olin 2000). In Einzelfällen wird die Sympathektomie als effektive Behandlungsoption bei Ruheschmerz und Gangrän der Finger sowie Versagen der medikamentösen Therapie beschrieben (Kyriss et al. 2004). Eine gefäßchirurgische oder endovaskuläre Intervention scheiden in der Regel aus, da die großen und mittleren Arterien ohne fokale Stenosen betroffen sind und periphere Insertionsmöglichkeiten für eine Bypasschirurgie fehlen.
Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Bei der klinischen Untersuchung können die peripheren Pulse abgeschwächt sein oder fehlen. Die peripheren Gefäße sind häufig druckempfindlich.
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Laborchemisch müssen ein Diabetes mellitus, Hyperlipidämien und Gerinnungsstörungen ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist eine Abgrenzung gegenüber Vaskulitiden anderer Genese erforderlich. Aufgrund der überlegenen räumlichen Auflösung ist die Katheterangiographie das Verfahren der Wahl. Bei einer Beteiligung der oberen Extremitäten sind häufig die A. radialis, die A. ulnaris, die Aa. palmares und die Fingerarterien betroffen. An der unteren Extremität sind die A. tibialis anterior, die A. tibialis posterior, die A. fibularis und die A. plantaris beteiligt. Angiographisch findet man konzentrische Lumeneinengungen bis zum Gefäßverschluss („Filumterminale-Aspekt“), die bilateral fokal oder multifokal auftreten können. Auffällig sind ferner abrupte Verschlüsse bei vorgeschalteten Segmenten mit regulären Gefäßdurchmessern („Cut-off-Zeichen“). Die direkten Kollateralen im Verschlussbereich können korkenzieherartig konfiguriert sein und verlaufen in
Abb. 4.50. Frühe Thrombangiitis oliterans. Die Handangiographie zeigt eine Stenose im 2. Fingerstrahl ulnarseitig bei 20-jähriger Patientin mit starkem Nikotinabusus (Pfeil)
297
298
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
4.4.6 Morbus Raynaud und sekundäres Raynaud-Phänomen Die Erstbeschreibung erfolgte durch den französischen Arzt Maurice Raynaud, der 1862 eine kälteinduzierte, phasenhaft ablaufende Durchblutungsstörung der Finger beschrieb. 왔
Die primäre Raynaud-Krankheit ist eine funktionelle Störung mit anfallsartig auftretenden Vasospasmen der Finger- und Zehenarterien ohne pathologisch-anatomisches Substrat. Das sekundäre Raynaud-Phänomen beruht auf organischen Veränderungen der Gefäßwände bei zugrunde liegenden anderen Erkrankungen (Zeitler 1997). Definition
Das primäre Raynaud-Phänomen betrifft vorzugsweise junge Frauen und manifestiert sich häufig vor dem 40. Lebensjahr. a
Ätiologie und Pathogenese Die Ursache der primären Raynaud-Krankheit ist bis heute unklar. Diskutiert werden eine Erhöhung des Symphatikotonus, eine hypothalamische Dysregulation, eine Störung der Synapsen im Bereich der Fingerarterien, eine fehlerhafte Übertragung der Verarbeitung von Neurotransmittern in den betreffenden Synapsen, eine Störung der Synthese biogener Amine und Veränderungen der Fließeigenschaften des Blutes. Pathophysiologisch kommt es durch einen gesteigerten arteriellen Gefäßtonus zur Reduktion des Gefäßquerschnitts mit Verminderung der nutritiven und totalen Fingerdurchblutung. Auslöser sind häufig Kälteexposition oder emotionaler Stress. Das sekundäre Raynaud-Phänomen beruht auf organischen Veränderungen im Rahmen verschiedener Erkrankungen oder pathologischer Zustände. Hierzu zählen:
b
Abb. 4.51. Thrombangiitis oliterans. Handangiographie a vor und b nach intrarterieller Vasodilatantiengabe. Die initiale selektive Angiographie zeigt keine Perfusion in die Digitalarterien, während nach Vasodilatantiengabe entsprechend der klinischen Symptomatik der 2.Fingerstrahl weiterhin nicht perfundiert wird (Pfeil)
∑ Erkrankungen der Arterien (Arteriosklerose, Arteriitis, Thrombangiitis obliterans), ∑ Erkrankungen hämatologischer Genese (Kryoglobuli- und Paraproteinämien, Kälteagglutinine, Polyzyth- und Thrombozythämien), ∑ Erkrankungen des Bindegewebes (rheumatoide Arthritis, Polymyositis, Lupus erythematodes, Dermatomyositis, Sklerodermie), ∑ Überempfindlichkeiten gegenüber verschiedenen Substanzen (Polyvinylchlorid, Schwermetalle, hormonelle Kontrazeptiva, Sympathikomimetika, Betablocker, Ergotamine, Methysergid), ∑ mechanische Irritationen (Traumafolge, Vibration, Kompression durch Prothesen oder Gehstützen, Strahlentherapie der Hände) und ∑ seltenere Ursachen wie Hypothyreose oder Lues.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
Das sekundäre Raynaud-Phänomen kann die erste Manifestation einer Grunderkrankung sein (Beck 1994). Klinik Bei der primären Raynaud-Krankheit findet man vorwiegend eine symmetrische, intermittierende, meist kurz dauernde (15–30 min) Ischämie bzw. Hypozirkulation der Finger, oft unter Aussparung des Daumens. Initial zeigt sich eine Leichenblässe begleitet von Parästhesien und evtl. schmerzhaften Missempfindungen. Anschließend treten eine Zyanose und eine terminale Rötung auf (Tricolorsyndrom). In Einzelfällen ist lediglich die Vorphase mit „Totenfingern“ oder die zyanotische Phase ausgeprägt. Trophische Hautstörungen sind nicht nachweisbar. Das sekundäre Raynaud-Phänomen zeigt in Abhängigkeit von der Grunderkrankung häufig lang persistierende, asymmetrisch ausgebildete oder nur auf einzelne Finger beschränkte Ischämien. Akrale trophische Störungen mit Rhagaden, Fingerkuppennekrosen oder einer Gangrän treten mehr oder weniger häufig auf.
Abb. 4.52. Die KM-MR-Angiographie der Handarterien bei klinischem Bild eines Morbus Raynaud zeigt multiple Gefäßverschlüsse der Digitalarterien II bis V
Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Die Diagnose wird durch die Anamnese, das klinische Erscheinungsbild und apparative Funktionstests gestellt. Die Faustschlussprobe ist bei der primären Raynaud-Krankheit im Gegensatz zum sekundären Raynaud-Phänomen normal. 쐍 Apparative Diagnostik. Pathogenetisch entscheidend ist die Kälteempfindlichkeit der Fingerarterien. Zu den apparativen Verfahren zählen die Plattenthermometrie, die Vitalkapillarmikroskopie, die elektronische Oszillographie und die dopplersonographische Bestimmung der systolischen Fingerarteriendrucke.
!
Bei allen Funktionsuntersuchungen ist eine definierte Kälte- oder Wärmeapplikation erforderlich (Kappert 1989). Merke
Die Angiographie ist nur dann indiziert, wenn gleichzeitig Fingerarterienverschlüsse, Nekrosen oder unklare Durchblutungsverhältnisse vorliegen. Die intraarterielle DSA vor und nach Applikation vasodilatativer Substanzen gilt hierfür weiterhin als „Goldstandard“. Zur Darstellung der Handarterien bei verschiedenen Gefäßerkrankungen kommt zunehmend auch die KM-MR-Angiographie (Abb. 4.52) zur Anwendung (Bilecen et al. 2004; Connell et al. 2002). Aktuell liegen erste positive Ergebnisse bei wenigen Patienten mit einem Raynaud-Phänomen vor (Moske-Eick et al. 2005).
Therapie Häufigkeit und Intensität der Anfälle können durch prophylaktische Maßnahmen verringert werden. Hierzu zählen Schutz vor Kälte und Nässe, regelmäßiger Sport, Vermeiden von Stress und Medikamenten, die eine Raynaud-Symptomatik ausgelöst haben könnten (ergotaminhaltige Migränemittel oder Nasentropfen, Betablocker). In schweren Fällen mit mehreren Anfällen pro Woche kann die Gabe von Medikamenten die allgemeinen Maßnahmen unterstützen. Zum Einsatz kommen gefäßerweiternde Präparate wie Kalziumantagonisten, Alpha-1-Rezeptorenblocker, Nitroglyzerinpräparate oder Medikamente zur Hemmung der Angiotensin-II-Bildung.
!
Der routinemäßige Einsatz dieser Medikamente kann problematisch sein, weil viele von einer Raynaud-Symptomatik betroffene Patienten einen niedrigen Blutdruck haben. CAVE
Als Ultima Ratio kommt in Einzelfällen auch eine Sympathektomie in Frage. Beim sekundären Raynaud-Phänomen steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.
299
300
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
4.4.7 Fibromuskuläre Dysplasie
Diagnostik
Die fibromuskuläre Dysplasie (FMD) zählt zu den Gefäßwandfibrosen. Hierbei wird die Gefäßwand ohne Verfettung der Media durch Kollagenfasermaterial verdickt.
Einzelfall hilfreich sein, da die FMD familiär gehäuft vorkommt. Die wesentlichen Befunde werden durch die Bildgebung erhoben.
왔 Hierbei handelt es sich um eine nicht-
weis eines Hypertonus erfolgt mittels Blutdruckmessung, ggf. mit Erstellung eines 24-Stunden-Blutdruckprofils. In der Bildgebung findet man am häufigsten multifokale Stenosen, ringförmige Einkerbungen oder das Bild einer „Perlenkette“ des betroffenen Gefäßabschnitts. Weitere Erscheinungsbilder sind einzelne fokale Stenosen oder lang gestreckte konische Stenosen. Mit einer hochaufgelösten Sonographie können Einkerbungen oder Verdickungen der Arterienwand mit und ohne Stenose dargestellt werden. Auch eine erhöhte Blutflussgeschwindigkeit und ein gestörtes Flussprofil im stenosierten Segment sind nachweisbar. Diese Befunde können jedoch lediglich in den einsehbaren Gefäßabschnitten bei guten Untersuchungsbedingungen (Kinder, schlanke Patienten) von erfahrenen Untersuchern erhoben werden. Mit der KM-MR-Angiographie sind die extrapelvin gelegenen Hauptäste der Nierenarterien orientierend beurteilbar (Abb. 4.53). Für die Darstellung der hilären Äste der A. renalis bleibt weiterhin die intraarterielle DSA der „Goldstandard“ der bildgebenden Verfahren. Komplikationen wie Verschlüsse, Aneu-
Definition
entzündliche fibrotische Verdichtung der Arterienwand, die bereits bei Kindern auftritt und Durchblutungsstörungen hervorruft (Riede u. Schaefer 1995). Ätiologie und Pathogenese Die Ursache dieser als Fehlbildung aufgefassten Gefäßveränderung ist unbekannt. Diskutiert werden eine embryonale Virusinfektion (Rubeolen) oder eine angeborene Mediamyozytenstörung. Durch zu starkes Wachstum von glatten Muskelzellen und kollagenreichem Fasergewebe in der Arterienwand kommt es zu einer Fibroplasie der einzelnen Wandschichten. Man unterscheidet
∑ die Intimafibroplasie, ∑ die Mediafibroplasie und ∑ die Adventitiafibroplasie. Überwiegend ist die A. renalis betroffen, am zweitbzw. dritthäufigsten die A. carotis und die Iliakalarterien. Andere mittelgroße abdominelle oder periphere Arterien können ebenfalls verändert sein. Durch alternierende Abschnitte mit Hyperplasie und Schwächung der Gefäßwand kommt es zu Einengungen oder Erweiterungen mit dem Bild einer „Perlschnurkette“. In den wandschwachen Bezirken können sich Aneurysmen oder Dissektionen ausbilden. Bei Befall der A. renalis sind überwiegend Frauen betroffen (90% aller erwachsenen Patienten). In 70% zeigt sich ein bilateraler Befund. Unilateral ist fast immer die rechte A. renalis beeinträchtigt (Bradley 2002).
쐍 Klinische Untersuchung. Die Anamnese kann im
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Der Nach-
Klinik Die Symptome resultieren aus einer Arterienstenose oder einem arteriellen Verschluss. Hypertonie durch Befall der A. renalis und eine zerebrale Ischämie sind die häufigsten klinischen Bilder. Bei Kindern oder Jugendlichen mit Hypertonus sollte an eine FMD gedacht werden.
Abb. 4.53. Die KM-MR-Angiographie zeigt Kaliberschwankungen der A. renalis rechts bei fibromuskulärer Dysplasie ohne umschriebene arteriosklerotische Stenosen (Pfeil)
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
rysmen, Dissektionen oder distale Embolien können auch in der KM-MR-Angiographie gesehen werden, sind jedoch präziser mit der intraarteriellen DSA nachweisbar (Browne et al. 2004). Differenzialdiagnostisch müssen im Einzelfall eine Arteriosklerose oder eine Arteriitis ausgeschlossen werden.
Betroffen sind überwiegend Männer im Alter von 20– 50 Jahren ohne Risikofaktoren für eine Arteriosklerose. Die geschätzte Prävalenz beträgt 0,1% aller Gefäßerkrankungen.
Therapie Die – unter Umständen wiederholte – Ballondilatation ohne Einlage eines Stents ist die Therapie der Wahl. Eine Stentimplantation sollte vermieden werden. Ein chirurgischer Eingriff mit Anlage eines Bypasses ist selten erforderlich.
Ätiologie und Pathogenese Die Ursache der Erkrankung ist noch nicht vollständig geklärt. Aktuell werden verschiedene Hypothesen diskutiert. Aus pathologischer Sicht wird derzeit eine Veränderung in der Zusammensetzung der Glukosaminoglykane favorisiert. Als Folge davon erscheint die Interzellularsubstanz der Gewebe schleimig umgewandelt, was der mukoiden Degeneration entspricht (Riede u. Schaefer 1995).
4.4.8 Zystische Erkrankung der Adventitia
Klinik Die Erkrankung zeigt einen relativ plötzlichen Beginn mit Wadenschmerzen und Claudicatio.
Die Erstbeschreibung dieser Entität erfolgte 1947 durch Atkins u. Key bei einem Patienten mit Befall der A. iliaca externa. In einer Übersichtsarbeit dokumentierten Jasinski et al. (1987), dass sich die Erkrankung an den großen Arterien in Gelenknähe manifestiert. Definition
왔 Es liegt eine intramurale Zystenbil-
dung außerhalb der Media vor, hervorgerufen durch eine mukoide Degeneration des adventitiellen Bindegewebes mit sekundärer Kompression des Arterienlumens.
Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Der Puls in der A. poplitea ist abgeschwächt oder fehlt. Gleiches gilt für die Fußpulse.
쐍 Apparative und bildgebende Verfahren. Der KnöchelArm-Index kann aufgrund einer Stenose vermindert sein. Mit der farbkodierten Duplexsonographie sind die Lokalisierung der Stenose und die Messung der erhöhten Flussgeschwindigkeit in der Stenose möglich.
Abb. 4.54 a, b. Zystische Adventitiadegeneration A. poplitea. a Die KM-MR-Angiographie der A. femoralis superficialis und der A. poplitea zeigt eine exzentrische, glatte hämodynamisch relevante Stenose der A. poplitea links (Pfeil) bei einem jugendlichen Patienten. b Die axiale T2-gewichtete Aufnahme verifiziert eine intramurale Zystenbildung (Pfeil) mit Kompression des Lumens b
a
301
302
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
Die exzentrisch in der Gefäßwand liegenden Zysten weisen einen wechselnden Füllungszustand auf und stellen sich echoarm bis echofrei sowie ohne Flusssignale dar. Die Gefäßwandzysten können zu einer glatt begrenzten, hämodynamisch relevanten Gefäßlumeneinengung oder einem Verschluss führen. In der MRT findet man eine Signalanhebung des Zysteninhaltes auf T2-gewichteten Aufnahmen. Aufgrund der muzinösen Konsistenz kann auf T1-gewichteten Bildern das Binnensignal ebenfalls hyperintens sein, sodass eine Verwechslung mit einem Pseudoaneurysma möglich ist. In der KM-MR-Angiographie in Neutralposition der Beine zeigt sich eine exzentrische, extrinsische Einengung der A. poplitea (Abb. 4.54 a, b). Einige Autoren beschreiben diesen Befund als sanduhrartige Einschnürung, andere als klassisches „Scimitar-Zeichen“ (Peterson et al. 2003). Eine Angiographie in DSA-Technik ist nicht erforderlich. Therapie Da es sich bei der zystischen Erkrankung der Adventitia um ein seltenes Krankheitsbild handelt, gibt es verschiedene Einzelfallbeschreibungen. Die ersten therapeutischen Ansätze mit Punktion der Zysten oder Ballondilatation der A. poplitea waren nicht erfolgreich (Deutsch et al. 1985; Fox et al. 1985). Heute ist die chirurgische Evakuation der Zyste unter Erhaltung der Gefäßwand das Verfahren der Wahl. Im Einzelfall kann ein Veneninterponat erforderlich sein. 4.4.9 Popliteales arterielles Entrapment-Syndrom Die erste Beschreibung einer ungewöhnlichen Lagebeziehung von A. poplitea und dem medialen Kopf des M. gastrocnemius erfolgte 1879 durch den Medizinstudenten T.P. Anderson Stuart. Der Begriff popliteales arterielles Entrapment-Syndrom wurde 1965 von Love u. Whelan erstmals verwendet. Definition
왔 Hierbei handelt es sich um eine inter-
mittierende Claudicatio durch Kompression der A. poplitea zwischen muskuloskelettalen Strukturen. Die Patienten sind typischerweise jung (60% <30 Jahre) und männlich (Männer:Frauen – 15:1). Turnipseed (2002) hat herausgefunden, dass Patienten mit einem funktionellen Entrapment jünger (24 vs. 43 Jahre) und häufiger weiblichen Geschlechts (60 vs. 28% der Fälle) sind als solche mit einer anatomischen Variante. Die Inzidenz ist unbekannt. In frühen Publikationen wurde eine Rate von 0,165% bei 20.000 Patienten der griechischen Armee geschätzt
(Bouhoutsos u. Daskalakis 1981). Bei Sektionen fand man ein popliteales Entrapment in 3,5% der Fälle (Gibson et al. 1977). Ein bilaterales Auftreten wird in 22–67% der Fälle beschrieben (Collins et al. 1989). Ätiologie und Pathogenese Ursächlich für die Kompression der A. poplitea sind anatomische Variationen des Gefäßverlaufs oder von Muskelansätzen. Hierbei werden verschiedene Typen (I bis VI) unterschieden (Elias et al. 2003; Abb. 4.55 a–f):
∑ Beim Typ I findet man einen aberranten Verlauf der A. poplitea medial um den medialen Kopf des M. gastrocnemius, der regelrecht entspringt. ∑ Beim Typ II entspringt der mediale Kopf des M. gastrocnemius abweichend von der Norm lateral (z. B. vom interkondylären Notch). Die A. poplitea hat einen regulären Verlauf. Sie wird jedoch durch den Muskel komprimiert. ∑ Beim Typ III wird der Verlauf der A. poplitea durch einen zusätzlichen Muskelfaserzug des M. gastrocemius medialis beinträchtigt. ∑ Beim Typ IV erfolgt die Kompression der A. poplitea durch ein tiefliegendes fibröses Band oder den M. popliteus. ∑ Unter Typ V werden alle weiteren Varianten zusammengefasst, die auch die V. poplitea betreffen. ∑ Beim Typ VI liegt bei normaler Anatomie ein funktionelles Entrapment vor. Ursächlich hierfür ist eine Muskelhypertrophie z. B. bei Leistungssportlern. Die Durchblutungsstörung entwickelt sich aufgrund des Druckes, den der tendinöse Insertionsanteil des medialen Gastroknemiuskopfes oder der interkondylären Bänder auf die A. poplitea ausübt. Durch wiederholte Traumen werden Arterienwand und Intima geschädigt (Abb. 4.56 a, b). Die Folge sind eine lokale Stenose oder ein Verschluss. Im fortgeschrittenen Stadium ist eine Unterscheidung von einer Arteriosklerose nicht möglich. Klinik Die klinischen Symptome variieren von fortschreitenden Claudicatiobeschwerden bis zur akuten Ischämie. Ein plötzlicher Symptombeginn ist nicht ungewöhnlich. Nächtliche Krämpfe, Taubheit und Parästhesien können vorliegen. Eine akute Thrombose und/oder eine distale Embolisierung können auftreten. Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Bei der klinischen Untersuchung ist der Pulsstatus meistens normal. Erst bei Plantar- oder Dorsalflexion sind die Fußpulse abgeschwächt oder nicht mehr tastbar.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
a
b
c
d
Abb. 4.55 a–f. Formen des Entrapments. Darstellung verschiedener Formen des Entrapments. (Nach Wright et al. 2004). e,f siehe nächste Seite
303
304
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
e
f
Abb. 4.55 e,f.
a
b
Abb. 4.56 a, b. Entrapment der A. poplitea. Die Angiographie in Neutralposition (a) und Plantarflexion (b). Kompression der A. poplitea in Plantarflexion (Pfeil)
쐍 Apparative und bildgebende Verfahren. Analog zur klinischen Untersuchung bleibt der Knöchel-ArmIndex in Ruhe unauffällig, unter Belastung wird der Knöchelarteriendruck vermindert.
Mit der farbkodierten Duplexsonographie kann die A. poplitea gut dargestellt werden. Die Darstellung des Kompressionsortes bei Provokation gelingt jedoch sonographisch meist nicht.Allerdings kann in Rückenlage die Reduktion des Blutflusses in den Unterschenkelarterien bei aktiver Plantarflexion gegen einen Widerstand oder in Bauchlage die Stase in der distalen A. poplitea unter Provokation sehr leicht dokumentiert werden. Vor einer operativen Sanierung ist in der Regel eine Katheterangiographie erforderlich. Mitunter sind Untersuchungen mit Provokation (z. B. Plantarflexion gegen Widerstand, ggf. stehende Position) erforderlich. Bei jungen Patienten ergibt sich zur Vermeidung einer thrombembolischen Komplikation bei dem benignen Krankheitsbild ggf. eine der wenigen verbliebenen Indikationen für eine intravenöse DSA. Bei fortgeschrittenem Lebensalter erfolgt die Untersuchung als arterielle DSA. Mit der CT-Angiographie kann die Lagebeziehung der A. poplitea zur umgebenden Muskulatur zumindest orientierend abgebildet werden. Aufgrund des besseren Weichteilkontrastes wird heute eine MRT favorisiert. Hierbei erfolgt zunächst eine konventionelle MRT zur Darstellung der anatomischen Strukturen und potenzieller Varianten.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
Hierfür eignen sich T1- und T2- gewichtete Sequenzen ggf. in „Dark-blood-Technik“. Im Anschluss wird eine KM-MR-Angiographie in Neutralstellung der Füße zur Beurteilung des Gefäßverlaufs und von Gefäßwandveränderungen durchgeführt. Eine sich anschließende KM-MR-Angiographie bei längerer Plantarflexion ermöglicht den Nachweis von Gefäßstenosen oder -verschlüssen. Differenzialdiagnostisch kommen die zystische Erkrankung der Adventitia, ein Aneurysma oder eine Embolie der A. poplitea in Betracht.
!
Bei allen bildgebenden Verfahren muss im Rahmen eines EntrapmentSyndroms der A. poplitea die gesamte Ausstrombahn suffizient abgebildet werden, um eventuelle embolische Komplikationen der Erkrankung darzustellen. Merke
Therapie Die chirurgische Sanierung mit Durchtrennung des Muskels oder des fibrösen Bandes und Mobilisation der A. poplitea ist das therapeutische Verfahren der Wahl. Dabei bestimmt der Zustand der A. poplitea die Notwendigkeit eines Gefäßeingriffs. Im Einzelfall kann eine Intervention mit Thrombolyse vor der chirurgischen Korrektur sinnvoll sein. 4.4.10 Thoracic-outlet-Syndrom Der angloamerikanische Begriff „Thoracic-outletSyndrom“ (TOS) subsummiert das Halsrippen-, das Skalenus- und das kostoklavikuläre Syndrom. Prinzipiell kann ein neurologischer Typ des TOS von einem arteriellen und einem venösen Typ unterschieden werden. Kombinationen aus den 3 Typen sind häufig. Definition
왔 Es handelt sich um eine zeitweise oder
das Pectoralis-minor-Syndrom und das KlippelFeil-Syndrom mit kongenitalen Blockwirbelbildungen. 2. Traumen im Hals- und Schulterbereich wie z. B. das HWS-Schleudertrauma, Sportunfälle und die fehlerhafte Armlagerung bei Operationen. 3. Haltungsanomalien durch berufliche bedingte Armfehlhaltung. Klinik Spezifische Krankheitszeichen sind rasche Ermüdbarkeit und Belastungsschmerz (Claudicatio brachii) der betroffenen Extremität bei Überkopfarbeiten. Unspezifisch sind Kopf- und Nackenschmerzen, Muskelatrophien, Kälte- und Taubheitsgefühl der Hand und Finger sowie embolische Verschlüsse der Fingerarterien. Bei den Kompressionstypen können verschiedene Leitsymptome unterschieden werden. Der neurologische Typ zeichnet sich durch Schmerzen, Hyp- und Parästhesien, motorische Ausfälle wechselnder Lokalisation sowie eine Thenaratrophie aus. Beim arteriellen Typ dominiert das Halsrippensyndrom. Dieses kann man in Abhängigkeit von der Halsrippenbildung in 3 Schweregrade einteilen:
∑ Grad 1: kleiner Halsrippenstumpf, ∑ Grad 2: längere Halsrippe mit bindegewebiger Verbindung zur 1. Rippe, ∑ Grad 3: Halsrippe inseriert direkt an der 1. Rippe. Meist zeigt sich ein Raynaud-Phänomen durch embolische Unterarm- und Fingerarterienverschlüsse mit Fingerkuppennekrosen sowie Nekrosen einzelner Finger oder der ganzen Hand. Gelegentlich sind die embolischen Komplikationen die klinische Erstmanifestation des TOS, sodass bei distalen Embolien der oberen Extremitäten auch an ein TOS als Ursache gedacht werden muss. Beim venösen Typ kommt es zu wiederholten venösen Stauungen mit Thrombosen der V. subclavia und/oder der V. axillaris (Pagetvon-Schroetter-Syndrom).
permanente Kompression der A. subclavia und/oder des Plexus brachialis mit arteriellen oder venösen Durchblutungsstörungen sowie neurologischen Reizerscheinungen am betroffenen Arm, der Hand und an den Fingern.
쐍 Klinische Untersuchung. Zu einer klinisch-angiolo-
Ätiologie und Pathogenese Kompressionssyndrome des Gefäß-Nerven-Bündels an der oberen Extremität werden durch 3 angeborene oder erworbene Engen verursacht: 1. Anatomische Fehlbildungen der knöchernen Strukturen und des fibromuskulären Bandapparates der oberen Thoraxapertur. Hierzu zählen das Halsrippensyndrom, das Syndrom der 1. Rippe, das Skalenus- und Kostoklavikularsyndrom,
gischen Untersuchung gehören neben Inspektion und Palpation spezielle Provokationstests wie der Allen-Test II, der Adson-Test und der EAS- („Elevated arm stress-“) Test nach Roos. Bei einer wesentlichen Einengung des Gefäß-Nerven-Bündels verschwindet beim Allen-Test II der Radialispuls am abduzierten, erhoben und supinierten Arm, wenn gleichzeitig der Kopf von der Seite des erhobenen Arms abgewendet wird. Beim Adson-Test kommt es am herabhängenden Arm und Kopfwendung zur Gegenseite durch eine
Diagnostik
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306
Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem Abb. 4.57 a–c. Arterielles Thoracic-outlet-Syndrom. a Selektive arterielle Angiographie. In Neutralposition (linke Bildhälfte) des linken Arms normale Darstellung der A. subclavia. Bei Armelevation (rechte Bildhälfte) hochgradige Stenose bei Kompression der A. subclavia zwischen 1. Rippe und Klavikula. b Farbduplexsonographie der A. brachialis. Neutralposition. Normales Flussmuster. c Farbduplexsonographie der A. brachialis. Armelevation und Kopfdrehung nach kontralateral. Ausgeprägt poststenotisches Flussmuster
a
c
b
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße
maximale Anspannung des M. scalenus anterior zu einer Einengung und zum Verschwinden des Radialispulses. Beim EAS-Test nach Roos werden beide Arme in 90°-Abduktionsstellung mit dorsal gehaltenen Schultern und rechtwinklig im Ellenbogengelenk gebeugten Unterarmen und außenrotierten Handflächen erhoben. Bei kräftigem Faustschluss über 3 Minuten kommt es zu einer typischen Schmerzsymptomatik, Abblassung oder blaulividen Verfärbung mit praller Venenfüllung. Eine Dokumentation und Objektivierung der Befunde kann mittels Druckmanschetten und oszillographischer Aufzeichnung erfolgen.
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Hierzu zählen neben der Elektromyographie und der Messung der sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit auch die o. g. Oszillographie bei dem Provokationstest. Als erstes bildgebendes Verfahren kommt die farbkodierte Duplexsonographie zur Anwendung. Mit ihr kann in sitzender oder stehender Position die Reduktion des Blutflusses in den Armarterien unter den oben geschilderten Provokationstests sicher dokumentiert werden (Abb. 4.57 a–c). Eine sonographische Darstellung des Ortes der Kompression in der oberen Thoraxapertur gelingt nicht. Ergänzend sollte ein Röntgenbild der oberen Thoraxapertur zum Ausschluss knöcherner Varianten angefertigt werden. Die Befunddokumentation erfolgt durch die Katheterangiographie mit Funktionsaufnahmen in Normal- und Provokationsstellung, wobei die Angiographie immer an einer Anlage mit Kipptisch durchgeführt werden muss, um die Untersuchung im Stehen durchführen zu können. Bei den vorwiegend jüngeren Patienten ergibt sich auch hier zur Vermeidung einer thrombembolischen Komplikation bei dem benignen Krankheitsbild ggf. eine der wenigen verbliebenen Indikationen für eine intravenöse DSA (vgl. Abb. 4.34 a, b). CT- und KM-MR-Angiographie können im Gegensatz zur Farbduplexsonographie und zur DSA nur in liegender Position eingesetzt werden und sind daher allenfalls bei positivem Befund verwertbar (Abb. 4.58 a, b). Therapie Eine konservative Behandlung ist nur bei leichten und mittelschweren Fällen indiziert. Hierzu zählen lokale Wärmeanwendungen, Kurzwellen und vorsichtige Massagen zur Muskellockerung. Durch konsequente Krankengymnastik sollen Haltungsanomalien korrigiert werden. Bei Patienten mit ausgeprägten Beschwerden kommt eine chirurgische Therapie mit Resektion der 1. Rippe sowie Beseitigung der Halsrippe und die
a
b
Abb. 4.58 a, b. Thoracic-outlet-Syndrom. Die KM-MR-Angiographie in Neutralposition (b) und Armelevation (a) zeigt eine hämodynamisch relevante Kompression der rechten A. subclavia (Pfeil)
Durchtrennung anomaler fibromuskulärer Strukturen in Betracht. Allerdings sollte nur dann operiert werden, wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind (Diehm et al. 1999). 4.4.11 Trauma Definition
왔 Es liegt eine Beschädigung einer Arte-
rie durch eine gewaltsame oder iatrogene Verletzung ohne oder mit begleitender Weichteilverletzung vor. Ätiologie und Pathogenese Arterielle Gefäßverletzungen können ursächlich in penetrierende und stumpfe Traumen eingeteilt werden. Diese treten häufig im Rahmen von Arbeitsunfällen oder im Straßenverkehr auf. Seltener, jedoch mit steigender Inzidenz, kommen Stich- und Schussverletzungen vor. Bei diagnostischen oder interventionellen Eingriffen haben iatrogene Gefäßverletzungen eine zunehmende Bedeutung (vgl. Abb. 4.43 a, b, Abb. 4.46). Bei intravenöser Drogenapplikation kann es ebenfalls zu unbeabsichtigten arteriellen Gefäßverletzungen kommen, deren Folgen durch eine Infektion der Punktionsstelle noch akzentuiert werden können (vgl. Abb. 4.45). Sich als Gefäßstenosen präsentierende Verletzungen sind meist durch Intimaeinrisse, partielle Inti-
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
maeinrollungen oder Kompressionen (Frakturfragmente, Hämatome) verursacht. Gefäßverschlüsse werden oft durch komplette Intimaeinrollungen, Durchtrennungen oder Abrisse bedingt. Ein Kontrastmittelaustritt verifiziert eine Gefäßwanderöffnung. AV-Fisteln führen zu einer frühzeitigen venösen Kontrastierung, Sonderformen traumatischer Gefäßschäden sind u. a. elektrische Unfälle (Thrombosen, Rupturen, Aneurysmen), Erfrierungen (Vasokontriktion, Thrombosen) und das Hypothenar-Hammer-Syndrom (repetitive Hypothenartraumen) mit einem Raynaud-artigen Bild am 2. bis 4. Fingerstrahl und ulnarseitigen segmentalen Verschlüssen des Hohlhandbogens mit Stenosen und Verschlüssen der Fingerarterien. Vibrationsschäden können zu Stenosen und Verschlüssen am 1. Fingerstrahl sowie Gefäßspasmen im Versorgungsgebiet der A. ulnaris führen (Abb. 4.59). Das Sudeck-Syndom mit Veränderungen der Endstrombahn analog zur Endangiitis obliterans und die Volkmann-Kontraktur mit potenziellen Gefäßschäden bis hin zu Verschlüssen werden selten beobachtet.
Klinik Das klinische Bild ist abhängig von der Art, der Ausdehnung, der Lokalisation und dem Zeitpunkt der Gefäßverletzung. Somit sind verschiedene Einteilungen und Unterscheidungen möglich. Während bei scharfen, penetrierenden Verletzungen durch Schnitt, Stich oder Schuss die Gefäßwände von außen nach innen durchtrennt werden, erfolgt eine Traumatisierung durch stumpfe Gewalt wie z. B. beim Dezelerationstrauma in umgekehrter Richtung (von innen nach außen; Andreev et al. 1992). Penetrierende Gefäßtraumen werden eingeteilt in Gefäßläsionen
∑ ohne Lumeneröffnung (Grad I), ∑ mit partieller Durchtrennung (Grad II) oder ∑ kompletter Durchtrennung (Grad III). Bei stumpfen Gefäßverletzungen liegen vor (Linder u. Vollmar 1965):
∑ Stadium I: Intimaläsion, ∑ Stadium II: Intima- und Medialäsion und ∑ Stadium III: Beteiligung aller 3 Wandschichten mit Ausbildung eines okkludierenden Thrombus. Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Im Rahmen der klinischen Untersuchung werden Prellmarken, schmerzbedingte Funktionseinschränkungen und pathologische Skelettbeweglichkeiten registriert. Offene Wunden und möglicherweise expandierende Hämatome deuten auf ein akutes gewaltsames Trauma hin. Ferner können Veränderungen der Hautfarbe, Temperaturdifferenz, sensible Störungen und motorische Ausfälle auftreten. Hinweisend auf ein Pseudoaneurysma ist ein pulsierender Tumor. Ein palpables Schwirren findet man bei einer AV-Fistel. Die peripheren Pulse können abgeschwächt sein. Eine kalte, blasse Extremität ist verdächtig auf den Verschluss eines größeren Gefäßes. Hörbare Strömungsgeräusche treten bei Stenosen, Intimaflaps, Dissektionen und AV-Fisteln auf.
Abb. 4.59. Barotrauma der Hand. Die KM-MR-Angiographie eines jungen Patienten mit der Berufsanamnese einer Presslufthammertätigkeit zeigt arterielle Verschlüsse im 2. und 3. Fingerstrahl. (Die Aufnahmen wurden von Dr. H. Friedburg zur Verfügung gestellt)
쐍 Apparative Diagnostik. Die Abklärung einer geschlossenen traumatischen Gefäßverletzung kann zunächst mittels Ultraschall versucht werden. Die farbkodierte Duplexsonographie gestattet Aussagen zu den Blutflussverhältnissen, den Gefäßwandveränderungen und den Weichteilverhältnissen. Eine technische Kompetenz und Erfahrung ist zwingend erforderlich. Traumatische Gefäßobstruktionen können sonographisch zumindest indirekt, bei nicht zu großen Weichteilverletzungen oft auch direkt dargestellt werden. Insbesondere iatrogene Verletzungen (Aneurysma spurium, AV-Fistel) sind mittels Farbduplexsonographie mit hoher Treffsicherheit darstellbar (Abb. 4.46, Abb. 4.60 a, b)). Bei ausgedehnten
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße Abb. 4.60 a, b. AV-Fistel zwischen A. profunda femoris und begleitender Vene nach Herzkatheteruntersuchung. a Farbduplexbild auf Höhe der Fistel. Die Flussrichtung ist mit Pfeilen gekennzeichnet. Vibrationsbedingte Farbartefakte in der Gefäßumgebung. b Typisches monophasisches Spektrum in der A. femoralis communis proximal der Fistel als Ausdruck des verminderten peripheren Gefäßwiderstandes
a
b
Weichteilverletzungen ist die Aussagekraft der Sonographie limitiert (Bynoe et al. 1991). Bei intraabdominell und pelvin oder supraaortal gelegenen Befunden sind die MS-CT und die MRT der Sonographie überlegen. Ferner können die umgebenden Strukturen überlagerungsfrei abgebildet werden. Darüber hinaus ist eine präzise Erfassung der erforderlichen Daten vor einem chirurgischen oder interventionellen Eingriff möglich. Dabei bietet die CT-Angiographie bei komplexen Verletzungen aufgrund der guten Darstellung sowohl der Knochen- als auch der Gefäßstrukturen gerade bei schwer verletzten Patienten den schnellsten Überblick über den Verletzungsumfang. Mit beiden Verfahren gelingt eine Gefäßdarstellung in Form von übersichtlichen Rekonstruktionen, sodass die diagnostische Arteriographie in den Hintergrund getreten ist und eher anschließend in therapeutischer Absicht durchgeführt wird. Die intraarterielle DSA galt lange als „Goldstandard“ zur Darstellung traumatisierter Gefäße sowie bei instabilen Patienten mit der Möglichkeit der In-
tervention als Therapie der ersten Wahl (Abb. 4.61 a–d; Anderson et al. 1990; Görich et al. 1993). In akuten Notfallsituationen hat sich diese diagnostische Rolle heute zur CT-Angiographie mit MSCT-Geräten in Notfallaufnahmen verschoben, da in kürzester Zeit alle zumeist relevanten Informationen zur Verfügung stehen und die Akutpatienten adäquat überwacht werden können (Bogdan et al. 2004; Rieger et al. 2002). Dabei werden nicht nur die Gefäße, sondern auch die umgebenden Weichteile sowie die Knochenstrukturen mit hoher Ortsauflösung exakt dargestellt. Hiermit können auch relevante Begleitverletzungen nachgewiesen werden, die im Einzelfall das weitere therapeutische Prozedere bestimmen (Soto et al. 2001). Durch die Kombination von MR-Angiographie mit konventionellen MR-Sequenzen sind prinzipiell gleichartige Aussagen wie durch die MS-CT möglich. Die längeren Untersuchungszeiten und die schwierigeren Überwachungsmodalitäten schränken deren Anwendung in der Akutdiagnostik ein (vgl. Abb. 4.61 a–d).
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Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem
c
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d
Abb. 4.61 a–d. Messerstichverletzung am Unterschenkel. Die Katheterangiographie (a) und die koronare MIP der KM-MRAngiographie (b) zeigen eine arterielle Gefäßverletzung mit Blutung aus dem Truncus tibiofibularis (Pfeile). Im axialen
T1- (c) und T2-gewichteten Bild (d) sind ventral eine umschriebene und dorsal eine diffuse Einblutung erkennbar (Pfeile)
Bei stabilen Patienten mit einer akuten Gefäßverletzung kommen CT-Angiographie und/oder Ultraschall zur Anwendung. Bei subakuten oder chronischen Verletzungen kann alternativ zur CT-Angiographie und zum Ultraschall auch eine MR-Angiographie durchgeführt werden (Abb. 4.62 a–c).
werden (Steinkamp et al. 2001). Embolische oder thrombotische Gefäßverschlüsse können unter Umständen interventionell behandelt werden. Rupturen kleiner Gefäße mit konsekutiver Blutung lassen sich oft mittels perkutanen Embolisationstechniken beherrschen, sodass ein großes Operationstrauma vermieden werden kann. Das postpunktionelle Aneurysma spurium kann in fast allen Fällen unter sonographischer Kontrolle verschlossen werden, entweder durch eine gezielte Injektion von Thrombin (vgl. Abb. 4.46 a, b) oder durch eine gezielte Kompressionstherapie. Radiologische Interventionen werden heute gegenüber den operativen Rekonstruktionen bevorzugt, weil sie weniger traumatisch und kostengünstiger sind. Ferner wird eine raschere Erholung beschrieben (Bradley 2002).
Therapie Die Therapie ist abhängig vom Verletzungsmuster, der Lokalisation und der Klinik. Bei Kombinationsverletzungen mit Weichteilschäden oder Frakturen steht ein chirurgisches Vorgehen im Vordergrund. In Abhängigkeit von der Lokalisation und dem Zeitfenster kann eine perkutane Endoprothese in extraartikuläre Gefäßsegmente z.B. der A. iliaca communis und der A. iliaca externa sowie der A. femoralis superficialis eingesetzt
Literatur
Literatur
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b
c
Abb. 4.62 a–c. Traumatischer Verschluss im rechten Oberschenkel/Knie. Die KM-MR-Angiographie bei einem 16-jährigen Patienten mit akuten Unterschenkelschmerzen zeigt einen kurzstreckigen Verschluss (b) der rechten proximalem A. poplitea (Pfeil) bei ansonsten normalen Gefäßen (a,c).Auf Nachfrage gab der Patient an, mit der Stopperbremse eines Rollerskateschuhs oberhalb der Kniekehle getroffen worden zu sein. Danach hätten die Beschwerden begonnen. Die vermutete traumatische Verletzung mit Intimaeinrollung wurde operativ bestätigt
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313
Venen
5
P. Kovacs
5.1
Radiologische Untersuchungstechnik 315
5.2
Normalanatomie 322
5.3
Systematische Bildanalyse 324
5.4
Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 326 Veränderungen im Hohlvenensystem 326 Veränderungen der Armvenen 332 Veränderungen der Beinvenen 335
5.4.1 5.4.2 5.4.3
Literatur 346
5.1 Radiologische Untersuchungstechnik Phlebographie Nach wie vor gilt die konventionelle Phlebographie als Goldstandard zur Untersuchung des Venensystems hinsichtlich Thrombose oder Insuffizienz der Venenklappen.Aufgrund ihrer Invasivität, der Gefahr der Kontrastmittelunverträglichkeit und der Strahlenexposition wird sie jedoch zunehmend in den Hintergrund gedrängt und oftmals erst als letzte Untersuchungsmethode bei Unklarheiten oder Diskrepanzen in den anderen Untersuchungsmodalitäten oder zur endgültigen Verifikation eingesetzt. Zur umfassenden Beurteilung des gesamten oberflächlichen und tiefen Beinvenensystems hat die Methode der aszendierenden Pressphlebographie noch große Bedeutung (Hach 1974): Dazu wird eine oberflächliche Vene am Fußrücken, bevorzugt die medialseitige V. dorsalis hallucis, mittels Einmalkanüle punktiert. Der Patient wird durch Aufrichten des Durchleuchtungstisches auf 20–40° in eine hängende Lage gebracht, wobei er sich mit den Händen aktiv abstützt. Bei körperlich schwächeren Patienten wird das Kopfende des Durchleuchtungstischs nur um 10° angehoben, oder der Patient stützt sich zusätzlich mit dem nicht zu untersuchenden Bein aktiv ab. Dadurch ist das zu untersuchende Bein völlig entspannt und hängt frei herab. Ein Stauschlauch proximal der Knöchel soll den direkten Kontrastmittelabstrom ins tiefe Venensystem erleichtern, denn keinesfalls sollte das Kontrastmittel über die V. saphena magna oder parva abströmen.
Es werden durchschnittlich bis zu 30 ml Kontrastmittel im Bolus appliziert. Normalerweise strömt das Kontrastmittel gar nicht oder nur ganz langsam ab. Durch behutsame manuelle Kompression der Planta pedis oder der Wadenmuskulatur wird das Kontrastmittel antegrad weiterbefördert. Kurze ValsalvaPressversuche bewirken einen Klappenschluss und lassen das spezifisch schwerere Kontrastmittel absinken. Durch neuerliche Klappenöffnung kann Kontrastmittel retrograd in distale Venenabschnitte zurücklaufen. So werden alle Unterschenkelvenensysteme aufgefüllt und anschließend die V. poplitea und V. femoralis dargestellt. Die Beurteilung der Venenklappen erfordert die Darstellung der geschlossenen Klappen, die durch Valsalva-Pressversuche erreicht wird. Um Strömungsartefakte von pathologischen Veränderungen zu unterscheiden wird eine Abbildung der Unterschenkelvenensysteme in 2 Ebenen empfohlen. Für den Oberschenkel sind zweizeitige Aufnahmen zielführender (Abb. 5.1 a–c). Aktive Lageveränderungen des Patienten sollen möglichst vermieden werden. Für spezielle Fragestellungen sind unzählige weitere Phlebographiemethoden mit modifizierten Lagerungen, Punktionsstellen und Kontrastmittelmengen beschrieben. Diese werden jedoch zunehmend von anderen Untersuchungsmethoden verdrängt. Sonographie Aufgrund der guten Verfügbarkeit und der fehlenden Belastung für den Patienten nimmt die Ultraschalluntersuchung zunehmend den ersten Rang im Untersuchungsablauf ein. Die Wahl des Schallkopfes richtet sich nach der Konstitution des Patienten und der Lokalisation der zu untersuchenden Venen: Das oberflächliche Venensystem und die tiefen Venen der oberen Extremität und des Halses können in der Regel mit einem linearen Oberflächenschallkopf mit Frequenzen zwischen 5 und 12 MHz untersucht werden. Das gesamte Beinvenensystem kann bei den meisten Patienten mittels linearem 4- bis 7 MHz-Schallkopf beurteilbar dargestellt werden. Bei adipösen Patienten oder aus-
316
Kapitel 5 Venen
a
b
c
Abb. 5.1 a–c. Aszendierende Pressphlebographie. a A.-p.Aufnahme und Innenrotationsaufnahme der Unterschenkelvenen. b A.-p.-Aufnahmen der V. poplitea und der distalen
V. femoralis. c A.-p.-Aufnahmen der proximalen V. femoralis und der Beckenvenen
gedehnten Beinödemen empfiehlt es sich, einen abdominellen Sektorschallkopf mit 2–5 MHz zu verwenden, ebenso zur Beurteilung der abdominellen Venen. Die Beurteilung des Flusses und der Venenklappen erfolgt im Longitudinalschnitt unter Verwendung der farbkodierten Dopplersonographie und der flusssensitiven Dopplerableitungen. Dabei ist darauf zu achten, dass das Gerät auf langsame Flüsse eingestellt wird. Weiterhin sollen die Venen in der blauen Farbe kodiert werden, um die Dokumentation besser nachvollziehbar zu machen. Zum Ausschluss einer Thrombose werden die Extremitäten in Rückenlage im Kompressionstest untersucht: Im Longitudinalschnitt ist nicht gewährleistet, dass wirklich über der Vene komprimiert wird. Deshalb empfiehlt sich der Transversalschnitt, um von proximal nach distal das gesamte Venensystem in Zentimeterschritten zu untersuchen. Dafür wird die Vene mit dem Schallkopf vollständig komprimiert und am besten in Gegenüberstellung zu den nichtkomprimierten Verhältnissen (Doppelbildmodus) in mehreren Höhen dokumentiert (Abb. 5.2 a–g). Am Arm kann direkt über der Vene komprimiert werden.Am Bein gelingt dies nicht in allen Regionen: Im Adduktorenkanal fehlt das Widerlager zur Kompression, sodass der Untersucher am besten mit der zweiten Hand das Gewebe von dorsal gegen den ven-
tromedial aufgesetzten Schallkopf drückt. Die Kniekehle wird von dorsal bei leichter Flexion im Kniegelenk untersucht. Insbesondere bei älteren Patienten empfiehlt sich der Gegendruck mit der zweiten Hand gegen die Patella. Die Vv. tibiales posteriores werden von ventromedial der Tibiavorderkante eingeschallt, die Vv. fibulares sind in dieser Position ebenso oftmals einschallbar (vgl. Abb. 5.2 d). In jedem Fall findet man sie jedoch von laterodorsal (vgl. Abb. 5.2 e). Dabei ist zu beachten, dass das Gewebe von laterodorsal gegen die Fibula gepresst wird. Da isolierte Thrombosen der Vv. tibiales anteriores nicht vorkommen, kann routinemäßig auf einen Kompressionstest verzichtet werden. Andererseits sollten die Muskelvenen der Mm. gastrocnemici und des M. soleus mit beurteilt werden (vgl. Abb. 5.2 f, g). Am Hals und im Abdomen sollte der Kompressionstest unterlassen werden und der Fluss in der farbkodierten Dopplersonographie dargestellt werden (vgl. Abb. 5.13 a–c bzw. Abb. 5.21 a, b). CT-Venographie Die CT-Untersuchung hat große Bedeutung in der Diagnostik des Körperstammes und erlaubt ohne spezielle Untersuchungsprotokolle einen Überblick über das obere und untere Hohlvenensystem mit einmündenden Stammvenen, sofern die Untersuchung in der venösen Kontrastmittelphase durchgeführt
5.1 Radiologische Untersuchungstechnik Abb. 5.2 a–g. Beinvenensonographie: Kompressionstest im Doppelbildmodus dargestellt (rechtes Bild: komprimiert). a Proximaler Oberschenkel von ventral: V. femoralis (Pfeil), A. femoralis (1), A. profunda femoris (2). b Distaler Ober– schenkel von ventromedial: V. femoralis (Pfeil), A. femoralis (1). c Kniekehle von popliteal: V. poplitea (Pfeil) mit einmündender V. saphena parva (Stern), A. poplitea (3).
a
b
c
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318
Kapitel 5 Venen Abb. 5.2 d–f. d Unterschenkel von ventromedial: Vv. tibiales posteriores (Pfeile), A. tibialis posterior (4), Vv. fibulares (Pfeilspitzen) – in typischer Weise leicht erweitert, A. fibularis (5), Tibia (T), Fibula (F). e Unterschenkel von laterodorsal: Vv. fibulares (Pfeilspitzen), A. fibularis (5), Fibula (F). f Medialer Unterschenkel von dorsal: mediale Gastrocnemiusvene (Pfeil) mit Muskelarterie (6), V. saphena parva (Stern).
d
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f
5.1 Radiologische Untersuchungstechnik Abb. 5.2 g Lateraler Unterschenkel von dorsal: Soleusvene (Pfeil), V. fibularis (Pfeilspitze)
g
wird. So werden Fehlbildungen oder Pathologien in diesen Venensystemen oftmals zufällig entdeckt (Abb. 5.3 a). Große Bedeutung kommt der CT-Untersuchung auch in der Abklärung der pulmonalarteriellen Thromboembolie zu. Dabei empfiehlt es sich, die bereits applizierte Kontrastmittelmenge auszunutzen und einige Minuten nach der Untersuchung des Thorax auch die Becken- und Beinstrombahn bis in die Kniekehle zu schichten, um die mögliche Quelle der Thromboembolie zu finden. Um Strahlendosis einzusparen sind 5- bis 10 mm-Schichten in 10 mmAbständen ausreichend (Abb. 5.3 b). Bei venösen Malformationen mit komplizierten Verläufen der Venen kann die CT-Untersuchung nach direkter oder indirekter Kontrastierung der Venenabschnitte überlagerungsfreie Darstellungen der topographischen Verhältnisse in zwei- und dreidimensionalen Reformatierungen liefern (vgl. Abb. 5.15 a–d und Abb. 5.16 a–f). MR-Venographie Die jüngste unter den Untersuchungsmethoden wird derzeit wegen des Zeitaufwandes und der anfallenden Kosten noch kontrovers diskutiert. Sie wird aber in den nächsten Jahren sicher an Bedeutung gewinnen. Der Vorteil der fehlenden Strahlenexposition wird durch Faktoren wie Verfügbarkeit, Toleranz der Untersuchung durch den Patienten, Zeit und Kosten aufgehoben. Die Ergebnisse sind jedoch vielversprechend. Im Vergleich zur konventionellen Pressphlebographie weist sowohl die direkte MR-Venographie nach Punktion der Fußvenen als auch die indirekte MRVenographie nach Kontrastmittelapplikation in eine Armvene eine sehr gute Sensitivität und Spezifität in der Thrombosediagnostik auf (Abb. 5.4).
Wichtige Fortschritte brachten die Tischverschiebetechnik und die Möglichkeit, den Kontrastmittelbolus zu verfolgen (Testbolus und Bolus-Tracking). Die Untersuchung erfolgt in Rückenlage und in Abhängigkeit von MR-Gerät und Spulensystemen fußwärts und/oder kopfwärts zum Gerät positioniert. Der Kontrastmittelbolus sollte in einer Dosierung von 0,25 mmol/kg Körpergewicht Gadolinium-DTPA (3–4 ml/s) und nachfolgendem NaCl-Bolus verabreicht werden. Bei vorangehender MR-Angiographie der Pulmonalarterien sollte die erste Hälfte des Bolus zur Abklärung der Pulmonalarterien verwendet werden. Die zweite Hälfte wird direkt anschließend appliziert, damit sich das gesamte Kontrastmittel während des Umlagerns ins venöse System verteilen kann. Obwohl aus diesem Grund die Untersuchung der Beinvenen nicht zum Zeitpunkt des Maximums der Kontrastmittelanreicherung durchgeführt werden kann, werden im Vergleich zur konventionellen Phlebographie gleiche oder bessere Ergebnisse erzielt, da immer überlagerungsfreie Bilder entstehen. Subtraktionen oder Maximum-Intensity-Projektionen (MIP) der Datensätze liefern anschauliche Bilder, sind aber bei der Beurteilung nicht hilfreich. Die Untersuchungszeit der MR-Venographie alleine beträgt zwischen 5 und 15 min. Die Intervallzeit nach der MR-Angiographie der Pulmonalarterien beträgt zwischen 5 und 10 min (Kluge et al. 2004). Generell gilt für beide Schnittbildverfahren die Empfehlung, dass diese Verfahren wegen des großen apparativen Aufwandes nur bei Verdacht auf eine pulmonalarterielle Embolie eingesetzt und dann mit einer Untersuchung der Beinvenen kombiniert werden sollten.
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Kapitel 5 Venen Abb. 5.3 a, b. CT in der venösen Kontrastmittelphase. a Kontrastmittelumspülter Thrombus in der V. cava inferior bei einem Tumorpatienten mit Resektion der rechten Lebersegmente. b Beidseitige pulmonalarterielle Thromboembolie (1) bei Thrombose der linken Becken- und Oberschenkelvenen (2)
a
b
5.1 Radiologische Untersuchungstechnik Abb. 5.4. MR-KontrastmittelVenographie der unteren Extremität: Tumorthrombose der proximalen V. femoralis mit kontrastmittelaufnehmendem Thrombus (Pfeile) bei Rezidiv eines Leiomyosarkoms (Stern). Konsekutive Thrombose der distalen V. femoralis (Pfeilspitzen)
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Kapitel 5 Venen
5.2 Normalanatomie Hohlvenensystem Im Regelfall bildet sich das Hohlvenensystem aus den rechts liegenden Vv. cavae superior und inferior. Die Arm- und die Halsvenen vereinigen sich zu den Vv. brachiocephalicae, die den Venenplexus der unteren Schilddrüsenpole aufnehmen. Deren Zusammenfluss bildet dann die V. cava superior. Die V. cava inferior entsteht durch den Zusammenfluss der beiden Vv. iliacae communes. Neben lumbalen und diaphragmalen Venen wird das venöse Blut der Nieren und Nebennieren aufgenommen. Direkt (meist rechts) oder über die Nierenvenen (meist links) münden die Vv. ovaricae bzw. Vv. spermaticae. Kurz vor der Einmündung in den rechten Vorhof werden die Vv. hepaticae aufgenommen (Abb. 5.5 a). Arm- und Halsvenen Die tiefen Armvenen begleiten paarig die versorgenden Arterien des Unterarms. Nach dem Zusammenfluss in der V. cubitalis gelangen die Vv. brachiales im Sulcus bicipitalis medialis bis in die Axilla. Die sich fortsetzende V. axillaris zieht unter dem M. pectoralis minor nach proximal und geht nach Unterkreuzung der Klavikula in die V. subclavia über, die vor dem M. scalenus anterior liegt. Das oberflächliche Venensystem bildet sich aus Gefäßnetzen am Handrücken und drainiert über zahlreiche Unterarmvenen in die V. cubitalis superficialis. Am medialen Oberarm findet man den Fasziendurchtritt der V. basilica, die das Blut des ulnaren Unterarms in die V. brachialis ableitet. Radiale Unterarmvenen setzen sich in die V. cephalica fort, die am lateralen Oberarm nach proximal zieht und im Bogen in die V. axillaris einmündet (Abb. 5.5 b). Als wichtigste Halsvene für den venösen Abstrom des Kopfes ist die V. jugularis interna zu nennen, die die oberflächliche V. jugularis externa aufnimmt. Die V. jugularis interna bildet mit der V. subclavia den Venenwinkel. Der weitere Blutabstrom beider Venen erfolgt über die V. brachiocephalica in die V. cava superior (Abb. 5.5 c). Beinvenen Das oberflächliche Venensystem besteht aus der V. saphena magna und parva mit Seitenästen. Die
V. saphena magna nimmt das Blut des Arcus venosus dorsalis pedis auf und zieht vor dem Malleolus medialis als V. marginalis medialis an der Innenseite des Unterschenkels und Knies auf den Oberschenkel, um im Hiatus saphenus mit einer bogenförmigen Krümmung („Krosse“) einzumünden. Akzessorische mediale und laterale Vv. saphenae münden entweder direkt oder über die V. saphena magna in die V. femoralis. Die V. saphena parva drainiert den lateralen Fußrand über den dorsalen Unterschenkel meist in die V. poplitea (s. Abschn. 5.4.3, „Varikositas“). Das tiefe Beinvenensystem begleitet paarig die versorgenden Arterien und bildet sich aus den lateralen und medialen plantaren Venen, die in die Vv. tibiales posteriores münden, und den tiefen dorsalen Venen, die in die Vv. tibiales anteriores drainieren. Die Vv. tibiales anteriores ziehen lateral des M. tibialis anterior und dann zwischen langen Extensoren und Membrana interossea nach proximal und vereinigen sich nach bogenförmigem Durchtritt durch die Membrana interossea mit den Vv. tibiales posteriores, die ihrerseits zwischen oberflächlichen und tiefen Flexoren nach proximal ziehen und deren Muskelvenen aufnehmen. Die Vv. fibulares ziehen laterodorsal der Fibula bedeckt von den Mm. peronei nach proximal, zeigen oftmals eine regionäre Phlebektasie und münden nach Aufnahme der Soleusvenen in die Vv. tibiales anteriores oder posteriores. Die V. poplitea kann durch weiter proximal einmündende Venen zwei- oder dreigeteilt sein. Neben der V. saphena parva werden etwas distal die Muskelvenen des medialen und lateralen M. gastrocnemius aufgenommen. Mit dem Durchtritt durch den Adduktorenkanal wird die V. poplitea zur V. femoralis. Diese nimmt die V. profunda femoris und die V. saphena magna auf und wird ab dem Durchtritt unter dem Leistenband zur V. iliaca externa (Abb. 5.5 d, e). Das oberflächliche steht mit dem tiefen Venensystem durch Perforansvenen in Verbindung, um das Blut in die Tiefe abzutransportieren. Von der V. saphena magna lassen sich als wichtigste die 3 Cockett-Venengruppen, die Sherman- und die Boyd-Vene zu den Vv. tibiales posteriores und die Dodd-Venengruppe zur V. femoralis hervorheben.
5.2 Normalanatomie
Abb. 5.5 a–e. Anatomie des Venensystems (die oberflächlichen Venen sind kursiv geschrieben). a Hohlvenensystem
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Kapitel 5 Venen
Abb. 5.5 c Halsvenen
Abb. 5.5 b Armvenen
5.3 Systematische Bildanalyse
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Schlüssel zur systematischen Bildanalyse ist die Kenntnis der anatomischen Topographie. Merke
In der Sonographie und den Schnittbildverfahren sollten die einzelnen Venenabschnitte anhand topographischer Landmarken aufgesucht werden. Um keine der Venengruppen im diagnostischen Ablauf auszulassen, empfiehlt sich ein Vorgehen von proximal nach distal. In der konventionellen Phlebographie
kann auch gemäß des abströmenden Kontrastmittels von distal nach proximal vorgegangen werden. Phlebographie Zur Zuordnung der Unterschenkelvenensysteme ist die topographische Lage der Venen in einem transversalen Unterschenkelschnitt hilfreich (Abb. 5.6). Alle Venen sollten hinsichtlich Verlauf, Homogenität der Kontrastmittelfüllung, Klappenbesatz und Klappenausformung abgesucht werden. Die suffiziente Klappenausformung zeigt eine Lumenaufweitung proximal und einen Kalibersprung distal der Venenklappe („Teleskopzeichen“). Die Lage der
5.3 Systematische Bildanalyse
Abb. 5.5 e Beckenvenen
Abb. 5.5 d Beinvenen
wichtigsten Perforansvenengruppen sollte ebenso wie nachweisbare Mündungsvarianten beschrieben werden. Sonographie Das gesamte Venensystem wird im B-Bild-Modus hinsichtlich seiner Komprimierbarkeit abgesucht. Dabei sollte sich das Venenlumen echofrei präsentieren. Bei langsam strömendem Blut erscheint das Lumen echoreicher als normal, weil es zu Schallreflexionen an den korpuskulären Blutbestandteilen kommt. Thrombosen und Thrombophlebitiden sind durch echoreiche Lumenaufweitungen mit fehlender
oder inkompletter Komprimierbarkeit bzw. fehlendem Fluss gekennzeichnet. Die Klappenbeweglichkeit lässt sich zumindest am Oberschenkel durch Pressversuche beurteilen. Der Einsatz der Farbkodierung zeigt im gesunden Venensystem einen laminaren Blutfluss. Turbulenzen in klappenfreien Abschnitten sind Hinweise für intraluminale Ablagerungen, wie inkomplett rekanalisierte Venenthrombosen. Die Dopplerableitungen zeigen einen nicht pulsatilen, atemabhängigen Fluss. Bei insuffizienten Venenklappen lässt sich mit ihnen die Menge und Dauer der Regurgitation bestimmen.
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Kapitel 5 Venen
Abb. 5.6. Projektion der Unterschenkelvenen in der Phlebographie. Hilfestellung zum besseren Verständnis der Lage der Unterschenkelvenen im Bezug zu den Unterschenkelknochen in 3 Projektionsebenen anhand eines Transversalschnitts durch die Mitte des Unterschenkels (A Vv. tibiales anteriores, F Vv. fibulares, P Vv. tibiales posteriores. (Mod. nach Hach u. Hach-Wunderle 1996)
CT- und MR-Venographie Das wichtigste Kriterium ist eine homogene Kontrastmittelfüllung. Bei Thrombosen zeigt sich eine von Kontrastmittel umflossene intraluminale Raumforderung. Restthromben nach rekanalisierten Thrombosen sind entweder wandständig oder schwammartig strukturiert. 5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 5.4.1 Veränderungen im Hohlvenensystem Embryologie Das Hohlvenensystem entwickelt sich vollständig symmetrisch aus paarig angeordneten kardinalen, supra- und subkardinalen Venen. Diese entwickeln
Abb. 5.7. Entwicklung des endgültigen Hohlvenensystems aus seinen embryonalen Vorläufern. Im Regelfall bleiben die durchgezogen gezeichneten Venen als endgültiges Hohlvenensystem bestehen. Rückgebildete Venen (gestrichelt) können in beliebiger Kombination einzelne Abschnitte ersetzen oder zusätzlich als gedoppelte Venenabschnitte persistieren
sich nacheinander und parallel zueinander und bilden sowohl untereinander als auch mit der Gegenseite Verbindungen aus (Abb. 5.7). Am Ende steht das asymmetrische Endstadium der V. cava superior und inferior. Von den oberen Kardinalvenen bleibt im Regelfall die rechte als V. cava superior bestehen. Die Vv. azygos und hemiazygos gehen aus dem oberen Abschnitt der suprakardinalen Venen hervor. Die V. cava inferior wird aus 5 embryonalen Elementen gebildet: Die Vv. iliacae und deren Confluens gehen aus den hinteren Kardinalvenen hervor. Die infrarenale und suprarenale V. cava bilden sich aus der rechten suprakardinalen und der rechten subkardinalen Vene. Dazwischen münden die Vv. renales in den Anastomosenbereich der fetalen Vorläufer. Der intrahepatische Abschnitt entsteht aus dem hepatokardialen Kanal.
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems
Fehlbildungen Diese Entwicklungsschritte führen zu zahlreichen Fehlbildungsvarianten. Generell verlaufen die Fehlbildungsvarianten meist asymptomatisch, wenn keine Drainage in den linken Vorhof besteht. Deshalb werden sie oftmals nur zufällig diagnostiziert. Zu den wichtigsten Varianten im oberen Hohlvenensystem zählen die linksseitig persistierende V. cava superior und die gedoppelte V. cava superior (Abb. 5.8 a–c).Während die linksseitig persistierende V. cava superior in der Mehrzahl der Fälle in den Sinus coronarius drainiert und deshalb asymptomatisch bleibt, kann bei der gedoppelten V. cava superior die linke Vene in den linken Vorhof münden und stellt somit einen Shunt mit Mischblutbildung dar. Ein Fehlen der V. azygos ist eine weitere, sehr seltene Fehlbildung. Dabei fließt das Blut über das Hemiazygossystem ab. Die Fehlbildungen der V. cava inferior können das infrarenale, renale, suprarenale oder intrahepatische Segment betreffen: Da infrarenal ursprünglich je 2 supra- und subkardinale Venen parallel bestehen, können verschiedenste Varianten als einfaches oder gedoppeltes Hauptgefäß auftreten. Dabei kann es zu einer Lateralverschiebung des Gefäßes mit Verlagerung des Ureters nach retrokaval kommen. Eine prä- oder kurz postnatale Thrombose des infrarenalen Abschnitts führt zum Fehlen des gesamten Abschnitts und zur Ausbildung von Kollateralen. Persistierende intersupra- und intersubkardinale Anastomosen führen zur retroaortalen Einmündung der linken V. renalis oder zur Ausbildung eines zirkumaortalen, venösen Rings. Diese Fehlbildungsvariante wird am häufigsten gefunden und entsteht dadurch, dass sich das suprakardinale Venensystem in Relation zur Aorta weiter dorsal entwickelt (Abb. 5.9 a, b). Im suprarenalen und intrahepatischen Segment kann eine Kontinuation der V. azygos entstehen. Durch Agenesie des intrahepatischen Systems bleibt die Verbindung zur rechten suprakardinalen Vene bestehen. Diese Fehlbildung tritt evtl. in Kombination mit dem Polyspleniesyndrom auf. Die linksseitige V. cava inferior mit Hemiazygoskontinuation stellt dieselbe Situation jedoch mit Drainage nach links durch Bestehenbleiben der linken Venenabschnitte dar (Abb. 5.10 a–c). Als weitere Fehlbildung kann eine transversale, membranöse Septierung die V. cava inferior obstruieren und vom hepatokardialen Kanal trennen. Komplexe Kombinationen der genannten Fehlbildungen mit Beteiligung des oberen und unteren Hohlvenensystems kommen selten vor. Dabei können einfache und gedoppelte Venenabschnitte bestehen bleiben.
