Qualitåtsmanagement fçr Dienstleistungen Grundlagen, Konzepte, Methoden
Manfred Bruhn
Qualitåtsmanagement fçr Dienstleistungen Grundlagen, Konzepte, Methoden Sechste, çberarbeitete und erweiterte Auflage
Mit 186 Abbildungen
12
Professor Dr. Manfred Bruhn Lehrstuhl fçr Betriebswirtschaftslehre, insb. Marketing und Unternehmensfçhrung am Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum (WWZ) Universitåt Basel Petersgraben 51 4051 Basel Schweiz
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ISBN-10 ISBN-13
3-540-27746-3 Springer Berlin Heidelberg New York 978-3-540-27746-0 Springer Berlin Heidelberg New York
ISBN 3-540-20292-7 5. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York
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Vorwort zur sechsten Auflage
Seit Mitte der 1980er Jahre wird die Bedeutung der Dienstleistungsqualität als strategischer Erfolgsfaktor sowohl in der Literatur als auch in der Unternehmenspraxis intensiv diskutiert. In der Zwischenzeit haben auch die meisten Dienstleistungsunternehmen die strategische Rolle der Dienstleistungsqualität erkannt. Als Konsequenz nehmen Qualitätsprogramme einen zunehmend hohen Stellenwert im Projektportfolio von Dienstleistungsunternehmen ein. Insbesondere Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität – teils pragmatischer, teils theoretisch und methodisch fundierter Art – werden weitläufig eingesetzt. Auch nutzen Dienstleister diverse Einzelmaßnahmen, um ihre Dienstleistungsqualität zu steigern bzw. auf einem hohen Niveau zu stabilisieren. Allerdings stoßen Dienstleistungsunternehmen immer wieder an Grenzen bei ihren Bemühungen um die Sicherstellung einer hohen Dienstleistungsqualität. Die Ursachen hierfür sind vielfältiger Natur; vor allem drei Aspekte sind hervorzuheben. Erstens verlaufen zahlreiche Qualitätsprogramme im Sande, weil es ihnen an einer strategischen Einbettung im Unternehmen fehlt. Die meisten Dienstleistungsunternehmen begnügen sich damit, Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität und einzelne Maßnahmen zu ihrer Steuerung isoliert einzusetzen. Dabei mangelt es an einer strategischen und planerischen Fundierung des Qualitätsmanagements. Zweitens scheitern viele Qualitätsprogramme an Implementierungsproblemen, da bei der Gestaltung des Qualitätsmanagements selten eine Umsetzungsperspektive eingenommen wird. Damit enden
VI
Vorwort zur sechsten Auflage
viele Qualitätsbemühungen in Einzelinitiativen, ohne dass eine unternehmensweite Verankerung des Qualitätsmanagements angegangen wird. Drittens konzentrieren sich herkömmliche Maßnahmen des Qualitätsmanagements ausschließlich auf eine Optimierung der Leistungen eines Unternehmens. In konzeptioneller Hinsicht sind die vom Anbieter bereitgestellten Dienstleistungen jedoch nur eine Komponente der Dienstleistungsqualität, wie die Kunden sie wahrnehmen. Eine zweite Komponente ist in den Kundenerwartungen zu sehen, mit denen der Kunde die erhaltene Leistung jeweils vergleicht. Entsprechend ist ein Qualitätsmanagement, das sich nur auf eine Optimierung der Leistungen ausrichtet, zu einseitig, da es die Steuerung der Kundenerwartungen vernachlässigt. Diese Problembereiche der Praxis in Bezug auf das Qualitätsmanagement haben die Arbeiten zur sechsten Auflage dieses Buches wesentlich beeinflusst. Der Strategieaspekt findet sich in der Grundstruktur des Buches wieder, das in fünf Teile gegliedert ist. Nach der Erläuterung der begrifflichen, theoretischen und konzeptionellen Grundlagen des Qualitätsmanagements im ersten Teil sind die übrigen vier Teile am klassischen Managementprozess ausgerichtet und widmen sich der Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle des Qualitätsmanagements. Damit ist auch der Bedeutung der Umsetzungsperspektive Rechnung getragen, die in einem eigenen Teil behandelt wird. Schließlich fließen die Kundenerwartungen nicht nur als Rahmenbedingung des Qualitätsmanagements, sondern als eine zentrale Steuerungsgröße ein. So konzentriert sich beispielsweise ein eigenes Kapitel (Kapitel 7) auf die Gestaltung eines systematischen Erwartungsmanagements. Mit diesen Neuerungen wird mit der sechsten Auflage von „Qualitätsmanagement für Dienstleistungen“ angestrebt, Entscheidungsträgern in Dienstleistungsunternehmen nicht nur Hilfestellung bei der Planung und Gestaltung von Einzelmaßnahmen zur Messung und Steuerung der Dienstleistungsqualität zu geben, sondern auch das Fundament für eine systematische strategische Konzeption und Implementierung des Qua-
Vorwort zur sechsten Auflage
VII
litätsmanagements für Dienstleistungen. Die Anwendung der Inhalte des Buches wird zudem unterstützt durch die grafische Hervorhebung von konkreten Fallbeispielen zu den jeweiligen Konzepten und Methoden. Nach wie vor gibt das Buch all jenen einen vollständigen Überblick über den „State of the Art“ zum Qualitätsmanagement für Dienstleistungen, die sich mit diesem Thema in Lehre, Wissenschaft und Praxis auseinandersetzen. Bei der Überarbeitung zur sechsten Auflage haben die Wissenschaftlichen Assistenten der Forschungsgruppe „Dienstleistungsmanagement“ am Lehrstuhl für Marketing und Unternehmensführung der Universität Basel vielfältige Hilfestellung geleistet. Ein ganz besonderer Dank gilt den Herren Dr. Dominik Georgi und lic. rer. pol. Andreas Lucco, die mit viel Engagement bei dieser Auflage wertvolle Arbeit geleistet haben. Vor allem über die neuen Stoßrichtungen des Qualitätsmanagements – aber auch zu konkreten Einzelthemen – freut sich der Verfasser auf eine intensive Diskussion und ist offen für Anregungen jeder Art. Basel, im Sommer 2005
Manfred Bruhn
Inhaltsverzeichnis
Teil A
Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
1
Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wettbewerbsvorteile durch Dienstleistungsqualität . . . . . . . . . . . . Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen. . . . Dienstleistungsqualität als empirischer Erfolgsfaktor. . . . . . . . . . .
1.1 1.2 1.3 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.6.1 2.6.2
3
Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen . . . Begriff und Systematisierung von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . Ansätze des Qualitätsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriff der Dienstleistungsqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Determinanten der Dienstleistungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dimensionen der Dienstleistungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungen der Dienstleistungsqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychologische Wirkungen der Dienstleistungsqualität . . . . . . . . . Verhaltensbezogene und ökonomische Wirkungen der Dienstleistungsqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1 3.2 3.3
Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzepte des Total Quality Management (TQM) . . . . . . . . . . . . . . . Begriff des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen . . . . . . . . Planungsprozess des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Teil B
Analyse der Dienstleistungsqualität
4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.2.1
Messung der Dienstleistungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kundenorientierte Messansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Objektive Messansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Subjektive Messansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Merkmalsorientierte Messansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 3 6 14 19 19 33 37 39 49 56 56 62
67 67 75 76
83 85 85 89 90
X
Inhaltsverzeichnis
4.1.2.2 4.1.2.3 4.2 4.2.1 4.2.2
Ereignisorientierte Messansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Problemorientierte Messansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unternehmensorientierte Messansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Managementorientierte Messansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitarbeiterorientierte Messansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
114 126 133 133 140
5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.2 5.3 5.4 5.5. 5.6
Modelle der Dienstleistungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GAP-Modell der Dienstleistungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GAP-Modell von Parasuraman/Zeithaml/Berry . . . . . . . . . . . . . . . . Variationen des GAP-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstleistungsqualitätsmodell von Grönroos . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstleistungsqualitätsmodell von Meyer und Mattmüller . . . . . Dynamisches Prozessmodell von Boulding et al. . . . . . . . . . . . . . . . Beziehungsqualitäts-Modell von Liljander und Strandvik . . . . . . . Qualitatives Zufriedenheitsmodell von Stauss/Neuhaus. . . . . . . . .
153 153 153 168 177 178 181 184 188
Teil C
Planung und Steuerung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
6
Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an ein Qualitätsmanagement für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben und Instrumente der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strategien des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung und Typen von Strategien des Qualitätsmanagements . Erwartungsbezogene Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typen erwartungsbezogener Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktbezogene Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kundenbezogene Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkurrenzbezogene Strategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungsbezogene Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktbezogene Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kundenbezogene Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkurrenzbezogene Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.1 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.2.1 6.3.2.2 6.3.2.3 6.3.2.3 6.3.3 6.3.3.1 6.3.3.2 6.3.3.3 7 7.1 7.2
193 193 198 213 213 214 214 218 218 222 222 223 223 225
Operative Planung des Erwartungsmanagements. . . . . . . . . . . . . . 227 Aufgaben des Erwartungsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Determinanten der Kundenerwartungen als Ausgangspunkt des Erwartungsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
Inhaltsverzeichnis
XI
7.3 7.3.1 7.3.2
Instrumente des Erwartungsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Messung und Analyse der Kundenerwartungen. . . . . . . . . . . . . . . . 234 Steuerung der Kundenerwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
8
Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelkreis des Qualitätsmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instrumente der Qualitätsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung der Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Integration der Instrumente der Qualitätsplanung . . . . . . . . . . . . . Instrumente der Qualitätslenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitarbeiterbezogene Instrumente der Qualitätslenkung . . . . . . . . Qualitätsorientierte Personalauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätsorientierte Personalentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätsorientierte Anreizsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kulturbezogene Instrumente der Qualitätslenkung. . . . . . . . . . . . . Organisationsbezogene Instrumente der Qualitätslenkung . . . . . . Qualitätsbezogene Aufbauorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätsbezogene Ablauforganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Integration der Instrumente der Qualitätslenkung . . . . . . . . . . . . . Instrumente der Qualitätsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instrumente der internen Qualitätsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instrumente der externen Qualitätsprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Integration der Instrumente der Qualitätsprüfung . . . . . . . . . . . . . Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung . . . . . . . . . . . . . . Darstellung der Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Integration der Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung Integration der Einzelphasen zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.3 8.3.1 8.3.1.1 8.3.1.2 8.3.1.3 8.3.2 8.3.3 8.3.3.1 8.3.3.2 8.3.4 8.4 8.4.1 8.4.2 8.4.3 8.5 8.5.1 8.5.2 8.6
Teil D
Umsetzung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
9
Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendigkeit einer systematischen Implementierung des Qualitätsmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrieren der Umsetzung eines Qualitätsmanagements . . . . . . . . . Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements. Strukturorientierte Ansatzpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemorientierte Ansatzpunkte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kulturorientierte Ansatzpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gestaltung der Implementierung des Qualitätsmanagements . . . .
9.1 9.2 9.3 9.3.1 9.3.2 9.3.3 9.4
247 247 252 252 271 274 274 276 278 285 288 290 290 297 299 303 304 309 316 320 321 327 329
343 343 344 346 348 352 355 359
XII
Inhaltsverzeichnis
10
Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Merkmale und Systematisierung von Qualitätspreisen . . . . . . . . . . 10.2 Darstellung ausgewählter Qualitätspreise und Qualitätspreismodelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.1 European Quality Award . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.1.1 EFQM-Modell als Bewertungsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2.1.2 Bewerbungsprozess für den European Quality Award. . . . . . . . . . . 10.2.2 Ludwig-Erhard-Preis und ESPRIX-Award. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Nutzung der Qualitätspreismodelle zur Implementierung des Qualitätsmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Kritische Würdigung von Qualitätspreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
380 382
11 11.1 11.2 11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.3.4 11.4 11.5
Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . Begriff, Bedeutung und Rahmenbedingungen der Zertifizierung. Ziele der Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prozess der Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswahl der Zertifizierungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidung über die Zertifizierungsnorm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung einer Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf der Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nutzenwirkungen der Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritische Würdigung des Einsatzes der Zertifizierung . . . . . . . . . .
385 385 386 390 390 393 400 404 411 416
Teil E
Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
12 12.1 12.2
Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen . . . . . . . . . 423 Begriff und Funktionen des Qualitätscontrolling. . . . . . . . . . . . . . . 423 Qualitätsbezogene Wirtschaftlichkeitsanalyse als zentraler Baustein des Qualitätscontrolling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430
13 13.1 13.1.1 13.1.2 13.1.3 13.1.4 13.2
Qualitätskosten-Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftlichkeitsanalyse auf Basis des Qualitätskostenkonzepts . Begriff der Qualitätskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tätigkeitsorientierte Einteilung qualitätsbezogener Kosten. . . . . . Wirkungsorientierte Einteilung qualitätsbezogener Kosten. . . . . . Fehlerkostenrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritische Würdigung des Konzeptes qualitätsbezogener Kosten . .
365 365 370 370 370 375 377
439 439 439 441 446 449 451
Inhaltsverzeichnis
XIII
Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer . . . . . . . . . . . Nationale Kundenbarometer als konzeptionelle Basis. . . . . . . . . . . Konzept von Nationalen Kundenbarometern . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung des European Performance Satisfaction Index (EPSI) . Kritische Würdigung von Nationalen Kundenbarometern . . . . . . . Erfolgsketten-Controlling durch unternehmensspezifische Kundenbarometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
455 455 456 459 465
15 15.1 15.2 15.3 15.3.1 15.3.2 15.4
Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements . . . . . . . . Ermittlung der Kosten des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . Ermittlung des Nutzens des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements . . . . . . Statische Wirtschaftlichkeitskennziffern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dynamische Wirtschaftlichkeitskennziffern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritische Würdigung der Kosten-Nutzen-Analyse. . . . . . . . . . . . . .
477 477 481 486 488 497 504
16
Zusammenfassung: Zehn Schritte zu einem erfolgreichen Qualitätsmanagement für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507
14 14.1 14.1.1 14.1.2 14.1.3 14.2
468
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
Beispielverzeichnis
Beispiel 2-1: Beispiel 2-2: Beispiel 2-3: Beispiel 4-1: Beispiel 4-2: Beispiel 4-3: Beispiel 4-4: Beispiel 4-5: Beispiel 4-6: Beispiel 4-7: Beispiel 4-8: Beispiel 4-9: Beispiel 6-1:
Beispiel 6-2: Beispiel 6-3: Beispiel 6-4: Beispiel 7-1: Beispiel 7-2: Beispiel 7-3: Beispiel 8-1: Beispiel 8-2: Beispiel 8-3:
Bedeutung von Qualitätsmerkmalen der Arlberg-Region. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Preisunterschiede im Tourismus . . . . . . . . . . . . 57 Erfolgskette eines IT-Dienstleisters. . . . . . . . . . 64 „Mystery Shopping“ zur Qualitätskontrolle des Verkaufspersonals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Anwendung des Willingness-to-Pay-Ansatzes. 103 Bestimmung der Preisbereitschaft durch ein dekompositionelles Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Zufriedenheitsstudie eines Gütertransportunternehmens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Funktionale und dysfunktionale Fragestellung in der Kano-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Anwendung der Critical-Incident-Methode in Branchen mit hohem Interaktionsgrad . . . . 117 Anwendung der Problem-Detecting-Methode 128 Erstellung einer Kreditkarte . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Ergebnisse der Qualitätsmessung eines internen Dienstleisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Stärken-Schwächen-Analyse der Konkurrenten der Deutschen Post im europäischen Versanddienstleistungsmarkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Qualitätsorientierte SWOT-Analyse am Beispiel einer Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Qualitätsgrundsätze von Hapag-Lloyd . . . . . . . 204 Qualitätsforderungen von AVIS Deutschland . 207 Erwartungsmanagement bei einer Fluggesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Implizite Kundenerwartungen bei Restaurants 235 Steuerung der Kundenerwartungen in einem Hotel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Handlungs-Relevanz-Matrix betreffend Leistungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Ausschnitt aus einem „House of Quality“ eines Kreditinstitutes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Anforderungs- und Aufgabenprofil für UPS-Fahrer in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . 276
XVI
Beispielverzeichnis
Beispiel 8-4:
Beispiel 8-5: Beispiel 8-6:
Beispiel 8-7: Beispiel 8-8: Beispiel 9-1: Beispiel 9-2: Beispiel 10-1: Beispiel 11-1: Beispiel 11-2: Beispiel 11-3: Beispiel 13-1: Beispiel 13-2: Beispiel 14-1: Beispiel 14-2: Beispiel 14-3: Beispiel 15-1: Beispiel 15-2: Beispiel 15-3: Beispiel 15-4:
Kriterienkatalog eines MitarbeiterOrientierungsgespräches des Hotels „Schindlerhof“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Struktur eines Qualitätszirkelsystems. . . . . . . . 293 Bedeutung von informations- bzw. kommunikationstechnologischen Instrumenten im Finanzdienstleistungssektor. . . . . . . . . . . . . 298 Struktur des OBI-Qualitätsmanagementhandbuches. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Qualitätsreport des Communication Centers der Advance Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Prozessorientierung bei Versicherungen . . . . . 351 Kultur der Otto’s Warenposten AG. . . . . . . . . . . 358 Gewinner des ESPRIX-Awards 2005: Lernzentren „Lehrlinge für die Wirtschaft“ . . . 379 Zertifizierungsprojekt „SPIRIT“ der Winterthur-Versicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Ausschöpfung von Kostensenkungspotenzialen der DPD GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 Versicherungsmedizinisches Kompetenzzentrum mit Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Qualitätskosten beim Kreditkartenhersteller Malco Plastics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 Qualitätskosten bei Xerox . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 Kundenzufriedenheit mit Banken in Europa . . 462 Kundendauer und Kundenzufriedenheit . . . . . 471 Priorisierung von Qualitätsmerkmalen bei einem Schweizer IT-Dienstleister . . . . . . . . . . . 475 Ermittlung des Nutzens des Qualitätsmanagements bei der Vereins- und Westbank . 486 Qualitätsbezogener Gewinnvergleich . . . . . . . . 496 Qualitätsbezogener Renditevergleich . . . . . . . . 496 Qualitätswert eines Qualitätszirkelprogramms 502
Schaubildverzeichnis
Teil A: Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen 1. Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen Schaubild 1-1: Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 1-2: Interne und externe Erfolgskette der Kundenorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 1-3: Vier-Quadranten-Schema zur Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen. . Schaubild 1-4: Ansätze der Erfolgsfaktorenforschung . . . . . . . 2. Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen Schaubild 2-1: Der Marketing-Verbund-Kasten . . . . . . . . . . . . Schaubild 2-2: Charakteristische Besonderheiten des Dienstleistungsmarketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 2-3: Systematik der Wirtschaftsgüter (mit Beispielen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 2-4: Typologie der Absatzobjekte nach Engelhardt et al. und deren Erweiterung . . . . . Schaubild 2-5: Charakter des Dienstleistungsprozesses. . . . . . Schaubild 2-6: Bewertung einer Leistung aus objektiver und subjektiver Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 2-7: Ansatzpunkte für die Definition der Dienstleistungsqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 2-8: Determinanten der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 2-9: Überblick über Erwartungstypen . . . . . . . . . . . Schaubild 2-10: Beeinflussung der Leistungsbeurteilung durch die Kundenerwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 2-11: Priorisierung von Qualitätsmerkmalen durch Gäste der Arlberg-Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 2-12: Hierarchische Dimensionierung der Dienstleistungsqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 2-13: Erfolgskette eines IT-Dienstleisters. . . . . . . . . .
9 11 13 14
20 25 28 29 32 35 36 39 42 43 48 54 66
XVIII
Schaubildverzeichnis
3. Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen Schaubild 3-1: Rahmenkonzept von Six Sigma . . . . . . . . . . . . . Schaubild 3-2: Bausteine eines Qualitätsmanagementsystems für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73 77
Teil B: Analyse der Dienstleistungsqualität 4. Messung der Dienstleistungsqualität Schaubild 4-1: Systematisierung der Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Schaubild 4-2: Systematisierung der multiattributiven Messansätze der Dienstleistungsqualität . . . . . 92 Schaubild 4-3: Multiattributive Messung der Dienstleistungsqualität am Beispiel eines Mobilfunkanbieters 94 Schaubild 4-4: Erhebung der Qualitätsdimensionen nach dem SERVQUAL-Ansatz am Beispiel eines Mobilfunkanbieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Schaubild 4-5: Doppelskala zur Beantwortung der Fragen nach dem SERVQUAL-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . 99 Schaubild 4-6: „Critical Quality Characteristics“ und die Werturteile einer Vignette am Beispiel einer Bankfiliale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Schaubild 4-7: Beispiel für eine Vignette . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Schaubild 4-8: Zahlungsbereitschaft eines Individuums als Resultat der Willingness-to-Pay-Methode . . . . 103 Schaubild 4-9: Aggregierte Zahlungsbereitschaft als Resultat der Willingness-to-Pay-Methode. . . . . . . . . . . . 104 Schaubild 4-10: Bestimmung der Preisbereitschaft von Bahnkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Schaubild 4-11: Resultate einer Penalty-Reward-FaktorenAnalyse am Beispiel eines Gütertransportunternehmens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Schaubild 4-12: Nutzenfunktionen unterschiedlicher Merkmalskategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Schaubild 4-13: Einteilung der Merkmale nach der Methode von Brandt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Schaubild 4-14: Merkmalsportfolio unterschiedlicher Merkmalskategorien und entsprechende Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Schaubild 4-15: Blueprint am Beispiel einer Flugreise . . . . . . . . 115 Schaubild 4-16: Beispiel für die Critical-Incident-Technik . . . . 118 Schaubild 4-17: Ergebnisse einer Critical-Incidence-Analyse. . 120 Schaubild 4-18: Analyse des Abwanderungsprozesses eines Versicherungskunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Schaubild 4-19: Fragenkatalog einer Critical-Path-Analyse . . . 122 Schaubild 4-20: Beispielhafte Darstellung von Abwanderungsphasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Schaubild 4-21: MPT-Modell des Kundenabwanderungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
Schaubildverzeichnis
Schaubild 4-22: Schaubild 4-23: Schaubild 4-24:
Schaubild 4-25: Schaubild 4-26: Schaubild 4-27: Schaubild 4-28: Schaubild 4-29: Schaubild 4-30: Schaubild 4-31: Schaubild 4-32: Schaubild 4-33:
XIX
Ergebnis einer Root-Cause-Analyse am Beispiel einer Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Problemliste der Problem-Detecting-Methode am Beispiel einer Kreuzfahrtgesellschaft . . . . . 129 Beispiel einer Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme (FRAP) bei Bankdienstleistungen im Mengengeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Beispiel für ein Pareto-Diagramm. . . . . . . . . . . 132 Methodik der FMEA am Beispiel der Bearbeitung eines Kreditkartenantrages . . . . . 135 Beispiel einer Fishbone-Analyse im Bereich der Finanzdienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Prozessfähigkeitsanalyse am Beispiel eines Freizeit-Centers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Struktur- und Messmodelle der Internen Servicebarometer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Indikatoren zur Operationalisierung der Messkonstrukte eines Internen Servicebarometers. 145 Mittelwerte der Satisfaction Driver für einen internen Dienstleister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Prozess des Betrieblichen Vorschlagswesens . . 148 Methodik des Poka-Yoke-Verfahrens am Beispiel einer Autoreparaturwerkstatt . . . . . . . 151
5. Modelle der Dienstleistungsqualität Schaubild 5-1: GAP-Modell der Dienstleistungsqualität . . . . . Schaubild 5-2: Einflussfaktoren des GAP-Modells . . . . . . . . . . Schaubild 5-3: GAP-Modell bei direktem Mitarbeiter-KundeKontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 5-4: Modell der Dienstleistungsqualität bei direktem und indirektem Kundenkontakt des Dienstleistungsanbieters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 5-5: GAP-Modell bei internen Dienstleistungen . . . Schaubild 5-6: Dienstleistungsqualitätsmodell nach Grönroos Schaubild 5-7: Dienstleistungsqualitätsmodell nach Meyer/Mattmüller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 5-8: Dynamisches Prozessmodell nach Boulding et al.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 5-9: Beziehungsqualitäts-Modell von Liljander/Strandvik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 5-10: Beziehungstypen zwischen Kunde und Dienstleister nach Liljander/Strandvik . . . . . . . . . . . .
156 157 170
173 176 177 180 181 186 187
Teil C: Planung und Steuerung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen 6. Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen Schaubild 6-1: Prinzipien des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
XX
Schaubildverzeichnis
Schaubild 6-2: Schaubild 6-3:
Schaubild 6-4: Schaubild 6-5: Schaubild 6-6: Schaubild 6-7: Schaubild 6-8: Schaubild 6-9: Schaubild 6-10: Schaubild 6-11: Schaubild 6-12:
Schaubild 6-13:
Beispiel für ein Qualitätsportfolio für Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Stärken und Schwächen der wichtigsten Konkurrenten der Deutschen Post im europäischen Versanddienstleistungsmarkt . . 201 Qualitätsorientierte SWOT-Analyse am Beispiel einer Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Qualitätsgrundsätze von Hapag-Lloyd . . . . . . . 205 Beispiele für die Qualitätsstandards bei AVIS . 207 Beispiele für kurzfristige Qualitätsziele von Dienstleistungsunternehmen. . . . . . . . . . . . . . . 209 Zielsystem des Qualitätsmanagements von Dienstleistungsunternehmen. . . . . . . . . . . . . . . 210 Ziele des Qualitätsmanagements von Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Pyramide der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen. . . . . . . . . . 212 Erwartungs- und leistungsbezogene Strategien des Qualitätsmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Konsumphasenbezogene Ziele eines Erwartungsmanagements und Haupteinflussfaktoren auf die Erwartungssteigerung . . . . . . 217 Entscheidungsbaum zwischen erwünschten und unerwünschten Kunden sowie entsprechende Handlungsweisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
7. Operative Planung des Erwartungsmanagements Schaubild 7-1: Determinanten der Kundenerwartungen. . . . . 231 Schaubild 7-2: Ansätze zur Messung der Kundenerwartungen 234 Schaubild 7-3: Implizite Kundenerwartungen in Bezug auf ein Restaurant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Schaubild 7-4: Messung der prädiktiven Erwartungen in Bezug auf eine Sprachschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Schaubild 7-5: Frageformulierungen bei der Messung der Kundenerwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Schaubild 7-6: Instrumente des Erwartungsmanagements . . . 242 8. Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen Schaubild 8-1: Idealtypische Phasen eines Qualitätsmanagementsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 8-2: Verantwortungsebenen für Maßnahmen des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 8-3: Instrumente der Qualitätsplanung von Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 8-4: Exemplarisches Planungsschema zur Messung der Dienstleistungsqualität. . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 8-5: Handlungs-Relevanz-Matrix eines Dienstleistungsanbieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 8-6: Grundkonzept des Quality Function Deployment (QFD) als „House of Quality“ . . .
248 249 253 254 257 259
Schaubildverzeichnis
Schaubild 8-7: Schaubild 8-8: Schaubild 8-9: Schaubild 8-10: Schaubild 8-11: Schaubild 8-12: Schaubild 8-13: Schaubild 8-14: Schaubild 8-15:
Schaubild 8-16: Schaubild 8-17: Schaubild 8-18: Schaubild 8-19: Schaubild 8-20: Schaubild 8-21:
Schaubild 8-22: Schaubild 8-23: Schaubild 8-24: Schaubild 8-25:
Schaubild 8-26: Schaubild 8-27: Schaubild 8-28: Schaubild 8-29:
Schaubild 8-30: Schaubild 8-31: Schaubild 8-32:
Ausschnitt aus einem „House of Quality“ am Beispiel der Anlageberatung. . . . . . . . . . . . . . . . 262 Objekte des Benchmarking in Dienstleistungsunternehmen (mit Beispielen) . . . . . . . . . . . . . . 265 Formen des Benchmarking . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Beispiel für eine Ereignisgesteuerte Prozesskette bei einer Reservierungsanfrage . . . . . . . . . . . . . 270 Beziehungsanalyse im Rahmen einer integrierten Qualitätsplanung . . . . . . . . . . . . . . 271 Exemplarischer Einsatz von Instrumenten der Qualitätsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Instrumente der Qualitätslenkung von Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Anforderungs- und Aufgabenprofil für UPSFahrer in Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Kriterienkatalog eines MitarbeiterOrientierungsgespräches im Hotel Schindlerhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Hierarchiemodell der Emotionalen Intelligenz 281 Instrumente der Personalentwicklung . . . . . . . 283 Vorgehensweise bei der Einführung kundenorientierter Anreiz- und Vergütungssysteme. . 287 Qualitätsorientierte Anreizformen in Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Grundsätze der kulturellen Vorbildfunktion von Führungskräften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Ziele und Maßnahmen im Rahmen der organisatorischen Gestaltung des Qualitätsmanagements in Dienstleistungsunternehmen 291 Struktur eines Qualitätszirkelsystems. . . . . . . . 294 Ziele von Qualitätszirkeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Exemplarische Themen für Qualitätszirkel . . . 297 Aspekte eines qualitätsorientierten Informationswesens in Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Beziehungsanalyse im Rahmen einer integrierten Qualitätslenkung . . . . . . . . . . . . . . 301 Exemplarischer Einsatz von Instrumenten der Qualitätslenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Instrumente der Qualitätsprüfung von Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Arbeitsblatt für die jährliche Qualitätsvereinbarung bei United Parcel Service (Musterbeispiel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Wahrnehmungsdiskrepanz zwischen Eigenund Fremdbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Ergebnisse eines Internen Servicebarometers eines Pharma-Unternehmens. . . . . . . . . . . . . . . 310 Ursachen der Nicht-Beschwerdeführung unzufriedener Kfz-Werkstattkunden . . . . . . . . 314
XXI
XXII
Schaubildverzeichnis
Schaubild 8-33: Schaubild 8-34: Schaubild 8-35: Schaubild 8-36: Schaubild 8-37: Schaubild 8-38: Schaubild 8-39: Schaubild 8-40: Schaubild 8-41:
Schaubild 8-42: Schaubild 8-43:
Schaubild 8-44: Schaubild 8-45:
Beziehungsanalyse im Rahmen einer integrierten Qualitätsprüfung . . . . . . . . . . . . . . Exemplarischer Einsatz von Instrumenten der Qualitätsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung von Dienstleistungsunternehmen. . Struktur des OBI-Qualitätsmanagementhandbuches. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auszug aus dem Qualitätsreport der Advance Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beziehungsanalyse im Rahmen einer integrierten Qualitätsmanagementdarlegung . Exemplarischer Einsatz von Instrumenten der Qualitätsmanagementdarlegung . . . . . . . . . . . . Instrumente des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen im Überblick. . . Leit- und Folgeinstrumente eines Qualitätsmanagementsystems von Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interphasenintegration der Instrumente des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vernetzungsmöglichkeiten der MussInstrumente des Qualitätsmanagements im Rahmen der Interphasenintegration. . . . . . . . . Beurteilungskriterien für Instrumente des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewertung der Instrumente des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
318 320 321 323 324 328 329 330
332 334
335 336 340
Teil D: Umsetzung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen 9. Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen Schaubild 9-1: Selbsteinschätzung und Umsetzung der Kundenorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Schaubild 9-2: Barrieren der Umsetzung eines Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Schaubild 9-3: Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 Schaubild 9-4: Typen der Unternehmenskultur . . . . . . . . . . . . 357 Schaubild 9-5: Exemplarisches Phasenkonzept des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 Schaubild 9-6: Projektablaufschritte zur Entwicklung und Umsetzung des Qualitätsmanagements . . . . . . 361 Schaubild 9-7: Modell der Qualitätsregelkreise für Dienstleistungsunternehmen. . . . . . . . . . . . . . . 362
Schaubildverzeichnis
XXIII
10. Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen Schaubild 10-1: Systematisierung ausgewählter nationaler und internationaler Qualitätsauszeichnungen . . . . 367 Schaubild 10-2: EFQM-Modell für Excellence . . . . . . . . . . . . . . 371 Schaubild 10-3: Preisträger des European Quality Award . . . . . 377 11. Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen Schaubild 11-1: Ziele der Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 Schaubild 11-2: Kosten der Zertifizierung in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 Schaubild 11-3: Akkreditierungsurkunde der DQS – Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen mbH. . . . . . . . . . . . . . . . 392 Schaubild11-4: Vergleich der alten und neuen Normenreihe ISO 9000ff.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 Schaubild 11-5: Forderungen an ein Qualitätsmanagementsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Schaubild 11-6: Systembausteine der DIN EN ISO 9000ff. . . . . . 396 Schaubild 11-7: Prozessmodell der Normenreihe ISO-9000ff.. . 399 Schaubild 11-8: Zeitplan des Zertifizierungsprojektes SPIRIT der Winterthur-Versicherungen . . . . . . . . . . . . 401 Schaubild 11-9: Qualitätsgrundsätze der WinterthurVersicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 Schaubild 11-10: Ablauf der Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 Schaubild 11-11: Zertifikat der Hapag-Lloyd Container Linie GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 Schaubild 11-12: Zertifikat des Ingenieurbüros Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH (Düsseldorf) . . . . . . . . . . . . . 410 Schaubild 11-13: Nutzenwirkungen einer Zertifizierung. . . . . . . 414 Schaubild 11-14: Problemfelder im Rahmen der Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . . . . 417 Schaubild 11-15: Beweggründe für eine Zertifizierung . . . . . . . . 419 Teil E: Qualitätscontrolling für Dienstleistungen 12. Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen Schaubild 12-1: Funktionen des Qualitätscontrolling. . . . . . . . . Schaubild 12-2: Zusammenhänge zwischen Qualitätscontrollingsystem und Qualitätsausführungssystem eines Dienstleistungsunternehmens . . Schaubild 12-3: Bausteine des Qualitätscontrolling . . . . . . . . . . Schaubild 12-4: Phasen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Qualitätsmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . .
425
428 431 433
13. Qualitätskosten-Controlling Schaubild 13-1: Präventionskosten-Elemente . . . . . . . . . . . . . . . 441 Schaubild 13-2: Prüfkosten-Elemente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 Schaubild 13-3: Fehlerkosten-Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
XXIV
Schaubildverzeichnis
Schaubild 13-4: Schaubild 13-5: Schaubild 13-6: Schaubild 13-7:
Qualitätsbezogene Kosten des Kreditkartenherstellers Malco Plastics . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tätigkeitsorientierte vs. wirkungsorientierte Kostengliederung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kategorien qualitätsbezogener Kosten bei Xerox . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterte Gliederung der Fehlerkosten nach der Fehlerkostenrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . .
14. Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer Schaubild 14-1: Ziele von Nationalen Kundenbarometern . . . . Schaubild 14-2: Strukturmodell des European Performance Satisfaction Index (EPSI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 14-3: Kundenzufriedenheit in den Bankbranchen der EPSI-Teilnehmerländer . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 14-4: Beispiel eines Index-Systems . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 14-5: Wirkungen der Dienstleistungsqualität in Abhängigkeit von der Dauer der Kundenbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 14-6: Beispiel eines Aktivitätenportfolios . . . . . . . . . Schaubild 14-7: Aktivitätenportfolio eines Schweizer IT Dienstleisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements Schaubild 15-1: Prozesshierarchie des Qualitätsmanagements. Schaubild 15-2: Aktivitätsabsenz und -präsenz des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-3: Exemplarische Ermittlung des Kundenbindungsnutzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-4: Nutzen des Qualitätsmanagements der Vereins- und Westbank (Modellrechnung) . . . Schaubild 15-5: Grundstruktur eines qualitätsbezogenen Kennzahlensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-6: Übersicht qualitätsbezogener Analysekennzahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-7: Qualitätsbezogene Kosten-Kennzahlen . . . . . . Schaubild 15-8: Qualitätsbezogene Nutzen-Kennzahlen . . . . . . Schaubild 15-9: Erfassung qualitätsbezogener NutzenKennzahlen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-10: Qualitätsbezogene Kosten-NutzenKennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-11: Monetäre Qualitätskennzahlen . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-12: Teil-monetäre Qualitätskennzahlen . . . . . . . . . Schaubild 15-13: Nicht-monetäre Qualitätskennzahlen (Qualitätsfähigkeits-Kennzahlen) . . . . . . . . . . . Schaubild 15-14: Erfassung von Qualitätsfähigkeits-Kennzahlen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-15: Exemplarischer Gewinnvergleich zwischen Beschwerdemessung und FRAP. . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-16: Exemplarischer Renditevergleich zwischen Beschwerdemessung und FRAP. . . . . . . . . . . . .
445 447 448 450
457 460 463 471
472 473 475
479 484 485 487 489 490 491 491 492 492 493 494 494 495 496 497
Schaubildverzeichnis
Schaubild 15-17: Grundstruktur eines qualitätsbezogenen „Vollständigen Finanzplans“ . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-18: Formeln zur Berechnung des Qualitätswertes . Schaubild 15-19: Dynamische Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild 15-20: Berechnung des Qualitätswertes eines Qualitätszirkel-Programms . . . . . . . . . . . . . . . .
XXV
499 499 500 502
Teil A Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
1
Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen
1.1 Wettbewerbsvorteile durch Dienstleistungsqualität Die Erstellung einer hohen Dienstleistungsqualität hat sich in den vergangenen Jahren zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor entwickelt. Getrieben durch eine in den 1980er Jahren eingesetzten stärkeren Fokussierung in der Volkswirtschaft auf den Dienstleistungssektor hat ein Wandel im Marketingdenken eingesetzt, der sich in der Ausrichtung des Dienstleistungsangebotes auf den Kundenwunsch (Kundenorientierung) und in der Qualitätsorientierung widerspiegelt. Die wachsende Bedeutung des tertiären Sektors in Deutschland und anderen Industrieländern ist unbestritten. Bezogen auf die Bundesrepublik Deutschland kommt dem tertiären Sektor (Handel, Gastgewerbe und Verkehr, Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen sowie öffentliche und private Dienstleister) ein Anteil von 70 Prozent (Ergebnis für 2004) an der Bruttowertschöpfung zu (1970: 45 Prozent; 1950: 39,6 Prozent). Darüber hinaus macht der Dienstleistungsbereich einen Anteil von 66,34 Prozent bei den Erwerbstätigen aus (Statistisches Bundesamt 2004). Nicht zu unterscheiden ist im Folgenden zwischen „Service(s)“ und Dienstleistungen. Zwar wird der Service-Begriff vereinzelt auf unterstützende Dienstleistungen im Konsum- bzw. Industriegüterbereich angewandt, bzw. Dienstleistungen werden als das „Produkt“ und Service als die Form der Ausgestaltung angesehen, doch führen diese Interpretationen zu einem gegenü-
• Dienstleistungsqualität als zentraler Wettbewerbsfaktor
• Steigender Anteil der Dienstleistungsunternehmen an der Bruttowertschöpfung
• Abgrenzung der Begriffe Service und Dienstleistungen
4
1 Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen
• Wachsende Bedeutung der Dienstleistungsqualität…
• …durch die Zunahme des Wettbewerbs
• …aufgrund der wachsenden Homogenisierung des Dienstleistungsangebotes
• …aufgrund der gestiegenen Markttransparenz
• ...aufgrund der Kundenerwartungen an eine hohe Produktqualität
ber dem angloamerikanischen Sprachraum abweichenden Begriffsverständnis. Neben der allgemeinen Bedeutungszunahme des Dienstleistungssektors sind verschiedene Entwicklungen zu nennen, die die wachsende Bedeutung der Dienstleistungsqualität unterstreichen: 5 Sowohl der Markteintritt von jungen und innova-
tiven Unternehmen als auch international tätigen und bereits im Ausland profilierten Unternehmen führt zu einer deutlichen Zunahme des Wettbewerbs. Nicht nur im Bereich der produktnahen, unterstützenden Dienstleistungen wird die Zahl der konkurrierenden Anbieter größer, auch die Wettbewerbsintensität in den „klassischen“ Dienstleistungsmärkten (Finanzdienstleistungsgewerbe, Tourismusbranche, Verkehrsbetriebe usw.) steigt kontinuierlich an. 5 Aufgrund der Immaterialität von Dienstleistungen können sie vergleichsweise einfach imitiert werden, deshalb ist von einer wachsenden Homogenisierung des Dienstleistungsangebotes auszugehen. Für viele Unternehmen erschwert sich infolgedessen das Erreichen einer differenzierten Positionierung gegenüber konkurrierenden Unternehmen. 5 Die dynamische Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglicht Kunden eine bisher unbekannte Dimension der Markttransparenz, die es den Unternehmen immer schwerer macht, ihre Kunden an sich zu binden. 5 Die fehlerfreie Funktion von technischen Produkten bzw. Sachgütern wird vielfach als selbstverständlich vorausgesetzt. Von Unternehmen, die ihr Sachleistungsangebot durch die Verknüpfung mit Serviceelementen aufwerten, wird eine konstant hohe Produktqualität grundsätzlich erwartet. Eine Differenzierung vom Wettbewerb ist hier in vielen Fällen nur über die Qualität der zusätzlich angebotenen Serviceleistungen möglich, und gerade in diesem Bereich wachsen die Kundenerwartungen beträchtlich. 5 Konsumenten erwarten im Zusammenhang mit Veränderungen im gesamtgesellschaftlichen Wertesy-
1.1 Wettbewerbsvorteile durch Dienstleistungsqualität
5
stem zunehmend „Convenience“. Die wachsenden Freizeitanteile im Zeitbudget eines großen Teils der Verbraucher sind möglichst angenehm zu gestalten. Dienstleistungsunternehmen, die den Konsumenten aufgrund höherer Serviceorientierung zu mehr Lebensqualität verhelfen, weisen überdurchschnittliches Wachstum auf. 5 Eigene Internationalisierungsbestrebungen konfrontieren die Unternehmen mit unterschiedlichen Kundenerwartungen (Stauss 1995, S. 438), in deren Zentrum allerdings immer wieder die Dienstleistungsqualität steht. Entsprechend geben Unternehmen der Dienstleistungsqualität in diesem Zusammenhang ein noch höheres Gewicht.
• …aufgrund
Viele Dienstleistungsmärkte haben bereits das Stadium der Reife, Stagnation oder sogar Schrumpfung erreicht. Eine wesentliche Ausweitung des Marktvolumens ist in diesen Märkten ohne tief greifende Produkt- und Leistungsinnovationen kurz- und mittelfristig nicht mehr möglich. Angesichts dieser Rahmenbedingungen rückt die langfristige Bindung vorhandener Kunden neben die Gewinnung von neuen Kunden in das Zentrum der marketingpolitischen Überlegungen. Erfahrungen haben gezeigt, dass letztlich nur durch eine in diesem Sinne konsequente Kundenorientierung Chancen zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen bestehen. Dienstleistungen tragen demnach nur dann zum ökonomischen Erfolg bei, wenn hierdurch tatsächlich Wettbewerbsvorteile erlangt werden können. Wettbewerbsvorteile haben dabei folgende Anforderungen zu erfüllen, um als Erfolgsfaktoren gelten zu können (Backhaus 2003; Bruhn 2004):
• Wettbewerbs-
5 Kundenwahrnehmung: Die Leistungsvorteile sind so
• Anforderungen an
zu gestalten, dass sie vom Kunden (!) als wesentliches Differenzierungsmerkmal erkannt werden. 5 Bedeutsamkeit: Der Vorteil ist bei einer vom Kunden als besonders wichtig eingeschätzten Leistung des Anbieters zu erzielen und hat diesbezüglich kaufrelevant zu sein.
Wettbewerbsvor-
des steigenden Wunsches nach Lebensqualität
• …aufgrund der Internationalisierung des Dienstleistungswettbewerbs
vorteile durch konsequente Kundenorientierung
teile
6
1 Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen
5 Dauerhaftigkeit: Der Wettbewerbsvorteil hat eine zeit-
liche Stabilität aufzuweisen und dadurch auch die Eigenschaft, nicht kurzfristig imitierbar zu sein. • Erfolg durch Sicherstellung einer überlegenen Dienstleistungsqualität
Der Erfolg eines Unternehmens baut also nicht auf objektiv gegebenen, sondern vom Kunden subjektiv wahrgenommenen Positionierungsvorteilen auf (Simon 1988, S. 474). Grundlage des Erfolgs sind die aus Sicht des Kunden erzielten nachhaltigen Wettbewerbsvorteile, die darin bestehen, in den für den Kunden wichtigen Leistungsmerkmalen besser zu sein als der Wettbewerber (vgl. Esser 1989, S. 192). Dies macht den besonderen Stellenwert der Forderung „Sicherung einer überlegenen Dienstleistungsqualität“ und die Relevanz eines erfolgreichen Qualitätsmanagements für Dienstleistungen zur Erfüllung der Kundenanforderungen durch die angebotene Leistung deutlich.
1.2 Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen • Dienstleistungsqualität im Alltag
Die Aufmerksamkeit, die dem Themenbereich Dienstleistungsqualität in der Wissenschaft entgegengebracht wird, steht in einem Missverhältnis zur tatsächlich erlebbaren Dienstleistungsqualität im Alltag. Dienstleistungsanbieter sind häufig weit von jenen Servicestandards entfernt, die von den Kunden verlangt werden. Diskussionen über „Service-Wüste“ und „Service-Oase“ zeigen schlagwortartig auf, dass viele Unternehmen einen Nachholbedarf im professionellen Qualitätsmanagement für Dienstleistungen haben. Mangelhafte Dienstleistungsqualität gehört in vielen Lebensbereichen zum Alltag. Kundenorientierung und Servicebereitschaft sind in zahlreichen Unternehmen Lippenbekenntnisse. Eine Umsetzung der in Seminaren und Schulungen den Mitarbeitern vermittelten Inhalte findet häufig nicht statt, wird bisweilen von Vorgesetzten nicht vorgelebt oder von Mitarbeitern nicht verinnerlicht. Die Folgen mangelhafter Dienstleistungsqualität bleiben dabei vielfach unberücksichtigt, Kundenunzufrie-
1.2 Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
denheit und ihre Konsequenzen werden in vielen Dienstleistungsunternehmen immer noch ignoriert, Kundengewinnung wird gegenüber der Kundenbindung priorisiert. Dies ist umso erstaunlicher, als die Erkenntnisse über das Verhalten unzufriedener Kunden weithin bekannt sind:
7
• Ungenügende Beachtung der Folgen mangelhafter Dienstleistungsqualität
5 Unzufriedenheit führt zur Abwanderung aktueller
Kunden. 5 Unzufriedene Kunden betreiben negative Mundpro-
paganda und erzählen durchschnittlich 10 bis 12 weiteren Personen von ihrer Unzufriedenheit. 5 Die Gewinnung eines Neukunden kostet das Vier- bis Sechsfache gegenüber der Bindung eines Altkunden. Aber auch unter Vernachlässigung dieser „indirekten“ Wirkungen ist höhere Qualität keineswegs zwingend mit höheren Kosten verbunden. Es ist im Gegenteil häufig so, dass eine qualitativ fehlerhafte Leistungserstellung Folgekosten für den Dienstleistungsanbieter verursacht, die die Kosten einer von vornherein qualitativ einwandfreien Leistungserstellung übersteigen (Crosby 1986a, S. 28; Haist/Fromm 2002). So ermöglicht das Angebot qualitativ hochwertiger Dienstleistungen auch die Realisierung einer „Überholstrategie“ (Outpacing), bei der unter Umständen sowohl in der Kostendimension (Kostenvorteile) als auch in der Qualitätsdimension (Qualitätsvorsprünge) Verbesserungen erreichbar sind. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Tatsache, dass die Kompensation eines Qualitätsvorsprungs gegenüber der Senkung des Angebotspreises einer Leistung für Wettbewerber mit erheblich höheren Anstrengungen verbunden ist und zudem einen größeren Zeitaufwand erfordert. Im Spannungsfeld von Kosten, Zeit und Qualität wird sich allerdings nur dann eine alle Faktoren optimierende Lösung finden lassen, wenn es dem einzelnen Unternehmen gelingt, die Beschäftigung mit dem Thema Qualität aus einer isolierten Zeitpunktbetrachtung herauszulösen und zum Gegenstand eines permanenten Qualitätsmanagementprozesses zu machen.
• Angebot qualitativ hochwertiger Dienstleistungen ist die Basis einer Outpacing-Strategie
8
1 Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen
• Erfolgskette des Qualitätsmanagements
• Dienstleistungsqualität als Schlüsselfaktor
Die erlössteigernden Auswirkungen, die der Sicherung einer überlegenen Dienstleistungsqualität zugeschrieben werden können, lassen sich anhand der Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen aufzeigen (vgl. Schaubild 1-1). Über eine Erfüllung der (heterogenen) Kundenerwartungen wird eine Steigerung der Kundenzufriedenheit erreicht. Die Kundenzufriedenheit beeinflusst wiederum kundenbezogene Verhaltenswirkungen, insbesondere die Kundenbindung. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass ein zufriedener Kunde eher bereit ist, die Leistungen eines Unternehmens erneut (Wiederwahl des Anbieters) oder sogar in stärkerem Umfang (z. B. in Form von Cross Buying) in Anspruch zu nehmen. Eine hohe Kundenbindung – wird weiterhin angenommen – habe wiederum Erlös- bzw. Erfolgswirkungen auf Einzelkundenebene zur Folge. Die angebotene Dienstleistungsqualität ist dabei ein Schlüsselfaktor für die Kundenzufriedenheit. Der Kunde hat bestimmte Qualitätserwartungen, die nicht enttäuscht werden dürfen. Für Unternehmen folgt daraus zum einen, dass die Berücksichtigung des Kundennutzens und der Kundenerwartungen als eine permanente Aufgabe aller am Wertschöpfungsprozess beteiligten Mitarbeiter zu betrachten ist. Zum anderen sind – bedingt durch den Vertrauenscharakter der Qualität – das Kaufrisiko zu reduzieren, Dienstleistungen zu materialisieren und entsprechende Kompetenzen im Sinne einer Qualitätsgarantie herauszustellen und zu kommunizieren. Dabei sind in den Phasen des Kaufentscheidungsprozesses eine Vielzahl vertrauensbildender und vertrauenssichernder Maßnahmen zu ergreifen. Im Hinblick auf die genannten Zusammenhänge zwischen Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und ökonomischem Erfolg, und im Sinne der aufgezeigten Erfolgskette wurde erkannt, dass – u. a. unter Effizienzgesichtspunkten – die Sicherstellung der Dienstleistungsqualität nicht erst an der Schnittstelle zwischen dem Unternehmen bzw. dessen Mitarbeitern und den externen Kunden beginnt („end-of-the-pipe-Lösung“). Vielmehr ist auch die Untersuchung und Optimierung der
Dienstleistungsqualität
• Individualität der • Dienstleistung • Heterogenität des • Leistungsspektrums • Leistungskomplexität
• Variety-Seeking-Motive • Image • Alternativenzahl • Bequemlichkeit des Kunden
Kundenzufriedenheit
• Ertragspotenzial des Kunden • Leistungsbereitschaft • des Kunden • Preisbereitschaft • Kundenfluktuation
Ökonomischer Erfolg
Kundenbindung
• Wechselbarrieren • Möglichkeit vertraglicher • Bindungen • Funktionaler Verbund der • angebotenen Leistungen
1.2 Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Heterogenität der • Kundenerwartungen • Marktbezogene Dynamik • Marktbezogene Komplexität
Quelle: in Anlehnung an Bruhn 2001, S. 58
Schaubild 1-1: Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Unternehmensexterne moderierende Faktoren
• Ausgestaltung des Kunden• informationssystems • Mitarbeiterfluktuation • Restriktionen bei der • Preisfestlegung • Breite des Leistungsangebotes
Unternehmensinterne moderierende Faktoren 9
10
1 Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen
• Relevanz der internen Kundenorientierung durch die Übertragung des Marketinggedankens auf sämtliche Unternehmensprozesse
unternehmensinternen Voraussetzungen der Leistungserstellung für die Realisierung der Dienstleistungsqualität notwendig (Boshoff/Mels 1995; Edvardsson/Larsson/Setterlind 1997; Peck et al. 1999, S. 301ff.; Reichheld/Teal 2001). Dadurch erhöht sich die Relevanz der am Wertschöpfungsprozess beteiligten Mitarbeiter – auch als Folge der konsequenten Übertragung des Marketinggedankens auf sämtliche unternehmensinternen Prozesse – also wird auch der Zufriedenheit und Bindung „interner Kunden“ eine große Bedeutung zugesprochen (Bruhn 2004b). Eine interne Kundenorientierung stellt eine wichtige Voraussetzung sowohl für die Effizienz von Prozessen innerhalb eines Unternehmens als auch für die externe Kundenorientierung dar. Demnach hat sich Kundenorientierung in allen Mitarbeitern – und auch bei Dienstleistungen innerhalb eines Unternehmens – widerzuspiegeln (Stauss 1999, S. 18; Bruhn 2002, S. 26ff.). Folglich ist es für ein Unternehmen neben der Messung und Verbesserung der externen Kundenzufriedenheit ebenso wichtig, auch für interne Dienstleistungen die Kundenzufriedenheit zu beachten und zu verbessern (Gremler/Bitner/Evans 1994). Analog zur Erfolgskette des Qualitätsmanagements für (externe) Dienstleistungen lässt sich der ökonomische Erfolg auch über die Wirkung der internen Servicequalität erklären (vgl. Schaubild 1-2). Die Plausibilität dieser (internen und externen) Erfolgskette hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren zahlreiche Unternehmen intensive Bemühungen um die Sicherstellung einer hohen Qualität ihrer Dienstleistungen unternommen haben. Allerdings handelt es sich bei den Wirkungen innerhalb der Erfolgskette nicht um allgemein gültige Zusammenhänge. Nicht jede Ausbreitung oder Intensivierung von Maßnahmen des Qualitätsmanagements kann automatisch einen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Ab einem bestimmten qualitätsbezogenen Aktivitätsniveau wird eine weitere Intensivierung qualitätsbezogener Aktivitäten unprofitabel (Rust/Zahorik/Keiningham 1994, S. 58). Dies liegt darin begründet, dass die Zusammenhänge zwischen
1.2 Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Externe Erfolgskette
Servicequalität
Kundenzufriedenheit
11
Kundenbindung Ökonomischer Erfolg
Interne Erfolgskette
Interne Servicequalität
Interne Kundenzufriedenheit
Interne Kundenbindung
Quelle: Bruhn 2001, S. 178
Schaubild 1-2: Interne und externe Erfolgskette der Kundenorientierung
den verschiedenen Gliedern der Erfolgskette durch so genannte moderierende Variablen determiniert sind (Homburg/Faßnacht 2001), die in unternehmensexterne und -interne moderierende Faktoren untergliedert werden können: 5 Existenz und Stärke des Zusammenhangs zwischen
Qualitätsanstrengungen und Zufriedenheit sind durch externe Faktoren, wie z. B. die Heterogenität der Kundenerwartungen, sowie durch interne Faktoren, wie z. B. die Heterogenität des Leistungsspektrums, determiniert. 5 Der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und -bindung wird in seinem Vorhandensein und seiner Intensität von externen Faktoren, wie z. B. den Variety-Seeking-Motiven der Dienstleistungskunden, und internen Faktoren, wie z. B. vorhandenen Wechselbarrieren, beeinflusst (Homburg/Faßnacht 2001). 5 Der Zusammenhang zwischen Kundenbindung und ökonomischem Erfolg ist von externen Faktoren, wie z. B. dem Ertragspotenzial der Kunden, und von internen Faktoren, wie z. B. der Mitarbeiterfluktuation, abhängig. Aufgrund der Existenz dieser moderierenden Variablen ist die Wirkungskette von Qualitätsaktivitäten über Zufriedenheit und Kundenbindung zu ökonomischem Er-
• Moderierende Variablen der Erfolgskette
12
1 Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen
• Nichtlineare Zusammenhänge zwischen...
• ...Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
• Notwendigkeit einer Wirtschaftlichkeitsorientierung
folg nicht allgemein gültig. Nicht jede Maßnahme des Qualitätsmanagements führt zu einer Erhöhung der Kundenzufriedenheit, nicht jede Zufriedenheitssteigerung zu einer besseren Kundenbindung und nicht jede Erhöhung der Kundenbindung zu einer Erfolgssteigerung. Hierdurch werden die Beispiele von Unternehmen nachvollziehbar, die trotz immenser Qualitätsanstrengungen keinen unternehmerischen Erfolg hatten. So ist die amerikanische Wallace Company zwei Jahre nach dem Gewinn des renommierten Malcolm Baldrige National Quality Award (MBNQA) in Konkurs gegangen (Rust/Zahorik/Keiningham 1994, S. 58). Die moderierenden Variablen führen zu einer Nichtlinearität der Beziehungen im Rahmen der Erfolgskette (vgl. Schaubild 1-3). So kann sowohl für den Zusammenhang zwischen qualitätsbezogenem Aktivitätsniveau und Kundenzufriedenheit als auch für die Beziehung zwischen Kundenbindung und ökonomischem Erfolg ein S-förmiger Kurvenverlauf angenommen werden. Dies liegt darin begründet, dass qualitätsbezogene Aktivitäten ab einem bestimmten Punkt in ihrer Wirkung auf die Zufriedenheit nachlassen, ebenso wie die Kundenbindung in ihrer finanziellen Wirkung. Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Zufriedenheit und Kundenbindung erscheint die Unterstellung eines sattelförmigen Kurvenverlaufes plausibel. Diese Beziehung ist durch einen Indifferenzbereich bei mittlerer Kundenzufriedenheit gekennzeichnet, während am unteren und oberen Ende der Kurve jeweils signifikante Einflüsse auf die Kundenbindung (Kundenabwanderung am unteren Ende bzw. wahres Commitment am oberen Ende) zu erwarten sind (Homburg/ Faßnacht 2001). Aufgrund dieser Überlegungen ergibt sich für den Qualitäts-Erfolgs-Zusammenhang ebenfalls ein S-förmiger Kurvenverlauf. Ab einem bestimmten Punkt hat eine weitere Investition in das Qualitätsmanagement eine zunehmend nachlassende finanzielle Wirkung. Somit liegt die Schlussfolgerung nahe, dass eine Intensivierung der qualitätsbezogenen Aktivitäten eines Dienstleisters nicht stetige positive ökonomische
1.2 Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
13
Quelle: Bruhn 1998, S. 9
Schaubild 1-3: Vier-Quadranten-Schema zur Erfolgskette des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Konsequenzen zur Folge hat. Demnach ist bei der Gestaltung eines wirtschaftlichkeitsorientierten Qualitätsmanagements nicht die Optimierung von Kundenzufriedenheit oder Kundenbindung, sondern – unter Berücksichtigung der „Zwischenschritte“ der Erfolgskette – die Optimierung des ökonomischen Erfolgs des Qualitätsmanagements anzustreben. Der Erfolg eines Dienstleistungsunternehmens hängt vor allem vom Management der Erfolgskette unter Berücksichtigung der moderierenden Faktoren ab. Exzellente Dienstleistungsunternehmen zeichnen sich durch das Denken in der Erfolgskette aus, in dessen Zentrum ein professionelles Qualitätsmanagement steht. Darüber hinaus gelingt es ihnen aber auch, die externen und internen „Störfaktoren“ der Erfolgskette durch den Einsatz von Aktivitäten des Beschwerde-, Kundenbindungs- und Kundenrückgewinnungsmanagements sowie Internes Marketing und Integrierte Kommunikation zu kontrollieren (Bruhn 2003b).
• Management der Erfolgskette durch professionelles Qualitätsmanagement
14
1 Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen
1.3 Dienstleistungsqualität als empirischer Erfolgsfaktor • Empirische Befunde zum Erfolgsfaktor Dienstleistungsqualität
• Qualitative und quantitative Erfolgsfaktorenforschung
Aufgrund der Bedeutung und Komplexität der Erfolgswirkungen einer hohen Dienstleistungsqualität können seit Beginn der 1980er Jahre – parallel zur generellen empirischen Erfolgsfaktorenforschung im Management- und Marketingbereich (vgl. für einen Überblick Fritz 1990; Grünig/Heckner/Zeus 1996; Meffert 1999; Meffert/Bruhn 2002) – vermehrte Anstrengungen einer empirischen Erforschung dieser Erfolgswirkungen vermerkt werden. Im Hinblick auf die methodischen Ansatzpunkte in den jeweiligen Forschungsgebieten unterscheiden sich Ansätze der qualitativen und quantitativen Forschung grundsätzlich (vgl. Schaubild 1-4). Die qualitative Forschung ist stärker einzelfallbezogen und zielt auf die detaillierte und argumentative Analyse von Erfolgsbeispielen ab, während die quantitative Forschung repräsentativ oder zumindest einzelfallaggregierend ist und versucht, allgemein gültige Aussagen auf einem relativ hohen Aggregationsniveau zu treffen. Die qualitative Forschung zum Erfolgsfaktor Dienstleistungsqualität konkretisiert sich in der wirkungs- und aufgabenorientierten Forschung. Bei den quantitativen Ansätzen ist eine Interfaktor- und eine Intrafaktorforschung anzutreffen. Innerhalb dieser vier
Empirische Forschung zum Erfolgsfaktor Dienstleistungsqualität
Qualitative Forschung
Wirkungsorientierte Forschung
· Qualitätspreise · Exzellenz-Forschung
Quantitative Forschung
Aufgabenorientierte Forschung
· Zertifizierungen · Best-Practice-Forschung
Interfaktorforschung
Intrafaktorforschung
· Unternehmensstrategievergleich · Marketingstrategievergleich
· Qualitätserfolgsmodelle · Qualitätsstrategievergleich
Quelle: in Anlehnung an Meffert/Bruhn 2002, S. 8
Schaubild 1-4: Ansätze der Erfolgsfaktorenforschung
1.3 Dienstleistungsqualität als empirischer Erfolgsfaktor
Kategorien existieren Ansätze, die Hinweise auf den Erfolgsfaktor Dienstleistungsqualität liefern. Im Rahmen der wirkungsorientierten Forschung werden Unternehmen mit Spitzenleistungen gesucht, deren Erfolg nachweislich auf ein ausgeprägtes Qualitätsmanagement zurückgeführt werden kann. Dieser Ansatz wird zum einen bei der Vergabe von Qualitätspreisen verfolgt (z. B. Malcolm Baldrige National Quality Award, European Quality Award, Ludwig-Erhard-Preis oder ESPRIX), bei der Unternehmen nach bestimmten Kriterien im Zusammenhang mit Qualität und Qualitätsmanagement beurteilt werden. Weiterhin wird dieser Ansatz in der so genannten Exzellenzforschung angewandt (vgl. z. B. Simon 1990; Meffert/Bruhn 2002). So vermittelt der Bestseller „In Search of Excellence“ von Peters und Waterman (1982), dass sich exzellente Unternehmen nicht nur durch „harte“ (z. B. Organisationsstruktur oder Produktionstechnologie), sondern auch und insbesondere durch die Gestaltung „weicher“ Erfolgsfaktoren, wie z. B. die wahrgenommene Dienstleistungsqualität, auszeichnen. Anders als die wirkungsorientierte Forschung analysiert die aufgabenorientierte Forschung herausragende Aktivitäten von Unternehmen im Zusammenhang mit Dienstleistungsqualität. Neben Zertifizierungen, bei denen entsprechende Untersuchungen durch das zu zertifizierende Unternehmen initiiert werden, leistet in diesem Zusammenhang die so genannte Best-PracticeForschung wesentliche Beiträge. Beispielhaft sei hier die Studie „Best Practice in Marketing“ des Forschungsinstitutes für Absatz und Handel an der Universität St. Gallen genannt. Letztere wählt einen aufgabenbezogenen Ansatz und gelangt zu einer Typologie der „Best Practice in Marketing“ in den so genannten Kernaufgaben der Kundenbindung, Kundenakquisition, Leistungspflege und Leistungsinnovation (Tomczak/Reinecke 1998). Die Interfaktorforschung betrachtet die Dienstleistungsqualität nicht alleine als Erfolgsfaktor, sondern vergleicht sie und ihre Wirkung mit der anderer Erfolgsfaktoren. Beim Unternehmensstrategievergleich wird
15
• Wirkungsorientierte Forschung
• Aufgabenorientierte Forschung
• Interfaktorforschung
16
1 Bedeutung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen
• Intrafaktorforschung
die Bedeutung unterschiedlicher strategischer Grundhaltungen (z. B. Marktorientierung, Kostenorientierung) miteinander verglichen (Fritz 1990; Noble/Sinha/ Kumar 2002). Häufig ist hierbei die Qualitätsstrategie Teil einer übergeordneten Grundhaltung, wie z. B. Markt- oder Kundenorientierung. Exemplarisch kann hier die Studie von Fritz (1990) angeführt werden. Den Ergebnissen seiner Studie zufolge liefert die Marktorientierung einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg. Daneben tragen jedoch in mindestens gleichem Ausmaß Produktions-, Kosten- sowie Mitarbeiterorientierung dazu bei. Diese Befunde entsprechen der Erkenntnis, dass erfolgreiche Unternehmen neben einer marktorientierten Outside-in-Perspektive auch eine auf den Kernkompetenzen aufbauende Inside-out-Perspektive benötigen. Beim Marketingstrategievergleich wird die Erfolgswirkung unterschiedlicher Marketingparameter einander gegenüber gestellt. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das so genannte PIMS-Projekt, das in über 100 Studien die zentralen Dimensionen des Return on Investment und des Cash Flow strategischer Geschäftseinheiten von Unternehmen zu identifizieren versucht. Von herausragender Bedeutung für das Marketing erwies sich dabei die relative, wahrgenommene und überlegene Produktqualität. Sie ermöglicht nicht nur die Durchsetzung relativ höherer Preise, sondern sichert über Marktanteilsgewinne und damit verbundene Kostensenkungspotenziale höhere Renditen (Buzzell/Gale 1989). Die Intrafaktorforschung konzentriert sich auf den Erfolgsfaktor Qualität und untersucht deren Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg. Im Rahmen von Qualitätserfolgsmodellen werden die Auswirkungen einer hohen Qualität differenzierter analysiert. Beispielsweise zeigt eine Studie, dass die Gewinner des Malcom Baldrige National Quality Award an der Börse deutlich besser abschneiden als die Top-500-Unternehmen (NIST 1997). Daneben existieren eine Vielzahl von Studien auf Basis der so genannten Nationalen Kundenbarometer (Bruhn/Murmann 1998), auf deren Grundlage beispielsweise Aussagen über Bedeutungsunterschiede
1.3 Dienstleistungsqualität als empirischer Erfolgsfaktor
einzelner Qualitätsmerkmale in unterschiedlichen Branchen getroffen werden können. Schließlich werden beim Qualitätsstrategievergleich unterschiedliche Ausrichtungen des Qualitätsmanagements einander gegenübergestellt. Grundsätzlich kann dabei ein umsatz- und ein kostenorientiertes Qualitätsmanagement unterschieden werden. In einer Studie von Rust/Moorman/ Dickson (2002) kommt in diesem Zusammenhang nur dem umsatzorientierten Qualitätsmanagement eine signifikante Bedeutung für den Unternehmenserfolg zu – wie von der Erfolgskette des Qualitätsmanagements propagiert. Die unterschiedlichen Studien zum Erfolgsfaktor Dienstleistungsqualität unterstreichen die herausragende Bedeutung des Qualitätsmanagements im Dienstleistungsbereich und geben Hinweise für die Gestaltung eines erfolgreichen Qualitätsmanagements.
17
2
Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
2.1 Begriff und Systematisierung von Dienstleistungen Aus Sicht der Volkswirtschaftslehre werden Dienstleistungen i. d. R. nach institutionellen (Auflistung von Wirtschaftszweigen) und beruflichen (Klassifizierung von Berufen) Kriterien abgegrenzt. Für die Betriebswirtschaftslehre und das Marketing sind diese Merkmale jedoch nur dann zur Unterscheidung von Sachgütern und Dienstleistungen geeignet, wenn ebenfalls eine institutionelle Betrachtungsweise zugrunde liegt (Bank-, Handels-, Touristikmarketing). In diesen Unternehmen ist Dienstleistungsmarketing als Hauptfunktion anzusehen. Demgegenüber wird funktionelles Dienstleistungsmarketing als Nebenfunktion verstanden, die von Sachleistungsbetrieben durchgeführt wird, um den Absatz ihrer Sachgüter durch die bereitgestellten Dienstleistungen, so genannter Value Added Services, zu fördern. Bei einer näheren Untersuchung des Begriffes „Dienstleistungsmarketing“ ist zunächst die Frage der Abgrenzung von Dienstleistungen gegenüber Sachleistungen zu untersuchen. Das Spektrum von Dienstleistungsangeboten ist äußerst breit, wobei sich die Abgrenzung im Einzelfall als schwierig darstellt. So ist beispielsweise sowohl die Möglichkeit der Anprobe beim Fabrikverkauf von Kleidungsstücken als auch die Vermittlung von Ehepartnern als Dienstleistung aufzufassen. Während im ersten Fall der Anteil der Dienstleistung an der Gesamtleistung des herstellenden Unter-
• Institutionelle und funktionelle Abgrenzung von Dienstleistungen
• Dienstleistungen versus Sachleistungen
20
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Spezifische Charakteristika von Dienstleistungen
nehmens als vergleichsweise gering anzusehen ist, wird die Beratung durch eine Partnervermittlung vielfach als annähernd „reine“ Dienstleistung verstanden. Schaubild 2-1 verdeutlicht, dass die Grenze zwischen Sach- und Dienstleistungen asymmetrisch verläuft, da zwar Dienstleistungen ohne Sachleistungsanteil, aber kaum Sachleistungen ohne Dienstleistungsanteil denkbar sind. Diese Darstellung ist auch unter der Bezeichnung Marketing-Verbund-Kasten bekannt (Hilke 1989, S. 4). Vor der Übertragung grundsätzlicher Marketingprinzipien und -methoden auf das Dienstleistungsmarketing ist zu klären, welche spezifischen Charakteristika Dienstleistungen ausmachen, wobei insbesondere die Unterschiede zu Konsumgütern von Interesse sind (Mudie/Cottam 1997; Corsten 2001).
Schaubild 2-1: Der Marketing-Verbund-Kasten
2.1 Begriff und Systematisierung von Dienstleistungen
Dienstleistungen haben tendenziell einen immateriellen Charakter, die eigentliche Kernleistung ist somit nicht greifbar – „intangibel“. Dies heißt jedoch nicht, dass Dienstleistungen immer ohne Sachleistungsanteile darstellbar wären. Zum einen ist das Ergebnis vieler Dienstleistungen untrennbar mit Sachleistungsanteilen verbunden (z. B. Autoreparatur unter Verwendung von Neuteilen), zum anderen benötigen viele Dienstleistungen zwingend eine Sachleistungsinfrastruktur (z. B. Telekommunikationsleistungen in den Funknetzen D1 oder D2), oder der Sachleistungsanteil macht die Dienstleistung zumindest komfortabler (z. B. Ausstattung eines Sprechzimmers bei einem Arzt). Die Trennschärfe dieses Kriteriums ist allerdings nicht so hoch, wie auf den ersten Blick vielleicht zu vermuten wäre. So hängt die Immaterialität einer Leistung weitgehend vom zugrunde liegenden Produktverständnis ab – ebenso wie das Verständnis des relevanten Marktes von Seiten des Unternehmens. So versteht sich ein Automobilhersteller oftmals als Sachgüterproduzent, zugleich wäre bei einer erweiterten Perspektive auch ein Verständnis als Dienstleister zulässig. Nach der ersten Auffassung produziert das Unternehmen Automobile und Nutzfahrzeuge, aus der zweiten Perspektive Mobilität für Personen und Transport von Gütern als Dienstleistung (Unternehmen als „Problemlöser“). In engem Zusammenhang mit der Immaterialität von Dienstleistungen steht ihre Intangibilität. So wird die Qualität von Dienstleistungen vor der Erstellung und somit vor dem Kauf oftmals nur bedingt sinnlich wahrgenommen, in manchen Fällen erschließt sie sich nicht einmal während des Dienstleistungsprozesses oder an dessen Ende (z. B. Diagnose eines Arztes). Zudem sind Dienstleistungen im Gegensatz zu Sachgütern unteilbar, so dass Produktion und Konsumtion simultan erfolgen („Uno-Actu-Prinzip“); ein Merkmal, das schließlich auch das Kriterium der Vergänglichkeit bestimmt. So können Dienstleistungen aufgrund der Gleichzeitigkeit von Herstellung und Verwertung nicht gelagert werden (Lehmann 1995, S. 21ff.; Mudie/Cottam 1997; Corsten 2001). Dieses Argument ist jedoch nicht
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• Dienstleistungen sind tendenziell immateriell, aber nicht ohne Sachleistungsanteile darstellbar
• Abgrenzung ist abhängig von der Perspektive – insbesondere der Produkt- und Marktdefinition
• Dienstleistungen sind intangibel, unteilbar und vergänglich
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2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Notwendigkeit der Integration des externen Faktors
• Dienstleistungen sind standortgebunden
• Dienstleistungen sind kundenindividuell und variabel
für sämtliche Dienstleistungen durchgängig gültig, da Leistungsergebnisse z. T. gelagert bzw. gespeichert und teilweise nach der Herstellung konsumiert werden können, wenn man bei Betrachtung des Konsums einer Leistung ihren Erwerb und ihre Verwertung unterscheidet, z. B. Nutzung von Abschlussberichten von Unternehmensberatungen über Jahre hinweg oder Schutzimpfungen (Maleri 1997). Grundsätzlich ist ein direkter Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager einer Dienstleistung erforderlich, wobei allerdings, z. B. im Finanzdienstleistungsbereich, auch Formen indirekter Kundenbeziehungen zu finden sind. In der Regel spricht man jedoch von der Notwendigkeit der Integration des externen Faktors. Dies bedeutet, dass die Leistungserstellung der Beteiligung des Kunden bedarf. Diese Besonderheit führt hin zum Kriterium der Standortgebundenheit; eine Dienstleistung ist nicht transportfähig. Sie ist i. d. R. am Ort des Dienstleistungsanbieters oder des Kunden zu erstellen. Wie bei der Nichtlagerfähigkeit ist allerdings auch an dieser Stelle anzumerken, dass Leistungsergebnisse in begrenzten Fällen transportierbar sind, z. B. Informationen. Ferner existiert die Standortgebundenheit vor allem, wenn immobile Sachgüter als externe oder interne Faktoren in den Leistungserstellungsprozess eingebracht werden (Maleri 1997). Schließlich ist auch die Individualität bzw. Variabilität als Konsequenz aus der Gleichzeitigkeit von Produktion und Konsumtion ein Abgrenzungskriterium, das Dienstleistungen und Sachleistungen trennt. So wird die Dienstleistung für jeden Kunden jeweils neu erstellt, so dass oftmals sowohl unter statischen als auch unter dynamischen Gesichtspunkten der Leistungsumfang – und dessen Qualität – individuell verschieden ist (Mudie/Cottam 1997, S. 6ff.; Corsten 2001). Betrachtet man die bislang dargestellten Definitionsversuche für den Dienstleistungsbegriff, so lassen sich auf einer übergeordneten Ebene vier Ansätze unterscheiden (Corsten 2001, S. 21ff.):
2.1 Begriff und Systematisierung von Dienstleistungen
(1) Tätigkeitsorientierte Definition Eine sehr weite Auffassung von Dienstleistungen vertritt Schüller (1976, S. 19), der jede menschliche Tätigkeit als Dienstleistung klassifiziert. „Das, was der Mensch tut, um seine physische und psychische Arbeitskraft mit oder ohne Verbindung zur materiellen Güterwelt in den Zweckbereich der menschlichen Bedürfnisbefriedigung zu bringen, ist eine Dienstleistung.“ Aufgrund der Weite dieser Begriffsauffassung ist der Ansatz in manchen Fällen nur bedingt überzeugend, da er nur wenig Raum bietet, dienstleistungsmarketingspezifische Besonderheiten abzuleiten (Meffert/Bruhn 2003, S. 27). (2) Potenzialorientierte Definition Der potenzialorientierten Dienstleistungsinterpretation liegt die Auffassung zugrunde, dass Dienstleistungen vielfach als das durch Menschen oder Maschinen geschaffene Potenzial eines Dienstleistungsanbieters, die Leistung beim Dienstleistungsnachfrager zu erbringen, angesehen wird (Meyer/Mattmüller 1987, S. 187f.). Ein Beispiel hierfür sind die personellen und materiellen Ressourcen einer Bank, die die erbringbare Dienstleistung nach Art und Umfang determinieren. (3) Prozessorientierte Definition Bei der prozessorientierten Betrachtung steht die Dienstleistung als Tätigkeit im Vordergrund. Hier ist insbesondere das „Uno-Actu-Prinzip“ zu berücksichtigen, um der Bedeutung der Gleichzeitigkeit von Produktion und Absatz der Leistung gerecht zu werden. Für das Beispiel einer Bankdienstleistung kommt hier die Beratung der Kunden durch die Bankmitarbeiter in Betracht. (4) Ergebnisorientierte Definition Die ergebnisorientierte Perspektive nimmt schließlich auf das tatsächlich produzierte immaterielle Gut als Konkretisierung des Dienstleistungsprozesses Bezug. Im Falle einer Bank handelt es sich beispielsweise um einen Kredit- oder Sparvertrag.
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• Ansätze zur Definition des Dienstleistungsbegriffes
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2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
In Anlehnung an Meffert/Bruhn (2003, S. 30) liegt folgende Definition zugrunde: • Definition von Dienstleistungen
• Besonderheiten des Dienstleistungsmarketing
• Sicherstellung der Dienstleistungsqualität als „Produktions“- und Marketingproblem
• Möglichkeiten der Systematisierung von Dienstleistungen
• Kriterien zur eindimensionalen Systematisierung
Dienstleistungen sind selbständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind (Potenzialorientierung). Interne und externe Faktoren werden im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren – Menschen oder deren Objekten – nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (Ergebnisorientierung).
Diese Definition bietet auch Ansatzpunkte, um die Besonderheiten des Dienstleistungsmarketing zu verdeutlichen (Meffert 2000, S. 1159; Bruhn 2000a, S. 24). Schaubild 2-2 gibt hierzu einen Überblick. Die charakteristischen Besonderheiten von Dienstleistungen machen deutlich, dass die Erstellung von Dienstleistungsqualität sowohl als „Produktions“problem vor dem Hintergrund des Leistungserstellungsprozesses als auch übergeordnet als Marketingproblem zu verstehen ist. Dies impliziert zugleich,dass eine Beschränkung auf einzelne Submixbereiche des Marketing zu kurz greift, um den vielschichtigen – spezifischen – Aspekten der Dienstleistungserstellung und -vermarktung gerecht zu werden. Insbesondere ist seitens der Dienstleistungsanbieter die Sicherstellung der Dienstleistungsqualität zu gewährleisten, um auf dem hart umkämpften Dienstleistungsmarkt im Wettbewerb zu bestehen. Um den verschiedenen Ausprägungsformen von Dienstleistungen mit den Instrumenten des Marketing besser gerecht zu werden, wurden in der Vergangenheit verschiedene Differenzierungsansätze entwickelt, mit dem Ziel, die Dienstleistungen in mehr oder weniger komplexer Form zu systematisieren. So hat Corsten (2001, S. 32ff.) zahlreiche Kriterien zur eindimensionalen Systematisierung von Dienstleistungen zusammengestellt, die eine – wenn auch nicht vollständige – Einordnung der in der Praxis auftretenden Formen von Dienstleistungen erlauben.
2.1 Begriff und Systematisierung von Dienstleistungen
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Charakteristische Besonderheiten des Dienstleistungsmarketing
Dienstleistungsorientierte Besonderheiten
Extern orientierte Besonderheiten
Intern orientierte Besonderheiten
Hohe Individualität, relativ geringes Standardisierungspotenzial
Bedeutung dauerhafter Kundenbeziehungen
Bedeutung der Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter
Notwendigkeit des Aufbaus von Dienstleistungen als Marken
Image des Dienstleisters als kaufentscheidender Faktor
Systematische Gestaltung des Internen Marketing
Marketing als Bestandteil des Leistungserstellungsprozesses
Bedeutung einer integrierten Kommunikation
Schaffen einer internen Kommunikationsstruktur
Sicherstellung konstanter Qualität als zentrales Marketingproblem
Schaubild 2-2: Charakteristische Besonderheiten des Dienstleistungsmarketing
Grundsätzlich werden im Dienstleistungsbereich oftmals persönliche und automatisierte Dienstleistungen unterschieden. Persönliche Dienstleistungen sind von einem hohen Anteil menschlicher Leistungen gekennzeichnet (z. B. Beratungsleistungen durch Ärzte oder Rechtsanwälte, Opernaufführungen). Diese menschliche Leistungskomponente geht jedoch verloren, wenn persönliche Dienstleistungen mit einem Trägermedium verbunden werden. So entsteht z. B. aus der eigentlich persönlichen Leistung eines Open-Air-Konzerts eine Sachleistung in Form einer „veredelten Dienstleistung“, wenn eine Aufzeichnung auf Audio- oder Videomedien vorgenommen wird (Meyer 1998, S. 119f.). Von automatisierten Dienstleistungen spricht man demgegenüber, wenn eine Dienstleistung durch eine
• Unterscheidung persönlicher Dienstleistungen…
• . …und automatisierter Dienstleistungen
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2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Unterscheidung nach dem Dienstleistungsobjekt
• Unterscheidung von prozess- und ergebnisorientierten Dienstleistungen
Maschine bzw. einen Automaten erstellt wird. Fahrscheinautomaten, Telefon-Banking, Kontoauszugsdrucker, Stiller Telefonalarm oder auch Fax-Polling sind Dienstleistungen, die mit der fortschreitenden Entwicklung der „Neuen Technologien“ in immer weiteren Dienstleistungsbereichen Einzug halten. Der zunehmende Technologieeinsatz ist dabei das Ergebnis der hohen Personalintensität im Dienstleistungsgewerbe und der damit verbundenen hohen Kosten. Von besonderer Bedeutung für die Gestaltung des Dienstleistungsprozesses ist die Unterscheidung nach dem Dienstleistungsobjekt. So sind entweder Menschen Empfänger einer Dienstleistung (z. B. Rechtsberatung, Öffentlicher Personennahverkehr) oder aber Gegenstände (z. B. Reinigungsdienste). Schließlich werden vielfach auch prozessorientierte und ergebnisorientierte Dienstleistungen unterschieden. Steht bei prozessorientierten Dienstleistungen der Leistungserstellungsprozess im Vordergrund (z. B. eine Stadtrundfahrt), so ist bei ergebnisorientierten Dienstleistungen insbesondere die erzielte Wirkung am Dienstleistungsobjekt wesentlich (z. B. jegliche Reparaturleistungen). Welche Abgrenzungsprobleme sich allerdings ergeben können, macht das Beispiel eines Restaurants deutlich. Steht die Nahrungsaufnahme in einem Fast-food-Restaurant primär unter dem Ziel einer schnellen und preiswerten Befriedigung des Grundbedürfnisses „Hunger“ (Ergebnisorientierung), so hat das Essen in einem Sterne-Restaurant i. d. R. einen anderen Charakter. Zwar wird hier natürlich auch einem Grundbedürfnis Rechnung getragen, doch ist der Nachfrager hier überwiegend an einem ganzheitlichen Genusserlebnis interessiert, wodurch die Prozesskomponente in den Vordergrund gerückt wird. Zusammengefasst belegen die einzelnen Formen der Abgrenzung von Dienstleistungen, dass der Charakter einer Dienstleistung wesentlich von räumlichen, zeitlichen oder anderen situativen Faktoren bestimmt wird. Dieser Umstand ist es auch, der die Ableitung allgemein gültiger, theoretisch fundierter Aussagen zum Dienstleistungsbereich erheblich erschwert (Meffert/Bruhn
2.1 Begriff und Systematisierung von Dienstleistungen
2003, S. 26). Einen zusammenfassenden Überblick über die verschiedenen Ausprägungsformen von Dienstleistungen vermittelt Schaubild 2-3. Aufgrund der Komplexität und der Heterogenität des Dienstleistungsbereiches und vor dem Hintergrund des Wunsches, zu allgemein gültigen Aussagen zu gelangen, stellt der von Engelhardt et al. zur Diskussion gestellte Entwurf einer allgemeinen Typologie der Absatzobjekte (vgl. Schaubild 2-4) unter Aufgabe der Trennung in Sach- und Dienstleistungen einen zweckmäßigen Ansatz dar (Engelhardt et al. 1992, S. 37). Ergebnis dieser gütertypologischen Abgrenzung sind vier Basisformen von Leistungen, die sich anhand zweier Hauptdimensionen unterscheiden lassen – dem Immaterialitätsgrad des Leistungsergebnisses und dem Integrationsgrad der betrieblichen Leistungsprozesse: (1) Immaterielles Leistungsergebnis, stark integrativer Leistungserstellungsprozess Typische Beispiele dieser Kategorie sind Beratungsleistungen, die ohne die enge Einbeziehung des Leistungsempfängers nicht denkbar wären, wie z. B. ärztliche oder juristische Beratungsgespräche bzw. Unternehmensberatungsleistungen. (2) Materielles Leistungsergebnis, stark integrativer Leistungserstellungsprozess Auch hier erfolgt die Leistungserstellung in engem Kontakt zum Nachfrager, doch ist das Ergebnis des Produktionsprozesses überwiegend materiell. Beispiele solcher Leistungen finden sich im Anlagenoder Sondermaschinenbau. (3) Materielles Leistungsergebnis, autonomer Leistungserstellungsprozess Vertreter dieser Güterkategorie sind klassische Konsumgüter, die ohne spezifischen Kundenauftrag für den anonymen Markt gefertigt werden. Die Integration der Kundenbedürfnisse findet überwiegend in der Designphase der Leistungen statt, während der Leistungserstellungsprozess die klassischen Merkmale der Massenfertigung aufweist.
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• Entwurf einer Typologie der Absatzobjekte
• Vier Leistungstypen in Abhängigkeit vom Immaterialitäts- und Integrationsgrad
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Schaubild 2-3: Systematik der Wirtschaftsgüter (mit Beispielen)
Wirtschaftsgüter
Realgüter
Nominalgüter
Materielle Güter
Arbeitsleistungen
Informationen
Automatisierte Dienstleistungen
Persönliche Dienstleistungen
an Objekten
Rechte
an Menschen
an Objekten
an Menschen
Quelle: Meffert/Bruhn 2003, S. 41
Ergebnisorientiert
Prozessorientiert
Ergebnisorientiert
Prozessorientiert
Ergebnisorientiert
Prozessorientiert
Ergebnisorientiert
Prozessorientiert
Fensterputzer
Hausüberwachung
Nahverkehr
Touristik
Schuhputzautomat
Parkuhr, Schließfach
Bankautomat
Spielautomat
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Dienstleistungen
Immaterielle Güter
Gruppensprachkurs
Interaktiv
Interaktionsgrad
Unternehmensberatung
Reproduziertes Teil
Datenbankdienst
Integrationsgrad
Individualisiert Standardisiert
Individualisierungsgrad
Gütertransport
Sondermaschine
2.1 Begriff und Systematisierung von Dienstleistungen
Unternehmensberatung
Unabhängig
Quelle: Meffert 1993, S. 12; Engelhardt et al., S. 35
Schaubild 2-4: Typologie der Absatzobjekte nach Engelhardt et al. und deren Erweiterung
Integrativ Versicherungspaket
Autonom
Materiell
Immateriell Immaterialitätsgrad
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2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
(4) Immaterielles Leistungsergebnis, autonomer Leistungserstellungsprozess Beispiele der vierten Güterkategorie sind Telefonansage- oder Datenbankdienste, bei denen sich die Integration des externen Faktors weitgehend auf den Konsum der – ohne Beteiligung der Abnehmer – erstellten Leistungen beschränkt. • Interaktions- und Individualisierungsgrad
Um die Aussagekraft sowie die Handlungs- und Entscheidungsrelevanz dieser Systematisierung weiter zu erhöhen und um zu spezifischen Aussagen für die einzelnen Leistungskategorien zu gelangen, bietet sich eine weitere Ausdifferenzierung der Integrationsdimension durch die Subdimensionen Interaktionsgrad und Individualisierungsgrad an (Maister/Lovelock 1988, S. 67ff.; Wohlgemuth 1989, S. 339f.; Corsten 2001). Ergebnis der Erweiterung der Integrationsdimension ist die in Schaubild 2-4 dargestellte Leistungstypologie (Meffert 1993, S. 12). Sie umfasst zwei Dimensionen: 5 Interaktionsgrad, 5 Individualisierungsgrad.
• Kritische Würdigung
Der Interaktionsgrad ist dabei Ausdruck der grundsätzlichen Einbeziehung des externen Faktors in den Leistungserstellungsprozess. Seine Ausprägungen reichen von einer überwiegend auf Konsum ausgerichteten Funktion bis hin zur echten Interaktion, bei der der Nachfrager unabdingbarer Bestandteil im Prozess der Leistungserstellung ist. Der Individualisierungsgrad umschreibt in diesem Zusammenhang – unabhängig von der Integration des externen Faktors – das Ausmaß der Spezialisierung der erstellten Leistung. Der von Engelhardt et al. vorgeschlagene Verzicht auf die Unterscheidung in Sach- und Dienstleistungen erscheint dabei allerdings nicht sinnvoll. Die klassische Einteilung repräsentiert vielmehr die beiden Extremausprägungen eines Kontinuums, innerhalb dessen eine eindeutige Zuordnung für einzelne Absatzobjekte nur bedingt möglich erscheint (Meffert/Bruhn 2003, S. 38). Für einen den unterschiedlichen Ausprägungsformen
2.1 Begriff und Systematisierung von Dienstleistungen
von Dienstleistungen angemessenen Einsatz des Marketing- und Qualitätsmanagementinstrumentariums reichen die bislang vorgestellten Systematisierungsansätze noch nicht aus. Um dem Ziel der Identifikation von in sich möglichst homogenen Dienstleistungssegmenten näher zu kommen, sind weitere Unterscheidungsmerkmale von Dienstleistungen auf ihre Brauchbarkeit zur Typologisierung hin zu untersuchen. Beispielsweise werden Dienstleistungen oftmals auch nach der Art der Nutzung in konsumtive und investive Dienstleistungen unterschieden. So erreichen Tourismusleistungen den Verbraucher i. d. R. als Letztverwender (konsumtive Dienstleistung), während Weiterbildungsveranstaltungen für Mitarbeiter eines Unternehmens vermehrt als investive Dienstleistung charakterisiert werden. Die Art der Verwendung führt hier vielfach – ebenso wie bei Sachgütern – dazu, dass dieselbe Leistung (z. B. mobiles Telefonieren) je nach Abnehmer oder Verwendungssituation dem konsumtiven oder investiven Bereich zugeordnet wird. Die wechselseitigen Zuordnungsmöglichkeiten gleichartiger Dienstleistungen zeigen sich auch bei der Unterscheidung in kommerzielle und nichtkommerzielle Dienstleistungen. So hat eine psychologische Beratung bei der Beratungsstelle einer Universität nichtkommerziellen Charakter, während ein ähnliches Gespräch bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten kommerziellen Charakter hat. Welche Implikationen sich für das Qualitätsmanagement von Dienstleistungen bereits aus einer eindimensionalen Systematisierung ergeben, wird am Beispiel konsumtiver bzw. investiver Dienstleistungen aufgezeigt. Sind konsumtive Dienstleistungen durch einen diskreten Zeithorizont gekennzeichnet (der Dienstleistungsprozess ist nach einer gewissen Zeit abgeschlossen), so haben investive Dienstleistungen vielfach einen stärkeren Bindungscharakter. Die Entscheidung für eine investive Dienstleistung steht demnach i. d. R. für eine längerfristige Kundenbeziehung, in welcher der Fokus auf der Gewährleistung einer kontinuierlich hohen Dienstleistungsqualität gegenüber ein und dem-
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• Weitere Unterscheidungsmerkmale von Dienstleistungen
• Konsumtive und investive Dienstleistungen
• Kommerzielle und nichtkommerzielle Dienstleistungen
• Beispielhafter Unterschied zwischen konsumtiven und investiven Dienstleistungen
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2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
selben Kunden zu liegen hat. Das Qualitätserleben wird hierbei in sehr viel stärkerem Maße von einer Vielzahl eigener Erfahrungen geprägt als dies bei der Inanspruchnahme zeitlich befristeter konsumtiver Dienstleistungen der Fall ist. Aufschlussreicher für die weitere Betrachtung sind die zweidimensionalen Systematisierungsansätze. So unterscheidet Lovelock nach dem Charakter von Dienstleistungen in tangible und intangible Prozesse sowie nach dem Empfänger der Dienstleistung in Menschen oder Objekte (Lovelock/Wright 2002; vgl. Schaubild 25). Nach dieser Klassifizierung lassen sich vier Typen von Dienstleistungsprozessen unterscheiden:
Welchen Charakter hat der Dienstleistungsprozess?
Wer oder was ist der direkte Empfänger der Dienstleistung? Mensch Dienste, die auf den menschlichen Körper gerichtet sind: – Gesundheitswesen – Schönheitssalons – Restaurants
Dienste, die auf Güter oder andere physische Besitztümer gerichtet sind: – Fracht-/Transportwesen – Reparatur- oder Unterhaltungsservice – Reinigungsunternehmen – Müllverbrennungsunternehmen
Physische Präsenz des Kunden erforderlich
Physische Präsenz des Kunden nicht erforderlich
Dienste, die auf den Intellekt des Menschen gerichtet sind: – Ausbildung – Rundfunk und TV – Informationsdienste – Theater
Dienste, die auf unberührbare Vermögenswerte gerichtet sind: – Bankwesen – Steuerberater – Versicherungswesen – Rechtsberatung
Geistige Präsenz des Kunden erforderlich
Geistige Präsenz des Kunden nur zeitweise erforderlich
Berührbar (Tangibel)
Unberührbar (Intangibel)
Objekt
Quelle: nach Lovelock/Wright 2002, S. 34
Schaubild 2-5: Charakter des Dienstleistungsprozesses
2.2 Ansätze des Qualitätsbegriffs
(1) Tangible Prozesse, bei denen der Kunde selbst Empfänger der Dienstleistung ist, (2) Tangible Prozesse, bei denen ein Objekt des Kunden Empfänger der Dienstleistung ist, (3) Intangible Prozesse, bei denen der Kunde Leistungsempfänger ist, (4) Intangible Prozesse, bei denen ein Objekt des Kunden Leistungsempfänger ist.
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• Vier Typen von Dienstleistungsprozessen
2.2 Ansätze des Qualitätsbegriffs Das Wort „Qualität“ hat seinen Ursprung im Lateinischen („qualis“ = wie beschaffen) und umschreibt nach allgemein sprachlicher Auffassung „Beschaffenheit“, „Güte“ oder „Wert“ eines Objektes. Skizziert diese semantische Betrachtung des Begriffes schon die grundsätzliche Richtung des Verständnisses, so lässt sich allerdings noch keine Aussage darüber ableiten, welche Instanz die Einschätzung der Qualität – der Güte – vornimmt. Und auch über diese Fragestellung hinaus ist die aktuelle Qualitätsdiskussion von Missverständnissen und Fehldeutungen geprägt. Die heterogenen und diffusen Auffassungen über „Qualität“, die vielfach sowohl für Sach- als auch für Dienstleistungen gültig sind, machen deutlich, dass es bis heute nicht gelungen ist, ein tragfähiges und allgemein akzeptiertes Qualitätsverständnis zu schaffen. Die Ausführungen zum Verständnis der Qualität reichen von umgangssprachlichen Wortdeutungen bis hin zu sehr abstrakten Definitionen des Qualitätsbegriffes für die Praxis. Qualität wird im Folgenden gemäß der Definition der Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V. als „… die Gesamtheit von Merkmalen (und Merkmalswerten) einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“, verstanden. „Qualität“ bezeichnet damit die „realisierte Beschaffenheit einer Einheit bezüglich der Qualitätsforderung“ (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b). „Qualitätsforderung“ steht nach dieser Auffassung für die „Gesamtheit der betrachteten Einzelforderun-
• Definition des Begriffes Qualität
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2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Ansätze der Qualitätsdefinition
• Produktbezogener Qualitätsbegriff
• Kundenbezogener Qualitätsbegriff
• Objektive versus subjektive Qualitätsperspektive
gen an die Beschaffenheit einer Einheit in der betrachteten Konkretisierungsstufe der Einzelforderungen“. „Beschaffenheit“ umschreibt die „Gesamtheit der Merkmale und Merkmalswerte einer Einheit“ (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b). Der Begriff „Einheit“ steht dabei für Produkte oder Tätigkeiten und wird somit oftmals auch für Dienstleistungen genutzt. Auch diese Definition konkretisiert allerdings noch nicht, von welcher Institution bzw. von welchem Personenkreis (Kunde, Mitarbeiter, Unternehmen) die Maßstäbe zur Qualitätsbeurteilung festgelegt werden (Bruhn 2000a). Die Betrachtungsweise der Deutschen Gesellschaft für Qualität verbindet damit zwei zentrale Ansätze der Qualitätsdefinition (Bruhn 2000a): (1) Produktbezogener Qualitätsbegriff Hiernach wird Qualität von Dienstleistungen vielfach als Summe bzw. Niveau der vorhandenen Eigenschaften verstanden. Diese – enge – Auffassung rückt die Betrachtung objektiver – insbesondere im Dienstleistungsbereich schwer beobachtbarer – Kriterien in den Vordergrund („product-based“). (2) Kundenbezogener Qualitätsbegriff Die Qualitätsbetrachtung aus Kundenperspektive („user-based“) ist demgegenüber auf die Wahrnehmung der Produkteigenschaften bzw. Leistungen durch den Kunden fokussiert. Letztlich entscheiden nicht allein die objektiv vorhandenen Qualitätsmerkmale über die Qualitätsposition einer Dienstleistung im Insystem des Kunden. Diese Positionierung erfolgt vielmehr vor dem Hintergrund eines subjektiven Urteils über die von ihm als wichtig erachteten Eigenschaften (Bruhn/Hennig 1993, S. 216f.). Probleme entstehen für Unternehmen vor allem, wenn sich die Qualität aus objektiver bzw. unternehmensseitiger und subjektiver bzw. kundenseitiger Perspektive stark unterscheiden (vgl. Schaubild 2-6). Die beiden grundsätzlichen Perspektiven der Produktund Kundenorientierung werden durch Garvin um drei Auffassungen erweitert (Garvin 1984, S. 25ff.).
2.2 Ansätze des Qualitätsbegriffs
Objektive Sicht
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Qualität objektiv schlecht
Qualität objektiv gut
Qualität subjektiv schlecht
Desaster
Kommunikationsproblem
Qualität subjektiv gut
Zeitbombe
Idealzustand
Subjektive Sicht
Quelle: Krämer/Mauer 1998, S. 147
Schaubild 2-6: Bewertung einer Leistung aus objektiver und subjektiver Sicht
So führt der absolute Qualitätsbegriff zu einer Beurteilung, die Qualität als das Maß der Güte einer Leistung angibt, die häufig durch verschiedene Klassen (z. B. „gut“, „mittel“, „schlecht“) kategorisiert wird. Dieses Verständnis kommt dem umgangssprachlichen Qualitätsverständnis sehr nahe. Der herstellungsorientierte Qualitätsbegriff geht von einer Definition von Qualitätsstandards für die Dienstleistungserstellung aus und sieht diese als ein Maß für die Qualitätskontrolle. Ob es sich hierbei um subjektive oder objektive Maßstäbe handelt, ist damit noch nicht festgelegt. Aus Kundenperspektive lässt sich ein wertorientierter Qualitätsbegriff definieren, der die Dienstleistungsqualität als das Ergebnis eines Beurteilungsprozesses durch den Kunden aus der Preis-Leistungs-Perspektive ansieht. Dieser entscheidet, ob eine bestimmte Leistung ihren Preis „wert“ ist und damit, ob ein spezifisches Niveau der Dienstleistungsqualität bei der Leistungserstellung erreicht werden konnte (Garvin 1984, 1988a; Bruhn 2000a, S. 24f.).
• Qualitätsbegriff
• Herstellungsorientierter Qualitätsbegriff
• Wertorientierter Qualitätsbegriff
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2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Spannungsfeld hinsichtlich der Beurteilung der Qualität einer Dienstleistung
• Anforderungen aus Kundensicht
Trotz der geforderten Betonung der Kundenperspektive darf die Festlegung von Anforderungen an die Dienstleistungsqualität keinesfalls eindimensional bzw. einseitig aus Kundensicht erfolgen. Die Qualität einer Dienstleistung steht vielmehr in einem Spannungsfeld, das sich aus der Sicht der Kunden, der Wettbewerber und des eigenen Unternehmens ergibt (Bruhn 2000a, S. 29ff.; vgl. auch Schaubild 2-7). Die Anforderungen aus Kundensicht haben für ein Dienstleistungsunternehmen als der zentrale Maßstab zur Bestimmung der Dienstleistungsqualität zu gelten. Gegenstand der Erwartungen der aktuellen und potenziellen Kunden sind dabei sowohl das Ergebnis als auch der Prozess der Dienstleistungserstellung. Determinanten der Erwartungen sind zugleich individuelle und situationsabhängige Ansprüche an eine Problemlösung wie auch Erfahrungen mit der Dienstleistung und dem Dienstleister in der Vergangenheit, die Mund-zu-MundKommunikation mit dem Anbieter oder anderen Nachfragern sowie die externe Unternehmenskommunikati-
Kunden Kundenbezogener Qualitätsbegriff Qualitätsanforderungen Produktbezogener Qualitätsbegriff Unternehmen
Wettbewerb
Schaubild 2-7: Ansatzpunkte für die Definition der Dienstleistungsqualität
2.3 Begriff der Dienstleistungsqualität
on des Anbieters (Parasuraman et al. 1985, S. 44f.; Bruhn 2000a, S. 30). Anforderungen aus Wettbewerbssicht rücken die Frage der Profilierung eines Dienstleistungsanbieters gegenüber den (Haupt-)Konkurrenten in den Mittelpunkt. Das Verständnis von Dienstleistungsqualität entspricht in diesem Fall der Suche nach Wettbewerbsvorteilen gegenüber konkurrierenden Anbietern. Deren realisiertes Qualitätsniveau als die Mindestqualität der eigenen Dienstleistungen wird genutzt, um eine umfassende, konkurrenzorientierte Qualitätsstrategie abzuleiten (Heskett 1986, S. 48ff.). Aus Unternehmenssicht werden die Anforderungen an die Dienstleistungsqualität schließlich durch die Fähigkeit und/oder die Bereitschaft eines Dienstleistungsanbieters zur Sicherung eines bestimmten Niveaus der Dienstleistungsqualität bestimmt. Grundlage dieser Anforderungen sind beispielsweise der Stellenwert des Faktors Qualität in der Unternehmens-/Marketingstrategie, die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter oder auch die Aussagen, die im Rahmen der Unternehmenskommunikation über das Dienstleistungsergebnis bzw. den Dienstleistungsprozess an die Kunden vermittelt werden.
2.3 Begriff der Dienstleistungsqualität Aufgrund der Besonderheiten von Dienstleistungen führt eine weite Auffassung des Qualitätsbegriffes aus Kundensicht unter angemessener Berücksichtigung der Wettbewerbs- und Unternehmensperspektive am weitesten. So erfüllen Dienstleistungen zwar oftmals die grundsätzlich an sie gestellten – produktbezogenen – Anforderungen; werden sie jedoch anderen Erfordernissen aus Kundensicht nicht gerecht, ist nicht von guter Dienstleistungsqualität zu sprechen. Beispiel: Ein in technischer Hinsicht perfekter Flug ist für einen Geschäftsreisenden vielfach von unzureichender Qualität – und damit vollkommen wertlos –, wenn er aufgrund einer Verspätung einen vereinbarten Termin nicht erreicht.
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• Anforderungen aus Wettbewerbssicht
• Anforderungen aus Unternehmenssicht
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2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Aufbauend auf einer Verknüpfung der verschiedenen Qualitätsbegriffe und vor dem Hintergrund der konstitutiven Besonderheiten von Dienstleistungen wird Dienstleistungsqualität wie folgt definiert (Bruhn 2000a, S. 29): • Definition des Begriffes Dienstleistungsqualität
Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung gemäß den Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmale der Dienstleistung, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden.
Nach dieser Definition ist Dienstleistungsqualität die Beschaffenheit einer Leistung, die ein bestimmtes Leistungsniveau (exzellent bis außerordentlich schlecht) repräsentiert. Die Erwartungen an das Leistungsniveau werden aus Sicht des Leistungsempfängers – des Kunden – festgelegt. Aus diesem Grund ist ein absoluter Qualitätsbegriff im Dienstleistungsbereich oftmals nicht befriedigend, er wird den subjektiven (und damit auch relativen) Ansprüchen – den „Einzelanforderungen an die Beschaffenheit einer Einheit“ – nicht gerecht. Für die Messung der Dienstleistungsqualität ist die Verknüpfung von produkt- und kundenorientiertem Qualitätsverständnis am hilfreichsten. Die hier erzielten Ergebnisse sind Ausgangspunkt der Maßnahmen zur Sicherstellung der Qualität, die ihren organisatorischen Hintergrund in einem ausgebauten Qualitätsmanagementsystem zu finden haben. Unter Qualitätsmanagement wird dabei die „Gesamtheit der qualitätsbezogenen Tätigkeiten und Zielsetzungen“ verstanden (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b). Bei einer starken organisatorischen Verankerung des Qualitätsmanagements im Unternehmen werden verschiedene Stufen im Qualitätsmanagementprozess unterschieden, welche die Qualitätsplanung, die Qualitätslenkung, die Qualitätsprüfung und die Qualitätsmanagementdarlegung umfassen (DIN ISO-Norm 9004).
2.4 Determinanten der Dienstleistungsqualität
39
2.4 Determinanten der Dienstleistungsqualität Gemäß der Definition der Dienstleistungsqualität entsteht diese in der Wahrnehmung der Kunden durch den Vergleich der wahrgenommenen Leistung und der Kundenerwartungen (Parasuraman et al. 1988). Dementsprechend lassen sich auf der Definitionsebene zwei zentrale Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität identifizieren (vgl. Schaubild 2-8):
• Entstehung von Dienstleistungsqualität
(1) Gelieferte und wahrgenommene Dienstleistung, (2) Erwartungen an die Dienstleistung. Im Rahmen der Kontakte, bei denen die internen Faktoren, d. h. die Leistungspotenziale des Dienstleistungsanbieters (z. B. Mitarbeiter, Servicetechnologien), und die externen Faktoren, d. h. der Kunde selbst oder seine Verfügungsobjekte (z. B. sein Auto bei der Autoreparatur oder sein Vermögen bei der Geldanlage), aufeinander treffen, findet die Erstellung der Dienstleistung statt. Die Leistung eines Zahnarztes wird dadurch erstellt, dass der Dienstleistungsanbieter, d. h. der Zahnarzt, am externen Faktor, in diesem Fall dem Kunden, Verrichtungen vornimmt, die dem Kunden einen Nutzen stiften. Dieser Erstellungsprozess, d. h. die Dienstleistung, wird vom Kunden in gewisser Weise wahrgenommen.
Wahrgenommene Dienstleistungsqualität
Gelieferte und wahrgenommene Dienstleistung
Erwartungen an die Dienstleistung
Schaubild 2-8: Determinanten der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität
• Gelieferte und wahrgenommene Dienstleistungsqualität
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2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Wirkung der Kundenerwartungen auf die Dienstleistungsqualität
• Begriff der Kundenerwartungen
• Typen von Kundenerwartungen
Positive Ereignisse im Rahmen der Leistungserstellung führen zu einer positiven Leistungswahrnehmung; der Kunde empfindet, eine „gute“ Leistung empfangen zu haben. Vice versa verhält es sich bei negativen Erlebnissen im Kontakt zum Anbieter im Rahmen der Leistungserstellung. Folglich beeinflusst die gelieferte Leistung bzw. die Wahrnehmung der Leistung durch den Kunden die wahrgenommene Dienstleistungsqualität direkt. Studien zur Dienstleistungsqualität (vgl. z. B. Parasuraman et al. 1988; Boulding et al. 1993) zeigen jedoch, dass der Wahrnehmungsprozess des Kunden in Bezug auf die Dienstleistungsqualität – also nicht die Dienstleistung an sich – komplexer verläuft. Die gleiche Leistung wird vielfach von zwei Kunden durchaus unterschiedlich wahrgenommen. Beispielsweise nimmt ein Studierender, der gewöhnlich nicht in Hotels übernachtet, die Leistungen eines 4-Sterne-Hotels anders wahr als ein Vorstandsvorsitzender, der für gewöhnlich in 5Sterne-Hotels wohnt. Der Schlüssel zum Verständnis dieses komplexen Wahrnehmungsprozesses liegt in der zweiten Determinante der Dienstleistungsqualität neben der Dienstleistung selbst: den Kundenerwartungen. Generell werden Erwartungen eines Individuums als ein psychologischer Zustand aufgefasst, der sich auf zukünftige Verhaltenskonsequenzen für das Individuum bezieht (van Raaij 1991, S. 401f.). Hinsichtlich der Leistungen eines Unternehmens bezeichnen die Kundenerwartungen einen psychologischen Zustand, der die zukünftige Inanspruchnahme der Leistungen eines Dienstleisters betrifft. Bei einer Konkretisierung des Begriffes der Kundenerwartungen wird bereits bei einer Betrachtung des allgemeinen Sprachgebrauchs deutlich, dass die Definition der Kundenerwartungen vielschichtiger ist. Fordert der Vorgesetzte von seinem Mitarbeiter „Ich erwarte den Bericht bis Mittwoch!“, wird eine andere Form der Erwartung angesprochen als bei der Voraussage des Vorgesetzten „Ich erwarte nicht, dass er den Bericht bis Mittwoch fertig hat.“ Dieser Differenzierung des Erwartungsbegriffs im allgemeinen Sprachgebrauch folgend werden grund-
2.4 Determinanten der Dienstleistungsqualität
41
sätzlich zwei Typen von Kundenerwartungen unterschieden (vgl. Liljander 1994; Ngobo 1997, S. 63f.; vgl. Schaubild 2-9): (1) Prädiktive Erwartungen haben antizipierenden Charakter, indem der Kunde durch sie zum Ausdruck bringt, welches Leistungsniveau er vor Inanspruchnahme der Leistung vorhersieht bzw. für wahrscheinlich hält (vgl. Oliver 1980, S. 460; Cadotte et al. 1987, S. 305; Tse/Wilton 1988, S. 205). (2) Dahingegen stellen normative Erwartungen eine Forderung des Kunden an den Dienstleister dar und bezeichnen das Leistungsniveau, das der Kunde vom Unternehmen verlangt (vgl. Parasuraman et al. 1988; Teas 1993, S. 19)
• Prädiktive versus normative Kundenerwartungen
Die Kundenerwartungen stellen die zentrale Größe bei der Beurteilung der Qualität von Leistungen dar (vgl. Bearden/Teel 1983; Parasuraman et al. 1988; Johnston 1994; Spreng et al. 1996). Im Hinblick auf die Richtung, Stärke und Direktheit der Beeinflussung bestehen sowohl unterschiedliche theoretische Erklärungsansätze als auch unterschiedliche empirische Ergebnisse (vgl. z. B. Swan/Trawick 1980, 1982; Gupta/Stewart 1996; Bruhn/Georgi 2000; Georgi 2000). Diese lassen sich für die beiden Erwartungstypen wie folgt zusammen fassen (vgl. Schaubild 2-10): (1) Prädiktive Erwartungen wirken sich positiv auf die wahrgenommene Dienstleistungsqualität aus. Prädiktive Erwartungen entsprechen einer Einschätzung des Kunden in Bezug auf eine zukünftig zu erhaltende Leistung. Wird diese Einschätzung nicht bestätigt, hat der Kunde sich geirrt. Unbewusst versucht der Kunde allerdings einen Irrtum zu vermeiden. Entsprechend passt er die tatsächlich erhaltene Leistung in seiner Wahrnehmung an seine prädiktiven Erwartungen an. Damit führen hohe prädiktive Erwartungen tendenziell zu einer positiveren Qualitätswahrnehmung.
• Beeinflussung der Leistungsbeurteilung durch die prädiktiven...
42
Schaubild 2-9: Überblick über Erwartungstypen
Cadotte et al. 1987
Cadotte et al. 1987
Zeithaml et al. 1987
Quelle: Bruhn/Georgi 2000, S. 188
Olson/Dover 1979; Oliver 1980; Cadotte et al. 1987; Bouilding et al. 1993
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Parasuraman et al. 1988; Boulding et al. 1993
2.4 Determinanten der Dienstleistungsqualität
43
Prädiktive
Erwartungen Prädiktive Erwartungserfüllung Leistungswahrnehmung
Leistungsbeurteilung
Normative Erwartungserfüllung Normative Erwartungen
Quelle: Georgi 2000, S. 58
Schaubild 2-10: Beeinflussung der Leistungsbeurteilung durch die Kundenerwartungen
(2) Normative Erwartungen stellen Forderungen an den Dienstleistungsanbieter dar. Erfüllt die Leistung des Anbieters diese Forderungen nicht, „bestraft“ der Kunde den Anbieter mit einer schwächeren Qualitätswahrnehmung. Normative Erwartungen und wahrgenommene Dienstleistungsqualität hängen negativ miteinander zusammen. Je höher die normativen Erwartungen des Kunden sind, desto schwieriger ist es für den Anbieter, diese zu erfüllen und entsprechend dem Kunden eine hohe Qualität zu liefern. Die Kundenerwartungen spielen auch bei der Bestimmung des optimalen Qualitätsniveaus eine Rolle. Unter Effizienzgesichtspunkten ist eine Strategie der Qualitätsoptimierung anzustreben. Optimierung ist dabei als die möglichst exakte Ausrichtung der Qualitätsmaßstäbe des Unternehmens an den Kundenerwartungen anzusehen. Soweit die Kunden die besondere Qualitätsstellung des Unternehmens nicht mehr wahrnehmen bzw. beurteilen können, ist die Übererfüllung der Kun-
• ...und normativen Erwartungen
• Bestimmung des optimalen Qualitätsniveaus durch Kundenerwartungen
44
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Unterschiedliche Erwartungen an die Dienstleistungsqualität... • ...führen zu unterschiedlichen Anfor-
denerwartungen aus Kosten- und Ertragsgesichtspunkten kontraproduktiv. So führen ab einem bestimmten, individuell zu bestimmenden Qualitätsniveau Verbesserungen der Dienstleistungsqualität zu überproportionalen Kostensteigerungen. Ein besonders hoher Qualitätsstandard wird aber lediglich bedingt vom Kunden über eine erhöhte Preisbereitschaft honoriert. Die Optimierung der Dienstleistungsqualität setzt an den unterschiedlichen Erwartungen an, die die Kunden an eine Dienstleistung haben. Ausgehend vom Kano-Modell werden drei Arten von Anforderungen unterschieden, deren Erfüllung einen unterschiedlichen Einfluss auf die wahrgenommene Dienstleistungsqualität haben (Kano 1984; Berger et al. 1993):
derungen. • Einteilung der Anforderungen nach dem Kano-Modell in Muss-Anforderungen,
• ...Soll-Anforderungen und
(1) Basisanforderungen Basisanforderungen sind Muss-Kriterien einer Dienstleistung, deren Nichterfüllung zu eine negativen Qualitätswahrnehmung bei den Kunden führt. So ist heute in vielen Branchen ein gutes Produkt bereits eine Basisanforderung des Kunden (z. B. ein Kredit zu einem bestimmten Zinssatz und festgelegten Tilgungsmodalitäten). Eine positive Differenzierung vom Wettbewerb ist hierüber kaum noch möglich. Die Anforderungen werden von den Kunden vorausgesetzt, so dass deren Erfüllung nicht als erhöhte Dienstleistungsqualität wahrgenommen wird. (2) Leistungsanforderungen Bei Leistungsanforderungen verhält sich die wahrgenommene Dienstleistungsqualität proportional zum Erfüllungsgrad: je höher der Erfüllungsgrad, desto höher ist die wahrgenommene Dienstleistungsqualität. Im Gegensatz zu den Basisanforderungen, die von den Kunden als selbstverständlich angenommen und deshalb nicht explizit verlangt werden, werden Leistungsanforderungen von den Kunden deutlich artikuliert (z. B. kompetente Beratung in einer Bank). Man spricht auch von Soll-Kriterien einer Dienstleistung.
2.4 Determinanten der Dienstleistungsqualität
45
(3) Begeisterungsanforderungen Unter Begeisterungsanforderungen werden jene Leistungskriterien gefasst, deren Erfüllung zu einer überproportional hohen Wahrnehmung der Dienstleistungsqualität führen. Eine Nichterfüllung dieser Anforderungen führt nicht zu einer schwächeren Qualitätswahrnehmung. Diese so genannten KannKriterien einer Dienstleistung werden von den Kunden nicht explizit formuliert und auch nicht erwartet. Beispiele sind hier vor allem in einer hervorragenden Kundeninteraktion zu suchen (z. B. neutraler Vergleich mit Kreditangeboten anderer Banken durch den Berater).
• ...Kann-Anforde-
Aus dieser Klassifizierung der Anforderungen an eine Dienstleistung werden Prioritäten für die Ausgestaltung des Dienstleistungsangebots im Sinne einer Qualitätsoptimierung abgeleitet. Aufgrund der zunehmenden Homogenisierung des Dienstleistungsangebots hat sich der Wettbewerb in den letzten Jahren auf die Ebene der Begeisterungsanforderungen verlagert (Bailom et al. 1996, S. 118). Unternehmen versuchen, die Potenziale dieser Anforderungskategorie zu nutzen, um sich gegenüber den Wettbewerbern zu differenzieren und bei den Kunden eine hohe Zufriedenheit zu erzielen. Die Übererfüllung dieser Anforderungen führt zwar auf der einen Seite oftmals zur Wahrnehmung einer hohen Dienstleistungsqualität, auf der anderen Seite sind damit auch hohe Kosten verbunden. Problematisch ist weiterhin, dass diese Anforderungen meist keinen langfristigen Charakter haben. Zum einen werden KannKriterien sehr schnell von Wettbewerbern imitiert und zum anderen führt die Erfüllung solcher Begeisterungsanforderungen kontinuierlich zu höheren Erwartungen bei den Konsumenten, so dass längerfristig aus Begeisterungsanforderungen Basisanforderungen werden („Erwartungsspirale”). Bei der Fokussierung auf Begeisterungsanforderungen werden häufig die Basisanforderungen vernachlässigt und das dahinter stehende Unzufriedenheitspotenzial bei deren Nicht-Erfüllung übersehen.
• Priorisierung von
rungen.
Aktivitäten der Qualitätsoptimierung
• Die Erfüllung der Begeisterungsanforderungen…
46
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• …darf nicht zu einer Vernachlässigung der Basisanforderungen führen.
• Klassifikation von Qualitätsmerkmalen bei Skigästen
Dies führt vielfach dazu, dass Kunden trotz der Erfüllung von Begeisterungsanforderungen unzufrieden sind, da die Muss-Kriterien unerfüllt bleiben. Im Rahmen der Optimierung der Dienstleistungsqualität ist deshalb die Sicherstellung der Erfüllung von Basisanforderungen zu gewährleisten. Basisanforderungen stellen das Fundament der Qualitätswahrnehmung dar, bei dem das notwendige Qualitätsniveau sichergestellt werden muss. Während Begeisterungsanforderungen unter Kostengesichtspunkten durchaus rationalisiert werden können, haben solche Überlegungen bei Basisanforderungen nicht Platz zu greifen. Schließlich ist es wichtig, bei den Mitarbeitern ein Bewusstsein für die einzelnen Anforderungsebenen zu schaffen. Ein Mitarbeiter hat kundenindividuell im Dienstleistungserstellungsprozess die Erwartungen als Basis-, Leistungs- und/oder Begeisterungsanforderung zu identifizieren und die Qualitätsmaßstäbe des Unternehmens möglichst exakt an den individuellen Kundenbedürfnissen auszurichten. Veranschaulicht wird dieser Ansatz im Beispiel 2-1 zur „Bedeutung von Qualitätsmerkmalen der Arlberg-Region“. Beispiel 2-1: Bedeutung von Qualitätsmerkmalen der Arlberg-Region Ziel einer Untersuchung in St. Anton und generell der Arlberg-Region war die Identifizierung von Bedeutungsunterschieden des Dienstleisters „ArlbergRegion“ aus Sicht von Gästen der Gegend (Matzler et al. 2001). Hierzu wurden während der Ski-WM 2001 in St. Anton Gäste im Hinblick auf ihre Zufriedenheit befragt. Dabei wurden die Gäste befragt bezüglich ihrer − Gesamtzufriedenheit anhand einer 5er-Skala, − Zufriedenheit mit 18 Einzelmerkmalen anhand
einer 5er-Skala, − Wichtigkeit der 18 Einzelmerkmale durch Angabe der 5 wichtigsten Merkmale durch jeden Probanden.
2.4 Determinanten der Dienstleistungsqualität
47
− Neben der direkten Abfrage der Wichtigkeit (ex-
plizite Wichtigkeit) ist zudem mit einer Regressionsanalyse die implizite Wichtigkeit der einzelnen Merkmale ermittelt worden. Diese wurde mittels der Messung des Einflusses der einzelnen Merkmale auf die Gesamtzufriedenheit bestimmt. Damit lagen explizite und implizite Wichtigkeitswerte vor, mit denen die 18 Qualitätsmerkmale nach ihrer Priorität geordnet werden konnten. Dabei wurden die Merkmale vier Gruppen zugeordnet (vgl. Schaubild 2-11): (1) Begeisterungsfaktoren (geringe explizite Wichtigkeit, hohe implizite Wichtigkeit): Servicekompetenz des Personals (Veranstaltung), Familienund Kinderfreundlichkeit, Rahmenprogramm zur Weltmeisterschaft. (2) Wichtige Leistungsfaktoren (hohe explizite Wichtigkeit, hohe implizite Wichtigkeit): Zubringerdienste/Shuttle zu Veranstaltungen, Organisation der Veranstaltung, Atmosphäre bei den Veranstaltungen, Servicequalität des Personals (Veranstaltung). (3) Unwichtige Leistungsfaktoren (geringe explizite Wichtigkeit, geringe implizite Wichtigkeit): Beschilderung/Leitsystem/Orientierungshilfen, Wartezeiten, Einkaufsmöglichkeiten in St. Anton. (4) Basisfaktoren (hohe explizite Wichtigkeit, geringe implizite Wichtigkeit): Anreisemöglichkeiten, Information/Informationsqualität, Bewirtung/Verpflegung, Unterhaltungsprogramm während der Veranstaltung, Skigebiet, Après-Ski/Abendprogramm. Die unterschiedlichen begrifflichen Auffassungen von Qualität machen deutlich, dass der erste Schritt auf dem Weg zu einem Qualitätsmanagementsystem in der Bestimmung der relevanten Dimensionen der Dienstleistungsqualität zu suchen ist. Als Qualitätsdimensionen sind dabei die verschiedenen, durch unternehmensinterne und -externe Zielgruppen wahrgenommenen Qualitätseigenschaften zu verstehen.
• Notwendigkeit der Bestimmung der relevanten Dimensionen der Dienstleistungsqualität
48
0.6
(Regressionskoeffizient)
Familien-/Kinderfreundlichkeit Servicekompetenz des Personals (Veranstaltung)
Zubringerdienst/Shuttle Servicequalität des zu Veranstaltungen Personals (Veranstaltung)
0.5
Organisation der Veranstaltung Rahmenprogramm zur WM Atmosphäre bei der Veranstaltung
0.45 Unterhaltungsprogramm während Veranstaltung
0.4
Aprés-Ski/Abendverkauf Bewirtung/Verpflegung
Einkaufsmöglichkeiten in St. Anton
0.35
Wartezeiten
Information/ Informationsqualität Anreisemöglichkeiten nach St. Anton
Skigebiet
0.3 Beschilderungen/Leitsystem/Organisation
0.25 0.2 0. 01
0. 06
0. 11
Explizite Wichtig keit (Anteil der Nennungen)
0.16
0.21
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Implizite Wichtigkeit
0.55
Quelle: Matzler et al. 2001, S. 463
Schaubild 2-11: Priorisierung von Qualitätsmerkmalen durch Gäste der Arlberg-Region
0.65
2.5 Dimensionen der Dienstleistungsqualität
49
2.5 Dimensionen der Dienstleistungsqualität Sowohl die Wahrnehmungen der Kunden in Bezug auf die Dienstleistung als auch die Erwartungen der Kunden beziehen sich selten auf die gesamte Dienstleistung allgemein. Vielmehr nehmen Kunden die Dienstleistung differenziert wahr und entsprechend bilden sie differenzierte Erwartungen. Diese Differenzierung betrifft einzelne Qualitätsmerkmale (z. B. Freundlichkeit der Mitarbeiter, Schnelligkeit der Leistungsabwicklung). Da für eine Dienstleistung eine Vielzahl solcher Einzelmerkmale bestehen und die isolierte Betrachtung dieser einzelnen Merkmale wenig zielführend ist, werden die Merkmale zu so genannten Dimensionen der Dienstleistungsqualität zusammengefasst. Damit werden die Qualitätsmerkmale in ihrer Gesamtheit greifbar gemacht. In der Literatur zur Dienstleistungsqualität existieren zahlreiche Ansätze einer Dimensionierung der Dienstleistungsqualität. So werden zunächst im Hinblick auf die Prozessphasen der Dienstleistungserstellung nach drei Dimensionen unterschieden (Donabedian 1980): (1) Potenzialdimension Hier steht die Wahrnehmung der Strukturen und Potenziale des Dienstleistungsanbieters im Vordergrund. Im Fall einer Versicherung umfasst diese Dimension neben der Größe und der Marktstellung beispielsweise auch die Anzahl und Qualifikation der Kundenkontaktmitarbeiter (z. B. Versicherungsvertreter). (2) Prozessdimension Hierunter ist die Einschätzung der Prozesse während der Leistungserstellung zu verstehen. So sind die Qualität von Beratungsgesprächen, z. B. die Betreuung im Kfz-Schadensfall oder auch der Ablauf von Verwaltungsprozessen, zu dieser Qualitätsdimension zu zählen. (3) Ergebnisdimension Diese Perspektive rückt die Beurteilung der erfolgten Leistung bzw. des Ergebnisses des Dienstleistungs-
• Abgrenzung der relevanten Dimensionen der Dienstleistungsqualität…
• …im Hinblick auf die Qualitätsdefinition
50
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
prozesses in den Vordergrund. So wird vielfach die erfolgte Regulierung eines Schadens anhand des Umfangs der tatsächlichen Leistung und im Hinblick auf die Zeitspanne bis zur Regulierung beurteilt. • …nach Art und Umfang der erstellten Dienstleistungen
Konzentriert man die Betrachtung auf Art und Umfang der erstellten Dienstleistungen, so lassen sich zwei Qualitätsdimensionen unterscheiden (Grönroos 1983, 1984, 2000): (1) Technische Dimension Im Mittelpunkt dieser Dimension steht die Breite des Leistungsprogramms („Was“ wird angeboten?). Neben dem Umfang der versicherbaren Objektbereiche sind dies z. B. auch die Individualisierungsmöglichkeiten hinsichtlich eines einzelnen Vertrages (Deckung, Kündigungsfristen, Laufzeit usw.). (2) Funktionale Dimension Hier steht die Art und Weise der Leistungserbringung im Vordergrund („Wie“ wird die Leistung angeboten?). So ist u.a. die fachliche Eignung der Außendienstmitarbeiter oder auch die Höflichkeit der übrigen Kundenkontaktmitarbeiter bestimmend für diese Qualitätsdimension.
• …auf Basis der Erwartungshaltung der Kunden im Hinblick auf das Dienstleistungs-
Eine andere Unterteilung von Qualitätsdimensionen bezieht sich auf die Erwartungshaltungen der Kunden im Hinblick auf das Dienstleistungsprogramm. Zu unterscheiden sind hierbei zwei Komponenten (Berry 1986):
programm
(1) Routinekomponente Hierunter sind Eigenschaften von Dienstleistungen zu verstehen, die zum „normalen“ Leistungsumfang gehören (Parkplätze vor den Versicherungsbüros, Informationsmaterial usw.). Negativabweichungen von dieser Routine werden vom Kunden oftmals mit „Strafpunkten“ sanktioniert. (2) Ausnahmekomponente Hierzu sind Zusatzleistungen zu zählen, die der Kunde vom Dienstleistungsanbieter nicht unbedingt er-
2.5 Dimensionen der Dienstleistungsqualität
51
wartet (Angebote von Spezialversicherungen, Tag und Nacht-Notdienst usw.). Solche Angebote werden von den Kunden ggf. mit „Bonuspunkten“ honoriert. Auch werden Qualitätsdimensionen vielfach danach unterschieden, welche Nähe des Kunden zum Dienstleistungsprodukt bei der Beurteilung der Dienstleistungen gegeben ist. Entsprechend lassen sich drei Dimensionen unterscheiden (Zeithaml 1981): (1) Suchkomponente („Search Elements“) Kunden, die noch keine Erfahrung mit dem Dienstleistungsanbieter gemacht haben, werden sich im Vorfeld Indikatoren zur Beurteilung suchen (z. B. Prämienhöhe, Leistungsumfang). (2) Erfahrungskomponente („Experience Elements“) Liegen Erfahrungen vor, so werden oftmals auch während des Leistungserstellungsprozesses bzw. an dessen Ende Beurteilungen vorgenommen (z. B. Qualifikation der Mitarbeiter, Effizienz der Verwaltung). (3) Glaubenskomponente („Credence Elements“) Hierunter sind all jene Merkmale einer Dienstleistung zu fassen, die sich einer genauen Beurteilung entziehen bzw. erst mit zeitlicher Verzögerung eingeschätzt werden können (z. B. Verhalten des Unternehmens im Schadensfall, Ergebnis einer medizinischen Diagnose).
• …nach der Nähe
Darüber hinaus liegt eine Einteilung in Qualitätsdimensionen vor, die nicht nur konzeptionell entwickelt, sondern auch durch eine empirische Vorgehensweise im Rahmen des SERVQUAL-Ansatzes (vgl. auch Kapitel 4) entwickelt wurde. Sie wird vielfach als die Zusammenfassung sämtlicher oben skizzierter Dimensionen interpretiert. Demnach werden fünf Qualitätsdimensionen eigenständig wahrgenommen (Parasuraman et al. 1986, 1988; Zeithaml et al. 1992):
• Fünf eigenständig
(1) Annehmlichkeit des tangiblen Umfeldes („Tangibles“) Hierzu sind das äußere Erscheinungsbild des Dienstleistungsortes, insbesondere die Ausstattung der
des Kunden zum Dienstleistungsprodukt bei der Beurteilung der Dienstleistung
wahrgenommene SERVQUAL-Dimensionen…
52
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Räume sowie das Erscheinungsbild des Personals zu zählen (z. B. Gebäude des Versicherungsunternehmens, Auftreten der Außendienstmitarbeiter). (2) Zuverlässigkeit („Reliability“) Diese Dimension umschreibt die Fähigkeit des Dienstleistungsunternehmens, die versprochenen Leistungen auch auf dem avisierten Niveau erfüllen zu können (z. B. Aussagekraft der Beratungsgespräche, Abschluss einer Police mit angemessenem Schutzumfang). (3) Reaktionsfähigkeit („Responsiveness“) Hierunter ist die Fähigkeit des Dienstleistungsanbieters zu verstehen, auf den spezifischen Bedarf und die Wünsche der Kunden einzugehen und sie erfüllen zu können. Diese Dimension umfasst sowohl die generelle Bereitschaft als auch die Schnelligkeit der Reaktion (z. B. Art und Umfang der angebotenen Spezialversicherungen). (4) Leistungskompetenz („Assurance“) Der Kompetenzaspekt rückt die grundsätzliche Fähigkeit des Anbieters zur Erstellung der betrachteten Dienstleistung in den Vordergrund, insbesondere sind darunter das Wissen, die Höflichkeit und die Vertrauenswürdigkeit der Mitarbeiter zu fassen (z. B. Qualifikation der Kundenkontaktmitarbeiter). (5) Einfühlungsvermögen („Empathy“) Empathiefähigkeit umfasst schließlich die Bereitschaft und Fähigkeit des Unternehmens, auf individuelle Kundenwünsche bzw. die spezifische Situation einzugehen (z. B. individuelle Terminvereinbarungen, spezifische Beratungsleistungen, Verhalten bei Todesfällen). • Zusammenfassung zu drei grundlegenden Dimen-
Fasst man die Qualitätsdimensionen von Parasuraman et al. zusammen, so lassen sich drei zugrunde liegende Dimensionen erkennen (Bruhn 1996, S. 544):
sionen
(1) Sachliche Qualitätsdimensionen (z. B. Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Genauigkeit, Vollständigkeit der Dienstleistung),
2.5 Dimensionen der Dienstleistungsqualität
53
(2) Persönliche Qualitätsdimensionen (z. B. Offenheit, Ehrlichkeit, Freundlichkeit der beteiligten Kundenkontaktmitarbeiter), (3) Zwischenmenschliche Qualitätsdimensionen (z. B. Entgegenkommen, Flexibilität, Einfühlungsvermögen, Fairness des Kundenkontaktpersonals im Umgang mit den Kunden). Auch wenn die SERVQUAL-Dimensionen aufgrund ihrer Einfachheit und generellen Schlüssigkeit ein breites Echo und eine Anwendung für zahlreiche Branchen fanden, so weisen sie dennoch einige Probleme auf. Die SERVQUAL-Dimensionen beschreiben teilweise Ausprägungen von Qualitätsdimensionen bzw. -merkmalen und nicht diese selbst (Brady/Cronin 2001, S. 36). Beispielsweise ist die Zuverlässigkeit nicht als eigene Qualitätsdimension zu betrachten, weil sie zahlreiche Qualitätsdimensionen betrifft. So können bei einer Bank z. B. entweder die Mitarbeiter oder der Bankautomat zuverlässig sein. Außerdem besteht Einigkeit, dass es sich bei der Dienstleistungsqualität um ein hierarchisches Konstrukt handelt, das nicht nur auf einer, sondern auf mehreren Ebenen Dimensionen beinhaltet (Carman 1990). Ausgehend von diesen Überlegungen wurde eine hierarchische Dimensionierung der Dienstleistungsqualität theoretisch sowie umfangreich empirisch – entsprechend dem von Churchill (1979) empfohlenen und beispielsweise im Rahmen von SERVQUAL angewandten Vorgehen – entwickelt (Brady/Cronin 2001; vgl. Schaubild 2-12). Auf einer ersten Ebene werden die drei Dimensionen Interaktionsqualität, Umfeldqualität und Ergebnisqualität differenziert. Damit werden die Dimensionen nach Grönroos dahingehend erweitert, dass die funktionale Dienstleistungsqualität in Interaktionsund Umfeldqualität aufgeteilt wird. Auf einer zweiten Ebene werden diesen drei Dimensionen jeweils drei Faktoren zugeordnet, die konkrete Handlungsempfehlungen für das Qualitätsmanagement ermöglichen. Die SERVQUAL-Dimensionen Zuverlässigkeit, Reaktionsfähigkeit und Einfühlungsvermögen werden herange-
• Würdigung der SERVQUALDimensionen
• Fokussierung auf den Dienstleistungsbedarf der Nachfrager
54
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Zuverlässigkeit Einstellung
Reaktionsfähigkeit Einfühlungsvermögen Zuverlässigkeit
Interaktionsqualität
Verhalten
Reaktionsfähigkeit Einfühlungsvermögen Zuverlässigkeit
Kompentenz
Reaktionsfähigkeit Einfühlungsvermögen Zuverlässigkeit
Ambiente
Reaktionsfähigkeit Einfühlungsvermögen Zuverlässigkeit
Dienstleistungsqualität
Umfeldqualität
Design
Reaktionsfähigkeit Einfühlungsvermögen Zuverlässigkeit
Soziale Faktoren
Reaktionsfähigkeit Einfühlungsvermögen Zuverlässigkeit
Wartezeit
Reaktionsfähigkeit Einfühlungsvermögen Zuverlässigkeit
Ergebnisqualität
Tangible Elemente
Reaktionsfähigkeit Einfühlungsvermögen Zuverlässigkeit
Wertigkeit
Reaktionsfähigkeit Einfühlungsvermögen Quelle: Brady/Cronin 2001, S. 37
Schaubild 2-12: Hierarchische Dimensionierung der Dienstleistungsqualität
zogen, um diese Faktoren näher zu kennzeichnen, d. h., für jeden Faktor existiert ein Zuverlässigkeits-, Reaktionsfähigkeits- und Einfühlungsvermögensmerkmal. Als Kritik dieses Ansatzes ist anzufügen, dass in diesem Fall die Interaktions-, Umfeld- und Ergebnisqualität eher als Einflussfaktoren denn als Dimensionen der Dienstleistungsqualität betrachtet werden. Die Gesamtheit aller Qualitätsdimensionen dokumentiert letztlich den Wunsch, tiefergehende Einsichten über den Dienstleistungsbedarf zu gewinnen.
2.5 Dimensionen der Dienstleistungsqualität
Nur die genaue Spezifikation der Anforderungen an eine Dienstleistung aus der Nachfragerperspektive ermöglicht schließlich den gezielten Einsatz des Marketing- und Qualitätsinstrumentariums für den Dienstleistungsanbieter (Bruhn 2000a, S. 27). Die Möglichkeiten zur direkten Einflussnahme auf die Dienstleistungsqualität werden dabei jedoch von einem weiteren wesentlichen Faktor, der Ausgestaltung der Interaktionsbeziehungen in Dienstleistungsketten, bestimmt. Im Falle einer einstufigen, direkten Beziehung zwischen Dienstleistungsunternehmen und Kunde wird die Qualität von Dienstleistungen in weit geringerem Umfang von der Qualität von Vorleistungen determiniert, als dies i. d. R. bei Sachgüterherstellern der Fall ist. Während im Rahmen des Qualitätsmanagements die Hersteller von marktfähigen Sachleistungen die Ausdehnung ihrer Qualitätskontrollspanne in z. T. weit vorgelagerte – unternehmensexterne – Produktionsstufen anzustreben haben, ist das die Dienstleistungsqualität determinierende Aktionsgebiet kleiner, deswegen aber nicht weniger komplex. Der an der Dienstleistungserstellung mitwirkende Personenkreis – und dies ist, wenn man das Thema Qualität ernst nimmt, mindestens das gesamte eigene Unternehmen – ist zwar ggf. überschaubarer und darüber hinaus direkt weisungsabhängig, doch führen die gerade für Dienstleistungen charakteristischen intensiven unternehmensinternen Austauschprozesse zu einem eng verbundenen Beziehungsgeflecht, dessen Output nicht durch bloße Qualitätsspezifikationen positiv beeinflusst wird. Eine andere, komplexere Situation findet sich dagegen bei Dienstleistungsunternehmen, die aufgrund ihrer Produkt- oder Vertriebsstruktur nur in einem indirekten Kontakt zu ihren Endkunden stehen. Treten zu der Ebene des eigenen Unternehmens – je nach Perspektive – auf einer nachgelagerten Leistungsstufe ein oder mehrere Dienstleister bzw. auf einer vorgelagerten Ebene „Vordienstleister“ hinzu, so wächst die Anzahl der die Dienstleistungsqualität für den Endkunden bestimmenden Faktoren um ein Vielfaches. Beispiele für solche indirekten und verzweigten Beziehungen fin-
55
• Qualitätsmanagement in Dienstleistungsketten
• Qualitätsmanagement bei indirekten Kundenbeziehungen
56
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
den sich vor allem im Finanzdienstleistungsbereich. Eine Vielzahl von Instanzen steht dort nicht in direktem Kundenkontakt, das Produkt des Unternehmens wird oftmals nur über nicht zum Unternehmen gehörige Vermittler vertrieben (z. B. Versicherungsanbieter mit verschiedenen Vertriebskanälen). Die Kontrollspanne des Unternehmens und seine Möglichkeiten zur direkten Einflussnahme auf die Erstellung der Dienstleistung sind damit ungleich geringer (Murmann 1999). Unabhängig von der konkreten Konstellation einer Dienstleistungskette sind die Sicherstellung der Dienstleistungsqualität und ein umfassendes Qualitätsmanagement von empirischen Kundenstudien zu den Inhalten sowie dem Niveau der erwarteten Dienstleistungen abhängig.
2.6 Wirkungen der Dienstleistungsqualität Die Wirkungen der Dienstleistungsqualität lassen sich – ausgehend von der Erfolgskette der Dienstleistungsqualität (vgl. Abschnitt 1.2) – strukturieren. In der einleitenden Darstellung der Erfolgskette wurden die Kundenzufriedenheit, die Kundenbindung und der ökonomische Erfolg als Wirkungen der Dienstleistungsqualität identifiziert. Verallgemeinert werden auf dieser Basis drei Gruppen von Wirkungen der Dienstleistungsqualität unterschieden: • Psychologische, verhaltensorientierte und ökonomische Wirkungen der
(1) Psychologische Wirkungen (z. B. Kundenzufriedenheit), (2) Verhaltenswirkungen (z. B. Kundenbindung), (3) Ökonomische Wirkungen (z.B. ökonomischer Erfolg).
Dienstleistungsqualität.
2.6.1 Psychologische Wirkungen der Dienstleistungsqualität Im Hinblick auf die psychologischen Wirkungen der Dienstleistungsqualität beeinflusst diese nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern auch den wahrgenom-
2.6 Wirkungen der Dienstleistungsqualität
menen Wert sowie die wahrgenommene Beziehungsqualität, die selbst wiederum gemeinsam mit der Dienstleistungsqualität die Kundenzufriedenheit beeinflussen. Der wahrgenommene Wert entspricht aus Kundensicht der Gegenüberstellung des Nutzens einer Leistung sowie dem Aufwand, die dem Kunden für die Inanspruchnahme der Leistung entstehen (Zeithaml 1988, S. 13ff.). Dabei wird der Nutzen, der dem Kunden aus der Leistung entsteht, durch die Dienstleistungsqualität repräsentiert. Der wahrgenommene Aufwand umfasst sämtliche Kosten, die mit dem Kauf einer Leistung verbunden sind. Neben Such-, Akquisitions-, Transport-, Installations-, Wartungs-, Fehlerrisiko- und Qualitätsfehlerkosten steht hierbei vor allem der Preis für die genutzten Leistungen im Vordergrund (Ravald/Grönroos 1996). Damit wird durch die Wertwahrnehmung des Kunden die Dienstleistungsqualität durch den gezahlten Preis relativiert. Die gleiche Leistung liefert dem Kunden einen unterschiedlichen Wert in Abhängigkeit der dafür gezahlten Leistung. Die Praxisrelevanz dieses Konstrukts wird deutlich, wenn man sich Preisunterschiede für ein und dieselbe Leistung in manchen Branchen vor Augen führt (vgl. auch das Beispiel 2-2). Da die Dienstleistungsqualität eine wesentliche Nutzenkomponente für den Kunden bei der Inanspruchnahme einer Dienstleistung darstellt, ist demnach eine direkte Determinierung des wahrgenommenen Wertes durch die Dienstleistungsqualität gegeben. Beispiel 2-2: Preisunterschiede im Tourismus „Mit erneuten Preissenkungen warten die großen Reiseveranstalter für den kommenden Sommer auf. Über niedrigere Preise wollen TUI, Thomas Cook und Co. wieder mehr Kunden zum Buchen bewegen. Angebote für Frühbucher Bis zum 31. März 2004 bieten die großen Reiseveranstalter zudem Frühbucherrabatte. Ziel hierbei ist es, den alljährlichen Run auf die Last-Minute-Tickets zu unterbinden, der TUI, Thomas Cook und Co. schon lange ein Dorn im Auge ist. Wer sich so-
57
• Kosten-Nutzen-Abgleich für eine Leistung als Grundlage zur Bestimmung des wahrgenommenen Wertes aus Kundensicht
• Preisunterschiede zur Differenzierung unterschiedlicher kundenspezifischer Werthaltungen
58
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
gar schon bis zum 31. Januar bzw. Ende Februar entscheidet, kann die Frühbucherrabatte vielfach noch mit weiteren Vorteilen wie „Turboabschlag“ (z. B. zusätzlich -50 Euro) oder „Sparangeboten“ (z. B. 14 Tage bleiben, 10 Tage zahlen) kombinieren. Trend zu Tagespreisen Ein weiterer Trend: Die Reiseveranstalter arbeiten immer mehr mit Tagespreisen. Das heißt: Die Reisen haben zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Preise. In diesem Zusammenhang beklagen die Verbraucherschützer allerdings die mangelnde Transparenz der Reiseveranstalter. Kaum jemand ist in diesem Fall in der Lage, anhand der Kataloge selbstständig auszurechnen, was ein Urlaubsangebot letztendlich kostet. Durch Preisvergleich viel Geld gespart Für denjenigen, der Zeit hat, empfiehlt es sich, langfristig zu planen, in ein Reisebüro zu gehen und um einen kostenlosen Preisvergleich zu bitten. Dort gibt es Computerprogramme, die den günstigsten Tarif berechnen. Da allerdings viele Reisebüros in der Auswahl der Veranstalter begrenzt sind, gilt es, ein möglichst unabhängiges Reisebüro aufzusuchen, das Zugriff auf viele verschiedene Reiseveranstalter hat. Wer will, kann natürlich auch weiterhin übers Internet Preise vergleichen.“ (Quelle: SWR 2005) • Die Qualität der Beziehung zwischen Kunde und Anbieter...
Bei den meisten Dienstleistungen erfährt der Kunde nicht ausschließlich durch die Qualität der einzelnen Leistung einen Nutzen, sondern darüber hinaus aus der Beziehung zu dem Anbieter. Beispielsweise ist es für einen Bankkunden wichtig, dass sein Kundenberater ihn unaufgefordert auf Anlagemöglichkeiten hinweist, die zum Portfolio des Kunden passen. Dies bedeutet, dass der Bankberater seine Aufgabe nicht nur in der einzelnen Transaktion, d. h. der Erstellung einer bestimmten Dienstleistung, sehen darf, sondern darüber hinaus die gesamte Kundenbeziehung im Auge behält, um somit dem Kunden ganzheitlich zu dienen. Vor diesem Hintergrund wird die wahrgenommene Beziehungsqualität
2.6 Wirkungen der Dienstleistungsqualität
59
definiert als die transaktionsübergreifende Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens, in der Vergangenheit und in der Zukunft die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden entsprechend den Anforderungen der Kunden an die Beziehung zu gestalten (Hadwich 2003). Für eine nähere Beschreibung dieses Konstrukts werden zwei Dimensionen der Beziehungsqualität differenziert (Georgi 2000; Hadwich 2003):
• ...stiftet dem Kunden
(1) Vertrauen des Kunden in das Unternehmen, (2) Vertrautheit zwischen Kunde und Unternehmen.
• Vertrauen und
zusätzlichen Nutzen
Vertrautheit als Dimensionen der
Das Vertrauen des Kunden repräsentiert eine zukunftsorientierte Komponente der Beziehungsqualität. Vertrauen ist definiert als die Bereitschaft des Kunden, sich auf das Unternehmen im Hinblick auf dessen zukünftiges Verhalten ohne weitere Prüfung zu verlassen. Indikatoren für eine vertrauensvolle Beziehung aus Sicht der Kunden sind insbesondere die wahrgenommene Fairness des Anbieters, das Wohlbefinden im Umgang mit dem Anbieter sowie die empfundene Vertrauenswürdigkeit. Als Voraussetzung der Vertrauensbildung hat eine bestimmte Verletzbarkeit vorzuliegen, d. h., Entscheidungskonsequenzen haben sowohl unsicher als auch wichtig für den Vertrauenden zu sein (Moorman et al. 1992; Doney/Cannon 1997). Insbesondere wenn es sich bei Wiederkäufen nicht um so genannte unmodifizierte Wiederkäufe, sondern um modifizierte Wiederkäufe handelt, kommt Vertrauen zum Tragen. Dies ist insbesondere bei Individualleistungen (z. B. Projekt einer Unternehmensberatung zu einem bisher bei einem Kunden nicht bearbeiteten Thema) der Fall. Die modifizierten Elemente erhöhen den Grad der Unsicherheit und damit das empfundene Risiko bei der Kaufentscheidung (Johnston/Lewin 1996). Neben dem Vertrauen stellt die Vertrautheit des Kunden mit dem Unternehmen eine zweite Dimension der Beziehungsqualität dar. Vertrautheit steht in engem Zusammenhang zum Vertrauen und hat einen vergangenheitsorientierten Charakter (Luhmann 1989). Vertrautheit umschreibt den Grad der Bekanntheit mit einem
Beziehungsqualität
60
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Beurteilung der Beziehungsqualität aus Kundensicht durch die Bewertung der einzelnen Transaktionen
Objekt (z. B. Situation) oder Subjekt. Bezogen auf eine Unternehmen-Kunde-Beziehung bezeichnet Vertrautheit den Grad der Bekanntheit mit dem jeweiligen Beziehungspartner bzw. Ansprechpartner im Hinblick auf dessen Einstellungen und Verhaltensweisen (Georgi 2000; Hadwich 2003). Aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeit von Kunde und Anbieter innerhalb einer Beziehung (Håkansson/ Snehota 1993, S. 2) umfasst die Vertrautheit des Kunden nicht nur seine Vertrautheit mit dem Unternehmen, sondern auch die durch ihn wahrgenommene Vertrautheit des Unternehmens mit dem Kunden. Dem Kunden ist es also zum einen wichtig, dass er die Prozesse des Unternehmens kennt, wenn er an der Leistungserstellung beteiligt ist. Beispielsweise ist es in fremden Städten häufig schwierig, sich im Nahverkehrssystem zurechtzufinden, während Bewohner einer Stadt das System „beherrschen“. Zum anderen nimmt der Kunde u.U. sehr bewusst wahr, ob das Unternehmen mit ihm vertraut ist. Beispiele für Indikatoren für die Vertrautheit des Unternehmens mit dem Kunden sind das Kennen des Namens des Kunden, aber auch vor allem das Kennen seiner spezifischen Bedürfnisse bei der Leistungserstellung (z. B. Nichtraucherzimmer im Hotel). Im Hinblick auf eine Beeinflussung der Beziehungsqualität durch die Dienstleistungsqualität ist festzustellen, dass sich eine Kundenbeziehung aus einer Vielzahl von Einzeltransaktionen zusammensetzt (Bitner/Hubbert 1994; Liljander/Strandvik 1995), in denen der Kunde Dienstleistungen des Anbieters in Anspruch nimmt (z. B. die einzelnen Restaurantbesuche eines Gastes). Entsprechend ergibt sich die Beurteilung der gesamten Beziehung aus Sicht des Kunden durch eine Beurteilung der einzelnen Kontakte zum Anbieter und der im Rahmen dieser Kontakte genutzten Dienstleistungen. Theoretisch kann der Einfluss der Dienstleistungsqualität in Form eines Halo-Effektes interpretiert werden: Bei der Beurteilung von eher abstrakten Phänomenen ziehen Individuen konkretere Phänomene heran, die mit dem abstrakteren Phänomen im Zusammenhang stehen. Übertragen auf den hier besprochenen Kontext
2.6 Wirkungen der Dienstleistungsqualität
stellt die Beziehungsqualität im Vergleich zur Dienstleistungsqualität ein komplexeres, abstrakteres Phänomen dar, bei dessen Beurteilung die Qualität konkreterer Dienstleistungen in der Wahrnehmung des Kunden herangezogen wird. Ein weitere, zentrale psychologische Wirkung der Dienstleistungsqualität ist in der Kundenzufriedenheit zu sehen. Auch vom Begriffsverständnis her hängt die Kundenzufriedenheit eng mit der Dienstleistungsqualität zusammen, da auch für die Definition Ersterer die Kundenerwartungen herangezogen werden. Auch Kundenzufriedenheit ist definiert als der Abgleich zwischen den Kundenanforderungen (Kundenwünsche, Kundenerwartungen) und der Wahrnehmung der vom Unternehmen gelieferten Leistung (Oliver 1996, S. 11f.) Die Unterschiede zur wahrgenommenen Dienstleistungsqualität offenbaren sich bei einer differenzierteren Betrachtung der beiden Größen. Während bezüglich der Leistungsqualität die Kundenerwartungen im Hinblick auf einzelne Leistungsmerkmale bei der Beurteilung dieser Merkmale eine Rolle spielen, betrifft die Kundenzufriedenheit den Grad der Erfüllung der Kundenerwartungen, wie er vom Kunden insgesamt empfunden wird. Bei diesem Verständnis der Kundenzufriedenheit ist ihre Beeinflussung durch die Dienstleistungsqualität offensichtlich. Gelingt es einem Dienstleistungsanbieter, in den Augen der Kunden in Bezug auf verschiedene Einzelmerkmale einer Leistung eine hohe Qualität zu erstellen, spricht vieles dafür, dass die Kunden zufrieden mit den Leistungen des Anbieters sind. Zur Erklärung der Entstehung von Kundenzufriedenheit wird häufig das so genannte (Dis-)Confirmation-Paradigma herangezogen (Oliver 1996, S. 98ff.). Nach diesem Paradigma liegt Kundenzufriedenheit genau dann vor, wenn die Kundenerwartungen durch die gelieferte Leistung erfüllt werden. Ausgehend hiervon bestehen jedoch auch Ansätze, die im Falle einer Übererfüllung der Kundenerwartungen nicht von Unzufriedenheit, sondern von Begeisterung oder Delight sprechen (vgl. z. B. Oliver 1996). Das (Dis-)ConfirmationParadigma weist den Vorteil auf, dass es zum einen
61
• Kundenzufriedenheit als zentrale, psychologische Wirkung
• (Dis-)ConfirmationParadigma zur Erklärung der Entstehung von Kundenzufriedenheit
62
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
leicht nachvollziehbar und zum anderen praktikabel im Hinblick auf eine Messung der Kundenzufriedenheit ist. Es ist jedoch mit dem Nachteil verbunden, dass es einen statischen Ansatz darstellt, der zudem das Konstrukt Kundenzufriedenheit durch die Unterscheidung von Zufriedenheit auf der einen Seite und Unzufriedenheit auf der anderen Seite simplifiziert. 2.6.2 Verhaltensbezogene und ökonomische Wirkungen der Dienstleistungsqualität
• Kauf- und Kommunikationsverhalten als zentrale Verhaltenswirkungen
Die zentrale Konsequenz der Dienstleistungsqualität auf der Ebene des Kundenverhaltens ist die Kundenbindung. Bei einer weiteren Fassung werden der Kundenbindung sowohl psychologische Aspekte – im Sinne der Loyalität – subsumiert, während die Kundenbindung im engeren Sinne das konkrete Verhalten des Kunden betrifft (Bruhn/Georgi 1999). Dabei zählen zwei zentrale Verhaltensweisen zur Kundenbindung: (1) Kaufverhalten, (2) Kommunikationsverhalten. Das Kaufverhalten der Kunden stellt die zentrale Kundenbindungsdimension dar, da sie sich direkt auf den ökonomischen Erfolg des Unternehmens auswirkt. Dabei werden drei Arten des Kaufverhaltens unterschieden, die sich unterschiedlich auf den ökonomischen Erfolg, vor allem den Umsatz, auswirken:
• Kundenbindung in Form der Wiederwahl der Leistung/ des Produkts...
(a) Die Wiederwahl der Kunden, die häufig mit der Kundenbindung selbst gleich gesetzt wird, bringt zum Ausdruck, dass ein Kunde eine bereits genutzte Leistung erneut in Anspruch nimmt. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise der Kunde einer Fluggesellschaft, der regelmäßig von Frankfurt nach Zürich fliegt, auch weiterhin die entsprechende Fluggesellschaft für diese Flüge bucht. In ökonomischer Hinsicht trägt die Wiederwahl der Leistungen vielfach dazu bei, dass ein Dienstleistungsunternehmen sein aktuelles Umsatzniveau beibehält.
2.6 Wirkungen der Dienstleistungsqualität
63
(b) Eine weitere Komponente des Kaufverhaltens stellt die Kauffrequenzsteigerung des Kunden dar. Eine verbesserte Kundenbindung kommt dann durch eine erhöhte Kauffrequenz zum Ausdruck, wie beispielsweise die intensivere Nutzung eines Handyvertrages oder die ausschließliche Nutzung der oben erwähnten Fluggesellschaft für die Strecke Frankfurt-Zürich, wenn zuvor wahlweise auch eine andere Gesellschaft genutzt wurde. Im Unterschied zur Wiederwahl trägt die Kauffrequenzsteigerung zu einer Erhöhung des Umsatzes eines Dienstleistungsanbieters bei. (c) Gleiches gilt für das Cross Buying der Kunden. Hierbei geht es darum, dass ein Kunde zusätzlich Dienstleistungen eines Anbieters nutzt, die er bisher nicht in Anspruch genommen hat. Auch in diesem Fall wird eine Umsatzsteigerung erzielt – vorausgesetzt, die bisher genutzten Leistungen werden wieder gewählt. Das Cross-Buying-Verhalten ist immer dann relevant, wenn ein Dienstleistungsanbieter ein relatives breites Sortiment anbietet. Ein Beispiel für das Cross-Buying-Verhalten ist der Kreditabschluss eines Bankkunden, der bereits seit Jahren ein Konto bei der Bank hat und kleinere Beträge angelegt hat.
• ...der Kauffrequenz-
Während sich das Kaufverhalten eines Kunden direkt auf die Umsätze mit diesem Kunden auswirkt, hat das Kommunikationsverhalten des Kunden einen indirekten Einfluss auf den ökonomischen Erfolg. Hierbei geht es weniger um die Kommunikation gegenüber dem Dienstleistungsanbieter, sondern vielmehr um die Mund-zu-Mund-Kommunikation gegenüber anderen potenziellen Kunden. Insbesondere ausgesprochen zufriedene Kunden berichten positiv über einen Anbieter, während unzufriedene Kunden – in einem noch größeren Umfang – negativ über den Anbieter sprechen. In vielen Dienstleistungsbranchen wirkt sich diese Mund-zu-Mund-Kommunikation wesentlich auf den Unternehmenserfolg aus. Wie bei der Erörterung der Kundenbindungsrelevanz deutlich wurde, kommt bei den ökonomischen Wirkungen der Dienstleistungsqualität den Umsatzwir-
• Mund-zu-Mund-
steigerung
• ...sowie des Cross Buying
Kommunikation
64
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Ökonomische Wirkungen als letztes Glied der Erfolgskette
kungen eine wichtige Rolle zu. Im Sinne der Erfolgskette beeinflusst die Dienstleistungsqualität die Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und damit über die Umsatzwirkungen der Kundenbindung den ökonomischen Erfolg. Daneben determiniert die Dienstleistungsqualität auch die Kosten eines Dienstleistungsunternehmens. Auf der einen Seite wirkt sich die (Erstellung der) Dienstleistungsqualität positiv auf die Kosten des Anbieters aus. Je mehr in das Qualitätsmanagement investiert wird, desto höher sind die Kosten für Schulungsmaßnahmen u.ä. (vgl. hierzu auch das Kapitel 13 über die Kosten des Qualitätsmanagements). Auf der anderen Seite hat eine hohe Dienstleistungsqualität eine Kostensenkungswirkung. Beispielsweise verringern sich die Kosten für die Beschwerdebearbeitung aufgrund von Qualitätsfehlern. Auch trägt eine hohe Qualität einzelner Leistungselemente zu einem effizienten Ablauf des gesamten Dienstleistungsprozesses bei. Beispielsweise besteht die Möglichkeit, dem Bankkunden schneller die richtige Anlagestrategie gemäß seiner Bedürfnisse zu empfehlen (Qualitätsdimension „Kompetenz“), wenn seine Bedürfnisse durch entsprechende Systeme oder die Auffassungsgabe des Bankberaters (Qualitätsdimension „Einfühlungsvermögen“) möglichst umfassend erhoben werden. Die Wirkungen der Dienstleistungsqualität auf Basis der Erfolgskette zeigt das Beispiel 2-3 für einen schweizerischen IT-Dienstleister. Beispiel 2-3: Erfolgskette eines IT-Dienstleisters Die Nutzbarkeit der Erfolgskette der Dienstleistungsqualität und damit der Dimensionen und Wirkungen der Dienstleistungsqualität lässt sich gut am Beispiel eines in der Schweiz und in Deutschland tätigen ITDienstleisters veranschaulichen. Zwar führte der ITDienstleister keine systematischen Kundenbefragungen durch, erfuhr aber doch in einzelnen Kundengesprächen über eine allgemeine Unzufriedenheit bestimmter Kunden. Daher entschloss man sich, systematische Zufriedenheitsuntersuchungen durchzuführen und vor allem den Gründen für eine Unzu-
2.6 Wirkungen der Dienstleistungsqualität
friedenheit der Kunden repräsentativ auf den Grund zu gehen. In einer Vorstudie wurden daher zunächst qualitative Interviews mit ausgewählten Kunden geführt, um erste Ansatzpunkte über die Qualitätseinschätzung und ihre Wirkungen zu erhalten. Das Ergebnis war ein Modell mit folgenden Größen (vgl. Schaubild 2-13): 5 Qualitätsdimensionen: Kernleistung, Projektma-
nagement, Professionalität, Einfühlungsvermögen, 5 Beziehungsqualität, 5 Kundenzufriedenheit, 5 Kundendialog, 5 Kundenbindung. Neben der Messung von Absolutwerten für die einzelnen Qualitätsdimensionen und -wirkungen wurde auch deren jeweilige Bedeutung ermittelt, indem der Einfluss der Dimensionen auf die Folgegrößen mittels des statistischen Verfahrens der Kausalanalyse analysiert wurde. Interessanterweise stellte man dabei fest, dass bei den Schweizer Kunden die Kernleistung mit Abstand das wichtigste Kriterium war (relative Bedeutung von 66 Prozent), während dies in Deutschland das Einfühlungsvermögen war (relative Bedeutung von 47 Prozent). Auf Basis dieser Ergebnisse wurden in den beiden Ländern Maßnahmen des Qualitätsmanagements eingeleitet. Beispielsweise wurden in Deutschland umfassende Empathieschulungen durchgeführt, die im Folgejahr zu einer wesentlichen Verbesserung der Einschätzung dieser Dimension führte. Zur Realisierung dieser angestrebten Wirkungen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen gemäß der Erfolgskette des Qualitätsmanagements ist der Entwurf eines systematischen Qualitätsmanagements erforderlich. Die Basis hierzu stellt ein fundiertes Konzept des Qualitätsmanagements dar.
65
• Wirkungsgrößen der Erfolgskette
66
Schaubild 2-13: Erfolgskette eines IT-Dienstleisters
Qualitätsdimensionen
Kernleistung
Projektmanagement
Kundendialog
Beziehungsqualität
Kundenbindung Quelle: Hadwich 2003, S. 83
Einfühlungsvermögen
2 Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Professionalität
Kundenzufriedenheit
3
Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
3.1 Konzepte des Total Quality Management (TQM) Bei den Überlegungen zur Entwicklung und Umsetzung eines umfassenden Qualitätsmanagements wird von der Philosophie ausgegangen, dass es zur Sicherung bzw. Verbesserung der Qualität von Produkten und Leistungen unabdingbar ist, dass Führungskräfte und Mitarbeiter auf allen Unternehmensebenen gemeinsam die Verantwortung für das Qualitätsmanagement übernehmen (Bruhn 2000a, S. 41). Dieser Grundgedanke ist in dem Konzept des Total Quality Management (TQM) enthalten (Ishikawa 1985; Schildknecht 1992; Zink 1992; Oess 1993, 1994; Döttinger/Klaiber 1994; Sondermann 1994; Wonigeit 1996; George/Weimerskirch 1998; Frehr 1999). Der Lenkungsausschuss Gemeinschaftsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V. (1995b) definiert Total Quality Management wie folgt: „Total Quality Management ist eine auf der Mitwirkung aller ihrer Mitglieder beruhende Führungsmethode einer Organisation, die Qualität in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenheit der Kunden auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für die Mitglieder der Organisation und für die Gesellschaft zielt.“
Eine erweiterte Definition gibt Oess (1993, S. 89): „Unter Total Quality Management werden alle Strukturen, Abläufe, Vorschriften, Regeln, Anweisungen und Maßnah-
• Total Quality Management als Grundlage eines integrierten Qualitätsmanagementsystems • Grundgedanke des Total Quality Management
• Definition „Total Quality Management“ (TQM)
68
3 Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
men verstanden, die dazu dienen, die Qualität von Produkten und Dienstleistungen einer Unternehmung in allen Funktionen (…) und allen Ebenen durch die Mitwirkung aller Mitarbeiter termingerecht und zu günstigeren Kosten zu gewährleisten sowie kontinuierlich zu verbessern, um eine optimale Bedürfnisbefriedigung der Konsumenten und der Gesellschaft zu ermöglichen“. • TQM als Qualitätsphilosophie
• Historische Entwicklung des TQMAnsatzes
• Konzepte des TQM
TQM ist somit nicht nur Bestandteil eines Unternehmensführungskonzeptes, sondern dominiert vielmehr sämtliche Managementaktivitäten. Da „Qualität“ zum wichtigsten Erfolgsfaktor im Unternehmen wird, mit dem Ziel von sämtlichen Mitarbeitern getragen zu werden, handelt es sich beim Total Quality Management nicht einfach um ein Qualitätskonzept, sondern um eine das ganze Unternehmen einschließende Qualitätsphilosophie bzw. Qualitätskultur (Döttinger/Klaiber 1994, S. 258). In Bezug auf die historische Entwicklung umfassender Qualitätsmanagementansätze lässt sich die Entstehung des TQM-Ansatzes nach Japan zurückverfolgen. Obwohl nach Ende des Zweiten Weltkrieges amerikanische Qualitätsexperten, wie Juran (1951), Feigenbaum (1956, 1961) und Deming (1982) sowie in Deutschland Masing (1980) auf große Aufnahmebereitschaft für ihre umfassenden Methoden der Qualitätssicherung stießen, hat sich der Gedanke in der Praxis in Europa und den USA jedoch nur allmählich durchgesetzt (Schildknecht 1992, S. 62ff.). Während das Qualitätswesen in westlichen Unternehmen meist eine durch Spezialisten (meistens durch Techniker) besetzte Fachabteilung war, entwickelte sich in Japan Qualität bereits als unternehmensintern und -extern gerichtete Managementaufgabe. Mit einer wachsenden Zahl von Publikationen zu dieser Thematik sind zahlreiche Konzepte entstanden, die sich unter dem Oberbegriff TQM zusammenfassen lassen und deren inhaltliche Schwerpunkte im Folgenden kurz vorgestellt werden (als Überblick vgl. Zink/Schildknecht 1989, S. 72ff.; Schildknecht 1992, S. 64ff.). Diese Konzepte unterscheiden sich in ihren Prinzipien und Vorgehensweisen. Ihnen gemeinsam ist der normative
3.1 Konzepte des Total Quality Management (TQM)
Charakter, d. h. es werden überwiegend Forderungen an ein Qualitätsmanagement bzw. an die Unternehmensführung gestellt (z. B. Deming: 14 Punkte-Programm; Crosby: 4 Gebote), sich der Qualitätsorientierung zu verschreiben. Theoretisch sind diese Konzepte wenig fundiert; sie eignen sich in erster Linie zur Verwendung als „Rezeptwissen“ für die Unternehmenspraxis. So hat Deming als einer der wichtigsten Pioniere des Qualitätswesens versucht, im Rahmen eines so genannten 14 Punkte-Programms die Zielsetzung der Verbesserung von Qualität und Produktivität zu dokumentieren (Deming 1982, S. 16ff.): (1) Aufbau der Zielsetzung einer ständigen Verbesserung der angebotenen Produkte und Serviceleistungen. (2) Übernahme der neuen Null-Fehler-Philosophie, die es ablehnt, Fehler zu akzeptieren. (3) Beseitigung der Abhängigkeit von Massenprüfungen und des Vertrauens in statistische Kontrollen. (4) Verpflichtung der Lieferanten, statistische Qualitätsnachweise zur Verfügung zu stellen. (5) Permanente Verbesserung von Produktion und Service. (6) Ständige Weiterbildung aller Angestellten. (7) Bereitstellung geeigneter Instrumente zur korrekten Aufgabenerfüllung für alle Angestellten. (8) Förderung der Kommunikation und Produktivität. (9) Förderung der Zusammenarbeit unterschiedlicher Abteilungen bei der Lösung von Problemen. (10) Beseitigung von Botschaften, die keine genau festgelegten Verbesserungen beinhalten. (11) Nutzung statistischer Verfahren, um Qualität und Produktivität laufend zu verbessern. (12) Beseitigung aller Hindernisse, hochwertige Leistungen zu erbringen. (13) Laufendes Angebot von Fortbildungsmaßnahmen, um mit den laufenden Marktveränderungen Schritt zu halten. (14) Deutliche Verpflichtung des Topmanagements zur Qualität.
69
• Das 14 PunkteProgramm von Deming
70
3 Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Qualität entsteht im Prozessablauf und wird subjektiv beurteilt
• Anwendbarkeit des Konzeptes von Deming für Dienstleistungsunternehmen
• Die „Quality Triology“ von Juran
• Das Konzept der „Total Quality Control“ von Feigenbaum
Demings Konzentration auf statistisch orientierte Prozess- und Verfahrenssteuerung beruht auf der Erkenntnis, dass Qualität nicht erprüfbar ist, sondern im Ablauf eines Prozesses entsteht. Mit dem Verweis auf die Subjektivität von Qualitätsbeurteilungen entzieht sich Deming einer exakten Definition und überlässt Qualität der individuellen Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses durch den Kunden (Deming 1988). Positiv an dem Ansatz von Deming ist hervorzuheben, dass eine Prozessbetrachtung erfolgt. Dies ist aufgrund des prozessualen Charakters der Dienstleistungserstellung besonders bedeutsam. Jedoch wird vielfach der Ansatz für Dienstleistungsunternehmen nicht direkt übernommen, da er aufgrund seiner Konzentration auf statistische Messverfahren nur bedingt anwendbar ist und sich die Prozesse der Dienstleistungserstellung häufig noch einer konkreten Messbarkeit und Quantifizierbarkeit entziehen. Hier sind die Verfahren zur Messung der Dienstleistungsqualität weiter zu verfeinern. Eine ähnliche Qualitätsauffassung wie Deming hat auch Juran, der mit „Fitness for use“ (Juran 1988, 2000) ebenfalls eine kundenorientierte Definition der Qualität von Produkten und Dienstleistungen vorschlägt. Allerdings erweitert er den Kundenbegriff um die Dimension des internen Kunden, so dass der Qualitätsprozess zur abteilungsübergreifenden Aufgabe wird. Die so genannte „Quality Triology“ aus Qualitätsplanung, -regelung und -verbesserung (Juran 1986, S. 20) stellt einen umfassenden Managementprozess zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung dar, der vor allem statistische Methoden und Verfahren nutzt. Obgleich Trainingsprogramme für Führungskräfte empfohlen werden, ist der Stellenwert der Mitarbeiter im Rahmen dieses Konzeptes eher gering (Oess 1993, S. 82). Die dargestellten Ansätze thematisieren bereits Inhalte eines Total-Quality-Management-Konzeptes, doch findet dieser Begriff selbst erst bei Feigenbaum seine konkrete Anwendung (Feigenbaum 1961). Im Rahmen einer so genannten „Total Quality Control“ werden Schwerpunkte in der interfunktionalen Zusammenar-
3.1 Konzepte des Total Quality Management (TQM)
beit der Unternehmensbereiche und der Verantwortung sämtlicher Mitarbeiter für die Produktqualität – verstanden als Erfüllung der Verbrauchererwartungen – gesetzt (Feigenbaum 1991). Dabei werden detaillierte Vorschläge zur technischen Qualitätssicherung (z. B. für Standards, System-Audits und Soll-Ist-Vergleiche) gemacht und Qualitätskosten in die messtechnischen sowie organisationsbezogenen Überlegungen einbezogen (Zink/Schildknecht 1989, S. 82f.). Die Prozessorientierung der Ansätze von Juran und Feigenbaum ist für Dienstleistungsunternehmen schon eher zu übernehmen, da bei Dienstleistungen aufgrund der Interaktion von Leistungsgeber und -nehmer der Prozessqualität eine hohe Bedeutung beigemessen wird (Berekoven 1983, S. 23). Das japanische Konzept der „Company Wide Quality Control (CWQC)“, das auf den Ansätzen von Deming und Juran basiert, wurde vor allem von Ishikawa entwickelt (Ishikawa 1985). In Erweiterung der bereits dargestellten Konzepte wird hier insbesondere ein partizipatives Management – mit besonderer Betonung der Mitarbeitermotivation und -schulung – gefordert. Qualität bedeutet für Ishikawa die Erfüllung der Kundenerwartungen, dementsprechend nehmen die Marktforschung sowie Instrumente zur Umsetzung der Qualitätserwartungen im Rahmen des Konzeptes einen großen Stellenwert ein (Oess 1993, S. 83f.). Analog zu Feigenbaum, Deming und Juran wird auch CWQC als ein dynamisch orientiertes Konzept verstanden, dessen grundlegendes Ziel die langfristige, kontinuierliche Qualitätsverbesserung ist. Crosby setzt demgegenüber mit seinem Qualitätsmanagementkonzept keinen Schwerpunkt im technischen Bereich, sondern versteht Qualitätsmanagement als ein unternehmensweites Konzept, das explizit Verwaltungsbereiche und Dienstleistungsorganisationen einschließt. Seine generelle Forderung eines NullFehler-Leistungsstandards nach der Devise „Do it right the first time“ in allen Unternehmensbereichen sieht er durch den Aufbau einer qualitätsorientierten Unternehmenskultur erfüllt, die er als originäre Aufgabe der Unternehmensleitung ansieht (Crosby 1986b, S. 82f.).
71
• „Company Wide Quality Control“ von Ishikawa
• Qualitätsmanagementkonzept von Crosby
72
3 Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Die Kernaussagen eines erforderlichen kulturellen Umschwungs werden in den folgenden „vier Geboten“ zusammengefasst (Crosby 1986b, S. 68ff.): • Die „vier Gebote“ von Crosby
• Six-Sigma-Prinzip der Null-FehlerQualität
• Die vier Elemente von Six Sigma
(1) Qualität als Übereinstimmung mit Anforderungen, (2) Vorbeugung als Grundprinzip, (3) Null Fehler als Standard, (4) Kosten der Nichterfüllung von Anforderungen als Maßstab für Qualität. Wesentliche Schritte zur Umsetzung dieser Inhalte werden von Crosby – ähnlich dem erwähnten Ansatz von Deming – in einem 14 Punkte-Programm dokumentiert (Crosby 1986a, S. 111ff.). Das seit Mitte der 90er-Jahre weit verbreitete und dem Ansatz von Crosby ähnliche Qualitätsmanagementansatz „Six Sigma“ – ein Begriff aus der Statistik, der als Synonym für Null-Fehler-Qualität steht – stellt eine Methode des Qualitätsmanagements dar, um möglichst fehlerfreie Prozesse zu erreichen (vgl. hierzu Gill 1990; Erwin 1998; Schmidt 1998; Eckes 2001; Magnusson et al. 2004). Das Hauptaugenmerk von Six Sigma richtetet sich auf die Reduzierung von Variation innerhalb von Unternehmensprozessen zur Erreichung strategischer Ziele und letztlich zur Verbesserung der Geschäftsergebnisse. Six Sigma setzt insbesondere auf eine Analyse von IstProzessen, um die für die Prozesse wichtigen Parameter, Fehlermöglichkeiten und Prozesskennzahlen zu erkennen und einer objektiven statistischen Analyse zugänglich zu machen. Die Anwendungsbereiche von Six Sigma beziehen sich entsprechend auf Prozess- und Designverbesserungen, Projektmanagement und Entwicklungsprozesse. Der konzeptionelle Rahmen von Six Sigma (vgl. Schaubild 3-1) umfasst die vier Elemente: (1) Commitment der Unternehmensleitung, (2) Einbeziehung der Stakeholder (Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden), (3) Ausbildungsprogramm,
3.1 Konzepte des Total Quality Management (TQM)
73
Commitment des Topmanagements Ausbildungsprogramm
Verbesserungsprozesse
Messsystem Einbeziehung der Stakeholder
Quelle: Magnusson et al. 2004, S. 19
Schaubild 3-1: Rahmenkonzept von Six Sigma
(4) Messsystem (Identifikation und Messung qualitätskritischer Merkmale). Das Kernstück des Rahmenkonzepts bilden die Verbesserungsprojekte. Diese werden mit Hilfe formalisierter Verbesserungsmethoden durchgeführt und von Verbesserungswerkzeugen und Denkmodellen, wie z. B. DMAIC (Define, Measure, Analyse, Improve, Control) oder der DMADV-Methode (Define, Measure, Analyse, Design, Verify) unterstützt (vgl. Magnusson et al. 2004, S. 19ff.). Die dargelegten TQM-Konzeptionen (zum kritischen Vergleich der Ansätze siehe z. B. Oess 1993, S. 86ff.; Schildknecht 1992, S. 80ff.) und die damit verbundenen Entwicklungslinien erfuhren in der Folgezeit verschiedene Interpretationen und Ergänzungen, allerdings weniger im Rahmen wissenschaftlicher Auseinandersetzungen, sondern mehr im Hinblick auf praxisorientierte Überlegungen (z. B. Garvin1988b; Oess 1993 Haist/Fromm 2002; Oakland 2004). Zu den nennenswerten Erweiterungen der TQM-Konzepte zählen: 5 die Taguchi-Philosophie (Taguchi 2001), die zusätz-
lich eine gesellschaftspolitische Qualitätsdimension einführt,
• Die „vier Gebote“ von Crosby
• Praxisorientierte Erweiterungen des TQM-Konzeptes
74
3 Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
5 das Prozessmanagement (z. B. Pall 1987), 5 das Kaizen-Konzept (Imai 2002) als Ansatz einer
permanenten, konsequenten Verbesserungsorientierung sämtlicher Prozesse im Unternehmen. • Zweckmäßigkeit der Konzepte für den Dienstleistungssektor
• Drei zentrale Bausteine des TQM-Konzeptes für Dienstleistungen: • …Total
• …Quality
Um dem funktionsübergreifenden, ganzheitlichen Anspruch eines TQM im Dienstleistungssektor gerecht zu werden, erscheint es zweckmäßig, sowohl Feigenbaums und Jurans – an den Stufen der Wertschöpfungskette orientiertes – Qualitätsverständnis als auch Crosbys Begriff der qualitätsorientierten Unternehmenskultur zugrunde zu legen. Rechtfertigen lässt sich dies durch die Individualität von Dienstleistungen, die objektive Qualitätsvergleiche erschwert und daher qualitätssichernde Rahmenbedingungen verstärkt in den Mittelpunkt des Qualitätsmanagements stellt. Die Einbeziehung der Qualitätskosten, wie sie z. B. Feigenbaum fordert, erweist sich im Zusammenhang mit der Immaterialität von Dienstleistungen und der Integration des externen Faktors zwar als problematisch. Dennoch ist sie aufgrund der Relevanz für die Bestimmung der Wirtschaftlichkeit von Qualitätsmaßnahmen zu berücksichtigen (Brunner 1991, S. 35; vgl. ausführlich Kapitel 15). Obwohl bereits bei Deming, Juran, Feigenbaum und Crosby ansatzweise vorhanden, empfiehlt erst Ishikawa die Integration der Mitarbeiter im Rahmen eines umfassenden partizipativen Führungskonzeptes, das der hohen Personalintensität von Dienstleistungen gerecht wird. Demzufolge lassen sich in Anlehnung an das Ishikawa-Konzept die folgenden drei zentralen Bausteine des TQM-Konzeptes für Dienstleistungen ableiten (z. B. Wonigeit 1994, S. 56ff.; Bruhn 2000a, S. 41): (1) Total – d.h. die Einbeziehung sämtlicher Personengruppen, die an der Dienstleistungserstellung beteiligt sind (Mitarbeiter des Unternehmens, Lieferanten, alle Kundengruppen), in den Qualitätsmanagementprozess, (2) Quality – d.h. die konsequente Orientierung aller Aktivitäten des Dienstleistungsunternehmens an den
3.2 Begriff des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Qualitätsforderungen der externen und internen Kundengruppen, (3) Management – d.h. die übernommene Verantwortung und Initiative der obersten Führungsebene des Dienstleistungsunternehmens für eine systematische Qualitätsüberzeugung und -verbesserung im Rahmen eines partizipativ-kooperativen Führungsstils. Es wird offensichtlich, dass der TQM-Ansatz für Dienstleistungen eine umfassende Ausrichtung des gesamten Unternehmens an der Qualitätswahrnehmung der internen und externen Dienstleistungskunden beinhaltet, wobei der Philosophieaspekt und die Einhaltung von Prinzipien für das Unternehmen eindeutig im Vordergrund stehen.
75
• …Management
• Qualitätswahrnehmung der internen und externen Dienstleistungskunden
3.2 Begriff des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen Da der Begriff Qualitätsmanagement in Wissenschaft und Praxis in vielfältiger Weise diskutiert wird (z. B. Stebbing 1990; Oess 1993; Stauss 1994; Pfeifer 2001; Meffert/Bruhn 2003), sind zahlreiche Definitionsvorschläge vorhanden. Im Folgenden werden die als zweckmäßig angesehenen Begriffsdefinitionen der verschiedenen DIN-Normen zugrunde gelegt. Qualitätsmanagement ist nach DIN 55350 Teil 11 (neu) sowie den Bestimmungen der Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V. umfassend als „Gesamtheit der qualitätsbezogenen Tätigkeiten und Zielsetzungen“ (DGQ 1995b, S. 35) definiert, wobei unter Qualität die „realisierte Beschaffenheit einer Einheit bezüglich der Qualitätsforderung“ (DGQ 1995b, S. 30) verstanden wird. Unter einem Qualitätsmanagementsystem werden dann die Aufbauorganisation, Verantwortlichkeiten, Abläufe, Verfahren und Mittel zur Verwirklichung des Qualitätsmanagements erfasst. Das Qualitätsmanagement ist hierbei nur so umfassend zu gestalten, wie dies zum Erreichen der Qualitätsziele unbedingt
• Begriffsdefinitionen nach DIN-Normen…
• …Qualität
• …Qualitätsmanagementsystem
76
3 Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
notwendig ist (DGQ 1995b, S. 36). Mit dieser Anmerkung ist beabsichtigt, die Rentabilität des entwickelten Qualitätsmanagementkonzeptes zu berücksichtigen und Kosten-Nutzen-Vergleiche vorzunehmen. Auf dieser Grundlage wird der Begriff des Qualitätsmanagementsystems wie folgt definiert: • Definition Qualitätsmanagementsystem
Unter einem Qualitätsmanagementsystem ist die Zusammenfügung verschiedener Bausteine unter sachlogischen Gesichtspunkten zu verstehen, um unternehmensintern und -extern eine systematische Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle von qualitätsrelevanten Aspekten des Leistungsprogramms eines Unternehmens sicherzustellen.
Gemäß dem TQM-Ansatz und den Prinzipien des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen lässt sich hier festhalten, dass ein Qualitätsmanagement für Dienstleistungen entsprechend den Anforderungen und Besonderheiten des Marktes anzupassen ist. Einen Schwerpunkt der Qualitätsbetrachtung stellen im Gegensatz zum für Sachgüter konzipierten TQM sämtliche Prozesse innerhalb der Dienstleistungskette sowie die Integration des externen Faktors dar (Bruhn 2000a, S. 44). Ferner ist die wirtschaftliche Ausrichtung der qualitätsbezogenen Aktivitäten sicherzustellen.
3.3 Planungsprozess des Qualitätsmanagements • Bausteine eines Qualitätsmanagements nach den Phasen des Managementprozesses
Hauptaufgabe des Qualitätsmanagementsystems ist die Schaffung und Sicherstellung der Qualitätsfähigkeit des Dienstleistungsunternehmens (Horváth/Urban 1990, S. 14). Somit ist die Gestaltung des Qualitätsmanagementsystems an der Qualitätsfähigkeit zu orientieren. Hierzu hat ein Qualitätsmanagementsystem für Dienstleistungen vier Bausteine zu umfassen, die sich den Phasen des klassischen Managementprozesses – Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle – zuordnen lassen (vgl. Schaubild 3-2) und die auch der weiteren Gliederung des Buches zugrunde gelegt wurden.
Planung des Qualitätsmanagements
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Operative Qualitätsplanung
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Durchführungsphase (Steuerung und Demonstration der Qualitätsfähigkeit)
Qualitätslenkung
Quelle: Bruhn 1998, S. 39
Kontrollphase (Kontrolle der Qualitätsfähigkeit)
Qualitätsprüfung
Analyse der Dienstleistungsqualität
Qualitätsumsetzung
3.3 Planungsprozess des Qualitätsmanagements
Schaubild 3-2: Bausteine eines Qualitätsmanagementsystems für Dienstleistungen
Planungsphase (Festlegung der erforderlichen Qualitätsfähigkeit)
Qualitätscontrolling
77
78
3 Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Analyse der Dienstleistungsqualität
• Planung und Steuerung des Qualitätsmanagements...
• ...mittels leistungsund erwartungsbezogener Strategien
• Regelkreis des Qualitätsmanagements als Basis leistungsbezogener Strategien
Die Analyse der Dienstleistungsqualität als Informationsgrundlage des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen zeichnet sich in erster Linie durch die Messung der Dienstleistungsqualität bzw. dienstleistungsspezifischer Indikatoren aus (vgl. Kapitel 4). Das Schwergewicht liegt zum einen in der Wahl des geeigneten Instruments zur Erfassung der Dienstleistungsqualität. Zum anderen gilt es, die Dienstleistungsqualität anhand eines geeigneten Modells zu operationalisieren, was eine Messung erst ermöglicht (vgl. Kapitel 5). Im Rahmen der Planung und Steuerung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen wird in einem ersten Schritt die aus einer Analyse der Dienstleistungsqualität erarbeitete Informationsgrundlage zur Festlegung der strategischen Ausrichtung des Qualitätsmanagements verwendet. Hierbei werden insbesondere die Aspekte der vom Kunden wahrgenommenen Qualität sowie die Kundenzufriedenheit aufgrund ihrer hohen Erfolgsrelevanz berücksichtigt. Die Bildung von Kundenerwartungen spielt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle, zumal nach dem so genannten (Dis-)Confirmation-Modell eine Leistung umso positiver beurteilt wird, je stärker die Kundenerwartungen erfüllt sind. Aus diesem Grund bilden neben leistungsbezogenen Strategien auch Strategien des Erwartungsmanagements die Grundlage des strategischen Qualitätsmanagements (vgl. Kapitel 6), wobei innerhalb der erwähnten Strategiebereiche jeweils markt-, kundensowie konkurrenzbezogene Strategien unterschieden werden. In einem weiteren Schritt gilt es, die im Rahmen des strategischen Erwartungsmanagements definierten Stoßrichtungen operativ zu gestalten (vgl. Kapitel 7). Durch die Definition erwartungsmanagementbezogener Aufgaben und Ziele wird ein entsprechender Planungsprozess initiiert, der – im Sinne der klassischen Managementprozesse der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle – umgesetzt wird. Die Umsetzung leistungsbezogener Strategien findet auf Basis des Regelkreises des Qualitätsmanagements statt. Innerhalb der operativen Gestaltung des Quali-
3.3 Planungsprozess des Qualitätsmanagements
tätsmanagements (vgl. Kapitel 8 ) findet eine Gliederung der Prozessphasen nach der Qualitätsplanung, - lenkung, -prüfung und -managementdarlegung statt. Innerhalb der Qualitätsplanung werden – der leistungsbezogenen Strategie entsprechend – die erforderlichen Qualitätsfähigkeiten ermittelt und entwickelt. Die folgende Phase der Qualitätslenkung baut auf den Ergebnissen der Qualitätsplanung auf. In dieser Phase kommen mitarbeiter-, kultur- und organisationsbezogene Instrumente der Qualitätslenkung zum Einsatz, mit dem Ziel, die festgelegten Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Der Erfüllungsgrad der festgelegten Qualitätsanforderungen wird in der Phase der Qualitätsprüfung erhoben. Die Erreichung der festgelegten Qualitätsziele wird außerdem nach unternehmensinternen und unternehmensexternen Aspekten differenziert und in der letzten Phase des Regelkreises des Qualitätsmanagements – der Qualitätsdarlegung – dargestellt. Hierbei gilt es, insbesondere mittels der Auslegung der Tätigkeiten innerhalb des Qualitätsmanagementsystems, sowohl nach innen als auch nach außen ausreichend Vertrauen in die Qualität des Dienstleistungsunternehmens und seiner Leistungen zu schaffen. In diesem Sinne rückt der Aspekt der Integration der Einzelphasen des Regelkreises des Qualitätsmanagements zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem in den Vordergrund. Zur unternehmensweiten Realisierung des Qualitätsmanagements bedarf es aufgrund von im Unternehmen bestehenden Umsetzungsbarrieren einer systematischen Implementierung des Qualitätsmanagements (vgl. Kapitel 9). Die Implementierung setzt dabei an den Unternehmensstrukturen, Unternehmenssystemen sowie der Unternehmenskultur an. In Verbindung mit einer besagten Implementierung steht ein langfristig geplanter Umstrukturierungsprozess, der als mehrstufiges Phasenkonzept geplant wird. Im Zusammenhang mit dem Implementierungsprozess eines Qualitätsmanagements stellen insbesondere Qualitätspreise einen möglichen Ausgangspunkt dar (vgl. Kapitel 10). Durch die Nutzung der Qualitätspreise
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• Implementierung des Qualitätsmanagements
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3 Konzeptionelle Grundlagen des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Qualitätscontrolling
als Qualitätsmodelle werden hierbei unternehmensinterne Anreize zur Implementierung gesetzt. Auch der Prozess der Zertifizierung eines Dienstleistungsunternehmens (vgl. Kapitel 11) liefert Ansatzpunkte für die Implementierung des Qualitätsmanagements, dessen Erfolg durch die eigentliche Zertifizierung dokumentiert wird. In Anlehnung an die letzte Prozessphase des klassischen Managementprozesses – der Kontrolle – richtet sich die Perspektive im Rahmen des Qualitätsmanagement auf die Aktivitäten des Controlling (vgl. Kapitel 12). Das Qualitätscontrolling hat die Unterstützung und Koordination der Aktivitäten des Qualitätsmanagements zur Aufgabe. Ausgehend von einem konsequenten Kosten-Nutzen-Verständnis werden im Rahmen des Qualitätscontrolling Kosten-, Nutzen- und Kosten-Nutzen-Analysen (vgl. Kapitel 13 bis 15) durchgeführt. Aus der Perspektive der Kostenorientierung findet die Analyse qualitätsbezogener Kosten und demnach rein monetärer Aspekte statt (vgl. Kapitel 13). Demgegenüber steht die Analyse nicht-monetärer Größen, wie z. B. der Zufriedenheit oder der Bindung von Kunden eines Unternehmens. Zur Messung und Kontrolle dieser Größen stehen mit Kundenbarometern ausgereifte Instrumente zur Verfügung (vgl. Kapitel 14). Die Synthese dieser beiden Perspektiven stellt die Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements dar (vgl. Kapitel 15). Durch die Gegenüberstellung der Kosten als negative und des Nutzens als positive finanzielle Konsequenzen lässt sich – in der letzten Phase eines stets wiederkehrenden Qualitätsmanagementprozesses – die Wirtschaftlichkeit des Qualitätsmanagements darstellen und bewerten.
Teil B Analyse der Dienstleistungsqualität
4
Messung der Dienstleistungsqualität
Hauptaufgabe des Qualitätsmanagements ist es, die Unternehmensleistungen gemäß den Kundenanforderungen zu erstellen. Ausgangspunkt eines systematischen Qualitätsmanagements ist daher die Messung der Dienstleistungsqualität, in deren Rahmen die Anforderungen der Kunden an die Dienstleistungsqualität bestimmt werden. Hierzu bietet sich eine Vielzahl von Verfahren an, die in der Unternehmenspraxis unterschiedlichen Stellenwert einnehmen. Dabei sind grundsätzlich zwei Perspektiven zu unterscheiden, mit Hilfe derer sich die Anforderungen an die Dienstleistungsqualität messen lassen:
• Messung der Dienstleistungsqualität aus kundenund unternehmensorientierter Perspektive
(1) Bei kundenorientierten Messansätzen wird eine Messung aus Sicht der Kunden vorgenommen. (2) Bei unternehmensorientierten Messansätzen wird eine Messung aus Sicht von Unternehmensmitgliedern, entweder aus Sicht des Managements oder der Mitarbeiter, vorgenommen. Schaubild 4-1 zeigt eine hierauf aufbauende Systematisierung der verschiedenen Messansätze. Die wachsende Notwendigkeit der Berücksichtigung der Kundenperspektive im Dienstleistungsmarketing spiegelt sich dabei auch in der Zahl und dem Differenzierungsgrad der kundenorientierten Messkonzepte wider. Gleichzeitig stellen die aufgeführten Messkonzepte – in jeweils unterschiedlicher Weise – Instrumente zur Identifikation, zur direkten Messung oder auch zur möglichen Priorisierung bzw. Kategorisierung relevanter Dimensionen
• Systematisierung der Messansätze
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Unternehmensorientierte Messung
Kundenorientierte Messung
Mitarbeiterorientierte Messung
Merkmalsorientiert • Multiattributive Verfahren • Dekompositionelle Verfahren • Vignette-Methode • Willingness-to-PayAnsatz • Penalty-RewardFaktoren-Ansatz
Ereignisorientiert • Sequenzielle Ereignismethode • Critical-IncidentTechnik • Critical-Path-Analyse • Root-Cause-Analyse
Problemorientiert
• Benchmarking • FMEA • Fishbone-Ansatz • Statistical Process Control
• Externe Qualitätsmessung durch Mitarbeiterbefragungen • Interne Qualitätsmessungen • Betriebliches Vorschlagswesen • Poka-YokeVerfahren
• ProblemDetecting-Methode • FRAP • Beschwerdeanalyse
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• Expertenbeobachtung • Silent Shopper • Warentest
Managementorientierte Messung
Subjektive Messung
Objektive Messung
Quelle: Bruhn 2001, S. 212
Schaubild 4-1: Systematisierung der Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität
Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität
4.1 Kundenorientierte Messansätze
85
der Dienstleistungsqualität dar. Daraus leitet sich der entsprechend unterschiedliche Einsatz dieser Instrumente innerhalb des Regelkreises des Qualitätsmanagements ab.
4.1 Kundenorientierte Messansätze Innerhalb der kundenorientierten Ansätze zur Messung der Anforderungen an die Dienstleistungsqualität lassen sich differenzierte und undifferenzierte Ansätze unterscheiden. Im Rahmen der undifferenzierten Verfahren werden mittels Befragungen lediglich globale Qualitäts- bzw. Zufriedenheitsurteile hinsichtlich der betrachteten Dienstleistungen eingeholt (Hentschel 2000). Ein solches Vorgehen ist aus der Perspektive einer einfachen Datenerhebung zwar vorteilhaft, doch bleibt der Erkenntnisgewinn bei einer Beschränkung auf global gefasste Aussagen recht gering. Daher werden im Folgenden die differenzierten Ansätze näher untersucht, die detailliertere Aussagen über die jeweiligen Teilqualitäten von Dienstleistungen zulassen. Diese können nach dem Objektivitätsgrad der Messung in objektive und subjektive Messansätze gegliedert werden.
• Differenzierte und undifferenzierte kundenorientierte Messverfahren
4.1.1 Objektive Messansätze Bei den objektiven kundenorientierten Messansätzen wird die Leistungsqualität eines Unternehmens zwar aus Kundensicht, nicht jedoch aufgrund der subjektiven Einschätzung einzelner Kunden beurteilt. Vielmehr wird versucht, eine „objektivierte“, d. h. eine intersubjektiv nachprüfbare Messung vorzunehmen. Um den Dienstleistungsprozess anhand zumindest teilweise intersubjektiv nachprüfbarer Kriterien aus Kundensicht zu beurteilen, können die folgenden Verfahren eingesetzt werden: (1) Expertenbeobachtungen, (2) Silent-Shopper-Verfahren, (3) Warentests.
• Objektive kundenorientierte Messverfahren
86
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• Expertenbeobachtung
• Silent Shopper (Testkunden)
(1) Expertenbeobachtungen Als erster Ansatz einer objektiven kundenorientierten Messung wird oftmals die nicht-teilnehmende Beobachtung durch geschulte Experten angeführt. Ziel dieser Erfassung und Analyse des Leistungserstellungsprozesses ist es, Erkenntnisse über offensichtliche Mängel und das daraus resultierende Kundenverhalten zu gewinnen. Die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes wird jedoch in zweifacher Hinsicht beschränkt. Zum einen kann das Verhalten der Mitarbeiter, sofern sie über die Beobachtung informiert wurden, durch Beobachtungseffekte im positiven wie auch im negativen Sinne verzerrt werden; zum anderen ist die Aussagekraft der erhobenen Kundenreaktionen in Frage zu stellen. So lässt das overte Kundenverhalten nur bedingt Rückschlüsse auf die tatsächlichen Vorgänge im Insystem der Kunden mit ihren affektiven, kognitiven und konativen Elementen zu. (2) Silent-Shopper-Verfahren Will ein Dienstleister die – subjektiven – Empfindungen der Kunden im Hinblick auf die Erfahrungen mit dem Dienstleistungsprozess auf einer möglichst objektiven Ebene erfassen, bietet sich das Silent-Shopper-Verfahren an, das oftmals auch als teilnehmende Beobachtung klassifiziert wird. Silent Shopper (auch „Mystery Shopper“ genannt) sind Testkäufer, die für die Mitarbeiter nicht erkennbare, „reale“ Dienstleistungssituationen simulieren, um daraus Rückschlüsse auf Mängel im Dienstleistungsprozess ziehen zu können. In den Vereinigten Staaten wird der verdeckte Einkauf bereits seit rund 30 Jahren zur Kontrolle des Verkaufs eingesetzt. Der deutsche Markt für Mystery Shopping umfasst Schätzungen zufolge ein Volumen von über 30 Mio. Euro (FAZ 2003). Das Silent-Shopper-Verfahren eröffnet die Möglichkeit der vergleichenden Beobachtung, wenn gleichzeitig „Testkäufe“ bei der Konkurrenz durchgeführt werden. Praxisbezogene Anwendungen von Silent-Shopper-Verfahren werden in Beispiel 4-1 anhand eines Anbieters von „Mystery Shopping“ dargestellt.
4.1 Kundenorientierte Messansätze
Beispiel 4-1: „Mystery Shopping“ zur Qualitätskontrolle des Verkaufspersonals „Der Branchenführer „Shopcontrol“ verwaltet über 19.000 Testkäufer in einer Datenbank. Erfolgt ein Auftrag an „Shopcontrol“, werden die Testkäufer kurz via Internet über die Aufgabe informiert. Dann gehen sie in die jeweiligen Filialen des Auftraggebers und geben sich dort als ganz normale Kunden aus. Anschließend füllen sie einen Online-Fragebogen aus. Dafür erhalten sie von „Shopcontrol“ je nach Zeitaufwand des Verkaufsgesprächs und der Nachbereitung zwischen 15 und 35 Euro. Die verdeckten Käufer nehmen die Ladeneinrichtung, die Präsentation der Ware, aber vor allem das Verhalten des Personals unter die Lupe. Geprüft wird etwa, ob die Verkäufer überhaupt an einem Abschluss interessiert sind oder ob sie ein Produkt verständlich erklären können. Zum Angebot der Mystery Shopper zählt ebenso der bestellte Diebstahl – das so genannte „Rent-a-thief“-Angebot. Es fragt sich hierbei, warum die Unternehmen eigens einen Dienstleister zu bemühen haben, wenn sie ihre Servicequalität überprüfen wollen – schliesslich könnten sie dies auch mit eigenem Personal bewerkstelligen. „Viel zu teuer!“ sagt „Shopcontrol“-Gründer Reiner. Im Übrigen könne man in diesem Fall nie ausschliessen, dass Sympathie/Antipathie unter Kollegen die Ergebnisse verfälsche. Zudem geniessen die unternehmenseigenen Mystery Shopper häufig schon bald ungewollte Bekanntheit. Bestellte Testkäufer werden dagegen fast nie enttarnt – nur einer von 1.000 Mystery Shopper werde vom Verkäufer überführt, sagt Reiner“. (Quelle: FAZ 2003) Das Verfahren ist besonders bei der Ermittlung objektiver Kriterien von Vorteil (z. B. verwendete Grußformel, Anzahl des Telefonklingelns, bevor ein Anruf beantwortet wird; Wilson 1998, S. 153). Allerdings wird vielfach der für den Einsatz von Testkunden erhobene Anspruch einer neutralen und aus der Kundenperspek-
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• Beispiel einer SilentShopper-Agentur
• Praktische Umsetzung und Kritik
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4 Messung der Dienstleistungsqualität
tive vorgenommenen Erhebung des Qualitätsniveaus aufgrund psychologischer Sachverhalte in der Interaktion von Menschen und durch die praktische Umsetzung nicht erreicht (Nerdinger 1994, S. 209ff.). Empirische Untersuchungen belegen, dass 5 Operationalisierung und Beurteilung beispielsweise
der „Freundlichkeit“ von Mitarbeitern bereits Anforderungen an die Testkunden stellen, denen diese nur bedingt gerecht werden (Sutton/Rafaeli 1988), 5 an sich positive Merkmale des Kundenkontaktes (z. B. „Freundlichkeit“) in verschiedenen Situationen (z. B. Warteschlangen, Zeitdruck beim Kunden) negativ bewertet werden (Schneider 1973; Sutton/Rafaeli 1988), 5 die Interaktion zwischen dem Testkunden und seinem Gegenüber keineswegs so unverzerrt ist, wie es idealtypisch angenommen wird (Richardson/Robinson 1986). Die Einschränkungen zeigen, dass die unverfälschte Herbeiführung von Kunden-Mitarbeiter-Interaktionen kaum anzunehmen ist. Dabei ist insbesondere auch die Intention der Testkunden zu berücksichtigen. Sie sind nicht an einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Leistung, sondern an der Herbeiführung einer zu beobachtenden Situation interessiert (Goerlich 1994, S. 96; Nerdinger 1994, S. 211f.). • Warentests
(3) Warentests Weitergehende objektive Ergebnisse versprechen die Warentest-Untersuchungen von Dienstleistungsprodukten durch die Stiftung Warentest, die einen neutralen Überblick der Dienstleistungsqualität im Konkurrenzvergleich geben. Bereits seit 1974 widmet sich eine eigene Abteilung der Untersuchung von Dienstleistungen, und auch die Einführung der Zeitschrift „Finanztest“ belegt die wachsende Bedeutung von Dienstleistungsuntersuchungen für die Stiftung (Rosenberger 2000). Bis ins Jahr 1994 belief sich die Anzahl an Tests noch auf rund 2.600 (o.V. 1994b, S. 19). Seit dem
4.1 Kundenorientierte Messansätze
89
40-jährigen Jubiläum der Stiftung im Jahre 2004 blickt die Stiftung auf über 5.200 Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen zurück (Stiftung Warentest 2004). Allerdings erschwert das hohe Maß an menschlicher Interaktion bei vielen Dienstleistungen eine objektive Analyse. Beratungsgespräche bei Banken oder Bausparkassen können so zwar simuliert werden, doch ergibt sich hieraus noch kein repräsentatives oder objektives Bild des gesamten Dienstleistungsangebotes. 4.1.2 Subjektive Messansätze Anders als bei den objektiven Verfahren steht bei den subjektiven kundenorientierten Messmethoden die Qualitätswahrnehmung einer Leistung aus Sicht einzelner Kunden im Mittelpunkt. Diese Methodengruppe kann weiter unterteilt werden in: 5 Merkmalsorientierte Ansätze, 5 Ereignisorientierte Ansätze, 5 Problemorientierte Ansätze.
Generell lassen sich die Methodengruppen hinsichtlich ihres Einsatzzwecks unterscheiden. Die merkmalsorientierten Messansätze dienen in erster Linie einer Quantifizierung von Qualitätsurteilen und deren Wichtigkeit. Diese Methoden werden daher vermehrt eingesetzt, wenn ein Dienstleistungsanbieter den Erfolg von Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung kontrollieren will. Voraussetzung des Einsatzes dieser Verfahren ist, dass der Anbieter die Qualitätsmerkmale der Dienstleistungen kennt, die für seine Kunden relevant sind. Ist dies nicht der Fall, empfiehlt sich der Einsatz von ereignisorientierten Ansätzen, deren Hauptzweck es ist, ein möglichst vollständiges Bild über die Qualitätswahrnehmung von Kunden und mit den ermittelten Qualitätsmerkmalen eine Ausgangsbasis für die merkmalsorientierte Messung zu liefern. Vor der (erstmaligen) Messung der Dienstleistungsqualität mit Hilfe von merkmalsorientierten Verfahren werden deshalb häufig ereignisorientierte Verfahren eingesetzt. Die Gruppe
• Subjektive Messung der Dienstleistungsqualität aus Sicht der Kunden
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4 Messung der Dienstleistungsqualität
der problemorientierten Ansätze fokussiert speziell die Analyse von kritischen Negativereignissen. Dabei werden oftmals Verfahren zur Quantifizierung von Problemen und deren Relevanz als auch zur Suche und Identifikation von (neuen) Problemen verwendet. In Abhängigkeit der Ziele des Qualitätsmanagements können die in den Methodengruppen enthaltenen Messansätze sowohl isoliert als auch kombiniert eingesetzt werden. 4.1.2.1 Merkmalsorientierte Messansätze • Merkmalsorientierte Messung als Bewertung einzelner Leistungselemente
Bei merkmalsorientierten Messverfahren setzt sich die Beurteilung der Gesamtleistung aus der Bewertung einzelner Leistungselemente zusammen. Diese Bewertungen aus Kundensicht werden meist mittels Kundenbefragungen erhoben. Zu dieser Gruppe von Messansätzen gehören: (1) Multiattributive Verfahren, (2) Dekompositionelle Verfahren, (3) Willingness-to-Pay-Ansatz, (4) Penalty-Reward-Faktoren-Ansatz.
• Multiattributive Verfahren
(1) Multiattributive Verfahren Multiattributive Messverfahren gehen von der Annahme aus, dass globale Qualitätseinschätzungen von Dienstleistungskunden das Ergebnis einer individuellen Einschätzung der verschiedenen Qualitätsmerkmale sind (Stauss/ Hentschel 1991, S. 240; Hentschel 2000), d. h., dass ein globales Qualitätsurteil die Summe einer Vielzahl (multi) bewerteter Qualitätsmerkmale (Attribute) darstellt. Die multiattributiven Verfahren folgen dem Muster der folgenden Funktion (in Anlehnung an Kroeber-Riel 2003, S. 314): Qij = f ( Wij1, Wij2, …, Wijn) wobei gilt: Qij = Globale Wahrnehmung der Qualität der Dienstleistung j durch den Konsumenten i
4.1 Kundenorientierte Messansätze
91
Wijk = Wahrnehmung des Konsumenten i der Qualitätseigenschaft k der Dienstleistung j (k = 1, …, n). Die Messung der Anforderungen an die Dienstleistungsqualität lässt sich innerhalb der multiattributiven Verfahren grundsätzlich aus zwei Perspektiven angehen: Einstellungs- und zufriedenheitsorientierte Ansätze (vgl. Schaubild 4-2). Das einstellungsorientierte Konzept geht von einer Prädisposition des Kunden aus, wonach die Qualitätsbeurteilung als relativ dauerhafte, gelernte, positive oder negative innere Haltung gegenüber einem Beurteilungsobjekt anzusehen ist (Hentschel 2000; Trommsdorff 2004, S. 158ff.). Demnach stellt sich die Qualitätsbeurteilung aus Kundensicht als Ergebnis eines Lernprozesses ein, in dem sowohl ggf. eigene Erfahrungen mit dem Dienstleistungsanbieter als auch indirekte Erfahrungen (z. B. durch Kommunikation mit anderen Kunden) einbezogen werden (Benkenstein 1993, S. 1101). Die zufriedenheitsorientierte Qualitätsforschung baut hingegen auf dem so genannten „(Dis-)Confirmation Paradigma“ auf (Oliver 1980, S. 460ff.; Bruhn 1982). Danach wird die Qualitätsbeurteilung durch die Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen und der erwarteten Dienstleistungsqualität konstituiert, so dass die zufriedenheitsorientierte Qualitätsbestimmung nur in den Fällen möglich ist, in denen zumindest eine Transaktion zwischen dem Dienstleistungsanbieter und dem Kunden bereits erfolgt ist. Unter dynamischen Aspekten erscheint die strikte Trennung des einstellungs- und zufriedenheitsorientierten Ansatzes allerdings fragwürdig. Es ist zu vermuten, dass die Zufriedenheit mit aktuellen Dienstleistungstransaktionen und ausdifferenzierten Qualitätskriterien im Zeitablauf an Bedeutung verliert. So wird mit wachsendem Abstand zu einem konkreten Leistungsprozess die Zufriedenheit in zunehmendem Umfang in einer eher globalen Einstellung gegenüber dem Dienstleistungsanbieter aufgehen (Oliver 1980). Über diese Unterscheidung hinaus ist eine weitere Differenzierung der multiattributiven Verfahren zur
• Einstellungsorientiertes Konzept
• Zufriedenheitsorientiertes Konzept
• Weitere Differenzierung der multiattributiven Verfahren
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4 Messung der Dienstleistungsqualität
Multiattributive Verfahren
Quelle: in Anlehnung an Hentschel 2000, S. 298
Schaubild 4-2: Systematisierung der multiattributiven Messansätze der Dienstleistungsqualität
• Direkte…
• …und indirekte einstellungsorientierte Messung der Dienstleistungsqualität
Messung der Anforderungen an die Dienstleistungsqualität möglich. Während bei der Anwendung von direkten (Einkomponenten-) Ansätzen lediglich ein Eindruck vom jeweils interessierenden Qualitätsmerkmal abgefragt wird, erfordert ein indirekter (Zweikomponenten-) Ansatz darüber hinaus auch eine Beurteilung der Wichtigkeit des jeweiligen Qualitätskriteriums. Schaubild 4-2 vermittelt hierzu einen Überblick. Bei der direkten, einstellungsorientierten Qualitätserfassung wird i. d. R. eine einzelne Qualitätskomponente mit Hilfe einer Beurteilungsskala (z.B. Grad der Zustimmung in Bezug auf eine bestimmte Aussage über die Eigenschaft eines Leistungsmerkmals) von der Auskunftsperson beurteilt. Dieses Vorgehen geht auf die Arbeiten von Fishbein im Rahmen der Einstellungsforschung zurück (Fishbein 1963). Die indirekte, einstellungsorientierte Messung erfasst bei weiterer Spezifizierung der einzelnen Qualitätsdimensionen neben der wahrgenommenen auch die als ideal empfundene Ausprägung eines Kriteriums (z. B. Grad der Zustimmung in Bezug auf eine Aussage über das ideale Niveau einer Leistungseigenschaft; vgl. auch Trommsdorff 1975). Vorteil dieses einstellungsorientierten Vorgehens ist im Wesentlichen die Tatsache, dass die Auskunftspersonen
4.1 Kundenorientierte Messansätze
nicht notwendigerweise über Erfahrungen mit den betreffenden Dienstleistungen zu verfügen haben. Allerdings besteht die Gefahr, dass bei einer ausschließlich einstellungsorientierten Qualitätsbeurteilung aktuelle Defizite – insbesondere in der Wahrnehmung der tatsächlichen Kunden – nicht in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden. Die direkte, zufriedenheitsorientierte Bestimmung der Dienstleistungsqualität rückt demgegenüber den Unterschied zwischen der Erwartung und der Wahrnehmung hinsichtlich der Leistung in den Vordergrund (z. B. Bewertung eines Leistungsmerkmals; vgl. Brandt 1987), während schließlich durch das indirekte, zufriedenheitsorientierte Vorgehen sowohl die Erwartungen vor als auch die Wahrnehmung nach der Dienstleistungserstellung durch den Konsumenten beurteilt werden. Dieser Ansatz ist insbesondere dann von Vorteil, wenn sich die einzelnen Dienstleistungstransaktionen eindeutig voneinander trennen lassen (Hentschel 2000). Darüber hinaus werden real erlebte Leistungen beurteilt, so dass die Ergebnisse einen engen inhaltlichen und zeitlichen Bezug zur Dienstleistungserstellung aufweisen. Dies empfiehlt den Einsatz der zufriedenheitsorientierten Erfassung der Anforderungen an die Dienstleistungsqualität auch unter dem Gesichtspunkt der Frühaufklärung. In Schaubild 4-3 werden vier grundsätzliche Möglichkeiten zur Messung der Dienstleistungsqualität am fiktiven Beispiel eines Mobilfunkanbieters dargestellt. Bei einer vergleichenden Betrachtung dieser Verfahren sei auf die grundlegende Problematik der indirekten, zufriedenheitsorientierten Qualitätsmessung verwiesen. So ist in vielen Fällen eine A-priori-/A-posterioriUnterscheidung hinsichtlich der Aufdeckung von Qualitätsdefiziten durchaus hilfreich, doch bleibt zu klären, in welcher Form die Erwartungen der Kunden operationalisiert werden können. Hier bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, wie Erwartungen vom Befragten interpretiert werden können (siehe auch Kapitel 2). Die Vielfalt möglicher Operationalisierungen des Erwartungsbegriffes macht eine sorgfältige Konzeption
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• Direkte…
• …und indirekte zufriedenheitsorientierte Messung der Dienstleistungsqualität
• Möglichkeiten zur Operationalisierung der Erwartungen der Kunden
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4 Messung der Dienstleistungsqualität
Direkte, einstellungsorientierte Qualitätsmessung: (Einkomponentenansatz)
Der Händler des Service-Providers bietet einen schnellen Reparaturservice an.
trifft sehr zu
trifft gar nicht zu
sollte zutreffen
sollte nicht zutreffen
trifft sehr zu
trifft gar nicht zu
sehr zufrieden
sehr unzufrieden
sehr wahrscheinlich
sehr unwahrscheinlich
triftt sehr zu
trifft gar nicht zu
Der lokale Vertriebspartner betreut seine Kunden umfassend. Indirekte, einstellungsorientierte Qualitätsmessung: (Zweikomponentenansatz)
Ein Service-Provider sollte unterschiedliche Tarife für Viel- bzw. Gelegenheitstelefonierer anbieten. Mein Service-Provider bietet unterschiedliche Tarife für Viel- bzw. Gelegenheitstelefonierer an. Direkte, zufriedenheitsorientierte Qualitätsmessung: (Einkomponentenansatz) Zeitdauer zwischen Vertragsabschluss mit dem Service-Provider und der Freischaltung der Telefonkarte Beratung durch den lokalen Vertriebspartner des Service-Providers Indirekte, zufriedenheitsorientierte Qualitätsmessung: (Zweikomponentenansatz) A priori: Die monatliche Gesprächsabrechnung wird pünktlich erfolgen. Die Monatsrechnung wird vor Abbuchung des Rechnungsbetrages vorliegen.
A posteriori: Die monatliche Gesprächsabrechnung erfolgte pünktlich. Die Monatsrechnung lag vor der Abbuchung des Rechnungsbetrages vor.
Quelle: in Anlehnung an Hentschel 2000, S. 300
Schaubild 4-3: Multiattributive Messung der Dienstleistungsqualität am Beispiel eines Mobilfunkanbieters
4.1 Kundenorientierte Messansätze
entsprechender Untersuchungen erforderlich. So ist erstens ein jeweils adäquater Erwartungsbegriff einzusetzen, zweitens haben die späteren Dienstleistungskunden bereits vor der Kaufentscheidung bekannt zu sein und drittens ist es notwendig, dass diese Kunden fähig sind, ihre Erwartungen auch dementsprechend zu formulieren (Hentschel 2000, vgl. auch Kapitel 7). Wie sehr die Aussagekraft einer Untersuchung durch eine unscharfe Definition des Erwartungsbegriffes negativ beeinflusst werden kann, sei an einem Beispiel verdeutlicht. So schlagen Mudie und Cottam auf einer nicht weiter differenzierten, globalen Ebene im Sinne des Disconfirmation-Paradigma einen einfachen Ansatz zur Bestimmung der Kundenzufriedenheit vor, die sich aus der Differenz zwischen der wahrgenommenen und der erwarteten Dienstleistungsqualität bestimmen lässt (Mudie/Cottam 1997, S. 17). Das Ergebnis einer solchen undifferenzierten Betrachtung ist jedoch mit Vorsicht zu interpretieren. Kunden, die mit der Erwartung einer dreistündigen Wartezeit einen Arzt aufsuchen, wären demnach nicht unzufrieden, wenn sich die Wartezeit tatsächlich einstellt. Absolut betrachtet ist diese Dauer jedoch nicht vertretbar, es sind also weitere – vor allem spezifiziertere – Ansätze zur Bestimmung der tatsächlichen Dienstleistungsqualität und der Evaluierung der eingesetzten Erwartungen zu nutzen. Eine spezielle Form des einstellungsorientierten Ansatzes ist die kompetenzorientierte Betrachtung der Dienstleistungsqualität. Diese Sonderform des einstellungsorientierten Ansatzes der Dienstleistungsqualität spielt insbesondere dann eine besondere Rolle, wenn die Qualitätsbeurteilung von Leistungen im Vordergrund steht, die sich aufgrund hoher Intangibilität einer Beurteilung durch den Konsumenten entziehen. Die Fertigkeiten (epistemische Kompetenz) und die Fähigkeiten (heuristische Kompetenz) eines Dienstleistungsunternehmens, Probleme des Konsumenten zu lösen, werden bei dieser Betrachtungsweise von Konsumenten zur Beurteilung der Dienstleistungsqualität herangezogen (Weiss 1992, S. 59ff.; Benkenstein 1993, S. 1102; Backhaus 2003, S. 423ff.):
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• Abhängigkeit der Aussagekraft der Untersuchungen von der Genauigkeit der Definition des Erwartungsbegriffes
• Kompetenzorientierte Betrachtung der Dienstleistungsqualität
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4 Messung der Dienstleistungsqualität
(1) Epistemische Kompetenz Unter dieser Kompetenz ist die spezifische Fachkompetenz zu fassen, die ein Dienstleistungsunternehmen bei Leistungen bereits dokumentiert hat und die auf verwandte Problemstellungen übertragen werden können. Die Erfahrung des Nachfragers mit der bereits erfolgreich erbrachten Leistung kann er dazu nutzen, einen Kompetenztransfer auf ähnliche Leistungen vorzunehmen. (2) Heuristische Kompetenz Hier steht der Credence-Aspekt im Vordergrund, der für den Nachfrager von Bedeutung ist, wenn die erwartete Dienstleistung in der angestrebten Form bisher noch nicht realisiert worden ist. Das Dienstleistungsunternehmen hat demnach über eine heuristische Kompetenz zu verfügen, damit der Nachfrager Vertrauen im Hinblick auf die Erbringung der Dienstleistung hat, über die auch keine Erfahrungen vorliegen.
• Besondere Bedeutung des auf dem GAP-Modell basierenden SERVQUALAnsatzes
Der direkte Bezug dieser Betrachtungsweise zur einstellungsorientierten Perspektive entsteht dadurch, dass die Kompetenzvermutung gegenüber einem Dienstleistungsanbieter letztlich ebenfalls als Prädisposition aufzufassen ist. Unter den multiattributiven Verfahren hat in den letzten Jahren eine auf dem GAP-Modell von Parasuraman et al. aufbauende Messmethode (vgl. Kapitel 5, Abschnitt 5.1) eine bedeutende Stellung eingenommen. Im Rahmen des GAP-Modells wurde der so genannte SERVQUAL-Ansatz (Service Quality) entwickelt. Er stellt eine Kombination von einstellungs- und zufriedenheitsorientierter multiattributiver Messung dar. Grundlage zur Messung der Dienstleistungsqualität ist dabei das so genannte GAP 5 des GAP-Modells, das die Diskrepanz bzw. die „Lücke“ zwischen erwarteter und wahrgenommener Leistung aus Kundensicht wiedergibt (Parasuraman et al. 1986). Die von Parasuraman et al. abgeleiteten zehn Qualitätsdimensionen mit 97 Items konnten mit Hilfe des Datenmaterials aus zwei Erhebungen auf fünf zentrale
4.1 Kundenorientierte Messansätze
Qualitätsdimensionen mit 22 Items reduziert werden (Parasuraman et al. 1985). Die Dimensionen „Annehmlichkeit des tangiblen Umfeldes“ („Tangibles“), „Zuverlässigkeit“ („Reliability“), „Reagibilität“ („Responsiveness“), „Leistungskompetenz“ („Assurance“) und „Einfühlungsvermögen“ („Empathy“) sind durch die 22 Items mit einer Doppelskala messbar gemacht. Die 22 Items sind in Schaubild 4-4 am Beispiel eines Mobilfunkanbieters dargestellt. Bei der verwendeten Doppelskala werden mit einer Skala („Expectation Scale“) idealtypische Zustände erfasst (Soll-Profil), während mit der zweiten Skala („Perception Scale“) tatsächliche Zustände erhoben werden (Ist-Profil). Beiden Skalen liegt eine siebenstufige Unterteilung zugrunde, die Aussagen von „lehne ich entschieden ab“ (1) bis „stimme ich völlig zu“ (7) zulässt (vgl. Schaubild 4-5). Aus der Differenz zwischen Soll- und Ist-Zustand eines Items resultiert ein Einzelwert zwischen –6 und +6, wobei die wahrgenommene Dienstleistungsqualität bezüglich eines bestimmten Kriteriums mit der Größe des Wertes steigt. Die Mitte dieses Kontinuums trennt schließlich gute und schlechte Dienstleistungsqualität (Zeithaml et al. 1992, S. 38ff.). Eine kritische Betrachtung der Methodik und der theoretischen Fundierung von SERVQUAL offenbart jedoch auch einige Schwierigkeiten, die die Validität des Ansatzes in Frage stellen. Insbesondere bietet die zentrale Komponente der Doppelskala Anlass zu Vorbehalten. In diesem Zusammenhang sind Probleme der Fragenbeantwortung, der Anspruchsinflation, der Diskriminationsstärke und schließlich der Plausibilität der Grundüberlegung zu nennen. So kann die Differenzbildung zwischen erwarteter und erfahrener Dienstleistungsqualität in manchen Fällen zu Fehlinterpretationen führen (Hentschel 2000). Ein Teil dieser methodischen Schwierigkeiten wird oftmals mit einem geeigneten, situationsspezifischen Erhebungsdesign umgangen. Andere Problembereiche lassen sich über eine grundsätzliche Anpassung der Methodik vermeiden. So wird vielfach der Anspruchs-
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• Vorgehensweise zur Entwicklung einer unternehmensindividuellen Messskala bei SERVQUAL
• Würdigung von Theorie und Methodik des SERVQUALAnsatzes
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4 Messung der Dienstleistungsqualität
Annehmlichkeit des tangiblen Umfeldes („Tangibles“) 1. 2. 3. 4.
Zu hervorragenden Service-Providern gehört eine moderne technische Ausstattung. Die Einrichtung eines Service-Providers sollte angenehm ins Auge fallen. Die Mitarbeiter eines Service-Providers sollten ansprechend gekleidet sein. Hervorragende Service-Provider sollten ihre Broschüren und Mitteilungen für die Kunden ansprechend gestalten. Zuverlässigkeit („Reliability“)
5. 6. 7. 8. 9.
Wenn hervorragende Service-Provider die Einhaltung eines Termins versprechen, wird der Termin auch eingehalten. Bei hervorragenden Service-Providern sollte das Interesse erkennbar sein, ein Problem zu lösen. Hervorragende Service-Provider sollten den Service gleich beim ersten Mal richtig ausführen. Hervorragende Service-Provider sollten ihre Dienste zum versprochenen Zeitpunkt ausführen. Hervorragende Service-Provider sollten fehlerfreie Belege für die Kunden besitzen. Reaktionsfähigkeit („Responsiveness”)
10. Mitarbeiter hervorragender Service-Provider können über den Zeitpunkt einer Leistungsausführung Auskunft geben. 11. Mitarbeiter eines hervorragenden Service-Providers werden Kunden prompt bedienen. 12. Hervorragende Service-Provider sollten stets bereit sein, den Kunden zu helfen. 13. Bei hervorragenden Service-Providern sind die Mitarbeiter nie zu beschäftigt, um auf Kundenanliegen einzugehen. Leistungskompetenz („Assurance“) 14. Bei hervorragenden Service-Providern weckt das Verhalten der Mitarbeiter Vertrauen bei den Kunden. 15. Bei Transaktionen mit hervorragenden Service-Providern fühlt man sich sicher. 16. Mitarbeiter eines hervorragenden Service-Providers sind stets gleichbleibend höflich zu den Kunden. 17. Mitarbeiter hervorragender Service-Provider verfügen über das Fachwissen zur Beantwortung von Kundenfragen. Einfühlungsvermögen („Empathy“) 18. Hervorragende Service-Provider widmen jedem ihrer Kunden individuell ihre Aufmerksamkeit. 19. Hervorragende Service-Provider bieten ihre Dienste zu Zeiten an, die allen Kunden gerecht werden. 20. Hervorragende Service-Provider haben Mitarbeiter, die sich den Kunden persönlich widmen. 21. Hervorragenden Service-Providern liegen die Interessen der Kunden am Herzen. 22. Die Mitarbeiter hervorragender Service-Provider verstehen die spezifischen Servicebedürfnisse ihrer Kunden. Quelle: Zeithaml et al. 1992, S. 202ff.
Schaubild 4-4: Erhebung der Qualitätsdimensionen nach dem SERVQUAL-Ansatz am Beispiel eines Mobilfunkanbieters
4.1 Kundenorientierte Messansätze
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b h zu h en a ic en e e m m m hn om im om Beispiel für die Doppelskala (Item 16): St llk Le llk o o v v Mitarbeiter eines hervorragenden Service-Providers 1 2 3 4 5 6 7 sind stets gleichbleibend höflich zu den Kunden. ic
Mitarbeiter des Service-Providers x sind stets gleichbleibend höflich zu den Kunden.
1 2 3 4 5 6 7
Schaubild 4-5: Doppelskala zur Beantwortung der Fragen nach dem SERVQUAL-Ansatz
inflation bei Fragen nach der Wichtigkeit von Qualitätselementen beispielsweise durch die Vorgabe einer auf die verschiedenen Qualitätsmerkmale zu verteilenden Gesamtpunktzahl begegnet; dies zwingt die befragten Kunden zu einer Gewichtung ihrer Ansprüche. Mit gewissen Modifikationen hat SERVQUAL inzwischen als Instrument zur Messung der Anforderungen an die Servicequalität Anwendung in einer Vielzahl von Branchen gefunden. Die Ganzheitlichkeit und Einfachheit der Rangfolgenbildung sind die Hauptvorteile dieses Ansatzes. Die Beliebigkeit der Kombinationsmöglichkeiten relevanter Merkmale und Ausprägungen bei gleichzeitiger Beliebigkeit des Designs im Rahmen der Untersuchung gehören zu den wesentlichen Nachteilen dieses Verfahrens. (2) Dekompositionelle Verfahren Bei den dekompositionellen Verfahren wird in umgekehrter Richtung wie bei den multiattributiven Ansätzen vorgegangen (Hentschel 2000, S. 297). Während sich bei multiattributiven Verfahren aus der Bewertung verschiedener Teilleistungen ein globales Qualitätsurteil ergibt, wird bei dekompositionellen Verfahren anhand globaler Qualitätsurteile eine Rangreihe verschiedener Leistungen mit unterschiedlichen Merkmalsausprägungen gebildet. In einem zweiten Schritt werden, z. B. mit der Methode der Conjoint-Analyse, Teilqualitäten berechnet. Die Berechnung der Teilqua-
• Dekompositionelle Verfahren
100
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• Berechnung von Teilqualitäten mittels der VignetteMethode
• Vorgehen der Vignette-Methode
litäten bedingt jedoch – zumindest in qualitativer Hinsicht – die Bezeichnung der Merkmale. Die verschiedenen Leistungen werden folglich als Bündel der Merkmale in jeweils verschiedenen Ausprägungen erstellt. Die Vignette-Methode stellt eine Variante der dekompositionellen Verfahren dar, die im Bereich der Dienstleistungsqualitätsmessung besondere Bedeutung erlangt hat (Haller 1998, S. 113). Auch dieses Verfahren benutzt kein globales Qualitätsurteil zur Messung der Dienstleistungsqualität. Der Messansatz basiert auf der Methode des Conjoint Measurement, bei dem unterstellt wird, dass sich der Gesamtnutzen – in diesem Fall die Gesamtqualität einer Leistung – additiv aus den Nutzen der Komponenten (Teilnutzenwerte) – in diesem Fall die Wahrnehmungen einzelner Qualitätsdimensionen – zusammensetzt (Backhaus et al. 2003, S. 544). Demnach geht die Vignette-Methode davon aus, dass Qualitätsurteile auf einer relativ geringen Zahl von Faktoren basieren, die in der Wahrnehmung des Kunden relevant sind. Eine Vignette stellt dabei eine fiktive Situation dar, die anhand von bestimmten Charakteristika beschrieben wird. Das grundsätzliche Vorgehen wird im Folgenden mit Hilfe eines Beispiels erläutert. Voraussetzung für die Vignette-Methode ist die Ermittlung so genannter „Critical Quality Characteristics“ (CQC’s), d. h. jener Attribute, die für die Qualitätsbeurteilung aus Kundensicht relevant sind. So kann die Qualitätsbeurteilung einer Bankfiliale, analog zu den Qualitätsdimensionen des SERVQUAL-Ansatzes, auf Faktoren basieren, die in Schaubild 4-6 am Beispiel einer Bankfiliale dargestellt sind. Die einzelnen Vignetten werden schließlich gebildet, indem jedem Faktor eines der zugehörigen Werturteile zugeordnet wird. Jede Vignette stellt damit eine Kombination unterschiedlicher Charakteristika und Werturteile dar. Schaubild 4-7 zeigt ein Beispiel für eine Vignette. Analog zur Conjoint-Analyse (Backhaus et al. 2003, S. 544ff.) wird der Kunde nun gebeten, die verschiedenen Vignetten zu beurteilen. Dies geschieht vielfach auf einer Skala von „sehr gut“ bis „sehr schlecht“. Im Rahmen
4.1 Kundenorientierte Messansätze
Critical Quality Characteristics Annehmlichkeit des tangiblen Umfeldes: z.B. Ausstattung der Geschäftsräume Zuverlässigkeit: z.B. Vermeidung von Fehlbuchungen
101
Werturteile Ansprechend Nicht ansprechend Hoch Niedrig
Reaktionsfähigkeit: z.B. schnelle Korrektur von Fehlbuchungen
Flexibel
Leistungskompetenz: z.B. Beratungskompetenz der Wertpapierberater
Kompetent
Einfühlungsvermögen: z.B. Einrichtung spezieller Gebührenkonditionen für besondere Privatkunden
Zuvorkommend
Unflexibel
Nicht kompetent
Nicht zuvorkommend
Schaubild 4-6: „Critical Quality Characteristics“ und die Werturteile einer Vignette am Beispiel einer Bankfiliale
Vignette 1 Beurteilungskriterium Annehmlichkeit des tangiblen Umfeldes Zuverlässigkeit Reaktionsfähigkeit Leistungsfähigkeit Einfühlungsvermögen
Werturteil Nicht ansprechend Hoch Flexibel Kompetent Zuvorkommend
Wie beurteilen Sie eine Bankfiliale, die dieser Beschreibung entspricht? (1) Sehr gut (2) Gut (3) Befriedigend (4) Ungenügend (5) Schlecht (6) Sehr schlecht
Schaubild 4-7: Beispiel für eine Vignette
der Auswertung mittels einer Häufigkeitstabelle stellen die Charakteristika die unabhängigen Variablen und die Gesamtbeurteilungen die abhängigen Variablen dar. Somit wird der Einfluss der einzelnen Attribute auf das
102
4 Messung der Dienstleistungsqualität
globale Qualitätsurteil mittels eines Koeffizienten ausgedrückt. Die Vignette-Methode eignet sich daher zur Analyse der Rangfolge und Gewichtung von einzelnen Qualitätsattributen der Dienstleistung und zur Ermittlung globaler Qualitätsurteile. Als Nachteil des Verfahrens erweist sich der hohe Erhebungsaufwand; vor allem da bei einer hohen Anzahl von Vignettes die Durchführung zahlreicher Befragungen notwendig wird. Weiterhin besteht die Gefahr eines Informationsverlustes, da die vielfältigen Qualitätsmerkmale einer Dienstleistung auf wenige „Critical Quality Characteristics“ reduziert werden und damit einerseits die Möglichkeit differenzierter Aussagen verhindert wird (Haller 1993, S. 30) und andererseits der aus Kundensicht relevante Wahrnehmungsraum nicht vollständig erfasst werden kann. • Willingness-to-PayAnsatz
(3)Willingness-to-Pay-Ansatz Beim Willingness-to-Pay-Ansatz handelt es sich um ein Verfahren, das auf dem wertorientierten Qualitätsbegriff basiert (vgl. auch im Folgenden Haller 1998, S. 40ff.). Dabei wird davon ausgegangen, dass der Kunde zu seinem Qualitätsurteil hinsichtlich einer Leistung kommt, indem er die erhaltene Leistung mit den im Rahmen der Inanspruchnahme der Leistung in Kauf genommenen Opfern finanzieller, zeitlicher, psychischer oder physischer Art vergleicht. Diese „Opfer“ werden meist durch den Preis der Leistung ausgedrückt. Die Beurteilung einer Leistung nach dem Willingness-toPay-Ansatz wird oftmals in zweierlei Hinsicht vorgenommen: 5 Der Nutzen einer Leistung, der sich aus der gewichte-
ten Bewertung einzelner Leistungsmerkmale zusammensetzt, wird zu dem Preis der Leistung in Beziehung gesetzt. 5 Der Preis wird in die Merkmalsliste im Rahmen der oben genannten multiattributiven (Preis als Leistungsqualität) oder auch dekompositionellen Verfahren aufgenommen.
4.1 Kundenorientierte Messansätze
103
Der Einsatz dieser Methode ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Absicht besteht, Dienstleistungen im Rahmen der Leistungspolitik zu variieren. In einer solchen Situation wird vielfach mittels des Willingness-to-Pay-Ansatzes festgestellt, ob die Erweiterung oder Verbesserung eines Merkmals zu einer entsprechend höheren Zahlungsbereitschaft der Kunden führt (vgl. die Beispiele 4-2 und 4-3). Beispiel 4-2: Anwendung des Willingness-to-Pay-Ansatzes Liljander und Strandvik setzten diesen Ansatz in einem Experiment bezüglich der Zahlungsbereitschaft potenzieller Restaurantgäste ein (Liljander/Strandvik 1992, S. 15ff.). Diese Probanden hatten sich vorzustellen, dass sie eine fiktive Stadt besuchten und 11 Restaurants, die in Form von Vignetten beschrieben waren, zur Auswahl hätten. Um das „normale Qualitätsniveau“ eines Restaurants für die jeweilige Befragungsperson zu ermitteln, hatten diese an ein Restaurant zu denken, in dem sie regelmäßig zu Mittag essen, ihren Namen und den „normalen Preis“ nennen, den sie für ein Mittagessen in diesem Restaurant zahlen. Anschließend wurden die 11 fiktiven Restaurants durch die Proban-
• Experiment mit dem Willingness-to-PayAnsatz: Ermittlung der Zahlungsbereitschaft potenzieller Restaurantgäste
Willingness-to-Pay (Preis)
60 50
R10
40
R11
30
R3
R8
R4
R9 R5
20
R1
R2 Legende: RX = Restaurant X
10 R6
R7
0 0
1
2
3 4 5 6 7 Wahrgenommene Dienstleistungsqualität
8
9
10
Quelle: Liljander/Strandvik 1992, S. 20
Schaubild 4-8: Zahlungsbereitschaft eines Individuums als Resultat der Willingness-to-Pay-Methode
104
4 Messung der Dienstleistungsqualität
Willingness-to-Pay (Preis)
50
R10
40
R8
30
R4
20
R3
10 0
R11
–10
R2
R9
Legende: RX = Restaurant X
R5 R1
R7
–20
R6
–30 0
1
2
3 4 5 6 7 Wahrgenommene Dienstleistungsqualität
8
9
10
Quelle: Liljander/Strandvik 1992, S. 21
Schaubild 4-9: Aggregierte Zahlungsbereitschaft als Resultat der Willingness-to-Pay-Methode
den beurteilt. Hierzu hatten sie erstens die Restaurants gemäß ihrer Beurteilung zu sortieren, zweitens den Preis für jedes Restaurant angeben, den sie zu zahlen bereit wären und drittens erklären, welches Restaurant sie zum „normalen Preis“ besuchen würden. Im Rahmen der Auswertung wurde dann sowohl die Zahlungsbereitschaft des einzelnen Individuums (vgl. Schaubild 4-8) als auch die aggregierte Zahlungsbereitschaft analysiert (vgl. Schaubild 4-9). Durch die Aufnahme des Preises in die Merkmalsliste einer Leistung wird durch die Anwendung eines multiattributiven Verfahrens die Bewertung des Preises einer bereits bestehenden Leistung aus der Kundenperspektive bewertet. Durch die Anwendung eines dekompositionellen Verfahrens besteht die Möglichkeit, den Preis zu variieren und daraus den Zusammenhang zwischen verschiedenen Merkmalsbündeln, dem jeweiligen Preis und der in diesem Zusammenhang wahrgenommenen
4.1 Kundenorientierte Messansätze
105
Leistungsqualität festzustellen. Dieser Zusammenhang wird in Beispiel 4-3 veranschaulicht. Beispiel 4-3: Bestimmung der Preisbereitschaft durch ein dekompositionelles Verfahren Ziel dieser Untersuchung war es, die Preisbereitschaft von Bahnkunden für bestimmte Modalitäten – in diesem Fall die Variation bestimmter Leistungsmerkmale – bezüglich ihres Bahntickets zu ermitteln und Antworten auf die folgenden Fragen zu finden: Inwieweit ist der Kunde bereit, einen höheren Preis für sein Bahnticket zu bezahlen, wenn ihn eine bestimmte Anzahl Personen kostenfrei bei seiner Fahrt begleiten dürfen? Inwieweit ist der Kunde bereit, einen höheren Preis für sein Bahnticket zu bezahlen, wenn sich die regionale Gültigkeit des Tickets erhöht? Für die Bestimmung der Preisbereitschaft mittels eines dekompositionellen Verfahrens (hier durch Anwendung der Conjoint-Analyse) wurden drei Leistungsmerkmale mit jeweils drei möglichen Ausprägungen verwendet. Hieraus ergaben sich insgesamt 27 (3 × 3 × 3) mögliche Ausprägungen der Leistung „Bahnticket“. Neben der Präferenzen der Bahnkunden wurden auch verhaltensbezogene Angaben der Kunden erhoben. Dadurch können Präferenzunterschiede zwischen den Kunden auf bestimmte Kundensegmente zurückgeführt werden, wodurch eine zielgruppenspezifische Variation der Leistung möglich wird. Die konkreten Ausprägungen wurden folgendermaßen definiert (vgl. Schaubild 4-10): − Preis: 9 Euro, 12 Euro, 15 Euro. − Preisreduktion beim Kauf am Automaten: 0,50 Euro, 1 Euro, 1,5 Euro. − Regionale Gültigkeit des Tickets: nur in einem Bundesland gültig, auch in den angrenzenden Bundesländern gültig, im gesamten Bundesgebiet gültig. Das Ergebnis der Untersuchung ergab deutliche Unterschiede zwischen den Präferenzen verschiedener Konsumentengruppen in Bezug auf die Aus-
• Bestimmung der Preisbereitschaft von Bahnkunden
106
4 Messung der Dienstleistungsqualität
Welches der folgenden Ticketangebote würden Sie bevorzugen? Ticket 1
+++
++
+
0
+
++
+++
Ticket 2 Preis: 15 €
Preis: 12 €
Nur in einem Bundesland gültig
Unbegrenzt im gesamten Bundesgebiet gültig
Preisreduktion von 1,50 Euro beim Kauf am Automaten
Preisreduktion von 1 Euro beim Kauf am Automaten
Quelle: GLOBALPARK 2004
Schaubild 4-10: Bestimmung der Preisbereitschaft von Bahnkunden
prägungen der Leistung „Bahnticket“. Nur die Vielreisenden sind bereit, einen relativ hohen Preis für ein Bahnticket zu bezahlen, wenn es im gesamten Gebiet gültig ist. Die Höhe der Preisreduktion beim Kauf am Automaten spielt für die Befragten keine Rolle. Außerdem sind die Befragten insgesamt nicht dazu bereit, einen erhöhten Grundpreis für ein Bahnticket zu bezahlen, selbst wenn die Preisreduktion beim Kauf am Automaten relativ hoch ist. • Penalty-RewardFaktoren-Ansatz
• Penalty- und Reward-Faktoren
(4)Penalty-Reward-Faktoren-Ansatz Der Penalty-Reward-Faktoren-Ansatz ist ein den multiattributiven Verfahren sehr ähnliches Verfahren und orientiert sich am Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung einer Leistung und der Reaktion auf eine Leistung (vgl. Berry 1986; Brandt 1987). Der Ansatz basiert ursprünglich auf der Annahme, dass bei jeder Dienstleistung Qualitätsfaktoren existieren, deren Nichterfüllung beim Kunden Unzufriedenheit hervorruft (Berry 1986; Brandt 1987, S. 61ff.). Diese Attribute werden als Penalty-Faktoren bezeichnet. Im Gegensatz dazu stellten die Reward-Faktoren Zusatzleistungen dar, die beim Kunden eine höhere Qualitätswahrnehmung und daher eine höhere Zufriedenheit erzeugen. Während der Kunde für die Reward-Faktoren „Bonuspunkte“ verteilt, bestraft er das Unternehmen bei Nichtvorhandensein der Penalty-Faktoren mit so genannten „Demerits“ (Brandt
4.1 Kundenorientierte Messansätze
1987, S. 61). Das Ziel eines solchen Messansatzes ist es, diese Penalty-Faktoren zu identifizieren. Daher wird zunächst ein Gesamtqualitätsurteil der Dienstleistung auf einer 5er-Skala von „sehr zufrieden“ bis „sehr unzufrieden“ erhoben. Anschließend werden die Kunden gebeten, die einzelnen Attribute der Dienstleistung, die den Probanden vorgegeben werden, auf einer Skala von „viel schlechter als erwartet“ bis „viel besser als erwartet“ zu bewerten. Mit Hilfe dieser Daten wird eine multiple Regressionsanalyse unter dem Einsatz von Dummy-Variablen („Penalty-Reward-Contrast-Analyse“; Brandt 1987, S. 62f.) durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Analyse hinsichtlich einzelner Merkmale werden wie folgt interpretiert:
107
• Identifizierung der Penalty-Faktoren
5 Penalty-Faktoren kennzeichnen diejenigen Attri-
bute der Dienstleistungsqualität, bei denen der Kunde kein höheres globales Qualitätsurteil abgibt, obwohl die Leistung in Bezug auf das jeweilige Attribut besser als erwartet ausfiel. Dagegen sinkt das globale Qualitätsurteil, sofern die Qualität des jeweiligen Attributes schlechter als erwartet war. 5 Reward-Faktoren zeichnen sich dadurch aus, dass das globale Qualitätsurteil steigt, sofern die Qualität des jeweiligen Attributes besser als erwartet eingeschätzt wurde; sie sinkt jedoch nicht, falls die Leistung schlechter als erwartet gewesen ist. Die Anwendung der Penalty-Reward-Methode im Rahmen einer Zufriedenheitsstudie wird im Beispiel 4-4 veranschaulicht. Beispiel 4-4: Zufriedenheitsstudie eines Gütertransportunternehmens In einer Studie über die Zufriedenheit der Kunden eines Gütertransportunternehmens hat Brandt (1987) die Penalty- und Reward-Faktoren ermittelt. Dabei erfragte er zum einen die Beurteilung der Gesamtleistung durch die Probanden mittels einer FünfPunkte-Likert-Skala. Zum anderen erhob er die Bewertungen von neun Qualitätsdimensionen (Brandt
• Exemplarische Studie
108
4 Messung der Dienstleistungsqualität
1987, S. 62f.). Die entsprechende Auswertung ergab, dass die Kriterien „Eindenken in spezifische Kundenproblematik“ und „Ehrlichkeit/Leistungsfähigkeit“ Reward-Faktoren darstellen, während sechs der übrigen Dimensionen als Penalty-Faktoren betrachtet werden können. Schaubild 4-11 zeigt die Ergebnisse der Studie im Überblick.
0,4 0,35* Reward-Faktoren
0,31* 0,3
* = statistisch signifikant innerhalb des Konfidenzintervalls von 95% 0,21*
0,2
0,1
0,07* 0,05* 0,03*
0,01*
0
0
– 0,02* – 0,05*
– 0,2
– 0,28*
Erreichbarkeit
– 0,30* – 0,30* Zuverlässigkeit bei der Einhaltung von Beförderungsmaßnahmen
– 0,28*
Zuverlässigkeit bei der Einhaltung von Terminen
– 0,45* Preis-LeistungsVerhältnis
– 0,5
Reaktionsschnelligkeit bei Problemen
– 0,40*
Ehrlichkeit/ Leistungsfähigkeit
– 0,4
Einsatzfreude bei der Abfertigung
– 0,30*
Zeitflexibilität bei der Ladungsaufnahme
– 0,3 Eindenken in spezifische Kundenproblematik
Penalty-Faktoren
– 0,1
Quelle: Brandt 1987, S. 62
Schaubild 4-11: Resultate einer Penalty-Reward-Faktoren-Analyse am Beispiel eines Gütertransportunternehmens
4.1 Kundenorientierte Messansätze
109
REAKTION AUF LEISTUNG
Nutzenfunktion
Zufriedenheit
positiv
Criticals Satisfiers
Neutrals Unzufriedenheit
Dissatisfiers
negativ schlecht
gut WAHRNEHMUNG DER LEISTUNG Quelle: Gierl/Bartikowski 2003, S. 16
Schaubild 4-12: Nutzenfunktionen unterschiedlicher Merkmalskategorien
Aus der dargestellten Art der Beziehung zwischen der Leistungswahrnehmung und der Reaktion auf dieselbe Leistung wurde in einem weiteren Schritt versucht, auf die Art des Merkmals zu schließen (Gierl/Bartikowski 2003). Dadurch ließ sich die Unterteilung erweitern in so genannte „Satisfiers“, „Criticals“, „Neutrals“ und „Dissatisfiers“ (Brandt 1988; Brandt/Scharioth 1998; vgl. Schaubild 4-12). In einer Verfahrensvariante des Penalty-Reward-Faktoren-Ansatzes werden befragte Kunden zunächst gemäß ihrer globalen Zufriedenheit mit der Qualität einer Leistung in zwei Gruppen – zufriedene und unzu-
110
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• Erweiterung der Klassifikation von Qualitätsmerkmalen durch eine Verfahrensvariante des Penalty-RewardFaktoren-Ansatzes • Vorgehen zur Bestimmung von „Satisfiers“ und „Dissatisfiers“
• “Criticals“...
• ...und „Neutrals“
friedene Kunden – unterteilt. Daraufhin wird bei jeweils jedem Leistungsmerkmal (bzw. jede Qualitätsdimension) untersucht, wie viele (global zufriedene/ unzufriedene) Kunden eine positive Nichterfüllung (Leistungsmerkmal besser als erwartet), eine Erfüllung (Leistungsmerkmal wie erwartet) oder eine negative Nichterfüllung (Leistungsmerkmal schlechter als erwartet) wahrgenommen haben (vgl. auch im Folgenden Schaubild 4-13). Hierbei wird unterstellt, dass ein Merkmal einen „Satisfier“ darstellt, wenn der Anteil der Zufriedenen nur dadurch gesteigert werden kann, indem mehr Kunden eine positive Nichterfüllung wahrnehmen. Ist bei einem Merkmal eine größere Anzahl Kunden nur in ihren Erwartungen bestätigt, so führt dies nicht zu höherer Zufriedenheit. „Dissatisfiers“ werden hingegen daran erkannt, dass der Anteil der Unzufriedenen steigt, wenn mehr Personen eine negative Nichterfüllung wahrnehmen. Nehmen dahingegen mehr Kunden anstelle einer positiven Nichterfüllung nur eine Erfüllung wahr, so erhöht sich der Anteil der Zufriedenen nicht. „Criticals“ liegen dann vor, wenn der Anteil der Zufriedenen am höchsten ist, falls eine positive Nichterfüllung wahrgenommen wird, und wenn der Anteil der Zufriedenen am geringsten ist, falls eine negative Nichterfüllung vorliegt. Leistungsmerkmale werden als „Neutrals“ bezeichnet, wenn sich die Anteile der zufriedenen
Satisfier
Dissatisfier
Critical
Neutral
Anzahl der Zufriedenen
Anzahl der Unzufriedenen
Negative NB
Bestätigung
Positive NB
Negative NB
Bestätigung
Positive NB
Negative NB
Bestätigung
Positive NB
Negative NB
Bestätigung
Positive NB
NB = Nicht-Beteiligung
Quelle: in Anlehnung an Brandt 1988, S. 38
Schaubild 4-13: Einteilung der Merkmale nach der Methode von Brandt
4.1 Kundenorientierte Messansätze
Kunden nicht voneinander unterscheiden. Selbst wenn mehr Personen eine positive bzw. negative Nichterfüllung wahrnehmen, führt dies nicht zu einer Steigerung des Anteils der Zufriedenen oder Unzufriedenen. Durch die vorgenommene Unterteilung der Qualitäts- bzw. Leistungsdimensionen – bzw. aus dem Zusammenhang zwischen der positiven oder negativen Nichterfüllung und der Gesamtzufriedenheit – können Merkmale nach zwei Kriterien unterteilt werden. Zum einen stellt sich die Frage nach dem Potenzial eines Merkmals, Zufriedenheit bei Kunden zu bewirken. Zum anderen stellt sich die Frage, ob es Unzufriedenheit vermeidet. Aus der Sichtweise dieser Kriterien lassen sich innerhalb eines Merkmalsportfolios die unterschiedlichen Merkmalskategorien eintragen und entsprechende Handlungsempfehlungen für die unterschiedlichen Merkmalskategorien ableiten (vgl. Schaubild 414). Hierbei ist in den entsprechenden Merkmalskategorien die Beziehung zwischen attributspezifischer Nicht-Bestätigung (NB) und der Gesamtzufriedenheit verdeutlicht. Der Vorteil dieses Messansatzes liegt darin, dass nicht nur qualitätsrelevante Ergebnisse geliefert werden, die die Qualität der Dienstleistung aus der Sicht des Kunden messen, sondern dass auch ein gezielter Einsatz des Qualitätsmanagements in Bezug auf die verschiedenen Merkmalskategorien vorgeschlagen wird. Folglich gilt es für das Unternehmen, zunächst mit diesen Dienstleistungsattributen den Kunden zufrieden zu stellen; erst dann kann sich das Qualitätsmanagement auf zusätzliche „Bonusleistungen“ konzentrieren (Haller 1993, S. 27). Ein weiteres Verfahren zur Klassifikation von Qualitätsdimensionen bzw. Leistungsmerkmalen stellt die Kano-Methode dar (Kano 1984). Hierbei werden die befragten Kunden direkt danach gefragt, in welche Kategorie ein Merkmal fällt. Das Verfahren sieht vor, dass pro Merkmal bzw. Qualitätsdimension eine funktionale (Zufriedenheitsreaktion im Falle einer guten Qualität des Merkmals) und dysfunktionale Frage (Reaktion der Unzufriedenheit im Falle einer schlechten Qualität des Merkmals) gestellt wird (vgl. Beispiel 4-5). Durch Kom-
111
• Vorteil des PenaltyReward-FaktorenAnsatzes
• Kano-Methode als alternatives Verfahren zur Klassifizierung von Qualitätsmerkmalen...
112
4 Messung der Dienstleistungsqualität
REAKTION AUF LEISTUNG
Satisfiers
Ja
Negative NB → Indifferenz Positive NB → Zufriedenheit Bei einigen ausgewählten Merkmalen gute Leistungen bieten.
Neutrals Negative NB → Indifferenz Positive NB → Indifferenz
Criticals Negative NB → Unzufriedenheit Positive NB → Zufriedenheit
Bei allen Merkmalen gute Leistungen bieten.
Dissatisfiers Negative NB → Unzufriedenheit Positive NB → Indifferenz
Nein Bei keinem dieser Merkmale gute Leistungen bieten.
Bei allen Merkmalen mittelmäßige anstatt gute Leistungen bieten.
Nein WAHRNEHMUNG DER LEISTUNG
Ja
Quelle: in Anlehnung an Gierl/Bartikowski 2003, S. 15ff.
Schaubild 4-14: Merkmalsportfolio unterschiedlicher Merkmalskategorien und entsprechende Handlungsempfehlungen
• ...mittels funktionaler und dysfunktionaler Fragestellungen
bination der Antwortalternativen lassen sich die Merkmale den unterschiedlichen Kategorien zuordnen. Hierbei ergeben sich neben „Satisfiers“, „Criticals“, „Neutrals“ und „Dissatisfiers“ auch so genannte „Reverse“- und „Questionable“-Kategorien (vgl. hierzu Sauerwein 2000). Beispiel 4-5: Funktionale und dysfunktionale Fragestellung bei der Kano-Methode Die Fragestellung in der Kano-Methode findet in funktionaler und dysfunktionaler Form statt. Im Anschluss werden verschiedene Möglichkeiten, die erwähnten Fragetypen zu beantworten, genannt. Die beispielhaften Fragestellungen beziehen sich auf ein fiktives Hallenbad „Aquamar“. Das Lei-
4.1 Kundenorientierte Messansätze
113
stungsmerkmal entspricht in diesem Fall einem Restaurationsbetrieb, das im Hallenbadgebäude integriert ist. 5 Funktionale Form der Frage: „Wie denken Sie darüber, dass es im Hallenbad „Aquamar“ eine Verpflegungsmöglichkeit gibt?“ 5 Dysfunktionale Form der Frage: „Wie denken Sie darüber, wenn es im Hallenbad „Aquamar“ keine Möglichkeit zur Verpflegung gäbe?“ Mögliche Antworten auf die jeweiligen Fragen: 5 5 5 5 5
„Das würde mich sehr freuen.“ „Das setzte ich voraus.“ „Das ist mir egal.“ „Das könnte ich u. U. in Kauf nehmen.“ „Das würde mich sehr stören.“
(Quelle: in Anlehnung an Berger et al. 1993) Bei einer abschließenden Würdigung sämtlicher merkmalsorientierter Messverfahren lässt sich konstatieren, dass bei allen Ansätzen das Problem besteht, die einzelnen relevanten Attribute zu ermitteln und auszuwählen. Das Unternehmen gibt dabei eine begrenzte Anzahl abstrakt formulierter Qualitätsmerkmale vor, die in einem weiteren Schritt von den Kunden bzw. Probanden beurteilt werden. Implizit setzen daher alle Verfahren voraus, dass eine Auswahl dieser Merkmale unter Berücksichtigung der Vollständigkeit und Qualitätsrelevanz durchführbar ist. Daher sind vorausgehende Studien, wie z. B. Expertenbefragungen, die den Aufwand der Messansätze erhöhen, unbedingt erforderlich. Merkmalsorientierte Verfahren eignen sich folglich nur bedingt für erstmalige Qualitätserhebungen; sie ermöglichen jedoch bei regelmäßig durchgeführten Befragungen eine valide Qualitätsmessung, sofern sie mit Hilfe anderer Verfahren, wie beispielsweise der Beschwerdemessung, kombiniert werden. Ein weiterer Kritikpunkt der merkmalsorientierten Qualitätsmessung ist darin zu sehen, dass bei der Verwendung einer Vielzahl von Einzelmerkmalen die Befragten schnell überfordert sein können. Daher ist die Anzahl der abge-
• Würdigung der merkmalsorientierten Ansätze
114
4 Messung der Dienstleistungsqualität
fragten Attribute gering zu halten. Dies führt wiederum zu einer Verringerung des Aussagegehalts der Ergebnisse. 4.1.2.2 Ereignisorientierte Messansätze • Ereignisorientierte Ansätze
Ereignisorientierte Ansätze berücksichtigen in ihrer Methodik den prozessualen Charakter des Leistungserstellungsprozesses. Sie dienen der Beurteilung dieses Prozesses aus Kundensicht. Diese Methoden basieren auf dem so genannten Story Telling, bei dem Dienstleistungskunden gebeten werden, ohne konkrete Fragestellung ihre Erlebnisse mit einem Dienstleistungsanbieter unstrukturiert zu schildern (Scharitzer 1994, S. 137). Eine gestützte ereignisorientierte Messung erfolgt mit folgenden Verfahren: (1) Sequenzielle Ereignismethode, (2) Critical-Incident-Technik, (3) Critical-Path-Analyse, (4) Root-Cause-Analyse. (1) Sequenzielle Ereignismethode
• Sequenzielle Ereignismethode
• Blueprinting als Grundlage
Im Rahmen der Messung der Anforderungen an die Dienstleistungsqualität werden in einem ersten Schritt vielfach die Stärken und Schwächen der bisherigen Prozesse ermittelt. Ein weit verbreitetes Verfahren hierzu stellt die Sequenzielle Ereignismethode dar, die auf einer Zerlegung des Dienstleistungsprozesses in mehrere Teilschritte basiert. So wird zunächst ein so genannter „Blueprint“ der Interaktion zwischen Dienstleistungsanbieter und Konsument angelegt, der in Form einer graphischen Darstellung den Kontaktverlauf zwischen Anbieter und Nachfrager einer Dienstleistung in einer konkreten Situation wiedergibt (Shostack 1984, 1985; Stauss/Hentschel 1990; Stauss 2000; vgl. Schaubild 4-15). Die so genannte „Line of Visibility“ verdeutlicht dabei die Grenze zwischen den für den Kunden sichtbaren Bestandteilen der Dienstleistung und den unsichtbaren
4.1 Kundenorientierte Messansätze
Ankunft Flughafen, Außenansicht
Infos vor dem Abflug (ev. auch via Presse)
115
Auftreten im Reiseprospekt • Komfort des Busses • Reibungs loser Ablauf
Betreten der Halle
Betreuung am Check-In
Shopping-Zone Duty -Free
Gate, Wartezone
Bustransfer + Boarding
• Bestuhlung: Komfort und Sauberkeit • Crew: Auftreten, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft
Begrüßung, Platz nehmen erste Infos Start
Check-InPersonal • Freundlichkeit • Flexibilität • Hilfsbereitschaft
EmergencyInformation
Betreuung (va. bei Verspätungen): • Zeitungen • Komfort • Verpflegung • Unterhaltung für Kinder
Getränke- und Snack-Einkauf Catering
Refreshments und Verpflegung
Auswahl des Unterhaltungsangebot
In-FlightUnterhaltung
ShoppingAngebot
Shopping
Infos des Captains über Zielort etc.