Vena-cava-superior-Syndrom Definition
왔 Dieses Syndrom ist definiert durch
die Obstruktion der V. cava superior mit Ausbildung von Umgehungskreisläufen. Diese Umgehungskreisläufe können den ösophagealen Venenplexus, das Azygos-Hemiazygos-System, subkutane thorakale und paravertebrale Venen einschließen. In bis zu 90% sind dafür maligne Neoplasien und davon in über 50% das Bronchialkarzinom verantwortlich. Zu den seltenen benignen Ursachen zählen mediastinale Veränderungen durch Sarkoidose oder Tuberkulose, retrosternale Struma, Aneurysma der Aorta ascendens und zentralvenöse Zugänge oder Schrittmacherelektroden. Je jünger der Patient und je langsamer die Symptome auftreten, desto wahrscheinlicher sind benigne Ursachen. Als Symptome werden Kopf- und Halsödeme, Kopfschmerzen und Schwindelgefühl, Dyspnoe und Hämatemesis beschrieben. Als radiologisches Zeichen besteht in 2/3 der Fälle ein verbreitertes oberes Mediastinum. Zur Detektion der Ursache empfiehlt sich die CT (Abb. 5.11). Obstruktion der Vena cava inferior In derselben Art wie bei der V. cava superior kann auch die V. cava inferior obstruiert oder komprimiert werden. Zahlreiche Faktoren können das Gefüge in der Gerinnungskaskade stören. Am häufigsten liegen paraneoplastische Ursachen vor (s. auch Trousseau-Syndrom): Tumoren wie Nierenzellkarzinome, Wilms-Tumoren, Nebennierentumoren, Pankreaskarzinome, Leberzelladenokarzinome, aber auch retroperitoneale Lymphknotenmetastasen können zudem in das Lumen einwachsen und den Blutstrom behindern. Weiterhin kann das Lumen im Rahmen von systemischen Erkrankungen wie Koagulopathie, Infektion, Sepsis, oder Budd-Chiari-Syndrom, durch posttraumatische oder -operative Veränderungen oder durch eine aszendierende Becken- oder Beinvenenthrombose verlegt werden. Daneben gibt es die idiopathische Obstruktion. Intrakavale Veränderungen führen von intramural zur Obstruktion des Venenlumens: Neben Tumoren der Venenwand wie Leiomyom, Leiomyosarkom und Endotheliom kann dies auch durch eine angeborene Membran im intrahepatischen Venenabschnitt bedingt sein. Extrinsische Faktoren komprimieren die V. cava inferior von außen. Dazu zählen Tumoren und tumorartige Raumforderungen wie ein Hämatom, Aszites, Hepatomegalie oder ein Aortenaneuryma und schließlich die retroperitoneale Fibrose.
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Kapitel 5 Venen Abb. 5.8 a–c. Fehlbildungen der V. cava superior. a,b Linksseitig persistierende V. cava superior: a CT: Die V. cava superior (1) mündet in den Sinus coronarius (2). Die V. hemiazygos (Stern) ist kräftig ausgebildet. b Thoraxröntgen in Liegen nach Anlage eines Subclaviakatheters links (Pfeil). Die Katheterspitze (Pfeilspitze) liegt links paravertebral in der V. cava superior. Primär wurde eine Fehllage in der Aorta angenommen! c Gedoppelte V. cava superior: Die Vv. subclaviae (1) drainieren in je eine V. cava superior (2). Die rechte Vene mündet regelrecht in den rechten Vorhof (3). Die linke Vene ist gut kontrastiert und verläuft am linken Vorhof vorbei, um in den Sinus coronarius (Pfeil) zu münden
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5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems Abb. 5.9 a, b. Mündungsvarianten der linken V. renalis. a Retroaortal verlaufende solitäre V. renalis sinistra (Pfeil). b Gekippte MIP aus einem Abdomen-CT: Ausbildung eines zirkumaortalen, venösen Rings. Die ventrale (1) und dorsale Nierenvene (2) vereinigen sich lateral der Aorta. Der Großteil des Blutes mündet über eine ventral der Aorta ziehende Vene (3). Zusätzlich verläuft eine dünnere Vene (Pfeil) dorsal der Aorta und mündet weiter kaudal in die V. cava inferior (Pfeilspitze). Nebenbefund: Nierenzysten beidseits
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Kapitel 5 Venen
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Abb. 5.10 a–c. Kontinuation der V. (hemi-)azygos. a Azygoskontinuation: Die suprarenale V. cava inferior setzt sich direkt in die V. azygos (Pfeil) fort, die rechts der Aorta durch den Hiatus aorticus des Zwerchfells nach intrathorakal zieht und in die V. cava superior mündet. Die Lebervenen münden über ein gemeinsames Gefäß in den rechten Vorhof (Stern). b Hemiazygoskontinuation: Die V. cava inferior verläuft links der Aorta und setzt sich in die V. hemiazygos fort (Pfeil). Die rechte Nierenvene unterkreuzt die Aorta (Pfeilspitze). Nebenbefund: Pankreaskopftumor (Stern). c Gemischte Kontinuation durch direkte Cavographie dargestellt: Die suprarenale V. cava inferior setzt sich zuerst über die V. hemiazygos fort (1), wechselt dann die Seite (2) und mündet über die V. azygos (3) in die obere Hohlvene. Die intraabdominelle V. azygos (4) läuft zart aus. Nebenbefund: losgelöstes Schlauchsystem eines Port-a-Kath im rechten Vorhof (Stern). Wandunregelmäßigkeiten in der V. cava inferior bzw. V. hemiazygos durch retroperitoneale Lymphadenopathie
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems Abb. 5.11. Vena-cava-superiorSyndrom: Kompression und Verlagerung der Venen durch Lymphome im vorderen oberen Mediastinum: Das über die linke V. subclavia (1) einströmende Kontrastmittel verteilt sich über paravertebrale Venenplexus und strömt über die rechte V. brachiocephalica (2), anstatt über die komprimierte linke V. brachiocephalica (3) in die V. cava superior (4)
Zur funktionellen Obstruktion kann es im Rahmen der Schwangerschaft, durch ein Valsalva-Manöver oder bei Kindern durch Schreien kommen. Wie beim V.-cava-superior-Syndrom kommt es zur Kollateralenbildung über paravertebrale und paraspinale Venen in die V. (hemi-)azygos, über periureterale und gonadale Venen, über subkutane thorakoabdominelle Venen und sogar in das Pfortadersystem. Dabei strömt das venöse Blut durch retrograden Fluss in der V. iliaca interna über den hämorrhoidalen Venenplexus in das Stromgebiet der V. mesenterica inferior. Verletzungen Es werden traumatische von iatrogenen Venenverletzungen unterschieden. Traumatische Verletzungen treten wegen der geschützten Lage in der Tiefe selten isoliert auf. Meist sind Verletzungen der V. cava superior oder inferior als Begleitverletzungen im Rahmen schwerer Thorax- oder Abdominaltraumen neben anderen Organverletzungen zu finden, oftmals in der Bildgebung sogar von den anderen Verletzungen überlagert und deshalb nicht diagnostizierbar. Iatrogene Verletzungen treten im Rahmen diagnostischer oder therapeutischer Interventionen in zunehmendem Maße auf. Ihr Anteil an den Gefäßverletzungen wird mit etwa 10% beziffert, wobei diese Angabe sicher den wahren Prozentsatz unterschätzt. Tumoren Zu den direkt in der V. cava entstehenden Tumoren zählen das Leiomyom, das Leiomyosarkom und das Endotheliom.
쐍 Leiomyom. Benigne Tumoren der glatten Muskulatur der Hohlvenenwand sind selten und meist suprarenal zu finden. Die intraluminale Tumormasse lässt differenzialdiagnostisch primär an einen Thrombus denken. Oft wird erst nach Monaten der erfolglosen Antikoagulanzientherapie, wobei weder Progression noch Regression eintritt, an einen Tumor gedacht. In zweifelhaften Fällen ist eine transfemorale Biopsie möglich. Im Rahmen der Leiomyomatose kann es ebenfalls zum Befall der intraabdominellen Venen kommen. Bei Patientinnen, die in jungen Jahren an Leiomyomen des Uterus erkranken, kann es selbst Jahre nach Entfernung des Uterus im Sinne einer Metastasierung eines primär benignen Tumors zu einer Absiedlung in die untere Hohlvene kommen. Neben Progredienz in die Hohlräume des Herzens sind in Einzelfällen auch Lungenmetastasen beschrieben.
쐍 Leiomyosarkom. Etwa 40% der retroperitonealen Leiomyosarkome nehmen ihren Ursprung von der V. cava inferior. Die 3 Wachstumsformen teilen sich wie folgt auf:
∑ Der Großteil wächst transmural, ∑ seltener findet sich nur ein intravaskulärer Tumorabschnitt, ∑ extrem selten bildet sich der Tumor nur intramural aus. Charakteristisch ist ein polypoider, intravaskulärer Anteil mit irregulärer Kontrastmittelaufnahme in der CT und der MRT und nachweisbarer Tumorvaskularisation in der Dopplersonographie. Meist ist der Tu-
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Kapitel 5 Venen
mor zwischen Diaphragma und Nierenveneneinmündung zu finden. Ein Einwachsen in die Lebervenen führt zum Budd-Chiari-Syndrom. In ähnlicher Weise kommt es beim Einwachsen in die Nierenvenen zum nephrotischen Syndrom. Beim Vorwachsen in die kaudale V. cava inferior bilden sich Beinödeme aus. Ein Loslösen von Tumorabschnitten kann eine Tumorembolie nach sich ziehen. Als Differenzialdiagnose sind ein extravaskuläres, retroperitoneales Leiomyosarkom, ein Lymphom, das jedoch auch die Aorta umscheidet, und ein Thrombus in der Hohlvene zu nennen. 5.4.2 Veränderungen der Armvenen Thrombose Die Inzidenz der tiefen Venenthrombose der oberen Extremität wird mit 3:100.000 pro Jahr geschätzt, was bis zu 4% aller Fälle der tiefen Venenthrombose entspricht. Am häufigsten ist die V. subclavia vor der V. axillaris und der V. brachialis betroffen. Als wichtigster exogener Risikofaktor wird ein zentralvenöser Zugang in der Hälfte bis 2/3 der Fälle als Ursache angesehen, vermutlich weil lokale Hämostase und entzündliche Veränderungen die Thromboseentstehung begünstigen. Weitere exogene Risikofaktoren sind maligne Tumoren, eine tiefe Beinvenenthrombose, orale Kontrazeptiva, schwere traumatische Verletzungen und selten eine Bestrahlungstherapie. Auch Muskelkompression durch Über-Kopf-Arbeiten kann zu Flussverlangsamung und Stase mit nachfolgender Thrombose führen. Die aszendierende Thrombophlebitis – etwa nach intravenöser Therapie oder Drogenmissbrauch – kann ebenfalls zur tiefen Venenthrombose führen. Die tiefe Armvenenthrombose kann ohne Symptome ablaufen. Ein geschwollener, schmerzhafter Arm mit Schwäche, Schweregefühl und Kraftlosigkeit sollte in jedem Fall zur Abklärung einer Thrombose führen. Manchmal sind erweiterte, oberflächliche Kollateralvenen erkennbar. Als Goldstandard gilt die direkte Venographie. Zunehmend setzen sich jedoch nichtinvasive Methoden, wie die Sonographie durch. Gerade in der Detektion der Thrombose stellen sich beide Methoden als gleichwertig dar (Abb. 5.12 a–c). Bei Progression der Thrombose und Übergreifen auf die V. brachiocephalica kann auch die V. jugularis interna thrombosieren (Abb. 5.13 a–c).
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Abb. 5.12 a–c. Thrombose der V. axillaris. a Direkte Phlebographie: Kontrastmittelstopp in der V. axillaris (Pfeil) und Abfluss über Kollateralen in die V. cephalica (Stern). b,c Sonographische Darstellung des gemischt echoreichen und echoarmen Thrombus in der teilweise gedoppelt angelegten V. axillaris (Stern), b im Longitudinalschnitt und c im Transversalschnitt
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems
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Abb. 5.13 a–c. Thrombose der V. jugularis interna. a,b Sonographische Darstellung einer beginnenden Thrombose. a Longitudinalschnitt mittels farbkodierter Dopplersonographie: Deutlicher Restfluss proximal des geschichteten Thrombus. b Transversalschnitt mit aufgeweiteter V. jugularis interna und geschichtetem Thrombus; A. carotis communis (Stern). c Sagittale MRT (T1-gewichtete MPR nach Kontrastmittelapplikation): zufällig entdeckter Thrombus in der kaudalen V. jugularis interna (Pfeil) bei einem Tumorpatienten
Thoracic-outlet/inlet-Syndrom Definition
왔 Dieses Syndrom bezeichnet die Kom-
pression der Nerven, Venen und Arterien zwischen muskuloskelettalen Elementen im Bereich der Skalenuslücke und der tiefen Axilla. Die Skalenuslücke wird ventral vom M. scalenus anterior und dorsal vom M. scalenus medius begrenzt. Den Boden bildet die 1. Rippe. Diese dreieckige Lücke wird von ventrokranial durch die Klavikula eingeengt. Durch die Lücke ziehen der Plexus brachialis und die A. subclavia. Ventral des M. scalenus anterior zieht die V. subclavia über die 1. Rippe. Einengungen dieses Raumes führen zur Kompression der hin-
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durchziehenden Elemente. Dafür gibt es angeborene Gründe, wie eine Halsrippe oder Varianten in Ausformung und Ansatzverhalten der Mm. scaleni. Erworbene Gründe stellen hypertrophe Muskulatur, Kallusbildung nach Klavikulafraktur oder supraklavikuläre Tumoren und vergrößerte Lymphknoten dar. Weiter distal kann auch ein hypertropher M. pectoralis minor das Gefäß-Nerven-Bündel insbesondere bei Elevation bedrängen. Klinische Charakteristika treten bei zunehmender Abduktion oder Elevation des Arms auf und können Parästhesien und Schmerzen am Arm, intermittierende Verfärbungen der Haut, Ischämie und Verlust der arteriellen Pulse, aber auch ein Raynaud-Phänomen sein. Bei 95% der Patienten sind die Symptome
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Kapitel 5 Venen Abb. 5.14 a, b. Thoracic-inletSyndrom. a Normale Dopplerableitungen mit atemabhängigem Fluss und fortgeleiteten Herzkontraktionen bei adduziertem Arm. b Bei Elevation des Arms zeigt sich eine deutliche Einengung der V. subclavia (Pfeil) unter der Klavikula (C) mit Abflachung bzw. Sistieren des Flusses
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durch Einengung der Nerven bedingt. Nur bei 5% sorgen vaskuläre Kompressionen für die Symptomatik. Diagnostische Untersuchungen sollten bei nach hinten und unten gezogenen Schultern durchgeführt werden. Da die Dynamik der Symptome während 90°-Abduktion und Elevation sowie in anamnestisch erhebbaren Positionen stärkster Symptomatik untersucht werden muss, empfiehlt sich die farbkodierte Dopplersonographie als Methode der Wahl. Ein Sistieren des arteriellen Pulses bzw. venösen Rückflusses gilt als diagnostisch für ein Thoracic-outletbzw. -inlet-Syndrom. Die venösen Dopplerableitungen zeigen eine abgeflachte, lineare Kurve. Fortgeleitete Wellen, die durch die Atmung und die Vorhofkontraktionen entstehen, lassen sich nicht mehr
nachweisen (Abb. 5.14 a, b). Muskuloskelettale Ursachen lassen sich sonographisch oder mittels MRT ausschließen. Zusätzliche Informationen über die Kompression von Arterien und Venen können auch MR-angiographisch erlangt werden. Dabei lässt sich mittels mehrphasiger 3D-Kontrastmittel MR-Angiographie im Vergleich zur 2D-TOF- („time of flight“-) Angiographie eine bessere Aussage über die Ursache der Kompression und venöse Mitbeteiligung treffen (Charon et al. 2004). Auch diese Untersuchung sollte bei eleviertem Arm durchgeführt werden. Nebenbefundliche Gefäßveränderungen wie Stenosen oder Aneurysmen lassen sich angiographisch verifizieren.
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems Tabelle 5.1. ISSVA-Klassifikation der vaskulären Malformationen. (Enjolas 1997) Vaskuläre Malformation Einfach: Kapillär, lymphatisch, venös
Gefäßtumor Kombiniert: Low-flow: kapillär-venös, kapillär-lymphatisch-venös (K-TS), lymphatisch-venös
Hämangiom, Phlebangiom, andere Tumoren
High-flow: arteriovenös (inkl. Fistel), kapillär-arteriovenös (FPWS), kapillär-lymphatisch-arteriovenös K-TS: Klippel-Trénaunay-Syndrom, FPWS: F.P. Weber-Syndrom
5.4.3 Veränderungen der Beinvenen Kongenitale vaskuläre Malformationen Vaskuläre Malformationen betreffen in einfacher Form entweder die Kapillaren, das Lymphsystem oder den venösen Gefäßschenkel. Bei kombinierten Formen kommt es zu einer Mischform von 2 oder allen 3 Komponenten und zur Ausbildung von „Lowflow-Fehlbildungen“. Durch zusätzliche Fehlbildung im arteriellen Schenkel entstehen kombinierte, „High-flow-Fehlbildungen“. Hämangiome stellen tumoröse Veränderungen der Gefäße dar und sind von vaskulären Malformationen funktionell zu unterscheiden (Tabelle 5.1). Einfache Formen der venösen Malformationen reichen von extra- oder intraossären Fehldrainagen (Abb. 5.15 a–d) oder Venendoppelungen über ausgedehnte Formen mit großen intramuskulären Anteilen (Abb. 5.16 a–f) bis zu seltenen lokalisierten oder diffusen Phlebektasien. Zu den kombinierten Dysplasien werden funktionell einzelne Syndrome gezählt. Das Klippel-Trénaunay-Syndrom besteht aus Naevus flammeus, Varikose und Riesenwuchs. Am häufigsten sind diese Veränderungen an einer unteren Extremität zu finden. Dabei kommt es zur Ausbildung von arteriovenösen (AV-) Fisteln. Die Mitbeteiligung des tiefen Venensystems und des Lymphsystems ist gekennzeichnet durch streckenweise unvollständige Anlage oder unregelmäßige Erweiterung (Abb. 5.17). In 14% der Fälle zeigt sich ein fingerdickes subkutanes Gefäß an der lateralen Beinseite mit Einmündung in die Oberschenkel- oder Beckenvenen (Vollmar u. Voss 1979). Diese V. marginalis lateralis persistiert aus frühembryonalen Venen und bleibt als Umgehungsgefäß des dysplastischen tiefen Venensystems bestehen. Als weitere kombinierte Dysplasie ist die Varikose und systematisierte Hämangiomatose mit disproportioniertem Minderwuchs der betroffenen Extremität durch intraossäre Hämangiome als Servelle-Martorell-Syndrom bekannt. Dabei ist häufiger die obere
Extremität betroffen. Bei Beteiligung der unteren Extremität erkennt man in 17% Prozent eine V. marginalis lateralis. Das F.P. Weber-Syndrom stellt eine High-flowFehlbildung dar und zeichnet sich durch Angiodysplasie mit AV-Fisteln und umschriebenem Riesenwuchs der betroffenen Extremität aus. Kombinierte Dysplasien kommen jedoch auch solitär, außerhalb der genannten Syndrome als Lowflow- und High-flow-Fehlbildungen vor. Angeborene AV-Fisteln entstehen durch fehlerhafte Differenzierung des embryonalen Gefäßnetzes in Arterien und Venen. Dabei ist die Differenzialdiagnose gegenüber traumatischen AV-Fisteln zu beachten: Während sich eine traumatische AV-Fistel meist als solitärer Kurzschluss mit ausgeprägter hämodynamischer Auswirkung präsentiert, zeigen angeborene AV-Fisteln meist multiple Verbindungen zum großen Teil über zwischengeschaltete angiomatöse Gefäße und nur geringe hämodynamische Auswirkungen. Die multiplen Verbindungen stellen für jede Art der Therapie, sei es durch operative oder endovaskuläre Methoden, eine Herausforderung dar. Weiterhin sind Fehlbildungen der Venenklappen bekannt. Definition
왔 Die Avalvulie ist ein Fehlen der Venen-
klappen einer gesamten Extremität oder von Extremitätenabschnitten. An der unteren Extremität fallen ein Beinödem und eine leichte Varikose auf, die im 2. Lebensjahrzehnt beginnen. Dennoch ist die Differenzialdiagnose zum postthrombotischen Syndrom zu stellen. Definition
왔 Die Klappendysplasie bezeichnet eine
asymmetrische oder höhenversetzte Klappenanlage. Besonders häufig findet man sie an der V. femoralis in Höhe des Adduktorenkanals oder in Kombination mit Morbus Rendu-Osler oder Marfan-Syndrom.
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Zu den Gefäßanomalien zählen auch tumoröse Veränderungen. Hämangiome und Phlebangiome sind aber funktionell von vaskulären Malformationen abzugrenzen, obwohl eine pathohistologische Abgrenzung nicht möglich ist. Die Phlebangiome stellen Hamartome dar, da sie aus einer embryonalen Fehlanlage hervorgehen. Kapilläre Hämangiome bilden sich in der Mehrzahl der Fälle selbst zurück, insbesondere wenn es sich um (sub-)kutane, juvenile Formen handelt, und
Abb. 5.15 a–d. Einfache venöse Fehldrainage. a Nativröntgen in 2 Ebenen: Von der Hinterfläche der Tibia nach ventral zieht eine longitudinale Aufhellung mit hypersklerosierter Berandung (Sterne). b Nativ-CT: Die Aufhellung erweist sich als transossärer Kanal (Sterne). c Direkte CT-Phlebographie: Im Kanal verläuft eine transossäre venöse Fehldrainage.
bedürfen deshalb keiner Therapie. Zum Unterschied dazu können kavernöse Hämangiome an Größe zunehmen. Besonders dramatisch kann dies unter Hormoneinwirkung, wie während der Schwangerschaft, erfolgen. Hämangiome zeigen zusätzliche Tumorkomponenten aus Binde-, Fettgewebe und glatten Muskelzellen und sind intraossär, intramuskulär und selten synovial zu finden. Typischerweise handelt es sich um Low-flow-Veränderungen mit amorphen Verkalkungen und in 1/3 der Fälle Phlebolithen.
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems
d
Abb. 5.15 d Bei einem anderen Patienten mit komplexerer Ausformung und Schmerzsymptomatik (linke Reihe) verschaffte das chirurgische „clipping“ extraossärer Abschnitte keine Erleichterung (mittlere Reihe oben), sodass restliche Ver-
bindungsvenen transkutan CT-gezielt sklerosiert wurden (mittlere Reihe unten). Bei deutlich reduzierter Restperfusion (rechte Reihe) ist der Patient nun beschwerdefrei (Abb. von Prof. J. Freyschmidt, Klinikum Bremen-Mitte)
Arteriovenöse Hämangiome zeigen stark gewundene zuführende Arterien und arteriovenöse Shuntverbindungen. Dadurch werden sie zu High-flowVeränderungen. Große, weit verzweigte Hämangiome werden symptomatisch, sind aber inoperabel und können dann ebenso wie ausgedehnte, einfache venöse Malformationen embolisiert oder sklerosiert werden.
Eine typische Stelle für eine Intimaverletzung ist an der linken V. iliaca communis an der Überkreuzungsstelle der rechten A. iliaca communis. Kompression der Vene und nachfolgende bindegewebige Reaktionen führen zur Ausbildung von Intimasegeln und -septen bis hin zur subtotalen Obliteration. Diese Veränderungen werden als May-Thurner-Syndrom oder Beckenvenensporn bezeichnet (May u. Thurner 1957) und sind bei etwa 20% der Erwachsenen zu finden (Abb. 5.18).
Thrombose Definition
왔 Als Thrombose wird die lokalisierte
intravasale Blutgerinnung mit Ausfüllen des Venenlumens bezeichnet. Nach Virchow (1856) entsteht eine Thrombose durch folgende Trias an Veränderungen: 1. Änderung der Blutzusammensetzung mit Hyperkoagulabilität durch herabgesetzte Fibrinolyse und Plättchenaggregation, 2. Verlangsamung des Blutflusses mit Stase, 3. Intimaverletzung, die als Ausgangspunkt gilt.
Exogene Risikofaktoren ∑ Operationen (bis 50% orthopädische Operationen) ∑ Schweres Trauma ∑ Lange Immobilisation ∑ Maligne Erkrankung (s. Trousseau-Syndrom) ∑ Übergewicht ∑ Diabetes mellitus ∑ Schwangerschaft (bis 12 Wochen postpartal) ∑ Einnahme von Hormonpräparaten ∑ Verminderte Herzfunktion ∑ Patienten >40 Jahre ∑ Vorangegangene Thrombose ∑ Rauchen
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Abb. 5.16 a–f. Einfache venöse Malformation. a Nativröntgen seitlich: Ventral des distalen Femurs zeigt sich eine deutliche Weichteilvermehrung (Stern). b–d Kontrastmittelaufnahme in dysplastischen Venengeflechten im M. vastus intermedius. b Transversale und sagittal reformatierte CT-Venographie. c Transversale und sagittale MRT (T1-Gewichtung mit Fettunterdrückung nach Kontrastmittelgabe). d Sagittale Ansicht der MR-Venographie. e Direkte Punktion der Malformation zur
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Darstellung vor Embolisation. f Anderer Patient: transversale MRT (T1-Gewichtung mit Fettunterdrückung nach Kontrastmittelgabe): Im M. vastus lateralis zeigt sich eine ausgedehnte, polygonal begrenzte, kontrastmittelaufnehmende Raumforderung mit ossärer Beteiligung (Pfeil), die einer venösen Malformation entspricht. (Abb. von Prof. J. Freyschmidt, Klinikum Bremen-Mitte)
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems Abb. 5.17. Klippel-Trénaunay Syndrom: Aszendierende Phlebographie mit Darstellung von Unterschenkelvarikositas (Pfeilspitzen) und Hypoplasie der V. femoralis (Stern) mit Abstrom des Kontrastmittels in das oberflächliche Venensystem (Pfeil)
Abb. 5.18. Beckenvenensporn: direkte Beckenvenenphlebographie mit Darstellung eines nicht hämodynamisch wirksamen Beckenvenensporns (Pfeil). Weiterhin erkennt man die Impression der Vene durch die überkreuzende Beckenarterie (Pfeilspitze) und eine zarte Kollateralvene (Stern)
Die häufigsten Lokalisationen sind: 1. dorsaler Unterschenkel mit aszendierender Thrombose, 2. iliofemoral mit deszendierender Thrombose, 3. Unterschenkelvenen und iliofemoral simultan. Die tiefen Beckenvenen alleine sind nur selten betroffen.
Aus dem oben genannten topographischen Grund mit Kompression der linken Beckenvene durch das Überkreuzen der rechten Beckenarterie sind 70% der Beinvenenthrombosen linksseitig zu finden. Zwei Drittel der Thrombosen verlaufen still. Überwärmung und Schwellung, zyanotische Verfärbung und Schmerzen stellen typische Symptome dar. Schmerzen treten insbesondere bei Dorsalflexion im
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Abb. 5.19. Synopsis der Röntgenzeichen einer Thrombose in der Phlebographie
oberen Sprunggelenk (Homans-Zeichen) oder bei Druck in die Planta pedis (Payr-Zeichen) auf. Durch vermehrten Blutabfluss über das oberflächliche Venensystem kann sich dieses auffällig an der Haut abzeichnen. Als Goldstandard der Diagnostik gilt die Phlebographie. Die Sensitivität beträgt 89%, die Spezifität 97%. 5% der Untersuchungen sind jedoch diagnostisch nicht verwertbar. Als direkte Röntgenzeichen sind intraluminale Kontrastmittelaussparungen und fehlende oder inadäquate Füllung einzelner Venenabschnitte erkennbar (Abb. 5.19): Diese Erscheinungen lassen sich folgendermaßen erklären. Durch Wirbelbildungen entstehen kleine Thromben in den Taschen der Venenklappen, die sich als Monokel- oder Brillenzeichen abbilden. Wird die Vene vollständig verschlossen, so kann der distal davon gelegene Abschnitt nicht mehr retrograd gefüllt werden („Radiergummiphänomen“). Proximal davon wird der Thrombusschwanz von allen Seiten mit Kontrastmittel umspült, sodass die Konturen und die Schwanzspitze als nach proximal konvexe Kuppel dargestellt werden. Indirekte Röntgenzeichen sind der vermehrte Kontrastmittelabstrom über Kollateralvenen wie die Vv. saphenae und die V. profunda femoris.
b
Abb. 5.20 a, b. Thrombose der V. poplitea. a Phlebographie: Radiergummiphänomen der V. poplitea und der einmündenden Unterschenkelvenen. b Die farbkodierte Dopplersonographie sichert die Diagnose durch fehlendes Flusssignal in der Vene bei distaler Kompression
Als häufiger Fehler wird die fehlende Kontrastierung einer Vene als Radiergummiphänomen fehlgedeutet. Deshalb sollte nur bei weiteren direkten Röntgenzeichen die Diagnose einer Thrombose gestellt werden (Abb. 5.20 a, b). Die Darstellung des Throm-
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems Abb. 5.21 a, b. Bein- und Beckenvenenthrombose. a Fehlende Komprimierbarkeit der V. femoralis, die durch einen echoreichen Thrombus verlegt ist. b Fehlendes Flusssignal in den Beckenvenen (Stern) bei Beckenvenenthrombose
a
b
bus in 2 Ebenen hilft bei der Unterscheidung von Strömungsphänomenen und zur besseren Beurteilung bei Überlagerungen. Die Sonographie weist in der Thrombosediagnostik eine Sensitivität von 88–100% und eine Spezifität von 92–100% auf. Intraluminal gelegenes, hyperechogenes Material, fehlende oder inkomplette Komprimierbarkeit sind die sichersten Anzeichen im B-Bild (Abb. 5.21 a). Bei Thrombose der V. cava inferior oder der Iliakalvenen fehlt das Flusssignal in der farbkodierten Dopplersonographie, und in der V. femoralis zeigt sich ein kontinuierlicher und nicht atemabhängiger Fluss in den Dopplerableitungen (Abb. 5.21 b).
!
Die Echogenität des Thrombus wird durch die Zusammensetzung und nicht durch das Alter der Thrombose bestimmt. Merke
Eine Altersbestimmung der Thrombose anhand der Echogenität des thrombotischen Materials ist generell nicht möglich. Sichere Hinweise für eine nicht mehr ganz frische Thrombose sind:
∑ fehlende Aufweitung der Vene, ∑ partielle Komprimierbarkeit und Rekanalisierung sowie ∑ Verkalkungen im Thrombus. CT- und MR-Venographien sollten aufgrund der aufwändigen Untersuchung nur bei Verdacht auf eine pulmonal-arterielle Thrombembolie durchgeführt werden. Die häufigsten Differenzialdiagnosen zur Thrombose stellen die Baker-Zyste und ein Muskelfaserriss, seltener die Achillodynie, ein Hämatom, Lymphödem, Erysipel, Tumoren und tumoröse Veränderungen dar. Die pulmonal-arterielle Embolie ist mit 50% die häufigste und zugleich wichtigste Komplikation. 90% der Thrombembolien entstammen dem unteren Hohlvenensystem, davon knapp 50% aus den Beinvenen. Dem gegenüber stehen 2% der Embolien aus den Armvenen. Anders gesprochen führen 3/4 aller Beckenvenenthrombosen, 1/3 bis 2/3 aller femoropoplitealen Thrombosen und bis zur Hälfte aller Unterschenkelvenenthrombosen zur Embolie.
341
342
Kapitel 5 Venen
a
b
c
d
Abb. 5.22 a–d. Thrombophlebitis. Die varikös erweiterten oberflächlichen Venen sind mit schichtweise angeordnetem, thrombotischem Material ausgefüllt (a) und zeigen in der Wand
entzündliche Hypervaskularisierung (b). Manchmal lässt sich ein Kragenknopfthrombus (Stern) im B-Bild-Modus (c) oder in der farbkodierten Dopplersonographie nachweisen (d)
In 20% der Fälle entsteht ein postthrombotisches Syndrom mit chronisch venöser Insuffizienz. Durch inkomplette Rekanalisation und Organisation der Thromben wird die Wand- und Klappenstruktur der Venen zerstört. Da die Klappen dadurch insuffizient werden, ändert sich die Strömungsdynamik, und Kollateralen werden ausgebildet, die sich rasch varikös umbauen. Die resultierenden Symptome reichen von Beinschwellung bis zu trophischen Störungen (s. Abschn. 5.4.3,„Chronisch venöse Insuffizienz“).
Reicht der Thrombus über Perforansvenen („Kragenknopfthrombus“; vgl. Abb. 5.19) oder die direkte Mündung in das tiefe Venensystem, so besteht die Gefahr der Loslösung und konsekutiven Lungenembolie.
Thrombophlebitis Definition
왔 Die Thrombophlebitis stellt eine Throm-
bose der epifaszialen Venen dar.
Die betroffenen Venenabschnitte sind verhärtet und druckschmerzhaft. Im Vergleich zur tiefen Venenthrombose stellt sie ein meist leichtes Krankheitsbild dar. Wichtig ist es jedoch, eine Beteiligung des tiefen Venensystems abzuklären.
CAVE
!
In der Phlebographie wird die Thrombophlebitis gelegentlich nur als Zufallsbefund erkannt. Kuppelzeichen, Konturzeichen und Radiergummiphänomen lassen sich wie bei der tiefen Venenthrombose darstellen.Wichtig ist die Beurteilung, ob der Thrombusschwanz bis ins tiefe Venensystem reicht. In der Sonographie zeigen sich meist varikös erweiterte epifasziale Venen. Wegen der langsamen Strömungsgeschwindigkeit und der schichtweisen Ablagerung weisen die Thromben einen zwiebelschalenartigen Aufbau auf. In der Venenwand lässt sich mittels farbkodierter Dopplersonographie eine entzündliche Hypervaskularisierung darstellen. Kragenknopfthromben sind ebenso detektierbar (Abb. 5.22 a–d).
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems
Abb. 5.23 a–d. Thrombophlebitis migrans. a Simultane Thrombophlebitis der V. saphena parva (Pfeilspitze) und b Thrombose nur einer V. fibularis (Pfeil) sind bei einer gewöhnlichen Thrombose nicht zu finden. c In der Abdomensonographie zeigte sich ein Pankreaskopfkarzinom (Stern), das d in der CT bestätigt wurde (Stern)
a
Thrombophlebitis migrans und Trousseau-Syndrom Definition
왔 Bei einer Thromophlebitis migrans
handelt es sich um eine paraneoplastische Thrombose und Thrombophlebitis mit wechselnder Beteiligung verschiedener Venenabschnitte und beim Trousseau-Syndrom um zusätzliche venöse und arterielle Thromboembolien in alle Organsysteme. b
Diese Veränderungen können insbesondere bei Adenokarzinomen des Gastrointestinaltrakts und Pankreas-, Lungen-, Mamma-, Ovarial- und Prostatakarzinom auftreten.Wahrscheinlich kommt es durch Tumorprodukte zur Störung des labilen Gleichgewichts im Gerinnungssystem. Simultane Venenthrombosen an verschiedenen Stellen, die nicht auf Antikoagulantientherapie ansprechen, sondern erst bei erfolgreicher Tumortherapie verschwinden, sind typisch für dieses Syndrom (Abb. 5.23 a–d).
c
Varikose Definition
왔 Als Varikose bezeichnet man eine aus-
gedehnte lokalisierte Bildung von schlauch- oder knotenförmig erweiterten und geschlängelt verlaufenden subkutanen Venen, den Varizen. Als Ursache gelten:
∑ Wandschwäche der Venen, ∑ Insuffizienz der Venenklappen und ∑ intravasale Druckerhöhung.
d
Die Inzidenz liegt in den Industrieländern zwischen 15 und 25%. Nach dem postthrombotischen Syndrom stellt die Varikose die zweithäufigste Ursache für eine chronisch venöse Insuffizienz mit Folgekrankheiten dar.
343
344
Kapitel 5 Venen
Bei der primären Stammvarikose wird eine komplette von einer inkompletten Form unterschieden. Bei der kompletten Stammvarikose sind die Venenklappen im Mündungsbereich der oberflächlichen Venenstämme insuffizient. Bei der inkompletten Stammvarikose mündet die Stammvene mit suffizienten Klappen, und die Varikose ist durch insuffiziente Venenklappen der Perforansvenen bedingt. Von der Stammvarikose ist die isolierte Seitenastvarikose zu unterscheiden. Als ursächlich für eine primäre Varikose gelten genetische Faktoren, Adipositas, Schwangerschaft und stehender Beruf. Vermehrte Dehnbarkeit der Venenwand führt zum insuffizienten Schluss der Venenklappen und somit zur Beeinträchtigung des venösen Rückflusses. Als sekundäre Varikose wird der Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose bezeichnet, wobei vermehrter Blutabstrom und Überlastung des oberflächlichen Venensystems zur Ausbildung der Varikose führen. Je nach Ausdehnung des varikösen Areals unterscheidet man bei den Vv. saphenae verschiedene Grade der Varikose (Tabelle 5.2). Fragen zur Beurteilung einer Varikose Bei der Beurteilung der Varikose sind folgende Fragen des Chirurgen von Bedeutung für die Therapie und deshalb vom Untersucher zu klären: 1. Bestehen Behinderungen der Durchgängigkeit des tiefen Venensystems? Falls das oberflächliche Venensystem zur Kompensation eines postthrombotischen Syndroms dient, darf dieses auf keinen Fall operativ entfernt werden. 2. Was kann über die Schlussfähigkeit der Klappen ausgesagt werden? Suffiziente Klappen der Stammvenen stellen eine Kontraindikation zur Operation dar.Eine prophylaktische Entfernung der V. saphena magna stellt im Zeitalter der aortokoronaren Bypasschirurgie einen schweren Verlust an Transplantationsmaterial dar. 3. Wo sind Venenabschnitte und/oder Perforansvenen mit insuffizienten Venenklappen lokalisiert? Dies hilft zur Planung des Eingriffs und bestimmt, ob und welche Perforansvenen mitentfernt werden sollten. 4. Gibt es Mündungsvarianten und/oder Varianten in Anzahl und Verlauf der Venenstämme? Hierbei ist besonderes Augenmerk auf die Mündungsvarianten der V. saphena parva zu legen.Nur in etwa 1/3 der Patienten findet sich eine Verbindung zur V. poplitea auf Höhe des Kniegelenkspalts. In 20% mündet die Vene deutlich proximal des Gelenkspalts und in über 40% mündet sie erst am proximalen Oberschenkel.
Initial wird die Sonographie zur Abklärung einer Varikose durchgeführt. Dabei erfolgt eine Refluxprovokation durch Valsalva-Manöver, manuelle Kompression oder Kompression durch eine Druckmanschette mit 80 mmHg.
Tabelle 5.2. Gradeinteilung der Varikositas an der unteren Extremität V. saphena magna Grad I Nur proximaler Oberschenkel, entspricht Mündungsbereich mit Venenklappen Grad II Bis distaler Oberschenkel Grad III Bis proximaler Unterschenkel Grad IV Bis Sprunggelenke V. saphena parva Grad I Nur wenige Klappen im Mündungsbereich Grad II Bis Mitte des Unterschenkels Grad III Bis Sprunggelenke
!
Das Valsalva-Manöver ist nur bei kooperativen Patienten zur Abklärung der Klappeninsuffizienz der proximalen V. femoralis und der Einmündung der V. saphena magna geeignet. Merke
Die V. poplitea mit einmündender V. saphena parva sowie die Perforansvenen des Unterschenkels sind durch manuelle Kompression zu überprüfen. Bei gesunden Probanden zeigte sich, dass Flussgeschwindigkeiten von 30 cm/s notwendig sind, um in Rückenlage die Venenklappen schließen zu lassen. Um falsch-negative Ergebnisse auszuschließen, empfiehlt sich die Verifizierung mittels Kompression durch eine Druckmanschette.
!
Lagebedingt können im Stehen insuffiziente Venenklappen in Rückenlage suffizient erscheinen! CAVE
Mit Hilfe der farbkodierten Dopplersonographie und/oder Dopplerableitungen kann während des Valsalva-Versuchs eine Regurgitation in die V. saphena magna in Dauer und Menge bestimmt werden (Abb. 5.24 a, b). Die Graduierung erfolgt anhand der Ausbreitung des Rückflusses nach distal. Prinzipiell ist zu beachten, dass eine Regurgitation <0,5 s Dauer während des Klappenschlusses als normal anzusehen ist. Selbst Zeiten von bis zu 2 s sind nicht zwingend als pathologisch zu werten. An der V. saphena parva und den Perforansvenen lässt sich eine Klappeninsuffizienz in der farbkodierten Dopplersonographie durch Farbumschlag – und somit Flussumkehr – in der Vene während Kompression und Dekompression der Extremität proximal der Venenmündung erkennen (Abb. 5.25 a–c). Indirekt hinweisend ist eine Erweiterung des Venenlumens im B-Bild-Modus. Die beste Treffsicherheit wird durch Kombination von Sonographie mit aszendierender Phlebographie erreicht. Auch in unklaren Fällen wird die aszendierende Phlebographie eingesetzt. Die deszendierende Phlebographie ist nur in Ausnahmefällen nötig. Die
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems
a
b
Abb. 5.24 a, b. Insuffiziente Venenklappen an der Mündung der V. saphena magna. a Farbkodierte Dopplersonographie: Im Valsalva-Pressversuch strömt das Blut turbulent in die
V. saphena magna zurück. b Die Dopplerableitung zeigt einen lange andauernden, insuffizienten Klappenschluss als Zeichen einer höhergradigen Varikose
Abb. 5.25 a–c. Venöser Pendelfluss bei Kompression und Dekompression. a Insuffiziente Mündung der V. saphena parva mit Farbumkehr in der farbkodierten Dopplersonographie. b,c siehe nächste Seite
a
Zeichen der insuffizienten Venenklappe sind eine Aufweitung der Vene distal der Venenklappe und ein retrograder Kontrastmittelabstrom im Valsalva-Versuch. Chronisch venöse Insuffizienz Die Insuffizienz der Venenklappen im tiefen Venensystem der unteren Extremität wird als chronisch venöse Insuffizienz, chronische Veneninsuffizienz oder chronisch venöses Stauungssyndrom bezeichnet. Dabei handelt es sich entweder um eine primäre Klappeninsuffizienz durch anlagebedingte Elonga-
tion der Klappen oder um eine postthrombotische Klappeninsuffizienz nach Destruktion des Klappenapparates mit verdickten und vernarbten Klappen (Abb. 5.26). Letztere kann wiederum Bestandteil des postthrombotischen Syndroms sein. Besonders Veränderungen in den oberen und mittleren Cockett-Venen spielen bei zusätzlichen Veränderungen im tiefen Venensystem eine bedeutende Rolle in der Entstehung der chronisch venösen Insuffizienz. Die Klappeninsuffizienz führt zu Ödemen, Induration durch Flüssigkeitsexudation bei erhöhtem Kapillardruck, Ulzerationen, Hyperpigmentierung und Schmerzen.
345
346
Kapitel 5 Venen Abb. 5.25 b,c Insuffiziente Venenklappen an der Mündung der Cockett-Perforansvenen dargestellt b durch Farbumkehr in der farbkodierten Dopplersonographie und c durch retrograden Kontrastmittelabstrom (Pfeil) in variköse Venen (Stern) in der aszendierenden Phlebographie
b
Literatur
c
Abb. 5.26. Chronisch venöse Insuffizienz: Anlagebedingt ist diese V. poplitea deutlich erweitert. Die Venenklappen (Pfeil) schließen inkomplett. Der venöse Blutfluss ist verlangsamt und turbulent
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347
2
Interventionen am Gefäßsystem
Supraaortale Gefäße
6
N. Zorger
6.1
Allgemeine periinterventionelle Maßnahmen 351
6.2
Arteria subclavia 352
6.3
Truncus brachiocephalicus 354
6.4
Arteria vertebralis 355
6.5
Arteria carotis 356
6.6
Intrakranielle Gefäße 360 Literatur 361
len Antikoagulation eine aktivierte Gerinnungszeit (ACT) von 300 s angestrebt. Bis zum heutigen Zeitpunkt konnte dafür allerdings kein optimaler Wert ermittelt werden. Zunehmend finden in der Koronarintervention niedermolekulare Heparine Verwendung, für die keine ACT-Bestimmung notwendig ist und die damit von Vorteil sind (Curran u. Grines 2000).
6.1 Allgemeine periinterventionelle Maßnahmen Die Behandlung der supraaortalen Gefäße schließt neben konservativen und gefäßchirurgischen auch interventionelle Therapiemaßnahmen ein. Mit zunehmendem Fortschritt in der interventionellen Radiologie lassen sich immer mehr Erkrankungen auf diese Weise behandeln. Interventionelle Verfahren im Bereich der supraaortalen Gefäße kommen mittlerweile zum Einsatz bei:
∑ symptomatischen hochgradigen Stenosen und Verschlüssen, ∑ Blutungen und Aneurysma spurium der supraaortalen Gefäße, ∑ symptomatischen oder hämodynamisch relevanten Dissektionen. Als allgemeine periinterventionelle Maßnahmen bei einem Eingriff der supraaortalen Gefäße sind folgende Punkte zu beachten: Bei der Patientenvorbereitung vor einer Intervention wird möglichst auf eine Sedierung verzichtet, um rasch eventuelle neurologische Komplikationen erkennen zu können. Bei komplexeren Eingriffen, insbesondere der intrakraniellen Gefäße ist jedoch eine Intubationsnarkose empfehlenswert. Die periinterventionelle antithrombotische Therapie bei der Intervention an den supraaortalen Ästen mit unfraktioniertem Heparin und modernen Thrombozytenaggregationshemmern wurde weitestgehend aus der Koronarintervention übernommen. Dabei wird als Messwert der periinterventionel-
!
Die teilweise durchgeführte postinterventionelle Gabe von unfraktioniertem Heparin sollte wegen möglicher Blutungskomplikationen nicht mehr angewendet werden (Friedmann et al. 1994). Merke
Zur Sekundärprophylaxe nach Stentimplantation werden die kardiologischen Erfahrungen genutzt, die Vorteile einer Kombinationstherapie aus ASS und Thienopyridinen zeigen. Für die Stentimplantation der supraaortalen Äste sollte neben der Basistherapie aus 100–325 mg ASS täglich eine Woche vor dem Eingriff mit der Standarddosierung der Thienopyridine (2-mal 250 mg Ticlopidin oder einmal 75 mg Clopidogrel/Tag) begonnen werden. Bei Clopidogrel besteht dabei im Vergleich zu Ticlopidin ein geringeres Risiko einer möglichen Leukopenie. In Notfällen kann auch ein Aufsättigen der Thienopyridindosis mit der Gabe von 4-mal 75 mg Clopidogrel mindestens 3–4 Stunden vor Intervention erfolgen. Nach Punktion und Schleusenanlage erhält der Patient 5000 IE Heparin als Bolus, was in der Regel als periinterventionelle Heparingabe ausreicht. In der Nachbehandlung wird die Thienopyridingabe über 6 Wochen fortgesetzt, und es erfolgt unverändert eine ASS-Dauertherapie (100–325 mg/Tag). Von einigen Zentren wird zusätzlich eine gewichtsadaptierte Gabe von fraktioniertem Heparin bis zur Entlassung durchgeführt. Ein Protokoll für die periinterventionelle Medikation bei Stentimplantationen der supraaortalen Äste ist in Tabelle 6.1 aufgeführt. Während des Eingriffs erfolgt eine Monitorüberwachung des Patienten.
352
Kapitel 6 Supraaortale Gefäße Tabelle 6.1. Periinterventionelle Medikation bei der Stentangioplastie der supraaortalen Äste Basistherapie ASS
Clopidogrel oder Ticlopidin
100–325 mg/Tag ≥ 3 Tage vor Intervention Dauer: unbegrenzt 75 mg/Tag 2-mal 250 mg/Tag ≥ 3 Tage vor Intervention Behandlungsdauer 6 Wochen
!
Bei der Angioplastie der A. carotis kann es, ausgelöst durch die Manipulation im Bereich des Karotissinus, durch den Vagusreiz zu einer Bradykardie des Patienten kommen. Hier sollte eine prophylaktische Gabe von 0,5 mg Atropin intravenös kurz vor der Dilatation erfolgen und weitere 0,5 mg Atropin in einer Spritze aufgezogen bereitliegen. 6.2 Arteria subclavia Spezielle technische Voraussetzungen
쐍 Verschluss/Stenose. Bei Stenose oder Verschluss der A. subclavia wird nach femoraler Punktion primär eine Aortenbogenübersichtsdarstellung mit einem Pigtail-Katheter durchgeführt, um sowohl die Länge der Läsion und den Stenosegrad als auch die genaue Beziehung zu den übrigen Gefäßen (A. vertebralis, A. carotis communis) und die Kollateralkreisläufe zu bestimmen. Geeignet für die genaue Visualisierung einer abgangsnahen Stenose ist die Projektion in LAO („left anterior oblique“). Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass die Abgänge der A. subclavia und der A. vertebralis überlagerungsfrei zur Darstellung kommen. Nach Darstellung der Läsion (ggf. in „Overlay-“ oder „Road-map-Technik“) erfolgt die Sondierung mit einem Diagnostikkatheter (JB 1-, Headhunter-, Vertebralis- oder Sidewinder-Konfiguration) und einem hydrophilen Draht. Es empfiehlt sich, lange Schleusen/Führungskatheter (80–90 cm) unter Dauerspülung zu verwenden, um auch bei elongierten Gefäßen eine sichere Stentplatzierung zu gewährleisten und ein Verrutschen des Führungsdrahtes aufgrund der Friktionskräfte zu verhindern. Ein weiterer Vorteil der langen Schleuse ist die Möglichkeit einer Darstellung der Gefäßläsion auch unmittelbar vor Stentfreisetzung, ohne einen weiteren Zugang zu benöti-
!
Bei Misslingen einer Rekanalisation der Läsion vom Aortenbogen aus, kann eine retrograde Sondierung/Rekanalisation von der A. brachialis des betroffenen Armes erfolgen. Merke
Periinterventionelle Therapie Heparin 5000–7500 IE Bolus i. a.
CAVE
gen. Bei Verschluss der A. subclavia sollte die Schleuse über den Verschluss platziert werden, um ein Abstreifen des ballonexpandierbaren Stent vom Ballon zu verhindern.
Ist dabei der Puls der A. brachialis nicht tastbar, kann die Punktion ultraschallgesteuert oder in Overlay-/Road-map-Technik nach vorangegangener Darstellung der A. brachialis über den Aortenbogen erfolgen. Der Draht kann nach Passage der Läsion mit einem Lassokatheter im Aortenbogen gefangen und femoral ausgeführt werden. Die Intervention wird darauf über den femoralen Zugang fortgesetzt. Falls kleinere Stentdurchmesser benötigt werden, kann die Angioplastie auch allein über den brachialen Zugang erfolgen. Je nach Konfiguration der Läsion erfolgt die Stentauswahl. Bei Stenosen in Bewegungssegmenten sollten selbstexpandierbare Stents verwendet werden, da es bei ballonexpandierbaren Edelstahlstents zu Stentbrüchen kommen kann. Ist eine exakte Stentplatzierung (Läsion reicht bis zum Abgang der A. vertebralis, Läsion ist direkt am Ostium der A. subclavia lokalisiert) notwendig, empfiehlt sich wegen der exakteren Platzierbarkeit die Verwendung ballonexpandierbarer Stents (Abb. 6.1 a, b). Selbstexpandierbare Stents werden dabei etwa 1–2 mm, ballonexpandierbare Stents maximal 1 mm über den Durchmesser des nachgeschalteten Gefäßes dimensioniert. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Stent weder die A. vertebralis überdeckt, noch zu weit in den Aortenbogen reicht.
쐍 Blutung/Trauma. Bei einer aktiven Blutung der A. subclavia, z. B. nach einem Verkehrsunfall, wird auf ähnliche Weise wie oben beschrieben vorgegangen. Nach genauer Visualisierung des Blutungsaustritts kann die Implantation eines ummantelten Stent im Bereich der Gefäßverletzung erfolgen. Der Zugang kann dabei je nach Stentdiameter femoral oder brachial erfolgen. Der Stentdiameter sollte nicht unterdimensioniert gewählt werden, um ein vollständiges Abdichten der Gefäßläsion zu gewährleisten. Bei Inoperabilität oder schwierigem chirurgischen Zugangsweg kann dieses Verfahren eine Alternative zum chirurgischen Vorgehen darstellen (Kramer et al. 1997). Bei zusätzlichen Begleitverletzungen muss bedacht werden, dass bei einer Stentversorgung eine zusätzliche Antikoagulation und Thrombozytenaggregationshemmung notwendig wird, die unter Um-
6.1 Allgemeine periinterventionelle Maßnahmen
a
kutane Thrombininjektion unter Ultraschallkontrolle oder nach angiographischer Darstellung des Aneurysmas erfolgen, um einen Verschluss des Aneurysmas herbeizuführen. Dabei werden zwischen 500–1000 E Thrombin (z. B. Bestandteil von Tissucol Duo S Immuno, Maxter, Heidelberg) über eine 20-Gauge-Nadel langsam in das Aneuryma injiziert (Abb. 6.2 a–d). Es sollte, um eine Embolisatverschleppung zu verhindern, darauf geachtet werden, dass nur eine schmale Verbindung (Hals) zum Trägergefäß existiert (Jeganthan et al. 2004; Kemmerer et al. 2000). Alternativ kann wie bei einer aktiven Blutung eine endovaskuläre Versorgung mit einem gecoverten Stent erfolgen, wobei das Überstenten des Aneurysmahalses zu einer Thrombosierung des Aneurysma spurium führt. Indikationen Die Trias des „Subclavian-steal-Syndroms“ aus
∑ transienter Ischämie der hinteren Schädelgrube, ∑ abgeschwächter Radialispuls und ∑ Stenose/Verschluss der proximalen A. subclavia
b
Abb. 6.1 a, b. a 67-jähriger Patient mit hochgradiger Stenose der linken A. subclavia, poststenotischer Gefäßdilatation und konsekutivem „Subclavian-steal-Syndrom“. b Platzierung einer 90 cm langen 6-French-Schleuse unter Dauerspülung im Bereich der proximalen A. subclavia. Erfolgreiche Rekanalisation der A. subclavia links mit Implantation eines ballonexpandierbaren Stents (9 mm Durchmesser, 25 mm Länge) nach Sondierung der Stenose mit einem hydrophilen 0,035Zoll-Draht. Wiederhergestellter antegrader Fluss in der linken ebenfalls stenosierten A. vertebralis
ständen bei notwendigen operativen Eingriffen das Blutungsrisiko erhöht. Das Aneurysma spurium der A. subclavia, z. B. nach Fehlpunktion während einer Anlage eines zentralvenösen Zugangs, ist eine seltene Komplikation und zeigt sich gelegentlich als pulsierender, palpabler Tumor. Die Inzidenz bei arterieller Punktion beträgt zwischen 0,05 und 2%. Mögliche auftretende Symptome sind Schmerzen, neurologische Ausfälle oder eine Ruptur mit Blutung. Falls eine operative Resektion nicht angestrebt wird, kann eine direkte per-
wurde erstmals durch Reivich et al. (1961) berichtet. Trotz Flussumkehr in der A. vertebralis sind einige Patienten jedoch symptomlos bzw. symptomarm, bei anderen überwiegen die Symptome einer Claudicatio der oberen Extremität. Häufigste Ursache einer Subklaviastenose/-verschluss ist die Arteriosklerose. Seltene Ursachen sind die Takayasu-Arteriitis, die fibromuskuläre Dysplasie und postradiogene Stenosen (Hodgins u. Dutton 1984). Die häufigste Lokalisation der Subklaviastenose ist das proximale Gefäßsegment unmittelbar oberhalb des Aortenbogens. In den letzten 4 Jahrzehnten gab es sowohl in den operativen Verfahren als auch in der interventionellen Therapie der Subklaviastenose signifikante Fortschritte.Während operativ alternative Techniken, wie extrathorakale Operationstechniken entwickelt wurden (Ballotta et al. 2002; Edwards et al. 1994), hat die Stentangioplastie die alleinige Ballondilatation der A. subclavia abgelöst (Marks et al. 1994). Ergebnisse Die technische Erfolgsrate der Angioplastie der Subklaviastenose ist exzellent und variiert in der Literatur zwischen 80 und 97% (Bates et al. 2004). Die Erfolgsrate bei der Rekanalisation kompletter Verschlüsse ist mit bis zu 83% im Vergleich etwas schlechter (Mathias 1981). Die kumulative Offenheitsrate beträgt nach 40 Monaten bis 89%, nach 72 Monaten bis 66% (Bates et al. 2004; Henry et al. 1999). Als Risikofaktor für die Restenose wird ein fortgeschrittenes Lebensalter beschrieben. Als Kom-
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354
Kapitel 6 Supraaortale Gefäße
a
b
c
Abb. 6.2 a–d. a CT der oberen Thoraxapertur einer 73-jährigen Frau nach Kontrastmittelapplikation i. v. 2,5 cm großes, teilthrombosiertes Aneurysma spurium der linken A. subclavia (Pfeil) nach iatrogener Fehlpunktion aufgrund einer Anlage eines zentralvenösen Zugangs. b Perkutane Punktion des Aneurysmas unter angiographischer Darstellung über einen
plikationen treten Hämatome mit 9%, periphere Embolien mit insgesamt 3,3% und Reperfusionsödeme mit 1,1% auf (Bates et al. 2004). Die Behandlung akuter Blutungen der A. subclavia mit einem gecoverten Stent ist eine effektive Maßnahme. Es gibt es nur wenige Studien mit kleinen Fallzahlen, die diese Therapieoption beschreiben. Die primären Erfolgsraten sind mit 75% etwas geringer als bei den Interventionen mit nichtbeschichteten Stents (Kramer et al. 1997). Die Langzeitoffenheitsraten entsprechen vermutlich denen der nichtgecoverten Stents. Mögliche Probleme resultieren aus einer Platzierung der Stents in Bewegungsabschnitte, z. B. in die A. axillaris.
d
Katheter in der linken A. subclavia. c Nach perkutaner Embolisation mit insgesamt 500 E Thrombin vollständige Thrombosierung ohne angiographischen Nachweis einer Restperfusion. d Die kontrastmittelgestütze CT postinterventionell bestätigt die vollständige Thrombosierung des Aneurysma spurium (Pfeil)
6.3 Truncus brachiocephalicus Spezielle technische Voraussetzungen Bei Läsionen des Truncus brachiocephalicus sind in der Regel 2 nachgeschaltete gehirnversorgende Gefäße, die A. carotis communis und die A. vertebralis, betroffen. Im Vergleich zur Angioplastie der A. subclavia ist eine Stentplatzierung relativ schwierig, da die Gefahr einer Überstentung des Abgangs der A. subclavia oder der A. carotis communis besteht. Insbesondere bei Verschlüssen muss zusätzlich eine mögliche Embolisation von Plaquematerial nach zerebral berücksichtigt werden.
6.4 Arteria vertebralis
Wie bei der Angioplastie der A. subclavia wird nach femoraler Punktion eine Aortenbogenübersichtsdarstellung mit einem Pigtail-Katheter durchgeführt. Nach Darstellung der Läsion (ggf. in Overlay- oder Road-map-Technik) erfolgt die Sondierung mit einem Diagnostik- oder Führungskatheter (JB 1-, Headhunter-, Vertebralis- oder SidewinderKonfiguration) und einem Draht. Die Intervention wird dann entsprechend der Angioplastie der A. subclavia durchgeführt. Falls eine Stentimplantation erfolgt, wird diese aufgrund der genaueren Platzierbarkeit in der Regel mit ballonexpandierbaren Stents durchgeführt werden. Indikation
!
Eine Angioplastie des Truncus brachiocephalicus sollte erst ab einem Stenosegrad von 70% durchgeführt werden. Merke
Indikationen für eine Intervention am Truncus brachiocephalicus sind:
∑ eine Claudicatio der oberen Extremität, ∑ transitorisch-ischämische Attacken und ∑ die vertebrobasiläre Insuffizienz. In seltenen Fällen muss eine Stentangioplastie nach Fehllage thorakaler Aortenprothesen mit partiellem Überdecken des Ostiums und zur Verbesserung des Anstroms bei nachgeschalteten Bypässen erfolgen. Bei verkalkten Stenosen sollte ggf. die Verwendung der aus der Karotisangioplastie bekannten Protektionssysteme erfolgen (s. Abschn. „Arteria carotis“). Ergebnisse Die technische Erfolgsrate der PTA des Truncus brachiocephalicus entspricht in etwa der Erfolgsrate der PTA der A. subclavia. In einer großen Studie mit insgesamt 89 Patienten betrug die primäre Erfolgsrate 96%. Die kumulative primäre Offenheitsrate lag bei 98% für 6 Monate, bei 93% für 16–117 Monate. Die sekundäre Offenheitsrate betrug 100% nach 6 Monaten, 98% nach 12–117 Monaten. Bei 61% der Patienten verbesserten sich die Symptome (Hüttl et al. 2002). Dabei entsprechen die Ergebnisse der alleinigen Ballonangioplastie in etwa denen der Stentimplantation (Queral u. Criado 1996). Typische Komplikationen sind Infarkte, TIA und periphere Embolien.
6.4 Arteria vertebralis Spezielle technische Voraussetzungen Die typische Lokalisation der arteriosklerotisch bedingten A.-vertebralis-Stenose ist der Abgangsbereich aus der A. subclavia oder der Gefäßabschnitt nach dem Eintritt in den Schädel, wobei meist das im Seitenvergleich schmalere Gefäß betroffen ist. Seltene Ursachen einer Stenose der A. vertebralis sind verschiedene Kompressionssyndrome (Nemecek et al. 2003; Pamphlett et al. 1999), die durch unterschiedliche Kopfbewegungen ausgelöst werden und für ein endovaskuläres Vorgehen nicht geeignet sind. In der Regel erfolgt eine Angioplastie der A. vertebralis über einen femoralen Zugang. Wie bei allen Interventionen der supraaortalen Äste ist die Verwendung einer langen Führungsschleuse/Führungskatheter unter laufender Druckspülung mit heparinisierter Kochsalzlösung empfehlenswert. Diese wird wenn möglich in der A. subclavia platziert. Aufgrund des geringeren Gefäßdiameters der A. vertebralis ist die Verwendung von Monorail- bzw. „Rapid-exchange-Systemen“ (Ballon, Stent) von Vorteil, um den Durchmesser der Schleusen bzw. Führungskatheter möglichst gering zu halten. Um eine zusätzliche Stabilität der/des Führungsschleuse/-katheters in der A. subclavia zu erreichen, kann ein zweiter so genannter „buddy wire“ (z. B. 0,014–0,018 Zoll) in der distalen A. subclavia oder über die Stenose verankert werden. Somit kann ein Herausrutschen des Führungssystems während der Intervention erschwert werden. Bei Sondierung der Stenose mit einem Führungsdraht (z. B. 0,014 Zoll Durchmesser) sollte dieser möglichst weit distal verankert werden, um eine stabile Führung zu gewährleisten. Es muss jedoch die Spitze des Drahtes während der Intervention beobachtet werden, um eine Gefäßperforation zu verhindern. Die Auswahl des Stents (selbstexpandierbar, ballonexpandierbar) beruht auf der Morphologie der Läsion und dem gewählten Zugangsweg. Aufgrund der meist verkalkten Stenosen und ostiumnahen Lage sind ballonmontierte Koronarstents wegen ihrer Aufstellkraft und genaueren Platzierbarkeit von Vorteil. Der Durchmesser des Stents entspricht dabei dem Durchmesser des nachgeschalteten, nicht poststenotisch dilatierten Gefäßes (Abb. 6.3 a, b). Bei ulzerierten Läsionen und geradem Gefäßverlauf kann ggf. auch die Verwendung von Protektionssystemen erfolgen.
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Kapitel 6 Supraaortale Gefäße
Ergebnisse Die technische Erfolgsrate der PTA der A. vertebralis beträgt zwischen 94–98% (Albuquerque et al. 2003; Chastain et al. 1999; Lutsep et al. 2003). Die Langzeitoffenheitsraten der PTA der A. vertebralis sind mit einer Restenoserate von etwa 43% innerhalb von 6 Monaten schlechter als die der Karotisangioplastie (Albuquerque et al. 2003; Lutsep et al. 2003). Dabei sind die Restenosen häufig asymptomatisch. Unter Umständen kann in Zukunft die relativ hohe Restenoserate durch die Verwendung von medikamentbeschichteten („drug-eluting“) Stents oder bioresorbierbaren Stents vermindert werden. Hierzu existieren jedoch bisher keine Studienergebnisse. 6.5 Arteria carotis Spezielle technische Voraussetzungen a
b
Abb. 6.3 a, b. a 83-jähriger Patient mit hochgradiger Stenose der rechten A. vertebralis auf Höhe des Ostiums. b Implantation eines ballonexpandierbaren Koronarstents (4 mm Durchmesser, 13 mm Länge) über einen 0,014-Zoll-Führungsdraht in „Rapid-exchange-Technik“ bei liegendem 6-French-Führungskatheter in der rechten A. subclavia. Kein Hinweis auf relevante Residualstenose der A. vertebralis rechts nach Stentangioplastie
Indikation
!
Typische Symptome einer vertebrobasilären Insuffizienz sind Schwindelzustände, Diplopie, Fallattacken, Kopfschmerzen und verschwommenes Sehen. Dabei lassen sich die entsprechenden Symptome aber nicht immer sicher der entsprechenden Gefäßläsion zuordnen. Merke
Bei oftmals primär asymptomatischem Verlauf stellen sich 50% der Patienten initial mit einem Schlaganfall und 26% mit einer TIA, unmittelbar gefolgt von einem Schlaganfall vor (Wityk et al. 1998). Bei hochgradiger Stenose >70% der A. vertebralis und entsprechender Symptomatik kann die Indikation zur Angioplastie gestellt werden. Da isolierte Stenosen aufgrund der Kollateralisierung von der Gegenseite meist asymptomatisch sind und damit keiner Therapie bedürfen, liegen bei symptomatischen Patienten meist Kombinationen aus beidseitigen Läsionen bzw.Verschlüssen vor. In seltenen Fällen kann bei hochgradiger >70% und rasch fortschreitender Stenose die Indikation zur Angioplastie auch bei asymptomatischen Patienten diskutiert werden (Wehmann et al. 2004).