Refreshments Landung Deboarding, Bustransfer
Arrival, Zoll, Gepäck
Final Baggage Claim
Schaubild 4-15: Blueprint am Beispiel einer Flugreise
116
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• „Augenblicke der Wahrheit”
• Critical-IncidentTechnik
• Die kritischen Ereignisse…
• …behält der Kunde in Erinnerung
• Fragestellungen bei der Critical-IncidentTechnik
Elementen. Auch lassen sich die Kundenkontaktpunkte („Encounter Points“) ermitteln, die für die „Augenblicke der Wahrheit“ („Moments of Truth“) von Bedeutung sind; jene Momente also, in denen ein direkter Kontakt des Kunden zum Dienstleister bzw. zu dessen Angeboten besteht (Albrecht 1993, S. 246f.). Auf der Grundlage eines solchen Blueprints, in dem die für den Kunden sichtbaren Elemente des Leistungserstellungsprozesses in der üblichen Kontaktreihenfolge eingetragen sind, wird das Ziel verfolgt, dass die befragten Kunden in persönlichen Interviews die Phasen des Leistungserlebnisses nochmals gedanklich-emotional nachvollziehen. Mit Hilfe dieses „Nacherlebens“ wird in vielen Fällen eine ausführliche Schilderung der Augenblicke der Wahrheit erreicht, wobei oftmals auch offene Fragen hilfreich sind. (2) Critical-Incident-Technik Auf einer weiter differenzierten Ebene setzt sich die „Critical-Incident-Technik“ mit den Stärken und Schwächen des Dienstleistungsprozesses auseinander. Die Methode der Erfassung und Auswertung der so genannten „kritischen Ereignisse“ ist bereits seit den 1950erJahren Gegenstand der Forschung (Flanagan 1954). Critical Incidents sind jene Ereignisse, die der Kunde in den Augenblicken der Wahrheit als besonders zufrieden stellend bzw. besonders unbefriedigend erlebt. Bitner et al. (1990, S. 73) definieren diese Ereignisse „as specific interactions between customers and service firm employees that are especially satisfying or especially dissatisfying“. Es sind gerade diese „besonderen“ Vorfälle, die der Kunde in Erinnerung behält, die dem Kunden auch immer wieder einfallen, wenn im persönlichen Umfeld vom jeweiligen Dienstleistungsanbieter bzw. der betreffenden Dienstleistung im Allgemeinen die Rede ist (Stauss 2000). Die Critical-Incident-Technik sieht vor, diese Ereignisse mit Hilfe standardisierter offener Fragen zu erfassen, mit dem Ziel, die Kunden zu veranlassen, sich an bestimmte Vorfälle zu erinnern (Mudie/ Cottam 1997):
4.1 Kundenorientierte Messansätze
117
(1) Denken Sie an einen Vorfall, bei dem Sie als Kunde einen besonders zufrieden stellenden bzw. besonders unbefriedigenden Service erlebt haben. (2) Wann kam es zu diesem Ereignis? (3) Beschreiben Sie die konkreten Umstände, die zu dieser Situation geführt haben. (4) Wie haben sich die Mitarbeiter konkret verhalten (was haben sie gesagt, was haben sie getan)? (5) Welche Ursachen haben das Gefühl ausgelöst, dass es sich in diesem Fall um ein besonders (un-)befriedigendes Ereignis gehandelt hat? Eine Anwendung der Critical-Incident-Methode wird im Beispiel 4-6 anhand einer Studie von Bitner et al. (vgl. auch im Folgenden Bitner et al. 1990) veranschaulicht. Beispiel 4-6: Anwendung der Critical-Incident-Methode in Branchen mit hohem Interaktionsgrad Bei dieser Untersuchung wurden in Restaurants, Hotels und bei Fluggesellschaften – als Branchen mit hohem Interaktionsgrad – Kundenbefragungen durchgeführt. Dabei wurden den Probanden die folgenden Fragen gestellt: − „Erinnern Sie sich an einen besonders (nicht) zu-
− − − −
frieden stellenden Kontakt mit einem Angestellten eines Restaurants, Hotels oder einer Fluggesellschaft? Wann ereignete sich dies? Welche spezifischen Umstände führten zu dieser Situation? Was sagte oder machte der Angestellte genau? Was ereignete sich genau, so dass Sie den Kontakt als (nicht) zufrieden stellend empfanden?“
Mittels der Erhebung konnten insgesamt 699 valide Ereignisse ermittelt werden, von denen 347 zufrieden stellend und 352 nicht zufrieden stellend waren. Anschließend wurden diese in zwölf Kategorien eingeteilt, die sowohl für die zufrieden stel-
• Beispiel zur CriticalIncident-Technik
118
4 Messung der Dienstleistungsqualität
lende als auch für die nicht zufrieden stellende Ausprägung verbal beschrieben wurden. Die Resultate sind in Schaubild 4-16 wiedergegeben.
Ereignis
Zufrieden stellende Ausprägung
Nicht zufrieden stellende Ausprägung
Meine Zimmerreservierung ging verloren, dafür wohnte ich in der „V.I.P. Suite“ zum selben Preis.
Unsere Zimmerresevierung ging verloren – keine Erklärung, keine Entschuldigung, keine Hilfe bei der Suche nach einem anderen Hotel.
Antwort auf unvernünftig langsamen Service
Obwohl ich mich nicht über die 1,5 Stunden Wartezeit beim Auschecken beschwerte, entschuldigte sich die Angestellte mehrmals.
Die Angestellte gab uns falsche Informationen, so dass wir statt eine Stunde sechs Stunden auf den Flug warten mussten.
Antwort auf andere Fehler bei der Erstellung der Kernleistung
Mein Krabbencocktail war halb gefroren, die Bedienung entschuldigte sich und mein Essen ging auf Kosten des Hauses.
Als ich mich über eine Beschädigung an meinem Koffer beschwerte, meinte der Flugbegleiter, ich würde lügen und wolle die Gesellschaft reinlegen.
Der Flugbegleiter half mir, mein reisekrankes Kind zu pflegen.
Mein alleine fliegendes Kind sollte von einer Flugbegleiterin beaufsichtigt werden. Stattdessen ließ sie es beim Umsteigen alleine stehen.
Ich hatte eine Panne im Schnee, alle Hotels waren voll, eins stellte mir ein Bett in einen Gesellschaftsraum.
Die Bedienung weigerte sich, mich von einem Sonnenplatz wegzusetzen, weil in ihrem Bereich kein Platz frei war.
Meine im Flugzeug vergessene Brille wurde mir ins Hotel gebracht.
Wegen Stau verpassten wir unseren Flug, die Angestellten weigerten sich, uns bei der Suche nach einem Flug bei einer anderen Fluggesellschft zu helfen.
Verhalten bei Fehlern, die zur Unterbrechung führen
Der Manager beobachtete einen verdächtigen Gast, damit er uns nicht stören konnte.
Die Angestellten sprachen nicht mit den Hotelgästen, die um drei Uhr nachts laut feierten.
Dem Kunden entgegengebrachte Aufmerksamkeit
Der Kellner bediente mich königlich. Er zeigte, dass er sich wirklich um mich kümmerte.
Der Portier achtete mehr auf den Fernseher als auf die Hotelgäste.
Außergewöhnliches Verhalten der Angestellten
Ich hatte verschlafen und mein Hotelzimmer unaufgeräumt verlassen. Als ich zurückkam, war alles perfekt aufgeräumt.
Als ich bei der Bestellung etwas länger brauchte, meinte die Bedienung: „Lesen Sie die Speisekarte und nicht die Autokarte.“
Verhalten hinsichtlich kultureller Normen
Der Hotelangestellte kam uns nachgelaufen, weil mein Freund einen 50$-Schein verloren hatte.
Der Kellner in dem teuren Restaurant behandelte uns wie den letzten Dreck, weil wir nur Schüler an unserer Abschlussfeier waren.
Antwort auf nicht erfüllbare Kundenwünsche
Verhalten bei besonderen Kundenwünschen Verhalten hinsichtlich Kundenpräferenzen
Verhalten bei offensichtlichem Kundenfehler
Positiv überraschendes Verhalten
Der Angestellte war offensichtlich gestresst, aber er blieb ruhig und verhielt sich sehr professionell.
Gesamteindruck
Alles verlief perfekt.
–
Der Flug war schrecklich – Verspätung, Belüftung kaputt, …
Quelle: Bitner/Booms/Tetreault 1990, S. 77f.
Schaubild 4-16: Beispiel für die Critical-Incident-Technik
4.1 Kundenorientierte Messansätze
119
Die in Beispiel 4-6 erhobenen Meinungen geben i. d. R. ein recht umfassendes Bild der Wahrnehmung der Dienstleistungsprozesse durch die Konsumenten wieder. Insbesondere lassen sich neben den Bereichen, in denen offensichtlicher Handlungsbedarf besteht, auch Kriterien ableiten, die die Wahrnehmung der Dienstleistungsqualität aus Kundensicht determinieren. Ein hieraus entwickeltes Anforderungsprofil an Serviceprozesse ist oftmals hilfreich, wenn es gilt, Ziele für die weniger positiv erlebten Dienstleistungsaspekte zu formulieren. In Anlehnung an die Unterteilung der Qualitätsmerkmale innerhalb der Penalty-Reward-FaktorenAnalyse lassen sich im Übrigen auch im Rahmen der Critical-Incident-Technik Dimensionen nach „Satisfiers“, „Dissatisfiers“ und „Criticals“ unterschieden. Die in Schaubild 4-17 dargestellten Ergebnisse der Critical-Incident-Analyse zeigen die entsprechenden Anteile positiver bzw. negativer Äußerungen in Bezug auf die Critical Incidents an. Ereignisse, bei denen der Anteil positiver Aussagen überwiegt, können als „Satisfiers“ betrachtet werden. Bei Ereignissen, bei denen der Anteil negativer Äußerungen überwiegt, wird hingegen von einem „Dissatisfier“ ausgegangen. Die Aufmerksamkeit des Personals ist indes als „Critical“ zu interpretieren, da sowohl positive als auch negative Äußerungen relativ häufig und in annähernd gleicher Anzahl auftreten (Gierl/Bartikowski 2003, S. 20).
• Kritik der Critical-
(3) Critical-Path-Analyse Bei diesem Instrument handelt es sich um eine methodische Weiterentwicklung der bekannten Critical-Incident-Technik, bei der jedoch nicht die einzelne Transaktion, sondern die Beziehungsperspektive im Vordergrund steht (vgl. Roos/Strandvik 1997, S. 623; Roos 1999, S. 71ff.). Die Critical-Path-Analyse verfolgt dabei das Ziel, den gesamten Abwanderungsprozess – angefangen von einem bestimmten Auslöser bis hin zur Aufnahme einer neuen Beziehung – abzubilden. Dieser Messansatz bildet somit auch vielfach den Ausgangspunkt der Konzeption eines Rückgewinnungsmanage-
• Critical-Path-Ana-
Incident-Methode
lyse zur Abbildung des Abwanderungsprozesses
• Beispiel
120
4 Messung der Dienstleistungsqualität
Insgesamt
Positive Äußerungen
Negative Äußerungen
347
352
Bezogen auf die Reaktion der Angestellten, wenn der Kunde… • das Fehlen einer zugesagten Listung reklamierte • bemängelte, dass der Service zu langsam ist • andere Servicemerkmale kritisierte • Hilfe benötigte • einen Sonderwunsch äusserte • ein Missgeschick erlitt • sich von andern belästigt fühle
6.9 % 4.9 % 11.5 % 10.4 % 14.7 % 5.8 % 2.0 %
8.2 % 15.1 % 19.6 % 1.7 % 10.5 % 2.3 % 1.1 %
Vom Kunden nicht erwartete Ereignisse: • Aufmerksamkeit des Personals • Ungewöhnliches Verhalten des Personals • Moralisch einwandfreies Verhalten des Personals • Gesamteindruck vom Personal
13.8 % 6.3 % 4.6 % 15.9 %
13.6 % 11.6 % 11.9 % 4.3 %
Quelle: Bitner et al. 1990
Schaubild 4-17: Ergebnisse einer Critical-Incident-Analyse
• Typen von Abwanderungsprozessen
• Phasen des Abwanderungsprozesses
ments. Schaubild 4-18 zeigt beispielhaft einen solchen Abwanderungsprozess aus der Sicht eines Versicherungsnehmers. Inhaltlich basiert das Instrument auf strukturierten, persönlichen Interviews mit abgewanderten Kunden. Schaubild 4-19 gibt einen Überblick über die verschiedenen Fragenkomplexe eines solchen Interviews. Neben den Abwanderungsgründen lassen sich im Rahmen dieser Interviews typische Abwanderungsprozesse identifizieren. In der Bankbranche können beispielsweise sechs Prozesstypen unterschieden werden (Michalski 2002, S. 146): Reaktive Abwanderung, Kurzschlussabwanderung, Verzweiflungsabwanderung, Planabwanderung, Mussabwanderung und Wunschabwanderung. Diese Prozesstypen differierten in zeitlicher Hinsicht in Bezug auf die Länge des Abwanderungsprozesses. Außerdem ist der Prozess durch spezifische kundenbezogene Phasen gekennzeichnet, die aus der erwähnten Untersuchung in der Bankenbrache resultieren (vgl. Schaubild 4-20). Nach der so genannten Latenzphase, in der mögliche negative Ereignisse im Kundenkontakt erfolgt sind, beginnt die Wahrnehmungsphase. Hier treten die ersten
UnzufriedenWechsel des heit mit Betreuers Versicherer
Heirat
Fahrzeugwechsel
Ansprache durch Wettbewerber
Kontakt zur DBV-Winterthur
Neuabschluss
„Habe seit Jahren keinen Vertreter zu Gesicht bekommen; wusste nicht, an wen ich mich wenden sollte.“
Aktive Betreuung
Schadenfall
Information
Beschwerde
Ansprache wg. AngebotsDoppelanfrage versicherung „Nach 25-jähriger, schadensfreier Mitgliedschaft hätte günstigeres Angebot erfolgen können.“
„Vertreter hat gewechselt, Nachfolger hat sich nicht vorgestellt.“
„Seit 20 Jahren Kunde bei DBV, mit 10 Verträgen, aber wenn ich ein Anliegen hatte, hat sich keiner um mich gekümmert.“
„Auf meine Beschwerde kam keine Reaktion.“
4.1 Kundenorientierte Messansätze
Unfall
Ereignis
„Vermittler war nicht erreichbar, als ich meinen Lebenspartner in den Vertrag aufnehmen wollte.“
„Ich brauchte kurzfristig eine Doppelkarte. Konnte den Vertreter nicht erreichen, da hat mir das Autohaus eine Versicherung vermittelt.“
121
Quelle: Schröder 1999, S. 23
Schaubild 4-18: Analyse des Abwanderungsprozesses eines Versicherungskunden
Autokauf
122
4 Messung der Dienstleistungsqualität
Fragenkomplex
Beispiel
• Abwanderungsentscheidung
• Wann haben Sie erstmalig über eine Abwanderung nachgedacht?
• Abwanderungsprozess
• Wie lange hat sich die Entscheidung hingezogen?
• Auslöser des Abwanderungsprozesses
• Hat ein bestimmtes Ereignis den Abwanderungsprozess ausgelöst?
• Vorherige Form der Geschäftsbeziehung
• Wie war die Beziehung vor der Abwanderungsentscheidung?
• Unternehmensverhalten nach Abwanderung
• Wie hat das Unternehmen auf die Abwanderung reagiert?
• Gründe für die Wahl des neuen Anbieters
• Aus welchen Gründen wurde der neue Anbieter ausgewählt?
• Vergleich der neuen mit der alten Beziehung
• Wie ist die alte im Vergleich zur neuen Geschäftsbeziehung zu bewerten? Quelle: Roos 1996; Roos/Strandvik 1997, S. 624
Schaubild 4-19: Fragenkatalog einer Critical-Path-Analyse
• Merkmale des Abwanderungsprozesses
Gedanken einer Abwanderung bzw. eines Anbieterwechsels auf. Dieser Phase folgt die Dialogphase zwischen Anbieter und Kunde. Seitens des Kunden wird der Dialog zum Anbieter gesucht sowie Beschwerden werden artikuliert. In der Entscheidungsphase beginnt sich der Kunde möglicherweise nach anderen anbieterfremden Angeboten zu informieren und fällt zum Schluss der Phase eine Entscheidung hinsichtlich der Beziehungsbeendigung. Die Umsetzungsphase kennzeichnet durch die Kündigung der Beziehung das Ende des Abwanderungsprozesses (Michalski, 2002 S. 140f.). Die Phasen des Abwanderungsprozesses sind außerdem durch entsprechende Prozessmerkmale gekennzeichnet, wie z. B. der Kunden(un-)zufriedenheit während der Latenzphase oder der Informationssuche während der Entscheidungsphase. Gleichzeitig beeinflussen prozessfördernde und prozesshemmende Faktoren den Abwanderungsprozess. Hierbei wirken beispielsweise Empfehlungen Dritter bezüglich anderer Angebote oder auch unbefriedigende Dialoge bzw. Transaktionen zwischen Kunde und Anbieter fördernd auf den Abwanderungsprozess. Bequemlichkeit und Zeitmangel der Kunden oder auch der Standortvorteil des Anbie-
Wahrnehmungsphase
100 90
Initialer Auslöser
Erster Gedanke, zu wechseln
Dialog- Entscheidungsphase phase
4.1 Kundenorientierte Messansätze
Schaubild 4-20: Beispielhafte Darstellung von Abwanderungsphasen
Latenzphase Verbundenheit
Umsetzungsphase
Attraktive Angebote von Wettbewerbern (Online-Banking)
80 70 60 50 Beschwerde 40 30 20 10
Eintritt 18.8.1994
Zeit Kündigung 14.6.2000 1997
1998 Geldtransfer Kontoeröffnung neue Bank
= Negatives Ereignis im Kontakt mit der Bank
= Dialog Kunde-Bank
= Einflussfaktor Wettbewerb
= Kundenreaktion
123
Quelle: Michalski 2002, S. 141
0
124
4 Messung der Dienstleistungsqualität
ters wirken indes eher hemmend auf den Abwanderungsprozess. Ein Überblick über den Abwanderungsprozess von Kunden liefert das in Schaubild 4-21 dargestellte Merkmal-Prozess-Typen-Modell (MPT-Modell) des Kundenabwanderungsprozesses. Im Zentrum des dargestellten Analyseinstruments steht somit auch die Aufgabe, entscheidungsrelevante Informationen zur Planung des Rückgewinnungsmanagements bereitzustellen. Neben dem Nutzen der verbesserten Informationsbasis zu Leistungsdefiziten und grundsätzlichen Erkenntnissen zu Abwanderungsprozessen können die Ergebnisse ferner der Festlegung von geeigneten Indikatoren zur Identifikation abwanderungsgefährdeter oder abgewanderter Kunden dienen.
• Mit der Root-CauseAnalyse werden…
• …in einem mehrstufigen Verfahren…
(4) Root-Cause-Analyse Die Root-Cause-Analyse ist ein Ansatz zur Analyse von Abwanderungsgründen (vgl. Wilson et al. 1993, S. 9; Ammermann 1998, S. 52ff.). Diese sind aus Kundensicht vielfältiger, als vielfach aus Unternehmenssicht angenommen. Der Grund hierfür ist in dem Prozesscharakter der Kundenabwanderung zu sehen, der dazu führt, dass die Beendigung der Geschäftsbeziehung i. d. R. nicht auf ein isoliertes Ereignis zurückzuführen ist, sondern eine Vielzahl von kritischen Ereignissen innerhalb einer bestimmten Zeitspanne die Entscheidung des Kunden bedingen. Deshalb sind die traditionellen Methoden der Marktforschung, wie z. B. eine schriftliche Befragung der Kunden zu ihren Abwanderungsgründen, nur bedingt geeignet, die „wahren“ Ursachen der Abwanderung zu untersuchen. Die Ergebnisse derartiger Befragungen bleiben sehr allgemein und konkrete Maßnahmen lassen sich kaum ableiten. Entscheidend ist folglich nicht die Aufarbeitung unternehmensspezifischer Abwanderungskategorien (z. B. Preis, Service, Leistung), sondern die Erfassung und Beschreibung der individuellen Kontaktpunkte bzw. Erlebnisse eines Kunden innerhalb der kritischen Phasen des Kundenlebenszyklus. Bei der Root-Cause-Analyse werden die Ursachen der Kundenabwanderung in einem mehrstufigen Verfah-
4.1 Kundenorientierte Messansätze
Schaubild 4-21: MPT-Modell des Kundenabwanderungsprozesses
Erfahrungen aus der Vergangenheit
Empfehlungen Dritter
Unbefriedigender Dialog
Prozessfördernde Einflussfaktoren
Prozessmerkmale (M)
Beziehungsstärke: Beziehungslänge Verbundenheit
Beginn des Abwanderungsprozesses
-Kunden(un)- -Emotionen zufriedenheit
Abwanderungsgründe
Vor Eintritt in den Abwanderungsprozess
Initiale Auslöser
-Beschwerden -Kündigungs-Infor-Andere Dialogf. mations- vorbereitung (Frühwarni.) -Mund-zu-Mund-K. suche
Finale Auslöser
Prozessphasen (P) Wahrnehmungsphase
Latenzphase
Dialogphase
Entscheidungsphase
Umsetzungsphase
Kündigung: Ende des Abwanderungsprozesses
Reaktivierbar
Nicht-Reaktivierbar
Prozesstypen (T) Typ 1
Typ 2
Typ 3
Typ 4
Typ 5
Typ 6
Länge des Abwanderungsprozesses
Bequemlichkeit
Zeitmangel
Beziehung zum Berater
Vertragl. Bindungen
Abwarten von Anlässen
Standortvorteile
125
Quelle: Michalski 2002, S.109
Prozesshemmende Einflussfaktoren
126
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• ...unternehmens-, konkurrenz- und kundenbezogene Abwanderungsgründe identifiziert
• Beispiel
ren differenziert identifiziert. Den Ausgangspunkt des Verfahrens bilden Hypothesen zu möglichen Abwanderungsgründen, die in einem zweiten Schritt im Rahmen detaillierter Ursachenbäume näher beschrieben werden. Hieran schließt sich eine telefonische Befragung abgewanderter Kunden auf Basis des Story-TellingAnsatzes an. Die Aufzeichnung sowie Auswertung der Kundengespräche erfolgt anschließend mit Hilfe einer computergestützten Befragungssoftware (vgl. Venohr/ Zinke 1999, S. 160). Das Ergebnis einer Root-CauseAnalyse zeigt Schaubild 4-22 am Beispiel einer Versicherung. Neben den aufgezeigten unternehmensbezogenen Abwanderungsgründen, d. h. Gründen, die durch das Unternehmen ausgelöst werden und somit auch beeinflussbar sind, können Abwanderungen ferner auf konkurrenz- sowie kundenbezogenen Gründen basieren. Unter die konkurrenzbezogenen Gründe fallen beispielsweise Abwerbungsversuche der Wettbewerber, ausgelöst durch kommunikationspolitische Maßnahmen. Die Basellandschaftliche Kantonalbank schaltete beispielsweise zur Initiierung eines Bankwechsels Anzeigen in Tageszeitungen mit folgendem Text: „Sie erhalten sFr. 50,– und vielleicht eine Weltreise dazu geschenkt, wenn Sie zu der Bank in Ihrer Nähe wechseln“ (Basler Zeitung 1999). In die Kategorie der kundenbezogenen Abwanderungsgründe fallen sämtliche Beweggründe der Abwanderung, die nicht aufgrund von Unzufriedenheit, sondern durch eine Veränderung der persönlichen Situation des Kunden ausgelöst werden (z. B. Kontoauflösung aufgrund eines Wohnungswechsels). 4.1.2.3 Problemorientierte Messansätze
• Problemorientierte Ansätze
Im Rahmen der problemorientierten Ansätze werden aus Kundensicht qualitätsrelevante Problemfelder im Rahmen der Leistungserstellung betrachtet. Zu dieser Gruppe von Ansätzen gehören:
Beeinflussbare Situation
„Fulfillment“ (Leistungserfüllung)
Kundenanfrage an Versicherer
Erfahrungsberichte
Schlechte Performance im Leistungs-/Schadenfall
Wettbewerber ansprache-
Zu Zu niedrige aufwändiges AusVerfahren zahlung
Beschwerde
Erfahrungen im Bekanntenkreis
Ansprache mit Ziel der Ersatzversicherung
Informationsanfragen
Bericht über Versicherungen
Ansprache mit Ziel der ersatzlosen Kündigung
4.1 Kundenorientierte Messansätze
Gründe der Kundenabwanderung
Situation in meiner Beziehung zum Versicherungsunternehmen
Unbefriedigender Service
Prozess zu intransparent
Schlechte Erreichbarkeit
Unfreundlichkeit
War zu Meldete sich selten nicht trotz erreichbar Vereinbarung
Mangelnde Kompetenz
Fehlerhafte Ausführung
Langsamkeit
Versicherungstest
127
Quelle: Venohr/Zinke 1999, S.160
Schaubild 4-22: Ergebnis einer Root-Cause-Analyse am Beispiel einer Versicherung
Situationen der Kundenabwanderung
128
4 Messung der Dienstleistungsqualität
(1) Problem-Detecting-Methode, (2) Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme (FRAP), (3) Beschwerdemessung. • Problem-DetectingMethode zur Ermittlung von Erstellungsproblemen
• Beispiel
• Lindqvist-Index
(1) Problem-Detecting-Methode Einen Ansatz innerhalb der problemorientierten Verfahren stellt das Problem Detecting dar. Die Methode, die von der Werbeagentur Batten, Barton, Durstine & Osborn (BBDO) entwickelt wurde, stellt die Befragung von Kunden zu spezifizierten Problemfällen und deren Beurteilung in den Vordergrund. Im Mittelpunkt steht dabei zum einen die Häufigkeit, mit der ein Problem bei der Serviceerstellung auftritt, zum anderen wird die Valenz des Problems in der Wahrnehmung des Kunden untersucht. Einsetzen lässt sich das Verfahren allerdings nur in Fällen, in denen die entsprechenden Problemklassen bereits bekannt sind. Diese Klassen sind zuvor mit Hilfe geeigneter Verfahren (wie etwa der Critical-Incident-Technik) zu ermitteln (Stauss/Hentschel 1990; Stauss 2000). Praktische Anwendung fand das Problem Detecting bereits in vielfältigen empirischen Untersuchungen. Exemplarisch sei auf eine Erhebung verwiesen, die Lindqvist unter Kreuzfahrt-Teilnehmern durchgeführt hat (vgl. Beispiel 4-7). Dieser Dienstleistungsbereich ist aufgrund des Zusammenwirkens einer Vielzahl von Einzelleistungen (Personenbeförderung, Hotelunterbringung, Restaurantverköstigung, zollfreier Einkauf, Unterhaltung) besonders interessant und auch problemanfällig (Lindqvist 1987). Beispiel 4-7: Anwendung der Problem-Detecting-Methode Lindqvist ermittelte insgesamt 81 Problembereiche, die mit dem Lindqvist-Index bewertet wurden, der sich aus folgender Formel errechnen lässt: n
∑ ( ai + bi )
Lindqvist –Index = i =1
n
4.1 Kundenorientierte Messansätze
129
Die einzelnen Variablen in dieser Formel haben folgende Bedeutungen: − ai gibt an, wie stark der Befragte dem jeweiligen
Statement (i) zustimmt. − bi gibt an, wie wichtig dem Befragten eine Beseiti-
gung des angesprochenen Problems (i) ist. − n ist die Anzahl der Befragten. Ausgehend von der Berechnung der Indizes ordnete Lindqvist die Probleme nach der Höhe des Lindqvist-Indizes. Demnach führte das Problem „Es ist kein Platz zur Gepäckaufbewahrung nach Verlassen der Kabine vorhanden“ die Problemliste mit einem Wert von 6,182 für den Lindqvist-Index an. Schaubild 4-23 zeigt Ausschnitte aus der Problemliste mit dem jeweiligen Lindqvist-Index.
• Rangfolge von
(2) Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme Ihre Weiterentwicklung fand die Methode des Problem Detecting in der Frequenz-Relevanz-Analyse für Pro-
• Frequenz-Rele-
Problemen...
• ... nach dem Lindqvist-Index
vanz-Analyse für Probleme (FRAP) zur Analyse von Erstel-
Rang
lungsproblemen LindqvistIndex
Einzelprobleme
1 „Es gibt wenig Raum, um das Gepäck nach Verlassen der Kabine zu verstauen.“
6,182
2 „Es nervt, wenn man zwei Stunden vor der An5,892 kunft in Stockholm seine Kabine verlassen muss.“ 3 „Es ist schlecht, dass alle Einrichtungen an Bord bei der Ankunft in Mariehamm schließen.“
5,833
4 „Es ist unmöglich, sich beim Essen zu unterhalten, wenn man nahe der Band sitzt.“
5,625
5 „In den Kabinen herrscht Informationsmangel darüber, was man an Bord unternehmen kann.“
5,485
• •
• •
• •
79 „Das Personal im Verkaufsbüro ist unfreundlich.“
2,929
80 „Das Personal in den Terminals ist unfreundlich.“
2,814
81 „In der Cocktailbar ist es langweilig ohne Discomusik.“
2,749
Quelle: Lindqvist 1987, S. 18
Schaubild 4-23: Problemliste der Problem-Detecting-Methode am Beispiel einer Kreuzfahrtgesellschaft
130
4 Messung der Dienstleistungsqualität
bleme (FRAP), die sowohl die Ermittlung der Problemklassen als auch die Positionierung dieser Klassen in einem Bewertungsraster umfasst (Brandt/Reffett 1989; Stauss/Hentschel 1990; Stauss 2000). Unter der Annahme, dass sich das Dienstleistungsunternehmen umso dringlicher mit einem konkreten Problem der Dienstleistungserstellung zu befassen hat, je häufiger es auftritt und je bedeutsamer sein Erscheinen für den Kunden ist, werden Kundengruppen nach dem Auftreten bestimmter Probleme, dem Ausmaß ihrer Verärgerung sowie nach ihrer anschließenden Verhaltensreaktion gefragt. Schaubild 4-24 zeigt eine zweidimensionale Matrix mit verschiedenen fiktiven, in Skalenwerten verdichteten, Problemrelevanz- und Problemfrequenzwerten am Beispiel von Bankdienstleistungen im Mengengeschäft. Das Vorgehen dieses Verfahrens erfolgt mehrstufig. Nach der Ermittlung einer Problemliste werden die so erfassten Einzelprobleme zu Problemclustern verdich-
• Vorgehensweise der FRAP
Hoch Fehltransaktion beim Wertpapierverkauf
Lange Wartezeiten am Schalter
Zu geringer Devisen-/ Sortenbestand
PROBLEMRELEVANZ
Gering
Unfreundliche Kundenberater
Fehlende Überweisungsformulare
Gering
Störung am Kontoauszugsdrucker
PROBLEMFREQUENZ
Schaubild 4-24: Beispiel einer Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme (FRAP) bei Bankdienstleistungen im Mengengeschäft
Hoch
4.1 Kundenorientierte Messansätze
131
tet. Der zu erstellende Fragebogen weist anschließend je Problemklasse drei Fragekategorien auf: (1) Ist das konkrete Problem bereits aufgetreten? (2) Wie groß ist das Ausmaß der Verärgerung? (3) Welche Reaktionen wurden ins Auge gefasst? An die Datenerhebung schließt sich die Auswertung an, die die ermittelten Kundenreaktionen in Frequenz- und Relevanzwerte überführt. Während die Ermittlung der Frequenzwerte weitgehend unproblematisch ist, werden die Relevanzwerte meist durch die Verknüpfung der Aussagen aus Kategorie zwei und drei gewonnen. Dabei werden sowohl das Ausmaß der Verärgerung als auch die einzelnen Reaktionsformen (z. B.„Voice“ oder „Exit“) mit Punktwerten belegt, so dass sich aus der Multiplikation der beiden Werte die Kennzahl für die Problemrelevanz ergibt. Die so gewonnenen Werte können beispielsweise in Form des vorliegenden Diagramms oder auch zur Bildung so genannter „Problem Scores“ genutzt werden. Diese Problemwertindizes errechnen sich als Quotient aus der Summe der für die einzelnen Problemdimensionen bestimmten Relevanzwerte und der Gesamtzahl der Befragten. Die so ermittelten Werte geben dann Aufschluss über die Verdichtung von Problemen auf wenige konkrete Ursachen und können in ein Konzentrationsdiagramm (Pareto-Diagramm) übertragen werden (Wyckoff 1988; Haist/Fromm 2002, S. 169ff.; Stauss 2000; vgl. Schaubild 4-25). Aufgrund der Erhebung von Häufigkeitswerten zum Auftreten von Problemen ist die Frequenz-Relevanz-Analyse allerdings nur in jenen Fällen sinnvoll einsetzbar, in denen Dienstleistungen mit hoher Frequenz bzw. über einen entsprechend langen Zeitraum genutzt werden. So scheint eine nutzbringende Anwendung weitgehend ausgeschlossen, wenn ein Angebot erst- oder einmalig bzw. nur sporadisch genutzt wird (Stauss/Hentschel 1990). (3) Beschwerdemessung In Bezug auf eine zweckmäßige Beschwerdeinputgestaltung, d. h. Beschwerdestimulierung, ist vor allem der Ab-
• Problemwertindizes
• Würdigung der FRAP
132
4 Messung der Dienstleistungsqualität
Problemwertindex in Prozent
100
80
60
40
20
0
3
5
6
2 9 1 8 Problemdimensionen
4
7
Schaubild 4-25: Beispiel für ein Pareto-Diagramm
• Die Erfassung von Kundenproblemen mittels Beschwerdemessungen...
• ...erfolgt über Beschwerdekanäle
bau von Beschwerdebarrieren zu empfehlen (Riemer 1986, S. 121), indem den Kunden erleichtert wird, sich beispielsweise direkt vor Ort in der Filiale mit Hilfe von so genannten „Comment Cards“ oder „Meckerkästen“ negativ oder auch positiv über die gerade in Anspruch genommenen Dienstleistungen zu äußern. Direkte Aufforderungen der Mitarbeiter an die Kunden im Rahmen der jeweiligen Interaktionen zur Mitteilung von Anregungen, Wünschen oder Defiziten helfen oftmals, Hemmschwellen bei den Kunden abzubauen. Zur Beschwerdemessung ist insbesondere die Einrichtung entsprechender Beschwerdekanäle von erhöhter Relevanz. Hierbei werden folgende Typen unterschieden (Stauss/Seidel 2002, S. 98ff.): 5 Mündliche Beschwerdekanäle (z. B. Help-desks in
Bahnhöfen oder Hotels), 5 Schriftliche Beschwerdekanäle (z. B. Meinungskarten), 5 Telefonische Beschwerdekanäle (z. B. Hotlines oder
Call-Centers), 5 Elektronische Beschwerdekanäle (z. B. Beschwerde-
seiten oder Kundenforen).
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze
133
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze Beim Einsatz unternehmensorientierter Messansätze wird die Qualität nicht aus Sicht der Kunden, sondern aus dem Blickwinkel des Unternehmens beurteilt. Dies kann entweder durch das Management oder durch die Mitarbeiter geschehen.
• Unternehmensorientierte Ansätze
4.2.1 Managementorientierte Messansätze Die managementorientierten Ansätze haben zum Ziel, aus der Sicht des Managements die für den Kunden qualitätsrelevanten Aspekte der Dienstleistung zu beleuchten. Zu dieser Gruppe von Ansätzen können gezählt werden: (1) Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA), (2) Fishbone-Ansatz, (3) Statistical Process Control. (1) Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA) Aus Sicht des dienstleistenden Unternehmens ist die Fehlervermeidung ein zentrales Thema des Qualitätsmanagements zu verstehen. Insbesondere die Gleichzeitigkeit von Produktion und Konsumtion der Leistung macht eine Nachbesserung in den meisten Fällen unmöglich. Um die möglichen Schwachstellen im Leistungsprozess zu ermitteln und die sich ergebenden Konsequenzen festzustellen, bietet sich das Verfahren der Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA) an (Zäschke 1988; Pfeifer 1993, S. 59ff.; Masing 1995, S. 252). Ausgehend vom Vorgehen im Produktionsbereich lassen sich auch für die Messung der Dienstleistungsqualität drei Formen der FMEA unterscheiden, die aufeinander aufbauen: 5 System-FMEA, 5 Subsystem-FMEA, 5 Prozess-FMEA.
• Fehlermöglichkeitsund -einflussanalyse (FMEA)
• Formen der FMEA
134
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• Die Vorgehensweise der FMEA gliedert sich in die Schritte…
Mit Hilfe der System-FMEA wird die Zusammenarbeit einzelner Systemelemente untersucht. Gegenstand einer solchen Analyse könnte im Bankbereich beispielsweise die Zusammenarbeit einzelner Abteilungen im Privatkundenbereich sein. Die Subsystem-FMEA untersucht demgegenüber, ob der Aufbau einzelner interner Servicekomponenten den definierten Anforderungen entspricht (im Beispiel die korrekte Entscheidung über Kreditkartenanträge). Aufgabe der Prozess-FMEA ist schließlich die Analyse einzelner interner Leistungsprozesse, so z. B. die für die Kreditkartenbewilligung erforderliche Bonitätsprüfung. Die Methodik der drei Ebenen der FMEA verdeutlicht Schaubild 4-26 am Beispiel der Bearbeitung eines Kreditkartenantrages in einer Bank (vgl. auch Beispiel 4-8). Hierbei lassen sich vier Phasen unterscheiden (Stockinger 1993; Kersten 1994): 5 5 5 5
• …Fehlerbeschreibung
• …Risikobeurteilung
Fehlerbeschreibung, Risikobeurteilung, Maßnahmen/Lösungen, Ergebnis/Beurteilung.
Im Rahmen der Fehlerbeschreibung sind zunächst alle potenziellen Fehlerquellen innerhalb des Dienstleistungsprozesses zu ermitteln. Dies setzt eine möglichst umfassende Beschreibung des Gesamtsystems, der Funktionen und Prozesse des Dienstleistungsunternehmens voraus. Hierzu gehört auch, dass die möglichen Ursachen und die Konsequenzen eines potenziellen Fehlers ermittelt werden. Im Rahmen dieses Verfahrens haben alle, d. h. auch „unwahrscheinliche“ Fehler Berücksichtigung zu finden, um die Vollständigkeit des Vorgehens zu gewährleisten. Aufgabe der Risikobeurteilung ist es, die Schwere eines Fehlers, die Wahrscheinlichkeit seines Auftretens sowie die Wahrscheinlichkeit der Fehlerentdeckung zu quantifizieren; die Bewertung erfolgt mit Punktwerten zwischen 1 und 10. Aus dem Produkt der drei Werte ergibt sich die Risikoprioritätszahl (RPZ), die den Ausgangspunkt für die weiteren Aktivitäten darstellt. Eine
135
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze
Komponente/ Prozess
Funktion/ Zweck
SystemFMEA
Privatkundenabteilung
Kreditkarten verkaufen
Auflösung der Nichtgewährung Falsche Bankverbindung der Kreditkarte Bonitätsdaten
SubsystemFMEA
Kreditkartenbearbeitung
Entscheidung über Kartenanträge
Nichtgewährung Falsche der Kreditkarte Bonitätsdaten
ProzessFMEA
Kreditwürdigkeitsprüfung
Bonität sicherstellen
Falsche Bonitätsdaten
FMEA-Art
Fehlerauswirkung
Fehlerursache
Fehlerart
Ablesefehler am Bildschirm
Ablesefehler am Bildschirm Unübersichtliche Darstellung
Schaubild 4-26: Methodik der FMEA am Beispiel der Bearbeitung eines Kreditkartenantrages
exemplarische Anwendung wird im Beispiel 4-8 verdeutlicht. Beispiel 4-8: FMEA bei der Erstellung einer Kreditkarte (a) Fehler: Fehlprägung des Namens des Kreditkarteninhabers auf der Karte Auftretenswahrscheinlichkeit (A) 3 Bedeutung des Fehlers (B) 9 Entdeckungswahrscheinlichkeit (E) 7 RPZ = A × B × E = 189 (b) Fehler: Nichtlesbarkeit des Magnetstreifens Auftretenswahrscheinlichkeit (A) 4 Bedeutung des Fehlers (B) 5 Entdeckungswahrscheinlichkeit (E) 1 RPZ = A × B × E = 20 Besondere Priorität ist dabei jenen Fehlern einzuräumen, die 5 zu einer insgesamt hohen Risikoprioritätszahl führen und/oder 5 besonders hohe Einzelwerte aufweisen. Beispiel 4-8 macht deutlich, dass die Vermeidung eines fehlerhaften Namens auf einer Kreditkarte über besonders hohe Priorität zu verfügen hat. Für den Kar-
• Beispiel zur Berechnung einer Risikopräferenzzahl
136
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• …Festlegung von Verbesserungsmaßnahmen
teninhaber ergeben sich negative Konsequenzen (z. B. unangenehme Nachfragen in Geschäften, die Karte wird u. U. überhaupt nicht akzeptiert), und die Entdeckungswahrscheinlichkeit ist niedrig (hohe Punktzahl). Zur Einleitung von Maßnahmen der Qualitätsverbesserung bzw. der Lösung des zugrunde liegenden Problems bieten sich prinzipiell vier verschiedene Ansätze an (Kersten 1994, S. 477f.): 5 Vermeidung der Fehlerursache(n), 5 Reduzierung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens
eines Fehlers, 5 Reduzierung der Bedeutung des Fehlers, 5 Erhöhung der Wahrscheinlichkeit der Fehlerentdeckung.
• …Erfolgsbeurteilung
• Fishbone-Analyse zur Untersuchung möglicher Fehlerursachen
Aus Qualitätsgesichtspunkten ist dabei in jedem Falle jenen Maßnahmen der Vorzug zu geben, die das Auftreten eines Fehlers vermeiden. Wurde beispielsweise im Rahmen der Fehlerquellenanalyse festgestellt, dass mangelnde Beleuchtung die Lesbarkeit der Antragsformulare erschwert, so kann die Auftretenswahrscheinlichkeit dieses Fehlers durch eine bessere Arbeitsplatzgestaltung verringert werden. Die Erfolgsbeurteilung ist schließlich über einen Vergleich der Risikoprioritätszahl im Ausgangszustand und nach durchgeführten Verbesserungen möglich. Das tatsächliche Ergebnis der eingeleiteten Maßnahmen kann dabei nur nach tatsächlicher Umsetzung der fehlervermeidenden Maßnahmen bzw. Prüfprozesse ermittelt werden. (3) Fishbone-Analyse Eine Identifikation von Problembereichen kann darüber hinaus durch eine Fishbone-Analyse erreicht werden. In einem ersten Schritt sind dabei alle potenziellen Faktoren niederzuschreiben, die ein bestimmtes Qualitätsdefizit in der Leistungserstellung verursachen können. Die Ermittlung dieser Determinanten erfolgt oftmals über die Brainwriting-Technik (Frehr 1993, S. 239;
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze
137
Pfeifer 1993, S. 243f.). Die ermittelten Faktoren werden in ein Diagramm überführt, das auch als Ishikawa-Diagramm bekannt ist. Am „Kopf des Fisches“ wird das zu lösende Problem eingetragen, die „Hauptgräten“ bilden die zentralen Dimensionen, die auf die Problementstehung einwirken (Munro-Faure 1992, S. 205ff.). Es wird deutlich, dass die Fishbone-Analyse nur zur Problemanalyse geeignet ist, spezifische Problemlösungen werden nicht aufgezeigt. Für die Mitarbeiter im Unternehmen stellt die Fishbone-Analyse eine gute Diskussionsgrundlage dar, wenn beispielsweise in einer Brainstorming-Runde oder unter Verwendung anderer Kreativitätstechniken darüber nachgedacht wird, welche möglichen Gründe für das schlechte Image der Kreditinstitute in Bezug auf die Beratungsqualität bei Wertpapiergeschäften verantwortlich sind (vgl. Schaubild 4-27). Bei sämtlichen Beteiligten können somit Bewusstsein und Verständnis für spezifische Probleme der Dienstleistungserbringung geschaffen werden; Haupt-
Technische Ausstattung Fehlende OnlineVerbindung zu den Börsenplätzen Zu wenig Bildschirmterminals
Mangelnder Informationsaustausch zwischen der Zentrale und den Wertpapierberatern in den Filialen
• Würdigung der Fishbone-Analyse
Personal Fehlendes Qualitätsbewusstsein Fachliche Inkompetenz Mangelhafte Beratungsleistung im Wertpapierbereich Unsachgemäße Bedienung des Telefons Zu lange Beleglaufzeiten
Informations-/ Kommunikationsprozesse
Ablauforganisation
Schaubild 4-27: Beispiel einer Fishbone-Analyse im Bereich der Finanzdienstleistungen
138
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• Statistical Process Control
• Statistische Methoden
• Pareto-Analyse
• ShewartKontrollcharts
sowie Nebeneinflussgrößen und damit Anknüpfungspunkte für Qualitätsverbesserungsmaßnahmen lassen sich hieraus generieren. (4) Verfahren der Statistical Process Control Die Verfahren der Statistical Process Control wurden bislang überwiegend im Sachgüterbereich eingesetzt (Haller 1998, S. 134ff.). Sie beziehen sich ausschließlich auf objektive Daten (z. B. Transportzeiten, Anzahl der Beschwerden, Wartezeiten der Kunden). Es handelt sich somit um ein Verfahren, das es dem Dienstleistungsunternehmen ermöglicht, Prozesse weitgehend zu standardisieren. Abweichungen und Fehlerquoten werden dabei möglichst auf ein Minimum reduziert. Das Ziel liegt darin zu erklären, ob es bei der bisherigen Durchführung der Prozesse im Unternehmen möglich ist, zuvor festgelegten Standards zu entsprechen. Als weiterer Kontrollpunkt gilt, ob der Prozess den Anforderungen in jedem Zeitpunkt entspricht. Ist dies nicht der Fall, wird vielfach der Prozessablauf korrigiert. Nach Wood/Preece (1993, S. 435ff.) werden unter der Vielzahl von statistischen Methoden drei Kernverfahren unterschieden: (a) Pareto-Analyse Dieses Verfahren basiert auf der Tatsache, dass Fehler und Irrtümer verschiedene Ursachen haben können, die unterschiedlich häufig auftreten und deren Folgen mehr oder weniger schwer sein können. Ziel dieser Analyse ist es, die wenigen Fehlerursachen mit gravierenden Folgen zu identifizieren und zu beseitigen. In der Regel werden dazu die Fehlerursachen in Form von Balkendiagrammen visualisiert, in denen die Probleme in absteigender Dringlichkeitsreihenfolge dargestellt werden. (b) Shewart-Kontrollcharts Hierunter wird die graphische Umsetzung eines Qualitätsmaßes im Zeitablauf verstanden. Signifikante Abweichungen von einer zuvor gesetzten Norm werden sichtbar gemacht durch die Über-/Unterschreitung von Kontrollinien, die die Toleranzgrenzen solcher Abweichungen bilden. Für jede dieser
139
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze
Abweichungen werden die zugehörigen Ursachen ermittelt. Ziel ist es, einen Prozess im Zeitablauf zu überwachen und Trends sowie Veränderungen frühzeitig zu erkennen. (c) Prozessfähigkeitsanalyse Ziel dieser Analyse ist der statistische Beleg, wie konsistent der Prozess durchgeführt wird, d. h., ob das Ergebnis eines Prozesses innerhalb festgelegter Anforderungen liegt. So hat beispielsweise ein Freizeitcenter einen einzuhaltenden Standard in Bezug auf die Entgegennahme von Telefonanrufen definiert. Hiernach haben 98 Prozent der Anrufe innerhalb von drei Klingelzeichen entgegen genommen zu werden. Es zeigt sich, dass die tatsächliche Wartezeit den vorgegebenen Standard deutlich überschritt (vgl. Schaubild 4-28). Lediglich 59 Prozent der Anrufe wurden in einem Zeitraum von bis zu drei Klingelzeichen beantwortet.
• Prozessfähigkeitsanalyse
Prozentsatz Soll: 98
100
80
Ist: 59
60
40
20
0 1
2
3
4
5
6
7
8
Anzahl der Klingelzeichen
Schaubild 4-28: Prozessfähigkeitsanalyse am Beispiel eines Freizeitcenters
9
10+
140
4 Messung der Dienstleistungsqualität
4.2.2 Mitarbeiterorientierte Messansätze • Mitarbeiterorientierte Ansätze
Durch den Einsatz mitarbeiterorientierter Messansätze wird die externe und interne Qualitätswahrnehmung einzelner Mitarbeiter erhoben. Zu diesen Verfahren können gerechnet werden: (1) Externe Qualitätsmessung durch Mitarbeiterbefragungen, (2) Interne Qualitätsmessungen, (3) Betriebliches Vorschlagswesen, (4) Poka-Yoke-Verfahren.
• Externe Qualitätsmessung durch Mitarbeiterbefragungen
• Qualitätsrelevante Themenbereiche
(1) Externe Qualitätsmessung durch Mitarbeiterbefragungen Ähnlich wie mit den kundenorientierten merkmalsorientierten Ansätzen kann eine externe Qualitätsbeurteilung aus Sicht der Mitarbeiter mittels merkmalsorientierten Ansätzen vorgenommen werden. So lassen sich Anhaltspunkte über die Anforderungen an die Dienstleistungsqualität aus der unternehmensinternen Perspektive z. B. durch qualitätsgerichtete Mitarbeiterbefragungen des Kundenkontaktpersonals und von Führungskräften ermitteln. Auf diese Weise können insbesondere im Hinblick auf die Kunden-Mitarbeiter-Interaktionen Informationen gesammelt werden, die für die Qualitätsplanung zukünftiger Dienstleistungen Relevanz besitzen (Haist/Fromm 2002, S. 75ff.). Dabei stehen folgende Aspekte im Vordergrund:
für Mitarbeiterbefragungen
5 Welche Facetten der Dienstleistungserstellung wer-
den nach Einschätzung der Mitarbeiter besonders positiv (negativ) wahrgenommen? 5 Wie wird die erstellte Dienstleistungsqualität direkt durch die Mitarbeiter beurteilt? 5 Welches Wissen ist auf Seiten der Mitarbeiter zum Thema „Qualität“ vorhanden? 5 Inwieweit ist bei den Mitarbeitern ein grundsätzliches Qualitätsbewusstsein vorhanden?
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze
Solche Befragungen sind als Instrument der Mitarbeiterkommunikation im Rahmen der aufwärtsgerichteten Kommunikationsströme einzuordnen (Dotzler/ Schick 1995, S. 281). Ihre Relevanz im Rahmen einer nach innen gerichteten Marktforschung wird allerdings auch in Dienstleistungsunternehmen noch immer unterschätzt. Um Probleme im Rahmen der Serviceerstellung zu identifizieren, gehen Zeithaml et al. von zwei zentralen Fragen aus (Zeithaml et al. 1992, S. 167):
141
• Relevanz der internen Marktforschung
5 „Welches ist das größte Problem, das sich Ihnen in
Ihrem täglichen Bemühen um ein hochqualitatives Angebot an Ihre Kunden stellt?“ 5 „Wenn Sie für einen Tag Vorsitzender Ihrer Gesellschaft wären und dürften nur eine einzige Entscheidung in Bezug auf die Verbesserung der Qualität treffen, welche Entscheidung würden Sie treffen?“ Diese Fragestellungen sind insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit einer prioritätsgeleiteten Identifizierung der wichtigsten Problembereiche hilfreich. Dabei darf man allerdings nicht übersehen, dass ein solchesVorgehen keine umfassende Problementdeckung gewährleistet, und dass die so gewonnenen Erkenntnisse die subjektiven Meinungen der befragten Mitarbeiter widerspiegeln.
• Würdigung
(2) Interne Qualitätsmessungen Da die Qualität unternehmensinterner Leistungen in erheblichem Maße die externe Qualität gegenüber den Kunden beeinflusst, ist es notwendig, dass in Dienstleistungsunternehmen regelmäßig bei den Mitarbeitern, d. h. den unternehmensinternen Kunden und Lieferanten, interne Qualitätsmessungen, z. B. mittels Befragungen, durchgeführt werden (Haist/Fromm 2002, S. 75ff.). Im Rahmen dieser internen Kundenbefragungen wird die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit den Vorleistungen interner Lieferanten, d. h. von „direkten“ Kollegen in der eigenen Abteilung oder der eigenen Geschäftsstelle, aber auch von Mitarbeitern anderer Geschäftsstellen oder Partnerunternehmen, erfasst (zum
• Interne Qualitätsmessungen
142
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• Interne Servicebarometer
• Bestimmung von Konstrukten...
• ...und Indikatoren
• Operationalisierung der Kundenzufriedenheit
Einsatz ausgewählter Verfahren der Qualitätsmessung im Rahmen des Internen Marketing vgl. Bruhn 1999). Zur Bestimmung der Internen Dienstleistungsqualität werden vielfach Interne Servicebarometer als Messinstrumente herangezogen (vgl. auch Kapitel 8, Abschnitt 8.4.1). In diesem Zusammenhang wird das Prinzip der Erfolgskette Nationaler Kundenbarometer auf die unternehmensinternen Leistungen übertragen (vgl. auch Kapitel 14, Abschnitt 14.1). Es wird davon ausgegangen, dass die Beurteilung interner Leistungen durch interne Kunden die (interne) Kundenzufriedenheit beeinflusst, und dass es eine interne Kundenbindung im Sinne einer Verbundenheit mit bestimmten internen Anbietern gibt, die aus der Leistungsbeurteilung und/ oder der Kundenzufriedenheit resultiert (Bruhn 2004b; Bruhn/Siems 2004, S. 563f.). Als zentrale Modellgrößen werden daher bei internen Servicebarometern die interne Dienstleistungsqualität, die interne Kundenzufriedenheit und die interne Verbundenheit angesehen, wobei eine Wirkung der Dienstleistungsqualität auf die Kundenzufriedenheit und eine Wirkung beider Größen auf die Verbundenheit angenommen wird. Da es sich bei den erwähnten drei Modellgrößen um komplexe, latente Konstrukte handelt, erfolgt ihre Messung – analog zu den Verfahren im Rahmen der Nationalen Kundenbarometer – nicht direkt, sondern indirekt über Indikatoren (Bruhn/Murmann 1998). Schaubild 4-29 verdeutlicht die Idee dieses Ansatzes. Zur Ermittlung geeigneter Indikatoren, die letztlich als Grundlage für die Formulierung eines Fragebogens im Rahmen einer schriftlichen Befragung dienen, werden qualitative Vorstudien durchgeführt, in denen sowohl Anbieter als auch Nachfrager interner Dienstleistungen dazu befragt wurden, welche Kriterien für die Qualitätswahrnehmung generell relevant sind und worin sich eine Verbundenheit mit einem Anbieter einer internen Dienstleistung widerspiegeln könnte (vgl. zu diesem Vorgehen z.B. Homburg/Giering 1996, S. 11). Für die Messung der Kundenzufriedenheit werden auf die in zahlreichen Kundenbarometern bewährten drei Indikatoren „Gesamtzufriedenheit“,„Zufriedenheit
Zufriedenheitsindikator ..
Qualitätsindikator 3
Zufriedenheitsindikator z
Qualitätsindikator 4 Qualitätsindikator 5
Qualität Qualitätsindikator 6
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze
Zufriedenheitsindikator 1
Qualitätsindikator 2
Kundenzufriedenheit
Qualitätsindikator 7 Qualitätsindikator 8 Qualitätsindikator 9 Qualitätsindikator .. Qualitätsindikator q
Verbundenheit Verbundenheitsindikator 1 Verbundenheitsindikator .. Verbundenheitsindikator v
143
Quelle: Bruhn/Siems 2004, S. 563
Schaubild 4-29: Struktur- und Messmodelle der Internen Servicebarometer
Qualitätsindikator 1
144
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• Ergebnisbeispiele eines internen Servicebarometers und entsprechender...
• … Zufriedenheitstreiber
verglichen mit den Erwartungen“ und „Zufriedenheit verglichen mit dem Ideal“ zurückgegriffen (Bruhn/ Murmann 1998, S. 61ff.; Meffert/Bruhn 2003, S. 195f.). Schaubild 4-30 zeigt auf der Basis mehrerer Studien zweier Unternehmen in der Pharmabranche (vgl. Bruhn 2004b, Bruhn/Siems 2004), welche konkreten Indikatoren vielfach zur Messung der Konstrukte verwendet werden. Die Gegenüberstellung der Operationalisierung der Konstrukte in den beiden unterschiedlichen Unternehmen Pharma 1 und Pharma 2 verdeutlicht außerdem die Gültigkeit der Operationalisierung, zumal – trotz unabhängig voneinander durchgeführter Vorstudien und Unterschieden in der Organisationsstruktur beider Unternehmen – sich nahezu identische Indikatoren ergeben haben, die zudem entsprechend den Vorstudien für alle unterschiedlichen internen Dienstleistungen gleichermaßen als mögliche Indikatoren in Frage kommen. Aus der Implementierung eines Internen Servicebarometers bzw. der Messung der internen Dienstleistungsqualität resultiert in erster Linie die Bewertung von Leistungsmerkmalen einzelner interner Dienstleistungen. Hierbei werden anhand der Mittelwerte für die Indikatoren Ansatzpunkte für Verbesserungsmaßnahmen definiert. In Beispiel 4-9 wird exemplarisch das Ergebnis eines – im Vergleich zum Gesamtunternehmen relativ schlecht bewerteten – internen Dienstleisters in der Pharmabranche illustriert. Beispiel 4-9: Ergebnisse der Qualitätsmessung eines internen Dienstleisters Das Ergebnis des internen Dienstleisters zeigt die Mittelwerte der bewerteten Indikatoren – der so genannten Satisfaction Driver – auf einer Skala von eins bis zehn. Der Begriff „Satisfaction Driver“ verdeutlicht den Zusammenhang zwischen den Leistungsindikatoren der internen Dienstleistung und der – durch die Erfüllung der jeweiligen Indikatoren induzierten – Zufriedenheit. Dabei zeigt sich z. B., dass die Flexibilität der Mitarbeiter mit 5,55 nicht nur sehr schlecht bewertet wird, sondern auch die größte Ab-
weichung zum Durchschnittswert für das Gesamtunternehmen (7,85) aufweist (vgl. Schaubild 4-31). Hier ist folglich dringender Handlungsbedarf gegeben, der für Schulungen, Anreizsysteme usw. spricht.
Verbundenheit
Kundenzufriedenheit
Qualität
Fachkompetenz
malen
Wiederwahl beim nächsten Mal Veränderung in Intensität der Zusammenarbeit –
Cross-Buying-Absicht
Gedanke an anderen Anbieter oder Selbsterfüllung der Aufgabe Wiederwahl beim nächsten Mal
Weiterempfehlungsabsicht Wunsch nach anderem Anbieter
Weiterempfehlungsabsicht
Veränderung in Intensität der Zusammenarbeit
Wiederwahl bei Entscheidungsfreiheit
Wiederwahl bei Entscheidungsfreiheit
Zufriedenheit entsprechend dem Ideal
Zufriedenheit entsprechend den Erwartungen
Zufriedenheit entsprechend den Erwartungen Zufriedenheit entsprechend dem Ideal
Gesamtzufriedenheit
Qualität des Leistungsangebotes
– Gesamtzufriedenheit
Kontinuität Nutzung von Vorteilen (Added Value)
– Mehrwert
Effizienz Transparenz Leistungsangebot
– Transparenz Leistungsangebot
Übereinstimmung Auftrag/Resultat
–
Erfüllung spezieller Kundenwünsche
Kostentransparenz –
Kostentransparenz Umfang Leistungsangebot
Preis-Leistungs-Verhältnis
Individualität
Reaktionszeit Preis-Leistungs-Verhältnis
Reaktionszeit
Einhaltung Termine
Zuverlässigkeit Zeitbedarf Leistungserbringung
– Schnelligkeit
Flexibilität Diskretion/Vertraulichkeit
Flexibilität Zuverlässigkeit
Erreichbarkeit Freundlichkeit
Sozialkompetenz Erreichbarkeit
Kompetenz
Pharma 2
Freundlichkeit
Kompetenz
Pharma 1
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze 145
Quelle: Bruhn/Siems 2004, S. 569
Schaubild 4-30: Indikatoren zur Operationalisierung der Messkonstrukte eines Internen Servicebarometers
• Anwendung der
Ergebnisse aus inter-
nen Servicebarome-
ter zur Priorisierung
von Leistungsmerk-
146
4 Messung der Dienstleistungsqualität
Detaillierte Ergebnisse solcher internen Servicebarometer sind im erwähnten Zusammenhang ausschließlich den betroffenen Abteilungen bzw. Filialen zuzusenden. Die zentralen Resultate sämtlicher Mitarbeiterbefragungen, wie z. B. unternehmensübergreifende interne Zufriedenheitsindizes, sind beispielsweise in den unternehmensinternen Kommunikationsmedien zu veröffentlichen. Hierbei ist ein „Ranking“ der besten Abteilungen und Geschäftsstellen aus Gründen der Anerkennung und der Vorbildfunktion oftmals zweckmäßig. Von besonderer Wichtigkeit ist zudem die regelmäßige Ermittlung der generellen Mitarbeiterzufriedenheit, d. h. der Zufriedenheit der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsplatz. Da die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit der Mitarbeiter mit ihren täglichen Aufgaben die Qualität der Dienstleistungserbringung gegenüber den Kunden maßgeblich beeinflussen kann, erscheint es sinnvoll, regelmäßig bei Mitarbeitern Erkenntnisse über ihre Tätigkeiten, das Verhältnis zu Kollegen u. Ä. zu gewinnen. Idealerweise werden hierbei sämtliche Mitarbeiter der verschiedenen Geschäftsstellen des Dienstleistungsunternehmens periodisch befragt, wobei aus Kostengründen eine Beschränkung auf repräsentative Untersuchungen bei ausgewählten Filialen möglich ist. Dies ist allerdings eher als Minimalanforderung im Rahmen eines umfassenden Qualitätsmanagements anzusehen. Langfristig ist es zweckmäßig, eine Art „Internal Customer Satisfaction Tracking System“ einzuführen, um die Qualität der unternehmensinternen Dienstleistungen periodisch zu messen, permanent zu überwachen und zu optimieren. Erfolgreiche Dienstleistungsunternehmen, wie beispielsweise AVIS Deutschland oder die Deutsche Lufthansa, nutzen bereits derartige Systeme, um Erwartungen, Einstellungen, Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit ihrer Mitarbeiter kontinuierlich zu erfassen. • Betriebliches Vorschlagswesen...
(3) Betriebliches Vorschlagswesen Ein weiterer mitarbeiterorientierter Messansatz ist das Betriebliche Vorschlagswesen (Merz/Bieler 1994; Brinkmann/Simon 1995), das als zentrales Instrument der
7.19
8.17
7.07
F4R Dienstleistung: Kontinuität
6.83
Dienstleistung: Übereinst. Auftrag/Resultat
7.70 7.93
6.81
B Mitarbeitende: Sozialkompetenz
8.00
6.80
A Mitarbeitende: Fachkompetenz
8.22
6.79
Dienstleistung: Umfang Leistungsangebot
7.67
6.49
C Mitarbeitende: Erreichbarkeit
7.89
6.35
I Zeitlicher Verlauf: Zeitbedarf Leistungserb.
7.86
6.28
K Kosten: Preis-Leistungs-Verhältnis
6.20
H Zeitlicher Verlauf: Reaktionszeit
6.79 7.78
6.12
Dienstleistung: spez. Kundenwünsche
7.69
6.04
Dienstleistung: Effizienz
7.80
6.01
Dienstleistung: Transparenz Leistungsangebot
7.09
5.65
E Mitarbeitende: Flexibilität
7.85
5.55
L Kosten: Kostentransparenz
5.45 1
Skala: 10 = Sehr gut, 1 = Sehr schlecht
8.31
7.13
J Zeitlicher Verlauf: Einhaltung Termine
2
3
4
5
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze
D Mitarbeitende: Freundlichkeit G Mitarbeitende: Zuverlässigkeit
6.21
6
Interner Dienstleiter
7
8
9
10
Unternehmen gesamt
147
Quelle: Bruhn 2004b, S. 289
Schaubild 4-31: Mittelwerte der Satisfaction Driver für einen internen Dienstleister
8.43 8.21 8.53
Mitarbeitende: Diskretion/Vertraulichkeit
148
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• ...zur Steigerung der Mitarbeitermotivation
Qualitätsbestimmung detaillierte Informationen über unternehmensbedingte Probleme und Lösungsansätze aus Mitarbeitersicht liefert. Die Anhörung von Mitarbeitervorschlägen durch die Geschäftsstellenleitung in Bezug auf technische und nicht-technische Verbesserungsbereiche innerhalb der gesamten Dienstleistungskette kann – beispielsweise im Vergleich zu umfassenden Mitarbeiterbefragungen – mit relativ geringem personellen und finanziellen Aufwand verbunden sein und ist daher für Dienstleistungsunternehmen grundsätzlich zu empfehlen. Zur Steigerung der Motivation der Mitarbeiter, Vorschläge zur Qualitätsverbesserung des Dienstleisters einzureichen, sind spezifische Anreize zu schaffen und Vorschläge entsprechend zu prämieren. Ferner ist es aus Praktikabilitäts- und Glaubwürdigkeitsgründen notwendig, dafür zu sorgen, dass gute Mitarbeitervorschläge möglichst schnell im Unternehmen umgesetzt wer-
Beschreibung des Vorschlages auf einem Ideenblatt
Prüfung der Idee
Umsetzung der Idee
Einreicher des Vorschlags
Vorgesetzter
Einreicher des Vorschlags/Kollegen
Ermittlung des Vorteils und der Prämie
Vorgesetzter
Akzeptieren der Prämie
Einreicher des Vorschlags
Freigeben der Prämie zur Auszahlung
Vorgesetzter
Quelle: Schmahl 1995, S. 97
Schaubild 4-32: Prozess des Betrieblichen Vorschlagswesens
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze
149
den. Schaubild 4-32 zeigt exemplarisch den Prozess des Betrieblichen Vorschlagswesens. (4) Poka-Yoke-Verfahren Zu den mitarbeiterbezogenen Verfahren ist auch Poka Yoke zu zählen. Dieses Instrument ist dem Kaizen verwandt und hat ebenfalls die permanente Qualitätsverbesserung der für den Absatz bestimmten (Dienst-) Leistungen zum Inhalt. Im Zentrum steht die möglichst weitgehende Prävention von beabsichtigten wie unbeabsichtigten und zufälligen Fehlern mit dem Ziel der Realisierung des Null-Fehler-Prinzips (Bühner 1993, S. 37; Flood 1993, S. 28ff.). Die von Shingo (1991) entwickelte Vorgehensweise sieht in einem ersten Schritt vor, jede einzelne Phase der Dienstleistungserstellung zu analysieren und zu identifizieren, wo und wann Fehler unterlaufen können. Die Erreichung des Anspruches einer permanenten Verbesserung der erstellten Dienstleistungsqualität setzt eine in die einzelnen Leistungserstellungsphasen integrierte Prüfung an der Quelle („Source Inspection“) voraus (Bühner 1993). Diese Fehlerquellen-Inspektion ist bei Dienstleistungen insbesondere aufgrund des Uno-Actu-Prinzips erforderlich, da die Nachbesserung einer fehlerhaften Dienstleistung i. d. R. nur während des Leistungserstellungsprozesses möglich ist. Ein Blueprint liefert bei der Fehlerquellen-Inspektion oftmals wertvolle Hilfestellung, um Kundenkontaktpunkte, in denen es zu Interaktionen zwischen Dienstleistungsanbieter und Konsument kommt, und mögliche Fehler zu ermitteln. Dabei werden zwei Arten von Fehlern unterschieden. Zum einen gibt es Fehler, die auf Vergesslichkeit beruhen und von den Mitarbeitern erst während ihrer Entstehung bemerkt werden; zum anderen solche, deren Entstehen die Mitarbeiter übersehen (Shingo 1991; Brinkmann 1993; Chase/Stewart 1994). In einem weiteren Schritt werden die möglichen Fehlerursachen ermittelt und Regeln zur Fehlervermeidung, so genannte Poka-Yoke, formuliert.
• Das Poka-Yoke-Verfahren basiert auf…
• ...dem Null-FehlerPrinzip und…
• …zwei Arten von Fehlern
150
4 Messung der Dienstleistungsqualität
• Beispiel
• Würdigung des Poka-YokeVerfahrens
Schaubild 4-33 zeigt am Beispiel einer Autoreparaturwerkstatt die Vorgehensweise des Poka-Yoke-Verfahrens. Kritik an diesem Ansatz ist insofern zu üben, als die soziale Komponente sowohl im Hinblick auf die Beziehungen zwischen den Dienstleistungsnachfragern und den Mitarbeitern als auch bezüglich der innerbetrieblichen Prozesse keine Berücksichtigung findet. So wird der insbesondere in Dienstleistungstransaktionen wesentliche menschliche Faktor auf teilweise rein mechanistisch fehlervermeidende Elemente reduziert (Flood 1993, S. 30). Die Darstellung der Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität zeigt, dass einem Dienstleistungsunternehmen eine Vielzahl von Methoden zur Verfügung steht, die Qualität seiner Leistung zu beurteilen. Diese Ansätze können im Rahmen des Qualitätsmanagements von Dienstleistungsunternehmen zu verschiedenen Zwecken eingesetzt werden. Dies wird in den Kapiteln 5 bis 8 deutlich, in denen die Konzepte und Instrumente des Qualitätsmanagements beschrieben werden, zu denen u. a. die vorgestellten Messansätze gehören.
Poka Yoke: Automatische Erinnerungsschreiben mit 5% Rabatt
Poka Yoke: Deutliche und auffällige Beschilderung
Kunde kommt mit dem Fahrzeug
Fehler: Kunde hat Schwierigkeiten, das Problem zu beschreiben
Fehler: Kunde hat Durst Poka Yoke: Regelmäßiges Nachfragen hinsichtlich Kundenbefinden während der Wartezeit
Poka Yoke: Kontaktpersonal wiederholt, wie es das Problem verstanden hat. Kunde nennt das Problem
Kunde wartet
Kunde zahlt
Kunde fährt ab
4.2 Unternehmensorientierte Messansätze
Fehler: Kunde findet Werkstatt nicht
Kunde ruft an zwecks Terminvereinbarung
Line of Interaction Kontaktpersonal begrüßt den Kunden
Warteraum
Line of Visibility Kosten- und Zeitschätzung für die Reparatur wird dem Kunden mitgeteilt
Eintragen des Termins in Werkstattplan
Line of Internal Interaction
Planung der Reparatur
Durchführung der Reparatur
Fehler: Ankunft des Kunden verpasst
Fehler: Unkorrekte Schätzung
Fehler: Teile sind nicht im Lager
Poka Yoke: Klingel, die läutet, wenn Kunden ankommen
Poka Yoke: Checkliste mit Kosten für gängige Reparaturen
Poka Yoke: Signal auf Bestellbildschirm, wenn Lagerlimit erreicht
Vorbereitung der Rechnung
Fehler: Reparierter Wagen steht nicht rechtzeitig bereit Poka Yoke: Automatisches Signal für Werkstattmechaniker, wenn Rechnung ausgedruckt wird
151
Quelle: Chase/Stewart 1994, S. 40f.
Schaubild 4-33: Methodik des Poka-Yoke-Verfahrens am Beispiel einer Autoreparaturwerkstatt
Fehler: Kunde vergisst Reparaturbedarf
5
Modelle der Dienstleistungsqualität
Während die Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität eine Bestimmung von konkreten Qualitätswerten sowohl bezogen auf die Gesamtqualität als auch bezogen auf einzelne Qualitätsmerkmale erlauben, dienen die sog. Modelle der Dienstleistungsqualität einer genaueren Analyse der Entstehung und Auswirkungen der Dienstleistungsqualität. Dabei haben in Literatur und Praxis vor allem folgende Modelle eine hohe Relevanz:
• Analyse der Entstehung und Auswirkung von Dienstleistungsqualität anhand ausgewählter Modelle der Dienstleistungsqualität
(1) GAP-Modell der Dienstleistungsqualität, (2) Dienstleistungsqualitätsmodell von Grönroos, (3) Dienstleistungsqualitätsmodell von Meyer und Mattmüller, (4) Dynamisches Prozessmodell von Boulding et al., (5) Beziehungsqualitäts-Modell von Liljander/Strandvik, (6) Qualitatives Zufriedenheitsmodell von Stauss/Neuhaus.
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität 5.1.1 GAP-Modell von Parasuraman/Zeithaml/Berry Das GAP-Modell ist als branchenunabhängiges Modell der Dienstleistungsqualität zu verstehen (Parasuraman et al. 1986). Ausgehend von einem Defizit servicespezifischer Ansätze zur Qualitätsmessung und -sicherstellung Mitte der 1980er Jahre charakterisierten Zeithaml, Berry und Parasuraman den Status quo in drei Punkten
• GAP-Modell als branchenunabhängiges Qualitätsmodell
154
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
• Erkenntnisse hinsichtlich servicespe-
(Parasuraman et al. 1985, S. 42; Zeithaml et al. 1992, S. 28f.):
zifischer Ansätze zur Qualitätsmessung
(1) Aufgrund der vielfach komplexen Dienstleistungsangebote fällt den Konsumenten eine Qualitätsbeurteilung schwerer als bei materiellen Gütern. (2) Bei der Qualitätsbeurteilung ist nicht nur das Ergebnis des Leistungserstellungsprozesses, sondern auch der Prozess selbst von Belang. (3) Für die Beurteilung der Dienstleistungsqualität ist ausschließlich die Kundenperspektive relevant.
• Weiterführende Er-
Um diese Erkenntnisse zu vertiefen, wurde analysiert, in welcher Weise Nachfrager die Qualität von Dienstleistungen bewerten. Über diese und weitere damit im Zusammenhang stehenden Fragen konnten mit Hilfe von Fokusgruppen-Interviews Beurteilungen aus Kundensicht gesammelt werden, wobei dieses Stadium der Informationsgewinnung bewusst breit hinsichtlich der untersuchten Dienstleistungsbranchen angelegt wurde. Ausgewählt wurden zwölf Fokusgruppen, jeweils drei Gruppen für vier Branchen (Zeithaml et al. 1992, S. 29ff.):
kenntnisse auf Basis von FokusgruppenInterviews
5 5 5 5 • Zentrale Ergebnisse der Fokusgruppen-
Privatkundengeschäft von Banken, Kreditkartengeschäft, Wertpapiermakler, Reparaturwerkstätten.
Die Ergebnisse dieser Interviews lassen sich wie folgt zusammenfassen (Zeithaml et al. 1992, S. 31f.):
Interviews
(1) Trotz der relativ großen Divergenz hinsichtlich der einzelnen Branchen wurde beobachtet, dass sich die Qualitätsbeurteilung nach vielfach ähnlichen Merkmalen vollzieht. (2) Besondere Servicequalität wird einem Dienstleistungsanbieter vor allem dann attestiert, wenn die Erwartungen der Kunden (über)erfüllt werden. Grundsätzlich bestimmt sie sich aus der Abweichung zwischen der erwarteten (erwünschten)
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
155
Leistung und dem erlebten (wahrgenommenen) Leistungsniveau. (3) Die Kundenerwartungen an die Dienstleistungsqualität werden hauptsächlich durch vier Impulse geprägt: (3a) Mündliche Kommunikation der Kunden, (3b) Persönliche Situation der Kunden, (3c) Zurückliegende Erfahrungen mit dem Anbieter, (3d) Kommunikation des Anbieters. Als zentrales Ergebnis der durchgeführten Befragungen konnten darüber hinaus zehn Qualitätsdimensionen isoliert werden, die bei den Kunden eines Dienstleistungsanbieters zur Beurteilung der erfahrenen Qualität zur Geltung kommen (Parasuraman et al. 1985, S. 46ff.; Zeithaml et al. 1992, S. 34ff.): (1) Materielles Umfeld („Tangibles“), (2) Zuverlässigkeit („Reliability“), (3) Entgegenkommen („Responsiveness“), (4) Kompetenz („Competence“), (5) Zuvorkommenheit („Courtesy“), (6) Vertrauenswürdigkeit („Credibility“), (7) Sicherheit („Security“), (8) Erreichbarkeit („Access“), (9) Kommunikation („Communication“), (10) Kundenverständnis („Understanding/Knowing Customers“).
• Dimensionen zur
Grundlage des GAP-Modells ist eine Zweiteilung der Interaktionsbeziehung in die Ebenen Dienstleister und Kunde. Schaubild 5-1 zeigt dieses Basismodell und weist gleichzeitig auf die vielfältigen Interaktionsbeziehungen zwischen Dienstleistungsanbieter und -nachfrager sowie mögliche Konfliktbereiche, sog. Gaps, hin. Insgesamt identifizieren die Autoren fünf Gaps, deren Charakter und Einflussfaktoren im Folgenden dargestellt werden. In spezifizierter Form sind die Einflussfaktoren in Schaubild 5-2 aufgeführt.
• Mögliche Konflikt-
Beurteilung der Qualität durch den Kunden
bereiche zwischen Dienstleistungsanbieter und -nachfrager
156
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
Quelle: Zeithaml et al. 1988, S. 44
Schaubild 5-1: GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
157
Berücksichtigung der Marktforschung AufwärtsKommunikation
GAP 1
Hierarchiestufen Verpflichtung des Managements ggü. dem Prinzip der Servicequalität Zielformulierung GAP 2 Standardisierung von Aufgaben
Annehmlichkeit des tangiblen Umfeldes
Wahrnehmung der Durchführbarkeit
Teamarbeit
Zuverlässigkeit GAP 5 DLqualität
Mitarbeiter-ArbeitsplatzEntsprechung
Leistungskompetenz
Technologie-ArbeitsplatzEntsprechung Wahrgenommene Kontrolle
Reaktionsfähigkeit
Einfühlungsvermögen GAP 3
Beaufsichtigende Kontrollsysteme Rollenkonflikt Unklares Rollenverständnis Horizontale Kommunikation GAP 4 Neigung zu übertriebenen Versprechungen
Quelle: Zeitham et al. 1990, S. 131
Schaubild 5-2: Einflussfaktoren des GAP-Modells
158
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
• Diskrepanz zwischen den tatsächlichen und den durch das Management wahrgenommenen Kundenerwartungen
• Einflussfaktoren hinsichtlich der Entstehung von
GAP 1 Die Erwartungen der Kunden gegenüber dem Dienstleistungsanbieter konstituieren sich aus ihren individuellen Bedürfnissen, ihren Erfahrungen in der Vergangenheit und den durch Mund-zu-Mund-Kommunikation aufgebauten Einstellungen. Zwischen den so entstandenen Erwartungen auf der Kundenseite und den durch das Management wahrgenommenen Kundenerwartungen kann GAP 1 entstehen, wenn die entsprechenden Erwartungen nicht deckungsgleich sind. Bei der Minimierung dieser Diskrepanz ist der exakten Erfassung der Kundenanforderungen an die Dienstleistung besonderes Gewicht beizumessen, da GAP 1 auch das Ausmaß der übrigen Gaps determiniert. Im Wesentlichen lässt sich GAP 1 durch drei Einflussfaktoren erklären (Zeithaml et al. 1992, S. 66ff.):
GAP 1…
(1) Berücksichtigung der Marktforschung Da die Marktforschung ein wichtiges Mittel zum besseren Verständnis der Erwartungen und Wahrnehmungen von Kunden in Bezug auf Dienstleistungen ist, stellt das Ausmaß der durchgeführten Marktforschung eine wichtige Voraussetzung für die Reduzierung von GAP 1 dar. Andere relevante Variablen in Verbindung mit der Marktforschung beinhalten das Ausmaß, in dem Führungskräfte in den Unternehmen Marktforschungsergebnisse berücksichtigen, d. h. lesen, verstehen und verwenden, sowie den Stellenwert, den das Thema Dienstleistungsqualität bei Marktforschungsuntersuchungen einnimmt. Die Berücksichtigung der Marktforschung im Unternehmen wird des Weiteren vom Ausmaß der direkten Beziehung zwischen Topmanagern und Kunden bestimmt. Selbst in großen Dienstleistungsunternehmen können Topmanager einige Zeit „on the line“ verbringen, d. h., eine direkte Beziehung zu den Kunden aufnehmen und Erfahrungen beim Erstellen von Dienstleistungen sammeln. Um die Aktualität zu gewährleisten, ist die Marktforschung als permanenter Informationsgewinnungs- und -verarbeitungsprozess zu verstehen. Für Dienstleistungsunternehmen kommen dabei insbesondere die Konkurrenzforschung, Produktfor-
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
schung und Kundenanalyse in Betracht. Neben der Auswertung von Sekundärdatenmaterial ist auch die unternehmensspezifische Erhebung von Primärdaten erforderlich, wobei das gesamte Spektrum von Produkttests, Imagestudien, Kundenfrequenzforschung, Kundenstrukturanalysen, Kundenmeinungsforschung, Konkurrenzbeobachtung bis hin zum Reklamations- und Vorschlagswesen in Betracht zu ziehen ist.
159
• …Berücksichtigung der Marktforschung
(2) Aufwärtskommunikation im Unternehmen Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt sind meist sehr viel besser als Topmanager in der Lage, die Erwartungen und Wahrnehmungen der Kunden bezüglich der Dienstleistung zutreffend vorherzusagen (Schneider/Bowen 1985). Die richtige Kundeneinschätzung durch Topmanager hängt daher sehr stark ab vom Ausmaß und der Art der Kommunikation sowohl mit Mitarbeitern, die direkten Kundenkontakt haben, als auch mit Mitarbeitern außerhalb des Unternehmens (z. B. selbständige Versicherungsvertreter, Einzelhändler), die das Unternehmen und seine Dienstleistungen repräsentieren. Durch Aufwärtskommunikation werden Topmanager über Aktivitäten und Ergebnisse im gesamten Unternehmen informiert. Spezielle, in diesem Zusammenhang relevante Arten der Kommunikation sind zum einen die formelle Kommunikation (z. B. Berichte über Probleme und Erwartungen bei der Erstellung von Dienstleistungen) und zum anderen die informelle Kommunikation (z. B. Gespräche zwischen Kontaktpersonal und höheren Führungskräften). Wichtig im Zusammenhang mit der Aufwärtskommunikation ist deren Qualität und Effektivität, die wiederum vom Kommunikationsmedium abhängt. Persönliche Kommunikation wird beispielsweise bevorzugt eingesetzt, wenn die Mitteilung schwierig oder unklar ist, oder wenn Sender und Empfänger sich in ihrem Erfahrungsbereich und ihren Ansichten unterscheiden.
• …Kommunikation
(3) Hierarchiestufen Hierarchiestufen hemmen Kommunikation und Verständnis, da sie Barrieren zwischen den Sendern und
• …Hierarchiestufen
zwischen Topmanagement und Kundenkontaktmitarbeitern
160
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
Empfängern von Mitteilungen darstellen. Aus diesem Grunde wird angenommen, dass die Diskrepanz in GAP 1 um so größer ist, je mehr Hierarchiestufen zwischen dem Personal mit Kundenkontakt und den Topmanagern liegen.
• Diskrepanz zwischen den wahrgenommenen Kundenerwartungen und der Umsetzung in Spezifikation der Dienstleistungsqualität
• Einflussfaktoren hinsichtlich der Entstehung von GAP 2 sind …
• …Engagement des Managements
GAP 2 GAP 2 konkretisiert sich in der Lücke zwischen den durch das Management wahrgenommenen Kundenerwartungen und der Interpretation durch den Dienstleister mit anschließender Umsetzung in Spezifikationen der Dienstleistungsqualität. Manager in Dienstleistungsunternehmen werden bei der Erfüllung oder gar Übertreffung von Kundenerwartungen oftmals mit Schwierigkeiten konfrontiert. Eine Vielzahl von Faktoren – wie etwa beschränkte Mittel, kurzfristige Gewinnorientierung, Marktbedingungen oder eine Gleichgültigkeit des Managements – sind für die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der Kundenerwartungen und ihrer Umsetzung in Spezifikationen für Dienstleistungen verantwortlich. Als Ursachen für GAP 2 kommt der Verpflichtung des Managements gegenüber dem Prinzip der Dienstleistungsqualität, der Zielformulierung, der Standardisierung von Aufgaben sowie der Wahrnehmung ihrer Durchführbarkeit besondere Bedeutung zu (Zeithaml et al. 1992, S. 86ff.).
(1) Verpflichtung des Managements gegenüber dem Prinzip der Dienstleistungsqualität Eine Erklärung für die Diskrepanz in GAP 2 ist darin zu sehen, dass sich das Management nicht völlig dem Prinzip der Dienstleistungsqualität verpflichtet fühlt. Zielsetzungen wie etwa Kostensenkung und kurzfristige Gewinnorientierung können problemloser gemessen und nachvollzogen werden, was zu einer Vernachlässigung der Dienstleistungsqualität führen kann. Spezielle Variablen, die die Unterstützung des Prinzips der Dienstleistungsqualität durch das Management (vor anderen Unternehmenszielen) beeinflussen, sind das Bestehen eines internen Qualitätsprogramms und das Ausmaß, zu dem Manager annehmen, dass ihre Bemü-
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
161
hungen, die Dienstleistungsqualität zu verbessern, im Unternehmen auch anerkannt und honoriert werden. (2) Zielformulierung Die Formulierung von Zielen verbessert nicht nur das Unternehmensergebnis und die persönliche Leistung, sondern ermöglicht auch eine effektivere Kontrolle des gesamten Unternehmens. Unternehmen, die bei der Erstellung von hoher Dienstleistungsqualität erfolgreich waren (z. B. American Express, McDonald’s), sind für die Aufstellung formaler Ziele in Bezug auf die Dienstleitungsqualität bekannt. Durch eine Analyse der Kundenbeschwerden kam American Express beispielsweise zu dem Ergebnis, dass Pünktlichkeit, Genauigkeit und Verantwortlichkeit die hauptsächlich zu verfolgenden Ziele seien. Das Management identifizierte daraufhin 180 operative Ziele für die Erstellung von Dienstleistungsqualität. Nachdem diese Ziele formal aufgestellt worden waren, wurden Verfahren zur Kontrolle der Schnelligkeit, mit der Telefonate beantwortet, Beschwerden entgegengenommen, Rechnungen verschickt und neue Anträge bearbeitet wurden, entwickelt. Die Entwicklung von Dienstleistungszielen erfordert auch, die Dienstleistungsqualität in der Weise zu definieren, dass der Dienstleistungserbringer versteht, welche Ziele vom Management verfolgt werden. (3) Standardisierung von Aufgaben Eine effektive Umsetzung der Wahrnehmungen des Managements in spezifische Standards der Dienstleistungsqualität hängt davon ab, in welchem Maße zu erfüllende Aufgaben standardisiert durchgeführt werden können. Wenn Arbeitsplätze und Aufgaben einer Routine unterliegen, dann können spezifische Regelungen und Standards aufgestellt und effektiv im Unternehmen umgesetzt werden. Sind Dienstleistungen dagegen an den individuellen Kundenwünschen ausgerichtet (z. B. Betreuung von Investitionsportfolios oder Vermögensverwaltung), macht es Schwierigkeiten, spezifische Standards (wie beispielsweise Zeitvorgaben für die Betreuung von Kunden) aufzustellen. Selbst bei der Erstel-
• …Formulierung von Qualitätszielen
• …Standardisierung von routinemäßigen Aufgaben
162
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
lung von Dienstleistungen, die sich in hohem Maße an den individuellen Kundenwünschen orientieren, lassen sich aber routinemäßig zu erledigende Aufgaben ausmachen. Ärzte können beispielsweise immer wiederkehrende, nicht technische Aspekte bei der Erstellung ihrer Dienstleistung, wie etwa die Aufnahme von Patienten, die Rechnungsausstellung, Wiegen und Temperaturmessen, standardisieren.
• …Überzeugung von der Durchführbarkeit
• Diskrepanz zwischen den Spezifikationen der Dienstleistungsqualität und der tatsächlichen Dienstleistungserstellung
(4) Wahrnehmung der Durchführbarkeit Die Diskrepanz in GAP 2 hängt des Weiteren davon ab, in welchem Maße Manager die Erfüllung von Kundenerwartungen als durchführbar erachten. So waren sich befragte Führungskräfte eines Reparaturdienstunternehmens durchaus bewusst, dass hohe Dienstleistungsqualität für Kunden im raschen Beheben der Gerätedefekte besteht. Gleichzeitig vertraten sie jedoch den Standpunkt, dass die Aufstellung von Spezifikationen für ein rasches Beheben von Gerätedefekten aus zweierlei Gründen nicht durchführbar sei, da zum einen die notwendige Zeit zum Erbringen einer Reparaturdienstleistung im Voraus nur sehr schwierig geschätzt werden konnte und zum anderen gelernte Kundendiensttechniker in der Hochsaison (während der Sommermonate) nicht in gleichem Maße verfügbar waren wie zu jeder anderen Zeit. Für die Wahrnehmung der Durchführbarkeit sind demnach die zur Erfüllung der Spezifikationen notwendigen Fähigkeiten und Systeme im Unternehmen sowie die Überzeugung der Manager bedeutend, dass diese Spezifikationen ökonomisch sinnvoll erfüllt werden können. GAP 3 GAP 3 stellt die Diskrepanz zwischen den Spezifikationen der Dienstleistungsqualität und den tatsächlich erstellten Leistungen dar. GAP 3 kann auch als „Diskrepanz der Dienstleistungserstellung“ bezeichnet werden, da diese Diskrepanz das Ausmaß widerspiegelt, in dem der Dienstleistungserbringer die Leistung nicht auf dem vom Management erwarteten Niveau erbringt. Diese Diskrepanz tritt auf, wenn Mitarbeiter nicht in
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
der Lage oder unwillig sind, die Dienstleistung in verlangter Weise zu erbringen. Zu den wesentlichen Aspekten, die für die Diskrepanz in GAP 3 verantwortlich sind, gehören Teamwork, Mitarbeiter-Arbeitsplatz-Entsprechung, Technologie-Arbeitsplatz-Entsprechung, wahrgenommene Kontrolle, beaufsichtigende Kontrollsysteme, Rollenkonflikte und ein unklares Rollenverständnis. (1) Teamwork In Gruppen, die hohe Leistungen erbringen, arbeiten die Mitarbeiter als Team und erreichen ihre Ziele, in dem sie allen Gruppenmitgliedern die Teilnahme am Entscheidungsprozess und auch am Erfolg der Gruppe ermöglichen. Teamwork steht bei Unternehmen, die für ihren außerordentlichen Kundendienst bekannt sind, im Mittelpunkt von Programmen zur Erstellung von Dienstleistungsqualität. Folgende Faktoren sind für Teamwork ausschlaggebend: das Ausmaß, in dem Mitarbeiter andere Mitarbeiter als Kunden sehen; das Ausmaß, in dem Mitarbeiter der Überzeugung sind, dass sich ihre Vorgesetzten um sie kümmern; das Ausmaß, in dem Mitarbeiter meinen, mit anderen Mitarbeitern zu kooperieren anstatt zu konkurrieren und das Ausmaß, in dem Mitarbeiter sich engagieren und mit dem Unternehmen identifizieren. (2) Mitarbeiter-Arbeitsplatz-Entsprechung Probleme in Bezug auf die Dienstleistungsqualität entstehen oftmals dadurch, dass das Kontaktpersonal seinen Aufgaben nicht gewachsen ist. Da Arbeitsplätze mit Kundenkontakt tendenziell im unteren Bereich der Unternehmensstruktur vorkommen (z. B. Schalterpersonal bei Autovermietungen, Personal in Telefonvermittlungen, Reparaturtechniker), besteht das Personal dieser Arbeitsplätze weitgehend aus den weniger gut ausgebildeten und am niedrigsten bezahlten Mitarbeitern im Unternehmen. Aus diesem Grund fehlen ihnen möglicherweise Sprach-, interpersonelle oder andere Kenntnisse, die für einen effektiven Kundendienst erforderlich sind. Hinzu kommt der häufige Wechsel des Kon-
163
• Einflussfaktoren hinsichtlich der Entstehung von GAP 3 sind…
• …Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern
• …Qualifikation der Mitarbeiter
164
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
taktpersonals und die Tendenz von Unternehmen, offene Stellen sehr schnell wieder zu besetzen, selbst auf die Gefahr hin, dass dabei Mitarbeiter mit mangelnder Erfahrung oder unzureichenden Kenntnissen eingestellt werden. Manager verwenden im Allgemeinen weder genügend Sorgfalt auf die Auswahl und Einstellung von Personal, noch stellen sie dafür ausreichende Mittel zur Verfügung. • …technische Ausstattung des Arbeitsplatzes
• …Entscheidungskompetenzen der Mitarbeiter
(3) Technologie-Arbeitsplatz-Entsprechung Das Erstellen von hoher Dienstleistungsqualität hängt auch von der Angemessenheit der Geräte und Technologien ab, die der Mitarbeiter zur Ausführung seiner Arbeit einsetzt. Technologie und Geräte, wie etwa Computer und Diagnosegeräte, können die Leistungsfähigkeit eines Mitarbeiters im Dienstleistungsbereich erhöhen. Für die Erstellung von hoher Dienstleistungsqualität sind angemessene und zuverlässige Technologien zur Verfügung gestellt werden. Gerätepannen behindern vielfach eine adäquate Leistungserbringung des Mitarbeiters. (4) Wahrgenommene Kontrolle Die Reaktion von Individuen auf Stresssituationen hängt stark davon ab, ob sie diese Situationen kontrollieren können. Mitarbeiter in Dienstleistungsunternehmen leiden weniger unter Stress, wenn sie der Auffassung sind, Situationen an ihrem Arbeitsplatz unter Kontrolle zu haben. Weniger Stress wiederum führt zu besseren Leistungen. Wenn Mitarbeiter in Dienstleistungsunternehmen das Gefühl haben, dass sie flexibel und nicht mechanisch auf Problemsituationen bei der Erstellung von Dienstleistungen reagieren können, dann führt dieses zu erhöhter Kontrolle und verbesserten Leistungen. Die wahrgenommene Kontrolle kann von dem Ausmaß abhängen, in dem Regelungen, Verfahren und Unternehmenskultur die Flexibilität der Entscheidungen des Kontaktpersonals bei der Kundenbetreuung einschränken. Dienstleistungsunternehmen sind in der Regel intern so organisiert, dass das schnelle Erstellen von Dienstleistungen für den Mitarbeiter sehr schwierig ist. Wenn das Kon-
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
165
taktpersonal erst die Genehmigung durch andere Abteilungen im Unternehmen benötigt, bevor eine Dienstleistung erbracht werden kann, wird dadurch die Dienstleistungsqualität in Frage gestellt. Obgleich die Kontaktperson in Wahrheit bestrebt ist, Kundendienst zu leisten, kann diese Aufgabe nicht erfüllt werden, da die Erstellung dieser Dienstleistung der Genehmigung zahlreicher Unternehmensabteilungen bedarf. (5) Beaufsichtigende Kontrollsysteme In einigen Unternehmen wird die Leistung des Kontaktpersonals am jeweiligen Ergebnis gemessen (z. B. der Anzahl der in einer Stunde produzierten Einheiten, der Anzahl oder dem Wert der Verkäufe in einer Woche). In diesen Fällen wird die individuelle Leistung durch sog. Ergebnis-Kontrollsysteme aufgezeichnet und überwacht. Die Leistung basiert auf schriftlichen Geschäftsvorgängen, an denen das Ergebnis der Mitarbeiter gemessen wird. In vielen Dienstleistungsunternehmen ist jedoch das Ergebnis-Kontrollsystem möglicherweise unangebracht oder unzureichend für die Beurteilung der Leistung der Mitarbeiter bei der Erstellung von Dienstleistungsqualität. Beispielsweise wünschen sich die meisten Bankkunden Schalterangestellte, die sorgfältig und schnell arbeiten und freundlich sind. Banken, die die Leistung von Schalterangestellten ausschließlich an Output-Größen messen, wie beispielsweise an der Tagesendabrechnung, übersehen dabei wichtige Aspekte der Arbeitsleistung, die von den Kunden als Dienstleistungsqualität wahrgenommen werden. In diesen und anderen Dienstleistungssituationen kann die Leistung auch durch Verhaltens-Kontrollsysteme überwacht werden (Ouchi/McGuire 1975), die zu einem großen Teil anstatt aus Ergebnis-Messungen aus Beobachtungen oder anderen Berichten über die Arbeitsweise und das Verhalten des Mitarbeiters bestehen.
• …Kontrolle der
(6) Rollenkonflikt Die Rolle des Mitarbeiters wird definiert durch die Erwartungen und Anforderungen, die an ihn gestellt werden sowie durch den Druck, den Individuen, die ein be-
• …Interessen-
Dienstleistungsqualität
konflikte von Mitarbeitern
166
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
stimmtes Interesse an der Art seiner Leistung haben (z. B. Topmanager, direkte Vorgesetzte, Kunden), ausüben. Wenn die Erwartungen dieser Leute widersprüchlich oder zu hoch sind, wird der Mitarbeiter dadurch in einen Rollenkonflikt gedrängt, d. h., ihm wird bewusst, dass er den Anforderungen dieser Individuen nicht genügen kann. Rollenkonflikte können auch dadurch entstehen, dass Mitarbeiter damit beauftragt werden, den Kunden zusätzliche Dienstleistungen zu verkaufen; die Mitarbeiter haben dabei möglicherweise das Gefühl, den Kunden Dienstleistungen aufzudrängen und stehen damit im Spannungsfeld zwischen den Erwartungen des Unternehmens und ihrem Wunsch, den Kunden zu dienen. Die Wahrnehmung des Rollenkonfliktes ist für den Mitarbeiter psychologisch unbequem und kann negative Auswirkungen auf Zufriedenheit und Leistung des Mitarbeiters im Unternehmen haben. Ein Dienstleistungsunternehmen, das Konfliktpotenziale bei Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt erkennt, hat gute Aussichten, das Problem des Rollenkonflikts zu lösen. • …Rollenverständnis der Mitarbeiter
(7) Unklares Rollenverständnis Mangelnde Informationen zur richtigen Ausführung der Arbeitsaufgaben führt bei Mitarbeitern zu einem unklaren Rollenverständnis. Ein unklares Rollenverständnis kann zum einen entstehen, wenn sich Mitarbeiter über die Anforderungen, die Manager und andere Vorgesetzte an sie stellen, sowie über die Erfüllung dieser Anforderungen, im unklaren sind. Des Weiteren kann ein unklares Rollenverständnis entstehen, wenn die Mitarbeiter nicht wissen, wie ihre Leistungen beurteilt und honoriert werden. Die Häufigkeit, die Qualität und die Genauigkeit der Abwärts-Kommunikation beeinflussen das unklare Rollenverständnis von Mitarbeitern im Dienstleistungsbereich. Je häufiger Manager diese Themen eindeutig und klar kommunizieren, desto klarer wird das Rollenverständnis der Mitarbeiter ausfallen. GAP 4 Im Mittelpunkt von GAP 4 stehen die Unterschiede zwischen den tatsächlich erstellten Dienstleistungen und
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
167
der an den Kunden gerichteten Kommunikation hierüber. So determinieren die auf verschiedenen Kanälen über das Dienstleistungsangebot und die Dienstleistungsqualität gemachten Aussagen die Erwartungen der Kunden in besonderem Maße. Die hier zugrunde liegende Diskrepanz zwischen der generierten Erwartung und der realen Leistungserstellung wird maßgeblich von der horizontalen Kommunikation und dem ungenügenden Abwägen von Werbeaussagen bestimmt (Zeithaml et al. 1992, S. 131ff.).
• Diskrepanz
(1) Horizontale Kommunikation Unter horizontaler Kommunikation versteht man den Informationsaustausch zwischen und innerhalb von Abteilungen, der zur Verwirklichung der Unternehmensziele erforderlich ist. So erfordert die Formulierung von Werbeaussagen eine entsprechend intensive Kommunikation zwischen Werbeabteilung und Kundenkontaktpersonal, um sicherzustellen, dass das von der Werbung gezeichnete Bild in der täglichen Praxis umgesetzt werden kann. Das Ausmaß der Verärgerung des Kunden über eine unbefriedigende Dienstleistung ist erheblich größer, wenn die Unternehmenskommunikation zuvor eine andere – höhere – Erwartung hervorgerufen hat (Zeithaml et al. 1992, S. 135).
• … Intensität und
(2) Neigung zu übertriebenen Versprechungen Die Notwendigkeit des Abwägens der Werbebotschaft ist in engem Zusammenhang mit der horizontalen Kommunikation zu sehen. Unternehmen werden hinsichtlich ihrer Werbeaussagen von Kunden vielfach „beim Wort genommen“. Missverständliche Aussagen, die Interpretationsspielräume über das tatsächlich zu erwartende Niveau der Dienstleistungsqualität eröffnen, rufen bei den Nachfragern im Falle der Nichterfüllung Unverständnis bzw. Verärgerung hervor (Zeithaml et al. 1992, S. 143f.).
• …Grad der Homo-
GAP 5 GAP 5 schließlich ist die zentrale Lücke des Modells und weitgehend von den Gaps eins bis vier abhängig.
zwischen ersteller Dienstleistung und Kommunikation
• Einflussfaktoren hinsichtlich der Entstehung von GAP 4 sind…
Qualität der internen Kommunikation
genität zwischen Werbeaussagen und dem tatsächlichen Leistungsangebot
168
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
• Diskrepanz zwischen der erwarteten und der real erlebten Dienstleistung...
• ...als Basis des Qualitätsurteils aus Kundensicht
Die hier zugrunde liegende Differenz zwischen der erwarteten und der real erlebten Dienstleistung (zur Messung siehe Servqual-Ansatz in Abschnitt 3.2.1.2.1) kann durch die Minimierung der übrigen vier Gaps verringert werden und stellt den Schlüssel zu gutem Service dar, wenn die wahrgenommene Dienstleistungsqualität die Kundenerwartungen erfüllt bzw. übertrifft (Parasuraman et al. 1985, S. 46). In Abhängigkeit von der jeweiligen Dienstleistungserstellung wird sich der Nachfrager also ein Urteil hinsichtlich der Qualität der erfahrenen Leistung bilden. Dabei kann die wahrgenommene Dienstleistungsqualität die Erwartungen erreichen, nicht erreichen oder auch übertreffen. Von besonderem Interesse sind hierbei die Fälle der Über- bzw. Unterschreitung der erwarteten Dienstleistungsqualität. Während die weitgehende Entsprechung von Erwartung und Wahrnehmung zu einem zufrieden stellenden Erlebnis der Dienstleistungsqualität führen wird, ist bei einer signifikanten Verfehlung des Leistungsniveaus im positiven Sinne mit einer Attribution in Richtung Idealqualität („Ideal Quality“) zu rechnen, bei wachsender negativer Verfehlung in Richtung nicht akzeptabler Qualität („Totally Unacceptable Quality“) (Parasuraman et al. 1985, S. 48f.). Gewisse Vorbehalte gegenüber dieser gedanklichen Attribuierung sind allerdings angebracht, da keine Aussagen über das tatsächliche („absolute“) Niveau der Dienstleistungsqualität möglich sind. So wird sehr wahrscheinlich eine Nichterreichung der erwarteten Dienstleistungsqualität in Abhängigkeit vom (subjektiv) absoluten Qualitätsniveau verschieden bewertet (Hentschel 2000). 5.1.2 Variationen des GAP-Modells
• Typen von GAP-Modellen...
Das GAP-Modell hat nicht nur eine breite Anwendung und Diskussion in der Unternehmenspraxis erfahren, auch in der Wissenschaft erfolgte eine intensive Auseinandersetzung mit dem Modell. Eine Folge aus dieser Auseinandersetzung sind verschiedene Variationen des GAP-Modells, die das Modell für spezifische Kontexte
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
konkretisieren. Im Einzelnen zählen dazu die folgenden Variationen:
169
• ...in spezifischen Kontexten
(1) GAP-Modell bei direktem Mitarbeiter-Kunde-Kontakt (2) GAP-Modell bei mehrstufigen Dienstleistungskontakten (3) GAP-Modell für interne Dienstleistungen (1) GAP-Modell bei direktem Mitarbeiter-KundeKontakt Der direkte Mitarbeiter-Kunde-Kontakt ist ein wesentliches Merkmal von Dienstleistungen. Damit betrifft diese Variation des GAP-Modells keinen Sonderfall, sondern den typischen Fall einer Dienstleistung. Allerdings ist im klassischen GAP-Modell von Parasuraman et al. dieser direkte Kontakt nur implizit berücksichtigt, indem bei den Ursachen für die vier internen Gaps verschiedene mitarbeiterbezogene Einflussfaktoren der Gaps und damit der Dienstleistungsqualität identifiziert werden. Eine wesentliche Funktion des Kundenkontaktmitarbeiters ist nicht nur in der Dienstleistungserstellung, sondern auch in seiner Rolle als „Marktforscher“ zu sehen, indem er den direkten Kundenkontakt nutzt, um Informationen über den Kunden zu sammeln. Dabei stehen vor dem Hintergrund des GAP-Modells und der Dienstleistungsqualität vor allem Informationen über die Kundenerwartungen im Mittelpunkt. Eine entsprechende Erweiterung des GAP-Modells zeigt Schaubild 5-3. Hier ist die Wahrnehmung der Kundenerwartungen durch die Mitarbeiter zusätzlich zu den vom Management wahrgenommenen Kundenerwartungen ergänzt. Damit entstehen zwei zusätzliche Gaps:
• Direkter MitarbeiterKunde-Kontakt
• Erweiterung des GAP-Modells durch die Wahrnehmungslücken... • ..zwischen erwar-
5 GAP 6 als die Lücke zwischen der erwarteten Dienst-
leistung und den vom Mitarbeiter wahrgenommenen Kundenerwartungen: Dieses Gap führt zur Identifizierung weiterer Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität, indem die Marktforschungsfunktion der Mitarbeiter differenzierter analysiert wird.
teter Dienstleistungsqualität und von Mitarbeitern wahrgenommenen Kundenerwartungen
170
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
Mund-zu-Mund Kommunikation
Individuelle Bedürfnisse
Erfahrungen in der Vergangenheit
Erwartete Dienstleistung GAP 5 Wahrgenommene Qualität
GAP 6 Kunde Dienstleister
Dienstleistungserstellung
Kundengerichtete Kommunikation GAP 4
GAP 1
GAP 3
Mitarbeiterwahrnehmung der Kundenerwartungen
Umsetzung der wahrgenommenen Kundenerwartungen in Spezifikationen der Distributionsqualität
GAP 2 GAP 7 Kundenerwartungen in der Wahrnehmung des Managements Quelle: Luk/Layton 2002, S. 113
Schaubild 5-3: GAP-Modell bei direktem Mitarbeiter-Kunde-Kontakt
• ...zwischen von Mitarbeitern und Management wahrgenommenen Kundenerwartungen
5 GAP 7 als die Lücke zwischen den vom Mitarbeiter
und den vom Management wahrgenommenen Kundenerwartungen: Die Einflussfaktoren dieses Gaps betreffen vor allem die interne Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Management.
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
(2) GAP-Modell bei mehrstufigen Dienstleistungskontakten Im Bereich der dienstleistungsbezogenen Qualitätsforschung geht man i. d. R. von einer direkten Beziehungsstruktur der Interaktionspartner aus. Gegenstand der Untersuchungen sind beispielsweise die Beziehungen zwischen Kunde und Dienstleistungsunternehmen oder zwischen Händler/Vermittler und Dienstleistungsunternehmen (Koelemeijer 1995; Dabhokar et al. 1996; Boshoff/Terblance 1997; Stanforth/Lennon 1997). Die Beziehungen dieser Interaktionspartner werden in Forschungsarbeiten zumeist separat, d. h. unabhängig voneinander betrachtet. Dabei wird übersehen, dass es in verschiedenen Dienstleistungsbereichen, wie beispielsweise im Versicherungsbereich, sowohl direkte Beziehungen des Dienstleistungsanbieters zum Endkunden als auch indirekte Kundenbeziehungen durch die Einschaltung einer Vermittlerebene gibt. Somit besteht parallel ein direkter wie auch indirekter Kundenkontakt und damit eine triadische Beziehungsstruktur zwischen Endkunde, Vermittler und Dienstleistungsanbieter (Murmann 1999). Direkter und indirekter Kundenkontakt können als Leistungsbündel eines Unternehmens angesehen werden. Das Unternehmen hat zum einen direkten Kontakt zu den Endkunden, zum anderen ist in die Beziehung ein Mittler (z. B. ein Makler) geschaltet, so dass auch eine indirekte Beziehung zum Endkunden besteht (Murmann 1999). Diese triadischen Beziehungsstrukturen bestehen über den Versicherungsbereich hinaus beispielsweise auch in den Branchen Bausparkassen, Gesundheitswesen, Verkehr und Tourismus, Computertechnologie sowie Personalvermittlungen. Eine besondere Problematik liegt hierbei in der Qualitätswahrnehmung der Endkunden. Es ist eine zentrale Frage, ob der Endkunde Anbieter und Vermittler gesamthaft wahrnimmt und ein einheitliches Qualitätsurteil fällt oder aber separate und ggf. unterschiedliche Qualitätseinschätzungen vornimmt. Diese Alternativen der Qualitätsurteilsbildung können unterschiedliche Auswirkungen auf das Verhalten des Endkunden haben (Zeithaml et al. 1996).
171
• Mehrstufige Dienstleistungskontakte, d.h. direkte …
• …versus indirekte Kundenkontakte
• Triadische Beziehungsstrukturen
172
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
• Bestimmung der Dienstleistungsqualität in triadischen Beziehungsstrukturen
Die Bestimmung der Dienstleistungsqualität in einer triadischen Beziehungsstruktur erfolgt in den unterschiedlichen Dienstleistungsinteraktionen zwischen Kunde, Vermittler und Dienstleistungsanbieter (Weatherly/Tansik 1993; Kellog/Chase 1995; Collier 1996). Dienstleistungsinteraktionen können – in Abhängigkeit von den verschiedenen Marktteilnehmern – in interne und externe Interaktionen unterschieden werden. Zum einen bestehen externe Dienstleistungsinteraktionen zwischen 5 Kunde und Vermittler, 5 Kunde und Dienstleistungsanbieter, 5 Vermittler und Dienstleistungsanbieter.
• Interdependenzen in triadischen Beziehungsstrukturen
Zum anderen finden interne Dienstleistungsinteraktionen sowohl auf der Ebene des Vermittlers als auch auf der Dienstleistungsanbieterebene statt (vgl. auch Grund 1998, S. 78ff.). Mit dem in Schaubild 5-4 dargestellten Modell zur Dienstleistungsqualität werden die externen und internen Dienstleistungsinteraktionen zwischen Kunde, Vermittler und Dienstleistungsanbieter umfassend abgebildet (vgl. Murmann 1999). In Analogie zum GAP-Modell von Parasuraman, Zeithaml und Berry (1985, 1988) wird der Dienstleistungsprozess idealtypisch durch die Variablen „erwartete Leistung“, „Wahrnehmung der Erwartungen“, „Dienstleistungsspezifikation“, „Dienstleistungserstellung“, „externe Dienstleistungskommunikation“ und „wahrgenommene Leistung“ abgebildet. Kunde, Vermittler und Dienstleistungsanbieter beurteilen die Qualität einer in den unterschiedlichen Dienstleistungsinteraktionen in Anspruch genommenen Leistung anhand des Vergleichs der erwarteten Leistung mit der wahrgenommenen Leistung: Der Kunde bildet ein Qualitätsurteil hinsichtlich der Vermittlerleistungen sowie ein weiteres Qualitätsurteil bezüglich der Dienstleistungsanbieterleistungen an ihn; der Vermittler bewertet die Qualität der Dienstleistungsanbieterleistungen an ihn, und der Dienstleistungsanbieter bildet ein Qualitätsurteil hinsichtlich der Vermittlerleistungen an ihn.
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
173
Kunde
Erwartete Leistung Qualitätsurteil Wahrgenommene Leistung
Dienstleistungserstellung
Externe Dienstleistungskommunikation
Vermittler
Dienstleistungsspezifikation
Wahrnehmung der Erwartungen
Erwartete Leistung Qualitätsurteil Wahrgenommene Leistung
Dienstleistungsanbieter
Dienstleistungserstellung
Externe Dienstleistungskommunikation
Dienstleistungsspezifikation
Wahrnehmung der Erwartungen
Erwartete Leistung
Kunde-Vermittler-Interaktion Kunde-Dienstleistungsanbieter-Interaktion
Qualitätsurteil
Vermittler-Dienstleistungsanbieter-Interaktion Dienstleistungsanbieter-Vermittler-Interaktion
Wahrgenommene Leistung
Vermittlerinterne Interaktionen Dienstleistungsanbieterinterne Interaktionen
Quelle: Murmann 1999, S. 77
Schaubild 5-4: Modell der Dienstleistungsqualität bei direktem und indirektem Kundenkontakt des Dienstleistungsanbieters
174
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
• Interdependenzen… • …der Kundenwahrnehmungen
• …der Kundeninteraktionen
• ...der Qualitätsurteile
Des Weiteren bewerten Vermittler und Dienstleistungsanbieter jeweils auch die eigenen Leistungen an die unterschiedlichen Interaktionspartner und bilden ein Eigenbild durch den Vergleich der Erwartungen an die eigenen Leistungen mit der Wahrnehmung der eigenen Leistungen. Darüber hinaus bestehen als Besonderheit der triadischen Beziehungsstruktur auch sog. Drittbilder: Der Dienstleistungsanbieter beurteilt die Dienstleistungsqualität der Vermittlerleistungen an den Kunden, und der Vermittler bewertet die Qualität der Dienstleistungsanbieterleistungen an den Kunden. Innerhalb der Beziehungstriade bestehen folgende Interdependenzen: 5 Interdependenz der Kundenwahrnehmungen: So wird
das Qualitätsurteil des Kunden hinsichtlich der Vermittlerleistungen davon beeinflusst, wie der Kunde die Qualität der Leistungen des Dienstleistungsanbieters beurteilt. Umgekehrt wird das Qualitätsurteil des Kunden hinsichtlich der Leistungen des Dienstleistungsanbieters davon beeinflusst, wie der Kunde die Qualität der Vermittlerleistungen beurteilt. 5 Interdependenz der Kundeninteraktionen mit den Interaktionen zwischen Vermittler und Dienstleistungsanbieter: Das Qualitätsurteil des Kunden über die Leistungen des Dienstleistungsanbieters wird beeinflusst von den Leistungen des Vermittlers an den Dienstleistungsanbieter – also dem Qualitätsurteil des Dienstleistungsanbieters hinsichtlich der Leistungen des Vermittlers an den Dienstleistungsabieter. Auf der anderen Seite wird das Qualitätsurteil des Kunden über die Leistungen des Vermittlers beeinflusst von den Leistungen des Dienstleistungsanbieters an den Vermittler – also dem Qualitätsurteil des Vermittlers hinsichtlich der Leistungen des Dienstleistungsanbieters an den Vermittler. 5 Interdependenz der Qualitätsurteile in den unmittelbaren Interaktionen zwischen Vermittler und Dienstleistungsanbieter mit den Drittbildern hinsichtlich der mittelbaren Kundeninteraktionen: Z. B. ist das Drittbild des Vermittlers hinsichtlich der Dienstlei-
5.1 GAP-Modell der Dienstleistungsqualität
175
stungsanbieterleistung an den Kunden abhängig von dem Qualitätsurteil des Vermittlers hinsichtlich der Dienstleistungsanbieterleistungen an ihn. Empirische Untersuchungen zeigen deutliche Gaps zwischen Qualitätsurteilen, Eigenbild und Fremdbild bei direkten und indirekten Kundenkontaktstrukturen (vgl. Schaubild 5-4), die sich aus den aufgezeigten Interdependenzen ergeben und zu Qualitätsmängeln führen. Die Sicherstellung der Dienstleistungsqualität in triadischen Beziehungsstrukturen erfordert aufgrund der Parallelität der Interaktionen zwischen Kunde, Dienstleistungsanbieter und Vermittler eine interdependente Ausrichtung des Qualitätsmanagementsystems, d. h., neben der Gestaltung kunden- und mitarbeiterbezogener Bausteine des Qualitätsmanagementsystems ist es notwendig, vermittlerbezogene Elemente zu integrieren (vgl. Murmann 1999). (3) GAP-Modell für interne Dienstleistungen In vielen Dienstleistungsbranchen sind an der Dienstleistungserstellung sowohl direkt Kundenkontaktmitarbeiter als auch indirekt unterstützende Mitarbeiter beteiligt. Im Bankenbereich werden die beiden Gruppen von Mitarbeitern häufig als „Front office“ und „Back office“ bezeichnet. Auch wird das Begriffspaar „Front line staff“ und „Support staff“ verwendet. In jedem Fall besteht zwischen den Kundenkontaktmitarbeitern und den unterstützenden Mitarbeitern ein interner Leistungsaustausch, die unterstützenden Mitarbeiter können als „interne Dienstleister“ bezeichnet werden, während das Kundenkontaktpersonal „interne Kunden“ darstellen. Ausgehend von dieser Unterscheidung kann das GAP-Modell dahingehend differenziert werden, dass es auf diese interne Austauschbeziehung angewandt wird (vgl. Schaubild 5-5). Angelehnt an die Gap-Bezeichnungen beim klassischen Gap-Modell werden dabei drei interne Gaps differenziert (vgl. Frost/Kumar 2000):
• Bei internen Dienstleistungen...
• ...bestehen Lücken in internen Austauschbeziehungen
176
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
Kundenkontaktmitarbeiter Erwartete Dienstleistung
Internes GAP 5 Wahrgenommene Dienstleistung
Support-Mitarbeiter Dienstleistungserstellung
Internes GAP 1 Internes GAP 3 Wahrnehmung der Support-Mitarbeiter bezüglich der Erwartungen der Kundenkontaktmitarbeiter
Übertragung von Vorstellungen in Dienstleistungsqualitätsspezifikationen
Quelle: Frost/Kumar 2000, S. 366
Schaubild 5-5: GAP-Modell bei internen Dienstleistungen
(a) Internes GAP 1 als die Lücke zwischen den Erwartungen der Kundenkontaktmitarbeiter an die internen Dienstleister und deren Wahrnehmung in Bezug auf diese Erwartungen, (b) Internes GAP 3 als die Lücke zwischen den vom internen Dienstleister übersetzten Kundenerwartungen und der internen Leistungserstellung, (c) Internes GAP 5 als die interne Dienstleistungsqualität und damit die Diskrepanz zwischen der vom Kundenkontaktpersonal erwarteten Dienstleistung und der vom internen Dienstleister gelieferten Dienstleistung. Eine Betrachtung der internen Qualitäts-Gaps ermöglicht die Identifizierung weiter differenzierter Einflussfaktoren der Dienstleistungsqualität, da auf diese Weise den komplexen (internen) Prozessen der Dienstleistungserstellung Rechnung getragen wird. Eine Behebung der aufgeführten internen Gaps kann somit hel-
5.2 Dienstleistungsqualitätsmodell von Grönroos
177
fen, eine Potenzierung von Qualitätsproblemen zu vermeiden und damit eine hohe Dienstleistungsqualität intern vorzubereiten.
5.2 Dienstleistungsqualitätsmodell von Grönroos In dem Dienstleistungsqualitätsmodell von Grönroos stellt die wahrgenommene Qualität das Ergebnis des Vergleiches zwischen der erwarteten und der erfahrenen Qualität dar (Grönroos 1990, S. 37ff.; vgl. Schaubild 5-6). Eine hohe wahrgenommene Qualität entsteht, wenn die erfahrene Qualität die erwartete Qualität übertrifft. Wenn die erwartete Qualität beim Konsumenten unrealistisch hoch ist, kann demnach – trotz einer guten erfahrenen Qualität – eine geringe wahrgenommene Qualität resultieren. Die erwartete Qualität ist nach Grönroos eine Funktion einer Reihe von verschiedenen Faktoren. Zu den wichtigsten zählen die Marktkommunikation des Anbieters, das Image, die Mund-zu-Mund-Kommunikation und die Kundenbedürfnisse. Während die Marktkommunikation direkt vom Anbieter kontrollierbar ist, sind das Image und die Mund-zu-Mund-Kommunikation nur indirekt durch die vergangene Leistung des Anbieters – unterstützt z. B. durch Werbung – beeinflussbar.
Erwartete Qualität
Wahrgenommene Qualität
• Differenzierung nach erwarteter und erfahrener Qualität sowie...
Erfahrene Qualität
Image •Marktkommunikation •Image •Mund-zu-MundKommunikation •Kundenbedürfnisse
Technische Qualität (Was?)
Funktionale Qualität (Wie?)
Quelle: Grönroos 1990, S. 41
Schaubild 5-6: Dienstleistungsqualitätsmodell nach Grönroos
178
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
• ...nach technischer Qualität...
• ...und funktionaler Qualität
Die erfahrene Qualität differenziert Grönroos in eine technische und eine funktionale Qualität. Die technische Qualität (Was?) umfasst dabei das Leistungsergebnis, das durch den Leistungserstellungsprozess im Rahmen der Anbieter-Kunde-Interaktion entsteht. Dieser Qualitätsdimension wird eine objektive Messbarkeit unterstellt. So sind das funktionstüchtige Auto nach einer Reparatur, das Diplom am Ende eines Studiums oder das Aktiendepot nach einem Beratungsgespräch bei einer Bank relativ objektiv beurteilbare Dienstleistungsergebnisse. Für die erfahrene Qualität ist darüber hinaus entscheidend, in welcher Weise dieses Ergebnis zustande gekommen ist. Diese Aspekte fasst Grönroos unter der funktionalen Qualität (Wie?) zusammen. So ist die funktionale Qualität beispielsweise von der Erscheinung und Freundlichkeit des Personals, atmosphärischen Einflussgrößen oder auch der Erreichbarkeit des Dienstleistungsanbieters abhängig und unterliegt einer im Vergleich zur technischen Qualität eher subjektiven Wahrnehmung des Konsumenten. Im Hinblick auf das Gesamturteil der erfahrenen Qualität ist Grönroos zufolge die funktionale Qualität von höherer Bedeutung. Eine außerordentlich gute funktionelle Qualität kann unter Umständen sogar Defizite in der technischen Qualität ausgleichen. Neben den beiden Qualitätsdimensionen beeinflusst das Image die erfahrene Qualität in unterschiedlicher Weise. So kann ein gutes Image dazu führen, dass der Konsument dem Anbieter kleinere Fehler „verzeiht”. Wenn Fehler häufiger unterlaufen, wird das Image jedoch beschädigt werden. Ein schlechtes Image kann dazu führen, dass bereits kleinere Fehler vom Kunden als schwerwiegend betrachtet werden. Das Image wirkt in diesem Sinne als Filter, der die technische und funktionelle Qualität entweder verstärkt oder abschwächt.
5.3 Dienstleistungsqualitätsmodell von Meyer und Mattmüller
179
5.3 Dienstleistungsqualitätsmodell von Meyer und Mattmüller Meyer und Mattmüller nehmen eine Erweiterung der Qualitätsdimensionen von Donabedian vor und verbinden diese mit dem Modell von Grönroos (vgl. auch im Folgenden Meyer/Mattmüller 1987). Die Differenzierung wird jeweils darauf bezogen, was ein Dienstleistungsnachfrager wie erhält bzw.was ein Dienstleistungsanbieter wie zu leisten vermag (vgl. Schaubild 5-7). Bei der Potenzialqualität wird in Bezug auf den Anbieter zwischen Spezifizierungs- und Kontaktpotenzialen und hinsichtlich des Nachfragers zwischen Integrations- und Interaktivitätspotenzialen unterschieden. Die Integrationsdimension betrifft die Grundeinstellungen des Kunden hinsichtlich seiner allgemeinen physischen, geistigen und gefühlsmäßigen Bereitschaft und Fähigkeit, sich in den Dienstleistungsprozess einzubringen. Im Interaktivitätspotenzial werden die möglichen Wirkungszusammenhänge der interaktiven Kontakte zwischen verschiedenen Kunden auf die Dienstleistungsqualität berücksichtigt. In die Prozessqualität fließen die eingebrachten Potenziale des Anbieters und Nachfragers interaktiv zusammen und können als jeweilig spezifisches Prozessverhalten beschrieben werden. Bei der Ergebnisqualität ist das prozessuale Resultat dieses Zusammentreffens als eine zeitpunktorientierte Ergebnisbeobachtung und die Folgequalität als eine zeitraumorientierte Betrachtung feststellbar. Das „Wie“ der Folgequalität entzieht sich dabei einer direkten Einflussnahme des Dienstleistungsanbieters. Die Dienstleistungsqualität ist nach Meyer/Mattmüller von dem Verhältnis der Prozess- gegenüber der Ergebnisdimension abhängig. Dabei wird eine kausale Beziehung zwischen den Partialqualitäten unterstellt. Das Modell verdeutlicht insbesondere, dass personelle und interpersonelle Kontakte zwischen Mitarbeitern und Kunden als Elemente der Potenzialqualitäten eine besondere Rolle spielen.
• Dienstleistungsqualitätsmodell…
• … mit verschiedenen Qualitätsdimensionen
Kontaktpotenziale (Dimension II)
was/ wie
Spezifizierungspotenziale (Dimension I)
Potenzialqualität des Anbieters
Ergebnisqualität
was/ wie
Folgequalität
Prozessuales Endergebnis
was/ wie
Prozess- Prozessverhalten der verhalten der Dimension II Dimension IV
was/ wie
Prozess- Prozessverhalten der verhalten der Dimension I Dimension III
Prozessqualität
Interaktivitätspotenziale (Dimension IV)
was/ wie
Integrationspotenziale (Dimension III)
Potenzialqualität der Nachfrager
180 5 Modelle der Dienstleistungsqualität
Quelle: Meyer/Mattmüller 1987, S. 191
Schaubild 5-7: Dienstleistungsqualitätsmodell nach Meyer/Mattmüller
Kritisch anzumerken ist, dass es sich bei dem Modell von Meyer/Mattmüller – wie auch bei Grönroos – um ein konzeptionelles Modell handelt, das keiner empirischen Überprüfung unterzogen worden ist.
181
5.4 Dynamisches Prozessmodell von Boulding et al.
5.4 Dynamisches Prozessmodell von Boulding et al. Das dynamische Prozessmodell der Servicequalität von Boulding et al. basiert auf der Annahme, dass sich die Erwartungen und Wahrnehmungen eines Kunden hinsichtlich der Dienstleistungsqualität im Zeitablauf verändern und unterschiedliche Verhaltensmuster gegenüber der Dienstleistungsunternehmung verursachen können (vgl. auch im Folgenden Boulding et al. 1993; Boulding/Staelin 1993). Die wahrgenommene Dienst-
• Dynamisches Prozessmodell • Determinanten der Dienstleistungsqualität
Verhaltensabsicht zum Zeitpunkt 2
Verhaltensabsicht zum Zeitpunkt 1 +
+ Gesamtqualität zum Zeitpunkt 2
Gesamtqualität zum Zeitpunkt 1 +
+
Wahrgenommene Leistung zum Zeitpunkt 1
Wahrgenommene Leistung zum Zeitpunkt 2
+
+
+
+ – Gelieferte Leistung zum Zeitpunkt 1
–
Gelieferte Leistung zum Zeitpunkt 2 +
Wird-Erwartung zum Zeitpunkt 0
+
Wird-Erwartung zum Zeitpunkt 1
+
+
Soll-Erwartung zum Zeitpunkt 0
+
Wird-Erwartung zum Zeitpunkt 2
etc.
Soll-Erwartung zum Zeitpunkt 2
etc.
+
Soll-Erwartung zum Zeitpunkt 1
+
Quelle: Boulding et al. 1993, S. 12
Schaubild 5-8: Dynamisches Prozessmodell nach Boulding et al.
182
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
leistungsqualität eines Kunden wird vor allem von drei Faktoren beeinflusst (vgl. Schaubild 5-8): 5 Die Wird-Erwartungen geben an, welches Leistungs-
• Unterscheidung von Wird- und SollErwartungen
• Zusammenhang zwischen Qualität und Kaufverhalten
• Entstehung der Wird- und SollErwartungen
niveau der Kunde bei dem betrachteten Anbieter vor der Inanspruchnahme der Leistung für wahrscheinlich hält („Was wird passieren?“). 5 Die Soll-Erwartungen über die Dienstleistungsqualität entsprechen den Vorstellungen des Kunden hinsichtlich eines angemessenen, vom Dienstleistungsanbieter u. U. versprochenen Services („Was sollte passieren?“) – im Gegensatz zu den so genannten Idealvorstellungen über die Dienstleistungsqualität. 5 Die gerade gelieferte Leistung während des Dienstleistungsprozesses bzw. während des Kontaktes mit dem Unternehmen. Bereits vor Beginn des Dienstleistungsprozesses hat der Kunde konkrete Wird- und Soll-Erwartungen hinsichtlich jeder Dimension der Dienstleistungsqualität. Diese ursprünglichen Erwartungen und der dann gelieferte Service führen zu einer bestimmten kumulierten Wahrnehmung der Dimensionen der Dienstleistungsqualität. Die Addition dieser wahrgenommenen Qualitätsdimensionen, die sich auf die Dimensionen des GAP-Modells beziehen, ergibt ein globales Qualitätsurteil über die Servicequalität der Unternehmung. Dieses Urteil veranlasst den Kunden zu einem bestimmten Verhaltensmuster, wie z. B. zur Loyalität gegenüber der Unternehmung. Die Wird- und Soll-Erwartungen des Kunden hinsichtlich der Dienstleistungsqualität sind also wesentliche Determinanten für seine Qualitätswahrnehmung. Es wird angenommen, dass der Kunde seine Erwartungen im Zeitablauf revidiert oder bestätigt sieht. Einflussfaktoren der Erwartungen sind in diesem Modell die Erfahrungen aus vergangenen Leistungstransaktionen, relevante Informationen über die Dienstleistung aus externen Kommunikationsquellen, wie z. B. der Kommunikation mit anderen Dienstleistungskunden, und die Erwartungen der vorangegangenen Periode. Durch die Annahme, dass jeder Kunde über unterschied-
5.4 Dynamisches Prozessmodell von Boulding et al.
liche Erwartungen in Bezug auf die Servicequalität verfügt, ist das Modell in der Lage, eine Begründung für unterschiedliche Wahrnehmungen von ein und derselben Dienstleistungsqualität aus Sicht verschiedener Kunden zu liefern. Darüber hinaus beinhaltet dieses dynamische Modell konkrete Implikationen für das Qualitätsmanagement eines Dienstleistungsunternehmens. Während das oben vorgestellte GAP-Modell indirekt impliziert, das Management könne die wahrgenommene Dienstleistungsqualität steigern, indem entweder die Erwartungen des Kunden gesenkt werden oder die betrachtete Leistung verbessert wird, trennt dieses Modell zwischen Wird- und Soll-Erwartungen und stellt das Management konkret vor die Aufgabe, diejenigen Erwartungen zu erhöhen, die die wahrgenommene Dienstleistungsqualität positiv beeinflussen und damit den Kunden zu einer den Zielen des Dienstleistungsunternehmens entsprechenden Handlung beeinflussen (z. B. wiederholte Inanspruchnahme der Leistung). Das Management steht also vor der Aufgabe, sich im Rahmen des Qualitätsmanagements mit einem spezifischen Management der Kundenerwartungen auseinander zu setzen, um ihre Möglichkeiten der Steuerung von Kundenerwartungen auszunutzen. In Labor- und Feldexperimenten ergaben sich beim Test des Modells von Boulding et al. die folgenden Resultate:
183
• Implikationen für das Qualitätsmanagement
• Empirische Überprüfung des Modells
5 Je höher die Wird-Erwartungen des Kunden sind, de-
sto besser wird von ihm auch die wahrgenommene Dienstleistungsqualität eingeschätzt. 5 Je höher die Soll-Erwartungen des Kunden sind, desto schwächer schätzt er die wahrgenommene Dienstleistungsqualität ein. Die Aufgabe des Managements liegt daher insbesondere darin, zu versuchen, zum einen die Wird-Erwartungen zu steigern und die Soll-Erwartungen des Kunden zu senken oder zumindest konstant zu halten. Das Modell liefert hierfür jedoch, im Gegensatz zum GAP-
• Steuerung der Erwartungen
184
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
Modell, keine konkreten Umsetzungsstrategien für das Management.
5.5. Beziehungsqualitäts-Modell von Liljander/Strandvik • Beziehungsqualitäts-Modell
• Prozessorientierung und Berücksichtigung des KundenDienstleisterKontaktes
• Ebenen dieses Kontaktes sind… • …die Episode und…
Das Beziehungsqualitäts-Modell, das ebenfalls auf dynamische Aspekte des Dienstleistungserstellungsprozesses Bezug nimmt, wurde von Liljander/Strandvik erarbeitet (vgl. auch im Folgenden Liljander/Strandvik 1995, S. 141ff.). Anders als Boulding et al. versuchen Liljander/Strandvik nicht, ein originär statisches Qualitätsmodell zu dynamisieren, sondern ziehen zahlreiche Konstrukte in ihre Betrachtung ein, die im Zusammenhang zu der Prozessorientierung und der Bedeutung der Kunden-Dienstleister-Beziehung stehen. Ausgangspunkt ihres Modells ist die Annahme, dass eine positive Dienstleistungsqualität und Kundenzufriedenheit zu einer höheren Kundenbindung führen und somit eine bedeutende Determinante für den Unternehmenserfolg darstellen. Sie sehen Dienstleistungsqualität aus einer „externen“ und Zufriedenheit aus einer „internen“ Perspektive, d. h., dass (Un-)Zufriedenheit nur aufgrund eines Dienstleister-Kunden-Kontaktes entstehen kann, während die Beurteilung der Qualität auch möglich ist, ohne dass der Kunde die Leistung in Anspruch genommen hat. Dabei hängt die Zufriedenheit für Liljander/ Strandvik stärker mit dem Kundenverhalten zusammen als die Qualitätsbeurteilung, letztere ist jedoch eine Determinante der Zufriedenheit. Liljander/Strandvik unterscheiden zwei Ebenen des Kontaktes eines Dienstleisters zu seinen Kunden: Episoden und die Beziehung. Eine Episode wird als ein Ereignis der Interaktion zwischen Kunde und Dienstleister mit eindeutig definierten Start- und Endpunkten verstanden. Sie repräsentiert den vollständigen Akt der Leistungserstellung und kann aus mehreren Transaktionen bestehen. Eine Episode ist gekennzeichnet durch einen finanziellen und sozialen Austausch sowie einen Austausch einer Leistung und von Informationen.
5.5 Beziehungsqualitäts-Modell von Liljander und Strandvik
Eine Beziehung setzt sich generell aus mindestens zwei Episoden zusammen. Je nach Kontinuität und Häufigkeit der Inanspruchnahme der betrachteten Leistung kann eine Beziehung unterschiedlich ausgestaltet sein. Bei kontinuierlich in Anspruch genommenen Leistungen stellt die erste Episode meist den Beginn einer Beziehung dar, während bei wenig kontinuierlich und selten in Anspruch genommenen Leistungen die zweite Episode eine notwendige, jedoch keinesfalls hinreichende Bedingung für den Beginn einer Beziehung darstellt. Aufbauend auf diesen Überlegungen unterstellen die Autoren ein Modell der Beziehungsqualität, das in Schaubild 5-9 wiedergegeben ist. Ausgehend vom (Dis-)Confirmation-Paradigma wird angenommen, dass der Kunde auf beiden Ebenen des Kontaktes die jeweilige Performance an einem Vergleichsstandard misst. Unter Gewährung einer gewissen Toleranzzone nimmt er so eine bestimmte Qualität wahr. Diese wird dem jeweiligen „Opfer“ des Kunden gegenübergestellt, wodurch sich (Un-)Zufriedenheit ergibt. Die resultierende Beziehungsqualität ist eine wichtige Determinante des Kundenverhaltens, das durch die Konstrukte Commitment und Loyalität ausgedrückt wird. In engem Zusammenhang zum Verhalten stehen sog. Bonds (Bindungen) zum Unternehmen. Dabei können solche Bonds bestehen, die als Austrittsbarrieren interpretiert werden können und damit vom Kunden negativ wahrgenommen werden sowie außerdem vom Dienstleister kaum steuerbar sind (z. B. legale, ökonomische, technologische, geographische oder zeitliche Bindungen). Zu einer zweiten Gruppe gehören Wissens-, soziale, kulturelle, ideologische und psychologische Bindungen. Bei der Betrachtung des Commitments ist sowohl dasjenige des Kunden als auch dasjenige des Leistungserstellers zur Beziehung zu betrachten. Commitment wird verstanden als die Haltung einer Person gegenüber der Interaktion und daraus abgeleitete Handlungsintentionen. Geht man davon aus, dass sowohl der Kunde als auch der Dienstleister ein positives, negatives oder indifferentes Commitment gegenüber der Beziehung auf-
185
• …die Beziehung
• Berücksichtigung der Konstrukte Beziehungsqualität, Commitment, Loyalität und Bonds
• Aus der Kombination des Commitments des Kunden und des Dienstleisters ergeben sich…
186
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
BeziehungsPerformance
Vergleichsstandard
Disconfirmation
Toleranzzone
Beziehungswert Beziehungsqualität
Beziehungsopfer
Beziehungszufriedenheit
Verhalten • Loyalität • Commitment
Bindungen
EpisodenPerformance
Vergleichsstandard
Disconfirmation
Toleranzzone
Episodenwert Episodenqualität
Episodenopfer
Episodenzufriedenheit Quelle: Liljander/Strandvik 1995, S. 143
Schaubild 5-9: Beziehungsqualitäts-Modell von Liljander/Strandvik
5.5 Beziehungsqualitäts-Modell von Liljander und Strandvik
187
Commitment des Kunden
positiv
Geschätzte Beziehungen
indifferent
negativ
Indifferente Beziehungen
Erzwungene Beziehungen
positiv indifferent negativ
positiv indifferent negativ
positiv indifferent negativ
Commitment des Unternehmens
Commitment des Unternehmens
Commitment des Unternehmens
Quelle: Liljander/Strandvik 1995, S. 155
Schaubild 5-10: Beziehungstypen zwischen Kunde und Dienstleister nach Liljander/Strandvik
weisen können, ergeben sich neun Commitment-Konstellationen, die zu unterschiedlichen Beziehungstypen zwischen Kunde und Dienstleister aus Kundensicht führen und in Schaubild 5-10 wiedergegeben sind. Geschätzte Beziehungen zeichnen sich durch ein hohes Commitment des Kunden aus. Je nach Stärke des Commitments des Dienstleisters kann entweder gegenseitiges Commitment vorliegen oder der Kunde wird trotz seines hohen Commitments vom Unternehmen wie alle anderen aktuellen und potenziellen Kunden bzw. sogar ablehnend behandelt. Letzteres kann z. B. der Fall sein, wenn eine Bank einen unprofitablen Kunden eigentlich nicht mehr bedienen möchte, aufgrund gesetzlicher Bestimmungen jedoch dazu verpflichtet ist. Indifferente Beziehungen sind dadurch gekennzeichnet, dass der Kunde weder ein positives noch ein negatives Commitment gegenüber der Beziehung zum Unternehmen hat. Dies bedeutet, dass er ein geringes Leistungs-
• …geschätzte Beziehungen
• …indifferente Beziehungen
188
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
• …erzwungene Beziehungen
• Implikationen für die Praxis
involvement aufweist, kaum Unterschiede zwischen den Angeboten unterschiedlicher Dienstleister wahrnimmt und sich nicht fest an das Unternehmen gebunden fühlt. Dies ist häufig der Fall, wenn der Kunde lediglich aus Gewohnheit die Leistung eines bestimmten Unternehmens in Anspruch nimmt. Dem indifferenten Commitment des Kunden können ein positives, ebenfalls indifferentes oder negatives Commitment des Unternehmens gegenüberstehen. Weist der Kunde ein negatives Commitment gegenüber der Beziehung zum Dienstleister auf, spricht man von erzwungenen Beziehungen. Diese können in formalen Bindungen oder dem Mangel an Alternativen begründet sein. Auch hier kann der Dienstleister großes, kein bestimmtes oder gar kein Interesse an der Beziehung haben. Das Modell liefert einige Implikationen für die Dienstleistungspraxis. Erstens ist es notwendig, dass der Dienstleister eine Beziehung aus Kundensicht definiert. Das bedeutet, dass sich der Kunde selbst beim Einsatz von Database Marketing nicht unbedingt in einer engen Beziehung zum Dienstleister zu fühlen hat. Zweitens ist es wichtig, die Beziehung zu profitablen Kunden zu stärken, wozu das Wissen um die Bestimmungsgründe des Commitments des Kunden unerlässlich ist. Schließlich wird die Bedeutung der Relevanz einzelner Transaktionen im Rahmen einer Episode sowie bestimmter Episoden einer Beziehung deutlich.
5.6 Qualitatives Zufriedenheitsmodell von Stauss/Neuhaus • Das Qualitative Zufriedenheitsmodell basiert auf Zweifeln am Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Loyalität…
Im Rahmen der Entwicklung eines qualitativen Zufriedenheitsmodells weist Stauss auf Zweifel an der Grundannahme hin, dass eine hohe Zufriedenheit grundsätzlich zu hoher Kundenloyalität führt. Für entsprechende empirische Ergebnisse anderer Forscher macht er konkurrierende Bedürfnisse des Kunden, die Attraktivität von Leistungsalternativen sowie situative Faktoren verantwortlich.
5.6 Qualitatives Zufriedenheitsmodell von Stauss/Neuhaus
189
In dem qualitativen Zufriedenheitsmodell von Stauss/ Neuhaus wird unterstellt, dass es unter zufriedenen Kunden emotionale, erwartungsbezogene und bindungsintentionale Gefährdungspotenziale gibt. In Anlehnung an das dynamische Modell der Arbeitszufriedenheit von Bruggemann unterscheiden Stauss/Neuhaus drei Zufriedenheits- und zwei Unzufriedenheitstypen (vgl. auch im Folgenden Stauss/Neuhaus 1995):
• …aufgrund von
5 Der „Fordernd Zufriedene“ ist durch eine hohe Zu-
• Unzufriedenheits-
friedenheit mit dem Dienstleister gekennzeichnet; aufgrund der ständig wachsenden Kundenanforderungen hat sich Letzterer jedoch stets zu bemühen, diese aufs Neue zu erfüllen. 5 Anders als der erste Typ weist der „Stabil Zufriedene“ ein passives Anspruchsverhalten auf. 5 Der „Resignativ Zufriedene“ weist eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber der Beziehung zum Dienstleister auf. Dies kann vor allem im Mangel an Alternativen begründet sein. 5 Ähnlich wie der „Stabil Zufriedene“ weist auch der „Stabil Unzufriedene“ ein schwaches Aktivitätsniveau auf, er ist jedoch unzufrieden mit der Leistung. 5 Der „Fordernd Unzufriedene“ bringt dahingegen seine Unzufriedenheit dem Dienstleister gegenüber zum Ausdruck und würde sich nicht wieder für denselben Anbieter entscheiden.
typen beeinflus-
Ausgehend von den Zufriedenheitstypen wird angenommen, dass die Globalzufriedenheit und die Typzugehörigkeit zusammenhängen. Außerdem hängt das Gefährdungspotenzial von der Typzugehörigkeit ab. So wird der „Resignativ Zufriedene“ ein größeres Gefährdungspotenzial aufweisen als der „Fordernd Zufriedene“ und beide ein größeres als der „Stabil Zufriedene“. Es kann jedoch auch davon ausgegangen werden, dass Kunden mit einer hohen Globalzufriedenheit zu den „Resignativ Zufriedenen“ gehören können. Dabei ist das Gefährdungspotenzial eine bedeutende Einflussgröße des jeweiligen Kundenverhaltens, das sich z. B. in Kundenbindung oder -loyalität äußern kann. So
Gefährdungspotenzialen.
sen…
• …das jeweilige Gefährdungspotenzial
190
5 Modelle der Dienstleistungsqualität
• Implikationen für die Praxis
haben „Fordernd Zufriedene“ und „Resignativ Zufriedene“ wahrscheinlich eher schon einen Anbieterwechsel in Erwägung gezogen als der „Stabil Zufriedene“ und sind weniger bereit, das Unternehmen weiterzuempfehlen. Das Modell ermöglicht einige Implikationen für die Dienstleistungspraxis. Es wird deutlich, dass es bei Zufriedenheitsuntersuchungen nicht ausreicht, lediglich die Globalzufriedenheit zu erheben. Vielmehr ist es bedeutsam, das Gefährdungspotenzial zufriedener Kunden festzustellen. Ausgehend von diesen Analysen ist das Marketinginstrumentarium insbesondere bei jenen Kunden anzusetzen, die ein großes Gefährdungspotenzial aufweisen. Im Rahmen einer kritischen Würdigung des qualitativen Zufriedenheitsmodells ist insbesondere auf die globale Messung der Kundenzufriedenheit hinzuweisen. Dadurch, dass keine Einzelmerkmale der Leistung bewertet werden, entstehen zwei grundlegende Probleme. Im Rahmen der Zufriedenheitsmessung ist es fraglich, ob die Befragten eine Leistung bezüglich derselben Kriterien beurteilen. In engem Zusammenhang dazu steht das Problem, dass ein Dienstleister keine konkreten Anhaltspunkte erhält, welche Teilleistungen aufgrund von Kundenunzufriedenheit zu modifizieren sind. Die dargestellten Modelle der Dienstleistungsqualität greifen verschiedene Aspekte im Hinblick auf die Entstehung und Wirkungen der Dienstleistungsqualität auf, die eine sinnvolle Basis bei der Gestaltung des Qualitätsmanagements darstellen können.
Teil C Planung und Steuerung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
6
Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Die steigenden Qualitätsforderungen der verschiedenen Anspruchsgruppen von Dienstleistungsunternehmen haben nicht nur neue Methoden zur Messung der Dienstleistungsqualität hervorgebracht, sondern vor allem die Sichtweise der Unternehmen in Richtung einer stärkeren strategischen und umfassenden Qualitätsorientierung verändert. Eine derart ganzheitliche Ausrichtung des gesamten Dienstleistungsunternehmens auf Qualität erfordert die Entwicklung und Umsetzung eines „geeigneten“, d. h. die individuellen Bedürfnisse und Ressourcen des Unternehmens berücksichtigenden Qualitätsmanagementkonzeptes. Dementsprechend werden im Folgenden verschiedene Anforderungen, Ziele, Grundsätze, Strategien und Instrumente eines Qualitätsmanagements thematisiert.
• Qualitätsorientierung als zentrale Managementaufgabe
• Basis ist ein ganzheitliches Qualitätsmanagementkonzept
6.1 Anforderungen an ein Qualitätsmanagement für Dienstleistungen Zur systematischen Entwicklung und erfolgreichen Umsetzung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen sind verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen. Hierbei stehen folgende Prinzipien (10 Ks) des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen im Vordergrund (vgl. Schaubild 6-1; Bruhn 1998, S. 33ff.): 5 Kundenorientierung, 5 Konsequenz,
• Prinzipien des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen (10 Ks)
194
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Konsequenz Kundenorientierung
KostenNutzenOrientierung
Konkurrenzabgrenzung
Konsistenz
10 Ks Prinzipien des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Kontinuität
Kongruenz
Komplettheit
Koordination Kommunikation
Quelle: Bruhn 1998, S. 34
Schaubild 6-1: Prinzipien des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
5 5 5 5 5 5 5 5 • Kundenorientierung
Konkurrenzabgrenzung, Konsistenz, Kongruenz, Koordination, Kommunikation, Komplettheit, Kontinuität, Kosten-Nutzen-Orientierung.
Eine zentrale Bedeutung kommt der Kundenorientierung zu. Da die Erzielung einer hohen wahrgenommenen Dienstleistungsqualität und Kundenzufriedenheit entscheidend für den Erfolg eines Dienstleistungsunternehmens ist, sind die unternehmerischen Aktivitäten nachhaltig an den Kundenanforderungen auszurichten. Kundenorientierung ist die umfassende, kontinuierliche Ermittlung und Analyse der Kundenerwartungen
6.1 Anforderungen an ein Qualitätsmanagement für Dienstleistungen
195
sowie deren interne und externe Umsetzung in unternehmerische Leistungen sowie Interaktionen mit dem Ziel, langfristig stabile und ökonomisch vorteilhafte Kundenbeziehungen zu etablieren (Bruhn 2003b, S. 15). Eine hohe Kundenorientierung liegt z. B. in folgenden Fällen vor: 5 Sämtliche kundenbezogenen Informationen wer-
den unternehmensweit erfasst sowie an sämtliche Abteilungen des Unternehmens verbreitet. Regelmäßig durchgeführte Zufriedenheits- und Kundenbindungsstudien sowie eine umfassende Datenbank sind in diesem Fall selbstverständlich. 5 In Bezug auf sämtliche Aktivitäten werden vergleichsweise viele Maßnahmen zur Veränderung der Unternehmenskultur, wie beispielsweise KulturWorkshops, Seminare, Erarbeitung von Unternehmensleitbildern usw. ergriffen. 5 Ein Unternehmen weist folgende Charakteristika auf: Hohe Produkt- und Servicequalität, aktives Beschwerdemanagement, schnelle und unkomplizierte Reaktion auf Sonderwünsche, hohe Mitarbeitermotivation. Zur Schaffung einer Kundenorientierung im Dienstleistungsunternehmen ist die Konsequenz der Ausrichtung der Verhaltensweisen sämtlicher Unternehmensmitglieder erforderlich. Sowohl die Führungskräfte als auch die Mitarbeiter unterer Hierarchieebenen haben sich der Notwendigkeit zur Kunden- und Qualitätsorientierung bewusst zu sein. Neben der Schaffung einer „Servicekultur“ im Unternehmen, die sich auf das Verhalten sowohl den externen als auch den internen Kunden gegenüber zu beziehen hat, ist es notwendig, in der Unternehmensorganisation einen einheitlichen kundenorientierten Qualitätsbegriff zu erarbeiten und verbindlich festzulegen. Um im Dienstleistungswettbewerb zu bestehen, ist eine qualitätsbezogene Konkurrenzabgrenzung über eine entsprechende Positionierung im Markt notwendig, an der sich die Qualitätsmaßnahmen des Dienst-
• Konsequenz
• Konkurrenzabgrenzung
196
• Konsistenz
• Kongruenz
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
leisters zu orientieren haben. Die geplante Positionierung des Dienstleistungsunternehmens bestimmt das Soll-Image gegenüber den verschiedenen Anspruchsgruppen und stellt somit eine für das gesamte Unternehmen verbindliche Qualitätsplattform dar, die eine gleichgerichtete Serviceorientierung nach innen und außen ermöglicht. Zu ihrer Erreichung ist die strategische Verankerung des Qualitätsmanagements im Unternehmen erforderlich, da sich die Qualitätsorientierung nicht in operativen Einzelmaßnahmen erschöpfen darf. Die verschiedenen Maßnahmen des Qualitätsmanagements sind so zu gestalten, dass sie von den Kunden und Mitarbeitern des Dienstleistungsunternehmens widerspruchsfrei bzw. einheitlich wahrgenommen werden können. Durch diese Konsistenz wird vermieden, dass Irritationen der Dienstleistungskunden aufgrund uneinheitlicher Serviceerbringung, beispielsweise in Bezug auf das Verhalten der Mitarbeiter oder die technische Ausstattung einzelner Filialen bzw. Geschäftsstellen, zu Glaubwürdigkeits- und Akzeptanzproblemen führen. Daher ist im Rahmen des Qualitätsmanagements sicherzustellen, dass keine inhaltlichen oder formalen Widersprüche bei der Erstellung der Dienstleistungsqualität auftreten. Ein Qualitätsmanagementsystem kann nur dann im Dienstleistungsunternehmen erfolgreich implementiert werden, wenn das Verhalten der Mitarbeiter untereinander in den Abteilungen, Unternehmensbereichen und Tochtergesellschaften dem Verhalten gegenüber den externen Kunden entspricht. Diese Kongruenz interner und externer Qualitäts- und Serviceorientierung ist ein bedeutender Erfolgsfaktor zur Schaffung einer umfassenden Kundenorientierung. In diesem Zusammenhang ist ferner aus den differenzierten qualitätsbezogenen Maßnahmen und Instrumenten im Rahmen eines integrierten Qualitätsmanagements eine Einheit herzustellen, die die Ausrichtung sämtlicher Unternehmensaktivitäten an den Bedürfnissen und Anforderungen sowohl externer als auch interner Kundengruppen beinhaltet.
6.1 Anforderungen an ein Qualitätsmanagement für Dienstleistungen
Aufgrund der Relevanz sämtlicher Aktivitäten eines Dienstleisters für die wahrgenommene Dienstleistungsqualität ist auch auf Gesamtunternehmensebene die Koordination der Tätigkeiten im Hinblick auf eine hohe Qualität auszurichten. Hierbei gilt es, nicht nur die Aktivitäten mit explizitem Qualitätscharakter, sondern auch die Maßnahmen mit scheinbar geringer Qualitätsbedeutung aufeinander abzustimmen. Weiterhin ist die Kommunikation des Dienstleistungsunternehmens an den Qualitätsanforderungen auszurichten. Mittels interner Kommunikation gilt es, eine einheitliche und unternehmensweite Kundenorientierung zu schaffen. Im Hinblick auf die externe Kommunikation ist insbesondere für die Mitarbeiter im Kundenkontakt das Bewusstsein ihrer Rolle als Kommunikationsträger und Qualitätssignal von erhöhter Wichtigkeit. Um die konsequente Durchsetzung einer Kundenorientierung im Dienstleistungsunternehmen zu gewährleisten, ist bereits bei der Entwicklung eines Qualitätsmanagements auf die Komplettheit seiner Ausrichtung zu achten. Es ist notwendig, dass ein ganzheitliches Qualitätskonzept gewählt wird, um die Mitarbeiter sämtlicher Hierarchiestufen an der Kundenorientierung des Gesamtunternehmens zu beteiligen. Ein umfassendes Qualitätsmanagement erfordert eine mittel- bis langfristige Kontinuität im Einsatz der qualitätsbezogenen Teilkonzepte und Instrumente. Fehlt eine Zukunftsorientierung der entwickelten qualitätsbezogenen Maßnahmen, wie beispielsweise Kunden- und Mitarbeiterbefragungen, wird sich der Erfolg einer konsequenten Qualitätsorientierung nur teilweise einstellen. Ohne die kontinuierliche Ausrichtung des Qualitätsmanagements kann ein Qualitätsbewusstsein bei den Mitarbeitern in Dienstleistungsunternehmen nur bedingt geschaffen werden. Schließlich hat die Entwicklung und Gestaltung des Qualitätsmanagements unter Wirtschaftlichkeitsaspekten zu erfolgen. Nur eine umfassende Kosten-Nutzen-Orientierung des Qualitätsmanagements kann über die Erreichung einer hohen Qualität und Zufriedenheit
197
• Koordination
• Kommunikation
• Komplettheit
• Kontinuität
• Kosten-NutzenOrientierung
198
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
zum langfristigen ökonomischen Unternehmenserfolg des Dienstleisters beitragen. Ausgehend von diesen Prinzipien ist zur systematischen Umsetzung von Kundenorientierung und Qualitätsbewusstsein die integrierte Gestaltung eines Qualitätsmanagementsystems vorzunehmen. Die genannten Aspekte sind die zentralen Voraussetzungen für die Konzipierung eines Qualitätsmanagementsystems in Dienstleistungsunternehmen.
6.2 Aufgaben und Instrumente der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen • Aufgaben der Planung eines Qualitätsmanagements
Im Rahmen der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen gilt es, den grundsätzlichen Handlungsrahmen des Qualitätsmanagements und somit die qualitätsbezogene strategische Ausrichtung des Dienstleistungsunternehmens in Abstimmung mit der Unternehmensstrategie festzulegen. Somit kommen der strategischen Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen vier grundlegende Aufgaben zu: (1) Festlegung der strategischen Qualitätsposition, (2) Festlegung der Qualitätsstrategie, (3) Festlegung von Qualitätsgrundsätzen, (4) Bestimmung der Qualitätsziele.
• Bestimmung der strategischen Qualitätsposition durch…
• …Qualitätsportfolios
(1) Festlegung der strategischen Qualitätsposition Die Bestimmung der strategischen Qualitätsposition des Dienstleistungsunternehmens bildet die wesentliche Grundlage für den Entwurf eines Qualitätsmanagementkonzeptes, da – je nach momentaner und zukünftig angestrebter Qualitätsposition gegenüber den Wettbewerbern am Markt – im Rahmen des Qualitätsmanagements unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen sind (Carlzon 1995). Zur Festlegung der Qualitätsposition können so genannte Qualitätsportfolios herangezogen werden, die die strategische Position des Unternehmens in Bezug auf die Dienstleistungsqualität einzelner strategischer
6.2 Aufgaben und Instrumente der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Geschäftsfelder darlegen (Horváth/Urban 1997). Wird ein Geschäftsfeld des Dienstleistungsunternehmens beispielsweise anhand der Dimensionen „Relative Qualitätsposition des Unternehmens“ und „Bedeutung der Qualität im Dienstleistungssektor“ positioniert, dann kann sich das in Schaubild 6-2 dargestellte Qualitätsportfolio ergeben. Auf diese Weise lassen sich generelle Richtungen in Bezug auf das Ist- und Soll-Bild verschiedener Geschäftsfelder eines Dienstleistungsunternehmens aufzeigen. Detailliertere Informationen lassen sich allerdings erst mit Hilfe umfangreicher Kundenbefragungen unter Verwendung von Qualitätsplanungsinstrumenten gewinnen (vgl. Abschnitt 8.2). Eine Konkretisierung der aktuellen Qualitätsposition des Dienstleistungsunternehmens und ein Aufzeigen von Ansatzpunkten für die Erreichung der Soll-Position können mittels der qualitätsbezogenen SWOTAnalyse vorgenommen werden. Während sich mit Hilfe der Chancen-Risiken-Analyse diejenigen Umweltkräfte erkennen und antizipieren
Bedeutung der Qualität im Dienstleistungssektor hoch
Qualitätsführerschaft
199
• Konkretisierung der Resultate unter Berücksichtigung der...
• ...Chancen und Risiken
Selektive Strategien Qualitätsführerschaft, Differenzierung Kostenführerschaft
Geschäftsfeld I
mittel
gering
Ist-Position
Soll-Position
Differenzierung
Kostenführerschaft
gering
mittel
hoch
Relative Qualitätsposition des Unternehmens
Quelle: in Anlehnung an Horváth/Urban 1990, S. 30
Schaubild 6-2: Beispiel für ein Qualitätsportfolio für Dienstleistungsunternehmen
200
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• ...Stärken und Schwächen
lassen, die im Rahmen der strategischen Planungsprozesse für Dienstleistungsunternehmen zukünftig von Bedeutung sind (Meffert/Bruhn 2003, S. 160), versucht die Stärken-Schwächen-Analyse festzustellen, welche Aktivitäten die Dienstleistungsunternehmung angesichts der gegenwärtigen und zukünftigen Ressourcensituation strategisch sinnvoll ergreifen kann (Meffert/ Bruhn 2003, S. 166). Im Beispiel 6-1 ist in diesem Zusammenhang eine Stärken-Schwächen-Analyse der Konkurrenten der Deutschen Post im europäischen Versanddienstleistungsmarkt dargestellt. Beispiel 6-1: Stärken-Schwächen-Analyse der Konkurrenten der Deutschen Post im europäischen Versanddienstleistungsmarkt Im europäischen Versanddienstleistungsmarkt stellen die Unternehmen TNT Post Group, UPS, German Parcel und Deutscher Paketdienst die direkten Konkurrenten der Deutschen Post dar. Die Stärken der Konkurrenz werden hierbei in Bezug auf sämtliche Unternehmensbereiche betrachtet (vgl. Schaubild 63). So weisen German Parcel und der Deutsche Paketdienst günstige Preise sowie jeweils finanzstarke Partner auf. UPS zeichnet sich neben einer schnellen und entsprechend einheitlichen Abwicklung von Versandprozessen durch eine starke Marke aus. Für die TNT Post Group sind indes die schnelle Abwicklung von Versandprozessen sowie das in diesem Zusammenhang gut ausgebaute Versandnetzwerk und die hohe Organisationseffizienz zu nennen. Außerdem verfügt das Unternehmen über ein diversifiziertes Produktportfolio. Die Schwächen der jeweiligen Unternehmen beziehen sich teilweise auf das hohe Preisniveau oder auch auf bestehend Mängel im Bereich der Infrastruktur (z. B. geographische Lücken, starke Dezentralisierung usw.). Auch die Beschränkung innerhalb der Produktpalette stellt ein Unternehmensschwäche dar. In der Regel werden aufgrund der unternehmensindividuellen Zusammenhänge Stärken-Schwächenund Chancen-Risiken-Analysen (SWOT-Analysen)
6.2 Aufgaben und Instrumente der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Stärken/Schwächen Paketdienste
Stärken
TNT Post Group
UPS
German Parcel
Deutscher Paketdienst
• Günstige Preise
• Günstige Preise
• Schnelligkeit
• Finanzstarker Partner
• Finanzstarker Partner
• Hohes Preisniveau
• Hohes Preisniveau
• Nur ein • Nur ein Standardpaket Standardpaket • Max. 50 kg • Max. 50 kg
• Geographische Lücken
• Mangelnde regionale Anpassung
• Schnelligkeit
• Schnelligkeit
• Netzwerk
• Schnelligkeit
• Organisationseffizienz
201
• Produktportfolio
Schwächen
• Stark dezentralisiert
• Stark dezentralisiert
Quelle: Meffert et al. 2002, S. 289
Schaubild 6-3: Stärken und Schwächen der wichtigsten Konkurrenten der Deutschen Post im europäischen Versanddienstleistungsmarkt
parallel durchgeführt und die strategischen Schlüsselfaktoren in einer Matrix zusammengestellt, wie sie in Beispiel 6-2 am Beispiel einer Bank dargestellt ist. Beispiel 6-2: Qualitätsorientierte SWOT-Analyse am Beispiel einer Bank Aus einer unternehmensinternen Perspektive werden die Stärken und Schwächen der Bank dargelegt (vgl. Schaubild 6-4). Hierbei werden Aspekte betrachtet, die das Untenehmen selbst wesentlich beeinflussen kann. Die Chancen und Risiken stellen eine unternehmensexterne Sichtweise dar. Diese Aspekte liegen weniger bis gar nicht im Einflussbereich des Unternehmens und zeichnen sich beispielsweise durch bestimmte Marktverhältnisse oder auch Trends in den Bedürfnissen von Kunden aus. Hauptverantwortlich für die SWOT-Analyse im Unternehmen ist grundsätzlich die Führungsebene, d. h. die
202
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Stärken Hohe Penetration in ländlichen Gebieten (Zweigstellennetz) Allfinanzangebote der Sparkassenfinanzgruppe Dezentrale Vertriebsstruktur Regionalkompetenzen/Standortvorteil
Chancen Verstärkte Nachfrage nach Komplettlösungen/Allfinanzangeboten Erfolgspotenziale im Mikromarketing/ Lokalmarkt
Schwächen Imagedefizite bei Vermögenden Zusammenarbeit im Verbund Dominanz stationärer Vertriebssysteme Beharrungsvermögen/fehlende strategische Flexibilität
Risiken Zunehmende Konkurrenz der Allfinanzanbieter Dynamik technologischer Entwicklungen Internationalisierung des Bankenmarktes
Schaubild 6-4: Qualitätsorientierte SWOT-Analyse am Beispiel einer Bank
Konzernleitung sowie die einzelnen Geschäftsstellenleiter, die in Zusammenarbeit mit den konzerneigenen Marktforschungsabteilungen umfassende Untersuchungen durchführen. • Ableitung wettbewerbsorientierter Qualitätsstrategien
(2) Festlegung der Qualitätsstrategie Ausgehend von den qualitätsbezogenen Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken wird die Qualitätsstrategie festgelegt, mit der es die angestrebte Qualitätsposition zu erreichen gilt. Wettbewerbsorientierte Qualitätsstrategien zeigen die grundsätzliche Ausrichtung eines Dienstleistungsunternehmens und seines Qualitätsmanagements auf. Diese haben eine eindeutige Positionierung des Unternehmens am Markt und gleichzeitig die Erschließung eines Gewinn bringendes Marktpotenzials zum Ziel (Heskett 1988, S. 47). In welchen Geschäftsfeldern bzw. Segmentbereichen das Dienstleistungsunternehmen Qualitäts- oder Kostenvorteile realisieren kann, ist abhängig von den Anforderungen der Kunden an die verschiedenen Produkte und Leistungen sowie den Angeboten der Wettbewerber am Markt. In umfassenden Kundenbefragungen und Marktuntersuchungen sind jeweils die verschiedenen Dimensionen der Dienstleistungsqualität zu ermitteln, die in einem weiteren Schritt als Grundlage für die Planung von Leistungsvorteils- oder auch Kosten-
6.2 Aufgaben und Instrumente der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
203
vorteilsstrategien in den jeweiligen Geschäftsfeldern dienen. Eindeutig formulierte intern und extern orientierte Qualitätsstrategien zeigen unterschiedliche Richtungen für die Schaffung von Dienstleistungsqualität auf (Bruhn 2000a, S. 34) und leiten damit konkrete Aufgaben für die Qualitätslenkung und -prüfung ab (vgl. hierzu Abschnitt 6.3). (3) Festlegung von Qualitätsgrundsätzen Ausgehend von der gewünschten Qualitätsposition und der gewählten Qualitätsstrategie des Dienstleistungsunternehmens werden Qualitätsgrundsätze festgelegt. Diese konkretisieren die Qualitätsstrategie für die tägliche Qualitätsarbeit im Dienstleistungsunternehmen. Die Formulierung verbindlicher Qualitätsgrundsätze bildet gewissermaßen das Fundament für die im Dienstleistungsunternehmen durchzuführenden Qualitätslenkungs- und -verbesserungsmaßnahmen. Dementsprechend ist es Aufgabe der Unternehmensleitung, d. h. der jeweiligen Geschäftsführer und Geschäftsstellenleiter, zusammen mit Führungskräften verschiedener Hierarchiestufen konkrete Qualitätsgrundsätze zu entwickeln und in den Unternehmensleitlinien festzuschreiben (Frehr 1994, S. 42f.). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich notwendig erscheint, bei der Entwicklung und Umsetzung des Qualitätsmanagements in Dienstleistungsunternehmen für sämtliche Aktivitäten detailliert festzulegen, welche Mitarbeiter zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. innerhalb eines konkreten Zeitraums welche Qualitätsmaßnahmen durchzuführen haben. Die Formulierung verbindlicher Qualitätsgrundsätze vermittelt zudem die Sprachregelung für eine effiziente innen- sowie außengerichtete Kommunikation und stellet somit die Basis für ein einheitliches Vorgehen dar. Ihr verbindlicher Charakter wird oftmals durch die schriftliche Dokumentation unterstrichen. Ein für sämtliche Mitarbeiter zugängliches Qualitätsgrundsatzheft oder Plakate – zumindest im Back-Office-Bereich der einzelnen Geschäftsstellen oder Filialen – sind sinn-
• Festlegung von Qualitätsgrundsätzen
• Zweck…
• …und Möglichkeiten der Dokumentation der Qualitätsgrundsätze
204
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
volle Hilfsmittel, um die Qualitätsrichtlinien nach innen und außen transparent zu machen. Vor allem für die Geschäftsleitung sowie sämtliche Führungskräfte des Unternehmens gilt es, ständig darum bemüht zu sein, die aufgestellten Qualitätsgrundsätze sowohl horizontal als auch vertikal zu kommunizieren, aber insbesondere auch konkret in der täglichen Arbeit „vorzuleben“, indem sie beispielsweise Pläne und Ergebnisse der Qualitätsprüfung als Bestandteile wichtiger Besprechungen einführen (Berry et al. 1989, S. 91, vgl. hierzu Beispiel 6-3). • Beispiel für Qualitätsgrundsätze
• Richtlinien bei der Formulierung der Qualitätsgrundsätze • Gültigkeit für alle Unternehmensbereiche
• Berücksichtigung des Leitbildes des Unternehmens
Beispiel 6-3: Qualitätsgrundsätze von Hapag-Lloyd Schaubild 6-5 zeigt die Qualitätsgrundsätze von Hapag-Lloyd, mit denen das Unternehmen dokumentieren möchte, dass der Kunde stets im Mittelpunkt sämtlicher Unternehmensaktivitäten steht. In den Qualitätsgrundsätzen wird ebenso der Umgang mit Fehlern sowie eine bestimmte Grundhaltung der Mitarbeiter festgehalten, die letztlich die bei Hapag-Lloyd vorherrschende Unternehmenskultur widerspiegelt. Qualitätsgrundsätze sind – aus Gründen der Einheitlichkeit und des notwendigen Gemeinschaftsgefühls der Mitarbeiter – im Dienstleistungsunternehmen so zu formulieren, dass sie für sämtliche Unternehmensbereiche Gültigkeit haben und dementsprechend relativ allgemein gehalten sind. Konkrete Ableitungen und Modifikationen für die spezifischen Aufgaben einzelner Bereiche bzw. Abteilungen können allerdings erforderlich werden und sind gegebenenfalls von der Unternehmensleitung vorzunehmen (Frehr 1999, S. 43). Bei der Festlegung der Qualitätsgrundsätze ist es notwendig, die Grundaussagen bzw. das Leitbild des Dienstleistungsunternehmens zu berücksichtigen. Nur wenn sich die zentrale unternehmerische Aufgabe in den Grundsätzen widerspiegelt, kann gegenüber dem Markt ein einheitliches Auftreten und damit eine klare Positionierung möglich werden.
6.2 Aufgaben und Instrumente der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
205
Qualitätsgrundsätze von Hapag-Lloyd Wir sind ein Qualitätsunternehmen. Engagierte Mitarbeiter und bestes Equipment kennzeichnen unsere Leistungsfähigkeit. Diese Leistungsfähigkeit und die damit verbundene Qualität sichern unsere Zukunft. Wir treten als ein Unternehmen auf. Unser Ziel ist höchste Qualität zum Wohle unserer Kunden, der Mitarbeiter und der Aktionäre. Die Wünsche unserer Kunden sind der Maßstab unseres Handelns. Kunden sind unsere Partner. Sie sind nicht von uns, sondern wir sind von ihnen abhängig. Kompetenz und Zuverlässigkeit prägen unser Verhalten gegenüber den Kunden. Unser Qualitätsziel heißt „null Fehler“. Sobald Faktoren erkannt werden, die die Qualität gefährden, stellen wir sie ab. Sollten dennoch Fehler auftreten, bekennen wir uns zu ihnen. Das Erkennen von Faktoren einer möglichen Qualitätsgefährdung ist ein wichtiges Potenzial zur weiteren Verbesserung unserer Qualität. Fehlervermeidung geht vor Fehlerkorrektur. Jeder vermiedene Fehler spart Kosten. Qualität erhöht die Wirtschaftlichkeit. Dieselben hohen Qualitätsansprüche, die wir an uns stellen, richten wir auch an unsere Subunternehmer. Nicht sie, sondern wir stehen mit unserem guten Namen Hapag-Lloyd auch für deren Leistung beim Kunden ein. Es ist unser Anspruch, den Erwartungen unserer Kunden jederzeit gerecht zu werden. Dieses stellen wir durch zukunftsorientiertes Denken und Handeln sicher. Quelle: Hapag Lloyd 2003a
Schaubild 6-5: Qualitätsgrundsätze von Hapag-Lloyd
Um ein einheitliches, hohes und kontinuierliches Qualitätsniveau sicherzustellen, ist es zweckmäßig, für die gesamte Dienstleistungskette Qualitätsforderungen zu definieren, wobei es allerdings nicht für sämtliche Situationen und Einzelprozesse möglich und notwendig ist, detaillierte „Standards“ festzulegen. Vor allem bei sehr personalintensiven Situationen ist es schwierig, für die Mitarbeiter im Kundenkontakt umfassend konkrete Verhaltensanforderungen festzulegen und anschließend zu überprüfen. Hier ist eher zu empfehlen, die Einhaltung genereller Verhaltensgrundsätze zu kontrollieren. Qualitätsforderungen können dabei in Form von „Kennzahlen“ (z. B. Anzahl der Bearbeitungstage, Anzahl fehlerhaft ausgefüllter Formulare pro Zeiteinheit;
• Formen von Qualitätsforderungen…
206
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• … und Voraussetzungen für deren Akzeptanz und Umsetzung
• Zuständigkeit für die Entwicklung von Qualitätsforderungen
• Beispiele für kunden-gerichtete Qualitätsforderungen im Rahmen der
Haist/Fromm 2002) oder aber in Form von detaillierten Beschreibungen (z. B. Checklisten, Bearbeitungsrichtlinien) vorgegeben werden. Die Form der Qualitätsforderungen ist letztlich nur von geringer Bedeutung, solange sie konkrete Handlungsanweisungen für die Mitarbeiter darstellen, die eine Erfüllung der ermittelten Kundenerwartungen ermöglichen. Als Voraussetzung für die Akzeptanz und Umsetzung der Qualitätsforderungen ist es notwendig, Mitarbeiter der betroffenen Abteilungen in den Prozess der Forderungsfestlegung einzubeziehen (Berry et al. 1989, S. 120). Beim Aufstellen der Qualitätsforderungen ist ferner darauf zu achten, dass die Qualitätserwartungen der externen, aber auch der internen Kunden berücksichtigt werden (Chase/Bowen 1991, S. 160). Da jeder Mitarbeiter im Unternehmen sowohl als Anbieter als auch als Nachfrager von Dienstleistungen auftreten kann, sind Qualitätsforderungen so zu definieren, dass sie auch innerhalb der gesamten Dienstleistungskette ihre Gültigkeit besitzen. Zuständig für die Entwicklung von Qualitätsforderungen sind in Unternehmen oftmals Qualitätszirkel bzw. Qualitätsteams, die die Erfahrungen sämtlicher Mitarbeiter und Führungskräfte des Dienstleistungsunternehmens in den jeweiligen Aufgabenbereichen sammeln, verdichten und in realistische Forderungen umsetzen. Hierbei liegt die Hauptverantwortung für die Festsetzung der Qualitätsforderungen vornehmlich bei den Führungskräften des Unternehmens, da nur so Akzeptanz bei sämtlichen Mitarbeitern, eine einheitliche Bestimmung der Forderungen sowie ein späterer Vergleich der verschiedenen Geschäftsstellen in Bezug auf die Einhaltung der Qualitätsforderungen möglich werden. Beispielsweise könnten im Rahmen der Dienstleistungskette von Kreditinstituten für folgende Bereiche kundengerichtete Qualitätsforderungen festgesetzt und kontrolliert werden:
Dienstleistungskette von Kreditinstituten
5 Wartezeiten am Schalter, 5 Telefonische Erreichbarkeit,
6.2 Aufgaben und Instrumente der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
5 Durchschnittliche Wartezeit bei angenommenen
telefonischen Gesprächen, 5 Beantwortungsdauer bei schriftlichen Kundenanfragen, 5 Bearbeitungsdauer/-zeiten bei Routinegeschäften (Überweisungen, Geldumtausch, sonstige Buchungen), 5 Eckdaten des Beratungsablaufes (Verhalten, Technik usw.), 5 Fehlerquoten, -häufigkeiten bei Transaktionen, 5 Übertragungszeiten in Online-Systemen, usw. Im Beispiel 6-4 sind diesbezüglich anwendungsbezogene Qualitätsanforderungen von AVIS Deutschland dargestellt. Beispiel 6-4: Qualitätsforderungen von AVIS Deutschland Die in Schaubild 6-6 dargestellten Qualitätsstandards stellen beispielhaft einige konkrete Qualitäts-
Bereich Reservierung Servicekriterium Standard Anrufe pro Mitarbeiter pro Tag Anteil der Reservierungen an den Telefonanrufen Verlorengegangene Anrufe Verhältnis zwischen Supervisor und Mitarbeiter
weniger als XX mehr als XX Prozent weniger als XX Prozent maximal 8 Mitarbeiter pro Supervisor
Bereich Vermietung Servicekriterium Standard Shuttle-Bus-Fahrplan (USA, England) Fahrzeugvorbereitung Reservierungsanfrage (Sonderwünsche)
Vermietungsvorgang (Check-out)
max. X Min. Wartezeit 43-Punkte-Prüfliste Antwort innerhalb von XX Stunden (bei normaler Anfrage „Online“Reservierung) max. X Min. pro administrativen Vermietungsvorgang Quelle: Meffert/Bruhn 1996, S. 572
Schaubild 6-6: Beispiele für die Qualitätsstandards bei AVIS
• …und von AVIS Deutschland
207
208
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
forderungen des Dienstleistungsunternehmens AVIS Deutschland dar. Diese gelten als Richtlinien für das Verhalten gegenüber externen Kunden im Bereich Reservierung und Vermietung (Meffert/Bruhn 1996, S. 561ff.; aus Wettbewerbsgründen sind die quantitativen Ausprägungen der Qualitätsforderungen teilweise verschlüsselt). • Synonyme Begriffe für Qualitätsforderungen
• Ziele des Qualitätsmanagements
• Einordnung der Ziel des Qualitätsmanagements in die Zielebenenhierarchie
Es existieren unterschiedliche Bezeichnungen für Qualitätsforderungen, wie beispielsweise Qualitätsstandards, -normen, -vorschriften oder -spezifikationen, die allerdings im Folgenden nicht verwendet werden, um die Schwierigkeiten bei einer eindeutigen Abgrenzung innerhalb dieser Begriffsvielfalt zu vermeiden. Als „Oberbegriff“ ist zweckmäßigerweise stets Qualitätsforderung zu benutzen, jedoch sind jeweils die Konkretisierungsstufe oder Situation sowie die betreffende Einheit detailliert zu bezeichnen (DGQ 1995b, S. 27). (4) Bestimmung der Qualitätsziele Die vorgestellten allgemeinen Qualitätsgrundsätze und -leitlinien werden in Unternehmen oftmals im Rahmen der strategischen Qualitätsplanung der Dienstleistungsunternehmung für die verschiedenen Geschäftsstellen, Abteilungen und Funktionsbereiche konkretisiert, d. h., von der Unternehmensleitung als lang- und kurzfristig zu erreichende Qualitätsziele bestimmt. In Schaubild 6-7 sind exemplarisch verschiedene kurzfristige Qualitätsziele dargestellt, die für Dienstleistungsunternehmen von Bedeutung sein können. Als Ziele des Qualitätsmanagements werden prinzipiell die im Unternehmenskonzept gesetzten Imperative (Vorzugszustände) gekennzeichnet, die durch den Einsatz qualitätsbezogener Instrumente zu erreichen sind. Die Formulierung klarer, langfristig orientierter Ziele ist notwendig, um eine ausschließlich reaktive Anpassung des Unternehmens an Umweltveränderungen mit der Gefahr des alleinigen „Durchwurstelns“ (Raffée 1984, S. 67) zu vermeiden. Bei der Vielfalt möglicher Ziele des Qualitätsmanagements ist eine Systematisie-
6.2 Aufgaben und Instrumente der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Kurzfristige Qualitätsziele von Dienstleistungsunternehmen
Kundenorientierte Ziele
Mitarbeiterorientierte Ziele
Wir wollen die Kundenbedürfnisse und die Kundenzufriedenheit einmal im Jahr schriftlich erfassen.
Wir wollen die Ideen unserer Mitarbeiter zur Qualitätsverbesserung anhören und im Rahmen unseres Qualitätsmanagements berücksichtigen.
Wir wollen unsere Reaktionszeit auf schriftliche und telefonische Anfragen der Kunden um 20 Prozent verkürzen.
Wir wollen unser Angebot an qualitätsorientierter Aus- und Weiterbildung verdoppeln und dabei die Wünsche unserer Mitarbeiter berücksichtigen.
Wir wollen unsere Kundenberatung verbessern mit dem Ziel, „die richtige Dienstleistung am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt“ anzubieten.
Wir wollen unsere Mitarbeiter mit Hilfe materieller und immatrieller Anreize zu stärkerer Serviceorientierung gegenüber Kunden und Kollegen motivieren.
Schaubild 6-7: Beispiele für kurzfristige Qualitätsziele von Dienstleistungsunternehmen
rung der verschiedenen Intentionen und Einordnung in die Zielebenenhierarchie des Dienstleistungsunternehmens notwendig, wie sie in Schaubild 6-8 vorgenommen und im Folgenden genauer untersucht wird. Die zentrale Aufgabe eines Qualitätsmanagements in Dienstleistungsunternehmen ist die permanente Sicherstellung der vom Anbieter bei Berücksichtigung der Kundenerwartungen definierten Dienstleistungsqualität (Bruhn 2000a, S. 39). Eine aus Kundensicht wahrgenommene verbesserte Qualität der angebotenen Dienstleistungen bei möglicherweise zusätzlich realisierbarer Reduzierung der Leistungserstellungskosten stärkt grundsätzlich die Position des Unternehmens am Markt und schafft oftmals komparative Konkurrenzvorteile. Die Qualitätsziele sind jedoch stets von den übergeordneten Unternehmenszielen, wie Gewinnorientierung, Rentabilität oder Wachstumssicherung, abzuleiten (Weber 1989, S. 56f.). Wie in Schaubild 6-8 ersichtlich wird, haben in einem detaillierten Zielsystem des Qualitätsmanagements die verschiedenen strategischen und operativen Qualitäts-
• Zentrale Aufgabe eines Qualitätsmanagements
209
210
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Unternehmensziele
Strategisch
Gewinn Rentabilität Wachstum
Marketingziele Umsatz
Marktanteil
Wettbewerbsvorteile
Qualitätsmanagementziele • Zufriedenheit der Kunden • Schaffung/Sicherung eines Qualitätsimages
Marktgerichtete Aufgaben
Operativ
• Effizienzsteigerung der Prozesse • Senkung der Kosten • Schaffung eines internen Qualitätsbewusstseins • Optimierung der internen Kommunikation
Unternehmensgerichtete Aufgaben
Messung der Kundenanforderungen an die Dienstleistungsqualität
Aufnahme der Qualitätsphilosophie in die Unternehmenskultur
Umsetzung der Anforderungen in konkrete Dienstleistungsstandards
Schaffung sachlicher, organisatorischer und personeller Voraussetzungen für das Qualitätsmanagement
Schaubild 6-8: Zielsystem des Qualitätsmanagements von Dienstleistungsunternehmen
• Strukturierung und Anwendung des Zielsystems des Qualitätsmanagements auf Grundlage des AHPAnsatzes
ziele Berücksichtigung zu finden. Zur Strukturierung und analytisch konsistenten Anwendung des Zielsystems bietet sich das von Saaty (1980) entwickelte und der Entscheidungs- bzw. Planungstheorie zurechenbare Verfahren des Analytic Hierarchy Process (AHP) an (z. B. Haedrich/Tomczak 1988, 1996; Ahlert 2003). Der AHPAnsatz stellt für die Qualitätsverantwortlichen im Unternehmen oftmals ein Hilfsmittel dar, um ihre eigenen Zielartenpräferenzen in ein hierarchisch geordnetes Zielsystem zu bringen, das dann beispielsweise wiederum zur Berechnung von Präferenzwerten für jedes Qualitätsziel herangezogen wird. Diese Werte machen deutlich, ob die auf den unteren Ebenen der Zielhierarchie angesiedelten Aufgaben- oder Aktivitätsbereiche den angestrebten Oberzielen hinlänglich Rechnung tragen. Schaubild 6-9 gibt einen Überblick über die Ziele des Qualitätsmanagements von Dienstleistungsunternehmen.
6.2 Aufgaben und Instrumente der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
211
Ziele des Qualitätsmanagements von Dienstleistungsunternehmen
Marktgerichtete Ziele
Psychologische Ziele
Ökonomische Ziele
Unternehmensgerichtete Ziele
Psychologische Ziele
Ökonomische Ziele
Steigerung der Kundenzufriedenheit
Steigerung von Gewinn, Umsatz usw.
Schaffung eines Qualitätsbewusstseins
Erhöhung der Produktivität
Steigerung der Kundenbindung
Steigerung des Marktanteils
Schaffung einer Kundenorientierung
Effizienzsteigerungen im Prozessablauf
Verbesserung des Images
Erhöhung von Wiederkäufen
Motivation der Mitarbeiter
Senkung der Qualitätskosten
Schaffung von Markteintrittsbarrieren
Ausschöpfung von Cross-Selling-Potenzialen
Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit
Qualitätsorientierte Personalinvestitionen
Schaubild 6-9: Ziele des Qualitätsmanagements von Dienstleistungsunternehmen
Zu den marktgerichteten Zielen zählen prinzipiell die Steigerung der Kundenzufriedenheit und -loyalität, Imageverbesserungen sowie die Schaffung von Markteintrittsbarrieren gegenüber potenziellen Wettbewerbern (Kamiske/Brauer 2003, S. 206ff.). Auch bei den unternehmensgerichteten Zielen eines Qualitätsmanagements können ökonomische und psychologische unterschieden werden. Den ökonomischen Zielsetzungen sind Produktivitätssteigerungen, Effizienzsteigerungen im Rahmen interner Dienstleistungsprozesse, die Senkung der Qualitätskosten sowie qualitätsorientierte Personalinvestitionen zu subsumieren. Bei den psychologischen Zielen sind die Schaffung von Qualitätsbewusstsein und Kundenorientierung bei den Mitarbeitern sämtlicher Hierarchieebenen sowie die Erhöhung von Mitarbeitermotivation und -zufriedenheit zu nennen (Meffert/Bruhn 2003, S. 330). Nach Festlegung der verschiedenen Qualitätsmanagementziele sind die konkreten markt- und unternehmensgerichteten Aufgaben abzuleiten, die der Erreichung der zuvor bestimmten Ziele dienen (Meffert/Bruhn 2003, S. 331).
• Marktgerichtete…
• …und unternehmensgerichtete Ziele
• Markt- und unternehmensgerichtete Aufgaben des Qualitätsmanagements
212
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Anforderungen an die Bestimmung der Ziele und Aufgaben des Qualitätsmanagements
Während die marktgerichteten Aufgaben neben der Messung der Kundenanforderungen in Bezug auf die Qualität der Dienstleistungen auch die Umsetzung der Anforderungen in konkrete Qualitätsstandards beinhalten, werden mit den primär unternehmensgerichteten Aufgaben vor allem die Aufnahme der Qualitätsphilosophie in die Kultur des Dienstleistungsunternehmens sowie die Schaffung sachlicher, organisatorischer und personeller Voraussetzungen für das Qualitätsmanagement angesprochen. Die Bestimmung der einzelnen Ziele und Aufgaben des Qualitätsmanagements erfordert stets eine Präzisierung im Hinblick auf Inhalt, Ausmaß und Zeitbezug, damit eindeutige Messvorschriften vorhanden sind, anhand derer wiederum die Zielerreichung kontrolliert wird. Von besonderer Wichtigkeit ist die eindeutige Formulierung der markt- und unternehmensgerichteten Qualitätsziele, damit sie für sämtliche Anspruchsgruppen, d. h. Mitarbeiter und Kunden, sowohl verständlich als auch nachvollziehbar sind. Es gilt, diese messbar sowie realistisch zu formulieren und nach dem Zeitbezug, also kurzfristig (z. B. für ein Jahr) oder langfristig (z. B. für fünf Jahre) zu differenzieren, damit ihre Erfüllung nachweisbar wird (Haist/Fromm 2002, S. 17).
Bestimmung der kurz- und langfristigen Qualitätsziele
Festlegung der Qualitätsgrundsätze/-leitlinien
Steigender Detaillierungsgrad
Ableitung von Qualitätsstrategien
Bestimmung der strategischen Qualitätsposition
Schaubild 6-10: Pyramide der Planung eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
6.3 Strategien des Qualitätsmanagements
213
In Schaubild 6-10 wird resümierend der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Elementen der Planung eines Qualitätsmanagements dargestellt. Grundsätzlich sind diese verschiedenen Ebenen stets von den Führungskräften des Dienstleistungsunternehmens, d. h. der Unternehmensleitung und den Geschäftsstellenleitern, festzulegen, wobei allerdings zu empfehlen ist, die Vorschläge und Ideen von Mitarbeitern unterer Hierarchieebenen mit einzubinden. Zur systematischen Planung konkreter Maßnahmen des Qualitätsmanagements (vgl. Kapitel 7 und 8) ist eine strategische Einbettung erforderlich. Diese erfolgt über die Festlegung von Strategien des Qualitätsmanagements, für die Dienstleistungsunternehmen zahlreiche Optionen offen stehen.
6.3 Strategien des Qualitätsmanagements 6.3.1 Bedeutung und Typen von Strategien des Qualitätsmanagements Basierend auf der Bestimmung der strategischen Qualitätsposition eines Dienstleistungsunternehmens lassen sich die Strategien für das Qualitätsmanagement ableiten. Hierbei stellt die Steigerung der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität die zentrale Grundlage zur Bildung der Strategien dar. Die zentralen Größen bei der Beurteilung der Qualität von Leistungen bzw. der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität stellen die gelieferte Leistung und die Kundenerwartungen dar (vgl. Boulding et al. 1993; Homburg/Faßnacht, 1998; vgl. auch Kapitel 2), denn Kunden nehmen dann eine hohe Dienstleistungsqualität wahr, wenn die in Anspruch genommene Dienstleistung ihren Erwartungen zumindest entspricht (Parasuraman et al. 1988, S. 16; Stauss/Hentschel 1991; Cronin/Taylor 1992, S. 56; Bruhn 1994). Entsprechend der Beeinflussung der Leistungsbeurteilung durch die Kundenwahrnehmung (vgl. auch Abschnitt 2.4.1.2) ergeben hinsichtlich der Bildung von Strategien des Qualitätsma-
• Strategien zur Steigerung der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität mittels...
214
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• ...Steuerung der Kundenerwartungen und
nagements zwei zentrale Ansatzpunkte für eine Steuerung der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität: 5 Steuerung der Kundenerwartungen, 5 Verbesserung der Dienstleistung (klassisches Qualitätsmanagement).
Verbesserung der Dienstleistungsqualität
• Steuerung von Kundenerwartungen durch erwartungsbezogene Strategien
Dem Ansatzpunkt der Steuerung von Kundenerwartungen entsprechend lassen sich erwartungsbezogene Strategien ableiten. Die Verbesserung der Dienstleistung, d. h. das Hauptziel des klassischen Qualitätsmanagements, haben die leistungsbezogenen Strategien zum Gegenstand. In analoger Weise wird folglich zwischen Strategien der Erwartungssteuerung und Strategien der Erwartungserfüllung, die über die verbesserten Leistungen realisiert wird, unterschieden. Die aufgeführten Strategien sind in einem weiteren Schritt nach den unterschiedlichen Wirkungsbereichen zu gliedern. Deshalb empfiehlt sich bei den erwartungsbezogenen und leistungsbezogenen Strategien jeweils eine Differenzierung nach den Dimensionen markt-, kunden- sowie konkurrenzbezogener Strategien (Bruhn 2000c). Eine Übersicht der verschiedenen Ausprägungen erwartungsbezogener und leistungsbezogener Strategien zeigt Schaubild 6-11. 6.3.2 Erwartungsbezogene Strategien 6.3.2.1 Typen erwartungsbezogener Strategien
• „Erwartungsspirale“
Die Steuerung der Kundenerwartungen ist oftmals eine geeignete Möglichkeit zur Steigerung der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität, zumal Verbesserungspotenziale der eigentlichen Leistung selbst bei einem professionellen Qualitätsmanagement in einigen Branchen beschränkt sind oder auch nur im marginal zu erreichen sind. Außerdem tritt für Unternehmen in diesem Zusammenhang häufig die Gefahr der so genannten „Erwartungsspirale“ auf. Dieses Phänomen zeichnet sich dadurch aus, dass eine verbesserte Leistung zu kontinuierlich höheren Erwartungen seitens der Kunden führt. Als Folge solcher Erkenntnisse ist es deshalb
Leistungsbezogene Strategien
Strategien der Erwartungssteuerung
Stra tegien der Erwartungserfüllung
Strategien
Isolierte Strategie
Strategien
Differenziert Steuerung der Kaufabsicht Akquisitionsbezogene Erwartungsstrategie
Strategien
Konkurrenzbezogene
Kundenbezogene
Marktbezogene
Normative Erwartungen
Prädiktive Erwartungen
Integrierte Strategie
Undifferenziert Steuerung der Leistungsbeurteilung
Steuerung der Kundenbindung
BindungsRückgewinnungsbezogene bezogene Erwartungsstrategie Erwartungsstrategie
Konfliktstrategie
Isolierte Strategie
Integrierte Strategie
Marktdurchdringung
Dienstleistungsentwicklung
Marktentwicklung
Diversifikation
Differenziert
Undifferenziert
Potenzialorientierte Strategie
Prozessorientierte Strategie
6.3 Strategien des Qualitätsmanagements
Schaubild 6-11: Erwartungs- und leistungsbezogene Strategien des Qualitätsmanagements
Erwartungsbezogene Strategien
Ergebnisorientierte Strategie
Standardisierungsstrategie
Individualisierungsstrategie
Ausweichstrategie
Kooperationsstrategie
Konfliktstrategie
Anpassungsstrategie
Kooperationsstrategie
215
216
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Steuerung der Kundenerwartungen vor, während sowie nach der Leistungsinanspruchnahme
sinnvoll, Kundenerwartungen als Steuerungsparameter der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität zu verwenden und mittels eines systematischen Erwartungsmanagements bei den Kunden umzusetzen. Aus strategischer Perspektive stellt sich die Frage, ob kundenbezogene Erwartungen generell nach unten oder nach oben zu steuern oder auf einem bestehenden Erwartungsniveau zu stabilisieren sind (Richter 2005, S. 161f.). Aus dem Blickwinkel der Konsumphasen einer Dienstleistung ist die Steuerung der Erwartungen vor, während sowie nach Leistungsinanspruchnahme zu berücksichtigen. Aus dieser Perspektive lassen sich die folgenden Bereiche unterscheiden: 5 Steuerung der Kaufabsicht, 5 Steuerung der Leistungsbeurteilung, 5 Steuerung der Kundenbindung.
• Ziele des Erwartungsmanagements
Schaubild 6-12 zeigt hierzu die konsumphasenbezogenen Ziele eines Erwartungsmanagements sowie die entsprechenden Einflussfaktoren auf die Erwartungssteuerung. Primär gilt es, bei Kunden ein realistisches Niveau von Erwartungen zu etablieren, um durch die eigene Leistungserfüllung die wahrgenommene Dienstleistungsqualität zu steigern. Die wahrgenommene Dienstleistungsqualität wird einerseits durch die normativen Erwartungen beeinflusst und bringt dadurch die Güte einer Leistung aus Sicht des Kunden gemäß seinen Anforderungen an eine Leistung der entsprechenden Leistungskategorie zum Ausdruck. Andererseits kann der Kunde mit einer Leistung auch bei schwacher wahrgenommener Dienstleistungsqualität zufrieden sein, wenn das Niveau der Dienstleistungsqualität entsprechend vorhergesehen ist, d. h. seinen prädiktiven Erwartungen entspricht. Daraus wird in Bezug auf die wahrgenommene Dienstleistungsqualität grundsätzlich die Relevanz prädiktiver Erwartungen deutlich. In der Bildung erwartungsbezogener Strategien gilt es demnach auch, zwischen normativen und prädikativen
Steuerung der Erwartungen in den verschiedenen Konsumphasen der Dienstleistungsinanspruchnahme
Erwartungen in der Phase vor der Leistungsinanspruchnahme
Erwartungssteuerung
Haupteinflussfaktoren auf die Erwartungssteuerung
Unternehmensbezogene Einflussfaktoren
Eigene Qualitätslieferfähigkeit Art der angebotenen Leistungen Generelle strategische Ausrichtung des Unternehmens
6.3 Strategien des Qualitätsmanagements
Kaufabsicht
Konkurrenzbezogene Einflussfaktoren Leistungsurteil
Erwartungen in der Phase während der Leistungsinanspruchnahme
Erwartungssteuerung
Leistungsangebot der Konkurrenz Erwartungsmanagement der Konkurrenz Konkurrenzintensität
Kundenbezogene Einflussfaktoren
Kundenbindung
Erwartungen in der Phase nach der Leistungsinanspruchnahme
Erwartungssteuerung
Unterschiede bzgl. als relevant erachteter Leistungsmerkmale Zufriedenheit der Kunden (während/ nach der Leistungsinanspruchnahme) Relevanz der Kunden aus Unternehmenssicht
217
Quelle: Richter 2005, S. 170
Schaubild 6-12: Konsumphasenbezogene Ziele eines Erwartungsmanagements und Haupteinflussfaktoren auf die Erwartungssteigerung
Erwartungen bzw. entsprechender Strategien zu differenzieren (vgl. Abschnitt 2.4.1.2).
Zentrale phasenbezogene Ziele der Erwartungssteuerung
218
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
6.3.2.2 Marktbezogene Strategien • Marktbezogene Strategien
• Isolierte und...
• ...integrierte Strategien
Im Hinblick auf die marktbezogenen Strategien ist für Dienstleistungsunternehmen die Eindeutigkeit der Abgrenzung des durch die Unternehmensleistung bearbeiteten Marktes zu überprüfen (vgl. z.B. Abell 1980; Backhaus 2003, S. 173ff.). Die Abgrenzung des Marktes findet in diesem Sinne in geografischer als auch produkt- bzw. leistungsbezogener Hinsicht statt. Liegt in diesem Zusammenhang ein eindeutig abgegrenzter Markt vor, sieht sich der Dienstleister einzig mit den Erwartungen der Kunden, die in diesem Markt anzutreffen sind, konfrontiert. Aus dieser Sachlage resultiert das Verfolgen einer isolierten Strategie (Bruhn 2000c, S. 1041). Eine isolierte Strategie vernachlässigt demnach bewusst die Unterschiedlichkeit von Tatbeständen auf den verschiedenen Märkten. Dies findet auf der Basis der Überlegung statt, dass diese keinen Einfluss auf die Kunden des Unternehmens ausüben. Häufig steht jedoch der Markt eines Unternehmens in engem Zusammenhang zu anderen Märkten. Dadurch werden Kundenerwartungen ebenso durch andere Märkte beeinflusst. In diesem Falle wendet das Erwartungsmanagement im Rahmen einer integrierten Strategie auch eine Steuerung der in anderen Märkten bestehenden Erwartungen an. 6.3.2.3 Kundenbezogene Strategien
• Kundenbezogene Strategien fokussieren auf die Heterogenität der Kundenbedürfnisse • Undifferenzierte versus... • ..differenzierte Strategien
Im Hinblick auf die Bildung kundenbezogener Strategien spielt insbesondere die Heterogenität der Kundenbedürfnisse eine bedeutende Rolle (Bruhn 2000c, S. 1036f.). Haben die Zielgruppen des Unternehmens relativ homogene Kundenbedürfnisse, ist im Rahmen des Erwartungsmanagements eine undifferenzierte Strategie zu verfolgen. Bei äußerst heterogenen Kundenbedürfnissen entfällt hingegen die Möglichkeit, Erwartungen sämtlicher Kunden einheitlich zu steuern. In diesem Fall ist eine differenzierte Strategie zu verfolgen. Dies bedeutet für eine Restaurantkette mit unter-
6.3 Strategien des Qualitätsmanagements
schiedlichen Kundensegmenten bzw. Kundentypen, die unterschiedliche Erwartungen aufweisen, beispielsweise eine jeweils differenzierte Gestaltung der Kommunikationsinstrumente anzustreben, um die jeweiligen Segmente anzusprechen. Ein Konzept, das die Kundenbedürfnissee strukturiert, ist der so genannte Kundenbeziehungslebenszyklus. Hierbei findet u.a. die Differenzierung der jeweiligen Bedürfnisse von Kunden anhand der entsprechenden Lebenszyklusphasen statt. In diesem Zusammenhang lassen sich kundenbezogene Strategien des Erwartungsmanagements gemäss dem Kundenbeziehungslebenszyklus nach drei Phasen gliedern (vgl. Bruhn 2001, S. 47ff.):
219
• Nach dem Kundenbeziehungslebenszyklus differenzierte Strategien untergliedern sich in...
(1) Kundenakquisition (Recruitment), (2) Kundenbindung (Retention), (3) Kundenrückgewinnung (Recovery). Hieraus resultieren entsprechend akquisitionsbezogene, bindungsbezogene und rückgewinnungsbezogene Erwartungsstrategien. (1) Akquisitionsbezogene Erwartungsstrategien Im Rahmen akquisitionsbezogener Erwartungsstrategien gilt es in erster Linie, zwischen erwünschten und unerwünschten Kunden zu unterschieden (vgl. Richter 2005, S. 176). Bei erwünschten Kunden sind – aufgrund des positiven Zusammenhangs zwischen prädiktiven Erwartungen und der Kaufverhaltensabsicht – im Rahmen der Neukundenakquisition hohe prädiktive Erwartungen anzustreben. Gleichzeitig stellen relativ hohe normative Erwartungen einen anzustrebenden Zustand dar, um der Konkurrenz die Zufriedenstellung der – aus Sicht des Anbieters potentiellen – Kunden zu erschweren. Bei unerwünschten Kunden ist das Erwartungsmanagement indes gezielt zur Senkung der Kaufabsicht einzusetzen. Eine Differenzierung der erwünschten und potenziellen Kunden findet nach Möglichkeit oftmals anhand des Kriteriums des Kundenwerts statt. Unter Annahme
• ...akquisitionsbezogene Erwartungsstrategien
220
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
eines hohen Kundenwerts ist bei entsprechend attraktiven Kunden oder Zielgruppen ein differenziertes Erwartungsmanagement zur Steigerung der Kaufbereitschaft anzustreben. Demgegenüber wird für weniger attraktive Kunden oder Zielgruppen (mit geringem Kundenwert) ein standardisiertes Erwartungsmanagement zur Steigerung der Kaufbereitschaft (vgl. Schaubild 613) eingesetzt. (2) Bindungsbezogene Erwartungsstrategien Im Rahmen bindungsbezogener Erwartungsstrategien ist die Unterscheidung zwischen zufriedenen und unzufriedenen Kunden zu berücksichtigen. Um zufriedene Kunden weiterhin an den Anbieter bzw. das Unternehmen zu binden, ist grundsätzlich eine Erhöhung der prädiktiven Erwartungen aufgrund der hohen wahrgenommenen Dienstleistungsqualität nicht erforderlich. In bedingtem Maße ist jedoch eine Verringerung der normativen Erwartungen anzustreben, um die zukünftige Zufriedenstellung der Kunden auf der Erwartungsseite abzusichern.
• ...bindungsbezogene Erwartungsstrategien
Nachfrager
Erwünschte Kunden
Weniger attraktive Kunden (Geringer Kundenwert)
Einsatz eines standardisierten Erwartungsmanagements zur Steigerung der Kaufabsicht
Unerwünschte Kunden
Attraktive Kunden (Hoher Kundenwert)
Einsatz eines individuellen Erwartungsmanagements zur Steigerung der Kaufabsicht
Einsatz eines Erwartungsmanagements zur Senkung der Kaufabsicht
Quelle: Richter 2005, S. 176
Schaubild 6-13: Entscheidungsbaum zwischen erwünschten und unerwünschten Kunden sowie entsprechende Handlungsweisen
6.3 Strategien des Qualitätsmanagements
221
Für die Bindung unzufriedener Kunden sind im Rahmen von bindungsbezogenen Kompensationsstrategien hohe prädikative Erwartungen erforderlich, um aufgrund der negativen wahrgenommenen Dienstleistungsqualität mögliche negative Verhaltensabsichten zu kompensieren. Gleichzeitig gilt es, die normativen Erwartungen solcher Kunden zu verringern, um im Rahmen einer bindungsbezogenen Präventionsstrategie eine höhere wahrgenommene Dienstleistungsqualität bei der nächsten Servicetransaktion zu erzielen. (3) Rückgewinnungsbezogene Erwartungsstrategien Analog zu den kundenbindungsbezogenen Erwartungsstrategien ist bei rückgewinnungsbezogenen Erwartungsstrategien zwischen zufriedenen und unzufriedenen Kunden zu differenzieren. Bei zufriedenen abgewanderten bzw. abwanderungsgefährdeten Kunden führt die positive wahrgenommene Dienstleistungsqualität nicht zu positiven Verhaltensabsichten. Daher gilt es, das Potenzial der Kundenzufriedenheit im Falle einer Wiederbeanspruchung der Leistungen des Anbieters durch hohe prädiktive Erwartungen zu erhöhen. Ebenso sind relativ hohe normative Erwartungen anzustreben, da diese – analog zur akquisitionsbezogenen Erwartungsstrategie – durch die eigenen Leistungen erfüllt werden und zudem oftmals eine Wettbewerbsbarriere für erneut potenzielle Konkurrenten darstellen. Um unzufriedene Kunden wiederzugewinnen, sind insbesondere hohe prädiktive Erwartungen anzustreben. Normative Erwartungen sind hingegen auf einem geringen Niveau zu halten, da anzunehmen ist, dass diese bei den letzten Kontakten nicht erfüllt werden konnten. In einer abschließenden Betrachtung kundenzyklusphasenbezogener Strategien zeigt sich, dass eine Forderung hoher prädiktiver und gleichzeitig geringer normativer Erwartungen im Kundenbeziehungslebenszyklus nicht durchgängig Gültigkeit hat. Die Analyse nach zufriedenen und unzufriedenen bzw. attraktiven und unattraktiven Kunden unterstreicht die Tatsache, dass die jeweils anzustrebenden Strategien in starkem Maße
• ...rückgewinnungsbezogene Erwartungsstrategien
222
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
von der Zyklusphase und dem Grad der Kundenzufriedenheit abhängig sind und insbesondere bezüglich normativer Erwartungen Unterschiede aufweisen. 6.3.2.3 Konkurrenzbezogene Strategien • Konkurrenzbezogene Strategien berücksichtigen die Konkurrenzintensität... • ...sowie die eigene Unternehmensstellung im Wettbewerb
Als relevante Determinanten konkurrenzbezogener Strategien sind die Konkurrenzintensität innerhalb eines Marktes sowie die eigene Stellung des Unternehmens im Wettbewerb zu berücksichtigen (Bruhn 2000c, S. 1038f.). Durch die Tatsache, dass Unternehmen im Markt nur selten unabhängig vom Wettbewerb agieren, werden die beiden grundsätzlichen Strategien des Konflikts und der Kooperation unterschieden (vgl. Meffert 1998). Bei Überlegenheit des eigenen Unternehmens gegenüber dem Wettbewerb bzw. konkurrierender Anbieter sind hohe normative Erwartungen im Sinne einer erwartungsbezogenen Konfliktstrategie anzustreben. Bei gleichzeitig hoher Konkurrenzintensität besteht hierbei aber die Gefahr, dass die konkurrierenden Unternehmen die (normativen) Kundenerwartungen durch einen „Erwartungskampf “ dermaßen erhöhen und dadurch eine Erwartungserfüllung immer unwahrscheinlicher wird. Mögliche Beispiele eines Erwartungskampfs sind oftmals mit Aussagen, wie „…der beste seiner Klasse“ oder auch „…unschlagbar“ bzw. „…besser als Konkurrent XY“ verbunden. Es empfiehlt sich bei hoher Konkurrenzintensität daher auch eine Kooperationsstrategie des Erwartungsmanagements. Diese ist nach Möglichkeit auch als Folge einer Konfliktstrategie zu berücksichtigen. Letztlich bilden erwartungsbezogene Strategien – unabhängig von den verfolgten spezifischen Strategien – den Handlungsrahmen des Erwartungsmanagements und determinieren dessen operative Gestaltung.
• Leistungsbezogene Strategien fokussie-
6.3.3 Leistungsbezogene Strategien
ren auf die Erfüllung von Kundenerwartungen
Während erwartungsbezogene Strategien auf die Steuerung von Kundenerwartungen bezogen sind, fokussieren leistungsbezogene Strategien auf das Qualitäts-
6.3 Strategien des Qualitätsmanagements
223
niveau der Leistungen des Unternehmens, d. h. auf die Erfüllung der Kundenerwartungen. Dadurch sind beide Strategietypen eng miteinander verknüpft. Eine Dimensionierung leistungsbezogener Strategien kann in gleicher Weise wie die erwartungsbezogenen Strategien nach den Bereichen Markt, Kunde und Konkurrenz vorgenommen werden. 6.3.3.1 Marktbezogene Strategien
Nach den gleichen Grundsätzen der erwartungsbezogenen Strategien findet auch hier die Überprüfung der Eindeutigkeit der Abgrenzung des durch die Unternehmensleistung bearbeiteten Marktes statt. Ebenso tritt im Falle eines eindeutig abgegrenzten Marktes eine isolierte Strategie in Kraft. Hierbei sind Formen der Marktfeldstrategien insbesondere im Sinne der Strategie der Marktdurchdringung anzustreben. Durch den häufig engen Zusammenhang des Unternehmens zu anderen Märkten bilden Marktfeldstrategien insbesondere im Sinne der Strategie der Dienstleistungsentwicklung, Marktentwicklung und der Diversifikation die Ausgangslage. Durch die Tatsache, dass die Erfüllung von Kundenerwartungen ebenso von Leistungen anderer Märkte beeinflusst wird, richtet sich das Augenmerk verstärkt auf eine integrierte Sichtweise sämtlicher Leistungen bzw. Leistungsqualitäten anderer Märkte in Form von integrierten Strategien. Eine integrierte Strategie eines Anbieters von Finanzund Versicherungsleistungen ist die Berücksichtigung von Leistungsstandards innerhalb der Finanz- als auch der Versicherungsbranche. Die Integration der Anforderungen aus beiden Bereichen führt folglich zur Anwendung einer integrierten Strategie. 6.3.3.2 Kundenbezogene Strategien
Die Heterogenität der Kundenbedürfnisse stellt auch im Bereich leistungsbezogener Kundenstrategien die wichtigste Determinante dar. Hieraus resultieren ana-
• Marktbezogene Strategien unterscheiden sich in isolierte...
• ...und integrierte Strategien
224
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Kundenbezogene Strategien unterscheiden sich nach dem Standardisierungs- bzw. Individualisierungsgrad...
log undifferenzierte leistungsbezogene Strategien und differenzierte leistungsbezogene Strategien. Innerhalb undifferenzierter leistungsbezogener Strategien entfällt ein spezifisches Anpassen der Leistungen an die Kundenbedürfnisse. Eine differenzierte leistungsbezogene Strategie des Qualitätsmanagements zeichnet sich indes insbesondere durch eine Differenzierung der Leistungsqualität in Bezug auf die Kundenbedürfnisse aus. Analog zu den kundenbezogenen Erwartungsstrategien werden die Kundenbedürfnisse nach den Kundenlebenszyklusphasen (Kundenakquisition, Kundenbindung und Kundenrückgewinnung) unterschieden. Leistungsbezogene Strategien lassen sich hierbei in den verschiedenen Phasen jeweils nach dem Standardisierungs- bzw. Individualisierungsgrad in Bezug auf die Leistungsqualität differenzieren. Dadurch werden folgende kundenbezogene Strategietypen festgelegt: 5 Standardisierungs- oder Individualisierungsstrate-
gie in der Phase der Kundenakquisition, 5 Standardisierungs- oder Individualisierungsstrate-
gie in der Phase der Kundenbindung und 5 Standardisierungs- oder Individualisierungsstrategie in der Phase der Kundenrückgewinnung.
• ...sowie nach den Dimensionen von Dienstleistungen
Im Hinblick auf die Erfüllung von Kundenerwartungen durch die Erbringung einer Dienstleistung durch den Anbieter bietet sich eine weitere dienstleistungsspezifische Grundlage an: die Unterteilung der Dimensionen der Dienstleistungsqualität in Bezug auf das Potenzial, den Prozess und das Ergebnis einer Dienstleistung. Aus dieser Perspektive lassen sich für das Qualitätsmanagement strategische Schwergewichte bilden. Im Rahmen der leistungsbezogenen Strategien werden diese – im Sinne einer Fokussierung der Aktivitäten des Qualitätsmanagements auf die besagten Dienstleistungsdimensionen – als folgende Strategien festgehalten: 5 Potenzialorientierte Strategien, 5 Prozessorientierte Strategien, 5 Ergebnisorientierte Strategien,
6.3 Strategien des Qualitätsmanagements
225
Durch die differenzierte Analyse von Kundenbedürfnissen ergibt sich außerdem oftmals die Notwendigkeit der Verknüpfung verschiedener Ansätze der genannten Strategietypen. 6.3.3.3 Konkurrenzbezogene Strategien
Als Entscheidungsgrundlage dienen im Hinblick auf konkurrenzbezogene Strategien ebenso das Verhalten der Konkurrenz bzw. die Konkurrenzintensität innerhalb eines bestimmten Marktes. Im Bereich der leistungsbezogenen Strategien lassen sich hierbei im Umgang mit der Konkurrenz grundsätzlich vier Strategierichtungen beschreiben: 5 5 5 5
• Konkurrenzbezogene Strategien differenzieren sich in...
Ausweichstrategie, Kooperationsstrategie, Konfliktstrategie und Anpassungsstrategie.
Das Prinzip einer Ausweichstrategie stellt die Erfüllung der Kundenerwartungen an die Dienstleistungsqualität mittels Leistungen dar, die einen direkten Wettbewerb mit konkurrierenden Unternehmen verhindern. Im Rahmen einer Kooperationsstrategie wird indes bewusst die Zusammenarbeit mit der Konkurrenz auf der Ebene des Qualitätsmanagements angestrebt. Bei branchenbezogenen hohen normativen Erwartungen und geringem Potenzial zur Bildung prädiktiver Erwartungen basiert die wahrgenommene Dienstleistungsqualität primär auf der objektiven Leistungsqualität. In diesem Zusammenhang ist die im Gegensatz zur Kooperationsstrategie stehende Konfliktstrategie zu nennen. Hierbei wird ein „Leistungskampf“ mit konkurrierenden Unternehmen im Sinne der Dienstleistungsqualität angestrebt, z. B. mittels Festlegung eigener Qualitätsstandards. Eine so genannte Anpassungsstrategie zeichnet sich dadurch aus, dass Unternehmen sich beispielsweise an gegebene Marktformen oder auch an bestehende Qualitätsrichtlinien anpassen. Dies entspricht beispielsweise der Imitation der bestehenden bran-
• ...Ausweichstrategie
• ...Kooperationsstrategie
• ...Konfliktstrategie
• ...und Anpassungsstrategie
226
6 Strategische Ausrichtung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Würdigung der Strategien
chenbezogenen Leistungsqualität oder auch der Erfüllung allgemeingültiger Marktnormen. Im Rahmen einer kritischen Würdigung der bestehenden Strategien ist das Schwergewicht erneut auf den differenzierten Umgang mit normativen und prädiktiven Erwartungen zu legen. Gleichzeitig beziehen sich erwartungsbezogene und leistungsbezogene Strategien in diesem Fall auf das Qualitätsmanagement. Entsprechend sind Unternehmensstrategien zu berücksichtigen, die dem Qualitätsmanagement übergeordnet sind. Die Festlegung der strategischen Ausrichtung des Qualitätsmanagements bildet im Rahmen der Planung und Steuerung die Grundlage der operativen Ausrichtung des Qualitätsmanagements. Hierbei wird – analog zur Bildung von Strategien des Qualitätsmanagements – zwischen den Aktivitäten im Bereich des Erwartungsmanagements und des leistungsbezogenen Qualitätsmanagements unterschieden. Im folgenden Kapitel 7 wird deshalb zunächst die operative Planung des Erwartungsmanagements dargestellt, während das Kapitel 8 die operative Planung des leistungsbezogenen Qualitätsmanagements zum Gegenstand hat.
7
Operative Planung des Erwartungsmanagements
7.1 Aufgaben des Erwartungsmanagements Die Kundenerwartungen sind neben der vom Kunden wahrgenommenen Leistung die zweite Determinante der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität (vgl. Kapitel 2). Damit ist es nicht nur Aufgabe eines umfassenden Qualitätsmanagements, die gelieferten Leistungen zu steuern (vgl. Kapitel 8). Vielmehr stellen auch die Kundenerwartungen eine Steuerungsgröße des Qualitätsmanagements dar. Dies gilt umso mehr, da die anzustrebende Steuerungsrichtung der Kundenerwartungen nicht eindeutig ist. Zunächst bestehen konfliktäre Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Erwartungstypen. Prädiktive Kundenerwartungen, d. h. das durch den Kunden für wahrscheinlich gehaltene Leistungsniveau, wirken sich positiv auf die Qualitätswahrnehmung aus. Dagegen stellen die normativen Kundenerwartungen, d. h. die Anforderungen der Kunden an das Leistungsniveau eines Anbieters, eine negative Determinante der Qualitätswahrnehmung dar (vgl. Kapitel 2). Da prädiktive und normative Erwartungen zudem zu einen gewissen Grad interagieren, können sich Maßnahmen des Erwartungsmanagement durchaus kontraproduktiv auswirken. Dies ist dann der Fall, wenn die prädiktiven Erwartungen, wie idealtypisch angestrebt, gesteigert werden, die normativen Erwartungen dadurch ebenfalls eine Steigerung erfahren und durch die gegengesetzten Auswirkungen auf die wahrgenommene Dienstleistungsqualität damit im Ergebnis keine Wahrnehmungsverbesserung erzielt werden kann.
• Kundenerwartungen als zweite Determinante der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität
• Aus dem konfliktären Zusammenhang zwischen prädiktiven und normativen Erwartungen...
228
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
• ...ergibt sich die zentrale Aufgabe des Erwartungsmanagements
• Beispiel für ein Erwartungsmanagement
Erschwerend kommt hinzu, dass Aktivitäten anderer Unternehmensfunktionen neben dem Erwartungsmanagement ebenfalls und teilweise seit jeher eine Steuerung der Kundenerwartungen zum Gegenstand haben. So dienen Maßnahmen des klassischen Marketing (z. B. klassische Werbung, PR) einer Steigerung der prädiktiven Erwartungen. Dienstleistungsunternehmen streben durch Werbung oder auch eine entsprechende Preisgestaltung an, dass die Kunden ein positives Bild von den Leistungen des Unternehmens erhalten, d. h. eine hohe Leistungsqualität erwarten (im Sinne der prädiktiven Kundenerwartungen). Ziel dieser kundenbezogenen Wirkungen ist es, eine Kaufentscheidung des Kunden in Bezug auf die eigenen Leistungen zu erzielen. Neben einer Steigerung der prädiktiven Erwartungen haben die entsprechenden Maßnahmen jedoch auch eine Steigerung der normativen Erwartungen zur Folge. Kunden wählen einen Anbieter u. a. aufgrund eines hohen Preises, da der Preis als Qualitätsindikator dient. Wenn sie einen hohen Preis zahlen, erwarten sie (im Sinne der normativen Erwartungen) dafür auch eine hohe Leistungsqualität. Damit ist eine zentrale Aufgabe des Erwartungsmanagements in der Abstimmung der prädiktiven und normativen Kundenerwartungen zu sehen. Viele erwartungsdeterminierende Maßnahmen wirken sich auf beide Erwartungstypen aus, so dass es für Unternehmen wichtig ist, exakt abzuwägen, welchen Gesamteffekt die jeweiligen Maßnahmen auf die wahrgenommene Dienstleistungsqualität haben. Noch zielführender ist eine Abstimmung dahingehend, dass gleichzeitig eine Abschwächung der normativen Erwartungen und Steigerung der prädiktiven Erwartungen erzielt wird. Die praktische Umsetzung dieser Überlegungen zeigt Beispiel 7-1. Beispiel 7-1: Erwartungsmanagement bei einer Fluggesellschaft Es erscheint generell schwierig, die normativen und prädiktiven Erwartungen isoliert zu steuern. Dies wäre allerdings nötig, um die gewünschten Effekte auf die wahrgenommene Dienstleistungsqualität zu erzielen.
7.1 Aufgaben des Erwartungsmanagements
229
Eine amerikanische Fluggesellschaft hat diesbezüglich vor einigen Jahren einen interessanten Ansatz gewählt: In einer Werbeanzeige wurde proklamiert, dass alle Fluggesellschaften Probleme hätten, die geplanten Ankunftszeiten einzuhalten (Senkung der normativen Erwartungen), dass sie selbst damit jedoch am besten zurecht komme (Erhöhung der prädiktiven Erwartungen) (Boulding et al. 1993). In dieser Anzeige wird also das Qualitätsmerkmal „Pünktlichkeit“ einer Fluggesellschaft angesprochen. Die Maßnahme dient der Steuerung des normativen Erwartungstyps des Product-Type-Niveau, d. h. des durchschnittlichen Qualitätsniveaus in einer Branche. Wenn der Kunde weiß, dass alle Gesellschaften diese Probleme haben, wird er bei der eigenen Fluggesellschaft nicht zu kritisch damit umgehen. Daneben werden auch die prädiktiven Erwartungen gesteuert, indem dem Kunden versichert wird, dass man selbst am Besten mit diesem Problem zurecht kommt. Dies führt generell zu einer positiveren Wahrnehmung der eigentlichen Pünktlichkeit im Sinne einer „self-fulfilling prophecy“. Im Ergebnis werden die Kundenerwartungen durch die Anzeige demnach derart gesteuert, dass der Kunde die Pünktlichkeit der Fluggesellschaft positiver wahrnimmt. Weiterhin ist im Rahmen des Erwartungsmanagements zu berücksichtigen, dass bei einer Vernachlässigung der Erwartungssteuerung die Gefahr einer Erwartungsspirale besteht (Bruhn 2000c). Grundprinzip des Qualitätsmanagements ist eine Erfüllung oder sogar Übererfüllung der normativen Erwartungen, um im Ergebnis eine positive Qualitätswahrnehmung zu erzielen. Die Erfahrung zeigt, dass vor allem eine Übererfüllung der Kundenerwartungen zu gestiegenen Erwartungen führen kann. Wenn der Kunde realisiert, dass der Anbieter sogar mehr leisten kann als er ursprünglich erwartet hat, wird er aufgrund dieser Erfahrung seine Erwartungen nach oben anpassen. In der Folge versucht der Anbieter wiederum, seine Leistungen zu verbessern, und steigert damit erneut die Kundenerwartungen.
• Die Gefahr der Erwartungsspirale durch steigende Kundenerwartungen...
230
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
• ...wird durch die Erreichung eines moderaten Niveaus der normativen Erwartungen sichergestellt
Eine Fortsetzung dieses Gedankenspiels hat die angesprochene Erwartungsspirale zum Ergebnis. Damit ist es eine weitere Aufgabe des Erwartungsmanagements, ein moderates Niveau der normativen Erwartungen sicherzustellen (Bruhn/Georgi 2000). Es wird deutlich, dass die Kundenerwartungen eine wesentlich komplexere Steuerungsgröße als andere Marketingzielgrößen darstellen. Größen wie Umsatz, Kundenzufriedenheit oder eben die wahrgenommene Dienstleistungsqualität sind grundsätzlich zu steigern, solange es wirtschaftlich sinnvoll ist, jedoch in den seltensten Fällen zu reduzieren. Dagegen bestehen beim Erwartungsmanagement konfliktäre Zielsetzungen, so dass es sehr erstaunlich ist, dass Ansätze eines systematischen Erwartungsmanagements in Literatur und Praxis kaum bekannt sind. Ein Erwartungsmanagement bedarf bestimmter Stellhebel, über die die Kundenerwartungen gesteuert werden können. Die Determinanten der Kundenerwartungen stellen Ansatzpunkte für die Identifizierung solcher Stellhebel dar.
7.2 Determinanten der Kundenerwartungen als Ausgangspunkt des Erwartungsmanagements • Determinanten der Kundenerwartungen
• Nachfragerbezogene Determinanten
Insbesondere aufgrund der Komplexität der Kundenerwartungen setzen Dienstleistungsanbieter gewöhnlich an den Determinanten der Kundenerwartungen als Stellhebel zu deren Steuerung an. Auf einer übergeordneten Ebene lassen sich als Determinanten der Kundenerwartungen nachfragerbezogene, anbieterbezogene und konkurrenzbezogene Determinanten differenzieren (vgl. Schaubild 7-1; vgl. für einen Überblick Zeithaml et al. 1993). Den nachfragerbezogenen Determinanten werden solche Aspekte subsumiert, die aus der Persönlichkeit des Kunden oder der Situation des Kunden (vgl. Clow/ Beisel 1995, S. 35) abgeleitet sind. Diese Aspekte können vom Anbieter nicht gesteuert werden. Zu den persön-
Nachfragerbezogene Determinanten
Persönlichkeit
Anbieterbezogene Determinanten
Anbietererfahrung
– Persönliche Bedürfnisse
– Übertragene Erwartungen
– Eigene Erfahrung
– Persönliche Servicephilosophie
– Zufällige Übernachfrage
– Eigene Leistungsfähigkeit
– Höhere Gewalt
Durch den Anbieter nicht steuerbar
– Mund-zu-MundKommunikation (persönlich, Experten)
Versprechen – Explizite Versprechen (z.B. Kommunikation, Verträge) – Implizite Versprechen (z.B. Preis, tangibles Umfeld)
Durch den Anbieter steuerbar
Konkurrenzerfahrung – Eigene Erfahrung – Mund-zu-MundKommunikation (persönlich, Experten)
Alternativen – Angebote der Konkurrenz – Möglichkeit der Eigenerstellung
Durch den Anbieter nicht steuerbar
231
Quelle: in Anlehnung an Zeithaml et al. 1993 S. 8
Situation
Konkurrenzbezogene Determinanten
7.2 Determinanten der Kundenerwartungen als Ausgangspunkt des Erwartungsmanagements
Schaubild 7-1: Determinanten der Kundenerwartungen
Determinanten der Kundenerwartungen
232
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
• Anbieterbezogene Determinanten
lichkeitsbezogenen Determinanten (vgl. Thompson/Kaminski 1993) zählen persönliche Bedürfnisse des Kunden, seine persönliche Servicephilosophie sowie seine eigene Leistungsfähigkeit. Gerade bei Leistungen, für deren Erstellung eine intensive Beteiligung des externen Faktors erforderlich ist, wirkt sich diese Determinante auf die Erwartungen aus. Wenn sich ein Kunde bewusst ist, dass er nicht in dem Maße zur Leistungserstellung beitragen kann, wie es üblich oder vereinbart ist, wird er vom Anbieter keine hervorragende Leistung verlangen. Den situationsbezogenen Determinanten werden höhere Gewalt (z. B. Unwetter), eine zufällige Übernachfrage und so genannte übertragene Erwartungen zugerechnet. Übertragene Erwartungen bezeichnen Erwartungen, die ein Kunde an einen Anbieter hat, um die Erwartungen anderer Personen (z. B. seiner eigenen Kunden oder seiner Vorgesetzten) erfüllen zu können. Als anbieterbezogene Determinanten werden jene Determinanten bezeichnet, die im Kontakt zwischen Kunde und Anbieter generiert werden und somit durch den Anbieter steuerbar sind. Hierbei lassen sich die Erfahrung mit dem Anbieter und Versprechungen des Anbieters unterscheiden. Die Erfahrung mit dem Anbieter betrifft die Beurteilung der bisher erhaltenen Leistungen des Anbieters aus Kundensicht (vgl. Kopalle/Lehmann 1995, S. 281). Hierbei kommen sowohl die eigene Erfahrung des jeweiligen Kunden als auch die Erfahrung anderer Kunden zum Tragen, die ihm über Mundzu-Mund-Kommunikation von persönlichen Freunden und Bekannten oder Experten (z. B. Leistungstests in Zeitschriften) mitgeteilt werden (vgl. Webster 1991, S. 9; Anderson 1994; Helm/Günter 2000). Versprechungen des Anbieters sind Aktivitäten des Anbieters, die auf das Niveau der in Anspruch zu nehmenden Leistung schließen lassen. In expliziten Serviceversprechen (z. B. Kommunikation, Verträge) wird dieses Leistungsniveau konkret benannt (vgl. Strader/Katz 1990; Hill/Gandhi 1992, S. 70; Kopalle/Lehmann 1995, S. 281). Bei impliziten Leistungsversprechen (z. B. tangibles Umfeld, Preis) leitet der Kunde das zu erwartende Leistungsniveau aus beobachtbaren Qualitätsindikatoren ab (vgl. Kirmani/
7.3 Instrumente des Erwartungsmanagements
Wright 1989, S. 344f.; Sweeney et al. 1992; Kopalle/Winer 1996). Schließlich bezeichnen konkurrenzbezogene Determinanten solche Aspekte, die mit anderen Anbietern der gleichen Leistungen in Zusammenhang stehen. Wie die nachfragerbezogenen Determinanten sind auch die konkurrenzbezogenen Determinanten vom Anbieter selbst nicht steuerbar. Zu den konkurrenzbezogenen Determinanten gehören die Erfahrung mit anderen Anbietern und die wahrgenommenen Servicealternativen. Bei der Erfahrung mit anderen Anbietern können – vergleichbar den Erfahrungen mit dem betrachteten Anbieter – sowohl die eigene Erfahrung als auch Erfahrungen anderer, die über Mund-zu-Mund-Kommunikation bekannt werden, differenziert werden. Die wahrgenommenen Servicealternativen betreffen die Möglichkeit des Kunden, die Leistungen des Anbieters auf anderem Wege zu erlangen. Neben den Angeboten der Konkurrenz kann sich auch die Möglichkeit der Eigenerstellung, bei der der Nachfrager in Konkurrenz zum Anbieter tritt, auf die Kundenerwartungen auswirken. Vor dem Hintergrund der Determinanten der Kundenerwartungen als potenzielle Stellhebel bei der Erwartungssteuerung konzipieren Dienstleistungsunternehmen ein systematisches Erwartungsmanagement.
233
• Konkurrenzbezogene Determinanten
7.3 Instrumente des Erwartungsmanagements Beim Erwartungsmanagement geht es vor allem darum, die Kundenerwartungen in eine zielführende Richtung zu beeinflussen. Dazu ist es notwendig, erstens die Kundenerwartungen zu kennen und zweitens Mittel zu identifizieren, wie sie beeinflusst werden können. Entsprechend gibt es zwei Gruppen von Instrumenten im Rahmen des Erwartungsmanagements:
• Typen von Instrumenten des Erwartungs-
(1) Instrumente zur Messung und Analyse der Kundenerwartungen, (2) Instrumente zur Steuerung der Kundenerwartungen.
managements
234
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
• Ansätze zur Mes-
7.3.1 Messung und Analyse der Kundenerwartungen
sung und Analyse
Die Analysephase des Kundenwertmanagementprozesses hat die Analyse der Kundenerwartungen zum Gegenstand. Dies bedeutet zunächst, dass eine Messung der Kundenerwartungen vorgenommen wird, um auf dieser Basis später Entscheidungen zu treffen. Zur Messung der Kundenerwartungen lassen sich grundsätzlich zahlreiche der bei den Qualitätsmessverfahren (vgl. Kapitel 4) diskutierten Messansätze verwenden. Aus einer Perspektive des Erwartungsmanagements lassen sich vier Dimensionen zur Differenzierung unterschiedlicher Messansätze heranziehen (Bruhn 2000c; vgl. Schaubild 7-2):
der Kundenerwartungen
• Global- vs. Merkmalsmessung
(1) Dimensionalität der Erwartungsmessung: Bei der eindimensionalen Messung werden die Erwartungen in Bezug auf die Gesamtleistung (Globalmessung) erhoben (Liljander/Strandvik 1993a, S. 121), während die mehrdimensionale Messung an einzelnen Merkmalen einer Leistung (z. B. der Wartezeit am Bankschalter) ansetzt (Merkmalsmessung). Im Vergleich zur Globalmessung hat die Merkmalsmessung den Vorteil, dass mit ihr konkrete Implikationen für Maßnahmen des Erwartungsmanagements gezogen wer-
Ansätze der Erwartungsmessung
Eindimensional
Direkt
Mehrdimensional
Indirekt
Ex-ante
Ex-post
Ex-anteGlobalmessung
Ex-postGlobalmessung
Explizit
Implizit
Direkt
Ex-ante
GlobalGlobalEx-anteerfüllungs- beurteilungs- merkmalsmessung messung messung
Schaubild 7-2: Ansätze zur Messung der Kundenerwartungen
Indirekt
Ex-post Ex-postMerkmalsmessung
Explizit
Implizit
Merkmals- Merkmalserfüllungs- beurteilungsmessung messung
7.3 Instrumente des Erwartungsmanagements
235
den können. Gegen die Merkmalsmessung spricht, dass Leistungsmerkmale existieren, die für den Kunden schwer abzuschätzen sind, bezüglich derer er keine Erwartungen bildet bzw. die er vor der Leistungsinanspruchnahme nicht einmal als Leistungsmerkmal wahrnimmt. Bei bestimmten Merkmalen (z. B. Farbe bei Produkten, Wartedauer in der Schlange bei Dienstleistungen) ist eine Erwartungskonkretisierung aus Kundensicht eher möglich als bei Anderen (z. B. Freundlichkeit der Mitarbeiter bei Dienstleistungen). Entsprechend werden durch eine Merkmalsmessung nicht zwingenderweise alle Merkmale erfasst und folglich u. U. falsche Prioritäten im Hinblick auf die aus Kundensicht relevantesten Merkmale abgeleitet. Dies verdeutlicht das Beispiel 7-2. Beispiel 7-2: Implizite Kundenerwartungen bei Restaurants Der Manager eines englischen Restaurant fragte sich, wie er die Gestaltung und das Angebot des Restaurants verbessern könnte und wandte sich an das City College Norwich in England. Dieses entwarf ein Befragungsdesign zur Messung der Qualität des Restaurants sowie der (prädiktiven) Erwartungen in Bezug auf die Restaurantleistungen. Dabei wurden die Besucher des Restaurants gebeten, die Aspekte zu nennen, die ihnen positiv oder negativ in dem Restaurant aufgefallen sind. Passanten wurden nach ihren positiven oder negativen Einschätzungen bezüglich der in dem Restaurant zu erwartenden Leistung (prädiktive Erwartungen) befragt. Anschließend wurde gegenübergestellt, welche Aspekte sowohl von den Passanten erwartet als auch durch die Besucher wahrgenommen wurden. Parallel dazu sind Aspekte erfasst und untersucht worden, die nicht in den Erwartungen von Passanten lagen aber von den Kunden letztendlich wahrgenommen wurden. Schaubild 7-3 führt die entsprechenden Ergebnisse auf. Beispielsweise war 5 Prozent der Kunden aufgefallen, dass das Personal freundlich war. Keiner
• Beispiel für implizite Kundenerwartungen
236
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
Als Erwartung geäußert (%) Beurteilung beim Restaurant (%) Positive Eigenschaften, die vom Kunden nicht erwartet wurden: Essen traditionell/authentisch konsistent
0 0
5 0
Klima eigenerT isch geräumig Bilder
0 0 0
9 5 14
Mitarbeiter kompetent freundlich
0 0
0 5
Atmosphäre freundlich/gastlich
0
0
Essen schlecht gekocht
0
14
Preis Service Gebühr
0
23
Mitarbeiter jung/unerfahren unangemessen gekleidet/schäbig
0 0
9 9
Negative Eigenschaften, die vom Kunden nicht erwartet wurden:
Quelle: Johns/Howard 1998, S. 256
Schaubild 7-3: Implizite Kundenerwartungen in Bezug auf ein Restaurant
der Kunden (0 Prozent) hatte dies explizit als Erwartung formuliert. Im Hinblick auf negative Aspekte ist 23 Prozent der Kunden der Preis negativ aufgefallen, während dies von keinem Passanten als negativer Punkt erwartet wurde. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass es durchaus realistisch ist, dass Kunden im Kontakt zum Dienstleistungsanbieter Qualitätsmerkmale wahrnehmen, über die sie sich vorher keine Gedanken gemacht hatten und bezüglich derer sie keine Erwartungen gebildet hatten. (Quelle: Johns/Howard 1998) • Ex-ante- versus Ex-post-Messung von Kundenerwartungen
(2) Zeitpunkt der Erwartungsmessung: Die Erwartungsmessung kann vor (Ex-ante-Messung) oder nach der Leistungsinanspruchnahme (Ex-post-Messung) durchgeführt werden (Swan 1977; Swan/Trawick 1982; Cadotte et al. 1987; Liljander/Strandvik 1993a,
7.3 Instrumente des Erwartungsmanagements
237
S. 121). Werden die Erwartungen Ex-post gemessen, besteht die Gefahr einer nachträglichen Anpassung der Erwartungen. In der Folge werden nicht die Erwartungen gemessen, wie sie vorher gegeben waren. Dagegen ist eine Ex-ante-Messung mit einem höheren Aufwand verbunden; insbesondere, wenn neben den Erwartungen die Qualitätswahrnehmung (Ex-post) gemessen wird. Weiterhin ist die Ex-Ante-Messung mit dem oben beschriebenen Problem verbunden, dass Kunden vor der Leistungsinanspruchnahme ihre Erwartungen u. U. nicht zum Ausdruck bringen können. Schaubild 7-4 zeigt exemplarisch, wie bei einer Sprachschule die prädiktiven Erwartungen vor dem erstmaligen Besuch der Sprachschule gemessen wurden.
Wie wird Ihrer Meinung nach die Ausstattung und das Personal der Sprachschule Gamma sein? Bitte nur ein Kästchen ankreuzen!
sehr gut
gut
eher gut
mittel
eher schlecht
schlecht
sehr schlecht
schlecht
sehr schlecht
2. Ausstattung und Personal werden … sein
Wie wird Ihrer Meinung nach der Verlauf des Sprachkurses bei Gamma sein? Bitte nur ein Kästchen ankreuzen!
sehr gut
gut
eher gut
mittel
eher schlecht
3. Der Verlauf des Sprachkurses wird … sein
Wie werden Ihrer Meinung nach die für Sie durch den Sprachkurs bei Gamma erzielbaren persönlichen Auswirkungen/Ergebnisse sein? Bitte nur ein Kästchen ankreuzen!
sehr gut
gut
eher gut
mittel
eher schlecht
schlecht
sehr schlecht
4. Die für mich bei Gamma erzielbaren persönlichen Auswirkungen/Ergebnisse werden … sein?
Wie wird es Ihrer Meinung nach bei der Sprachschschule Gamma insgesamt sein? Bitte nur ein Kästchen ankreuzen!
sehr gut
gut
eher gut
mittel
eher schlecht
schlecht
sehr schlecht
5. insgesamt wird es bei der Sprachschule Gamma … sein
Quelle: Richter 2005, S. 269
Schaubild 7-4: Messung der prädiktiven Erwartungen in Bezug auf eine Sprachschule
238
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
• Direkte versus indirekte Erwartungsmessung
• Explizite Erwartungsmessung
• Operationalisierung der Kundenerwartungen
(3) Direktheit der Erwartungsmessung: Bei der direkten Messung werden Kunden konkret nach ihren Erwartungen gefragt, während bei der indirekten Messung die Erwartungen über die Messung von Qualitätsbeurteilungen bestimmt werden (Berry/Parasuraman 1998). Die direkte Messung stellt hohe Anforderungen an die Probanden, ein derart komplexes Konstrukt wie die Erwartungen zum Ausdruck zu bringen. Dazu wird vom Probanden bei einer Expost-Messung erwartet, dass er nachträglich Erwartung und Wahrnehmung trennen kann. Eine indirekte Messung, bei der über die Bedeutungsgewichte einzelner Qualitätsmerkmale aus Kundensicht indirekt Schlussfolgerungen bezüglich der Erwartungen gezogen werden, kann nur Ex-post stattfinden. Außerdem kann sie keine Erwartungsniveaus ermitteln, sondern nur die relative Wichtigkeit von Qualitätsmerkmalen. (4) Explizitheit der Erwartungsmessung: Dieses Kriterium stellt eine Subdimension der indirekten Erwartungsmessung dar. Im Rahmen der expliziten Messung wird in der Aussageformulierung konkret auf die Erwartungen Bezug genommen (Erfüllungsmessung), während bei der impliziten Messung die Erwartungen ausgehend von Leistungsbeurteilungen (Beurteilungsmessung) analytisch ermittelt werden (vgl. z. B. Parasuraman et al. 1988, S. 31ff.; Rosen/Karwan 1994). Bei der impliziten Messung verstärkt sich noch das Erfordernis, die Kundenerwartungen aus der Beurteilungsmessung abzuleiten. In Abhängigkeit von der jeweiligen Erwartungsmessung erfolgt eine unterschiedliche Operationalisierung zur Erfassung der Erwartungen. Schaubild 7-5 zeigt verschiedene Aussageformulierungen, wie sie in Kundenbefragungen von Dienstleistungsunternehmen eingesetzt werden. Im Hinblick auf die beiden Erwartungstypen ist hier zu berücksichtigen, dass die Messung der normativen Erwartungen Ex-Ante und Ex-post gleich verläuft, da sie einen zeitunabhängigen Charakter haben. Dies gilt nicht für die prädiktiven Erwartungen,
Hohe normative Erwartung
Geringe normative Erwartung
Ex-ante-Globalmessung „Ein hervorragender Anbieter liefert immer eine anstandslose Leistung.“
„Ein Anbieter sollte zumindest die Leistung so erbringen, dass sie nutzbar ist.“
Globalerfüllungsmessung
„Die Leistung des Anbieters X war wie bei einem optimalen Anbieter.“
„Die Leistung des Anbieters X war akzeptabel für einen Anbieter dieser Kategorie.“
Globalbeurteilungsmessung
„Mit den Leistungen des Anbieters X bin ich sehr zufrieden.“
Ex-post-Globalmessung
Ex-ante-Merkmalsmessung
Prädiktive Erwartung „Ich denke, dass der Anbieter X eine hervorragende Leistung liefern wird.“ „Als ich Anbieter X gewählt habe, dachte ich, dass er eine hervorragene Leistung liefern würde.“ „Die Leistung des Anbieters X war, wie ich mir es vorher vorgestellt hatte.“
„Ich denke, daß die Mitarbeiter des Anbieters X sehr freundlich sein werden.“
„Die Mitarbeiter eines hervorragenden Anbieters sind immer freundlich.“
„Die Mitarbeiter eines Anbieters sollten ein Mindestmaß an Freundlichkeit aufweisen.“
Merkmalserfüllungsmessung
„Die Mitarbeiter des Anbieters X waren so freundlich wie die eines optimalen Anbieters.“
„Die Mitarbeiter des Anbieters X waren so freundlich, wie es zumindest verlangt werden kann.“
Merkmalsbeurteilungsmessung
„Mit der Freundlichkeit der Mitarbeiter des Anbieters X bin ich sehr zufrieden.“
Ex-post-Merkmalsmessung
7.3 Instrumente des Erwartungsmanagements
Schaubild 7-5: Frageformulierungen bei der Messung der Kundenerwartungen
Erwartungstyp Messansatz
„Als ich Anbieter X gewählt habe, dachte ich, daß seine Mitarbeiter sehr freundlich sein würden.“
Die Aussagen sind jeweils anhand einer Skala von „trifft sehr zu“ bis „trifft überhaupt nicht zu“ zu bewerten.
239
Quelle: Bruhn 2000c, S. 1041
„Die Mitarbeiter des Anbieters X waren so freundlich, wie ich mir es vorgestellt hatte.“
240
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
die sich explizit auf zukünftige Leistungsinanspruchnahmen beziehen. Daher ist eine Ex-post-Messung schwieriger. Weiterhin können Probleme auftreten, wenn die beiden Erwartungstypen gleichzeitig gemessen werden (Oliver 1996, S. 86). Allerdings existieren Studien, in denen beispielweise eine getrennte Messung von prädiktiven und normativen Erwartungen im Rahmen von Experimenten vorgenommen wurde (vgl. z. B. Boulding et al. 1993; Spreng et al. 1996). Die Ergebnisse der Erwartungsmessung werden vom Dienstleistungsunternehmen weiter analysiert, um die Grundlage für systematische Maßnahmen des Erwartungsmanagements abzuleiten. Hierbei lassen sich zwei wesentliche Analyseansätze unterscheiden: • Absolute Erwar-
5 Bei der absoluten Erwartungsanalyse geht es darum,
tungsanalyse
das Niveau der Kundenerwartungen zu messen und zu analysieren. Dies geschieht vor allem vor dem Hintergrund, dass sich prädiktive Erwartungen eher positiv und normative Erwartungen eher negativ auf die Qualitätswahrnehmung auswirken. 5 Bei der relativen Erwartungsanalyse werden die Erwartungen nach Kundengruppen oder Leistungsarten differenziert analysiert. Die Ergebnisse lassen dann die Ableitung von Marketingmaßnahmen, differenziert nach Kundengruppen und/oder differenziert nach Leistungen, zu.
• Relative Erwartungsanalyse
Die Analyseergebnisse fließen in die Planung des Erwartungsmanagements ein. 7.3.2 Steuerung der Kundenerwartungen • Determinanten von Kundenerwartungen als Ansatzpunkte des Erwartungsmanagements
Ausgehend von den Analyseergebnissen versuchen Dienstleistungsunternehmen, die Kundenerwartungen in die angestrebte Richtung zu steuern. Erwartungen sind im Zeitablauf nicht stabil, deshalb lassen sich Maßnahmen des Erwartungsmanagements sowohl vor als auch nach dem Kauf realisieren. Bei Dienstleistungen, die im Kontakt mit dem Kunden erstellt werden, sind auch in der Kauf-/Erstellungsphase Maßnahmen des Erwartungsmanagements notwendig, da sich Erwartungen
7.3 Instrumente des Erwartungsmanagements
auch im Laufe des Erstellungsprozesses verändern können bzw. steuerbar sind. Als Ansatzpunkte für eine Steuerung wurden bereits weiter oben die Determinanten der Kundenerwartungen identifiziert. An diesen Determinanten orientieren sich entsprechend die Maßnahmen des Erwartungsmanagements. Im Hinblick auf die Bildung von Kundenerwatungen lassen sich bei einer groben Unterscheidung vier grundlegende Erwartungsdeterminanten unterscheiden. Bedürfnisse des Kunden, Qualitätsindikatoren des Anbieters, Erfahrung mit dem betrachteten oder anderen Anbietern und Empfehlungen (Mund-zu-Mund-Kommunikation). Diese Einflussfaktoren treffen auf die verschiedenen Erwartungstypen in unterschiedlichem Maße zu. So werden die so genannten „Experienced Based Norms“, Best-Brand-Niveau und Product-Type-Niveau sowie die prädiktiven Erwartungen (vgl. auch Schaubild 7-1) primär durch die Erfahrungen des Kunden determiniert. Die normativen Erwartungen am oberen Ende der Leistungsniveauskala werden vor allem durch die Bedürfnisse des Kunden bestimmt und sind somit weniger steuerbar als die übrigen Erwartungstypen. Durch Qualitätsindikatoren werden vor allem das angemessene Leistungsniveau und die prädiktiven Erwartungen beeinflusst. Bei letzteren kommt darüber hinaus die Mund-zu-Mund-Kommunikation als Determinante hinzu. Der Einfluss der Determinanten auf die Kundenerwartungen unterscheidet sich im Hinblick auf die Direktheit, so dass sich ein direktes und ein indirektes Erwartungsmanagement als Formen des Erwartungsmanagements differenzieren lassen (vgl. Schaubild 7-6).
(1) Direktes Erwartungsmanagement Beim direkten Erwartungsmanagement werden Maßnahmen eingesetzt, die sich unmittelbar auf die Kundenerwartungen auswirken. Dies ist durch eine Steuerung der Kundenbedürfnisse und der Qualitätsindikatoren als Erwartungsdeterminanten möglich. Bezüglich der Aufgaben des Bedürfnismanagements sind zur Erwartungssteuerung die Generierung von Be-
241
• Direktes und indirektes Erwartungsmanagement
• Direktes Erwartungsmanagement umfasst die Steuerung von Kundenbedürfnissen und...
242
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
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Direktes Erwartungsmanagement
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Indirektes Erwartungsmanagement
Schaubild 7-6: Instrumente des Erwartungsmanagements
dürfnissen sowie die Dokumentation des Potenzials der Bedürfniserfüllung durch den Anbieter erforderlich. Im Hinblick auf die Wirkung der Kundenbedürfnisse können diese geringe normative Erwartungstypen dahingehend beeinflussen, dass der Kunde seine Minimalbedürfnisse erfüllt sehen möchte. Auch die Idealvorstellung des Kunden oder das von ihm gewünschte Leistungsniveau als hohe normative Erwartungen können durch die Kundenbedürfnisse determiniert sein. Die Generierung von Bedürfnissen kann somit vor allem die normativen
7.3 Instrumente des Erwartungsmanagements
Erwartungstypen steuern. Auf die prädiktiven Erwartungen wirkt sich primär das Vertrauen in die Bedürfnisbefriedigung durch einen bestimmten Anbieter aus, so dass hier die Dokumentation des Erfüllungspotenzials zum Tragen kommt. Im Rahmen des Indikatormanagements identifizieren und steuern Unternehmen Qualitätsindikatoren, anhand denen für den Kunden eine Leistungseinschätzung möglich wird. Die Aufgaben des Indikatormanagements beziehen sich zum einen auf Versprechungen gegenüber dem Kunden und zum anderen auf das Angebot von Convenience. Versprechungen werden generell steigernde Erwartungswirkungen zugesprochen. Im Sinne von „wenig versprechen“ oder „realistisch versprechen“ lassen sich Versprechungen jedoch ebenso zu einer Stabilisierung/Senkung der Erwartungen einsetzen (z. B. einfaches Vertriebssystem, geringer Preis). Das Angebot von Convenience lässt sich in ähnlicher Weise einsetzen. Je mehr Convenience dem Kunden geboten wird, desto mehr wird er von den (weiteren) Leistungstransaktionen erwarten.
(2) Indirektes Erwartungsmanagement Im Gegensatz zum direkten Erwartungsmanagement wirken sich Maßnahmen des indirekten Erwartungsmanagements zur Steuerung der Kundenerfahrungen und der Mund-zu-Mund-Kommunikation nicht unmittelbar auf die Kundenerwartungen aus. Das Erfahrungsmanagement basiert auf der Überlegung, dass die Kundenerwartungen umso höher sind, je positiver der Kunde seine bisherigen Erfahrungen mit dem Anbieter einschätzt. Erfahrungen wird sowohl eine Beeinflussung der prädiktiven Erwartungen (Boulding et al. 1993) als auch der geringen/mittleren normativen Erwartungstypen zugesprochen. Positive Erfahrungen können allerdings auch zu einer Erhöhung der hohen normativen Erwartungstypen im Sinne des Setzens neuer Standards im Wettbewerb beitragen. Dabei geht es nicht nur um die Erfahrung des einzelnen Kunden und ihre Auswirkungen auf seine eigenen Erwartungen. Bei einer Betrachtung des gesamten Kundenstamms tragen die Er-
243
• ...von spezifischen Leistungsindikatoren
• Indirektes Erwartungsmanagement fokussiert auf kundenbezogenen Erfahrungen...
244
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
• ...und Empfehlungen
• Beispiel der Erwartungssteuerung mittels...
fahrungen der Kunden zum Image bei aktuellen und vor allem auch potenziellen Kunden bei, bei denen die Kaufentscheidung oft vom Image eines Anbieters abhängt. Schließlich ist ein Empfehlungsmanagement erforderlich, da Empfehlungen – sowohl von Freunden und Bekannten als auch von unabhängigen Experten – die Kundenerwartungen im positiven und negativen Sinne beeinflussen können. Sie determinieren zum einen die prädiktiven Kundenerwartungen, da sich der Kunde aufgrund von Aussagen, denen er mehr Vertrauen schenkt als Unternehmensinformationen, ein konkreteres Bild über das Leistungsangebot eines Unternehmens machen kann (vgl. Boulding et al. 1993). Durch Empfehlungen können zum anderen die normativen Erwartungen gesteuert werden, indem Kunden Aspekte, die sie durch Mund-zu-Mund-Kommunikation über bestimmte Anbieter erfahren, auch von diesen verlangen. Beispiel 7-3 zeigt das Experiment eines Hotels im Hinblick auf die unterschiedlichen Wirkungen einer Erwartungssteuerung.
Beispiel 7-3: Steuerung der Kundenerwartungen in einem Hotel Schon immer hat Jürgen Knecht, General Manager eines Kölner Hotels, gerne seine Kunden spontan in der Lobby angesprochen und nach ihrem Wohlbefinden gefragt. Dabei hat er den Eindruck gewonnen, dass es teilweise ganz unterschiedliche Aspekte sind, die die Kunden vom Hotel erwarten. Auch scheinen oft ihre Vorstellungen von der zu erwartenden Leistung ganz unterschiedlich zu sein. Auch wenn er dies grundsätzlich nachvollziehen konnte, so bedauerte er es schon auch ein wenig, denn je unterschiedlicher die Kundenerwartungen sind, desto schwieriger wird es, alle Erwartungen zu erfüllen – gerade in einem Hotel, bei dem generell viele Leistungselemente standardisiert sind. Da fiel dem Hotelchef ein, dass sein Neffe Axel Betriebswirtschaftslehre studiert – da sollte man sich doch mit so etwas auskennen. Nachdem der Onkel dem Neffen das Problem geschildert hatte und die-
7.3 Instrumente des Erwartungsmanagements
245
ser an seiner Uni mit dem Marketingprofessor über seine Diplomarbeit gesprochen hatte, stand fest, dass Axel die Auswirkungen von Maßnahmen des Erwartungsmanagements in dem Hotel des Onkels untersuchen würde. Dabei wurde der Einfluss der drei Erwartungsdeterminanten 5 Serviceversprechen (übertriebene Versprechungen
bezogen auf die zu erwartende Leistung), 5 Serviceinformation (Information über einen negativen Sachverhalt während des Aufenthaltes, nämlich eine Ruhestörung aufgrund einer Baustelle), 5 Serviceperformance (die eigentliche Wahrnehmung des Gastes von der Leistung und dem Hotel selbst)
• …Serviceversprechen, -information und -performance
auf die beiden Erwartungstypen 5 prädiktive und 5 normative Erwartungen
untersucht. Dabei wurden verschiedene Resultate erzielt, die teilweise überraschen vor dem Hintergrund der Theorie: 5 Die prädiktiven Erwartungen, bei denen man ei-
gentlich davon ausgeht, dass sie gut beeinflussbar sind von den Erwartungsdeterminanten, wurden nur von der Serviceinformation (negativ) beeinflusst. Dagegen wurden sie weder von den Serviceversprechen noch von der Serviceperformance positiv beeinflusst. 5 Die normativen Erwartungen dagegen, die eher für steuerungsresistent gehalten werden, wurden von allen drei Determinanten signifikant beeinflusst, und zwar negativ von der Serviceinformation und positiv von den Serviceversprechen sowie der Serviceperformance. Dies lässt verschiedene Schlussfolgerungen für ein Erwartungsmanagement zu:
• Schlussfolgerungen für ein Erwartungsmanagement
5 Die Serviceversprechen wirken sich nur auf die
normativen Erwartungen aus. Damit wird es
246
7 Operative Planung des Erwartungsmanagements
schwieriger, die Kunden zufrieden zu stellen. Zu übertriebene Darstellungen sind also im Rahmen eines Erwartungsmanagements nicht sinnvoll. 5 Die eher realistische Serviceinformation wirkt sich negativ auf beide Erwartungstypen aus. Immerhin werden damit auch die normativen Erwartungen gesenkt und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht, die Kunden zufrieden zu stellen. Allerdings fallen auch die prädiktiven Erwartungen. Zu negative Darstellungen können somit zu einer negativen Einschätzung eines Dienstleistungsanbieters führen und damit beispielsweise zur Abschreckung von potenziellen Kunden. 5 Die Serviceperformance wirkt sich nur positiv auf die normativen Erwartungen aus. Dies ist ein typisches Indiz für die Erwartungsspirale. In diesem Fall könnte es für das Hotel wichtig sein, Gäste durch eine moderate Kommunikation zudem in ihren Meinungen zu bestätigen. (Quelle: Bruhn/Georgi 2000) Neben einer differenzierten Steuerung der Kundenerwartung unternehmen Dienstleister eine Vielzahl von Anstrengungen zur Steuerung des gelieferten Qualitätsniveaus im Sinne der Leistungskomponente der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität.
8
Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
8.1 Regelkreis des Qualitätsmanagements Für die Umsetzung des Total Quality Management und des Qualitätsmanagementsystems im Dienstleistungsunternehmen wird der Einsatz konkreter Instrumente des Qualitätsmanagements notwendig, um in den verschiedenen Phasen des Leistungserstellungsprozesses die Dienstleistungsqualität sicherzustellen. In diesem Zusammenhang wird meistens von einem Regelkreis des Qualitätsmanagements (Lehmann 1995) gesprochen. Von diesem Konzept ausgehend haben sich die Unternehmen mit einem implementierten Qualitätsmanagementsystem in der Vergangenheit vielfach eigene Systeme nach ihren spezifischen Bedürfnissen aufgebaut (vgl. die Qualitätsmanagementsysteme verschiedener Dienstleistungsunternehmen in Bruhn/Meffert 2002). Idealtypisch lässt sich ein Qualitätsmanagementsystem nach dem Regelkreiskonzept an den klassischen Managementfunktionen Planung, Durchführung und Kontrolle orientieren. Hierbei lassen sich die vier Phasen 5 5 5 5
Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätsprüfung, Qualitätsmanagementdarlegung
unterscheiden (DIN ISO 8402 1992, S. 22ff.), wie sich auch in Schaubild 8-1 erkennen lässt.