쐍 Verschluss/Stenose. 25% aller ischämischen Schlaganfälle werden durch arteriosklerotische Veränderungen der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien verursacht, wobei Läsionen der Karotisbifurkation und des Abgangsbereichs der A. carotis interna die größte Rolle spielen. Das Risiko eines Schlaganfalls beträgt 2–5% bei über 70%-igen asymptomatischen Stenosen (Toole et al. 1995) und steigt deutlich bei symptomatischen Patienten mit 10–15% Schlaganfallrisiko in den ersten beiden Monaten nach Ereignis (NASCET 1991). In der Regel entspringt die rechte A. carotis communis aus dem Truncus brachiocephalicus, die linke A. carotis aus dem Aortenbogen. Ein Abgang der linken A. carotis communis aus dem Truncus brachiocephalicus ist eine häufige Normvariante (Truncus bicaroticus) und kann besonders während der Karotisintervention bei der Sondierung und Stentpassage bzw. Platzierung der langen Führungsschleuse/-katheter Probleme bereiten. Die Karotisbifurkation ist in der Regel auf Höhe des Schildknorpels lokalisiert. Die häufigste Lokalisation für arteriosklerotisch bedingte Stenosen der A. carotis interna ist der bifurkationsnahe Abschnitt. Seltener kommt es zu einer Stenosierung auf Höhe des Eintritts in die Schädelbasis oder im Siphonabschnitt. Kompliziert wird eine Stenose durch Ulzeration, Thrombusbildung und Dissektion. In der Regel erfolgt der Zugang über die A. femoralis communis. In seltenen Fällen kann auch ein Zugang über die A. brachialis oder der direkte Zugang über die A. carotis erfolgen. Mit immer kleineren Dimensionen der Interventionsmaterialien (Ballonkatheter, Stentkatheter) reichen mittlerweile meist 6-French-Schleusen bzw. 8-French-Führungskatheter für den femoralen Zugang aus. Bei neuen selbst-
6.5 Arteria carotis
a
b
c
Abb. 6.4 a–c. a 63-jähriger Patient mit hochgradiger symptomatischer Stenose der linken A. carotis interna. b Platzierung eines distalen Protektionssystems (Pfeil) in den geraden Verlauf der A. carotis interna links unterhalb der Schädelbasis.
c Regelrechtes postinterventionelles Ergebnis nach Stentimplantation (10 mm Durchmesser/ 30 mm Länge) in MonorailTechnik und nach Entfernung des Protektionssystems
expandierbaren Stents in Rapid-exchange- oder Monorail-Technik können sogar 5-French-Schleusen verwendet werden. Es empfiehlt sich, lange Schleusen/Führungskatheter (80–90 cm) zu verwenden, um auch bei elongierten Gefäßen eine sichere Stentplatzierung zu gewährleisten und ein Zurückrutschen des Führungsdrahtes aufgrund der Friktionskräfte zu verhindern. Ein weiterer Vorteil der langen Schleuse ist die Möglichkeit einer Darstellung der Gefäßläsion auch unmittelbar vor Stentfreisetzung ohne einen weiteren arteriellen Zugang zu benötigen. Die Schleuse wird bei einer Stenose der A. carotis interna unmittelbar unterhalb der Bifurkation platziert. Bei spitzwinklig abgehender linker A. carotis communis oder Truncus bicaroticus empfiehlt es sich, die Schleuse/Führungskatheter über einen steifen 0,035-Zoll-Draht zu platzieren.
tinolstents mit relativ weiter Maschenstruktur („open cell“) und engmaschigen Stents („closed cell“) gewählt werden. Bei kurvigem Gefäßverlauf empfiehlt sich die Verwendung flexibler weitmaschiger Stents, bei ulzerierten Plaques die Verwendung engmaschiger Stents. Ballonexpandierbare Stents können im zeitlichen Verlauf bewegungsbedingte Stentfrakturen aufweisen und sind daher weniger geeignet. Die Stentgröße orientiert sich an der Weite des prä- und poststenotischen Gefäßdurchmessers. Dabei wird der Stentdurchmesser in der Regel etwa 1 mm über dem Durchmesser des nichtstenosierten Gefäßabschnitts dimensioniert. Handelt es sich um eine isolierte Stenose >1 cm distal der Karotisbifurkation, kann der Stent ausschließlich in der A. carotis interna platziert werden. Bei den üblicherweise vorliegenden bifurkationsnahen Stenosen wird der Stent bis in die A. carotis communis platziert und dabei der Abgang der A. carotis externa überstentet. Der Durchmesser wird dabei entsprechend der A. carotis communis gewählt oder bei so genannten „getaperten“ Stents (Stents mit unterschiedlichem Durchmesser am proximalen und distalen Stentende) an den Durchmesser der A. carotis communis und A. carotis interna angepasst (Abb. 6.4 a–c). Bei unzureichender Aufweitung der Stenose muss nach Stentplatzierung nachdilatiert werden. Der Ballon sollte dabei zur Vermeidung einer Dissektion die Stentmaschen nicht überragen und etwa 1 mm unterdimensioniert werden. Sowohl vor Entfernung eines
!
Vor der Intervention sollte eine selektive Darstellung der supraaortalen und intrakraniellen Gefäße erfolgen, um einen Überblick über den aktuellen Gefäßstatus und mögliche Kollateralkreisläufe zu haben. Insbesondere die Darstellung der intrakraniellen Gefäße wird zur Dokumentation möglicher periinterventioneller Komplikationen benötigt. Merke
Aktuell wird in der Regel eine stentgestützte Angioplastie durchgeführt. Dabei kann je nach Morphologie des Gefäßes und der Läsion (Elongation, Ulzera) zwischen flexiblen selbstexpandierbaren Ni-
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Kapitel 6 Supraaortale Gefäße Abb. 6.5 a, b. a 69-jähriger Patient mit aktiver, postradiogen bedingter Blutung (Pfeil) aus der linken A. carotis communis bei Hypopharynxkarzinom. b Überstenten des lazerierten Gefäßabschnitts mit einem ummantelten ballonexpandierbaren Stent (6 mm Durchmesser, 22 mm Länge) über einen 0,035-Zoll-Draht nach Platzierung einer dauergespülten 6-French-Schleuse in die linke A. carotis communis. Nach Stentapplikation kein Blutungsnachweis
a
b
Protektionssystems als auch abschließend wird eine Angiographie der ipsilateralen A. carotis interna sowie der intrakraniellen Gefäße durchgeführt. Merke
!
Bei höchstgradigen Stenosen muss eine Vordilatation erfolgen.
Dabei wird der Ballon im Vergleich zum nichtstenosierten Gefäßabschnitt deutlich unterdimensioniert und sollte im Durchmesser 3 mm nicht überschreiten. Auch beim Ballonkatheter sind aufgrund des geringeren Profils Rapid-exchange- bzw. Monorail-Systeme von Vorteil. Protektionssysteme zur Vermeidung einer Embolisation sollen schwerwiegende neurologische Komplikation verhindern. Inwieweit der aktuell hohe Preis den eventuellen Vorteil rechtfertigt, ist wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt. Den Ergebnissen der aktuellen SPACE-Studie (2006) zufolge, scheint ein Vorteil für die Verwendung der Protektionssysteme bei sehr ausgeprägten höchstgradigen Stenosen vorzuliegen. Die Wahl zwischen Ballonokklusion, Filter oder proximaler Okklusion liegt aufgrund der fehlenden Studienlage im Ermessen des Ausführenden. Großlumige proximale Protektionssysteme mit Flussumkehr in der A. carotis interna durch temporäre Okklusion von A. carotis communis und A. carotis externa sollen dabei Embolieschutz vor der Stenosepassage bieten. Distale Protektionssysteme haben den Vorteil kleiner Durchmesser und sind häufig einfacher zu handhaben, erfordern jedoch eine Passage der Stenose mit dem Risiko einer Embolisation.
Während des Eingriffs erfolgt eine Monitorüberwachung des Patienten. Bei der Angioplastie der A. carotis kann es durch den Vagusreiz, ausgelöst durch die Manipulation im Bereich des Karotissinus, zu einer Bradykardie des Patienten kommen. Hier sollte eine prophylaktische Gabe von 0,5 mg Atropin intravenös vor Stentimplantation erfolgen und weitere 0,5 mg Atropin in einer Spritze aufgezogen bereitliegen.
쐍 Blutung/Trauma. Mit der Entwicklung gecoverter Stents auch für kleinere Gefäßdurchmesser ist es möglich, eine akute Blutung der A. carotis auch endovaskulär zu versorgen. Dies kann sowohl mit selbstexpandierbaren als auch mit ballonexpandierbaren, ummantelten Stents erfolgen. Der Stent wird wie bei der herkömmlichen Angioplastie der A. carotis im Bereich der Gefäßlazeration platziert und nach Freisetzen kontrolliert (Abb. 6.5 a, b). Ein Aneurysma spurium als mögliche Folge einer Karotisdissektion kann mit einem engmaschigen Stent („closed web“) oder ebenfalls mit einem gecoverten Stent versorgt werden (Abb. 6.6 a–c). Es muss bei der Sondierung darauf geachtet werden, dass der Draht ausschließlich im wahren Lumen verläuft. Dafür empfiehlt sich nach der Drahtpassage eine Kontrollangiographie des weiter distal gelegenen Gefäßabschnitts z. B. über einen Mikrokatheter, um eine potenziell subintimale Passage zu erkennen. Eine Dissektion der A. carotis kann spontan, traumatisch oder iatrogen bedingt auftreten. Als Therapie kann neben der Antikoagulation ebenfalls eine Stentimplantation diskutiert werden, wenn die Dissektion zu einer hämodynamisch relevanten bzw. symptomatischen Einengung des Lumens führt.
6.5 Arteria carotis
a
b
Abb. 6.6 a–c. a Aneurysma spurium und hochgradige Stenose bei einer 35-jährigen Patientin infolge einer Dissektion der A. carotis interna rechts. b Nach Drahtpassage (0,014 Zoll) Dokumentation der intravasalen Lage über einen Mikrokatheter (1,9 French). c Implantation eines 6 mm durchmessenden und
22 mm langen Kobaltstents mit engem Maschenwerk („closed cell“) auf Höhe des Aneurysmas. Behebung der Stenose und deutlich verminderte Perfusion des Aneurysmas nach Stentimplantation
∑ chirurgisch nicht erreichbaren Stenosen und ∑ bei inoperablen symptomatischen Patienten.
Indikation
!
Die Literatur zeigt, dass der Patient von einer Beseitigung seiner Stenose erst profitiert, wenn eine hochgradige (>70%) Stenose vorliegt und der Engriff mit einer akzeptablen Komplikationsrate verknüpft ist (ECST 1991 nach Mori et al. 2000; NASCET 1991; Tabelle 6.2). Merke
c
Ein erhöhtes Risiko für eine Stentbehandlung liegt bei folgenden anatomischen Gegebenheiten vor: Gefäßelongation, Kinking,Verkalkungen des Aortenbogens und Truncus bicaroticus.
Als geeignetes Verfahren zur Stenosegraduierung empfiehlt sich die Bestimmung nach NASCET, die Bestimmung nach ECST ist ebenfalls in Abb. 6.7 dargestellt. Besonders geeignet ist die endovaskuläre Versorgung der Karotisstenose
∑ bei der fibromuskulären Dysplasie, ∑ bei postradiogenen Stenosen, ∑ Restenosen nach Operation,
Tabelle 6.2. Indikationen zur Therapie der Stenosen der A. carotis interna (NASCET-Kriterien) Akzeptable Komplikationsrate Symptomatische Stenosen (Amaurosis fugax, TIA,„minor stroke“) 70–99% Stenose <6% 50–69% Stenose <6% Asymptomatische Stenosen 60–99% Stenose 60–99% Stenose + kontralaterale Stenose >75% Eckstein 2004
<3% <5%
Abb. 6.7. Bestimmung des Stenosegrades der A. carotis nach NASCET und nach ECST: Der lokale Stenosegrad entspricht (Z-Y)/Y×100% (ECST). Der distale Stenosegrad (NASCET) berechnet sich (X-Y)/X× 100%
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Kapitel 6 Supraaortale Gefäße
!
Liegt eine zirkuläre Verkalkung der Stenose vor, sollte von einer Stentangioplastie aufgrund der häufig auftretenden relevanten Residualstenosen und des Rupturrisikos abgeraten werden.
und Mortalitätsrate betrug 6,9% (Kadkhodayan et al. 2005). Mögliche Komplikationen sind – ähnlich der PTA der Stenose der A. carotis – wie z. B. TIA oder Infarkt.
Ebenfalls wenig geeignet für die endovaskuläre Versorgung sind Stenosen mit frei flottierenden Thromben, thrombosierte Verschlüsse und Stenosen mit exzessiven weichen thrombotischen Auflagerungen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt konnte die Gleichwertigkeit der Stentbehandlung zur Operation nicht vollständig nachgewiesen werden. Grundsätzlich scheint die Angioplastie den größten randomisiert durchgeführten Studien (Brooks et al. 2001; CAVATAS 2001; SPACE 2006) sowie Registern (Wholey et al. 2003) zufolge bei arteriosklerotisch bedingten symptomatischen hochgradigen Stenosen ähnliche Komplikationsraten wie die Operation aufzuweisen. Die Dissektion der A. carotis ist mit einem Anteil von etwa 20% eine der wichtigsten Ursachen eines Schlaganfalls bei Patienten <45 Jahre (Lucas et al. 1998). Die Stentangioplastie der Dissektion ist in der Regel nur indiziert, wenn die Symptome des Patienten trotz medikamentöser Therapie persistieren oder progredient sind (Biousse et al. 1995). Ebenfalls kann eine Stentangioplastie bei ausgewählten asymptomatischen Patienten mit persistierender signifikanter Stenose indiziert sein.
6.6 Intrakranielle Gefäße
CAVE
Ergebnisse Die ersten Dilatationen der A. carotis interna wurden 1979 bei vorliegender fibromuskulärer Dysplasie durchgeführt. Die erste Ballondilatation einer arteriosklerotischen Stenose fand 1980 statt (Mathias 1981). Die technische Erfolgsrate der Angioplastie der A. carotis beträgt in einem großen Register mit 12.392 Interventionen 98,9%. Die Komplikationen innerhalb von 30 Tagen nach Stenting werden mit 3,07% TIA, 2,14% kleinere Schlaganfälle, 1,2% große Schlaganfälle und 0,64% Todesfälle angegeben. Die kombinierte Komplikationsrate beträgt damit 3,98% (Wholey et al. 2003). In den Ergebnissen der SPACE-Studie (2006) beträgt die Rate der Todesfälle und ipsilateralen Schlaganfälle innerhalb von 30 Tagen 6,84%. Bei 3,17% war die Prozedur nicht erfolgreich. Oft liegen dabei in Zentren mit großer Erfahrung und hohen Fallzahlen die Komplikationsraten niedriger als in Zentren mit geringer Anzahl von Interventionen. Angioplastie und Stenting bei Dissektionen der A. carotis können in den meisten Fällen eine hämodynamisch relevante Lumeneinschränkung beseitigen. In einer Serie von 26 Patienten konnte bei 20 von 21 Patienten die dissektionsbedingte hochgradige Stenose behoben werden. Die 30-Tage-Okklusions-
Die intrakranielle arteriosklerotische Stenose als Ursache eines ischämisch bedingten Schlaganfalls findet zunehmend Beachtung. Dabei werden arteriosklerotische Stenosen der großen intrakraniellen Gefäße für bis zu 29% aller ischämischen Schlaganfälle verantwortlich gemacht (WASID 2003). Die Angaben für das jährliche Risiko eines Schlaganfalls schwanken zwischen 3 und 15% (Quereshi et al. 2003). Das Risiko hängt dabei von der Lokalisation der Stenose, dem Stenosegrad und zusätzlichen Risikofaktoren ab. Stenosen des vertebrobasilären Stromgebiets sind dabei mit einem höheren Risiko verbunden als Stenosen des vorderen Stromgebiets. Besonders hoch ist das Risiko eines Infarkts bei Patienten die trotz medikamentöser Therapie Symptome zeigen. Insbesondere die Angioplastie des intrakraniellen Verlaufs der A. carotis interna (Abb. 6.8 a, b) kann bei Verwendung von modernen Stents in speziellen Fällen eine Therapieoption darstellen, vor allem aufgrund der fehlenden operativen Alternativen. Spezielle technische Voraussetzungen Es wird empfohlen, die Angioplastie intrakranieller Stenosen unter Vollnarkose durchzuführen. Nach einer diagnostischen Darstellung der supraaortalen Gefäße zur Verifikation der Stenose und einer möglichen Kollateralversorgung werden die Stentlänge und der Durchmesser exakt bestimmt. Es ist obligat, einen druckgespülten Führungskatheter zu verwenden und diesen möglichst nah an die Stenose zu platzieren. Die Stenose kann dann mit einem Mikrodraht mit weicher, angebogener bzw. U-förmig umgebogener Spitze passiert werden. Es muss darauf geachtet werden, dass der relativ weiche Draht weit genug in die Peripherie platziert wird, um ausreichend Führung für das Stentsystem zu bieten. Die Spitze des Drahtes muss jederzeit kontrolliert werden. In einzelnen Fällen, insbesondere wenn der Stenosedurchmesser unter dem des Stentsystems liegt, kann eine Vordilatation erfolgen.
!
Um das Ruptur- oder Dissektionsrisiko zu vermindern, sollte bei intrakraniellen Stenosen der Durchmesser des Stents dem des benachbarten Gefäßes entsprechen oder unterdimensioniert sein (Connors u. Wojak 1999; Marks et al. 1999). Merke
6.5 Arteria carotis
a
b
Abb. 6.8 a,b. a Hochgradige kurzstreckige Stenose der linken A. carotis interna auf Höhe des Eintritts in die Schädelbasis bei einem 55-jährigen, unter Antikoagulation symptomatischen Patienten. b Implantation eines 3 mm durchmessenden, 20 mm
langen medikamentenfreisetzenden (Taxol) ballonexpandierbaren Koronarstents. Nach Implantation keine relevante Residualstenose
Stents für intrakranielle Stenosen müssen klein sein und wegen des geschlängelten Gefäßverlaufs, z. B. des Karotissyphons, weiche Trägersysteme besitzen. Hierzu werden spezielle Neurostents oder Koronarstents verwendet. Inwieweit medikamentenbeschichtete („drug-eluting“) Stents Vorteile bringen, ist aktuell nicht belegt. Zur Vermeidung einer möglichen Überdeckung kleinerer perforierender Gefäße sollte der Stent die Stenose nur gering überragen. Die periinterventionelle Thrombozytenaggregationshemmung und Antikoagulation werden analog zur Behandlung der extrakraniellen A. carotis interna durchgeführt (vgl. Tabelle 6.1).
geführt, die unter optimaler medikamentöser Therapie rezidivierend symptomatisch werden.
Indikation Grundsätzlich sollten vor einer interventionellen Behandlung intrakranieller Stenosen die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Die optimale medikamentöse Therapie ist umstritten, verwendet werden verschiedene Thrombozytenaggregationshemmer und Antikoagulanzien. Die Indikation für eine stentgestützte Angioplastie der intrakraniellen Gefäßstenosen besteht bei Patienten, die eine ungünstige Prognose unter medikamentöser Therapie aufweisen.
!
In der Regel wird die stentgestützte Angioplastie der intrakraniellen Gefäße bei Patienten mit hochgradiger Stenose durchMerke
Ergebnisse Die Erfolgsrate bei der Behandlung intrakranieller Stenosen beträgt etwa 90%. Die Schlaganfallrate im ersten Jahr nach Intervention schwankt zwischen 0–7%, die Restenoserate variiert zwischen 0–30%. Damit kann das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, im Vergleich zur reinen medikamentösen Therapie vermindert werden. Komplikationen der Angioplastie der intrakraniellen Gefäße sind Gefäßruptur, Dissektion, Stentthrombosen und Reperfusionsblutungen. Die 30-Tage-Todes- und -Schlaganfallrate beträgt 0–30% (Connors u. Wojak 1999; DeRochemont 2004 et al.; Gomez et al. 2000; Levy et al. 2003; Lylyk et al. 2002; Mori et al. 2000; SSYLVIA 2004). Literatur Albuquerque FC, Fiorella D, Han P et al. (2003) A reappraisal of angioplasty and stenting for treatment of vertebral origin stenosis. Neurosurgery 53: 607–616 Ballotta E, Da Giau G, Abbruzzese E, Mion E, Manara R, Baracchini C (2002) Subclavian carotid transposition for symptomatic subclavian artery stenosis or occlusion: a comparision with the endovascular procedure. Int Angiol 21: 138– 144 Bates M, Broce M, Lavigne SP, Stone P (2004) Subclavian artery stenting: factors influencing long-term outcome. Catheter Cardiovasc Interv 61: 5–11
361
362
Kapitel 6 Supraaortale Gefäße Biousse V, D Ánglejan-Chatillon J, Touboul PJ et al. (1995) Time course of symptoms in extracranial carotid artery dissections: a series of 80 patients. Stroke 26: 235–239 Brooks WH, McClure RR, Jones MR et al (2001) Carotid angioplasty and stenting versus carotid endarterectomy: randomized trial in a community hospital. J Am Coll Cardiol 38: 1589–1595 Carotid and Vertebral Artery Transluminal Angioplasty Study/ CATAS (2001) Endovascular versus surgical treatment in patients with carotid stenosis in the carotid and vertebral artery transluminal angioplasty study (CAVATAS): a randomized trial. Lancet 357: 1729–1737 Chastain HD 2nd, Campell MS, Iyer S et al. (1999) Extracranial vertebral artery stent placement: in-hospital and follow-up results. J Neurosurg 91: 547–552 Connors JJ 3rd, Wojak JC (1999) Percutaneous transluminal angioplasty for intracranial atherosclerotic lesions: evolution of technique and short-term results. J Neurosurg 91: 415–423 Curran MJ, Grines CL (2000) Use of low-molecular weight heparin in percutaneous intervention. J Invasive Cardiol 12 (sC): 13C–17C De Rochemont R du Mesnil, Turowski B, Buchkremer M et al. (2004) Recurrent symptomatic high-grade intracranial stenoses: safety and efficacy of undersized stents – initial experience. Radiology 231: 45–49 Eckstein HH, Heider P, Wolf O et al. (2004) Kontroversen in der Behandlung von Karotisstenosen. Chirurg 75: 672–680 Edwards WH Jr, Tapper SS, Edwards WH Sr et al. (1994) Subclavian revascularization: a quarter century of experience. Ann Surg 219: 673–678 Friedman HZ, Cragg DR, Glazier SM et al. (1994) Randomized prospective evaluation of prolonged versus abbreviated intravenous heparin therapy after coronary angioplasty. J Am Coll Cardiol 24: 1214–1219 Gomez CR, Misra VK, Campbell MS, Soto RD (2000) Elective stenting of symptomatic middle cerebral artery stenosis. Am J Neuroradiol 21: 971–973 Henry M, Amor M, Henry I et al. (1999) Percutaneous transluminal angioplasty of the subclavian arteries. J Endovasc Surg 6: 33–41 Hodgins GW, Dutton JW (1984) Transluminal dilatation for Takayasu’s arteritis. Can J Surg 27: 355–357 Hüttl K, Nemes B, Simonffy A et al. (2002) Angioplasty of the innominate artery in 89 patients: experience over 19 years. Cardiovasc Interv Radiol 25: 109–114 Jeganathan R, Harkin DW, Lowry P, Lee B (2004) Iatrogenic subclavian artery pseudoaneurysm causing airway compromise: treatment with percutaneous thrombin injection. J Vasc Surg 40: 371–374 Kadkhodayan Y, Jeck DT, Moran CJ et al. (2005) Angioplasty and stenting in carotid dissection with or without associated pseudoaneurysm. Am J Neuroradiol 26: 2328–2335 Kemmerer SR, Piampiano PP, Smith DC (2000) Treatment of subclavian artery pseudoaneurysm with use of US-guided percutaneous thrombin injection. J Vasc Interv Radiol 11: 1039–1042 Kramer S, Gorich J, Rilinger N et al. (1997) Therapy of acute traumatic vascular injuries using covered stents. Röfo 167: 496–500 Levy EI, Hanel RA, Boulos AS et al. (2003) Comparison of periprocedure complications resulting from direct stent placement compared with those due to conventional and staged stent placement in the basilar artery. J Neurosurg 99: 653–660 Lucas C, Moulin T, Deplanque D et al. (1998) Stroke patterns of internal carotid artery dissection in 40 patients. Stroke 29: 2646–2648 Lutsep HL, Barnwell SL, Mawad M et al. (2003) Stenting of symptomatic atherosclerotic lesions in the vertebral or intracranial arteries (SSYLVIA): study results. Stroke 34: 253
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Thorakale und abdominale Aorta
7
G. Luska
7.1
Thorakale Aorta 363
7.2
Abdominale Aorta 371
7.3
Ausblick 377
!
Die MSCT erlaubt eine multiplanare hoch auflösende Gefäßdarstellung von den supraaortalen Arterien bis zur A. femoralis communis in einer Atemanhaltephase und ist die beste Modalität zur Planung eines Noteingriffs bei hämodynamisch instabilen Patienten. Merke
Literatur 378
7.1 Thorakale Aorta Seit dem ersten Bericht von Dake et al. (1994) über die minimal-invasive Implantation von Stent-Grafts zur Behandlung von Aortenaneurysmen hat sich das Verfahren zu einer sicheren und effektiven Therapie thorakaler Aortenaneurysmen, thorakaler Fisteln und von komplizierten Typ-B-Dissektionen entwickelt. Für elektive chirurgische Eingriffe wird die Mortalitätsrate und Häufigkeit schwerwiegender Komplikationen mit 5–15% und in der Notfallsituation bis 50% angegeben. Im Vergleich zwischen offener Chirurgie und endovaskulärer Stent-Graft-Implantation liegt die 30-Tage Mortalitätsrate bei der Stent-Graf-Implantation deutlich niedriger (Garzon et al. 2005; Tabelle 7.1). Diagnostik Zur präinvasiven Diagnostik ist die MehrzeilenComputertomographie (MSCT) die Methode der Wahl.
Die MRT-Untersuchung kann bei Patienten im Nierenversagen oder bei sehr schlechten Flussverhältnissen (Dissektionen, Endoleaks) von Vorteil sein. Auf eine konventionelle Angiographie mit Messkatheter sollte nur zurückgegriffen werden, wenn die MSCT nicht verfügbar ist. Die Angiographie darf nicht auf die thorakale Aorta beschränkt werden. Es müssen auch die supraaortalen Arterien und Beckengefäße in die Untersuchung einbezogen werden, um die topographischen Verhältnisse und morphologischen Veränderungen zu erfassen. Folgende Fragestellungen sind zu beantworten:
∑ Lokalisation der Läsion, exakte Angaben über Anatomie und Morphologie, ∑ Abgang wichtiger Gefäße (supraaortale Arterien, insbesondere linke A. subclavia, Vertebralarterien, linke A. carotis communis, Truncus coeliacus), ∑ Durchgängigkeit der Vertebralarterien, insbesondere wenn die linke A. subclavia überbrückt werden soll,
Tabelle 7.1. 30-Tage-Mortalität: offene Chirurgie vs. endovaskuläre Stent-Graft-Behandlung der thorakalen Aorta. (Nach Garzon et al. 2005) Aortenerkrankung
Mortalität offene Chirurgie [%]
Mortalität Stent-Graft [%]
Aneurysma
5–20
0–20
Typ-B-Dissektion
35–50
0–10
Traumatische Ruptur
15–50
0–20
Traumatisches Pseudoaneurysma
5–18
0
Intramurales Hämatom
10–15
0–16
Penetrierendes arteriosklerotisches Ulkus
7,1–25
12
364
Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta Abb. 7.1. Messprotokoll TAA
∑ Durchmesser der Aorta proximal und distal der Läsion, ∑ Beschaffenheit der Aorta proximal und distal der Läsion (Thromben, Verkalkungen), ∑ Durchmesser und Beschaffenheit der Beckengefäße und abdominalen Aorta (Durchmesser, Kinking, Torsionen,Verkalkungen, Stenosen, Thromben). Maße Gemessen werden die Länge der zu überbrückenden Läsion und der Durchmesser der Aorta im Bereich der geplanten Stent-Graft-Verankerung (Abb. 7.1). Messungen sollten möglichst mit einem Computerprogramm zur automatischen Gefäßanalyse durchgeführt werden. Damit lassen sich Fehler bei der Planung des Stent-Graft-Durchmessers und seiner Länge vermeiden (Abb. 7.2 a, b). Fixierung Zur optimalen Fixation der Stent-Grafts sollte der Durchmesser des Stents verglichen mit dem Durch-
messer der Aorta proximal und distal der Läsion für arteriosklerotische Aneurysmen 15–20% und bei allen anderen 10–15% überschreiten („oversizing“). Dies gilt auch bei einer Stentüberlappung, wenn die verfügbare Stentlänge zur Überbrückung der Läsion nicht ausreicht. Die sichere Verankerung des StentGrafts hat mindestens 15 mm einer normal kalibrierten, Thrombus- und Plaque-freien Zirkumferenz im Bereich der proximalen (A. subclavia) und distalen (Truncus coeliacus) Verankerung zur Voraussetzung. Ist nicht genügend Platz für eine sichere Verankerung distal der A. subclavia vorhanden, kann der Stent-Graft auch proximal dieses Gefäßes abgesetzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass beide Vertebralarterien frei durchgängig sind, um eine vertebrobasiläre Ischämie zu vermeiden. Tritt eine Ischämie des linken Arms auf, kann sekundär die Revaskularisation mit Hilfe einer Bypassoperation vorgenommen werden. Ist auch eine Verankerung des Stent-Grafts proximal des Truncus coeliacus nicht möglich, kann dieser nach einer Bypassoperation überbrückt werden.
7.1 Thorakale Aorta
a
Abb. 7.3. Entfalteter Stent-Graft mit Einführsystem (unten) b
Abb. 7.2 a, b. a Automatische Gefäßanalyse („vessel analysis“, GE). b Datenausdruck (Ausschnitt)
Stent-Graft-Systeme Kommerziell werden unterschiedliche Stent-GraftSysteme angeboten (Tag®, Gore; TX1®, Cook). Mit weltweit über 35.000 Implantationen liegen die größten Erfahrungen mit dem System der Firma Medtronic (Talent®, Valiant®) vor, das seit Jahren ständig verbessert worden ist. Dabei handelt es sich um ein selbstexpandierendes modulares Endograft-System, das aus Nitinolstreben und einer Polyesterummantelung besteht. Ein 15 mm langes nichtummanteltes Segment mit offenen Federn am proximalen und oder distalen Ende erlaubt die Verankerung auch über wichtigen von der Aorta abgehenden Gefäßen (z. B. A. subclavia; Abb. 7.3). Implantationstechnik Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose nach üblicher Aufklärung, die auch die Möglichkeit der Konversion zur Operation beinhalten sollte, in einem radiologischchirurgischen Team.
!
Optimale Durchleuchtungsbedingungen sind für eine erfolgreiche Implantation Voraussetzung, daher bevorzugen wir die Implantation in einem Angiographieraum. Merke
In der Regel wird die rechte A. femoralis communis als Zugang gewählt, bei Hindernissen in der rechten Beckenstrombahn wird auf die Gegenseite ausgewichen. Der Zugang kann durch ein zu enges Kaliber, Schlängelungen oder Kinking der Beckengefäße limitiert sein. Falls die Sondierung über die Beckengefäße nicht gelingt, kann die Einführung des Systems nach Laparotomie über einen in die infrarenale Bauchaorta eingenähten Graft ermöglicht werden. Wir schieben nach Punktion der rechten A. brachialis grundsätzlich einen Angiographiekatheter (5 French) in die thorakale Aorta, um unter laufender angiographischer Kontrolle den Stent aus dem Einführsystem exakt freisetzen zu können. Bei Typ-BDissektionen ist es bei diesem Vorgehen darüber hinaus möglich, transbrachial mit einem langen Führungsdraht das wahre Lumen zu sondieren und aus
365
366
Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta
der Arteriotomie einer Femoralarterie wieder herauszuziehen (Durchzugstechnik). Wird über diesen Führungsdraht das Schleusensystem des Stent-Grafts eingeführt, kann verhindert werden, dass das falsche Aortenlumen sondiert wird. Nach Arteriotomie der A. femoralis communis verabreichen wir 5000 IE Heparin und schieben durch eine Schleuse einen Pigtail-Katheter und durch diesen einen 2,6 m langen steifen Führungsdraht bis vor die Aortenklappe. Über den steifen Draht wird das Schleusensystem mit dem selbst expandierenden Stent-Graft eingebracht und in der Regel mit dem gecoverten Segment proximal der Läsion platziert. CAVE
!
Wegen der Migrationsgefahr muss der Blutdruck <90 mmHg gesenkt
werden. Erst dann erfolgt die Freisetzung des proximalen Drittels des Stent-Grafts unter angiographischen Kontrollen und kontinuierlichem Zurückziehen des Systems. Ist die geplante Position erreicht, kann die endgültige Freisetzung vorgenommen werden. Anschließend wird der Stent-Graft mit einem Ballonkatheter anmodelliert, um ihn komplett zu entfalten. Nur bei Aortendissektionen verzichten wir wegen der Rupturgefahr auf dieses Manöver. Das Ergebnis wird abschließend angiographisch dokumentiert. Verlauf Nach der Implantation entwickelt sich in der Regel ein Postimplantationssyndrom mit leichtem Fieber, Rückenschmerzen, milder Leukozytose und Anstieg des C-reaktiven Proteins. Dieses erfordert normalerweise keine Behandlung und klingt 1–2 Wochen nach der Implantation wieder ab. Als medikamentöse Prophylaxe erhält der Patient über einen Monat 75 mg Ticlopedin und als Dauertherapie 100 mg Acetylsalicylsäure. Verlaufskontrollen Üblich sind CT-Angiographien vor der Entlassung, nach 3, 6, 12 Monaten und danach jährlich in der arteriellen und spätarteriellen Phase. Spätbilder sind unbedingt erforderlich, da Leckagen infolge der protrahierten Kontrastmittelakkumulation erst in dieser Phase sichtbar werden können. Um eine Stent-Graft-Migration und Brüche des metallischen Stützapparates zu erkennen, müssen zusätzlich Thoraxübersichtsaufnahmen angefertigt werden.
Indikationen
쐍 Arteriosklerotisches Aortenaneurysma. Definition
왔 Aortenaneurysmen sind definiert als
lokalisierte Dilatation der Aorta, an der alle 3 Wandschichten beteiligt sind und deren Durchmesser >50% der normalen Weite beträgt. Sie sind meist arteriosklerotischer Natur und tendieren zu einer fusiformen Dilatation. Das Risiko einer Ruptur steigt mit zunehmendem Durchmesser, die Wachstumsrate pro Jahr wird mit 0,07–0,42 cm beschrieben (Garzon et al. 2005). Die Indikation zur Behandlung liegt vor, wenn Brustschmerzen oder Kompressionserscheinungen benachbarter Organe auftreten oder das Aneurysma einen Durchmesser von 5–6 cm erreicht hat. Aneurysmen der aszendierenden Aorta werden zur Zeit noch offen operiert. Patienten mit Aneurysmen der deszendierenden Aorta sind eine ideale Indikation für die minimal-invasive endovaskuläre Stent-Graft-Implantation. Die Behandlung von komplexen Bogenaneurysmen kann sich schwierig gestalten und mit kombinierten operativen und minimal-invasiven endovaskulären Techniken (Hybridtechnik) angegangen werden. So können z. B. die aszendierende Aorta und der Aortenbogen durch einen Graft operativ ersetzt und mit diesem die supraaortalen Arterien über einen Patch anastomosiert werden, während die deszendierende Aorta anschließend minimal-invasiv mit einem Stent-Graft versorgt wird, der an das distale Ende des operativ eingesetzten Grafts angedockt wird. Mit der Implantation von Stent-Grafts in die deszendierende Aorta ist allerdings die Neigung zur Elongation und Dilatation der Aorta bei arteriosklerotischen Aneurysmen nicht behoben. Unter dem Einfluss der damit verbundenen Vektorkräfte können auch großzügig überlappende Stents diskonnektieren, selbst wenn bereits Endoleaks durch sekundäres Einsetzen einer Manschette verschlossen worden sind (Abb. 7.4 a,b, Abb. 7.5 a–c).
쐍 Penetrierendes arteriosklerotisches Ulkus. Das penetrierende arteriosklerotische Ulkus kann sich aus einer Ulzeration eines arteriosklerotischen Plaques mit Ausbildung eines Hämatoms in der Media und konsekutiver Formation eines falschen Aneurysmas entwickeln. Die Prävalenz für eine akute Ruptur liegt bei 21–47% (Garzon et al. 2005). Die entstehenden sackförmigen Aneurysmen sind leichter mit einem Stent-Graft zu behandeln als arteriosklerotische Aneurysmen, da sie kürzer und zwischen weitgehend normalen Gefäßabschnitten gelegen sind (Abb. 7.6 a–e).
7.1 Thorakale Aorta
a
b
Abb. 7.4 a, b. Arteriosklerotisches Aneurysma der deszendierenden Aorta. a Nach Implantation von 2 überlappende StentGrafts (5/1999). b Kontinuierliche Elongation der Aorta, mehr-
a
b
fache Diskonnektion der Stent-Graft-Segmente mit Ausbildung von Endoleaks, die minimal-invasiv verschlossen werden konnten (11/2001)
c
Abb. 7.5 a, b. Patient von Abb. 7.4 a, b. Verlauf, seitliche Thoraxübersichtsaufnahmen. a 5/1999, b 8/2000, c 11/2001
쐍 Traumatische Aortenruptur. Hauptursache ist ein Dezelerationstrauma. In >80% der Fälle kommt es zu einer kompletten Aortenruptur. Die typische Lokalisation liegt distal der Anheftung des Lig. Botalli. 57–94% der Verletzten sterben am Unfallort oder in der Notambulanz, 33% der unbehandelten Überlebenden versterben innerhalb von 24 Stunden.
Die offene chirurgische Versorgung kann wegen der zusätzlich vorliegenden komplexen Begleitverletzungen erschwert sein. Durch die minimal-invasive Stent-Graft-Implantation wird eine Senkung der Mortalitätsrate von 15–50% auf 0–20% angegeben (Garzon et al. 2005).
367
368
Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta
a
b
c
e
d
Abb. 7.6 a–e. Penetrierendes Ulkus. a Des Aortenbogens unmittelbar nach Abgang der A. subclavia (Angiogramm). b Medialseitiges Ulkus mit mantelförmigem intramuralem Hämatom im Aortenbogen (CT). c Stent-Graft im Schleusensystem vor Freisetzung. d Stent-Graft nach Freisetzung, offene Federn liegen über der linken A. carotis communis, die A. subclavia ist ausgeschaltet, im Kontrollangiogramm kurzfristig noch kontrastiert. e MIP: endgültige Lage des StentGrafts jenseits der linken A. carotis communis
7.1 Thorakale Aorta
쐍 Traumatisches Pseudoaneurysma. Dieses kann sich nach einem stumpfen Thoraxtrauma durch einen Intimaeinriss meist im Aortenisthmus nach Monaten und Jahren entwickeln. Die Pseudoaneurysmen sind hervorragend zur Behandlung mit einem Stent-Graft geeignet. Bei den meisten Patienten schrumpft das Hämatom im Aneurysmasack und bildet sich innerhalb eines Jahres vollkommen zurück (vgl. Abb. 7.7 a–e).
쐍 Mykotisches Aneurysma. Nichtoperierte mykotische Aneurysmen neigen generell zur Ruptur. Eine Behandlung mit Stent-Grafts ist mit dem Risiko einer Graft-Infektion belastet. Bei Patienten in schlechtem Allgemeinzustand kann man jedoch durch die Implantation Zeit bis zu einer chirurgischen Versorgung gewinnen. Die Stent-Graft Implantation kann aber auch die definitive Behandlung sein (Lange et al. 2005). 쐍 Intramurales Hämatom. Dieses ist charakterisiert durch eine Hämatomformation nach Spontanruptur der Vasa vasorum in der Lamina media ohne Intimaeinriss. Die Mortalitätsrate liegt innerhalb von 3 Monaten nach Eintritt dieses Ereignisses bei 19% (Garzon et al. 2005). Das intramurale Hämatom wird als eine mögliche Ursache für die Ausbildung einer Aortendissektion angesehen, wenn ein sekundärer Intimaeinriss eintritt. Asymptomatische Patienten können beobachtet werden. Eine Behandlung ist bei auftretenden Komplikationen, wie persistierendem Schmerz, Ulkusbildung, progressiver Wandverdickung oder drohender Ruptur, erforderlich. Symptomatische Läsionen in der deszendierenden Aorta sind zur Stent-Graft-Behandlung gut geeignet.
쐍 Aortendissektion. Die typische Aortendissektion ist Folge eines Intimaeinrisses, wodurch Blut in die Media gelangt und 2 Lumina entstehen, ein wahres und ein oder mehrere falsche. Dissektionen der Aorta ascendens oder des Aortenbogens ohne oder mit Beteiligung der deszendierenden Aorta werden als Standford A klassifiziert und Dissektionen, die jenseits der linken A. subclavia beginnen, als Standford B.
!
Vor jedem aktiven Eingreifen müssen Ausdehnung des wahren und falschen Lumens, Lokalisation von Entry und Reentry,Abgang der großen Gefäße vom wahren oder falschen Lumen, Ausdehnung des falschen Lumens auf die Beckengefäße sowie deren Durchmesser geklärt sein. Merke
Akute Typ-A-Dissektionen sind, um fatale Komplikationen zu vermeiden (Hämatoperikard, Hämatothorax, Einbeziehung des Klappenrings oder der Koronararterien),sofort zu operieren.Bei einigen Patienten mit Intimaeinrissen in der Aorta descendens kann der Bogenersatz mit einem endoluminalen Stent-Graft kombiniert werden. Das distale Ende des chirurgisch implantierten Grafts („elephant trunk“) ragt gewöhnlich in das falsche Lumen, da das wahre Lumen säbelscheidenartig vom falschen Lumen komprimiert wird. Ein Stent-Graft, der minimal-invasiv retrograd in das distale Ende des Grafts („elephant trunk“) eingeführt worden ist, leitet den Blutstrom in das wahre Lumen um. Das nicht mehr perfundierte falsche Lumen verschließt sich in vielen Fällen spontan. Bevorzugte Behandlungsmethode der einfachen Typ-B-Dissektion ist eine konservative internistische Therapie. Komplizierte Formen mit fortschreitender Dissektion, drohender Ruptur, Endorganischämie, persistierenden Schmerzen oder refraktärem Hypertonus erfordern einen Noteingriff. Die Mortalitätsrate eines chirurgischen Eingriffs wird mit 35% und bei Vorliegen einer Endorganischämie mit 50% angegeben. Die endoluminale Stent-Graft-Implantation hat sich als eine vergleichsweise komplikationsarme Alternative erwiesen. In den meisten Mitteilungen wird über eine 30-Tage-Mortalitätsrate um 10% berichtet (Garzon et al. 2005). Der Verschluss des Entrys kann bei der akuten Dissektion zu einer vollkommenen Rückbildung des falschen Lumens führen, in chronischen Fällen mit partieller Thrombose des falschen Lumens zur sekundären Thrombose und Schrumpfung des noch durchbluteten Anteils. Werden einige der großen abdominellen Gefäße über das falsche Lumen perfundiert, können nach Verschluss des Entrys viszerale und/oder retroperitoneale Ischämien auftreten. In diesen Fällen sind zusätzliche interventionelle Eingriffe wie Ballonfenestration der Dissektionsmembran, Stentimplantationen in die betroffenen Viszeral-, Retroperitoneal- oder Beckenarterien oder Aortenstents erforderlich (Chavan et al. 2000; Abb. 7.7 a–e). Ergebnisse In Tabelle 7.2 sind die Ergebnisse einer Metaanalyse von Eggebrecht et al. (2006) über 605 Patienten mit einer Typ-B-Dissektion zusammengestellt. Komplikationen (Siehe auch endovaskuläre Therapie des Bauchaortenaneurysmas). Die Komplikationsrate ist relativ gering, viele von ihnen können mit minimal-invasiven Techniken korrigiert werden.
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Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta
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Abb. 7.7 a–e. Typ-B-Dissektion und medialseitiges Pseudoaneurysma des Aortenbogens. a Wahres komprimiertes Aortenlumen kräftig, falsches Lumen flau kontrastiert. b Schleusensystem mit Stent-Graft in den Aortenbogen eingeführt. c Kontrollangiographie unmittelbar nach Implantation, falsches Lumen und Pseudoaneurysma sind nicht mehr kontrastiert. Das wahre Lumen ist wieder auf die normale Weite entfaltet. d MIP sagittal. e MIP axial: Das zwischen der Aorta ascendens und descendens gelegene Pseudoaneurysma ist vollkommen thrombosiert
7.2 Abdominale Aorta Tabelle 7.2. Ergebnisse einer Metaanalyse von Patienten mit Typ-B-Dissektion, die minimal-invasiv behandelt worden waren. (Nach Eggebrecht et al. 2006) Typ-B-Dissektionen
605 Patienten
Schwerwiegende Komplikationen
11,1±1,4%
Neurologische Komplikationen davon Schlaganfall davon Paraplegie
2,9±0,7% 1,9±0,6% 0,8±0,4%
30 Tage Mortalität (bei akuten Dissektionen höher als bei chronischen)
5,3±0,9%
Überlebensrate (Kaplan-Meier) nach 6 Monaten nach 12 Monaten nach 24 Monaten
90,6±1,6% 89,9±1,7% 88,8±1,9%
system des Stent-Grafts zu passieren, kann zu Dissektionen oder Ruptur der Beckengefäße führen. Stenosen können evtl. durch Dilatation passierbar gemacht werden. Schwerwiegende Verletzungen erfordern eine operative Revision.
쐍 Stent-Graft-Fehlplatzierungen. Zu Fehlplatzierungen kann es kommen, wenn der Blutdruck während des Freisetzens vom Stent-Graft zu hoch ist, der Stent-Graft während der Anmodellierung mit dem Ballonkatheter disloziert oder bei sehr ausgeprägter Angulation des Artenbogens eine Knickbildung im Einführsystem auftritt und daraus Probleme bei der Freisetzung resultieren. Bei insuffizienter Ausschaltung des Aneurysmas kann eine Extension durch die überlappende Implantation eines weiteren StentGrafts gelingen.
쐍 Endoleaks.
쐍 Neurologisches Defizit. Das Risiko eines neurologi-
∑ Typ-1-Endoleaks resultieren aus inkompletter Anheftung der Stent-Grafts im Bereich der proximalen oder distalen Fixierung. Sie sind die häufigsten Endoleaks mit dem größten Potenzial, den Patienten zu gefährden und Folge einer zu kurzen, ulzerierten oder irregulären Verankerungszone, eines zu gering gewählten Stent-GraftDurchmessers („oversizing“) oder eines Knicks in der Verankerungszone. ∑ Typ-2-Endoleaks entstehen durch retrograde Perfusion von Arterien, die aus dem Aneurysmasack abgehen. Dieser Typ ist ungewöhnlich in der thorakalen Region und in dieser seltener als im Abdominalbereich. ∑ Typ-3-Endoleaks entwickeln sich durch Defekte in der Stent-Graft-Membran selbst oder durch Separation von Komponenten modularer Systeme. Eine Diskonnektion wird durch geringe Überlappung multipler Stent-Grafts begünstigt.
schen Defizits von Patienten, die offen an einem Deszendensaneurysma operiert worden sind, wird mit bis zu 26% angegeben und liegt nach Stent-Graft-Implantation mit 1–4% deutlich niedriger (vgl. Tabelle 7.2).
Typ-1- und Typ-3-Endleaks können meist durch Insertion einer Manschette behoben werden.
쐍 Aortenperforation und Ruptur. Diese können durch das mechanische Trauma bei der Implantation oder insbesondere bei Dissektionen durch die radialen Kräfte des selbstexpandierenden Stent-Grafts auftreten. Durch ein sich rasch entwickelndes Hämatom und Kontrastmittelparavasat sind sie unter Durchleuchtung leicht zu erkennen. Eine lokale Perforation lässt sich durch den Stent-Graft abdecken.
7.2 Abdominale Aorta Definition
왔 Das abdominale Aortenaneurysma
ist definiert als Aortendurchmesser
>30 mm. Es tritt bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Die Prävalenz für Männer >50 Jahre liegt bei 5%. Aneurysmen mit einem Durchmesser von 50 mm wachsen 70% schneller als Aneurysmen mit einem Durchmesser von 40 mm (Brady et al. 2004). Eine frühe elektive offene Operation ergibt aber nach randomisierten Studien (Multicentre Aneurysm Screening Study Group 2002; UK Small Aneurysm Trial Participants 2002) keine Verbesserung der Überlebensrate. Die Rupturgefahr liegt bei einem Aortendurchmesser >55 mm, das entspricht etwa dem Dreifachen der normalen Weite, bei 1% pro Jahr (Brady et al. 2004). Von Patienten mit einem Aneurysmadurchmesser >50 mm leben nach 5 Jahren nur noch 50%.
!
쐍 Verletzung der Beckengefäße. Verletzungen treten
Im Allgemeinen gilt ein Aneurysma mit einem Durchmesser <50–55 mm als kontroll- und darüber liegend als behandlungsbedürftig.
bei engen, geschlängelten und stark verkalkten Beckenarterien auf. Daher ist eine sorgfältige präinterventionelle Diagnostik erforderlich. Ein zu forcierter Versuch, die alterierten Gefäße mit dem Schleusen-
Seit der ersten Mitteilung über eine minimal-invasive Implantation von Rohrprothesen zur Behandlung von Aneurysmen der Bauchaorta beim Menschen
Merke
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Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta
durch Parodi und Mitarbeiter (1991) sind zahlreiche Studien über diese Behandlungsmethode EVAR („endovascular abdominal aortic aneurysm repair“) veröffentlicht worden (Blankensteijn et al. 2005; Blum et al. 1996; EVAR Trial Participants 2005; Pitton et al. 2003; Torsello et al. 2006; Umscheid et al. 2003). Die Vorteile der endovaskulären Therapie gegenüber der offenen Operation bestehen in der Verringerung der Risiken, die mit einer Laparotomie verbunden sind, wie Klemmschäden, Blutverlust, Bauchwandhernien,Verkürzung der Rekonvaleszenz. Randomisierte Studien, welche die konventionelle und endovaskuläre Behandlung des abdominellen Aortenaneurysmas (AAA) miteinander verglichen haben, bestätigen für EVAR eine deutliche Verlängerung des Kurzzeitüberlebens, eine geringere Rate systemischer Komplikationen, geringeren Blutverlust und kürzere Hospitalisierung. Patientenauswahl und Limitationen Die Selektion von Patienten sollte mit den Gefäßchirurgen gemeinsam vorgenommen werden. Einund Ausschlusskriterien müssen sorgsam und individuell ausgewogen festgelegt und mit dem Patienten abgestimmt werden. Objektive Limitationen hängen von den anatomischen Gegebenheiten, der morphologischen Beschaffenheit der Gefäße und der Verwendung des bevorzugten Implantationssystems ab. Im Allgemeinen sind Voraussetzung:
∑ ein infrarenaler Aneurysmahals von mindestens 15 mm ohne relevante Thrombose oder Verkalkung, ∑ geringes Kinking von Aneurysmahals und -sack, ∑ Durchgängigkeit der A. mesenterica superior, ∑ ein 15 mm langes normal kalibriertes Segment oberhalb des Abgangs der A. iliaca interna mindestens einer A. iliaca communis, ∑ ausreichende Durchmesser der Beckengefäße in Abhängigkeit vom Implantationsbesteck, ∑ nur moderates Kinking der Beckengefäße und der infrarenalen Bauchaorta. Diagnostik Zur präinvasiven Diagnostik ist die MSCT die Methode der Wahl. Sie ermöglicht eine multiplanare hochauflösende Gefäßdarstellung zur Beantwortung aller relevanten Fragestellungen. Neben den Selektionskriterien können auch erschwerende Befunde erfasst werden, wie Stenosen der A. mesenterica superior, der Nierenarterien, akzessorische Nierenarterien und die Durchgängigkeit der A. mesenterica inferior. Die Standardmessungen zur Auswahl des StentGrafts sollten mit einem Programm zur automatischen Gefäßanalyse vorgenommen werden, mit
dem Messfehler vermieden werden können (vgl. Abb. 7.10 b; s. auch thorakale Aortenaneurysmen). Messpunkte sind aus der Schemazeichnung zu entnehmen (Abb. 7.8). Wie bei thorakalen Aortenaneurysmen gilt eine Überdimensionierung der StentGrafts im Bereich der proximalen und distalen Verankerung von 15–20%. Stent-Graft-Systeme Zur Zeit sind kommerziell die Systeme Anaconda® (Vascu Tek), Excluder® (Gore), Talent® (Medtronic) und Zenith® (Cook) erhältlich. Die größten Langzeiterfahrungen liegen mit dem Talent® System vor (s. auch thorakale Aorta). Implantationstechnik Empfehlenswert ist es, den Eingriff in Vollnarkose – Periduralanästhesie oder Lokalanästhesie und Analgosedierung erscheinen möglich – wegen der günstigen Durchleuchtungs- und Dokumentationsmöglichkeiten im Angiographieraum vorzunehmen. Wir schieben nach Punktion der rechten oder linken A. brachialis grundsätzlich einen Pigtail-Katheter in die Bauchaorta, um den Stent unter fortlaufender angiographischer Kontrolle exakt absetzen zu können. Darüber hinaus ist es möglich, wenn Schwierigkeiten bei der Sondierung des kurzen Prothesenschenkels auftreten, an den das zweite Bein noch anzusetzen ist, dieses in einem Durchzugsverfahren aufzufädeln. Nach Arteriotomie beider Leistenarterien verabreichen wir 5000 IE Heparin und legen über Schleuse und Führungsdraht einen Pigtail-Katheter zur Angiographie der distalen Bauchaorta ein. Wegen des größeren Durchmessers des Schleusensystems erfolgt die Implantation des Prothesenhauptkörpers grundsätzlich über die kaliberstärksten Beckengefäße mit den geringsten morphologischen Veränderungen. Falls erforderlich muss bevor das System eingeführt wird die Dilatation relevanter Stenosen paarer oder unpaarer Arterien der Bauchorgane oder die Embolisationen möglicher Feeding-Arterien z. B. der A. mesenterica inferior oder, wenn das Aneurysma in eine A. iliaca externa hineinreicht, der gleichseitigen A. iliaca interna vorgenommen werden, um einer retrograden Perfusion des Aneurysmas vorzubeugen. Über einen Pigtail-Katheter wird ein steifer Führungsdraht mit seinem weichen Ende bis in den thorakolumbalen Übergang geschoben und über diesen der Prothesenhauptteil zunächst gering oberhalb der Nierenarterien platziert. Nach Freisetzen des proximalen Drittels ziehen wir diesen unter fortlaufender Kontrastmittelinjektion über den Brachialiskatheter in die Idealposition zurück.
7.2 Abdominale Aorta Abb. 7.8. Messprotokoll BAA
a
b
Abb. 7.9 a–c. Infrarenales BAA. a Darstellung des perfundierten Lumens in der MIP, thrombosierter Aneurysmasack in der MIP nicht erkennbar. b Bifurkationsprothese, offene
c
Federn liegen über den Nierenarterien (MIP). c Volume-rendering-Darstellung. A. mesenterica inferior mit Spiralen embolisiert
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Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta
a
c
b
d
e
Abb. 7.10 a–e. Zustand nach konventioneller Operation eines infrarenalen Bauchaortenaneurysmas mit Einsetzen einer Rohrprothese. a Entwicklung eines Leaks an der proximalen Anastomose viele Jahre später. b Messangiographie vor mini-
mal-invasiver Implantation eines Stent-Grafts. c Angiographie nach Implantation, das Aneurysma ist ausgeschaltet. d 3D-Rekonstruktion. e Axiale CT, Nachweis eines kleinen Endoleaks Typ 1
7.2 Abdominale Aorta
Wir haben mit wenigen Ausnahmen Prothesenkörper mit freien Federn („bare springs“) verwendet und diese über die Nierenarterien gelegt. Nach Sondierung des kontralateralen Prothesenschenkels wird das nicht an den Hauptkörper fixierte Bein angedockt. Greift das Aneurysma oder die Ektasie der Beckengefäße einseitig auf die A. iliaca externa über, ist es möglich, den Prothesenschenkel zu verlängern, vorausgesetzt, dass auf der Gegenseite die A. iliaca interna offen ist. Wenn die biiliakale Implantation von Stent-Grafts aus morphologischen Gründen nicht durchführbar ist, können monoiliakale Prothesen auf der therapierbaren Seite eingesetzt werden. Bei dieser Technik muss die kontralaterale A. iliaca communis mit einem Okkluder verschlossen werden, um die retrograde Füllung des Aneurysmasackes zu verhindern. Zur Vermeidung einer Ischämie der ausgeschalteten Extremität ist ein femorofemoraler Querbypass noch in derselben Sitzung erforderlich. Im Durchschnitt beträgt die Dauer der Implantation 2 Stunden mit einer Durchleuchtungszeit von etwa 20 min (Abb. 7.9 a–c, Abb. 7.10 a–e). Verlauf Nach der Implantation entwickelt sich in der Regel ein Postimplantationssyndrom mit leichtem Fieber, Rückenschmerzen, milder Leukozytose, und Anstieg des C-reaktiven Proteins. Dieses erfordert normalerweise keine Behandlung und klingt 1–2 Wochen nach Implantation wieder ab. Als medikamentöse Prophylaxe erhält der Patient über einen Monat 75 mg Ticlopedin und als Dauertherapie 100 mg Acetylsalicylsäure. Verlaufskontrollen Vor Beendigung des Eingriffs sollte angiographisch das Ergebnis kontrolliert werden,um die Perfusion insbesondere der Nierenarterien und der A. iliaca interna, welche durch den Stent-Graft verschlossen werden können, zu dokumentieren. Üblich sind CT-Angiographien vor der Entlassung, nach 3, 6, 12 Monaten und danach jährlich in der arteriellen und spätarteriellen Phase, in der Leaks infolge der protrahierten Kontrastmittelakkumulation verzögert sichtbar werden können. Um Stent-Graft-Migration und Brüche des metallischen Stützapparates zu erkennen, müssen zusätzlich Abdomenübersichtsaufnahmen angefertigt werden. Ergebnisse Die Zweijahresergebnisse der EVAR-Trial-1-Studie (2005) und DREAM-Studie (Blankensteijn et al. 2005) zeigten eine geringere aneurysmabedingte Mortalitätsrate bei endovaskulärer Therapie, aber eine größere Zahl von Komplikationen und Reinter-
Tabelle 7.3. Ergebnisse 9 Jahre EVAR mit 10 verschiedenen Systemen bei 759 Patienten, davon 745 infrarenal. (Umscheid et al. 2003) Primäre Ausschaltung Primäre Konversion Perioperative Mortalität Sekundäreingriffe Typ-2-Leaks a
Zwischen 88 und 93%a Zwischen 2 und 0,5%a Zwischen 4,4 und 2,6%a 30% 9%
Differenziert nach Lernkurve.
ventionen. Die Vorteile der endovaskulären Therapie gegenüber der offenen Operation werden durch Komplikationen in der perioperativen Phase geschmälert, und es besteht Unsicherheit über Langzeitergebnisse, seit über Aneurysmarupturen, GraftMigration und Separation modularer Elemente berichtet worden ist (Hobo et al. 2006; Mita et al. 2000). Diese Komplikationen sind in erster Linie bei der Verwendung der ersten noch unausgereiften Systeme und bei infrarenaler Verankerung beobachtet worden (Buth et al. 2000). In vielen Studien ist dokumentiert, dass die perioperative Morbidität für EVAR niedriger liegt als bei offenen Operationen (Rupert et al. 2005). In Tabelle 7.3 sind die Neunjahresergebnisse einer unizentrischen Studie nach Implantation von endovaskulären Aortenprothesen mit 10 verschiedenen Systemen wiedergegeben (Umscheid et al. 2003). Ein Unsicherheitsfaktor für die Bewertung endovaskulärer Eingriffe ist das Fehlen von Langzeitergebnissen. Torsello und Mitarbeiter (2006) haben eine retrospektive multizentrische Studie über 165 Patienten publiziert, bei denen vor dem Ende des Jahres 1998 ein Talent®-Stent-Graft implaniert worden war, der Eingriff also mindestens 5 Jahre zurücklag. Die Überlebensrate lag:
∑ ∑ ∑ ∑
nach einem Jahr um 95%, nach 2 Jahren um 90%, nach 5 Jahren um 80%, nach 7 Jahren um 75%.
Patienten klassifiziert als ASA Grad IV hatten eine signifikant geringere Überlebensrate als Patienten der Klassen II und III. Die Inzidenz für ein reinterventionsfreies Intervall lag bei
∑ 95% nach einem Jahr, ∑ 80% nach 3 Jahren, ∑ 75% nach 7 Jahren, >(alle Zahlen kalkuliert nach Kaplan-Meier). In dieser multizentrischen Studie schrumpfte das Aneurysma bei knapp 2/3 der Patienten, nur Endoleaks wiesen eine signifikante Korrelation mit einem Größenwachstum auf.
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Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta
Misserfolge und Komplikationen
쐍 Endoleaks. Endoleaks sind die häufigsten Komplikationen. Derzeit werden 5 Typen von Endleaks unterschieden:
∑ Typ 1: Leckaschen an der proximalen oder distalen Verankerung des Stent-Grafts, ∑ Typ 2: Leckaschen durch Kollalateralarterien, ∑ Typ 3: Leckagen durch Defekte des Stent-Grafts, ∑ Typ 4: Leckagen durch Materialporosität, ∑ Typ 5: Endotension. Typ-1-Endoleaks führten nach Auswertung von 2864 Patienten, die mit neueren nach dem Jahr 1999 verfügbaren Systemen behandelt worden waren, mit einer Häufigkeit von 33% zu einer Konversionsoperation und 17% zu transfemoralen Interventionen (Hobo et al. 2006). Sie resultieren aus inkompletter Anheftung der Stent-Grafts im Bereich der proximalen oder distalen Fixierung, sind Folge einer zu kurzen, ulzerierten oder irregulären Verankerungszone, eines zu kurzen Stent-Grafts oder eines zu gering gewählten Prothesendurchmessers („oversizing“). Sie können aber auch entstehen, wenn Probleme beim Freisetzen des StentGrafts die exakte Positionierung erschweren. Sekundär können sie auftreten, wenn im Verlauf der Erkrankung eine Durchmesserzunahme des Aneurysmahalses eintritt. Besteht ein genügend langer Hals in der Verankerungszone lassen sie sich in derselben Sitzung oder in einem Zweiteingriff mit einer Manschette verschließen. Ist dies nicht möglich, erfordert diese Leckage eine operative Revision (vgl. Abb. 7.4 b). Kontrovers wird die Auswirkung von Endleaks vom Typ 2 durch retrograde Perfusion über Kollalateralarterien diskutiert. Gelfand et al. (2006) haben den klinischen Verlauf von 10 EVAR-Studien mit ins-
gesamt 2617 Fällen analysiert. Bei Entlassung und nach 30 Tagen betrug die Inzidenz 6–17%, nach 6 Monaten 4,5–8% und nach einem Jahr 1–5%. Die Hälfte der Leaks verschlossen sich innerhalb eines Jahres spontan. Sie folgern aus ihrer Analyse, dass eine Intervention erfolgen sollte, wenn sich das Aneurysma nach einem halben Jahr vergrößert, länger als 12 Monate ohne Größenzunahme persisiert oder der Druck im Aneurysmasack 20% über dem systolischen Blutdruck liegt. Endoleaks vom Typ 3 lassen sich vielfach interventionell durch Einsetzen eines zusätzlichen StentGrafts in den Stent verschließen. Ist dies nicht möglich muss eine Operation durchgeführt werden. Endleaks vom Typ 4 spielen klinisch keine Rolle, da sich die Durchlässigkeit des Materials auf sehr kurze Zeit beschränkt. Als Typ-5-Endoleaks werden bereits thrombosierte Leckagen beschrieben, die mit einem erhöhten Druck im Aneurysmasack (Endotension) einhergehen. Auf die Endotension werden die Größenzunahme des Aneurysmasackes und die Ruptur ohne StentGraft-Migration oder Nachweis eines Endoleaks zurückgeführt (Pitton et al. 2003, 2005).
쐍 Migration. Eine Migration führte nach Auswertung von 2864 Patienten, die mit neueren nach dem Jahr 1999 verfügbaren Systemen behandelt worden waren, mit einer Häufigkeit von 16% zu einer Konversionsoperation und 14% zu transfemoralen Interventionen (Hobo et al. 2006). Die Migration eines Stent-Grafts kann eintreten, wenn der proximale Prothesendurchmesser zu gering gewählt wurde („oversizing“), wenn der Hals des Aneurysmas zu kurz ist, wenn eine ungünstige Morphologie der Verankerungszone besteht oder wenn sich der Prothesenhals im Verlauf ausweitet (Abb. 7.11 a, b).
Abb. 7.11 a, b. Stentmigration im Übersichtsbild. a Unmittelbar nach Implantation. b Stauchung und Knickbildung im linken Prothesenschenkel
a
b
7.3 Ausblick
쐍 Stent-Graft-Thrombosen. Es sind semizirkuläre thrombotische Auflagerungen beschrieben, die sich im Verlauf zurückgebildet haben und keine weitere Behandlung erforderten. Nach Hobo et al. (2006) erforderte eine Thrombose eines Prothesenschenkels in 23% der Patienten eine transfemorale Revision und in 60% die Anlage eines extraanatomischen Bypasses.
!
Vollkommene Verschlüsse durch CAVE Thrombosen können bei einer Knickbildung des Stent-Grafts bei sehr starker Angulation der Beckengefäße auftreten. Wir haben diese Komplikation bei der von uns bevorzugten Talent®-Prothese gehäuft beobachtet. Die Knickbildung wird durch die konstruktionsbedingte radiäre Instabilität im Übergang vom Hauptkörper zum fest verbundenem Prothesenschenkel ermöglicht. Distale Migration des Stent-Grafts, starke Schrumpfung eines großen Aneurysmas und die damit verbundene Abnahme der Längenausdehnung des Aneurysmas mit Abknickung des Stents sind häufig Ursache einer Thrombose.
쐍 Embolien. Embolien in die Peripherie der Extremitäten oder Nierensegmentarterien mit Ausbildung umschriebener Infarkte können durch das Abscheren von Plaques oder Thromben beim Einführen der Prothesenschleuse auftreten, oder wenn der Stent partiell freigesetzt worden ist und danach in die gewünschte Position gezogen wird.
쐍 Ischämische Komplikationen. Ischämien der unteren Extremitäten, der Beckenorgane und spinale Ischämien sind bekannte Komplikationen des EVAR (Maldonado et al. 2004; Peppelenbosch et al. 2005). Der Verschluss einer Extremitätenarterie kann durch interventionelle oder operative Maßnahmen erfolgreich behandelt werden. Ischämien der Beckenorgane sind multifaktoriell und oft die Folge einer Embolisation von atheromatösem Material in die A. iliaca interna, auch wenn die Perfusion über die A. iliaca interna beidseits erhalten geblieben ist. Bei Aneurysmen, die auf die A. iliaca externa übergreifen und in die Behandlung einbezogen werden, ist darauf zu achten, dass die kontralaterale A. iliaca interna gut perfundiert ist. 쐍 Infektionen. Protheseninfektionen treten sehr selten auf, auch wenn die Implantationen unter evtl. eingeschränkten hygienischen Bedingungen im Angiographieraum durchgeführt wurden. Periprosthetische Verdichtungen sind als Folge einer Fremdkörperreaktion beschrieben worden und können als Protheseninfektion fehlgedeutet werden.
Infektionen gehen mit einer entsprechenden Klinik einher, in der Angio-CT kommt es zu einem Kontrastmittelenhancement durch perivaskuläre Abszessbildung. Infektionen führen häufig zu einer Stent-Graft-Thrombose, wodurch operative Revisionen erforderlich werden (Lange et al. 2005).
쐍 Materialbrüche. Materialbrüche sind Spätkomplikationen und herstellerabhängig. Ein sekundärer Eingriff ist nur bei zusätzlichen Komplikationen wie Thrombosen notwendig, häufig bleiben sie folgenlos.
쐍 Verletzung der Beckengefäße. Verletzungen treten bei einem Missverhältnis zwischen dem Schleusensystem und engen, geschlängelten und stark verkalkten Beckenarterien auf. Daher ist eine sorgfältige präinterventionelle Diagnostik erforderlich.
!
Ein zu forcierter Versuch, die alterierten Gefäße mit dem Schleusensystem des Stent-Grafts zu passieren, kann zu Dissektionen oder Ruptur der Beckengefäße führen. CAVE
Stenosen können evtl. durch Dilatation vor der Implantation passierbar gemacht werden. Schwerwiegende Verletzungen, die nicht mehr durch interventionelle Eingriffe beherrschbar sind, erfordern eine Operation.
쐍 Stent-Graft-Fehlplatzierungen. Zu Fehlplatzierungen kann es kommen, wenn bei sehr ausgeprägter Angulation der Beckengefäße oder der Bauchaorta, eine Knickbildung im Einführsystem auftritt und daraus Probleme bei der Freisetzung resultieren. Bei insuffizienter Ausschaltung des Aneurysmas kann eine Extension durch einen überlappenden zusätzlichen Stent-Graft gelingen.