• Regelkreis des Qualitätsmanagements
• Phasen des Qualitätsmanagements
248
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Qualitätsplanung
Qualitätsmanagementdarlegung
Qualitätsmanagementsystem
Qualitätslenkung
Qualitätsprüfung
Schaubild 8-1: Idealtypische Phasen eines Qualitätsmanagementsystems
• Verantwortungsebenen des Qualitätsmanagements
• Integriertes Qualitätsmanagement auf…
• …zwei Ebenen
• Auf der Ebene der Intraphasenintegration werden…
Wie die verschiedenen Phasen des Qualitätsmanagementsystems für Dienstleistungsunternehmen zu gestalten sind und welche einzelnen qualitätsbezogenen Maßnahmen notwendigerweise in den jeweiligen Phasen einzusetzen sind, wird im Folgenden aufgezeigt. Es ist hierbei erforderlich, für die jeweiligen Qualitätsmaßnahmen festzulegen, welche Mitarbeitergruppen des Dienstleistungsunternehmens für welche Konzepte hauptverantwortlich sind. In diesem Zusammenhang sind grundsätzlich vier Verantwortungsebenen für Qualitätsmaßnahmen zu unterscheiden (vgl. Schaubild 8-2). Abweichende Strukturen können sich notwendigerweise aufgrund der unterschiedlichen Größen und Organisationsstrukturen von Dienstleistungsunternehmen ergeben. Um eine zielorientierte Verfolgung der Aufgaben des Qualitätsmanagements und somit eine effiziente Realisierung der Qualitätsziele zu erreichen, ist eine ganzheitliche, integrierte Umsetzung des Qualitätsmanagementsystems im Unternehmen notwendig. Bei der Ge staltung eines integrierten Qualitätsmanagements können zwei Integrationsebenen unterschieden werden: 5 Ebene der Intraphasenintegration, 5 Ebene der Interphasenintegration.
Auf der Ebene der Intraphasenintegration geht es darum, die in einer Phase einzusetzenden Instrumente
249
8.1 Regelkreis des Qualitätsmanagements
Vorstand, Geschäftsführer
Verantwortung für Maßnahmen des Qualitätsmanagements
Filialleiter/ Geschäftsstellenleiter Gruppenleiter, weitere Führungskräfte Kundenkontaktpersonal, Back-Office-Personal (Verwaltung, Abwicklung)
Schaubild 8-2: Verantwortungsebenen für Maßnahmen des Qualitätsmanagements
aufeinander abzustimmen. In diesem Zusammenhang ist zunächst für jede Phase zu untersuchen, welches Vernetzungspotenzial bei den einzelnen Instrumenten besteht, um durch einen integrierten Einsatz der Instrumente der jeweiligen Phase Synergieeffekte bei der Realisierung der Qualitätsziele zu erreichen. Im Rahmen dieser Interdependenzanalyse der Qualitätsinstrumente werden funktionale, zeitliche und hierarchische Beziehungszusammenhänge analysiert. Während bei der zeitlichen bzw. hierarchischen Beziehungsanalyse intertemporale bzw. Rangordnungszusammenhänge untersucht werden, geht es bei den funktionalen Beziehungen um den inhaltlich-sachlichen Wirkungsverbund im Hinblick auf ein Qualitätsziel (Bruhn 2003a, S. 75ff.). Bei funktionalen Beziehungen können fünf Typen unterschieden werden: 5 Weisen zwei oder mehrere Instrumente komplemen-
täre Beziehungen zueinander auf, ergänzen bzw. unterstützen sie sich in ihrer Wirkung gegenseitig. Dabei können Leit- und Folgeinstrumente unterschieden
• …Beziehungszusammenhänge der Instrumente einer Phase untersucht…
• …in funktionaler Hinsicht
250
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
werden, wobei letztere eine Unterstützungsfunktion für die Leitinstrumente übernehmen. Beispielsweise kann im Rahmen der Qualitätslenkung die Arbeit von Qualitätszirkeln, die u. a. Lösungen für Qualitätsprobleme zu finden hat, mittels Maßnahmen der Personalentwicklung unterstützt werden, um den Mitarbeitern ein qualitätsbezogenes Know-how zu vermitteln. 5 Bei konditionalen Beziehungen zwischen Instrumenten ist der Einsatz eines (oder mehrerer) Instrumente(s) für die Wirkung anderer Instrumente notwendig, z. B. ist im Rahmen der Qualitätsprüfung vor der Durchführung der Problem-Detecting-Methode die Ermittlung potenzieller Problemfelder, etwa mittels ereignisorientierter Verfahren, notwendig. 5 Substituierende Beziehungen werden dann festgestellt, wenn mit zwei oder mehreren Instrumenten die gleiche Wirkung erzielt werden kann, z. B. stellenübergreifende und stellenungebundene Personalentwicklung. 5 Zwischen Instrumenten liegen indifferente Beziehungen vor, wenn sie sich in ihren Wirkungen nicht gegenseitig beeinflussen, z. B. Qualitätspositionierung und Sequenzielle Ereignismethode im Rahmen der Qualitätsplanung. 5 Schließlich sind konkurrierende Beziehungen zu beobachten, wenn Instrumente in entgegengesetzter Richtung wirken, z. B. starke Kostenorientierung versus übertriebene Kundenorientierung. • …in temporaler Hinsicht
Hinsichtlich der temporalen Wirkung kann eine Wirkungsverzögerung von einer Wirkungsübertragung unterschieden werden. In diesem Zusammenhang werden vier Arten von Beziehungen unterschieden (Bruhn 2003a, S. 85ff.): 5 Parallele Beziehungen liegen vor, wenn die Instru-
mente zeitgleich eingesetzt werden, z. B. gleichzeitige Durchführung von Kunden- und Mitarbeiterbefragungen im Rahmen der Qualitätsprüfung. 5 Von einem sukzessiven Einsatz der Instrumente wird gesprochen, wenn sie zeitlich versetzt genutzt wer-
8.1 Regelkreis des Qualitätsmanagements
251
den, z. B. Ermittlung von Problembereichen mittels der Critical-Incident-Technik vor der Durchführung einer FRAP im Rahmen der Qualitätsplanung. 5 Intermittierende Beziehungen liegen vor, wenn ein Teil der Instrumente kontinuierlich eingesetzt wird, während andere Instrumente fallweise angewendet werden, z. B. Anreizsysteme und fallweise Schulungen im Rahmen der Qualitätslenkung. 5 Durch den Ersatz eines Instruments durch ein anderes im Zeitablauf sind ablösende Beziehungen gekennzeichnet, z. B. Ersatz der Problem-DetectingMethode durch die FRAP. Betrachtet man die hierarchischen Beziehungen zwischen Instrumenten des Qualitätsmanagements, so hat ein Teil der Instrumente strategische Bedeutung (z. B. merkmals- und kundenorientierte Ansätze im Rahmen der Qualitätsplanung), während andere Instrumente operativen Charakter (z. B. Fishbone-Analyse im Rahmen der Qualitätsplanung) aufweisen. Neben den Vernetzungsanalysen innerhalb der einzelnen Phasen gilt es auf der Ebene der Interphasenintegration, den Einsatz der Qualitätsinstrumente ganzheitlich und phasenübergreifend zu planen, so dass möglichst viele Synergieeffekte zur Realisierung der Qualitätsziele ausgenutzt werden können. Im Folgenden wird für die vier Phasen des Regelkreises des Qualitätsmanagements analysiert, welche Instrumente in der jeweiligen Phase Einsatz finden können. Bei den zu untersuchenden Instrumenten handelt es sich z. T., vor allem für die Phasen der Qualitätsplanung und der Qualitätsprüfung, um die im Kapitel 4 vorgestellten Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität. Bei der Behandlung dieser Instrumente wird daher in diesem Kapitel auf eine ausführliche Beschreibung verzichtet, vielmehr wird auf ihre konkreten Einsatzmöglichkeiten, ihre Nutzung und Vernetzungsmöglichkeiten im Rahmen eines integrierten Qualitätsmanagements eingegangen. Neben den Ansätzen zur Messung der Dienstleistungsqualität kommen jedoch in den folgenden Ausführungen weitere Instrumente, ins-
• …in hierarchischer Hinsicht
• Ebene der Interphasenintegration
252
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
besondere der Qualitätslenkung und -managementdarlegung, hinzu, auf die dementsprechend ausführlicher eingegangen wird.
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung Die Qualitätsplanung als erste Phase eines systematischen Qualitätsmanagements wird von der Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V. wie folgt definiert (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b, S. 95): • Definition der Qualitätsplanung
Als Qualitätsplanung bezeichnet man alle Maßnahmen des „Auswählens, Klassifizierens und Gewichtens der Qualitätsmerkmale sowie eines schrittweisen Konkretisierens aller Einzelforderungen an die Beschaffenheit einer Dienstleistung zu Realisierungsspezifikationen, und zwar im Hinblick auf die durch den Zweck der Einheit gegebenen Erfordernisse, auf die Anspruchsklasse und unter Berücksichtigung der Realisierungsmöglichkeiten“.
Eine Kurzdefinition beschreibt Qualitätsplanung als „Planen und Weiterentwickeln der Qualitätsanforderung an die betrachtete Einheit“ (Deutsche Gesellschaft für Qualität 1995b, S. 95). Dementsprechend beinhaltet diese erste Phase des Qualitätsmanagements bei Dienstleistungsunternehmen die Planung und Weiterentwicklung der Qualitätsforderung an die verschiedenen Dienstleistungen des Unternehmens. Nicht die Qualität der Dienstleistungen selbst, sondern die verschiedenen Qualitätsanforderungen sind zu planen (Meffert/Bruhn 2003, S. 332). 8.2.1 Darstellung der Instrumente • Aufgaben der Qualitätsplanung
Als Aufgaben der Qualitätsplanung werden grundsätzlich folgende Tätigkeiten angeführt: 5 Ermittlung der Kundenerwartung im Hinblick auf
die Produkt- und Leistungsqualität, 5 Aufstellen von konkreten Qualitätszielen,
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
253
5 Entwicklung von Konzepten zu deren Verwirkli-
chung. Zur Verwirklichung dieser Aufgaben stehen dem Dienstleistungsunternehmen eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung, die in Schaubild 8-3 im Überblick dargestellt sind. Im Rahmen der Qualitätsplanung werden die konkreten Anforderungen an die Dienstleistungsqualität aus Kunden- und Anbietersicht ermittelt, um entsprechend den Vorstellungen der betroffenen Anspruchsgruppen die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens entwickeln und anbieten zu können. Wie generell der Einsatz von quantitativen und qualitativen Messverfahren zur Erfassung der Qualitätserwartungen und -wahrnehmungen von Dienstleistungskunden erfolgen könnte, ist in Schaubild 8-4 im Überblick dargestellt. Die Geschäftsführung des Dienstleistungsunternehmens wird hauptverantwortlich dafür sein, dass
• Sequenzielle Ereignismethode (SEM) • FRAP • Merkmals-/kundenorientierte Ansätze • Merkmals-/mitarbeiterorientierte Ansätze • Betriebliches Vorschlagswesen • Quality Function Deployment • Benchmarking • Fishbone-Analyse • EPK
Qualitätsplanung Qualitätsmanagementdarlegung
Qualitätslenkung
Qualitätsprüfung
Schaubild 8-3: Instrumente der Qualitätsplanung von Dienstleistungsunternehmen
• Zu den Instrumenten der Qualitätsplanung…
• …gehören zahlreiche Messansätze der Dienstleistungsqualität, die…
254
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Qualitätsinstrument
Quantitative/qualitative Messverfahren (SERVQUAL, (SERVQUAL,Blueprint, Blueprint,FRAP-Analyse) FRAP-Analyse)
Ziel des Einsatzes
Erfassung der Qualitätserwartungen/ -wahrnehmungen der Kunden
Untersuchungsbereiche
Sämtliche Aspekte der Dienstleistungskette im Unternehmen
Verantwortungsträger
Führungskräfte des Dienstleistungsunternehmens, Marktforschungsabteilungen
Aktivitäten
Regelmäßige Kundenbefragungen und Datenauswertungen
Zeitraum/Zeitpunkt
Mindestens einmal im Jahr
Schaubild 8-4: Exemplarisches Planungsschema zur Messung der Dienstleistungsqualität
• …der Erfassung relevanter Qualitätskriterien dienen
mindestens einmal im Jahr umfassende Kundenbefragungen durchgeführt werden. Es ist zweckmäßig, wenn jede Geschäftsstelle hierbei eine detaillierte Auswertung ihrer Ergebnisse erhält, wobei die Kundenurteile in bezug auf die verschiedenen Einzelkriterien, aber auch Globalwerte, verständlich aufzubereiten sind. Im Hinblick auf die zahlreich existierenden Qualitätsmessverfahren werden im Folgenden ausschließlich diejenigen Instrumente kurz vorgestellt, die im Rahmen der Qualitätsplanung zur Erfassung der spezifischen Qualitätskriterien besonders geeignet erscheinen (Benkenstein 1993; Haller 1998). Es handelt sich dabei um folgende Instrumente: (1) Sequenzielle Ereignismethode (SEM), (2) Frequenz-Relevanz-Analyse von Problemen, (3) Merkmals- und kundenorientierte Ansätze, (4) Merkmals- und mitarbeiterorientierte Ansätze, (5) Betriebliches Vorschlagswesen, (6) Quality Function Deployment, (7) Benchmarking, (8) Fishbone-Analyse, (9) Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK).
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
255
(1) Sequenzielle Ereignismethode (SEM) Bei der Messung der Anforderungen an die Dienstleistungsqualität anhand konkreter Schlüsselerlebnisse der Kunden ergibt sich nach der Sequenziellen Ereignismethode eine systematische Darstellung des Dienstleistungsprozesses anhand eines graphischen Ablaufdiagramms (Stauss/Hentschel 1991, S. 242; Meffert/Bruhn 2003, S. 309). Dieses so genannte Blueprint ermöglicht die vollständige Erfassung und Bewertung verschiedener Kontaktsituationen aus Sicht der Kunden.
• Sequenzielle
(2) Frequenz-Relevanz-Analyse von Problemen Weiterhin wird im Rahmen der operativen Qualitätsplanung oftmals die Frequenz-Relevanz-Analyse von Problemen (FRAP) eingesetzt. Als anschauliche Messinstrumente werden vielfach das Blueprinting und die FRAPAnalyse von den Dienstleistungsunternehmen ergänzend vor allem zur Erfassung der verschiedenen Bestandteile des Dienstleistungsprozesses und zur Ermittlung offensichtlicher Probleme bzw. Handlungsnotwendigkeiten herangezogen (vgl. Kapitel 4, Abschnitt 4.1.2.3).
• Frequenz-Relevanz-
(3) Merkmals- und kundenorientierte Ansätze Mit Hilfe merkmals- und kundenorientierter Ansätze, vor allem durch die multiattributiven Messverfahren, werden insbesondere die aus Kundensicht relevanten Leistungskriterien sowie generelle Zufriedenheitsmaße und unternehmensinterne Bestimmungsfaktoren der Dienstleistungsqualität ermittelt (Parasuraman et al. 1985, 1988). In der Praxis wird hierzu vielfach der SERVQUAL-Ansatz verwendet, der ein für Dienstleistungsunternehmen verschiedener Branchen äußerst praktikables Verfahren darstellt. Beim Einsatz dieses Instruments im Rahmen der Qualitätsplanung haben Unternehmen darauf zu achten, dass sie zunächst im Rahmen von Fokusgruppeninterviews mit Kunden, Expertengesprächen und Pretests prüfen, welche Qualitätskriterien speziell für ihr Unternehmen bzw. ihre Branche von Bedeutung sind. In regelmäßigen, d. h. mindestens jährlich, durchzuführenden Kunden- und Mitarbeiterbefragungen, ist dann zu ermitteln, wie die Anspruchs-
• Merkmals- und
Ereignismethode
Analyse von Problemen
kundenorientierte Ansätze
256
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
gruppen die Leistungskriterien bewerten, welche Bedeutung sie ihnen zumessen und in welchen Bereichen die Ursachen für schlechte Qualität im Unternehmen zu finden sind. In diesem Zusammenhang ist die Gegenüberstellung der Bewertung von Leistungskriterien mit ihrer jeweiligen Bedeutung für die Zufriedenheit der Kunden von erhöhter Relevanz. Dieser Zusammenhang wird im Beispiel 8-1 verdeutlicht. • Beispiel für eine HandlungsRelevanz-Matrix
• Merkmals- und mitarbeiterorientierte Ansätze
Beispiel 8-1: Handlungs-Relevanz-Matrix für Leistungskriterien Aus den Ergebnissen von merkmals- und kundenorientierten Ansätzen mittels multiattributiver Verfahren lassen sich die Bewertung der Leistungsmerkmale einer Dienstleistung sowie deren Bedeutung aus Kundensicht quantifizieren. Die Bewertung wird im Beispiel auf einem Skalenwert zwischen eins und vier, die Bedeutung durch den Korrelationswert mit der Gesamtzufriedenheit der Dienstleistung dargestellt. Die Zufriedenheit der Merkmale wird in einem Koordinatensystem – einer so genannten Handlungs-Relevanz-Matrix – der jeweiligen Bedeutung gegenübergestellt (vgl. Schaubild 8-5). Daraus lassen sich Handlungsimplikationen für das Qualitätsmanagement ableiten. So liegt beispielsweise der Handlungsbedarf insbesondere bei denjenigen Leistungsmerkmalen, die über einen hohen positiven Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit verfügen, aber aus Kundensicht schlecht bewertet werden. (4) Merkmals- und mitarbeiterorientierte Ansätze Umfassend durchgeführte Mitarbeiterbefragungen (Domsch 1991), die mittels merkmals- und mitarbeiterorientierten Ansätzen ausgewertet werden können, sind von besonderer Wichtigkeit für die Entwicklung und Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems in Dienstleistungsunternehmen. Regelmäßig, d. h. vorzugsweise in zeitlichen Abständen von maximal zwölf Monaten, sind von den Marktforschungsabteilungen des Dienstleistungsunternehmens bei sämtlichen Mitarbeitern Befragungen zur Er-
3.80
Selbstverständliche Basisleistung
Nicht nachlassen
3.60 3.40
16
84
19
3.20
3
37
3.00 4
Zufriedenheit
75
2.80
54 31
13
66
2.60 29
2.40 2.20 78
2.00
7
27
50
44
82 30 43 62
48 49 17
1 81 23 51 55 33 24 67 7 9 28 72 8 46 10 63 32 60 45 12 36 25 42 41 80 59 47 16
34
1.80 11
9
85
61
73 53 57 71 74 65 77 56 70 69 64 68 76 26 58
86
5
6
52
18
83
21
2
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
Schaubild 8-5: Handlungs-Relevanz-Matrix eines Dienstleistungsanbieters
4.00
14
20 22 39 38 40
35
1.60 1.40
Wird hingenommen
Hier ansetzen!
1.00
0.10
0.15
0.20
0.25
0.30
0.35
0.40
0.45
0.50
0.55
0.60
0.65
0.70
0.75
Korrelationsfaktor mit Zufriedenheit Gesamtzufriedenheit (Mittelwert `01 = 2,36) 257
Quelle: nach Schrick et al. 2002, S. 66
1.20
258
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
fassung der wahrgenommenen Qualität von extern und intern erbrachten Dienstleistungen vorzunehmen. Es ist zum einen wichtig zu ermitteln, wie die Mitarbeiter aus ihrer persönlichen Sicht die Qualität der Produkte und Dienstleistungen beurteilen (Haist/Fromm 2002), welche Kundenerwartungen sie annehmen, und zum anderen ist es von Bedeutung, welche Wichtigkeit sie einzelnen Qualitätskriterien zuordnen. Sowohl Unterschiede zwischen den Ansichten von Führungskräften und Mitarbeitern im Kundenkontakt als auch Divergenzen bei einzelnen Geschäftsstellen werden hierbei insbesondere erfasst. Hauptverantwortlich für die umfassenden Mitarbeiterbefragungen ist grundsätzlich stets die Geschäftsleitung des Dienstleistungsunternehmens, damit die Untersuchungen unternehmensweit akzeptiert werden. • Betriebliches Vorschlagswesen
• Quality Function Deployment (QFD)
(5) Betriebliches Vorschlagswesen Als Ergänzung zu den notwendigen Mitarbeiterbefragungen ist das Betriebliche Vorschlagswesen (Merz/ Bieler 1994; Brinkmann/Simon 1995) zu sehen, mit dem qualitätsrelevante Problemfelder entdeckt werden können, die bei der Festlegung der Qualitätsanforderungen im Rahmen der Qualitätsplanung zu berücksichtigen sind. Aus Gründen der Mitarbeitermotivation ist es wichtig, die Verbesserungsvorschläge zu prämieren (hier ist eine materielle oder auch immaterielle Anerkennung sinnvoll) und vor allem umzusetzen. Darüber hinaus kann es angebracht sein, prämierte Vorschläge beispielsweise in Mitarbeiterzeitungen zu veröffentlichen, um Kollegen Anreize zur Beteiligung am Vorschlagsprogramm zu geben (Haist/Fromm 2002). (6) Quality Function Deployment Das Konzept des Quality Function Deployment (QFD) stellt eine umfassende Systematik zur kundenorientierten Qualitätsplanung dar (Saatweber 1994b; Sondermann 1994, S. 238ff.; Pfeifer 2001, S. 313ff.; Gogoll 2003). Die Ende der 1960er-Jahre in Japan entwickelte und dann Mitte der 1980er-Jahre von den Europäern übernommene Methodik zur Sicherstellung der Kun-
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
259
denorientierung in sämtlichen Phasen der Planung und Realisierung von Produkten oder auch Dienstleistungen erfolgt anhand einer (oder mehrerer) MatrixAnordnung(en) (Sondermann 1994, S. 238), wie sie schematisch in Schaubild 8-6 dargestellt ist. Aufgrund ihrer spezifischen Form wird diese Matrix auch als „House of Quality“ bezeichnet (Hauser/Clausing 1988; Sondermann 1994, S. 238f.; Pfeifer 2001, S. 314); in ihr sind die verschiedenen Analyse- und Planungsschritte der Produkt- bzw. Dienstleistungskonzeption und Entwicklungsplanung dokumentiert. In Bezug auf die konkrete Vorgehensweise bei der QFD-Methode lassen sich folgende zentralen Ablaufschritte festhalten (Saatweber 1994b, S. 449ff.; Pfeifer 2001, S. 316ff.; Gogoll 2003, S. 5ff.): Schritt 1: Ermittlung der relevanten Kundengruppen Der QFD-Prozess startet mit einer Identifikation der Zielgruppen, d. h. der relevanten Kundengruppen des
Korrelation der WIE's WER? WIE sind die Forderungen zu erfüllen?
WAS wollen die Kunden?
Unterstützungsgrad der WIE's zu den WAS's
WARUM soll verbessert werden?
(Korrelationen)
WIEVIEL ist zur Erreichung der WIE's zu tun?
Quelle: nach Saatweber 1994b, S. 446
Schaubild 8-6: Grundkonzept des Quality Function Deployment (QFD) als „House of Quality“
• Graphische Darstellung im „House of Quality“
• Das QFD erfolgt nach den Schritten…
• …Ermittlung der Kundengruppen
260
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Dienstleistungsunternehmens (WER?). Hier werden die internen und externen Empfänger der Leistungen ermittelt. • …Erfassung der Kundenanforderungen
• …Ableitung von Qualitätsmerkmalen
• …Festlegung von Qualitätszielen
• …Prüfen von Wechselwirkungen
Schritt 2: Erfassung der Kundenanforderungen und -bedürfnisse Anschließend werden die, vielfach in einer Baumstruktur angeordneten und gewichteten Wünsche, Bedürfnisse und konkreten Anforderungen der Kunden (WAS?) an eine Dienstleistung erfasst; Daten der primären und sekundären Marktforschung können hierbei genutzt werden. Schritt 3: Ableitung von Qualitätsmerkmalen Weiterhin sind die zur Erfüllung der Kundenanforderungen notwendigen Leistungsmerkmale (WIE?) festzulegen. Hier ist im Rahmen des QFD-Projekts ein geistiger Transformationsprozess notwendig, der Exaktheit und Kreativität erfordert, um verschiedene Lösungsalternativen für oftmals global formulierte Kundenwünsche zu entwickeln (Saatweber 1994b, S. 454). Schritt 4: Festlegung von Zielgrößen in Bezug auf die Qualitätsmerkmale In diesem Arbeitsschritt werden den Qualitätsmerkmalen messbare bzw. bezifferbare Zielgrößen und -einheiten (WIEVIEL?) zugeordnet. Der Bestimmung der quantitativen Ausprägungen der Leistungsmerkmale folgt die Ermittlung der Optimierungsrichtung für die einzelnen Merkmalsausprägungen (d. h. Festlegung des Zielwertes sowie dessen Maximierung oder Minimierung). Außerdem sind die technischen Schwierigkeiten bei der Realisierung der Dienstleistung, d. h. der Schwierigkeitsgrad, zu ermitteln. Schritt 5: Prüfen von Wechselwirkungen Zusätzlich werden mögliche Korrelationen bzw. positive oder negative Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Qualitätsmerkmalen untersucht und in der Korrelationsmatrix, dem „Dach“ des House of Quality, dokumentiert. Beispielsweise kann das Qualitätskriterium
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
261
„Beratung durch Mitarbeiter“ mit dem Merkmal „Wartezeiten am Schalter“ negativ und mit dem Merkmal „Verhalten bei Reklamationen“ positiv korrelieren. Negative Wechselwirkungen geben Hinweise auf erforderliche Änderungen oder die Notwendigkeit völlig anderer Lösungsansätze. Schritt 6: Leistungsvergleiche mit den Dienstleistungen von Wettbewerbern Schließlich werden eigene und fremde Kunden, aber auch Mitarbeiter des Unternehmens, gebeten, über die eigenen Dienstleistungen und diejenigen der engeren Wettbewerber zu urteilen. Die Gegenüberstellung der Antworten auf Fragen, wie beispielsweise „Wie gut ist die eigene Leistung?“ und „Wie gut ist die Leistung des Hauptwettbewerbers?“, ergibt Hinweise auf Entwicklungspotenziale und Wettbewerbsvorteile. Sämtliche Ergebnisse der beschriebenen Tätigkeiten werden dann in dem so genannten „House of Quality“ festgehalten, wobei oftmals die Resultate eines QFDDiagramms zugleich Eingangsgrößen für ein weiteres QFD-Projekt darstellen (Pfeifer 2001, S. 319). Die Anzahl der notwendigen QFD-Planungsschritte ist dabei abhängig von der Komplexität der betrachteten Dienstleistung. In Beispiel 8-2 wird diesbezüglich ein Ausschnitt aus einem „House of Quality“ der Anlageberatung eines Kreditinstitutes aufgezeigt. Beispiel 8-2: Ausschnitt aus einem „House of Quality“ eines Kreditinstitutes Die Anlageberatung stellt einen Teilbereich der Dienstleistungen eines Kreditinstitutes dar. Diesbezüglich werden in der Spalte „WAS“ die Kundenanforderungen in Bezug auf das Anlagegeschäft festgehalten. In der Spalte „WIE“ sind die Leistungsspezifikationen des Anlagegeschäfts aufgelistet. Diese spiegeln die unternehmenseigenen Mittel wider, die zur Erfüllung der Kundenanforderungen bereitgestellt werden. In der Gegenüberstellung von Kundenanforderungen und Leistungsspezifikationen wird der Wirkungszusammenhang der Unternehmensaktivi-
• …Leistungsvergleiche mit dem Wettbewerb
• Beispiel zum House of Quality
262
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
täten dargestellt. Hierbei lassen sich Leistungsspezifikationen differenzieren, die in Bezug auf die Erfüllung der Kundenanforderungen über einen eher stärkeren oder schwächeren Einfluss verfügen. Gleichzeitig werden im „Dach“ des „House of Quality“ positive und negative Wechselwirkungen zwischen den Leistungsspezifikationen abgebildet (vgl. Schaubild 8-7).
Legende: eher positiv eher negativ eher starker Einfluss
Physische Erreichbarkeit Freundlicher Empfang Qualifizierte Beratung Kurze Wartezeiten Hohe Rendite Information über Entwicklung auf Wertpapiermarkt Information über Entwicklung des Depots Informationsbezogene Erreichbarkeit
Schaubild 8-7: Ausschnitt aus einem „House of Quality“ am Beispiel der Anlageberatung
Soziale Kompetenz des Kundenkontaktpersonals
Ausbildung/Fachwissen der Wertpapierhändler
Ausbildung/Fachwissen der Berater
Renditeorientierung der Berater
Breites Leistungsangebot
24 h-Hotline/ Online-Verbindung
WAS (Kundenanforderungen)
Standort
WIE (Leistungsspezifikationen)
Anzahl der Kundenkontaktpersonen
eher schwacher Einfluss
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
Hinzuweisen ist noch auf einige Schwierigkeiten, die bei der Verwendung der QFD-Methode im Dienstleistungsbereich auftreten können. Zunächst ist bereits im Rahmen der Erfassung der Kundenanforderungen festzustellen, dass keine detaillierte Angabe über die einzusetzenden Marktforschungsmethoden und Verfahren erfolgt (Gogoll 2003, S. 6). Vorschläge zur Nutzung der Sequenziellen Ereignismethode, Informationen aus den Kundenbeschwerden oder der FMEA-Methode beinhalten auch die mit diesen Verfahren verbundenen Probleme der Datenerfassung und -auswertung. Zudem sind auch die Phasen der Analyse der Kernleistungen und Optimierung der Prozesse mit Problemen behaftet. Für den Einsatz der QFD-Methode bzw. des House of Quality für den Dienstleistungsbereich ist es erforderlich, das Konzept zu modifizieren. Die Immaterialität der Leistungen sowie die Integration des externen Faktors erschweren dabei eine trennscharfe Erstellung der Abhängigkeitsmatrizen. Dennoch ermöglicht die QFDMethode eine Fokussierung des gesamten qualitätsbezogenen Planungsprozesses auf die Wünsche der Kunden. Wenn ein Dienstleistungsunternehmen die QFD-Methode bei der Qualitätsplanung nutzen will, ist es zweckmäßig, konkrete QFD-Projekte für die Realisierung einzelner, möglichst quantifizierbarer Qualitätsziele zu definieren, die verfügbaren Ressourcen zu bestimmen und die Mitarbeiter und Kunden auszuwählen, die an dem Projekt beteiligt sein werden (Gogoll 2003, S. 5). Es ist hierbei sinnvoll, diejenigen Mitarbeiter – meist unterschiedlicher Unternehmensbereiche – in das Projekt einzubeziehen, die an den das Qualitäts- bzw. Projektziel betreffenden Dienstleistungsprozessen unmittelbar beteiligt sind. Wenn beispielsweise das Projektziel „Verringerung der Wartezeiten am Bankschalter um 10 Prozent“ lauten würde, kann es zweckmäßig sein, sowohl Mitarbeiter im Schalterbereich, im Back Office und der EDV-Abteilung, als auch Filialleiter und betroffene Kunden, an dem QFD-Projekt zu beteiligen. Nach Durchführung des Quality Function Deployment ist in Pilotprojekten zu testen, inwiefern die erarbeiteten Maßnahmen von den Dienstleistungskunden
263
• Kritische Würdigung der QFD-Methode
• Definition von QFDProjekten
264
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
akzeptiert bzw. positiv bewertet werden (Gogoll 2003, S. 16). Diese Phase ist allerdings bereits Bestandteil der Qualitätsprüfung, die später genauer untersucht wird. • Benchmarking
(7) Benchmarking Ebenfalls im Rahmen der operativen Qualitätsplanung kann das Instrument des so genannten Benchmarking eingesetzt werden. Hierbei werden unternehmenseigene Prozesse und Ergebnisse relativiert und anhand bestimmter Vergleichsgrößen evaluiert (Madu/Kuei 1995, S. 27ff.). Die grobe Vorgehensweise des Benchmarking im Rahmen der Qualitätsplanung umfasst die folgenden Schritte:
• Vorgehensweise
5 Festlegung des Benchmarking-Objektes (z. B. Teillei-
stung, eine einzelne Leistung, gesamtes Unternehmen), 5 Auswahl des/der Benchmarking-Partner(s), 5 Vergleich des Benchmarking-Objektes mit dem entsprechenden Objekt des Benchmarking-Partners. • Typen des Benchmarking
• Benchmarking von Unternehmenseinheiten
• Benchmarking mit Hauptkonkurrenten
Als Objekte eines unternehmensinternen bzw. -externen Vergleichs kommen dabei Unternehmen, Leistungen und/oder Personen in Betracht (vgl. Schaubild 8-8). Die Anwendung des Benchmarking als Instrument der Qualitätsplanung bedingt dementsprechend die Erfassung spezifischer Informationen bezüglich der zu vergleichenden Bereiche (z. B. im Bereich externer Leistungen die Erhebung eines Kundenzufriedenheitsindex). Die Grundlage hierfür bilden oftmals vorgeschaltete, kundenorientierte Messungen. Im Falle des Benchmarking von Unternehmenseinheiten werden die Ergebnisse einer Tochtergesellschaft, Niederlassung, Abteilung oder Leistungseinheit mit bestimmten Kennzahlen anderer unternehmensinterner Leistungseinheiten verglichen. So kann beispielsweise die Leistung der Patentabteilung eines Großkonzerns mit den Leistungen anderer Patentabteilungen in Zweigniederlassungen des Unternehmens verglichen werden. Findet das Benchmarking des eigenen Unternehmens mit Hauptkonkurrenten statt, wird das gesamte Unter-
265
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
Schaubild 8-8: Objekte des Benchmarking in Dienstleistungsunternehmen (mit Beispielen)
nehmen oder eine kleinere Einheit z. B. im Hinblick auf die Marktauswahl oder Marktbearbeitung von Leistungseinheiten der Konkurrenzunternehmen verglichen. Beim Benchmarking externer und interner Leistungen sind multiattributive, merkmalsorientierte Messverfahren, wie z. B. der SERVQUAL-Ansatz, die Ausgangsbasis. Ein Vergleich von Leistungen eines Unternehmens, die externen Kunden angeboten werden, oder solcher Leistungen, die innerhalb der unternehmensinternen Kunden-Lieferanten-Beziehungen erstellt werden (z. B. durch interne Servicebarometer oder Zufriedenheitsindizes) liefert wichtige Ansatzpunkte für detaillierte Verbesserungsmaßnahmen. Benchmarking innerhalb und außerhalb der Branche stellt den klassischen Fall des Benchmarking dar. Die Leistungen eines Unternehmens werden mit weitgehend identischen Leistungen in anderen Unternehmen verglichen (z. B. durch Konkurrenzanalysen oder Nationale Kundenbarometer). Beispiele solcher Benchmarks sind Werte zur Kundenzufriedenheit, Kundentreue oder auch Produktivität eines Dienstleistungsanbieters.
• Benchmarking externer und interner Leistungen
• Benchmarking innerhalb und außerhalb der Branche
266
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Best-in-ClassBenchmarking
• Benchmarking von Mitarbeitern
• Benchmarking von Kundenkontaktmitarbeitern
Diese Form des Benchmarking, die sich nur bei der Ausrichtung an „ehrlichen“ Vergleichswerten als sinnvolles Instrument zur Messung der Dienstleistungsqualität erweist, wird allerdings durch Vorbehalte konkurrierender Unternehmen bei der Weitergabe von teilweise sensiblen Firmendaten erschwert. Die Datenbasis eines branchenfremden Benchmarking (Best-in-Class) wird i. d. R. einfacher hergestellt. Hierbei werden zwar die gleichen Leistungen – beispielsweise die unternehmensinterne Verbuchung von Belegen oder das Telefonverhalten bei Anrufen – miteinander verglichen, doch erlaubt die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Branchen einen intensiveren – und offeneren – Datenaustausch. So kann ein Speditionsunternehmen beispielsweise ein Kreditkartenunternehmen als Benchmarkingobjekt für die Verbuchung von Belegen heranziehen. Beim Benchmarking von Mitarbeitern werden die Führungskräfte und Mitarbeiter innerhalb einzelner Unternehmenseinheiten (z. B. Abteilungen) bzw. zwischen verschiedenen Unternehmenseinheiten (z. B. die Mitarbeiter einer Filiale A mit denen der Filiale B) verglichen. Beispiele solcher Benchmarks sind Kennzahlen zur Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitertreue oder auch Leistungskennzahlen, wie z. B. die Zahl der akquirierten Neukunden innerhalb eines Quartals. Der externe Vergleich von Mitarbeitern mit denen der Konkurrenzunternehmen stellt das Benchmarking von Kundenkontaktmitarbeitern dar und wird aufgrund der erschwerten Datengewinnung auf Mitarbeiter beschränkt, die im Kundenkontakt stehen. Nur bei den Kundenkontaktmitarbeitern ist es möglich, durch Kundenbefragungen oder „Mystery Shopping“ Daten über Mitarbeiter anderer Dienstleistungsunternehmen zu gewinnen. Da die Kundeninteraktion in vielen Branchen von hoher Bedeutung für die Dienstleistungsqualität ist und zum Aufbau von entscheidenden Wettbewerbsvorteilen verwendet wird, nimmt diese Form des Benchmarking eine wichtige Funktion ein, die aber in der Unternehmenspraxis heute noch wenig Beachtung findet.
267
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
In Anlehnung an die vorangehende Kategorisierung nach Objekten des Benchmarking lassen sich fünf Formen des Benchmarking unterscheiden (Madu/Kuei 1995), die in Schaubild 8-9 dargestellt sind: 5 5 5 5 5
• Weitere Formen des Benchmarking
Product Benchmarking, Process Benchmarking, Best Practices Benchmarking, Strategic Benchmarking, Systemic Benchmarking.
Während beim „Product Benchmarking“ das Dienstleistungsergebnis in seinen Details untersucht wird, ist beim „Process Benchmarking“ der Leistungserstellungsprozess bzw. die Dienstleistungskette Gegenstand der Untersuchung. Das „Best Practices Benchmarking“ rückt demgegenüber spezifische Managementmethoden in den Vordergrund. So werden beispielsweise die Leistungen der Mitarbeiter in Abhängigkeit von Belohnungs- und Anreizsystemen bzw. der Gestaltung der Arbeitsumgebung untersucht. Etwas weiter entfernt von der klassischen Benchmarking-Idee sind die beiden letzten Ausprägungen. So prüft „Strategic Benchmarking” die Verträglichkeit der
Quelle: In Anlehnung an Madu/Kuei 1995, S. 118
Schaubild 8-9: Formen des Benchmarking
• Product Benchmarking • Process Benchmarking • Best Practices Benchmarking
• Strategic Benchmarking
268
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Systemic Benchmarking
• Würdigung des Benchmarking
• Fishbone-Analyse
Ergebnisse einzelner Benchmarks mit der Unternehmensstrategie, es werden einzelne Kennzahlen im Hinblick auf ihre Konsistenz im unternehmerischen Gesamtsystem hin analysiert. Das „Systemic Benchmarking” rückt schließlich das einzelne Unternehmen in den Kontext seiner Umwelt und hat damit eine eher soziale Dimension. So werden der Beitrag eines Unternehmens zum Umweltschutz oder auch die Berücksichtigung sozialer Belange vor dem Hintergrund der Bedürfnisse aller Menschen – auch der Nichtkunden – einer näheren Betrachtung unterzogen. Die Erreichung von Kundenzufriedenheit erhält bei dieser Form des unternehmerischen Vergleichs eine – noch immer vernachlässigte – weitere Facette. Im Rahmen einer kritischen Würdigung des Benchmarking stehen der günstige Kostenfaktor sowie der Aspekt relativer Maßstäbe im Vordergrund; dies erleichtert die Vergleichbarkeit der Benchmarking-Objekte. Außerdem liefert das Benchmarking wichtige Anstöße, um bestehende Potenziale zu nutzten und Innovationen zu fördern, z. B. durch die Übernahme neuer Ideen innerhalb von unternehmensinternen oder -externen Vergleichsobjekten. Als Nachteil ist – insbesondere im branchenübergreifenden Benchmarking – das Zugrundeliegen unterschiedlicher Strategien der Benchmarking-Objekte zu nennen (z. B. zwischen einem Lebensmittel- und einem Dienstleistungsanbieter). Mögliche Verbesserungsanstöße sind entsprechend differenziert zu betrachten. Hinsichtlich der Festlegung der Verantwortlichkeit für ein Benchmarking-Projekt im Rahmen der Qualitätsplanung ist die Auswahl der Benchmarking-Objekte sowie der Benchmarking-Partner vorzugsweise von der Geschäftsleitung durchzuführen. Der eigentliche Leistungsvergleich liegt verstärkt im Tätigkeitsbereich von Linien- oder Stabsmitarbeitern mit Qualitätskenntnissen. (8) Fishbone-Analyse Als weiteres Instrument der operativen Qualitätsplanung können mit Hilfe der Fishbone-Analyse auf der
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
269
Basis eines Ishikawa-Diagramms systematisch und umfassend die verschiedenen Ursachen für ein konkretes Qualitätsproblem aus Anbieterperspektive ermittelt und graphisch dargestellt werden (vgl. Kapitel 4, Abschnitt 4.2.1). (9) Ereignisgesteuerte Prozesskette Aktuell werden im Rahmen der Qualitätsplanung zunehmend Prozessmodelle diskutiert. Unter einem Prozess wird eine zeitlich-logische Abfolge von Aktivitäten im Rahmen der Leistungserstellung verstanden (vgl. auch im Folgenden Scheer et al. 2003, S. 35ff.). Zur Modellierung von Prozessen kann die aus der Wirtschaftsinformatik stammende Methode der Ereignisgesteuerten Prozesskette (EPK) eingesetzt werden. In EPKs werden die Prozesse als Abfolge von Funktionen dargestellt. Dabei können für jede Funktion die Start- und Endereignisse angegeben werden. Ereignisse sind Auslöser von Funktionen und Ergebnisse von Funktionen. Von einem Ereignis wird gesprochen, wenn eine Zustandsänderung (z. B. postalischer Eingang einer Kundenanfrage) eingetreten ist, der wiederum nachgelagerte Unternehmensverrichtungen anstößt. Im Gegensatz zu einer Funktion, die ein zeitverbrauchendes Geschehen dargestellt, ist ein Ereignis auf einen Zeitpunkt bezogen. Die Verbindungen in EPKs werden durch Verknüpfungsknoten abgebildet, die so genannte Verknüpfungsoperatoren enthalten. Diese enthalten Regeln sowie Bedingungen und stellen so Mittel zur Steuerung des Dienstleistungsprozesses dar. Als mögliche Werte können konjunktive („und“), adjunktive („oder“), und disjunktive („exklusiv oder“) Verknüpfungsoperatoren unterschieden werden. Funktionen, Ereignisse und Verknüpfungsoperatoren bilden die Basiselemente einer EPK. Zusätzliche Darstellungsobjekte ermöglichen die Berücksichtigung weiterer Aspekte, wie z. B. die Abbildung von Organisationseinheiten. Schaubild 8-10 zeigt ein Beispiel für eine EPK. Ausgangsereignis stellt die Reservierungsanfrage in einem
• Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK)
• Elemente einer EPK
• Beispiel für eine EPK
270
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Reservierungsanfrage
Kundenanfrage prüfen
Datenbank
V Keine Zimmer vorhanden
Zimmer vorhanden
Feedback an Kunden, inkl. Preis
V Kunde akzeptiert das Angebot nicht
Kunde akzeptiert und reserviert
= Ereignis
= Funktion V
Reservierung in das System eintragen
= oder
Reservierung ist eingetragen
Schaubild 8-10: Beispiel für eine Ereignisgesteuerte Prozesskette bei einer Reservierungsanfrage
271
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
Hotel dar. In der nachgelagerten Funktion wird vom Hotelangestellten geprüft, ob in dem vom Kunden angegebenen Zeitraum noch Zimmer frei sind. Dies kann zu einem positiven oder negativen Ergebnis führen. Dieses Ereignis führt zur Funktion „Feedback“ usw. Dieses sehr einfache Beispiel verdeutlicht, dass die EPK eine Methode darstellt, die eine systematische und vollständige Planung der Kundenkontaktpunkte sowie dahinter stehender Abläufe ermöglicht. 8.2.2
Integration der Instrumente der Qualitätsplanung
Um eine Integration der Planungsinstrumente der Qualität vorzunehmen, sind die Instrumente zunächst auf Vernetzungspotenziale hin zu untersuchen. Dabei gilt es, die Beziehungen zwischen den einzelnen Instrumenten hinsichtlich ihres funktionalen, zeitlichen und hierarchischen Charakters hin zu erforschen. Schaubild 8-11 zeigt eine solche Beziehungsanalyse für sämtliche Instrumente der Qualitätsplanung.
Integrierte Qualitätsplanung SEM (Blueprint) FRAP Merkmals- und kundenorientierte Ansätze Merkmals- und mitarbeiterorientierte Ansätze Betriebliches Vorschlagswesen Quality Function Deployment Benchmarking
SEM (Blueprint)
FRAP
• Integrierte Qualitätsplanung mittels… • …der Untersuchung von Vernetzungspotenzialen
Merkmals- Merkmalsund und kunden- mitarbeiterorientierte orientierte Ansätze Ansätze
Betriebliches Vorschlagswesen
Quality Function Deployment
Benchmarking
konditional konditional konditional sukzessiv sukzessiv sukzessiv
komplementär parallel
konditional parallel operativ
komplementär parallel komplementär parallel komplementär parallel komplementär parallel
komplementär parallel
komplementär parallel komplementär parallel
indifferent parallel konditional parallel konditional parallel
konditional konditional konditional parallel parallel parallel
indifferent parallel
FMEA
konditional konditional sukzessiv sukzessiv konditional konditional sukzessiv sukzessiv konditional konditional sukzessiv sukzessiv konditional konditional sukzessiv sukzessiv
indifferent konditional konditional parallel parallel parallel indifferent parallel
indifferent parallel
indifferent parallel
indifferent parallel
indifferent parallel
FMEA FishboneAnalyse
FishboneAnalyse
komplementär sukzessiv
Schaubild 8-11: Beziehungsanalyse im Rahmen einer integrierten Qualitätsplanung
272
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Beispielhafte Beziehungsanalyse für die merkmals- und kundenorientierten
Beispielhaft wird für die merkmals- und kundenorientierten Ansätze diese Beziehungsanalyse erläutert. Beim Einsatz von merkmals- und kundenorientierten Ansätzen lassen sich im Rahmen der Qualitätsplanung die folgenden Vernetzungsmöglichkeiten mit anderen Instrumenten identifizieren:
Ansätze
5 In funktionaler Hinsicht haben diese Ansätze kon-
ditionale Beziehungen zu denjenigen Instrumenten der strategischen Qualitätsplanung, für die die Erhebung von Qualitätsanforderungen notwendig ist, z. B. die Qualitätsziele und -standards. Die Instrumente der operativen Qualitätsplanung betreffend bedarf der Einsatz der merkmals- und kundenorientierten Ansätze insbesondere der Resultate aus Untersuchungen mit Instrumenten, die Hinweise auf mögliche relevante Qualitätsanforderungen aus Kundensicht geben (z. B. Sequenzielle Ereignismethode, Betriebliches Vorschlagswesen). Komplementäre Beziehungen der merkmals- und kundenorientierten Ansätze liegen vor allem mit denjenigen Planungsinstrumenten vor, die ebenfalls bestimmte Qualitätskriterien systematisch erheben (z. B. merkmals- und mitarbeiterorientierte Ansätze). 5 Die zeitlichen Verknüpfungen mit anderen Planungsinstrumenten betreffend sind die merkmals- und kundenorientierten Ansätze denjenigen Verfahren vorzuschalten, die einer tiefergehenden Analyse einzelner Qualitätskriterien bzw. Problembereiche dienen (z. B. FMEA, Fishbone-Analyse). Dahingegen sind solche Verfahren vorzuschalten, die zur Ermittlung der abzufragenden Kriterien beitragen (z. B. Sequenzielle Ereignismethode). 5 Bezüglich der hierarchischen Beziehungen haben die merkmals- und kundenorientierten Ansätze gegenüber den übrigen Instrumenten der Planung einen eher strategischer Charakter, weil diese Ansätze die Kundenanforderungen systematisch und vollständig erfassen.
8.2 Instrumente der Qualitätsplanung
273
Zur Verdeutlichung des hierarchischen und zeitlichen Charakters der Instrumente der Qualitätsplanung ist in Schaubild 8-12 der Einsatz verschiedener Planungsinstrumente im Rahmen des Qualitätsmanagements exemplarisch dargestellt. Zunächst sind mittels der Sequenziellen Ereignismethode Stationen im Leistungserstellungsprozess zu ermitteln, die von den Kunden besonders stark wahrgenommen werden und bei denen potenziell auftretende Probleme somit einen großen Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung haben können. Diese Kriterien können als Ansatzpunkt bei der Entwicklung eines Fragebogens zur Durchführung von multiattributiven Messmethoden angesehen werden. Mit der FRAP, FMEA und Fishbone-Analyse sind durch die Sequenzielle Ereignismethode eventuell erkannte Problemfelder weiter zu analysiert. Das Instrument des Betrieblichen Vorschlagswesens kann außerdem Kriterien liefern, deren Ausprägungen im Rahmen von Kundenund Mitarbeiterbefragungen zu erheben sind.
Hierarchischer Charakter
Eher strategischer Charakter
Eher operativer Charakter
• Hierarchische und zeitliche Verknüpfung der Instrumente der Qualitätsplanung
Multiattributive Messung
Betriebliches Vorschlagwesen
SEM
FMEA FRAP FishboneAnalyse
Zeit
Schaubild 8-12: Exemplarischer Einsatz von Instrumenten der Qualitätsplanung
274
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung • Phase der Qualitätslenkung
• Definition der Qualitätslenkung
• Instrumente der Qualitätslenkung
Die Phase der Qualitätslenkung baut prinzipiell auf den Ergebnissen der Qualitätsplanung auf. Der Inhalt der Qualitätslenkung ist wie folgt zu beschreiben (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b, S. 97): Die Qualitätslenkung beinhaltet sämtliche „vorbeugenden, überwachenden und korrigierenden Tätigkeiten bei der Realisierung einer Einheit mit dem Ziel, unter Einsatz von Qualitätstechnik die Qualitätsforderung zu erfüllen“.
Diese Phase beinhaltet dementsprechend sämtliche Tätigkeiten, die der Realisierung der Anforderungen an die Qualität der Dienstleistungen aus Kundenund Unternehmenssicht dienen (Meffert/Bruhn 2003, S. 334ff.). Hierbei lassen sich zur Systematisierung der in dieser Phase einzusetzenden Instrumente folgende Instrumentegruppen unterscheiden: 5 Mitarbeiterbezogene Instrumente, 5 Kulturbezogene Instrumente, 5 Organisationsbezogene Instrumente.
Schaubild 8-13 zeigt einen Überblick über die Instrumente der Qualitätslenkung. 8.3.1 Mitarbeiterbezogene Instrumente der Qualitätslenkung • Mitarbeiterbezogene Instrumente zur Steuerung… • …des Verhaltens des Kundenkontaktpersonals
Dienstleistungen werden i. d. R. zwischen dem Mitarbeiter eines Unternehmens – dem Kontaktpersonal – und dem Kunden im Rahmen eines so genannten interaktionsorientierten Prozesses (Schulze 2000, S. 263ff.) vollzogen. Dabei kann der Bedeutungsgrad des interaktiven Geschehens als Element der Dienstleistungsqualität je nach Dauer, Intensität und Integration des externen Faktors differieren. Sowohl bei problemorientiert-interaktiven als auch bei persönlich-interaktiven Dienstlei-
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
275
• Personalauswahl • Personalentwicklung • Anreizsysteme
Mitarbeiterbezogene Qualitätslenkung Qualitätsplanung Qualitätsmanagementdarlegung
Qualitätslenkung
Kulturbezogene Qualitätslenkung
Qualitätsprüfung Organisationsbezogene Qualitätslenkung Qualitätsbezogene Aufbauorganisation
Qualitätsbezogene Ablauforganisation
• Primäre Qualitätsorganisation • Sekundäre Qualitätsorganisation
Schaubild 8-13: Instrumente der Qualitätslenkung von Dienstleistungsunternehmen
stungen (vgl. die Klassifikation bei Mills/Margulies 1980) spielt der persönliche Kontakt zwischen Konsument und Kontaktpersonal im „Service Encounter“ (Czepiel et al. 1985; Bitner 1990; Bitner et al. 1990) eine wichtige Rolle. Somit fungiert der Verkäufer bzw. Berater häufig als Personifizierung der gesamten angebotenen Leistung bzw. des Dienstleistungsunternehmens. Folglich ist es von ausschlaggebender Bedeutung für die wahrgenommene Beratungsqualität des Unternehmens, inwieweit es dem Unternehmen gelingt, das Qualifikationsprofil des Kundenkontaktpersonals an das in der Beratungssituation vom Kunden als relevant angesehene Anforderungsprofil anzupassen. Dementsprechend sind von der Unternehmensführung personalpolitische Maßnahmen zu ergreifen, um sowohl die Fähigkeiten als auch die Bereitschaft der Mitarbeiter zur Schaffung einer Dienstleistungsqualität
• Personalpolitische Maßnahmen
276
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
auf einem hohen – dem geforderten – Niveau sicherzustellen und zu verbessern. Dabei stehen unterschiedliche Instrumente zur Verfügung (vgl. als Überblick z. B. Bühner 1993), von denen hier die folgenden qualitätsbezogenen Instrumente vorgestellt werden: 5 Personalauswahl, 5 Personalentwicklung und 5 Anreizsysteme für Mitarbeiter.
8.3.1.1 Qualitätsorientierte Personalauswahl • Einstellung neuer Mitarbeiter
• Anforderungen an Servicemitarbeiter
Bei der Einstellung neuer Mitarbeiter für Tätigkeiten mit häufigem direkten Kundenkontakt (z. B. Kassierer, Kundenberater und -betreuer) sind zunächst Auswahlkriterien zu bestimmen, die neben der fachlichen Qualifikation insbesondere auch die soziale Kompetenz der potenziellen Mitarbeiter prüfen (Hoffmann 1989, S. 412). Neben schriftlichen Eignungstests und Vorstellungsgesprächen ist beispielsweise auch die Durchführung von Verhaltenstests (Rollenspiele, Gruppendiskussionen u. Ä.) durchgeführt zu empfehlen, bei denen die Bewerber mit „realen“ Kundenkontaktsituationen konfrontiert werden und im Hinblick auf ihre kommunikativen Fähigkeiten beobachtet werden können (Schneider/Schechter 1991, S. 225). In diesem Zusammenhang gilt es oftmals auch genaue Anforderungs- bzw. Aufgabenprofile potenzieller Mitarbeiter zu definieren, wie dies in Beispiel 8-3 dargestellt wird. Beispiel 8-3: Anforderungs- und Aufgabenprofil für UPS-Fahrer in Deutschland Das Anforderungs- und Aufgabenprofil für den Fahrer des Dienstleistungsunternehmens im Versandbereich UPS gliedert sich neben den grundlegenden Anforderungen an die Ausbildung in die Bereiche Fahrpraxis und sonstiger Anforderungen. Ebenso werden die Bereiche der spezifischen Fertigkeiten zur Abwicklung der Fahraufträge sowie die arbeitstechnischen Rahmenbedingungen erläutert (vgl. Schaubild 8-14).
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
Alter
• 20 - 30 Jahre
Ausbildung
• Hauptschulabschluss • Abgeschlossene Berufsausbildung
Fahrpraxis
Sonstiges
277
• Mindestens 3 Jahre Fahrpraxis, davon die letzen beiden unfallfrei • Nicht mehr als 6 Punkte in Flensberg • Abgeleisteter Wehr- oder Ersatzdienst • Polizeiliches Führungszeugnis ohne Eintragungen • Positive Referenzen vorheriger Arbeitgeber • Gesundheitliche Eignung
Stellenbeschreibun g
• Be- und Entladen seines Fahrzeuges • Verantwortung für termingerechte Abholung/Zustellung von Paketsendungen • Sicheres Führen des Fahrzeugs • Sorgfältige Abwicklung der Arbeiten mit DIAD, korrektes Abrechnen von kassierten Nachnahmebeträgen • Verantwortung für die Sauberkeit des Fahrzeuges
Arbeitszeit
• Nach Tarifgebiet (zwischen 38 und 39 Wochenstunden) • Bereitschaft zu Mehrarbeit muss vorhanden sein
Vergütung
• Übertarifliche Bezahlung • Urlaubs- und Weihnachtsgeld • Vermögenswirksame Leistung • Spesen bei längerer Abwesenheit von der Niederlassung • Überstundenzuschläge • Dienstkleidung wird gestellt • Einarbeitung durch Trainingprogramm Quelle: Bremcker 2002, S. 389
Schaubild 8-14: Anforderungs- und Aufgabenprofil für UPS-Fahrer in Deutschland
Wenn der potenzielle Mitarbeiter bei den Einstellungsgesprächen mit seinem Verhalten wenig oder sogar keine Servicementalität, Kontaktfreude und kein Einfühlungsvermögen zeigt, dann wird er später im Rahmen seiner Tätigkeit als Kundenkontaktperson kaum Zufriedenheit bei seiner Arbeit finden und auch kaum der Zufriedenheit der Kunden dienlich sein. Fachwissen, der Umgang mit Technik u. Ä. können meist mittels Schulungen vermittelt oder verbessert werden; die grundsätzliche Service- und Kommunikations- bzw. Kontaktbereitschaft („Service Minded“) stellen aber einen Bestandteil der menschlichen Persönlichkeit dar und lassen sich daher nur bedingt in Schulungen erlernen. Die für die Einstellung neuer Mitarbeiter zustän-
• Grundsätzliche Service- und Kontaktbereitschaft als Anforderung an Mitarbeiter
278
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
digen Führungskräfte der Personal- und Fachabteilungen, sind deshalb dahingehend zu sensibilisieren, dass sie verstärkt auf die Service- und Kommunikationsbereitschaft der Bewerber achten. 8.3.1.2 Qualitätsorientierte Personalentwicklung • Personalentwicklung
• Grundlegende Aufgabe der Personalentwicklung
Maßnahmen der qualitätsorientierten Personalentwicklung, insbesondere die qualitätsorientierte Aus- und Weiterbildung (vgl. z. B. Methner 1999; Bullinger/Moll 2003), spielen eine wichtige Rolle im Rahmen der Qualitätslenkung, um den Anspruch einer unternehmensweiten Umsetzung des Qualitätsmanagementansatzes und die angestrebte Einbindung sowie Mitwirkung sämtlicher Mitarbeiter realisieren zu können. In diesem Zusammenhang ist die grundlegende Aufgabe der Personalentwicklung in der Erhöhung der Handlungskompetenz von Mitarbeitern zu sehen. Dabei lassen sich vier Typen der Handlungskompetenz unterscheiden (Becker 1999, S. 276):
• Typen der Hand-
5 Fach- bzw. Sachkompetenz: Fachspezifische Kennt-
lungskompetenz
nisse für die jeweilige Stelle, z. B. Kenntnisse des Versicherungsmarktes für einen Versicherungsmakler. 5 Methoden- bzw. Konzeptkompetenz: Fähigkeit, unterschiedliche Lösungsmethoden auf ein Problem anwenden zu können, Selektions- und Lernfähigkeit, z. B. Behandlung spezifischer Kundenprobleme. 5 Sozialkompetenz: Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Kommunikationsfähigkeit, Kundenorientierung. 5 Psychologische Kompetenz: Motivation, Einstellungen, Einsatzwillen, z. B. Bereitschaft, eine kundenorientierte Unternehmenskultur zu verwirklichen. Im Rahmen einer unternehmensweiten qualitätsorientierten Personalentwicklung mit dem Ziel der Umsetzung des Qualitätsmanagementsystems ist es sinnvoll, das bestehende Personalentwicklungsprogramm des Dienstleistungsunternehmens dahingehend zu erweitern oder zu verbessern, dass neben einer kontinuier-
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
279
lichen Vermittlung von Fach- und Methodenkompetenzen den Mitarbeitern auch soziale und psychologische Kompetenzen nähergebracht werden. Hierbei spielt beispielsweise die regelmäßige Durchführung von Mitarbeiter-Orientierungsgesprächen eine relevante Rolle. Im Beispiel 8-4 ist diesbezüglich ein entsprechender Kriterienkatalog dargestellt.
• Mitarbeiter-Orientierungsgespräch zur Vermittlung sozialer und psychologischer Kompetenzen
Beispiel 8-4: Kriterienkatalog eines MitarbeiterOrientierungsgespräches des Hotels „Schindlerhof “ Der Schindlerhof ist eines der „Erste-Adresse-Hotels“ der deutschen Tagungshotellerie und verfügt über ein internationales Renommee, das sich auf eine breite deutschsprachige Öffentlichkeit ausgeweitet hat. Durch die konsequente Umsetzung eines TQM-Ansatzes verfolgt der Schindlerhof auch eine qualitätsorientierte Personalentwicklung. Im Rahmen der jährlich stattfindenden Mitarbeiter-Orientierungsgespräche beurteilt sich der Mitarbeiter jeweils selbst anhand bestimmter Kriterien. Anschließend nimmt der Vorgesetzte die Beurteilung anhand vorgegebener Kriterien vor. Schaubild 8-15
• Flexibilität
• Unternehmerisches Denken
• Äußeres Erscheinungsbild
• Einfühlungsvermögen
• Überstundenbereitschaft
• Pünktlichkeit
• Teamfähigkeit
• Kreativität
• Fortbildungsinteresse
• Arbeitsqualität
• Zuverlässigkeit
• Fleiß
• Arbeitssystematik
• Konsequenz der Umsetzung
• Kritikfähigkeit
• Einhaltung des Teamkonzeptes
• Innovationsfreudigkeit
• Loyalität Quelle: Bruhn et al. 2002, S. 153
Schaubild 8-15: Kriterienkatalog eines Mitarbeiter-Orientierungsgespräches im Hotel Schindlerhof
280
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
zeigt diesbezüglich den Kriterienkatalog des Mitarbeiter-Orientierungsgespräches auf. • Bedeutung des Trainings psychosozialer Kompetenzen
Wenn beispielsweise im Rahmen einer transaktionsanalytisch orientierten Personalschulung (Schulze 2000, S. 275ff.) die Vermittlung psychosozialer Kompetenzen im Vordergrund steht, lassen sich hierbei folgende Teilfähigkeiten abgrenzen, die es zu erlernen gilt: 5 Erkennen von verschiedenartigen Transaktionsab-
läufen in Interaktionsepisoden während der Erstellung einer Dienstleistung, 5 Aktive Gestaltung dieser Interaktionsepisoden anhand der Erkenntnisse aus der Transaktionsanalyse, 5 Bewältigung schwieriger und für die Dienstleistungsqualität negativ wirkender Interaktionsprozesse mit dem Konsumenten, 5 Begreifen der eigenen Grundeinstellung und der bevorzugten Rollen im Umgang mit Personen, 5 Erfassung von „psychologischen Spielen“, d. h. sich ihrem Wesen nach wiederholender Transaktionen, und Erlernen von Möglichkeiten, diese zu unterbrechen, 5 Fähigkeit, eigene und fremde Emotionen zu erkennen, zu akzeptieren und angemessen mit ihnen umzugehen (Emotionale Intelligenz). • Ansatz der Emotionalen Intelligenz
Der von Salovey/Mayer (1990) entwickelte und durch Goleman (1997) erweiterte Ansatz der Emotionalen Intelligenz basiert auf dem Konzept der sozialen Intelligenz, das intrapersonale und interpersonale Fähigkeiten unterscheidet. Die Kernkapazität der intrapersonalen Fähigkeiten stellt der Zugang zum eigenen Gefühlsleben dar. Dabei kann die Fähigkeit unterschieden werden, eigene Gefühle und Gefühlszustände wahrzunehmen (Selbstwahrnehmung), wahrgenommene Emotionen unter Kontrolle zu halten (Selbstkontrolle) und wahrgenommene Emotionen für sich nutzbar zu machen, sich also z. B. nicht durch negative Emotionen negativ beeinflussen zu lassen (Selbstmotivation). Als Gegenpol zur Wahrnehmung der eigenen Gefühle beinhalten die in-
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
281
Quelle: in Anlehnung an Salovey/Mayer 1990, S. 200
Schaubild 8-16: Hierarchiemodell der Emotionalen Intelligenz
terpersonalen Fähigkeiten die Wahrnehmung von Emotionen anderer Personen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Empathie, d. h. die Fähigkeit, sich emotional auf andere einzustellen. Diese Fähigkeit ist neben den intrapersonalen Fähigkeiten Voraussetzung für eine adäquate soziale Kompetenz (vgl. Schaubild 8-16; Salovey/Mayer 1990; Goleman 1997; Finsterwalder/Tomczak 2001). Hinsichtlich der zu erlernenden Kompetenzen sind auch in Mitarbeiterbefragungen zu ermitteln, in welchen Bereichen die Mitarbeiter selbst Schulungsnotwendigkeit für sich und ihre Kollegen sehen, damit nicht „am Bedarf vorbeigeschult“ wird. Außerdem sind Feedback-Gespräche zur Bewertung von Schulungsinhalten, -formen und -zeiträumen zweckmäßig, um die Qualität der Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen permanent zu verbessern.
• Ermittlung des
Ziel der Veränderung der verschiedenen Kompetenzen ist es, die Mitarbeiter auf zukünftige Aufgaben vorzubereiten, d. h. zu qualifizieren. Folgende Qualifizierungsrichtungen lassen sich differenzieren (Becker 1999, S. 276):
• Typen von
Schulungsbedarfs
Qualifizierungen
282
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
5 Erweiterungsqualifizierung, bei der das Ausmaß der
Handlungskompetenz zu vergrößern ist, ohne dass ein Stellenwechsel angestrebt wird, z. B. Einarbeitung eines Kreditsachbearbeiters in eine neue Methode zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit. 5 Anpassungsqualifizierung, bei der die Qualifikation des Mitarbeiters an unternehmensexterne oder -interne Entwicklungen anzupassen ist, z. B. Computerkurs für Bankmitarbeiter. 5 Aufstiegsqualifizierung, bei der ein Mitarbeiter auf eine neue Stelle vorzubereiten ist, z. B. „Kreativitätstechniken“-Kurs für einen Mitarbeiter, der zukünftig als Projektleiter eingesetzt wird. • Systematisierung der Instrumente der Personalentwicklung
Die Vielzahl der Instrumente der Personalentwicklung kann nach dem Tätigkeitsbezug der Maßnahme und der Kontinuität ihres Einsatzes gemäß Schaubild 8-17 klassifiziert werden in (vgl. z. B. Becker 1999, S. 289): 5 Stellengebundene Personalentwicklung (On the Job)
Hierbei findet eine kontinuierliche Qualifizierung am Arbeitsplatz statt, z. B. Einsatz als Assistent, Modelllernen, Leittextmethode. 5 Stellenübergreifende Personalentwicklung (Near the Job) Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die eng mit dem Arbeitsplatz und -gebiet des Mitarbeiters in Zusammenhang stehen, z. B. Fremdsprachenkurs, Rollenspiel, Planspiel. 5 Stellenungebundene Personalentwicklung (Off the Job) Solche Maßnahmen werden losgelöst vom Tätigkeitsfeld des Mitarbeiters durchgeführt, z. B. Projektgruppenarbeit. • Merkmale von Instrumenten
Zur detaillierteren Beschreibung der Instrumente können weitere Kriterien herangezogen werden:
der Personalentwicklung
5 5 5 5
Qualitätsorientierung der Maßnahmen, Standardisierbarkeit der Maßnahmen, Individualisierbarkeit der Maßnahmen, Steuerbarkeit durch die Unternehmensleitung.
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
283
Instrumente der Personalentwicklung hoch
hoch
Stellenübergreifende Personalentwicklung (Near the Job)
Stellenungebundene Personalentwicklung (Off the Job) niedrig
Kontinuität des Einsatzes
Tätigkeitsbezug
Stellengebundene Personalentwicklung (On the Job)
niedrig Merkmale
hoch
Qualitätsorientierung
niedrig
hoch
Standardisierbarkeit
niedrig
niedrig
Individualisierbarkeit
hoch
hoch
Steuerbarkeit
niedrig
Quelle: Meffert/Bruhn 1996, S. 473
Schaubild 8-17: Instrumente der Personalentwicklung
Dabei kommt den stellenungebundenen und -übergreifenden Instrumenten im Dienstleistungsbereich eine besondere Bedeutung zu. Da der Dienstleistungserstellungsprozess häufig einen Charakter der Interaktivität zwischen Mitarbeiter und Kunde aufweist, kann mit Hilfe von Maßnahmen des Training-Near-the-Job (z. B. Rollenspiele) eine Simulierung der Dienstleistungserstellungsprozesse stattfinden (Bieberstein 2001, S. 371). Dabei hat der Mitarbeiter einen „Musterkunden“ (z. B. Psychologe, Trainer) zu bedienen, so dass eine sofortige
284
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Zentrale Bausteine qualitätsbezogener Schulungen…
• …Qualitätsseminare
• …Servicetraining
• …Coaching
Beurteilung der exemplarischen Mitarbeiterleistung möglich ist und er sofort auf mögliche Schwächen aufmerksam gemacht werden kann. Zu den zentralen Bausteinen qualitätsbezogener Schulungen für Mitarbeiter von Dienstleistungsunternehmen haben zielgruppenspezifisch verschiedene Bereiche zu gehören, wobei die folgenden drei Module, die bereits bei erfolgreichen Dienstleistungsunternehmen eingesetzt werden (Bruhn/Meffert 2002), besonders zweckmäßig erscheinen: 5 Qualitätsseminare
Zielgruppe sind Mitarbeiter sämtlicher Unternehmensbereiche. Das Seminar kann als Diskussionsforum für die unterschiedlichsten Qualitätsthemen dienen, wie beispielsweise Kunden- und Mitarbeiterbefragungen, die Optimierung interner Prozesse oder der Kundenberatungsqualität. Wichtig ist insbesondere die Vermittlung der Bereitschaft und des ausgeprägten Bewusstseins zur Kunden- bzw. Serviceorientierung. 5 Servicetraining für das Kundenkontaktpersonal Zielgruppe sind sämtliche Mitarbeiter im Kundenkontakt (z. B. Empfangsdamen, Telefonisten, Kundenbetreuer). Das Training kann der Weiterentwicklung der persönlichen Leistungskompetenzen durch die Erweiterung des Verhaltensrepertoires dienen, indem Gesprächs- und Fragetechniken sowie verkaufspsychologische Kenntnisse vermittelt werden. Mitarbeiter im Kundenkontakt haben vor allem zu lernen, stärker auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden einzugehen. 5 Coaching für Führungskräfte Zielgruppe sind Führungskräfte servicenaher Bereiche in Geschäftsstellen und -zentralen. Dieser Seminarbaustein kann die serviceorientierte Führung des Dienstleistungsunternehmens durch eine Weiterentwicklung der kommunikativen und motivierenden Fähigkeiten als Voraussetzung für eine verbesserte Führungsqualität und damit auch zur Sicherstellung der Dienstleistungsqualität bes-
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
285
ser ausrichten. Um Einstellungs- und Verhaltensänderungen bei den Mitarbeitern im Hinblick auf eine stärkere Service- bzw. Kundenorientierung zu veranlassen, sind sämtliche Führungskräfte in psychologischen Führungs- und Kommunikationstechniken zu schulen sowie Hilfestellung bei der Gestaltung von Mitarbeitergesprächen anzubieten. Hinzuweisen ist schließlich auf den zentralen Aspekt der Anwendbarkeit und Umsetzungsmöglichkeit der Schulungsinhalte, unabhängig vom Umfang und der Gestaltung der genannten Qualifizierungsmaßnahmen (Schildknecht 1992, S. 154). Voraussetzung eines positiven Lerneffektes und damit unabdingbare Grundlage der erfolgreichen Umsetzung eines Qualitätsmanagementkonzeptes ist die tatsächliche Realisierbarkeit kundenorientierten Verhaltens im Unternehmen, die i. d. R. abhängig von entsprechenden Handlungs- und Entscheidungsspielräumen ist. 8.3.1.3 Qualitätsorientierte Anreizsysteme
Damit Mitarbeiter auch bereit sind, die in den qualitätsbezogenen Schulungen vermittelten Erkenntnisse der Kundenorientierung umzusetzen und die in den Qualitätsgrundsätzen festgelegten Standards zu erfüllen, ist es erforderlich, dass die Unternehmensleitung geeignete Motivationsmaßnahmen entwickelt und durchführt (v. Rosenstiel 1996; v. Diemer 1999). Vor allem bei der Entwicklung und Einführung des Qualitätsmanagementsystems sind extrinsische Motivationen, d. h. im Arbeitsumfeld oder in den Folgen des Tätigkeitsvollzugs liegende Anreize von besonderer Bedeutung, um die anerkennenswerten Leistungen der Mitarbeiter zu belohnen. Um allerdings im Unternehmen langfristig zu gewährleisten, dass sich die Mitarbeiter kundenorientiert entsprechend den Qualitätsstandards verhalten, sind zusätzlich intrinsische Motivationen, d. h. in der Tätigkeit selbst liegende Anreize, zu schaffen. Arbeitsbedingungen und -inhalte sind derart zu gestalten, dass die Mitarbeiter aus einer inneren Motivation heraus be-
• Anreizsysteme zur Beeinflussung der…
• …extrinsischen und…
• …intrinsischen Motivation
286
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Kundenorientierte Anreizsysteme
reit und überzeugt sind, qualitativ hochwertige Dienstleistungen zu erbringen. Zur Steuerung der Mitarbeitermotivation in Richtung eines qualitätsorientierten Verhaltens sind so genannte kundenorientierten Anreiz- und Vergütungssysteme besonders geeignet (Tuzovic 2004). Die Besonderheit gegenüber traditionellen Anreiz- und Vergütungssystemen liegt bei diesen in der Ausrichtung auf kundenorientiertes Verhalten. Während herkömmliche Anreiz- und Bonussysteme sich auf finanzielle Größen beziehen (z. B. Umsatz), werden im Rahmen kundenorientierter Anreiz- und Vergütungssysteme kundenbezogene Größen, wie z. B. Kundenzufriedenheit, als Bemessungsgrundlagen herangezogen. Bei der Einführung eines kundenorientierten Anreizund Vergütungssystems ist in zwei grundsätzlichen Phasen vorzugehen (vgl. Schaubild 8-18): (1) Im Rahmen der Konzeptionalisierung des Systems werden die Bemessungsgrundlagen und die Anreize festgelegt. (2) Im Rahmen der Institutionalisierung des Systems erfolgt eine Vernetzung mit anderen Managementsystemen, ohne die das Anreiz- und Vergütungssystem losgelöst vom Managementmodell des Unternehmens und damit wirkungslos wäre.
• Individuelle und gruppenbezogene Anreizformen
Die Wirksamkeit eines kundenorientierten Anreiz- und Vergütungssystems wird im Wesentlichen durch die gewählten Anreize determiniert. In Schaubild 8-19 sind individuelle Anreizformen aufgeführt mit dem Ziel, die Mitarbeiter zu motivieren und zur Verbesserung kundenorientierten Verhaltens anzuspornen. Auch gruppenbezogene Anreizsysteme, die Teamprämien, Anerkennung von Serviceteams u. Ä. beinhalten, sind zweckmäßig, um Projektgruppen oder Abteilungen zu verstärkter Qualitätsorientierung zu motivieren. Von besonderer Wichtigkeit ist die Abstimmung möglicherweise unterschiedlicher Anreizsysteme der verschiedenen Unternehmensbereiche und Abteilungen, damit Benachteiligungen einzelner Mitarbeitergruppen trotz identischer Leistungen oder niveaubezogene Dis-
Phase 1: Konzeptionalisierung des KVS
Systemplanung
Kunden(wert)orientierte Ve rgütungsstrategie •Steuerung profitabler Kundenbeziehungen Analyse von KBLZ und Erfolgskette •durch Investitionen in Humanressourcen Mitarbeitersegmentierung und Festlegung der Empfänger
Phase 2: Institutionalisierung des KVS
Inhaltlich-konzeptionelleEinführung des kundenorientierten Vergütungssystems
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
Schaubild 8-18: Vorgehensweise bei der Einführung kundenorientierter Anreiz- und Vergütungssysteme
Modell zur Konzeptionierung eines kundenorientierten Vergütungssystems (KVS)
Systemgestaltung
Unternehmensbezogene Integration des kundenorientierten Vergütungssystems Anreizsystem
Ausschüttungssystem
•Motivation der Mitarbeiter •Evaluation der Mitarbeiterleistung
Unternehmensstrukturen
Unternehmenssysteme
Unternehmenskultur
Personalführungssystem
Kommunikationssystem
Informationssystem
Controllingsystem
Effektivität
Ökonomische Effizienz •Kosten-Nutzen-Kontrolle •Prozess-Kontrolle
287
Quelle: Tuzovic 2004, S. 58
Soziale Effizienz
Systemkontrolle
Messsystem
288
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Qualitätsorientierte Anreizformen in Dienstleistungsunternehmen
Schaubild 8-19: Qualitätsorientierte Anreizformen in Dienstleistungsunternehmen
krepanzen zwischen den Anreizsystemen vermieden werden können. 8.3.2 Kulturbezogene Instrumente der Qualitätslenkung • Kulturbezogene Instrumente…
Neben den personalpolitischen Aspekten spielt das „Klima“ der Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern eine wichtige Rolle zur Entwicklung und Umsetzung des Qualitätsmanagements im Unternehmen. Notwendig ist eine Anpassung der Unternehmenskultur in dem Sinne, dass sich das System gemeinsamer Werteund Normenvorstellungen sowie geteilter Denk- und Verhaltensmuster, das die Entscheidungen, Handlungen und Aktivitäten der Organisationsmitglieder prägt (Heinen/Dill 1990, S. 17), in Richtung stärkerer Kunden- bzw. Serviceorientierung entwickelt. Nur wenn sämtliche Führungskräfte sowie die Mitarbeiter im Kundenkontakt und den Back-Office-Abteilungen zum
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
einen gute Dienstleistungsqualität schätzen und zum anderen die interne und externe Kundenorientierung als „Natural Way of Life“, d. h. als selbstverständliche Aufgabe in der täglichen Arbeit ansehen, kann in den verschiedenen Abteilungen, Geschäftsstellen und Zentralen des Unternehmens eine übergreifende Dienstleistungskultur entstehen (Grönroos 2000, S. 241ff.; Meffert/Bruhn 2003, S. 628). Der Wandel der Unternehmenskultur ist jedoch ein sehr langfristiger und schwieriger Prozess. Einerseits werden sich möglicherweise einige Mitarbeiter des Dienstleistungsunternehmens ablehnend gegenüber der Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems verhalten, wenn es sich aus ihrer Sicht um Veränderungen handelt, die im Widerspruch zu ihrem über Jahre gewachsenen und fest verankerten Werte- und Normengefüge stehen. Andererseits ist es im Gegensatz zur Neustrukturierung von Organisationen oder der Einführung bestimmter Qualitätsaktivitäten nur sehr eingeschränkt möglich, grundlegende Kulturveränderungen ausschließlich durch formale Änderungen durchzusetzen (Meffert/Bruhn 2003, S. 542). Vor dem Hintergrund dieser potenziellen unternehmenskulturellen Barrieren sind vor allem die Führungskräfte des Dienstleistungsunternehmens gefordert, durch ihre Entscheidungen, Handlungen und Aktivitäten gegenüber den Mitarbeitern und Marktpartnern den Qualitätsgedanken vorzuleben und somit eine Dienstleistungskultur zu entwickeln. Im Hinblick auf die zahlreichen Ansatzpunkte, bei denen die Unternehmensleitung und Geschäftsstellenleiter, aber auch die Abteilungsleiter eine Vorbildfunktion übernehmen können (z. B. Schneider/Bowen 1995, S. 273ff.), sind die in Schaubild 8-20 genannten Kulturaspekte von besonderer Wichtigkeit. Neben den genannten mitarbeiter- und kulturbezogenen Instrumenten der Qualitätslenkung, die vor allem die unternehmensindividuellen Wertvorstellungen sowie Denk- und Verhaltensweisen der Mitarbeiter in Richtung einer stärkeren Kunden- und Serviceorientierung zu verändern haben, spielt auch die organisatorische Veranke-
289
• …zur Schaffung einer Dienstleistungskultur…
• …im Rahmen eines kontinuierlichen Prozesses
• Vorbildfunktion der Führungskräfte
290
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Kulturelle Vorbildfunktion von Führungskräften in Dienstleistungsunternehmen
Kundenorientierte Grundsätze
Mitarbeiterorientierte Grundsätze
Leistungsorientierte Grundsätze
Verpflichtung der Führungskräfte zur Erbringung qualitativ hochwertiger Dienstleistungen
Offene Anerkennung der einzelnen Mitarbeiter als wichtiger Bestandteil der Dienstleistungskette im Unternehmen
Empfänglichkeit der Führungskräfte des Unternehmens für Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter
Serviceorientiertes Verhalten der Führungskräfte bei temporärer Tätigkeit im direkten Kundenkontakt
„Politik der offenen Tür“
Erkennbare Veränderungsbereitschaft, Flexibilität der Führungskräfte
Schaubild 8-20: Grundsätze der kulturellen Vorbildfunktion von Führungskräften in Dienstleistungsunternehmen
rung des Qualitätsmanagements eine bedeutende Rolle im Rahmen der Qualitätslenkung. 8.3.3 Organisationsbezogene Instrumente der Qualitätslenkung • Organisationsbezogene Instrumente
Damit die spezifischen Maßnahmen des Qualitätsmanagements erfolgreich umgesetzt werden können, sind in Dienstleistungsunternehmen verschiedene aufbauund ablauforganisatorische Voraussetzungen (z. B. Zeller 1994; Schneider/Bowen 1995) zu schaffen. Somit stellt sich das Problem der Institutionalisierung des Qualitätsmanagements in der Organisation des Dienstleistungsunternehmens, damit eine schnelle und flexible Qualitätslenkung erfolgen kann. 8.3.3.1 Qualitätsbezogene Aufbauorganisation
• Qualitätsbezogene Aufbauorganisation
Der Bedarf an organisatorischer Verankerung und Gestaltung des Qualitätsmanagements in der Unternehmung ergibt sich unmittelbar aus verschiedenen orga-
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
291
nisatorisch-strukturellen Barrieren. Die Gestaltungsmaßnahmen haben den in Schaubild 8-21 dargestellten Anforderungen zu genügen. Die organisatorische Gestaltung des Qualitätsmanagements in Dienstleistungsunternehmen hat vor allem die vielen und heterogenen Abteilungen, aber teilweise auch Tochtergesellschaften und verbundenen Unternehmen in die organisatorische Gestaltung einzubeziehen. Betroffen sind nicht nur Service- und Marketingabteilungen, sondern sämtliche Mitarbeiter der Dienstleistungskette eines Unternehmens, d. h. Personal in den Kundenkontaktbereichen und den Back-Office-Abteilungen, wie auch Abteilungsleiter und Geschäftsführer.
Festlegung der Verantwortlichkeiten für das Qualitätsmanagement
Vermeidung von Abteilungsdenken und „Abschottungstendenzen“ bei Mitarbeitern, die mit Qualitätsaufgaben betraut sind
Regelung der Zuständigkeiten und Weisungsbefugnisse für Planung und Umsetzung der Qualitätsmaßnahmen
Ziele und Maßnahmen im Rahmen der organisatorischen Gestaltung des Qualitätsmanagements Schaffung von Anreizen für Führungskräfte und Mitarbeiter für eine erfolgreiche Umsetzung von Qualitätsmaßnahmen
Unterstützung einer „Dienstleistungskultur“
Festlegung einer gewissen Verbindlichkeit in Bezug auf geplante Qualitätsmaßnahmen
Flexible Struktur im Hinblick auf kreative Vorschläge der Mitarbeiter
Schaubild 8-21: Ziele und Maßnahmen im Rahmen der organisatorischen Gestaltung des Qualitätsmanagements
292
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Es erscheint hierbei zweckmäßig, sowohl primäre, d. h. in der Unternehmensorganisation dauerhaft verankerte, als auch sekundäre, d. h. temporär angelegte, Maßnahmen der Qualitätsorganisation durchzuführen. • Primäre Qualitätsorganisation
• Linienmanagement
• Zentralstabsstelle für Qualität
• Qualitätsmanager
(a) Primäre Qualitätsorganisation Es gilt, die Qualitätsverantwortung auf das Linienmanagement zu übertragen bzw. jede Führungskraft zu verpflichten, dass sie bei den ihr unterstellten Mitarbeitern eine Qualitäts- bzw. Kundenorientierung sicherstellt und die festgelegten Qualitätsziele erreicht. Neben den dezentralisierten, operativen Organisationseinheiten des Qualitätsmanagements bei den jeweiligen Filialen bzw. Geschäftsstellen ist es zweckmäßig, eine Zentralstabsstelle für Qualität einzurichten, die Koordinations- und Kommunikationsfunktionen ausübt. Beispielsweise kann ein Qualitätsausschuss mit Qualitätsunterausschüssen gebildet werden,die die konzeptionelle (Weiter-) Entwicklung des Qualitätsmanagements übernehmen sowie bei der Generierung von Qualitätszielen und der Durchführung von Kunden- und Mitarbeiterbefragungen behilflich sind. Auch die Konzeptionierung und Umsetzung von Qualitätsschulungsprogrammen und Qualitätsrevisionen haben prinzipiell durch die Mitarbeiter dieser Zentralabteilung zu erfolgen, um einheitliche Qualitätsstandards zu erhalten und Vergleiche zwischen den Abteilungen und Geschäftsstellen zu ermöglichen. In stark filialisierten Dienstleistungsunternehmen kann es zweckmäßig sein, für jede Region die Stelle eines so genannten Qualitätsmanagers (Kamiske/Krämer 1994) einzurichten, der filialenübergreifend für die Koordination und Kontrolle der Qualität Verantwortung trägt. Obwohl die Festlegung von Qualitätsverantwortlichen für die Durchführung eines systematischen Qualitätsmanagements sehr wichtig ist, scheinen sich zahlreiche Unternehmen hierüber nicht im Klaren zu sein. Eine Erhebung bei österreichischen Kreditinstituten ergab, dass 23 Prozent der Unternehmen die Qualitätsverantwortung auf Linienpositionen, 13 Prozent der Unternehmen auf Stabspositionen, 63 Prozent je-
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
293
doch keine Qualitätsverantwortung übertragen haben (Breyer/Zinnagl 1995, S. 407). (b) Sekundäre Qualitätsorganisation Als ergänzende bzw. sekundäre Organisationsform des Qualitätsmanagements kann das Qualitätszirkelkonzept angesehen werden (vgl. z. B. Beriger 1987; Simon/Hess 1988; Schubert 1994). Qualitätszirkel sind auf Dauer angelegte Gesprächsgruppen, bei denen sich fünf bis zehn Mitarbeiter ein oder mehrerer Arbeitsbereiche der unteren Hierarchieebene eines Unternehmensbereiches in regelmäßigen Abständen (mindestens einmal im Monat) während oder außerhalb der regulären Arbeitszeit auf freiwilliger Basis treffen, um selbstgewählte Qualitätsprobleme des eigenen Arbeitsbereiches zu diskutieren (Beriger 1995, S. 121). Unter Anleitung eines geschulten Moderators sind mit Hilfe spezieller Problemlösungstechniken Lösungsvorschläge zu erarbeiten und deren Umsetzung zumindest zu initiieren und dann auch zu kontrollieren, wobei die Verbesserungsvorschläge im Rahmen der gesetzlichen und betrieblichen Bestimmungen zu vergüten sind (Huber 1992, S. 989). In Beispiel 8-5 ist vereinfacht die Struktur eines Qualitätszirkelsystems dargestellt. Beispiel 8-5: Struktur eines Qualitätszirkelsystems Das in Schaubild 8-22 dargestellte Qualitätszirkelsystem zeigt die Ebenen der Unternehmenshierarchie auf. Hierbei findet eine Unterteilung der Hierarchie in vier Bereiche statt. Diese ist je nach Unternehmenssituation oder auch Komplexität des Dienstleistungsprozesses anzupassen. Den jeweiligen hierarchischen Ebenen wird in unterschiedlicher Weise eine Steuerungs-, Koordinations-, Moderations- oder aktive Teilnahmefunktion zugemessen. Ausgehend von der Qualitätszirkelstruktur können im Rahmen dieser sekundären Qualitätsorganisation verschiedene Ziele des Qualitätsmanagements verfolgt werden. Steinle et al. führten eine Befragung bei Unter-
• Sekundäre Qualitätsorganisation
• Qualitätszirkelkonzept
• Qualitätszirkelstruktur
• Ziele von Qualitätszirkelkonzepten
294
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Vorstände, Geschäftsführer
Steuerungsteam
Geschäftsstellenleiter, Abteilungsleiter
Koordinator/ Koordinationsteam
Gruppenleiter, weitere Führungskräfte Kundenkontaktpersonal, Back-Office-Personal (Verwaltung, Abwicklung)
Moderator des Qualitätszirkels
Moderator des Qualitätszirkels
Moderator des Qualitätszirkels
Mitglieder des Qualitätszirkels
Mitglieder des Qualitätszirkels
Mitglieder des Qualitätszirkels
Schaubild 8-22: Struktur eines Qualitätszirkelsystems
• Aufgaben…
• …der Steuerungsgruppe
nehmen durch, zu denen auch Dienstleistungsunternehmen gehörten, um Erkenntnisse über die vorrangigen Ziele von Qualitätszirkelkonzepten in der Praxis zu gewinnen (Steinle et al. 1995, S. 38). Schaubild 8-23 gibt einen Überblick über die von den befragten Unternehmen als bedeutsam eingeschätzten Ziele. Es wird ersichtlich, dass die Erzielung einer hohen Motivation und einer hohen Dienstleistungsqualität im Vordergrund von Qualitätszirkeln stehen. In Bezug auf die Aufgaben und Funktionen der Qualitätszirkelmitarbeiter lassen sich grundsätzlich die Steuerungsgruppe, das Koordinationsteam, Zirkelmoderatoren, die Mitglieder der Qualitätszirkel sowie fallweise Förderer und Fachleute unterscheiden. Die Steuerungsgruppe vertritt den unternehmerischen Willen, qualitätsfördernde Maßnahmen aktiv zu unterstützen. Diese Steuerungsgruppe ist aus Mitgliedern des Vorstands bzw. der Geschäftsführung und zusätzlich aus ausgewählten Mitgliedern regionaler Qualitätszirkel (z. B. Geschäftsstellenleiter oder Filialleiter und dem zugeordneten Abteilungsleiterkreis) zu
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
Ziele von Qualitätszirkeln
295
Bedeutung aus der Sicht der befragten Unternehmen (in Prozent der befragten Unternehmen)
Motivation/Mitarbeiterzufriedenheit Produkt-/Dienstleistungsqualität Kosten Produktivität Kommunikation/Kooperation Arbeitsbedingungen Personalentwicklung Innovation Sonstige
58,8 52,9 47,1 35,3 27,5 23,5 21,6 11,8 7,8 Quelle: Steinle et al. 1995, S. 38
Schaubild 8-23: Ziele von Qualitätszirkeln
bilden. Zu den wichtigsten Aufgaben dieses Steuerungsteams zählen: 5 Entwicklung einer unternehmensspezifischen Quali-
tätsstrategie, 5 Bereitstellung erforderlicher Arbeits- und Hilfsmittel, 5 Festsetzung von Schulungsprogrammen, Terminplänen und grundsätzlichen Vorgehensweisen, 5 Materielle und immaterielle Förderung der Qualitätszirkelarbeit. Das Koordinationsteam des Qualitätszirkels hat aus Führungskräften des Dienstleistungsunternehmens zu bestehen, die haupt- oder nebenamtlich folgende Tätigkeiten erfüllen: 5 Mithilfe bei der Auswahl der Moderatoren, 5 Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchfüh-
rung der Qualitätszirkelarbeit, 5 Koordination der Arbeiten verschiedener Qualitäts-
zirkel, 5 Auswertung und Weiterleitung der Arbeitsergebnisse an das Steuerungsteam.
• …des Koordinationsteams
296
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• …des Moderators
• …der Zirkelmitglieder
• Themenbereiche für Qualitätszirkel
Der Moderator eines Qualitätszirkels leitet die Zirkelarbeit, organisiert die Gruppentreffen, informiert über Arbeitstechniken sowie Darstellungsformen und protokolliert die Ergebnisse der Zirkelarbeit. Als der für diese Tätigkeit zuständige Mitarbeiter kann ein direkter Vorgesetzter der Zirkelmitglieder gewählt werden, der allerdings hier seine Vorgesetztenfunktion nicht auszuüben hat, oder ein Zirkelmitglied, das beispielsweise über Erfahrungen in Gruppenarbeitstechniken verfügt. Die Gruppe der Zirkelmitglieder erarbeitet dann gemeinsam Lösungen für offensichtliche Probleme im Unternehmen, die vorzugsweise in ihren eigenen Arbeitsgebieten aufgetreten sind. Zusätzlich können fallweise für die Beantwortung fachspezifischer Fragen Experten hinzugezogen werden, die allerdings nur in Abstimmung mit den Moderatoren und/oder Vorgesetzten im Qualitätszirkel unterstützend zu wirken haben. Qualitätszirkel können neben der beabsichtigten Verbesserung der Dienstleistungsqualität zur Förderung des Qualitätsbewusstseins und der Qualitätsverantwortung der beteiligten Mitarbeiter beitragen, bereichsüberlappend qualitätsbezogene Probleme ermitteln und die Qualität der internen Kommunikation in der Filiale oder Zentrale maßgeblich verbessern. Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches und der Persönlichkeitsentwicklung dokumentieren die Bedeutung von Qualitätszirkeln als Führungsinstrument. Folglich sind in den Qualitätszirkeln verschiedene Themenbereiche schwerpunktmäßig zu diskutieren und zu analysieren. In Schaubild 8-24 sind beispielhaft verschiedene Themen für Qualitätszirkel aufgeführt. Um der Gefahr entgegenzuwirken, dass die in den Qualitätszirkeln gewonnenen Erkenntnisse und Vorschläge zur Serviceverbesserung weder ernst genommen noch konkret umgesetzt werden, ist es notwendig, sämtliche Führungsebenen des Dienstleistungsunternehmens von der Qualitätszirkelarbeit zu überzeugen und beispielsweise eine Präsentation der Ergebnisse vor den Mitgliedern der Geschäftsleitung zu institutionalisieren.
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
297
Arbeitsabläufe innerhalb der Abteilungen
Horizontale Kommunikation zwischen Funktionsbereichen (z.B. zwischen Kundenkontaktpersonal und Werbeabteilung)
Image und Erscheinungsbild beim Kunden
Themen für Qualitätszirkel
Stellenwert der Servicepolitik im Unternehmen (Filiale, Zentrale)
Unterlagen, Prospekte
Festlegung einer gewissen Verbindlichkeit in Bezug auf geplante Qualitätsmaßnahmen
Anreizsysteme für eine Kundenorientierung der Mitarbeiter
Schaubild 8-24: Exemplarische Themen für Qualitätszirkel
8.3.3.2 Qualitätsbezogene Ablauforganisation
Für eine erfolgreiche Qualitätslenkung in Dienstleistungsunternehmen bedarf es schließlich auch einer Anpassung der Informations- und Kommunikationssysteme. Ein Grund hierfür ist darin zu sehen, dass neben den von den Kunden geforderten fachlichen und persönlichen Qualitäten des Kontaktpersonals zunehmend auch die Leistungsfähigkeit der eingesetzten Informationsund Kommunikationstechnologien die Qualität von Dienstleistungen bestimmt. Die Bedeutung von informations- bzw. kommunikationstechnologischen Instrumenten des Qualitätsmanagements wird in Beispiel 8-6 erläutert.
• Qualitätsbezogene Ablauforganisation
• Informations- und Kommunikationssysteme
298
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Beispiel im Finanzdienstleistungssektor durch…
• ...Bankautomaten und Telefonbanking
• ...Electronic Banking
Beispiel 8-6: Bedeutung von informations- bzw. kommunikationstechnologischen Instrumenten im Finanzdienstleistungssektor Insbesondere in Dienstleistungsbereichen mit hohen Transaktionsraten spielen informations- bzw. kommunikationstechnologische Instrumente eine entscheidende Rolle. Dies wird verstärkt im Finanzdienstleistungssektor deutlich: Aus der Perspektive der Kreditinstitute ist dem Umstand entgegenzutreten, dass von 100 Kundenkontakten am Schalter mehr als 90 Prozent dem Routinegeschäft und weniger als zehn Prozent der Beratung zuzuordnen sind (Ambros 1993, S. 10) und Servicekräfte ca. ein Drittel ihrer Tätigkeit in die Ausgabe von Vordrucken investieren. Dieser Aspekt ist auch aus Kostengesichtspunkten zu betrachten. Die steigende Bedeutung der Automatisierung und Selbstbedienung, insbesondere bei Bankautomaten und beim Telefon-Banking, beweisen offensichtlich, dass es Kundensegmente gibt, die in der beleglosen und zeit-ökonomischen Distanzabwicklung von Routinegeschäften ohne Limitierung von Öffnungszeiten einen Qualitätsvorteil erkennen. Electronic Banking, d. h. computergestützte Bankdienstleistungen, bietet aber auch in der Beratungsphase Ansatzpunkte zur Qualitätssteuerung, da die Mitarbeiter im Kundenkontakt aktuelle Markt-, Kunden- und Produktinformationen online abrufen können, die bei einer individuellen, umfassenden Beratung hilfreich oder sogar notwendig sind. Auch Simulationen in Bezug auf alternative Problemlösungen bei der Geldanlage oder Finanzierung sowie Modellrechnungen im Computerdialog können im Rahmen von Expertensystemen eingesetzt werden, um den Informationsbedürfnissen von Kunde und Berater zu dienen. Der für das Qualitätsmanagementsystem von Dienstleistungsunternehmen notwendige Ausbau des Informationswesens und der Datenverarbeitung beinhaltet vor allem die in Schaubild 8-25 dargestellten Aspekte.
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
299
Ausbau des Informationswesens und der DV-Unterstützung für Marktanalysen und -beobachtungen des jeweiligen Geschäftsstellengebietes
Kontroll- und Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Geschäftsstellen und deren Absatzleistungen
Aspekte eines qualitätsorientierten Informationswesens in Dienstleistungsunternehmen
Kundeninformationssystem des Dienstleistungsunternehmens
Einsatz von Datenbankund Informationssystemen in der Beratung und im Verkauf
Schaubild 8-25: Aspekte eines qualitätsorientierten Informationswesens in Dienstleistungsunternehmen
Es bleibt festzuhalten, dass im Rahmen der Qualitätslenkung vielfältige Anpassungs- oder sogar Entwicklungsprozesse von Kultur, Struktur und Systemen des Dienstleistungsunternehmens erforderlich sein können. Wenn von den Unternehmen die beschriebenen, bei der Dienstleistungserstellung notwendigen vorbeugenden und begleitenden Maßnahmen der Qualitätslenkung durchgeführt werden, ist es unumgänglich, dass anschließend bzw. bereits während des Prozesses die Qualität der Leistungen und Produkte überprüft und kontrolliert wird. 8.3.4 Integration der Instrumente der Qualitätslenkung • Integrierte
Um einen integrativen Einsatz der Instrumente der Qualitätslenkung durchzuführen, ist auf der Ebene der
Qualitätslenkung
300
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Beispielhafte Beziehungsanalyse für die Personalentwicklung
Intraphasenintegration eine Beziehungsanalyse zwischen den einzelnen Lenkungsinstrumenten vorzunehmen. Schaubild 8-26 zeigt die Ergebnisse einer Beziehungsanalyse für sämtliche Instrumente der Qualitätslenkung. Beispielhaft sind die möglichen Verknüpfungen der Personalentwicklung mit den anderen Instrumenten der Qualitätslenkung aufzuzeigen. Das Instrument der Personalentwicklung kann folgende funktionale, zeitliche und hierarchische Beziehungen zu anderen Lenkungsinstrumenten aufweisen: 5 In funktionaler Hinsicht hat die Personalentwicklung
eine komplementäre Beziehung zu der qualitätsorientierten Personalauswahl, weil durch beide Maßnahmengruppen zu gewährleisten ist, dass die Mitarbeiter des Unternehmens Qualitätsbewusstsein und Kundenorientierung umsetzen. Konditionale Beziehungen bestehen mit denjenigen Instrumenten, bei deren Einsatz ein qualitätsbezogenes Know-how der Mitarbeiter erforderlich ist (z. B. Qualitätsverantwortung, Qualitätszirkel). 5 Betrachtet man die zeitlichen Beziehungen der Personalentwicklung, folgt die qualitätsorientierte Personalentwicklung der Personalauswahl. Aufgrund eines wünschenswerten kontinuierlichen Einsatzes der Personalentwicklung besteht zu den übrigen Instrumenten eine parallele Beziehung. 5 Hinsichtlich der hierarchischen Beziehungen hat die Personalentwicklung gegenüber der Verteilung von Qualitätsverantwortung und den Informations- sowie Kommunikationssystemen einen eher operativen, gegenüber Feedback-Gesprächen und Qualitätszirkeln einen eher strategischen Charakter. Im Vergleich zu Anreizsystemen und der Einstellung neuer Mitarbeiter hängt der hierarchische Beziehungstyp von der Ausgestaltung der Personalentwicklungsmaßnahmen ab. In Schaubild 8-27 ist der Einsatz der Instrumente der Qualitätslenkung unter Berücksichtigung der hierarchischen und zeitlichen Beziehungen zwischen den In-
Personalentwicklung
Einstellung neuer Mitarbeiter Stellengebunden
Stellenungebunden
Stellenübergreifend
Feedbackgespräche
Anreizsysteme
Qualitätsverantwortung
Qualitätszirkel
Einstellung neuer Mitarbeiter
Personalentwicklung
Anreizsysteme
Qualitätsverantwortung
Qualitätszirkel
Informationsu. Kommunikationssysteme
Stellengebunden
Stellenübergreifend
Stellenungebunden
komplementär sukzessiv
komplementär sukzessiv
komplementär sukzessiv
indifferent parallel strategisch
indifferent parallel operativ
indifferent parallel strategisch
indifferent parallel operativ
komplementär parallel operativ
komplementär parallel operativ
komplementär parallel
konditional sukzessiv operativ
konditional sukzessiv strategisch
indifferent parallel operativ
komplementär parallel
komplementär parallel
konditional sukzessiv operativ
konditional sukzessiv strategisch
indifferent parallel operativ
komplementär parallel
konditional sukzessiv operativ
konditional sukzessiv strategisch
indifferent parallel operativ
indifferent parallel
indifferent parallel operativ
indifferent parallel operativ
indifferent parallel operativ
indifferent parallel operativ
indifferent parallel operativ
indifferent parallel operativ
komplementär parallel strategisch
komplementär parallel
8.3 Instrumente der Qualitätslenkung
Schaubild 8-26: Beziehungsanalyse im Rahmen einer integrierten Qualitätslenkung
Integrierte Qualitätslenkung
indifferent parallel operativ
Informations- u. Kommunikationssysteme
301
302
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Hierarchischer Charakter
Eher strategischer Charakter
Informations- und Kommunikationssysteme
Einstellung neuer Mitarbeiter
Qualitätsverantwortung Personalentwicklung
Qualitätszirkel
Anreizsysteme
Eher operativer Charakter Zeit
Schaubild 8-27: Exemplarischer Einsatz von Instrumenten der Qualitätslenkung
• Hierarchische und zeitliche Verknüpfung der Instrumente der Qualitätslenkung
strumenten exemplarisch wiedergegeben. Hierbei wird ersichtlich, dass die qualitätsorientierte Gestaltung der Informations- und Kommunikationssysteme des Dienstleisters auf eher strategischer Ebene und die Implementierung qualitätsbezogener Anreizsysteme auf eher operativer Ebene zeitlich parallel zu den übrigen Lenkungsinstrumenten einzusetzen sind. Bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern, die bei individueller Betrachtungsweise zeitlich vor Personalentwicklungsmaßnahmen anzusiedeln ist, ist auf die Fähigkeit zu qualitäts- und kundenorientiertem Handeln der neuen Angestellten zu achten. Diese Fähigkeiten sind anschließend mittels der Personalentwicklung zu stärken, um den Mitarbeitern auch die Übernahme von Qualitätsverantwortung und ein Mitwirken in Qualitätszirkeln zu ermöglichen.
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung
303
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung Neben der Planung und Steuerung der Dienstleistungsqualität sind in einem Qualitätsmanagementsystem in der Phase der Qualitätsprüfung auch die tatsächliche Erfüllung der Qualitätsanforderungen festzustellen: In der Phase der Qualitätsprüfung gilt es für das Unternehmen festzustellen, „inwieweit eine Einheit die Qualitätsforderung erfüllt“ (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b, S. 108), d. h. sämtliche qualitätsbezogenen Elemente, Prozesse, Tätigkeiten u. Ä. eines Dienstleistungsunternehmens sind im Hinblick auf die Erreichung der geplanten Qualitätsziele zu testen.
Demnach ist durch geeignete Verfahren zu überprüfen, ob und inwieweit die Anforderungen an die Dienstleistungsqualität, die im Rahmen der Dienstleistungsund Dienstleistungslieferungsspezifikation festgelegt wurden, in der Realität umgesetzt werden. Hierbei lassen sich so genannte interne und externe Qualitätsprü-
Qualitätsplanung Qualitätslenkung
Qualitätsmanagementdarlegung Qualitätsprüfung
Interne Qualitätsprüfung
• Vieraugenprinzip/Dienstaufsichtskontrollen • Mitarbeiterbeobachtung • Mitarbeiterbeurteilung/ Mitarbeitergespräche • Interne Qualitätsmessung
Externe Qualitätsprüfung
• Objektive kundenorientierte Ansätze • Merkmalsorientierte Ansätze • Ereignisorientierte Ansätze • Problemorientierte Ansätze
Schaubild 8-28: Instrumente der Qualitätsprüfung von Dienstleistungsunternehmen
• Phase der Qualitätsprüfung
• Definition der Qualitätsprüfung
• Interne und externe Qualitätsprüfung
304
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
fungen unterscheiden. In Schaubild 8-28 sind ausgewählte Instrumente der Qualitätsprüfung im Überblick dargestellt. 8.4.1 Instrumente der internen Qualitätsprüfung • Instrumente der internen Qualitätsprüfung
Im Rahmen der internen Qualitätsprüfung ist festzustellen, inwiefern die Kundenanforderungen aus Unternehmenssicht erfüllt werden. Hierbei kommen die folgenden Instrumente in Betracht: (a) Vieraugenprinzip/Dienstaufsichtskontrollen, (b) Mitarbeiterbeobachtung, (c) Mitarbeiterbeurteilung/Mitarbeitergespräche, (d) Externe Qualitätsmessung durch Mitarbeiterbefragung, (e) Interne Qualitätsmessung.
• Vieraugenprinzip…
• …und Dienstaufsichtskontrollen
• Mitarbeiterbeobachtung
(a) Vieraugenprinzip/Dienstaufsichtskontrollen Zunächst kann mit Hilfe des Vieraugenprinzips eine interne Qualitätsprüfung vorgenommen werden. Hierbei ist zu beachten, dass diese Methode zur Prüfung der externen Qualität nur eingesetzt werden kann, wenn alle Mitarbeiter über ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein verfügen und sich über die Kundenanforderungen im Klaren sind. Neben dem Vieraugenprinzip können Dienstaufsichtskontrollen und Datensicherungen im Computer (Back Up) zum einen als Kontrollinstrumente gegen missbräuchliches Verhalten genutzt werden, zum anderen können sie auch der Einhaltung von vorgegebenen Qualitätsnormen dienen. (b) Mitarbeiterbeobachtung Im Rahmen der internen Qualitätsprüfung ist weiterhin die gelegentliche passive, beobachtende Teilnahme des Vorgesetzten am Kundenberatungsgespräch empfehlenswert. Nach der auf diese Weise erfolgten Mitarbeiterbeobachtung hat stets ein Feedbackgespräch zu erfolgen, in dem die Stärken und Schwächen der Kundenkontaktperson im Hinblick auf serviceorientiertes Verhalten offengelegt werden.
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung
(c) Mitarbeiterbeurteilung/Mitarbeitergespräche Mitarbeiterbeurteilungen bzw. Mitarbeitergespräche, die in Dienstleistungsunternehmen von den Führungskräften meist einmal jährlich zur generellen Leistungsbeurteilung und Planung zukünftiger Tätigkeiten der einzelnen Mitarbeiter durchgeführt werden, spielen eine wichtige Rolle für die Qualitätsprüfung. Es ist notwendig, im Rahmen der Mitarbeitergespräche operationale Qualitätsziele und -aufgaben zu definieren, deren Erreichung oder Nichterreichung beim nächsten Treffen geprüft werden. Sinnvollerweise sind die getroffenen Vereinbarungen schriftlich festzuhalten; das in Schaubild 829 dargestellte Arbeitsblatt dient hier als Musterbeispiel. Ursachen für Defizite bei der Dienstleistungserstellung können u. a. in fehlerhaften Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofilen liegen, die während dieser Gespräche erfasst und verbessert werden können (Horváth/Urban 1990, S. 182). Da grundsätzlich ein starker Zusammenhang zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit besteht, ist es sinnvoll, die von den Mitarbeitern gegenüber ihren Vorgesetzten artikulierten Probleme und Missstimmungen genau zu analysieren und möglicherweise die Tätigkeits- und Kompetenzbereiche der Mitarbeiter zu verändern. Im Rahmen der Mitarbeitergespräche ist auch der Austausch über den individuellen Beitrag des Mitarbeiters zur Sicherstellung und Verbesserung der von den Kunden wahrgenommenen Qualität der Dienstleistung im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems von besonderer Wichtigkeit. Nur wenn jedem Mitarbeiter glaubhaft bewusst gemacht wird, welche große Bedeutung seine individuelle Leistung im externen oder internen Kundenkontakt für die gesamte Dienstleistungskette und das Image des Dienstleistungsunternehmens insgesamt hat, wird letztlich seine Motivation zur Kundenorientierung den Erfolg des Qualitätsmanagementsystems bestimmen. (d) Externe Qualitätsmessung durch Mitarbeiterbefragungen Mit diesem mitarbeiterorientierten Verfahren kann die Erfüllung der externen Kundenanforderungen aus Mit-
305
• Mitarbeiterbeurteilungen und Mitarbeitergespräche
306
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
B.A.S.I.S.-ARBEITSBLATT SERVICE-VERBESSERUNGS-AKTIVITÄTEN
Arbeitsabläufe innerhalb der Abteilungen
Horizontale Kommunikation zwischen Funktionsbereichen (z.B. zwischen Kundenkontaktpersonal und Werbeabteilung)
Image und Erscheinungsbild beim Kunden
Th r fü n m e Q e rk z s litä a u
Stellenwert der Servicepolitik im Unternehmen (Filiale, Zentrale)
Unterlagen, Prospekte
Festlegung einer gewissen Verbindlichkeit in Bezug auf geplante Qualitätsmaßnahmen
Anreizsysteme für eine Kundenorientierung der Mitarbeiter
Quelle: Meffert/Bruhn 1996, S. 710
Schaubild 8-29: Arbeitsblatt für die jährliche Qualitätsvereinbarung bei United Parcel Service (Musterbeispiel)
307
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung
arbeitersicht ermittelt werden. Die Mitarbeiter bewerten dabei die eigenen Leistungen an die Kunden, indem sie sich in die Perspektive des Kunden hinein versetzen (Perspektivenwechsel) und ein Eigenbild durch den Vergleich der Erwartungen an die eigenen Leistungen mit der Wahrnehmung der eigenen Leistungen bilden. Besondere Bedeutung gewinnt das Eigenbild in der Gegenüberstellung zum so genannten Fremdbild, das aus dem Qualitätsurteil des Kunden entsteht. Aus der Gegenüberstellung von Eigenbild des Dienstleistungsanbieters und Fremdbild des Kunden können die unterschiedlichen Qualitätseinschätzungen der Interaktionspartner aufgezeigt und damit (Wahrnehmungs-)Diskrepanzen in der Kunde-Anbieter-Beziehung verdeutlicht werden. Ziel ist es, die für eine hohe Dienstleistungsqualität notwendige Fähigkeit der Mitarbeiter zum Perspektivenwechsel zu überprüfen. Schaubild 8-30 zeigt beispielhaft die Gegenüberstellung von Eigenbild und Fremdbild. Demzufolge beurteilen die Mitarbeiter des Dienstleistungsanbieters ihre Leistungen generell besser als die Kunden. Besonders deutlich fällt das Gap bezüglich der Qualitätsdimensionen „Flexibilität bei der Leistungserbringung“ und „Offenheit gegenüber Kundenanregungen“ aus.
• Externe Qualitätsmessung durch Mitarbeiterbefragungen
• Gegenüberstellung von Eigen- und Fremdbild
Flexibilität bei der Leistungserbringung Offenheit gegenüber Kundenanregungen Kundenwahrnehmung (Fremdbild)
Dienstleistungsqualität
Unternehmenswahrnehmung (Eigenbild)
Offenheit im Informationsverhalten Beratung durch das Kontaktpersonal 0%
20%
40%
60%
80%
100% (= Idealwert aus Kundensicht) Quelle: Simon 1993, S. 137
Schaubild 8-30: Wahrnehmungsdiskrepanz zwischen Eigen- und Fremdbild
308
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Interne Qualitätsmessung
(e) Interne Qualitätsmessung Mit dem Verfahren der internen Qualitätsmessung kann die Erfüllung der unternehmensinternen Kundenanforderungen ermittelt werden. Es bietet sich an, das Konzept der Nationalen Kundenbarometern in modifizierter Form auch auf unternehmens- bzw. konzerninterne Fragestellungen zu übertragen (vgl. Kapitel 4, Abschnitt 4.2.2). Entsprechend dem Barometerkonzept sind Interne Servicebarometer als serviceübergreifende Messungen der Kundenzufriedenheit, ihrer Determinanten sowie ihrer Wirkungen zu verstehen, die durch eine neutrale Institution regelmäßig in einem Unternehmen bzw. Konzern durchgeführt werden. Interne Kundenbefragungen dienen – neben der Erfassung interner Qualitätsprobleme – dazu, Verbesserungsvorschläge und -ideen von den befragten Mitarbeitern zu ermitteln. Aus Gründen des Erhebungsaufwandes ist es sinnvoll, nicht sämtliche internen Leistungen und Leistungsanbieter von allen Mitarbeitern beurteilen zu lassen, sondern eine Auswahl der zu bewertenden Personen und Abteilungen zu treffen. Die Durchführung der Mitarbeiterbefragungen ist zur Realisierung von Kostensenkungspotenzialen und zur umfassenden Steuerung dieses Instruments von einem zentralen Informations- und Datenverarbeitungszentrum der Gesamtunternehmung oder den Marktforschungsabteilungen der Geschäftsstellen durchzuführen. Die besonderen Vorteile eines internen Barometeransatzes resultieren zum einen aus der Kontinuität der Erhebung unternehmensweit vergleichbarer Zufriedenheitsdaten, zum anderen – bei geeigneter Ausgestaltung – im Nutzungspotenzial erhobener Teilzufriedenheitsbzw. Teilqualitätsindizes als Steuerungsinstrumentarium für das Qualitätsmanagement (vgl. auch KövesiGrafinger/Schmoll 1998, S. 134ff.). In Abhängigkeit von der Unternehmensgröße sowie der Unternehmens- bzw. Konzernstruktur werden oftmals neben einem Gesamtindex auch Subindizes auf verschiedenen Unternehmensebenen gebildet. Als Beispiele seien hier Konzernunternehmen mit eigener Rechtsperson, Profit Center
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung
309
oder auch einzelne Serviceabteilungen und konkrete Serviceleistungen genannt. In Schaubild 8-31 sind diesbezüglich Indizes interner Servicebarometer einzelner Dienstleistungsbereiche (im Schaubild als SU1 bis SU25 gekennzeichnet) eines Pharmaunternehmens abgebildet. In diesem Zusammenhang wird der notwendige Handlungsbedarf in Bezug auf die internen Dienstleistungsbereiche ersichtlich. Dieser resultiert in erster Linie aus dem Vergleich des bereichsbezogenen Index mit dem unternehmensübergreifenden Mittelwert der Indizes. 8.4.2 Instrumente der externen Qualitätsprüfung Im Rahmen der externen Qualitätsprüfung geht es darum, die Erfüllung der Kundenanforderungen aus Sicht der Kunden zu überprüfen. Dabei können einige der Ansätze zur Messung von Kundenerwartungen und -wahrnehmungen in Bezug auf die Qualität der Dienstleistungen genutzt werden. Zu den bevorzugt einsetzbaren Verfahren gehören:
• Zu den Instru-
(a) Objektive kundenorientierte Ansätze, (b) Merkmalsorientierte Ansätze, (c) Problemorientierte Ansätze.
• …gehören vor allem
(a) Objektive kundenorientierte Ansätze Seit einigen Jahren beschäftigen sich Dienstleistungsunternehmen, vor allem Kreditinstitute, verstärkt mit so genannten Testkaufmethoden, wobei die Beobachtung einer realen Kundenbeziehung, die Unterhaltung von Testkonten sowie das Führen von Testberatungsgesprächen unterschieden werden (Drewes/Schneider 1999). Bei diesen Formen des so genannten „Mystery Shopping“ dient eine mit dem Kunden getroffene Vereinbarung über die temporäre Beobachtung seiner Konten im Wesentlichen dazu, Schwachstellen in Standardleistungen aus Kundensicht zu erfassen. In regelmäßigen Abständen werden hierfür die Kontounterlagen überprüft und Erfahrungsberichte des Kunden, beispielsweise zu der Übersichtlichkeit der Kontoauszüge, der
• Objektive kunden-
menten der externen Qualitätsprüfung…
die Messansätze der Dienstleistungsqualität. orientierte Ansätze • Testkaufmethoden
• Beispiel des Finanzdienstleistungssektors
90,00
10,00
0,00 55,71 SU25
61,62 SU22
57,87
62,27 SU21
SU24
63,67 SU20
58,16
64,89 SU19
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
SU23
68,15
69,29 SU16
66,60
69,46
SU15
SU18
70,52 SU14
Starker Handlungsbedarf
SU17
73,53 72,17
73,62
SU11
SU13
73,96
SU10
SU12
74,60 74,07
SU09
75,40
SU07 SU08
76,12
81,38
SU06
SU05
83,97
20,00 84,03
30,00
SU04
40,00
85,84
50,00
SU03
80,00 Gesamt: 70,00 72,59 60,00
SU02
88,03
100,00
SU01
310
Quelle: Bruhn 2004b, S. 288
Schaubild 8-31: Ergebnisse eines Internen Servicebarometers eines Pharma-Unternehmens
Index Dringender Handlungsbedarf
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung
311
Verständlichkeit von Formularen, Buchungszeiträumen oder Postlaufzeiten, eingeholt. Die Führung fiktiver Testkonten ohne Wissen der kontoführenden Stelle, aber in Abstimmung mit den Revisionsabteilungen, ist demgegenüber ein stärker zu steuerndes Instrument der Qualitätskontrolle, da hier spezifische Buchungsfälle und Geschäftstransaktionen aus dem Anlage- oder Kreditgeschäft initiiert und anschließend geprüft werden können. Die als Schaltertest oder Testberatungsgespräch bezeichnete einmalige Nachfrage nach Bankleistungen durch anonyme Testkunden mit unterschiedlichen Rollenvorgaben liefert eine Momentaufnahme insbesondere der Servicekomponente der Dienstleistungserstellung, wie Freundlichkeit und Höflichkeit des Beraters, Fachkenntnis, Engagement und Cross-Selling-Bemühungen. Testkäufe sind aber in regelmäßigen Abständen zu wiederholen, um repräsentative Aussagen zur wahrgenommenen Dienstleistungsqualität und den offensichtlichen Verbesserungen der Leistung im Zeitablauf zu erhalten. Es ist zudem notwendig, für die Auswertung detaillierte Fragebögen zu konzipieren, um die subjektiven Eindrücke der Testpersonen nach dem Gespräch zu systematisieren und zumindest teilweise zu objektivieren. Auch am Telefon können Testberatungsgespräche geführt werden, die insbesondere aufgrund der stärkeren Nachfrage der Kunden nach Home Banking Services in Zukunft immer wichtiger werden. (b) Merkmalsorientierte Ansätze Wenn die im Rahmen der merkmalsorientierten Ansätze durchgeführten Kundenbefragungen nicht nur einmal, sondern kontinuierlich im Rahmen so genannter „Customer Satisfaction Tracking Systems“ durchgeführt werden, ist es möglich, Vergleichsdaten im Hinblick auf Zeitvergleiche, Abteilungsvergleiche, Geschäftsstellenvergleiche u. a. zu ermitteln, um positive wie negative Veränderungen der von den Kunden wahrgenommenen Dienstleistungsqualität aufzuzeigen. Für Dienstleistungsunternehmen ist es wichtig, regelmäßig umfassende Kundenbefragungen durchzuführen,
• Merkmalsorientierte Ansätze • „Customer Satisfaction Tracking Systems“…
312
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• … durch regelmäßige Kundenbefragungen
• Problemfelder
• Problemorientierte Ansätze
• Systematisches Beschwerdemanagement
nicht nur aus den bereits diskutierten Gründen der Erfassung relevanter Qualitätskriterien im Rahmen der Qualitätsplanung, sondern vor allem zur Kontrolle der durchgeführten Qualitätsmaßnahmen. Um z. B. feststellen zu können, welche einzelnen Instrumente des Qualitätsmanagements sich als besonders wirkungsvoll erweisen, ist es notwendig, Dienstleistungskunden vor, während und nach der Umsetzung des konzipierten Qualitätsmanagementsystems nach ihrer Meinung zu den Produkten und Leistungen des Unternehmens zu fragen. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass durchgeführte Qualitätsmaßnahmen oftmals erst mit zeitlicher Verzögerung („Time Lag“) und eher langfristig wirken; dementsprechend lassen sich unmittelbare Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge nur selten ableiten. Allerdings können bei regelmäßigen Kundenbefragungen positive oder negative Trendentwicklungen sichtbar werden, die auf Qualitätsverbesserungen oder -verschlechterungen und bei einem Datenvergleich verschiedener Abteilungen bzw. Geschäftsstellen auch auf „Ausreißer“, d. h. Filialen mit betriebsbedingten Implementierungsschwierigkeiten, hindeuten können. (c) Problemorientierte Ansätze Zentrales Instrument der externen Qualitätsprüfung bei Dienstleistungsunternehmen ist ein systematisches Beschwerdemanagement (Bruhn 1982; Riemer 1986; Hansen/Schoenheit 1987; Stauss 1989; Hoffmann 1991; Strauss/Seidel 2002). Die Informationen aus den von Kunden mündlich oder schriftlich artikulierten Beschwerden können zum einen Hinweise auf mögliche Qualitätsdefizite bei der Dienstleistungserstellung geben und Verbesserungspotenziale für den zukünftig zu erbringenden Service aufzeigen. Zum anderen kann eine für den Kunden zufriedenstellende Beschwerdebearbeitung (z. B. Entschuldigungen, rasche Nachforschung bzgl. Belegen, Schadenersatz) sogar zu einer höheren Kundenbindung führen, wenn sich der Kunde bei dieser Filiale auch bei Problemen „gut aufgehoben“ fühlt. Um systematisch die unterschiedlichen Beschwerden von Dienstleistungskunden zu erfassen und zu bearbei-
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung
ten, ist es notwendig, in der Unternehmung verschiedene Ablaufschritte eines Beschwerdemanagements zu institutionalisieren bzw. umzusetzen. Ein systematisches Beschwerdemanagementsystem hat dabei folgende Teilschritte zu enthalten (vgl. z. B. Stauss/Seidel 2002, S. 81ff.): 5 5 5 5
313
• Ablaufschritte des Beschwerdemanagements
Beschwerdestimulierung, Beschwerdeannahme, Beschwerdebearbeitung/Beschwerdereaktion, Beschwerdeanalyse.
Um Beschwerden grundsätzlich auf einer möglichst breiten Basis zu erfassen, ist insbesondere an den Einsatz beschwerdestimulierender Maßnahmen zu denken. Ansatzpunkte hierzu können zum einen die Gründe liefern, die die Kunden bislang von einer Beschwerde abgehalten haben; zum anderen sind die Kriterien zu identifizieren, die das Beschwerdeverhalten bestimmen (Bruhn 1982, S. 158ff.; Stauss/Hentschel 1990). So ergaben Untersuchungen unter nicht zufrieden gestellten Kfz-Kunden, dass die zu erwartenden Kosten und Risiken der Beschwerdeführung dem zu erwartenden Nutzen bzw. Erfolg gegenübergestellt werden, wobei sowohl ökonomische als auch außerökonomische Kriterien zur Erfolgsbeurteilung herangezogen werden. Demnach werden Beschwerden vor allem aus zwei Gründen nicht artikuliert (Bruhn 1982; Hansen/ Jeschke 2000):
• Beschwerdestimulierung
• Kosten und Risiken der Beschwerdeführung
(1) Die Kunden erachten die Kosten der Beschwerdeführung als zu hoch. (2) Die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Beschwerde wird als gering angesehen. In diesem Zusammenhang bietet Schaubild 8-32 eine Übersicht über die Gründe, die unzufriedene Kfz-Werkstattkunden von einer Beschwerde abgehalten haben (Bruhn 1982; Hansen/Jeschke 2000). Das Beschwerdeverhalten von Kunden hängt darüber hinaus auch von dienstleistungsspezifischen Fak-
• Beispiele für Ursachen der NichtBeschwerdeführung
314
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Quelle: Bruhn 1982, S. 66; Hansen/Jeschke 2000, S. 443
Schaubild 8-32: Ursachen der Nicht-Beschwerdeführung unzufriedener Kfz-Werkstattkunden
toren ab. So führt eine hohe – subjektiv wahrgenommene – Problemrelevanz zu einer erhöhten Beschwerdefrequenz. Demgegenüber haben Probleme mit personenbezogenen Dienstleistungen tendenziell geringere Beschwerdequoten zur Folge, da sich die Kunden für die mangelhafte Dienstleistungsqualität zu einem gewissen Grad selbst mitverantwortlich fühlen. Gerade Defizite hinsichtlich der Prozesseigenschaften personenbezogener Dienstleistungen äußern sich eher in unverzüglicher Abwanderung, Passivität bzw. negativer Mundpropaganda.
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung
Als weitere Determinanten des Beschwerdeverhaltens sind personen- und situationsbezogene Faktoren zu nennen. So beeinflussen sowohl soziodemografische Merkmale als auch psychologische Faktoren das Beschwerdeverhalten der Kunden, wobei die letztliche Entscheidung zur Beschwerdeführung schließlich auch von situativen Faktoren – wie z. B. dem Beschwerdeimage des Dienstleistungsanbieters – bestimmt wird (Hansen/Jeschke 2000). Die Aufgaben des Beschwerdemanagements im Rahmen der Beschwerdeannahme beziehen sich primär auf die Aspekte der Organisation des Beschwerdeeingangs und der Erfassung der Beschwerdeinformationen (Stauss/Seidel 2002, S. 125ff.). Es gilt, den Beschwerdeeingang innerhalb des Unternehmens systematisch zu organisieren. Hierbei sind insbesondere klare Verantwortungsstrukturen festzulegen. Mitarbeiter, die im direkten oder auch indirekten Kundenkontakt Beschwerden entgegennehmen, sind entsprechend auf diese Situation vorzubereiten und im Umgang mit Kundenbeschwerden zu schulen. In einem weiteren Schritt sind sämtliche in den Beschwerden enthaltenen relevanten Informationen über die Kundenunzufriedenheit insbesondere im Hinblick auf eine effiziente Bearbeitung des Beschwerdefalls zu erfassen. In diesem Zusammenhang liegt das Augenmerk auf der Entwicklung eines geeigneten Kategorisierungssystems bezüglich der Beschwerdeinformationen. Eng damit verknüpft ist ebenso die Form, mit der die Beschwerdeinhalte erfasst werden. Unter die Beschwerdebearbeitung fällt die Gesamtheit aller internen Bearbeitungsschritte im Zusammengang mit einem Beschwerdefall. Hierbei gilt es insbesondere, den Bearbeitungsprozess des Beschwerdefalls zu definieren. In diesem Sinne sind Verantwortlichkeiten während der Beschwerdebearbeitung und Bearbeitungstermine festzulegen. Ebenso sind Mechanismen zur Überwachung der Beschwerdebearbeitung zu implementieren sowie die interne Kommunikation zwischen den bearbeitenden Stellen sicherzustellen. Im Rahmen der Beschwerdereaktion werden sämtliche Aktivitäten des Beschwerdemanagements zusam-
315
• Beschwerdeannahme
• Beschwerdebearbeitung
• Beschwerdereaktion
316
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
mengefasst, die der Kunde während der Beschwerdeabwicklung wahrnimmt (Stauss/Seidel 2002, S. 199). Hierzu gehören der unmittelbare Umgang mit den beschwerdeführenden Kunden und in diesem Zusammenhang mögliche Problemlösungen oder auch Wiedergutmachungsleistungen. Die Analyse des Beschwerdeverhaltens von Konsumenten liefert schließlich Informationen über problematische Bereiche innerhalb des Dienstleistungserstellungsprozesses selbst dann, wenn die Geschäftsbeziehung zum Kunden eher aperiodischen Charakter hat. Die Häufung von Beschwerden in einem bestimmten Funktions- oder Objektzusammenhang kann dabei die Spezifikation der später näher zu untersuchenden Teilbereiche unterstützen. 8.4.3 Integration der Instrumente der Qualitätsprüfung • Integrierte Qualitätsprüfung
• Beispielhafte Beziehungsanalyse…
• …für die interne Qualitätsmessung…
Zur Umsetzung eines ganzheitlichen unternehmensweiten Qualitätsmanagements ist es wie in den Phasen der Qualitätsplanung und -lenkung auch in der Qualitätsprüfung erforderlich, eine Vernetzungsanalyse zwischen den einzelnen Instrumenten vorzunehmen. Schaubild 8-33 zeigt eine Übersicht über eine Beziehungsanalyse der Prüfinstrumente. Beispielhaft sind für das interne Prüfinstrument der internen Qualitätsanalyse und für das externe Instrument der Beschwerdeanalyse die jeweiligen Vernetzungen mit anderen Instrumenten der Qualitätsprüfung zu erläutern. Für die interne Qualitätsmessung werden in diesem Zusammenhang folgende funktionalen, zeitlichen und hierarchischen Beziehungen herausgestellt: 5 In funktionaler Hinsicht bestehen mit dem Vierau-
genprinzip und der Mitarbeiterbeobachtung konditionale Beziehungen, weil die Ergebnisse der letztgenannten Instrumente in die Leistungsbeurteilung im Rahmen der internen Qualitätsmessung einfließen. Zur Mitarbeiterbeurteilung liegt hingegen eine komplementäre Beziehung vor, weil beide Verfah-
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung
317
ren der Beurteilung der von Mitarbeitern erstellten Leistungen dienen. Da dies bei der Mitarbeiterbeurteilung aus Sicht des Managements und bei der internen Qualitätsmessung (auch) aus Kollegensicht erfolgt, kann der gemeinsame Einsatz der beiden Instrumente zu einer höheren Validität der Messergebnisse führen. Zu den externen Prüfinstrumenten bestehen aufgrund des unterschiedlichen Messobjektes indifferente Beziehungen.
Integrierte Qualitätsprüfung Vieraugenprinzip Mitarbeiterbeobachtung Mitarbeiterbeurteilung Interne Qualitätsmessung Silent Shopper Expertenbeobachtung Warentests
Vieraugen- Mitarbeiterbeobprinzip achtung
komplementär parallel
Interne Mitarbeiterbeur- Qualitätsmessung teilung
Silent Shopper
indifferent konditional indifferent parallel parallel parallel operativ operativ konditional konditional indifferent sukzessiv sukzessiv parallel operativ operativ komplem. indifferent parallel parallel operativ indifferent parallel strategisch
Expertenbeobachtung
indifferent parallel indifferent parallel indifferent parallel indifferent parallel strategisch komplementär parallel
Warentests
Merkmals- Ereignisund orientierte kundenAnsätze orientierte Ansätze
indifferent indifferent parallel parallel operativ indifferent indifferent indifferent parallel parallel parallel operativ indifferent indifferent indifferent parallel parallel parallel operativ indifferent indifferent indifferent parallel parallel parallel strategisch strategisch komple- konditional komplementär mentär sukzessiv parallel parallel operativ komple- konditional komplementär mentär sukzessiv parallel parallel operativ indifferent indifferent parallel parallel operativ operativ indifferent parallel
Merkmals- und kundenorientierte Ansätze Ereignisorientierte Ansätze
konditional sukzessiv operativ
FRAP Beschwerdeanalyse
konditional parallel operativ
Quality Function Deployment Benchmarking FMEA FishboneAnalyse Merkmals- und mitarbeiterorientierte Ansätze Betriebliches Vorschlagswesen
konditional parallel operativ
Schaubild 8-33: Beziehungsanalyse im Rahmen einer integrierten Qualitätsprüfung (Fortsetzung siehe nächste Seite)
318
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
FRAP
Beschwerdemessung
Quality Function Deployment
Benchmarking
FMEA
FishboneAnalyse
Merkmals- Betriebund liches mitarbeiter- Vorschlagsorientierte wesen Ansätze
indifferent parallel
indifferent parallel operativ indifferent parallel operativ indifferent parallel operativ indifferent parallel
indifferent parallel operativ indifferent parallel operativ indifferent parallel operativ indifferent parallel
komplementär parallel komplementär parallel indifferent parallel operativ
konditional parallel operativ konditional parallel operativ indifferent parallel operativ konditional parallel
indifferent parallel operativ indifferent parallel operativ indifferent parallel operativ indifferent parallel strategisch konditional parallel operativ konditional parallel operativ komplem. parallel operativ indifferent parallel strategisch indifferent parallel operativ konditional parallel operativ indifferent parallel operativ komplem. sukzessiv strategisch
konditional parallel operativ konditional parallel operativ konditional parallel operativ konditional parallel strategisch konditional sukzessiv operativ konditional sukzessiv operativ konditional parallel
konditional parallel operativ konditional parallel operativ konditional parallel operativ konditional parallel strategisch konditional sukzessiv operativ konditional sukzessiv operativ konditional parallel
konditional parallel operativ konditional parallel operativ konditional parallel operativ komplementär parallel indifferent parallel
konditional parallel operativ konditional parallel operativ konditional parallel operativ komplementär parallel indifferent parallel
indifferent parallel
indifferent parallel indifferent parallel operativ
konditional sukzessiv strategisch konditional sukzessiv
konditional sukzessiv strategisch konditional sukzessiv
konditional sukzessiv
konditional sukzessiv
konditional sukzessiv strategisch konditional parallel strategisch indifferent parallel strategisch
konditional sukzessiv strategisch konditional parallel strategisch indifferent parallel strategisch komplementät parallel
indifferent parallel operativ komplem. parallel strategisch konditional sukzessiv operativ konditional sukzessiv operativ konditional sukzessiv strategisch
konditional parallel strategisch konditional sukzessiv
konditional parallel strategisch konditional sukzessiv
Integrierte Qualitätsprüfung Vieraugenprinzip Mitarbeiterbeurteilung
indifferent parallel
Mitarbeiterbeobachtung
indifferent parallel
Interne Qualitätsmessung
indifferent parallel strategisch konditional sukzessiv operativ konditional sukzessiv operativ konditional parallel
Silent Shopper Expertenbeobachtung Warentests Merkmals- und kundenorientierte Ansätze Ereignisorientierte Ansätze FRAP Beschwerdeanalyse
konditional sukzessiv strategisch konditional sukzessiv
komplem. parallel operativ komplem. parallel operativ
konditional sukzessiv operativ indifferent parallel operativ indifferent parallel operativ
Quality Function Deployment Benchmarking FMEA
indifferent parallel
konditional sukzessiv operativ konditional sukzessiv operativ konditional sukzessiv strategisch indifferent parallel strategisch konditional sukzessiv
FishboneAnalyse Merkmals- und mitarbeiterorientierte Ansätze Betriebliches Vorschlagswesen
konditional parallel operativ
konditional parallel operativ
Schaubild 8-33: Beziehungsanalyse im Rahmen einer integrierten Qualitätsprüfung (Fortsetzung)
5 Werden die zeitlichen Beziehungen betrachtet, kann
die interne Qualitätsmessung zu fast allen Instrumenten parallel eingesetzt werden. Lediglich die Mitarbeiterbeobachtung ist hierbei vorzuschalten, damit ihre Ergebnisse in die Beurteilung im Rahmen der internen Qualitätsmessung einfließen können. 5 Hinsichtlich der hierarchischen Einordnung der internen Qualitätsmessung im Rahmen der Gesamtheit der Instrumente der Qualitätsprüfung kommt
8.4 Instrumente der Qualitätsprüfung
319
diesem Instrument ein vorwiegend strategischer Charakter zu, weil durch seinen Einsatz eine systematische Beurteilung der internen Leistungen des Unternehmens möglich wird. Für das Instrument der Beschwerdeanalyse im Rahmen der externen Qualitätsprüfung lassen sich folgende Beziehungen zu anderen Prüfinstrumenten identifizieren: 5 Hinsichtlich der funktionalen Beziehungen der Be-
schwerdemessung lässt sich für die inhaltlichen Verknüpfungsmöglichkeiten mit den merkmals- und kundenorientierten Ansätzen ein eher konditionaler Zusammenhang feststellen, weil mit letzteren analysiert werden kann, inwiefern die in der Beschwerdeanalyse beobachteten Problemfelder bedeutsam sind für einen Großteil der Kunden. Zu den übrigen externen Instrumenten bestehen meist komplementäre Beziehungen, weil auch mit diesen (z. B. Silent Shopper, ereignisorientierte Ansätze) potenzielle Problemfelder im Rahmen der Leistungserstellung zu ermitteln sind. Dahingegen bestehen zu den internen Prüfinstrumenten indifferente Beziehungen, weil sich die jeweiligen Prüfobjekte unterscheiden. 5 Im Hinblick auf die zeitlichen Beziehungen der Beschwerdeanalyse haben aufgrund der Erfordernis eines permanent durchgeführten Beschwerdemanagements zu allen anderen Prüfinstrumenten parallele Beziehungen zu bestehen. 5 Bezüglich der hierarchischen Einordnung des Beschwerdemanagements innerhalb der Gesamtheit der Instrumente der Qualitätsprüfung hat die Bedeutung der Beschwerdeanalyse eher strategischen Charakter. Um den Einsatz von Instrumenten der Qualitätsprüfung exemplarisch aufzuzeigen, sind in Schaubild 8-34 verschiedene Prüfinstrumente gemäß ihres hierarchischen und zeitlichen Charakters im Überblick abgebildet. Zu den Instrumenten der Qualitätsprüfung mit eher strategischem Charakter gehören die interne Qualitätsmessung sowie Mitarbeiter- und Kundenbefragungen
• …und die Beschwerdeanalyse
320
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Hierarchischer Charakter
Eher strategischer Charakter
Eher operativer Charakter
Interne Qualitätsmessung
Multiattributive Messung
Objektive Ansätze FMEA Ereignisorientierte Ansätze
Problemorientierte Ansätze FishboneAnalyse
Zeit
Schaubild 8-34: Exemplarischer Einsatz von Instrumenten der Qualitätsprüfung
im Rahmen der multiattributiven Ansätze, weil mit diesen Verfahren die interne und externe Qualitätswahrnehmung repräsentativ und systematisch erhoben wird. Zur Entwicklung der Fragebögen sind zunächst mittels objektiven sowie subjektiven ereignis- und problemorientierten Methoden die Kriterien zu bestimmen, deren Erfüllungsgrad es bei den erwähnten Befragungen zu ermitteln gilt. Die durch diese Messungen aufgedeckten Probleme bei der Leistungserstellung des Unternehmens sollten schließlich mittels Methoden wie der FMEA oder der Fishbone-Analyse intensiv untersucht werden, um das Auftreten der jeweiligen Schwierigkeiten in Zukunft zu vermeiden.
8.5 Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung • Qualitätsmanagementdarlegung
Schließlich ist am „Ende des Kreislaufs“ im Qualitätsmanagementsystem die Phase der Qualitätsmanagementdarlegung bzw. „Quality Assurance“ zu betrachten. Die-
8.5 Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung
• Qualitätsmanagementhandbücher • Qualitätsstatistiken • Integrierte Kommunikation • Qualitätsaudits • Zertifizierung
321
Qualitätsplanung Qualitätsmanagementdarlegung Qualitätslenkung Qualitätsprüfung
Schaubild 8-35: Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung von Dienstleistungsunternehmen
se lässt sich wie folgt definieren (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b, S. 145): Unter der Qualitätsmanagementdarlegung versteht man „alle geplanten und systematischen Tätigkeiten, die innerhalb des Qualitätsmanagementsystems verwirklicht sind, und die wie erforderlich dargelegt werden, um ausreichendes Vertrauen zu schaffen, dass eine Einheit die Qualitätsforderung erfüllen wird“.
Hierbei sind interne und externe Zwecke der Qualitätsmanagementdarlegung zu unterscheiden, da zum einen innerhalb und zum anderen außerhalb einer Unternehmung bei den Führungskräften und Mitarbeitern des Dienstleistungsunternehmens Vertrauen in die eigene Qualitätsfähigkeit und somit Motivationsinstrumente geschaffen werden können. Insbesondere nach außen erfüllt die Qualitätsmanagementdarlegung gegenüber Kunden und anderen Anspruchsgruppen möglicherweise Profilierungszwecke, schafft Vertrauen und kann sogar als Basis für die Erteilung eines Zertifikats dienen. Einen Überblick der Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung gibt Schaubild 8-35.
• Definition der Qualitätsmanagementdarlegung
• Interne und externe Zwecke
8.5.1 Darstellung der Instrumente Für die Qualitätsmanagementdarlegung stehen umfassende Konzepte bzw. Systeme zur Verfügung, in denen dann zahlreiche Einzelinstrumente Anwendung finden. Hierzu zählen:
• Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung
322
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
(a) Qualitätsmanagementhandbücher, (b) Qualitätsstatistiken, (c) Integrierte Kommunikation, (d) Qualitätsaudits, (e) Zertifizierung. • Qualitätsmanagementhandbücher
(a) Qualitätsmanagementhandbücher Qualitätsmanagementhandbücher (z. B. Pfeifer 2001, S. 94ff.) legen prinzipiell die Qualitätspolitik des Unternehmens dar und beschreiben zudem das Qualitätsmanagementsystem der Organisation. Diese so genannten „Quality Manuals“ beziehen sich hierbei entweder auf die Gesamtheit der Tätigkeiten oder nur auf einen bestimmten Teil davon (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b, S. 144). Bei der Ausarbeitung eines solchen Handbuches ist – ausgehend von den Qualitätszielen – der gesamte Prozess des Dienstleistungsdesigns und der tatsächlichen Dienstleistungserstellung darzulegen. Dies umfasst die Dokumentation von Aufbau- und Ablaufstrukturen des Qualitätsmanagements, Dienstleistungselemente und Qualitätsanforderungen, Zuständigkeiten bzw. Verantwortlichkeiten im Dienstleistungsunternehmen u. a. (Churchill 1993, S. 313f.; Sachs 1993). In Beispiel 8-7 wird exemplarisch die Struktur des Qualitätsmanagementhandbuches der OBI Bau- und Heimwerkermärkte GmbH & Co. Franchise Center KG aufgezeigt. Beispiel 8-7: Struktur des OBI-Qualitätsmanagementhandbuches OBI ist die Nummer Eins der deutschen Bau- und Heimwerkermarktbranche. Mit insgesamt 500 OBIMärkten in elf Ländern ist OBI der viertgrößte Baumarktbetreiber der Welt. Insgesamt erzielten die OBI-Märkte zum 31. Dezember 2004 einen Umsatz von 6,2 Mrd. Euro. Der Umsatzanteil des Auslandes beträgt hierbei 29 Prozent. Das Qualitätsmanagementhandbuch gliedert sich entsprechend in die Bereiche Franchise Center und Märkte. Gleichzeitig werden – wie in Schaubild 8-36 verdeutlicht – vier anwendungsbezogene Ebenen unterschieden.
323
8.5 Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung
OBI Qualitätsmanagementhandbuch (Dokumentation) Franchise Center
Märkte
Handbuch Franchise Center
QM-Handbuch
Abteilungs- und Ressorthandbücher
OrganisationsHandbücher
Ebene 1
Qualitätsmanagement-Handbuch
Ebene 2
Marktmanagement-Handbuch
Ebene 3
Mitarbeiter-Handbuch
Ebene 4
Online-Hilfe-System
Quelle: Bruhn/Ahlert 2002, S. 251
Schaubild 8-36: Struktur des OBI-Qualitätsmanagementhandbuches
(b) Qualitätsstatistiken Darüber hinaus stellen für Unternehmen oftmals Qualitätsstatistiken – beispielsweise mit Hilfe von Zielerreichungsgraden über die Sicherstellung der Dienstleistungsqualität – wertvolle Informationsquellen dar. Solche Statistiken geben häufig die Ergebnisse der merkmalsorientierten Ansätze wieder, wie im Beispiel 8-8 des Finanzdienstleisters Advance Bank aufgezeigt wird. Beispiel 8-8: Qualitätsreport des Communication Centers der Advance Bank Schaubild 8-37 zeigt einen Auszug aus dem Qualitätsreport des Communication Centers der Advance Bank. Dieser ist regelmäßig jedes Quartal erschienen und wurde allen Mitarbeitern ungekürzt zur Verfügung gestellt, damit diese laufend über den aktuellen Stand der Qualität wie auch über die geplanten und ergriffenen Maßnahmen informiert sind. In die Reportings wurden all jene Daten aufgenommen, die eine Relevanz für die Kundenzufriedenheit, die Kosten- und Ertragslage des Unternehmens aufweisen. Hierbei handelte es sich konkret um Ergebnisse aus dem gesammelten Kundenfeedback, basierend auf Reklamationen und Kundenbefragungen, inter-
• Qualitätsstatistiken
324
Quelle: Schrick et al. 2002, S.65
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Schaubild 8-37: Auszug aus dem Qualitätsreport der Advance Bank
8.5 Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung
325
nen und externen Standards, den Kosten von Kompensationen, Kulanzen und Schadensersatz durch Nicht-Qualität und Erfahrungswerten aus Kündigungen. Die Darstellung der ausgewählten Themen in dem Qualitätsreporting erfolgte nach einem einheitlichem Muster. Aufzuzeigen sind: die genaue Bezeichnung des Messinstruments, der exakte, zu erreichende Zielwert der Messzahl, der aktuelle Ist-Wert, eine Anmerkung zum Sachverhalt (Ursachenanalyse und Beschreibung der Auswirkungen), − die Bewertung der aktuellen Lage durch die herausgebende Einheit des Reportings und − klare Handlungsempfehlungen. − − − −
Der Qualitätsreport hatte sich in der Advance Bank zu einem Instrument entwickelt, das intensiv genutzt wurde. 82 Prozent aller Mitarbeiter kannten und lasen den Qualitätsreport. Das lag insbesondere in seiner bedienerfreundlichen, interaktiven Führung und Gestaltung des Reports. Einem Menü vergleichbar konnte der Nutzer die für ihn relevanten Daten aufrufen. Eine Ampel, die eine sofortige Einschätzung der Informationen zulässt, erleichterte zudem die Auswahl. Mit drei „Klicks“ konnte jeder Nutzer sofort in der Tiefenanalyse zu einer Qualitätsdimension landen. (Quelle: Schrick et al. 2002) (c) Integrierte Kommunikation Damit eine entsprechende Außenwirkung dieser Maßnahmen gewährleistet werden kann, ist schließlich für eine angemessene Umsetzung der Qualitätsmanagementdarlegung nach innen und außen über die interne und externe Kommunikation Sorge zu tragen. In diesem Zusammenhang können gezielte Maßnahmen innerhalb der integrierten Kommunikation die Ernsthaftig-
• Integrierte Kommunikation
326
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
keit der Qualitätsanstrengungen des Dienstleistungsanbieters unterstreichen (Bruhn 2000b). • Qualitätsaudits
(d) Qualitätsaudits Zur Aufdeckung von Schwachstellen des Qualitätsmanagementsystems und um Anregungen bei den verschiedenen Mitarbeitergruppen im Hinblick auf Qualitätsverbesserungen und zur Überprüfung durchgeführter Qualitätslenkungsmaßnahmen zu erhalten, werden in Unternehmen zunehmend so genannte Qualitätsaudits durchgeführt, die entweder extern, z. B. durch eine Unternehmensberatung, oder intern als Qualitätsrevision ablaufen (z. B. Gaster 1994; Pfeifer 2001, S. 106) und sich wie folgt definieren (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b, S. 141): Ein Qualitätsaudit wird nach den DIN ISO Normen grundsätzlich definiert als „systematische und unabhängige Untersuchung, um festzustellen, ob die qualitätsbezogenen Tätigkeiten und damit zusammenhängenden Ergebnisse den geplanten Anordnungen entsprechen, und ob diese Anordnungen wirkungsvoll verwirklicht und geeignet sind, die Ziele zu erreichen“.
• Qualitätsauditarten
Qualitätsaudits werden prinzipiell von Personen durchgeführt, die keine direkte Verantwortung in den zu auditierenden Bereichen haben, jedoch sinnvollerweise mit den betroffenen Mitarbeitern zusammenarbeiten. Zweck eines Audits ist vor allem die Beurteilung der Notwendigkeit von Verbesserungen und Korrekturmaßnahmen. Qualitätsaudits können sich auf einzelne Verfahren, Produkte, Dienstleistungen, aber auch auf das gesamte Qualitätsmanagementsystem beziehen (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995b, S. 141f.). In Anlehnung an die drei wesentlichen, schwerpunktmäßig für Konsum- und Industriegüterhersteller konzipierten, Qualitätsauditarten Systemaudit, Verfahrensaudit und Produktaudit (Pfeifer 2001, S. 107) können für Dienstleistungen die Auditarten Systemaudit,Verfahrensaudit und Dienstleistungsaudit unterschieden werden.
8.5 Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung
327
Hauptverantwortlich für die Qualitätsaudits in Dienstleistungsunternehmen haben die Führungskräfte zu sein; an der konkreten Durchführung sind allerdings vorzugsweise Mitarbeiter der Revisionsabteilungen sowie anderer Kontroll- bzw. Prüfinstanzen der Dienstleistungsunternehmung beteiligt. Die verschiedenen Qualitätsaudits sind regelmäßig, d. h. halbjährlich oder zumindest einmal im Jahr, durchzuführen, um kontinuierlich Dienstleistungsergebnisse in den einzelnen Abteilungen bzw. Geschäftsstellen des Dienstleistungsunternehmens zu erfassen und Abweichungsanalysen zu erstellen.
• Verantwortlichkeit
(e) Zertifizierung Ein weiteres, aufgrund seiner wachsenden Bedeutung in Kapitel 11 ausführlich dargestelltes Instrument der Qualitätsmanagementdarlegung stellt die Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen dar. Abschließend ist festzuhalten, dass in Bezug auf die innen- und außengerichtete Qualitätsmanagementdarlegung verschiedene Instrumente in Dienstleistungsunternehmen eingesetzt werden können, allerdings scheint eine Verknüpfung der Einzelmaßnahmen in einem Gesamtkonzept – auch unter Effizienzgesichtspunkten – zweckmäßig.
• Zertifizierung
8.5.2 Integration der Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung Ähnlich wie in der Qualitätsplanung, -lenkung und -prüfung sind auch in der Phase der Qualitätsmanagementdarlegung die Beziehungen der einzelnen Instrumente untereinander zu analysieren, um einen integrierten Einsatz zu gewährleisten. Schaubild 8-38 zeigt eine Beziehungsanalyse der dargestellten Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung. Beispielhaft werden für das Instrument Qualitätsmanagementhandbuch die Vernetzungsmöglichkeiten mit anderen Instrumenten dieser Phase dargestellt:
• Integrierte Qualitätsmanagementdarlegung
• Beispielhafte Beziehungsanalyse für Qualitätsmanagementhandbücher
5 Bezüglich der funktionalen Beziehungen haben die
Beziehungen zu Qualitätsaudits und zur Zertifizie-
328
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Integrierte Qualitätsmanagementdarlegung
Qualitätsmanagementhandbuch
Qualitätsmanagementhandbuch Qualitätsstatistiken
Integrierte Kommunikation
Qualitätsaudit
konditional parallel operativ
Qualitätsstatistiken
Integrierte Kommunikation
Qualitätsaudit
Zertifizierung
komplementär parallel strategisch
konditional sukzessiv strategisch
konditional sukzessiv strategisch
indifferent parallel operativ
konditional sukzessiv operativ
konditional sukzessiv operativ
indifferent parallel strategisch
indifferent parallel strategisch konditional sukzessiv operativ
Zertifizierung
Schaubild 8-38: Beziehungsanalyse im Rahmen einer integrierten Qualitätsmanagementdarlegung
rung dahingehend konditionalen Charakter, dass ein Qualitätsmanagementhandbuch die Grundlage für eine Auditierung bzw. Zertifizierung darstellt. 5 Werden die zeitlichen Beziehungen von Qualitätsmanagementhandbüchern im Rahmen der Qualitätsmanagementdarlegung betrachtet, hat die Erstellung des Handbuches zeitlich vor der Durchführung der Instrumente zu geschehen, für die das Handbuch den strategischen Handlungsrahmen des Qualitätsmanagements festlegt, d. h. sukzessive Beziehungen bestehen zu Qualitätsaudits und zur Zertifizierung. 5 Qualitätsmanagementhandbücher haben hinsichtlich ihrer hierarchischen Bedeutung gegenüber den anderen Instrumenten eher strategischen Charakter. Schaubild 8-39 zeigt die Gestaltung des Einsatzes der Instrumente der Qualitätsmanagementdarlegung gemäß ihres hierarchischen und zeitlichen Charakters.
8.6 Integration der Einzelphasen zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem
Hierarchischer Charakter
Eher strategischer Charakter
329
Qualitätsmanagementhandbuch
Integrierte Kommunikation Qualitätsaudit
Qualitätsstatistiken Zertifizierung
Eher operativer Charakter Zeit
Schaubild 8-39: Exemplarischer Einsatz von Instrumenten der Qualitätsmanagementdarlegung
Da Qualitätsmanagementhandbücher das gesamte Qualitätsmanagement des Dienstleisters dokumentieren, stellen sie das Instrument der Qualitätsmanagementdarlegung mit der größten strategischen Bedeutung dar. Ferner ist in zeitlicher Hinsicht ein kontinuierlicher Einsatz dieses Instrumentes ratsam. Auf der Grundlage dieser Bücher können Qualitätsaudits vorbereitet werden, die wiederum Voraussetzung für eine Zertifizierung des Dienstleistungsunternehmens sind.
8.6 Integration der Einzelphasen zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem Die einzelnen Phasen sowie die Vielzahl der Instrumente des Qualitätsmanagements sind nicht isoliert voneinander zu sehen. Vielmehr ist es notwendig, die Teilkonzepte zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem zu integrieren.
• Integriertes Qualitätsmanagement…
330
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Schaubild 8-40: Instrumente des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen im Überblick
8.6 Integration der Einzelphasen zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem
Zunächst zeigt Schaubild 8-40 in einer Übersicht sämtliche Instrumente der einzelnen Phasen des Qualitätsmanagementsystems für Dienstleistungsunternehmen, die jeweiligen Verantwortungsträger bzw. zuständigen Mitarbeiter sowie die jeweiligen Zeithorizonte in einer Zusammenfassung. Dieser Überblick ist allgemein gehalten und ist für die jeweilige Dienstleistungsunternehmung individuell zu gestalten. Im Rahmen der Interphasenintegration der Instrumente des Qualitätsmanagements ist in folgenden Schritten vorzugehen:
331
• …durch Interphasenintegration
(1) Hierarchisierung der Instrumente, (2) Interphasenverknüpfung der Instrumente, (3) Beurteilung der Instrumente, (4) Auswahl der Instrumente. (1) Hierarchisierung der Instrumente Im Rahmen eines umfassenden Qualitätsmanagementkonzeptes ist stets eine Abstimmung der einzelnen Teilkonzepte vorzunehmen, um damit die sich gegenseitig unterstützende Wirkung zu optimieren. Um aus der Vielzahl der vorgestellten Maßnahmen des Qualitätsmanagements Regeln für den unbedingt notwendigen oder lediglich begleitenden Instrumenteeinsatz abzuleiten, erscheint eine Unterscheidung nach so genannten Leit- und Folgeinstrumenten des Qualitätsmanagements zweckmäßig. Im Grunde erfolgt damit eine Hierarchisierung der Qualitätsmaßnahmen, d. h. es gibt Qualitätsmaßnahmen erster und zweiter Priorität. Qualitätsleitinstrumente stellen die zentralen Maßnahmen des Qualitätsmanagements dar. Sie verfügen über eine besondere strategische Bedeutung für die Umsetzung und den Erfolg des Qualitätsmanagementkonzeptes; zudem übernehmen sie die Führungsfunktion für andere Qualitätsmaßnahmen. Nach der Festlegung der notwendigen Qualitätsleitinstrumente im Rahmen der verschiedenen Phasen des Qualitätsmanagements sind die hinreichenden Qualitätsfolgeinstrumente zu identifizieren. Zu den Folgeinstrumenten zählen diejenigen Maßnahmen, die von den Qualitätsleitinstrumen-
• Hierarchisierung der Instrumente in…
• …Leitinstrumente
• …und Folgeinstrumente
332
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• …bzw. Muss-…
• …Soll- und KannInstrumente
ten stark beeinflusst werden, sich entsprechend an diesen auszurichten haben und eher ergänzenden Charakter aufweisen. Welche Qualitätsmaßnahmen in Dienstleistungsunternehmen möglicherweise als Leitinstrumente und welche als Folgeinstrumente eingesetzt werden könnten, ist in Schaubild 8-41 im Überblick dargestellt. Die hier vorgenommene Hierarchisierung der Qualitätsmanagementinstrumente macht deutlich, dass die Leitinstrumente Muss-Instrumente für jedes Dienstleistungsunternehmen darstellen. Sie sind auf jeden Fall einzusetzen und stellen den Ausgangspunkt sowie Rahmen für die weiteren Qualitätssicherungsmaßnahmen dar. Die Folgeinstrumente sind Soll- sowie Kann-Instrumente und geben den Professionalisierungsgrad des
Qualitätsleitinstrumente Kundenbefragungen
Qualitätsplanung
(SERVQUAL-Ansatz)
Qualitätsfolgeinstrumente Fishbone-Analyse FRAP-Analyse Betriebliches Vorschlagswesen
Mitarbeiterbefragungen
Kundenorientierungsseminare Qualitätszirkel
Qualitätsorientierte Aus- und Weiterbildung Einstellung von Mitarbeitern Anreizsysteme Informationstechnologie
Mitarbeiterbeurteilungen Trackingsysteme Beschwerdemanagement
Mitarbeiterbeobachtungen Testkaufmethoden Kontrollsysteme
Qualitätsmanagementhandbücher
Qualitätsstatistiken Qualitätsaudits Qualitätspreise Zertifizierung
Qualitätslenkung
Qualitätsprüfung
Qualitätsmanagementdarlegung
Schaubild 8-41: Leit- und Folgeinstrumente eines Qualitätsmanagementsystems von Dienstleistungsunternehmen
8.6 Integration der Einzelphasen zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem
Dienstleistungsanbieters im Hinblick auf das Qualitätsmanagement wieder (zum Einsatz und Professionalisierungsgrad des Qualitätsmanagements verschiedener Dienstleistungsunternehmen, vgl. Bruhn/Meffert 2002). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass einige Instrumente des Qualitätsmanagements in unterschiedlichen Phasen des Qualitätsregelkreises Anwendung finden können. Daher zeigt die erste Spalte in Schaubild 8-41 für jedes Instrument die möglichen Einsatzphasen sowie die Bedeutung des Instruments, d. h. seinen Muss-, Soll- oder Kann-Charakter, in der jeweiligen Phase. (2) Interphasenverknüpfung der Instrumente Im zweiten Schritt der Interphasenintegration der Instrumente des Qualitätsmanagements sind – ausgehend von der in Schritt 1 festgelegten Einsatzphase des jeweiligen Instruments – seine Verknüpfungsmöglichkeiten mit den Instrumenten anderer Phasen zu analysieren. Schaubild 8-42 zeigt in der zweiten Spalte für jedes Instrument, welche Instrumentephasen dem betrachteten Instrument inhaltlich und zeitlich nachgeschaltet werden können, während in der dritten Spalte mögliche vorgeschaltete Phasen aufgezeigt werden. Diese Interphasenverknüpfung wird im Folgenden anhand der als Mussinstrumente identifizierten Instrumente erläutert. Schaubild 8-43 zeigt die möglichen Vernetzungen zwischen den Instrumenten: 5 Merkmals- und kundenorientierte Ansätze, Beschwer-
deanalyse (Qualitätsplanung und/oder -prüfung), 5 Personalentwicklung, Qualitätsverantwortung (Qua-
litätslenkung), 5 Mitarbeiterbeurteilung (Qualitätsprüfung), 5 Qualitätsmanagementhandbuch (Qualitätsmanagementdarlegung). Die in Schaubild 8-43 dargestellten Instrumente sind mittels Pfeilen miteinander verbunden, die von dem Instrument, das dem zweiten Instrument vorgelagert zu sein hat, zu letzterem führen. Die Muss-Instrumente,
333
• Anwendbarkeit einiger Instrumente in mehreren Phasen
• Interphasenverknüpfung der Instrumente...
• …beispielhaft dargestellt anhand der Muss-Instrumente
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Phasen- Einsatzphase integration
Phasen- Einsatzphase integration
Einstellung neuer Mitarbeiter
Muss Soll Kann
Instrumente
Darlegung
Als inhaltlich und zeitlich vorgeschaltete Phase möglich
Prüfung
Als inhaltlich und zeitlich nachgeschaltete Phase möglich
Lenkung
Darlegung
Prüfung
Lenkung
Instrumente
Planung
Muss Soll Kann
Planung
334
Als inhaltlich und zeitlich nachgeschaltete Phase möglich
Als inhaltlich und zeitlich vorgeschaltete Phase möglich
Lenkung Darlegung
Lenkung
Lenkung Darlegung
Lenkung
Darlegung
Merkmals- und kundenorientierte Ansätze
Stellengebunden
Prüfung
Planung Prüfung
Ereignisorientierte Ansätze
Stellenungebunden
Prüfung Darlegung
Planung Prüfung
FRAP
Lenkung
Lenkung
Stellenübergreifend
Darlegung
Planung Prüfung
Beschwerdeanalyse
Lenkung
Lenkung
Anreizsysteme
Prüfung Darlegung
Planung
Quality Function Deployment
Lenkung
Lenkung
Qualitätsverantwortung
Prüfung Darlegung
Planung Prüfung
Benchmarking
Lenkung
Lenkung
Qualitätszirkel
Planung
Prüfung
FMEA
Lenkung
Lenkung
Darlegung
Planung Prüfung
Fishbone-Analyse
Lenkung
Lenkung
Vieraugenprinzip
Lenkung
Planung Lenkung
Merkmals- und mitarbeiterorientierte Ansätze
Lenkung
Lenkung
Mitarbeiterbeobachtung
Planung Lenkung
Planung Lenkung
Betriebliches Vorschlagswesen
Lenkung Darlegung
Lenkung
Mitarbeiterbeurteilung
Planung Lenkung
Planung Lenkung
Qualitätsmanagementhandbuch
Lenkung Planung
Planung Lenkung Prüfung
Interne Qualitätsmessung
Planung Lenkung
Planung Lenkung
Qualitätsstatistiken
Planung Lenkung
Planung Prüfung
Silent Shopper
Lenkung
Planung Lenkung
Qualitätsaudits
Planung Lenkung
Planung
Expertenbeobachtung
Lenkung
Planung Lenkung
Integrierte Kommunikation
Prüfung
Planung
Warentests
Planung Lenkung
Planung Lenkung
Zertifizierung
Lenkung Prüfung
Planung Prüfung
Personalentwicklung
Lenkung Darlegung
Informationsund Kommunikationssysteme
Schaubild 8-42: Interphasenintegration der Instrumente des Qualitätsmanagements
8.6 Integration der Einzelphasen zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem
Qualitätsplanung Qualitätsposition
Qualitätsziele
Qualitätsmanagementdarlegung
Qualitätslenkung Merkmals- u. kundenorientierte Ansätze
Merkmals- u. kundenorientierte Ansätze
Beschwerdemessung
Personalentwicklung
Qualitätsverantwortung
Mitarbeiterbeurteilung
Qualitätsprüfung
Schaubild 8-43: Vernetzungsmöglichkeiten der Muss-Instrumente des Qualitätsmanagements im Rahmen der Interphasenintegration
die mehreren Phasen zugeordnet werden können, sind in die Schnittflächen der Rechtecke, die die jeweiligen Phasen wiedergeben, eingezeichnet. So ist das Instrument der merkmals- und kundenorientierten Ansätze in die Schnittfläche von Qualitätsplanung und -prüfung eingetragen. Als vorgelagerte Muss-Instrumente dieser Ansätze kommen die Personalentwicklung und Mitarbeiterbeurteilungen in Frage, während die Festlegung der strategischen Qualitätsposition und der Einsatz von Qualitätsmanagementhandbüchern den Ansätzen nachgelagert werden können. Nach der Hierarchisierung der Instrumente und der Analyse der Vernetzungspotenziale werden im Folgenden sämtliche Instrumente des Qualitätsmanagements beurteilt, um die Auswahl einzelner Instrumente zu erleichtern. (3) Beurteilung der Instrumente In einem dritten Schritt sind die Instrumente aller Phasen anhand geeigneter Beurteilungskriterien zu bewerten. Schaubild 8-44 gibt einen Überblick über die Kriterien, die in vier Kriteriengruppen eingeteilt werden können:
• Beurteilung der Instrumente…
335
336
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Beurteilungskriterien für Instrumente des Qualitätsmanagements
Theoretische Kriterien
• Qualitätsdimensionen • Qualitätsbegriff
Vorbereitungsbezogene Kriterien
• Eigen-/Fremdinitiierung • Unternehmensspezifische Adaption • Modifikationsbedarf
Durchführungsbezogene Kriterien
Ergebnisbezogene Kriterien
• Kosten • Organisatorischer Aufwand • Komplexität • Kontinuität des Einsatzes • Häufigkeit des Einsatzes
• Reliabilität • Validität • Aktualität • Qualitätsrelevanz • Vollständigkeit
Schaubild 8-44: Beurteilungskriterien für Instrumente des Qualitätsmanagements
(a) Theoretische Kriterien (b) Vorbereitungsbezogene Kriterien (c) Durchführungsbezogene Kriterien (d) Ergebnisbezogene Kriterien • …anhand theoretischer Kriterien
(a) Theoretische Kriterien 5 Qualitätsdimension: Dieses Kriterium ist für die praktische Umsetzung der Instrumente nicht unbedingt ausschlaggebend. Es gibt an, welche Qualitätsdimensionen (Potenzial-, Prozess- und/oder Ergebnisdimension) von den jeweiligen Instrumenten berücksichtigt werden. 5 Qualitätsbegriff: Auch dieses Kriterium hat eher theoretischen Charakter. Es ist anzugeben, welcher Qualitätsbegriff – unter den fünf Qualitätsbegriffen von Garvin, d. h. dem objektiven, produkt-, kunden-, herstellungs- oder wertorientierten Begriff – dem jeweiligen Instrument zugrunde gelegt ist. (b) Vorbereitungsbezogene Kriterien 5 Eigen-/Fremdinitiierung: Dieses Kriterium bringt zum Ausdruck, ob das Unternehmen selbst die Durch-
8.6 Integration der Einzelphasen zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem
führung eines Instruments initiieren kann (Ausprägung „intern“) oder die Durchführung des Instruments eher von externen Gruppen, z. B. Kunden, angeregt wird (Ausprägung „extern“ oder „beides“). Je eher letzteres gegeben ist, desto weniger ist das jeweilige Instrument aus Unternehmenssicht steuerbar. 5 Notwendigkeit einer unternehmensspezifischen Adaption: Die Methodik eines Großteils der Verfahren ist sehr allgemein gehalten. Daher sind die jeweiligen Methoden häufig an branchen- oder sogar unternehmensspezifische Besonderheiten anzupassen (Ausprägung „erforderlich“; z. B. Qualitätskriterien im Rahmen der merkmalsorientierten Ansätze: Für Hotels sind andere Kriterien bedeutsam als für Autowaschanlagen). Bei einigen Instrumenten ist eine solche Adaption nur bedingt notwendig (Ausprägung „bedingt erforderlich“). 5 Modifikationsbedarf im Zeitablauf: Eine Vielzahl der Verfahren bedarf einer mehr oder weniger intensiven Anpassung an Veränderungen im internen und externen Unternehmensumfeld (z. B. kann es bei den problemorientierten Ansätzen erforderlich sein, regelmäßig neue Problemfelder zu berücksichtigen, während die merkmalsorientierten, und hier insbesondere die multiattributiven Ansätze so anzulegen sind, dass die abgefragten Qualitätskriterien über einen möglichst langen Zeitraum relevant sind).
• …anhand vorbe-
(c) Durchführungsbezogene Kriterien 5 Kosten: Die für die Durchführung der einzelnen Instrumente zu veranschlagenden Kosten variieren z. T. sehr stark. Einflussfaktoren der Kosten sind die Anzahl der beteiligten Mitarbeiter, der Bedarf an externem Expertenwissen, die Dauer der Durchführung usw. 5 Organisatorischer Aufwand: Auch der organisatorische Aufwand bei der Durchführung (und der Vorbereitung) der einzelnen Instrumente variiert erheblich. Dabei hängt der organisatorische Aufwand eng mit anderen hier genannten Beurteilungskriterien zusammen, z. B. Notwendigkeit der unternehmens-
• …anhand durch-
337
reitungsbezogener Kriterien
führungsbezogener Kriterien
338
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
spezifischen Adaption, Modifikationsbedarf, Komplexität u. a. Weitere Einflussfaktoren dieses Kriteriums sind – je nach Einsatzphase – z. B. die Anzahl der angebotenen Leistungen (bei den merkmals- und kundenorientierten Ansätzen im Rahmen der Planung), die Anzahl der Mitarbeiter (bei Personalentwicklungsmaßnahmen im Rahmen der Lenkung), das Erfordernis der Repräsentativität der Prüfergebnisse (bei multiattributiven Ansätzen im Rahmen der Prüfung), die Größe des Unternehmens (bei der Zertifizierung im Rahmen der Darlegung). 5 Komplexität: Die Methodik der einzelnen Verfahren ist unterschiedlich komplex. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass in vielen Fällen die Komplexität mit dem Wirkungsgrad der Instrumente (bei Instrumenten der Qualitätslenkung) oder der Aussagekraft der Ergebnisse (bei Instrumenten der Qualitätsplanung und der Qualitätsprüfung) korreliert. 5 Kontinuität des Einsatzes: Je nach Zielsetzung eines Instruments ist ein eher sporadischer oder eher kontinuierlicher Einsatz ratsam. 5 Häufigkeit des Einsatzes: Je nach Zielsetzung und finanziellem sowie organisatorischem Aufwand ist ein mehr oder weniger häufiger Einsatz eines Instruments zweckmäßig. • …anhand ergebnisbezogener Kriterien
(d) Ergebnisbezogene Kriterien Die ergebnisbezogenen Kriterien finden lediglich bei der Beurteilung der Messansätze der Dienstleistungsqualität Anwendung, die in den Phasen der Qualitätsplanung und -prüfung eingesetzt werden können. 5 Reliabilität: Eine Messung wird dann als reliabel (zuverlässig) bezeichnet, wenn das Messinstrument konsistent ist, d. h. bei wiederholten Messungen zum gleichen Ergebnis führt und somit den „wahren“ Wert der Messgröße zu ermitteln in der Lage ist. 5 Validität: Die Validität eines Messansatzes gibt an, ob mit dem jeweiligen Messinstrument tatsächlich das gemessen wird, das zu messen beabsichtigt wird. 5 Aktualität: Um die Aussagekraft der Ergebnisse von Planungs- und Prüfinstrumenten zu gewährleisten,
8.6 Integration der Einzelphasen zu einem umfassenden Qualitätsmanagementsystem
339
ist in den Verfahren von möglichst aktuellen Annahmen auszugehen. 5 Qualitätsrelevanz: Der Einsatz der Messansätze im Rahmen des Qualitätsmanagements ist nur dann sinnvoll, wenn die jeweiligen Instrumente tatsächlich in der Lage sind, die Qualität zu planen bzw. zu prüfen. 5 Vollständigkeit: Die verschiedenen Instrumente sind hinsichtlich der betrachteten Leistungen und der berücksichtigten Einzelkriterien von Leistungen unterschiedlich vollständig. Es ist jedoch nicht zwingend erforderlich oder wünschenswert, Instrumente, die als vollständig angesehen werden können, zu verwenden. Je nach Untersuchungsgegenstand ist es teilweise sicherlich sinnvoll, nur einzelne Qualitätsaspekte oder Problembereiche zu untersuchen, bei denen großer Handlungsbedarf besteht. Vor dem Hintergrund der spezifischen Unternehmenssituation des Dienstleisters sind alle Instrumente des Qualitätsmanagements mittels dieser Kriterien zu beurteilen. Schaubild 8-45 zeigt in einem Überblick, wie eine solche Bewertung aussehen könnte. (4) Auswahl der Instrumente Unter Zugrundelegung der Resultate der Hierarchisierung und Beurteilung sowie der Analyse der Vernetzungsmöglichkeiten der einzelnen Instrumente kann das Dienstleistungsunternehmen nun jene Instrumente auswählen, die es im Rahmen seines Qualitätsmanagementsystems einsetzen bzw. mittels derer es ein eventuell bereits bestehendes Qualitätsmanagementsystem ergänzen möchte.
• Auswahl der Instrumente
340
Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität (Einsatzphasen: Qualitätsplanung u./od. -prüfung) Lenkungsinstrumente Darlegungsinstrumente
Beurteilungskriterien
Theoretische Kriterien
Prozess Silent Shopper Expertenbeobachtung Prozess Warentests Pr./Erg. Merkmals-/kundenorientierte Ansätze Pot./Pr./Erg. Story Telling Prozess SEM Prozess CIT Prozess Pot./Pr./Erg. Beschwerdemessung Pr./Erg. FRAP Pr./Erg. Problem Detecting Pot./Pr. Qualitätsaudits Pot./Pr./Erg. Qualitätskostenanalyse Prozess Statistical Process Control Pot./Pr./Erg. Quality Function Deployment Prozess Benchmarking Prozess FMEA Pot./Pr. Fishbone-Ansatz Merkmals-/mitarbeiterorientierte Ansätze Pot./Pr./Erg. Pot./Pr./Erg. Interne Qualitätsmessung Prozess Vieraugenprinzip Pot./Pr./Erg. Betriebliches Vorschlagswesen Prozess Poka-Yoke-Verfahren Potential Personalauswahl Pot./Pr. Personalentwicklung Pr./Erg. Anreizsysteme Prozess Qualitätskultur Prozess Qualitätsverantwortung Pr./Erg. Qualitätszirkel Pot./Pr. Kommunikations-/Informationssysteme Pot./Pr. Qualitätsmanagementhandbücher Pot./Pr./Erg. Qualitätsstatistiken Pot./Pr. Integrierte Kommunikation Pot./Pr. Zertifizierung
Produkt Produkt Produkt Prod./Kund. Kunden Kunden Kunden Kunden Prod./Kund. Prod./Kund. Hersteller Herst./Prod. Prod. Prod./Kund. Produkt Herst./Prod. Herst./Prod. Kunden Kunden Produkt Produkt Produkt Prod. Prod. Prod. Hersteller Prod. Prod. Prod. Herst./Prod. Kunden Prod. Herst./Prod.
Durchführungsbezogene Kriterien
Vorbereitungsbezogene Kriterien
Qualitäts- Qualitäts- Initiadimension begriff tive intern intern beides intern intern intern intern beides intern intern beides intern intern intern beides intern intern intern intern intern intern intern beides intern intern intern intern intern beides beides intern intern beides
Adaption bed. erford. bed. erford. erforderlich erforderlich bed. erford. bed. erford. bed. erford. bed. erford. bed. erford. bed. erford. erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich bed. erford. bed. erford. erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich bed. erford. erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich erforderlich bed. erford.
Ergebnisbezogene Kriterien
Modifikati- Kosten Organisatori- Komp- Konti- Häufig- Reliakeit scher Aufwand lexität nuität bilität onsbedarf nein nein ja ja nein nein nein nein ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja nein nein ja ja ja ja ja ja ja ja nein ja ja nein
mittel mittel keine hoch mittel mittel mittel gering mittel mittel hoch mittel mittel hoch hoch mittel gering mittel mittel gering gering mittel mittel mittel mittel gering gering gering mittel mittel hoch mittel hoch
gering gering gering hoch mittel mittel mittel mittel mittel mittel hoch hoch hoch hoch hoch mittel mittel mittel mittel gering mittel mittel hoch hoch mittel mittel mittel mittel mittel hoch hoch hoch hoch
gering gering hoch hoch mittel mittel mittel mittel mittel mittel hoch hoch hoch hoch hoch mittel mittel mittel mittel mittel mittel mittel hoch hoch hoch hoch mittel mittel mittel mittel hoch mittel mittel
mittel mittel mittel mittel mittel mittel mittel hoch mittel mittel gering hoch hoch mittel gering mittel mittel mittel mittel hoch hoch hoch hoch hoch hoch hoch hoch hoch hoch gering mittel hoch gering
mittel mittel gering mittel mittel mittel mittel hoch mittel mittel gering hoch hoch mittel gering mittel hoch mittel mittel hoch hoch hoch mittel mittel hoch hoch hoch mittel hoch gering mittel hoch gering
mittel schlecht gut gut mittel mittel mittel mittel gut gut schlecht schlecht mittel gut mittel mittel mittel gut gut mittel mittel mittel
Validität mittel mittel gut mittel mittel mittel mittel schlecht mittel mittel mittel gut gut mittel mittel mittel mittel mittel mittel mittel schlecht mittel
Aktu- Qualitäts- Vollständigkeit alität relevanz hoch hoch mittel gering hoch hoch hoch hoch mittel mittel hoch gering mittel gering gering gering gering mittel mittel hoch hoch mittel
gering gering gering gering hoch hoch hoch hoch mittel mittel gering gering gering mittel mittel gering gering gering gering gering mittel mittel
gering gering gering mittel hoch hoch hoch gering mittel mittel gering gering gering mittel gering mittel gering mittel mittel gering gering mittel
Diese Kriterien sind nur für die Beurteilung der Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität relevant.
8 Operative Gestaltung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Schaubild 8-45: Bewertung der Instrumente des Qualitätsmanagements
Instrumente des Qualitätsmanagements
Teil D Umsetzung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
9
Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
9.1 Notwendigkeit einer systematischen Implementierung des Qualitätsmanagements Qualitätsmanagementprogramme scheitern oft nicht an den konzeptionellen Ideen im Unternehmen oder dem Engagement Einzelner, sondern an der unternehmensweiten Implementierung des Qualitätsmanagements. Dies gilt insbesondere bei einer kundenorientierten (und nicht technisch, produktorientierten) Sichtweise des Qualitätsmanagements, wie es für Dienstleistungsunternehmen aufgrund der Dienstleistungsbesonderheiten und hier vor allem der Integration des externen Faktors typisch ist. Wenn das Ziel in der Erstellung von Qualität liegt, erfordert dies beispielsweise vom Kundenkontaktmitarbeiter, sich empathisch gegenüber dem Kunden zu verhalten, d. h., sich in die Situation des Kunden hineinzuversetzen, und sich seinen Bedürfnissen entsprechend zu verhalten. Dieses Verhalten durch den Kontaktmitarbeiter zu erreichen, ist u. U. allerdings viel schwieriger, als eine Maschine dazu zu bringen, gewisse Spezifikationen zu erfüllen. Umso mehr erstaunt es, dass es in Dienstleistungsunternehmen häufig an einer systematischen Vorgehensweise zur Umsetzung des Qualitätsmanagements fehlt. Das kann zu Ergebnissen führen, die in einer empirischen Studie mit deutschen Unternehmen festgestellt wurden (Droege & Comp. 2000): Zum Teil existieren gravierende Unterschiede zwischen der Selbsteinschätzung der Kunden im Hinblick auf Kundenorientierung und die tatsächliche Umsetzung von Kundenorientierung (vgl. Schaubild 9-1).
• Unternehmensweite Implementierung des Qualitätsmanagement
• Selbsteinschätzung von Kundenorientierung als Schwachpunkt bei Unternehmen
344
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Automobil Banken / Sparkassen Bau Chemie Druck / Papier EDV / Infotechnik Einzelhandel E-Technik / Elektronik Feinmechanik / Optik Gesamtergebnis Maschinen- / Anlagenbau Medien Möbel / Holzverarbeitung Nahrungs- und Genussmittel Pharma Telekommunikation Textil / Bekleidung Tourismus Transport / Verkehr Ver- / Entsorgung Versicherungen
Selbsteinschätzung
82,3 81,2 76,7 86,1 77,0 81,9 76,2 78,6 76,0 78,1 72,0 75,8
Umsetzung
77,8 77,5 80,0 77,4 78,3 77,8 75,7 72,0 75,7 0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Alle Angaben in Prozent
Quelle: Droege & Comp. 2000, S. 8
Schaubild 9-1: Selbsteinschätzung und Umsetzung der Kundenorientierung
• Begriff der Implementierung
Unter dem Begriff Implementierung versteht man generell die Umwandlung von Unternehmensplänen in aktionsfähige Aufgaben sowie die Sicherstellung, dass diese Aufgaben so durchgeführt werden, dass sie die Ziele des Planes erfüllen (Kotler/Bliemel 1999, S. 1176).
Die Schwierigkeiten, die bei der Implementierung des Qualitätsmanagements auftreten können, liegen in verschiedenen Faktoren begründet, die sich als „Barrieren der Umsetzung“ des Qualitätsmanagements in vielen Unternehmen zeigen.
9.2 Barrieren der Umsetzung eines Qualitätsmanagements • Barrieren bei der Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems
Trotz der in Wissenschaft und Praxis allgemein erkannten, offensichtlichen Vorteile einer Qualitätsorientierung des Unternehmens (z. B. Ergebnisse der PIMSDatenbank bei Buzzell/Gale 1989) bzw. eines umfassenden Qualitätsmanagements trifft die Umsetzung
9.2 Barrieren der Umsetzung eines Qualitätsmanagements
dieses Konzeptes in Unternehmen häufig auf vielfältige Widerstände (z. B. Oess 1994, S. 217ff.; Bruhn 2002), die sich in inhaltlich-konzeptionelle, organisatorisch-strukturelle und personell-unternehmenskulturelle Barrieren unterscheiden lassen. Inhaltlich-konzeptionelle Widerstände stehen grundsätzlich direkt mit dem Konzept des Qualitätsmanagements in Verbindung und können sich aus dem unterschiedlichen Verständnis über den Begriff der Qualität und des Qualitätsmanagements ergeben. Divergierende Vorstellungen der Mitarbeiter über Ziele und Inhalte eines für das Unternehmen zweckmäßigen Qualitätsmanagementsystems können eine uneinheitliche Ausrichtung und fehlende Abstimmung der qualitätsbezogenen Maßnahmen bewirken. Aufgrund der notwendigen organisatorischen Verankerung des Qualitätsmanagements im Unternehmen bei Berücksichtigung der bestehenden Strukturen und Hierarchien können dementsprechend auch organisatorischstrukturelle Barrieren auftreten. Eine fehlende organisatorisch verankerte, zentrale Qualitätsverantwortung sowie die mangelnde Zusammenarbeit zwischen Abteilungen, die sich mit Service, Qualitätssicherung u. Ä. befassen, kann zu einem so genannten „Ressortdenken“ führen, das die Umsetzung eines umfassenden Qualitätsmanagements be- oder sogar verhindern kann. Auch fehlende institutionalisierte und formelle Abstimmungsund Entscheidungsprozesse in Bezug auf qualitätsbezogene Maßnahmen zählen zu möglichen Barrieren. Personell-unternehmenskulturelle Widerstände können sich aufgrund von mitarbeiterindividuellen Wertvorstellungen, Denk- und Verhaltensweisen sowie im Zusammenhang mit der bestehenden Unternehmenskultur ergeben. Bereichsdenken, Angst vor Kompetenzverlusten oder verstärkter Kontrolle wie auch die Existenz unterschiedlicher Subkulturen können die Entwicklung und Umsetzung eines Qualitätsmanagements im Dienstleistungsunternehmen erschweren oder hemmen. Das so genannte „Not-Invented-Here-Syndrom“ tritt vor allem dann auf, wenn es gilt, Konzepte, die von der Zentrale oder von Fach-(Stabs-)Abteilungen entwi-
345
• Inhaltlich-konzeptionelle Widerstände
• Organisatorischstrukturelle Widerstände
• Personell-unternehmenskulturelle Widerstände
346
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Übergang von der Philosophieebene des TQM zur Instrumentalebene
ckelt und getestet wurden, nun auch in anderen Abteilungen oder sogar unternehmensweit einzusetzen und dabei auf Desinteresse oder auch Widerstand bei den Mitarbeitern stoßen. In Schaubild 9-2 sind zusammenfassend zentrale Barrieren bei der Umsetzung eines Qualitätsmanagements in Dienstleistungsunternehmen dargestellt. Die beschriebenen grundlegenden Prinzipien des Total Quality Management sind mittels verschiedener Planungsinstrumente, Führungstechniken und Anreizsysteme zu konkretisieren und – unter Beachtung bestehender Barrieren – im Dienstleistungsunternehmen umzusetzen. Dieser Schritt von der Philosophieebene des TQM zur Instrumentalebene erfordert eine systematische Zusammenstellung und Bewertung der wichtigsten Instrumente zum Management der Dienstleistungsqualität. Hierbei haben die qualitätsbezogenen Aktivitäten neben einer Verbesserung des Leistungsniveaus auch die Steuerung von Kundenerwartungen zum Ziel.
9.3 Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements • Ansatzpunkte der Implementierung
Zur Fundierung einer systematischen Implementierung des Qualitätsmanagements existieren zahlreiche Ansatzpunkte, die sich in drei Gruppen einteilen lassen (vgl. Schaubild 9-3): 5 Strukturorientierte Ansatzpunkte, 5 Systemorientierte Ansatzpunkte, 5 Kulturorientierte Ansatzpunkte.
• Unterscheidung der Qualitätslenkung von der Implementierung
Dabei ist im Sinne einer Abgrenzung festzuhalten, dass Parallelen zwischen den hier aufgeführten Ansatzpunkten der Implementierung und den Instrumenten der Qualitätslenkung (vgl. Kapitel 8) bestehen, bei der es beispielsweise auch um die Steuerung des Mitarbeiterverhaltens und der organisatorischen Gestaltung des Qualitätsmanagements geht. Allerdings sind die Qualitätslenkung und die Implementierung des Qualitäts-
9.3 Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements
Barrieren eines Qualitätsmanagementsystems
Inhaltlichkonzeptionelle Widerstände
Zentrale Barrieren eines Qualitätsmanagements in Dienstleistungsunternehmen
• Unterschiedliches Verständnis über den Begriff der Qualität (Vergleich Geschäftsstellen, Abteilungen) • Divergierende Vorstellungen der Mitarbeiter über Ziele und Inhalte eines Qualitätsmanagementsystems (Vergleich Geschäftsstellen, Abteilungen, Hierarchieebenen)
Organisatorisch- • Keine institutionalisierten Abstimmungs- und Entscheidungsregeln für Qualitätsmaßnahmen strukturelle • Fehlende organisatorisch verankerte, zentrale Widerstände Qualitätsverantwortung im Unternehmen • Mangelnde Zusammenarbeit zwischen Serviceund Qualitätsabteilungen (Ressortdenken) • Fehlende Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen bzw. innerhalb der Gesamtorganisation • Eigenständigkeit einzelner Abteilungen und Geschäftsstellen Personellunternehmenskulturelle Widerstände
• Bereichsdenken • Angst vor Kompetenzverlusten oder größerer Kontrolle • Existenz unterschiedlicher Subkulturen (Abteilungen, Bereiche, Tochtergesellschaften) • „Not-invented-here-Syndrom“ (Widerstand der Mitarbeiter bei Konzepten der Zentrale oder einzelner Abteilungen)
Schaubild 9-2: Barrieren der Umsetzung eines Qualitätsmanagements
347
348
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Implementierung eines kundenorientierten Qualitätsmanagements Qualitätsorientierte Strukturen
Qualitätsorientierte Systeme
Qualitätsorientierte Kultur
Dezentralisation
Informationssysteme
Analyse der Ist-Kultur
Kooperationsorientierung
Steuerungssysteme
Kulturanpassungs prozess
Prozessorientierung
Kontrolle des Anpassungsprozesses
Entscheidungsorientierung
Quelle: in Anlehnung an Bruhn 2002, S. 33
Schaubild 9-3: Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements
managements auf zwei unterschiedlichen Ebenen angesiedelt. Die Qualitätslenkung umfasst Maßnahmen, die der Erfüllung von Kundenerwartungen dienen und damit der Sicherstellung der Qualität. Bei der Implementierung geht es gerade darum, wie diese Maßnahmen tatsächlich im Unternehmen umgesetzt werden können. Bei der Qualitätslenkung wird also beispielsweise im Rahmen der Organisation des Qualitätsmanagements ein Qualitätsmanager eingesetzt. Im Rahmen der Implementierung ist dann zu berücksichtigen, wie dieser Qualitätsmanager und die übrige Unternehmensorganisation ineinander greifen. 9.3.1 Strukturorientierte Ansatzpunkte • Strukturorientierte Ansatzpunkte der Implementierung
Bei den strukturorientierten Ansatzpunkten werden Fragen nach der Unternehmensorganisation gestellt und zwar vor allem die Frage, welche Unternehmensstruktur die Umsetzung eines kundenorientierten Qualitätsmanagements begünstigt. Dabei lassen sich auf Basis
9.3 Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements
von Praxiserfahrungen vier Merkmale identifizieren, die zu einer kundenorientierten Unternehmensorganisation beitragen (Bruhn 2001):
349
• Merkmale kundenorientierter Unternehmen-
5 5 5 5
Dezentralisation, Kooperationsorientierung, Prozessorientierung, Entscheidungsorientierung.
Ein wesentlicher Organisationsaspekt, der die Kundenorientierung einer Unternehmensorganisation determiniert, ist der Grad der Dezentralisation der Unternehmensorganisation. Im Gegensatz zur Dezentralisation bringt die Zentralisation von Entscheidungen lange Informationswege mit sich und erhöht damit das Risiko von Verzögerungen bei der Reaktion auf Kundenanliegen. In zentralisierten Organisationen ist beispielsweise der Weg von Kenntnissen über die Kundenerwartungen im Kundenkontakt zu den Entscheidungsträgern sehr weit, so dass solche Unternehmen ihre Leistungen nur sehr langsam an veränderte Kundenerwartungen anpassen können. Die oberen Hierarchieebenen werden zudem durch eine Vielzahl strategisch irrelevanter Probleme überlastet, während in den unteren Abteilungen durch formal geringe Kompetenzen oftmals Motivationsprobleme entstehen (Bruhn 2002, S. 44). Dies wird am Beispiel des Beschwerdemanagements als einem Instrument des Qualitätsmanagements deutlich. Wenn eingehende Beschwerden zunächst über viele Hierarchieebenen nach oben gereicht werden müssen und die Entscheidung wieder diesen Informationsweg nimmt, sind schnelle Reaktionen auf Kundenbeschwerden kaum möglich. Es ist nicht selten, dass zwischen der Beschwerde selbst und der Beschwerdereaktion eine Zeitspanne von über einer Woche liegt. Damit wird die Chance nicht genutzt, die der Kunde dem Unternehmen mit seiner Beschwerde gibt. Im Gegenteil liefert das Unternehmen aus Sicht des Kunden ein zweites Mal eine schlechte Qualität. Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Umsetzung eines kundenorientierten Qualitätsmanagements ist die Si-
sorganisationen
• Dezentralisation
350
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Kooperationsorientierung
• Prozessorientierung
cherstellung einer Kooperationsorientierung. Dabei wird eine interne Kooperation angesprochen, und zwar zwischen den Funktionsbereichen eines Unternehmens. Aufgrund der unternehmensweiten Bedeutung der Qualität, die auf die Aktivitäten einer Vielzahl, wenn nicht aller Funktionsbereiche zurückzuführen ist, basiert ein kundenorientiertes Qualitätsmanagement auf einer funktionsübergreifenden Zusammenarbeit. Ein Baustein des Qualitätsmanagements ist beispielsweise in der Messung und Analyse der Dienstleistungsqualität zu sehen. Diese Qualitätsmessungen, z. B. in Form von Kundenbefragungen, werden in vielen Fällen durch die Marktforschungsabteilung durchgeführt – oft sogar ohne eine Einbeziehung anderer Abteilungen bei der Gestaltung der Qualitätsmessung. Es ist angestrebt, dass die Ergebnisse dieser Analysen von anderen Abteilungen zur Sicherstellung einer hohen Qualität genutzt werden. Es liegt auf der Hand, dass dies nur in wenigen Fällen gelingt. Zunächst ist davon auszugehen, dass die Fachabteilungen über Informationen verfügen, die bei der Gestaltung der Kundenbefragung hilfreich sein können. Darüber hinaus ist das so genannte „Not-invented-here-Syndrom“ ein bekanntes Phänomen im Unternehmen, das die Umsetzung von Ergebnissen, die ohne Einbeziehung der eigenen Abteilung generiert wurden, behindert. Ein Instrument zur Umsetzung einer Kooperationsorientierung sind so genannten „Cross Functional Visits“ (Hilker 1998). Dabei pflegen die betroffenen Mitarbeiter gemeinsam direkte Kundenkontakte. Beispielsweise ist es denkbar, dass Mitarbeiter aus dem Back-Office einer Bank direkt mit einem Kundenproblem konfrontiert werden. Mit der Kooperationsorientierung hängt die Prozessorientierung eines Unternehmens eng zusammen, deren Realisierung die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Unternehmensfunktionen unterstützt. Wird gleichzeitig eine kundenorientierte Sicht zugrunde gelegt, dann bedeutet Prozessorientierung, dass Unternehmensprozesse vom Kunden und nicht von einem Funktionsbereich, wie beispielsweise dem Produktmanagement einer Bank, angestoßen werden. Dies impli-
9.3 Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements
351
ziert, dass die Voraussetzungen dafür zu schaffen sind, dass jederzeit an den entsprechenden Stellen im Unternehmen Informationen über den Kunden vorliegen, die einer Umsetzung der Kundenwünsche dienen. Während der Kunde i. d. R. an nur einer Kommunikationsstelle mit dem Unternehmen in Kontakt tritt, haben seine Wünsche und Bedürfnisse weit reichende Auswirkungen auf die verschiedenen Abteilungen innerhalb des Unternehmens und auf die einzelnen Teilnehmer der Wertschöpfungskette. Dafür ist aber nicht nur eine funktionierende Kommunikation zwischen dem Kunden und dem Unternehmen erforderlich, sondern eine kontinuierliche Optimierung aller Geschäftsprozesse, unterstützt durch die notwendigen technischen Hilfsmittel (Bruhn 2002). Die konkrete Bedeutung einer Prozessorientierung für die Unternehmensorganisation unterstreicht Beispiel 9-1. Beispiel 9-1: Prozessorientierung bei Versicherungen Der wachsende Konkurrenzdruck innerhalb der Versicherungsbranche hat bezüglich der organisatorischen Verankerung der Beziehung zu den Kunden zu einer Neuorientierung des Kundenmanagements geführt. Die einzelnen Organisationseinheiten waren früher strikt nach Produkten getrennt organisiert. Jede Abteilung betrachtete die Kunden lediglich aus der Verantwortung ihres Produktbereiches, wusste jedoch kaum, welche sonstigen Transaktionen der Kunde mit dem Unternehmen pflegte. Um den individuellen Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden, wurde eine modulare Produktpalette zusammengestellt, die sich zu maßgeschneiderten Produktbündeln kombinieren lässt – eine Aufgabe, die eine komplette Neustrukturierung des Vertriebs voraussetzte. Die bisherigen Produktbereiche, die ein „Insel-Dasein“ im Unternehmen fristeten, wurden zu einem verzahnten Produktportfolio zusammengefasst, das idealtypisch keine Kundenwünsche mehr offen lässt. Anstelle des internen Wettbewerbs einzelner Abteilungen wurden die Kunden in verschiedene Segmente eingeteilt. Die Kunden erhalten für ihre
• Beispiel für Prozessorientierung
352
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
gesamten Interaktionen mit dem Unternehmen einen einzigen Ansprechpartner, der für sämtliche Bedürfnisse zuständig ist. Die Kundenbeziehung wird transparenter. (Quelle: Bruhn 2002, S 73f.) • Entscheidungsorientierung
• Empowerment als Beispiel der Entscheidungsorientierung
Schließlich wird die Umsetzung eines kundenorientierten Qualitätsmanagements durch eine Entscheidungsorientierung unterstützt. Damit ist gemeint, dass der Gedanke der Kunden- und Qualitätsorientierung nur dann umgesetzt werden kann, wenn entsprechende Entscheidungen getroffen und implementiert werden. Dies gilt vor allem für Entscheidungen im direkten Kundenkontakt. Müssen Kundenkontaktmitarbeiter jede ihrer Entscheidung durch einen oder mehrere Vorgesetzte bestätigen lassen, ist eine flexible Reaktion auf die Kundenanforderungen nicht möglich. Entsprechend gilt das so genannte Empowerment von Kunden als ein wichtiges Instrument zur Umsetzung eines kundenorientiertes Qualitätsmanagements. Diese Form der Kompetenzerweiterung hat vor allem im Dienstleistungssektor stark an Bedeutung gewonnen, diese ein Mittel für eine verstärkte Beziehungsorientierung der Kundenkontaktmitarbeiter ist. Unter dem Begriff Empowerment sind sämtliche Maßnahmen zu verstehen, die es dem Mitarbeiter erlauben, in der entsprechenden Kundenkontaktsituation autonome Entscheidungen zu treffen (Stewart 1997; Blanchard et al. 1998). Durch das Empowerment sind Mitarbeiter motivierter, so dass sie die Kunden nicht nur als Kunden des Unternehmens, sondern auch als ihre eigenen Kunden ansehen. Ein klassisches Beispiel für erfolgreiches Empowerment ist die Hotelkette Ritz-Carlton. Jeder Mitarbeiter des Hotels ist bei einer Beschwerdeführung befugt, über einen Betrag von bis zu 2.000 Dollar frei zu verfügen, um den Kunden wieder zufrieden zu stellen (Brown 2000). 9.3.2 Systemorientierte Ansatzpunkte Neben der Unternehmensstruktur hängt die Implementierung des Qualitätsmanagements von den Unter-
9.3 Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements
nehmenssystemen ab. Wesentlich für die Gestaltung eines kundenorientierten Qualitätsmanagements ist dabei die Abstimmung mit zwei Arten von Systemen (vgl. Bruhn 2002):
353
• Systemorientierte Ansatzpunkte der Implementierung
5 Informationssysteme, 5 Steuerungssysteme.
Im Hinblick auf die Informationssysteme des Dienstleisters sind Informationen aus verschiedenen Unternehmensbereichen die Basis für die Ableitung von Qualitätsmaßnahmen. So sind die Ergebnisse von Kundenbefragungen zur Kundenzufriedenheit und Kundenbindung aus dem Marktforschungsbereich die Grundlage zur Verbesserung der Dienstleistungen im Hinblick auf die Kundenerwartungen. Eine weitere Informationsquelle für das Qualitätsmanagement sind Berichte des Beschwerdemanagements, in denen die Beschwerdezahlen und -gründe analysiert werden und Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Dienstleistungen aufzeigen. Aufgrund des direkten Kunde-Mitarbeiter-Kontaktes verfügen zudem die Kundenberater über kundenbezogene Informationen aus dem direkten Kundenkontakt. Diese werden in den wenigsten Fällen systematisch erfasst, auch wenn sie wesentliche Rückschlüsse für Leistungsverbesserungen zulassen. Ein Beispiel sind die Gründe für Kundenabwanderungen. In vielen Fällen wandern Kunden aufgrund ihrer Unzufriedenheit mit der Dienstleistungsqualität ab. Entsprechende Informationen über die Beweggründe einer Kundenabwanderung können helfen, die Leistungen des Unternehmens weiter zu verbessern und weitere Kundenabwanderungen aus den gleichen Gründen zu vermeiden. Eine wesentliche Aufgabe im Hinblick auf die Informationssysteme ist im Rahmen der Implementierung des Qualitätsmanagements demnach darin zu sehen, die für das Qualitätsmanagement erforderlichen Informationen aus den verschiedenen Quellen im Unternehmen systematisch zu erfassen und für das Qualitätsmanagement nutzbar zu machen. Im Hinblick auf die Steuerungssysteme ist zu prüfen, inwiefern die bestehenden Steuerungssysteme
• Informationssysteme
• Steuerungssysteme
354
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
durch das Qualitätsmanagement eingesetzt werden können oder ggf. zu modifizieren sind. Es geht darum, die Steuerungssysteme für die Realisierung der Ziele des Qualitätsmanagements, d. h. die Erfüllung der Kundenerwar tungen bzw. Verbesserung der Dienstleistungsqualität sowie die Steuerung der Kundenerwartungen zu nutzen. Dabei sind insbesondere die folgenden Steuerungssysteme aus einer qualitätsorientierten Perspektive zu betrachten (vgl. auch Bruhn 2002): • Beschwerdemanagementsystem
• Kundenbindungsmanagementsystem
5 Das Beschwerdemanagementsystem dient der nach-
träglichen Erfüllung der Kundenerwartungen, wenn sie bei der eigentlichen Leistungsnutzung nicht erfüllt wurden. Dabei ist das Beschwerdemanagement insofern qualitätsorientiert auszurichten, dass es gelingt, die Kundenerwartungen zu erfüllen. Dies betrifft zum einen die Kundenerwartungen an die Dienstleistung selbst. Ein Beschwerdemanagement ist nur dann zielführend, wenn die Kundenerwartungen durch die Beschwerdereaktion tatsächlich erfüllt werden können. Darüber hinaus sind die Kundenerwartungen an das Beschwerdeverhalten des Dienstleistungsunternehmens ein wesentlicher Faktor der Qualitätswahrnehmung des Kunden. Entspricht das Beschwerdeverhalten nicht den Kundenansprüchen (z.B. aufgrund einer verzögerten Reaktion auf die Kundenbeschwerde oder eine aus Kundensicht unverhältnismäßige Reaktion), wird die Unzufriedenheit des Kunden noch erhöht. 5 Das Kundenbindungsmanagementsystem hat zum Ziel, die Zahl der Kunden, die das Unternehmen und seine Leistungen wiederwählen, zu erhöhen. Auch hier trägt eine Orientierung an den Kundenerwartungen dazu bei, dass sich das Kundenbindungsmanagement nicht konfliktär zu den Zielen des Qualitätsmanagements auswirkt. Beispielsweise ist es nicht sinnvoll,dass das Kundenbindungsmanagement vor allem Kunden anspricht, an deren Bedürfnissen sich die Kernleistung des Unternehmens nicht orientiert. Umgekehrt ist bei der Gestaltung der Kunden-
9.3 Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements
bindungsanreize darauf zu achten, dass diese gemäß den Kundenerwartungen ausgewählt werden. 5 Die mitarbeiterbezogenen Anreizsysteme wirken sich durch ihre Steuerung des Mitarbeiterverhaltens wesentlich auf die Dienstleistungsqualität aus. Dabei ist darauf zu achten, dass die durch das Anreizsystem hervorgerufenen Verhaltensweisen mit den Zielen des Qualitätsmanagements kompatibel sind. Wenn beispielsweise der Umsatz ein Hauptfaktor bei der Zusammensetzung des Gehalts der Kundenkontaktmitarbeiter ist, wie es z. B. in Unternehmensberatungen häufig der Fall ist, wird eine Vertriebsorientierung der Mitarbeiter gefördert. Bei einer zu starken Konzentration auf die den Vertrieb und die Kundenakquisition wird zwangsläufig die Qualität der Projekte mit bestehenden Kunden und damit die Kundenbindung vernachlässigt.
355
• Mitarbeiterbezogene Anreizsysteme
9.3.3 Kulturorientierte Ansatzpunkte Die Kultur eines Dienstleistungsunternehmens hat einen wesentlichen Einfluss auf die Realisierbarkeit der Ziele des Qualitätsmanagements. Unter dem Begriff Unternehmenskultur wird die Grundgesamtheit gemeinsamer Werte- und Normvorstellungen sowie Denk- und Verhaltensmuster verstanden, die die Entscheidungen, Handlungen und Aktivitäten der Mitarbeiter eines Unternehmens prägen (Heinen/Dill 1990; Meffert/Bruhn 2003).
Aufgrund des latenten Charakters der Unternehmenskultur ist es für Unternehmen häufig schwierig zu erkennen, ob die eigene Unternehmenskultur ausreichend kundenorientiert ist oder nicht. Folgende Indikatoren für die kundenorientierte Ausrichtung der Unternehmenskultur können identifiziert werden (Homburg/ Werner 1998, S. 174ff.): 5 Führungspositionen sind mit Personen besetzt, die
eine ausschließlich produktorientierte Sicht vertreten.
• Kulturorientierte Ansatzpunkte der Implementierung • Definition von Unternehmenskultur
• Indikatoren kundenorientierter Unternehmenskultur
356
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
5 Ab einer gewissen Managementebene erfolgt kein di-
rekter Kundenkontakt mehr. 5 Der horizontale und vertikale Austausch von kundenbezogenen Informationen funktioniert nicht. 5 Es bestehen zahlreiche Hierarchien, die eine Abstimmung im Unternehmen erschweren. 5 Die Bürokratie im Unternehmen ist sehr hoch. 5 Die Leistungserstellung entspricht nicht den Kundenwünschen.
• Schritte zu einer qualitätsorientierten Unternehmenskultur sind...
• … Analyse der aktuellen Unternehmenskultur
Eine kundenorientierte Kultur hängt eng mit dem kundenorientierten Verhalten der Mitarbeiter zusammen. Gerade im Dienstleistungsbereich ist dieses Verhalten relevant, da es die Unternehmenskultur nicht nur intern, sondern auch gegenüber dem Kunden dokumentiert. Kundenorientiertes Verhalten der Mitarbeiter ist wiederum nur dann möglich, wenn sie mit ihrem Arbeitsplatz und ihrer Arbeitssituation zufrieden sind. Auch wenn sich die Kultur eines Unternehmens historisch entwickelt hat, ist die Frage zu stellen, ob sich diese Kultur systematisch verändern lässt, um sie den Bedürfnissen des Qualitätsmanagements anzupassen. Zunächst geht es dabei um die Frage, welche Elemente der Unternehmenskultur gesteuert werden können. Darüber hinaus ist die zeitliche Dimension der Veränderbarkeit von Relevanz. Die Erfahrungen von Unter nehmen mit einer nachweislich qualitätsorientierten Unternehmenskultur, wie Ritz-Carlton oder das Hotel Schindlerhof, zeigen, dass eine systematische Herangehensweise an die Anpassung der Unternehmenskultur am ehesten zielführend ist. Hierfür sind drei Schritte hilfreich: (1) Für die Analyse der aktuellen Unternehmenskultur stehen verschiedene Ansätze zur Auswahl. Bewährt haben sich Mitarbeiterbefragungen (Deshpandé et al. 1993). Das Ergebnis der Situationsanalyse ist die Ableitung von charakteristischen Merkmalen der vorhandenen Unternehmenskultur, auf deren Basis die Zuordnung zu einem bestimmten Kulturtyp möglich ist (Meffert/Bruhn 2003). Schaubild 9-4
Clan-Kultur
Adhocracy-Kultur
Te nd en zie Zusammengehörigkeitsgefühl, ll e he Führungskräfte als Mentor, rg er Loyalität und Tradtion, ing Entwicklung des Mitarbeiterpotenzials, Commitment der Mitarbeiter zum Unternehmen.
ll e zie n e nd Te
Dynamik, Unternehmertum, ll e Führungskräfte sind Innovatoren, zie n e Innovationen und Weiterentwicklung, nd Te Unternehmenswachstum, Erschließung neuer Ressourcen.
rn he
ied
rig
Externe
Leistungsorientierung und Wettbewerb, Haltung Führungskräfte sind Entscheider, (Betonung von Te Aufgaben und Ziele, Wettbewerb, nd en Wettbewerbsvorteile Differenzierung) zie ll e und Markterfolg. he rm itte l
Markt-Kultur
Hierarchie-Kultur Mechanische Prozesse (Betonung von Kontrolle, Ordnung, Stabilität)
357
Quelle: in Anlehnung an Quinn/Rohrbangh 1983, S. 369
Führungskräfte als Koordinator, Regeln und Verfahren, Konstanz und Stabilität, reibungslose Abläufe.
h oc
Kundenorientierung
Interne Haltung Standardisierung und Formalisierung, (Betonung von reibungslosen Abläufen, Integration)
rh he
9.3 Ansatzpunkte einer Implementierung des Qualitätsmanagements
Schaubild 9-4: Typen der Unternehmenskultur
Organische Prozesse (Betonung von Flexibilität, Spontaneität, Individualität)
358
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• … Kulturveränderungsprozess
• … sowie Kontrolle der Kulturveränderung
• Beispiel einer kundenorientierten Unternehmenskultur
zeigt beispielhaft die Merkmale von vier Kulturtypen und deren Bezug zur Beziehungs- und Kundenorientierung. Unterschieden werden die Clan-, Adhocracy-, Markt- und Hierarchie-Kultur (Quinn/ Rohrbaugh 1983). Forschungsergebnisse in diesem Bereich zeigen, dass Unternehmen mit einer Adhocracy-Kultur die höchste Beziehungs- und Kundenorientierung realisieren. (2) Der an den Analyseergebnissen aus dem ersten Schritt ansetzende Kulturveränderungsprozess unterscheidet zwei Ebenen, die Individualebene (z. B. Führungspersönlichkeiten mit starker Vorbildfunktion) und die Kollektivebene. Letzteres geht häufig einher mit der Erarbeitung eines neuen Unternehmensleitbildes und der Umsetzung von Corporate-IdentityKonzepten. Die Gestaltung der Unternehmenskultur auf diesen beiden Ebenen verdeutlicht Beispiel 9-2. (3) Schließlich geht es im Rahmen der Kontrolle der Kulturveränderung um die Prüfung, inwiefern die auf Basis der Kulturanalyse angestrebte Soll-Kultur tatsächlich erreicht wird, d. h. inwiefern der Kulturveränderungsprozess greift. Da es sich bei der Unternehmenskultur um ein dynamisches Phänomen handelt, ist auch der Kulturveränderungsprozess und folglich auch die Kontrolle dieses Prozesses dynamisch zu gestalten. Kontinuierliche Kontrollen des Implementierungserfolgs tragen dazu bei, den Implementierungsprozess ggf. anzupassen. Beispiel 9-2: Unternehmenskultur der Otto’s Warenposten AG Beim Schweizer Handelsunternehmen Otto’s Warenposten AG kann die Unternehmenskultur bei einer Positionierung als Discountanbieter als sehr kundenorientiert bezeichnet werden. Erreicht wurde dies zum einen durch die klare Vorgabe von Werten durch den Gründer des Unternehmens und zum anderen durch die Unternehmenskultur, die durch die Mitarbeiter permanent weitergetragen wird. Bei einer Analyse der Unternehmenskultur wurden u. a. folgende Merkmale als besonders bedeutsam he-
9.4 Gestaltung der Implementierung des Qualitätsmanagements
359
rausgestellt (Kunz 1998): − Leistungsverpflichtung: Die Zielrichtung der Kundenorientierung wird vom Chef vorgegeben, von den Führungskräften weitergetragen und von sämtlichen Mitarbeitern im Unternehmen gelebt. − Schlanke Organisation: Einfache Abläufe und minimale Administration werden angestrebt. − Klare Zielvereinbarungen: Zwischen den Managern und Mitarbeitern einer Abteilung existieren klare Zielvereinbarungen. − Flexibilität: Jeder kann seine Arbeitspausen zu individuellen Zeiten einlegen. − Loyalität: Die Mitarbeiter bekunden gegenüber dem Unternehmen eine besonders hohe Identifikation.
9.4 Gestaltung der Implementierung des Qualitätsmanagements In Anbetracht der Komplexität eines ganzheitlichen Qualitätsmanagementansatzes wird unmittelbar deutlich, dass die Implementierung eines solchen Konzeptes im Dienstleistungsunternehmen nicht über einen kurzfristigen Umwälzungsprozess einer Geschäftsstelle bzw. einer Filiale, sondern nur über einen langfristig geplanten Umstrukturierungsprozess des gesamten Dienstleistungsunternehmens zu realisieren ist. Aus diesem Grund ist es zweckmäßig, die Entwicklung und Umsetzung des Qualitätsmanagementsystems als mehrstufiges Phasenkonzept zu definieren, das in verschiedene Zeiteinheiten aufgeteilt ist. Ein Beispiel für einen Zeitrahmen der verschiedenen Phasen zeigt Schaubild 9-5. Grundsätzlich hat die Umsetzung der einzelnen Phasen des Qualitätsmanagementsystems im Rahmen einer detaillierten Projektplanung zu erfolgen (Döttinger/Klaiber 1994, S. 263). Dabei werden verschiedene Schritte, die zur Realisierung eines umfassenden, dienstleistungsspezifischen und wirksamen Qualitätsmanagements notwendig sind, zugrunde gelegt. In Schaubild 9-6 sind im Überblick die möglichen Projektablaufschritte aufgezeigt.
• Implementierung eines Qualitätsmanagementkonzeptes mit Hilfe eines Umstrukturierungsprozesses
• Phasenbezogene Umsetzung mittels detaillierter Projektplanung
360
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
Phasen des Qualitätsmanagements Kundenbefragungen
Kundenbefragungen
Mitarbeiterbefragungen
Mitarbeiterbefragungen
Formulierung von Qualitätszielen
QUALITÄTSPLANUNG
Qualitätsstandards
Kundenorientierungsseminare Qualitätszirkel
Qualitätszirkel
Einstellung serviceorientierter Mitarbeiter
QUALITÄTSLENKUNG
Qualitätsorientierte Aus- und Weiterbildung Anreizsysteme Informations-/ Kommunikationstechnologien Mitarbeiterbeurteilung
Mitarbeiterbeurteilung Beschwerdemanagement
QUALITÄTSPRÜFUNG
Customer Satisfaction Tracking System Kontrollsysteme/ Testkaufmethoden
Mitarbeiterbeobachtungen
Qualitätsmanagementhandbücher
QUALITÄTSMANAGEMENTDARLEGUNG
Qualitätsstatistiken Qualitätsaudits Qualitätspreise/ Zertifizierung
0
6 12 18 Dauer der Phasen des Qualitätsmanagements (in Monaten)
Schaubild 9-5: Exemplarisches Phasenkonzept des Qualitätsmanagements für Dienstleistungsunternehmen
24
361
9.4 Gestaltung der Implementierung des Qualitätsmanagements
Grundlagenarbeit in Qualitätsteams der Zentrale des Dienstleistungsunternehmens
Erstellung eines Grundkonzepts für das Qualitätsmanagementsystem
Test von einzelnen Qualitätsmaßnahmen in verschiedenen Geschäftsstellen/Filialen
Einführung von Qualitätsteams in sämtlichen Filialen und Abteilungen
Umsetzung weiterer Bausteine des Qualitätsmanagements in Geschäftsstellen/Filialen
Unternehmensweite Einführung des Gesamtkonzepts
Permanente Erfolgskontrolle
Schaubild 9-6: Projektablaufschritte zur Entwicklung und Umsetzung des Qualitätsmanagements
Zur Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems für Dienstleistungsunternehmen ist es notwendig, dass bei sämtlichen Mitgliedern auf allen betrieblichen Ebenen ein System vernetzter Regelkreise entsteht, durch das die Ziele, Strukturen, Verantwortlichkeiten, Verfahren, Prozesse und die zur Durchführung erforderlichen Maßnahmen festgelegt werden. In Qualitätsregelkreisen werden spezifische Qualitätsanforderungen an Produkte und Prozesse erfasst, die Einhaltung dieser Forderungen überprüft und nach Analyse und Auswertung als Qualitätsdatenbasis für langfristige Korrekturen und zukünftige Qualitätsan-
• Qualitätsregelkreise als Instrument zur Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems
362
9 Implementierung des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen
• Grundkonzept eines Implementierungsprogramms
forderungen genutzt. Da Qualitätslenkungs- und -prüfungsmaßnahmen selten für sich alleine wirksam sind und meist auf die Ergebnisse anderer Methoden basieren bzw. auch selbst wieder die Grundlage für weitere Maßnahmen darstellen, sind die Qualitätsregelkreise im Unternehmen nicht isoliert zu sehen, sondern haben „ineinandergeschachtelt“ sämtliche Hierarchieebenen zu umfassen. In Schaubild 9-7 ist modellhaft ein Qualitätsregelkreissystem für Dienstleistungsunternehmen dargestellt, in dem die verschiedenen Ebenen der Unternehmung sowie die erforderlichen Querverbindungen aufgezeigt werden, die von der Umsetzung des Qualitätsmanagements betroffen sind. Zur Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems sind planerische Überlegungen anzustellen, die sich speziell mit der Überwindung der zu erwartenden Implementierungsbarrieren beschäftigen. Dabei hilft ein Grundkonzept für ein Implementierungspro-
Ebenenübergreifender Regelkreis
Führungsebene (Vorstände, Geschäftsführer)
Planerische Ebene (Geschäftsstellen-/Filialleiter)
Ebeneninterner Regelkreis
Steuerungsebene (Gruppen-/Abteilungsleiter)
Operative Ebene (Kundenkontaktpersonal, Back Office) Abteilungsinterner Regelkreis Quelle: in Anlehnung an Pfeifer 2001, S. 148
Schaubild 9-7: Modell der Qualitätsregelkreise für Dienstleistungsunternehmen
9.4 Gestaltung der Implementierung des Qualitätsmanagements
gramm – in Anlehnung an den entscheidungsorientierten Ansatz im Dienstleistungsmarketing (Meffert/ Bruhn 2003) –, den Implementierungsprozess systematisch zu gestalten. Bei diesem Grundkonzept stellt die Analyse der Implementierungssituation den Ausgangspunkt dar. Hierbei wird der Implementierungsbedarf für das Qualitätsmanagement in den einzelnen Unternehmensbereichen festgelegt – und zwar in Bezug auf die Qualitätskultur, die Stärken und Schwächen der Qualitätsarbeit in verschiedenen Funktionseinheiten – sowie die Eignung der vorhandenen Strukturen und Prozesse, interne und externe Qualität sicherzustellen. Anschließend sind die Ziele und Zielgruppen der Implementierung festzulegen, bevor konkrete Einzelmaßnahmen geplant, gestaltet und untereinander koordiniert werden können. Die Erfolgskontrolle ist erforderlich, um kontinuierlich den Erreichungsgrad der Implementierungsziele zu messen und mögliche Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Bei diesem Grundkonzept eines Implementierungsprogramms empfiehlt sich eine iterative Vorgehensweise mit ständigen Rückkopplungsprozessen auf sämtlichen Ebenen. Hierbei sind bei der Analyse und Planung des Implementierungsprogramms die beteiligten Führungskräfte und Mitarbeiter aktiv einzubeziehen.
363
• Phasen des Implementierungsprozesses
10
Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
Zur Implementierung des Qualitätsmanagements haben sich Qualitätsmodelle bewährt, die im Rahmen so genannter Qualitätspreise entwickelt wurden. Während diese Modelle in erster Linie zur Bewertung des Qualitätsmanagements von Dienstleistungsunternehmen im Rahmen der Vergabe dieser Qualitätspreise eingesetzt werden, dienen sie darüber hinaus auch Dienstleistungsunternehmen, die sich nicht um einen Qualitätspreis bewerben, als Bezugsrahmen für eine Implementierung des Qualitätsmanagements. Zur Verdeutlichung des Hintergrunds dieser Qualitätsmodelle wird im Folgenden zunächst die Grundkonzeption von Qualitätspreisen vorgestellt.
10.1 Merkmale und Systematisierung von Qualitätspreisen Mit Qualitätspreisen als Anreizen, Qualitätsmanagementsysteme im Unternehmen voranzutreiben, sind Instrumente zur Förderung der ganzheitlichen Betrachtung von Qualitätsmanagementsystemen entwickelt worden. Unter Qualitätspreisen (Quality Awards) sind Preisvergaben durch spezielle Institutionen zu verstehen, die für den Nachweis der Förderung der Qualität, des Qualitätsverständnisses im gesamten Unternehmen sowie dessen erfolgreiche interne und externe Umsetzung vergeben werden.
• Qualitätspreise zur ganzheitlichen Umsetzung von Qualitätsmanagementsystemen • Definition von Qualitätspreisen
366
10 Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
• Ziele von Qualitätspreisen
• Umfassender Katalog an Prüfungskriterien bei allen Qualitätspreisen
Es wird deutlich, dass die Ziele von Qualitätspreisen sehr weit gefasst sind. Qualitätspreise werden von Institutionen ins Leben gerufen und vergeben, um das Niveau der Wettbewerbsfähigkeit insgesamt zu verbessern. Der Fokus zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erfolgt durch Auszeichnung von Unternehmen für ein hervorragendes Qualitätsmanagement und hervorragende Leistungen. Hierbei spiegeln die Qualitätsauszeichnungen zwei bedeutende Einflussfaktoren für die Konkurrenzfähigkeit wider: die Bereitstellung von stetig verbesserten Leistungen für die Kunden und die umfassende Verbesserung der Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens (Reimann/Hertz 1994, S. 337). Eine weitere wesentliche Zielsetzung von Qualitätspreisen hat didaktische Gründe: Die Auszeichnungen forcieren die Vermittlung von Erkenntnissen bezüglich der Konkurrenzfähigkeit und erweitern die Wissensbasis, so dass ein breiter Wissensfundus entsteht. Das Bewusstsein für und das Verständnis der Bedeutung von Qualitätsverbesserungen im Unternehmen kann gefördert und ein Informationsaustausch über erfolgreiche Qualitätsstrategien initiiert werden (Reimann/Hertz 1994, S. 339, S. 362). Der Vielzahl von Qualitätspreisen sind zunächst die umfassenden Prüfungskriterien im Hinblick auf das Qualitätsmanagement gemeinsam, die insbesondere die folgenden Bereiche berücksichtigen: 5 5 5 5 5 5
Kundenzufriedenheit, Geschäftsergebnisse, Mitarbeiter, Prozesse, Führung, Ressourcen (Finanzen, Informationen und Technologien), 5 Politik und Strategie, 5 Einfluss auf die Gesellschaft. • Schritte
Die Schritte zur Erlangung eines Qualitätspreises umfassen die Bewerbung durch das Dienstleistungsunter-
10.1 Merkmale und Systematisierung von Qualitätspreisen
367
nehmen, die formale und praktische Prüfung des Managementsystems sowie die zentrale Vergabe durch eine bedeutende Institution (Peacock 1992, S. 526). Die Nennung der wichtigsten z. Z. in der Praxis ausgeschriebenen Quality Awards erfolgt anhand der in Schaubild 10-1 wiedergegebenen Kategorisierung. Diese Systematisierung nimmt keine Einteilung der mit der Preisvergabe befassten Institutionen vor, sondern der jeweiligen Preiskategorien, so dass eine Einteilung anhand der Kriterien „leistungsunabhängige“ und „dienstleistungsspezifische“ Qualitätspreise zweckmäßig ist.
• Systematisierung von Qualitätspreisen in…
Qualitätsauszeichnungen
Dienstleistungsspezifische Wettbewerbe mit eigenen Dienstleistungskriterien
Leistungsunabhängige Wettbewerbe ohne spezifische Dienstleistungskriterien
Japan Quality Award
Ohne eigene Preiskategorie für Dienstleistungen
National begrenzter Bewerberkreis
Schweizer Qualitätspreis (Esprix)
Norwegian Quality Award
Ludwig-Erhard-Preis
United Kingdom Quality Award
Australian Quality Award
Prix Francais de la Qualité
Swedish Quality Award
New Zealand Quality Award
Prince Felipe Industrial Quality Award (Spanien)
Mit eigener Preiskategorie für Dienstleistungen
Nicht national begrenzter Bewerberkreis
European Quality Award
Deming Application Price
Award of the Slovak Republic for Quality
Schaubild 10-1: Systematisierung ausgewählter nationaler und internationaler Qualitätsauszeichnungen
Malcolm Baldridge National Quality Award
Finnish Quality Award
Polish Quality Award
368
10 Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
• …dienstleistungsspezifische Auszeichnungen
• …leistungsunabhängige Auszeichnungen
Bei den dienstleistungsspezifischen Awards werden nur solche Preise erfasst, die spezifische Kriterien in Bezug auf den Dienstleistungssektor für die Vergabe der Awards nachweisen. Die spezifische Betrachtung und Beurteilung von Dienstleistungsunternehmen ist aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen Sachgüter- und Dienstleistungsqualität, die andere Schwerpunkte im Qualitätsmanagement erforderlich machen, sinnvoll. So spielen Aspekte der Kundenkontaktsituation im Dienstleistungsbereich eine wesentliche Rolle, Methoden der statistischen Qualitätskontrolle eine geringere als im Sachgüterbereich. Durch einen eigenen Qualitätspreis werden die dienstleistungsspezifischen Anforderungen an das Qualitätsmanagement besser berücksichtigt. In diese Kategorie fällt lediglich der „Japan Quality Award“. Er wird seit 1996 vergeben und basiert konzeptionell auf den vier Grundelementen der Kunden- und Mitarbeiterorientierung, der gesellschaftlichen Verantwortung sowie der grundsätzlichen Fähigkeit eines Anbieters, eine bestimmte Dienstleistung zu erstellen. Daraus entwickeln sich die Kriterien „kundenorientierte Servicequalität“, „Führung“, „Prozessorientierung“, „Wissensgenerierung“, „Reaktionsfähigkeit“, „Fairness“ und „Beziehungsqualität“. Diese Kriterien werden in einem dem EFQM-Modell ähnlichen Verfahren mit einer jeweils spezifischen Punktzahl bewertet (Japan Quality Award 2005). Die leistungsunabhängigen Preise, die die gleichen Bewertungskriterien für Produktions- und sonstige Unternehmen sowie Dienstleister aufweisen, werden weiter danach systematisiert, ob sie über eine eigene Preiskategorie für Dienstleistungen verfügen. Dies trifft auf den „Malcolm Baldrige National Quality Award“ (MBNQA) zu. Der nationale, jährlich zu vergebende MBNQA wurde 1987 mit den Preiskategorien „Produktionsunternehmen“, „Dienstleistungsunternehmen“ und „Mittelständische Unternehmen“ geschaffen. Seine internationale Bedeutung wird insbesondere durch die Anlehnung der Beurteilungskriterien anderer Qualitätspreise an diejenigen des MBNQA demonstriert. Des Weiteren ist der „Finnish Quality Award“ als leistungs-
10.1 Merkmale und Systematisierung von Qualitätspreisen
unabhängige Auszeichnung mit einer eigenen Preiskategorie für Dienstleistungen versehen. Schließlich können diejenigen Preise, die keine eigenen Preiskategorien für Dienstleistungen aufweisen, weiterführend in Preise mit national begrenztem und nicht national begrenztem Bewerberkreis klassifiziert werden. Zu den Preisen mit nicht national begrenztem Bewerberkreis zählen der „Deming Application Price“ sowie der„European Quality Award“ (EQA). Der „European Quality Award“ verfügt zwar seit dem Jahr 1995 über eine im dienstleistungsspezifischen Zusammenhang stehende Unterkategorie des „Öffentlichen Bereichs”. Diese umfasst jedoch ausschließlich öffentlichrechtliche Dienstleistungsorganisationen, die generell im Nonprofit-Bereich tätig sind. Lediglich einem national begrenzten Bewerberkreis stehen u. a. die australischen, französischen, schwedischen, norwegischen, schweizerischen und britischen Auszeichnungen sowie der deutsche Ludwig-Erhard-Preis offen. Ein weiteres gemeinsames Element dieser Quality Awards stellt die Methodik der Preisvergabe dar. Alle Bewerber der oben erwähnten Qualitätspreise durchlaufen einen im Wesentlichen deckungsgleichen Selektionsprozess, in dessen Verlauf sich die Unternehmen zunächst schriftlich durch Ausfüllen eines Fragenkataloges oder durch eine detaillierte Stellungnahme zu den Beurteilungskriterien und deren Dimensionen bewerben. Im Rahmen der Prüfung der Bewerbung berufen sich die Prüfer, die zur Vorbereitung ein Schulungsprogramm zu absolvieren haben, auf die einzelnen Bewerbungskriterien sowie das, deren Zusammenhang widerspiegelnde, jeweilige Kriterienmodell. Die Entscheidung erfolgt anhand einer Evaluierungsmatrix, die angibt, inwiefern die einzelnen Dimensionen der Beurteilungskriterien erfüllt sind. Auf Basis dieser ersten Prüfung der Bewerbungsunterlagen wird entschieden, ob das Unternehmen in die zweite Bewertungsphase aufgenommen wird, woraufhin die Entscheidung über eine durchzuführende Ortsbesichtigung des Unternehmens folgt. Der auf Grundlage der Ergebnisse der Ortsbesichtigung erstellte Abschlussbericht wird an das mit der
369
• Methodik der Preisvergabe
• Bewertung mittels einer Evaluierungsmatrix
370
10 Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
Entscheidung beauftragte Komitee weitergeleitet, das die Entscheidung über den oder die Gewinner trifft.
10.2 Darstellung ausgewählter Qualitätspreise und Qualitätspreismodelle 10.2.1 European Quality Award • European Quality Award (EQA)
Der European Quality Award wurde 1992 gemeinsam von der „European Foundation for Quality Management“ (EFQM), der Europäischen Kommission sowie der „European Organisation for Quality“ (EOQ) initiiert (Ellis 1994, S. 280). Die Unternehmen, die sich um den EQA bewerben, werden anhand des so genannten EFQM-Modells bewertet, das über seine Funktion als Bewertungsraster hinaus als Qualitätsmodell breite Akzeptanz gewonnen hat. 10.2.1.1 EFQM-Modell als Bewertungsbasis
• Bewertungskriterien des European Quality Award (EQA)
Das „EFQM-Modell für Excellence“ strukturiert die Bewertungskriterien, nach denen der European Quality Award vergeben wird nach Dimensionen und nimmt eine Gewichtung der einzelnen Merkmalskategorien vor (vgl. Schaubild 10-2; EFQM 2005; vgl. Malorny 1999, S. 264ff.). Die Kriterien sind hierbei in zwei Hauptgruppen eingeteilt: (1) Befähiger, (2) Ergebnisse.
• Befähiger im EFQMModell umfassen die Bereiche...
Befähiger beschreiben Sachverhalte, die die Bemühungen eines Anbieters für eine hohe Qualität zum Ausdruck bringen, und somit die Ausgestaltung des Qualitätsmanagementsystems. Anders als bei der Zertifizierung (vgl. Kapitel 11) werden Unternehmen jedoch nicht ausschließlich danach beurteilt, ob sie bestimmte Normen erfüllen, sondern wie gut sie das Qualitätsmanagement umsetzen. Demnach kann anhand der Befähiger überprüft werden, welche Maßnahmen ein Unter-
Ergebnisse (50%)
Mitarbeiterbezogene Ergebnisse (9%)
Mitarbeiter (9%)
Führung (10%)
Politik und Strategie (8%)
Prozesse (14%)
Kundenbezogene Ergebnisse (20%)
Gesellschaftsbezogene Ergebnisse (6%)
Partnerschaften und Ressourcen (9%)
Schlüsselergebnisse (15%)
10.2 Darstellung ausgewählter Qualitätspreise und Qualitätspreismodelle
Schaubild 10-2: EFQM-Modell für Excellence
Befähiger (50%)
371
Quelle: EFQM 2005
Innovation und Lernen
372
10 Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
• ...Führung
nehmen auf dem Weg zum Total Quality Management erfolgreich ein- und umsetzt. Ein grundlegender Befähiger stellt im EFQM-Modell das Kriterium der Führung (10 Prozent) dar. Der Nachweis eines systematischen und präventiven Handelns sowie die Durchgängigkeit des Engagements auf sämtlichen Führungsebenen sind hierbei von Relevanz. Die weiteren Anforderungen an das Qualitätsmanagement eines Dienstleistungsunternehmens lassen sich außerdem in den folgenden vier Unterkriterien festhalten: (1) Erarbeitung von Mission, Vision und Werten für das Unternehmen sowie das Vorleben dieser als Vorbilder für eine Kultur der Excellence, (2) Sicherstellung der Entwicklung, Einführung und kontinuierlichen Verbesserung des Managementsystems der Organisation durch persönliche Mitwirkung, (3) Bemühung um Interessensgruppen der Kunden, Partner und Vertreter der Gesellschaft, (4) Motivation, Unterstützung und Anerkennung der Leistungen der Mitarbeiter.
• ...Politik und Strategie
Die Bewertung von Politik und Strategie (8 Prozent) findet in der Umsetzung der Ressourcen seitens der Mitarbeiter und der Führungskräfte des Dienstleistungsunternehmens statt. Hierbei werden fünf Unterkriterien unterschieden: (1) Politik und Strategie auf Basis der gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnisse und Erwartungen der Interessensgruppen, (2) Systematische Entwicklung, Überprüfung und Nachführung von Politik und Strategie, (3) Umsetzung von Politik und Strategie durch strukturierte Schlüsselprozesse, (4) Kommunikation und Einführung von Politik und Strategie,
• ...Mitarbeiter
Im Bereich der Mitarbeiter (9 Prozent) werden sämtliche organisatorischen Aktivitäten betrachtet, um das Potenzial der Mitarbeiter freizusetzen und die Ge-
10.2 Darstellung ausgewählter Qualitätspreise und Qualitätspreismodelle
373
schäftstätigkeit kontinuierlich zu verbessern. Hierbei werden fünf Unterkriterien differenziert: (1) Planung, Steuerung und Verbesserung der Mitarbeiterressourcen, (2) Ermittlung, Ausbau und Aufrechterhaltung von Wissen und Kompetenz der Mitarbeiter, (3) Beteiligung und Ermächtigung der Mitarbeiter zu selbstständigem Handeln, (4) Dialog zwischen Mitarbeiter und Organisation, (5) Belohnung und Anerkennung der Mitarbeiter. Die Kriterienkategorie der Partnerschaften und Ressourcen (9 Prozent) beschreibt das Management, den Einsatz sowie die vorbeugende Haltung aller Partnerschaften und Ressourcen. Hierbei ist darzulegen, wie die Ressourcen und Partnerschaften eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang werden folgende Unterkategorien unterschieden:
• ...Partnerschaften und Ressourcen
(1) Management von externen Partnerschaften, (2) Finanzen, (3) Gebäude, (4) Einrichtungen und Material, (5) Technologien, (6) Information und Wissen. Im Mittelpunkt einer TQM-geführten Organisation stehen Prozesse (14 Prozent) im Mittelpunkt der Betrachtung und wirken als Katalysator zwischen Input und Output. Hierbei werden fünf Unterkriterien unterschieden: (1) Systematische Gestaltung und Steuerung von Prozessen, (2) Verbesserung von Prozessen unter Einsatz von Innovation, um Kunden und andere Interessensgruppen vollumfänglich zufrieden zu stellen und die Wertschöpfung für diese zu steigern, (3) Entwurf und Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen anhand der Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden,
• ...Prozesse
374
10 Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
(4) Herstellung, Lieferung und Wartung von Produkten und Dienstleistungen, (5) Management und Intensivierung von Kundenbeziehungen. • Ergebnisse im EFQM-Modell umfassen...
• ...kundenbezogene
• ...mitarbeiterbezogene...
• ...gesellschaftsbezogene
• ...sowie Schlüsselergebnisse
Die Ergebnisse betreffen die Wirkungen des Qualitätsmanagements. Von den Größen der Erfolgskette des Qualitätsmanagements (vgl. Kapitel 1 und 2) sind im EFQM-Modell die Kundenzufriedenheit und die ökonomischen Erfolgsvariablen enthalten. Nicht berücksichtigt ist jedoch die Kundenbindung, so dass das EFQM-Modell implizit eine direkte Beziehung zwischen Kundenzufriedenheit und ökonomischem Erfolg annimmt. In Bezug auf die Ergebnisse lassen sich zunächst kundenbezogene Ergebnisse (20 Prozent) nennen. Hierbei wird zwischen Messergebnissen aus Sicht der Kunden (z. B. Kundenzufriedenheitsindizes) und Leistungsindikatoren (z.B. Bewertung einer spezifischen Teilleistung oder eines Merkmals) differenziert. Das Kriterium der mitarbeiterbezogenen Ergebnisse (9 Prozent) betrachtet direkte und indirekte Messgrößen, die zur Bestimmung der Zufriedenheit der Mitarbeiter dienen. Auch hier unterschieden sich Messergebnissen aus Sicht der Mitarbeiter von Leistungsindikatoren (z. B. Bewertung einzelner interner Dienstleistungen durch die Mitarbeiter oder auch aggregierte Gesamtzufriedenheit von Mitarbeitern). Im Rahmen der gesellschaftsbezogenen Ergebnisse (6 Prozent) wird nach dem gleichen Muster wie bei kunden- und mitarbeiterbezogenen Ergebnissen eine Betrachtung von Messergebnissen aus Sicht der Gesellschaft und spezifischen Leistungsindikatoren vorgenommen (z. B. Imagewerte oder auch öffentlich erhobene Meinungen zu bestimmten Leistungen eines Dienstleistungsanbieters). Im Rahmen der Betrachtung von Schlüsselergebnissen (15 Prozent) richtet sich das Augenmerk – unter Berücksichtigung des Kriteriums der Wichtigkeit – auf die spezifischen Ergebnisse eines Unternehmens. Hierbei werden die oftmals aggregierten Daten aus Geschäfts-
10.2 Darstellung ausgewählter Qualitätspreise und Qualitätspreismodelle
berichten nach den Unterkriterien der wichtigen leistungsbezogenen Ergebnissen sowie leistungsbezogenen Indikatoren unterschieden (z. B. generierte Wertschöpfung oder auch spezifische Leistungsvolumina wie beispielsweise Anzahl erfolgreicher Kundenkontakte). Im Zusammenhang mit den Dimensionen Befähiger und Ergebnisse sind die mit der Einführung des EFQMModells 2000 neu hinzugekommenen Kategorien Innovation und Lernen zu nennen. Diese sind als Systembegriffe auf alle Kategorien des Modells anzuwenden. Dadurch sind im gesamten Modellzyklus Innovationsund Lernprozesse anzuwenden (Zollondz 2002, S. 282). Damit steht das Unternehmen als Ganzes in einem ständigen Innovations- und Lernprozess, der als kontinuierlicher Lernprozess anzusehen ist.
375
• Innovation und Lernen
10.2.1.2 Bewerbungsprozess für den European Quality Award
Um sich für den EQA zu bewerben, sind für ein Unternehmen folgende Voraussetzungen zu erfüllen (Ellis 1994, S. 281f.):
• Bewerbungsvoraussetzungen
5 Abwicklung von 50 Prozent der Geschäfte des Unter-
nehmens in Westeuropa innerhalb der letzten fünf Jahre, 5 Bewerbung des gesamten Unternehmens bei einer Mitarbeiterzahl von weniger als 500, 5 Bewerbung einzelner Unternehmensbereiche oder Filialen bei einer Mitarbeiterzahl von über 500, wenn − der Bereich einen eigenen Firmennamen trägt, − ein eigenes Warenzeichen existiert, − die Muttergesellschaft nicht mehr als 50 Prozent der Leistungen abnimmt. Die Bewerbung um den EQA erfolgt in schriftlicher Form. Das Bewerbungsdokument umfasst maximal 75 Seiten und lehnt beinhaltet insbesondere Aspekte bezüglich der Bewertungskriterien Die Beurteilung einer Bewerbung erfolgt durch ein Prüferteam aus Experten
• Bewerbungsbeurteilung
376
• EQA-Preisträger
10 Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
aus Wissenschaft und Praxis, aus denen Bewertungsteams zu je sechs Personen gebildet werden, die die jeweiligen Bewerbungen innerhalb eines Zeitraumes von zwei bis drei Wochen bewerten. Ausgehend von diesen Bewertungen entscheidet eine aus sieben Personen gebildete Jury (so genannte Assessoren) über die Wahl der Finalisten. Anschließend wird bei diesen zur Überprüfung der angegebenen Qualitätsaktivitäten eine Betriebsbesichtigung durchgeführt. Jeder der Bewerber erhält im Anschluss an den Bewertungsprozess einen schriftlichen Prüfungsbericht, aus dem mögliche Qualitätsverbesserungspotenziale zu entnehmen sind (EFQM 2004). Die EFQM vergibt jährlich mehrere europäische Qualitätspreise (European Quality Prizes) an Unternehmen für hervorragendes Qualitätsmanagement. Unter diesen Preisträgern wird wiederum der erfolgreichste Repräsentant des Total Quality Management mit dem European Quality Award ausgezeichnet. Schaubild 10-3 gibt einen Überblick über die bisherigen Preisträger des European Quality Award in der Hauptkategorie „Große Untenehmen und Unternehmenseinheiten“. Weitere Awards werden in den Kategorien „Öffentliche Nonprofit-Organisationen“, „unabhängige kleine und mittlere Unternehmen“ sowie „Subsidiäre“ im Sinne von „Unterstützende kleine und mittlere Unternehmen eines größeren Unternehmens“. Das britische Kurierdienstunternehmen TNT United Kingdom Ltd. war das erste Dienstleistungsunternehmen, dem es gelungen ist, den European Quality Award zu gewinnen. Im Rahmen der Einführung eines Qualitätsmanagements hat TNT United Kingdom Ltd. als ein Ziel den Gewinn des EQA angestrebt. Dabei hat sich das Unternehmen konsequent an allen EFQM-Kriterien orientiert. So wurde z. B. hinsichtlich des Bereiches „Kundenzufriedenheit“ analysiert, welche Aspekte dem Kunden bei der Wahl eines Expressdienstes am wichtigsten sind. Die Ergebnisse dieser Analysen liefern TNT Hinweise darauf, an welchen Stellen das Qualitätsmanagement des Unternehmens aus Kundensicht anzusetzen hat. Es zeigte sich, dass zu den weitaus am häufigsten
10.2 Darstellung ausgewählter Qualitätspreise und Qualitätspreismodelle
1992
Rank Xerox Limited
1993
Milliken European Division
1994
D2D (Design to Distribution)
1995
Texas Instruments Europe
1996
1998
BRISA SGS-THOMSON Microelectronics TNT United Kingdom Ltd.
1999
Yellow pages
2000
Nokia Mobile Phones
2001
—
2002
—
2003
—
2004
YELL (ehemals Yellow Pages)
1997
377
Quelle: EFQM 2005
Schaubild 10-3: Preisträger des European Quality Award, Kategorie „Große Unternehmen und Unternehmenseinheiten“
genannten Aspekten die Pünktlichkeit der Lieferung, der Zustand der Lieferung und die Zuverlässigkeit der Lieferungsabholung gehören. Außer TNT United Kingdom Ltd. zählen inzwischen auch der Informations- und Werbedienstleister YELL (England) sowie in weiteren Kategorien das Landhotel Schindlerhof (Deutschland) oder auch das St. Mary’s College Northern Ireland (England) zu den Award-Gewinnern. 10.2.2
Ludwig-Erhard-Preis und ESPRIX-Award
Der EQA bzw. das EFQM-Modell bildet die Grundlage für die Entwicklung einer Reihe nationaler Qualitätspreise. So wird in Deutschland seit 1997 der Ludwig-Erhard-Preis vergeben, der sich stark an das EQA-Konzept anlehnt. Lediglich verschiedene Begriffsformu-
• Ludwig-Erhard-Preis
378
• ESPRIX-Award
10 Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
lierungen der Hauptkriterien werden präziser gefasst. Auch die Unterkriterien sind weitgehend deckungsgleich. Eine leichte Abweichung weisen die Kriterien „Ressourceneinsatz“ und „Prozesse“ auf, die sich jedoch nur auf die explizit formulierte Forderung nach einem Nachweis für die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens bezieht (Malorny 1999, S. 342). Die Vergabe des Preises findet durch das Ludwig-Erhard-Preis-Komitee statt, das sich aus Vertretern der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft zusammensetzt, wie z. B. der Bundesverbände der Deutschen Industrie, der Deutschen Arbeitgeberverbände und des Deutschen Großund Außenhandels aber auch der Deutschen Gesellschaft für Qualität, des Deutschen Industrie- und Handelstages und der Ludwig-Erhard-Stiftung. Im ersten Jahr dieses Preises wurde aufgrund der fehlenden Langfristigkeit und Nachhaltigkeit der gezeigten Unternehmensleistungen die höchste Auszeichnung an keinen der sieben Bewerber vergeben. 1998 gewann das Landhotel Schindlerhof den Ludwig-Erhard-Preis. Der Preisträger des Jahres 1999 war die Vaillant GmbH & Co, im Jahr 2000 gewann die Anbi Baubeschläge GmbH. Während in den Jahren Jahr 2001 und 2002 aufgrund fehlender Punktezahl keine der Finalisten prämiert wurde, erlangten im Jahr 2003 die TNT Express GmbH und das Landhotel Schindlerhof den Ludwig-Erhard-Preis. Im Jahr 2004 waren es das T-Systems Entwicklungszentrum Süd-West und die Endress+Hauser Wetzer GmbH + Co. KG. In der Schweiz wurde 1999 der ESPRIX-Award (ESPRIX 2005) eingeführt. Er basiert ebenfalls auf dem EFQMModell und wird jährlich in zwei Kategorien verliehen: An Unternehmen mit weniger als 250 Angestellten, so genannte kleine und mittlere Unternehmen (Kategorie KMU) und an Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten (Kategorie Großfirmen). Im Jahr 2000 gewann den Preis die Zahnarztpraxis von Dr. med. dent. Roger Harr. Auf der Suche nach einer Erweiterung des Qualitätsmanagements stieß der Inhaber der Zahnarztpraxis auf das EFQM-Modell für Business Excellence und richtete die Führung seiner Praxis auf dieses Modell aus. Heute ist die
10.2 Darstellung ausgewählter Qualitätspreise und Qualitätspreismodelle
Beurteilung der eigenen Leistungen für sämtliche Mitarbeiter der Praxis eine Selbstverständlichkeit. So werden u. a. die Behandlungsergebnisse der Zahnärzte und Dentalhygieniker ebenso regelmäßig überprüft wie die Führungsqualität des Praxisinhabers und die Leistungen sowie Produkte der Lieferanten. Größte Aufmerksamkeit wird den Bedürfnissen und Anforderungen der Patienten geschenkt. Im Jahr 2001 erhielt das im Bereich sanitärer Anlagen und der Planung von Haustechnik spezialisierte Unternehmen Hunziker und Co. den ESPRIX-Award insbesondere aufgrund seiner ausgeprägten Kundenorientierung, dem verstärkten Engagement für die Umwelt und Kultur sowie ihrer überdurchschnittlich qualifizierten Mitarbeiter. Im Folgejahr gewann in der Kategorie KMU die Getreidemühle Minoteries de Plainpalais SA den Qualitäts-Award; in der Kategorie Grossunternehmen war es die Schurter AG, ein im Bereich der elektrotechnischen und elektronischen Produktion und Entwicklung tätiges Unternehmen. Der ESPRIX-Award 2003 wurde an die führende Schweizer Großmühle Swissmill verliehen, ein 100-prozentiges Tochterunternehmen des Lebensmittelhändlers Coop. Im Jahr 2004 wurde kein Award verliehen. Der Gewinner des ESPRIX-Awards 2005 wird in Beispiel 10-1 kurz vorgestellt. Beispiel 10-1: Gewinner des ESPRIX-Awards 2005: Lernzentren „Lehrlinge für die Wirtschaft“ Die ehemals aus dem Unternehmen ABB stammenden Lernzentren wurden 1996 aus dem Mutterhaus ausgesiedelt und bildeten fortan in der Rechtsstruktur eines Vereins ein eigenes Unternehmen. An insgesamt fünf Standorten in der Schweiz werden an den nach ISO-Norm zertifizierten Ausbildungszentren Lehrende für verschiedene Berufe, wie z. B. Anlage- und Apparatebauer, Automechaniker, Kaufmann oder auch Polymechaniker, ausgebildet. Das Unternehmen zählt über 90 Mitarbeiter und bildet momentan rund 947 Lehrlinge aus. Der Vorteil der Lernzentren liegt insbesondere in der kostengünstigen und zugleich effektiven und quali-
379
380
10 Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
tativ hochstehenden Finanzierungsform der Ausbildung. In ihrer modernen, marktorientierten Ausbildung zu so genannten „Lebensunternehmern“ bieten die Lernzentren „Lehrlinge für die Wirtschaft“ (LfW) ein breites Grundwissen vor der eigentlichen Spezialisierung an. Gruppenarbeiten und die Ausführung von Kundenaufträgen lösen hierbei den Frontalunterricht ab. (Quelle: ESPRIX 2005)
10.3 Nutzung der Qualitätspreismodelle zur Implementierung des Qualitätsmanagements • Nutzung des Kriterienkataloges von Qualitätspreisen zur Selbstbewertung des Unternehmens…
Unabhängig von der Bewerbung um einen Quality Award und der anschließenden Nutzung der Auszeichnung in der Unternehmensdarstellung dient das zugrundeliegende Qualitätsmodell oftmals auch solchen Unternehmen, die eine eigene Bewerbung zunächst nicht anstreben. So kann das Management eine Selbstbewertung des Qualitätsniveaus vornehmen, indem (1) per Fragenkatalog, (2) per „Scheinbewerbung“, (3) mittels einer externen Auditierung eine Beurteilung anhand der Kriterien der Qualitätsauszeichnung durchgeführt wird (Stauss/Scheuing 1994, S. 314ff.).
• …durch Fragebogenkataloge
(1) Selbstbewertung per Fragenkatalog Eine erste Möglichkeit zur Selbstbewertung bieten Fragenkataloge, mit denen die Erfüllung der Bewertungskriterien des Quality Award detailliert erfasst wird. Zu jedem Einzelkriterium sind verschiedene Fragen bzw. Statements aufgelistet, die auf einer Fünferskala von der Unternehmensführung zu beantworten sind. Im unternehmenseigenen Interesse ist diesbezüglich eine realistische Einschätzung dringend erforderlich. Anhand der Auswertung der Antworten werden die Stär-
10.3 Nutzung der Qualitätspreismodelle zur Implementierung des Qualitätsmanagements
ken und Schwächen des Unternehmens herausgestellt. Diese Art der Selbstbewertung ermöglicht eine relativ kostengünstige und schnelle Einschätzung der Unternehmenssituation. Die Stärken und Schwächen werden jedoch lediglich grob identifiziert. Der wesentliche Beitrag dieser Vorgehensweise liegt darin, einen Diskussionsprozess im Unternehmen zu initiieren. (2) Selbstbewertung per „Scheinbewerbung“ Mittels der Methode der Selbstbewertung per „Scheinbewerbung“ wird ein Prozess im Dienstleistungsunternehmen mit dem fiktiven Ziel der Erlangung einer Qualitätsauszeichnung initiiert. Hierbei ist eine dezidiertere Prüfung und Durchsetzung eines umfassenden Qualitätsmanagementsystems gefordert. Ein innerhalb des Unternehmens zusammengestelltes Bewertungsteam untersucht das Unternehmen anhand der Bewerbungsunterlagen für den Qualitätspreis analog zu dem eigentlichen Verfahren. Diese Methode hat oftmals ein intensiveres Engagement des Unternehmens in Richtung des Qualitätsmanagement zur Folge und verursacht dennoch weniger Kosten und Risiken als die offizielle Bewerbung um einen Qualitätspreis.
• …durch Schein-
(3) Externe Auditierung Die dritte Möglichkeit der Nutzung der Kriterien von Qualitätspreisen für das Management besteht in der externen Auditierung. Eine externe Beratergruppe beurteilt die internen „Bewerbungsunterlagen“. Die Besprechung der Ergebnisse kann für das Unternehmen wertvolle Informationen liefern. Diese Art der Selbstbewertung bietet die meisten Ansatzpunkte zur effektiven Unternehmensbewertung hinsichtlich eines umfassenden Qualitätsmanagements, jedoch ist sie auch mit höheren externen Kosten verbunden. Ausgehend von einer Selbstbewertung in Bezug auf das Qualitätsmanagements eines Dienstleistungsunternehmens dient der Kriterienkatalog von Qualitätspreisen als Basis zur Planung eines umfassenden TQM-Programmes. Die strategische Unternehmensplanung wird hierbei an den neun Kategorien ausgerichtet und die
• …durch externe
bewerbung
Auditierung
381
382
10 Bedeutung von Qualitätsauszeichnungen für Dienstleistungsunternehmen
Einzelpläne werden auf die Subkategorien und die Einzelkriterien bezogen. Nach dieser Ziel- und Planaufstellung erfolgt die zeitliche Dimensionierung in lang- und kurzfristiger Hinsicht unter genauer Angabe der Projekte (Stauss 1998, S. 507).
10.4 Kritische Würdigung von Qualitätspreisen
• Chancen der B ewerbung um einen Qualitätspreis
Zur Beantwortung der Frage, ob es für ein Dienstleistungsunternehmen zweckmäßig ist, die Möglichkeit der Orientierung an den Beurteilungskriterien von Qualitätspreisen oder der Bewerbung um einen Qualitätspreis wahrzunehmen, sind die möglichen Nutzenwirkungen und die Grenzen von Qualitätspreisen zu diskutieren (Reimann/Hertz 1994, S. 350ff.; Madu/Kuei 1995, S. 188f.). Die Chancen der Bewerbung um einen Qualitätspreis bestehen vor allem in folgenden Aspekten: 5 Definition der Unternehmensziele, 5 Offenlegung und Transparenz der internen Struktu-
ren, 5 Förderung des Qualitätsbewusstseins, 5 Verbesserung und Sicherung der internen und externen Prozesse, 5 Motivation der Mitarbeiter, 5 Schaffung eines Teamgeistes, 5 Etablierung einer ausgeprägten Haltung zum Wettbewerb, 5 Fokussierung auf die Kundenpräferenzen, 5 Erhöhung der Kundenzufriedenheit 5 Reduzierung der Kosten, 5 Verkürzung der Prozesszeiten, 5 Steigerung des Marktanteils. Beispielsweise konnte Nokia, der EQA-Gewinner im Jahr 2000, seine Kundenzufriedenheit im Laufe der Bewerbung um den EQA von 60 Prozent (1997) auf 70 Prozent (1999) steigern (Nokia 2003). Die oben angeführten potenziellen Nutzenwirkungen sind jedoch branchen- und unternehmensspezifisch sehr differenziert
10.4 Kritische Würdigung von Qualitätspreisen
zu betrachten. Die genannten Chancen resultieren nicht lediglich aus der Bewerbung des Unternehmens um einen Qualitätspreis, sondern vielmehr aus den übergreifenden und langfristigen Anstrengungen zur Durchsetzung eines konsequenten Total Quality Managements. Bezüglich der Kosten einer Bewerbung können zum einen die internen Kosten der Etablierung eines Qualitätssicherungssystems, und zum anderen die externen Kosten der Ausschreibung der Bewerbung aufgeführt werden. Eine konkrete Quantifizierung liegt allerdings derzeit für kein Unternehmen vor. Die wesentlichen Problemfelder von Qualitätspreisen liegen zunächst in der praktischen Umsetzung der Bewerbung und der Ausführlichkeit der Bewertungskriterien. Diesbezüglich ist die Frage nach Kosten-NutzenGesichtspunkten im Unternehmen aufzuwerfen sowie die Bindung hoher Personalkapazitäten festzustellen. Im Fall der Auszeichnung durch die Jury besteht die Gefahr, dass weitere Verbesserungsengagements im Unternehmen u. U. zurückgestellt werden und ein kontinuierlicher Prozess der Verbesserung nicht vorangetrieben wird. Ebenso kann im Fall der nicht erfolgreichen Bewerbung ein bedeutender Motivationsverlust der Mitarbeiter im Unternehmen auftreten. Darüber hinaus ist in formaler Hinsicht die Methodik der Messung der Kundenzufriedenheit als nicht ausreichend transparent zu kritisieren. Zentral Dimensionen und Besonderheiten der Dienstleistungsqualität sind nicht vollständig berücksichtigt. Schließlich ist auf die mangelnde Objektivität der Messung als kritischer Aspekt und die Subjektivität der Beurteilung der Preisträger hinzuweisen. Im Rahmen einer Würdigung von Qualitätspreisen als Instrument im Qualitätsmanagement ist festzustellen, dass der Kreis der Bewerber für Qualitätspreise relativ begrenzt ist. Jedoch sind insbesondere die Impulse, die von den Gewinnern zur Durchsetzung eines Qualitätsmanagements auf nationaler und internationaler Ebene ausgehen, von besonderer Bedeutung für jene Dienstleistungsunternehmen, die sich in einem starken Wettbewerb befinden. Dadurch entsteht durch die Qualitätspreise sowohl ein betriebswirtschaftlicher als auch ein volkswirtschaftlicher Nutzen.