쐍 Nierenversagen. Das Volumen des während des Eingriffs benötigten Kontrastmittels ist meist ganz beträchtlich. Daher sollten Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion vor der Implantation ausreichend gewässert werden. 7.3 Ausblick Mit den gängigen kommerziell erhältlichen StentGraft-Systemen können etwa 75% aller abdominellen und eine Vielzahl thorakaler Aortenaneurysmen minimal-invasiv behandelt werden. Weitere technische Entwicklungen haben das Ziel, die Produkte kontinuierlich zu verbessern, um die Handhabbarkeit zu erleichtern, schwierige anatomisch- topographische Situationen zu beherrschen und gute Kurz-
377
378
Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta
und Langzeitergebnisse zu erzielen. Der Weg zu diesen Zielen wird über viele kleinere und größere Innovationen verfolgt:
∑ Einführsystem 왔 Verminderung des Reibungswiderstandes, 왔 Erhöhung der Flexibilität, 왔 Erleichterung der kontrollierten Freisetzung des Stent-Grafs zur suprarenalen Fixierung, ∑ Stent-Graft 왔 Haken zur stabileren Verankerung bei kurzem Aneurysmahals, 왔 längere Einzelkomponenten, 왔 flexible Materialien zur Anpassung an die Dynamik der krankhaften Gefäßprozesse, 왔 MR-kompatible Materialien, 왔 Fensterung zur Einbeziehung wichtiger Seitenäste (supraaortale Arterien, Nierenarterien), ∑ Aneurysmasack 왔 Ermöglichung eines perkutanen Zugangs zur Injektion von Medikamenten und Fremdmaterialien mit dem Ziel der Fibrosierung und Schrumpfung. Literatur Blankensteijn JD, de Jong SE, Prinssen M et al. for the Dutch Randomized Endovascular Aneurysm Management (DREAM) Trail Group (2005) Two-year outcomes after conventional or endovascular repair of abdominal aortic aneurysm. N Eng J Med 352: 2389–2405 Blum U, Langer M, Spillner G et al. (1996) Die endoluminale Therapie des infrarenalen Bauchaortenaneurysmas – ein neues interventionelles Verfahren. Fortschr Röntgenstr 164: 47–54 Brady AR, Thompson SG, Fowkes FG, Greenhalgh RM, Powell JT; UK Small Aneurysm Trail Participants (2004) Abdominal aortic aneurysm expansion: risk factors and time intervals for suveillance. Circulation 110: 16–21 Buth J, Laheij RJF, on behalf of the EROSTAR Collaborators (2000) Early complications and endoleaks after endovascular abdominal aortic aneurysm repair. J Vasc Surg 31: 134–146 Chavan A, Galanski M, Pichlmaier M (2000) Minimal-invasive Therapieansätze bei der Aortendissektion. Fortschr Röntgenstr 172: 576–586 Dake MD, Miller DC, Semba CP, Mitchell RS, Walker PJ, Liddell RP (1994) Transluminal placement of endovascular stentgrafts for the treatment of descending thoracic aortic aneurysms. N Engl J Med 331: 1729–1734 Eggebrecht H, Nienaber CHA, Neuhäuser M et al. (2006) Endovascular stent-graft placement in aortic dissection: a meta-analysis. Eur Heart J 27: 489–498 EVAR Trail Participants (2005) Endovascular aneurysm repair versus open repair in patients with abdominal aortic aneurysm (EVAR trail 1): randomised contolled trail. Lancet 365: 2179–2186
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Abdominelle Gefäße
8.1 Nierenarterien M. Uder, M. Heinrich 8.1.1 8.1.2
Behandlung der Nierenarterienstenose 379 Zentraler und peripherer Verschluss von Nierenarterien 386 Literatur 392
8.1.1 Behandlung der Nierenarterienstenose Die endovaskuläre Therapie der Nierenarterienstenose hat die operativen Verfahren der Revaskularisation weitgehend verdrängt und gilt als einer der Wachstumsbereiche innerhalb der interventionellen Radiologie. Dabei wird aber die Sinnhaftigkeit des Verfahrens gerade in der Konkurrenz zu modernen medikamentösen Ansätzen zur Behandlung der Hypertonie und der Niereninsuffizienz immer wieder infrage gestellt. Sicher profitiert nicht jeder Patient von einer Therapie seiner Nierenarterienstenose, aber ganz sicher ist die Behandlung nicht in jedem Fall sinnlos. Die Entscheidung zur Behandlung und die Kontrolle des Therapieerfolgs erfordert eine genaue Kenntnis der Therapiemöglichkeiten und ihrer Erfolgsaussichten, der Symptomatik des Patienten sowie der pathophysiologischen Zusammenhänge zwischen Nierenarterienstenose und renaler Hämodynamik.
!
Die Indikation zu einer Ballondilatation oder Stenttherapie sollte von der Ursache und Ausprägung der Stenose ebenso beeinflusst werden wie von der Frage, ob die Stenose auch für die klinische Symptomatik des Patienten verantwortlich gemacht werden kann. Merke
8
Ätiologie Signifikante Verengungen der Nierenarterie können vielfältige Ursachen haben. So können Strahlenschäden im Rahmen einer abdominellen Radiatio genauso zur Stenose führen wie eine Dissektion der Aorta, eine Neurofibromatose oder eine Arteriitis. Der überwiegende Teil der Nierenarterienstenosen wird aber durch die fibromuskuläre Dysplasie oder die Arteriosklerose hervorgerufen. Diese beiden Ursachen können für ungefähr 95% aller relevanten Verengungen der Nierenarterie verantwortlich gemacht werden (Matsumoto 1998). Fibromuskuläre Dysplasie Die fibromuskuläre Dysplasie tritt meist bei jüngeren Frauen auf und betrifft in ungefähr 2/3 der Fälle beide Nierenarterien. Als häufigster histologischer Subtyp findet sich in etwa 85% aller dysplastischen Nierenarterien eine Fibroplasie der Media. Dabei führt eine exzessive Akkumulation von fibrösem Bindegewebe zur Bildung membranartiger Stenosen, so genannter „Webs“. Diese Stenosen wechseln mit Regionen, in denen die Media verschmälert ist und die Gefäße eine aneurysmatische Dilatation zeigen. Daraus resultiert das für diesen histologischen Typ charakteristische „gänsegurgelartige“ Bild. Diese Form der fibromuskulären Dysplasie betrifft in der Regel die medialen und distalen Abschnitte der Nierenhauptarterie. Die Erkrankung erstreckt sich bei 25% der Patienten aber auch auf die Segmentarterien erster Ordnung. Für die Fibroplasie der Media wird eine Progressionsrate von 12–66% beschrieben, wobei ein Fortschreiten bis zur kompletten Okklusion des Gefäßes sehr selten ist. Eine weitere Spielart der dysplastischen Nierenarterien ist die Fibroplasie der Intima, die durch eine Hyperplasie der Intima gekennzeichnet ist. Dieser Subtyp wird meist bei Kindern beobachtet und kann unbehandelt zu einer Nierenatrophie führen (Uder u. Humke 2003). Arteriosklerotische Nierenarterienstenosen Arteriosklerotische Nierenarterienstenosen sind meist Manifestationen einer diffusen Erkrankung des Gefäßsystems. Bei Patienten mit Manifestationen einer
380
Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
Abb. 8.1 a–c. Einteilung der Nierenarterienstenosen nach ihrer Lokalisation. Die Stenosen werden definiert über den Abstand zur Aortenwand: a ostiale Stenose, b proximale Stenose, c trunkale Stenose. (Mod. nach Uder u. Humke 2003)
Arteriosklerose im Koronararteriensystem, in den Beingefäßen oder in den hirnversorgenden Arterien kann in 10–48% der Fälle auch eine relevante Stenosierung der Nierenarterie nachgewiesen werden. Wie in den anderen Gefäßprovinzen auch, verläuft die Erkrankung oft progressiv. So wird in 7–37% der Fälle bei initialer Verengung der Arterie von mehr als 60% des Durchmessers ein Fortschreiten bis zum kompletten Verschluss des Gefäßes beschrieben. Betrifft die Stenosierung den Abgang der Nierenarterie aus der Aorta, spricht man von ostialen Stenosen bzw. von Abgangsstenosen (Abb. 8.1 a–c). Liegt die Veränderung im Hauptstamm der Nierenarterie mit Abstand zum Ostium, wird die Veränderung als trunkale oder trunkuläre Stenose bezeichnet. Definition
왔 Definiert werden diese beiden Typen
über die Entfernung der Verengung von der inneren Begrenzung der Aorta bzw. dem Aortenlumen. Je nach Referenz werden Stenosen mit einem Abstand von 4–10 mm zum Aortenlumen als ostial und bei größeren Abständen als trunkal klassifiziert. Von einigen Autoren wird zusätzlich noch die proximale oder pseudotrunkale Stenose unterschieden, die innerhalb einer Distanz von 5–10 mm zum Aortenlumen liegt und sich an das Infundibulum („aortic cuff“) anschließt. Radiologische Techniken In aller Regel erfolgt die Intervention an der Nierenarterie über einen femoralen Zugang. Wenn dieser Zugang nicht möglich oder der Abgang der Nierenarterie stark nach kaudal gerichtet ist, kann alternativ ein Zugang über den Arm gewählt werden. Merke
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möglich sein.
Während der Intervention sollte jederzeit eine angiographische Kontrolle
Dazu kann entweder ein Führungskatheter, der mit seinem Ostium vor den Abgang der Nierenarterie gelegt wird oder eine lange, bis unmittelbar infrarenal reichende Schleuse verwendet werden. Die Kontrolle über einen zweiten arteriellen Zugang von der Gegenseite ist ebenfalls möglich, jedoch bei den modernen Materialien weitgehend überflüssig geworden. Nach angiographischer Darstellung der Stenose über einen Pigtail-Katheter erfolgt die selektive Sondierung der Nierenarterie mit einem Cobra- oder RDC-Katheter bei femoralem Zugang. Verläuft die Nierenarterie in einem steilen Winkel nach kaudal, gelingt die selektive Sondierung gelegentlich besser über einen Hook-Katheter mit großem Radius oder einen Sidewinder-Katheter. Bei Zugang über die Armarterien kann ein Headhunter- oder Multipurpose-Katheter verwendet werden. Ein Führungsdraht mit flexibler Spitze wird nach vorsichtigem Überwinden der Stenose in eine stabile Lage in einen Hauptsegmentast der Nierenarterie gebracht. Der Führungsdraht sollte während der gesamten Intervention in dieser Position belassen werden. Über den Draht werden Ballonkatheter und ggf. das stenttragende Kathetersystem über die Stenose geführt. Angioplastie Der Ballondurchmesser sollte nicht größer bemessen werden als der vermutete Durchmesser der nichtstenosierten Nierenarterie, d. h. die Ballongröße soll sich nicht an der poststenotischen Gefäßdilatation orientieren, sondern an dem nichterweiterten Gefäßdurchmesser vor und hinter der Stenose. Für Stenosen an der Aufzweigung von 2 Segmentarterien wird eine Doppelballontechnik oder zumindest die Sondierung des Gefäßastes mit einem zweiten Führungsdraht empfohlen. Einige Arbeitsgruppen verzichten mit dem Hinweis auf die geringe Wahrscheinlichkeit eines Verschlusses auf diese Technik. Stentimplantation Heute stehen miniaturisierte, speziell für die Behandlung der Nierenarterie entwickelte Katheter- und Stentsysteme zur Verfügung, die in so genannter „Monorail-“ oder „Rapid-exchange-Technik“ über dünne Drähte durch Führungskatheter mit geringem Außendurchmesser eingebracht werden können. Aber auch für die „Over-the-wire-Technik“ werden speziell für die Behandlung von Nierenarterienstenosen ausgelegte Stentsysteme angeboten. Für die Behandlung von Nierenarterienstenosen haben sich ballonexpandierbare Stahlstents durchgesetzt. Die Stentlänge sollte generell so kurz wie möglich bemessen werden. Bei Verwendung moderner, vormontierter Stentsysteme ist es nicht mehr erforderlich, erst einen
8.1 Nierenarterien
Führungskatheter über die Stenose in die Nierenarterie vorzuschieben, da bei den niedrigen Crossing-Profilen und den maschinell montierten Stents das Risiko, mit dem Stent am arteriosklerotischen Plaque hängen zu bleiben und ihn abzustreifen, sehr gering ist. Zur Kontrolle des Behandlungsergebnisses sollte vor Entfernen des Führungsdrahtes eine Angiographie erfolgen, um bei Problemen oder unzureichendem Behandlungsergebnis die Intervention fortsetzten zu können. Nach Stentimplantation sollte zusätzlich eine Darstellung nach Entfernen des Führungsdrahtes durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Arterie nicht hinter dem Stent abknickt und so okkludiert wird. Medikamentöse Therapie Entgegen früheren Empfehlungen sollten die Patienten am Tag der Intervention ihre übliche antihypertensive Medikation erhalten. Die früher vielfach geäußerte Sorge, der Patient könnte hypoton oder kreislaufinstabil werden, wenn die Nierenarterienstenose unter einer antihypertensiven Therapie beseitigt würde, ist – auch aus pathophysiologischer Sicht – unbegründet. Die für die Entstehung einer renovaskulären Hypertonie verantwortliche Reninbildung und -sekretion wird nämlich mit der Beseitigung der Stenose weder sofort unterdrückt noch kommt die systemische Wirkung dieses Enzyms unmittelbar zum Erliegen. Die Anpassung des Regelkreises nimmt einen Zeitraum von Tagen bis Wochen in Anspruch. Während der Intervention erhält der Patient als Medikation 5000 IE Heparin intraarteriell. Von einigen Arbeitsgruppen wird in Analogie zur Behandlung von Stenosen der Koronararterien die zusätzliche periinterventionelle Aufsättigung mit Hemmstoffen der Adenosindiphosphat-induzierten Thrombozytenaggregation (z. B. Clopidogrel) empfohlen (Matsumoto et al. 2006). Für die Nachbehandlung gibt es kein allgemein akzeptiertes und durch Studien abgesichertes Regime. Die Empfehlungen reichen von einer intravenösen Heparingabe mit therapeutischem Effekt über die Verabreichung niedermolekularer Heparine in therapeutischer Dosierung über einige Tage bis zum vollständigen Verzicht auf die Heparingabe. Vielfach wird aber die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern vom Typ des Clopidogrel für 4–6 Wochen empfohlen. Bei Vorliegen einer Arteriosklerose wurde die lebenslange Einnahme von 100 mg Acetylsalicylsäure pro Tag vorgeschlagen. Da bei vielen Patienten durch die Beseitigung der Nierenarterienstenose die Nierenfunktion erhalten werden soll, ist es gerade bei dieser Patientengruppe
Abb. 8.2. Eine Stenose der Nierenarterie bewirkt bei einer Reduktion des renalen Blutflusses die Bildung von Renin. In den systemischen Kreislauf gelangtes Renin bewirkt die Umwandlung von Angiotensinogen in Angiotensin I. Dieses wiederum wird durch das Angiotensin-Converting-Enzym in Angiotensin II umgewandelt. Angiotensin II führt über die Bindung an entsprechende Rezeptoren zu einer Vasokonstriktion der peripheren Widerstandsgefäße und zu einer Aldosteron-vermittelten Wasserretention mit der Folge einer arteriellen Hypertonie. (Mod. nach Uder u. Humke 2003)
wichtig, dass das Risiko einer Nierenschädigung durch das verwendete Röntgenkontrastmittel reduziert wird. Hierzu ist zunächst eine Hydrierung der Patienten mit je 1 l Flüssigkeit in den 12 Stunden vor und nach der Intervention empfehlenswert. Über die Hydratation hinausgehende Ansätze einer medikamentösen Nephroprotektion bzw. die Verwendung dimerer Röntgenkontrastmittel anstelle der nichtionischen Monomere müssen trotz einzelner positiver Studienergebnisse noch als experimentell angesehen werden und sind wohl ohne wesentlichen Effekt. Indikationen Therapieziele Die Beseitigung einer Stenosierung der Nierenarterie ist in der Annahme begründet, dass durch eine Minderung der renalen Durchblutung einerseits eine arterielle Hypertonie (Abb. 8.2) und andererseits eine Einschränkung der Nierenfunktion ausgelöst werden kann. Signifikante Stenosen Als Indikation zur interventionellen oder operativen Behandlung der Nierenarterienstenose werden nur Stenosen mit „hämodynamischer Relevanz“ angesehen. Es besteht aber kein allgemeiner Konsens darüber, wann die Hämodynamik der Niere relevant verändert wird. Basierend auf tierexperimentellen Untersuchungen wurde seit langem eine Reduktion des Lumendurchmessers um 70% als relevant angesehen, weil es bei diesem Stenosegrad in Experimenten mit gesunden Tieren zu einer Reduktion des renalen Blutflusses kommt, der durch die renale Auto-
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Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
Abb. 8.3. Autokrine/parakrine Wirkung des Renin-Angiotensin-Systems. Das in der Macula densa bei einem Abfall der GFR freigesetzte Renin wird mit dem Blutstrom über das Vas efferens ins Nierenmark transportiert. Dort findet die Umwandlung in Angiotensin II statt. Die dadurch ausgelöste Vasokonstriktion bewirkt eine Steigerung des glomerulären Filtrationsdruckes und der GFR. Angiotensin II hat darüber hinaus noch eine ganze Reihe weiterer Effekte in der Niere (Steuerung der Kollagenbildung, Wachstumsfaktor). (Mod. nach Uder u. Humke 2003)
ja nur die Lumeneinengung in kraniokaudaler Ausrichtung beurteilen lässt. Dessen ungeachtet ist eine Stenose wohl dann hämodynamisch wirksam, wenn in der Angiographie Kollateralgefäße sichtbar werden oder wenn die arterielle Phase, Parenchymogramm und Ausscheidung ins Hohlraumsystem im Vergleich zur Gegenseite verzögert sind. Durch die Nierenszintigraphie unter Gabe von Hemmstoffen der renalen Autoregulation wie ACEHemmern oder Aspirin kann die funktionelle Bedeutung einer Stenose verifiziert werden, zumindest wenn es um die Behandlung einer renovaskulären Hypertonie geht. Auch durch die farbkodierte Duplexsonographie kann die Relevanz einer Stenose erfasst werden. Die invasive Messung des transstenotischen Druckgradienten wurde immer wieder als wichtiges Entscheidungskriterium vor Therapie propagiert. Allerdings konnte die Validität dieses Verfahrens an der Niere bislang nicht überzeugend nachgewiesen werden. Definition
regulation nicht mehr kompensiert werden kann (Haimovici u. Zinicola 1960; Imanishi et al. 1992). Solche Daten und klinische Erfahrungen nach operativer und interventioneller Revaskularisation bilden die Basis für Empfehlungen, erst ab einer Stenosierung von mindestens 70% zu intervenieren (Safian u. Textor 2001). Neuere Untersuchungen an Patienten wollen glaubhaft machen, dass sogar erst Lumeneinschränkungen von mehr als 80% behandlungsbedürftig sind, weil erst dann eine Reninsekretion ausgelöst wird (Simon 2000). Dabei ist aber zu bedenken, dass nicht alleine maßgebend ist, ab wann eine Stenose zur systemischen Sekretion von Renin führt, sondern ob die Stenose bereits eine intrarenale Aktivierung des Reninsystems mit konsekutiver Verminderung der Durchblutung des Nierenmarks ausgelöst hat (Abb. 8.3). In Analogie zur Beurteilung von Stenosen in den Koronararterien und den Extremitätenarterien wird in einer Reihe von neueren Studien bereits eine Stenose der Nierenarterie von >50% als Indikation für eine Behandlung angesehen (Leertouwer et al. 2002; van Jaarsveld et al. 2000). Die Gleichsetzung dieser Gefäßprovinzen ist aber höchst fragwürdig, da die Bedeutung einer Gefäßstenose nur in Abhängigkeit vom nachgeschalteten Widerstandssystem beurteilt werden kann und die komplexe, durch viele Hormonsysteme kontrollierte Aufteilung des renalen Blutflusses in die 2 Kapillargebiete von Glomerulus und Nierenmark nicht ohne weiteres mit der Muskeldurchblutung verglichen werden darf. Die angiographische Einschätzung des Stenosegrades als alleiniges Kriterium für die Indikationsstellung ist problematisch, da sich mit dieser Abbildung
왔 Eine Nierenarterienstenose muss als
kritisch angesehen werden, wenn zusätzlich eine Reduktion der Nierengröße nachgewiesen werden kann oder wenn unter Gabe von ACEHemmern oder Angiotensinrezeptorantagonisten ein Kreatininanstieg beobachtet werden kann. Ebenso müssen bilaterale Stenosen, Stenosen in funktionellen Einzelnieren sowie hochgradige Stenosen als kritisch angesehen werden. In solchen Fällen ist die Revaskularisation der Niere eher vorteilhaft für die Nierenfunktion oder deren Erhalt (Simon 2000; Tuttle 2000). Bei Stenosen auf der Basis einer fibromuskulären Dysplasie reicht der Nachweis der typischen Veränderungen bei Vorliegen einer Niereninsuffizenz oder Hypertonie als Indikation zur Behandlung aus. Die Einschätzung des angiographischen Stenosegrades spielt hier keine Rolle, denn die web-artigen Stenosen sind in ihrer Relevanz für den Blutfluss angiographisch nicht sicher zu bewerten. Ergebnisse Beseitigung der Stenose 쐍 Stenose aufgrund einer fibromuskulären Dysplasie. Die alleinige Ballondilatation führt bei der fibromuskulären Dysplasie in 90–100% der Fälle zu einem technischen Erfolg. Ziel der perkutanen transluminalen Angioplastie (PTA) ist es dabei nicht, eine vollkommen glatte Gefäßkontur herzustellen, es geht vielmehr darum, die meist membranartigen Stenosen mit dem Ballon zu zerreißen und so einen ungehinderten Blutfluss zur Niere herzustellen. Auch im langfristigen Verlauf ist die überwiegende Zahl der Patienten bei einer kumulativen Erfolgsrate von 87% über 10 Jahre mit der PTA nachweislich gut behandelt
8.1 Nierenarterien
Wenn eine Behandlung der fibromuskulären Dysplasie mit der alleinigen Ballonangioplastie nicht möglich ist oder die PTA zu einer schwerwiegenden Intimadissektion geführt hat, kann bei diesem Krankheitsbild neben dem Stent auch eine operative Rekonstruktion mit nachgewiesen guten Offenheitsraten im Langzeitverlauf erwogen werden. Wenn die PTA zu einer Normalisierung oder zumindest Besserung der arteriellen Hypertonie führt, ist zur Verlaufsbeobachtung nach Behandlung der fibromuskulären Dysplasie die Kontrolle des arteriellen Blutdrucks ausreichend. Lediglich bei ansteigenden Blutdruckwerten muss eine Rezidivstenose ausgeschlossen und ggf. eine erneute PTA durchgeführt werden.
쐍 Stenose aufgrund von Arteriosklerose. Nach Metaa
b
Abb. 8.4 a, b. Fibromuskuläre Dysplasie der Nierenarterie bei einem 43 Jahre alten Mann mit schwer einstellbarer Hypertonie. a Nur geringe Wandunregelmäßigkeiten in der distalen Hauptarterie ohne Nachweis einer eigentlichen Stenose. b Nach der PTA mit einem 6 mm-Ballonkatheter fanden sich immer noch Wandunregelmäßigkeiten. Dennoch stellte sich innerhalb von 3 Tagen eine Normotonie ein, weil die membranartigen Stenosen zerrissen wurden
(Tegtmeyer et al. 1991). Allerdings muss bei ungefähr 10–27% der Patienten die Behandlung ein zweites oder sogar ein drittes Mal wiederholt werden, weil sich im Verlauf Rezidivstenosen entwickelt haben (Abb. 8.4 a, b).
!
Die Implantation eines Stents sollte bei den meist jungen Patienten vermieden werden. Merke
analysen lässt sich bei arteriosklerotischen Nierenarterienstenosen mit der PTA nur bei 80% der Patienten (46–100%) ein ausreichendes morphologisches Ergebnis erzielen (Tegtmeyer et al. 1996). Diese Daten überschätzen den Effekt der alleinigen PTA wohl noch, da in die Studien zur PTA überproportional viele Patienten mit trunkalen Stenosen eingeschlossen wurden. Stenosen in dieser Lokalisation sind in den meisten Fällen erfolgreich mit der Angioplastie zu behandeln. Bei Stenosen durch aortale Plaques am Abgang der Nierenarterie ist die PTA nur in 25–30% der Fälle technisch erfolgreich. Mit einem Stent kann aber auch dieser Stenosetyp behandelt werden (Abb. 8.5 a–d). Die Stenttherapie von Nierenarterienstenosen ist mittlerweile ein etabliertes Verfahren, das bei nahezu allen Patienten zur Beseitigung der Stenose führt. Die Offenheit der so behandelten Gefäße wurde auch im längerfristigen Verlauf dokumentiert. Nach einer Metaanalyse tritt bei 17% (Spanne: 0–39%) der Patienten eine Rezidivstenose innerhalb einer Nachbeobachtungszeit von im Mittel 16 Monaten auf (Leertouwer et al. 2000). Eine große Untersuchung an einem einzelnen Zentrum findet Rezidivstenosen in 21,3% der Fälle nach einem mittleren Follow-up von 10 Monaten (Lederman et al. 2001). Mehrfach konnte gezeigt werden, dass das Risiko, eine Rezidivstenose nach Stentimplantation zu erleiden, mit dem Durchmesser des Stents abnimmt (Djavidani et al. 2001; Lederman et al. 2001). Bislang liegen keine Daten vor, die eine Abhängigkeit der Rezidivstenoserate vom jeweiligen Stentdesign zeigt. Die Stentimplantation in die Nierenarterie wurde zunächst nur zur Behandlung bei unzureichendem PTA-Ergebnis oder zur Behandlung okkludierender Intimadissektionen empfohlen. Jedoch haben die positiven Erfahrungen dieser Behandlungsmethode vielfach zu der Ansicht geführt, dass eine Nierenarterienstenose primär mit einem Stent behandelt wer-
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Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
a
b
c
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Abb. 8.5. a, b. Höchstgradige Ostiumstenose der linken Nierenarterie bei einem 53 Jahre alten Mann mit medikamentös nicht kontrollierbarer Hypertonie. c Nach der Ballondilatation verbleibt eine signifikante Stenose mit einer intimalen
Irregularität. d Nach der Implantation eines ballonexpandierbaren Stents ist die Stenose komplett beseitigt. Die Stentweite wurde an den gesunden (prähilären) Gefäßdurchmesser und nicht an die poststenotische Dilatation angepasst
den sollte. Dies wird untermauert durch Studien, die zeigen, dass sich durch die primäre Stentimplantation bei ostialen Stenosen die Offenheitsrate signifikant steigern und die Rate von Rezidivstenosen senken lässt (Baumgartner et al. 2000; van de Ven et al. 1999). Dennoch wird mit diesen Daten – nach unserer Meinung – der Nutzen einer primären d. h. ohne vorangehende kurative PTA bzw. unabhängig vom PTAErgebnis durchgeführten Stentimplantation nicht ausreichend belegt. Denn zum einen ist bislang kein
Unterschied im klinischen Outcome zwischen den Patienten mit und ohne Stent nachgewiesen worden, zum anderen gelten ungefähr 1/3 der Patienten aus den genannten Untersuchungen auch ohne den Stent nach 6–12 Monaten als ausreichend behandelt (Baumgartner et al. 2000; Van de Ven et al. 1999). Diese Patienten wären mit dem Stent „übertherapiert“ worden. Das ist insofern von Bedeutung, da die Stentimplantation das Risiko von Komplikationen beim endovaskulären Eingriff erhöht (Beek et al. 1997) und zumindest tendenziell selbst einen Grund für
8.1 Nierenarterien
Rezidivstenosen durch myointimale Hyperplasien darstellen kann (Baumgartner et al. 2000). Sicher aber ist der Stent ein probates Mittel zur Behandlung von unzureichenden PTA-Ergebnissen und von Komplikationen einer Angioplastie. Einfluss auf die Symptomatik 쐍 Hypertonie. Es ist in vielen Studien belegt, dass die Beseitigung hämodynamisch relevanter Stenosen der Nierenarterie zu einer Besserung oder Heilung der arteriellen Hypertonie führen kann. Der Erfolg der Maßnahme hängt dabei aber nicht alleine vom Schweregrad der Stenose ab. So zeigt die Behandlung von Stenosen bei der fibromuskulären Dysplasie eine Heilung oder Besserung der Hypertonie in 41 bzw. 50% der Patienten mit kumulativen Erfolgsraten von 87% über 10 Jahre (Matsumoto 1998). Dagegen lässt sich nach großen Sammelstatistiken bei Patienten mit arteriosklerotischen Stenosen nur bei 11% eine Normotonie und bei 54% eine Besserung der Hypertonie herbeiführen (Tegtmeyer et al. 1996). Auch die Einführung der Stenttherapie hat hier keine wesentliche Verbesserung der Ergebnisse gebracht. Große Single-center-Studien nach Stenttherapie der Nierenarterienstenose zeigen bei 43 bzw. 71% der Patienten eine nachhaltige Blutdruckverbesserung über einen medianen Zeitraum von 24 bzw. 16 Monaten (Dorros et al. 1998; Lederman et al. 2001). Dabei scheinen Veränderungen der renalen Gefäßperipherie den Erfolg der Revaskularisation entscheidend zu beeinflussen. So konnte in einer prospektiven Untersuchung ein duplexsonographisch gemessener Widerstandsindex (Resistance-Index) als Maß für die periphere Nephrosklerose identifiziert werden und eine Korrelation dieses Parameters mit dem Behandlungserfolg gezeigt werden. Danach korreliert ein Resistance-Index <80, d. h. eine Abschwächung der systolischen Flussgeschwindigkeit in der Diastole um <80%, signifikant mit einer Verbesserung des Blutdrucks nach Therapie (Radermacher et al. 2001). Die hohe Zahl von Patienten, die trotz Revaskularisation einer medikamentösen Blutdrucktherapie bedürfen, und die Entwicklung potenter Antihypertensiva, die eine Blutdruckkontrolle trotz Nierenarterienstenose zulassen, hat die interventionelle Therapie der Nierenarterienstenose infrage gestellt. Mehrere randomisierte Studien haben die Wertigkeit der Nierenarterien-PTA mit der alleinigen medikamentösen Blutdrucktherapie verglichen und kommen allesamt nicht zu einem signifikanten Vorteil für die interventionelle Therapie (Plouin et al. 1998; van Jaarsveld et al. 2000; Webster et al. 1998). Nach 2 kürzlich vorgestellten Metaanalysen dieser Daten mit insgesamt 210 Patienten hat die Angioplastie gegenüber der rein medikamentösen Therapie einen modera-
ten, aber signifikanten Vorteil in der Behandlung der arteriellen Hypertonie (Ives et al. 2003; Nordmann et al. 2003). Der Wert der Angioplastie von Nierenarterienstenosen mit dem Ziel, eine arterielle Hypertonie zu behandeln, kann gerade im Vergleich mit modernen Antihypertensiva noch nicht abschließend beurteilt werden. Die vorliegenden Untersuchungen zeigen aber, dass bei jungen Patienten, insbesondere mit einer fibromuskulären Dysplasie, und bei Patienten, deren Hypertonie mit Medikamenten nur schlecht zu kontrollieren ist, eine Intervention durchgeführt werden sollte.
쐍 Nierenfunktion. Schwerwiegende Verengungen der extraparenchymalen Arterien können über eine chronische Ischämie zu einer atrophischen Nephropathie mit Niereninsuffizienz führen (Dean et al. 1991). Klinisch und auch ökonomisch stellt dies ein erhebliches Problem dar. So lässt sich z. B. bei 15– 27% der Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz als Grund für die Dialysepflicht eine arteriosklerotische renovaskuläre Erkrankung vermuten (Mailloux et al. 1994; Scoble et al. 1989; Textor 1998). Ziel der interventionellen Behandlung der Nierenarterienstenose sollte es also sein, die Entwicklung einer Nephropathie mit progressivem Funktionsverlust zu verhindern. Während Daten aus Beobachtungsstudien zeigen, dass sich bei 30–50% der Patienten die Kreatininkonzentration im Serum durch die PTA wirklich reduzieren lässt, haben Analysen von randomisierten Untersuchungen diesen positiven Effekt der PTA nicht bestätigen können (Ives et al. 2003; Matsumoto 1998; Nordmann et al. 2003). Allerdings sind in diesen Metaanalysen ausschließlich Studien eingegangen, die eine Hypertonietherapie zum Ziel hatten und nur selten Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion eingeschlossen haben. Darüber hinaus ist der Serumkreatininspiegel nur ein grobes Maß für die exkretorische Leistung der Niere. Mehrere groß angelegte prospektive randomisierte Studien zur Bedeutung der Revaskularisation für die Nierenfunktion sind jetzt erst angelaufen. Es wurde mehrfach überzeugend gezeigt, dass durch die Therapie der Nierenarterienstenose bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz in 80–100% der Fälle die Progression des Nierenleidens zwar meist nicht aufgehalten werden kann, dass aber die Geschwindigkeit des Funktionsverlustes relevant vermindert wird (Harden et al. 1997; Watson et al. 2000). Durch eine Intervention an der Nierenarterie ist also möglicherweise nicht zu verhindern, dass ein Patient dialysepflichtig wird, die Zeitspanne bis zu ihrer Notwendigkeit lässt sich aber hinauszögern. Bei bis
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Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
zu 20% der behandelten Patienten wird die Progression der Niereninsuffizienz durch den Stent allerdings beschleunigt. Die Arbeiten zeigen darüber hinaus, dass die Intervention gerade auch bei Patienten mit schon stark eingeschränkter Funktion (Serumkreatininwerte >2,5 mg/dl bzw. 220 mmol/l), die bislang als Kandidaten für eine Revaskularisation umstritten waren, sinnvoll ist. Der Wert von PTA und Stent zum Erhalt der Nierenfunktion bei normaler oder geringgradiger Einschränkung der Nierenfunktion ist umstritten. Dies liegt z. T.daran, dass der Effekt der Revaskularisation auf die verschiedenen Parameter der Nierenfunktion – wie die glomeruläre Filtrationsrate (GFR), den renalen Plasmafluss bzw. den effektiven renalen Plasmafluss – an der behandelten Niere nur sehr schwer zu messen ist und aus diesem Grund nur wenige Daten vorliegen. Die Beseitigung einer Nierenarterienstenose kann komplexe Veränderungen der verschiedenen hämodynamischen und funktionellen Parameter in der behandelten und auch der kontralateralen Niere auslösen (Leertouwer et al. 2002). Eine abschließende Bewertung der Revaskularisation der Niere für die Nierenfunktion ist heute noch nicht möglich. Für die „prophylaktische“ Behandlung der Nierenarterienstenosen, d. h. eine Behandlung, die das Ziel hat, einen Funktionsverlust zu verhindern, gibt es bislang keine ausreichende Rechtfertigung. Diese Frage ist verstärkt ins Blickfeld geraten, weil wir durch nichtinvasive angiographische Verfahren wie CT- und MR-Angiographie häufiger mit Patienten konfrontiert werden, bei denen eine inzidentelle bzw. nichtsymptomatische Stenose nachgewiesen wird. So ist in etwa 30% der Patienten, bei denen eine Gefäßveränderung in den Arterien von Bein, Herz oder Hirn detektiert wurde, auch mit Stenosen der Nierenarterie zu rechnen (Kuroda et al. 2000). Retrospektive Beobachtungsstudien solcher Patienten finden allerdings keinen Einfluss dieser inzidentellen Stenosen auf die Nierenfunktion. Allerdings wies der größte Teil der Patienten nur Stenosen von weniger als 70% auf, und die Nierenfunktion wurde nur durch den Serumkreatininwert bestimmt. Hilfestellung bei der Entscheidung zur Therapie der inzidentellen Nierenarterienstenose kann die Klassifizierung als „kritische Nierenarterienstenose“ leisten (s. oben,„Indikation“). Komplikationen Die PTA von Stenosen auf Grundlage einer fibromuskulären Dysplasie ist, da es sich in der Regel um junge Patienten ohne nennenswerte Begleiterkrankungen handelt, nur mit einem geringen Risiko von Komplikationen verbunden. Anders ist dies bei der Therapie der arteriosklerotischen Nierenarterien-
stenose. Hier liegt die Rate von unerwünschten Therapiefolgen zwischen 5 und 36% mit einer periprozeduralen Mortalität von <2%. Am häufigsten werden punktionsbedingte Hämatome beobachtet. Wir wissen, dass die Stentimplantation das Komplikationsrisiko steigert. Bei einem nicht unerheblichen Teil von Patienten muss dabei mit der Embolisation von Cholesterinkristallen gerechnet werden, die einen temporären oder permanenten Funktionsverlust der Nieren auslösen können. Eine Untersuchung an 50 konsekutiven Patienten beziffert dieses Risiko mit 10% (Beek et al. 1997). Diese Art von Komplikation wird wahrscheinlich zu selten diagnostiziert, weil die Symptome erst einige Tage oder Wochen nach der Prozedur mit Schmerzen in den Beinen, Hautverfärbungen oder Nierenfunktionseinschränkung offenkundig werden. Der Nachweis einer eosinophilen Leukozytose kann diagnostisch hilfreich sein. 8.1.2 Zentraler und peripherer Verschluss von Nierenarterien Der interventionelle Gefäßverschluss in der Niere stellt heute ein Standardverfahren dar, bei dem entweder die Strombahn der ganzen Niere oder selektiv einzelne Teilbereiche bzw. isolierte Gefäße okkludiert werden. Die Mehrzahl der Nierenembolisationen wird mittlerweile superselektiv durchgeführt, meist um Blutungen zu kontrollieren. Aber auch für die komplette Ausschaltung der Nierendurchblutung gibt es Indikationen, wenn auch dieser Eingriff in den letzten Jahren seltener angefordert wird. Dies liegt daran, dass diese Therapie in vielen Situationen ihre Berechtigung nicht erweisen konnte oder die Entwicklung anderer Behandlungsverfahren die Embolisation verzichtbar gemacht hat. Radiologische Techniken Die Embolisation der Niere kann mit Hilfe eines 4- oder 5 F-Selektivkatheters durchgeführt werden. Sollen nur Teile der Niere oder periphere Arterien verschlossen werden, ist die Koaxialtechnik, bei der durch den Selektivkatheter ein schmalkalibriger Koaxialkatheter vorgeschoben wird, zu bevorzugen. Ist in der Kontrollangiographie die korrekte Katheterlage dokumentiert, können die verschiedenen Embolisate über den Katheter eingebracht werden. Die Wahl des Embolisationsmaterials richtet sich dabei nach dem angestrebten Verschlusstyp. Wird ein umschriebener zentraler Verschluss der Nierenarterie intendiert, ist die Verwendung von faserbesetzten Metallspiralen am gebräuchlichsten. Dazu muss die Nierenarterie tief genug sondiert
8.1 Nierenarterien
werden, um einen sicheren Abwurf der Spirale zu gewährleisten. Meist sind mehrere Spiralen erforderlich.
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Besondere Vorsicht ist geboten, da bei abnehmendem Fluss eine Migration der zuletzt implantierten Spiralen begünstigt wird. CAVE
Daher sollte die Größe der letzten Spirale so gewählt werden, dass sie sich sicher im Gefäß verkeilen oder in einer zuvor bereits verankerten Spirale verhaken kann. Alternativ kann ein zentraler Verschluss mit ablösbaren Ballons, größeren Gelfoam-Partikeln oder geringen Mengen an Etibloc bzw. Gewebekleber erzielt werden. Wegen hoher Rekanalisationsraten wird der rein zentrale Verschluss mittlerweile häufig mit einer peripheren Embolisation kombiniert (kombiniert zentral-peripherer Verschluss), wobei die A. renalis und ihre Äste erster und zweiter Ordnung verschlossen werden. Hierzu können Minispiralen, Gelatinepartikel, Polyvenylalkoholpartikel, Gewebekleber oder Ethibloc verwendet werden. Für eine kapilläre Embolisation ist die Verwendung von absolutem Alkohol am gebräuchlichsten. Hierzu können aber auch andere flüssige Embolisate (Ethibloc, Zyanoakrylat) verwendet werden. Wird absoluter Alkohol zur Embolisation eingesetzt, ist bei der superselektiven peripheren Embolisation die Koaxialtechnik empfehlenswert. Bei Totalembolisation ist der Einsatz von Ballonokklusionskathetern ratsam. Vor der Applikation des Alkohols sollte das Volumen des arteriellen Kompartiments bestimmt werden, um dann eine entsprechende Menge Alkohol applizieren zu können (meist 10–12 ml, bis zu 20 ml; Neuerburg u. Lehrmann 2004). Zur Behandlung von Blutungen oder arteriovenösen (AV-) Fisteln ist ein superselektiver Verschluss an der Stelle des Blutaustritts anzustreben. Hierfür haben sich heute Mikrospiralen aus Platin mit oder ohne Faserbesatz durchgesetzt. Aber auch andere Embolisate wie dünne Seidenfäden, Kollagen, Gelatinepartikel und Gewebekleber wurden mit Erfolg eingesetzt. Die Patienten nehmen einen superselektiven Verschluss kleiner Arterien in der Niere in der Regel nicht wahr. Jedoch ist immer dann, wenn größere Teile des Nierenparenchyms von der Blutzufuhr abgeschnitten werden, eine Analgesie erforderlich. Hierzu kann eine peridurale Anästhesie erfolgen. Alternativ ist aber auch die intravenöse Verabreichung von Opioiden möglich. Ihr ist der Vorzug zu geben, wenn der Patient unmittelbar nach einer präoperativen Embolisation in einer Allgemeinnarkose operiert wird.
Indikationen Behandlung von Blutungen Die Behandlung von Blutungen durch eine gezielte, superselektive Embolisation ist die häufigste Indikation für Gefäßverschlüsse an der Nierenarterie. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um iatrogene Blutungen nach Anlage einer Nephrostomie, nach Biopsie oder perkutaner Steinzertrümmerung. Oft finden die Blutungen Anschluss an das Hohlraumsystem der Niere und bedingen so eine Hämaturie mit heftigen Koliken.
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Wird ein umschriebener Blutaustritt oder ein falsches Aneurysma nachgewiesen, ist die Embolisation die Therapie der ersten Wahl, weil sie im Gegensatz zu einer Operation oft nicht zu Parenchymverlust führt (Abb. 8.6 a–d). Merke
Anders verhält es sich bei größeren Parenchymzerreißungen, da hier zur Behandlung oft mehrere Segmentarterien verschlossen werden müssten und in vielen Fällen mit Komplikationen wie Infektion des Hämatoms oder Abszedierung zu rechnen ist. Arteriovenöse Fisteln, Angiodysplasien, Aneurysmen Angeborene oder iatrogen erworbene AV-Fisteln der Niere führen zu einer Volumenbelastung des Herzens. Die Niere erhält schon unter physiologischen Bedingungen einen großen Teil des Herzzeitvolumens. Über Steal-Phänomene können solche Fisteln zur Einschränkung der exkretorischen Funktion, einer chronischen Schädigung des Nierenparenchyms oder auch zu einer renalen Hypertonie führen. Wie auch in anderen Regionen, weisen die Kurzschlussverbindungen zwischen Arterie und Vene die Tendenz zur Größenzunahme auf. Daher ergibt sich die Indikation zur Behandlung beim Nachweis einer Fistel, auch wenn noch keine Symptomatik dadurch hervorgerufen wird. Der Embolisation sollte auch in diesem Fall der Vorzug gegenüber einer operativen Intervention gegeben werden, da sie in aller Regel nicht mit einem Verlust an funktionsfähigem Parenchym verbunden ist (Abb. 8.7 a–d). Sehr selten werden Angiodysplasien in der Niere beobachtet, die eine Hypertonie und eine Hämaturie auslösen können. Auch diese Veränderungen sind einer Embolisation vorzugsweise mit flüssigen Embolisaten zugänglich. Angeborene Aneurysmen der Nierenarterie sind selten. Sie können durch chronische Embolien zu einem fortschreitenden Funktionsverlust oder einer Hypertonie führen. Die renalen Aneurysmen sind häufig in der Gabelung von Gefäßen lokalisiert und weisen eine weite Öffnung zum Arterienlumen auf. Es liegen einige kasuistische Berichte über die Embolisationstherapie vor.
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Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
a
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Abb. 8.6 a–d. Aneurysma spurium (b) 2 Wochen nach einer organerhaltenden Nierentumoroperation bei kleinem Nierenzellkarzinom am Oberpol (a). c Selektive Sondierung der be-
!
Techniken, bei denen das gesamte zuführende Gefäß verschlossen wird, sollten wegen der daraus resultierenden Infarkte und ihren Gefahren heute nur nach sehr strenger Indikationsstellung durchgeführt werden. CAVE
troffenen Segmentarterie mit Koaxialkatheter. d Mit Platinspiralen lässt sich die Blutung ohne weiteren Parenchymverlust verschließen
Alternativ kann das gesamte Aneurysma unter Erhalt der Durchblutung in der Arterie mit ablösbaren Spiralen oder mit einem Ethylen-Venylalkohol-Kopolymer (Onyx) verschlossen werden. Allerdings sind Dauerhaftigkeit und Wirksamkeit eines solchen Verschlusses in der Niere noch nicht erwiesen (Karkos et al. 2000; Lupattelli et al. 2003).
8.1 Nierenarterien
a
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Abb. 8.7. a Große AV-Fistel bei einem 43 Jahre alten Mann, die im Rahmen einer Hypertonie aufgefallen war. Die Fistel hat zu einer Minderdurchblutung der rechten Niere geführt. b Selektive Sondierung der massiv dilatierten Fistelarterie mit 4 F-Katheter bis knapp vor den Übertritt in die aneurysma-
tisch erweiterte Vene. c,d Verschluss der Fistelarterie mit faserbesetzten Makrospiralen. Nach der Embolisation kleiner peripherer Infarkt (Pfeil), das übrige Nierenparenchym ist besser kontrastiert als vor der Embolisation
Tumorembolisationen Bei großen Nierenzellkarzinomen ist eine präoperative Totalembolisation der Niere propagiert worden (Abb. 8.8 a, b). Damit sollte eine mögliche Tumorzellverschleppung während der Nephrektomie verhindert, die Operation durch die entstandene Blutleere erleichtert und der intraoperative Blutverlust gesenkt werden (Guiliani et al. 1981; Zielinski et al. 2000). Eine Verbesserung der Operationstechniken auf der einen Seite und der bislang fehlende Beweis für die Effektivität hat die Methode in den letzten Jahren zurückgedrängt. Die Totalembolisation kann bei fortgeschrittenen, nichtoperablen Nierenzellkarzinomen auch zur Palliativbehandlung durchgeführt werden. Dies soll Komplikationen der Tumoren, wie massive Hämaturie, paraneoplastische Symptome und lokale Tumorschmerzen, beseitigen und die Überlebenszeit ver-
längern. In kleinen Beobachtungsstudien konnte das Erreichen dieser Ziele in einem hohen Anteil der Patienten nachgewiesen werden. Dennoch hat die Maßnahme, u. a. weil inoperable Nierentumoren heute eine Rarität geworden sind, keine breite Anwendung gefunden und bleibt Einzelfällen vorbehalten. Auch die selektive nur das Tumorgewebe betreffende Embolisation von Nierenzellkarzinomen mit kurativer Absicht oder zur Therapie von tumorbedingten Komplikationen ist mit technischem Erfolg durchgeführt worden. Da aber sowohl der Tumorprogress als auch die tumorbedingten Komplikationen mit diesem Verfahren nicht sicher kontrolliert werden können, muss diese Indikation sehr kritisch gesehen werden. In diesem Kontext sind auch alternative Konzepte wie die perkutane Tumorablation oder zumindest eine kombinierte Anwendung meh-
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Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
tion liegen keine prospektiven Daten oder randomisierte Vergleiche mit organerhaltenden Operationen der gutartigen Tumoren vor. Die Embolisation führte im mittelfristigen Verlauf (7–72 Monate) zu einem Verschwinden der Gefäß- und Muskelkomponente des Tumors, während die Fettanteile lediglich eine Größenreduktion z. T. mit Fettgewebenekrosen zeigten (Han et al. 1997). Rezidivblutungen können bei etwa 4/5 der Patienten (Beobachtungszeit 5–96 Monate) verhindert werden (Lee et al. 1998).
a
b
Abb. 8.8 a, b. Präoperative Embolisation eines großen, stark vaskularisierten Nierenzellkarzinoms links. Kombiniert peripher-zentraler Verschluss mit Gelatinepartikeln und faserbesetzten Makrospiralen. a Vor, b nach Embolisation
rerer Methoden zur Tumordestruktion differenzialtherapeutisch in Erwägung zu ziehen. Einzelne kleine Serien existieren über den Einsatz der selektiven Tumorembolisation von Angiomyolipomen (Hamlin et al. 1997; Han et al. 1997; Lee et al. 1998). Im Focus sind besonders Patienten mit tuberöser Sklerose, da hier multiple, bilaterale Tumoren zur bilateralen Nephrektomie mit Dialysepflicht führen können. Der Eingriff wird zur Prophylaxe von Blutungen propagiert, kann aber auch während der Blutung durchgeführt werden. Auch für diese Indika-
Defunktionalisierung Die Embolisation einer Niere zur Ausschaltung der exkretorischen Funktion ist sehr selten erforderlich. Ein solcher Eingriff sollte Situationen vorbehalten bleiben, in denen ein fortgeschrittenes Tumorleiden im kleinen Becken zu einer anderweitig nicht therapierbaren Urinfistel geführt hat oder aus pflegerischen Gründen eine bilaterale Anlage einer Nephrostomie vermieden werden soll. In Einzelfällen ist über die Notwendigkeit einer ein- oder beidseitigen Embolisation zur Behandlung einer Proteinurie beim nephrotischen Syndrom berichtet worden. Auch die Totalembolisation zur Beseitigung der endokrinen Funktion der Niere ist mit Erfolg durchgeführt worden. Sie stellt aber eine Ausnahmeindikation für Fälle dar, in denen eine Nephrektomie zur Behandlung einer renalen Hypertonie bei Schrumpfnieren oder bei Parenchymschaden nicht möglich ist. Die komplette Embolisation einer Transplantatniere wurde in jüngerer Zeit als Alternative zur Operation bei Graft-Intoleranz-Syndrom nach Versagen eines Nierentransplantats und Absetzen der immunsuppressiven Medikation vorgeschlagen. Ergebnisse Selektive Embolisation Die superselektive Embolisation bei blutenden Gefäßverletzungen in der Niere ist – abgesehen von den Fällen, in denen ausgedehnte Parenchymzerreißungen vorliegen – unabhängig vom verwendeten Embolisat in 80–100% dauerhaft erfolgreich. Daher ist die endovaskuläre Behandlung der meist iatrogenen renalen Blutungen heute die Therapie der ersten Wahl. Wenn die Embolisation unmittelbar an der Stelle des Blutaustritts erfolgt, führt sie nicht zu Infarzierungen des Nierenparenchyms. Falls dies nicht gelingt und Teile des gesunden Parenchyms mit embolisiert werden müssen, können die entstehenden segmentalen Infarkte nachweislich zu einer Einschränkung der Nierenfunktion und Ausbildung einer renalen Hypertonie führen. Dies scheint aber nicht häufiger aufzutreten als nach operativen Eingriffen am Parenchym (Probst et al. 1980; Vorwerk et al. 1996). In Tierexperimenten wurde ein Zusammenhang zwischen postinterventioneller Hypertonie und
8.1 Nierenarterien
einer partiellen Rekanalisation des Gefäßes nachgewiesen (Teigen et al. 1992). Komplikationen durch Verschleppung von Embolisationsmaterial sind möglich, bei Gefäßverschlüssen in der Niere aber eher selten. Totalembolisation Prospektive Daten zum Erfolg der kompletten Unterbindung der Blutversorgung einer Niere liegen für die meisten Indikationen nicht vor. Der technische Erfolg von Totalembolisationen liegt in der weit überwiegenden Zahl der Veröffentlichungen zwischen 90 und 100% (Neuerburg u. Lehrmann 2004). Durch eine Totalembolisation einer tumortragenden Niere kann nach histologischen Untersuchungen keine komplette Tumornekrose erzielt werden. Somit kann der Eingriff auch nicht zu einer kompletten Tumorkontrolle führen. Dazu passt, dass die berichtete Überlebenszeit nach Tumorembolisation stark variiert. Sie liegt insgesamt aber sehr niedrig. Allerdings findet ein retrospektiver Vergleich von Patienten mit inoperablem Nierentumor einen signifikanten Überlebensvorteil für Patienten, bei denen eine Embolisation durchgeführt wurde (Onishi et al. 2001). Die Angaben zur dauerhaften Therapie einer Hämaturie liegen zwischen 0–100%. Eine Abhängigkeit von der Art des Embolisates und dem Auftreten der Rezidivblutung kann nicht festgestellt werden. Unter der palliativen Intention scheinen Komplikationsrate und Mortalität mit etwa 10 bzw. 3% höher zu sein als bei anderen Totalembolisationen (Lammer et al. 1985). Auch über den Wert der präoperativen Tumorembolisation liegen nur Daten aus Beobachtungsstudien vor. In einer retrospektiven Kohortenanalyse konnte für präoperativ embolisierte Patienten mit Nierenzellkarzinom (Tumorstadium mindestens T2) gegenüber nichtembolisierten ein signifikanter Überlebensvorteil nachgewiesen werden (Zielinski et al. 2000). Dagegen konnten ältere Untersuchungen zwar eine Reduktion der erforderlichen Zahl an Blutkonserven, nicht aber eine Verbesserung der Überlebensrate nachweisen (Giuliani et al. 1981). Wegen der Unsicherheiten über den Therapieerfolg ist das Verfahren vielerorts verlassen worden. Sowohl für die Ausschaltung der exkretorischen als auch der endokrinen Funktion gibt es positive Be-
richte in kleinen Serien. So konnte in einer Serie von 15 Patienten gezeigt werden, dass durch die Alkoholembolisation der Niere ein anderweitig nicht behandelbarer Hypertonus innerhalb einer mittleren Nachbeobachtungszeit von etwa 2 Jahren in allen Fällen gebessert werden konnte (Iaccarino et al. 1989). Auch die Urinproduktion sistierte nach einer Beobachtung an 20 Patienten mit Urinfisteln durch Tumoren im kleinen Becken in allen Fällen nach einoder zweimaliger Embolisation (De Baere et al. 2000). Umfangreichere Erfahrungen über die Defunktionalisierung liegen aber nicht vor. Vier Serien mit 25–59 Patienten zeigen, dass durch die Totalembolisation der funktionslosen Transplantatniere in 76–92% der Fälle ein Graft-IntoleranzSyndrom erfolgreich behandelt werden kann. Allerdings wurde bei bis zu 10% dieser Patienten die Entwicklung von operationspflichtigen Abszedierungen beobachtet. Es ist bislang nicht bekannt, inwieweit die Embolisation eine erneute Transplantation auf dieser Seite behindert (Atar et al. 2003; Cofan et al. 2002; Delgado et al. 2005; Solinas et al. 2005).
쐍 Komplikationen. Bei einem großen Teil der Patienten (47–100%) ist mit dem Auftreten eines so genannten Postemboliesyndroms (Flankenschmerz, Temperaturerhöhung, Leukozytose, BSG-Erhöhung, Subileus, Kopfschmerz u. a.) zu rechnen. In der Regel ist hier eine analgetische und antiphlogistische Therapie ausreichend. Darüber hinaus ist in einem nicht unerheblichen Teil der Patienten mit weiteren Komplikationen zu rechnen. So wurde in einer Serie von 121 Totalembolisationen bei Nierenzellkarzinom unter Verwendung verschiedener Embolisate eine Komplikationsrate von 9,9% und eine Mortalität von 3,3% angegeben. Dabei scheinen palliative Embolisationen mit einem höheren Risiko einherzugehen als präoperative (Lammer et al. 1985; Neuerburg u. Lehrmann 2004). Mehrfach wurde über Abszedierungen nach Totalembolisation berichtet. Das Risiko liegt nach kleinen Serien bei 10%. Die unbeabsichtigte Embolisation in das infrarenale Stromgebiet durch Reflux oder Fehlplatzierung wird mit einer Häufigkeit von bis zu 10% angegeben. Paraparesen durch Verschluss einer Spinalarterie oder Koloninfarzierung wurden kasuistisch beschrieben (Neuerburg u. Lehrmann 2004).
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392
Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
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8.2 Mesenterialgefäße M. Köhler 8.2.1 8.2.2
Behandlung der mesenterialen Ischämie 393 Behandlung der gastrointestinalen Blutung 399 Literatur 403
8.2.1 Behandlung der mesenterialen Ischämie Durchblutungsstörungen der Mesenterialgefäße sind in der Praxis unverändert einer der schwierigsten Notfälle. Ein Hauptgrund sind die oftmals unspezifischen klinischen Symptome, mit welchen sich die überwiegend älteren, polymorbiden Patienten in der Praxis oder ambulanten Aufnahme vorstellen. Die auslösende Ursache der klinischen Beschwerden wird kaschiert und somit eine zielgerichtete, zeitnahe Therapie verzögert. Dies führt zu einer unvermindert hohen Mortalität, die mit einer Spanne von 60– 90% angegeben wird. Durch die Weiterentwicklung endovaskulärer Techniken in den letzten Jahrzehnten und ihren zeitnahen Einsatz wäre eine Reduktion der hohen Mortalitätsrate möglich (Brandt u. Boley 2000). Die Angiographie ist das verlässlichste und aussagekräftigste Verfahren, um alle Formen der mesenterialen Ischämie zu diagnostizieren. Doch nicht nur die Diagnostik, sondern die Möglichkeit der therapeutischen Intervention macht dieses Verfahren zu einem wichtigen Bestandteil in der Behandlung der intestinalen Durchblutungsstörungen. Ätiologie Die Ursachen intestinaler Durchblutungsstörungen sind vielfältig. Es werden okklusive Ursachen von nichtokklusiven und embolische von thrombotischen Ursachen abgegrenzt. Zur besseren Übersicht werden im Folgenden die Formen der mesenterialen Ischämie dargestellt und ihre Ursachen beschrieben. Akute mesenteriale Ischämie Die arterielle Perfusionsstörung ist mit einem geschätzten Anteil von 95% der häufigste Auslöser einer akuten mesenterialen Ischämie. Davon entfallen rund 50% auf ein embolisches Ereignis kardialen Ursprungs, das meist distal des Abgangs der A. colica media okkludiert. Die hieraus resultierende Darmischämie spart das Kolon und die erste Jejunumschlinge typischerweise aus. Fragmentiert ein Embolus, so führt dies zu segmentalen Dünndarmischämien. Seltenere Ursachen sind arterioarterielle Embolien aufgrund von arteriosklerotischen Plaques im Aortenbogen.
394
Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
Eine Mesenterialarterienthrombose ist in rund 25% der Grund für eine akute Durchblutungsstörung. Die Ursache ist eine vorbestehende arteriosklerotisch induzierte Stenose. Da generalisierte arteriosklerotische Gefäßerkrankungen in der Bevölkerung zunehmen, ist eine steigende Anzahl akuter Mesenterialarterienthrombosen zu beobachten. Dabei kommt es zu einer Thrombosierung des abgangsnahen Anteils der A. mesenterica superior mit resultierender Ischämie des gesamten Dünndarms ab dem Treitz-Band. Frauen sind von dieser Form der akuten Ischämie häufiger als Männer betroffen. Das Durchschnittsalter der Patienten liegt bei 60 Jahren. Die nichtokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI) ist in rund 20% (Trompeter et al. 2002) für eine akute mesenteriale Ischämie verantwortlich. Aufgrund eines ausgeprägten Vasospasmus kommt es zu Durchblutungsstörungen des gesamten mesenterialen Stromgebietes. Hiervon können auch parenchymatöse Organe wie die Leber oder das Pankreas betroffen sein. Prädisponierende Faktoren für diese Form der mesenterialen Ischämie sind hochdosierte therapeutische Katecholamingaben nach kardiochirurgischen Eingriffen oder aortalen Gefäßrekonstruktionen. Auch medikamentöse Langzeittherapien mit z. B: Digitalis, Ergotamin-haltigen Präparaten und Schleifendiurektika können nichtokklusive Darmischämien hervorrufen. In Einzelfällen findet sich keine auslösende Ursache. Eine Mesenterialvenenthrombose als Ursache der akuten mesenterialen Ischämie ist in rund 5% der Fälle zu beobachten. In der Zwischenzeit ist eine Vielzahl von Ursachen für die Entstehung einer Mesenterialvenenthrombose bekannt. Die wichtigsten sind neben der Hyperkoagulopathie chronisch entzündliche Darmerkrankungen, myeloproliferative Erkrankungen, postoperative Veränderungen, abdominelle Traumen und Medikamente. Chronisch mesenteriale Ischämie Hauptursache für die Entstehung einer chronisch mesenterialen Ischämie ist die arteriosklerotische Läsion mit Stenosierung der Mesenterialarterien. Seltenere Ursachen einer chronischen mesenterialen Ischämie sind die Takayashu-Arteriitis, die fibromuskuläre Dysplasie und die ligamentäre Truncusstenose. Das mesenteriale Stromgebiet hat aufgrund der Versorgung aus dem Truncus coeliacus, der A. mesenterica superior und der A. mesenterica inferior gute Kompensationsmöglichkeiten dieser sich langsam entwickelnden Stenose. Daher verwundert es nicht, wenn klinische Zeichen mit häufig unspezifischen abdominellen Schmerzen erst spät im Verlauf der Erkrankung manifest werden.
Radiologische Techniken Diagnostische Angiographie In der Regel erfolgt die Darstellung der mesenterialen Gefäße über einen femoralen Zugang. Ist ein femoraler Zugang aufgrund eines Beckenarterienverschlusses nicht möglich, so können auch der transbrachiale und der transaxilläre Zugang gewählt werden. Ein geeigneter Katheter für die Übersichtsangiographie ist der Pigtail-Katheter. Dieser wird in Höhe von LWK 1 platziert. Die Darstellung der abdominellen Gefäße erfolgt üblicherweise in DSA-Technik nach maschineller Kontrastmittelinjektion. Bewährt hat sich ein Kontrastmittelvolumen von 25 ml mit einer Flussrate von 15 ml/s im seitlichen Strahlengang. Um eine überlagerungsfreie Darstellung zu erhalten, werden die Arme des Patienten über dem Kopf gelagert. Dient die Angiographie dem Ausschluss einer ligamentären Truncusstenose, müssen DSA-Serien in Inspiration und Exspiration angefertigt werden, ansonsten sind Aufnahmen in Exspirationsstellung ausreichend. Zur selektiven Sondierung der mesenterialen Gefäße über einen femoralen Zugang haben sich der Kobra-Katheter, der Sidewinder-Katheter (S1-Konfiguration) und in Einzelfällen bei steil nach kaudal verlaufendem Hauptstamm der A. mesenterica superior ein kleinbogiger J-Curve-Katheter bewährt. Wurde ein transbrachialer oder transaxillärer Zugang gewählt, so eignen sich für die selektive Sondierung des Truncus coeliacus, der A. mesenterica superior und der A. mesenterica inferior ein Headhunter-Katheter (H1) oder ein Multipurpose-Katheter. Ist die Sondierung der zuvor genannten Gefäßabschnitte in der p.-a.-Projektion technisch schwierig, sollte die Röhre um rund 30° in RAO oder LAO rotiert werden. Hierdurch ist eine weitgehend überlagerungsfreie Darstellung der Abgänge möglich. Nach selektiver Sondierung des Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior erfolgt die Darstellung typischerweise in DSA-Technik und maschineller Applikation von 25 ml Kontrastmittel mit einer Flussrate von 5 ml/s. Die angiographische Darstellung der A. mesenterica inferior kann ebenfalls maschinell erfolgen, hierzu sollte die Flussrate auf 2–2,5 ml/s und die Kontrastmittelmenge auf 9 ml reduziert werden. Diagnostisch aussagekräftige DSA-Serien lassen sich bei der A. mesenterica inferior auch nach manueller Kontrastmittelinjektion erzielen. Diagnostisch ist der komplette oder der subtotale Verschluss der mesenterialen Strombahn an der Kontrastmittelaussparung im Gefäßverlauf problemlos erkennbar. Schwieriger wird dies bei der nichtokklusiven Form der Darmischämie. Die in der folgenden Übersicht von Siegelmann et al. im Jahre 1974 erarbeiteten angiographischen Zeichen der mesente-
8.2 Mesenterialgefäße Tabelle 8.1. Lyseprotokolle zur Beseitigung thrombotischer Verschlüsse der A. mesenterica Autor
Lytikum
Initial
Infusion
Technik
Wakabayashi et al. 2004
Urokinase
120.000 IE innhalb 1 min; Bolusgabe
1200 IE/min über 10 min
Lyse + PTA
Badiola u. Scoppetta 1997
Urokinase
250.000 IE + 2500 IE HeparinPulsspray 0,2 ml/15 s
120.000 IE/h über 2 h, im Anschluss 60.000 IE/h
Lyse
Hommann et al. 2003
Urokinase rt-PA
100.000 IE/Tag über 4 Tage
Lyse
5 mg rt-PA-Bolus
rialen Vasokonstriktion dienen auch heute der Beschreibung des Befundes. Aus einem publizierten Artikel und aus eigener Erfahrung ist das Vorliegen eines Gefäßspasmus ausreichend, um die Diagnose einer NOMI zu stellen (Kramer et al. 2003). Angiographische Zeichen einer NOMI. (Nach Siegelmann et al. 1974) ∑ Aortaler Kontrastmittelreflux ∑ Flussreduktion mit verminderter peripherer Gefäßfüllung ∑ Engstellung der primären mesenterialen Äste ∑ Unregelmäßigkeiten der Gefäßlumina ∑ Spasmus der intestinalen Arkaden ∑ Reduzierte Füllung intramuraler Gefäße
Therapeutische Angiographie 쐍 Angioplastie. Für die Angioplastie der Mesenterialarterien eignen sich Stützkatheter und Ballonkatheter, wie sie zur Behandlung der Nierenarterien eingesetzt werden. Normalerweise wählt man einen femoralen Zugang. Ist jedoch aufgrund eines ungünstigen Gefäßverlaufes die selektive Sondierung nicht möglich, kann alternativ ein transaxillärer Zugang gewählt werden. Ein dünner Führungsdraht mit flexibler Spitze wird durch die Stenose geführt und distal der Stenose in einer stabilen Lage positioniert. Über diesen wird nun der Führungskatheter bis an das Gefäßostium herangeführt. Um die Ballongröße abschätzen zu können, werden über den Führungskatheter DSA-Serien angefertigt. Die Ballongröße sollte nicht nach der poststenotischen Dilatation bemessen werden, sondern sollte sich an einem gesunden Gefäßabschnitt vor oder hinter der Stenose orientieren. Zur Kontrolle des Behandlungsergebnisses werden DSASerien über den Stützkatheter angefertigt.
쐍 Stentimplantation. Liegt nach der Angioplastie kein zufriedenstellendes Behandlungsergebnis vor, so eignen sich die zur Behandlung der Nierenarterien entwickelten Stentsysteme. Diese können in „Monorail-“ oder „Rapid-exchange-Technik“ über dünne Führungsdrähte eingebracht und sicher platziert werden. Vor dem Freisetzen der ballonexpandierbaren Stahl-
stents ist eine Überprüfung der korrekten Platzierung über den Stützkatheter jederzeit möglich. Nach dem Freisetzen des Stents ist die angiographische Ergebniskontrolle über den Stützkatheter obligat, um im Falle eines nicht zufrieden stellenden Befundergebnisses die Intervention fortsetzen zu können.
쐍 Lysetherapie. Die Lysetherapie kann sowohl bei Hauptstammverschlüssen als auch bei Segmentarterienverschlüssen bei einem selektionierten Patientenkollektiv durchgeführt werden. Bei Hauptstammverschlüssen kann das Lytikum über den selektiv platzierten Diagnostikkatheter appliziert werden. Handelt es sich um Segmentarterienverschlüsse, eignen sich dünnlumige Koaxialkatheter mit entsprechenden Führungsdrähten. Diese werden durch den Diagnostikkatheter unmittelbar vor den Verschluss geführt. Kann der Verschluss selektiv sondiert werden, sollte der Lysekatheter in dem verschlossenen Segment platziert werden. Lytika, die im Zusammenhang mit dem mesenterialen Stromgebiet genannt werden, sind die Urokinase sowie die Actilyse (r-TPA). Kontrollangiographien können entweder über den Koaxialkatheter oder über den Diagnostikkatheter bei entsprechend großen Lumen erfolgen. Da es sich bei der Lysetherapie um kein standardisiertes Verfahren handelt, gibt es keine entsprechenden Richtlinien oder Empfehlungen über die Art und Dosierung des Lytikums. In Tabelle 8.1 sind beispielhaft Lyseprotokolle aus der Literatur aufgeführt.
쐍 Medikamentöse Therapie der NOMI. Nach selektiver Sondierung des Hauptstamms der A. mesenterica superior mit dem Diagnostikkatheter kann bei Nachweis einer ausgeprägten Vasokonstriktion eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden. Hierbei werden Vasodilatantien lokal über den Diagnostikkatheter über einen längeren Zeitraum appliziert. Dabei ist die sichere Platzierung des Katheters im Hauptstamm wichtig, um den Behandlungserfolg nicht durch eine aortale Dislokation des Katheters zu gefährden. Häufig eingesetzte Medikamente sind in Tabelle 8.2 zusammengefasst.