383
• Kosten einer Bewerbung
• Probleme bei der Bewerbung um einen Qualitätspreis
• Würdigung der Methodik zur Messung der Kundenzufriedenheit
11
Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
11.1 Begriff, Bedeutung und Rahmenbedingungen der Zertifizierung Die Zertifizierung eines Dienstleistungsunternehmens hat zum einen das Ziel der Überprüfung der Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems in Dienstleistungsunternehmen und somit der Gewährleistung einer bestimmten Dienstleistungsqualität. Zum anderen weist die Zertifizierung zur Kommunikation gegenüber dem Kunden eine hohe Bedeutung auf. Die Inanspruchnahme einer Dienstleistung ist aufgrund ihrer konstitutiven Merkmale – wie z. B. der Immaterialität der Leistung – für den Kunden oftmals mit Unsicherheit verbunden. Dadurch entsteht von Seiten eines Dienstleistungsanbieters die Notwendigkeit, beim Kunden die erwähnte Unsicherheit mittels vertrauensbildender Maßnahmen abzuschwächen. Folglich dient die Zertifizierung in erster Linie der Vertrauensbildung (Zollondz 2002, S. 331), zumal dadurch die Gewährleistung einer bestimmten Dienstleistungsqualität gegenüber potenziellen und aktuellen Kunden kommuniziert wird. Unter einer Zertifizierung wird eine Vorgehensweise verstanden, die jeweils spezifisch festlegt, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung, ein Verfahren, eine Qualitätsmanagement-System oder auch ein Umweltmanagementsystem vorgegebene Forderungen erfüllt. Die Zertifizierung wird in diesem Sinne wie folgt definiert:
• Zertifizierung als vertrauensbildende Maßnahme
• Definition der
Die Zertifizierung ist die offizielle, schriftliche Feststellung durch einen unparteiischen Dritten, dass ein bestimmtes
Zertifizierung
386
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
Objekt bestimmte von einer unabhängigen Stelle festgelegte Forderungen erfüllt (Konformität im Sinne der Übereinstimmung). Das schriftliche Dokument, das diese Tatsache festhält, wird Zertifikat genannt (in Anlehnung an Zollondz 2002, S. 331).
Als Prüfungsgrundlage haben sich die Normen DIN EN ISO 9000 bis DIN EN ISO 9004 durchgesetzt, die europaweit anerkannt sind (Pärsch 1999, S. 193). Diese Internationalen Normen wurden 2000 überarbeitet. Die so genannte „Qualitäts-ISO-Familie 2000“ besteht neu aus den Normen DIN EN ISO 9000, DIN EN ISO 9001 und DIN EN ISO 9004 (Ausgabe 2000), die die alten Normen ersetzten. Der Zertifizierungsprozess wird in der Praxis mittels so genannten Audits durchgeführt, die sich wie folgt definieren lassen: • Definition von Audits
Audits sind systematische und unabhängige Untersuchungen, in denen festgestellt wird, ob die aufgrund der Forderungen getroffenen Anordnungen tatsächlich verwirklicht und geeignet sind, die Ziele zu erreichen (Zollondz 2002, S. 331).
11.2 Ziele der Zertifizierung
• Externe Ziele
Mit der Zertifizierung eines Dienstleistungsunternehmens sind vielfältige Zielsetzungen verbunden, die sowohl intern als auch extern gelagert sind. Diese sind in Schaubild 11-1 im Überblick dargestellt. Zu den externen Zielsetzungen gehört zunächst der unternehmensexterne Nachweis, dass das Dienstleistungsunternehmen die Qualitätsanforderungen nach den DIN/ISO-Normen konsistent erfüllt. Diese Dokumentation ist europaweit anerkannt, und daher bietet die Zertifizierung des Unternehmens den Kunden eine größere Transparenz sowie Vergleichbarkeit der Unternehmensleistungen bei der Auswahl der Anbieter und schafft in erster Linie Vertrauen zum Anbieter seitens der Kunden. Darüber hinaus wird durch die Dokumen-
387
11.2 Definition externer und interner Ziele der Zertifizierung
Ziele der Zertifizierung
Externe Zielsetzungen
Interne Zielsetzungen
• Nachweis der Erfüllung der Qualitätsanforderungen • Transparenz für die Kunden • Förderung und Erleichterung der Geschäftsprozesse • Aufbau effizienter Kunden-LieferantenBeziehungen • Festigung und Verbesserung des Images • Erweiterung des potenziellen Kundenkreises • Verbesserung der Wettbewerbsposition
• Optimierung der Unternehmensabläufe • Dokumentation der Geschäftsprozesse • Steigerung der Produktivität • Motivation der Mitarbeiter • Reduzierung der Kosten • Abbau von Schwachstellen • Schnellere Einweisung neuer Mitarbeiter
Schaubild 11-1: Ziele der Zertifizierung
tation der Leistungsfähigkeit der potenzielle Kundenkreis des Unternehmens oftmals erweitert. Aufgrund der erleichterten Transparenz der Unternehmensabläufe und der Dokumentation des Leistungsvermögens werden die Geschäftsprozesse gefördert und vereinfacht. Dies stellt die Grundlage für den Aufbau effizienter Kunden-Lieferanten-Beziehungen dar (Döttinger/ Klaiber 1994, S. 269f.). Da das Zertifikat insbesondere in der Kommunikation des Unternehmens nach außen eingesetzt wird, dient die Zertifizierung ebenso dem Ausbau eines positiven Unternehmensimages. Diese, auf die Unternehmensumwelt gerichteten Teilaspekte der Zertifizierung liefern in den meisten Fällen einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der gesamten Wettbewerbsposition des Dienstleisters. Ziele, die ein Dienstleistungsunternehmen nach außen erreichen will, sind aus der unternehmensinternen Perspektive zu fundieren. Unternehmensinterne Ziele der Zertifizierung erlangen aus diesem Grund besondere Bedeutung. Mittels der Zertifizierung werden zunächst die Unternehmensabläufe offen gelegt, wodurch
• Interne Ziele
388
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
• Rahmenbedingungen der Zertifizierung sind… • …Zeitdauer der Zertifizierung
eine Überarbeitung und Optimierung der bisherigen Unternehmensabläufe ermöglicht wird. Die Notwendigkeit zur Dokumentation der Geschäftsprozesse unterstützt hierbei oft die Verbesserung der internen Prozesse. Aufgrund der Optimierung der Unternehmensabläufe besteht die Möglichkeit der Reduzierung der Kosten und damit der Steigerung der Produktivität. Hierbei wird insbesondere eine Reduzierung der Qualitätskosten angestrebt, die häufig aus der Optimierung der Unternehmensprozesse und -potenziale resultiert. In diesem Zusammenhang gilt es ferner, den Abbau von Schwachstellen im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses voranzutreiben. Darüber hinaus geht von der Vorbereitung und Durchführung einer Zertifizierung mehrfach ein beträchtlicher Motivationsimpuls für die Mitarbeiter aus, der über das Zertifizierungsteam auf sämtliche Mitarbeiter des Unternehmens übertragen wird und im günstigsten Fall über die Zeitdauer der Zertifizierung hinaus andauert. Auf diese Weise wird vielfach z. B. eine schnellere Einweisung neuer Mitarbeiter erreicht, indem die Philosophie des Qualitätsmanagements in das Unternehmen getragen wird (Saatweber 1994, S. 69ff.). Es wird deutlich, dass die Zertifizierung ein Instrument ist, das die Einführung eines langfristigen und profunden Qualitätsmanagements im Dienstleistungsunternehmen unterstützt. Ein umfassendes Qualitätsmanagement bietet diesbezüglich für Dienstleistungsunternehmen die einzige Möglichkeit, langfristige, komparative Konkurrenzvorteile zu schaffen. Wesentliche Rahmenbedingungen zur Entscheidung über ein Projekt zur Zertifizierung sind insbesondere die zeitliche Erstreckung des Zertifizierungsprozesses und die Kosten des Verfahrens. Die Zeitdauer der Zertifizierung bis zum Erhalt des Zertifikates ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Zunächst bestimmen vor allem die Größe des zu zertifizierenden Unternehmens bzw. Unternehmensbereiches, die Wahl der Zertifizierungsstelle und die Bestimmung der Prüfungsnormen die zeitliche Beanspruchung bis zum Erhalt des Zertifikates. Weiterhin sind
11.2 Definition externer und interner Ziele der Zertifizierung
der Ausgangszustand des Qualitätsmanagementsystems und die bereit gestellten Ressourcen maßgeblich für die Dauer des Zertifizierungsprozesses. Bei den Zertifizierungsstellen besteht i. d. R. keine Wartedauer zur Aufnahme des Zertifizierungsverfahrens; nach der Prüfung des Qualitätshandbuches ist mit einem Audittermin in ein bis zwei Monaten zu rechnen (Pärsch 1999, S. 202). Die Kosten der Zertifizierung sind zu differenzieren in Kosten für die vertraglich festgelegten Leistungen der Zertifizierungsstelle und Kosten für Aktivitäten seitens des Unternehmens sowie gegebenenfalls Kosten für das Hinzuziehen externer Berater. Für die letztgenannten Kosten wird i. d. R. kein Richtwert angegeben, da sie insbesondere von der Ausgangssituation des Unternehmens sowie dem Management- und Mitarbeiterpotenzial abhängig sind. Die Kosten für die festgelegten Leistungen der Zertifizierungsstelle werden bestimmt von dem Umfang der Leistungen des Zertifizierers und der Komplexität des Dienstleistungsunternehmens. Anhand der folgenden Einflussfaktoren wird vielfach die Komplexität der Unternehmen in die Kategorien niedrig, mittel und hoch unterschieden, um anschließend Richtwerte für die Kosten der Zertifikatserstellung abzuleiten: 5 5 5 5 5
Vielfalt der Dienstleistungen, Vielfalt der Verfahren, Automatisierungsgrad, Organisationsstruktur, Zertifizierungsbasis DIN EN ISO 9001/2/3 (Ausgabe 1994) bzw. DIN EN ISO 9001:2000, 5 Forderungen aus gesetzlichen Regelungen, 5 Unternehmensgröße, 5 Mitarbeiterzahl und Geschäftsvolumen, 5 Standortverteilung. Die gesamten Kosten des Prozesses der Zertifikatserteilung mit einer anschließenden Geltungsdauer von insgesamt vier Jahren (hierin sind auch die Kosten der jährlichen Überwachungsaudits und des Wiederholungs-
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• …Kosten der Zertifizierung
• …, die abhängig von verschiedenen unternehmensbezogenen Faktoren sind
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11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
Kleines Unternehmen > € 4.500
Mittleres Unternehmen > € 10.000
Großes Unternehmen > € 15.000
Schaubild 11-2: Kosten der Zertifizierung in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße
audits einbezogen) erreichen dann ungefähr die in Schaubild 11-2 aufgezeigte Größenordnung. Es ist zu beachten, dass es sich hierbei um Richtwerte handelt, zu denen des Weiteren die Reisekosten der Auditoren und die Mehrwertsteuer zu addieren sind. Letztlich werden die konkreten Kosten zwischen dem Dienstleistungsunternehmen und der jeweiligen Zertifizierungsstelle vereinbart (Pärsch 1999, S. 198).
11.3 Prozess der Zertifizierung • Prozess der Zertifizierung
Nach der Entscheidung des Dienstleistungsunternehmens zur Zertifizierung umfasst der Prozess der Zertifizierung die folgenden Schritte: (1) Auswahl der Zertifizierungsstelle, (2) Entscheidung über die zugrundeliegende Prüfungsnorm, (3) Vorbereitung auf die Zertifizierung und (4) Ablauf der Zertifikatserteilung. 11.3.1 Auswahl der Zertifizierungsstelle
• Auswahl der Zertifizierungsstelle…
• …nach dem Informationsgehalt des Zertifikats
Es existiert eine Vielzahl von unabhängigen Zertifizierungsinstitutionen, zwischen denen Dienstleistungsunternehmen auswählen können. Da die Zertifizierung von Dienstleistungen zumeist auf freiwilliger Basis erfolgt, greift der Staat in den Markt der Zertifizierer nicht regulierend ein. Dementsprechend besteht ein Wettbewerb auf diesem Markt, wobei das entscheidende Kriterium zur Auswahl einer Zertifizierungsstelle der Informationsgehalt des Zertifikates ist. Als Determinante des Informationsgehaltes von Zertifikaten ist
11.3 Prozess der Zertifizierung
zum einen die Qualität der Prüfung anzuführen. Die Qualität der Prüfung wird insbesondere bestimmt von der Ausbildung, der Unabhängigkeit, der Überwachung und den Prüfungsstandards der Prüfenden. Zum anderen wird der Informationsgehalt des Zertifikates durch die Qualität der Zertifizierungsnormen (insbesondere der Qualität der DIN EN ISO-Normen) wesentlich beeinflusst. Diesbezüglich ist auf die Vollständigkeit, die Relevanz, die Präzision und die Wirksamkeit der Normen zu verweisen (Bretzke 2000, S. 590ff.). Zum Nachweis ihrer Kompetenz und damit zur Dokumentation der Qualität der Prüfung beantragen Zertifizierungsstellen oftmals eine Anerkennung durch eine Dachorganisation – die so genannte Akkreditierung. Zu diesem Zweck erbringen die Zertifizierungsinstitutionen eine Prüfung gemäß den Normen der Reihe EN 45000, die von der „Trägergemeinschaft für Akkreditierung“ (TGA) innerhalb des „Deutschen Akkreditierungsrates“ (DAR) abgenommen wird. Die TGA erstellt sodann die Akkreditierungsurkunden für die geprüften Zertifizierungsinstitutionen, die ihnen dann als Nachweis der Kompetenz dienen. In Schaubild 11-3 ist beispielhaft die Akkreditierungsurkunde der Deutschen Gesellschaft zur Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen (DQS) abgebildet. Damit die nationalen Zertifikate auch länderübergreifend anerkannt werden, bemühen sich Organisationen, wie z. B. die „European Organization for Testing and Certification” (EOTC), um eine Harmonisierung der länderspezifischen Normen. Diese sind beispielsweise in den European „Criteria for Certification Bodies Operating Quality System Certification“ (EN 45012) oder den „International Guidelines for Auditing Quality Systems and Qualification of Auditors“ (ISO 10011) manifestiert (Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1995). Die akkreditierten und auch die nicht anerkannten Zertifizierungsinstitutionen unterscheiden sich darüber hinaus anhand diverser Kriterien. Der Grad der nationalen und internationalen Anerkennung ist ebenso ein bedeutendes Differenzierungsmerkmal wie der Umfang der angebotenen Dienstleistungen und die
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• …nach der Kompetenz der Zertifizierungsstelle
• Harmonisierung der länderspezifischen Normen
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11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
Schaubild 11-3: Akkreditierungsurkunde der DQS – Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen mbH
11.3 Prozess der Zertifizierung
393
Schnelligkeit der Durchführung der Zertifizierung. Die Entscheidung über die Wahl der Zertifizierungsstelle ist daher von diesen Kriterien abhängig zu machen. Wird ein Zertifikat insbesondere für die Kunden-Lieferanten-Beziehung benötigt, ist es ebenfalls möglich, dass der Kunde des Dienstleisters die Zertifizierung bei einer von ihm bestimmten Institution vorschreibt. 11.3.2 Entscheidung über die Zertifizierungsnorm Ebenso wie die Auswahl der Zertifizierungsstelle ist die entsprechende Zertifizierungsgrundlage in Form der Bestimmung der zu erfüllenden Qualitätssicherungsnormen festzuschreiben. Dies waren bisher i. d. R. die Normen ISO 9001 bis 9004, die unverändert in die Europäischen (EN 29001 bis 29004) und Deutschen Normen (DIN 9001 bis 9004) übernommen wurden (Haist/ Fromm 2002, S. 21ff.). Die bisherigen Normen ISO 8402, ISO 9000, ISO 9001, ISO 9002, ISO 9003 und ISO 9004 (Ausgabe 1994) wurden auf der Grundlage umfangreicher Befragungen im Jahr 2000 überarbeitet und im Dezember 2000 durch die folgenden Normen ersetzt (vgl. Schaubild 11-4):
Normenreihe ISO 9000ff. (Ausgabe 1994)
Normenreihe ISO 9000ff. (Ausgabe 2000)
ISO 8402 und ISO 9000–1
ISO 9000
ISO 9000–2, ISO 9001, ISO 9002 und ISO 9003
ISO 9001
ISO 9004–1
ISO 9004
Ergänzender Auditleitfaden ISO 10011 (Ausgabe 1992)
ISO 190011 Quelle: DQS 2000
Schaubild11-4: Vergleich der alten und neuen Normenreihe ISO 9000ff.
• Revision der Normenreihe ISO 9001 bis 9004
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11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
5 ISO 9000 : 2000 (Qualitätsmanagementsysteme –
Grundlagen und Begriffe), 5 ISO 9001 : 2000 (Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen), 5 ISO 9004 : 2000 (Qualitätsmanagementsysteme – Leitfaden zur Leistungsverbesserung). • Vergleich der alten und neuen Normenreihe ISO 9000ff.
• Flexibilität der neuen ISO-Norm
• Anforderungen an ein Qualitätsmanagement
In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass ISO 9001 : 2000 nicht nur ISO 9001 : 1994, sondern auch ISO 9002 : 1994 und ISO 9003 : 1994 ersetzt, d. h., sämtliche Organisationen werden ausschließlich nach ISO 9001: 2000 zertifiziert. Um den unterschiedlichen Anforderungen der jeweiligen Organisation gerecht zu werden, lässt die Norm einen breiten Interpretationsspielraum für die Anwender zu. Häufig wird die Norm durch Begriffe wie „angemessen“, „wenn nötig“, „wo anwendbar“ usw. flexibel gestaltet (Schlüter/Dunkhorst 2000). Die in der Organisation für die Zertifizierung Verantwortlichen haben eigenständig einzuschätzen, welche Anforderungen der neuen Norm speziell auf ihre Organisation anwendbar sind und inwieweit das bestehende Qualitätsmanagementsystem diesen Forderungen gerecht wird. Lassen sich einzelne Anforderungen nicht auf die Organisation oder deren Produkte übertragen, so dürfen diese – sofern sie unter die „zulässigen Ausschlüsse“ fallen – ausgeschlossen werden. Erfordern beispielsweise die Dienstleistungen keine Entwicklungsarbeit, so können diese Anforderungen gestrichen werden (DQS 2002). Die Norm ISO 9001 : 2000 legt die in Schaubild 11-5 überblicksartig dargestellten Anforderungen an ein Qualitätsmanagement fest. Die Norm ist anwendbar, wenn eine Organisation 5 das Vertrauen ihrer Kunden, Lieferanten usw. gewin-
nen will, dass ihre Anforderungen an das Produkt erfüllt werden und die Organisation fähig ist, ständig fehlerfreie Produkte bereitzustellen, 5 danach strebt, die Kundenzufriedenheit durch effektive Anwendung des Systems zu erhöhen, einschließlich der Prozesse zur ständigen Verbesserung des
11.3 Prozess der Zertifizierung
395
ISO 9001:2000
Allgemeine Forderungen QM-System muss der Norm 9001:2000 entsprechen. Anwenden der acht Grundsätze des Qualitätsmanagements Prozesse festlegen und ausführen, die notwendig sind, dass das Produkt den Kundenanforderungen entspricht.
Verantwortung der Leitung
Management der Mittel
Messung, Analyse und Verbesserung
Produktrealisierung
Kundenforderungen
Personal
Kundenbezogene
Gesetzliche Anforderungen
Information
Prozesse
Messung und Überwachung
Infrastruktur
Beschaffung
Lenkung von Fehlern
Qualitätspolitik
Arbeitsumgebung
Produktion und Dienstleistungserbringung
Datenanalyse zur Verbesserung
Planung QM-System QM-Bewertung
Verbesserung
Prüfmittelüberwachung
QM-Verfahren ausarbeiten, die die erforderlichen Tätigkeiten zur Einführung des QMS beschreiben und die Abfolge und Wechselwirkungen von Prozessen beschreiben, die zur Erreichung fehlerfreier Produkte erforderlich sind. Quelle: Zollondz 2002, S. 257
Schaubild 11-5: Forderungen an ein Qualitätsmanagementsystem
Systems und der Zusicherung der Einhaltung der Kunden- und behördlichen Anforderungen. In die Normenreihe integriert, ist die Begriffsnorm ISO 9000, die als Ersatz für die frühere ISO 8402 eingeführt wurde und die grundlegenden Begrifflichkeiten zum Thema Qualitätsmanagement beinhaltet sowie die ergänzende Norm ISO 190011:2002, in der aufgezeigt wird, wie die Auditierung bzw. Zertifizierung abläuft (Zollondz 2002). Weiterhin wurde die ISO 9004 : 2000 als Leitfaden zur Optimierung der Gesamtleistung und Effizienz des Unternehmens im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses umgesetzt (einen Überblick über die revidierten Normbausteine gibt Schaubild 11-6). Um deren Anwendung zu erleichtern, ist diese konsistent zur ISO 9001 gestaltet. Es wird daher auch von einem konsistenten Normenpaar gesprochen. Die ISO 9004 : 2000 hilft den Unternehmen dabei, sämtliche relevanten Prozesse der gesamten Organisation zu verbessern und somit den Weg zur Business Excellence zu erleichtern. Damit geht der Fokus der revidierten ISO 9004 über die Forderungen der ISO 9001 : 2000 hinaus, indem nicht nur auf die Produktqualität, sondern auf
• Begriffsnorm ISO 9000 • Ergänzende Norm ISO 190011 • ISO 9004 als Leitfaden
• Konsistentes Normenpaar
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11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
ISO 9000: 2000-12 Grundlagen und Begriffe Eingeteilt in zehn Sachgruppen: 1. Qualitätsbezogen 2. Managementbezogen 3. Organisationsbezogen 4. Prozess- und produktbezogen 5. Merkmalsbezogen 6. Forderungsbezogen 7. Dokumentationsbezogen 8. Untersuchungsbezogen 9. Auditbezogen 10. Messprozessbezogen
ISO 9001: 2000-12 Forderungen an das QMS
ISO 9004: 2000 -12 Leitlinien zur Wirkungsverbesserung
Eingeteilt in fünf Abschnitten: 1. Allgemeine Forderungen 2. Verantwortung der Leitung 3. Management von Ressourcen 4. Produktrealisierung 5. Messung, Analyse und Verbesserung
QMSystem
ISO 19011:2002-X Leitfaden für Audits von QM-und/oder UM-Systemen Zur Zeit im Entwurfstadium, wird die ISO 10011:1992 ersetzen.
Es handelt sich um einen Leitfaden zum Übertreffen der Forderungen der ISO 9001 im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung. Er ist nicht für Zertifizierungs- und Vertragszwecke bestimmt. Zusammen mit der ISO 9001 handelt es sich um ein konsistentes Paar von Normen zum QMS. Die ISO 9004 erweitert den Zielbereich der ISO 9001. Sie stellt der obersten Leitung das hohe Ziel, mit der Absicht zur kontinuierlichen Verbesserung weiter als lediglich zum Führen der Realisierungsprozesse zu gehen.
Quelle: Zollondz 2002, S. 253
Schaubild 11-6: Systembausteine der DIN EN ISO 9000ff.
• Inhalte der Normenreihe
• Acht Grundsätze des Qualitätsmanagements
die Qualitätsorientierung des gesamten Unternehmens Bezug genommen wird. Mit einem Qualitätsmanagementsystem, das sich ausschließlich auf die Implementierung der ISO 9001-Standards beschränkt, ist das Ziel der Business Excellence nicht zu erreichen – so ist in der überarbeiteten Normenreihe explizit formuliert: „ISO 9004 gibt Anleitungen für einen im Vergleich zur ISO 9001 erweiterten Bereich von Zielen eines Qualitätsmanagementsystems, um insbesondere die Gesamtleistung, Effizienz und Wirksamkeit einer Organisation ständig zu verbessern“ (ISO 9004 : 2000; DQS 2002). Da die Umsetzung der Forderungen der ISO 9004 : 2000 nicht durch Dritte überprüft wird (es handelt sich nicht um eine Zertifizierungsnorm), enthalten die Anhänge Leitfäden zur Selbstbewertung durch das Unternehmen. Das für die Revision der ISO 9000 zuständige ISO/TC 176/SC 2 hat folgende acht Grundsätze des Qualitätsmanagements
11.3 Prozess der Zertifizierung
identifiziert, die der revidierten Normenreihe zugrunde liegen und in der ISO 9004 : 2000 enthalten sind: 5 Kundenorientierte Organisation: Organisationen hängen von ihren Kunden ab und haben daher die jetzigen und künftigen Erfordernisse der Kunden zu verstehen, Kundenforderungen erfüllen und danach streben, die Erwartungen ihrer Kunden zu übertreffen. 5 Führung: Führungskräfte legen die einheitliche Zielsetzung, die Richtung und das interne Umfeld der Organisation fest. Sie schaffen die Umgebung, in der Mitarbeiter sich voll und ganz für die Erreichung der Ziele der Organisation einsetzen. 5 Einbeziehung der Mitarbeiter: Mitarbeiter machen auf allen Ebenen das Wesen einer Organisation aus und ihre vollständige Einbeziehung gestattet die Nutzung ihrer Fähigkeiten zum Nutzen der Organisation. 5 Prozessorientierter Ansatz: Das gewünschte Ergebnis lässt sich auf effizientere Weise erreichen, wenn zusammengehörige Mittel und Tätigkeiten als ein Prozess geleitet werden. 5 Systemorientierter Managementansatz: Das Erkennen, Verstehen und Führen eines Systems miteinander in Wechselbeziehung stehender Prozesse für ein gegebenes Ziel trägt zur Wirksamkeit und Effizienz der Organisation bei. 5 Ständige Verbesserung: Ständige Verbesserung ist ein permanentes Ziel der Organisation. 5 Sachlicher Ansatz zur Entscheidungsfindung: Wirksame Entscheidungen beruhen auf der logischen und intuitiven Analyse von Daten und Informationen. 5 Lieferantenbeziehungen zum gegenseitigen Nutzen: Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen zwischen der Organisation und ihren Lieferanten fördern die Fähigkeit beider Organisationen, Werte zu schaffen. Hauptanliegen bei der Neugestaltung der Normenreihe war es, den Bedürfnissen der Unternehmenspraxis gerecht zu werden. Das alte Normenwerk war zum einen durch viele Ergänzungen und Erweiterungen sehr um-
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11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
• Änderungen im Rahmen der ISORevision
fangreich und damit schwer überschaubar geworden, was dazu geführt hatte, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen einen hohen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei der Umsetzung hatten. Zum anderen bilden die der ISO 9000ff. (1994) zugrunde liegenden, relativ statischen 20 Qualitätselemente die betrieblichen Abläufe nicht realistisch genug ab. Darüber hinaus schreiben die ISO-Richtlinien eine Überarbeitung der Normen in regelmäßigen Abständen vor, um so sicherzustellen, dass die Aktualität und die Zweckmäßigkeit weiterhin gegeben sind (DQS 2002). Deswegen wurden die folgenden wesentlichen Änderungen im Rahmen der ISO-Revision vorgenommen (Schlüter/ Dunkhorst 2000; DQS 2002; Zahner 2001; Graichen 2001): 5 Die 20 Qualitätselemente der bisherigen Norm wur-
den durch eine prozessorientierte Sichtweise ersetzt. Im Kern geht es für die Unternehmen darum, die wesentlichen, wertschöpfenden Prozesse des Unternehmens zu identifizieren und zuverlässig zu steuern. Somit wird der Individualität der unternehmensspezifischen Qualitätsmanagementsysteme Rechnung getragen. Das Zugrundelegen einer prozessorientierten Struktur ist sicherlich eine der weitreichendsten Änderungen im Rahmen der Normrevision. Grafisch dargestellt wird die Prozessorientierung in der Forderungsnorm ISO 9001 anhand des in Schaubild 11-7 wiedergegeben Prozessmodells. Im zugehörigen Normtext wird das Modell wie folgt erläutert: „In einem wirksamen QM-System werden Prozesse und die zugehörigen Verantwortlichkeiten, Verfahren und Mittel einheitlich festgelegt und geführt. Das QM-System erfordert eine Koordinierung und Kompatibilität seiner Prozesskomponenten sowie eine Definition ihrer Schnittstellen. Die wechselseitigen Abhängigkeiten einer Organisation sind oft komplex und ergeben ein Netzwerk von Prozessen. Es ist dabei wichtig, die wertschöpfende Hauptprozesskette hervorzuheben und anzugeben, welchen Einfluss die einzelnen Prozesse auf die Fähigkeiten haben,
11.3 Prozess der Zertifizierung
399
Kontinuierliche Verbesserung des Qualitätsmanagementsystems
Messung, Analyse und Verbesserung
Ressourcenmanagement
Verwirklichung des Produktes/ der Dienstleistung Vorgaben
Prozess
Zufriedenheit
K U N D E
Forderungen
Verantwortung der Leitung
K U N D E
Ergebnisse Produkt/ Dienstleistung
Wertschöpfung
Information Quelle: Zollondz 2002, S. 217
Schaubild 11-7: Prozessmodell der Normenreihe ISO-9000ff.
die Kundenforderungen für das Produkt zu erfüllen“ (Zollondz 2002, S. 217f.). 5 Die sprachlichen Formulierungen der überarbeiteten Normenreihe sind allgemein verständlicher und somit auch für kleine und mittlere Unternehmen leichter anwendbar. 5 Die Dokumentation ist vereinfacht und orientiert sich an den Prozessvorgaben und -ergebnissen. 5 Der Aufbau von ISO 9001 und ISO 9004 ist strukturell einheitlich gehalten, um die Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements in Richtung Business Excellence zu erleichtern. 5 Die Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit wird als zentrale Forderung mit in die neue Norm eingebracht. 5 Die Verpflichtung zur kontinuierlichen Verbesserung ist in die Qualitätspolitik des Unternehmens aufzunehmen.
400
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
5 Neben dem Primat der Kundenorientierung werden
zusätzlich die Bedürfnisse und der Nutzen aller am Unternehmen interessierten Kreise mit berücksichtigt. • Übergangsregelung
Für die Anwendung der neuen Normenreihe bestand eine Übergangsregelung, nach der akkreditierte Zertifizierer keine Zertifikate nach der künftigen DIN EN ISO 9001 ausstellen durften, bevor diese als Norm erschienen war (Zollondz 2001, S. 1183f.). Zertifikate, die nach DIN EN ISO 9001 : 1994, DIN EN ISO 9002 : 1994 oder DIN EN ISO 9003 : 1994 ausgestellt sind, hatten eine maximale Gültigkeitsdauer von drei Jahren nach Veröffentlichung der Internationalen Norm ISO 9001 : 2000. Seit Ablauf der Drei-Jahresfrist werden nur noch Zertifikate nach der neuen DIN EN ISO 9001 vergeben, auch für jene Organisationen, die bisher nach DIN EN ISO 9002 : 1994, DIN EN ISO 9003 : 1994 zertifiziert waren. 11.3.3 Vorbereitung einer Zertifizierung
• Vorbereitung auf eine Zertifizierung
• Zeitplan
• Exemplarisches Zertifizierungsprojekt der WinterthurVersicherungen
Um ein Dienstleistungsunternehmen in den Zustand zu versetzen, die Zertifizierungsnormen erfüllen zu können, gilt es zunächst, ein Qualitätsmanagement im Unternehmen zu initiieren bzw. das bestehende Qualitätsmanagement zu verfeinern. Hierzu können die in Kapitel 8 beschriebenen Maßnahmen im Rahmen des Regelkreises des Qualitätsmanagements eingesetzt werden. Wenn ein Dienstleistungsunternehmen eine Zertifizierung seines Qualitätsmanagements anstrebt und sich der zur Erfüllung der Zertifizierungsnormen einzuleitenden Maßnahmen bewusst ist, ist es sinnvoll, die geplante Vorgehensweise im Rahmen des Zertifizierungsvorhabens in einem Zeitplan festzuhalten, um die sukzessiv bzw. parallel durchzuführenden Schritte systematisch abarbeiten zu können. In Beispiel 11-1 wird anhand des Zertifizierungsprojektes SPIRIT der Winterthur-Versicherungen aufgezeigt werden, wie ein solcher Zeitplan bis hin zur Zertifizierung aussehen kann.
11.3 Prozess der Zertifizierung
401
Beispiel 11-1: Zertifizierungsprojekt „SPIRIT“ der Winterthur-Versicherungen Die einzelnen Schritte des Zertifizierungsprojektes SPIRIT der Winterthur-Versicherungen sind in sechs Phasen eingeteilt, deren Durchführung bis zur abschließenden Zertifizierung einen Zeitraum von ca. zweieinhalb Jahren beanspruchte (Kuhn 1996, S. 166ff.; vgl. Schaubild 11-8):
• Beispiel für ein Zertifizierungsprojekt
(1) Lancierung des Projektes SPIRIT In einem ersten Schritt wurden alle Mitarbeiter durch einen persönlichen Brief des Abteilungsleiters über das Projekt SPIRIT und die Bedeutung der Kundenorientierung für das Unternehmen informiert. Wenig später wurden alle Mitarbeiter mittels
1994
1995
1996
1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Quartal Sensibilisierung
Schritte auf dem Weg zur Zertifizierung
Entwicklung der Qualitätssicherung Vertiefung Vorbereitung der QualitätsWorkshops Durchführung der QualitätsWorkshops Anmeldung zur Zertifizierung Abgabe der Dokumente Voraudit Zertifizierung
Quelle: Kuhn 1996, S. 168
Schaubild 11-8: Zeitplan des Zertifizierungsprojektes SPIRIT der Winterthur-Versicherungen
402
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
eines Referats über die konkreten Themen des Projektes aufgeklärt: − − − − −
Kundenorientierung der Winterthur, Einführung des internen Kunden-Prinzips, Veränderungen im Konsumentenverhalten, Bedeutung der Dienstleistungsqualität, Instrumente des Qualitätsmanagements.
(2) Entwicklung der Qualitätspolitik Im Rahmen dieser Phase ging es in Workshops der Führungsebene darum, sich über die Bedeutung der Qualität für den Unternehmenserfolg bewusst zu werden und allen Mitarbeitern vorzuleben, was Qualität bedeutet. Die Qualitätspolitik konkretisiert
Verfügbarkeit Geschwindigkeit
Glaubwürdigkeit der Führung Freundlichkeit und Erscheinungsbild
Professionalität
Qualitätsgrundsätze der WinterthurVersicherungen Kundenbezogenheit und Beweglichkeit
Fehler als Chance
Verlässlichkeit und Geschäftsmoral
Kommunikation
Quelle: Kuhn 1996, S. 171
Schaubild 11-9: Qualitätsgrundsätze der Winterthur-Versicherungen
11.3 Prozess der Zertifizierung
sich in neun Grundsätzen, die in Schaubild 11-9 dargestellt sind. (3) Entwicklung des Vertiefungskonzeptes Im Rahmen dieser Phase galt es, die in Schritt 2 konzipierte Qualitätspolitik der Winterthur-Versicherung im Unternehmen umzusetzen. Dabei wurde primär die Realisierung folgender Ziele angestrebt: − Auslösen von Verhaltensänderungen, − Verinnerlichung der Qualitätspolitik, − Umsetzung der Qualitätspolitik in der täglichen
Arbeit, − Schaffen eines Bewusstseins der stetigen Quali-
tätsverbesserung. Außerdem wurden in dem Konzept die beiden Eckpfeiler des Winterthur-Qualitätsmanagements festgelegt, die in der Steuerung des qualitätsorientierten Verhaltens der Mitarbeiter und in der Definition und Kontrolle von Qualitätsvorgaben bestehen. (4) Vorbereitung von Qualitäts-Workshops Zur Vorbereitung der mit allen Mitarbeitern durchzuführenden Qualitäts-Workshops wurden zunächst Workshops mit der Geschäftsleitung durchgeführt. Bei diesen handelte es sich nicht um InstruktionsWorkshops, vielmehr wurden mit den Mitgliedern der Führungsebene die gleichen Workshops in die Tat umgesetzt, die letztere später mit allen Mitarbeitern zu veranstalten hatten. (5) Durchführung der Qualitäts-Workshops Die mit allen Mitarbeitern durchgeführten Qualitäts-Workshops wurden von jeweils ein bis zwei Mitgliedern der Geschäftsführung geleitet. Die Teilnehmer eines Workshops bestanden jeweils aus den Mitgliedern einer Organisationseinheit. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltungen standen Gruppenarbeiten, in denen drei zentrale Aufgabenstellungen behandelt wurden:
403
404
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
− Identifizierung der konkret erstellten Leistungen
und der jeweiligen Kunden, − Identifizierung der zur Leistungserstellung benötigten (Vor-)Leistungen und der „Lieferanten“ letzterer, − Einzelleistungsspezifische Konkretisierung der Qualitätspolitik und Formulierung von Qualitätsversprechen. (6) Anmeldung zur Zertifizierung Nach der Durchführung der Qualitäts-Workshops, in denen das Qualitätsmanagement der WinterthurVersicherungen konkretisiert wurde, begann die eigentliche Vorbereitung auf die Zertifizierung, die im Laufe des Jahres 1996 abgeschlossen wurde. (Quelle: Kuhn 1996, S. 169) 11.3.4 Ablauf der Zertifizierung • Ablauf der Zertifizierung …
Der Ablauf der Zertifizierung ist in fünf Phasen gegliedert: (1) Information und Voraudit, (2) Dokumentationsprüfung, (3) Zertifizierungsaudit, (4) Korrekturmaßnahmen und Zertifizierungsdokumentation, (5) Überwachungsaudits. (1) Information und Voraudit Nach der Auswahl der Zertifizierungsstelle, der Zertifizierungsnorm, der Festlegung des Unternehmensbereiches und den Vorgesprächen mit der Zertifizierungsinstitution wird ein Vertrag zwischen dem Dienstleistungsunternehmen und der Zertifizierungsstelle geschlossen. Der Umfang der Prüfung, die relevanten Unternehmensbereiche, die zeitliche Inanspruchnahme und die Kosten der Zertifizierung werden darin festgelegt. Nach Vertragsabschluss setzt der eigentliche Zertifizierungsprozess ein, der in verschiedene Abschnitte
11.3 Prozess der Zertifizierung
405
Vertragsabschluss
Beurteilung anhand Fragenliste Projekteröffnungsgespräch
Ggf. Voraudit
Vorlage QM-Handbuch ggf. Vorlage Verfahrens-/Arbeitsanweisungen Beurteilung der QM-Unterlagen Erstellen des Auditprogramms
Audit im Unternehmen Auswertung des Audits
Ggf. Bewertung von Korrekturen Nachaudit, falls erforderlich Nachweis durch Unterlagen
Auditbericht erstellen interne Bewertung des Auditberichtes Zertifikat ausstellen
Überwachungsaudits nach jeweils einem Jahr
Ggf. Re-Zertifizierung nach 3 Jahren Verlängerung des Zertifikates
Information
Voraudit
Dokumentationsprüfung
Zertifizierungsaudit
Bewertung der Korrekturmaßnahmen
Zertifizierungsdokumentation
Überwachungsaudit
Re-Zertifizierung
Quelle: Dr. Adams und Partner 1995
Schaubild 11-10: Ablauf der Zertifizierung
unterteilt ist und in Schaubild 11-10 als Überblick dargestellt wird. In Anschluss an die Vorinformation und den Vertragsabschluss erhält das Dienstleistungsunternehmen eine Kurzfrageliste zur Vorbereitung auf das Qualitätsaudit seitens der Zertifizierungsstelle. Das Unterneh-
• …mittels einer Kurzfrageliste
406
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
• Zweck eines Voraudits
• Dokumentationsprüfung
• Zertifizierungsaudit
men informiert die Zertifizierungsstelle im Rahmen einer formalisierten Selbstauskunft und beantwortet schriftlich die Fragen zur Durchsetzung des Qualitätsmanagements. Anhand der Antworten zu der Kurzfrageliste beurteilt dann die Zertifizierungsstelle, ob das Unternehmen einem Audit unterzogen werden kann. Auf Wunsch können die Ergebnisse in einem Auswertungsgespräch dem Unternehmen mitgeteilt werden, und es besteht die Möglichkeit, ein Voraudit zu erstellen. Das Voraudit ist fakultativ; ohne Nachteile für die eigentliche Zertifizierung besteht die Möglichkeit, die Implementierung des Qualitätsmanagementsystems vorzuprüfen. So ist das Voraudit als eine vertrauensbildende Maßnahme bei paralleler Ermittlung des Ist-Zustandes des Dienstleistungsunternehmens zu verstehen. Das Voraudit gibt Hinweise auf Anwendungsschwächen, jedoch keine konkreten Vorgaben zu Änderungen im Unternehmen (Pärsch 1999, S. 195). (2) Dokumentationsprüfung Die formale Prüfung des Unternehmens beginnt mit der Überreichung der Unternehmensdokumentation über das eingeführte Qualitätsmanagementsystem an die Zertifizierungsstelle. Diese Dokumentation besteht i. d. R. aus einem Qualitätsmanagementhandbuch und eventuell weiteren Verfahrensanweisungen. Diese Qualitätsmanagementdokumente werden zunächst hinsichtlich der Konformität mit den gewählten Normen geprüft. Die Prüfungsergebnisse werden dem Kunden mündlich und schriftlich mitgeteilt, und bei positiver Bewertung wird das Auditprogramm, der Ablauf für das Zertifizierungsaudit, erstellt. Wurden Schwachstellen offengelegt, sind diese vor dem Zertifizierungsaudit zu beheben. Ist die Dokumentationsprüfung negativ ausgefallen und demnach also kein Zertifizierungsaudit zu erwarten, so wird dies dem Unternehmen mitgeteilt und die weitere Vorgehensweise abgestimmt. (3) Zertifizierungsaudit In einem nächsten Schritt findet eine Prüfung der Umsetzung der in den Qualitätsmanagementdokumenten
11.3 Prozess der Zertifizierung
407
dargelegten Maßnahmen im Unternehmen selbst statt. Die Auditoren der Zertifizierungsstelle vergewissern sich, dass die Regeln in der Praxis von den Mitarbeitern des Unternehmens befolgt und eingehalten werden. Das Zertifizierungsaudit gliedert sich i. d. R. in die folgenden fünf Schritte: (a) Einführungsgespräch, (b) Prüfung der Umsetzung des Qualitätsmanagements anhand einer Checkliste, (c) Begehung von Bereichen des Unternehmens, (d) Bewertung der Auditergebnisse durch das Auditteam, (e) Abschlussgespräch.
• Schritte des Zertifizierungsaudit
Die Prüfung erfolgt anhand einer Check- oder Auditfragenliste. Hier wird in für das Unternehmen bedeutende und eher untergeordnete Fragen unterschieden, und die Antworten werden als Auditprotokoll verwendet. Das Audit kann sich über eine Dauer von mehreren Tagen erstrecken. Bei der Zertifizierung der Deutschen Paket Dienst GmbH (DPD) waren z. B. bei sorgfältiger interner Vorbereitung des Zertifizierungsaudits vier Tage zur Besichtigung unterschiedlicher Standorte und zum Einblick in verschiedene Unternehmensbereiche eingeplant (v. Schwamen 1994, S. 189). Die Beurteilung der einzelnen Fragen mündet ebenso wie die Bewertung der Dokumentation in die Ergebnisse: 5 5 5 5
„erfüllt“, „teilweise erfüllt, noch akzeptabel“, „teilweise erfüllt, nicht akzeptabel“, „nicht erfüllt“.
Auf Grundlage dieser formalen und praktischen Prüfung wird von der Zertifizierungsstelle der Auditbericht verfasst. Hierbei dokumentiert der Auditleiter die festgestellten Übereinstimmungen und Abweichungen des Unternehmens mit der Zertifizierungsnorm. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden in einem abschließenden Gespräch mit der Firmenleitung diskutiert, in dem der
• Auditbericht
408
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
Auditbericht näher erläutert wird. Ebenso werden die im Auditbericht festgestellten Abweichungen und die beabsichtigten Korrekturmaßnahmen des betreffenden Unternehmens erfasst. Die Abweichungen im Fall der DPD GmbH lagen beispielsweise in den Bereichen Musterfreigabe, Lenkung der Dokumente und Bewertung der Transportunternehmer (v. Schwamen 1994, S. 190). • Korrekturmaßnahmen
• Überwachungsaudit
(4) Korrekturmaßnahmen und Zertifizierungsdokumentation Ist das Ergebnis des Zertifizierungsaudits in Teilen des Qualitätsmanagements nicht zufrieden stellend, so sind Korrekturmaßnahmen innerhalb von 30 Tagen durchzuführen. Die Erteilung des Zertifikats seitens der prüfenden Institution setzt die Umsetzung aller notwendigen Korrekturmaßnahmen voraus. Je nach Grad der Abweichung genügt hierfür entweder eine schriftliche Erklärung des Dienstleistungsanbieters, oder es werden umfangreichere Einzelprüfungen bis hin zu einem kompletten Folgeaudit erforderlich. Werden die Korrekturmaßnahmen – sofern diese erforderlich sind – vom Zertifizierer positiv bewertet, wird der Auditbericht erstellt und einer internen, unabhängigen Prüfung unterzogen. Im Anschluss erfolgt die Ausstellung des Zertifikates, in dem die Einzelheiten der Prüfung exakt dokumentiert sind. Das Zertifikat hat i. d. R. eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren unter der Voraussetzung positiver Überwachungsaudits (Gaster 1994, S. 927). Im Fall der zwischenzeitlichen Änderung der Aufbau- oder Ablauforganisation, die Konsequenzen auf das Qualitätsmanagement haben, ist die Zertifizierungsstelle zu informieren, damit ggf. eine Prüfung der weiteren Gültigkeit des Zertifikates durchgeführt werden kann. Beispielhaft werden die Qualitätszertifikate der Deutschen Telekom AG Kundenniederlassung Berlin und des Ingenieurbüros Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH in den Schaubildern 11-11 und 11-12 wiedergegeben. (5) Überwachungsaudits Um sicherzustellen, dass das Qualitätsmanagementsystem auch während der Gültigkeit eines Zertifikates in
11.3 Prozess der Zertifizierung
Schaubild 11-11: Zertifikat der Hapag-Lloyd Container Linie GmbH
409
410
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
Schaubild 11-12: Zertifikat des Ingenieurbüros Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH (Düsseldorf)
11.4 Nutzenwirkungen der Zertifizierung
411
vollem Umfang aufrechterhalten wird, werden im Abstand von einem halben bis einem Jahr so genannte „surveillance visits“ angesetzt. Diese Überwachungsaudits werden mit einem Kurzbericht abgeschlossen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Gültigkeit des Zertifikates nach Ablauf der drei Jahre durch eine erneute vollständige Bewertung des Qualitätsmanagementsystems um weitere drei Jahre zu verlängern (Bretzke 2000, S. 586).
11.4 Nutzenwirkungen der Zertifizierung Die Nutzenwirkungen einer Zertifizierung spiegeln die Realisierung der internen und externen Zielsetzungen wider. Im Hinblick auf die externen Auswirkungen der Zertifizierung ist festzustellen, dass ein Zertifikat dem Kunden des Dienstleistungsunternehmens noch nicht die tatsächliche Einhaltung eines bestimmten Qualitätsstandards für eine spezifische Interaktion garantiert, doch wird oftmals ein Nutzen der Zertifizierung in der Einschränkung der Unsicherheit beim Dienstleistungsnachfrager gesehen. Ein Zertifikat gibt ein ganzes Bündel von Informationen an die Kunden weiter und vereinfacht ihre Informationssuch- und -verarbeitungsprozesse gerade vor dem Hintergrund einer zunehmenden Informationsüberlastung erheblich. Dies gilt umso mehr, als gerade im Dienstleistungssektor der intangible Teil der Leistung von besonderer Bedeutung für die wahrgenommene Dienstleistungsqualität ist. So wird für die Nachfrager von Dienstleistungen die Zertifizierung zu einer erhöhten Transparenz des Angebotes beitragen. Von der Zertifizierung geht ein positiver Werbe- und Imageeffekt aus, auch wenn der werblichen Nutzung des Zertifikates enge Grenzen gesetzt sind, da Hinweise auf eine Zertifizierung nicht in Beziehung zu einzelnen Leistungen gebracht oder in einer Weise verwendet werden dürfen, die nahe legt, dass sich das Zertifikat auf eine bestimmte Leistung bezieht (Rothery 1991, S. 112). Im Hinblick auf die qualitative Nutzenbe-
• Nutzenwirkungen
• Externe Nutzenwirkungen
412
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
• Interne Nutzenwirkungen
wertung der Zertifizierung ist ein Marketingnutzen zu verzeichnen im Sinne der Erlangung von Wettbewerbsvorteilen und der Vermeidung von potenziellen Wettbewerbsnachteilen. Die Zertifizierung stellt für den betreffenden Dienstleistungsanbieter zumindest so lange einen Wettbewerbsvorteil dar, wie die Wettbewerber entsprechende Zertifikate nicht vorweisen können. In Bezug auf die internen Nutzenwirkungen werden Effizienzsteigerungen und eine Verbesserung der Kosten-Nutzen-Relation direkt in Verbindung mit der Zertifizierung gebracht. Vielfach werden mittel- bis langfristig die Gesamtkosten des Unternehmens gesenkt. In Beispiel 11-2 wird am Fall der Deutschen Paket Dienst GmbH die Ausschöpfung dieser Möglichkeiten in Bezug auf die effizienter durchgeführten Prozesse dargestellt. Beispiel 11-2: Ausschöpfung von Kostensenkungspotenzialen der DPD GmbH Die Deutsche Paket Dienst GmbH konstatierte für den Zertifizierungszeitraum von einem Jahr eine Einsparung der Gesamtkosten in Höhe von 5 Prozent. Mittel- bis langfristig wird die Einsparung auf 10 Prozent geschätzt. Diese ergibt insbesondere aus der − − − −
Reduzierung von Verlusten, Reduzierung von Reklamationen, Reduzierung von Systemfehlern, Steigerung der Produktivität.
(Quelle: v. Schwamen 1994, S. 194) Im Zusammenhang mit einer Zertifizierung sind ebenso eine Steigerung der Mitarbeitermotivation und eine Verbesserung des Qualitätsbewusstseins als bedeutende Faktoren der internen Nutzenwirkung zu nennen. Insbesondere geht von der Aufgabe „Erlangung des Zertifikates“ eine positive Wirkung auf den Teamgeist innerhalb der zertifizierten Bereiche aus. Aufgrund der entstehenden „Aufbruchstimmung“ werden vielfach die Kommunikationsprozesse über Qualitätsfragen intensiviert. Ebenso wird oftmals mittels der Zertifizierung im Unternehmen
11.4 Nutzenwirkungen der Zertifizierung
eine Qualitätsphilosophie geschaffen oder verbessert. In Unternehmen, die ganzheitliche Qualitätskonzepte realisieren, hat die Zertifizierung wesentlich zur Verbesserung der Verankerung dieser Konzepte beigetragen. Die Erfolge des Deutschen Paket Dienstes liegen neben der Schaffung einer Aufbruchstimmung, Verbesserung der Kommunikation und einer Know-how-Konzentration vor allem in den nicht kapitalorientierten Werten der Erweiterung von Handlungsspielräumen für die Mitarbeiter, der Entstehung eines Qualitätsbewusstseins und in der Motivation sowie dem Teamgeist des Gesamtunternehmens (v. Schwamen 1994, S. 190ff.). Hinsichtlich der Nutzenwirkungen einer Zertifizierung werden außerdem die Resultate dreier empirischer Untersuchungen vorgestellt, die sich auf diese Fragestellungen beziehen. Bei einem Großteil der befragten Unternehmen handelt es sich zwar um sachgüterproduzierende Unternehmen, die genannten Auswirkungen erscheinen jedoch für Dienstleistungsunternehmen ebenso gegeben zu sein. Eine empirische Untersuchung von Specht/Schenk ergab, dass die von ihnen befragten Unternehmen folgende Auswirkungen einer Zertifizierung sehen (Specht/ Schenk 1995, S. 63): 5 Möglichkeit der Umsetzung bereits lange in Erwä-
gung gezogener Maßnahmen im Rahmen der Vorbereitung auf eine Zertifizierung, 5 Initialzündung für eine Steigerung des Qualitätsbewusstseins im Unternehmen, 5 Problementdeckung und -behebung, 5 Effizienzverbesserung der Aufbau- und Ablauforganisation durch eine spezifischere Verteilung von Verantwortung, 5 Vermeidung von Doppelarbeiten, 5 Prozessoptimierungen, 5 Neukundengewinnung durch Wettbewerbsvorteile, 5 Steigerung der Kundenbindung. Eine Untersuchung von Homburg/Becker hatte zum Ergebnis, dass als interne Auswirkungen die Erreichung
413
• Empirische Untersuchungen bezüglich der Nutzenwirkungen
414
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
vereinheitlichter Abläufe (diese Wirkung gaben 87,5 Prozent der befragten Unternehmen an) und die Verbesserung des Betriebsklimas (37,5 Prozent) sowie als externe Wirkung ein verbessertes Qualitätsimage (77,5 Prozent) im Mittelpunkt stehen (Homburg/Becker 1996). Schaubild 11-13 gibt einen Überblick über die Untersuchungsergebnisse hinsichtlich der positiven Auswirkungen einer Zertifizierung. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine dritte Studie, die von Vloeberghs/Bellens bei belgischen Unternehmen durchgeführt wurde (Vloeberghs/Bellens 1996, S. 209). Die befragten Unternehmen gaben zum größten Teil an, dass bei externen Nutzenwirkungen einer Zertifizierung die Steigerung des Vertrauens der Kunden im Vordergrund steht. Hinsichtlich interner Nutzenwir-
• Positive Nutzenwirkungen
in % (Anteil der Nennung durch die befragten Unternehmen; Mehrfachantworten möglich)
100 87,5 80
77,5
60
40
37,5
35,0 30,0
20
17,5
15,0 7,5
Senken der Durchlaufzeiten
Kostenreduzierung
Kundengewinnung
Qualitätsverbesserung
Verbesserung des Betriebsklimas
Erhöhung der Kundenorientierung
Imageverbesserung
Vereinheitlichte Abläufe
0
Quelle: Homburg/Becker 1996, S. 449
Schaubild 11-13: Nutzenwirkungen einer Zertifizierung
11.4 Nutzenwirkungen der Zertifizierung
kungen gab die Mehrzahl der Befragten der Verbesserung interner qualitätsbezogener Leistungsprozesse besonderes Gewicht. Zusammenfassend ist diesbezüglich festzustellen, dass die Erreichung der Zertifizierungsziele im Hinblick auf interne Wirkungen einen allgemein höheren Erfüllungsgrad aufweist. Im Vergleich dazu fällt die Erfüllung von Anforderungen hinsichtlich der externen Wirkungen geringer aus. Lediglich für den jeweils Branchenersten bietet die Zertifizierung eine Chance zur Erzielung einer signifikanten Außenwirkung. Der wesentliche Wert eines eingeleiteten Qualitätsprozesses liegt vor allem in der nachweisbar gestiegenen Kundenzufriedenheit und Mitarbeitermotivation, denn darin bestehen schließlich die bedeutenden wirtschaftlichen und sozialen Erfolgspotenziale eines Dienstleistungsunternehmens (Stauss 1994, S. 19). In diesem Zusammenhang ist die erfolgreiche Zertifizierung des versicherungsmedizinischen Kompetenzzentrums der Suva (Schweizerische Unfallversicherungsanstalt) zu nennen. Beispiel 11-3 zeigt hierbei die anfänglichen Problemfelder auf sowie der letztlich resultierende Erfolg. Beispiel 11-3: Versicherungsmedizinisches Kompetenzzentrum mit Zertifizierung Die Suva, der größte Anbieter der (obligatorischen) Unfallversicherung in der Schweiz, betreibt das erste versicherungsmedizinische Kompetenzzentrum der Schweiz mit einem gemäß der ISO-Norm 9001:2000 zertifizierten Managementsystem. Die Versicherungsmedizin spielt bei der Suva eine entscheidende Rolle. Die diesem Bereich angeschlossenen Ärzte vermitteln zwischen der Versicherung und medizinischen Leistungserbringern, sie beraten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und sprechen sich im Schadensfall mit anderen medizinischen Fachleuten ab. Darüber hinaus stehen sie in direktem Kontakt mit erkrankten Patienten bzw. Arbeitnehmern. Die Notwendigkeit der Zertifizierung ergab sich insbesondere aus der heterogenen Abwicklung versicherungstechnischer Prozesse. Außerdem wur-
415
• Erreichung von Zertifizierungszielen
416
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
den vielfach Kundenbedürfnisse der Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Versicherungen und medizinischen Leistungserbringer nicht erfasst sowie Leistungsziele nicht einheitlich und kundenkonform festgelegt. Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses bzw. der Veränderung der internen Prozesse war es oftmals notwendig, Mitarbeiter zu motivieren. „Teilweise waren die Sitzungen technischer Natur – dann gab es Meetings, wo es fast ausschließlich darum ging, die Leute zum Durchhalten und Weitermachen zu motivieren“, beschreibt der Chefarzt des Kompetenzzentrums die Situation. Schließlich sind die Erwartungen an die Zertifizierung dennoch mehr als erfüllt worden, zumal der Nutzen für die Suva insbesondere darin liegt, jetzt über ein System zu verfügen, das den Versicherten Dienstleistungen von gleichbleibender und überprüfbarer Qualität liefert. (Quelle: Piazza 2003, S. 60).
11.5 Kritische Würdigung des Einsatzes der Zertifizierung
• Problemfelder
Im Zusammenhang mit einer Zertifizierung lassen sich zahlreiche Probleme identifizieren, deren Berücksichtigung bei der systematischen Planung und erfolgreichen Durchführung einer Zertifizierung oftmals hilfreich sind. Die potenziellen Schwierigkeiten lassen sich in vier Problemgruppen einteilen, die in Schaubild 11-14 in einer Übersicht dargestellt sind: (1) Zertifizierungsnormbezogene Probleme, (2) Zertifizierungsprozessbezogene Probleme, (3) Unternehmensbezogene Probleme, (4) Branchenbezogene Probleme.
• Zertifizierungsnormbezogene Probleme beziehen sich insbesondere auf …
(1) Zertifizierungsnormbezogene Probleme Die Zertifizierungsnormen ISO 9001 : 2000 betreffend ist zunächst zu kritisieren, dass es sich in der Unternehmenspraxis sicherlich als schwierig erweisen wird, die
417
11.5 Kritische Würdigung des Einsatzes der Zertifizierung…
Problemfelder im Rahmen einer Zertifizierung
Zertifizierungsnormbezogene Probleme
Zertifizierungsprozessbezogene Probleme
Unternehmensbezogene Probleme
Branchenbezogene Probleme
• Starre Rahmenbedingungen • Qualitätsbegriff • Mangelnde Vollständigkeit usw. • Berücksichtigte Unternehmensbereiche • Einbezug der Mitarbeiter
• Kosten • Mangel an Objektivität und Qualität • Keine Trennung von Beratung und Zertifizierung • Ermessensspielräume
• Mangel an Mitarbeitermotivation • Organisatorische Probleme • Gefahr einer Demotivation
• Druck zur Zertifizierung • Externe Zertifizierungsmotivation
Schaubild 11-14: Problemfelder im Rahmen der Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
wesentlichen Prozesse für jede Organisation zu identifizieren, wie es von der Norm gefordert wird. Jedes Unternehmen verfügt über eine Vielzahl von Prozessen, die es im Hinblick auf die Relevanz für die Erreichung der Kundenzufriedenheit und der übergeordneten Unternehmensziele zu analysieren gilt. Als besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang sicherlich die Bestimmung der Wechselwirkung zwischen den einzelnen Prozessen einzustufen. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Festlegung von Qualitätszielen. Einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen zufolge, hatten mehr als 50 Prozent der zertifizierten Unternehmen erhebliche Probleme bei der Festlegung messbarer Qualitätsziele (DQS 2002). Entsprechend resultieren auch Schwierigkeiten, Ansatzpunkte zur Verbesserung der Wirksamkeit des Qualitätsmanagements zu finden und eine kontinuierliche Verbesserung zu garantieren. Ferner wurden in die revidierte Norm keinerlei Forderungen in Bezug auf die Mitarbeiterorientierung aufgenommen (Graichen 2001). Ohne zufriedene und mo-
• …Identifizierung der relevanten Prozesse • …Bestimmung der Wechselwirkung zwischen den einzelnen Prozessen • …Festlegung messbarer Qualitätsziele
• …fehlende Mitarbeiterorientierung
418
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
tivierte Mitarbeiter wird jedoch das in der Norm explizit formulierte Ziel der Kundenzufriedenheit nur schwerlich zu erreichen sein. • Zertifizierungsprozessbezogene Probleme umfassen… • …Kosten
• …mangelnde Objektivität und Qualität der Prüfung
• Unternehmensbezogene Probleme umfassen…
• …Motivationsprobleme
• …organisatorische Probleme
(2) Zertifizierungsprozessbezogene Probleme Eine weitere Gruppe von Problemen im Zusammenhang mit einer Zertifizierung betrifft Aspekte, die mit dem Zertifizierungsprozess in Verbindung stehen. Diesbezüglich sind an erster Stelle die Kosten der Zertifizier ung zu nennen, die zusammen mit den übrigen Kosten des Qualitätsmanagements den realisierbaren Kostensenkungspotenzialen und Ertragssteigerungen aufgrund der Zertifizierung gegenüberzustellen sind. Weitere Schwachstellen in diesem Bereich betreffen die Zertifizierungsunternehmen. Zunächst wird eine Zertifizierung mehr und mehr zu einem kommerziellen Vorgang, so dass in manchen Fällen mangelnde Objektivität und Qualität im Rahmen des Zertifizierungsvorgangs zu befürchten sind. Außerdem existiert keine Vorschrift der Trennung von Beratungs- und Zertifizierungsleistungen, so dass bei Unternehmen, die sowohl beraten als auch zertifizieren, oftmals die Gefahr mangelnder Objektivität der Prüfung besteht. Schließlich sind große Ermessensspielräume für die Zertifizierungsunternehmen im Rahmen ihrer Prüfungen anzumerken (Homburg/Becker 1996). (3) Unternehmensbezogene Probleme Zur dritten Gruppe von Problemen im Rahmen einer Zertifizierung sind solche Argumente zu zählen, die innerhalb des zu zertifizierenden Unternehmens anzutreffen sind. Die Untersuchung von Homburg/Becker ergab, dass ein Großteil der befragten Unternehmen sich über die mangelnde Motivation der Mitarbeiter bei den Zertifizierungsvorbereitungen beklagte. Weitere von den Unternehmen angesprochene Problemfelder betreffen organisatorische Probleme, wie die unklare Aufgabenverteilung, interne Kommunikationsschwierigkeiten und Probleme bei der Zusammenarbeit mit dem Zertifizierungsunternehmen (Homburg/Becker 1996).
11.5 Kritische Würdigung des Einsatzes der Zertifizierung…
419
Weiterhin ist aus unternehmensinterner Perspektive anzumerken, dass sich die durch ein Zertifizierungsvorhaben induzierte Mitarbeitermotivation meist auf die Anfangsphase des Zertifizierungsprozesses bezieht, und ein Abflachen oder gar eine Demotivation, insbesondere bei einer nicht erfolgreichen Zertifizierung, zu erwarten sind. (4) Branchenbezogene Probleme Betrachtet man die Branche des zu zertifizierenden Unternehmens, ist ein Schwachpunkt anzuführen, der mit der Glaubwürdigkeit der Zertifizierung im Zusammenhang steht. Ist die Zertifizierung innerhalb einer Branche einmal etabliert, entsteht für die Wettbewerber in manchen Fällen ein gewisser Druck zur Zertifizierung, die sodann vielfach als Standard interpretiert wird. In-
in % (Anteil der Nennung durch die befragten Unternehmen; Mehrfachantworten möglich)
80 67,5
65,0
60
57,5
40
22,5 20
Reaktion auf Konkurrenzverhalten
Erhoffen eines Wettbewerbsvorsprungs
Kundenverlangen
Dokumentation der Qualitätsfähigkeit
0
Quelle: Homburg/Becker 1996, S. 449
Schaubild 11-15: Beweggründe für eine Zertifizierung
• Branchenbezogene Probleme betreffen vor allem…
• …Druck zur Zertifizierung
420
11 Auditing und Zertifizierung von Dienstleistungsunternehmen
• Rein externe Zertifizierungsmotivation
sofern ist die Erweiterung des potenziellen Kundenkreises sowie die Förderung und Erleichterung der Geschäftsprozesse in Frage zu stellen. Ebenso sind Qualitätszertifikate allein noch kein Beweis für eine ausreichende Unternehmensorganisation, und rechtliche Vorwürfe im Falle groben Organisationsverschuldens im Einzelfall werden hierdurch nicht entkräftigt (o.V. 1995b, S. 7). In diesem Zusammenhang ist auf die zu einem großen Teil gegebene externe Motivation zu einer Zertifizierung zu verweisen. Schaubild 11-15 zeigt die Beweggründe für eine Zertifizierung, die von Homburg/Beck er erhoben wurden. Wegen der z. T. anzutreffenden rein externen Zertifizierungsmotivation ist in Frage zu stellen, ob die betreffenden Unternehmen sich dem Inhalt der Normen und den eigentlichen Zielen der Zertifizierung bewusst sind (Homburg/Becker 1996). Abschließend ist festzuhalten, dass sich in Bezug auf eine Zertifizierung vielfältige Nutzenwirkungen auf der einen Seiten und verschiedene Probleme auf der anderen Seite gegenüber stehen. Daher ist durch das Dienstleistungsunternehmen im Einzelfall zu prüfen, ob die Zertifizierung ein geeignetes Instrument zur Implementierung des Qualitätsmanagements darstellt.
Teil E Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
12
Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
Im Rahmen eines systematischen Qualitätsmanagements für Dienstleistungen werden Aktivitäten der Analyse, Planung und Umsetzung in Bezug auf die Dienstleistungsqualität durchgeführt, wie in den vorangegangenen Teilen dieses Buches beschrieben wurde. Um dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit eines Dienstleistungsunternehmens Rechnung zu tragen, werden diese Aktivitäten – den traditionellen Managementprozess mit den Phasen Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle (vgl. Kapitel 3) vervollständigend – kontinuierlich einem Qualitätscontrolling unterzogen.
12.1 Begriff und Funktionen des Qualitätscontrolling Der Begriff „Controlling“ wird häufig fälschlicherweise mit der ausschließlichen Kontrolle von Unternehmensaktivitäten gleichgesetzt. Dagegen wird damit vielmehr ein bestimmter Teil der Unternehmensführung charakterisiert, dessen Aufgabe lediglich teilweise in der Kontrolle von Unternehmensaktivitäten besteht. Die übergeordnete Aufgabe des Controlling ist die Koordination des Führungssystems eines Unternehmens (Weber 1990, S. 22f.; Horváth 2002, S. 25f.). Somit wird der Begriff des Qualitätscontrolling folgendermaßen definiert (Bruhn 1998, S. 63):
• Begriff des Qualitätscontrolling
• Definition von
Unter Qualitätscontrolling ist die Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle der Unterstützung und Ko-
Qualitätscontrolling
424
12 Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
ordination qualitätsbezogener Aktivitäten im Hinblick auf eine wirtschaftliche Ausrichtung des Qualitätsmanagements zu verstehen. • Ziele des Qualitätscontrolling • Effektivität
• Effizienz
• Funktionen des Qualitätscontrolling
Ausgehend von dieser Definition stellt die Steigerung der Effektivität und Effizienz des Qualitätsmanagements das Oberziel des Qualitätscontrolling dar (Horváth/Urban 1990, S. 15; Horváth et al. 1994, S. 3). Während unter der Effektivität des Qualitätsmanagements die Leistungserstellung gemäß der Kundenanforderungen zu verstehen ist, betrifft die Effizienz des Qualitätsmanagements die wirtschaftliche Umsetzung entsprechender Qualitätsaktivitäten (Bruhn 1998, S. 64). So sind beispielsweise die Steigerung der Kundenzufriedenheit oder der Kundenorientierung der Mitarbeiter zu den Zielen des Qualitätsmanagements zu rechnen. Dahingegen dient das Qualitätscontrolling der effektiven und effizienten Realisierung dieser Ziele. Um die Sicherstellung der Effektivität und Effizienz des Qualitätsmanagements zu gewährleisten, hat das Qualitätscontrolling vier Funktionen zu erfüllen (Bruhn 1998, S. 71ff.; vgl. Schaubild 12-1): (1) Koordinationsfunktion, (2) Informationsversorgungsfunktion, (3) Planungsfunktion, (4) Kontrollfunktion.
• Koordinationsfunktion
(1) Koordinationsfunktion Die Koordinationsfunktion betrifft die zentrale Aufgabe des Qualitätscontrolling, die verschiedenen qualitätsbezogenen Aktivitäten des Unternehmens aufeinander abzustimmen (Horváth/Urban 1990, S. 12; Tomys 1995, S. 90). Das Erfordernis der Koordination qualitätsbezogener Aktivitäten lässt sich insbesondere auf den Charakter des Qualitätsmanagements als Querschnittsfunktion im Unternehmen zurückführen. Ein Abstimmungsbedarf ergibt sich beispielsweise, weil MitarbeiterderunterschiedlichenHierarchiestufenQualitätsverantwortung tragen. Ferner haben die Aktivitäten sämtlicher Unternehmensbereiche eine Auswirkung
Systeminterne Koordination Horizontale Koordination
Systemexterne Koordination
Vertikale Koordination
Informationsversorgungsfunktion Beschaffung qualitätsrelevanter Informationen außerhalb des Qualitätsmanagements
Verknüpfung sämtlicher qualitätsrelevanter Informationen
12.1 Begriff und Funktionen des Qualitätscontrolling
Schaubild 12-1: Funktionen des Qualitätscontrolling
Koordinationsfunktion
Verdichtung und Kombination der Informationen
Planungsfunktion
Kontrollfunktion
Unterstützung der Planung der Aktivitäten des Qualitätsmanagements
Überprüfung der Qualitätsmaßnahmen im Hinblick auf eine effiziente Umsetzung der Qualitätsstrategie
425
426
12 Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
auf die Qualität der Unternehmensleistungen (Bruhn 1998, S. 72). Ausgehend von diesen Überlegungen können zwei Richtungen der qualitätsbezogenen Koordination differenziert werden (Bruhn 1998, S. 73f.): • Vertikale Koordination • Horizontale Koordination
• Informationsversorgungsfunktion
(a) Durch die vertikale Koordination werden die qualitätsbezogenen Aktivitäten unterschiedlicher Hierarchiestufen aufeinander abgestimmt. (b) Die horizontale Koordination dient der Abstimmung der Qualitätsmaßnahmen zwischen den verschiedenen Unternehmensbereichen. (2) Informationsversorgungsfunktion Im Rahmen des Qualitätsmanagements eines Unternehmens werden zahlreiche qualitätsrelevante Informationen generiert, so dass dem Qualitätscontrolling im Rahmen der Informationsversorgungsfunktion folgende Aufgaben zukommen (Bruhn 1998, S. 74ff.): 5 Verknüpfung der im Rahmen des Qualitätsmanage-
ments generierten Informationen mit weiteren relevanten Informationen (z. B. aus dem Rechnungswesen) (Horváth/Urban 1990, S. 54f.), 5 Verdichtung und Kombination sämtlicher im Unternehmen vorhandener qualitätsbezogener Informationen, 5 Beschaffung nicht vorhandener qualitätsbezogener Informationen (z. B. Resultate Nationaler Kundenbarometer zum Wettbewerbsvergleich). • Informationsprozess
Um die Erfüllung der Informationsversorgungsfunktion sicherzustellen, ist eine Orientierung an den Phasen des Informationsprozesses sinnvoll, d. h. der Informationsbedarfsanalyse, der Informationsbeschaffung, der Informationsaufbereitung und -speicherung sowie der Informationsübermittlung (Berthel 1975).
• Planungsfunktion
(3) Planungsfunktion Die Unterstützung der Planung des Qualitätsmanagements durch das Qualitätscontrolling ist die zentrale Aufgabe im Hinblick auf die Planungsfunktion. In die-
12.1 Begriff und Funktionen des Qualitätscontrolling
427
sem Zusammenhang sind Methoden bereit zu stellen, mit denen die Planungsaktivitäten des Qualitätsmanagements gemäß einer unternehmensweiten Systematik erfolgen können (Bruhn 1998, S. 77). (4) Kontrollfunktion Schließlich betrifft das Qualitätscontrolling auch die Kontrolle qualitätsbezogener Aktivitäten. Hierzu sind ebenfalls entsprechende Methoden bereit zu stellen. Insbesondere sind hierbei die Wechselwirkungen zwischen Planung und Kontrolle zu berücksichtigt, die nicht als voneinander isolierte Aufgaben interpretiert werden dürfen (Bruhn 1998, S. 77). Die Hauptaufgabe des Qualitätscontrolling stellt die Koordination sämtlicher Aktivitäten eines Dienstleisters dar, die zur effizienten Erstellung von Dienstleistungsqualität notwendig sind. Seinen organisatorischen Niederschlag findet das Qualitätscontrolling im Qualitätscontrollingsystem: Unter einem Qualitätscontrollingsystem für Dienstleistungen ist die Zusammenfügung verschiedener gebündelter Maßnahmenkataloge zu verstehen, die der systematischen Unterstützung und Koordination der qualitätsbezogenen Aktivitäten eines Dienstleisters dienen.
Auch wenn das Qualitätscontrolling in erster Linie das Qualitätsmanagementsystem betrifft (Horváth/Urban 1990, S. 48), ist zur Veranschaulichung der inhaltlichen Verankerung des Qualitätscontrolling (vgl. Schaubild 12-2) eine breitere Sichtweise erforderlich. Da sich das Qualitätscontrolling auf sämtliche qualitätsbezogenen Aktivitäten eines Dienstleistungsunternehmens bezieht, sind aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Qualitätsmanagement und Leistungserstellung zwei Subsysteme des Qualitätsausführungssystems zu betrachten: (1) Das Qualitätsmanagementsystem, in dem sämtliche Aktivitäten zur Steigerung der Dienstleistungsqualität organisiert sind.
• Kontrollfunktion
• Begriff des Qualitätscontrollingsystems
• Definition des Qualitätscontrollingsystems
428
12 Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
Qualitätsausführungssystem Qualitätsmanagementsystem
Leistungserstellungssystem
Qualitätsplanung Qualitätsmanagementdarlegung
Qualitätslenkung
Potenzial phase-
Prozessphase
Ergebnisphase
Qualitätsprüfung
Qualitätsbezogenes Planungs- und Kontrollsystem Auditing
Umsetzungskontrolle
Qualitätsbezogenes Informationssystem Qualitätsinformationscenter
Qualitätsbezogene Wirtschaftlichkeitsanalyse Qualitätscontrollingsystem
Quelle: Bruhn 1998, S. 84
Schaubild 12-2: Zusammenhänge zwischen Qualitätscontrollingsystem und Qualitätsausführungssystem eines Dienstleistungsunternehmens
(2) Das Leistungserstellungssystem, in dem sämtliche Aktivitäten zur Leistungserstellung angesiedelt sind. Die Struktur des Qualitätscontrollingsystems ergibt sich anhand der beiden Arten von Controllingfunktionen. Gegenstand der systembildenden Koordination ist die Gestaltung von Strukturen und Prozessen mit de m Ziel der Orientierung und Anpassung der qualitätsbezogenen Aktivitäten des Dienstleisters an erwartete zukünftige Entwicklungen mit Qualitätsrelevanz. Im
12.1 Begriff und Funktionen des Qualitätscontrolling
Hinblick auf die Planungs- und Kontroll- sowie die Informationsversorgungsfunktion sind im Rahmen des Qualitätscontrollingsystems zwei Subsysteme zu bilden: (1) Das qualitätsbezogene Planungs- und Kontrollsystem, durch das die Planungs- und Kontrollfunktionen des Qualitätscontrolling wahrgenommen werden. (2) Das qualitätsbezogene Informationssystem, durch das die Informationsversorgungsfunktion des Qualitätsmanagements erfüllt wird. Diese beiden Systeme können nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. So fließen z. B. die im Rahmen des Informationssystems gewonnenen Informationen in die durch das Planungs- und Kontrollsystem gesteuerten Prozesse ein. Daher besteht hier die zentrale Aufgabe des Qualitätscontrolling in der Abstimmung der Prozesse der beiden Subsysteme. Wie in Schaubild 12-2 veranschaulicht ist, weisen sowohl das qualitätsbezogene Planungs- und Kontrollsystem als auch das qualitätsbezogene Informationssystem einen engen Zusammenhang zum Qualitätsmanagementsystem auf. Die systemkoppelnden Funktionen des Qualitätscontrolling betreffen die Koordination der qualitätsbezogenen Aktivitäten innerhalb des gebildeten Systemgefüges. Hierbei sind in der gegebenen Systemstruktur Anpassungen, insbesondere im Fall unvorhergesehener Abweichungen, vorzunehmen. In diesem Zusammenhang werden vier Elemente des Qualitätscontrolling unterschieden (Bruhn 1998, S. 83): (1) Im Rahmen des qualitätsbezogenen Informationssystems steht das Qualitätsinformationscenter im Vordergrund. Ziel dieses Elementes ist es, zu gewährleisten, dass sämtliche externen und internen qualitätsbezogenen Informationen gesammelt, analysiert und gespeichert werden. (2) Ein Element des qualitätsbezogenen Planungs- und Kontrollsystems stellt das Auditing des Qualitätsmanagements dar. Im Rahmen des Auditing wird eine kritische Prüfung sämtlicher qualitätsbezogener Ver-
429
• Subsysteme des Qualitätscontrollingsystems
• Elemente des Qualitätscontrolling
• Informationscenter
• Auditing
430
12 Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
• Umsetzungskontrolle
• Wirtschaftlichkeitsanalyse
fahrensweisen und Entscheidungsprozesse vorgenommen (Wilhelm 1993, S. 15). (3) Weiterhin ist die Umsetzungskontrolle des Qualitätsmanagements dem qualitätsbezogenen Planungsund Kontrollsystem zuzurechnen. Durch dieses Element werden die qualitätsbezogenen Zielsetzungen und die jeweiligen Zielerreichungsgrade überprüft. (4) Schließlich stellt die qualitätsbezogene Wirtschaftlichkeitsanalyse des Qualitätsmanagements das zentrale Element des Qualitätscontrolling dar. Ihre Bedeutung wird bei Betrachtung der Aufgaben und Funktionen des Qualitätscontrolling offensichtlich. Die wesentliche Aufgabe des Qualitätscontrolling besteht in der Gewährleistung der wirtschaftlichen Durchführung sämtlicher qualitätsbezogener Aktivitäten. Ferner stellt die Wirtschaftlichkeitsanalyse die Basis zur Erfüllung sowohl der Planungs- und Kontroll- als auch der Informationsfunktion dar. Hinsichtlich der Informationsfunktion werden durch die Wirtschaftlichkeitsanalyse die zu einer Beurteilung der qualitätsbezogenen Wirtschaftlichkeit erforderlichen Daten analysiert und bereitgestellt. Außerdem werden Teile der Planungs- und Kontrollfunktionen durch die Wirtschaftlichkeitsanalyse wahrgenommen, indem die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsanalyse die Grundlage für eine Steuerung der qualitätsbezogenen Prozesse des Dienstleisters bilden. Die Ergebnisse einer qualitätsbezogenen Wirtschaftlichkeitsanalyse bilden demnach die Grundlage für die Aktivitäten im Rahmen des Auditing und der Umsetzungskontrolle des Qualitätsmanagements.
12.2 Qualitätsbezogene Wirtschaftlichkeitsanalyse als zentraler Baustein des Qualitätscontrolling • Qualitätscontrolling und Qualitätsmanagement
Das Qualitätscontrolling dient vor allem der Koordination der Aktivitäten des Qualitätsmanagements im Dienstleistungsunternehmen. Beim Qualitätsmanagement lassen sich Aktivitäten des strategischen Qualitätsma-
12.2 Qualitätsbezogene Wirtschaftlichkeitsanalyse als zentraler Baustein…
nagements und des operativen Qualitätsmanagements differenzieren. Im Rahmen des strategischen Qualitätsmanagements werden beispielsweise die Qualitätsphilosophie und -strategie des Unternehmens festgelegt. Das operative Qualitätsmanagement dient der Umsetzung der Qualitätsstrategie in der täglichen Arbeit. Das operative Qualitätsmanagement kann nach dem Regelkreis des Qualitätsmanagements – mit den Phasen Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätsprüfung und Qualitätsmanagementdarlegung – gegliedert werden. Zur Koordination der Qualitätsaktivitäten können drei Bausteine des Qualitätscontrolling differenziert werden (vgl. Schaubild 12-3; vgl. Bruhn/Georgi 1999, S. 30f.):
431
• Bausteine des Qualitätscontrolling
(1) Strategisches Qualitätscontrolling, (2) Operatives Qualitätscontrolling, (3) Integrierendes Qualitätscontrolling. Das strategische Qualitätscontrolling dient der Koordination des strategischen Qualitätsmanagements. Hierbei gilt es, die Festlegung von Qualitätsphilosophie und -strategie zu unterstützen. In diesem Zusammenhang ist vor allem sicherzustellen, dass sowohl die externe als
Strategisches Qualitätsmanagement
Operationalisierung der Qualitätsstrategie
Dokumentation der Strategieumsetzung
Operatives Qualitätsmanagement
Schaubild 12-3: Bausteine des Qualitätscontrolling
• Strategisches Qualitätscontrolling
Strategisches Qualitätscontrolling
Integrierendes Qualitätscontrolling
Operatives Qualitätscontrolling
432
12 Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
auch die interne Unternehmenssituation im Rahmen des strategischen Qualitätsmanagements vollständig Berücksichtigung findet. Eine qualitätsbezogene Analyse der Unternehmenssituation lässt sich beispielsweise nach folgenden Bereichen gliedern: 5 5 5 5 5 5 5
Marktsituation, Kundensituation, Handelssituation, Lieferantensituation, Konkurrenzsituation, Umfeldsituation, Unternehmenssituation.
Zu den Instrumenten, die beim strategischen Qualitätscontrolling Einsatz finden können, zählen beispielsweise die qualitätsbezogene Portfolioanalyse oder die qualitätsbezogene SWOT(Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats)-Analyse. • Operatives Im Rahmen des operativen Qualitätscontrolling gilt Qualitätscontrolling es,die Aktivitäten des operativen Qualitätsmanagements zur Umsetzung der Qualitätsstrategie zu unterstützen. Hierbei ist es notwendig, diese Aktivitäten zu koordinieren, an denen Mitglieder sämtlicher Unternehmensbereiche beteiligt sein können. • Integrierendes Schließlich ist durch das integrierende QualitätsconQualitätscontrolling trolling das Zusammenspiel zwischen strategischem und operativem Qualitätsmanagement zu koordinieren. • WirtschaftlichkeitsDas zentrale Element des integrierenden Qualitätsconanalyse des Qualitäts- trolling repräsentiert die Wirtschaftlichkeitsanalyse des managements Qualitätsmanagements. Bei einer Vereinfachung der Zusammenhänge zwischen strategischem und operativem Qualitätscontrolling kommen der Wirtschaftlichkeitsanalyse des Qualitätsmanagements zwei Aufgaben zu: • Instrumente
5 Operationalisierung der Qualitätsstrategie für das
operative Qualitätsmanagement: Durch die Wirtschaftlichkeitsanalyse des Qualitätsmanagements wird ein Bezugsrahmen aufgespannt, der dem operativen Qualitätsmanagement die „Stellhebel“ zur Umsetzung der Qualitätsstrategie aufzeigt.
12.2 Qualitätsbezogene Wirtschaftlichkeitsanalyse als zentraler Baustein…
433
5 Dokumentation der Strategieumsetzung für das stra-
tegische Qualitätsmanagement: Aus der Perspektive des strategischen Qualitätsmanagements ist die Qualitätsstrategie in Form von Wirtschaftlichkeitskenngrößen zu übersetzen. Durch die Ermittlung der Ausprägungen dieser Kennziffern durch die Wirtschaftlichkeitsanalyse des Qualitätsmanagements lässt sich aufzeigen, inwiefern die Qualitätsstrategie durch die Aktivitäten des operativen Qualitätsmanagements umgesetzt wird. Da das Themengebiet der Wirtschaftlichkeit des Qualitätsmanagement inhaltliche Bezüge zu unterschiedlichen Forschungsrichtungen (z. B. Qualitätsforschung, Produktionstheorie, Operations Research, Marketingforschung, Investitionstheorie und Rechnungswesen) der Betriebswirtschaftslehre aufweist, existieren auch in der Literatur verschiedene Facetten, die sich mit der Wirtschaftlichkeit des Qualitätsmanagements auseinander setzen. Diese Entwicklungen lassen sich in drei Phasen einteilen (vgl. Schaubild 12-4):
• Phasen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Qualitätsmanagements
ca. seit den
ca. seit Mitte der
ca. seit Anfang der
50er-Jahren
80er-Jahre
90er-Jahre
Tätigkeitsorientierte Analyse qualitätsbezogener Kosten
Wirkungsorientierte Analyse qualitätsbezogener Kosten
PAF-Kategorisierung in Präventions-, Prüf- und Fehlerkosten
Kategorisierung qualitätsbezogener Kosten in •Konformitätskosten (Kosten von Qualität, Cost of Conformance)
Aufgliederung der Fehlerkosten in interne und externe Fehlerkosten
•Nichtkonformitätskosten (Kosten von Nichtqualität, Cost of Non-Conformance)
Investitionsbetrachtung des Qualitätsmanagements Kundenwertanalyse
Nutzenanalyse („Return on Quality“)
Kosten-Nutzen-Analyse („Wirtschaftlichkeit des Qualitätsmanagements“)
Quelle: Bruhn/Georgi 1999, S.11
Schaubild 12-4: Phasen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Qualitätsmanagements
434
12 Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
(1) Tätigkeitsorientierte Analyse qualitätsbezogener Kosten, (2) Wirkungsorientierte Analyse qualitätsbezogener Kosten, (3) Investitionsbetrachtung des Qualitätsmanagements.
• Tätigkeitsorientierte Analyse qualitätsbezogener Kosten
• Interne und externe Fehlerkosten
• Wirkungsorientierte Analyse qualitätsbezogener Kosten
• Konformitäts- und Nichtkonformitätskosten
Das Qualitätskostenkonzept (besser: qualitätsbezogene Kosten; vgl. hierzu auch Kapitel 13) wurde Mitte der 1950er-Jahre von Feigenbaum (1956) begründet. Seine PAF-Kategorisierung (Prevention-Appraisal-Failure) stellt eine tätigkeitsorientierte Analyse qualitätsbezogener Kosten dar, da sie die Kosten im Unternehmen erfasst, die aufgrund bestimmter qualitätsbezogener Tätigkeiten entstehen. Hierzu zählen Tätigkeiten der Prävention (Prevention), Tätigkeiten der Prüfung (Appraisal) und fehlerinduzierte Tätigkeiten (Failure). Somit dient die Analyse qualitätsbezogener Kosten der Erfassung sämtlicher Kosten, die mit der Qualität eines Unternehmens in Zusammenhang stehen. Die Fehlerkosten wurden später in interne und externe Fehlerkosten differenziert. Externe Fehlerkosten sind solche Kosten, die erst entstehen, wenn der Kunde den Fehler bemerkt (z. B. durch Garantiezahlungen). Nach dem Ansatz qualitätsbezogener Kosten führt eine wirtschaftliche Erstellung von Qualität zu einer Minimierung der gesamten qualitätsbezogenen Kosten (Feigenbaum 1956, S. 73ff.; Dale/Plunkett 1999, S. 8f.). Eine Modifikation erfuhr der Ansatz Mitte der 80erJahre, als die traditionelle PAF-Gliederung aufgegeben und in Form der wirkungsorientierten Analyse qualitätsbezogener Kosten eine Unterscheidung zwischen Konformitätskosten („Cost of Conformance“, Kosten von Qualität) und Nichtkonformitätskosten („Cost of Non-Conformance“, Kosten von Nichtqualität, Fehlleistungsaufwand) vorgenommen wurde (Crosby 1990; Wildemann 1992, S. 762ff.; Masing 1999). Diese Kostenkategorisierung differenziert die qualitätsbezogenen Kosten stärker als der tätigkeitsorientierte Ansatz im Hinblick auf die Ausprägung der Qualität. Während Konformitätskosten aufgrund der Erstellung von Qualität entstehen, sind Nichtkonformitätskosten auf eine
12.2 Qualitätsbezogene Wirtschaftlichkeitsanalyse als zentraler Baustein…
Nicht-Erfüllung der Qualitätsanforderungen zurückzuführen. Obwohl die Nichtkonformitätskosten bei einer Opportunitätskostenbetrachtung als der (entgangene) Nutzen des Qualitätsmanagements aufgefasst werden können, wird bis heute an dem Begriff der Nichtkonformitätskosten festgehalten. Auf diese Weise ist jedoch eine Kosten-Nutzen-Betrachtung nicht möglich, da sich die beiden Kostenkategorien per definitionem ausschließen. Entweder entstehen durch ein bestimmtes qualitätsbezogenes Verhalten Konformitätskosten oder Nichtkonformitätskosten (Bruhn 1998, S. 12). Das Qualitätskostenkonzept betrachtet vor allem qualitätsbezogene Kosten, die innerhalb des Unternehmens entstehen. Auch bei Untersuchungen auf Basis des wirkungsorientierten Ansatzes werden unternehmensexterne Wirkungen des Qualitätsmanagements aufgrund von Messproblemen zum größten Teil vernachlässigt. Gerade diese kundenbezogenen Qualitätswirkungen stellen ein wesentliches Element der Investitionsbetrachtung des Qualitätsmanagements dar. Zu diesen Ansätzen sind Untersuchungen zu zählen, die sich mit der Messung von (primär externen) Zielgrößen des Qualitätsmanagements auseinander setzen. Hierzu gehören u.a. Analysen in den Bereichen der Kundenzufriedenheitsforschung (Tse/Wilton 1988, S. 204; Lingenfelder/Schneider 1991, S. 109; Meyer/Dornach 1995b, S. 432; Spreng et al. 1996, S. 15) und der Messung der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität (Parasuraman et al. 1985; 1988; Boulding et al. 1993; Bruhn/Hennig 1993). Neben der Erfassung der Ausprägungen dieser Zielgrößen beschäftigen sich diese Ansätze darüber hinaus mit den Auswirkungen von Kundenzufriedenheit und wahrgenommener Dienstleistungsqualität auf verhaltensbezogene Zielgrößen, wie z. B. die Kundenbindung. Bei der Kundenwertanalyse werden die Ausgaben und Einnahmen betrachtet, die im Laufe einer Unternehmen-Kunde-Beziehung anfallen. Der Kundenwert repräsentiert die diskontierte Differenz aus Einnahmen und Ausgaben in Bezug auf eine einzelne Kundenbeziehung. In zahlreichen Untersuchungen konnte mit der Kun-
435
• Investitionsbetrachtung des Qualitätsmanagements
• Kundenzufriedenheit
• Wahrgenommene Dienstleistungsqualität
• Kundenwertanalyse
436
12 Konzept des Qualitätscontrolling für Dienstleistungen
• Nutzenanalyse
• Kosten-NutzenAnalyse
denwertanalyse die relative Vorteilhaftigkeit einer Kundenbindungsstrategie gegenüber eher klassischen Marketingstrategien (z. B. Neukundenakquisition mittels Werbung) nachgewiesen werden (Reichheld/Sasser 1990; Blattberg/Deighton 1996; Bruhn et al. 2000). In Anlehnung an die klassische Investitionstheorie erfolgt die Investitionsbetrachtung des Qualitätsmanagements bei der – sich auf die erlössteigernden Wirkungen des Qualitätsmanagements beschränkenden – Nutzenanalyse und der Kosten-Nutzen-Analyse. Aufgrund der erwähnten Erfassungsprobleme der nutzenseitigen Wirkungen des Qualitätsmanagements steht bei der Nutzenanalyse die positive Erfolgswirkung des Qualitätsmanagements im Vordergrund. Im Rahmen der Nutzenanalyse werden die Auswirkungen des Qualitätsmanagements bzw. einer hohen Qualität auf das Kundenverhalten und hierüber generierte Erlöse einerseits (z. B. Kundenbindung, Mund-zu-Mund-Kommunikation) und im Hinblick auf Kosteneinsparungen andererseits gemessen (Rust et al. 1995; Zeithaml et al. 1996). Das Verhältnis aus diesen Wirkungen und den – als gegeben angenommenen – Ausgaben des Qualitätsmanagements wird im amerikanischen Sprachraum unter dem Begriff „Return on Quality“ diskutiert (Rust et al. 1994). Dieser Ansatz weist jedoch den Nachteil auf, dass die mit dem Qualitätsmanagement in Zusammenhang stehenden Ausgaben nicht weiter analysiert werden (Bruhn 1998, S. 18). Da Wirtschaftlichkeitsgrößen des Qualitätsmanagements nicht nur auf die nutzenseitigen Wirkungen, sondern auch auf die mit ihm in Verbindung stehenden Ausgaben bzw. Kosten zurückzuführen sind, geht das Konzept der Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements einen Schritt weiter (Bruhn 1998; Bruhn/ Georgi 1999). Aufgrund der Existenz vielfach „versteckter“ Kosten, die durch Qualitätsmaßnahmen generiert werden (z. B. Zeitausfall aufgrund von Schulungen), werden sowohl der Nutzen als auch die Kosten des Qualitätsmanagements betrachtet. Neben der Bereitstellung von Methoden zur Erfassung und Optimierung des Nutzens des Qualitätsmanagements wird da-
12.2 Qualitätsbezogene Wirtschaftlichkeitsanalyse als zentraler Baustein…
her auch ein Instrumentarium zur vollständigen Erfassung sowie Optimierungsansätze der Kosten des Qualitätsmanagements entwickelt. Ausgehend von dieser Bestandsaufnahme zum Qualitätscontrolling für Dienstleistungen in der Literatur werden in den folgenden Kapiteln – ausgehend von einer Kosten-Nutzen-Perspektive – diejenigen Ansätze des Qualitätscontrolling vorgestellt, die in der Praxis verbreitet sind: 5 Aus einer kostenorientierten Perspektive wird im Ka-
pitel 13 das so genannte Qualitätskosten-Controlling beschrieben und kritisch gewürdigt. 5 Im Kapitel 14 werden aus einer Nutzenperspektive Kundenbarometer vorgestellt, mit denen die Auswirkungen des Qualitätsmanagements auf die Kundenwahrnehmungen und das Kundenverhalten kontrolliert werden können. 5 Schließlich widmet sich das Kapitel 15 der KostenNutzen-Analyse des Qualitätsmanagements, die die in den beiden anderen Kapiteln eingenommenen Perspektiven zu einer Methode vereint.
437
• Ansätze des Qualitätscontrolling
13
QualitätskostenControlling
13.1 Wirtschaftlichkeitsanalyse auf Basis des Qualitätskostenkonzepts 13.1.1 Begriff der Qualitätskosten Im industriellen Bereich wurden bereits in den 1950erJahren Wirtschaftlichkeitsüberlegungen dahingehend angestellt, welche finanziellen Konsequenzen Aktivitäten des Qualitätsmanagements eines Unternehmens zur Folge haben. Hierbei steht in Literatur und Praxis noch heute vielfach das so genannte Qualitätskostenkonzept im Vordergrund (Bruhn 1998, S. 129). Im Rahmen dieses Konzeptes (Pfeifer 1993, S. 383ff.; Dale/Plunkett 1999; Campanella 2000) werden dem Begriff der Qualitätskosten sämtliche Kosten subsumiert, die „vorwiegend durch Qualitätsforderungen verursacht sind, d. h. (…) durch Tätigkeiten der Fehlerverhütung, durch planmäßige Qualitätsprüfungen sowie durch intern oder extern festgestellte Fehler sowie durch die externe Qualitätsmanagementdarlegung“ (Dale/Plunkett 1999). Der Begriff „Qualitätskosten“ ist allerdings in der Literatur heftig umstritten. Daher wird im Folgenden der Begriff „qualitätsbezogene Kosten“ verwendet, d. h. auf den Begriff „Qualitätskosten“ verzichtet. Bei Betrachtung der aufgeführten Begriffsdefinition wird deutlich, dass in diesem Konzept sämtliche Kosten betrachtet werden, die mit der Qualität eines Unternehmens und seiner Leistungen in Zusammenhang gebracht werden. Eine terminologische Betrachtung des Begriffes „Qualitätskosten“ wäre nur sinnvoll, wenn es sich ausschließ-
• Konzept qualitätsbezogener Kosten
• Begriff der qualitätsbezogenen Kosten
440
13 Qualitätskosten-Controlling
• Kategorien und Elemente qualitätsbezogener Kosten
• Klassifizierung der Kostenelemente
lich um Kosten handelte, die sich aus der Qualität der Unternehmensleistungen ergeben. Dieser Ansatz unterscheidet auf einer abstrakten Ebene so genannte Kategorien qualitätsbezogener Kosten, die den grundsätzlichen Charakter der jeweils zugeordneten Kostenarten angeben. Auf einer konkreteren Ebene werden so genannte Elemente qualitätsbezogener Kosten betrachtet, die Aktivitäten, Aufgaben oder Ausgaben repräsentieren, die der Kostenentstehung zugrunde liegen (Campanella 2000). In der Literatur existieren verschiedene Klassifizierungen der Kostenelemente (vgl. z. B. Dale/Plunkett 1999; Campanella 2000). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Listen zahlreiche Elemente enthalten, die nicht in allen Branchen von Relevanz sind. Weiterhin existieren für bestimmte Branchen, Unternehmen oder Unternehmensbereiche spezifische qualitätsbezogene Kostenelemente, die nicht in den Listen aufgeführt werden. Bei einer individuellen Festlegung von qualitätsbezogenen Kostenelementen sind u. a. folgende spezifische Charakteristika eines Unternehmens zu berücksichtigen: 5 5 5 5
Unternehmensorganisation, Art der angebotenen Leistungen, Breite des Leistungsprogramms, Grad an kontrollierbaren Prozessen bei der Leistungserstellung, 5 Automatisierungsgrad der Leistungserstellung. • Ansätze zur Kategorisierung qualitäts-
Hinsichtlich der Kategorisierung qualitätsbezogener Kosten können drei Ansätze unterschieden werden:
bezogener Kosten
(1) Tätigkeitsorientierte Einteilung qualitätsbezogener Kosten, (2) Wirkungsorientierte Einteilung qualitätsbezogener Kosten, (3) Fehlerkostenrechnung.
13.1 Wirtschaftlichkeitsanalyse auf Basis des Qualitätskostenkonzepts
441
13.1.2 Tätigkeitsorientierte Einteilung qualitätsbezogener Kosten Die tätigkeitsorientierte Einteilung qualitätsbezogener Kosten stellt die klassische Einteilung dar und orientiert sich an dem so genannten PAF-Schema (Feigenbaum 1956), das qualitätsbezogene Kosten in Präventionskosten (Prevention costs), Prüfkosten (Appraisal costs) und Fehlerkosten (Failure costs) differenziert. Präventions- oder Fehlerverhütungskosten (Prevention costs) werden durch Aktivitäten generiert, die spezifisch zur Vermeidung einer nicht anforderungsgerechten Qualität unternommen werden (Campanella 2000). Beispiele hierfür sind Kosten, die durch Maßnahmen der Qualitätsplanung, Zuliefererstudien, Prozessfähigkeitsprüfungen, Treffen von Teams zur Qualitätsverbesserung, Qualitätsverbesserungsmaßnahmen oder Qualitätsschulungen verursacht werden (vgl. Schaubild 13-1). Im Hinblick auf die Identifizierung der Präventionskosten können sich zwei Fehlinterpretationen ergeben (Campanella 1990):
• Tätigkeitsorientierte Einteilung
• Präventionskosten
• Fehlinterpretationen von Präventionskosten
(1) Bestimmte Teile von Prüf- oder Fehlerkosten, die durch Aktivitäten zur zeitpunktbezogenen Vermeidung höherer Fehlerkosten generiert werden,
1. Marketing/Kunde/Nutzer 1.1 Marktforschung 1.2 Kundenbefragungen 1.3 Überprüfung von Verträgen u.Ä. 2. Leistungsentwicklung 2.1 Überprüfung von Qualitätsverbesserungen 2.2 Konstruktionsaktivitäten 2.3 Konstruktionstests 2.4 Feldtests 3. Einkauf 3.1 Überprüfung von Lieferanten 3.2 Lieferanten-Ratings 3.3 Überprüfung von Kaufauftrags-Technologien 3.4 Qualitätsplanung des Lieferanten
4. Leistungserstellung 4.1 Überprüfung der Erstellungsprozesse 4.2 Erstellungsbezogene Qualitätsplanung 4.3 Qualitätsschulung 4.4 Statistical Process Control 5. Qualitätsmanagement 5.1 Gehälter 5.2 Administrative Ausgaben 5.3 Planung von Qualitätsprogrammen 5.4 Qualitätsstatistiken 5.5 Qualitätsschulungen 5.6 Qualitätsverbesserungen 5.7 Qualitätsaudits 6. Sonstige Präventionskosten Quelle: Campanella 1990, S. 112
Schaubild 13-1: Präventionskosten-Elemente
442
13 Qualitätskosten-Controlling
könnten inhaltlich zu den Präventionskosten gezählt werden. In diesem Zusammenhang sind jedoch nur jene Kosten den Präventionskosten zuzurechnen, die dazu dienen, bestimmte Fehler in Zukunft nicht mehr auftreten zu lassen und somit die Fehlerkosten im Zeitablauf zu verringern. (2) Bestimmte Teile der „normalen“ Herstellkosten (z. B. Überwachung von Messanlagen von Produktionsmaschinen, Korrekturlesen eines Beleges durch einen Bankangestellten) könnten ihrem Charakter nach ebenfalls den Präventionskosten zugerechnet werden. Da diese Aktivitäten jedoch einen integralen Bestandteil der Leistungserstellung darstellen, sind diese Kostengrößen den Herstellkosten und nicht den Präventionskosten zuzurechen. • Prüfkosten
• Arten von Prüfprozessen
Prüfkosten entstehen durch Mess-, Evaluierungs- oder Audit-Aktivitäten, die der Gewährleistung der Konformität der Leistung mit gewissen Normen, Standards und/oder Anforderungen dienen (Campanella 1990). Beispiele für solche Aktivitäten sind Eingangstests, Quellenprüfungen, Prozess- und Ergebniskontrollen, Auditing von Prozessen und Ergebnissen, Festlegung von Mess- und Testinstrumenten oder Befragungen zur Kundenzufriedenheit (vgl. Schaubild 13-2). In Abhängigkeit vom Anlass der durchgeführten Prüfungen können zwei unterschiedliche Arten von Prüfprozessen unterschieden werden: (1) Zum einen werden mit planmäßigen Prüfungen Qualitätsmerkmale untersucht, deren Zielerfüllung durch Präventionsmaßnahmen nicht mit Sicherheit vorhergesehen werden kann. (2) Zum anderen werden unplanmäßige Prüfungen dann eingesetzt, wenn bestimmte Prozesse nicht beherrscht werden.
• Fehlerkosten
Fehlerkosten entstehen aufgrund von Aktivitäten, die durch die mangelnde Übereinstimmung einer Leistung mit gewissen Normen, Standards und/oder Anforderungen hervorgerufen werden (Campanella 1990). In
13.1 Wirtschaftlichkeitsanalyse auf Basis des Qualitätskostenkonzepts
443
1. Einkaufsprüfungen 1.1 Eingangskontrollen 1.2 Messinstrumente 1.3 Prüfung von Lieferungen 1.4 Herkunftskontrollen 2. Leistungserstellungsprüfungen 2.1 Geplante Prüfungen,Tests,Audits 2.2 Anlagentests 2.3 Spezialtests 2.4 Prozesskontrollen 2.5 Labortests 2.6 Messinstrumente 2.7 Zertifikate 3. Externe Prüfung 3.1 Feldexperimente 3.2 Spezielle Produkttests 3.3 Prüfung von Konkurrenzprodukten 4. Überprüfung von Testdaten 5. Sonstige Qualitätsprüfungen Quelle: Campanella 1990, S. 112
Schaubild 13-2: Prüfkosten-Elemente
Abhängigkeit von dem Ort der Entstehung der Fehlerkosten werden zwei Arten von Fehlerkosten unterschieden (vgl. Schaubild 13-3): (1) Interne Fehlerkosten entstehen durch die Konsequenzen von Fehlern, die auftreten, bevor der Kunde mit dem Anbieter und seiner Leistung in Kontakt tritt. Beispiele für die Ursachen interner Fehlerkosten sind Ausschuss, Nacharbeit, erneute Prüfungen, erneute Kontrolle von verwendeten Materialien oder das Downgrading fehlerhafter Leistungen. (2) Externe Fehlerkosten werden durch die Konsequenzen von Fehlern generiert, die erst nach dem Kontakt zwischen dem Kunden und dem Anbieter sowie seiner Leistung auftreten. Exemplarische Ursachen externer Fehlerkosten sind die Beschwerdebearbeitung, Garantiezahlungen, Produkthaftungs-
• Arten von Fehlerkosten
444
13 Qualitätskosten-Controlling
Interne Fehlerkosten 1. Konstruktionsfehler 1.1 Konstruktionskorrekturen 1.2 Nacharbeit 1.3 Ausschuss 2. Einkaufsfehler 2.1 Materialrückweisung 2.2 Materialersatz 2.3 Lieferkorrekturen 2.4 Nacharbeit aufgrund von Lieferrückweisungen 2.5 Unkontrollierte Materialverluste 3. Leistungserstellungsfehler 3.1 Materialprüfungen 3.2 Nacharbeit/Reparaturen 3.3 Wiederholungsprüfungen 3.4 Zusatzprozesse 3.5 Ausschuss 3.6 Herunterstufung der Leistung
Externe Fehlerkosten
1. Beschwerdemanagement 2. Rückgaben von Leistungen 3. Produktrücknahmen 4. Garantiezahlungen 5. Produkthaftung 6. Vertragsstrafen 7. Verlust an Goodwill 8. Entgangene Erlöse 9. Sonstige externe Fehlerkosten
4. Sonstige interne Fehlerkosten Quelle: Campanella 1990, S. 112
Schaubild 13-3: Fehlerkosten-Elemente
zahlungen, Produkteinziehungen oder Kundenabwanderungen. Im Beispiel 13-1 wird die Ermittlung der Qualitätskosten am Beispiel des Kreditkartenherstellers Malco Plastics veranschaulicht. Beispiel 13-1: Qualitätskosten beim Kreditkartenhersteller Malco Plastics Seit Jahren hatte die Geschäftsleitung bei Malco Plastics den Eindruck, dass in ihrem Unternehmen relativ viel Geld aufgrund von Qualitätsfehlern und einer unzuverlässigen Arbeit verursacht wurden. Bald wurde die Geschäftsleistung auf die Qualitätskostenmethode aufmerksam und entschied, diese anzuwenden. Das Ergebnis zeigt Schaubild 13-4. Dabei wurden vier Kostenkategorien zugrunde gelegt:
13.1 Wirtschaftlichkeitsanalyse auf Basis des Qualitätskostenkonzepts
445
Kostenkategorien
Wert
1 Mannjahr ($ 17.000 + 22% Bonus)
$ 20.862
Gesamte Prüfkosten
$ 20.862
Vertreter, die ihre eigene Arbeit überwachen (8.192 Stunden à $ 8,45 pro Stunde)
$ 69.227
Vertreterschulungen (173,3 Stunden à $ 6,45 pro Stunde und acht Vertreter) Qualitätszirkel (2 Stunden pro Vertreter und Monat à $ 8,45 pro Stunde)
$ 8.942 $ 22.916 $ 8.766
Ausbilder (1.040 Stunden à $ 8,45 pro Stunde) Gesamte Verhütungskosten
$ 109.873
Nacharbeit aufgrund von intern entdeckten Fehlern ($ 17.100 + 22% Bonus für acht Vertreter)
$ 166.896
Zusätzliche Prüfungen ($ 14.400 + 22% Bonus für fünf Back-Office-Mitarbeiter)
$ 87.840
Gesamte interne Fehlerkosten
$ 254.736
Nacharbeit aufgrund von durch Kunden entdeckte Fehler (61.027 Einheiten à $ 1,83)
$ 111.679
Gesamte externe Fehlerkosten
$ 111.679
Qualitätsbezogene Gesamtkosten
$ 497.150 Quelle: Butterfield/Drewes 1991
Schaubild 13-4: Qualitätsbezogene Kosten des Kreditkartenherstellers Malco Plastics
(1) Prüfkosten, (2) Verhütungskosten, (3) Interne Fehlerkosten, (4) Externe Fehlerkosten. Es ist zu berücksichtigen, dass bei der letzten Kategorie lediglich Nacharbeit aufgrund der Fehlerhinweise von Kunden in die Kalkulation einfließt. Dahingegen werden die finanziellen Konsequenzen von Kundenabwanderungen und negativer Mund-zuMund-Kommunikation als Folgen schwacher Qualität nicht eingebunden. Daher ist davon auszugehen, dass die externen Fehlerkosten und die gesamten Qualitätskosten einen noch höheren Betrag als den ermittelten in Höhe von $ 497.150 (im Jahre 1991) ausmachen.
446
13 Qualitätskosten-Controlling
13.1.3 Wirkungsorientierte Einteilung qualitätsbezogener Kosten • Wirkungsorientierte Einteilung qualitätsbezogener Kosten
• Konformitätskosten
• Bereiche der Konformitätskosten
Aufgrund der Kritik an der tätigkeitsorientierten Einteilung qualitätsbezogener Kosten wurde die wirkungsorientierte Kostengliederung entwickelt. Im Rahmen der wirkungsorientierten Kostengliederung werden zwei Kostenkategorien differenziert: Konformitäts- und Nichtkonformitätskosten (Masing 1999, S. 36f. Crosby 1990, S. 102; Brunner 1991, S. 35; Wildemann 1992, S. 762; 1995, S. 268ff.). Die Konformitätskosten (Cost of Conformance, Kosten der Übereinstimmung) leisten einen Beitrag zum Unternehmenserfolg, indem sie einer Erfüllung der Kundenerwartungen dienen. Zu den Konformitätskosten gehören jene Kosten, die durch Maßnahmen zur dauerhaften Fehlerabstellung und Vermeidung von Fehlerrisiken entstehen. Somit repräsentieren zunächst die Präventionskosten nach der klassischen PAF-Kostengliederung einen bedeutenden Teil der Konformitätskosten. Weiterhin sind den Konformitätskosten jene Prüfkosten zuzuordnen, die aufgrund der Kundenerwartungen zwangsläufig anfallen (z. B. Zertifizierung). Es lassen sich drei Bereiche der Konformitätskosten unterscheiden (Wildemann 1995, S. 269): (1) Ausbildungsorientierte Konformitätskosten haben überwiegend präventiven Charakter, indem sie durch Maßnahmen der Ausbildung der Unternehmensmitglieder zur Fehlervermeidung generiert werden. (2) Methodenorientierte Konformitätskosten können sowohl präventiven als auch prüfenden Charakter haben, da im Rahmen der Sicherstellung einer anforderungsgerechten Qualität Methoden zur Prävention und zur Prüfung eingesetzt werden. (3) Kontrollorientierte Konformitätskosten haben überwiegend prüfenden Charakter, da Qualitätskontrollen der Überprüfung der Qualitätsanforderungen dienen.
13.1 Wirtschaftlichkeitsanalyse auf Basis des Qualitätskostenkonzepts
Die Nichtkonformitätskosten (Cost of Non-Conformance, Kosten der Abweichung, Fehlleistungsaufwand) repräsentieren eine Verschwendung von Ressourcen (Wildemann 1995, S. 268f.). Sie entstehen vor allem durch einen zusätzlichen Aufwand, der aufgrund einer nicht anforderungsgerechten Leistungserstellung erforderlich wird, d. h. wenn Prozess und Ergebnis der Leistungserstellung nicht den an sie gestellten Qualitätsanforderungen entsprechen. Zumeist wird in der Literatur davon ausgegangen, dass Nichtkonformitätskosten immer dann anfallen, wenn Fehler im Rahmen der Leistungserstellung auftreten, so dass die Fehlerkosten nach der klassischen PAF-Gliederung einen Großteil der Nichtkonformitätskosten ausmachen. Die Zusammenhänge zwischen den beiden Kategorisierungen qualitätsbezogener Kosten sind in Schaubild 13-5 dargestellt. Ähnlich wie bei den Fehlerkosten lassen sich interne und externe Nichtkonformitätskosten unterscheiden (Wildemann 1995, S. 269). Interne Nichtkonformitätskosten stellen den jeweiligen Mehraufwand dar, der entsteht, bevor der Kunde mit dem Unternehmen und seinen Leistungen konfrontiert wird. Dahingegen werden externe Nichtkonformitätskosten durch Maßnahmen
447
• Nichtkonformitätskosten
• Interne und externe Nichtkonformitätskosten
Tätigkeitsorientierte Gliederung qualitätsbezogener Kosten Präventionskosten
Konformitätskosten
Prüfkosten
Fehlerkosten
Nichtkonformitätskosten
Wirkungsorientierte Gliederung qualitätsbezogener Kosten Quelle: in Anlehnung an Wildemann 1995, S. 409
Schaubild 13-5: Tätigkeitsorientierte vs. wirkungsorientierte Kostengliederung
448
13 Qualitätskosten-Controlling
generiert, die der nachträglichen Zufriedenstellung eines Kunden dienen, d. h. nach der Konfrontation des Kunden mit den Leistungserstellungsfehlern. Beispiel 13-2 zeigt exemplarisch, welche Kostenkategorien bei Xerox zur Analyse qualitätsbezogener Kosten herangezogen werden. Beispiel 13-2: Qualitätskosten bei Xerox Der Kopiergerätehersteller Xerox nimmt eine Bewertung seiner Qualitätskosten anhand der Einteilung in Konformitäts- und Nichtkonformitätskosten vor (vgl. Schaubild 13-6). Zu den Konformitätskosten werden Präventionskosten und (geplante) Prüfkosten gezählt. Beispiele für Präventionskosten sind die Kosten für Schulungen oder interne Kommunikation. Beispiele für Prüfkosten sind Eingangskontrollen in Bezug auf eingehende Materialien und interne Audits. Bei den Nichtkonformitätskosten werden zunächst Kosten der Untererfüllung und der Übererfüllung der Kundenanforderungen unterschieden.
Kategorie
Definition
Beispiel
Konformitätskosten
Zur Erfüllung der Kundenanforderungen notwendige Ausgaben
Präventionskosten
Ausgaben zur Fehlervermeidung
Schulungen, Kommunikation
Prüfkosten
Ausgaben zur Arbeitskontrolle
Eingangskontrollen, Audits
Nichtkonformitätskosten
Aufgrund einer Nichterfüllung der Kundenanforderungen entstehende, nicht notwendige Ausgaben
Kosten der Untererfüllung der Kundenanforderungen
Ausgaben für Nacharbeiten und Verschwendung
Garantiezahlungen, Umtauschkosten
Kosten der Übererfüllung der Kundenanforderungen
Ausgaben für nicht notwendige „Extras”
Übertriebene Präsentationen
Opportunitätskosten („lost opportunities”)
Entgangener Gewinn durch Kundenabwanderung aufgrund einer Nichterfüllung der Kundenanforderungen
Kundenabwanderung aufgrund schlechten Services Quelle: Carr 1992, S. 73
Schaubild 13-6: Kategorien qualitätsbezogener Kosten bei Xerox
13.1 Wirtschaftlichkeitsanalyse auf Basis des Qualitätskostenkonzepts
449
Die Kosten der Untererfüllung sind klassisch und entsprechen Ausgaben für Nacharbeiten o. Ä., z. B. Umtauschkosten. Interessant ist der Ansatz, auch die Kosten einer Übererfüllung der Qualitätsanforderungen einzukalkulieren (z. B. aufgrund von übertriebenen Präsentationen). Neben diesen beiden Gruppen werden darüber hinaus Opportunitätskosten, beispielsweise entgangener Gewinn aufgrund von Kundenabwanderungen, einkalkuliert. Damit trennt die Kostenkategorisierung von Xerox nicht nur eindeutig zwischen den Kosten, die zur Erstellung von Qualität entstehen (Konformitätskosten), und den Kosten, die aufgrund von mangelhafter Qualität entstehen. Darüber hinaus wird explizit das Kundenverhalten aufgrund dieser Qualitätsmängel in die Rechnung einbezogen. 13.1.4 Fehlerkostenrechnung Der theoretische Grundgedanke der Fehlerkostenrechnung geht in seiner Kritik an der klassischen tätigkeitsorientierten Einteilung der qualitätsbezogenen Kosten einen Schritt weiter als derjenige der wirkungsorientierten Einteilung. Die Fehlerkostenrechnung basiert auf der Überlegung, dass weder eine Zusammenfassung von Fehler- und Qualitätssicherungskosten (Fehlerverhütungs- und Prüfkosten) noch eine Zusammenfassung von Konformitäts- und Nichtkonformitätskosten sinnvoll ist (vgl. auch im Folgenden Seghezzi 1997, S. 185ff.). Ausgehend von dem Prinzip, dass Qualität Teil des Produktes bzw. der Leistung ist, wird die qualitätsbezogene Kostenrechnung durch eine Fehlerkostenrechnung ersetzt. Im Rahmen der Fehlerkostenrechnung wird eine Gliederung der Fehlerkosten anhand von zwei Dimensionen vorgenommen (vgl. Schaubild 13-7): 5 Gemäß dem Ort der Fehlerentstehung werden inter-
ne und externe Fehlerkosten differenziert. 5 Gemäß den Fehlerkonsequenzen werden direkte und
indirekte Fehlerkosten sowie fehlerbedingte Opportunitätskosten unterschieden.
• Fehlerkostenrechnung
• Gliederung der Fehlerkosten
450
13 Qualitätskosten-Controlling
Fehlerkonsequenzen Ort der Fehlerentstehung
Interne Fehlerkosten
Externe Fehlerkosten
Direkte Fehlerkosten
Indirekte Fehlerkosten
Fehlerbedingte Opportunitätskosten
• Nacharbeitskosten • Ausschusskosten • Kosten zur Korrektur einer Dienstleistung
• Aufwand zur Fehlerbehandlung • Mehraufwand bei der Behebung von Fehlerkonsequenzen (z.B. Feiertagsarbeit zur Nacharbeit)
• Verlust verärgerter Mitarbeiter • Kosten für erhöhte Lagerhaltung bei fehleranfälligen Produkten
• Wertminderung aufgrund von Fehlern • Kosten aufgrund vertraglicher Haftung • Kosten aufgrund gesetzlicher Haftung
• Kosten wegen fehlerbedingt verspäteter Lieferung (z.B. verspätete Zahlung) • Service-und Ersatzleistungen im Rahmen von Kulanz
• Verlust künftiger Aufträge aufgrund von Fehlern in vorausgegangenen Lieferungen • Verlust verärgerter Kunden • Mehraufwand für Werbung u.Ä. aufgrund von Qualitätseinbrüchen
Quelle: in Anlehnung an Seghezzi 1997, S. 181
Schaubild 13-7: Erweiterte Gliederung der Fehlerkosten nach der Fehlerkostenrechnung
• Direkte...
• ...und indirekte Fehlerkosten
Während der Ort der Fehlerentstehung auch bei der tätigkeitsorientierten Einteilung der qualitätsbezogenen Kosten zur Differenzierung der Fehlerkosten herangezogen wird, führt die Berücksichtigung der Fehlerkonsequenzen zu einer weiteren Spezifizierung der Fehlerkosten. Zu den direkten Fehlerkosten gehören solche Kosten, deren Entstehung eindeutig auf einen Fehler zurückgeführt werden kann und die i. d. R. eindeutig Kostenstellen und -trägern zuzuordnen sind. Indirekte Fehlerkosten werden durch die Analyse und Behebung von Fehlern generiert. Schließlich repräsentieren die fehlerbedingten Opportunitätskosten keine tatsächlich auftretenden Kosten, sondern entgangene Deckungsbeiträge bzw. Gewinne. Auf Basis der Kosteneinteilungen nach dem Konzept qualitätsbezogener Kosten werden unterschiedliche theoretische Zusammenhänge zwischen den Kategorien und den qualitätsbezogenen Gesamtkosten hypothetisiert.
13.2 Kritische Würdigung des Konzeptes qualitätsbezogener Kosten
451
13.2 Kritische Würdigung des Konzeptes qualitätsbezogener Kosten Neben den Unterschieden zwischen den drei Ansätzen des Konzeptes qualitätsbezogener Kosten weist dieses Konzept einige generelle Problemfelder auf, die folgende Aspekte betreffen (Bruhn/Georgi 1999, S. 64ff.): 5 5 5 5
• Problemfelder des Konzeptes qualitätsbezogener Kosten
Konzeptionelle Schlüssigkeit, Praktikabilität, Vollständigkeit, Interpretierbarkeit.
Bei der Betrachtung der konzeptionellen Schlüssigkeit ist eine mangelnde Berücksichtigung des Investitionscharakters von Maßnahmen des Qualitätsmanagements anzumerken (Bruhn 1998, S. 135f.). In diesem Zusammenhang werden im Rahmen des Konzeptes nicht positive und negative Wirkungen von Qualitätsmaßnahmen getrennt voneinander betrachtet. Vielmehr werden die Kosten zur Erstellung von Qualität und die Kosten, die auf mangelnde Qualität zurückzuführen sind, summiert. Die entsprechende Summe wird als qualitätsbezogene Gesamtkosten bezeichnet. Auf diese Weise ist eine konsequente Gegenüberstellung von positiven und negativen finanziellen Konsequenzen des Qualitätsmanagements nicht möglich. Weiterhin wird nicht durchgängig ersichtlich, dass diejenigen Kosten, die aufgrund des Qualitätsmanagements entstehen, einen bestimmten Zweck erfüllen, der durch den Nutzen des Qualitätsmanagements repräsentiert wird. Somit wird der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen den negativen finanziellen Konsequenzen, die durch die Durchführung der Maßnahmen entstehen, und den positiven Konsequenzen nicht ersichtlich. Diese Argumentation wird bei Betrachtung des vielfach anzutreffenden Begriffes „Qualitätskosten“ noch verstärkt (Bruhn 1998, S. 136), der den Eindruck entstehen lässt, dass die finanziellen Konsequenzen des Qualitätsmanagements lediglich in Kosten bestehen. Insbesondere vor dem Hintergrund entgangenen Nutzens aufgrund einer gerin-
• Konzeptionelle Schlüssigkeit
• Begriff „Qualitätskosten“
452
• Interpretierbarkeit
• Praktikabilität
• Vollständigkeit
13 Qualitätskosten-Controlling
geren Kundenbindung usw. ist der Begriff „Qualitätskosten“ – wie bereits erwähnt – irreführend. Aus der mangelnden konzeptionellen Schlüssigkeit folgt, dass hinsichtlich der Interpretierbarkeit der Analyseergebnisse auf Basis des Konzeptes qualitätsbezogener Kosten keine Aussagen über die Profitabilität von Qualitätsmaßnahmen getroffen werden können. Dies liegt darin begründet, dass diejenigen Kosten betrachtet werden, die mit Qualität in Zusammenhang stehen, jedoch keine konsequente Kosten-Nutzen-Betrachtung vorgenommen wird. Insbesondere ist eine Maßnahmenbeurteilung nicht durchführbar. Beispielsweise treten im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt zu einem bestimmten Zeitpunkt entweder Konformitätsoder Nichtkonformitätskosten auf. Auf diese Weise ist eine konsequente Gegenüberstellung der positiven und negativen finanziellen Konsequenzen des Qualitätsmanagements nicht möglich. Im Hinblick auf die Praktikabilität des Ansatzes ist zunächst positiv zu erwähnen, dass die jeweiligen Einteilungen in ihrer Darstellung nachvollziehbar sind und eine hohe Übersichtlichkeit aufweisen. Diese Argumente begründen auch die hohe Verbreitung des Konzeptes in der Praxis (vgl. z. B. Wildemann 1995). Demgegenüber ist jedoch festzustellen, dass die Kategorisierung der qualitätsbezogenen Kosten meist nach ihrer eigentlichen Erfassung vorgenommen wird. Somit ist vor allem die Datenpräsentation Ziel der Betrachtung qualitätsbezogener Kosten. Dies hat zur Folge, dass die qualitätsbezogenen Kosten nicht direkt mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens in Zusammenhang stehen und nicht gemäß ihrer Entstehung strukturiert sind (Dale/Plunkett 1999). Bezüglich der Vollständigkeit der Kategorisierungen qualitätsbezogener Kosten ist zunächst anzumerken, dass aufgrund der Vergangenheitsorientierung des Konzeptes eine proaktive Wirtschaftlichkeitsanalyse nicht durchführbar ist. Auch wenn nach der wirkungsorientierten Kosteneinteilung Ausgaben für Qualitätsverbesserungen (Konformitätskosten) eher von nutzenrelevanten Größen (Nichtkonformitätskosten als entgangener
13.2 Kritische Würdigung des Konzeptes qualitätsbezogener Kosten
Nutzen) getrennt werden können (Wildemann 1995, S. 269), lässt diese Kosteneinteilung eine proaktive Wirtschaftlichkeitsanalyse nicht zu. Daher lässt sich eine Quantifizierung der qualitätsbezogenen Kosten lediglich zur Identifizierung und Verdeutlichung von qualitätsbezogenen Verbesserungspotenzialen, jedoch weniger zur wirkungsgerechten Planung und Kontrolle entsprechender Verbesserungsmaßnahmen einsetzen. Weiterhin repräsentieren selbst bei der wirkungsorientierten Kategorisierung die Nichtkonformitätskosten nur einen Teil des Nutzens des Qualitätsmanagements (in Form eines entgangenen Nutzens), da kundenverhaltensbezogene Wirkungen, wie die Erhöhung der Kauffrequenz oder der Mund-zu-Mund-Kommunikation, vollständig vernachlässigt werden. Die Kritikpunkte am Konzept qualitätsbezogener Kosten resultieren in der Notwendigkeit, im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsanalysen des Qualitätsmanagements dessen Kosten und Nutzen konsequent zu analysieren.
453
14
Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
Ein systematisches und effektivitätsorientiertes Qualitätsmanagement richtet sich an der Erfolgskette des Qualitätsmanagements aus, in der die Wirkungen des Qualitätsmanagements auf das Kundenverhalten und damit den Unternehmenserfolg strukturiert sind (vgl. Kapitel 1). Damit spielen diese Wirkungen auch eine wichtige Rolle im Rahmen des Controlling des Qualitätsmanagements. Ziel des Erfolgsketten-Controlling ist es zu überprüfen, inwiefern durch ein Unternehmen die durch das Qualitätsmanagement angestrebten Wirkungen, d. h. vor allem Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, erreicht wurden. Seine konzeptionelle Basis hat das Erfolgsketten-Controlling in den so genannten Nationalen Kundenbarometern.
14.1 Nationale Kundenbarometer als konzeptionelle Basis Ende der 1980er Jahren wurden erstmals Nationale Kundenbarometer eingeführt. Seitdem stellen sie ein wesentliches Element der Diskussionen von Forschung und Praxis zur Messung der Wirkungen des Qualitätsmanagements dar. Ein wesentlicher Aspekt des Konzeptes der Nationalen Kundenbarometer ist es, dass sie an der Erfolgskette des Qualitätsmanagements anknüpfen und damit der Vorläufer eines unternehmensspezifischen Erfolgsketten-Controlling darstellen.
• Nationale Kundenbarometer als konzeptionelle Basis des ErfolgskettenControlling
456
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
14.1.1 Konzept von Nationalen Kundenbarometern • Nationale Kundenbarometer… • …in Schweden
• …in den USA • …in Deutschland
• …in Europa
• Definition Nationaler Kundenbarometer
Nationale Kundenbarometer nehmen eine zunehmend bedeutende Rolle als volkswirtschaftlich relevanter Faktor ein. Der Beginn dieser Entwicklung ist Anfang der 1980er Jahre zu sehen. 1989 startete das Swedish Customer Satisfaction Barometer (SCSB) mit der Untersuchung der Zufriedenheit mit den größten Unternehmen Schwedens in verschiedenen Branchen (Fornell 1992; Meyer/Dornach 1995b, S. 444ff.). 1994 wurde erstmals der American Customer Satisfaction Index (ACSI) ermittelt, der sich eng an der Konzeption des schwedischen Vorbildes orientiert. In Deutschland werden seit 1992 nationale Zufriedenheitsdaten im Rahmen des Kundenmonitors Deutschland (ehemals Deutsches Kundenbarometer) erhoben (Meyer/ Dornach 1995a). Zentraler Nachteil der aufgeführten Nationalen Kundenbarometer ist, dass ein internationaler Vergleich der Daten verschiedener Nationaler Kundenbarometer nahezu unmöglich ist, da in den meisten Ländern unterschiedliche Ansätze zur Messung der Kundenzufriedenheit verfolgt werden. Dies ist insbesondere für international aktive Unternehmen äußerst unbefriedigend. Vor diesem Hintergrund fand im Jahre 1999 – initiiert durch die Europäische Kommission und organisiert durch die European Organisation for Quality (EOQ) sowie die European Foundation for Quality Management (EFQM) – eine Pilotmessung im Rahmen des European Performance Satisfaction Index (EPSI) statt. Dieses Europäische Barometer ermöglicht neben der branchenübergreifenden Messung von Zufriedenheit auch eine internationale Vergleichbarkeit der Daten. Zur begrifflichen Fassung von Nationalen Kundenbarometern kann die folgende Definition zugrunde gelegt werden: Ein Nationales Kundenbarometer ist eine branchenübergreifende Untersuchung durch eine neutrale Institution, die mittels periodischer Erhebungen die Kundenzufriedenheit sowie damit zusammenhängende Frage-
14.1 Nationale Kundenbarometer als konzeptionelle Basis
457
stellungen in zahlreichen Sektoren, Branchen und Unternehmen einer Nation bzw. eines Wirtschaftsraumes misst (in Anlehnung an Bruhn/Murmann 1998, S. 49f.).