395
396
Kapitel 8 Abdominelle Gefäße Tabelle 8.2. Medikamente, die aktuell zur intraarteriellen Pharmakotherapie der NOMI eingesetzt werden. Wirkstoff
Dosierung
Kontrollangiographie
Papaverin
Bolus: 5–10 mg Dauerinfusion über Perfusor 60 mg/h Bolus von 20 mg Dauerinfusion über Perfusor 0,1–0,6 ng/kg KG/min je nach Befund
Nach 12–24 h
Prostaglandin E1
쐍 Periinterventionelle Medikation nach Rekanalisation. Patienten, die eine therapeutische Intervention im Bereich des mesenterialen Stromgebietes erhalten, sollten ihre üblichen Medikamente weiter einnehmen. Während der Intervention werden 5000 IE Heparin intraarteriell verabreicht. Darüber hinaus wird die zusätzliche periinterventionelle Aufsättigung mit Hemmstoffen der Adenosindiphosphat-induzierten Thrombozytenaggregation (z. B. Clopidogrel) von einigen Arbeitsgruppen empfohlen (Cassar et al. 2005; Dörffler-Melly et al. 2005). Ein allgemein akzeptiertes und durch Studien abgesichertes Protokoll für die Nachbehandlung existiert nicht. Die Empfehlungen reichen über eine intravenöse Heparingabe mit therapeutischem Effekt bis zur Gabe niedermolekularer Heparine in therapeutischer Dosierung über wenige Tage. Es finden sich auch Arbeiten, die einen vollständigen Verzicht auf Heparin empfehlen. Vielfach wird aber die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern vom Typ des Clopidogrel nach Stentimplantation für 4–6 Wochen empfohlen. Handelt es sich um arteriosklerotische Veränderungen, wurde die lebenslange Einnahme von 100 mg Acetylsalicylsäure pro Tag vorgeschlagen (Cassar et al. 2005; Dörffler-Melly et al. 2005). Therapieziele Das Ziel kathetergestützter Techniken bei akuten Verschlüssen ist die rasche Wiederherstellung einer suffizienten Darmdurchblutung, um einen Mesenterialinfarkt zu verhindern. Bei chronisch mesenterialen Ischämien soll die Durchblutung soweit verbessert werden, dass postprandiale Schmerzen klinisch nicht mehr in Erscheinung treten und in der Folge eine Verbesserung des Ernährungsstatus zu beobachten ist. Weiterhin soll einer irreversiblen Ischämie vorgebeugt werden. Thrombembolische Verschlüsse Der Entschluss zu einer endovaskulären Therapie eines thrombembolischen oder Segmentarterienverschlusses kann nur interdisziplinär erfolgen. Gemäß den Empfehlungen der American Gastrointestinal Association (AGA) aus dem Jahre 2000 (Brandt u. Boley 2000) besteht Einigkeit darüber,
In Abhängigkeit von der Klinik
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dass bei Nachweis peritonitischer Zeichen die explorative Laparotomie mit Embolektomie und Resektion infarzierter Darmabschnitte die Therapie der Wahl ist. Selbst bei Hauptstammverschlüssen ohne peritonitische Zeichen ist weiterhin die chirurgische Embolektomie gemäß den Empfehlungen der AGA als Standardtherapie durchzuführen. Merke
Kontroverse Diskussionen werden über den Einsatz der Lysetherapie bei segmentalen und subtotal okkludierenden Verschlüssen geführt. Es finden sich auch hier keine evidenzbasierten Daten, die eine klare Indikation zur Lysetherapie aufzeigen. Analysiert man die publizierten, häufig kasuistischen Berichte (Hommann et al. 2003; Kohler et al. 1985; Ogihara et al. 2003; Simo et al. 1997; Wakabayashi et al. 2004) so fällt auf, dass die Indikation zur Lysetherapie ausschließlich bei älteren Patienten mit „erhöhtem operativen Risiko“ gestellt wird. Ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt, ob die Möglichkeit einer Lysetherapie bei diesen stark selektionierten Patienten besteht, ist der Zeitraum zwischen dem Beginn der klinischen Symptomatik und der Diagnosestellung.
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Das Zeitfenster, in dem eine Lysetherapie noch als mögliche Therapieoption in Frage kommt, beträgt 10 Stunden (Ogihara et al. 2003). Merke
Arteriosklerotisch bedingte Stenosen Neben den operativen Verfahren haben sich die endovaskulären Verfahren zur Therapie hämodynamisch relevanter Stenosen mesenterialer Gefäße etabliert (Abb. 8.9 a–c). Die Entscheidung, ob operative Verfahren oder endovaskuläre Verfahren zum Einsatz kommen, sollte immer interdisziplinär getroffen werden. Mehrere Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden. Der angiographische Nachweis einer oder mehrerer Stenosen der Mesenterialgefäße führt nicht automatisch zur Therapieindikation. Vielmehr ist die Kombination aus klinischen Befunden und angiographischem Befund die Entscheidungsbasis.
8.2 Mesenterialgefäße
a
Abb. 8.9. a Übersichtsangiographie einer 81 Jahre alten Patientin mit einer Angina intestinalis. Angiographisch Nachweis einer arteriosklerotisch bedingten Stenose des Truncus coeliacus und einer Tandemstenose (Pfeile) der A. mesenterica superior. b Nach Dilatation gute Lumenweite der distalen Stenose, weiterhin zirkuläre ostiale Stenose. c Nach Stentimplantation komplette Beseitigung der Stenose
Eine prophylaktische endovaskuläre oder chirurgische Therapie bei klinisch asymptomatischen Patienten ist nicht angezeigt. Einzige Ausnahme bilden Patienten, die vor einem schwierigen kardiochirurgischen Eingriff stehen und bei welchen im postoperativen Verlauf eine NOMI zu befürchten ist (Kasirajan et al. 2001). Ist die Indikation zur endovaskulären Therapie gegeben, so ist die Frage, ob bei Nachweis relevanter Stenosen aller 3 intestinaler Gefäßabgänge nur eine Stenose oder alle Stenosen zu therapieren sind, noch nicht abschließend geklärt. Nymann et al. zeigten 1998 in einer Review-Arbeit, dass bei der chirurgischen Revaskularisation im Durchschnitt 1,8 Gefäße
b
c
und mittels PTA im Durchschnitt 1,2 Gefäße therapiert wurden. Steinmetz et al. (2002) empfehlen aus ihren eigenen Beobachtungen die Eingefäßtherapie, da gezeigt werden konnte, dass sich die klinische Symptomatik bereits nach der Therapie eines stenosierten Gefäßes vollständig zurückbilden kann. Darüber hinaus fanden sie Rezidivstenosen, bei klinisch asymptomatischen Patienten, die keiner weiteren interventionellen Therapie vorgestellt wurden. Aktuell finden sich in der Literatur keine Empfehlungen oder Richtlinien, wie asymptomatische Patienten, die – sei es duplexsonographisch oder angiographisch – eine Rezidivstenose aufweisen, im Verlauf zu therapieren sind.
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398
Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
Die Indikation zur Stentimplantation wird bei einer Residualstenose von mehr als 30% nach der Angioplastie oder bei Dissektion als Folge der Angioplastie empfohlen (Steinmetz et al. 2002). Nichtokklusive Verschlüsse Die Indikation zur endovaskulären Therapie der NOMI ist sofort nach der angiographischen Befunderhebung zu stellen. Vor allem Risikopatienten sollten frühzeitig angiographiert werden, um eine mögliche irreversible Darmischämie zu verhindern. Es handelt sich hierbei vor allem um Patienten nach kardiochirurgischen Eingriffen, die postoperativ einen hohen Katecholaminbedarf haben. Darüber hinaus ist bekannt, dass Patienten nach chirurgischer Embolektomie der Mesenterialgefäße eine persistierende Vasokonstriktion der peripheren Gefäßarkaden aufweisen können. Die Indikation zur Angiographie ist bei den zuvor genannten Gruppen großzügig zu stellen. Ergebnisse Endovaskuläre Rekanalisation Die chirurgische Embolektomie mit Resektion infarzierter Darmsegmente ist weiterhin die Therapie der Wahl bei Nachweis peritonitischer Zeichen während der Befunderhebung. Sie ist nach den Empfehlungen der AGA auch das Standardtherapieverfahren bei Hauptstammverschlüssen ohne peritonitische Zeichen (Brandt u. Boley 2000). Mehrere Einzelkasuistiken und kleinere Patientenserien konnten jedoch zeigen, dass die Lysetherapie als Alternativverfahren mit Erfolg eingesetzt werden kann (Barakate et al. 2002; Grabowski et al. 1995; Hommann et al. 2003; Simo et al. 1997). Handelt es sich um einen partiell okkludierenden Embolus oder um einen Embolus in einem Seitenast der A. mesenterica superior oder um einen distal des Abgangs der A. ileocolica okkludierenden Embolus, so ist dies als besonders günstige Konstellation für eine Thrombolyse zu werten (Lock 2002). Ein weiterer Punkt, der für die Durchführung einer Lysetherapie spricht, ist die Tatsache, dass die offene chirurgische Therapie mit einer hohen Mortalitätsrate verknüpft ist. Diese wird in der Literatur mit einer Spanne von 35–100% angegeben, wohingegen die Mortalitätsrate durch die Lysetherapie als minimal eingestuft wird (Barakate et al. 2002). Das Ansprechen der Lysetherapie kann anhand der abdominellen Symptomatik abgeschätzt werden.
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Ein klinischer Parameter für das Ansprechen der Lysetherapie ist das Abklingen der abdominellen Schmerzsymptomatik nach einer Stunde (Barakate et al. 2002; Simo et al. 1997). Merke
Sollten die Schmerzen über diesen Zeitraum hinaus persistieren, so ist die Laparotomie angezeigt. Beseitigung der Stenose Die initiale technische Erfolgsrate in der Behandlung einer Stenose mittels Ballondilatation wird mit 90%– 100% angegeben (Nyman et al. 1998; Sharafuddin et al. 2003; Steinmetz et al. 2002). Der technische Erfolg wird dabei als Residualstenose bis 30% definiert (Maspes et al. 1998; Rose et al. 1995; Sharafuddin et al. 2003; Steinmetz et al. 2002). Die alleinige PTA führt bei rund 96% (Spanne: 75–100%) der behandelten Patienten zu einer sofortigen klinischen Befundbesserung. Im weiteren Verlauf ist bei rund 24% (Spanne: 0–60%) eine erneute Zunahme der Angina intestinalis festzustellen (Cognet et al. 2002). Periprozedurale Komplikationen der PTA werden in der Literatur mit 5,6% (Spanne: 0–25%) angegeben (Nyman et al. 1998). Die Morbiditätsrate der PTA liegt bei 6% (Spanne: 0–16%), die Mortalitätsrate wird mit rund 2% (Spanne: 0–20%) angegeben (Matsumoto et al. 1995). Nachdem die chirurgische Revaskularisation weiterhin als Standardtherapieverfahren angesehen wird, müssen die Ergebnisse der PTA diesen gegenübergestellt werden. Für die chirurgischen Verfahren wird eine technische Erfolgsrate von 100%, eine sofortige klinische Besserung von 96% (Spanne: 82– 100%), eine Mortalitätsrate von 9% (Spanne: 0–17%) und eine Morbiditätsrate von 26% (Spanne: 0–40%) angegeben (Nyman et al. 1998). Für eine endovaskuläre Vorgehensweise sprechen die niedrigere Morbidität und Mortalität. Demgegenüber steht die höhere Rate an Restenosen, die bei endovaskulären Eingriffen mit alleiniger Dilatation zu beobachten ist. Der Vorteil endovaskulärer Techniken gegenüber chirurgischen Verfahren ist die Wiederholbarkeit des Eingriffs. So kann durch eine erneute Intervention eine Rezidivstenose mittels Ballondilatation therapiert und ggf. mit einem Stent versorgt werden. Selbst bei einer erneuten InStent-Rezidivstenose kann diese Form der Therapie nochmals angewendet werden (Sharafuddin et al. 2003). In der Zwischenzeit finden sich Publikationen, die ein primär endovaskuläres Vorgehen bei chronisch mesenterialer Ischämie bei älteren Patienten postulieren (Pietura et al. 2002; Sharafuddin et al. 2003; Steinmetz et al. 2002). Patienten mit ligamentärer Truncusstenose oder Patienten, bei welchen eine endovaskuläre Therapie technisch nicht möglich ist, sollten weiterhin primär chirurgisch therapiert werden.
8.2 Mesenterialgefäße
So konnte durch den frühzeitigen Einsatz der Angiographie in den letzten 20 Jahren eine Senkung der Mortalität dieses Krankheitsbildes von über 80% auf rund 40% beobachtet werden (Trompeter et al. 2002). Insbesondere Risikopatienten sollten frühzeitig und nicht erst beim Nachweis peritonitischer Zeichen angiographiert werden (Kramer et al. 2003; Trompeter et al. 2002). Hierzu zählen insbesondere Patienten nach kardiochirurgischen Eingriffen, Patienten mit kardialen Grunderkrankungen und Patienten mit protrahiertem Schock. Weiterhin sind nichtokklusive Ischämien bei dialysepflichtigen Patienten publiziert (Burns u. Brandt 2003). Bei angiographischem Nachweis einer NOMI sollte die medikamentöse Therapie durch Vasodilatanzien unmittelbar eingeleitet werden. Die endovaskuläre Therapie wird solange fortgeführt, bis die Kontrollangiographie keine Vasokonstriktion mehr aufweist. a
Komplikationen Obwohl es sich bei den Personen, die mit der Fragestellung einer mesenterialen Durchblutungsstörung der Angiographie vorgestellt werden, vorwiegend um ältere, z. T. polymorbide Patienten handelt, wird die periprozedurale Mortalität auf rund 2% beziffert. Die häufigsten Komplikationen sind dabei punktionsbedingte Hämatome sowohl femoral als auch axillär. In Einzelfällen wurden katheterinduzierte periphere Embolisationen während der Therapie der chronisch mesenterialen Ischämie beobachtet. 8.2.2 Behandlung der gastrointestinalen Blutung
b
Abb. 8.10. a Typisches angiographisches Bild einer NOMI eines 78 Jahre alten Patienten nach kardiochirurgischem Eingriff. Deutliche Kaliberunregelmäßigkeiten des Hauptstamms der A. mesenterica superior und nur noch fadenförmiges Restlumen der Segmentarterien. b Deutliche Befundnormalisierung des Hauptstamms und der Segmentarterien nach 24 h Prostavasin-Therapie
NOMI
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Die Angiographie ist das einzige bildgebende Verfahren, das in der Lage ist, die nonokklusive Form der intestinalen Ischämie sicher zu diagnostizieren (Abb. 8.10 a, b). Ebenso ist sie das einzige Verfahren, das durch die lokale Gabe von Vasodilatanzien die Möglichkeit einer suffizienten Therapie bietet. Merke
Neben endoskopischen und chirurgischen Verfahren sind endovaskuläre Techniken zum Blutungsnachweis und zur Therapie in der Zwischenzeit etablierte Verfahren. Bei 90% der gastrointestinalen Blutungen handelt es sich um obere gastrointestinale Blutungen. Die jährliche Gesamtinzidenz wird in den USA auf 30–100 Fälle pro 100.000 Einwohner geschätzt, in Großbritannien liegt sie mit 170 Fällen pro 100.000 Einwohner nach aktuelleren Untersuchungen höher. Die Mortalität liegt unverändert zwischen 5 und 12%. Die Inzidenz unterer gastrointestinaler Blutungen wird mit 20–30 Fällen pro 100.000 Einwohner angegeben, wobei die Blutungsinzidenz mit dem Lebensalter stark zunimmt. Die durchschnittliche Mortalität wird mit 10% angegeben und ist im Alter wegen der zunehmenden Komorbidität deutlich höher. Ätiologie Auch nach aktuelleren Untersuchungen haben sich die Ursachen oberer und unterer gastrointestinaler
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Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
Blutungen über die letzten Jahre nicht geändert (Nietsch et al. 2003). Blutungsquellen oberer gastrointestinaler Blutungen ∑ Duodenalulzera (27%) ∑ Magenulzera (24%) ∑ Gastroösophageale Varizen (19%) ∑ Gastroduodenale Erosionen (13%) ∑ Refluxösophagitis (10%) ∑ Mallory-Weiss-Läsionen (7%) ∑ Neoplasie (3%) ∑ Angiodysplasien (1%)
Bei rund 6% der Patienten gelingt der Nachweis der Blutungsquelle nicht (Ell et al. 1995; Nietsch et al. 2003). Auch die Ursachen unterer gastrointestinaler Blutungen sind vielfältig (Braden u. Caspary 2003; Funaki 2004). Im höheren Lebensalter sind es vor allem Divertikel (40%) und Angiodysplasien (11%), die eine untere gastrointestinale Blutung hervorrufen. Patienten mit Divertikulose neigen in 10–20% zu Blutungen, und obwohl Divertikel üblicherweise im linken Kolon zu finden sind, ist die Blutungsneigung der im Colon ascendens lokalisierten Divertikel höher (Cheskin et al. 1990; Funaki 2004). In rund 90% sistierten derartige Blutungen spontan, jedoch ist in bis zu 30% mit einer Rezdivblutung zu rechnen (Richter et al. 1995). Auch Angiodysplasien finden sich häufiger im Colon ascendens und dem Zökalpol.Weniger als 10% der Patienten mit Angiodysplasien zeigen Blutungen, die intermittierend auftreten können oder einen chronischen Verlauf aufweisen. Patienten mit Blutungen aus Angiodysplasien haben jedoch in 85% rezidivierende Blutungsepisoden (Farrands u. Taylor 1987). Weitere Ursachen einer unteren gastrointestinalen Blutung sind anorektale Erkrankungen (10%), Neoplasien (9%), Kolitiden (8%). Seltene Ursachen sind aortoenterische Fisteln. Radiologische Techniken Diagnostische Angiographie In der Regel erfolgt die selektive Sondierung der intestinalen Gefäße über einen femoralen Zugangsweg. Geeignete Katheter zur selektiven Sondierung sind der Kobra-Katheter oder der SidewinderKatheter. Bei schwieriger Sondierbarkeit, insbesondere der A. mesenterica inferior kann auch ein JCurve-Katheter verwendet werden. Ist ein femoraler Zugang nicht möglich, so kann entweder transbrachial oder transaxillär eingegangen werden. Geeignete Katheterformen für diese Zugangswege sind der Headhunter-Katheter oder der Vertebraliskatheter.
Kann im Vorfeld der angiographischen Untersuchung eine sichere Höhenlokalisation der Blutung mittels endoskopischer Verfahren nicht geklärt werden, so sollte primär die A. mesenterica inferior selektiv dargestellt werden. Durch diese Vorgehensweise kann die kontrastmittelbedingte Überlagerung der Harnblase im späteren Untersuchungsverlauf für das Stromgebiet der A. mesenterica inferior vermieden werden. Zur selektiven Sondierung dünnerer jejunaler und ilealer Äste werden dünnlumige koaxiale Kathetersysteme mit entsprechenden Führungsdrähten verwendet. Diese werden zur Schonung anderer Gefäßregionen so weit wie möglich nach peripher geführt.
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Angiographisch lässt sich eine gastrointestinale Blutung ab einer „Mindestblutungsmenge“ von 0,5–1 ml/min nachweisen. Merke
Embolisationstherapie Grundsätzlich eignen sich zur Embolisation gastrointestinaler Blutungen nur lokalisierte Blutungen. Diffuse Blutungen wie sie z. B. bei chronisch entzündlichen Veränderungen vorkommen, sind für dieses Therapieverfahren ungeeignet. Eine weitere Voraussetzung für die Embolisationstherapie ist die superselektive Sondierbarkeit des blutenden Gefäßes, da ansonsten Ischämien der nichtbetroffenen Darmabschnitte zu befürchten sind. Das Ziel interventioneller Techniken ist nicht nur der Blutungsnachweis sondern der gezielte Verschluss des blutenden Gefäßes. Zur endovaskulären Behandlung gastrointestinaler Blutungen stehen 2 Verfahren zur Auswahl. Zum einen die intraarterielle Vasopressininfusion und zum anderen die supraselektive Embolisationstherapie mit feinen Gelfoampartikeln oder Polyvinylalkoholpartikeln sowie Miniaturspiralen, die über einen Mikrokatheter appliziert werden. Zur Behandlung gastrointestinaler Blutungen hat sich das in der Übersicht aufgeführte Vasopressinschema bewährt (Darcy 2003; Funaki 2002): Vasopressinschema zur Behandlung einer gastrointestinalen Blutung ∑ Initial 0,1–0,2 IE/min über 20 min ∑ Blutungspersistenz: Erhöhung auf 0,3–0,4 IE/min ∑ Initial Kontrollangiographien in Abständen zwischen 30–60 min ∑ Fortsetzen der Vasopressintherapie unter intensivmedizinischer Überwachung über 6–12 h ∑ Im Anschluss Reduktion der Vasopressindosis um die Hälfte ∑ Fortsetzen der Therapie für weitere 12–24 h ∑ Spülung des Mikrokatheters mit Kochsalz für weitere 6–12 h ∑ Entfernung des Katheters erst bei fehlendem Blutungsnachweis
8.2 Mesenterialgefäße
a
Abb. 8.11. a Angiographischer Nachweis einer Angiodysplasie des Ileums bei einem 72 Jahre alten Patienten mit rezidivierender, endoskopisch okkulter Blutung (Pfeil). b Nach selektiver Sondierung eines ilealen Segmentastes kräftige Kontrastierung der Angiodysplasie mit typischer früher venöser Füllungsphase. c Nach Embolisationstherapie mit thrombogenen Mikrospiralen kompletter Verschluss des zuführenden arteriellen Gefäßastes
Indikationen Die Indikation zur diagnostischen Angiographie besteht bei gastrointestinalen Blutungen, die entweder endoskopisch nicht nachweisbar und/oder nicht therapierbar sind. Die Ursache der Blutung spielt dabei zunächst keine Rolle. Es geht in erster Linie um den Blutungsnachweis und eine Lokalisationsbeurteilung (Abb. 8.11 a–c, Abb. 8.12 a–d). Ist die Blutung angiographisch nachweisbar, kann eine endovaskuläre Therapie erfolgen. Mechanische Embolisationsverfahren kommen zum Einsatz, wenn das Gefäß, aus dem die Blutung hervorgeht, superselektiv sondierbar ist.
b
c
Ergebnisse Die Pharmakotherapie durch Vasopressin sowie die Embolisationsverfahren zur Behandlung gastrointestinaler Blutungen wurden nahezu zeitgleich um 1970 entwickelt und in der Klinik eingesetzt. Beide Verfahren wurden zunächst erfolgreich bei oberen gastrointestinalen Blutungen eingesetzt. 1974 embolisierte Bookstein erstmals eine untere gastrointestinale Blutung (Darcy 2003). Ein Problem der Embolisationsverfahren bei der unteren gastrointestinalen Blutung war in der Anfangsphase die hohe Rate von Darmischämien, die in einer Größenordnung von 20–30% angegeben wurden (Bookstein et al. 1974). Aufgrund dieser Erfahrungen wurde die Embolisationstherapie
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Kapitel 8 Abdominelle Gefäße
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Abb. 8.12. a Angiographischer Nachweis eines flauen Kontrastmittelextravasates (Pfeil) bei einem 62 Jahre alten Patienten nach selektiver Sondierung der A. mesenterica inferior. b Identifikation des der Blutung zugehörigen Gefäßes. c Nach
supraselektiver Sondierung Kontrastmittelaustritt in das Darmlumen (Pfeil). d Nach Embolisationstherapie mit Mikrospiralen kein weiterer Blutungsnachweis
bei unteren gastrointestinalen Blutungen zunächst nicht mehr eingesetzt. Die Vasopressintherapie galt bis in die Anfänge der 1990er Jahre als Standardtherapieverfahren. Die klinische Erfolgsrate der Behandlung einer unteren gastrointestinalen Blutung mit Vasopressin wird in mehreren Studien mit 59–90% angegeben (Gomes et al. 1986; Pennoyer et al. 1996; Waltman 1980). Betrachtet man nur Kolondivertikelblutungen, so erhöht sich die klinische Erfolgsrate auf 92–100% (Darcy
2003). Während die Therapie mit Vasopressin zur Behandlung einer unteren gastrointestinalen Blutung als gut bezeichnet werden kann, gelingt es nur in 15–31%, eine obere gastrointestinale Blutung zu therapieren (Waltman 1980). Da obere gastrointestinale Blutungen häufig aus dem Stromgebiet der A. gastroduodenalis und ihrer Abgänge stammen und diese aufgrund der Doppelversorgung und ihrer Größe eine schlechtere Fähigkeit zur Vasokonstriktion aufweisen,ist der deutliche Unterschied in der Erfolgsrate erklärbar. Die ein-
8.2 Mesenterialgefäße
fache technische Durchführbarkeit, auch für unerfahrene Untersucher, sind Vorteile dieses Verfahrens.
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Bei der Vasopressintherapie besteht die Möglichkeit der Dislokation des Katheters während der Therapie mit systemischen, z. T. schweren peripheren oder kardiovaskulären Nebenwirkungen. CAVE
Die Rate an schweren Komplikationen wird in der Literatur mit 0–21% angegeben (Eckstein et al. 1984; Johnson u. Widrich 1976; Sherman et al. 1979). Hiervon waren 9% fatal. Katheterinduzierte Komplikationen wurden in 10–41% der Fälle beobachtet (Eckstein et al. 1984; Johnson u. Widrich 1976; Sherman et al. 1979). Zu beachten ist, dass die zuvor genannten Angaben älteren Publikationen entstammen. Aktuellere Daten über die Komplikationsrate der Vasopressintherapie liegen nicht vor. Ein Problem der Vasopressintherapie ist die Möglichkeit der Rezidivblutung nach Beendigung der Therapie durch die erneute Auflösung des verschließenden Embolus.Die Rezidivblutungsrate bei unterer gastrointestinaler Blutung wird mit 36–43% angegeben (Athanasoulis et al. 1975; Johnson u. Widrich 1976). Erst die Weiterentwicklung der Kathetertechniken und die damit verbundene Miniaturisierung ermöglichte es dem Untersucher, den Katheter und somit auch das Embolisat supraselektiv zu platzieren. Dies führte auch zu einem deutlichen Rückgang der Komplikationsrate dieser Technik, die in aktuelleren Arbeiten mit einer Minorkomplikationsrate von 20,2% und einer Majorkomplikationsrate von 11,1% angegeben wird (Defreyne et al. 2001; Nicholson et al. 1998; Patel et al. 2001). Im Vergleich der Komplikationsraten der Embolisationstechniken und der Vasopressintherapie zeigt sich, dass Embolisationsverfahren mit weniger Komplikationen behaftet sind. Intestinale Ischämien als Komplikation der Embolisationsverfahren werden in aktuellen Arbeiten nicht mehr beobachtet (Darcy 2003). Der klinische Erfolg der Embolisationstherapie bei der unteren gastrointestinalen Blutung wird nach neueren Arbeiten zwischen 91–100% und bei der oberen gastrointestinalen Blutung zwischen 68– 92% angegeben (Defreyne et al. 2001; Patel et al. 2001). Vorteil dieser Therapieform ist der mechanische Verschluss des blutenden Gefäßes. Dennoch gibt es auch nach erfolgreicher Embolisationstherapie Fälle, bei welchen eine Rezidivblutung auftritt. Ursachen hiefür können, trotz optimaler Platzierung der Embolisate, Kollateralkreisläufe oder rekanalisierte Mikrospiralen sein (Funaki 2004; Gordon et al. 1996). Auch wurden Fälle beschrieben, bei welchen Rezidivblutungen aus anderen Lokalisationen stammten (Bandi et al. 2001; Evangelista u. Hallisey 2000).
Ein Nachteil der Embolisationsverfahren gegenüber der Vasopressintherapie ist der hohe Materialaufwand in Form von Kathetern und Embolisationsmaterialien. Außerdem ist für dieses Verfahren ein hoher angiographische Ausbildungsstand des Untersuchers erforderlich. Beide Verfahren werden weiterhin in der Behandlung der gastrointestinalen Blutung eingesetzt. Ist ein erfahrener, interventionell geübter Radiologe vor Ort, so sollten Embolisationsverfahren eingesetzt werden, da diese bei korrekter Anwendung die niedrigere Komplikationsrate und niedrigere Rezidivblutungsrate aufweisen. Abschließend ist nochmals darauf zu verweisen, dass heute endoskopische Verfahren der Goldstandard in der Diagnostik und Therapie oberer und unterer gastrointestinaler Blutungen darstellen. Erst bei endoskopisch nicht lokalisierbarer oder nicht therapierbarer Blutung kommen interventionelle Maßnahmen zum Einsatz. Literatur Athanasoulis CA, Baum S, Rosch J et al. (1975) Mesenteric arterial infusions of vasopressin for hemorrhage from colonic diverticulosis. Am J Surg 129: 212–216 Badiola CM, Scoppetta DJ (1997) Rapid revascularization of an embolic superior mesenteric artery occlusion using pulsespray pharmacomechanical thrombolysis with urokinase. AJR Am J Roentgenol 169: 55–57 Bandi R, Shetty PC, Sharma RP, Burke TH, Burke MW, Kastan D (2001) Superselective arterial embolization for the treatment of lower gastrointestinal hemorrhage. J Vasc Interv Radiol 12: 1399–1405 Barakate MS, Cappe I, Curtin A, Engel KD, Li-Kim-Moy J, Poon MS, Sandeman MD (2002) Management of acute superior mesenteric artery occlusion. Aust N Z J Surg 72: 25–29 Bookstein JJ, Chlosta EM, Foley D, Walter JF (1974) Transcatheter hemostasis of gastrointestinal bleeding using modified autogenous clot. Radiology 113: 277–285 Braden B, Caspary WF (2003) Akute untere Gastrointestinalblutung Diagnostik und Management. Internist (Berl) 44: 533–538, 540–541 Brandt LJ, Boley SJ (2000) AGA technical review on intestinal ischemia. American Gastrointestinal Association. Gastroenterology 118: 954–968 Burns BJ, Brandt LJ (2003) Intestinal ischemia. Gastroenterol Clin North Am 32: 1127–1143 Cassar K, Ford I, Greaves M, Bachoo P, Brittenden J (2005) Randomized clinical trial of the antiplatelet effects of aspirinclopidogrel combination versus aspirin alone after lower limb angioplasty. Br J Surgery 92: 159–165 Cheskin LJ, Bohlman M, Schuster MM (1990) Diverticular disease in the elderly. Gastroenterol Clin North Am 19: 391–403 Cognet F, Ben SD, Dranssart M et al. (2002) Chronic mesenteric ischemia: imaging and percutaneous treatment. Radiographics 22: 863–879 Darcy M (2003) Treatment of lower gastrointestinal bleeding: vasopressin infusion versus embolization. J Vasc Interv Radiol 14: 535–543
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404
Kapitel 8 Abdominelle Gefäße Defreyne L,Vanlangenhove P, De VM et al. (2001) Embolization as a first approach with endoscopically unmanageable acute nonvariceal gastrointestinal hemorrhage. Radiology 218: 739–748 Dörffler-Melly J, Koopman MMW, Prins MH, Büller HR (2005) Antiplatelet and anticoagulant drugs for prevention of restenosis/reocclusion following peripheral endovascular treatment. Cochrane Database Sys Rev 1:CD002071 1–55 Eckstein MR, Kelemouridis V, Athanasoulis CA, Waltman AC, Feldman L, van Breda A (1984) Gastric bleeding: therapy with intraarterial vasopressin and transcatheter embolization. Radiology 152: 643–646 Ell C, Hagenmuller F, Schmitt W, Riemann JF, Hahn EG, Hohenberger W (1995) Multizentische, prospektive Untersuchung zum aktuellen Stand der Therapie der Ulkusblutung in Deutschland. Dtsch Med Wochenschr 120: 3–9 Evangelista PT, Hallisey MJ (2000) Transcatheter embolization for acute lower gastrointestinal hemorrhage. J Vasc Interv Radiol 11: 601–606 Farrands PA, Taylor I (1987) Management of acute lower gastrointestinal haemorrhage in a surgical unit over a 4-year period. J R Soc Med 80: 79–82 Funaki B (2002) Endovascular intervention for the treatment of acute arterial gastrointestinal hemorrhage. Gastroenterol Clin North Am 31: 701–713 Funaki B (2004) Microcatheter embolization of lower gastrointestinal hemorrhage: an old idea whose time has come. Cardiovasc Intervent Radiol 27: 591–599 Gomes AS, Lois JF, McCoy RD (1986) Angiographic treatment of gastrointestinal hemorrhage: comparison of vasopressin infusion and embolization. AJR Am J Roentgenol 146: 1031–1037 Gordon BM, Herlong J, Uflacker R, Gordon L (1996) Recurrent lower gastrointestinal hemorrhage: ileal neoplasm diagnosed by scintigraphy with Tc 99m red blood cells and angiography. South Med J 89: 1204–1207 Grabowski R, Lentze I, Steiger OH (1995) Katheterlyse einer Embolie der Arteria mesenterica superior. Rofo Fortschr Geb Rontgenstr Neuen Bildgeb Verfahr 162: 453–454 Hommann M, Richter KK, Heyne J et al. (2003) Lysetherapie bei arterieller Thrombose der Arteria mesenterica superior. Zentralbl Chir 128: 155–158 Johnson WC, Widrich WC (1976) Efficacy of selective splanchnic arteriography and vasopressin perfusion in diagnosis and treatment of gastrointestinal hemorrhage. Am J Surg 131: 481–489 Kasirajan K, O’Hara PJ, Gray BH et al. (2001) Chronic mesenteric ischemia: open surgery versus percutaneous angioplasty and stenting. J Vasc Surg 33: 63–71 Kohler M, Kramann B, Hellstern P et al. (1985) Erfolgreiche Behandlung einer Thrombose der Arteria mesenterica superior durch lokale, hochdosierte Urokinasetherapie. Klin Wochenschr 63: 722–727 Kramer SC, Gorich J, Oertel F, Scheld H, Heindel W (2003) Nonokklusive Darmischämie: Radiologische Diagnostik und Therapie. Rofo Fortschr Geb Rontgenstr Neuen Bildgeb Verfahr 175: 1177–1183 Lock G (2002) Acute mesenteric ischemia: classification, evaluation and therapy. Acta Gastroenterol Belg 65: 220–225 Maspes F, Mazzetti PG di, Gandini R, Innocenzi L, Lupattelli L, Barzi F, Simonetti G (1998) Percutaneous transluminal angioplasty in the treatment of chronic mesenteric ischemia: results and 3 years of follow-up in 23 patients. Abdom Imaging 23: 358–363
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Beckengefäße
9
K. Schürmann, D. Vorwerk
9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.3 9.1.4
Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien 405 Beckenarterienstenosen 408 Beckenarterienverschlüsse 411 Behandlung von Restenosen 413 Perinterventionelle Behandlung 415
9.2
Behandlung von TransplantatNierenarterienstenosen 417
9.3 9.3.1
Embolisationsbehandlung im Becken 417 Uterusmyomembolisation 419
9.4 9.4.1 9.4.2
Venöse Interventionen 422 Beckenvenenthrombose 422 Beckenvenenstenosen 424 Literatur 426
Die Mehrzahl der Interventionen im Bereich der Beckengefäße betrifft die Arterien. Die Hauptindikationen sind Stenosen und Verschlüsse der Beckenarterien im Rahmen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Seltener sind Aneurysmen oder arteriovenöse (AV-) Fisteln und Blutungen Anlass für eine perkutane Behandlung. In den letzten Jahren gewinnt die Embolisationsbehandlung von Uterusmyomen an Bedeutung. 9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien Historie Bereits im Jahr 1964 berichteten Charles T. Dotter und Melvin P. Judkins über die perkutane transluminale Angioplastie (PTA) peripherer Arterien, die sie allerdings noch nicht mit Ballonkathetern, sondern mit konisch zulaufenden Dilatationskathetern durchgeführten (Dotter u. Judkins 1964). Fünf Jahre später war es erneut Dotter, der als erster endovaskuläre Stützen, Vorläufer der heutigen Stents, einsetzte, um Arterien offen zu halten (Dotter 1969). Zur klinischen Reife wurde die Stentbehandlung erst nach 1980 gebracht. Die Ballonangioplastie wurde von Andreas Grüntzig entwickelt und 1977 erstmals klinisch in den Koronararterien erprobt (Grüntzig et al. 1978).
Klinischer Hintergrund Die pAVK ist wie die koronare Herzkrankheit (KHK) und die zerebrovaskuläre Gefäßkrankheit eine Manifestation der Arteriosklerose. Die 3 Erkrankungen treten nicht selten gemeinsam auf (Aronow u. Ahn 1994). Etwa die Hälfte der Patienten mit einer pAVK leidet auch an einer KHK. Ein Hauptsymptom der pAVK ist die Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit), deren Prävalenz bei Männern im Alter um 60 Jahre mit etwa 3–6% angegeben wird (Fowkes et al. 1991). Die Prävalenz bei Frauen liegt niedriger. Die pAVK verläuft chronisch, häufig jedoch relativ gutartig. Nur etwa 1/4 der Patienten mit Claudicatio intermittens erleidet im zeitlichen Verlauf eine signifikante klinische Verschlechterung, und nur etwa 2% erhalten eine Majoramputation. Allerdings ist die mittlere Lebenserwartung im Vergleich zur Normalbevölkerung vor allem durch koronare und zerebrovaskuläre Begleiterkrankungen um etwa 10 Jahre vermindert (Bloor 1961). Mehr als 50% der Patienten sterben an kardialen Erkrankungen. Die pAVK begünstigt die Entstehung einer akuten Beinischämie. Die chronische pAVK der Beckenarterien ist – abhängig von der Morphologie der Läsion – einer perkutanen endoluminalen Therapie häufig gut zugänglich. Hingegen ist die akute Beinischämie, wenn sie durch eine Läsion der distalen Bauchaorta oder der Beckenarterien hervorgerufen wird, eine Domäne der chirurgischen Therapie. Indikation Die Indikation zu einer endoluminalen oder chirurgischen Behandlung basiert auf klinischen Befunden, die durch nichtinvasive und/oder invasive diagnostische Verfahren untermauert werden. Die Angaben des Patienten zur schmerzfreien Gehstrecke sind durch eine standardisierte Laufbanduntersuchung einfach zu objektivieren. Die klinischen Befunde sollten klassifiziert werden. Am gebräuchlichsten ist die Klassifikation nach Fontaine (Fontaine et al. 1954; Tabelle 9.1). Bekannt ist auch die etwas differenziertere Klassifikation nach Rutherford (Rutherford u. Becker 1991; Rutherford et al. 1997).
406
Kapitel 9 Beckengefäße Tabelle 9.1. Gegenüberstellung der Klassifikation nach Fontaine et al. (1954) und Rutherford (Rutherford u. Becker 1991; Rutherford et al. 1997) Fontaine
Rutherford
Stadium
Klinik
Grad
Kategorie
Klinik
I
Asymptomatisch
00
0
Asymptomatisch
II a
Schmerzfreie Gehstrecke > 200 m
0
1
Milde Claudicatio
II b
Schmerzfreie Gehstrecke ≤ 200 m
I I
2 3
Mäßige Claudicatio Schwere Claudicatio
III
Ruheschmerz
II
4
Ruheschmerz
IV
Gewebeverlust (Ulkus, Gangrän)
III
5
Geringer Gewebeverlust
III
6
Schwerer Gewebeverlust
Das Symptom der Claudicatio intermittens entspricht dem Fontaine-Stadium II, die Fontaine-Stadien III und IV werden unter dem Begriff chronische kritische Beinischämie zusammengefasst.
drängt. Die Katheterangiographie liefert in eine Ebene projizierte hoch aufgelöste Bilder der Gefäße, die vor allem morphologische Informationen beinhalten.
Diagnostik der pAVK Nichtinvasive Verfahren in der Diagnostik der pAVK, die indirekte oder direkte Informationen über den hämodynamischen Status liefern, sind die Dopplersonographie und die farbkodierte Duplexsonographie (FKDS) Beide Verfahren sind untersucherabhängig, jedoch einfach durchzuführen, risikolos und kostengünstig. Mit Hilfe der Dopplersonographie lässt sich der Knöchel-Arm-Index bestimmen.
Eine angiographisch festgestellte Durchmesserstenose von >50% – dies entspricht einer Flächenstenose von >75% – wird allgemein als behandlungswürdig angesehen.
!
Ein Knöchel-Arm-Index in Ruhe von <0,9 ist verdächtig auf eine mehr als >50%ige Stenose der Becken- oder Beinarterien (Hiattet al. 1995). Merke
Die farbkodierte Duplexsonographie ermöglicht eine direkte Darstellung von Gefäßläsionen.
!
Eine maximale systolische Flussgeschwindigkeit, die im stenotischen Segment mindestens 2,5-mal höher ist als im voroder nachgeschalteten Arteriensegment, weist auf eine flussrelevante Stenose hin. Merke
In Beckenbereich ist die Aussagekraft der FKDS nicht selten durch Adipositas und Darmgas eingeschränkt. Neuere nichtinvasive Verfahren sind die MR- und die CT-Angiographie, die eine direkte Darstellung der Gefäße in mehreren Ebenen erlauben. Die katheterbasierte arterielle digitale Subtraktionsangiographie (DSA), bisher der Goldstandard der bildgebenden Verfahren in der Diagnostik der pAVK, hat den Nachteil der Invasivität und wird zunehmend von der MR- und CT-Angiographie ver-
Merke
!
Eine kritische Stenose ist charakterisiert durch eine Kombination aus Druckabfall und Flussminderung. Ob eine Stenose zu einer kritischen Perfusionsminderung führt, hängt von der Flussrate ab. Eine technische Weiterentwicklung der DSA ist die erst jüngst vorgestellte 3D-Rotationsangiographie, die eine dreidimensionale Darstellung ermöglicht. Voraussetzung zur Behandlung ist eine entsprechende Klinik und der Nachweis einer behandelbaren Gefäßläsion in der Farbduplexsonographie, MR-Angiographie oder konventionellen Angiographie. Die Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes vor und nach Behandlung dient als einfaches, relativ objektives Verfahren zur Erfolgskontrolle. Eine klinische Indikation zur Behandlung wird mehrheitlich bei Patienten im Stadium Fontaine II b oder schlechter gesehen. Ob eine perkutane oder eine chirurgische Behandlung erfolgen sollte, ist abhängig von der Art der Beckenarterienläsion. Eine internationale Konferenz von Experten verschiedener medizinischer Fachdisziplinen, die Patienten mit einer pAVK behandeln, teilt in ihrem gemeinsamen Abschlussdokument (TASC/Transatlantic Inter-Society Consensus) Beckenarterienläsionen nach morphologischen Kriterien in die Kategorien A bis D ein und gibt abhängig von der Kategorie Behandlungsempfehlungen (Dormandy u. Rutherford, 2000; Tabelle 9.2).
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien Tabelle 9.2. Einteilung der Beckenarterienläsionen gemäß TASC. (Dormandy u. Rutherford 2000) A-Läsionen B-Läsionen
Uni- oder bilaterale isolierte Stenosen der AIC oder AIE <3 cm Länge Singuläre Stenose der AIC/AIE 3–10 cm Länge ohne AFC-Beteiligung Ein oder 2 Stenosen der AIC und/oder AIE <5 cm Länge ohne AFC-Beteiligung Unilateraler Verschluss der AIC
C-Läsionen
Bilaterale 5–10 cm lange Stenosen der AIC und/oder AIE ohne AFC-Beteiligung Unilateraler Verschluss der AIE ohne AFC-Beteiligung Unilaterale Stenose der AIE mit Beteiligung der AFC Bilateraler Verschluss der AIC
D-Läsionen
Diffuse multiple unilaterale Stenosen der AIC, AIE und AFC (Länge meist >10 cm) Unilateraler Verschluss der AIC und AIE Bilateraler Verschluss der AIE Diffuse Erkrankung mit Beteiligung der Aorta und beider Iliakalarterien Iliakale Stenosen in Kombination mit einem Bauchaortenaneurysma oder einer anderen Läsion, die eine chirurgische Behandlung erfordert
AIC A. iliaca communis, AIE A. iliaca externa, AFC A. femoralis communis.
Abb. 9.2. Partiell freigesetzter Wallstent
Abb. 9.1. Palmaz-Stent, unmontiert, ballonexpandiert und freigesetzt
Eine Indikation zur perkutanen Behandlung liegt nach TASC-Empfehlung bei A-Läsionen vor. D-Läsionen sollten chirurgisch behandelt werden. Für B- und C-Läsionen konnte aus den Daten der Literatur keine allgemeine Behandlungsempfehlung abgeleitet werden. Es wurde jedoch konstatiert, dass zur Zeit B-Läsionen häufiger endoluminal und C-Läsionen häufiger chirurgisch behandelt werden. Stentmodelle Verschiedene Stentmodelle stehen zur Verfügung. Grundsätzlich ist nach dem Freisetzungsmechanismus zu unterscheiden zwischen selbstexpandierbaren und ballonexpandierbaren Stents. Die klinisch verwendeten Stentmodelle bestehen überwiegend aus Metall. Prototyp der ballonexpan-
dierbaren Stents ist der vor knapp 20 Jahren eingeführte Palmaz-Stent (Palmaz et al. 1988), der auch heute noch verfügbar ist (Abb. 9.1). Ballonexpandierbare Stents werden meist aus medizinischem Edelstahl hergestellt und sind heute meist vormontiert auf einem Ballon erhältlich. Es gibt jedoch auch noch Modelle, die von Hand selbst auf einen Ballon montiert werden können. Ihre radiale Widerstandskraft gewinnen ballonexpandierbare Stents durch plastische Verformung. Der Prototyp des selbstexpandierbaren Stents ist der Wallstent, der aus einer Legierung auf Kobaltbasis besteht (Günther et al. 1989; Abb. 9.2).Wallstents erhalten ihre radiale Widerstandskraft durch die Eigenspannung (elastische Verformung) des aus einzelnen Drähten gewobenen Maschengitters. Neuere selbstexpandierbare Stentmodelle werden in der Mehrzahl aus einer Nickel-Titan-Legierung (Nitinol) hergestellt (Abb. 9.3). Stents aus Nitinol haben ein thermisches Gedächtnis für die Form, die ihnen während des Herstellungsprozesses gegeben wird. Diese Form nehmen sie bei der Freisetzung nach Erwärmung auf Körpertemperatur wieder an und entwickeln so ihre radiale Widerstandskraft. Der Strecker-Stent, der ebenfalls bereits Ende der 1980er Jahre eingeführt wurde, ist heute nicht mehr erhältlich (Strecker et al.
407
408
Kapitel 9 Beckengefäße
Neuere Entwicklungen sind radioaktive Stents und beschichtete Metallstents, die beispielsweise aus einer Polymerbeschichtung ihres Metallgitters einen Wirkstoff freisetzen (Duda et al. 2003). Klinisch eingesetzte Wirkstoffe stammen vor allem aus der Gruppe der Antiproliferativa, wie Rapamycin (Sirolimus) und Paclitaxel. Die jüngste Entwicklung stellen bioresorbierbare und sich selbst auflösende Stents aus Milchsäure oder Magnesium dar. Diese Stents werden bisher überwiegend zunächst in der Kardiologie erprobt.
Abb. 9.3. Zwei verschiedene Stentmodelle aus Nitinol außen (ZA links, Memotherm rechts), ein Stentgraft (Corvita) in der Mitte
1988). Er nahm als ballonexpandierbarer, aber dennoch flexibler Stent, der aus Tantal hergestellt wurde, eine Zwischenstellung ein. Auch nach ihrer Oberflächenbeschaffenheit lassen sich Stents einteilen. Es gibt neben den seit etwa 1985 gebräuchlichen einfachen Metallstents seit Anfang der 1990er Jahre auch ummantelte Stents, so genannte Stentgrafts, die ursprünglich zur perkutanen Ausschaltung von Aortenaneurysmen entwickelt wurden (Parodi et al. 1991; Vorwerk u. Schürmann 2000; Abb. 9.3). Die Ummantelung des Metallgerüsts besteht aus synthetischem Gewebe, das vor allem aus den Polymeren Polyethylenterephthalat (PET, Dacron) oder Polytetrafluorethylen (PTFE, Goretex) hergestellt wird.
9.1.1 Beckenarterienstenosen Zur Behandlung von Stenosen der A. iliaca communis und proximalen A. iliaca externa wird üblicherweise ein ipsilateraler femoraler Zugang gewählt. Läsionen der distalen A. iliaca externa lassen sich unter Umständen über einen kontralateralen femoralen Zugang in Cross-over-Technik einfacher behandeln. Die Stenose wird mit einem Führungsdraht und Katheter überwunden und anschließend mit einem Ballon aufgeweitet (Abb. 9.4 a, b). Üblich sind Systeme von 35/1000 Zoll (= Inch, 1 Zoll = 2,54 cm). Der Ballondurchmesser wird anhand des Durchmessers eines gesunden Arteriensegments proximal oder distal der Stenose oder anhand des Durchmessers der kontralateralen Arterie bestimmt. Besteht Unsicherheit über die erforderlichen Ballonmaße, kann ein Messkatheter verwendet werden. Über die optimale Dauer der Ballondilatation liegen nur wenige Daten vor. Abb. 9.4 a, b. Männlicher Patient, 42 Jahre, pAVK vom Beckentyp links führend, Stadium Fontaine II b. a DSA in RAO-Projektion vor PTA über einen PigtailMesskatheter: langstreckige Stenose der A. iliaca externa links. b Nach PTA, RAO-Projektion: Die Stenose ist beseitigt
a
b
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien Abb. 9.5 a–d. Männlicher Patient, 49 Jahre, beidseitige pAVK vom Beckentyp, Stadium Fontaine II b. a, b DSA vor Behandlung in PA- und LAO-Projektion: Abgangsstenose der A. iliaca communis rechts, die auf die Gegenseite übergreift. c Simultane Implantation von 2 ballonexpandierbaren Stents. d DSA nach Implantation von ballonexpandierbaren Stents, LAO-Projektion: gute Durchgängigkeit
b a
c
!
Eine aktuelle prospektiv randomisierte Untersuchung zur femoralen PTA zeigte, dass die Dissektionsrate nach einer Dilatationsdauer von 180 s signifikant kleiner als nach 30 s war (Zorger et al. 2002). Merke
Indikation zur Stentimplantation Eine prospektiv randomisierte Multicenter-Studie ergab nach einer 2-jährigen Nachbeobachtungszeit, dass die Offenheitsrate nach PTA und selektiver Stentimplantation abhängig vom Druckgradienten über die Läsion mit der Offenheitsrate nach primärer Stentimplantation vergleichbar war (Tetteroo et al. 1998). Das Ergebnis wurde auch im Langzeitverlauf nach einer
d
mittleren Nachbeobachtungszeit von 5,6 Jahren bestätigt (Klein et al. 2004). Bei mehr als 90% der Patienten lag eine Beckenarterienstenose vor, sodass das Ergebnis auf Patienten mit Beckenarterienverschlüssen nicht übertragbar ist. Es wurden nur ballonexpandierbare Stents verwendet, die implantiert wurden, wenn der Mitteldruckgradient über die Läsion nach PTA ≥10 mmHg betrug. War der Druckgradient <10 mm Hg, wurde durch Gabe eines Vasodilatators (25 mg Papaverin, 40 mg Tolazolin oder 100 mg Nitroglycerin) überprüft, ob unter dieser simulierten Belastungssituation ein Anstieg auf ≥10 mmHg eintrat und so doch eine Indikation zur Stentimplantation vorlag. Abschließend wurde der Druckgradient vor und nach Va-
409
410
Kapitel 9 Beckengefäße
a
d
c
b
e
f
Abb. 9.6 a–f. Weibliche Patientin, 51 Jahre, pAVK vom Beckentyp rechts, Stadium Fontaine II b. a DSA vor Behandlung: Abgangsstenose der A. iliaca externa rechts. b DSA nach Implantation eines ballonexpandierbaren Stents, der den Abgang der linken A. iliaca communis weitgehend überlagert. 9 Monate später klagte die Patientin über Beschwerden links. c In der DSA Abgangsstenose der A. iliaca communis links, geringe Neointimahyperplasie im sonst gut durchgängigen Stent rechts. Es zeigte sich, dass der Katheter für die DSA durch die
Stentmaschen geschoben wurde, daher Rückzug des Katheters. d Symptomatische Dissektion der Bauchaorta (die Patientin klagte über akute Rückenschmerzen) bei der erneuten Sondierung. e Nach Resondierung des wahren Lumens und Stentimplantation in die A. iliaca communis links persistierende Dissektion trotz Ballondilatation der Bauchaorta. f Implantation eines 14 mm durchmessenden selbstexpandierbaren Stents aus Nitinol in die Bauchaorta: Die Dissektion ist nicht mehr sichtbar, Rückgang der Schmerzen
sodilatation erneut bestimmt, um den technischen Erfolg (Druckgradient <10 mmHg) zu dokumentieren. Trotz der größeren Genauigkeit hat sich das Verfahren in der allgemeinen Praxis nicht durchsetzen können, da es mit zusätzlichem zeitlichen, techni-
schen und finanziellen Aufwand verbunden ist. Von vielen Anwendern wird als einfachere Entscheidungshilfe weiterhin die angiographische Darstellung in 2 Ebenen bevorzugt und nur in unklaren Fällen auf die Druckmessung zurückgegriffen.
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien
a
b
Abb. 9.7 a–c. Männlicher Patient, 57 Jahre, pAVK vom Beckentyp rechts, Stadium Fontaine II b. a In der DSA Verschluss der A. iliaca communis rechts (die Aufnahme wurde freundlicherweise von der Praxis Prof. Dr. Uhlenbrock und Partner in Dortmund zur Verfügung gestellt). b Retrograde
!
Eine angiographisch in 2 Ebenen dokumentierte Reststenose nach PTA von >30% wird als Indikation zur Stentimplantation angesehen. Auch eine langstreckige flussbehindernde Dissektion nach PTA wird als Indikation zur Stentimplantation angeführt. Merke
Beidseitige Stenosen am Abgang der A. iliaca communis lassen sich über einen bilateralen femoralen Zugang durch simultane, so genannte „küssende“ Ballondilation bzw. Stentimplantation behandeln. Ballonexpandierbare und selbstexpandierbare Stents können verwendet werden. Wichtig ist, dass beide Stents einige Millimeter in die Bauchaorta hineinragen (Abb. 9.5 a–d). Wird im Falle einer einseitigen Abgangsstenose einer A. iliaca communis der Ursprung der gegenseitigen frei durchflossenen A. iliaca communis durch den Stent überbrückt, ist nach eigenen Erfahrungen eine beidseitige simultane Stentimplantation zu empfehlen, um Restenosen zu vermeiden (Abb. 9.6 a–f).
c
Rekanalisation des Verschlusses über die rechte Leistenarterie und Implantation eines ballonexpandierbaren Stents, Reststenose am kaudalen Stentende. c Nach Implantation eines weiteren ballonexpandierbaren Stents überlappend mit dem ersten Stent ist keine Stenose mehr sichtbar
9.1.2 Beckenarterienverschlüsse Die große Mehrzahl der veröffentlichten Berichte bezieht sich auf chronische Verschlüsse, die anamnestisch seit mindestens 2 Monaten bestehen. Da die Rekanalisation frischerer Verschlüsse mit einem höheren Embolierisiko behaftet ist, kann bei Patienten mit einem Fontaine-Stadium II durchaus abgewartet werden, bis der Verschluss ein entsprechendes Alter erreicht hat. Patienten mit einer kritischen Beinischämie bedürfen jedoch der direkten Behandlung. Die Rekanalisation von Verschlüssen der distalen A. iliaca communis und A. iliaca externa kann retrograd über einen ispilateralen femoralen Zugang oder antegrad in Cross-over-Technik von der kontralateralen Leistenarterie aus durchgeführt werden (Abb. 9.7 a–c). Zur Sondierung der kontralateralen A. iliaca communis ist ein Katheter mit abgewinkelter oder rückwärts gerichteter Spitze, wie ein Sidewinder-, Kobra-, oder RIM-Katheter (Rösch-InferiorMesenterica-Katheter) erforderlich. Der Einsatz einer Cross-over-Schleuse wird empfohlen. Nach erfolgreicher antegrader Passage des Verschlusses kann der Draht über einen ipsilateralen Zugang mit einer Schlinge eingefangen und nach außen gezogen werden, sodass für die weitere Behandlung ein kürzerer geringer gewundener Zugang besteht.
411
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Kapitel 9 Beckengefäße
Vorteile der Cross-over-Technik 1. Die kontralaterale Leistenarterie ist häufig besser tastbar und daher einfacher zu punktieren 2. Die Interventionsrichtung entspricht der normalen Flussrichtung des Blutes.Dies soll die Passage im ursprünglichen Arterienlumen begünstigen und die Dissektionsrate reduzieren 3. Läsionen beider Iliakalarterien sowie der kontralateralen Beinarterien lassen sich über einen Zugang behandeln 4. Falls eine flussbehindernde Komplikation an der Punktionsstelle auftritt, betrifft sie die unbehandelte Seite
Nachteile sind die geringere Vis-a-tergo und der etwas größere Zeit- und Kostenaufwand. Für beide Zugangswege gilt, dass bei der Verschlusspassage eine begrenzte subintimale Passage tolerabel ist, solange ein sicherer Wiedereintritt in das wahre Gefäßlumen erzielt wird. Verschiedene Führungsdrähte und Katheter sind zur Verschusspassage geeignet. Verwendet werden meist normale oder steife gleitbeschichtete Drähte und einfache Stahldrähte von 0,035 Inch, die einen beweglichen Kern haben können. Die Drahtspitzen können gerade oder gebogen sein. Auch 0,018 InchStahldrähte werden eingesetzt. Distal verstärkte gerade Katheter und distal abgewinkelte drehstabile Mehrzweckkatheter von 5–6 F werden bevorzugt verwendet. Die Mehrzahl der Untersucher implantiert nach Überwindung des Verschlusses obligat einen Stent. Die primäre (direkte) Stentimplantation ohne vorherige PTA wird von vielen Untersuchern bevorzugt, da sie wahrscheinlich das Risiko einer peripheren Embolie verringert.
!
Ballonexpandierbare Stents sollten möglichst geschützt durch eine lange Schleuse in das verschlossene Segment vorgeführt werden, um eine vorzeitige Dislokation des Stents vom Trägerkatheter zu vermeiden. Merke
Vor der Freisetzung des Stents wird die Schleuse zurückgezogen. Ein selbstexpandierbarer Stent sollte 1–2 mm größer als der ermittelte wahre Gefäßdurchmesser gewählt werden. Zur Verschlusspassage werden unterschiedliche Techniken häufig auch in verschiedener Reihenfolge beschrieben. Rein manuelle mechanische Techniken, die sich auf den Einsatz von Draht und Katheter beschränken, konkurrieren mit verschiedenen mechanischen Thrombektomiesystemen, der lasergestützten PTA und pharmakologischen Verfahren, wie der lokalen Fibrinolyse (Balzer et al.2005;Vorwerk et al.1995 a; Zeller et al. 2002). Eine Kombination verschiedener Verfahren, beispielsweise von mechanischer Rekanalisation und Fibrinolyse, ist möglich (Hausegger et al. 1991). Über die Reihenfolge gibt es unterschiedliche
Empfehlungen. Prospektive vergleichende Untersuchungen, welches Vorgehen am effektivsten und komplikationsärmsten ist, liegen bisher nicht vor. Über die perkutane Behandlung relativ frischer (<2 Monate) Beckenarterienverschlüsse gibt es nur wenige Berichte (Zeller et al. 2002). Eine mechanische gerätegestützte Thrombektomie, die mit einer Fibrinolyse verbunden werden kann, ist anderen perkutanen Verfahren wahrscheinlich vorzuziehen. Allerdings sind die verfügbaren Thrombektomiesysteme in der Regel nicht geeignet, kaliberstarke Beckenarterien mit einem Durchmesser von ≥7 mm vollständig frei zu machen. Das verbliebene thrombotische Material lässt sich jedoch mit einem Stent an der Gefäßwand fixieren. Die PTA sollte nur zurückhaltend eingesetzt werden. Welchen Stellenwert die jüngst vorgestellte Kryoplastie, bei der die Gefäßwand unter einem Druck von etwa 5–6 bar für die Dauer von etwa einer Minute auf –10°C abgekühlt wird, in der Behandlung von Stenosen und Verschlüssen der Beckenarterien erhalten wird, muss abgewartet werden. Größere Berichte liegen bisher nicht vor. Ergebnisse Bei Berichten über den Erfolg perkutaner Interventionen muss differenziert werden, ob sich die angegebenen Daten auf hämodynamische, morphologische (angiographische) oder klinische Befunde beziehen. Offenheitsraten sollten mit dem Kaplan-Meier-Verfahren bestimmt werden. Anerkannte Kriterien für den Erfolg der perkutanen Therapie (Rutherford u. Becker, 1991; Rutherford et al. 1997) ∑ Kurzfristig: 왔 Eine Verbesserung des klinischen Stadiums um mindestens eine Kategorie 왔 Ein Anstieg des Knöchel-Arm-Indexes um ≥0,1 ∑ Langfristig: 왔 Ein Abfall von ≤0,15 gegenüber dem maximalen KnöchelArm-Index nach Behandlung 왔 Ein Verhältnis der maximalen systolischen Flussgeschwindigkeiten im behandelten Segment und dem vor- oder nachgeschalteten Arteriensegment von <2,5 왔 eine angiographisch in 2 Ebenen ermittelte Restenose von <30%
Ein Misserfolg der Behandlung liegt vor und eine Restenose im behandelten Segment ist anzunehmen, wenn die genannten Kriterien nicht eingehalten werden können. Auch jede Reintervention im behandelten Segment ist als Misserfolg zu werten. Der primäre technische Erfolg der endoluminalen Therapie, definiert als Wiederherstellung des normalen Lumens mit einer Reststenose von <30% und/
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien Tabelle 9.3. Offenheitsraten (in %) 4 Jahre nach Beckenarterienintervention in Abhängigkeit vom klinischen Stadium, lokalen Befund und Behandlungsverfahren. (Nach Bosch u. Hunink 2002) PTA Stenose
Stent Verschluss
Stenose
Verschluss
Fontaine Stadium II
65
54
77
61
Fontaine Stadium III oder IV
53
44
67
53
Tabelle 9.4. Einfluss verschiedener Parameter auf die Langzeitoffenheitsrate nach Beckenarterienintervention. (Nach Klein et al. 2004) Prognostisch günstig
Prognostisch ungünstig
Kurzstreckige Läsion
Langstreckige Läsion
Konzentrische, wenig verkalkte Läsion
Exzentrische, stark verkalkte Läsion
Läsion in der AIC
Läsion in der AIE
Stenose
Verschluss
Guter Abfluss nach distal (AFS offen)
Schlechter Abfluss nach distal (AFS verschlossen)
Fontaine-Stadium II a oder II b
Fontaine-Stadium III oder IV
Männliches Geschlecht
Weibliches Geschlecht
oder einem Mitteldruckgradienten <10 mmHg, wird mit >90% angegeben, für umschriebene iliakale Stenosen erreicht er nahezu 100%. Die technische Erfolgsrate der Rekanalisation segmentaler Verschlüsse der Beckenarterien liegt bei 80–85% (Vorwerk et al. 1995 a; Tetteroo et al. 1998). Die primäre Offenheitsrate, d. h. ohne perkutane Reintervention, beträgt abhängig vom Patientenkollektiv nach einem Jahr etwa 80–90%. Die Offenheitsrate nach 4 Jahren lag in einer Metaanalyse von 14 Studien zwischen 44–77% (Bosch u. Hunink 1997; Tabelle 9.3). Die Restenoserate nach 4 Jahren war nach Stentimplantation im Mittel 39% (Spanne: 22–56%) geringer als nach alleiniger PTA. Die Offenheitsrate 5 und 10 Jahre nach Stentimplantation betrug in einer eigenen retrospektiven Untersuchung von 110 Patienten mit 126 iliakalen Läsionen, von denen etwa 50% Stenosen und 50% Verschlüsse waren, 66 bzw. 46% (Schürmann et al. 2002; Tabelle 9.4). Die sekundäre Offenheitsrate, d. h. nach einmaliger perkutaner Reintervention, lag bei 79 bzw. 55%. Ursache der Restenose ist meist eine starke Narbenbildung der Gefäßwand, die so genannte neointimale Hyperplasie. Im Vergleich zur operativen Therapie sind die veröffentlichten Langzeitergebnisse der perkutanen Behandlung ungünstiger. Die Offenheitsrate 5 und 10 Jahre nach aortobiiliakalem oder aortobifemoralem Bypass wird in einer Metaanalyse für Patienten
im Fontaine-Stadium II mit 91 bzw. 87%, für Patienten im Fontaine-Stadium III oder IV mit 88 bzw. 82% angegeben (De Vries u. Hunink 1997). Andererseits sind die berichtete perioperative Morbidität und Mortalität der perkutanen Behandlung geringer. Die Mortalitätsrate der endoluminalen Therapie liegt deutlich unter 1% (Bosch u. Hunink, 1997), die der Operation bei ≥3% (De Vries u. Hunink 1997). Die einzige uns bekannte prospektiv randomisierte Studie, in der insgesamt 263 Männer entweder durch PTA oder Bypasschirurgie behandelt wurden, ergab überraschenderweise bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 4 Jahren keinen statistisch signifikanten Unterschied – weder im Behandlungserfolg noch in der Mortalitätsrate (Wolf et al. 1993). Die Komplikationsrate der endoluminalen Therapie beträgt etwa 10%, die Rate schwerwiegender Komplikationen liegt gemäß der Definition (Leoni et al. 2001) der US-amerikanischen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie bei 4–5%. Schwerwiegende Komplikationen betreffen häufig die Punktionsstelle. Zu nennen sind vor allem Leistenhämatome, retroperitoneale Hämatome, falsche Aneurysmen und Stenosen oder Verschlüsse der punktierten Leistenarterie. Seltener treten ausgedehnte Dissektionen (insbesondere nach alleiniger PTA, vgl. Abb. 9.6 a–f), Stentdislokationen, Gefäßperforationen und periphere Embolien auf. Mit Letzteren ist besonders bei der Verschlussrekanalisation zu rechnen. Auch kontrastmittelabhängige Komplikationen, wie schwere allergische Reaktionen, Nieren- und Schilddrüsenfunktionsstörungen, müssen bedacht werden. 9.1.3 Behandlung von Restenosen Restenosen oder Reverschlüsse nach endoluminaler Therapie lassen sich mit denselben Verfahren behandeln, die auch für die Erstbehandlung von Beckenarterienläsionen eingesetzt werden (Abb. 9.8 a–d). Die durch neointimale Hyperplasie verursachte Restenose nach Stentimplantation ist in der Regel durch Ballondilatation und ggf. Implantation eines weiteren Stents ausreichend behandelbar. In komplexen Fällen kommen weitere mechanische Verfahren, wie
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Kapitel 9 Beckengefäße Abb. 9.8 a–d. Männlicher Patient, 65 Jahre, erneute pAVK vom Beckentyp rechts, Stadium Fontaine II b, nach Implantation eines ballonexpandierbaren Stents in die distale A. iliaca externa vor 21 Monaten. Rezidivstenose in der DSA in PA- (a) und LAO-Projektion (b). Zusätzlich hochgradige Stenose durch eine Plaque kranial des Stents am Abgang der A. iliaca interna (b). c Implantation eines ballonexpandierbaren Stents überlappend mit dem liegenden Stent. Deutliche Reststenose auf Höhe des Abgangs der A. iliaca interna, trotz mehrfacher Ballondilatation nicht aufzuweiten. d Implantation eines weiteren Stents, dabei Verschluss der A. iliaca interna a
c
b
d
die Aspirationsthromektomie oder die kathetergestützte Atherektomie in Frage (Vorwerk et al. 1995 b; Zeller et al. 2002). Die Verfahren können mit einer Thrombolyse kombiniert werden. Wahl des Stents Aus der Literatur lässt sich bisher nicht ableiten, ob selbstexpandierbare oder ballonexpandierbare Stents eine günstigere Langzeitoffenheitsrate im Bereich der Beckenarterien aufweisen. Große vergleichende prospektive Studien liegen nicht vor. Ballonexpandierbare Stents sind in der Regel rigider als selbstexpandierbare Stents, sodass erstere eher für kurzstreckige deutlich verkalkte, letztere eher für langstreckige Läsionen in stark elongierten Beckenarterien geeignet sind. Durch Änderungen des Ma-
schengitteraufbaus gibt es inzwischen jedoch auch relativ flexible ballon- und rigide selbstexpandierbare Stents. Ballonexpandierbare Stents haben den Vorteil, dass PTA und Stentimplantation in einem Arbeitsgang durchgeführt werden können, wenn auf das oben vorgestellte zweistufige Vorgehen – zunächst PTA und anschließend selektive Stentimplantation – verzichtet wird. Damit ist der Eingriff nicht so zeitaufwändig und weniger strahlenbelastend, jedoch möglicherweise weniger kostengünstig. Selbstexpandierbare Stents sollten nach der Freisetzung mit einem Ballon nachdilatiert werden. Die nachteilige ungenauere Platzierbarkeit selbstexpandierbarer Stents, die durch die Verkürzung bei der Freisetzung bedingt war, ist mit der Einführung der Nitinolstents
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien
nur noch von untergeordneter Bedeutung. Einzig der Wallstent weist diese Eigenschaft noch auf. Im Gegensatz zur Mehrzahl der Nitinolstents kann der Wallstent jedoch zunächst teilweise freigesetzt, wieder auf dem Abwurfkatheter geborgen und replatziert werden. Ein Nachteil der Nitinolstents ist ihre geringe Röntgensichtbarkeit. Die Hersteller versuchen, diesen Nachteil durch röntgendichte Marker an den Stentenden auszugleichen. Vergleichende klinische Studien mit wirkstofffreisetzenden oder radioaktiven Stents in den Beckenarterien sind uns nicht bekannt. Die Offenheitsrate einfacher Metallstents ist in den Beckenarterien bereits relativ hoch. Daher ist das Interesse, die zur Zeit noch sehr teuren oberflächenveredelten Stents vergleichend in den Beckenarterien zu untersuchen, bisher gering. Iliakale PTFE-ummantelte Stents erzielten in einer prospektiven nichtvergleichenden Studie nach einem Jahr eine sehr hohe primäre Offenheitsrate von 98% (Lammer et al. 2000). Dieser Wert liegt höher als die berichteten Offenheitsraten einfacher Metallstents, jedoch wurden bisher keine Langzeitdaten und keine großen direkt vergleichenden prospektiven Studien vorgestellt. Solange diese Daten fehlen, sind einfache Metallstents im klinischen Alltag vorzuziehen. 9.1.4 Perinterventionelle Behandlung Eine ausführliche Aufklärung des Patienten mindestens 24 Stunden vor Behandlungsbeginn ist obligat. Neben der klinischen Untersuchung sollte bei allen Patienten vor Beginn der Behandlung der KnöchelArm-Index bestimmt und eine farbkodierte Duplexsonographie durchgeführt werden. Aktuelle (nicht älter als eine Woche) Laborparameter, die Gerinnungswerte (Quick/INR, PTT), ein kleines Blutbild, den Kreatinin- und TSH-Wert umfassen, müssen vor Beginn der Behandlung vorliegen. Wir führen keine elektive Behandlung durch, wenn der Quick-Wert <50% oder die Thrombozytenzahl <50 /nl beträgt. Der Kreatininwert sollte bei <1,5 mg/dl liegen, andernfalls ist eine Vorbehandlung in Form einer Infusion von Kochsalzlösung und der Gabe von Acetylcystein zu empfehlen. Während der Intervention ist eine permanente Kontrolle der Basiskreislaufparameter zu empfehlen (Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung, EKG). Eine laufende Medikation mit Acetylsalicylsäure und/oder Thrombozytenaggregationshemmern aus der Gruppe der Thienopyridine, wie Ticlopidine oder Clopidogrel, sollte vor der Behandlung nicht abgesetzt werden. Ist der Patient markumarisiert, ist er vor der Behandlung auf Heparin umzustellen. Wäh-
rend der Behandlung erhalten nahezu alle Patienten nichtfraktioniertes Heparin, eine übliche Dosierung sind 5000 IE intraarteriell im Bolus, einzelne Gruppen applizieren das Heparin auch gewichtsadaptiert. Nach der Behandlung sollte die Medikation mit Acetylsalicylsäure (100 mg/Tag) unbefristet fortgeführt werden (Antiplatelet Trialists’ Collaboration 1994). Es ist nicht bekannt, ob eine mehrwöchige Medikation mit Thienopyridinen die Restenoserate der Beckenarterien nach PTA bzw. Stentimplantation vermindert. Dennoch wird sie in Anlehnung an die übliche Praxis in der Kardiologie nach Koronarstentimplantation von vielen Gruppen durchgeführt. Die orale Gabe von Clopidogrel hat vielfach die 24-stündige intravenöse Vollheparinisierung nach Intervention ersetzt. Arterielle Beckenarterieninterventionen werden bisher meist unter stationären Bedingungen durchgeführt. Mit abnehmender Größe der erforderlichen femoralen Schleusen (zur Zeit 6–7 F) werden jedoch ambulante Interventionen zunehmen. Vor der Entlassung des Patienten ist eine klinische Untersuchung, eine Bestimmung des Knöchel-ArmIndexes und eine farbkodierte Duplexsonographie erforderlich. Die Patienten sollten danach in regelmäßigen Abständen, zunächst nach 3 oder 6 Monaten, anschließend mindestens einmal jährlich nachuntersucht werden. Ummantelte Stents (Stentgrafts) Stentgrafts sind sehr gut geeignet, um Aneurysmen, AV-Fisteln oder akute Gefäßrupturen beispielsweise nach PTA zu behandeln (Parodi et al. 1999; Vorwerk u. Schürmann 2000; vgl.Abb. 9.8 a–d). Da die Systeme abhängig vom Durchmesser Schleusengrößen von ≥10 F zur Implantation erfordern, sind zum Verschluss der Punktionsstelle bei perkutanem Zugang unter Umständen besondere Nahtsysteme erforderlich. Alternativ muss die Leistenarterie gefäßchirurgisch freigelegt werden. Nicht selten ist die Embolisation der A. iliaca interna vor der Stentgraftimplantation notwendig, um eine retrograde Durchblutung des Aneurysmas zu verhindern (Abb. 9.9 a–e). Eine CT-Angiographie hilft, die Ausdehnung der häufig teilthrombosierten Aneurysmen und die Größe der erforderlichen Prothesen exakt zu bestimmen. Zur Embolisation bieten sich Spiralen an. Um das Risiko ischämischer Komplikationen gering zu halten, sollte der Verschluss möglichst proximal erfolgen (Kritpracha et al. 2003). Ein bilateraler Verschluss der A. ilaca interna ist zu vermeiden. Die Patienten müssen regelmäßig bildgebend nachuntersucht werden, um konventionell angiographisch häufig nicht sichtbare primäre oder im Verlauf neu auftretende (sekundäre) Endolecks auszuschließen. Die Kontrollen
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Kapitel 9 Beckengefäße
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Abb. 9.9 a–e. Männlicher Patient, 58 Jahre. Zufallsbefund eines Aneurymas der A. iliaca communis und interna rechts. a CT vor Behandlung: teilthrombosiertes Aneurysma im Teilungsbereich der A. iliaca communis rechts, maximaler Durchmesser etwa 4 cm. DSA über einen Messkatheter b vor
d
und c nach Spiralembolisation der A. iliaca interna rechts. d DSA nach Implantation eines kranial 16 mm, distal 12 mm durchmessenden Stentgrafts am nächsten Tag. e Kontroll-CT nach Behandlung: Das Aneurysma ist thrombosiert
9.3 Embolisationsbehandlung im Becken
werden überwiegend mit der CT-Angiographie vorgenommen, die MR-Angiographie ist ebenfalls geeignet. Kontrollen sollten ähnlich wie bei Patienten mit endoluminal behandelten Bauchaortenaneurysmen vor der Entlassung sowie beispielsweise nach 3 und 9 Monaten, danach bei unauffälligem Befund mindestens einmal jährlich durchgeführt werden. 9.2 Behandlung von TransplantatNierenarterienstenosen Eine Nierenarterienstenose einer Transplantatniere tritt mit einer Häufigkeit von etwa 3–6% auf (Patel et al. 2001; Sutherland et al. 1993). Mehrheitlich ist die Stenose an der Anastomose lokalisiert und entwickelt sich im ersten Jahr nach Transplantation. Seltener liegt die Stenose distal der Anastomose. Die distale Stenose entsteht häufig durch eine Verletzung des Gefäßes bei der Transplantatentnahme oder durch die Punktion, die zur Erhaltung der Perfusion vorgenommen wird. Klinisch fallen die Patienten durch eine schlecht einstellbare Hypertonie, eine fortschreitende Verschlechterung der Nierenfunktion, akute Überwässerung oder ein sehr schnell einsetzendes akutes Lungenödem auf. Die klinische Verdachtsdiagnose wird in der Regel bildgebend mit Hilfe der farbkodierten Duplexsonographie und der MR-Angiographie bestätigt. Angiographisch wird von vielen – wie bei konventionellen Nierenarterienstenosen – ein Durchmesserstenosegrad von >70% als Indikation zur Behandlung angesehen. Allerdings lässt sich die Anastomosenregion wegen des häufig stark geschlängelten Verlaufs der Transplantatnierenarterie nicht selten nur eingeschränkt beurteilen.
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Die perkutane Behandlung ist das Verfahren der Wahl, denn die Reoperation ist belastet durch eine hohe Mortalität und eine hohe Rate an Transplantatverlusten (Benoit et al. 1990). Merke
Der Zugang sollte abhängig von der Art der Anastomose gewählt werden. Ein retrograder kontralateraler Leistenarterienzugang ist vorzuziehen, wenn die Nierenarterie End-zu-End mit der A. iliaca interna der Gegenseite anastomosiert wurde. Diese Anastomose wird bei der Lebendnierenspende bevorzugt. Eine End-zu-Seit-Anastomose an die A. iliaca externa oder A. iliaca communis ist obligat bei Leichentransplantatnieren. In diesem Fall ist ein ipsilateraler Zugang günstiger. Der technische Erfolg der PTA von TransplantatNierenarterienstenosen liegt etwa zwischen 80–95%
(Patel et al. 2001; Raynaud et al. 1986). Wird primär ein Stent implantiert, ist die technische Erfolgsrate offenbar höher und wird mit 90–100% angegeben (Beecroft et al. 2004; Patel et al. 2001). Als Stents sind die auch für konventionelle Nierenarterienstenosen verwendeten Systeme geeignet. Mehrheitlich werden heute Monorail-Systeme eingesetzt, die mit Schleusengrößen unter 7 F auskommen. Ballonexpandierbare Stents, die sich punktgenauer platzieren lassen, sind geeigneter als selbstexpandierbare Stents. Der berichtete klinische Erfolg, der sich an der Senkung des Blutdrucks und/oder der Verbesserung der Nierenfunktionswerte ablesen lässt, ist in der Regel etwa 10–15% niedriger. Die primäre Offenheitsrate von PTA und Stentimplantation nach einem Jahr wurde in einer aktuellen retrospektiven Untersuchung mit 72% angegeben, die sekundäre Offenheitsrate mit 85% (Beecroft et al. 2004). Größere prospektive oder randomisierte Langzeitstudien wurden bisher nicht veröffentlicht. Auch eine Untersuchung, die PTA und Stentimplantation vergleicht, fehlt. Die vorliegenden Zahlen deuten allerdings darauf hin, dass die Ergebnisse nach primärer Stentimplantation günstiger sind als nach reiner PTA. 9.3 Embolisationsbehandlung im Becken Die Embolisationsbehandlung ist indiziert zur Ausschaltung von Aneurysmen, AV-Fisteln und Blutungen (Abb. 9.10 a–f). Die Embolisation von Uterusmyomen wird gesondert im folgenden Abschnitt behandelt. Abhängig vom Krankheitsbild kann ein temporärer oder ein permanenter Gefäßverschluss das Behandlungsziel sein. Dazu stehen feste und flüssige abbaubare und nicht abbaubare Embolisate zur Verfügung (Tabelle 9.5). Beckenblutungen können durch ein unfallbedingtes oder iatrogenes Trauma, durch Tumoren, Gefäßfehlbildungen, nach Radiatio oder Entbindung auftreten (Görich et al. 1993). Eine Embolisationsbehandlung ist bei unstillbaren Hb-wirksamen Blutungen als Notfallintervention vor allem nach traumatischen Blutungen angezeigt. Blutungsquelle sind überwiegend die viszeralen Äste der A. iliaca interna, insbesondere die A. obturatoria und die A. pudenda. Die A. obturatoria ist durch ihren Verlauf entlang der Kante des Foramen obturatum bei Beckenfrakturen besonders gefährdet. Zur Behandlung sind permanente Embolisationsmaterialien vorzuziehen, vor allem Flüssigembolisate, wie Zyanoacrylat (Histoacryl) oder Ethibloc.
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9.3 Embolisationsbehandlung im Becken Abb. 9.10 a–f. Weibliche Patientin, 34 Jahre, mit Druckgefühl und unklaren Schmerzen im Unterbauch nach 2 gynäkologischen Operationen (Sectio, Hysterektomie wegen Uterus myomatosus inklusive Ovariotomie links bei Zystadenofibrom). AV-Fistel in Kombination mit einem Aneurysma: a In der CT nach i. v. Kontrastmittelgabe Aneurysma im kleinen Becken links, frühe Kontrastierung zahlreicher benachbarter erweiterter Venen als Hinweis auf die Fistel. b In der multiplanaren koronaren Rekonstruktion etwa 3,5×3,5×7 cm messendes Aneurysma. c,d In der DSA Versorgung des Aneurysmas über einen stark geschlängelt verlaufenden viszeralen Ast der A. iliaca interna links, offensichtlich die A. uterina. e Nach Spiralembolisation der zuführenden Arterie füllt sich in der Spätphase der DSA nur noch ein Netz von kleinen teils venösen Gefäßen. f In der CT-Kontrolle Thrombose des Aneurysmas, erweiterte Venen stellen sich nicht mehr dar; Metallartefakte durch die Spiralen
Tabelle 9.5. Basiseigenschaften verschiedener Embolisationsmaterialen im Becken
Hat der Anwender mit Flüssigembolisaten keine Erfahrung, wird der Einsatz von Mikro- oder Makrospiralen empfohlen. Wenn möglich, sollte superselektiv embolisiert werden, um das Risiko unerwünschter ischämischer Nebenwirkungen klein zu halten. Dazu ist der Einsatz eines Mikrokatheters in koaxialer Technik erforderlich. Die berichteten Erfolgsquoten liegen über 90% (Lang 1981). Mit anderen Verfahren nicht behandelbare Tumorblutungen, die häufig von Blasen-, Prostata- oder Uteruskarzinomen ausgehen, sind häufig ebenfalls durch Embolisation zu stillen (Klose et al. 1981). Permanente Embolisate sind zu empfehlen. Neben Spiralen und permanenten Flüssigembolisaten kommen bei diffusen Blutungen auch Partikel, die in Größen von 50–1200 mm verfügbar sind, zum Einsatz. Je peripherer der Ort des Verschlusses liegen soll, desto kleiner werden die Partikel gewählt. Allerdings ist zu beachten, dass mit abnehmender Partikelgröße das Risiko einer unerwünschten Nekrose gesunden Nachbargewebes steigt. Eine häufig verwendete „Standardgröße“ sind Partikel von 300–500 mm. Zur Behandlung des Priapismus, der häufig sehr junge Patienten betrifft, sollte kein permanentes Embolisat verwendet werden. Hier bieten sich autologe Blutkoagel, Stärke- oder Gelatineschwammpartikel an. Schwerwiegende Komplikationen der Embolisation sind Nekrosen der Beckenorgane (besonders Blase, Kolon/Rektum), Impotenz, meist temporäre Schmerzen und Gefühlsstörungen eines Beins oder der Glutaealmuskulatur. Auch temporäre Beinlähmungen als Folge ischämischer Nervenschädigungen wurden beschrieben. Ein bilateraler zentraler Verschluss der A. iliaca interna sollte daher vermieden werden. Embolisationsmaterial kann nach distal in die Beine abgeschwemmt werden und dort zu Gefäßverschlüssen führen.
9.3.1 Uterusmyomembolisation
Abbaubar
Nicht abbaubar
Festes Embolisat
Partikel aus a) Gelatineschwamm b) Stärke Blutkoagel
Partikel aus a) Polyvinylalkohol b) Trisacryl Mikro- und Makrospiralen
Flüssiges Embolisat
Kollagen
Zyanoacrylat Ethibloc
Die perkutane Embolisation von Uterusmyomen wurde von Ravina und Merland inauguriert. Anfangs setzten sie das Verfahren präoperativ ein, um die Blutungskomplikationen der operativen Myomektomie zu verringern. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass Myomknoten sich auch nach alleiniger Embolisation zurückbildeten und eine klinische Besserung eintritt (Ravina et al. 1995). Während das Verfahren in Europa vor allem in Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien bereits verbreitet ist, wird es in Deutschland bisher nur von wenigen Zentren angeboten. Das Prinzip der perkutanen Embolisation beruht auf der Devaskularisation der Myomknoten durch den selektiven Verschluss der A. uterina und ihrer Äste mit Hilfe permanenter Embolisatsmaterialien (Walker u. Pelage 2002; vgl. Tabelle 9.5). Das Embolisat – heute in der Regel nichtabbaubare Partikel – führt zu einer Nekrose mit hyalinem Umbau und Schrumpfung der Myomknoten. Indikation Indikation ist ein symptomatischer Uterus myomatosus, der Wunsch nach Behandlung und die Ablehnung der konventionellen Operation. Die Indikation zur perkutanen Behandlung sollte in Absprache mit dem Gynäkologen gestellt werden.
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Als sinnvoller oberer Grenzwert der perkutan behandelbaren Myome wird ein Durchmesser von 12 cm angegeben. Der Uterus sollte <20 cm sein, dies entspricht etwa der Ausdehnung in der 20. Schwangerschaftswoche (Uterus auf Nabelhöhe). Merke
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Kapitel 9 Beckengefäße
Die Diagnose des Uterus myomatosus und die genaue Lage der Myome ist vor und nach der Behandlung durch Bildgebung zu dokumentieren. Ideal dazu geeignet ist die MRT. Eine sonographische Kontrolle ist ebenfalls möglich. Absolute Kontraindikationen der perkutanen Behandlung sind gestielte subseröse und intraligamentäre Myome, ein florider urogenitaler Infekt und ein liegendes Intrauterinpessar (Kröncke et al. 2004). Als relative Kontraindikationen gelten Kinderwunsch, Myom- bzw. Uterusgröße oberhalb der angegebenen Grenzwerte und Versorgung der Myome über die A. ovarica. Technik Die große Mehrzahl der behandelten Patientinnen ist im gebärfähigen Alter. Die besonders strahlensensiblen Ovarien liegen während der Behandlung voll im Nutzstrahlenfeld. Es ist daher ganz besonders auf eine geringe Strahlenbelastung zu achten. Periinterventionell wird von vielen Autoren eine intravenöse Kurzzeitantibiose mit einem Breitbandantibiotikum (Cephalosporin, Metronidazol) durchgeführt, der Nutzen ist allerdings nicht belegt. Die A. uterina wird entweder über einen ein- oder beidseitigen femoralen Zugang sondiert. Als Argument für einen beidseitigen Zugang wird eine Reduktion der Strahlenbelastung durch simultane Embolisation beider A. uterinae angeführt. Das Verfahren ist jedoch kosten- und personalintensiver. Die Mehrzahl der Untersucher bevorzugt einen einseitigen femoralen Zugang und embolisiert sukzessive in derselben Sitzung zunächst die gegenseitige, anschließend die gleichseitige A. uterina (Kröncke et al. 2004; Pelage et al. 2003; Walker u. Pelage 2002).
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Eine nur einseitige Embolisation ist nicht zu empfehlen, da die Misserfolgsrate hoch ist. CAVE
Vor der Behandlung sollte ein Blasenkatheter platziert werden. Schleusen von 4 oder 5 F werden eingesetzt. Für die Sondierung der A. iliaca interna sind gebogene 4- oder 5 F-Katheter, wie Kobra-, Sidewinderoder RIM-Katheter, und gleitbeschichtete Führungsdrähte günstig. Die A. uterina entspringt in der Regel als einer der ersten Äste aus dem viszeralen (vorderen) Bündel der A. iliaca interna. Sie ist an ihrem stark geschlängelten Verlauf meist gut zu erkennen. Viele Autoren empfehlen zur selektiven Sondierung der A. uterina einen Mikrokatheter, um Spasmen zu vermeiden. Kröncke und Mitarbeiter (2004) berichten jedoch, dass sie bei Verwendung eines 4 F-RIMKatheters in 80% der Fälle auf einen Mikrokatheter verzichten konnten. Der Katheter wird mit der Spitze im transversalen Segment der A. uterina platziert.
Zur Embolisation werden überwiegend Partikel aus Polyvinylalkohol (PVA) oder Trisacryl verwendet. Die größte Erfahrung besteht mit nichtsphärischen PVA-Partikeln von 355–500 mm Durchmesser (Walker u. Pelage 2002). Größe und Form dieser Partikel schwanken jedoch stark. Sphärische Trisacrylpartikel, deren Größe und Form deutlich homogener ist, werden in Durchmessern von 500–900 mm eingesetzt. Im Vergleich zu den nichtsphärischen PVA-Partikeln sind sie einfacher über einen Mikrokatheter applizierbar, und der Ort des Verschlusses ist definierter (Pelage et al. 2003). Neu eingeführte sphärische Partikel aus PVA, die sich ebenso einfach wie Trisacrylpartikel applizieren lassen, sind offenbar weniger effektiv als Trisacrylpartikel (Spies et al. 2004). Endpunkt der Embolisation mit nichtsphärischen und sphärischen PVA-Partikeln ist eine Stase des Flusses in der A. uterina. Bei Verwendung von Trisacrylpartikeln reicht es aus, das Bild des so genannten „entlaubten Baumes“ zu erreichen, bei dem ein geringer antegrader Fluss in der A. uterina erhalten bleibt. Ist der Endpunkt erreicht, sollte eine Warteperiode angeschlossen werden, um zu überprüfen, ob das erreichte Ziel stabil ist. Eine intravenöse Schmerzbehandlung nach Behandlung ist in der Regel über einen Zeitraum von 24 Stunden erforderlich. Dazu kann eine MorphinSchmerzpumpe oder ein Periduralkatheter verwendet werden. Anschließend kann die Schmerzbehandlung, die häufig mit einer antiphlogistischen Medikation kombiniert wird, oral fortgesetzt werden. Ergebnisse Der technische Erfolg der Myomembolisation wird mit über 90%, der klinische Erfolg mit etwa 70–90% berichtet (McLucas et al. 2001; Ravina et al. 1995; Walker u. Pelage 2002; Abb. 9.11 a–d). Zur nichtinvasiven Ergebniskontrolle ist die MRT besonders geeignet, da sie ohne Röntgenstrahlung auskommt (Abb. 9.12 a, b). Der Erfolg ist bildgebend sichtbar an der bis zu 50%igen Volumenabnahme der Myome und des Uterus, die meist in den ersten 6 Monaten nach Behandlung eintritt. Klinisch kommt es zu einer Rückbildung der Blutungsbeschwerden, der Schmerzen und des Raumforderungsgefühls im Unterbauch. Die Gesamtkomplikationsrate wird mit etwa 15– 20% angegeben. Intraprozedurale schwerwiegende Komplikationen gemäß Definition der SIR (Society of Interventional Radiology; Leoni et al. 2001) sind mit 1–5% selten (Kröncke et al. 2004; Walker u. Pelage 2002). Postinterventionell tritt in etwa 1–2% eine Infektion auf, die von einem schweren Postembolisationssyndrom differenzialdiagnostisch unterschieden werden muss. Eine ovarielle Insuffizienz (vorzeitige Menopause) kommt im Alter unter 45 Jahren in
9.3 Embolisationsbehandlung im Becken Abb. 9.11 a–d. Weibliche Patientin, 43 Jahre, mit symptomatischen Uterusmyomen. a Vor und b nach Embolisation der Äste der linken A. uterina mit sphärischen Partikeln, anschließend Rückzug des Katheters und Embolisation rechts in gleicher Technik. DSA c vor und d nach Embolisation
a
c
<2%, im höheren Alter in bis zu 15% der Fälle vor (Chrisman et al. 2000; Walker u. Pelage 2002). Chronischer vaginaler Ausfluss kann auf eine Abstoßung von nekrotischem Myomgewebe in die Uterushöhle mit Impaktation und Infektion hinweisen. Auch eine vaginale Ausscheidung abgestoßenen Myomgewebes ist möglich. Eine Uterusnekrose ist sehr selten (<1%). Eine der wenigen bisher vorliegenden prospektiv randomisierten Vergleichsstudien ergab eine
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postprozedurale Majorkomplikationsrate der Operation von 35% gegenüber nur 2% der Embolisationstherapie (Pinto et al. 2003). Insgesamt ist die Zahl der veröffentlichten kontrollierten Studien und Langzeitnachuntersuchungen jedoch noch zu gering, um das Verfahren als endgültig etabliert im Vergleich zu den operativen Verfahren ansehen zu können (Moss 2005).
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Kapitel 9 Beckengefäße Abb. 9.12 a, b. Weibliche Patientin, 41 Jahre, mit symptomatischen Uterusmyomen. Sagittale MRT-Schnitte a vor und b am Tag nach der Embolisation. Vor der Behandlung (a) inhomogen kontrastmittelanreichernder knotig vergrößerter Uterus. Nach der Embolisation (b) Devaskularisation der Myome, die sich hypointens darstellen. T1-gewichtete TSE-Sequenz mit Fettsuppression nach i. v. Kontrastmittelgabe. (Die Aufnahmen wurden freundlicherweise von Frau PD Dr. Gabriele Krombach, Klinik für Radiologische Diagnostik, Klinikum Aachen, zur Verfügung gestellt)
a
b
9.4 Venöse Interventionen Venöse Interventionen im Bereich des Beckens sind im Vergleich zu arteriellen seltener. Die Datenbasis ist daher kleiner. Viele Verfahren befinden sich noch im Stadium der experimentellen Prüfung oder frühen klinischen Erprobung und sind bisher klinisch nicht etabliert (Haage u. Günther 2005). Allgemein akzeptierte Standards, unter welchen Voraussetzungen eine perkutane Intervention sinnvoll ist oder nicht, fehlen überwiegend. Der wesentliche Grund ist, dass große prospektiv randomisierte Studien, die einen Vorteil der invasiven perkutanen Behandlungsverfahren eindeutig belegen könnten, bisher nicht vorliegen. 9.4.1 Beckenvenenthrombose Dies gilt auch für die Behandlung der akuten Thrombose, eine der häufigsten venösen Erkrankungen im Beckenbereich. Die Thrombose ist meist nicht auf die Beckenvenen beschränkt, sondern dehnt sich nach femoral, seltener auch in die V. cava inferior aus. Goldstandard ist die konservative Behandlung, die aus Heparingabe, Bettruhe, Beinhochlagerung und Einsatz von Kompressionsstrümpfen besteht. Ziel der konservativen Therapie ist es, die weitere Ausdeh-
nung der Thrombose, ein Rezidiv und eine Lungenembolie zu verhindern. Die bestehende Thrombusmasse wird jedoch nicht verringert. Langzeitfolgen, wie die chronische venöse Insuffizienz, die nach 2 Jahren mit einer Häufigkeit von bis zu 25% auftritt, werden nicht verhindert (Mewissen et al. 1999; Prandoni et al. 1996). Indikation und Technik Die perkutane invasive Behandlung sollte vom Alter, der Lokalisation und der Ausdehnung der Thrombose und dem klinischen Gesamtbild abhängig gemacht werden. Merke
!
Die Behandlung ist um so effektiver, je frischer die Thrombose ist.
Liegt sie länger als 10 Tage zurück, hat eine perkutane Behandlung nur noch wenig Aussicht auf Erfolg, da der Thrombus bereits teilweise wandadhärent und organisiert ist. Nach 4 Wochen ist eine Lysetherapie nicht mehr erfolgversprechend.
!
Je proximaler das thrombotische Material lokalisiert und je ausgedehnter die Thrombose ist, desto wahrscheinlicher sind schwerwiegende Folgererkrankungen, wie Lungenembolie oder chronische venöse Insuffizienz. CAVE
Große Venen (≥10 mm) wie die Beckenvenen zeigen nur eine geringe spontane Rekanalisationsrate.
9.4 Venöse Interventionen
Die perkutane Rekanalisation kann thrombolytisch, mechanisch oder kombiniert erfolgen. Es ist umstritten, ob zum Schutz vor einer Lungenembolie temporär ein Kavafilter implantiert werden sollte. Da alle perkutanen invasiven Verfahren bisher klinisch nicht etabliert sind, ist die Indikation zur Implantation eines protektiven wiederentfernbaren Kavafilters großzügig zu stellen. Permanente Filter sollten wegen der Langzeitkomplikationen möglichst nicht mehr implantiert werden. Dehnt sich ein flottierender umflossener Thrombus in die V. cava inferior aus, ist unabhängig vom gewählten Verfahren ein Embolieschutz in jedem Fall zu empfehlen. Lokale Thrombolyse Unter den invasiven Verfahren besteht die größte Erfahrung mit der lokalen Katheterlyse. Dazu wird ein endständig verschlossener Katheter mit zahlreichen Seitenlöchern und entsprechender Länge im Thrombus platziert. Als Wirkstoff werden vor allem Urokinase und rt-PA eingesetzt. Streptokinase wird kaum noch verwendet. Die mittlere Dauer der lokalen Lyse betrug in einer Metaanalyse mehrerer Studien mit Urokinase 53 Stunden, die mittlere applizierte Dosis 7,8 Mio. IE (Mewissen et al. 1999). Mit rt-PA ist eine etwas kürzere Lysedauer zu erwarten. Verschiedene Dosisschemen werden verwendet. Ein allgemein akzeptierter Standard existiert nicht. Während der Lyse ist parallel eine Vollheparinisierung in der Regel in einer Dosierung zwischen 500– 1000 IE/h erforderlich. Die Antikoagulation sollte überlappend mit Marcumar über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten fortgeführt werden. Gegenüber der systemischen Lyse ist die lokale Katheterlyse wahrscheinlich effektiver und komplikationsärmer (Sharafuddin et al. 2003), da der Wirkstoff den Thrombus sicher und weitgehend unverdünnt erreicht. Die Lysedauer und die benötigte Wirkstoffmenge sind geringer. Eine der wenigen veröffentlichten prospektiven Studien zeigte Vorteile der lokalen Katheterlyse auch gegenüber der konservativen Heparintherapie (Elsharawy u. Elzayat 2002). Die Offenheitsrate nach 6 Monaten war höher und die venöse Refluxrate niedriger. Mechanische und kombinierte Verfahren Verschiedene Systeme stehen für die mechanische Behandlung zur Verfügung. Die Palette reicht vom einfachen Lysekatheter über das Dormia-Körbchen bis zum maschinell gesteuerten rotierenden oder hydrodynamischen Thrombektomiekatheter (Morgan u. Belly 2002). Das Prinzip der rotierenden Katheter beruht auf der Fragmentation des thrombotischen Materials durch eine Art rotierenden „Quirl“. Das Prinzip der hydrodynamischen Katheter beruht auf einer Kombi-
nation von Thrombusfragmentation und -aspiration durch einen hohen lokalen Unterdruck (Venturi-Effekt) an der Katheterspitze, der wie bei einer Wasserstrahlpumpe erzeugt wird. Die zur Zeit verfügbaren maschinellen Thrombektomiesysteme sind allerdings in kaliberstarken Venen von ≥10 mm Durchmesser, wie der V. cava inferior und der V. iliaca communis, nur eingeschränkt wirksam. Die Thrombose vergrößert in der Regel den Venendurchmesser zusätzlich. Nach der mechanischen Thrombektomie bleiben daher nicht selten größere Mengen wandständigen thrombotischen Materials zurück, das jedoch häufig durch eine zusätzlich lokale Thrombolyse beseitigt werden kann. Mehrere Studien belegen, dass die Kombination der Thrombolyse mit einer mechanischen Thrombektomie der alleinigen lokalen Katheterlyse überlegen ist (Morgan u. Belly 2002; Vedanthem et al. 2002). Die Lysedauer wird verkürzt und die erforderliche Wirkstoffmenge vermindert. Neuere mechanische Systeme verbinden daher die mechanische Fragmentation mit einer gleichzeitigen lokalen Thrombolyse. Ein Nachteil der mechanischen Systeme ist ihr hoher Preis. Einige Systeme sind nicht über einen Führungsdraht einzubringen und daher nur schlecht zu steuern. Besteht eine akute symptomatische iliokavale Thrombose bei einem sonst gesunden Patienten, ist eine perkutane Rekanalisation zu empfehlen. Der günstigste Zugang ist von jugulär. Zur kavalen Thrombektomie ist vor allem das Dormia-Körbchen geeignet, das sich bis zu einem Durchmesser von 30 mm erweitern lässt. Zum Schutz vor zentralen Emboli kann eine reusenartige Spezialschleuse verwendet werden, die in der V. cava inferior unterhalb des Nierenvenenursprungs expandiert und am Ende der Behandlung wieder entfernt wird (Haage u. Günther 2005). Ist die Thrombose auf eine Iliakalvene beschränkt, kann bei einer mechanischen Thrombektomie auch ein Fogarty-Ballon zum Schutz vor einer Embolie proximal des Thrombus platziert werden.
!
Die mechanische Thrombektomie kann in der V. cava inferior und den Beckenvenen unbedenklich durchgeführt werden, da keine Schädigung von Venenklappen zu befürchten ist. Merke
Erste tierexperimentelle und klinische Studien deuten daraufhin, dass bei vorsichtiger Handhabung des Thromektomiesystems auch klappentragende Venen behandelbar sind (Haage u. Günther 2005). Bei Patienten mit einer akuten iliofemoralen Thrombose kann über einen poplitealen, kontralateralen femoralen oder jugulären Zugang ein perkuta-
423
424
Kapitel 9 Beckengefäße
ner Behandlungsversuch unternommen werden. Die popliteale Punktion sollte unter sonographischer Kontrolle erfolgen. Wegen des Risikos der Klappenschädigung favorisieren einige die lokale Katheterlyse gegenüber der mechanischen Thrombektomie. 9.4.2 Beckenvenenstenosen Wird eine invasive perkutane Behandlung durchgeführt, findet sich nicht selten als Ursache der akuten Thrombose eine perkutan behandelbare Stenose der Beckenvenen oder der distalen V. cava inferior, die der konservativen Behandlung entgangen wäre (Binkert et al. 1998). Eine aktuelle Untersuchung mit der CT-Venographie ergab, dass iliofemorale Thrombosen häufig auf Anomalien der Venenanatomie zurückgehen. Von 44 Patienten mit einer akuten linksseitigen iliofemoralen Thrombose wiesen 37 eine Anomalie der linken iliofemoralen Venen oder der V. cava inferior auf (Chung et al. 2004). Bei 9 Patienten mit einer rechtsseitigen iliofemoralen Thrombose fanden sich 6 venöse Anomalien. Bereits 1851 beschrieb R. Virchow, dass Becken- und Beinvenenthrombosen links etwa 5-mal häufiger auftreten als rechts (Virchow 1851). Die Häufung wird zurückgeführt auf einen offenbar erworbenen Gefäßsporn in der linken V. iliaca communis, den May u. Thurner (1956) in einer Studie bei 22% der 430 Autopsierten feststellten und der das Venenlumen in unterschiedlichem Ausmaß einengte. Die Kompression der linken Iliakalvene zwischen der überkreuzenden rechten A. iliaca communis und dem 5. LWK soll für die Spornbildung verantwortlich sein. Nach den Erstbeschreibern der Pathologie wird das Krankheitsbild als May-Thurner-Syndrom, im französischen Sprachraum auch als Cockett-Syndrom (Cockett u. Thomas 1965) oder allgemein als Iliakalvenenkompressionssyndrom bezeichnet. Cockett und Thomas fanden weitere Lokalisationen, in denen Be-
ckenvenen durch benachbarte Arterien eingeengt werden können. Symptomatisch wird offensichtlich nur ein geringer Teil der Betroffenen – Frauen häufiger als Männer. Die mechanische venöse Abflussbehinderung kann mit einer chronischen Beinschwellung, Schmerzen oder den Zeichen einer chronischen venösen Insuffizienz einhergehen. Symptomatische Beckenvenenstenosen und -verschlüsse können auch als Spätfolge einer vorausgegangenen iliofemoralen Thrombose, posttraumatisch (wiederholte Katheterplatzierung), bei retroperitonealer Fibrose, postentzündlich nach Operation oder Radiatio oder bei einem Tumor auftreten (Abb. 9.13 a–f). Umschriebene Stenosen der Beckenvenen sind durch PTA und Stentimplantation einfach behandelbar (Binkert et al. 1998). Die PTA allein führt wegen der hohen Elastizität und Rückstellkraft der Venen meist nicht zu einer ausreichenden Aufweitung, sodass die Implantation eines Stents die Regel ist (vgl. Abb. 9.13 e, f). Selbstexpandierbare Stents sind vorzuziehen, da sie sich besser an die elastische Venenwand adaptieren als ballonexpandierbare Stents. Die Größe der benötigten Stents liegt meist zwischen 10–16 mm. Ergebnisse Der technische Erfolg der Behandlung akuter iliofemoraler Thrombosen und chronischer Beckenvenenstenosen liegt bei etwa 90%, bei iliokavalen Thrombosen ist er mit etwa 80% etwas geringer (Haage u. Günther 2005). Die Nachbeobachtung erfolgt am einfachsten mit der Farbduplexsonographie. Die primäre Stentoffenheit nach 3 Jahren betrug in einer Studie 75% (Neglen u. Raju 2004). Nach Stentimplantation bei symptomatischer Beckenvenenstenose ist eine Antikoagulation für mindestens 6 Monate erforderlich, meist wird Marcumar verwendet. Der Zielwert der INR („international normalized ratio“) liegt bei 2–3. Bei Tumorpatienten ist über Art und Umfang der Antikoagulation von Fall zu Fall zu entscheiden.
9.4 Venöse Interventionen
a
Abb. 9.13 a–f. Weibliche Patientin, 67 Jahre, mit Entzündungszeichen und Unterbauchbeschwerden nach Operation wegen Endometriumkarzinoms 4 Wochen zuvor. a CT nach i. v. Kontrastmittelgabe: Abszess (infizierte Lymphozele) links, der die Iliakalgefäße umfasst. b CT-gesteuerte Anlage einer Drainage. Bei weiterhin fördernder Drainage 2 Wochen später zunehmende Beinschwellung links. c In der DSA hochgradige Beckenvenenstenose links, nach Ballondilatation unverändert. Zusätzlich komplexe Stenose an der Mündung der V. iliaca communis (May-Thurner-Syndrom); kräftige nach distal zur Gegenseite verlaufende Kollateralvene (c, d). e Behandlung der distalen Beckenvenenstenose durch 2 überlappende Nitinolstents. f Nachdilatation der Stents: enge Lagebeziehung zwischen Drainage und Beckenvene, die möglicherweise die Ausbildung der Stenose begünstigte. Die Patientin war bis zur Operation asymptomatisch, daher zunächst keine Behandlung des MayThurner-Syndroms. Rückbildung der Beinschwellung nach Behandlung
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d
c
e
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426
Kapitel 9 Beckengefäße
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9.4 Venöse Interventionen Patel NH, Jindal RM,Wilkin T et al. (2001) Renal arterial stenosis in renal allografts: retrospective study of predictive factors and outcome after percutaneous transluminal angioplasty. Radiology 219: 663–667 Pelage JP, Le Dref O, Beregi JP et al. (2003) Limited uterine artery embolization with tris-acryl gelatin microspheres for uterine fibroids. J Vasc Interv Radiol 14: 15–20 Pentecoast MJ, Criqui MH, Dorros G et al. (1994) Guidelines for peripheral percutaneous transluminal angioplasty of the abdominal aorta and lower extremity vessels. Circulation 89: 511–531 Pinto I, Chimeno P, Romo A et al. (2003) Uterine fibroids: uterine artery embolization versus abdominal hysterectomy for treatment – a prospective randomized, and controlled clinical trial. Radiology 226: 425–431 Prandoni P, Lensing AW, Cogo A et al. (1996) The long-term clinical course of acute deep venous thrombosis. Ann Intern Med 125: 1–7 Ravina JH, Herbreteau D, Ciaru-Vigneron N et al. (1995) Arterial embolization to treat uterine myomata. Lancet 346: 671–672 Raynaud A, Bedrossian J, Remy P et al. (1986) Percutaneous transluminal angioplasty of renal transplant stenoses. AJR Am J Roentgenol 146: 853–857 Rutherford RB, Becker GJ (1991) Standards for evaluating and reporting the results of surgical and percutaneous therapy for peripheral arterial disease. J Vasc Interv Radiol 2: 169– 174 Rutherford RB, Baker JD, Ernst C et al. (1997) Recommended standards for reports dealing with lower extremity ischemia: revised version. J Vasc Surg 26: 517–538 Schürmann K, Mahnken K, Meyer J et al. (2002) Long-term results 10 years after iliac arterial stent placement. Radiology 224: 731–738 Sharafuddin M, Sun S, Hoballah JJ (2003) Endovascular management of venous thrombotic and occlusive diseases of the lower extremities. J Vasc Interv Radiol 14: 405–423 Spies JB, Allison SJ, Flick PA et al. (2004) Polyvinyl alcohol particles and tris-acryl gelatin microspheres for uterine artery embolization for leiomyomas: results of a randomized comparative study. J Vasc Interv Radiol 15: 793–800
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427
Periphere Arterien
10
D. Vorwerk
10.1
Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen 429
10.2
Gefäßeröffnende Verfahren bei akuten Verschlüssen 440 Literatur 443
Interventionen am peripheren Gefäßsystem unterhalb des Leistenbandes betreffen im Wesentlichen stenosierende und okkludierende Prozesse im akuten und chronischen Zustand, in selteneren Fälle die Behandlung von aneurysmatischen Veränderungen. Embolisierende Verfahren kommen nur in Einzelfällen wie bei Gefäßmissbildungen oder arteriovenösen (AV-) Fisteln in Frage. 10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen Stenosierende oder okkludierende Läsionen der subinguinalen Gefäße betreffen etwa 2/3 aller Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK), während nur lediglich 1/3 den Beckenarterien zugerechnet werden (Martin 1991). Dennoch ist die Rate perkutaner Interventionen an den infrainguinalen Arterien im Vergleich zum Becken unterrepräsentiert, da häufig die morphologische Situation perkutane Verfahren eher ungünstig erscheinen lassen. Die Indikation zur perkutanen Intervention hängt von dem klinischen Zustand des Patienten, der Lokalisation der Läsion und der Morphe des obstruierenden Prozesses ab. Die Wahl des angewendeten Verfahren wird im Wesentlichen von der Morphologie und ggf. von dem unmittelbaren technischen Ergebnis während Intervention bestimmt. Klinische Indikation Eine Indikation zum perkutanen Vorgehen an den femoropoplitealen Arterien wird ab dem Stadium II nach Fontaine gestellt (vgl. Tabelle 9.1),
∑ bei jüngeren Patienten mit Einschränkung der Lebensumstände ab dem Stadium II a, ∑ bei älteren Patienten ab dem Stadium II b. In der angloamerikanischen Literatur hat sich der Terminus „life-style limiting claudication“ zur Indikationsstellung durchgesetzt hat. Hierbei muss aber berücksichtigt werden, ob die Läsion eine vernünftige Chance zur perkutanen Rekanalisation bietet, da eine operative Rekanalisation in der Regel erst ab dem Stadium III angeboten werden sollte. Unterhalb des Kniegelenks ist die Auffassung akzeptiert, dass eine Rekanalisation erst ab dem Stadium III oder IV ( bzw. einem komplizierten Stadium II b) durchgeführt werden sollte, um einen Extremitätenerhalt zu sichern. In Ausnahmefällen kann bei Kombination mit einem Eingriff an der femoropoplitealen Strombahn auch in niedrigeren klinischen Stadien ein Unterschenkeleingriff erfolgen, wenn die Läsion problematisch ist und eine Verschlechterung hierdurch zu befürchten ist. Topographische und morphologische Indikation A. femoralis communis und A. profunda femoris Für beide Lokalisationen besteht keine gesicherte Indikation zur perkutanen Intervention, da der chirurgische Zugang in der Regel einfach und sicher ist (Profundaplastik, Leisten-TEA). In Ausnahmefällen kann eine perkutane transluminale Angioplastie (PTA) in dieser Region gerechtfertigt sein, wie z. B. bei Restenosen in bereits voroperierten Arterien. A. superficialis femoris und A. poplitea Eine klinische Indikation besteht im Stadium Fontaine II b, III und IV. Bei jungen Patienten mit isolierten Läsionen kann in Abhängigkeit von den Lebensumständen bereits bei Stadium II a ein Eingriff erwogen werden. Morphologisch ist die perkutane Technik nach dem transatlantischen Konsensusdkokument TASC (TASC 2000) die Methode der Wahl bei Stenosen bis 3 cm Länge, die aber nicht abgangsnah in der A. superficialis femoris liegen (TASC A). Weiterhin geeignet sind Verschlüsse bis 5 cm Länge, Stenosen von
430
Kapitel 10 Periphere Arterien
a
b
c
Abb. 10.1 a–c. Wendemanöver bei steiler antegrader Punktion. a Draht ist in die A. iliaca externa eingelaufen bei steiler antegrader Femoralispunktion. b Ein 5 F-Katheter mit kurzer
enger Krümmung wird eingeführt und in der Punktionsstelle gedreht. c Draht wird über den gedrehten Katheter nach distal geführt
3–5 cm Länge, ggf. bis 8 cm Länge (TASC B: Läsionen, die eher zur perkutanen als chirurgischen Therapie geeignet sind).
Lokalisation dar, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, wie narbige Restenosen nach operierter Leiste. In der A. superficialis femoris und der A. poplitea sind als relative Kontraindikationen für eine perkutane Intervention zu betrachten:
Unterschenkelarterien Aufgrund ihrer klinischen Ausprägung mit Ruheschmerz oder trophischen Störungen ergibt sich die Indikation zur Behandlung im Stadium III und IV. Kurzstreckige Läsionen sind technisch besser geeignet als langstreckige Verschlüsse. Da aber eine Verbesserung des desolaten Krankheitsbildes im Vordergrund steht mit dem Ziel des Extremitätenerhalts, kann bei allen Läsionen, die in der Peripherie ein Anschlussgefäß aufweisen, ein Versuch angezeigt sein. Hierbei müssen keine technischen Grenzen beachtet werden. Mit geeigneten Koronarballonkathetern können auch Stenosen bis in die A. dorsalis pedis behandelt werden. Kontraindikation zur perkutanen Intervention Läsionen der A. femoralis communis und der A. profunda femoris stellen primäre Kontraindikationen zu einer perkutanen Intervention aufgrund ihrer
∑ Abgangsstenosen der A. superficialis femoris als isolierte Läsion, ∑ Abgangsverschlüsse der A. superficialis femoris, ∑ Läsionen bei fehlender Ausstrombahn und ∑ Läsionen über 5 cm Länge. Bei Unterschenkelgefäßen betrifft dies Läsionen im klinischen Stadium I, II a und II b. Seltene Kontraindikationen zur PTA stellen Pseudostenosen der A. poplitea infolge thrombosierter Poplitealaneurysmen dar. Diese werden entweder primär operativ versorgt oder seltener auch durch primäre Stentgraft-Implantation. Des Weiteren stellen die zystische Mediadegeneration der A. poplitea, die funktionelle Stenose durch „popliteal entrapment“ und eine Thrombangitis obliterans Kontraindikationen dar.
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen
Technik Arterieller Zugang 쐍 Antegrade Punktion der A. femoralis communis. Die A. femoralis communis soll in ihrem Austritt unter dem Leistenband punktiert werden.Anatomisch liegt dieser Punkt bei gestreckter Hüfte (wichtig zur Fixierung des Gefäßes) im unteren Drittel des Hüftkopfes.
!
Eine zu hohe Punktion birgt die Gefahr einer retroperitonealen Blutung. Eine zu tiefe Punktion kann zur Direktpunktion der A. profunda femoris oder der A. superficialis femoris führen. CAVE
Der Punktionstrakt sollte so flach wie möglich gewählt werden. Dies kann bei schlanken Patienten leicht, bei adipösen Patienten aber schwierig sein. Nach Einführung eines gleitbeschichteten Führungsdrahtes wird ein Multifunktionskatheter [Van Andel, Aachen 1 (Cook)] eingeführt. Über diesen wird der Führungsdraht, der z. B. in die A. profunda femoris abgeglitten ist, sicher in die A. superficialis femoris eingeführt. Anschließend wird eine Schleuse eingelegt. Bei steiler Punktion kann der Draht in die iliakale Achse anstatt nach distal einlaufen. Hier sollte der Punktionsweg beibehalten und ein 4- bis 5 F-Multifunktionskatheter mit 90 Endkrümmung eingeführt werden. Dieser kann in der Punktionsstelle gewendet werden. Auf diese Weise kann der Draht nach distal geführt werden, ohne dass eine weitere Punktion notwendig wird (Abb. 10.1 a–c). Bei peripheren Interventionen ist die Verwendung einer Einführschleuse empfehlenswert, wobei in der Regel eine 6 F-Schleuse ausreichend ist. Bei ausschließlicher Verwendung von Mikrosystemen oder sehr dünnen Gefäßdurchmessern kann auch eine 4 F-Schleuse appliziert werden.
쐍 Kontralateraler Zugang zu peripheren Läsionen. Ein kontralateraler Zugang wird je nach Einrichtung auch zur Behandlung femoraler und kruraler Läsionen gewählt. Er kommt in Ausnahmefällen in Frage, da der Zugang technisch schwieriger und die technische Manipulation umständlicher wird. Wichtige Indikationen sind:
∑ hohe Femoralisteilung (Abb. 10.2), um retroperitoneale Blutungen zu vermeiden (alternativ Superficialisdirektpunktion), ∑ infizierte oder frisch operierte Leiste, ∑ kombinierte Dilatation von iliakalen und Femoralisläsionen. Nach retrograder Punktion der kontralateralen A. femoralis communis erfolgt die Cross-over-Sondierung der A. iliaca externa und die Einlage einer Cross-over-Schleuse von 6 oder 7 F Innendurchmes-
Abb. 10.2. Hohe Femoralisgabel. Bei hoher Teilung der A. femoralis communis ist die A. profunda femoris punktiert worden; eine Wendung ist nicht möglich. Alternativ Direktpunktion der A. superficialis femoris ggf. unter Sicht oder Intervention in Cross-over-Technik
ser.Anschließend erfolgt die Sondierung der femoralen bzw. kruralen Läsionen. Es müssen lange Drähte (180–260 cm) und Katheterschäfte verwendet werden, um alle Regionen erreichen zu können. Vorteile einer Cross-over-Rekanalisation sind der ungefährlichere Zugang, insbesondere bei adipösen Patienten. Nachteile sind die umständlicheren Manipulationen, mangelhafte Kraftentwicklung bei der Passage z. B. von Verschlüssen und Probleme bei der Behandlung von Komplikationen wie z. B. einer arteriellen Embolie, die einen zweiten antegraden Zugang erforderlich machen können.
쐍 Transpoplitealer Zugang. In Ausnahmefällen – z. B. wenn eine Läsion nicht von kranial her sondiert werden kann – kann ein transpoplitealer Zugang gewählt werden, um eine Passage zu erreichen. Dies ist allerdings selten zwingend notwendig. In Bauchlage erfolgt die Darstellung der A. poplitea im Ultraschall etwa 6–7 cm oberhalb des Knie-
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Kapitel 10 Periphere Arterien
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Abb. 10.3 a–c. Subintimale Rekanalisation – Drahttechnik. a Die Spitze des gleitbeschichteten Führungsdrahtes beschreibt eine Schlaufe, die im subintimalen Raum vorgescho-
ben wird. b Am Übertritt verjüngt sich die sonst weite Schlaufe, um in das wahre Lumen überzutreten. c Hochgradige Verjüngung am Übertrittspunkt
gelenkspaltes. Die Punktion sollte etwas angeschrägt von innen erfolgen, um eine Durchpunktion der V. poplitea zu vermeiden, die hier dorsal, in Bauchlage also vor der Arterie, liegt. Bei diesem Zugang sollte immer eine Schleuse verwendet werden.
Kontrastmittelapplikation wird anschließend eine konische Spitze im durchströmten Ende des Verschlusses gesucht und ein gerader Führungsdraht in diesen Abschnitt vorgeführt, ohne dabei in den Thrombus einzudringen. Bevor das Drahtende in den Verschluss eingeführt wird, sollte das Katheterende minimal zurückgezogen werde, da ansonsten der Katheter das Drahtende so stark versteift, dass dies zur unerwünschten Dissektion führen kann. Während des Vorschiebens des Drahtes im Verschluss ist ein leichter Widerstand spürbar. Es ist von Vorteil, Draht und Katheter gemeinsam durch den Verschluss zu bringen, wobei die Drahtspitze immer führen muss. Nach Wiedererreichen des freien Lumens kommt es zu einem Widerstandsverlust. Tritt auf der Höhe des durchströmten Lumens wider Erwarten kein Widerstandsverlust auf, sollte eine Angiographie klären, ob der Draht subintimal geführt worden ist.
쐍 Sondierung der Stenose. Nach Vorführen eines gleitbeschichteten Drahtes und Katheters über die Läsion, wird der gleitgeschichtete Draht gegen einen nichtbeschichteten Draht ausgetauscht, um ein unbemerktes Zurückgleiten zu vermeiden. Die Drahtspitze muss in sicherer Position läsionsfern gelagert sein. Im Unterschenkel sollten Führungsdrähte von mindestens 180 cm Länge zur Sondierung genutzt werden, um einen Kathetertausch vornehmen zu können. In Unterschenkelarterien sollten nur gleitbeschichtete (0,035 Inch = 35/1000 Zoll) oder Spezialdrähte (0,018 – 0,021 Inch), aber keine konventionellen 0,035 Inch-Drähte verwendet werden. 쐍 Sondierung eines Verschlusses. Wird ein Gefäßverschluss sondiert, so sollte die Katheterspitze knapp vor dem Verschlussbeginn zu liegen kommen. Unter
쐍 Subintimale Rekanalisation. Eine subintimale Rekanalisation kann allerdings auch absichtlich herbeigeführt werden, wenn ein Verschluss ansonsten nicht passierbar ist.Von Reekers u. Bolia (1998) wurde eine
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen
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Abb. 10.4 a–c. Subintimale Rekanalisation. a Langstreckiger Verschluss der A. superficialis femoris bei Patienten im Stadium III. b,c Nach subintimaler Rekanalisation erneut gute Durchgängigkeit mit kurzer Engstellung am Eintrittsort
Abb. 10.5 a, b. Unterschenkel-PTA. a Proximaler Verschluss der A. fibularis als Aufnahmegefäß eines femorokruralen Bypasses. b Nach PTA mittels eines 3 mm-Ballons gute Durchgängigkeit
Rekanalisationstechnik beschrieben, die absichtlich einen subintimalen Passageweg erzeugt, um Verschlüsse zu umgehen. Hierbei wird die Katheterspitze in der Läsion exzentrisch fixiert und ein gleitbeschichteter Draht vorgeführt. Nimmt dieser dann einen spiraligen Verlauf oder bildet eine Schlaufe, liegt er in einer subintimalen Schicht. Diese Schlaufe (Abb. 10.3 a–c) wird dann über die gesamte Verschlusslänge vorgeschoben, bis sie aus dem subintimalen Raum wieder in das durchströmte Lumen übertritt. Hierbei verengt sich im Idealfall der Kurvenradius der Schlaufe. Dies gelingt überraschenderweise relativ zuverlässig. Es kann allerdings auch dazu kommen, dass der Draht den subintimalen Raum nicht verlässt und auch über die Verschlusslänge hinaus in diesem verharrt. Dies sollte vermieden werden, um Kollateralgefäße nicht unnötigerweise zu zerstören. Diese Technik ist insbesondere im Stadium III und IV indiziert, um auch bei sehr langstreckigen Verschlüssen eine rasche Versorgung zu erreichen und das akute Stadium zu beherrschen (Abb. 10.4 a–c).
쐍 PTA. Eine PTA sollte mit einem bezüglich des Durchmessers und der Länge gut abgestimmten Ballonkatheter erfolgen. Wir bevorzugen am Oberschenkel Semicompliant-Ballons, die sich gezielt überdehnen lassen, um eine möglichst gute Adaptierung zu erreichen. Ein Manometer erleichtert die Dilatation und kontrolliert sie besser. Wir halten eine Dilatationszeit von 30–45 s ein. Schaftdurchmesser von 4,5–5 F sind heute Standard. Für Oberschenkelarterien und die A. poplitea sind Systeme, die einen 0,035 Inch-Führungsdraht aufnehmen, zu bevorzugen. Am Unterschenkel ist die Materialwahl entscheidender. Für den proximalen Unterschenkel werden Ballondurchmesser von 3–3,5 mm gewählt (Abb. 10.5 a, b). An dieser Stelle können in der Regel Standardballons eingesetzt werden. Weiter distal sollten Minisysteme mit sehr dünnen Ballonschäften und Durchmessern von 2–2,5 mm verwendet werden, welche über 0,018und 0,014-Inch-Führungsdrähte geleitet werden. Es können entweder Koronarballonkatheter oder dedizierte Unterschenkel-PTA-Ballons eingesetzt werden.
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Kapitel 10 Periphere Arterien Abb. 10.6 a–c. Prolongierte PTA. a Doppelstenose der A. superficialis femoris. b Nach PTA für jeweils 45 s kleine Dissektion an der proximalen Stenose (Pfeil). c Nach prolongierter PTA für 3 min ist die Dissektion wieder angelegt
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Aufgrund der größeren Gebrauchslängen empfehlen sich „Rapid-exchange-Systeme“. Gerade in der Femoralarterie kann versucht werden, ein primär unbefriedigendes PTA-Ergebnis durch Prolongation der Balloninflation zu verbessern (Abb. 10.6 a–c). Der Ballon sollte in diesem Fall für mehrere Minuten aufgeblasen an Stelle der Dissektion belassen werden.
쐍 Ergebnisse der femoropoplitealen PTA. Nach PTA der femoropoplitealen Strombahn sind die Ergebnisse schlechter als nach PTA in der Beckenstrombahn. Der technische Erfolg beträgt etwa 90%; die durchschnittliche Durchgängigkeit nach einem Jahr beträgt 61%, nach 3 Jahren 51% und nach 5 Jahren 48% (Hunink et al. 1995; Johnston 1992; Matsi et al. 1994; Murray et al. 1995). Die Komplikationsrate beträgt durchschnittlich 4% (Becker u. Katzen 1989). Positivfaktoren für einen dauerhaften Erfolg sind das Stadium (II a und b), nichtdiabetische Patienten, Kürze der Läsion, guter Abstrom in den Unterschenkelgefäßen und fehlende Reststenose nach PTA. Dennoch konnte bislang durch primäre Stentimplantation das Ergebnis – bei fehlender Rest-
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stenose – nicht gegenüber der PTA-Gruppe verbessert werden (Cejna et al. 1998). Die Länge der Stenose/des Verschlusses spielt eine entscheidende Rolle. Jeans et al. (1990) erreichten bei Stenosen <1 cm eine Fünfjahresdurchgängigkeit von 76%, bei solchen >1 cm eine von 50% (Jeans et al. 1998). Currie et al. (1994) erzielten gerade bei langen Verschlüssen >5 cm schlechte Ergebnisse mit einer Durchgängigkeit von 4% nach 6 Monaten. Dennoch müssen die Ergebnisse ständig neu evaluiert und kritisch betrachtet werden, da Verbesserungen in Material und Technik und auch die Einführung neuer flexibler Stents aus Nitinol mit und ohne Beschichtung gerade bei kritischen Läsionen zu Verbesserungen führen können.
쐍 Ergebnisse der Unterschenkelarterien-PTA. Soder et al. (Soder et al. 2000) berichteten über 73 infrapopliteale PTA bei 60 Patienten im Stadium III und IV mit einem technischen Erfolg in 84% für Stenosen und 61% für Verschlüsse. Schwere Komplikationen traten in 2,8% auf. Der klinische Erfolg betrug 63%. Die primäre Durchgängigkeit betrug 48% und die Beinerhaltungsrate 80%.
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen
Krankenberg et al. (2005) berichteten über 104 PTA-Interventionen an den Unterschenkel- und Kniegelenkarterien im Stadium der Claudicatio – einer bislang nicht allgemein akzeptierten Indikation zur PTA. Hierbei erzielten sie eine primäre Durchgängigkeit von 66% und eine primär assistierte (nach einer erneuten perkutanen Intervention im Verlauf) Durchgängigkeit von 82% nach 12 Monaten. Eine Vergleichstudie zwischen infrapoplitealer Bypasschirurgie und PTA existiert nicht. Die Beinerhaltungsraten sind aber in etwa gleich. Häufig lassen die Umstände eine infrapopliteale Bypassanlage nicht zu, z. B. aufgrund eines lokalen Infekts, des Alters, des Narkoserisikos, sodass die PTA die einzige invasive Möglichkeit darstellt.
쐍 Stents. Die Stentimplantation im femoropoplitealen Stromgebiet wird nach wie vor diskutiert. In randomisierten Vergleichstudien, ballonexpandierbare Stents vs. PTA, zeigt eine primäre Stentversorgung der A. superficialis femoris die gleichen Ergebnisse im Verlauf wie nach PTA alleine. Das Kernproblem stellt die neointimale Restenosierung im Stent nach 6–12 Monaten dar. Die technischen Ergebnisse sind hingegen sehr gut. Nach Stentimplantation in die femorale Strombahn ist mit einer erhöhten Thrombogenität zu rechnen, sodass besondere Medikationsmaßnahmen erforderlich werden. Stents sind hilfreich in der Behandlung von Komplikationen wie z. B. flussbehindernden Dissektionen (Abb. 10.7 a–d, Abb. 10.8 a–c). Die Indikationsstellung bei „insuffizientem PTA-Ergebnis“ ist kritisch zu sehen, da eine verbindliche Definition eines insuffizienten PTA-Ergebnisses – anders als im Fall der iliakalen Strombahn – fehlt. Bei Versagen der PTA mit erheblicher Flussbehinderung kann jedoch eine Stentimplantation durchgeführt werden. In diesem Fall sollte die mit einem Stent versorgte Strecke möglichst kurz gehalten werden. In Gelenkbereichen sollten möglichst keine oder, falls unvermeidbar, flexible Stents eingesetzt werden. Bei Patienten mit drohendem Extremitätenverlust (Stadium III und IV) kann die Indikation zur Stentimplantation großzügiger gestellt werden, da die Verbesserung der aktuellen Situation im Vordergrund steht (Muradin et al. 2001) und diese Patienten mit häufig komplexen Läsionen von einer Stentimplantation eher profitieren (ebd.). Jüngere Arbeiten zu medikamentenfreisetzenden selbstexpandierenden Stents aus Nitinol berichten deutlich bessere Ergebnisse mit 80% primärer Durchgängigkeit nach 12 Monaten sowohl für die aktiv freisetzenden Stents als auch für nichtaktive Stents der gleichen Bauart im Vergleich zum Wallstent (Duda et al. 2005). Eine nichtrandomisierte
Studie von Sabeti et al (2004) kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Randomisierte Studien zu selbstexpandierenden Stents und PTA sind zur Zeit in der Durchführung; ihre Ergebnisse stehen jedoch noch nicht allgemein zur Verfügung. Problematisch ist, dass auch spezifische Eigenschaften jedes einzelnen Stents (Flexibilität, Metalldicke, Oberflächenbehandlung) bei der Neointimaentwicklung und Restenosierung eine Rolle spielen können, sodass wahrscheinlich nicht aus einer einzelnen Studie auf eine ganze Gruppe von Stents zurückgeschlossen werden kann. Medikamentenfreisetzende („drug eluting“) Stents sind in den peripheren Arterien bislang nur in kleinen Fallgruppen getestet, die Scirocco-Studie hat keine signifikanten Verbesserungen gegenüber „Non-eluting-Stents“ gezeigt (Duda et al. 2005).
쐍 Atherektomie und andere Verfahren. Zur Atherektomie stehen zur Zeit (2005) keine Instrumente in Europa zur Verfügung, während in der Vergangenheit mit verschiedensten Systemen (Simpson-Atherektomiekatheter Mallinckrodt, Redhacut, „silver hawk“) klinische Erfahrungen gesammelt werden konnten. Die Rolle der Atherektomie ist nicht gesichert. Die Langzeitergebnisse im femoropoplitealen Stromgebiet sind bisher nicht besser als bei der PTA (Tielbeek et al. 1996). Ob neuere Atherektomieverfahren hier eine Verbesserung erreichen können, ist bislang noch nicht geprüft. Über den Einsatz des Silver-hawk-Atherektomiekatheters wird zur Zeit ein Register geführt. In 75% von 1047 behandelten Läsionen wurde ausschließlich dieses Atherektomiesystem eingesetzt. Das Register ergibt zur Zeit der Schriftlegung (August 2005) eine primäre Durchgängigkeit von 90% nach 6 Monaten. Endgültige Ergebnisse müssen abgewartet werden. Eine Indikation zu einer Atherektomie bestand bisher bei technisch schwierigen Vorgaben, wie stark exzentrischen und verkalkten Stenosen, wie sie häufig insbesondere in der mittleren A. poplitea vorkommen. In diesen Fällen wurde das Plaquematerial durch 7- oder 8 F-Simpson-Atherektomiekatheter abgetragen und der Eingriff mit einer PTA abgeschlossen. Schneideballons haben in den peripheren Arterien unterhalb des Leistenbandes eine Nischenindikation. Läsionen, die sich auch unter hohen Drücken während einer konventionellen PTA nicht öffnen (Abb. 10.9 a–c), insbesondere auch narbige Anastomosenstenosen bei Bypässen oder nach LeistenTEA, können nach erfolgreicher Schneideballonanwendung mit besserem technischen Erfolg dilatiert werden. Langzeitergebnisse liegen diesbezüglich aber nicht vor.
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Kapitel 10 Periphere Arterien
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Abb. 10.7 a–d. Stentimplantation in die A. superficialis femoris. a Kurzstreckige Stenose (TASC A). b Auch nach zweimaliger prolongierter PTA über jeweils 3 min verbleibt eine tiefe Dissektion mit Reststenose. c Nach Implantation eines
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Nach Anwendung von Schneideballons kann es in Einzelfällen zur Gefäßruptur kommen. CAVE
Ein neues Verfahren stellt die Kryoplastie dar. Hier wird ein Spezialballon in der Läsion mit CO2 gekühlt und inflatiert und in der Läsion aufgeweitet. Es liegen bisher keine validen Daten vor, die einschätzen lassen, wie diese Technik zu bewerten ist.
쐍 Stentgrafts. Die Indikationen zur Verwendung von meist mit ePTFE-beschichteten Stentgrafts in den peripheren Arterien sind nicht vollständig gesichert.
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2 cm langen selbstexpandierenden Nitinolstents ausreichende Durchgängigkeit mit Versiegelung der Dissektion. d Im nativen Bild ist der Stent gut abgrenzbar
Unbestrittene Einsatzgebiete sind AV-Fisteln und Aneurysmen sowie Pseudoaneurysmen, sofern keine chirurgische Behandlung vorgezogen wird. Bei der Behandlung von langen Oberschenkelverschlüssen und Stenosen wird von einigen Arbeitsgruppen die Verwendung von Stentgrafts favorisiert. Dennoch liegen bislang nur monozentrische nichtrandomisierte Studien vor, die als Ergebnis nach einem Jahr primäre Durchgängigkeitsraten von etwa 80% berichten (Jahnke et al. 2003; Lammer et al. 2000). Randomisierte Studien gibt es mit Ausnahme einer kleinen Studie von Saxon et al. (2003) mit 28 Patienten jedoch nicht. Diese Studie propagiert eine
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen Abb. 10.8 a–c. Stentimplantation in die Unterschenkelarterien. a Kurzstreckiger Verschluss der A. fibularis als einzigem den Unterschenkel versorgenden Gefäß; klinisch Stadium IV. b Nach prolongierter PTA mittels eines 2 mm-Ballons verbleibende subtotale Stenose (Pfeil). c Nach Implantation eines 2,5 mm weiten und 18 mm langen ballonexpandierten Koronarstents (Pfeil) gute Durchgängigkeit
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signifikante Überlegenheit von Stentgrafts. Insofern muss weiter offen bleiben, ob eine Verbesserung der PTA-Ergebnisse durch Stentgrafts erzielt werden kann. Nachsorge Nach Katheter-, Draht- und Schleusenentfernung muss eine langstreckige Kompression der Punktionsstelle für mindestens 10 min, bis ein Blutungsstillstand gesichert ist, erfolgen. Alternativ kann auch bei antegradem Zugang ein Verschlusssystem (Perclose, Starclose, Angioseal, Vasoseal, Duett) eingesetzt werden, sofern keine ausgeprägten arteriosklerotischen Veränderungen an der Punktionsstelle vorliegen.
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Bei ambulanter Durchführung arterieller Interventionen ist die Verwendung von Verschlusssystemen dringend anzuraten. Merke
In den anderen Fällen sollten ein Kompressionsverband für 24 Stunden, ein Sandsack für 4 Stunden sowie Bettruhe für 24 Stunden angeordnet werden. Eine Blutdruckkontrolle sollte zunächst alle 2 Stunden, später 4- bis 6-stündlich erfolgen, da
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retroperitoneale Nachblutungen zunächst klinisch stumm verlaufen können und erst im Schockzustand manifest werden. Wir bevorzugen eine intravenöse Heparinisierung (12.000–24.000 IE je nach Gewicht über 24 h), alternativ können subkutane Heparinanaloga angewendet werden. Neben einer Dauermedikation mit 100 mg Acetylsalicylsäure täglich sowie einer Verlängerung der Heparinisierung auf 48–72 Stunden bei schlechten Flussverhältnissen, stark irregulärer Oberfläche und nach Stentimplantation sollte die zusätzliche Verordnung von Thrombozytenaggregationshemmern der neueren Generation (Tyklid, Iscover oder Plavix) für 4–6 Wochen erfolgen. Komplikationen Typische Komplikationen nach PTA der femoropoplitealen Strombahn sind Leistenhämatome und retroperitoneale Hämatome, Dissektionen und periphere Embolien bei der Behandlung von Verschlüssen. Die Komplikationsrate liegt zwischen 2 und 6%. In etwa 2% der Fälle muss eine operative Reintervention durchgeführt werden (Becker u. Katzen 1989).
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Abb. 10.9 a–c. Cutting-Ballon in Cross-over-Technik. a Nach TEA vor 6 Monaten hochgradige narbige Restenose in der Femoralisbifurkation und beiden Gefäßabgängen bei insgesamt dünnlumigen Gefäßen. b In Cross-over-Technik und Einlage einer langen Schleuse Einfügung von zwei 0,014 Inch
starken Führungsdrähten in die A. superficialis femoris und A. profunda femoris und konsekutive Dilatation mit einem 5 mm weiten Schneideballon. c Im Anschluss deutliche Verbesserung der Lumina
Zugangsprobleme Ein wesentlicher Anteil der Komplikationen entsteht durch Zugangsprobleme wie Nachblutungen, Fehlpunktion der A. profunda femoris, Dissektion der Gefäßwand und Abheben von Plaques. Retroperitoneale Hämatome können bei zu hoher Punktion im Bereich des Leistenbandes entstehen. Pseudoaneurysmen an der Punktionsstelle sind mittlerweile gering invasiv durch Kompressionstherapie und direkte perkutane Thrombininjektion in das Pseudoaneurysma – unter sonographischer Kontrolle – zu behandeln. AV-Fisteln infolge der Gefäßkanülierung machen zumeist eine operative Sanierung notwendig. In seltenen Fällen ist eine Spiralembolisation oder die Einlage eines Stentgrafts möglich.
Auch Verschlusssysteme können selbst Komplikationen wie eine Embolisation oder eine Gefäßdissektion verursachen. Gefäßperforation, Gefäßruptur, AV-Fistel Perforationen verursacht durch die Drahtspitze oder Rupturen des Gefäßes durch eine Ballondilatation sind in den peripheren Arterien möglich. Selten jedoch sind die Folgen dramatisch, da die umgebende Muskulatur die Blutung in der Regel lokal begrenzt. Wenn die Gefäßkontinuität gestört ist, kann durch Stent- oder Stentgraftimplantation eine Kontinuität gesichert werden. In seltenen Fällen kommt es zum Auftreten von hochfördernden AV-Fisteln wie z. B. nach mechanischer Thrombektomie (s. unten).Wenn solche Fisteln
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen
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Abb. 10.10 a–d. Iatrogene Embolie und Aspirationsembolektomie. a Etwa 7 cm langer Verschluss der A. superficialis femoris. b Nach Passage des Verschlusses und PTA gute lokale
Durchgängigkeit. c Embolischer Verschluss der A. fibularis. d Nach einmaliger Aspiration freie Gefäßdurchgängigkeit wiederhergestellt
hämodynamisch relevant sind, mit peripherem Steal, dann müssen sie operativ oder mit einer Stentgraftimplantation behandelt werden. Dagegen erfordern kleine und temporäre AV-Fisteln nach PTA keine Behandlung.
Drohende Embolien, die aber noch an der Wand haften, können durch Implantation eines Stents an der Wand angehaftet werden. Diese Technik sollte man aufgrund der allgemeinen Risiken von Stents in der peripheren Strombahn jedoch nur sparsam einsetzen.
Periphere Embolie
Cholesterinembolie Eine besondere Problematik stellt die Cholesterinembolie durch aufbrechende Plaques bei der PTA peripherer Gefäße dar.
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Bei Ballondilatation von Verschlüssen – auch wenn sie nur kurzstreckig oder auch älter sind – kann es zur Embolisation von Verschlussmaterial in die peripheren Gefäße kommen (Abb. 10.10 a–d). CAVE
Um das Risiko gering zu halten, sollten Verschlüsse nicht überdehnt werden, d. h. der Ballondurchmesser sollte nicht größer als das ursprüngliche Gefäßlumen sein. Alternativ kann eine Lyse vorgeschaltet werden. Wer eine mechanische Rekanalisation von Verschlüssen durchführen möchte, sollte mit der Technik der Aspirationsembolektomie, der Methode der Wahl, vertraut sein.
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Diese Komplikation ist relativ selten, ihre Behandlung kann aber Probleme bereiten und auch bei erfolgreicher PTA zum Extremitätenteilverlust führen. CAVE
Die Rate von Cholesterinembolien bei peripheren Interventionen ist schwer zu evaluieren. Nach kardialen Katheterisationen treten Symptome bei etwa 1,4% der Patienten auf; aus dieser Gruppe verstarben 4 von 25 Patienten an renaler Insuffizienz (0,2% aller Patienten; Fukomoto et al. 2003).
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Kapitel 10 Periphere Arterien
Zusammenfassung Die perkutane Intervention in der femoropoplitealen Strombahn muss stadien- und läsionsadaptiert vorgenommen werden. Besonders bei kurzen Läsionen (Verschlüssen und Stenosen) ist sie die Methode der Wahl. Langstreckige Läsionen weisen meist eine ungünstige Gesamtprognose auf. Eine Intervention kann aber dann gerechtfertigt sein, wenn das Stadium (III und IV) einen Eingriff erfordert. Gleiches gilt für die PTA der Unterschenkelarterien. Wer die PTA peripherer Gefäße durchführt, sollte mit den Konzepten der Komplikationsbeherrschung (Stents, Lyse, Aspirationsthrombektomie) vertraut und entsprechend ausgerüstet sein. 10.2 Gefäßeröffnende Verfahren bei akuten Verschlüssen Der akute Gefäßverschluss peripherer Arterien – embolisch oder thrombotisch bedingt – wird nach wie vor häufig chirurgisch behandelt, obwohl perkutane Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Klinisch unterscheidet man beim akuten Verschluss:
∑ Stadium I mit milder Symtomatik und ohne Parästhesie, ∑ Stadium II a mit geringer Parästhesie, normalem Muskeltonus, nicht hörbarem arteriellen, aber ableitbarem venösen Dopplersignal, ∑ Stadium II b mit starker Parästhesie, abgeschwächtem Muskeltonus, nicht hörbarem arteriellen, aber ableitbarem venösen Dopplersignal und ∑ Stadium III mit schwerer Anästhesie, Muskelparalyse und fehlendem arteriellen und venösen Dopplersignal. Nach Empfehlungen der TASC (2000) stehen im Stadium I und II sowie im frühen Stadium III die offene Embolektomie mit Fogarty-Ballonkatheter im Vordergrund, während im ausgeprägten Stadium III die Amputation indiziert ist. In diesen Empfehlungen wird die Thrombolyse als alternative Behandlungsmethode für die Stadien I und II a akzeptiert, während im Stadium II b bei diesem Verfahren die Gefahr der Gewebeeinblutung mit der Bildung eines Kompartmentsyndroms angegeben wird. Nachteile der Thrombolyse sind der erhöhte Zeitbedarf, der zur Verschlechterung der Ausgangsbedingung führen kann, sowie die Gefahr des Fehlschlages mit Zeitverlust und problematischer Ausgangslage für eine operative Revision. Mechanische Thrombektomieverfahren sind im TASC-Dokument nicht behandelt, bieten aber zu-
nehmend interessante Alternativen zu Operation und Lyse. Anatomisch sind alle Verschlüsse mit Ausnahme der A. femoralis communis oder in Kombination mit der A. femoralis communis einem perkutanen Vorgehen zugänglich. Auch Embolien in die A. profunda femoris sind perkutan behandelbar. Isolierte Verschlüsse dieses Gefäßes sollten allerdings chirurgisch angegangen werden. Liegt bei gleichzeitiger Beteiligung anderer peripherer Verschlüsse auch ein Verschluss der A. profunda femoris vor, kann dieser mitbehandelt werden. Verfahren Thrombolyse Für die Thrombolyse, die eine der ältesten perkutanen Techniken für die Wiedereröffnung darstellt, gibt es verschiedenen Techniken, Lysemedien (Streptokinase, Urokinase, rt-PA), zusätzliche Thrombozyteninhibition (Abciximab) und Applikationstechniken (Spraylyse, intrathrombale Applikation, schrittweise Lyse). Eine häufig angewendete Technik besteht darin, unter Vollheparinisierung einen Mehrlochkatheter innerhalb des Verschlusses zu platzieren, hier den Thrombus mit einem Startbolus von 100.000 IE Urokinase (5–10 mg rt-PA) zu impfen und dann eine kontinuierliche Lyse mit 50.000 IE Urokinase/h (1 mg rt-PA/h) gemischt mit 500 IE Heparin/h direkt in das Thrombusmaterial zu applizieren. Anschließend wird der Patient alle 4 Stunden angiographisch kontrolliert. Das Ende einer Lyse ist häufig schwierig zu bestimmen. Abgebrochen wird die Lyse
∑ bei vollständiger Rekanalisation, ∑ bei Nichterfolg nach 24 Stunden, ∑ bei fehlendem Lysefortschritt über jeweils 4 Stunden und ∑ beim Auftreten von Blutungskomplikationen. Eine Laborkontrolle während der Lyse ist erforderlich. Die Schleuse kann erst nach Normalisierung der Gerinnungsparameter entfernt werden. Patienten mit einer Symptomatik unter 14 Tagen proitieren eher von einer Lyse. Nach einer klinischen Dauer von mehr als 2 Wochen fallen die Ergebnisse ungünstiger aus. Allerdings legt eine Symptomdauer von 14 Tagen auch ein relativ leichtes klinisches Stadium nahe. Im STILE Trial – einer randomisierten Studie zum Vergleich von operativer Thrombektomie mit Lyse – betrug die technische Versagerrate 28% (The STILE Trial 1994). Allerdings war das amputationsfreie Intervall bei lysierten Patienten signifikant länger als bei operativem Vorgehen. In der Subgruppenanalyse ergibt sich für frische Bypassverschlüsse ein besseres
10.2 Gefäßeröffnende Verfahren bei akuten Verschlüssen
wurde erstmals von Starck et al. (1985) beschrieben: Endlochkatheter unterschiedlicher Durchmesser werden unter Führungsdrahtkontrolle bis an den Thrombus herangeschoben. Hier wird durch Anlegen eines Vakuums unter Aufsetzen einer großlumigen Spritze der Thrombus gefasst und aus dem Verschlussort zur Schleuse verschleppt. Es ist entscheidend, dass die Schleuse ein abnehmbares Ventil besitzt. Dadurch kann der Schleusenkanal komplett geöffnet und der gesamte Thrombus nach außen gezogen werden. Distal der A. poplitea ist dieses Verfahren die Methode der Wahl bei Embolien oder Thrombosen. Bei Verwendung von Kathetern bis zu 4 F kann die Aspirationsembolektomie bis zu den Fußarterien herab angewendet werden.
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Das Risiko bei der Behandlung kleiner Arterien ist das Auftreten von Spasmen oder mechanischen Verletzungen (Abb. 10.12 a–d). Das Risiko bei der Behandlung großer Arterien besteht darin, dass in der großlumigeren A. superficialis femoris Aspirationskatheter der Größe 8 F das Material nicht zuverlässig aspirieren können. CAVE
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Abb. 10.11 a, b. Thrombusfixierung durch Stentimplantation in die A. superficialis femoris. a Akuter thrombotischer Verschluss der A. superficialis femoris auf vorbestehende Stenose bei gleichzeitiger arterieller Unterschenkelthrombose, klinisch Stadium II b der akuten Ischämie. Der Zugangsweg ist komplex und lässt keine 8 F-Schleuse zu. b Nach Implantation eines 60 mm langen selbstexpandierenden Nitinolstents und Nachdilatation freie Durchgängigkeit
Ergebnis als für native Arterien im Hinblick auf die Lysetherapie. Mechanische Thrombektomie Alternativ zur Thrombolyse werden zunehmend mechanische Verfahren eingesetzt. Sie bergen nicht das Risiko einer lyseinduzierten Blutung, ihre Effektivität ist aber noch nicht sicher in randomisierten Studien nachgewiesen. Zur Verfügung stehen:
∑ Aspirationsembolektomie, ∑ hydrodynamische Thrombektomie (Possis, Oasis, Hydrolyser), ∑ mechanische Thrombektomie (Amplatz Clot buster, Rotarex, Thrombex PMT-Edwards), ∑ Atherektomie (Fox Hollow), ∑ Stentplatzierung (Abb. 10.11 a, b). Die Aspirationsembolektomie ist die bekannteste, preisgünstigste und am wenigsten aufwändige Form der mechanischen Thrombektomie. Das Verfahren
Die Aspirationsembolektomie ist ein Standardverfahren der interventionellen Radiologie gerade auch zur Behandlung iatrogener Embolien während der PTA, sodass das für diesen Eingriff erforderliche Material in einer interventionell aktiven Einheit vorhanden sein sollte. Das Verfahren ist sehr effektiv. Wagner u. Starck (1992) veröffentlichten einen technischen Erfolg von 93% bei 102 Patienten bei einer Beinerhaltungsrate in 94%. Hydrodynamische Verfahren, die sich den VenturiEffekt einer Wasserstrahlpumpe zu Nutze machen, haben sich in den peripheren Arterien nicht durchgesetzt, da sie nur bei sehr geringem Organisationsgrad der Thromben effektiv sind. Größere Patientenzahlen sind nur für das Angiojet-System von Possis (Müller-Hulsbeck et al. 2000) publiziert. Hiermit konnte bei 112 Patienten in 71% ein Thrombus aus Bypassverschlüssen und Arterien entfernt werden. Bei 29% musste aber zusätzlich eine Aspiration und/oder Thrombolyse durchgeführt werden. Der technische Gesamterfolg betrug 89%. Höpfner et al. (2001) beschreiben bei 64 Patienten mit akuten bis subakuten Thrombosen der peripheren Arterien einen technisch kompletten Erfolg in 8 von 64 (12,5%), während bei den anderen Patienten zusätzliche Maßnahmen erforderlich wurden, die dann zu einer Primärdurchgängigkeit in 72% der Patienten führte. Rilinger et al. (1997) konnten bei 40 Patienten, bei denen das Amplatz-Thrombektomiesystem zur Be-
441
442
Kapitel 10 Periphere Arterien
a
b
c
d
Abb. 10.12 a–d. Aspirationsembolektomie bei akuter Ischämie. a Thromboembolischer Verschluss der A. poplitea distal bei 51-jähriger Patientin. b Nach einmaliger Aspiration gute Darstellung des Thrombuskopfes. c Nach mehrmaliger Embolektomie freie Durchgängigkeit der Trifurkation, aber ausge-
prägte Spasmen der Unterschenkelarterien. d Durchgängige, aber stark spastische A. tibialis anterior. Procedere: Abbruch der Aspirationsversuche, Nitroglycerin i. a. 0,3–0,5 mg, Vollheparinisierung und Prostaglandininfusion
handlung arterieller Thrombosen eingesetzt wurde, in 75% einen technischen Erfolg allein durch dieses System, in 20% in Kombination mit anderen Verfahren erreichen. Allerdings setzt das Amplatz-Thrombektomisystem, welches nicht über einen Führungsdraht eingebracht wird, frisches Thrombenmaterial für einen guten Erfolg voraus. Technisch effektiver ist das Rotarex-System (Fa. Straub; Abb. 10.13 a–c). Das System saugt den Thrombus an, zerkleinert ihn mechanisch und transportiert die Fragmente über eine archimedische Schraube nach außen. Zeller et al. (2002) wendeten dieses Verfahren bei 98 Patienten an. Es waren akute und subakute Thrombosen mit Verschlusszeiten bis zu 140 Tage und einer mittleren Länge von 21 cm eingeschlossen. Sie beschrieben einen technischen Erfolg in 96% der Fälle und schwerere Komplikationen in 3%.
Dieses System ist auch in der Lage, ältere Verschlüsse von mehreren Tagen bis Wochen effektiv zu thrombektomieren: Solche Spätthrombektomien stellen auch für den Gefäßchirurgen in der Regel Problemfälle dar, bedingt durch die stärkere Wandadhärenz des Materials. Alle mechanischen Systeme sind nur sehr eingeschränkt in den Unterschenkelarterien einsetzbar – mit Ausnahme der rheolytischen Thrombektomie (4 F-Angiojet) und der Aspirationsthrombektomie. Die Behandlungsstrategie erfordert daher häufig eine Kombination verschiedener Verfahren, gelegentlich auch unter Einschluss der Thrombolyse z. B. bei Embolien in die kleinen Fußarterien. Zusammenfassung Während bislang die perkutanen Therapieverfahren – auch bei Nachweis ihrer Wirksamkeit – bei akuten
10.2 Gefäßeröffnende Verfahren bei akuten Verschlüssen Abb. 10.13 a–c. Mechanische Thrombektomie mittels RotarexSystem. a Langstreckiger thrombotischer Verschluss der A. poplitea. b Rotarex-System im Verschluss mit bereits erkennbarer Teilrekanalisierung nach einfacher Passage. c Nach dreifacher Passage komplette Thrombektomie mit Wiederherstellung der Durchgängigkeit. Keine Lyse erforderlich
a
Ischämien eher verzögert in die Routine eingeführt werden, verschiebt sich innerhalb der Verfahren das Gleichgewicht mehr und mehr in Richtung der mechanischen Thrombektomie, die es ermöglicht, zeitnahere Ergebnisse zu liefern. Literatur Becker G, Katzen B (1989) Noncoronary angioplasty. Radiology 170: 921–940 Cejna M, Illiasch H, Waldenberg P et al. (1998) PTA vs. Palmaz stent in femoropopliteal obstructions: a prospective randomised trial – long-term results. Radiology 209: 492 Currie IC, Wakeley CJ, Cole SE, Wyatt MG, Scott DJ, Baird RN, Horrocks M (1994) Femoropopliteal angioplasty for severe limb ischemia. Br J Surg 81: 191–193 Duda SH, Bosiers M, Lammer J et al. (2005) Sirolimus-eluting versus bare nitinol stent for obstructive superficial femoral artery disease: the SIROCCO II trial. J Vasc Interv Radiol 16: 331–338 Fukumoto Y, Tsutsui H, Tsuchihashi M, Masumoto A, Takeshita A (2003) Cholesterol Embolism Study(CHEST) Investigators. The incidence and risk factors of cholesterol embolization syndrome, a complication of cardiac catheterization: a prospective study. J Am Coll Cardiol 42: 211–216 Höpfner W, Bohndorf K, Vicol C, Loeprecht H (2001) [Percutaneous hydromechanical thrombectomy in acute and subacute lower limb ischemia]. Rofo Fortschr Geb Rontgenstr Neuen Bildgeb Verfahr 173: 229–235
b
c
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Kapitel 10 Periphere Arterien Muradin GS, Bosch JL, Stijnen T, Hunink MG (2001) Balloon dilation and stent implantation for treatment of femoropopliteal arterial disease: meta-analysis. Radiology 221: 137–145 Murray J, Apthorp L, Wilkins R (1995) Long-segment (>10 cm) femoropopliteal angioplasty: improved technical success and long-term patency. Radiology 195: 158–162 Reekers J, Bolia A (1998) Percutaneous intentional extraluminal (subintimal) recanalization: how to do it yourself? Eur J Radiol 28: 192–198 Rilinger N, Gorich J, Scharrer-Pamler R et al. (1997) Short-term results with use of the Amplatz thrombectomy device in the treatment of acute lower limb occlusions. J Vasc Interv Radiol 8: 343–348 Sabeti S, Schillinger M, Amighi J, Sherif C, Mlekusch W, Ahmadi R, Minar E (2004) Primary patency of femoropopliteal arteries treated with nitinol versus stainless steel self-expanding stents: propensity score-adjusted analysis. Radiology 232: 516–521 Saxon RR, Coffman JM, Gooding JM, Natuzzi E, Ponec DJ (2003) Long-term results of ePTFE stent-graft versus angioplasty in the femoropopliteal artery: single center experience from a prospective, randomized trial. J Vasc Interv Radiol 14: 303–311 Soder HK, Manninen HI, Jaakkola P et al. (2000) Prospective trial of infrapopliteal artery balloon angioplasty for critical limb ischemia: angiographic and clinical results. J Vasc Interv Radiol 11: 1021–1031
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Hämodialyseshunt
11
G. Wittenberg
11.1 11.1.1 11.1.2 11.1.3
Diagnostik 446 Farbkodierte Duplexsonographie 446 Arterielle Shuntangiographie 448 Venöse Shuntangiographie 449
11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.2.4 11.2.5 11.2.6
Interventionen 449 Indikationen zur Therapie 449 Kontraindikationen zur Therapie 450 Therapie der Shuntstenose 450 Therapie des Shuntverschlusses 455 Therapie der zentralvenösen Stenose 457 Schlussfolgerung 458 Literatur 459
Die Zahl der Dialysepatienten stieg in den letzten Jahren in Europa kontinuierlich an und damit einhergehend auch die Zahl der notwendigen perkutanen Gefäßeingriffe zum Erhalt der Hämodialyseshuntfunktion. So lag die Zahl der dialysepflichtigen Patienten 1996 bei rund 46.300 Personen in Deutschland (Prävalenz: 565 Patienten/Mio. Einwohner). Im Jahresbericht 2004/2005 gab die Organisation QuaSi-Niere die Anzahl der Dialysepatienten bereits mit etwa 60.100 Patienten an (Prävalenz: 739 Patienten/Mio. Einwohner; Frei u. Schober-Halstenberg 2005). Die Zahl der Patienten mit einer neu aufgetretenen terminalen Niereninsuffizienz betrug dabei 2004 etwa 16.000 Patienten, dies entspricht einer Inzidenz von 194 Patienten/Mio. Einwohner in Deutschland. Die Inzidenz hat sich somit in den letzten 10 Jahren etwa verdreifacht. Dies liegt zum einen an der steigenden Zahl von Patienten, die an einem metabolischen Syndrom mit einhergehenden Nierenschädigungen leiden und zum anderen am steigenden Durchschnittsalter der Bevölkerung. Etwa 70% der neudialysepflichtigen Patienten waren im Jahr 2000 bereits >60 Jahre alt.
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Der Anteil dauerhaft unproblematischer Hämodialyseshunts nach der operativen Anlage wird auf nur 15% geschätzt (Bell u. Rosenthal 1988). Merke
Die primären Durchgängigkeitsraten von Hämodialyseshunts nach einem Jahr beziffern Keller et al. (1988) in ihrer Publikation mit 65% bei den BresciaCimino-Fisteln und mit 50% bei den Goretex-Interponat-Shunts. In den Folgejahren finden sie einen weiteren deutlichen Abfall der Offenheitsraten. So liegen die primären Offenheitsraten der BresciaCimino-Fisteln bei 60% nach 2 Jahren bzw. bei 45% nach 4 Jahren. Wesentlich schlechtere Ergebnisse liegen bei Goretex-Interponat-Shunts vor. Hier fanden Keller et al. nur Offenheitsraten von 43% nach 2 Jahren bzw. von 10% nach 4 Jahren. Diese Zahlen verdeutlichen die zunehmende Bedeutung der gering invasiven radiologisch gesteuerten Intervention zum langfristigen Erhalt der Shuntfunktion, vor allem vor dem Hintergrund, dass jeder Patient nur eine begrenzte Anzahl von Gefäßen besitzt, die für eine Shuntneuanlage infrage kommen. Der am meisten in Deutschland verbreitete arteriovenöse (AV-) Shunt ist die Brescia-Cimino-Fistel. Definition
왔 Bei der Brescia-Cimino-Fistel handelt
sich um einen AV-Shunt zwischen der distalen A. radialis und einer benachbarten Unterarmvene. Ist diese Form der Shuntoperation nicht möglich oder ist eine erneute Shuntanlage notwendig, so werden meist autologe Venen im Bereich des proximalen Unterarms oder der Ellenbeugenregion mit einer Arterie in diesem Bereich anastomisiert. Zunehmend finden sich auch in Europa bei schwierigen Gefäßverhältnissen Interponatshunts aus Fremdmaterialien wie z. B. Goretex. In den USA ist ein Interponatshunt aus Fremdmaterial die häufigste primäre Shuntform. Definition
왔 Bei einem Interponatshunt handelt es
sich um eine Fremdmaterialschleife, die zwischen einer Arterie und einer Vene eingenäht wird.
446
Kapitel 11 Hämodialyseshunt
Diese Interponatschleifen werden oft extraanatomisch platziert, z. B. als Gefäßschleife am proximalen Unterarm von der distalen A. brachialis zum mittleren Abschnitt der V. brachialis oder seltener von der A. subclavia zur kontralateralen V. subclavia (CollierShunt). Auch zunehmend anzutreffen sind GoretexInterponate, die alterierte Venensegmente ersetzen bzw. überbrücken. Die häufigsten Ursachen für Shuntvenenstenosen sind:
∑ der unphysiologisch hohe Blutfluss in der Vene mit daraus resultierender intimaler Hyperproliferation, ∑ die rezidivierenden Punktionstraumen mit daraus resultierender perivenöser und Gefäßwandfibrosierung oder ∑ operationstechnisch bedingte Probleme. Letztere sind meist auf den ersten 2 cm nach der Anastomose lokalisiert. Die Indikation zur Intervention am Hämodialyseshunt ergibt sich in der Mehrzahl der Fälle aus der Ineffektivität der Hämodialyse. Die Effektivität der Entgiftung spiegelt sich in laborchemischen Parametern, wie z. B. dem Kalium-, dem Phosphat- und dem Harnstoffspiegel im Serum oder im KT/V wieder. Dialyseärzte fordern für eine suffiziente Dialyse einen Blutfluss von mindestens 350 ml/min in der Shuntvene. Liegt eine blutflussmindernde Gefäßalteration – Stenose oder Thrombose – vor, entscheiden die Wahl der Interventionsart sowie die Art und Lokalisation des Hämodialyseshunts über den dafür notwendigen Zugangsweg. Dieser muss jeweils individuell festgelegt werden.
Definition
왔 Unter Rezirkulation versteht man all-
gemein, dass der Blutfluss unter Dialyse den Shuntfluss übersteigt. Dies kann dann dazuführen, dass bereits dialysiertes Blut über die arterielle Dialysenadel erneut aspiriert und wiederholt in den Dialyseprozess eingeschleust wird (Stenose zentral der venösen Punktionsstelle) oder dass die Aspirationsnadel sich an der Gefäßwand ansaugt mit daraus resultierender Verschlechterung der Dialyseeffizienz (Stenose peripher der arteriellen Nadel). Im Fall des zu geringen arteriellen Angebots liegt die Stenose vor der arteriellen Punktionsstelle (weicher Shunt), meist anastomosennah, und im Falle des Blutaufstaus proximal der venösen Dialysepunktionsstelle (praller pulsierender Shunt). Weitere Zeichen einer proximalen therapiebedürftigen Stenose können erhöhte Nachblutungszeiten beim Abdrücken der Punktionsstellen oder deutliche Armschwellungen sein. Diese zuletzt genannten Zeichen der Shuntdysfunktion finden sich gehäuft bei Interponatshunts, bei denen sich eine venöse Anastomosenstenose ausgebildet hat. Eine deutliche Verschlechterung der Dialysesituation kann bereits bei einer 40- bis 50%igen Stenose vorliegen (Sullivan et al. 1992, 1993).
!
Dies zeigt, dass nicht der Stenosegrad das alleinige Kriterium für die Indikationsstellung zur Intervention ist, sondern die Effektivität der Dialyse die Indikationsstellung erheblich mit beeinflusst. Merke
11.1 Diagnostik
11.1.1 Farbkodierte Duplexsonographie
Für eine effektive und risikoarme radiologische Intervention ist die vorherige suffiziente Diagnostik des Gefäßproblems unabdingbar. Erste Aufschlüsse über die Lokalisation der Gefäßalteration ergeben bereits die Palpation und die Auskultation des Hämodialyseshunts. Die Verminderung des Shuntflusses kann durch eine Verminderung des arteriellen Angebots oder durch ein der Punktionsstelle nachgeschaltetes Abflusshindernis mit daraus resultierendem Blutaufstau bedingt sein. Aus den Gefäßalterationen resultiert eine vermehrte Rezirkulation.
Seit etwa Mitte der 1980er Jahre ist die farbkodierte Duplexsonographie (FKDS) in der Gefäßdiagnostik fest etabliert. Sie stellt mit hoher diagnostischer Sicherheit Gefäßalterationen u. a. von Hämodialyseshunts dar (Landwehr et al. 1990; Wittenberg et al. 1998).Auch sind mit ihr objektive Shuntflussmessungen (Landwehr et al. 1989; Wittenberg et al. 1993) und damit Rückschlüsse auf das Thromboserisiko des Shunts möglich. Neyra et al. (1998) publizierten, dass eine Verringerung des Shuntflusses um etwa 1/3 des Ausgangswertes zu einer 14-fachen Steigerung des Thromboserisikos führt. Affektionen der Shunt-
11.1 Diagnostik Abb. 11.1 a, b. Vergleich FKDS vs. DSA. a Darstellung einer längerstreckigen verwinkelten Stenose anastomosennah in einem kubitalen autologen Shunt mit der FKDS. b In der Shuntangiographie in Überlauftechnik Bestätigung des Befundes
a
b
gefäße von der shuntspeisenden Arterie über die Anastomose bis zur V. subclavia werden mit einer Sensitivität, einer Spezifität und einer Genauigkeit von jeweils etwa 93% erfasst (Abb. 11.1 a, b). Ein Problem für die FKDS ist der gut kollateralisierte alte segmentale Shuntvenenverschluss. Dieser ist bei Kollateralgefäßen, die zum obliterierten Gefäßlumen parallel verlaufen, nur schwer diagnostizierbar. Für den klinischen Alltag hat dies aber nur eine geringe Relevanz. Bei der Abklärung der zentralvenösen Stenose ist die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) weiterhin die Methode der Wahl (Wittenberg et al. 1998). Ein weiterer Vorteil der FKDS liegt in der sicheren Diagnose von kurzstreckigen webartigen Stenosen, die angiographisch nur schwer fassbar sind. In der FKDS führen diese Stenosen aber zu deutlichen Flussturbulenzen und sind damit einfach zu diagnostizieren. Auch die gelegentliche Frage nach einem „Steal-Phänomen“, der shuntbedingten arteriellen Minderperfusion der Hand, lässt sich mit der FKDS einfach und schnell beantworten. Mittlerweile liegen Erfahrungen über FKDS-gesteuerte Interventionen an Hämodialyseshunts in pe-
ripheren Gefäßabschnitten vor (Bacchini et al. 2000; Wittenberg et al. 1996). Ein Vorteil der Methode ist u. a., dass jederzeit Shuntflussvolumenbestimmungen möglich sind. Die Interventionen unter FKDSKontrolle werden mit den gleichen Materialien und Techniken wie die radiologisch gesteuerten Eingriffe durchgeführt (s. Abschn. 11.2), bis auf die Tatsache, dass der Dilatationsballon mit physiologischer Kochsalzlösung statt mit einem Kontrastmittelgemisch insuffliert wird (Abb. 11.2 a–c). Der Ultraschallapplikator wird mittels einer sterilen Plastikhülle für den Einsatz vorbereitet. Als Kontaktmittel stehen sterile kommerziell erhältliche Ultraschallgele zur Verfügung. Die Hauptgründe für die Wahl der FKDS-gesteuerten Intervention sind eine manifeste Kontrastmittelallergie und eine Nierenrestfunktion, die durch eine Kontrastmittelgabe nicht gefährdet werden soll. Durch die FKDS ist eine diagnostische Angiographie des Hämodialyseshunts in den meisten Fällen nicht mehr notwendig, außer bei der Frage der zentralvenösen Stenose. Weiterhin können in Abhängigkeit von der Gefäßalterationsstelle und -art die venöse Punktionsstelle und -richtung für die Intervention festgelegt werden.
447
448
Kapitel 11 Hämodialyseshunt Abb. 11.2 a–c. Shuntvenendilatation unter FKDS-Kontrolle. a Darstellung einer kurzstreckigen hochgradigen Stenose der Shuntvene mit poststenotischen Flussturbulenzen. b Komplette Entfaltung des unter FKDS-Kontrolle über einen Führungsdraht platzierten PTA-Ballons nach der Inflation. Deutlich erkennbar die Metallmarker auf dem Katheterschaft. c Nach der PTA wieder lamelläre Strömungsverhältnisse im Interventionsgebiet ohne Nachweis einer signifikanten Reststenose a
b
c
11.1.2 Arterielle Shuntangiographie Die arterielle Shuntdarstellung zur reinen Diagnostik, sei es in Feinnadeltechnik transbrachial oder in Kathetertechnik über einen femoralen Zugangsweg, wird nur der Vollständigkeit wegen aufgeführt, da sie durch die FKDS in den Hintergrund gedrängt wurde. Transbrachiale Feinnadelangiographie Über einen transbrachialen arteriellen Zugang sind alle Fisteln darstellbar, deren Anastomose distal der Punktionsstelle liegt, somit alle Brescia-Cimino-Fisteln und vereinzelte Interponatshunts. Die retrograde Punktion der A. brachialis in Lokalanästhesie unter sterilen Kautelen erfolgt in Seldinger-Technik. Der einfachste Zugangsweg liegt im Bereich der Ellen-
beuge unter der Bizepssehnenaponeurose. Zur Punktion eignet sich eine 20-Gauge-Verweilkanüle (z. B. Introcan-W, Fa. Braun, Melsungen). Gelegentlich ist der Einsatz eines 0,018 Zoll (0,46 mm) flexiblen Führungsdrahtes (z. B. Nitrex Guidewire, Fa. EV3, Plymouth, USA) für die vollständige Einführung des Kunststoffanteils der Kanüle notwendig. Ein Jodgehalt des Kontrastmittels von 150 mg/ml (z. B. Ultravist 150, Fa. Schering, Berlin) ist ausreichend für die suffiziente Shuntvisualisierung. Die Darstellung der Gefäßverhältnisse erfolgt nun schrittweise von der arteriellen Punktionsstelle über die Anastomose bis zu den zentralen Venenabschnitten hin. Besonders im Bereich der Anastomose sind regelmäßig Angulationen und Rotationen des C-Bogens notwendig, um eine überlagerungsfreie Gefäßdarstellung zu erzielen.
11.2 Interventionen
Transfemorale Angiographie Über einen femoralen arteriellen Gefäßzugang wird die A. subclavia selektiv sondiert und die gesamte arterielle und venöse Gefäßstrecke schrittweise dargestellt. Das transfemorale Vorgehen zur Dialyseshuntdarstellung ist nur in Einzelfällen indiziert, z. B. bei Verdacht auf eine Abgangsstenose der A. subclavia und geplanter Intervention. 11.1.3 Venöse Shuntangiographie Die Auswahl der Punktionsstelle für eine venöse Shuntdarstellung erfolgt in Abhängigkeit von der Lage der obliterierenden Gefäßalteration, um ggf. die Option zu einer Intervention wahrzunehmen. Liegt die Gefäßveränderung anastomosennah, so erfolgt die retrograde Punktion der Shuntvene z. B. bei einer Brescia-Cimino-Fistel am proximalen Unterarm oder im Bereich der Ellenbeuge. Ist die zu erwartende Gefäßobliteration anastomosenfern gelegen, so ist eine anastomosennahe antegrade Punktion anzustreben.
!
Hierbei sollte der postoperative Narbenbereich bei der Punktion, soweit möglich, ausgespart bleiben, da es aufgrund der Gewebsfibrosierung zu Problemen bei der Einführung oder auch zu permanenten Blutungen neben dem Interventionsbesteck kommen kann. CAVE
Die Punktionsbedingungen des Hämodialyseshunts lassen sich vor allem bei einer geringen Shuntvenenfüllung durch einen subsystolischen Stau am proximalen Oberarm zur Erzielung einer Prallfüllung der Vene verbessern. Zur Punktion präferieren wir eine 18-Gauge-Verweilkanüle ohne Seitventil (z. B. Introcan-W, Fa. Braun, Melsungen), da es durch Seitventile bei Einführung von steuerbaren Drähten zu Passageproblemen der Kanüle kommen kann. Ein weiterer Vorteil der 18-Gauge-Nadel liegt darin, dass auch 0,035 Zoll (0,89 mm) Führungsdrähte ohne Problem einführbar sind.
!
Bei der Punktion eines Interponatshunts ist zu beachten, dass die Materialstärke und -härte des Fremdmaterials erheblich über der Wandstärke einer autologen Venenwand liegt und somit eine größere Punktionseindringtiefe notwendig ist, um die Kunststoffkanüle sicher in das Lumen der Gefäßprothese vorzuschieben. Merke
Die retrograde Darstellung der Shuntvene, der Anastomose und der shuntspeisenden Arterien in Überlauftechnik lässt sich durch die Anlage eines suprasystolischen Staus am proximalen Oberarm während der Kontrastmittelserie erzielen. Als Staumanschettenbreite sind 8 cm ausreichend. Wie bei der arteriellen Shuntdarstellung sind gezielte Angulationen und Rotationen der Röntgenröhre notwendig, um eine überlagerungsfreie Darstellung der Shuntanastomose zu erhalten. Im Regelfall genügt eine Kontrastmittelinjektionsmenge von <10 ml pro Serie bei normalkalibrigen Shunts. Ein Jodgehalt von 150 mg/ml Kontrastmittel ist ausreichend (z. B. Ultravist 150, Fa. Schering). Für die Darstellung des Shuntabflusses ab der Punktionsstelle ist ein weiterer suprasystolischer Stau nicht notwendig. Die primäre Darstellung des Hämodialyseshunts sollte immer bis zur V. cava superior erfolgen, um auch zentralvenöse Strombahnhindernisse zu erfassen. 11.2 Interventionen 11.2.1 Indikationen zur Therapie Die Indikation zur perkutanen Intervention bei Hämodialyseshunts ergibt sich in den meisten Fällen aufgrund der Ineffektivität der Dialyse. Dies bedeutet im Regelfall, dass ein zu geringes Blutflussvolumen vorliegt. Merke
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Für eine effektive 2-Nadel-Hämodialyse ist ein Blutfluss von mindestens 350 ml/min notwendig. Wie Studien gezeigt haben, kann bereits eine 40- bis 50%ige Stenose zu einer ineffektiven Dialysesituation führen (Sullivan et al. 1992, 1993). Zunehmende Armschwellungen bei schlechten venösen Abflussverhältnissen, Zeichen einer oberen Einflussstauung oder lange Abdrückzeiten der Punktionsstelle nach der Dialyse stellen gelegentlich trotz effektiver Hämodialyse bei Nachweis einer Stenose eine Indikation für eine Intervention dar. An Gefäßalterationen können perkutan sowohl kurz- als auch langstreckige Gefäßstenosen im venösen und arteriellen Schenkel, aber auch frische und alte Gefäßokklusionen erfolgreich angegangen werden.
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450
Kapitel 11 Hämodialyseshunt
11.2.2 Kontraindikationen zur Therapie Die Hauptkontraindikation gegen eine Intervention am Hämodialyseshunt ist die Infektion. Der stark aneurysmatisch veränderte Dialyseshunt stellt eine relative Kontraindikation dar. Der Zeitpunkt der Shuntneuanlage spielt nur bei Interventionen im Bereich der Anastomose bzw. der anastomosennahen Gefäßabschnitte eine Rolle. Ein zeitlicher Mindestabstand von 2 Wochen zwischen der Shuntneuanlage und einer anastomosennahen Intervention ist ratsam. Anastomosenferne Interventionen können jedoch jederzeit nach der Shuntneuanlage durchgeführt werden. Neben diesen shuntbedingten Kontraindikationen gelten natürlich auch die allgemeinen angiographischen Kontraindikationen, auf die hier nicht näher eingegangen wird. 11.2.3 Therapie der Shuntstenose
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Nachgewiesene Shuntvenenstenosen sollten frühzeitig einer interventionellen Therapie zur Vermeidung akuter Shuntvenenthrombosen und zur Steigerung der Dialyseeffektivität zugeführt werden. Merke
Der technische Aufwand und das Interventionsrisiko sind bei der Therapie einer Stenose geringer als bei der Therapie einer Shuntokklusion. Anastomosennahe Stenosen der Shuntvene wie auch Stenosen der Anastomose oder der shuntspeisenden Arterie lassen sich problemlos über einen retrograden venösen Zugang therapieren. Für anastomosenferne und zentralvenöse Stenosen erfolgt eine antegrade Punktion der Shuntvene. Die Punktion des Hämodialyseshunts wird ebenfalls mit einer 18-Gauge-Verweilkanüle ohne Seitventil (s. oben) unter sterilen Kautelen durchgeführt. Über die liegende Verweilkanüle kann, unter zusätzlichem Einsatz eines kurzzeitigen suprasystolischen Oberarmstaus, eine komplette Darstellung des Hämodialyseshunts in Überlauftechnik erfolgen (s. oben, Abschn. 11.1.3). Präinterventionell werden 3000 IE Heparin intravenös appliziert. Im Bereich der Punktionsstelle ist eine punktuelle Lokalanästhesie (z. B. Scandicain 1%, Fa. AstraZeneca, Wedel) sinnvoll, um Schmerzreaktionen beim Katheterwechsel zu vermeiden und damit eine ruhige Lage des Armes zu erzielen.
Dilatation Bei allen Gefäßengen des Hämodialyseshunts steht primär die gefäßweitenadaptierte Ballondilatation im Vordergrund. Soll eine Anastomosenstenose eines Gefäßinterponates dilatiert werden, richtet sich der zu wählende Ballondurchmesser generell nach der Weite des Interponats zur Risikominderung einer Leckage. Bei uns hat sich der Einsatz von „Smallvessel-PTA-Ballons“ (z. B. Submarine Plus, Fa. Invatec; RBP bis zu 17 atm) zur ambulanten Dilatation im Bereich von Hämodialyseshunts bewährt. Als Führungsdraht dient ein steuerbarer 0,46 mm (0,018 Zoll) Nitinolführungsdraht (z. B. Nitrex, Fa. Ev3, Plymouth, USA). Mit diesem Besteck lassen sich die meisten Stenosen suffizient behandeln (Abb. 11.3 a, b). Da venöse Stenosen sehr rigide sein können, sind PTA-Drücke über 15 atm keine Seltenheit. Die Dilatationszeit liegt primär bei wenigen Sekunden und kann bei primärer therapierefraktärer der Stenose auf bis zu 5 min ausgedehnt werden. Die technischen Erfolgsraten der alleinigen Ballondilatation von Stenosen liegen zwischen 90 und 100% (Beathard 1992; Bohndorf et al. 1993; Longwitz et al. 1998; Lorch 2000; Vorwerk et al. 1991) und lassen sich durch den Einsatz von Hochdruckballons bzw. eines „cutting balloons“ bei primär therapierefraktären Stenosen noch steigern. Die Offenheitsraten nach Ballon-PTA von autologen Shunts liegen nach 3 Monaten zwischen 70 und 87%, nach 6 Monaten zwischen 55 und 67% und nach 12 Monaten zwischen 30 und 51% (Fujiwar et al. 2000; Longwitz et al. 1998; Turmel-Rodriguez et al. 2000). Bei der Dilatation von alloplastischen Shuntstenosen liegt die primäre Offenheit mit 85%/31–71%/29% nach 3/6/12 Monaten niedriger (Maya u. Allon 2006; TurmelRodriguez et al. 2000; Vogel u. Parise 2005). Engstellen, die sich als therapierefraktär für die normale Ballondilatation erweisen, liegen meist anastomosennah und zeigen oft eine kurzstreckige ringförmige Morphologie. Auch fallen in den letzten Jahren Hämodialyseshunts auf, die in der Nachbarschaft von Operationsclips, die bei Shuntoperationen eingebracht wurden, schwer therapierbare Stenosen, wohl verursacht durch eine perivenöse Fibrose, entwickeln. Nach der Intervention neigen diese Stenosen auch frühzeitig zu einer Restenosierung. Ob dies ursächlich zusammenhängt oder nur ein subjektiver Eindruck ist, müssen weitere Beobachtungen zeigen. Zur Intervention primär therapierefraktärer Stenosen stehen 2 unterschiedliche Interventionsmöglichkeiten zur Verfügung: die Hochdruckdilatation bzw. der Einsatz eines Cutting balloons.
11.2 Interventionen Abb. 11.3 a, b. Dilatation einer Shuntvenenstenose. a Bei der retrograden Shuntdarstellung Visualisierung einer filiformen 4 cm langen Stenose ab der kubitalen AV-Anastomose. Zudem noch Abbildung multipler arterieller und venöser Seitäste. b Nach der Dilatation mit einem 4 mm-Small-vessel-Ballon zufrieden stellendes morphologisches und funktionelles Interventionsergebnis
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b
Hochdruckdilatation Eine Möglichkeit zur Therapie rigider Stenosen ist der Einsatz von Hochdruckballons (z. B. Conquest, Fa. Bard, Karlsruhe; 5,5-F-Schaft, RBP bis 30 atm). Diese Ballons weisen eine konstruktionsbedingte relativ starre Beschaffenheit des Schafts auf. Durch diese Eigenschaft ist ihr Einsatz in den manchmal stark gebogen verlaufenden anastomosennahen Gefäßabschnitten kritisch zu bewerten. Bei der Hochdruckdilatation kommt es zu einer unkontrollierbaren Sprengung der rigiden Engstelle (Abb. 11.4 a–d), was unter Umständen zu einem Gefäßwandeinriss mit einer paravasalen Hämatombildung führt.
!
Die iatrogen induzierten Gefäßrupturen bei einer Shuntvenendilatation stellen nur in Einzelfällen ein Risiko für den Patienten und die Shuntfunktion dar. Eine kritische Überwachung der Blutungstendenz, ggf. mit paravasaler manueller Kompression, ist jedoch unabdingbar. Merke
Bei einer anhaltenden Blutung ist primär ein mehrfacher Versuch mit einer Langzeitinsufflation des Dilatationsballons über 5–10 min zum Verschluss der Leckagestelle und Erhalt der Shuntfunktion indiziert. Auch werden Stents zur Abdichtung von Rupturstellen erfolgreich eingesetzt, bei denen eine mehrmalige Langzeitinsufflation des Ballons nicht zum Erfolg geführt hat (Pan et al. 2005). Hierzu werden sowohl reine Metallstents als auch gecoverte Stents eingesetzt. Cutting balloon Eine andere Methode zur Behandlung primär therapierefraktärer Stenosen ist der Einsatz eines „Cutting-Dilatationsballons“, der mit 4 mikrochirurgischen Klingen bestückt ist (z. B. Cutting-Balloon, Fa. Boston Scientific, Ratingen; 4,2-F-Schaft). Die Schnitttiefe der Atherotome beträgt etwa 5–7 Zellschichten und ermöglicht somit die Wiedereröffnung des Gefäßlumens ohne den Einsatz eines hohen Drucks bei der Dilatation (Abb. 11.5 a–e). Es werden
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Kapitel 11 Hämodialyseshunt
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b
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d
Abb. 11.4 a–d. Einsatz eines Hochdruckballons zur Dilatation einer primär therapierefraktären Stenose. a Nachweis einer anastomosennahen kurzstreckigen Stenose einer BresciaCimino-Fistel. b Bei der Dilatation mit einem 5 mm-Smallvessel-Ballon (Inflationsdruck 16 atm) Darstellung einer deutlichen Taille im Bereich einer ringförmigen rigiden Stenose.
c Komplette Entfaltung des Hochdruck-PTA-Ballons bei einem Inflationsdruck von 30 atm. Im Vergleich mit b erkennbar die schlechtere Positionierbarkeit im anastomosennahen abknickenden Gefäßabschnitt. d Bei der Abschlusskontrolle keine signifikante Reststenose mehr nachweisbar, bei deutlich verbessertem Blutangebot
lediglich die Intima und im Bereich von kleinen Venen partiell die Media eingeschnitten unter Erhaltung der Adventitia. Das Risiko einer Leckage ist im Vergleich zur Hochdruckdilatation bei richtiger Größenwahl des Ballons geringer. Die primäre Offenheitsrate liegt nach 1/3/6 Monaten zwischen 84%/66% und 48–76% (Singer-Jordan u. Papura 2005; Vesely u. Siegel 2005). Bei der Beurteilung dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass es sich um Stenosen handelt, die nicht mit einer normalen PTA therapierbar waren. Derzeit sind Cutting balloons bis zu einem Ballondurchmesser von 8 mm erhältlich.
Kryoplastie Zurzeit wird bei kurzfristig rezidivierenden Stenosen von Dialyseshunts – und hier besonders im Bereich der venösen Anastomosen von alloplastischen Shunts mit ausgeprägter intimaler Hyperproliferation – zunehmend die Kryoplastie eingesetzt. Bei der Kryoplastie wird ein speziell gefertigter Ballonkatheter (z. B. PolarCath-Balloon, Fa. Boston Scientific, Ratingen) mit Stickoxid bis zu einem Druck von 8 atm gefüllt (Abb. 11.6 a–c). Durch dieses Gas werden die Ballonoberfläche und die Interzellularflüssigkeit für 20 s auf –10° Celsius während der Dilatation gekühlt und danach automatisch entlüftet und erwärmt. Während der Abkühlungsphase kommt es zum Aufbrechen rigider fibröser Strukturen und ggf. von ver-
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b
c
d
Abb. 11.5 a–e. Einsatz eines Cutting balloons bei einer primär therapierefraktären Stenose. a Darstellung einer langstreckigen anastomosennahen Stenose einer Brescia-Cimino-Fistel. b Fast vollständige Entfaltung des 5 mm-Smallvessel-Ballons bis auf eine kurzstreckige ringförmige Taille im distalen Ballondrittel (Insufflationsdruck: 15 atm) bei therapierefraktärer Stenose trotz mehrmaliger LangzeitPTA. c Darstellung eines 4 Atherotome tragenden Cutting balloons. d Komplette Entfaltung des Cutting balloons bei einem Inflationsdruck von 6 atm. e In der Kontrolle kein Hinweis auf eine Reststenose
e
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Kapitel 11 Hämodialyseshunt Abb. 11.6 a–c. Kryoplastie einer rezidivierenden Anastomosenalteration eines venösen Gefäßinterponats. a Okklusion der zentralen anastomosierten Vene mit retrograder Perfusion der distal der Interponatanastomose gelegenen Venenanteile. b Platzierung des speziellen Kryoplastieballons (Durchmesser 6 mm) und Insufflation mit Stickoxid (Inflationsdruck 8 atm). c Nach der Rekanalisation wieder freie Perfusion der zentralen Venenabschnitte. Durch Einsatz der Kryoplastie Verdopplung des therapiefreien Intervalls bis zur nächsten Restenosierung
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b
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kalkten Plaques. Des Weiteren wird eine inflammatorische Antwort nach PTA durch die Apoptose entsprechender Zellen in Intima und Media deutlich verringert.
Die Mechanismen, die während der Kryoplastie Zellschäden induzieren, sind sehr komplex in ihrem Ablauf und abhängig vom Gewebetyp (Rifkin et al. 2005). Bei der intimalen Hyperproliferation an der
11.2 Interventionen
venösen Interponatstenose kommt es u. a. zu einer umschriebenen Apoptose. Rifkin et al. (2005) zeigten in ihrer Beobachtungsserie, dass die Zeit bis zur erneuten Restenose an der venösen Interponatanastomose durch die Kryoplastie von 3 Wochen auf etwa 16 Wochen gesteigert werden konnte. Diese Ergebnisse bedürfen aber noch der weiteren Evaluation, vor allem bezüglich ihrer klinischen Wertigkeit. Stents Der Einsatz und Nutzen von Stents in Hämodialyseshunts wird momentan noch diskutiert. Die meisten Publikationen setzen sich derzeit mit der zentralvenösen Stentapplikation und dem Einsatz im Bereich venöser Interponatstenosen auseinander. Als weitere Indikationsoptionen werden Reststenosen nach einer PTA von >30%, eine hämodynamisch relevante Gefäßwanddissektion oder eine anhaltende Blutung nach venöser Gefäßruptur angesehen (Maya u. Allon 2006; Pan et al. 2005; Vogel u. Parise 2005). Die gelenküberschreitende Stentung wird ebenso wie die Stentung im Punktionsareal aufgrund der Gefahr von Stentdislokationen oder Stentfrakturen kritisch bewertet (Vogel u. Parise 2005; Zaleski et al. 2001). Mehrere Studien belegen, z. T. prospektiv und randomisiert, dass die Stentung venöser Anastomosenstenosen von Interponaten der alleinigen PTA bei okkludierten alloplastischen Shunts überlegen ist (Maya u. Allon 2006; Vogel u. Parise 2005). Dagegen berichtete Quinn et al. (1995) über keinen signifikanten Unterschied zwischen der alleinigen PTA von autologen Shunts und der Stentgruppe in seinem Kollektiv. Pan et al. (2005) wiederum sehen einen Vorteil bei primär nichtzufrieden stellender ShuntPTA in der Stentung autologer Shunts.
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Die Stentung autologer Shunts sollte nur sehr zurückhaltend durchgeführt und die weitere Studienlage abgewartet werden. Merke
11.2.4 Therapie des Shuntverschlusses Akuter Shuntverschluss Die Zahl akuter Shuntverschlüsse ist in den letzten Jahren deutlich rückläufig, da die Patienten frühzeitig schon zur FKDS und somit auch früher zur Intervention vorgestellt werden. Ursachen akuter Shuntverschlüsse sind klinisch unerkannte Stenosen und wesentlich seltener punktionsbedingte Gefäßwanddissektionen. Kommt es bei einem Interponatshunt zu einem Verschluss, so ist die ursächliche Stenose in der Mehrzahl der Fälle an der venösen Anastomose lokalisiert. Die Thrombose umfasst im Regelfall das gesamte Interponat. Bei einem Brescia-
Cimino-Shunt ist das Ausmaß der Thrombosierung abhängig von dem vorhandenen Kollateralkreislauf und der Lokalisation der Verschlussstelle. An therapeutischen Optionen stehen mehrere Verfahren zur Verfügung. Es ist eine individuelle Planung für jeden Patienten notwendig. In die Entscheidung der Interventionsart gehen die Verschlusslänge, das Thrombusvolumen und ob es sich um einen autologen oder alloplastischen Dialyseshunt handelt mit ein. Auch bei einer frischen Shuntvenenokklusion kann unter Umständen die alleinige Ballondilatation indiziert sein. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Thrombusvolumen sehr gering ist. Dies ist gelegentlich bei anastomosennahen Verschlüssen oder bei komplettierenden Thrombosen im Bereich hochgradiger Stenosen der Fall. Die Thrombusvolumenabschätzung ist mit der FKDS suffizient möglich. Das technische Vorgehen bei der Shuntvenenrekanalisation entspricht dem der normalen Ballondilatation.
!
Es ist aber mit großer Vorsicht vorzugehen, um nicht Thrombusanteile über die Anastomose in die Arterie zu dislozieren und eine periphere Embolie zu induzieren. CAVE
Bei einem großen Thrombusvolumen ist die alleinige PTA kontraindiziert. In Fällen mit einem großen Thrombusvolumen kommt entweder die mechanische Thrombektomie oder die Thrombolyse vor der Ballondilatation zum Einsatz. Gelegentlich ist auch der gemeinsame Einsatz unterschiedlicher Verfahren notwendig. Mechanische Thrombektomie Zur mechanischen Thrombektomie stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Hierzu gehören u. a.
∑ die Aspirationsthrombektomie, ∑ mechanische Embolektomiesysteme, wie z. B. Fogarty-Ballon, ∑ Cragg-Bürstenkatheter (Dolmatch et al. 1999; Smits et al. 2002), ∑ mechanisch unterstütze Aspirationsthrombektomie, wie z. B. PTD-Fragmentierkörbchen (Smits et al. 2002; Trerotola et al. 1998), und ∑ die hydrodynamische Thrombektomie (Sahni et al. 2005; Smits et al. 2002). Das technisch einfachste mechanische Verfahren ist die Aspirationsthrombektomie nach Starck, die im Dialyseshunt meistens mit einer Lysetherapie kombiniert wird (Poulain et al. 1991). Die Shuntausräumung mittels des Fogarty-Ballons erfordert die Eröffnung der Shuntvene, um das Thrombusmaterial zu entfernen, und bleibt somit operativ tätigen Ärz-
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Kapitel 11 Hämodialyseshunt
ten vorbehalten. Die anderen genannten Verfahren sind z. T. Weiterentwicklungen bereits früher entwickelter Systeme, die aber in Deutschland derzeit nur eine geringe Rolle spielen. Bei der mechanischen Thrombektomie präferieren wir die hydrodynamische Thrombusabsaugung mittels des Venturi-Effekts (z. B. Oasis-Katheter; Fa. Boston Scientific, Ratingen; 6-F-System) der Aspirationsthrombektomie aufgrund der geringeren Gefahr der Thrombusverschleppung und der geringeren Gefäßwandalterationen, da über einen Führungsdraht gearbeitet wird. Bei dem Venturi-Effekt-Verfahren wird über einen schmalen Kanal im Katheter heparinisierte Kochsalzlösung mit Druck injiziert. An der Katheterspitze bildet sich eine Verwirblungszone, die zu einer Thrombusfragmentierung führt. Die winzigen Thrombusfragmente werden mit der injizierten Kochsalzlösung über ein weiteres Katheterlumen nach extern drainiert, sodass keine zusätzliche Volumenbelastung für den Patienten auftritt.
!
Ein Vorteil des Venturi-Effekt-Verfahrens liegt in der schnellen Entfernbarkeit größerer Thrombusmengen, und damit ist es sehr gut geeignet für die Thrombektomie von Interponatshunts. Merke
Bei Wahl dieses Verfahrens ist der Einsatz einer Gefäßschleuse obligat. Bei schleifenfömigen Interponaten sind oft 2 gegenläufige, sich überkreuzende Zugänge notwendig, um sowohl den arteriellen als auch den venösen Schenkel zu erreichen und erfolgreich therapieren zu können. Lysetherapie Zur Lysetherapie werden in den meisten Fällen als Fibrinolytika Urokinase oder Alteplase eingesetzt. Dabei sollte eine Dosis von 20 mg Alteplase nicht überschritten werden. Zusätzlich ist zur Lysetherapie immer eine Vollheparinisierung einzuleiten. Die Punktionsstelle für den Shuntvenenzugang ist abhängig von der Thrombuslokalisation und wird in der FKDS festgelegt. Bei einer Lysetherapie direkt ab der Anastomose erfolgt die Punktion der Shuntvene zentral des Thrombus. Die Verschlussstrecke wird nachfolgend retrograd mittels eines steuerbaren Führungsdrahtes und eines Katheters (z. B. 4-F-Cobra-Katheter C2, Cook, Mönchengladbach) sondiert. Die Lysetherapie wird generell beim autologen Shuntgefäß auf der arteriellen Seite des Thrombus begonnen. Bei einer Interponatschleife kann es auch bei der Lysetherapie notwendig sein, mit 2 sich kreuzenden Lysesystemen zu arbeiten. Eines hiervon wird mit seiner Spitze im arteriellen und eines im venösen Schenkel der Schleife positioniert.
쐍 Infiltrationslyse. Bei der Infiltrationslyse erfolgt die kontinuierliche Gabe des Fibrinolytikums über den vorher am arteriellen Thrombusende platzierten Katheter. Am besten eignet sich für die kontinuierliche und gleichmäßige Medikamentengabe ein Infusiomat. Auch empfiehlt es sich bei diesem Vorgehen, eine Maximaldosis von 20 mg Alteplase in 4–6 Stunden nicht zu überschreiten bei zusätzlicher Vollheparinisierung. Bei kleinen kurzstreckigen Thromben kann gelegentlich eine Infiltrationslyse über eine Direktpunktion des Thrombus mit einer Verweilkanüle erfolgen. Über die so eingebrachte Kanüle kann dann die Lysetherapie, meist reicht eine einmalige Gabe von 2–3 mg Alteplase, durchgeführt werden. 쐍 Gepulste Sprühlyse. Eine Verringerung der Fibrinolytikamenge und der Lysezeit ist durch den Einsatz der so genannten gepulsten Sprühlysetechnik möglich. Hierzu wird ein Spezialkatheter (z. B. Jet-LyseKatheter; Fa. C.R. Bard) mit multiplen kleinen Seitenlöchern auf einem definierten und markierten Katheterabschnitt im Verschlussareal unter Vollheparinisierung platziert. Das Fibrinolytikum wird dann unter Druck fein dispers in den Thrombus injiziert. Somit wird eine größere Thrombusoberfläche auf einmal erreicht. Auch bei Einsatz der Sprühlysetechnik empfiehlt es sich bei einem thrombosierten Interponatshunt, mit 2 gekreuzten Kathetersystemen zu arbeiten bzw. eine Kombinationstherapie mit Methoden der mechanischen Thrombektomie. Initial werden 4 Pulsstöße mit je 0,5 mg Alteplase verabreicht. Danach wird in einem zeitlichen Abstand von je 3 min ein weiterer Pulsstoß mit 0,5 mg Alteplase appliziert. Die benötigten Lysezeiten liegen in Abhängigkeit vom Thrombusvolumen meist <30 min, und die benötigte Alteplase-Dosis <10 mg. Diese Dosismengen und der Zeitaufwand decken sich auch mit Erfahrungen anderer Zentren (Barth et al. 2000; Sofocleous et al. 2002). Der technische Erfolg der Wiedereröffnung thrombosierter autologer Shunts schwankt nach Literaturangaben zwischen 45 und 98% (Barth et al. 2000; Fujiwar et al. 2000; Lorch 2000; Turmel-Rodriguez et al. 2000). Bei Interponatshunts liegt die technische Erfolgsrate zwischen 95 und 100% (Chen et al. 2005). Bei sich entwickelnden Zeichen einer Thrombophlebitis sinkt die technische Erfolgsrate erheblich ab, und die Intervention gestaltet sich zudem für den Patienten schmerzhaft. Die primäre Offenheitsrate liegt nach 3/6/12 Monaten bei 63%/32%/17% für den alloplastischen Shunt und bei 89%/74%/47% für den autologen Shunt (Turmel-Rodriguez et al. 2000). Eine Verbesserung der Offenheitsrate bei rekanalisierten thrombosierten Interponatshunts ist durch den Einsatz von
11.2 Interventionen
Stents erzielbar. Hier liegen die primären Offenheitsraten nach 3/6/12 Monaten bei 88%/67%/41% (Vogel u. Parise 2005). Maya u. Allon (2006) berichten, dass die primäre Offenheitsrate für rekanalisierte thrombosierte Interponatshunts nach 3 Monaten nur bei 30% liegt. Im Vergleich hierzu beträgt sie 71% bei Patienten, die sich einer elektiven Angioplastie der Anastomosenstenose des Interponats bei noch bestehender Perfusion unterzogen. Diese Beobachtung wird durch weitere Publikationen gestützt (Chen et al. 2005; Turmel-Rodriguez et al. 2000; Vogel u. Parise 2005). Dies unterstreicht die Wichtigkeit der frühzeitigen Intervention von venösen Anastomosenstenosen bei Interponaten zur Verbesserung der Langzeitfunktion mit dem geringst möglichen Aufwand. Chronischer Shuntverschluss Chronische Shuntverschlüsse bleiben bei einer suffizienten Kollateralisation nicht selten klinisch unentdeckt und bedürfen somit auch keiner weiteren Therapie. Gelegentlich kommt es aber zu einer Verschlechterung der Dialysefunktion, sei es durch ein vermindertes arterielles Angebot oder durch erhöhte Rücklaufdruckwerte während der Dialyse. Es finden sich aber auch verlängerte Nachblutungszeiten oder monströse Schwellungen der shunttragenden Extremität. Diese meist langstreckigen Verschlüsse können oft mit Hilfe eines steuerbaren Drahtes und eines Führungskatheters überwunden werden. Die Wiedereröffnung der Vene erfolgt dann durch eine Ballondilatation. In Einzelfällen bei schwieriger Okklusionspassage kommen auch hydrophil beschichtete Führungsdrähte zur Sondierung des Verschlusses zum Einsatz. Die Rekanalisation von chronischen Verschlüssen hat ein erhöhtes Risiko der Venenwandperforation bei der Drahtsondierung. Die Langzeitoffenheitsrate rekanalisierter chronischer Shuntverschlüsse ist schlechter als die Ergebnisse bei Therapie einer noch perfundierten Shuntstenose. Vorwerk et al. (1995) berichten von einer technischen Erfolgsquote von 85% und einer Offenheitsrate von 41% nach 6 Monaten und 24% nach 2 Jahren in seinem Patientenkollektiv. 11.2.5 Therapie der zentralvenösen Stenose Zentralvenöse Stenosen sind meist im Übergangsbereich der V. subclavia zur V. brachiocephalica oder direkt in der V. brachiocephalica lokalisiert. Als mögliche Ursachen für diese Stenosen gelten mechanische und/oder infektionsbedingte Affektionen der Venenwand durch temporär genutzte Dialyse- oder zentralvenöse Katheter (Hernandez et al. 1998). Aber
auch bei Patienten ohne vorherigen zentralvenösen Zugang werden Stenosen in diesen Lokalisationen beobachtet. Hier wird als möglicher Auslöser der Stenose der hohe Blutfluss der Dialysefistel diskutiert (Oguzkurt et al. 2005). Die Interventionsindikation bei einer zentralvenösen Stenose ist gegeben bei klinischen Zeichen der Einflussstauung oder Einschränkung der Dialysefunktion des Shunts.
!
In Einzelfällen kann es bei einer oberen Einflussstauung, wenn das intrakranielle Venensystem als Kollateralkreislauf dient, zu neurologischen Komplikationen bis hin zur Erblindung oder intrakraniellen Blutungen kommen. CAVE
Bei Nachweis einer asymptomatischen zentralvenösen Stenose wird von einer Dilatation oder Stentung abgeraten, auch wenn der Stenosegrad >50% beträgt. Levit et al. (2006) berichten, dass es bei behandelten asymptomatischen Stenosen in dieser Lokalisation sehr kurzfristig zu hochgradigen Restenosen oder sogar zu Okklusionen kommt im Vergleich mit der Gruppe der nichttherapierten >50%igen asymptomatischen Stenosen. Eine alleinige PTA im zentralvenösen Bereich bringt meist nur eine kurzfristige Verbesserung der Situation. Insofern ist eine Stentplatzierung häufig primär indiziert. Wir platzieren in diesem Bereich nur selbstexpandierende Stents. Es ist auf eine ausreichende Überdimensionierung des Stents zur sicheren Fixation an der Gefäßwand zu achten. Venen weisen erheblich stärkere Kaliberschwankungen als Arterien während den wechselnden Atemlagen und den unterschiedlichen intrathorakalen Druckverhältnissen auf.
!
Ab einer Stentapplikationssystemgröße von 7 French empfiehlt sich ein transfemorales Vorgehen wegen der stark erhöhten Nachblutungsgefahr eines großkalibrigen Shuntvenenzugangs. Merke
Ein Problem der zentralvenösen Stentung ist die extreme intimale Hyperproliferation. In unserem Patientengut hat jeder Dialysepatient eine Restenose im Stentbereich entwickelt. Dies führte in der Anfangsphase gelegentlich zu klinisch manifesten zentralvenösen Gefäßverschlüssen, die akut rekanalisiert werden mussten. Mittlerweile werden alle Patienten mit einem zentralvenösen Stent routinemäßig alle 6–8 Wochen phlebographiert und ggf. dilatiert (Abb. 11.7 a–d). Mit diesem Therapieregime wird die akute Symptomatik der oberen Einflussstauung vermieden und das Risiko der Intervention bei erhöhten technischen Erfolgsraten vermindert. Bis-
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b
a
c
Abb. 11.7 a–d. Verlauf einer zentralvenösen Stenose nach der primärer Stentung. a Primär Darstellung einer hochgradigen V.-brachiocephalica-Stenose bei monströser Schwellung des shunttragenden Arms. b Nach erfolgreicher Stentung und Dilatation kein Nachweis mehr von Kollateralgefäßen im Bereich des Thorax. Im Verlauf schnelle Rückbildung der Armschwel-
herige Erfahrungen mit der intravasalen bzw. perkutanen Bestrahlung von dilatierten und gestenteten venösen Gefäßläsionen erfüllten bisher die Erwartungen nicht im Hinblick auf eine Verbesserung der Offenheitsraten (Cohen et al. 2000; Krueger et al. 2004; Kwok et al. 2001). Die technischen Erfolgsraten bei zentralvenösen Eingriffen schwanken in der Literatur zwischen 50 und 100%, abhängig davon, ob ein Verschluss oder eine Stenose als Ausgangsbefund vorlag. Die Offenheitsraten werden mit 70–85% nach 3 Monaten, 50–60% nach 6 Monaten und 14–30% nach 12 Monaten angegeben (Aytekin et al. 2004; Buriankova et al. 2003). Diese Daten zeigen, dass kurzfristige und regelmäßige Kontrolluntersuchungen, ggf. mit Reinterventionen, unabdingbar sind.
d
lung. c Nach 8 Wochen erneute Schwellung der Hand. In der DSA wieder Nachweis von Kollateralgefäßen sowie einer intimalen Proliferation im Stent mit daraus resultierender Stenosierung. d Nach der Re-PTA wieder Rückbildung des Kollateralsystems und Abklingen der Handschwellung. Nach weiteren 8 Wochen erneute In-Stent-Restenose
11.2.6 Schlussfolgerung Die radiologisch gesteuerte Shuntintervention stellt eine risikoarme und ambulant durchführbare Therapie bei insuffizienter Dialysefunktion und nachgewiesener Gefäßalteration dar. Sie erfordert eine gute Kooperation zwischen der Dialyseeinheit und der interventionellen Radiologie, um die Patienten vor dem akuten Shuntverschluss zu bewahren. Die hohe Rezidivquote nach Interventionen soll nicht davor abschrecken tätig zu werden, denn die betroffenen Patienten sind vital auf die Funktion des Hämodialyseshunts angewiesen und ständige Shuntneuanlagen sind aufgrund der begrenzten Zahl geeigneter autologer Venen nicht möglich und garantieren auch dann nicht den problemlosen langfristig nutzbaren Shunt.
11.2 Interventionen
Literatur Aytekin C, Boyvat F, Yagmurdur MC, Moray G, Haberal M (2004) Endovascular stent placement in the treatment of upper extremity central venous obstruction in hemodialysis patients. Eur J Radiol 49: 81–85 Bacchini G, Capello A, La Milia V, Andrulli S, Locatelli F (2000) Color Doppler ultrasonography imaging to guide transluminal angioplasty of venous stenosis. Kidney Int 58: 1810–1813 Barth KH, Gosnell MR, Palestrant AM et al. (2000) Hydrodynamic thrombectomy system versus pulse-spray thrombolysis for thrombosed hemodialysis grafts: a multicenter prospective randomized comparison. Radiology 217: 678– 684 Beathard G (1992) Percutaneous transvenous angioplasty in the treatment of vascular access stenosis. Kidney Int 42: 1390–1397 Bell D, Rosenthal J (1988) Arteriovenous graft life in chronic hemodialysis. A need for prolongati on. Arch Surg 123: 1169–1172 Bohndorf K, Gladziwa U, Kistler K, Kretschmer K, Vorwerk D, Siebert H, Günther RW (1993) Rekanalisation von stenosierten oder verschlossenen Hämodialyseshunts. Fortschr Röntgenstr 158: 525–531 Buriankova E, Kocher M, Bachleda P, Utikal P, Kojecky Z, Cerna M, Herman M (2003) Endovascular treatment of central venous stenoses in patients with dialysis shunts. Biomed Pap Med 147: 203–206 Chen MC, Liang HL, Wu DK, Weng MJ, Liu GC, Pan HB, Lee GL (2005) Percutaneous vein graft reanastomosis with use of a covered stent to salvage a thrombosed hemodialysis graft. J Vasc Interv Radiol 16: 1385–1389 Cohen GS, Freeman H, Ringold MA, Putnam SG, Ball DS, Silverman C, Schulman G (2000) External beam irradiation as an adjunctive treatment in failing dialysis shunts. J Vasv Interv Radiol 11: 321–326 Dolmatch BL, Casteneda F, McNamara TO, Zemel G, Lieber M, Cragg AH (1999) Synthetic dialysis shunts: thrombolysis with the Cragg thrombolitic brush catheter. Radiology 213: 180–184 Frei U, Schober-Halstenberg H-J (2005) Nierenersatztherapie in Deutschland. Bericht über Dialysebehandlung und Nierentransplantation in Deutschland 2004/2005. Jahresbericht der Gesellschaft QuaSi-Niere gGmbH, Berlin, 2005 Fujiwar H, Narimatsu Y, Hashimoto S et al. (2000) Long-term results of percutaneous transluminal angioplasty for hemodialysis shunt insufficiency. Cardiovasc Intervent Radiol 23: 83 Hernandez D, Diaz F, Rufino M et al. (1998) Subclavian vascular access stenosis in dialysis patients: natural history and risk factors. J Am Soc Nephrol 9: 1507–1510 Keller F, Loewe H, Bauknecht K, Schwarz A, Offermann G (1988) Kumulative Funktionsraten von orthotopen Dialysefisteln und Interponaten. Dtsch Med Wochenschr 113: 332–336 Krueger K, Bendel M, Zaehringer M, Reinicke G, Lackner K et al. (2004) Centered endovascular irradiation to prevent postangioplasty restenosis of arteriovenous fistula in hemodialysis patients. Results of a feasibility study. Cardiovasc Radiat Med 5: 1–8 Kwok PC,Wong KM, Ngan RK et al. (2001) Prevention of recurrent central venous stenosis using endovascular irradiation following stent placemant in hemodialysis patients. Cardiovasc Intervent Radiol 24: 400–406 Landwehr P, Dölken W, Lackner K (1989) In-vitro-Messung des intravasalen Blutflusses mit der Farb-Doppler-Sonographie. Fortschr Röntgenstr 150: 192–197
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459
460
Kapitel 11 Hämodialyseshunt Turmel-Rodrigues L, Pengloan J, Baudin S et al. (2000) Treatment of stenosis and thrombosis in haemodialysis fistulas and grafts by interventional radiology. Nephrol Dial Transplant 15: 2029–2036 Vesely TM, Siegel JB (2005) Use of the peripheral cutting balloon to treat hemodialysis-related stenoses. J Vasc Interv Radiol 16: 1593–1603 Vogel PM, Parise C (2005) Comparison of SMART stent placement for arteriovenous graft salvage versus successful graft PTA. J Vasc Interv Radiol 16: 1619–1626 Vorwerk D, Günther RW, Bohndorf K, Kistler D, Gladziwa U, Siebert HG (1991) Follow-up results after stent placement in failing arteriovenous shunts: a three-year experiment. Cardiovasc Intervent Radiol 14: 285–289 Vorwerk D, Bucker A, Alzen G, Schurmann K, Ritzerfeld M, Gunther RW (1995) Chronic venous occlusions in haemodialysis shunts: efficacy of percutaneous treatment. Nephrol Dial Transplant 10: 1869–1873
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Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS) T. Kirchhoff, H. Rosenthal
12.1 12.1.1 12.1.2 12.1.3 12.1.4 12.1.5 12.1.6 12.1.7
Indikationen zur TIPS-Anlage 461 Rezidivierende Varizenblutung 461 Therapierefraktärer Aszites 462 Therapierefraktärer Hydrothorax 462 Hepatorenales Syndrom 462 Hepatopulmonales Syndrom 462 Budd-Chiari-Syndrom 462 Venookklusive Erkrankung 463
12.2 Methodik der TIPS-Anlage 463 12.2.1 Hämodynamische Veränderungen nach TIPS-Anlage 466 12.2.2 Primäre und sekundäre Offenheit 466 12.3
Komplikationen 466
12.4 Verlaufskontrollen 467 12.4.1 Sonographische und angiographische Verlaufskontrollen 467 12.4.2 Angiographische Portographie zur TIPS-Kontrolle und Shuntrevision 468 12.5
TIPS als Brücke zur Transplantation 468 Literatur 469
Chirurgisch angelegte peritoneovenöse Shunts werden seit Einführung des TIPS aufgrund geringerer Wirksamkeit und hoher Komplikationsraten nur noch selten durchgeführt. 12.1 Indikationen zur TIPS-Anlage Die Indikation zu einer TIPS-Anlage sollte gemeinsam von einem Hepatologen und einem interventionellen Radiologen gestellt werden, insbesondere bei einer Hochrisikosituation, wie sie bei der fortgeschrittenen Leberzirrhose im Stadium Child-Pugh C, einem hohen MELD-Score oder schwerwiegenden Begleiterkrankungen zu erwarten ist (Schepke et al. 2003). Gesicherte Indikationen sind
∑ die sekundäre Prävention der rezidivierenden Varizenblutung und ∑ der therapierefraktäre Aszites. Definition
왔 Als transjugulärer portosystemischer
Shunt (TIPS) wird eine großlumige interventionell angelegte Stentverbindung zwischen einer Lebervene und der Pfortader bezeichnet. Der TIPS entspricht somit einem intrahepatischen portokavalen Seit-zu-Seit-Shunt. Er wurde vor mehr als 20 Jahren als gering-invasive Alternative zur operativen Shuntanlage in die Therapie der portalen Hypertension eingeführt (Rösch et al. 1971; Rössle et al. 1989). Seither wurden weltweit tausende Patienten mit dem TIPS versorgt und mehr als 1000 Publikationen erschienen allein in der englischsprachigen Literatur, was die breite Akzeptanz und Wirksamkeit der Maßnahme dokumentiert.
!
Mit dem TIPS wird über eine portale Dekompression die rezidivierende Varizenblutung verhindert und der therapierefraktäre Aszites reduziert. Merke
Weitere Indikationen haben sich im Rahmen nichtkontrollierter Studien und Fallbeschreibungen etabliert. Sie konnten aber aufgrund der geringen Inzidenz der Krankheitsbilder nicht durch randomisierte Studien gesichert werden. Darunter fallen:
∑ ∑ ∑ ∑ ∑
der therapierefraktäre Hydrothorax, das hepatorenale Syndrom, das hepatopulmonale Syndrom, das Budd-Chiari-Syndrom und die venookklusive Erkrankung.
12.1.1 Rezidivierende Varizenblutung Die meisten Patienten mit erstmaliger Varizenblutung können zunächst pharmakologisch und endoskopisch stabilisiert werden. Das Risiko einer Rezidivblutung beträgt allerdings >50% und ist
12
462
Kapitel 12 Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS)
mit einer erhöhten Mortalität assoziiert (Sharara u. Rockey 2001). In einer Metaanalyse von 11 kontrollierten Studien, in denen die endoskopische Therapie mit dem TIPS verglichen wurde, war die Inzidenz von Rezidivblutungen nach der TIPS-Anlage geringer. Allerdings kam es zu einer höheren Enzephalopathierate, und es zeigte sich bislang kein eindeutiger Gewinn an Überlebenszeit (Paratheodoridis et al. 1999). Aufgrund des Risikos von Enzephalopathien, Leberversagen und möglichen prozeduralen Komplikationen kann der TIPS derzeit nicht als Standardtherapie im Rahmen der primären Blutungsprävention der erstmaligen oder der akuten Ösophagusvarizenblutung empfohlen werden. Dagegen ist seine Anwendung bei Versagen der pharmakologischen und endoskopischen Therapie von ösophagealen Varizen und rezidivierenden Blutungen im Sinne einer sekundären Blutungsprävention indiziert (Boyer u. Haskal 2005). Der TIPS war auch bei rezidivierenden Blutungen von gastralen oder ektopen Varizen effektiv und kann hier ebenfalls zur sekundären Blutungsprävention erwogen werden.
Das HRS tritt in 2 Formen auf: Typ I ist durch ein rasches, Typ II durch ein allmähliches Nierenversagen (über mehrere Wochen) charakterisiert. Die schlechtere Prognose hat das HRS Typ I. Es wurden zwar Verbesserungen der Nierenfunktion nach TIPSAnlage beschrieben, diese gelten aber insbesondere für das HRS Typ I derzeit als nicht gesichert. Der Einsatz des TIPS sollte kontrollierten Studien oder Ausnahmesituationen vorbehalten bleiben (Gines et al. 2004).
12.1.2 Therapierefraktärer Aszites
12.1.5 Hepatopulmonales Syndrom
Mit fortschreitender Leberzirrhose nimmt die Therapieresistenz des Aszites gegenüber der diuretischen Therapie zu. Mit dem Auftreten von therapierefraktärem Aszites ist eine Mortalität von 50% innerhalb der folgenden 12 Monate assoziiert (Gines et al. 2004). In 5 kontrollierten Studien, in denen wiederholte Parazentesen mit TIPS verglichen wurden, bewirkte die TIPS-Anlage eine bessere Aszitesreduktion, allerdings bei einer höheren Enzephalopathieinzidenz und ohne eindeutigen Überlebenszeitgewinn (Boyer u. Haskal 2005; Saab et al. 2004).
hepatopulmonalen Syndrom kommt es im Rahmen der Leberzirrhose und der portalen Hypertension zu einer intrapulmonalen Gefäßdilatation und zur Hypoxie (Fallon u. Abrams 2000).
!
Die TIPS-Anlage sollte bei Patienten mit therapierefraktärem Aszites erwogen werden, die wiederholte großvolumige Parazentesen nicht tolerieren oder andere Komplikationen entwickeln. Merke
studien zu einer Besserung geführt. Sie kann deshalb aus Mangel an anderen therapeutischen Alternativen bei einem therapierefraktären Hydrothorax als indiziert gelten (Siegerstetter et al. 2001). 12.1.4 Hepatorenales Syndrom Definition
왔 Als hepatorenales Syndrom (HRS) be-
zeichnet man ein mit fortgeschrittener Leberzirrhose assoziiertes Nierenversagen.
Definition
왔 Beim
Die TIPS-Anlage hat Einzelfallberichten zufolge zu einer Besserung der Symptomatik geführt. Ein genereller Einsatz kann anhand der aktuellen Datenlage jedoch nicht empfohlen werden (Paramesh et al. 2003). 12.1.6 Budd-Chiari-Syndrom Definition
왔 Das Budd-Chiari-Syndrom resultiert
aus einer Blockade des Blutabflusses aus der Leber infolge eines Verschlusses von Lebervenen oder eines Verschlusses der V. cava inferior. 12.1.3 Therapierefraktärer Hydrothorax Ein Hydrothorax kann sich ausbilden, wenn es bei Aszites zu einer Kommunikation zwischen Peritonealraum und Pleuraraum kommt, wie es z. B. bei einem Zwerchfelldefekt der Fall ist. Die TIPS-Anlage hat in solchen Fällen in mehreren Beobachtungs-
Durch die venöse Stauung kommt es zu einem progredienten Leberversagen. Das Fünfjahresüberleben kann durch eine Formel, in die Enzephalopathie, Aszites, Prothrombinzeit und Bilirubin eingehen, in Gruppen mit guter, mittlerer und schlechter Prognose eingeteilt werden (Murad et al. 2004). Die Auswirkung eines TIPS auf das Überleben ist noch nicht ab-
12.2 Methodik der TIPS-Anlage
schließend geklärt. Die Patienten mit dem mittleren Fünfjahresüberleben und einem chronischem Leberversagen scheinen die besten Kandidaten für eine TIPS-Anlage zu sein, während die Patienten mit der guten Prognose eher von einer konservativen Therapie, die Patienten mit der schlechten Prognose eher von einer raschen Lebertransplantation profitieren (Boyer u. Haskal 2005). Die TIPS-Anlage kann durch einen kompletten Lebervenenverschluss technisch erheblich erschwert werden. Auch kann, abhängig von einer möglichen Gerinnungsstörung, eine dauerhafte Antikoagulation erforderlich werden. 12.1.7 Venookklusive Erkrankung Die venookklusive Erkrankung (VOD) wurde gehäuft nach Stammzelltransplantationen, seltener auch nach Intoxikationen beobachtet. Bei der VOD kommt es zu einer sinusoidalen Obstruktion des Leberstromgebietes. Die Symptome der Erkrankung sind unterschiedlich ausgeprägt. Schwere Verlaufsformen resultieren in einer portalen Hypertension, Aszites und einem progressiven Leberversagen. Der TIPS wurde nur in Einzelfällen eingesetzt. Er führte zwar zur Reduktion des Aszites, aber auch zu Transaminasenerhöhungen und hatte keine eindeutige Auswirkung auf das Überleben der Patienten. Sein Einsatz kann derzeit nicht als indiziert gelten (Boyer u. Haskal 2005; Zenz et al. 2001). Kontraindikationen für eine TIPS-Anlage sind in der folgenden Übersicht aufgeführt: Kontraindikationen für eine TIPS-Anlage ∑ Absolute Kontraindikationen: 왔 Zystenleber 왔 Unbehandelte spontan-bakterielle Peritonitis oder Sepsis 왔 Unbehandelte Cholestase 왔 Dekompensierte Herzinsuffizienz 왔 Ausgeprägte Trikuspidalinsuffizienz 왔 Schwere pulmonale Hypertension (mit einem mittleren Pulmonalarteriendruck von >45 mmHg) ∑ Relative Kontraindikationen: 왔 Hepatische Enzephalopathie 왔 Zentrales hepatozelluläres Karzinom (im TIPS-Stichkanal) 왔 Obstruktion der Lebervenen 왔 Pfortaderthrombose 왔 Ausgeprägte Gerinnungsstörung (mit einer INR >5) 왔 Ausgeprägte Thrombozytopenie (<20.000/ml) 왔 Mäßiggradige pulmonale Hypertension
12.2 Methodik der TIPS-Anlage
!
Die TIPS-Anlage gilt als eine der anspruchsvollsten radiologischen Interventionen und sollte Zentren mit entsprechender Erfahrung vorbehalten bleiben. Merke
Vor der TIPS-Anlage sollte eine eingehende tomographische Darstellung der abdominellen Verhältnisse erfolgen, unter besonderer Berücksichtigung der Gefäßverhältnisse und deren Durchgängigkeit. Eine periinterventionelle biliär wirksame antibiotische Therapie wird empfohlen. In Analgosedierung oder in Intubationsnarkose wird zunächst unter sonographischer Kontrolle eine großlumige Schleuse in die rechte V. jugularis interna eingeführt und danach der zentralvenöse Druck in der V. cava inferior gemessen. Anschließend wird ein Katheter in die rechte oder mittlere Lebervene vorgeschoben und eine retrograde Kontrastmitteldarstellung des Pfortadersystems über das Leberparenchym erstellt. Unter Durchleuchtungskontrolle und ggf. sonographischer Kontrolle wird ein Stichkanal von der Lebervene nach anterokaudal (seltener nach dorsal) zum zentralen rechten Pfortadersystem geschaffen und über einen Führungsdraht ein Diagnostikkatheter in den Pfortaderhauptstamm vorgeschoben (Abb. 12.1 a–c). Dieser Stichkanal muss komplett durch Leberparenchym gedeckt sein, damit es nicht zu einer Blutung nach intraabdominell kommt (Abb. 12.2 a–c). Nach Messung des Pfortaderdrucks wird eine direkte Portographie angefertigt und der Stichkanal mit einem Ballonkatheter vordilatiert, bevor ein expandierbarer Metallstent eingesetzt und auf etwa 9–12 mm aufdilatiert wird. Durch die anschließende direkte Portographie wird die Durchgängigkeit und der Kontrastmittelabstrom über den geschaffenen TIPS überprüft. Auch bei einer Pfortaderthrombose (relative Kontraindikation, s. Übersicht oben) kann die TIPS-Anlage erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Pfortader zu rekanalisieren oder den Thrombus zu fragmentieren oder zu überstenten (Abb. 12.3 a, b). Druckkontrollen im Pfortaderhauptstamm und in der V. cava inferior dokumentieren den Abfall des portosystemischen Druckgradienten.
463
464
Kapitel 12 Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS)
a
a
Nach Konsensusrichtlinien der nordamerikanischen Gesellschaft für interventionelle Radiologie wird der TIPS in einem Zentrum dann technisch erfolgreich implantiert, wenn der Shunt in >95% der behandelten Patienten zu einem Druckabfall des Gradienten auf <12 mmHg (entsprechend etwa 16 cm Wassersäule) führt und in >90% der Patienten die Komplikationen der portalen Hypertension rückläufig sind (Haskal et al. 2003).
b
Abb. 12.1. a–c. Notfall-TIPS-Anlage bei aktiver Varizenblutung trotz maximaler endoskopischer und medikamentöser Therapie (einliegende Sengstaken-Sonde). a Portographie nach typischer bifurkationsnaher Punktion des rechten Pfortaderhauptstammes. b Dilatation des Stichkanals vor der Stentimplantation. c Portographie mit freiem Kontrastmittelabstrom über den implantierten Stent
!
Eine weitergehende Drucksenkung ist mit einem deutlich erhöhten Risiko einer hepatischer Enzephalopathie assoziiert und sollte nur in Ausnahmefällen angestrebt werden (Riggio et al. 1996). CAVE
12.2 Methodik der TIPS-Anlage
a
Abb. 12.2 a–c. Repunktion der Pfortader. a Initiale Fehlpunktion des Pfortaderhauptstammes außerhalb des Leberparenchyms. b Regelrechter intraparenchymatöser Stichkanal nach Repunktion in den bifurkationsnahen rechten Pfortaderhauptstamm. c Abschließende unauffällige Portographie über den implantierten Stent
Ösophageale oder gastrale Varizen, die in der Portographie nach TIPS-Anlage weiterhin kräftig perfundiert sind, können über einen in die V. lienalis oder V. mesenterica superior vorgeschobenen Selektivkatheter durch Einbringen von Metallspiralen gezielt verschlossen werden.
b
a
!
Die in Publikationen angegebenen Drucksenkungen sind nur bedingt vergleichbar, da die systemischen Druckmessungen unterschiedlich durchgeführt werden: Sie erfolgen in der klassischen Messung in der V. cava inferior, werden aber auch im rechten Vorhof oder in der drainierenden Lebervene durchgeführt. Merke
465
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Kapitel 12 Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS)
b
a
Abb. 12.3 a, b. TIPS bei Pfortaderteilthrombose. a Umflossener Thrombus im Pfortaderhautstamm. b Erfolgreiche Rekanalisation nach TIPS-Anlage und mechanischer Fragmentierung des Thrombus
12.2.1 Hämodynamische Veränderungen nach TIPS-Anlage Die TIPS-Anlage hat deutliche Auswirkungen auf die hepatischen und die systemischen Blutflussverhältnisse. Abhängig vom Durchmesser des Shunts kommt es zu einer partiellen bis vollständigen Umleitung des portalvenösen Flusses (Rössle et al. 2001). Die Herzauswurfleistung, der mittlere pulmonale Druck und der pulmonale kapilläre Druck steigen nach der TIPS-Anlage temporär an, während der systemische Gefäßwiderstand sinkt. Allmählich kommt es zu einer Steigerung der Nierenperfusion und zu einer Reduktion des Renin-Aldosteron-AngiotensinSystems (Wong et al. 1995). 12.2.2 Primäre und sekundäre Offenheit Hinsichtlich der Offenheitsraten nach TIPS-Anlage werden folgende Definitionen unterschieden: Definition
왔 Die Phase der primären Offenheit ist
definiert als ein offener TIPS ohne Notwendigkeit einer Reintervention. Die Phase der primär-assistierten Offenheit ist definiert als ein offener TIPS nach stattgehabten TIPSRevisionen ohne Nachweis eines TIPS-Verschlusses. Die Phase der sekundären Offenheit ist definiert als ein offener TIPS nach Verschluss und Shuntrevision, die bei nichtbehandelbarem oder nichtbehandeltem TIPS-Verschluss endet.
Insbesondere die primären Offenheitsraten sind abhängig von der Art und Frequenz der Nachkontrollen, was die Vergleichbarkeit publizierter Ergebnisse einschränkt.
!
Generell ist davon auszugehen, dass es sich bei der TIPS-Anlage nicht um eine einmalige Maßnahme handelt, sondern dass wiederholte Interventionen für die Aufrechterhaltung der Shuntfunktion notwendig werden können. Merke
12.3 Komplikationen Eine häufige Komplikation nach einer TIPS-Anlage ist die hepatische Enzephalopathie (Ochs 2005). Das Neuauftreten oder die Verschlechterung einer vorbestehenden Enzephalopathie werden in etwa 20–30% der Eingriffe beobachtet. Als Risikofaktoren gelten u. a. eine nichtalkoholische Zirrhosegenese, weibliches Geschlecht, ein höheres Lebensalter, eine Hypoalbuminämie und eine Enzephalopathie in der Vorgeschichte. Auch ein Shuntdurchmesser von >10 mm oder ein portosystemischer Druckgradient von <10 mmHg nach TIPS-Anlage sind mit einem erhöhten Risiko assoziiert. In den meisten Fällen kann die Enzephalopathie konservativ beherrscht werden. In <5% der Fälle muss der Stentdurchmesser reduziert werden, wofür entsprechende Reduktionsstents verfügbar sind (Abb. 12.4).
12.4 Verlaufskontrollen
12.4 Verlaufskontrollen 12.4.1 Sonographische und angiographische Verlaufskontrollen
!
Da eine Shuntinsuffizienz oder ein Shuntverschluss zu jedem Zeitpunkt nach einer TIPS-Anlage auftreten können, sind regelmäßige Shuntkontrollen erforderlich. Merke
Abb. 12.4. Reduktionsstent innerhalb eines TIPS zur Lumeneinengung bei therapierefraktärer Enzephalopathie
Studien an großen Patientenkollektiven zeigten, dass die Rate der schweren Komplikationen eines Zentrums mit der Häufigkeit der durchgeführten TIPS-Anlagen abnimmt, sodass von einer Lernkurve auszugehen ist (Barton et al. 1995). Schwere Komplikationen sollten bei erfahrenen Arbeitsgruppen in <3% zu erwarten sein. Die Mortalität wird allgemein mit 1–2% angegeben. Die TIPS-Dysfunktion (Thrombose, Okklusion/ Stenose) ist nicht einheitlich definiert. Als Dysfunktion werden sowohl TIPS-Okklusionen von >50%, ein Anstieg des portosystemischen Druckgradienten auf >12 mmHg sowie das Wiederauftreten der portal-hypertensiven Komplikationen (wie Varizenblutungen oder Aszites) bezeichnet. Im Rahmen der TIPS-Anlage kommt es häufig zu akzidentellen Kapselpunktionen. Schwere intraperitoneale Blutungen resultieren hieraus jedoch relativ selten (etwa 1–2%). Auch arterio-portalvenöse oder biliäre Fisteln treten glücklicherweise eher selten auf. Diese zeigen sich an einem pulsatilen Fluss in der Pfortader bzw. an einem postinterventionellen Ikterus oder einer Sepsis. Ein septiformes Krankheitsbild kann sich bei bis zu 10% der Patienten entwickeln. Leberinfarkte als Folge von Verletzungen oder Verschlüssen von Leberarterienästen sind selten. Zu einer Hämolyse und einem Bilirubinanstieg kann es im Rahmen der Stentanlage durch Erythrozytenzerfall kommen. Diese Laborwertveränderungen müssen von einem TIPS-assoziierten Leberversagen abgegrenzt werden.
Zunächst sollten sie kurzfristig nach der Maßnahme, dann etwa alle 3 Monate oder aber jederzeit bei Verdacht auf eine Dysfunktion erfolgen. Diese Kontrollen können bei entsprechender Erfahrung mittels farbkodierter Dopplersonographie durchgeführt werden (Foshager et al. 1995). Der hierfür erforderliche transkostale Einblick (bei häufig eingeschränkter sonographischer Darstellbarkeit der zirrhotisch verkleinerten Leber von ventral) bedingt einen stumpfen Einschallwinkel und somit eine vergleichsweise ungenaue Messung der Flussgeschwindigkeiten. Sonographische Hinweise auf eine Shuntdysfunktion sind:
∑ Flussgeschwindigkeiten innerhalb des Shunts von 왔 <50 cm/s oder 왔 >250 cm/s sowie ∑ eine Flussumkehr bzw. ∑ ein komplett fehlendes Flusssignal. In allen diesen Fällen sollte eine angiographische TIPS-Darstellung und ggf. eine Revision erfolgen, insbesondere wenn die Indexsymptome wie Varizen oder Aszites erneut auftreten. Ein pathologischer Ultraschallbefund kann eine TIPS-Dysfunktion zwar relativ sicher anzeigen, ein normaler Ultraschallbefund kann diese jedoch nicht ausschließen.
!
Eine eindeutige Darstellung einer TIPS-Dysfunktion kann nur über die angiographische Portographie erfolgen, die weiterhin als Goldstandard gilt (Boyer u. Haskal 2005). Merke
TIPS-Frühverschlüsse sind überwiegend thrombotischer Genese und können schon innerhalb der ersten 24 Stunden auftreten. Als mögliche Gründe werden eine inkomplette Stenteinlage, Gerinnungsstörungen oder das Eindringen von thrombogener Galleflüssigkeit in den Shunt beschrieben. Eine dauerhafte Routineantikoagulation nach TIPS-Anlage wird gegenwärtig nicht empfohlen. TIPS-Spätverschlüsse sind überwiegend auf eine pseudointimale Hyperplasie innerhalb des parenchymatösen Stichkanals oder der drainierenden Lebervene zurückzuführen. Sie treten nach bis zu 80%
467
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Kapitel 12 Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS)
der durchgeführten Maßnahmen auf, wobei die angegebenen Häufigkeiten von der Art und Frequenz der Nachkontrollen und der Definition der Dysfunktion abhängig sind (Ochs 2005). Kürzlich wurde durch Verwendung von Polytetraflurethylen- (PTFE-) beschichteten Stents eine Verbesserung der primären Offenheitsraten beschrieben. Der zunehmende Einsatz dieser Stents ist zu erwarten, wird aber derzeit durch deren hohe Preise verzögert (Charon et al. 2004). Es ist noch nicht geklärt, wie weit sich der Einsatz von PTFE-beschichteten Stents auf die Kosteneffektivität des TIPS im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden der portalen Hypertension auswirkt. 12.4.2 Angiographische Portographie zur TIPS-Kontrolle und Shuntrevision Zur direkten angiographischen TIPS-Kontrolle wird unter lokaler Anästhesie eine Schleuse in die rechte V. jugularis interna eingelegt und nach Druckmessung in der V. cava inferior der Shunt über einen Stahldraht und einen Selektivkatheter sondiert. Bei komplettem Verschluss muss in seltenen Fällen der Shunt unter Zuhilfenahme einer Nadel scharf rekanalisiert werden. Die Druckmessung in der Pfortader und die direkte Portographie erfolgen über einen Pigtail-Katheter.
!
Bei einem Anstieg des portosystemischen Druckgradienten >12 mm Hg (entsprechend etwa 16 cm Wassersäule) oder einer angiographischen Stenose des TIPS von >50% sollte eine Shuntrevision erfolgen. Merke
Dies ist durch eine Dilatation über einen Ballonkatheter möglich. Bei einer Stenose außerhalb des Stents (häufig proximal im Bereich der drainierenden Lebervene) ist neben einer Dilatation die Implantation eines zusätzlichen verlängernden Stents zu erwägen (Abb. 12.5 a–c). Eine periinterventionelle Antikoagulation sollte in diesen Fällen nach Möglichkeit mindestens über 3 Tage durchgeführt werden. 12.5 TIPS als Brücke zur Transplantation Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose und Komplikationen der portalen Hypertension, die für eine Lebertransplantation gelistet sind, erhalten den TIPS, um die Zeit bis zur Operation zu überbrücken. Die bevorstehende Transplantation erfordert bestimmte Voraussetzungen für die TIPS-Anlage: Nach Möglichkeit sollte zwecks Vermeidung operativer Probleme bei den venösen Anastomosen der Stent nach proximal und nach distal gerade soweit in den Pfortaderhauptstamm bzw. in die V. cava inferior hineinragen, wie für eine suffiziente Shuntfunktion nötig ist. Bei geplanter Verwandtenlebendspende kann es hilfreich sein, den Stent nicht bis in die V. cava inferior auszudehnen, um den Lebervenenstumpf für die venöse Anastomose zu erhalten.
12.5 TIPS als Brücke zur Transplantation
a
Abb. 12.5 a–c. TIPS-Dysfunktion. a Typische Stenose im Bereich der drainierenden Lebervene. b Dilatation eines zweiten proximal überlappend implantierten Stents. c Frei durchströmter TIPS in der abschließenden Portographie
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b
c
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469
470
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Sachverzeichnis
A
Abscheidethrombus, chronischer 113, 133 Acetylsalicylsäure 415 Adamkiewicz-Arterie 195 Adenosin 42 Adson-Test 305 Adventitiadegeneration, zystische 301 Agatston-Score 8 AHA, 17-Segment-Modell 38 Akzelerationsindex 236 Aldosteron 381 Alkoholabusus 73 Allen-Test II 305 Ammoniak – N-13-Ammoniak 51 Amplatz-Thrombektomiesystem 441 Aneurysma 289, 291, 305, 387, 388 – A. poplitea 279 – akutes dissezierendes 129 – chronisches – – dissezierendes 138 – – thorakales 138 – echtes 138 – endovaskuläre Behandlung 196 – entzündliches 144 – falsches 138 – fusiformes 139 – infektiöses (mykotisches) 144 – infiziertes 289 – kongenitales 144 – mykotisches 289 – Graft-Infektion 369 – posttraumatisches 144 – Resektion 195 – Ruptur 194 – sackförmiges 139 – spurium 257, 308 – – falsches 289 – Stadium I–III 290 – Thrombin-Therapie 290 Angiitis – primäre 123 – sekundäre 123 Angina pectoris – instabile 60 – stabile 60 Angiodysplasie 223, 387 Angiographie, diabetische 292 Angiomatose, pulmonale kapilläre 169 Angiomyolipom 390 Angioplastie – der Subklaviastenose – – Offenheitsrate 353, 355 – perkutane transluminale (PTA) 288, 293, 105, 129, 433
Angiosarkom 95 Angiotensin II 381 Angiotensin-Converting-Enzym 381 Anuloektasie 130 Aorta – abdominale 192, 371 – – Normalanatomie 181 – ascendens 107 – descendens/deszendierende 107, 112 – intimaler Typ 127 – thoracalis/thorakale 363 – – Dissektion 65 – Tumoren 127 Aortenaneurysma – abdominales/abdominelles, s. dort – Arteriitis-assoziiertes 139 – arteriosklerotisches 139 – chronisches dissezierendes 139 – kongenitales 139 – mykotisches (infektiöses) 139 – posttraumatisches 139 Aortenaneurysma, abdominales/abdominelles 192 – arteriosklerotisches – – Indikation zur Behandlung 366 – – Rupturrisiko 366 – Definition 371 – Diagnostik – – automatische Gefäßanalyse 372 – – Messprotokoll 373 – – MSCT 372 – endovaskuläre Therapie 372 – Ergebnisse – – Langzeitergebnisse 375 – – Morbidität 375 – – Mortalitätsrate 375 – – Überlebensrate 375 – Implantationstechnik – – bare springs 375 – – Durchzugsverfahren 372 – – Implantationsdauer 375 – – monoiliakale Prothesen 375 – Komplikationen – – Embolien 377 – – Endoleaks 376 – – Endotension 376 – – ischämische Komplikationen 377 – – Konversionsoperation 376 – – Materialbrüche 377 – – Migration 376 – – Nierenversagen 377 – – Protheseninfektionen 377 – – Stent-Graft-Fehlplatzierungen 377 – – Stent-Graft-Thrombosen 377 – – Verletzung der Beckengefäße 377
– Misserfolge 376 – mykotisches 207 – Patientenauswahl 372 – Rupturgefahr 371 – Stent-Graft-Systeme 372 – Verlauf – – medikamentöse Prophylaxe 375 – – Postimplantationssyndrom 375 – Verlaufskontrollen 375 Aortenbogen – linksseitiger 109 – rechtsseitiger 109 – zervikaler 110 Aortenbogensyndrom 129 Aortendissektion 122, 201 – Ballonfenestration 369 – Behandlungsmethode 369 – elephant trunk 369 – Mortalitätsrate 369 – retroperotoneale Ischämien 369 – viszerale Ischämien 369 Aortenisthmusstenose, s. auch Coarctatio aortae – Atresie 114 – Erwachsenentyp 88 – hypoplastischer Isthmus 114 – juxtaduktale Koarktation 114 – präduktale 88 Aortenklappe 53 – bikuspide 130 Aortenklappeninsuffizienz 80 Aortenklappenstenose 65, 80 Aortenruptur – adventitialer Typ 117 – intimaler Typ 117 – medialer Typ 117 – traumatische – – Mortilitätsrate 367 Aortenstenose 257 – subvalvuläre 88 – supravalvuläre 88 – valvuläre 88 Aortenulkus, penetrierendes 135, 204 Aortenverschluss 200, 283 Aortenwandhämatom 122 Aortic nipple 118 Aortitis 113 – tuberkulöse 126 Aplasie 148 Arbutamin 42 Arteria – carotis – – Dissektion 358 – – Protektionssysteme 358 – – Stenose 356 – – Stenosegraduierung 359
472
Sachverzeichnis – – Stentauswahl 357 – – Verschluss 356 – – Vordilatation 358 – – zirkuläre Verkalkung 360 – femoralis communis 429 – lusoria 112, 113 – mesenteriaca inferior 184 – poplitea – – Entrapment 304 – – Kompression 302 – profunda femoris 429 – renalis 183 – subclavia – – Aneurysma spurium 353 – – Stenose 352 – – Stentauswahl 352 – – Verschluss 352 – vertebralis – – Offenheitsrate 356 – – Stenose 355 – – Stentauswahl 355 Arteriae lumbales 183 Arterie – femoropopliteale 429 – infrainguinale 429 Arteriitis – pulmonale – – diffuse pulmonale Hämorrhagie 158 – – Granulomatosen 158 – – Morbus Behçet 158 – – Takayasu-Arteriitis 158 – – Horton 125 Arteriosklerose 282, 405 ARVCM 71 ASD, siehe Vorhofseptumdefekt Aspirationsembolektomie 439, 441 Atemanhaltetechnik 18, 28 Atem-Gating 146 Atemgürtel 18 Atemtriggerung 28 Atherektomie 435 Atrium 52 Atropin 42 – Angioplastie der A. carotis 352 Ausflussbahn, linksventrikuläre 34 Ausflusstrakt, rechtsventrikulärer 34 Avalvulie 335 AV-Block 11 AV-Fistel 273, 308, 309, 335 AVM 153, 155 B
Ballonangoplastie 405 Barotrauma 308 Basisrenographie 237 Bauchaortenaneurysma 282, 289 – infiziertes – – Vaskulitis 207 – inflammatorisches 206 Bauchtrauma, stumpfes 221 B-Bildsonographie 253 Beak sign 203 Beckenarterienintervention – Komplikationsrate 413 – Langzeitergebnisse der perkutanen Behandlung 413 – primäre/sekundäre Offenheitsrate 413 Beckenarterienstenose 408
– beidseitige Abgangsstenose der A. iliaca communis 411 – chronische 411 – küssende Stentimplantation 411 – Mitteldruckgradient 409 Beckenarterienverschluss 283, 411 – Fibrinolyse 412 – Thrombektomie 412 Beckenstenose 283 Beckenvenensporn 337 Beckenvenenstenose – Antikoagulation 424 – Gefäßsporn 424 – iliofemorale Thrombosen 424 – primäre Stentoffenheit 424 – Stentimplantation 424 Beckenvenenthrombose – chronische venöse Insuffizienz 422 – Kavafilter 423 – konservative Therapie 422 – lokale Katheterlyse 423 – mechanische Behandlung 423 – perkutane Behandlung 422 – rt-PA 423 – Urokinase 423 Behçet-Syndrom 232 Belastungs-EKG 61 Bernoulli-Formel/Gleichung 86 – modifizierte 44 Bernoulli-Gesetz 193 Beschleunigungsfaktor 264 Betablocker 11 Bildanalyse 261 – systematische 190 Bildgebung – metabolische 33 – parallele 25 Bland-White-Garland-Syndrom 94 Block, arterioventrikulärer 43 Blood-pool-Kontrastmittel 146 Blutfluss, renaler 381 Blutung – gastrointestinale – – Embolisationstherapie 400 – – obere 399 – – Pharmakotherapie 400 – – untere 223, 399 – traumatische mesenteriale 221 Bolusgeometrie 264 Brescia-Cimino – Fistel 445 – Shunt 455 B-Sonographie 253 Buddy wire 355 Burning-feet 292 Bypass – Dysfunktion 69 – Gefäß 47 – Verschluss 281 C
c-ANCA 230 Captopril-Szintigraphie 237 Chiari-Netzwerk 97 Chlorid – 201Tl-Chlorid 51 Cholesterinembolie 439 Chordae tendineae 97 Churg-Strauss-Syndrom 233 Cine-Technik 21 Cirrhose cardiaque 78
Claudicatio intermittens, s. auch Schaufensterkrankheit 282, 405 Clopidogrel 415 Closed cell 357 Coarctatio aortae, siehe Aortenisthmusstenose Cobweb sign 203 Cockett-Syndrom 424 Comb sign 231 COPD 11 Cor pulmonale 89 Cortical rim sign 241 Crista terminalis 52 Critical leg ischaemia, siehe Ischämie, kritische Cross-over – Sondierung 431 – Technik 267, 408, 411 CTA, siehe CT-Angiographie CT-Angiographie (CTA) 179, 259, 275, 304, 307, 309, 310 – Bolustriggerung 105 – MIP 106 – MPR 106 – SSD 106 – 3D-VR 106 CT-Koronarangiographie 9 CTPH 166 CT-Venographie 316, 341 Cut-off-Zeichen 297 Cyclophosphamid 296 D
Dark-blood-Technik 19 DCM 71 DeBakey 130 Defibrillator, automatischer 48 Dermopathie, neophrogene fibrosierende 180 Deoxyglukose 18 – F-Deoxyglukose (FDG) 52 Diabetes mellitus 292 Diagonalast 53 Dipyridamol 42 Diskordanz – atrioventrikuläre 93 – ventrikuloarterielle 93 Dissektion 437 – iatrogene 288 Divertikelblutung 223 Dobutamin 42 Dopplereffekt 49 Dopplerfrequenzspektrum 258, 275 Dopplerfrequenzverschiebung 258 Dopplershift – negativer 49 – positiver 49 Dopplersonographie 253, 255, 269, 406 Dopplerverschlussdruck 269 – Messung 258 – Quotient 255 Dreikammerblick 34 DSA 269, 300 – intraarterielle 309 Dual-source-CT 5 Du-Bois-Formel 37 Ductus arteriosus – Botalli – – offener 88 – Erwachsenen-Typ 114 – infantiler Typ 114
Sachverzeichnis Ductusdivertikel 118, 121, 122, 132 Dünndarmischämie, arteriookklusive 212 Duplexsonographie, farbkodierte (FKDS) 301, 301, 406, 415 Durchblutungsstörung 282 Dysplasie, fibromuskuläre (FMD) 239, 300, 383 – Fibroplasie – – der Intima 379 – – der Media 379 – string of beads 220 E
EBT 4 Echokontrastmittel 50 Echosignal 18 Effekt, magnetohydrodynamischer 16 Einschwemmkatheteruntersuchung 52 Eisenmenger-Syndrom 90 Ejektionsfraktion 37 EKG-Triggerung 15 Elektromyographie 307 Elektronenstrahl-CT 4 Elevated-arm-stress-(EAS-) Test nach Roos 305, 307 Embolie 305 Embolisat – abbaubares 417 – Ethibloc 417 – nichtabbaubares 417 – Zyanoacrylat 417 Embolisation 439 – A. iliaca interna 415 – Komplikationen 419 – Nierenarterie 386 – Partikel 419 – Spiralen 415, 419 – Technik 310 – Uterusmyomen 417 Endangiitis obliterans 308 Endokardfibrose 80 Endokarditis 77 Endokardkonturdefinition 38 Endoleak 198 Endomyokardbiopsie 77 Endoprothese 291 Endotension 199 Enhancement, spätes 43 Entrapment-Syndrom, popliteales arterielles 302, 304 Epikard 53 EPI-Sequenz 21 Ergometrie 61 Erkrankung, zystische 305 Ethibloc 387 F
F.P.-Weber-Syndrom 335 Facies diaphragmatica 52 Fallot-Tetralogie 92 Farbduplexsonographie 256, 257, 269, 278, 290, 297 FDG, siehe 18F-Deoxyglukose Femoralisteilung, hohe 431 Fibroplasie – intimale 239 – mediale 239 – perimediale 239
Fibrosarkom 95 Fibrose – nephrogene systemische 180 – retroperitoneale 233 Filtrationsrate, glomeruläre (GFR) 386 Filum-terminale-Aspekt 297 First-pass-Technik 25, 262 Fistel, arteriovenöse 387 FKDS, siehe Duplexsonographie, farbkodierte Flusskompensationsmethode 32 Flussmessung 44 – magnetresonanztomographische 201 – quantitative 32 Flussmuster, monophasisches 280 Flussphänomen 19 Flussreserve, koronare 69 FMD, siehe Dysplasie, fibromuskuläre Fontaine 405 – Stadium I 282, 288 – Stadium II 282, 429 – Stadium III 282, 288 – Stadium IV 282, 288 Fossa ovalis 98 Funktionsanalyse, globale 37 Funktionsdiagnostik 6 G
Gadodiamid 181 Gangrän 284 Ganzkörper-KM-MR-Angiographie 264 Gating, retrospektives 11 Gefäß, intrakranielles – Stenose 360 – Stentauswahl 360 Gefäßanomalie – A. brachialis 272 – A. dorsalis pedis 274 – A. iliaca 272 – A. interossea 274 – – anterior 272 – – communis 272 – A. ischiadica 272 – A. mediana 274 – A. radialis 272, 274 – A. tibialis – – anterior 274 – – posterior 274 – A. ulnaris 272, 274 – Aa. digitales palmares communes 274 – Arcus – – palmaris superficialis 274 – – plantaris 274 – persistierende mediane Arterie 272 – R. communicans peronei 274 – R. plantaris profundus 274 – Truncus peronei tibialis anterior 274 Gefäßpathologie – Beckentyp 285 – Oberschenkeltyp 285 – peripherer Typ 285 Gefäßstütze, s. auch Stent 48 Gefäßtraining 293 Gefäßtrauma, penetrierendes 308 Gefäßverletzung, stumpfe 308 Gefäßverschluss 310 – akuter 440
Gefäßwandverkalkung 275, 277 Gelatinepartikel 387 Gesetz von Laplace 193 Gewebekleber 387 GFR, siehe Filtrationsrate, glomeruläre Glukokortikoid 296 Gorlin-Formel 86 Gradientenecho-Sequenz 18 Graft-Intoleranz-Syndrom 390 GRE-Technik, refokussierte 23 H
Halsrippe 305, 307 Hämangiom 336 Hämatom – intramurales 113, 206 – – Mortalitätsrate 369 – retroperitoneales 438 Hämodialyseshunt – arterielle Shuntdarstellung 448 – Ballondilatation 450 – Brescia-Cimino-Fistel 445 – farbkodierte Duplexsonographie 446 – FKDS-gesteuerte Interventionen 447 – Indikation zur Intervention 446, 449 – Interponatshunt 445 – Intervention 449 – Lysetherapie 456 – rezidivierende Stenose 452 – Rezirkulation 446 – Steal-Phänomen 447 – Stents 455 – therapierefraktäre Stenose 451 – Thrombektomie 455 – venöse Shuntdarstellung 449 – zentralvenöse Stenose 447, 457 – zentralvenöse Stentapplikation 455 Hämorrhagie, intramurale 136 Hämotothorax 118 Hampton-Höcker 162 Handarterie, Variante 272 HASTE 20 Heparin 415 Heparinisierung 437 Herpesvirus Typ 6 76 Herzachse – kurze 33 – lange 12 Herzgrößenbestimmung 58 Herzklappenprothese 48 Herzkrankheit, koronare 282 Herzohr 97 Herzschrittmacher 48 Herztransversaldurchmesser 58 Herzzeitvolumen 37 HHT 153 HNCM 71 HOCM 71 Hohlhandbogen 274 Hughes-Stovin-Syndrom 172 Hybridrevaskularisation 287 Hybridtechnik 366 Hypertension, chronische thrombembolische pulmonale 166 Hypertonie 381, 385 – pulmonale – – hyperkinetische 168
473
474
Sachverzeichnis – – idiopathische 168 – – obstruktive 168 – – passive 168 – – postkapilläre Hypertonie 168 – – restriktive 168 – – vasokonstriktive 168 – renovaskuläre 235 Hypertonus, pulmonalarterieller 89 Hypertrophie, lipomatöse 98 Hypoplasie 148 Hypothenar-Hammer-Syndrom 308 I
ICD-Konverter 48 Iliakalvenenkompressionssyndrom 424 IMH 113, 134 IMT, siehe intimal-medial thickness Infarktausmaß, transmurales 43 Injektionsgeschwindigkeit 261 Inkrement 4 In-plane 44 Input-Funktion, arterielle 41 In-step-Claudicatio 297 Insuffizienz, chronisch venöse 342, 343, 345 Insult, zerebraler 282 Intensitätsprojektion, maximale (MIP) 261, 277 Interponatshunt 445, 449, 455 Intimadicke 293 Intimal-medial thickness (IMT) 293 Inversion-recovery-Technik 19 Inversionstechnik, phasensensitive 27 Inversionszeit 27 Ischämie – kritische (critical leg ischaemia) 284 – mesenteriale 211 – nichtokklusive mesenteriale 215 – – Diagnostik 395 – – Therapie 395 Isthmus 107 J
Jodkonzentration 261 Jump-graft 47 K
Kalibersprung 120 Kapillarmikroskopie 293 Kardiomyopathie – hypertroph-obstruktive 65 – inflammatorische 75 – primäre 43 – sekundäre 43 Katheterangiographie 266, 278, 304, 307 Kerley-B-Linie 83 Keyhole-Technik 265 Kinotechnik 21 Klappendysplasie 335 Klappenöffnungsfläche 45, 46 Klippel-Trénaunay-Syndrom 335 KM-MR-Angiographie 262, 293, 296, 297, 300, 307 – zeitaufgelöste 265 Knöchel-Arm-Index 255, 270, 406, 415 Knöchelarteriendruck 284 Koarktation 116 – der linken Pulmonalarterie, isolierte 150
Kollimation 4 Kommerell-Divertikel 110 Komplikation – Aortenperforation 371 – AV-Fistel 268 – diagnostische Angiographien – Dissektion 268 – Endoleaks 371 – katheterassoziierte 269 – katheterinduzierte 268 – neurologisches Defizit 371 – Pseudoaneurysma 268 – Punktionsort 268 – Ruptur 371 – Stent-Graft-Fehlplatzierungen – systemische 268 – Thrombose 268 – Verletzung der Beckengefäße Komplikationsrate 437 Kompressionstest 316 Kompressionstherapie 310 Kompressionstyp 305 Konfiguration, aortale 82 Kontaminationskorrektur 41 Kontrastmittelinjektion 259 Kontrastmitteltransitzeit 6 Koronaranomalie 62 Koronararterie, linke 53 Koronarkalk 7 Koronarkalkquantifizierung 7 Körperoberfläche 37 Kranzarterie, rechte 53 k-Raum-Methode, segmentierte Kryoplastie 412
268
371 371
22
L
LAO-Projektion 12 Laser-Dopplerfluxmetrie 293 Leiomyom 331 Leiomyosarkom 331 Leistenhämatom 437 Lenz-Effekt 48 Leo Buerger 296 Leriche-Syndrom 200, 284 Lian-Zeichen 115 Ligamentum-arcuatum-medianumSyndrom 208 Linksherzkatheteruntersuchung 52 Lues 126 Lumen, falsches 202 Lungenembolie 65 Lungensyndrom, hypogenetisches 150 Lungenvenenatresie, kongenitale 151 Lungenvenenfehleinmündung – partielle 150 – totale 150 Lungenvenenstenose, kongenitale 151 Lupus-erythematodes-Vaskulitis 231, 248 M
Magnetfeldstärke 15 Magnetresonanztomographie (MRT) 309 – Dark-blood-Präparationsimpuls 106 – Flussmessungen 106 – kontrastmittelverstärkte MRA 106 – 23Na-MRT-Bildgebung 33
Makroangiopathie, diabetische 292 Malformation – adenoid-zystische 153 – arteriovenöse 153, 243 – – A. iliaca interna 273 – vaskuläre 335 Marfan-Syndrom 130, 335 Marginalast 53 Masse 37 Maurice Raynaud 298 Maximum-Intensity-Projektion (MIP) 12, 277 May-Thurner-Syndrom 337, 424 Media – Degeneration, idiopathische (zystische) 144, 430 – Dicke 293 Medianekrose Erdheim-Gsell, zystische 130, 145 Mediasklerose 256 Medikation, periinterventionelle – Stentangioplastie der supraaortalen Äste 352 Mehrschicht-CT (MSCT) 4 Mesaortitis, syphilitische 126 Mesenterialarterie – Angiographie 394 – Angioplastie 395 – Dissektion 220 – Lysetherapie 395 – medikamentöse Therapie 395 – Thrombose 394 – – arteriookklusive Mesenterialischämie 214 Mesenterialembolie, arterielle 212 Mesenterialischämie – akute 393 – chronische 217, 394 Mesenterialvenenthrombose 216, 394 Messerstichverletzung 310 Metastase 101 Methotrexat 296 Mikroaneurysma 229, 247 Mikroangiopathie, dianetische 292 Minispirale 387 MIP, siehe Maximum-IntensityProjektion (Intensitätsprojektion, maximale) Mitralinsuffizienz 80 Mitralklappe 53 Mitralklappenstenose 80 Mitralkonfiguration 83 Mitralöffnungsfläche 81 Moderatorband 52, 97 Morbus – Behçet 159 – Horton 125 – Ormond 233 – Raynaud 299 – Rendu-Osler 335 – Winiwarter-Buerger 228 MPR, siehe Rekonstruktion, multiplanare MRA, siehe MR-Angiographie MR-Angiographie (MRA) 180, 262, 277, 310 MR-Koronarangiographie 28 MRT, siehe Magnetresonanztomographie MR-Venographie 319, 341
Sachverzeichnis MSCT, siehe Mehrschicht-CT MTC-Puls 31 Multisegmentrekonstruktion 5 Mustard-Technik 93 Myokardfibrose 43 Myokarditis 43 Myokardszintigraphie 62 Myxom 95 N
Nahtaneurysma 278 NASCET, siehe North-American Symptomatic Carotid Endarterectomy Trial Natriumbildgebung 33 Navigatortechnik 18, 30 Nephropathie 385 Nephrosklerose 385 Nicht-ST-Hebungsinfarkt 60 Niedervoltage 78 Nierenarterienaneurysma 242 Nierenarterienembolie 240 Nierenarteriostenose – Abgangsstenose 380 – arteriosklerotische 235, 379 – kritische 382, 386 – ostiale 380 – proximale 380 – trunkale 380 – trunkuläre 380 Nierenfunktion 381, 385 Nierengefäß 235 Niereninfarkt 240 Niereninsuffizienz, progrediente 235 Nierenschädigung, kontrastmittelinduzierte 268 Nierenvenenthrombose 244 Nierenversagen 282 Nierenzellkarzinom, Embolisation 389 Nitroglyzerinspray 11 Normalwert 6 Normotonie 385 North-American Symptomatic Carotid Endarterectomy Trial (NASCET) 278 – NASCET-Kriterium 359 O
O-15-Wasser 51 Oberflächendarstellung 13 Okklusionsrate 68 Open cell 357 Ösophagusbreischluck 3 Ostium-primum/secundum-Defekt 90 Oszillographie, elektronische 299 P
PAA, siehe Popliteaarterienaneurysma Parvovirus B19 76 PAT-Faktor 264 Pathergie-Test 232 PAU 113, 134, 135 pAVK, siehe Verschlusskrankheit, periphere arterielle PAVM 156 Perfusion 41 Perfusionsdefekt 40 Perfusionsreserve 42 Perfusionsszintigraphie 162 Pericarditis epistenocardiaca 77, 78 Perikard 53
Perikarddickenbestimmung 80 Perikarderguss 78 Perikarditis 77 Perikardzyste 95 Perimyokarditis 65 PET 296 Phasenkontrastangiographie 32 Phasenkontrasttechnik 25 Phlebangiom 336 Phlebographie, siehe auch Pressphlebographie 315, 340, 342, 344 Phosphorspektroskopie 33 Pitch-Faktor 4 Plaqueanalyse 280, 281 Plaquemorphologie 281 Plaquezusammensetzung 280 Plattenthermometrie 299 Pleurakuppenzeichen, positives 118 Polyangiitis, mikroskopische 233 Polyarteriitis nodosa 228, 247 Polyvenylalkoholpartikel 387 Popliteaarterienaneurysma (PAA) 289 Poplitealaneurysma 257, 430 Postemboliesyndrom 391 Postkardiotomiesyndrom 78 Pouching defect 167 Pressphlebographie, s. auch Phlebographie 315 Produktverbesserung 377 Provokationstest 305 Pseudoaneurysma 119, 138, 289 – traumatisches 369 Pseudokoarktation 117 PTA, siehe Angioplastie, perkutane transluminale Pulmonalarterie 156 – Aneurysma 170 – Koarktation 149 – Sarkom 164 – Stenose 149 Pulmonalisangiographie, selektive 162 Pulmonalklappe 53 Pulmonalklappenstenose 92 Pulmonalstenose 89 Pulmonalvenenruptur 157 Pulmonarissegment 54 Pulmonary-sling-Syndrom 149 Pulseless disease 227, 246 Punktionstechnik, retrograde 266 Purpura Henoch-Schönlein 233 R
RAO-Projektion 12 Rapid-exchange-System 434 RARE 20 Rashkind-Ballon-Septostomie 93 Rasmussen-Aneurysma 171 Raynaud-Krankheit/Phänomen 297, 305 – primäre(s) 298, 299 – sekundäre(s) 298, 299 Regurgitationsfraktion 44 Regurgitationsvolumen 44 Rekanalisation – Stadium III 429 – Stadium IV 429 – subintimale 432 Rekonstruktion, multiplanare (MPR) 12, 261, 277 Rendu-Osler-Weber-Syndrom 153
Renin 381 Renin-Angiotensin-System 382 Resistance Index 178, 385 Rhabdomyosarkom 95 Riesenzellarteriitis, s. auch Arteriitis temporalis 125, 226, 293, 294 Ring-sling-Syndrom 148 Riolan-Anastomose 184 Rippenusur 88, 115, 116 Risikofaktor 60 Röhrenstrom 5 Rotationszeit 5 Rubidium-82 51 Ruheschmerz 284 Ruptur – akute 156 – gedeckte 194 Rupturrisiko 194 S
Sarkoidose 43 Sarkom 95 Sauerstoffdruckmessung 293 Schaufensterkrankheit, siehe Claudicatio intermittens Schichtdicke 4 Schneideballon 436 Schussverletzung 307 Scimitar-Syndrom 150 SENSE-Faktor 264 Sentinel clot 223 Septumbewegung, paradoxe 78 Sequester, intralobärer 154 Sequestration, bronchopulmonale – extralobuläre Form 151 – intralobuläre Form 151 Servelle-Martorell-Syndrom 335 Sestamibi – 99mTc-Sestamibi 51 Shaded-surface display (SSD) 13 Shunt-Okkluder 48 Shuntumkehr 91 Shuntvitium 90 Sick-Sinus-Syndrom 43 Signalembolie 161 Signalintensitäts-Zeit-Kurve 41 Signal-zu-Rausch-Verhältnis 15 Sinus – coronarius 45, 53 – venosus 52 – – Defekt 90 Sonographie 315, 341, 342, 344 – intravaskuläre 280 SPACE-Studie 360 SPAMM-Methode 25 Spatz-Lindenberg 297 Speicherkrankheit, myokardiale 72 Spektroskopie 33 Spin-Echo-Sequenz 18 Spin-labeling-Technik 26 Spitzengradient 86 Spitzenthrombus 65 SSD, siehe shaded-surface-display Stanford Klassifikation 130 Stenose 429 – A. poplitea 260 – kritische 406 – Quantifizierung 258 – subinfundibuläre 89 – subvalvuläre infundibuläre 89
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Sachverzeichnis – trunkale 383 – valvuläre 89 Stenosegrad 280 – Bestimmung 275, 278 Stenosequantifizierung 277, 278 Stent, siehe auch Gefäßstütze 288, 435 – A. iliaca 261 – ballonexpandierbarer 407, 414 – Graft, s. dort 291 – Implantation, primäre 434 – Nitinol 407 – Palmaz-Stent 407 – radioaktiver 408 – resorbierbarer 408 – selbstexpandierbarer 407, 414 – Strecker-Stent 407 – Wallstent 407 – Wirkstoff freisetzende 408 Stent-Graft 291, 408, 415, 436 – Diagnostik – – Angiographie 363 – – automatische Gefäßanalyse 364 – – Fragestellungen 363 – – Messkatheter 363 – – Messprotokoll 364 – – MRT 363 – – MSCT 363 – Fixation 364 – Implantationstechnik – – Durchzugstechnik 366 – – Migrationsgefahr 366 – Stent-Graft-Systeme 365 – Verlauf – – medikamentöse Prophylaxe 366 – – Postimplantationssyndrom 366 – Verlaufskontrollen 366 ST-Hebungsinfarkt 60 Stichverletzung 307 Strahlenexposition 9, 261 Stress, pharmakologischer 40 Stressechokardiographie 62 String of bead 239 Subclavian-steal – Symptomatik 116 – Syndrom 353 Substrat, arrhythmogenes 74 Subtraktionsangiographie, digitale 181 Sudeck-Syndrom 308 Sulcus – coronarius dexter/sinister 53 – interventricularis anterior/posteror 53 Suszeptibilitätsartefakt 40 Syndrom – akutes koronares 60 – mittaortales 200 – postthrombotisches 342 – venolobuläres 150 T
T2*-Zeit 26 T2-Puls 31 Tagging 25 Takayasu – Aortitis Typ 1–3 124 – Arteriitis 227, 246, 295 Target sign 213, 229 TASC, siehe Transatlantic Inter-Society Consensus
Teleangiektasie – hämorrhagische 153 – hereditäre 153 Tetrofosmin – 99mTc-Tetrofosmin 51 T-Graft 47 Therapie – endovaskuläre 287 – – Voraussetzungen 196 – konservative 287 – offen-chirurgische 287 Therapieindikation 193 Thienopyridindosis – Aufsättigung 351 – Nachbehandlung 351 Thoracic-inlet-Syndrom 333 Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) 281, 305, 306, 307, 333 Thoraxübersichtsaufnahme 3 Thrombangiitis obliterans 228, 286, 296–398 Thrombektomie – mechanische 441 – rheolytische 442 Thrombembolie, akute 161 Thrombin 310 Thrombolyse 440 Thrombophlebitis migrans, siehe auch Trousseau-Syndrom 343 Thrombose 332, 337 – symptomatische iliokavale 423 Thrombosierung 133 Thrombus 97 Through-plane 44 TIPS – Anlage 463 – Definition 461 – Dysfunktion 467 – farbkodierte Duplexsonographie 467 – Frühverschlüsse 467 – hepatische Enzephalopathie 466 – Indikation 461 – Komplikationen 466 – Kontraindikationen 463 – Methodik 463 – primär-assistierte Offenheit 466 – primäre/sekundäre Offenheit 466 – Spätverschlüsse 467 Tischverschiebung 265 Tischvorschub 4 TOS, siehe Thoracic-outlet-Syndrom Transatlantic Inter-Society Consensus (TASC) 406, 429 Transplantat-Nierenarterienstenose 417 Trauma 307 Trikuspidalklappe 52 Triple rule out concept 65 TR-KM-MR-Angiographie 264 Troponin 60 Trousseau-Syndrom, siehe auch Thrombophlebitis migrans 343 True-lumen-Kollapssituation 133, 142 Truncus – bicaroticus 356 – brachiocephalicus – – Stenose 354 – – Verschluss 354 – coeliacus 208 – – Kompressionssyndrom 208
T-shaped trachea 148 Tumor der Aorta 208 Tumorblutung 419 Tumorembolisation 390 – präoperative 391 Typ-B-Dissektion 133, 135 – chronische 141 U
Übersichtskatheter – transbrachialer 267 – transfemoraler 267 Ulkus, penetrierendes arteriosklerotisches 366 Ultraschall 310 Ulzeration 284 Unfall, elektrischer 308 Unterschenkelarterie 430 – PTA 434 Unterschenkelversorgung, Variante 271 Uterusmyomembolisation – Indikation 419 – klinischer Erfolg 420 – Komplikationen 420 – Kontraindikationen 420 – Polyvinylalkohol (PVA) 420 – Schmerzbehandlung 420 – Trisacryl 420 V
Varikose/Varize 343 Vaskulitis 225, 245 – rheumatoide 233 Vasodilatatorreserve 62 Vena – azygos – – Kontinuation 327 – cava inferior 187, 322 – – Obstruktion 327 – cava superior 322 – – gedoppelte 327 – – linksseitig persistierende 327 – – Vena-cava-superior-Syndrom 327 – mesenterica inferior/superior 190 Venae renales 190 Venous-occlusive disease, pulmonale 170 Ventilationsszintigraphie 162 Ventrikel 52 Ventrikelspetumdefekt 91 Verfahren, hydrodynamisches 441 Verschluss 429 – A. superficialis femoris 259 – A. fibularis 260 Verschlussdruck 287 Verschlusskrankheit, periphere arterielle (pAVK) 253, 405, 429 – Beckentyp 255 – Oberschenkeltyp 255 – Sonderformen – – diabetische Gefäßkrankheit 285 – – juvenile Form 285 – – Mönckeberg-Krankheit 285 – – Raynaud-Krankheit 285 – – Thrombangiitis obliterans 285 – – Winiwarter-Buerger-Krankheit 285 Verschlusssystem 437 Videokapillarmikroskopie 293
Sachverzeichnis Vierkammerblick 33 Virusmyokarditis 73 Vitalitätsdiagnostik 65 Vitalkapillarmikroskopie 299 Volkmann-Kontraktur 308 Volumen – enddiastolisches 37 – endsystolisches 37 Volume-Rendering-Technik (VRT) 13, 261, 277
Vorhofseptumdefekt (ASD) 90 Vortestwahrscheinlichkeit 61 W
Wegener-Granulomatose 230 Wellenfrontphänomen 43 Westermark-Zeichen 162 Wet ischemia 216 Williams-Beuren-Syndrom 111 Winiwater, Felix von 296
Z
Zugang – brachialer 266 – femoraler 266 – transpoplitealer 431 Zweikammerblick – linksventrikulärer 33 – rechtsventrikulärer 34 Zwerchfellkuppe 30
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