Die Ziele Nationaler Kundenbarometer umfassen neben den betriebswirtschaftlichen häufig zusätzlich volkswirtschaftliche Zielsetzungen. In diesem Zusammenhang können gesellschafts-, unternehmens- und kundenbezogene Ziele unterschieden werden. Schaubild 14-1 zeigt mögliche Ziele von Nationalen Kundenbarometern in einer Übersicht. Aus der generellen Messproblematik von Dienstleistungsqualität und Kundenzufriedenheit sowie den Erfahrungen der bereits institutionalisierten Barometer ergeben sich verschiedene Anforderungen an Nationale Kundenbarometer (vgl. z. B. NQRC 1994, S. 11ff.; Meyer/ Dornach 1995b; ausführlich Bruhn/Murmann 1998; Hansen/Hennig-Thurau 1999):
Ziele von Nationalen Kundenbarometern
Gesellschaftsbezogene Ziele
Unternehmensbezogene Ziele
Kundenbezogene Ziele
• Steigerung des Lebensstandards • Ergänzung der quantitativen, volkswirtschaftlichen Outputrechnungen • Aufzeigen von Wachstumsmöglichkeiten • Hinweis auf Handlungsbedarf der Wirtschaftspolitik
• Steigerung der Kundenorientierung • Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Erwartung, Zufriedenheit und Kaufverhalten • Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit • Bereitstellung qualitätsbezogener Kennziffern • Benchmarking
• Entscheidungshilfe bei der Planung von Leistungskäufen • Messlatte für Erwartungen
Schaubild 14-1: Ziele von Nationalen Kundenbarometern
• Ziele Nationaler Kundenbarometer
• Die Anforderungen an Nationale Kundenbarometer umfassen…
458
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
• …Validität
• …Reliabilität
• …Vorhersagekraft
• …Repräsentativität
• …Einfachheit von Erhebung und Auswertung
• ...Einfachheit der Interpretation
5 Eine erste Anforderung an Nationale Kundenbaro-
meter betrifft die Validität der Messung der Kundenzufriedenheit. Dieses Kriterium gibt an, ob die individuellen Messungen das zugrunde liegende Konstrukt „Kundenzufriedenheit“ tatsächlich wiedergeben. Eine wesentliche Determinante der Validität eines Zufriedenheitsbarometers ist die Kategorienzahl der verwendeten Skala, die positiv mit der Validität der Messung korreliert (Andrews 1984). 5 Außerdem ist die Reliabilität (Zuverlässigkeit) der Zufriedenheitsmessungen zu berücksichtigen. Eine Messung ist umso reliabler, je mehr die Schwankungsbreite der Messungen auf Veränderungen der Kundenzufriedenheit und nicht auf andere Faktoren zurückzuführen ist. Eine sehr reliable Messung äußert sich in stabilen Ergebnissen im Zeitablauf bzw. gleichen Ergebnissen beim mehrmaligen Einsatz desselben Messinstrumentariums. 5 Ferner ist bei der Beurteilung von Zufriedenheitsindizes die Vorhersagekraft der Ergebnisse zu betrachten. Hierbei geht es um die Auswirkungen von veränderten Zufriedenheitswerten auf die Kundenbindung in Form von Wiederkaufabsicht, Empfehlungsverhalten, Cross Selling u. a. 5 Weiterhin ist die Repräsentativität der Ergebnisse zu berücksichtigen. Dies setzt voraus, dass die berücksichtigten Unternehmen einen möglichst großen Anteil volkswirtschaftlicher Größen, z. B. des Bruttosozialproduktes, bezüglich einer gesamten Wirtschaft oder einer Branche ausmachen. 5 Um eine angemessene Vorgehensweise bei der Durchführung der Zufriedenheitsmessungen zu gewährleisten, ist zudem auf eine gewisse Einfachheit der Erhebung und Auswertung zu achten. Zur Steigerung der Aussagefähigkeit der ermittelten Ergebnisse ist bezüglich der mit der Messung in Zusammenhang stehenden Daten eine möglichst hohe Aktualität sicher zu stellen. 5 Ein weiteres Kriterium ist die Einfachheit der Interpretation der Ergebnisse, d. h., es ist ein möglichst einfaches Ablesen der Indikatorwerte zu gewährleisten.
14.1 Nationale Kundenbarometer als konzeptionelle Basis
5 Schließlich ist es notwendig, dass das Messinstrumen-
tarium eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse innerhalb einer Volkswirtschaft oder Branche bietet.
459
• …Vergleichbarkeit der Ergebnisse
14.1.2 Darstellung des European Performance Satisfaction Index (EPSI) Um den European Performance Satisfaction Index zu etablieren, wurden im Frühjahr 1999 in 12 europäischen Ländern – Deutschland hat sich an der Pilotstudie nicht beteiligt – parallel Untersuchungen zur Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sowie deren Einflussfaktoren durchgeführt (die bisher letzte Erhebung fand 2002 statt): 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5
• EPSI-Pilotuntersuchung
Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Italien, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien.
Schaubild 14-2 zeigt das EPSI-Modell, in dem das Image des Unternehmens, die Kundenerwartungen, die Qualität des Leistungsangebots sowie der durch den Kunden wahrgenommene Nutzen als interdependente Einflussfaktoren der Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung als Zufriedenheitswirkung enthalten sind. Innerhalb des Kausalmodells werden diese Strukturvariablen als latente Konstrukte aufgefasst, die mehrdimensional anhand so genannter Indikatorvariablen gemessen werden, über deren Ausprägungen aus Kundensicht eine Ermittlung der Werte für die Strukturvariablen erfolgt. Für die Kundenzufriedenheit werden die Indikatoren „Gesamtzufriedenheit“, „Erfüllung der
• EPSI-Modell
460
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
Image
Kundenerwartungen
Wahrgenommener Nutzen
Kundenzufriedenheit
Kundenbindung
Wahrgenommene Hardware-Qualität Wahrgenommene SoftwareQualität
Quelle: EPSI 2005
Schaubild 14-2: Strukturmodell des European Performance Satisfaction Index (EPSI)
• Kausalanalyse als methodische Basis…
• …zur Ermittlung von UrsacheWirkungsZusammenhängen
Kundenerwartungen“ und „Vergleich des Anbieters mit einem Idealanbieter“ eingesetzt. Zur Operationalisierung der Erwartungen und der Qualität dienen – ähnlich wie bei den merkmalsorientierten Verfahren (z. B. SERVQUAL) – Leistungsmerkmale des Anbieters. Typische Indikatorvariablen der Kundenbindung sind die Wiederwahlbereitschaft und die Weiterempfehlungsbereitschaft. Das Kausalmodell wird auf Basis der beim Kunden erhobenen Ausprägungen der Indikatorvariablen mit Hilfe der Kausalanalyse geschätzt, die in zahlreichen Iterationen die bestmögliche Wiedergabe der „realen“ Zusammenhänge zwischen den Variablen durch das Modell identifiziert. Als Ergebnis liefern entsprechende Statistikprogramme (z. B. LISREL, Amos, PLS) die Stärke der Beziehungen zwischen den Variablen des Modells. Die Stärke der Beziehungen zwischen den Strukturvariablen (z. B. Einfluss des wahrgenommenen Nutzens auf die Kundenzufriedenheit) werden durch Strukturparameter quantifiziert. Die Stärke der Zusammenhänge zwischen den Strukturvariablen und den jeweiligen
14.1 Nationale Kundenbarometer als konzeptionelle Basis
Indikatorvariablen wird durch Messparameter zum Ausdruck gebracht. Diese Messparameter können als Bedeutungsgewichte der einzelnen Indikatorvariablen interpretiert werden. Sie werden zur Bildung von Indizes (z. B. Qualitätsindex, Zufriedenheitsindex, Kundenbindungsindex) über die Strukturvariablen herangezogen, indem die Mittelwerte einer Strukturvariablen über eine Gewichtung mit Hilfe der Messparameter aggregiert werden. Durch die Indexbildung wird eine Vergleichbarkeit, z. B. der Kundenzufriedenheit, sowohl im Zeitablauf als auch zwischen verschiedenen Anbietern ermöglicht. Primäres Ziel des Europäischen Kundenbarometers EPSI ist die Entwicklung eines Systems von leistungsorientierten Indikatoren, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen verbessern zu können. Der European Performance Satisfaction Index (EPSI) bezweckt dadurch sowohl für das einzelne Unternehmen, seine Branche als auch die Gesellschaft als Ganzes Nutzen zu entwickeln. Um dies zu ermöglichen, werden durch den EPSI auf Basis einer länderübergreifend identischen Methodik, einheitlicher Fragebögen, zeitlich paralleler Untersuchungen sowie einheitlicher Auswertungsverfahren Daten zur Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sowie zu deren Einflussfaktoren erhoben, die aussagekräftige internationale Vergleiche der Kundenzufriedenheit ermöglichen. Die Datenerhebung selbst erfolgt auf dem Wege von Telefoninterviews bei den Kunden. Als Kunde wird hierbei eine Person aufgefasst, die zufällig aus der Gesamtheit potenzieller Käufer ausgewählt wird und in der jüngsten Vergangenheit Erfahrungen mit spezifischen Anbietern von Produkten und Dienstleistungen in dem jeweiligen Land gemacht hat. Konkrete Vorteile durch den European Performance Satisfaction Index entstehen sowohl für Unternehmen als auch für Konsumenten. So wird für Anbieter eines Landes und einer Branche der Vergleich der Zufriedenheit der nationalen Kunden mit der Kundenzufriedenheit in dieser Branche in Frankreich, Italien und Schwe-
461
• …zur Ermittlung von Indizes
• Ziele des EPSI
• Vorteile des EPSI
462
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
den möglich. Das Beispiel 14-1 zeigt den internationalen Vergleich in Bezug auf die Kundenzufriedenheit für die Bankenbranche. Der Anbieter erhält dabei nicht nur Informationen zu seiner eigenen Position im internationalen Zufriedenheitsvergleich, sondern kann auch im direkten Unternehmensvergleich Ansatzpunkte erkennen, um sein Leistungsangebot zu verbessern. Beispiel 14-1: Kundenzufriedenheit mit Banken in Europa Das Europäische Kundenbarometer EPSI ermöglicht nicht nur den Vergleich von Unternehmen innerhalb einer Branche im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit, sondern auch den Vergleich von unterschiedlichen Ländern im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit. Dies ist insbesondere für internationale Dienstleistungsunternehmen von Relevanz, für die ein rein nationales Erfolgsketten-Controlling nur wenig aussagekräftig ist. EPSI bietet diesen Unternehmen die Möglichkeit, ihre eigene, aber auch die Zufriedenheiten der Wettbewerber in sämtlichen teilnehmenden Ländern zu betrachten. Eine Branche, für die dies bedeutend ist, ist die Bankbranche. Schaubild 14-3 zeigt die entsprechenden Ergebnisse aus dem Jahre 2002. Die Ergebnisse zeigen starke Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen den verschiedenen Ländern. Von maximal 100 Indexpunkten ist der beste Wert 76,7 (Island) und der schwächste 64,7 (Schweden). Eine tiefer gehende Analyse der EPSI-Ergebnisse zeigt zudem auf, dass sich die einzelnen Länder wesentlich im Hinblick auf die Schwankungsbreite der Zufriedenheitswerte innerhalb des jeweiligen Landes unterscheiden. In Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden bestehen relative starke Unterschiede im Hinblick auf die Zufriedenheitsangaben der Kunden, während die Schwankungsbreite in Island, Irland, Russland und Portugal sehr gering ausfällt. Damit entstehen auch Vorteile für die Konsumenten. Zum einen erhalten Unternehmen Informationen, in
14.1 Nationale Kundenbarometer als konzeptionelle Basis
Kundenzufriedenheitsindex
78 76
76,7
76,3 75,1
74 72,2 72
71,3
71,2
71,2
70,8 69,9
70
67,4
68 66
64,7
64 62 60 Island Griechenland Belgien Dänemark Frankreich Spanien
Schweiz Finnland
Portugal
Italien
Schweden
463
Quelle: EPSI 2002
Schaubild 14-3: Kundenzufriedenheit in den Bankbranchen der EPSI-Teilnehmerländer
80
464
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
• Methodische und konzeptionelle Vorteile
welchen Leistungsbereichen sie ihr Leistungsangebot gegenüber den Konsumenten verbessern können oder zwingend zu verbessern haben. Hierdurch kann die Kundenorientierung erhöht werden. Zum anderen wählen die Konsumenten beispielsweise auf Basis der veröffentlichten Ergebnisse auch aktiv jene Anbieter aus, die offensichtlich über ein besonders gutes Leistungsangebot verfügen. Gegenüber anderen Verfahren zur unternehmensgerichteten bzw. auch nationalen Messung von Kundenzufriedenheit zeichnet sich der Ansatz des European Performance Satisfaction Index durch verschiedene methodische und konzeptionelle Vorteile aus, die die besondere Leistungsfähigkeit dieses Konzepts begründen. Zu nennen sind hier zunächst die indirekte Messung der einbezogenen Konstrukte auf Basis eines Strukturmodells sowie die Auswertung der Daten mit Hilfe der Kausalanalyse. Auf diese Weise werden nicht nur Probleme einer direkten Befragung von Personen nach ihrer Zufriedenheit umgangen; es können vielmehr sowohl auf Branchen- als auch auf Unternehmensebene konkrete Aussagen dazu abgeleitet werden, welche Leistungsmerkmale in einer konkreten Branche oder für ein einzelnes Unternehmen z. B. für die Entstehung von Kundenzufriedenheit von hervorgehobener Bedeutung sind. Der besondere Nutzen des European Performance Satisfaction Index ist darüber hinaus in der Vergleichbarkeit der Resultate zwischen einzelnen Ländern, Branchen und Unternehmen begründet. Vor dem Hintergrund der Realisierung des EPSI werden sich die Branchenvergleiche und Benchmarkingstudien zukünftig nicht mehr auf die nationale Ebene beschränken. Vielmehr wird der internationale Vergleich der Ergebnisse zur Kundenzufriedenheit, zur Kundenbindung sowie zu anderen Erfolgsfaktoren in den kommenden Jahren einen starken Bedeutungszuwachs erfahren. Insbesondere für international agierende Unternehmen ist die Möglichkeit interessant, die eigene Leistungsfähigkeit mit jener der Wettbewerber in anderen Ländern zu vergleichen und so die eigene Leistung zu relati-
14.1 Nationale Kundenbarometer als konzeptionelle Basis
465
vieren sowie Ansatzpunkte für Verbesserungen zu erkennen. Internationale Benchmarkingstudien, die für viele Branchen einen bedeutenden Stellenwert aufweisen, werden sich nicht mehr nur auf einzelne, sondern auf eine Vielzahl von Erfolgsfaktoren beziehen. 14.1.3 Kritische Würdigung von Nationalen Kundenbarometern Während der wesentliche Nutzen Nationaler Kundenbarometer in einem branchenübergreifenden Vergleich der Zufriedenheit der Konsumenten zu sehen ist, werden im Folgenden einige generelle Problemfelder im Zusammenhang mit Nationalen Kundenbarometern aufgezeigt, die in theoretische und praktische Problembereiche untergliedert werden können.
• Würdigung
(1) Theoretische Problembereiche Da es sich bei Kundenbarometern um sehr komplexe Erhebungen handelt, spielt die theoretische Fundierung eine wesentliche Rolle für die Aussagekraft der Ergebnisse. Hierbei ist auf folgende Aspekte einzugehen:
• Theoretische
5 5 5 5
Nationaler Kundenbarometer
Probleme...
Zufriedenheitsbegriff, Interpersonale Zufriedenheitsvergleiche, Interleistungszufriedenheitsvergleiche, Aggregation verschiedener Zufriedenheitswerte.
Bereits im Rahmen der Darstellung verschiedener Kundenbarometer ist deutlich geworden, dass die diversen Ansätze z. T. unterschiedliche Zufriedenheitsbegriffe zugrunde legen. Dies liegt vor allem darin begründet, dass in der Zufriedenheitsforschung keine Einigkeit bezüglich einer allgemein gültigen Zufriedenheitsdefinition herrscht. Dies birgt das Problem einer sehr unterschiedlichen Operationalisierung des Konstruktes Zufriedenheit und somit sehr unterschiedlicher Messansätze, wodurch eine Vergleichbarkeit der Resultate verschiedener Zufriedenheitsuntersuchungen erschwert wird. Weiterhin sind zur Erstellung von Kundenbarometern notwendige interpersonale Zufriedenheitsverglei-
• …bezüglich des Zufriedenheitsbegriffs
• …bezüglich der Durchführbarkeit interpersonaler Zufriedenheitsvergleiche
466
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
• …bezüglich der Durchführbarkeit von Interleistungszufriedenheitsvergleichen
• …bezüglich der Aggregation individueller Zufriedenheitsmessungen
• Praktische Probleme...
• ...aus Sicht der Gesellschaft
che in zweierlei Hinsicht problembehaftet. Zum einen verstehen verschiedene Befragungspersonen unter dem Konstrukt Zufriedenheit unterschiedliche Sachverhalte. Zum anderen beinhalten von Probanden abgegebene Zufriedenheitsurteile stets Messfehler, die jedoch individuell unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Ferner ist die Durchführbarkeit von Interleistungszufriedenheitsvergleichen zu beleuchten. Individuen nehmen ihre Zufriedenheitsbildung bezüglich bestimmter Leistungen anhand selbstgewählter Kriterien vor (Johnson/Fornell 1990). In diesem Zusammenhang entsteht das Problem, dass für verschiedene Leistungen unterschiedliche Kriterien angelegt werden. Aus diesem Grunde ist eine Vergleichbarkeit verschiedener Leistungen oder Branchen nicht immer fehlerfrei gewährleistet. Da es bei der Aggregation individueller Zufriedenheitswerte bezüglich unterschiedlicher Leistungen zu einer Multiplikation der vorher beschriebenen Probleme kommt, ist ersichtlich, dass durch den Schritt der Aggregation die Aussagefähigkeit der Resultate von Kundenbarometern weiter eingeschränkt werden kann. (2) Praktische Problembereiche Die praktischen Problemfelder von Nationalen Kundenbarometern betreffen insbesondere die Verwendbarkeit der Resultate der Barometer für die unterschiedlichen Zielgruppen. Hierbei stehen demnach gesellschaftsbezogene, unternehmensbezogene und konsumentenbezogene Schwachpunkte im Vordergrund. Hinsichtlich der gesellschaftsbezogenen Probleme ist anzumerken, dass die dargestellten Kundenbarometer keine Vollständigkeit bezüglich der Gesamtheit der Wirtschaftssektoren, Branchen und Unternehmen aufweisen, so dass eine umfassende Ergänzung volkswirtschaftlicher Rechnungen in Frage zu stellen ist. Das Aufzeigen von Wachstumsmöglichkeiten und die Festlegung wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf der Grundlage von Kundenbarometern berücksichtigt weiterhin nicht sämtliche Branchen. Schließlich ist der Zu-
14.2 Erfolgsketten-Controlling durch unternehmensspezifische Kundenbarometer
sammenhang zwischen aggregierter Kundenzufriedenheit und einem hohen Lebensstandard nicht nachgewiesen, so dass es derzeit fraglich ist, ob die Ergebnisse von Kundenbarometern Rückschlüsse auf den Wohlstand einer Volkswirtschaft zulassen. Bei der Betrachtung der unternehmensbezogenen Probleme von Nationalen Kundenbarometern geht es um die Verwendbarkeit der Ergebnisse für einzelne Unternehmen. Es ist zwar möglich, die Position eines Unternehmens innerhalb einer Branche aus den Barometerberichten abzulesen; allerdings bedeutet dies nicht zweifelsfrei, dass die im Barometer führenden Unternehmen größeren ökonomischen Erfolg haben. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Interbranchenvergleichbarkeit problembehaftet. Schließlich gilt es, die kundenbezogenen Probleme von Zufriedenheitsbarometern zu beleuchten. Bei der Beschreibung des Nutzens von Nationalen Kundenbarometern für den einzelnen Konsumenten wird häufig angeführt, dass die ermittelten Zufriedenheitswerte eine Entscheidungsgrundlage bei der Planung zukünftiger Käufe darstellen. Da die in diesem Zusammenhang besonders interessanten Branchenberichte nur zu sehr hohen Kosten erworben werden können, ist zu bezweifeln, ob dem einzelnen Konsumenten dieser Nutzen tatsächlich entsteht. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Nationale Kundenbarometer für unterschiedliche Zielgruppen zufriedenheitsbezogene Vergleiche zwischen den Leistungen unterschiedlicher Branchen und Unternehmen vereinfachen, dass dies jedoch auch mit einigen Problemen verbunden ist. Ein Teil der diskutierten Schwachpunkte wird umgangen, wenn Dienstleistungsunternehmen individuelle Kundenbarometer entwickeln, bei denen auf der einen Seite eine Orientierung am Grundkonzept der Nationalen Kundenbarometer vorgenommen wird, auf der anderen Seite aber auch unternehmensspezifische Besonderheiten einfließen.
467
• ... aus Sicht der Unternehmen
• ...aus Sicht der Kunden
• Gesamtwürdigung
468
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
14.2 Erfolgsketten-Controlling durch unternehmensspezifische Kundenbarometer • Unternehmensindividuelle Anwendung in Form von Kundenbarometern
• Vorgehen zur Identifikation von Indikatoren der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität
Die Methodik Nationaler Kundenbarometer nutzen Unternehmen zunehmend für eine unternehmensgesteuerte Messung der Erfolgswirkungen des Qualitätsmanagements in Form so genannter unternehmensindividueller Kundenbarometer, deren Kern Indexsysteme bilden. Die Vorgehensweise dieser Indexsysteme entspricht derjenigen der Nationalen Kundenbarometer. Zwischen den beiden Verfahren bestehen jedoch Unterschiede im Hinblick auf die Berücksichtigung von Unternehmensspezifika und die Nutzung der Ergebnisse. Da das Indexsystem für ein einzelnes Unternehmen spezifisch entwickelt wird, erfolgt eine exaktere Ausrichtung der einzubeziehenden Leistungsmerkmale auf die Besonderheiten des Unternehmens und seiner Kunden. Bezüglich der Nutzung der Ergebnisse ist zum einen kein direkter Vergleich mit den Wettbewerbern möglich – außer das betrachtete Unternehmen erhebt die entsprechenden Werte auch bei Kunden der Wettbewerber. Zum anderen erlaubt die spezifische Ausgestaltung des Modells eine Ableitung von konkreterem Handlungsbedarf sowie den (internen) Vergleich verschiedener Unternehmensbereiche. Der Methodik der Nationalen Kundenbarometer folgend, liegen Indexsystemen Kausalmodelle zugrunde, in denen die Beziehungen zwischen affektiv-kognitiven und verhaltensbezogenen Größen gesamthaft abgebildet werden. Innerhalb der Kausalmodelle werden diese Strukturvariablen als latente Konstrukte aufgefasst, die mehrdimensional anhand so genannter Indikatorvariablen gemessen werden (z. B. Merkmale einer Dienstleistung als Indikatoren für die wahrgenommene Dienstleistungsqualität). Zur Identifizierung der entsprechenden Indikatorvariablen wird in drei Schritten vorgegangen (vgl. zur Vorgehensweise Churchill 1979; Georgi 2000; Hadwich 2003; Siems 2003):
14.2 Erfolgsketten-Controlling durch unternehmensspezifische Kundenbarometer
(1) Definition der Dienstleistungen und Kundensegmente Ausgangsbasis der Entwicklung einer unternehmensindividuellen Skala zur Messung der Dienstleistungsqualität ist die Bestimmung der Dienstleistungen, deren Qualität es zu messen gilt, und die Festlegung der Kunden bzw. Kundensegmente, deren Qualitätsbedürfnisse und -urteile sowie der Kundenzufriedenheit und -bindung zu berücksichtigen sind.
• Definition der
(2) Sammlung potenzieller Messindikatoren Im nächsten Schritt sind alle generell für die unternehmensindividuelle Dienstleistungsqualität in Frage kommenden Messindikatoren zu ermitteln. Wichtiges Ziel dieser Phase ist die Vollständigkeit der zu erfassenden Aspekte, d. h., dass viele unterschiedliche Merkmale gesammelt werden, die im Hinblick auf die Dienstleistungsqualität für den Kunden nach Möglichkeit von Relevanz sind. Zur Identifizierung der Einzelmerkmale für die Dienstleistungsqualität lassen sich verschiedene Quellen heranziehen. Zunächst werden oftmals Studien aus der Literatur genutzt, in deren Rahmen Dienstleistungsqualität z. B. in der gleichen oder einer ähnlichen Branche bereits gemessen wurde (Sekundärforschung). Darüber hinaus ist ein Einsatz von mündlichen Kundenbefragungen sinnvoll, wie beispielsweise Fokusgruppeninterviews oder Tiefeninterviews mit Einzelpersonen (Qualitative Marktforschung). Als Ergebnis dieses explorativen Vorgehens resultiert – u. U. nach der Durchführung von Pretests – eine Itembatterie mit einer Reihe von Einzelmerkmalen, die in einem weiteren Schritt vielfach zur Messung der Dienstleistungsqualität herangezogen werden. Eine konfirmatorische Vorgehensweise und theoretische Festlegung von Messindikatoren bietet sich bei Konstrukten an, für die in der Literatur bewährte Messskalen vorliegen.
• Sammlung
(3) Selektion der relevanten Messindikatoren Auf Basis einer quantitativen Studie sind dann die relevanten Messindikatoren für die Dienstleistungsqualität sowie die dahinter stehenden Faktorstrukturen und Di-
• Selektion der
Dienstleistungen und Kundensegmente
potenzieller Messindikatoren
relevanten Messindikatoren
469
470
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
• Nutzung der Ergebnisse der Kausalanalyse
• Bildung von Indizes
mensionen zu identifizieren. Im Rahmen der exploratorischen und konfirmatorischen Analysen sind die Reliabilität und Validität der Messmodelle zu überprüfen. Zur Überprüfung der Konzeptualisierung der ausgewählten Konstruktindikatoren und zur Untersuchung der Faktorstruktur der Konstrukte und den dahinter stehenden Dimensionen wird unter Einsatz der exploratorischen und konfirmatorischen Faktorenanalyse ein iterativer Prozess durchlaufen. Dabei dienen verschiedene Gütemaße mit festgelegten Mindestwerten als Selektionskriterien. Am Ende dieses Prozess steht ein Set von Indikatoren, das geeignet ist, die wahrgenommene Dienstleistungsqualität zuverlässig und valide zu messen. Auf Basis der beim Kunden erhobenen Ausprägungen der Indikatorvariablen wird das dem Kundenbarometer zugrunde liegende Kausalmodell mit Hilfe der Kausalanalyse geschätzt, die in zahlreichen Iterationen die bestmögliche Wiedergabe der „realen“ Zusammenhänge zwischen den Variablen durch das Modell identifiziert. Als Ergebnis liefern entsprechende Statistikprogramme (z. B. LISREL, Amos) die Stärke der Beziehungen zwischen den Variablen des Modells. Die Stärke der Beziehungen zwischen den Strukturvariablen (z. B. Einfluss der Kundenzufriedenheit auf die Kundenbindung) werden durch Strukturparameter quantifiziert. Die Stärke der Zusammenhänge zwischen den Strukturvariablen und den jeweiligen Indikatorvariablen wird durch Messparameter zum Ausdruck gebracht (vgl. Schaubild 14-4). Eine Nutzung der Ergebnisse der Kausalanalyse im Rahmen des Erfolgsketten-Controlling kann in zweierlei Hinsicht erfolgen: (1) Zunächst kann eine Bildung von Indizes (z. B. Qualitätsindex, Zufriedenheitsindex, Kundenbindungsindex) vorgenommen werden, indem die Mittelwerte einer Strukturvariablen über eine Gewichtung mit Hilfe der Messparameter aggregiert werden. Die Indexierung ermöglicht eine Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen, aber beispielsweise auch im Zeitablauf (vgl. Beispiel 14-2).
14.2 Erfolgsketten-Controlling durch unternehmensspezifische Kundenbarometer
(2) Darüber hinaus kann eine Zusammenhangsanalyse zwischen den Größen der Erfolgskette durchgeführt werden. Auf diese Weise wird z. B. ersichtlich, in welchem Ausmaß die affektiv-kognitiven Zielgrößen zur Realisierung der verhaltensbezogenen Zielgrößen beitragen.
471
• Zusammenhangsanalyse
Beispiel 14-2: Kundenzufriedenheit und Dauer der Geschäftbeziehung Ein Schweizer IT-Anbieter lässt seine Kunden regelmäßig die Qualität der Leistungen des Unternehmens sowie weitere Folgegrößen der Dienstleistungsqualität (z. B. Beziehungsqualität, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung) bewerten. Die Befragungsergebnisse werden jeweils in Form eines so genannten Indexsystems analysiert und interpretiert. Da bei dem Dienstleister die Kundenbeziehungen im Vordergrund stehen, stellt ein wichtiger
Tangibles Umfeld (6,8*) Zuverlässigkeit (5,3) Reaktionsfähigkeit (3,9) Leistungskompetenz (4,3)
0,8 Kundenzufriedenheitsindex (81)
0,3*** 0,7
0,7
0,8 Qualitätsindex (77**)
0,4 0,6
0,9
0,60
Erwartungsabgleich (8,2) Gesamtzufriedenheit (8,4) Idealdiskrepanz (7,8)
0,7 Kundenwertindex (77) 0,4
0,6
0,8 0,7
Einfühlungsvermögen (3,9)
Beschwerdekanalzufriedenheit (5,8)
0,7
Beschwerdereaktionszufriedenheit (6,9)
0,6
0,9
0,7
Beschwerdezufriedenheitsindex (67)
Customer Life Time Value (7,9)
CrossBuyingAbsicht (6,9)
0,8 Kundenbindungsindex (75)
Kundendeckungsbeitrag (6,8)
Weiterempfehlungsabsicht (7,5) Wiederwahlabsicht (7,9)
* Mittelwerte auf einer Skala von 1 (Sehr schlecht) bis 10 (Sehr gut) ** Indexwerte von 0 bis 100 *** Werte der Zusammenhänge zwischen 0 und 1,0
Schaubild 14-4: Beispiel eines Index-Systems
472
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
Index 85 80 75 70 65 60
Bis 1 Jahr
Beziehungsqualität Kundenzufriedenheit
1-4 Jahre Kundendauer
Mehr als 4 Jahre
Kundendialog Kundenbindung
Quelle: Bruhn/Frommeyer 2004, S. 70
Schaubild 14-5: Wirkungen der Dienstleistungsqualität in Abhängigkeit von der Dauer der Kundenbeziehung
Analyseaspekt die Entwicklung der Dienstleistungsqualität und ihrer Wirkungen im Laufe einer Kundenbeziehung dar. Schaubild 14-5 zeigt die Entwicklung der entsprechenden Werte in Abhängigkeit von der Länge der Kundenbeziehungen der befragten Kunden. Dabei ist interessant, dass sich die Angaben der Kunden nicht linear entwickeln, d. h., die Wahrnehmungen der Kunden verbessern sich beispielsweise nicht linear mit zunehmender Beziehungsdauer. Vielmehr fallen die Werte zu Beginn der Kundenbeziehung („bis 1 Jahr“) relativ gut aus („Honeymoon“), während sie in den Folgejahren („1–4 Jahre“) zunächst stark abfallen („erste Krise“). In langjährigen Kundenbeziehungen („mehr als 4 Jahre“) sind die Werte in Bezug auf die meisten Variablen am stärksten („Alte Liebe“).
14.2 Erfolgsketten-Controlling durch unternehmensspezifische Kundenbarometer
Im Rahmen des Erfolgsketten-Controlling können durch die Indexsysteme im Rahmen der Kundenbarometer die Wirkungen des Qualitätsmanagements bestimmt und analysiert werden. Auf Basis der Bewertung der Indikatorvariablen können Maßnahmen in die Wege geleitet werden, die an den zentralen Defiziten ansetzen. Als Instrument zur Ermittlung des Handlungsbedarfs werden so genannte Aktivitätenportfolios erstellt, durch das sich erste strategische Stoßrichtungen der zukünftigen Instrumentalstrategien erkennen lässt. Innerhalb des Aktivitätenportfolios werden die ermittelten Kundenwahrnehmung in Bezug auf die Qualitätsdimensionen sowie deren Bedeutung aus Kundensicht (Wichtigkeit) gegenübergestellt. Dabei werden die erfragten Indikatorvariablen (z. B. Zuverlässigkeit) mit der Kundenzufriedenheit in Beziehung gesetzt. Besteht ein hoher Zusammenhang zwischen Indikatorvariab-
Hoch
4
• Reaktionsfähigkeit
• Erstellung von Aktivitätenportfolios
• Erstellung eines Aktivitätenportfolios
Standard halten
3
Keine Investitionen • Tangibles Umfeld
Gering
Aktivitätenportfolio
Beurteilung der Qualität
Schaubild 14-6: Beispiel eines Aktivitätenportfolios
1
• Zuverlässigkeit
• Einfühlungsvermögen • Leistungskompetenz
Selektieren Gering
Bedeutung für den Kunden
Ausbauen
473
Hoch
2
474
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
• Handlungsimplikationen aus dem
len und Kundenzufriedenheit, handelt es sich um ein wichtiges Merkmal. Besteht hingegen ein vergleichsweise geringer Zusammenhang, ist das Merkmal als eher nicht wichtig einzustufen. Schaubild 14-6 zeigt beispielhaft ein Aktivitätenportfolio.
Aktivitätenportfolio
Quadrant 1 Im ersten Quadranten sind sämtliche Leistungsparameter eingeordnet, die bislang sehr gut erfüllt werden (im Beispiel „Zuverlässigkeit“). Dieser Standard ist in Zukunft auf dem aktuellen Niveau zu halten. Quadrant 2 Hinsichtlich der Faktoren im zweiten Quadranten ist ebenfalls kein akuter Handlungsbedarf zu erkennen (im Beispiel „Tangibles Umfeld“). Die Kunden beurteilen die Leistungen des Dienstleistungsunternehmens in diesen Punkten als sehr gut. Allerdings sind diese Aspekte für die Kundenzufriedenheit auch weniger wichtig. In der Folge sind in diesem Bereich grundsätzlich keine zusätzlichen, neuen Investitionen zu ergreifen. Quadrant 3 Im dritten Quadranten sind Leistungsdimensionen mit geringer Qualität sowie eher geringer Wichtigkeit eingeordnet (im Beispiel „Reaktionsfähigkeit“). Als strategische Stoßrichtung wird eine Selektionsstrategie empfohlen, d. h., hinsichtlich der einzelnen Leistungsdimensionen gilt es zu prüfen, welche Maßnahmen kurzfristig, ohne übermäßige Investitionen, ergriffen werden können. Quadrant 4 Im vierten Quadranten sind all jene Leistungsdimensionen zu finden, bei denen mit erster Priorität Maßnahmen zur Leistungsverbesserung zu ergreifen sind (im Beispiel „Einfühlungsvermögen“ „Leistungskompetenz“). Es wurden relativ hohe Wichtigkeiten ermittelt, die Leistungen werden hingegen als verbesserungsfähig beurteilt.
14.2 Erfolgsketten-Controlling durch unternehmensspezifische Kundenbarometer
Beispiel 14-3 zeigt darüber hinaus die konkrete Anwendung des Aktivitätenportfolios durch einen Schweizer IT-Dienstleister. Beispiel 14-3: Priorisierung von Qualitätsmerkmalen bei einem Schweizer IT-Dienstleister Ein Schweizer IT-Dienstleister hatte zur Beurteilung seiner Dienstleistungsqualität und der entsprechenden Folgewirkungen, also Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, ein Kundenbarometer eingeführt, das jährlich erhoben wurde. Als Qualitätsdimensionen identifizierte das Unternehmen dabei die Kernleistung, das Projektmanagement, die Professionalität und das Einfühlungsvermögen. Auf der Grundlage einer solchen Erhebung bezüglich der erwähnten Qualitätsdimensionen, der Kundenzufriedenheit und der Kundenbindung wurde ein Aktivitätenportfolio gebildet, das die einzelnen Qualitätsdimensionen im
Hoch
Standard halten
Kernleistung
Einfühlungsvermögen Projektmanagement
Gering
Einfluss auf Kundenzufriedenheit
Ausbauen
Qualitätsportfolio
Professionalität
Selektieren
Überwachen
Negativ
Negativ
Qualitätswahrnehmung
Schaubild 14-7: Aktivitätenportfolio eines Schweizer IT- Dienstleisters
475
476
14 Erfolgsketten-Controlling durch Kundenbarometer
Hinblick auf die Kundenwahrnehmung sowie auf ihren Einfluss auf die Kundenzufriedenheit abbildet (vgl. Schaubild 14-7). Daraus ließen sich u. a. Maßnahmenschwerpunkte für das Qualitätsmanagement ableiten. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass die Qualitätsdimension „Einfühlungsvermögen“ eine hohe Wichtigkeit und eine hohe Ausprägung aufweist. Aus Kundensicht handelt es sich um die wichtigste Dimension, da sie gleichzeitig den höchsten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat und gleichzeitig auch gut bewertet wird. Das Einfühlungsvermögen wurde im Vorjahr noch vergleichsweise schwach beurteilt, seine Bedeutung aber als sehr hoch eingestuft. Auf Basis dieses Ergebnisses hatte die Geschäftsleitung unternehmensweite Empathieschulungen initiiert, die sich auf das Ergebnis im Folgejahr ausgewirkt haben. Dieses Ergebnis zeigt – neben der Anwendung des Aktivitätenportfolios –, dass sich bei einer konsequenten Anwendung der Qualitätsmanagementmethoden auch eher „weiche“ Faktoren mittelfristig beeinflussen lassen. • Kosten und Nutzen des Qualitätsmanagements als Analysekomponenten der Kosten-NutzenAnalyse
Die Kosten des Qualitätsmanagements auf der einen Seite und der Nutzen des Qualitätsmanagements gemäß der Wirkung innerhalb der Erfolgskette auf der anderen Seite bilden die beiden Analysekomponenten im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements.
15
Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
Bei der Kosten-Nutzen-Analyse werden diejenigen Kosten, die durch Qualitätsmaßnahmen entstehen, dem Nutzen gegenüber gestellt, der mit diesen Maßnahmen realisiert wird. Entsprechend stehen im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse zunächst die Kosten des Qualitätsmanagements im Vordergrund.
15.1 Ermittlung der Kosten des Qualitätsmanagements Die Kosten des Qualitätsmanagements entsprechen dem bewerteten Güterverzehr, der aufgrund von Aktivitäten zur Gewährleistung einer Leistungserstellung gemäß den Kundenanforderungen entsteht (Stauss 1992, S. 112). Eine aufgabeninhaltliche Kostenkategorisierung nach den Phasen des Qualitätsregelkreises (Bruhn 1998, S. 155f.) führt zur Unterscheidung von Kosten der Qualitätsplanung (z. B. für die Durchführung von qualitätsbezogenen SWOT-Analysen oder Kundenbefragungen zur Erhebung der Kundenanforderungen), Kosten der Qualitätslenkung (z. B. für eine qualitätsorientierte Personalauswahl und -entwicklung), Kosten der Qualitätsprüfung (z. B. für die Durchführung von Kundenbefragungen zur Messung der wahrgenommenen Leistungsqualität und Kundenzufriedenheit) sowie Kosten der Qualitätsmanagementdarlegung (z. B. für die Durchführung einer Zertifizierung oder die Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbuches). Im Hinblick auf die Kostenerfassung werden mit isolierten und integrierten Aktivitäten generell zwei Arten
• Kosten des Qualitätsmanagements
• Aufgabeninhaltliche Kostenkategorisierung
• Arten von qualitätsbezogenen Aktivitäten
478
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
• Isolierte Qualitätsaktivitäten
• Integrierte Qualitätsaktivitäten
• Einzelkosten des Qualitätsmanagements
• Gemeinkosten des Qualitätsmanagements • Qualitätsbezogene Prozesskostenrechnung…
• …mit Kostentreibern
von qualitätsbezogenen Aktivitäten unterschieden (Bruhn/Georgi 1999, S. 99f.). Falls im Unternehmen Stellen existieren, die lediglich mit Aufgaben des Qualitätsmanagements betraut sind (z. B. Leiter Qualitätsmanagement oder eine Qualitätsabteilung), werden von diesen so genannte isolierte Qualitätsaktivitäten ausgeführt, deren Kosten mit der Kostenstellenrechnung erfasst werden können. Dahingegen werden integrierte Qualitätsaktivitäten durch Mitarbeiter ausgeführt, deren Tätigkeitsbereich das Qualitätsmanagement – aufgrund seiner unternehmensweiten Relevanz – implizit betrifft (z. B. Durchführung eines Stichprobentests von Zuliefermaterialien durch die Warenannahme). Die auf integrierte Qualitätsaktivitäten zurückführbaren Kosten werden vielfach in Einzel- und Gemeinkosten unterteilt (Bruhn/ Georgi 1999, S. 100). Qualitätsbezogene Einzelkosten (z. B. Kosten aufgrund des Zeitaufwands für Mitarbeiterschulungen) werden grundsätzlich – wie die Kosten für isolierte Qualitätsaktivitäten – der Kostenstellenrechnung entnommen. Dahingegen kann zur Ermittlung qualitätsbezogener Gemeinkosten (z. B. Kosten, die durch den Zeitaufwand der Mitarbeiter für Qualitätsprüfungen entstehen) die Kostenstellenrechnung nicht herangezogen werden. Zur Erfassung des Gemeinkostenanteils der auf integrierte Aktivitäten zurückzuführenden Kosten wird deshalb die qualitätsbezogene Prozesskostenrechnung herangezogen. Ausgehend von der herkömmlichen Prozesskostenrechnung (Mayer 1991; Schuh et al. 1995) sind bei der qualitätsbezogenen Prozesskostenrechnung zunächst so genannte Kostentreiber festzulegen, die die Höhe der durch integrierte Aktivitäten entstehenden Kosten des Qualitätsmanagements in wesentlichem Maße determinieren (Bruhn 1998, S. 168f.). Beispielhafte Kostentreiber sind die Anzahl von Kundenklassen (Differenziertheit der Kundenanforderungen), die Anzahl der Fehlermöglichkeiten (Fehleranfälligkeit der Leistungen) oder die Anzahl der Leistungsvarianten (Komplexität des Leistungsprogramms).
15.1 Ermittlung der Kosten des Qualitätsmanagements
479
In einem nächsten Schritt werden die qualitätsbezogenen Hauptprozesse auf Basis des angewandten Qualitätsmanagementkonzeptes festgelegt. Nach dem Regelkreis des Qualitätsmanagements können die Hauptprozesse Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätsprüfung und Qualitätsmanagementdarlegung identifiziert werden (Bruhn 1998, S. 169). Durch Tätigkeitsanalysen werden auf Basis der Qualitätsaktivitäten in den einzelnen Unternehmensbereichen qualitätsbezogene Teilprozesse bestimmt. Diese werden anschließend den qualitätsbezogenen Hauptprozessen zugeordnet, so dass dadurch die Darstellung einer Prozesshierarchie des Qualitätsmanagements möglich wird (vgl. Schaubild 15-1). Bei einer Betrachtung der Personalkosten als Hauptkostenfaktor im Rahmen des Qualitätsmanagements (Shenkar et al. 1992, S. 36) werden die Teilprozesse zur
• …und Hauptprozessen
• …sowie Teilprozessen
Hauptprozesse (Ebene des Qualitätsmanagements)
Qualitätsplanung
Qualitätslenkung
Qualitätsprüfung
Qualitätsmanagementdarlegung
Verdichtung zu Hauptprozessen
Teilprozesse • Strategie • Unternehmenskultur • ...
Unternehmensführung
Teilprozesse • Kundenbefragung • SWOTAnalyse • ...
Marketing
Teilprozesse • Mitarbeitermotivation • Schulungsorganisation • ...
Teilprozesse • Teilnahme an Schulungen • Qualitätszirkel • ...
Personalabteilung
Leistungserstellung
Teilprozesse • Anforderungsumsetzung • Prototypentests • ...
etc.
Entwicklungsabteilung
Zusammenfassung zu Teilprozessen
Tätigkeitsanalyse
Teilprozesse (Ebene der Kostenstellen) Quelle: Bruhn 1998, S. 171
Schaubild 15-1: Prozesshierarchie des Qualitätsmanagements
480
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
• …und Prozesskosten
• Vorteile der qualitätsbezogenen Prozesskostenrechnung
• Probleme
Ermittlung der qualitätsbezogenen Prozesskosten mit dem entsprechenden Personalaufwand bewertet. Schließlich ergibt sich der Prozesskostensatz durch die Division der Prozesskosten mit der Ausprägung des entsprechenden Kostentreibers. Durch die Addition der in den verschiedenen Unternehmensbereichen im Rahmen eines Hauptprozesses anfallenden Kosten resultieren die entsprechenden Hauptprozesskosten (vgl. für ausführliche Modellrechnungen zur Ermittlung der Prozesskosten des Qualitätsmanagements im Gebrauchsgüter-, Investitionsgüter- und Dienstleistungsbereich Bruhn/Georgi 1999, S. 163ff.). Im Rahmen einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements weist die qualitätsbezogene Prozesskostenrechnung den zentralen Vorteil auf, dass sie zu einer Verbesserung der Zurechenbarkeit von – durch herkömmliche Kostenrechnungsverfahren schwierig zurechenbaren – Kosten zu den Kosten des Qualitätsmanagements beiträgt. Neben der Ermöglichung der Kostenerfassung erleichtert sie die Planung langfristiger Entscheidungen (Reckenfelderbäumer 1994, S. 100), so dass durch die Prozesskostenrechnung dem Investitionscharakter von Qualitätsmaßnahmen Rechnung getragen wird (Bruhn 1998, S. 181). Dahingegen ist die qualitätsbezogene Prozesskostenrechnung auch mit einigen Problemen behaftet, bei denen der zu ihrer Durchführung erforderliche hohe organisatorische und finanzielle Aufwand im Vordergrund steht. Hierfür sind vor allem die Voraussetzungen für die Durchführung einer qualitätsbezogenen Prozesskostenrechnung verantwortlich. So haben im Rahmen der Prozessidentifizierung sämtliche Beteiligte sowohl mit dem Qualitätsdenken als auch mit dem Prozessdenken vertraut zu sein. Aus diesen Gründen gestaltet sich die Einführung einer qualitätsbezogenen Prozesskostenrechnung einfacher, wenn im Unternehmen bereits herkömmliche Verfahren der Prozesskostenrechnung eingesetzt werden (Bruhn 1998, S. 182).
15.2 Ermittlung des Nutzens des Qualitätsmanagements
481
15.2 Ermittlung des Nutzens des Qualitätsmanagements Der Nutzen des Qualitätsmanagements stellt das Maß der Zielerreichung durch qualitätsbezogene Aktivitäten dar. Somit ergibt sich der Nutzen aus dem Grad der Zielrealisierung durch Qualitätsaktivitäten. Ausgehend von den Zielen des Qualitätsmanagements lassen sich ein interner und ein externer Nutzen differenzieren (Bruhn/Georgi 1999). Der interne Nutzen des Qualitätsmanagements hat eine Verbesserung der Leistungserstellung zum Gegenstand und setzt an den unternehmensinternen Wirkungen des Qualitätsmanagements an, die primär kostensenkenden Charakter haben. Zu den internen Nutzenkategorien gehören Prozessverbesserungen (z. B. Verringerung von Leerlaufzeiten) und Fehlervermeidungen (z. B. Reduzierung des Ausschusses). Im Hinblick auf die Erfassung des internen Nutzens können Prozessverbesserungen durch eine Prozesskostenanalyse bestimmt werden. Analysegegenstand sind diejenigen Prozesse, die über Verbesserungspotenzial verfügen. Durch die Erfassung und Gegenüberstellung der Prozesskosten zu zwei verschiedenen Zeitpunkten, zwischen denen Qualitätsmaßnahmen umgesetzt werden, kann der interne Nutzen, der die entsprechenden Prozesse betrifft, ermittelt werden. Zur Erfassung von Fehlervermeidungen werden Fehleranalysen herangezogen. Im Rahmen der Fehleranalyse werden beispielsweise die Instrumente des Paretodiagramms und der Fishbone-Analyse eingesetzt. Aus dem Rechnungswesen lassen sich Informationen über diejenigen Kosten gewinnen, die unternehmensintern als Folge der entsprechenden Fehler betrachtet werden können. Durch die Gegenüberstellung dieser Kosten vor und nach Durchführung einer Qualitätsinvestition lässt sich der entsprechende interne Nutzen bestimmen (Bruhn/Georgi 1999). Ein externer Nutzen des Qualitätsmanagements wird durch die Realisierung externer Ziele erreicht, die das Kundenverhalten betreffen. Die zentrale – durch das
• Nutzen des Qualitätsmanagements
• Interner Nutzen
• Erfassung des internen Nutzens
• Externer Nutzen
482
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
• Kundenbindungsnutzen
• Kommunikationsnutzen
Qualitätsmanagement beeinflussbare – Determinante des Kundenverhaltens stellt gemäß der Erfolgskette des Qualitätsmanagements die Kundenzufriedenheit dar (Fornell/Wernerfelt 1987, S. 343; Boulding et al. 1993, S. 3; Liljander/Strandvik 1995, S. 51ff.; Oliver 1996). Durch die Steuerung der Kundenzufriedenheit kann eine (indirekte) Beeinflussung der Kundenbindung bzw. der Mund-zu-Mund-Kommunikation und hierüber eine Erlössteigerung erzielt werden (Boulding et al. 1993, S. 12), so dass der externe Nutzen des Qualitätsmanagements in einen Kundenbindungsnutzen und einen (Mund-zuMund-) Kommunikationsnutzen unterteilt werden kann. Bei der Analyse des Nutzens des Qualitätsmanagements kann demnach auf die Ergebnisse des ErfolgskettenControlling zurückgegriffen werden (vgl. Kapitel 14). Der Kundenbindungsnutzen ergibt sich durch auf eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit zurückführbare Erlössteigerungen, die sich – durch die Wiederwahl der Leistungen des Unternehmens, eine Erhöhung der Kauffrequenz oder ein Cross Buying (Inanspruchnahme von Leistungen eines Anbieters, die bisher nicht beansprucht wurden) zufriedener Kunden – in einer Absatzsteigerung oder (durch die Erhöhung der Preisbereitschaft zufriedener Kunden) in einer Preissteigerung konkretisieren. Der positive Zusammenhang zwischen der Kundenzufriedenheit und den einzelnen Kundenbindungsvariablen konnte in zahlreichen empirischen Studien belegt werden (Bruhn 1998). Der Kommunikationsnutzen (Stauss/Seidel 2002) ergibt sich aus der Ausprägung positiver Mund-zu-MundKommunikation durch zufriedene Kunden – d. h. die Empfehlung von Leistungen an Freunde und Bekannte – und der Verringerung negativer Mund-zu-MundKommunikation durch unzufriedene Kunden – d. h. das Abraten von der Nutzung von Leistungen gegenüber Freunden und Bekannten. Bezüglich der relativen Bedeutung der beiden Kategorien des Kommunikationsnutzens wird der negativen Mund-zu-Mund-Kommunikation eine höhere Relevanz zugeschrieben, da negative Erlebnisse den Kunden im Allgemeinen mitteilenswerter erscheinen als positive Erlebnisse.
15.2 Ermittlung des Nutzens des Qualitätsmanagements
Im Rahmen der externen Nutzenerfassung besteht die Möglichkeit, das Kundenverhalten sowohl faktisch als auch intentional zu messen. Bei der faktischen Nutzenerfassung werden tatsächliche Kundenreaktionen gemessen, während bei der intentionalen Nutzenerfassung Verhaltensabsichten der Kunden erhoben werden. Bei einem kritischen Vergleich der beiden Erfassungsarten ist die intentionale Nutzenerfassung mit dem Manko verbunden, dass die Verhaltensabsichten nicht zwingenderweise zu tatsächlichem Verhalten führen und somit nicht in direktem Zusammenhang zu den nutzenrelevanten finanziellen Konsequenzen stehen. Dahingegen existieren bei der faktischen Nutzenerfassung erhebungstechnische Probleme. So haben zur Ermittlung des Kundenbindungsnutzens Informationen über das tatsächliche Verhalten des einzelnen Kunden vorzuliegen. In zahlreichen Branchen ist dies jedoch entweder aus datenschutzrechtlichen Gründen oder aus Gründen des Datenerhebungsaufwands nicht möglich. Auch wenn die faktische Nutzenerfassung – z. B. durch den Einsatz von Kundendatenbanken – möglich ist, kann hierdurch das Kundenverhalten lediglich rückwirkend gemessen werden. Aus den genannten Gründen stellt die Erhebung der Verhaltensabsichten eine hilfreiche und realistisch durchführbare Alternative dar (Bruhn 1998, S. 253). Dies wird ferner durch die Tatsache bekräftigt, dass zwischen Kaufabsichten und -verhalten empirisch ein starker Zusammenhang festgestellt wurde (Morrison 1979, S. 71). Zur intentionalen Erfassung der nutzenbezogenen Größen kommen insbesondere Befragungen neuer, aktueller und potenzieller Kunden zum Einsatz, die vielfach mögliche Informationen über die Verhaltensabsichten der Kunden in Bezug auf die jeweiligen Nutzenkategorien enthalten. Die Bestimmung sowohl des externen als auch des internen Nutzens des Qualitätsmanagements unterliegt einer zweifachen Zurechnungsproblematik (Bruhn 1998). Erstens sind die entsprechenden Erfolgswirkungen nicht ausschließlich auf Aktivitäten des Quali-
483
• Erfassung des externen Nutzens
• Kritischer Vergleich
• Zurechnungsproblematik
484
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
• Operationalisierung der Auswirkungen des Qualitätsmanagements
Aktivitäten vor Durchführung der Qualitätsinvestition
tätsmanagements zurückzuführen. Wird beispielsweise das Wiederwahlverhalten betrachtet, so nehmen bei fehlendem Qualitätsmanagement nicht sämtliche Kunden eines Unternehmens dessen Leistungen lediglich einmal in Anspruch. Zweitens besteht oftmals keine Möglichkeit, die Erfolgswirkungen eindeutig den Maßnahmen und somit den Kosten des Qualitätsmanagements zuzuordnen, weil zu ihrer Realisierung zusätzliche Ausgaben in anderen Unternehmensbereichen entstehen (z. B. und vor allem Leistungserstellungskosten). Zur Bewältigung dieser Zurechnungsproblematik ist eine Operationalisierung der Auswirkungen des Qualitätsmanagements vorzunehmen, die vielfach durch einen Zeitvergleich verwirklicht wird (Bruhn 1998; Stauss/ Seidel 2002). Vom Investitionszeitpunkt t0 an werden die Phasen der Aktivitätsabsenz und Aktivitätspräsenz differenziert (vgl. Schaubild 15-2). Die in der Aktivitätsabsenz feststellbaren Nutzenausprägungen sind das Ergebnis sämtlicher Aktivitäten vor Durchführung der Qualitätsinvestition. Hierbei basieren die Überlegungen auf der
Durchführung der Qualitätsinvestition
Kostensenkungen
Kundenzufriedenheit
Kostensenkungen
Kundenzufriedenheit
Erlössteigerungen t0
Erlössteigerungen t1
Aktivitätsabsenz
t2
Aktivitätspräsenz Quelle: Bruhn/Georgi 1999, S. 124
Schaubild 15-2: Aktivitätsabsenz und -präsenz des Qualitätsmanagements
15.2 Ermittlung des Nutzens des Qualitätsmanagements
485
Annahme, dass die Qualitätsmaßnahmen erst zu einem späteren Zeitpunkt t1 wirksam werden. Die Periode zwischen t1 und t2 repräsentiert die Aktivitätspräsenz, in der die Erlös steigernden und Kosten senkenden Effekte des Qualitätsmanagements realisiert werden. Zur Isolierung der aus der Qualitätsinvestition resultierenden Konsequenzen sind die Aktivitätsabsenz und -präsenz nutzenbezogen zu vergleichen. Zur Monetarisierung des Kundenverhaltens im Rahmen der externen Nutzenermittlung sind die Kundenzahlen, die durch einen Vergleich von Aktivitätspräsenz und -absenz resultieren, mit Größen einer Kundenerfolgsrechnung zu bewerten. Hierbei ist der Gewinn pro Kunde heranzuziehen, der als Durchschnittsgesamtgewinn, durchschnittlicher Gewinn mit Kunden einer bestimmten Kundengruppe oder auf Einzelkundenbasis bestimmt werden kann. Schaubild 15-3 zeigt eine Beispielrechnung zur Ermittlung des Kundenbindungsnutzens des Qualitätsmanagements (vgl. zu ausführlichen Modellrechnungen für den GebrauchsgüterInvestitionsgüter- und Dienstleistungsbereich Bruhn/ Georgi 1999, S. 163ff.). Das Beispiel 15-1 zeigt ein entsprechendes Beispiel in der Bankbranche.
Aktivitätsabsenz
Aktivitätspräsenz
Gesamtprozesszahl
2.000
2.000
x Fehlerrate
0,20
0,15
x Nacharbeitsrate
0,80
0,60
Zahl der Nacharbeiten
320
180
1.000 €
1.000 €
320.000 €
180.000 €
Rechenschritte
x Kosten pro Nacharbeit Absolute Ausprägung
Interner Nutzen bezüglich Nacharbeiten
–
140.000 € Quelle: Bruhn/Georgi 1999, S. 128
Schaubild 15-3: Exemplarische Ermittlung des Kundenbindungsnutzens
486
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
Beispiel 15-1: Ermittlung des Nutzens des Qualitätsmanagements bei der Vereins- und Westbank Auf Basis von Kundenzufriedenheitsbefragungen wurde der Nutzen des Qualitätsmanagements der Vereins- und Westbank modellhaft ermittelt (Bruhn/ Georgi 1998) und dabei ein Zeitvergleich durchgeführt. Beispielsweise wurden – bezogen auf den Kundenbindungsnutzen – die Umsätze mit den gebundenen Kunden zum Zeitpunkt t0 mit den Umsätzen der gebundenen Kunden zum Zeitpunkt t1 verglichen. Schaubild 15-4 zeigt die entsprechende Rechnung. Die Vorgehensweise lässt sich exemplarisch am Wiederwahlnutzen verdeutlichen: In t0 hatte die Bank 216.810 „Wiederwahlkunden“, d. h. Kunden, die als Stammkunden bezeichnet werden können und die Bank auf jeden Fall wieder wählen würden. Diese Zahl erhöht sich bis t2 auf 229.259. Bewertet man die Kundenzahl mit einem gleich bleibenden (und fiktiv angenommenen) Gewinn pro Kunde von 150 Euro, entsteht ein Wiederwahlnutzen in Höhe von ca. 1,9 Mio. Euro. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Bindung der Kunden und ihre Umsätze vollständig dem Qualitätsmanagement zugerechnet werden. Dies ist eine Vereinfachung, die vielfach durch komplexere Ansätze umgangen wird.
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements • Wirtschaftlichkeitskennziffern
Qualitätsbezogene Wirtschaftlichkeitskennziffern informieren wie andere betriebswirtschaftliche Kennzahlen „… in präziser und konzentrierter Form über wichtige zahlenmäßig erfassbaren Tatbestände und Entwicklungen einer Unternehmung“ (Groll 1990, S. 11). Bezogen auf die Wirtschaftlichkeitsanalyse lassen sich mit qualitätsbezogenen Wirtschaftlichkeitskennziffern qualitätsbezogene Zusammenhänge im Unternehmen darstellen. Diese Kennziffern lassen sich
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements
Schaubild 15-4: Nutzen des Qualitätsmanagements der Vereins- und Westbank (Modellrechnung)
487
488
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
in statische und dynamische Wirtschaftlichkeitskennziffern einteilen. 15.3.1 Statische Wirtschaftlichkeitskennziffern • Statische Wirtschaftlichkeitskennziffern
• Kennziffern nach dem Konzept qualitätsbezogener Kosten
• Qualitätsbezogene Hauptkennzahlen
• Qualitätsbezogene Nebenkennzahlen
• Qualitätsrendite
• Qualitätsgewinn
Bei der Bildung von statischen Wirtschaftlichkeitskennziffern wird die Veränderung der jeweiligen Wirtschaftlichkeitsausprägungen innerhalb einer bestimmten Zeitperiode (z. B. ein Quartal, ein Jahr oder der Investitionszeitraum) nicht berücksichtigt. Vielmehr fließen diese Ausprägungen für den gesamten gewählten Betrachtungszeitraum als Durchschnittswert in die Kennziffern ein. In qualitätsbezogenen Kennzahlensystemen werden qualitätsbezogene Kennzahlen derart abgebildet, dass sie in einer sinnvollen Beziehung zueinander stehen, sich gegenseitig ergänzen und das Wirtschaftlichkeitsobjekt übersichtlich erfassen. Vergleichbar mit herkömmlichen Kennzahlensystemen können auf Basis der Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements Hauptkennzahlen und Nebenkennzahlen differenziert werden. Qualitätsbezogene Hauptkennzahlen liefern auf einer aggregierten Ebene Aussagen über die Wirtschaftlichkeit des Qualitätsmanagements. Dagegen dienen qualitätsbezogene Nebenkennzahlen der intensiveren Analyse der Wirtschaftlichkeit des Qualitätsmanagements und der Ableitung von Ansatzpunkten für Wirtschaftlichkeitsverbesserungen. Schaubild 15-5 zeigt die Grundstruktur eines qualitätsbezogenen Kennzahlensystems mit der Qualitätsrendite und dem Qualitätsgewinn als Hauptkennzahlen, die sich aus den Gesamtkosten und dem Gesamtnutzen des Qualitätsmanagements bilden lassen. Die Qualitätsrendite ergibt sich als Quotient aus dem Qualitätsgewinn und den Kosten des Qualitätsmanagements. Je höher die Qualitätsrendite ist, desto wirtschaftlicher wird die betrachtete Qualitätsinvestition eingestuft. Der Qualitätsgewinn ergibt sich als Differenz zwischen dem Nutzen des Qualitätsmanagements und seinen Kosten. Mit steigendem Qualitätsgewinn kann von einer zunehmenden Wirtschaftlichkeit des Qualitätsmanagements ausgegangen werden. Sowohl die Qualitäts-
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements
Nebenkennzahlen
Reine Qualitätskennzahlen
489
Wirtschaftlichkeitskomponenten
Nutzen des Qualitätsmanagements
Hauptkennzahlen
–
Qualitätsgewinn
:
Verknüpfte Qualitätskennzahlen
Kosten des Qualitätsmanagements
Schaubild 15-5: Grundstruktur eines qualitätsbezogenen Kennzahlensystems
rendite als auch der Qualitätsgewinn hängen von der Höhe der Kosten- und Nutzenausprägungen des Qualitätsmanagements ab. Höhere Kosten führen ceteris paribus zu Wirtschaftlichkeitsverschlechterungen, während ein höherer Nutzen des Qualitätsmanagements ceteris paribus eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit zur Folge hat (Bruhn 1998, S. 271f.). Während die Hauptkennzahlen dem Erkennen von Wirtschaftlichkeitstendenzen des Qualitätsmanagements dienen, besteht die zentrale Aufgabe der Nebenkennzahlen in der Identifizierung von wirtschaftlichkeitsbezogenen Verbesserungspotenzialen. Es können verschiedene Arten von Nebenkennzahlen differenziert werden, die in reine und verknüpfte Qualitäts-Kennzahlen unterschieden werden (vgl. Schaubild 15-6). Reine Qualitäts-Kennzahlen zeichnen sich durch die ausschließliche Berücksichtigung von qualitätsbezogenen Elementen aus, d. h. sowohl im Zähler als auch im Nenner der jeweiligen Kennzahl werden die gesamten Kosten- bzw. Nutzenausprägungen oder Ausprägungen
Qualitätsrendite
490
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
Qualitätsbezogene Analysekennzahlen
Reine Qualitätskennzahlen
Qualitätsbezogene KostenKennzahlen
Qualitätsbezogene NutzenKennzahlen
Qualitätsbezogene KostenNutzenKennzahlen
Verknüpfte Qualitätskennzahlen
Monetäre QualitätsKennzahlen
Teil-monetäre QualitätsKennzahlen
Nichtmonetäre QualitätsKennzahlen
Schaubild 15-6: Übersicht qualitätsbezogener Analysekennzahlen
• Qualitätsbezogene Kosten-Kennzahlen
• Qualitätsbezogene Nutzen-Kennzahlen
• Qualitätsbezogene Kosten-NutzenKennzahlen
von Kosten- oder Nutzenkategorien angesetzt. Auf diese Weise lassen sich qualitätsbezogene Kosten-, Nutzenund Kosten-Nutzen-Kennzahlen differenzieren. Bei qualitätsbezogenen Kosten-Kennzahlen werden Kostenelemente des Qualitätsmanagements einander gegenübergestellt. Diese Kennzahlen betreffen demnach die Ausprägungen der Kostenkategorien, die sich unmittelbar aus vorgenommenen Qualitätsinvestitionen ergeben (z. B. Kosten für den externen Moderator eines Qualitätszirkelsystems). Schaubild 15-7 zeigt beispielhaft einige derartige Relationen. Bei der Bildung von qualitätsbezogenen NutzenKennzahlen werden die Ausprägungen der Nutzenkategorien des Qualitätsmanagements ins Verhältnis zueinander gesetzt. In Schaubild 15-8 sind mögliche nutzenbezogene Wirtschaftlichkeitskennzahlen des Qualitätsmanagements dargestellt. Eine Untersuchung über die Erhebung von Nutzen-Kennzahlen zeigt (Kandaouroff 1994), dass zum einen wenig spezifizierte Kennzahlen erhoben werden und diese zum anderen nur in relativ wenigen Unternehmen (vgl. Schaubild 15-9). Schließlich dienen qualitätsbezogene Kosten-NutzenKennzahlen einer direkten Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements. Hierbei werden Ausprägungen
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements
491
Kosten der Qualitätsplanung
Kosten der Qualitätslenkung
Kosten des Qualitätsmanagements
Kosten des Qualitätsmanagements
Kosten der Qualitätsprüfung
Kosten der Qualitätsmanagementdarlegung
Kosten des Qualitätsmanagements
Kosten des Qualitätsmanagements
Qualitätsbedingte Mitarbeiterfluktuation
Kosten für Kundenbefragungen
Gesamte Mitarbeiterfluktuation
Kosten für Qualitätszirkel
Kosten für Zufriedenheitsbefragungen
Kosten für qualitätsorientierte Schulungen
Gesamte Kosten der Qualitätsprüfung
Gesamte Kosten der Qualitätslenkung
Zeitaufwand für Qualitätszirkel pro Mitarbeiter
Kosten der Qualitätsprüfung
Kosten für Qualitätszirkel
Kosten der Qualitätslenkung
Schaubild 15-7: Qualitätsbezogene Kosten-Kennzahlen
Anzahl gebundener Kunden
Anzahl der Weiterempfehlungen
Anzahl abgewanderter Kunden
Anzahl der Kaufwarnungen
Zeit für Fehlerkorrekturen
Anzahl gebundener Kunden
Anzahl der Fehler
Anzahl zufriedener Kunden
Fehlerquote in tn
Anzahl von Cross-Buying-Kunden
Fehlerquote in t0
Anzahl gebundener Kunden
Anzahl wiederholter Prozesse
Arbeitszeit für Fehlerkorrekturen
Gesamtprozesszahl
Anzahl der Fehler
Schaubild 15-8: Qualitätsbezogene Nutzen-Kennzahlen
492
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
Nutzen-Kennzahlen
Erfassung in Prozent der Unternehmen 10
20
30
40
50
60
70
80
90 100
Beschwerden aufgrund von Produktionsfehlern Beschwerden aufgrund von Konstruktionsfehlern Anzahl an Wiederholungsbeschwerden Durchschnittlicher Zeitbedarf zur Beschwerdebearbeitung Anteil zufriedener Kunden Quelle: Kandaouroff 1994, S. 772
Schaubild 15-9: Erfassung qualitätsbezogener Nutzen-Kennzahlen in der Praxis
Anzahl gebundener Kunden
Zeiteinsparungen
Kosten für Kundenorientierungsseminare
Kosten für betriebliches Vorschlagswesen
Anzahl zufriedener Kunden
Kosten der Qualitätslenkung
Kosten für Zufriedenheitsbefragungen
Anzahl von Fehlern
Kosten der Qualitätsplanung
Anzahl von Weiterempfehlungen
Anzahl zufriedener Kunden
Kosten des Beschwerdemanagements
Anzahl beherrschter Prozesse
Anzahl vermiedener Fehler
Kosten der Qualitätslenkung
Kosten für Fishbone-Analyse
Schaubild 15-10: Qualitätsbezogene Kosten-Nutzen-Kennzahlen
• verknüpften QualitätsKennzahlen
sowohl von Kosten- als auch von Nutzenkategorien in Relation zueinander gesetzt, so dass Schlussfolgerungen auf bestimmte Kosten-Nutzen-Zusammenhänge möglich sind. Schaubild 15-10 zeigt Beispiele für KostenNutzen-Kennzahlen. Anders als bei den reinen Qualitäts-Kennzahlen werden bei verknüpften Qualitäts-Kennzahlen Kosten- bzw. Nutzenausprägungen zu sonstigen unternehmerischen Größen ins Verhältnis gesetzt. Hierbei werden monetäre, kombinierte und nicht-monetäre Qualitäts-Kennzahlen unterschieden.
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements
493
Bei den monetären Kennzahlen werden die Kostenbzw. Nutzenausprägungen und eine monetäre Größe (z. B. Umsatz) miteinander verglichen. Bei den teil-monetären Kennzahlen werden die monetären Kostenbzw. Nutzenausprägungen einer nicht-monetären Größe (z. B. Mitarbeiterzahl) gegenübergestellt. Schließlich repräsentieren die nicht-monetären Kennzahlen die so genannten Qualitätsfähigkeits-Kennzahlen, bei denen lediglich nicht-monetäre Größen (z. B. Anzahl der Qualitätsschulungstage als qualitätsbezogene Größe und ein Monat als nicht-qualitätsbezogene Größe) betrachtet werden. Die Schaubilder 15-11 bis 15-13 zeigen Beispiele für diese Arten von qualitätsbezogenen Kennziffern. Im Hinblick auf Qualitätsfähigkeits-Kennzahlen ergab die oben genannte Studie eine höhere Anzahl von erhobenen Kennzahlen, die jedoch ebenfalls wenig spezifiziert ausgestaltet sind (vgl. Schaubild 15-14). Zur umfassenden Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Qualitätsmanagements sind vor allem der Qualitätsgewinn und die Qualitätsrendite heranzuziehen. Diese Kennziffern liefern Ansatzpunkte für die Bestim-
Kosten des Qualitätsmanagements Umsatz
• Monetäre, teilmonetäre und nichtmonetäre Kennzahlen
• Qualitätsgewinn und Qualitätsrendite
Kosten der Beschwerdebearbeitung Gesamtkosten
Kosten für Schulungen
Umsatz mit zufriedenen Kunden
Gesamte Personalkosten
Umsatz
Nutzen des Qualitätsmanagements
Kosten für Nacharbeit
Eigenkapital
Gesamte Herstellkosten
Kosten aufgrund fehlerhafter Auslieferungen
Fehlerkosten
Gesamte Vertriebskosten
Gesamtkosten
Fehlerkosten
Fehlerkosten
Umsatz
Gewinn
Schaubild 15-11: Monetäre Qualitätskennzahlen
494
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
Nutzen des Qualitätsmanagements
Anzahl zufriedener Kunden
Anzahl abgesetzter Leistungseinheiten
Anzahl der Kunden
Kosten für Nacharbeit
Umsatz mit zufriedenen Kunden
Anzahl der Mitarbeiter
Anzahl der Abteilungen
Kosten des Qualitätsmanagements
Kosten für Schulungen
Anzahl der Leistungsarten
Anzahl der Kunden
Anzahl von Schulungstagen Anzahl der Mitarbeiter
Schaubild 15-12: Teil-monetäre Qualitätskennzahlen
Anzahl der Verbesserungsvorschläge
Anzahl der Problemlösungen
Anzahl der Mitarbeiter
Qualitätszirkelgruppe
Mitarbeiter mit Qualitätsschulung
Anzahl der Qualitätsschulungstage
Anzahl der Mitarbeiter
Jahr
Anzahl statistisch beherrschter Prozesse
Mitarbeiter in Qualitätszirkeln
Gesamtzahl der Prozesse
Anzahl der Mitarbeiter
Anzahl der termingerecht erstellten Dienstleistungen Gesamtzahl der Dienstleistungen
Schaubild 15-13: Nicht-monetäre Qualitätskennzahlen (Qualitätsfähigkeits-Kennzahlen)
mung der Profitabilität von Qualitätsmaßnahmen und können sowohl bei einer absoluten als auch bei einer relativen Wirtschaftlichkeitsanalyse Anwendung finden. Bei der absoluten Wirtschaftlichkeitsanalyse wird das Qualitätsmanagement als wirtschaftlich angesehen,
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements
Qualitätsfähigkeits-Kennzahlen
495
Erfassung in Prozent der Unternehmen 10
20
30
40
50
60
70
80
90 100
Anzahl der A-Lieferanten Anteil beherrschter Prozesse Anteil der Qualitätsprüfer am Gesamtpersonal Anteil der Mitarbeiter in Problemlösungsgruppen Geschulte Personen je Zeiteinheit Anzahl Qualitätsvereinbarungen/Gesamtzahl Lieferanten Realisierte Erfolge von Problemlösungsgruppen Anteil der Lieferungen mit 100% Kontrolle Anzahl der FMEA-/QFD Projekte
Quelle: Kandaouroff 1994, S. 772
Schaubild 15-14: Erfassung von Qualitätsfähigkeits-Kennzahlen in der Praxis
wenn der Qualitätsgewinn bzw. die Qualitätsrendite positiv ist. Bei der relativen Wirtschaftlichkeitsanalyse kann eine Betrachtung der Wirtschaftlichkeit im Zeitablauf in Form eines so genannten WirtschaftlichkeitsTrackings oder ein Vergleich mit anderen Investitionen in Form des Gewinn- oder Renditevergleichs angestellt werden. Zur Durchführung eines qualitätsbezogenen Gewinnvergleichs werden die aus zwei Qualitätsmaßnahmen resultierenden Gewinne einander gegenüber gestellt. Das Beispiel 15-2 verdeutlicht diese Vorgehensweise. Der qualitätsbezogene Renditevergleich kalkuliert die in Form der Kosten des Qualitätsmanagements im Laufe der Investitionsdauer gebundenen Mittel bei der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung einer Qualitätsinvestition ein. Bei einem Vergleich alternativer Qualitätsinvestitionen ist diejenige wirtschaftlicher, deren Qualitätsrendite am höchsten ausfällt. Das Beispiel 15-3 zeigt dies für zwei alternative Qualitätsmaßnahmen.
496
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
Beschwerdemessung
FRAP
Nutzen des Qualitätsmanagements (pro Periode, in €)
8.400
9.000
Kosten des Qualitätsmanagements (pro Periode, in €)
5.000
5.600
Qualitätsgewinn (pro Periode, in €)
3.400
3.400
Gewinnvergleich
Quelle: Bruhn 1998, S. 288
Schaubild 15-15: Exemplarischer Gewinnvergleich zwischen Beschwerdemessung und FRAP
• Qualitätsbezogener Gewinnvergleich
Beispiel 15-2: Qualitätsbezogener Gewinnvergleich Beim qualitätsbezogenen Gewinnvergleich wird die Qualitätsinvestition mit dem höchsten Qualitätsgewinn als wirtschaftlicher eingeschätzt. Die Ablaufschritte bei einer qualitätsbezogenen Gewinnvergleichsrechnung sind in Schaubild 15-15 am Beispiel eines Vergleichs einer Beschwerdemessung mit einer FRAP (Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme) dargestellt (Bruhn 1998, S. 287f.): − Zunächst ist der durchschnittliche Nutzen des
Qualitätsmanagements anzugeben. − Außerdem sind die durchschnittlichen Kosten des Qualitätsmanagements zu berücksichtigen. − Der Qualitätsgewinn ergibt sich aus der Differenz des jeweiligen Nutzens und der jeweiligen Kosten des Qualitätsmanagements. − Durch einen Vergleich der beiden Alternativen hinsichtlich ihres Qualitätsgewinns stellt sich heraus, dass gemäß den Ergebnissen des qualitätsbezogenen Gewinnvergleichs beide Qualitätsinvestitionen eine gleich hohe Wirtschaftlichkeit aufweisen. • Qualitätsbezogener Renditevergleich
Beispiel 15-3: Qualitätsbezogener Renditevergleich Die Vorgehensweise des qualitätsbezogenen Renditevergleichs ist in Schaubild 15-16 wiederum anhand des Vergleichs einer Beschwerdemessung und einer FRAP dargestellt (Bruhn 1998, S. 288f.):
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements
Renditevergleich
497
Beschwerde- FRAP messung
Qualitätsgewinn (pro Periode, in €)
3.400
3.400
Kosten des Qualitätsmanagements (pro Periode, in €)
5.000
5.600
Qualitätsrendite (pro Periode, in %)
68%
61%
Quelle: Bruhn 1998, S. 289
Schaubild 15-16: Exemplarischer Renditevergleich zwischen Beschwerdemessung und FRAP
− Zunächst ist der Qualitätsgewinn der beiden Al-
ternativen zu berücksichtigen. − Weiterhin sind die durchschnittlichen Kosten des
Qualitätsmanagements anzugeben. − Die Qualitätsrendite ergibt sich als Quotient aus
dem Qualitätsgewinn und den durchschnittlichen Kosten des Qualitätsmanagements. − Durch den Vergleich der beiden Alternativen im Hinblick auf ihre jeweilige Qualitätsrendite wird festgestellt, dass die Beschwerdemessung wirtschaftlicher ist als die FRAP. 15.3.2 Dynamische Wirtschaftlichkeitskennziffern Im Gegensatz zu den statischen Wirtschaftlichkeitskennziffern wird bei der Bestimmung von dynamischen Kennziffern die Bedeutung der Zeit für den Wert der relevanten Rechengrößen berücksichtigt (Lück 1991, S. 57; Schierenbeck 2003, S. 53). Bei der dynamischen Analyse werden die Wirtschaftlichkeitsausprägungen nicht gesamthaft für einen bestimmten Zeitraum (z. B. Investitionsdauer), sondern für verschiedene Teilperioden innerhalb des gesamten Zeitraums betrachtet (z. B. Jahre innerhalb der Investitionsdauer). Somit werden zeitliche Unterschiede im Auftreten von Kosten und Nutzen der Qualitätsinvestition nicht wie bei den statischen Kennziffern vernachlässigt bzw. durch die Verwendung von Durchschnitts-
• Dynamische Wirtschaftlichkeitskennziffern
498
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
• Zinseszinsrechung
• Qualitätswert als dynamische KostenNutzen-Kennziffer
größen nivelliert, sondern fließen explizit in das Ergebnis der qualitätsbezogenen Wirtschaftlichkeitsanalyse ein. Hierzu werden mit Hilfe der Zinseszinsrechnung (Blohm/Lüder 1995) die entsprechenden qualitätsbezogenen Nutzen- und Kostenausprägungen durch Aufbzw. Abzinsung im Hinblick auf zeitliche Aspekte bewertet. Hierdurch werden zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Qualitätsmanagements keine Durchschnittsgrößen, sondern die effektiven Kosten- und Nutzenausprägungen in ihrem unterschiedlichen zeitlichen Anfall herangezogen (Bruhn 1998, S. 293). Bei den dynamischen Verfahren werden die finanziellen Konsequenzen des Qualitätsmanagements in der Rechnung zum Zeitpunkt ihres Anfallens berücksichtigt. So fließen die Implementierungskosten in voller Höhe zum Zeitpunkt der Durchführung der Qualitätsinvestition ein. Für jedes Jahr (allgemein: jede Periode) werden die laufenden Kosten und die bewerteten Nutzenausprägungen zum jährlichen Qualitätsgewinn (-fehlbetrag) zusammengefasst und den Implementierungskosten gegenübergestellt. Oftmals werden in Form eines so genannten qualitätsbezogenen „Vollständigen Finanzplans“ die zu den unterschiedlichen Zeitpunkten anfallenden Kosten- und Nutzenausprägungen übersichtlich dargestellt (Bruhn 1998, S. 294f.; vgl. Schaubild 15-17). Als zentrale dynamische Kosten-Nutzen-Kennziffer einer Qualitätsinvestition wird der Qualitätswert betrachtet (Bruhn 1998, S. 295). Er ergibt sich als Differenz zwischen der Summe der abgezinsten (jährlichen) Qualitätsüberschüsse (-fehlbeträge) einerseits und den Implementierungskosten andererseits (vgl. Schaubild 1518). Wenn von konstanten Kosten- bzw. Nutzenausprägungen, so genannten Renten, ausgegangen wird, vereinfacht sich die Berechnung des Qualitätswertes (Altrogge 1996, S. 80f.; vgl. Schaubild 15-18). Je höher der Qualitätswert ist, desto wirtschaftlicher ist die entsprechende Qualitätsinvestition. Zur Veranschaulichung der dynamischen Kosten-Nutzen-Analyse werden erneut eine Beschwerdemessung
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements
Periode
0
Implementierungskosten (IKQM)
499
1
..........
2
..........
IK QM
Laufende Kosten (LKQM)
n
LK QM1
LK QM2
..........
LK QMn
Kundenbindungsnutzen (KBNQM)
KBNQM1 KBNQM2
..........
KBNQMn
Kommunikationsnutzen (KNQM)
KN QM1
KN QM2
..........
KN QMn
IN QM1
IN QM2
..........
IN QMn
Interner Nutzen (INQM) Qualitätsgewinn (QG)
QG0
QG1
QG2
..........
QGn
Qualitätsgewinn (diskontiert) (QGd)
QGd0
QGd1
QGd2
..........
QGdn
Qualitätswert (kumuliert) (QWk)
QWk0
QWk1
QWk2
..........
QWkn
Quelle: Bruhn 1998, S. 294
Schaubild 15-17: Grundstruktur eines qualitätsbezogenen „Vollständigen Finanzplans“
n
QW0 =
Σ
1 (N QM - K QM )
(1 + i) t
t=0
n
oder
QW0 = - IK QM +
Σ
1 (N QM - LK QM )
t=1
(1 + i) t
(1 + i) n -1 Bei Renten: QW0 = (N QM - K QM)
i (1 + i) n
Legende: = Qualitätswert QW0 = Nutzen des Qualitätsmanagements (pro Periode) NQM = Kosten des Qualitätsmanagements (pro Periode) K QM IK QM = Implementierungskosten des Qualitätsmanagements LK QM = Laufende Kosten des Qualitätsmanagements (pro Periode) 1/(1+i)t = Abzinsungsfaktor der Periode t n = Planungshorizont Quelle: Bruhn 1998, S. 296
Schaubild 15-18: Formeln zur Berechnung des Qualitätswertes
500
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
• Dynamischer Wirtschaftlichkeitsvergleich
und eine FRAP (Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme) nach Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten miteinander verglichen (Bruhn 1998, S. 295ff.; vgl. Schaubild 15-19). Hierzu sind einige Annahmen zu treffen. So wird von in ihrer absoluten Höhe gleich bleibenden laufenden Kosten- und Nutzenausprägungen ausgegangen. In der Periode Null sind die jeweiligen Implementierungskosten der beiden Qualitätsmaßnahmen eingetragen, während die laufenden Kosten von der ersten Periode an zum Tragen kommen. Gemäß der jeweiligen Time-lag-Dauer setzt die nutzenseitige Wirkung der Beschwerdemessung in der zweiten Periode und diejenige der FRAP in der dritten Periode ein. Im Rahmen eines dynamischen Wirtschaftlichkeitsvergleichs wird zunächst der jeweilige Qualitätsgewinn pro Periode betrachtet, der sich durch die Subtraktion der Kosten pro Periode vom Nutzen in der jeweiligen
Beschwerdemessung Periode Implementierungskosten Laufende Kosten Kundenbindungsnutzen Kommunikationsnutzen Interner Nutzen Qualitätsgewinn Qualitätsgewinn (diskontiert) Qualitätswert (kumuliert) Kosten des Qualitätsmanagements (diskontiert und kumuliert) Qualitätsrendite
0 –10000
1
2
3
4
5
–10000 –10000 –10000
–3000 0 0 0 –3000 –2857 –12857
–3000 3000 4500 3000 7500 6803 –6054
–3000 3000 4500 3000 7500 6479 424
–3000 3000 4500 3000 7500 6170 6595
–3000 3000 4500 3000 7500 5876 12471
10000
12857
15578
18170
20638
22988
–100%
–39%
–100%
2%
32%
54%
FRAP Periode Implementierungskosten Laufende Kosten Kundenbindungsnutzen Kommunikationsnutzen Interner Nutzen Qualitätsgewinn Qualitätsgewinn (diskontiert) Qualitätswert (kumuliert) Kosten des Qualitätsmanagements (diskontiert und kumuliert) Qualitätsrendite
0 –8000
–8000 –8000 –8000
1
2
3
4
5
–4000 0 0 0 –4000 –3810 –11810
–4000 0 0 0 –4000 –3628 –15438
–4000 3333 3333 8333 11000 9502 –5935
–4000 3333 3333 8333 11000 9050 3114
–4000 3333 3333 8333 11000 8619 11733 25318
8000
11810
15438
18893
22184
–100%
–100%
–100%
–31%
14%
46%
Quelle: Bruhn 1998, S. 297
Schaubild 15-19: Dynamische Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements
Periode ergibt. Um der Bedeutung der Zeit für den Wert der Wirtschaftlichkeitskomponenten Rechnung zu tragen, werden die jeweiligen Qualitätsgewinne mit dem Kalkulationszinssatz (im Beispiel 5 Prozent) auf den Investitionszeitpunkt abgezinst. Der Qualitätswert ergibt sich für jede Periode durch die Kumulierung der diskontierten Qualitätsgewinne. Nach fünf Perioden beträgt der Qualitätswert der Beschwerdemessung 12.471 Euro und liegt über demjenigen der FRAP (11.733 Euro). Somit ist die Beschwerdemessung unter Berücksichtigung der getroffenen Annahmen wirtschaftlicher (Bruhn 1998, S. 296ff.). Darüber hinaus lassen sich durch die Ermittlung von Qualitätsrenditen die gebundenen Mittel berücksichtigen, indem die diskontierten und kumulierten Kosten des Qualitätsmanagements in die Rechnung einbezogen werden. Durch die Quotientenbildung aus dem jeweiligen Qualitätswert und den qualitätsbezogenen Kosten ergibt sich die Qualitätsrendite. Da die FRAP nicht nur einen geringeren Qualitätswert, sondern auch höhere qualitätsbezogene Kosten als die Beschwerdemessung aufweist (25.318 Euro gegenüber 22.988 Euro), liegt auch die Qualitätsrendite der Beschwerdemessung über derjenigen der FRAP (54 Prozent gegenüber 46 Prozent). Auch bezüglich der Qualitätsrendite ist die Beschwerdemessung die wirtschaftlichere Qualitätsinvestition. Zur Veranschaulichung der Vorgehensweise sind in der Beispielrechnung einige Vereinfachungen vorgenommen worden. Diese werden vielfach anhand von zwei zentralen Variationsmöglichkeiten aufgehoben (Bruhn 1998, S. 298f.): 5 In der Beispielrechnung wurde unterstellt, dass bei-
den Verfahren die gleiche Investitionsdauer zugrunde liegt. Diese Vereinfachung lässt sich im Rahmen der dynamischen qualitätsbezogenen Kosten-Nutzen-Analyse aufheben, indem für die Investition mit der kürzeren Dauer Überlegungen für den verbleibenden Zeitraum angestellt werden. 5 In der Realität ist nicht davon auszugehen, dass die Ausprägungen der Kosten- und Nutzenkomponen-
501
• Variationsmöglichkeiten zur Berechnung der Qualitätsrendite
502
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
ten über die gesamte Investitionsdauer konstant sind. Im Rahmen der dynamischen Kosten-Nutzen-Analyse ist die Berücksichtigung von Kosten- und Nutzen-Werten möglich, deren absolute Höhe im Laufe der Investitionsdauer variiert. Im Beispiel 15-4 ist die Ermittlung des Qualitätswertes eines Qualitätszirkelprogramms dargestellt. Beispiel 15-4: Qualitätswert eines Qualitätszirkelprogramms Ein Industriegüterhersteller hatte 1981 ein Qualitätszirkelprogramm eingeführt und wollte fünf Jahre später abschätzen, inwiefern sich die Einführung des Programms in wirtschaftlicher Hinsicht gelohnt hat. Daher wurde eine Qualitätswertrechnung durchgeführt, deren Ergebnisse Schaubild 15-20 zeigt. Die Kosten des Programms nahmen im Laufe der Zeit wesentlich zu, da zunehmend mehr Mitarbeiter in das Programm eingebunden wurden. Als Hauptwirkung des Programms wurden Zeiteinsparungen identifiziert, die ebenfalls im Laufe der Zeit zunahmen. Da die Zeiteinsparungen zudem stärker zunahmen als die Kosten, wird der kumulierte Qualitätswert ab 1984 deutlich positiv. (Quelle: Shenkar et al. 1992)
Jahr
1981 1982
1983
1984
1985
1986
Kosten des QZ-Programms
3
40
162
389
577
802
Zeiteinsparungen
-
-
122
751
485
858
Qualitätsgewinn
-3
-40
-41
362
-92
56
Qualitätsgewinn (diskontiert)
-3
-37
-37
312
76
44
Qualitätswert (kumuliert)
-3
-40
-77
235
159
203
Angaben in $ 1.000 Quelle: Shenkar et al. 1992, S. 39
Schaubild 15-20: Berechnung des Qualitätswertes eines Qualitätszirkel-Programms
15.3 Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements
Die wesentlichen Vorteile der dynamischen Wirtschaftlichkeitskennziffern gegenüber den statischen Kennziffern stellen folgende Aspekte dar:
503
• Vorteile dynamischer Wirtschaftlichkeitskennziffern
5 Durch die Betrachtung des Qualitätswertes über
die gesamte Investitionsdauer anstatt eines (durchschnittlichen) Qualitätsgewinns wird dem Investitionscharakter einer Qualitätsmaßnahme eher gerecht. 5 Die dynamischen Kennziffern erlauben eine sinnvollere Operationalisierung der gesamten Investitionsdauer, d. h. der Time-lag- und Wirkungsdauer. 5 Schließlich erleichtern die dynamischen Kennziffern eine Betrachtung von Qualitätsinvestitionen mit im Zeitablauf in ihrer Höhe variierenden Kosten- und Nutzenausprägungen. Dahingegen lassen sich bei der dynamischen Wirtschaftlichkeitskennziffern des Qualitätsmanagements zwei zentrale Problembereiche identifizieren:
• Problembereiche dynamischer Wirtschaftlichkeitskennziffern
5 Die Ermittlung der dynamischen Wirtschaftlichkeits-
kennziffern ist mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Daher ist im Einzelfall abzuwägen, ob ihr Einsatz der Durchführung der statischen qualitätsbezogenen Wirtschaftlichkeitsrechnung (z. B. Renditevergleich), die bereits wertvolle Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit einer Qualitätsinvestition zulässt, vorzuziehen ist. 5 Um die Vorteile der dynamischen Wirtschaftlichkeitskennziffern nutzen zu können, ist das Vorhandensein der hierzu notwendigen Daten zu gewährleisten. Dies impliziert bei einer postaktiven Analyse die Erhebung der verschiedenen Kosten- und Nutzenwerte über einen längeren Zeitraum. Bei einer präaktiven Analyse ist der Einsatz geeigneter Prognosemodelle erforderlich.
504
15 Kosten-Nutzen-Controlling des Qualitätsmanagements
15.4 Kritische Würdigung der Kosten-Nutzen-Analyse • Kritische Würdigung der Kosten-NutzenAnalyse
• Notwendigkeit der Quantifizierung ökonomischer Konsequenzen
Im Hinblick auf eine kritische Würdigung des Ansatzes der Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements ist zunächst festzuhalten, dass die erhobenen Verhaltensabsichten nicht immer das tatsächliche Kaufverhalten repräsentieren. Ferner ist bei der Auswahl eines Messansatzes für den Gewinn pro Kunde die Heterogenität des Kundenstamms des jeweiligen Unternehmens zu berücksichtigen. Schließlich können bei der Nutzenmessung gemäß dem dargestellten Phasenmodell Wirkungen nicht-qualitätsbezogener Maßnahmen auftreten, die es gilt, durch eine entsprechende Operationalisierung zu isolieren (Bruhn/Georgi 1998). Diese potenziellen Einschränkungen führen zur Festlegung verschiedener Annahmen, die bei der Interpretation der Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analyse zu berücksichtigen sind. Durch eine unternehmensspezifische Adaption des Ansatzes wird jedoch eine Beurteilung von Qualitätsmaßnahmen nach Wirtschaftlichkeitskalkülen ermöglicht. Somit kann eine Vergleichbarkeit sowohl zwischen Qualitätsmaßnahmen untereinander als auch zwischen qualitätsbezogenen und sonstigen Aktivitäten eines Unternehmens erreicht werden. Die qualitätsbezogene Kosten-Nutzen-Analyse repräsentiert einen zentralen Baustein einer konsequenten wirtschaftlichkeitsorientierten Gestaltung des Qualitätsmanagements, die es notwendigerweise nach ersten vorliegenden Ergebnissen für die Zukunft kontinuierlich zu optimieren gilt. Auch wenn bei einer Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements Praktikabilitäts- und Exaktheitsargumente in Einklang zu bringen sind, ist die Quantifizierung der ökonomischen Konsequenzen Grundvoraussetzung für die systematische Gestaltung des Qualitätsmanagements vor dem Hintergrund der Unternehmensziele. Daher sind bei weiteren Forschungen zusätzliche Erkenntnisse über die Zusammenhänge innerhalb der Erfolgskette des Qualitätsmanagements unter Berücksichtigung moderierender Faktoren zu gewinnen.
15.4 Kritische Würdigung der Kosten-Nutzen-Analyse
Weiterhin sind Aktivitäten des Qualitätsmanagements unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeitskalkülen im Hinblick auf eine Beziehungsorientierung anhand bestimmter Kundengruppen stärker zu differenzieren. Zur Umsetzung der Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements im Unternehmen ist eine intensivere Kooperation von Marketing und Controlling erforderlich. Controller haben die vorgelagerten Prozesse der Kundenzufriedenheit und -bindung zu verstehen und diese nachvollziehen zu lernen, das Marketing hat Erfolgsgrößen in einzelnen Phasen zu definieren. Schließlich gilt es für beide Bereiche, ein System zu erarbeiten, das der Steuerung von Qualitätsmaßnahmen dient.
505
16
Zusammenfassung: Schritte zu einem erfolgreichen Qualitätsmanagement für Dienstleistungen
In den vorangehenden Kapiteln wurden Ansätze, Systeme, Konzepte und Methoden eines Qualitätsmanagements für Dienstleistungen umfassend dargestellt. Es wird deutlich, dass ein systematisches Qualitätsmanagement für Dienstleistungen in die Phasen der Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle des Qualitätsmanagements strukturiert ist. Diese Einteilung bildet die sachlogische Struktur des vorliegenden Buches. Die Kenntnis der sachlogischen Zusammenhänge der verschiedenen Aktivitäten des Qualitätsmanagements ist für Dienstleistungsunternehmen unerlässlich, da nur so sinnvoll die Instrumente in den verschiedenen Phasen ausgewählt werden können. Allerdings ist bei der konkreten Implementierung eines Qualitätsmanagements eine chronologische „Abarbeitung“ der Aspekte dieses Buches nicht sinnvoll. Vielmehr zeigen die Erfahrungen der Praxis, dass eine pragmatische Vorgehensweise bei der Einführung des Qualitätsmanagements zielführend ist. Ein Vorschlag für eine solche pragmatische Vorgehensweise umfasst die folgenden zehn Schritte:
• Notwendigkeit der Kenntnis der sachlogischen Zusammenhänge des Qualitätsmanagements
• Zehn Schritte zum erfolgreichen Quali-
(1) Definition der Dienstleistungsqualität, (2) Messung der Dienstleistungsqualität, (3) Einbindung des Top Managements, (4) Interne Kommunikation der Qualitätsinitiative, (5) Bestimmung der Kundenerwartungen, (6) Festlegung der Qualitätsmerkmale, (7) Interne Kommunikation der Qualitätsziele, (8) Initiierung von Qualitätsmaßnahmen, (9) Kommunikation der Qualitätsstrategie nach außen (10) Prüfung der Wirtschaftlichkeit.
tätsmanagement
508
16 Zusammenfassung: Schritte zu einem erfolgreichen Qualitätsmanagement
• Definition der Dienstleistungsqualität
• Kenntnisse der relevanten Leistungsund Qualitätsmerkmale
• Messung der Dienstleistungsqualität
(1) Definition der Dienstleistungsqualität Der Ausgangspunkt jeder Qualitätsinitiative in einem Dienstleistungsunternehmen ist es, sich darüber klar zu werden, was im Unternehmen unter Qualität verstanden wird. Dabei geht es nicht darum, eine theoretische Definition für Dienstleistungsqualität zu entwerfen, sondern eine ganz konkrete Definition, passend für den betreffenden Unternehmensfall. Nur wenn sich die Verantwortlichen zu Beginn vor Augen führen, wie Qualität im spezifischen Fall aufzufassen ist, tragen die Folgeschritte zu einem erfolgreichen Qualitätsmanagement bei. Ausgehend von der generellen Qualitätsdefinition, die die Leistung und die Erwartung als Komponenten der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität unterscheidet, gilt es, unternehmensspezifische qualitätsrelevante Aspekte zu definieren. Dazu ist zunächst die Frage zu stellen, welche Kundenerwartungen für das Unternehmen relevant sind. Beispielsweise ist festzulegen, die Kundenerwartungen welcher Kundengruppen ausschlaggebend sind für das Unternehmen. Auf der Leistungsseite sind erste Kenntnisse über relevante Leistungs- und Qualitätsmerkmale zu sammeln, die in der Branche bzw. für das spezifische Unternehmen von Bedeutung sind. Dieser Schritt wird meistens von einer kleinen Gruppe von Personen durchgeführt, die sich bei ihrer Tätigkeit intensiv mit Qualitätsfragen beschäftigen, da in dieser Phase zum einen ein konzeptionelles Know-how in Bezug auf das Qualitätsmanagement erforderlich ist und zum anderen eine Einbindung von zu vielen Personen schnell dazu führt, dass die Qualitätsinitiative in dieser frühen Phase nicht ausreichend fokussiert definiert wird. (2) Messung der Dienstleistungsqualität Nach der spezifischen Definition der Dienstleistungsqualität für das betreffende Unternehmen, ist die Schaffung von qualitätsrelevanten Fakten durch erste Qualitätsmessungen sinnvoll. Hier ist das Ziel, eine so genannte „Nullmessung“ vorzunehmen, die verschiedene Zwecke im weiteren Verlauf der Qualitätsinitiative erfüllt. Beispielsweise stellt sie die Basis für spätere Kontrollen
16 Zusammenfassung: Schritte zu einem erfolgreichen Qualitätsmanagement
der Qualitätsinitiative dar (vgl. auch Schritt 10). Außerdem bildet sie den Ausgangspunkt für die folgenden Schritte, da sie von einer praktischen Seite her deutlich macht, was die qualitätsrelevanten Aspekte des Unternehmens sind. Bei der Durchführung der Qualitätsmessung stehen eine Vielzahl von Methoden zur Verfügung, von denen der Dienstleistungsanbieter nach verschiedenen Kriterien jene auswählt, die für seinen konkreten Fall besonders geeignet erscheinen. Idealtypisch werden zunächst qualitative Verfahren eingesetzt, wie beispielsweise die Sequenzielle Ereignismethode, die den Prozesscharakter einer Dienstleistung berücksichtigt. Die qualitativen Methoden bringen zum einen sehr konkrete Dienstleistungserlebnisse aus Kundensicht zu Tage. Diese sind nicht nur in analytischer Hinsicht, sondern auch in kommunikativer Hinsicht wichtig für den weiteren Prozess, da sie Ansatzpunkte für das interne Aufzeigen konkreter Qualitätsprobleme des Dienstleistungsunternehmens liefern. Damit liefern sie wichtige Inhalte für die interne Kommunikation in Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement. Die qualitativen Verfahren tragen weiter zur Konkretisierung der Dimensionen der Dienstleistungsqualität aus Kundensicht bei. Damit bilden sie zudem die Grundlage für die quantitative Messung der Dienstleistungsqualität, indem die Einschätzung der Kunden hinsichtlich verschiedener Einzelmerkmale der Qualitätsdimensionen. Mit den quantitativen Methoden lassen sich objektivierbare Qualitätswerte generieren, die beispielsweise der Gewichtung einzelner Qualitätsmerkmale dienen oder als Ausgangswerte für spätere Kontrollen bzw. Maßstab für kundenorientierte Vergütungen genutzt werden können. (3) Einbindung des Top Managements Häufig wird in den ersten beiden Phasen das Top Management nicht eingebunden sein, weil die ersten beiden Schritte zu weit von einer konkreten strategischen oder operativen Umsetzung entfernt sind. Das ändert sich nach der systematischen Aufbereitung der Messergebnisse in Bezug auf die Dienstleistungsqualität. An dieser Stelle ist es wichtig, die Qualitätsinitiative auf ein
509
• Qualitative und...
• ...quantitative Methoden
• Einbindung des Top Managements
510
16 Zusammenfassung: Schritte zu einem erfolgreichen Qualitätsmanagement
breiteres Fundament zu stellen. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass die wenigen Initiatoren immer intensiver an dem Thema arbeiten, ohne die Vorstellungen anderer Unternehmensmitglieder, insbesondere des Top Managements, zu berücksichtigen. Bei der Gewinnung des Top Managements sind zudem die Messergebnisse zur Dienstleistungsqualität aus dem zweiten Schritt von Bedeutung. Bei entsprechender Aufbereitung der Ergebnisse tragen sie wesentlich dazu bei, das Top Management von einer Handlungsnotwendigkeit zu überzeugen, da sie den Qualitätsverbesserungsbedarf quantitativ aufzeigen. • Interne Kommunikation der Qualitätsinitiative
• Engagement und Commitment
(4) Interne Kommunikation der Qualitätsinitiative Durch die Unterstützung des Top Managements ist die Grundlage dafür geschaffen, die Qualitätsinitiative unternehmensweit zu lancieren. Da Qualität eine unternehmensweite Aufgabe darstellt und in den meisten Dienstleistungsunternehmen sämtliche Mitarbeiter mehr oder weniger direkt auf die Dienstleistungsqualität einwirken, ist eine Information und Gewinnung sämtlicher Unternehmensbereiche, -funktionen und -mitarbeiter eine wichtige Voraussetzung für den späteren Erfolg der Qualitätsinitiative. An dieser Stelle können andere Abteilungen im Unternehmen dazu beitragen, dass die Kommunikationskampagne möglichst effektiv erfolgt. Vor allem die Personalabteilung ist dabei von Relevanz, da ihr in den meisten Unternehmen die Kompetenz in Fragen der internen Kommunikation zugesprochen wird. Aber auch die Kommunikationsabteilungen des Dienstleisters leisten Hilfestellung bei der Planung der internen Kommunikationskampagne – schließlich geht es darum, die Mitarbeiter des Unternehmens von der Zweckmäßigkeit der Qualitätsinitiative zu überzeugen und sie von dieser zu begeistern. Nicht zu vernachlässigen ist in dieser Phase die Rolle des Top Managements. Spüren die Mitarbeiter das Engagement und Commitment des Top Managements für die Qualitätsinitiative, werden sie sich selbst – bewusst oder unbewusst – viel eher davon überzeugen lassen. Daher ist einer der wichtigsten Punkte in dieser Phase,
16 Zusammenfassung: Schritte zu einem erfolgreichen Qualitätsmanagement
511
dass das Top Management möglichst viel direkt mit den Mitarbeitern kommuniziert und versucht, sie für die Qualitätsinitiative zu gewinnen. (5) Bestimmung der Kundenerwartungen Auch wenn die Qualitätsmessung im zweiten Schritt bereits erste Anhaltspunkte im Hinblick auf die Kundenerwartungen liefert, ist es an dieser Stelle wesentlich, eine systematische Erfassung und Analyse der Kundenerwartungen vorzunehmen. Die Kenntnis der Kundenerwartungen stellt den Ausgangspunkt für eine Planung von Qualitätsmaßnahmen dar. Erst wenn bekannt ist, welche Kundengruppen welche Erwartungen haben, können Prioritäten im Qualitätsmanagement festgelegt werden. Dabei empfiehlt sich für die meisten Branchen eine differenzierte Betrachtung der Kundenerwartungen. Nicht nur eine Differenzierung nach Erwartungstypen, sondern vor allem auch eine Differenzierung nach Kundengruppen kann wesentlich dazu beitragen, in der Summe, d. h. über alle Kundengruppen hinweg, eine bestmögliche und gleichzeitig effiziente Realisierung der Kundenanforderungen zu erzielen. Vielfach unterscheiden sich die Erwartungen unterschiedlicher Kundengruppen desselben Unternehmens wesentlich. Beispielsweise sind für Private-BankingKunden ganz andere Aspekte von Bedeutung als für Retail- oder M & A-Kunden einer Bank. Eine Eruierung dieser Unterschiede bildet die Grundlage für ein differenziertes Qualitätsmanagement sowie Marketing und Kundenmanagement generell.
• Bestimmung der
(6) Festlegung der Qualitätsmerkmale Die Analyse der Kundenerwartungen dient u. a. der Priorisierung von Qualitätsmerkmalen. Auch die Qualitätsmessung bringt zwar bereits erste Informationen darüber, welche Qualitätsmerkmale verbesserungswürdig sind. Grundsätzlich stellen insbesondere schwach ausgeprägte Qualitätsmerkmale Ansatzpunkte für Qualitätsverbesserungen dar. Aber in vielen Fällen ist die Ausprägung selbst nicht alleine entscheidend. Merkmale, die zwar vom Kunden schwach wahrgenommen
• Festlegung der Qua-
Kundenerwartungen
litätsmerkmale
512
16 Zusammenfassung: Schritte zu einem erfolgreichen Qualitätsmanagement
werden, aber von ihm – im Sinne der Kundenerwartungen – auch nicht als wichtig erachtet werden, sind folglich auch für das Unternehmen weniger von Relevanz. Bei einer Priorisierung der Qualitätsmerkmale stehen also eindeutig jene Merkmale im Vordergrund, die der Kunde als wichtig einstuft und bei denen der Dienstleistungsanbieter bisher Probleme hat. In diesem Schritt wird das Qualitätsmanagement konkret. Hier wird festgelegt, was die zukünftigen Betätigungsfelder des Qualitätsmanagements für Dienstleistungen sind. Erfolgt an dieser Stelle eine falsche Priorisierung, werden zukünftige Budgets falsch eingesetzt. • Interne Kommunikation der Qualitätsziele
• Initiierung von Qualitätsmaßnahmen
(7) Interne Kommunikation der Qualitätsziele Die priorisierten Qualitätsmerkmale bilden die Inhalte für konkrete Qualitätsziele. Die Definition konkreter Qualitätsziele ist insofern von Bedeutung, da die Unternehmenspraxis – und dies gilt nicht nur für das Qualitätsmanagement, sondern für die Umsetzung von Managementkonzepten generell – zeigt, dass nur die konkrete Festhaltung von Zielen einen Anreiz liefert, das Qualitätsmanagement konsequent umzusetzen. Neben der Festlegung der Qualitätsziele ist ihre interne Kommunizierung der Haupterfolgsfaktor in dieser Phase. Dabei ist es besonders wichtig, dass die Mitarbeiter des Unternehmens die Qualitätsziele kennen, verstehen und akzeptieren. Zum Verständnis der Qualitätsziele ist eine entsprechende Begründung des jeweiligen Ziels unerlässlich. Die Akzeptanz wird im wesentlichen Maße von der Glaubwürdigkeit der Ziele und der Initiatoren bestimmt. Auch hier ist das Involvement des Top Managements ein wesentlicher Erfolgsfaktor. (8) Initiierung von Qualitätsmaßnahmen Parallel zur Kommunikation der Qualitätsziele werden erste Qualitätsmaßnahmen eingesetzt. Die möglichst rasche Umsetzung erster Maßnahmen trägt dazu bei, die Relevanz und Glaubwürdigkeit der Qualitätsinitiative zu dokumentieren. Geschieht nach der Vorstellung der Qualitätsinitiative und -ziele zunächst nichts, gerät die Message der internen Kommunikation in Verges-
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senheit. Bei der Initiierung von Qualitätsmaßnahmen ist darauf zu achten, dass die relevanten Personen eingebunden sind. Da es sich beim Qualitätsmanagement um eine unternehmensweite Aufgabe handelt, werden entsprechend viele Abteilungen und Mitarbeiter eingebunden. Für den Erfolg des Qualitätsmanagements ist nicht zielführend, wenn von der Aufgabe her relevante Ansprechpartner – beispielsweise aufgrund von Bereichsegoismen – nicht in die Umsetzung der Qualitätsmaßnahmen eingebunden werden, beispielsweise wenn Zufriedenheitsbefragungen ohne Einbindung der Marktforschungsabteilung durchgeführt werden oder die Call-Center-Mitarbeiter einer Bank ohne Einbindung des Call-Center-Leiters bewertet werden. Weiterhin ist bei der Festlegung der Maßnahmen eine Ausgewogenheit im Hinblick auf die Qualitätsziele zu achten. Oft kommt es vor, dass – aus guten Gründen – verschiedene Qualitätsziele festgelegt werden, sich bei der späteren Maßnahmenfestlegung aber unbewusst auf ein Qualitätsziel konzentriert wird. Wenn dann die anderen Qualitätsziele mit zur Erfüllung dieses Ziels beitragen, werden diese Verbundeffekte vernachlässigt. (9) Kommunikation der Qualitätsstrategie nach außen Letztendlich sind die Maßnahmen des Qualitätsmanagements auf den Kunden gerichtet. Durch eine entsprechende Berücksichtigung der Kundenerwartungen und Realisierung der Kundenanforderungen durch ein Unternehmen und seine Dienstleistungen wird die Qualitätswahrnehmung und das Qualitätsimage der Kunden langfristig gesichert. Ein Qualitätsmanagement ist umso effektiver, wenn die Qualitätsmaßnahmen nicht nur „heimlich“ umgesetzt werden, in der Hoffnung, dass der Kunde die verbesserte Leistungsqualität wahrnimmt, sondern ihm diese Leistungsverbesserungen auch aktiv kommuniziert werden. Damit wird eine Art „Self-fulfilling prophecy“ realisiert: Wenn der Kunde bereits im Vorhinein auf Qualitätsverbesserungen eingestellt ist, nimmt er diese auch eher wahr – Voraussetzung ist natürlich, dass die Verbesserungen auch zu einem gewissen Grad vorhanden sind.
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• Einbindung von Abteilungen und Mitarbeitern
• Kommunikation der Qualitätsstrategie nach außen
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• Prüfung der Wirtschaftlichkeit
(10) Prüfung der Wirtschaftlichkeit Das Qualitätsmanagement für Dienstleistungen weist eine besondere Stellung auf. Anders als das Qualitätsmanagement im Sachgüterbereich, in dem häufig vor allem technische und statistische Verfahren des Qualitätsmanagements eingesetzt werden, kann sich das Qualitätsmanagement eines Dienstleistungsunternehmens auf der einen Seite nicht auf objektive Sachverhalte stützen. Auf der anderen Seite darf es auch nicht im Sinne einer „L‘art pour l‘art“ als „soft fact“ abgestempelt werden. Dies wäre der Abschied vom systematischen Qualitätsmanagement. Vielmehr ist eine Integration von „soft facts“ und „hard facts“ anzustreben. Selbstverständlich bedarf es beim Qualitätsmanagement einer gewissen Kreativität. Zahlreiche Maßnahmen (z. B. Qualitätszirkel, interne Kommunikation, aber selbst qualitative Qualitätsmessmethoden) können ohne Kreativität gar nicht gewinnbringend eingesetzt werden. Allerdings kann dieser Umstand nicht als Alibi dafür herhalten, die Qualitätsinitiative nicht auf Zahlen zu stützen und nicht zu kontrollieren. Was bereits im zweiten der aufgezeigten Schritte mit der Messung der Dienstleistungsqualität seinen Anfang nimmt, findet in diesem zehnten Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden Qualitätsmanagement seine Fortsetzung. Dienstleistungsunternehmen erreichen finanziellen Erfolg durch das Qualitätsmanagement, wenn seine Wirkungen kontinuierlich einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werden. Gelingt es dem Unternehmen, bereits rechtzeitig Wirtschaftlichkeitsüberlegungen anzustellen, lassen sich Probleme vermeiden, wie sie zahlreiche Praxisbeispiele zeigen, in denen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen erst angestellt wurden, als es bereits zu spät war. Diese zehn Schritte zu einem erfolgreichen Qualitätsmanagement sind in ihrer chronologischen Reihenfolge nicht als Gesetz miszuinterpretieren. Allerdings werden im Rahmen der zehn Schritte allesamt Aspekte angesprochen, die beim Aufbau eines systematischen Qualitätsmanagements auf keinen Fall zu vernachlässigen sind. Insbesondere die Zusammenarbeit der verschie-
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denen Unternehmensebenen und -abteilungen wird dabei deutlich: Aufgrund der unternehmensweiten Verantwortung für die Dienstleistungsqualität eines Unternehmens kann ein Qualitätsmanagement für Dienstleistungen nur dann erfolgreich sein, wenn alle Unternehmensmitglieder ihren Beitrag für eine hohe Dienstleistungsqualität leisten.
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A Ablauforganisation 297 Abwanderungsprozess 120ff. − Analyse 121 Aktivitätenportfolio 472, 475 Analytical Hierarchy Process (AHP) 210 Anreiz- und Vergütungssysteme 285, 286f., 355 Audit 386 − Definition 386 − Vor- 404f. − Zertifizierungs- 406 Auditing 429 Aufbauorganisation 290ff. − Organisatorische Gestaltung 291 − Ziele und Maßnahmen 291 Aufgabenorientierte Forschung 14ff. B Basisanforderungen 44 Begeisterungsanforderungen 45 Begeisterungsfaktoren 47 − Begriff 423 Benchmarking 264ff. − Best-in-Class-Benchmarking 266 Beschwerden − Analyse 319 − Annahme 315f. − Barrieren 314 − Bearbeitung 315 − Management 312
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− Managementsystem 354 − Messung 132ff., 496 − Reaktion 315f. − Stimulierung 313 Betriebliches Vorschlagswesen 148, 258 − Prozess 148 Beziehungsqualität 58 − Beeinflussung durch Dienstleistungsqualität 60 − Dimensionen 59f. − Vertrauen 59f. − Vertrautheit 59f. Beziehungsqualitäts-Modell von Liljander und Strandvik 184 Beziehungsstruktur − triadische 171 Beziehungstypen 187f. Beziehungswert 185ff. Blueprint 115 C Chancen-Risiken-Analyse 200 − Charakteristika, 20 Coaching für Führungskräfte 284 Commitment 185, 187 Conjoint-Analyse 100f., 105 Critical Incident Technik 116 − Beispiel 117 Critical Quality Characteristics 101 Critical-Path-Analyse 118ff., 122 − Fragenkatalog 122 Cross Buying 63 − Definition 423 D Dekompositionelle Verfahren 99ff. Deming Application Price 369 Deming 69f. − 14-Punkte-Pogramm 69 Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen (DQS) 392 Dezentralisation 349
Stichwortverzeichnis
Dienstaufsichtskontrollen 304 Dienstleistungen − Begriff 19ff. − kommerzielle 31 − nicht-kommerzielle 31 − Systematisierung 19ff. Dienstleistungsawards 367 Dienstleistungsentwicklung 223 Dienstleistungskultur 289 Dienstleistungsmarketing 19, 25 − Besonderheiten 25ff. − Ergebnisorientierung 26 − Leistungsprozess 27 − Prozessorientierung 26 Dienstleistungsmärkte 5 Dienstleistungsprozess − Charakter 32 − Typen 32 Dienstleistungsqualität − Analyse 155 − Ansätze 84f. − Ausnahmekomponente 50 − Bedeutung 4 − Begriff 37f. − Definition 38, 508 − Determinanten 39ff. − Dienstleistungsqualität 36ff. − Dimensionierung 54 − Einflussfaktoren 176 − Empirische Forschung 14 − Empirischer Faktor 14 − Erfolgsfaktor 14f. − Ergebnisdimension 49 − Erwartungen 39ff. − Messung, 38, 83ff., 508 − Messung, ereignisorientierte 114ff. − Messung, managementorientierte 133ff. − Messung, mitarbeiterorientierte 140ff. − Messung, problemorientierte 126 − Messung, unternehmensorientierte 133ff.
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− Modell bei direktem und indirektem Kundenkontakt 173 − Modelle, Würdigung 190 − Potenzialdimension 49 − Prinzip 160 − Prozessdimension 49 − Routinekomponente 50 − Spezifikationen 162 − Suchkomponente 51 − Wahrgenommene 39 − Wahrnehmung 40 − Wirkungsorientierte Forschung 14ff. − Wirkung, psychologische 56f. − Wirkung, verhaltensbezogene 62 − Wirkung, ökonomische 62f. Disconfirmation-Paradigma 61, 91f. Diversifikation 223 Drittbild 174 E EFQM-Modell für Excellence 370ff., 456 Eigenbild 172, 307 Electronic Banking 298 Emotionale Intelligenz 281 Empfehlungsmanagement 244 Empowerment 352 Encounter Points 116 Entscheidungsorientierung 352f. Episode 185f. Epistemische Kompetenz 96 Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) 269f. Erfahrungskomponente 51 Erfolgskette des Qualitätsmanagement für Dienstleistungen 6, 13, 9, 64ff. − Moderierende Faktoren 13 Erfolgsketten-Controlling 455ff., 467ff. Erwartungen 155f. − Qualitätserwartungen 253 Erwartungsbegriff 95 Erwartungsbezogene Strategien 214ff. − Typen 214
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Erwartungskampf 222 Erwartungsmanagement 216ff. − Aufgaben 227ff. − Direktes 241 − Indirektes 242f. − Instrumente 233 − Operative Planung 227ff. Erwartungsmessung 238ff. − Ansätze 234 − Ex-ante-Messung 236 − Ex-post-Messung 236 Erwartungsspirale 229 Erwartungsstrategie 219 − Akquisitionsbezogene 219 − Bindungsbezogene 220 − Rückgewinnungsbezogene 221 Erwartungstypen 227 Erwartungsanalyse 240f. ESPRIX-Award 377ff. European Quality Award (EQA) 369 European Organization for Testing and Certification (EOTC) 391 European Performance Satisfaction Index (EPSI) 459f, − Modell 460 − Vorteile 464 European Quality Award 370ff., 376 − Bewerbungsprozess 375 − Innovation und Lernen 375 − Voraussetzungen 375 Expertenbeobachtung 86 Externe Auditierung 381 Externer Faktor 22 − Begriff 23f. − Definition 24 F Fehlerkosten 434, 442 Fehlerkostenrechung 449 Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA) 133f. Feldexperiment 183
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Stichwortverzeichnis
Finnish Quality Award 368 Fishbone-Analyse 268f. Fishbone-Analyse 136f. Fremdbild 307 Frequenz-Relevanz- Analyse für Probleme (FRAP) 130ff., 255, 496, 500f. − Funktionen 423 G GAP-Modell 96ff., 156 − Bestimmung der Dienstleistungsqualität 172 − Einflussfaktoren 157 − Interne Dienstleistungen 175 − Mitarbeiter-Kunde-Kontakt 170 − Variationen 168 Glaubenskomponente 51 H Handlungs-Relevanz-Matrix 257 Hauptprozesse 478 − Qualitätsbezogene 478f. Heuristische Kompetenz 96 House of Quality 262 − Identifikation 468f. − Messung 469f. − Selektion 469f. I Immaterialität 21 Implementierung − Ansatzpunkte 346ff. − Barrieren 344, 347, 362 Indexbildung 461 Indexsysteme 467 Indikatoren der Dienstleistungsqualität 145 Indikatormanagement 243 Indikatorvariabeln 142, 459f. Individualisierungsgrad 30, 224 Informationsprozess 426f. Informationssystem 297, 353, 429 Informationsversorgungsfunktion 425ff.
Stichwortverzeichnis
Intangibilität 21f. Integrierte Kommunikation 325 Interaktionsgrad 30 Interfaktorforschung 14f. Internal Customer Satisfaction Tracking System 146 Interne Kunden 142, 206 Interphasenintegration 334 Intrafaktorforschung 14f. ISO 9000 393ff. J Japan Quality Award 368 Juran 68ff. K Kaizen 74, Kano-Methode 44, 111ff. − Beispiel 112f. Kauffrequenzsteigerung 63 Kaufverhalten 62f. Kommunikation − Externe 513 − Horizontale 167 − Interne 159, 510 Kommunikationssysteme 297 Kommunikationsverhalten 62ff. Konformitätskosten 434 Konkurrenzabgrenzung 195f. Konkurrenzbezogene Strategie 225ff. − Anpassungsstrategie 225f. − Ausweichstrategie 225 − Kooperationsstrategie 225f. − Konfliktstrategie 25f. Konstrukte 144 Kontrolle − Wahrgenommene 164 Kooperationskoordination 350 Koordination 196 Koordinationsfunktion 424f. Kosten-Kennzahlen 490f. Kosten-Nutzen-Analyse des Qualitätsmanagements
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− Dynamische 500 − Problemfelder 504 − Würdigung 504 Kosten und Nutzen − Analyse 436 − Controlling 477ff. − Kennzahlen 490f. − Orientierung 197 Kostentreiber 478 Kulturveränderungsprozess 358f. Kundenakquisition 219f. Kundenbarometer − Problembereiche 465ff. − Unternehmensspezifische 467 Kundenbarometer 455ff. − Anforderungen 457ff. − Konzept 456 − Nationale 455f. − Würdigung 465 − Ziele 457 Kundenbezogene Strategien 218f. Kundenbindung 11, 219f. Kundenbindungsmanagementsystem 354 Kundenbindungsnutzen − Ermittlung 485 Kunden-Dienstleister-Beziehung 185 Kudenerwartungen 4, 40f., 78,182f., 228, 511 − Ansätze zur Messung 234 − Determinanten 230f. − Erfüllung von 222f. − Management 158 − Steuerung von 240 Kundenorientierung 194f. − Interne 10 − Umsetzung und Selbsteinschätzung 344 Kundenrückgewinnung 219f. Kundenwahrnehmung 5 Kundenwertanalyse 435 Kundenzufriedenheit 61, 144, 394, 462, 470 − Forschung 435 − Indexsystem 471
Stichwortverzeichnis
L Laborexperiment 183 Leistungsanforderungen 44 Leistungsbezogene Strategien 215ff., 222ff. − Standardisierungsgrad 224 Leistungsfaktoren 47 Leitbilder 204 Lindquist-Index 129 Ludwig-Erhard-Preis 377ff. M Malcolm Bridge National Quality Award (MBNQA) 368 Marktbezogene Strategien 217f. Marktdurchdringung 223 Marktentwicklung 223 Marktforschung 158 Merkmals- und mitarbeiterorientierte Ansätze 256 Merkmals- und kundenorientierte Ansätze 255, 272 Merkmalsorientierte Ansätze 90ff., 311 Mitarbeiter-ArbeitsplatzEntsprechung 163 Mitarbeiterbefragung 140f., 281, 305 Mitarbeiterbeobachtung 304 Mitarbeiter-Orientierungsgespräch 279 Modelle der Dienstleistungsqualität 153ff. Moments of Truth 116 Motivation 285f. − Extrinsische 285 − Intrinsische 285 Multiattributive Verfahren 90f. − Einstellungsorientiertes Konzept 91ff. − Zufriedenheitsorientiertes Konzept 91ff. Mystery Shopper 87f. N Nichtkonformitätskosten 434 Normative Erwartungen 41f., 228f., 245f. Normenreihe ISO-9000ff. − Prozessmodell 399
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Nutzenanalyse 436 O Opportunitätskosten 450f. Outpacing 7 P Pareto-Diagramm 132 Penalty-Reward-Methode 107 − Criticals 109f. − Dissatisfiers 108f. − Neutrals 110f. − Satisfiers 108f. Personalauswahl − Instrumente 283 − Qualitätsorientierte 276 Personalentwicklung 278f. , 282 − Aufgaben 278 Personalpolitische Maßnahmen 275f. Personalschulung 280 − Kontrollfunktion 427 − Planungsfunktion 426f. Poka-Yoke-Verfahren 149 Prädiktive Erwartungen 41f., 216, 228f., 237, 245 Präventionskosten 441 Preisbereitschaft 106 Priorisierung von Qualitätsmerkmalen 474 Problem-Detecting-Methode 128 Problemorientierte Qualitätsmessung 312ff. Prozessorientierung 350f. Prüfkosten 442 O Operationalisierung der Auswirkungen 484 Q Qualitätsmanagementsystem 77 − Bausteine 77 Qualifizierung 281 Qualität 32
Stichwortverzeichnis
− Begriff 33f. Qualitatives Zufriedenheitsmodell von Stauss und Neuhaus 188ff. Qualitätsaktivitäten − Integrierte 478 Qualitätsanforderungen 303 Qualitätsaudit 326f., 386 Qualitätsausführungssystem 428 Qualitätsauszeichnungen 365ff. Qualitätsbezogene Kosten − Einteilung 446 Qualitätscontrolling, − Ansätze 437 − Baustein 430 − Instrumente 432 − Operatives 432 − Strategisches 431ff. Qualitätscontrollingsystem 427ff. − Definition 427 Qualitäts-Erfolg-Zusammenhang 12f. Qualitätsgewinn 488f., 493 Qualitätsgrundsätze 203, 402ff. Qualitätsinstrumente 330ff. Qualitäts-Kennzahlen 489 Qualitätskosten − Begriff 439ff. − Kategorien 440, 448 − Klassifizierung 440 − Tätigkeitsorientierte Einteilung 441ff. − Würdigung 451 Qualitätskostenkonzept 434 Qualitätskriterien − Messung 254 Qualitätslenkung − Beziehungsanalyse der Lenkungsinstrumente 300 − Instrumente, mitarbeiterbezogene 274ff., 290 − Instrumente, Integration 299ff. − Instrumente, kulturbezogene 288 − Integrierte 301f. Qualitätsmanagement − Anforderungen 193
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Stichwortverzeichnis
− Begriff 75 − Definition 76 − Grundsätze 340f. − Implementierung 343ff., 359 − Investitionsbetrachtung 435 − Kommunikationsnutzen 482 − Kosten 477ff. − Kostenerfassung 478 − Kundenbindungsnutzen 482 − Nutzen 481ff. − Operative Gestaltung 247 − Phasenkonzept 360 − Planung 76f., 198f., 212f. − Prinzipien 194 − Probleme der Nutzenberechnung 483ff. − Projektablaufschritte 361 − Prozesshierarchie 479 − Schritte zu einem erfolgreichen 507ff. − Strategische Ausrichtung 193 − Ziele des 208f. Qualitätsmanagementinstrumente 198, 330ff. − Beurteilungskriterien 336ff. − Bewertung 340f. Qualitätsmanagementdarlegung 320 − Definition 321 − Instrumente 320 − Ziel 321 Qualitätsmanagementhandbuch 322, 327f. Qualitätsmanagementsystem 329 Qualitätsmanager 292 Qualitätsmaßnahmen 513 Qualitätsmerkmale 46, 48 − Priorisierung 45, 48, 102, 512 Qualitätsmessung 140ff. − Externe 140f., 141f. − Interne 308 Qualitätsniveau 43 − Optimales 43 Qualitätsorganisation − Primäre 292 − Sekundäre 292
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Qualitätsorientierung 395 Qualitätsphilosophie 68 Qualitätsplanung 252ff. − Aufgaben 252f. − Definition 252 − Instrumente 273, 252ff. Qualitätsportfolio 199 Qualitätspreise 365ff., 382 − Bewerbung 366 − Definition 365 − Evaluierungsmatrix 369 − Methodik 369 − Prüfkriterien 366f. − Systematisierung 367. − Würdigung 382 − Ziele 366ff. Qualitätspreismodelle 380 − Implementierung 381f. − Nutzung 380 Qualitätsprüfung − Instrumente 303ff., 316 Qualitätsregelkreis 361ff. Qualitätsrendite 488, 493, 501 Qualitätsreport 324 Qualitätsseminare 284 Qualitätsstandards 207ff. Qualitätsstatistiken 323f. Qualitätsstrategie 202 − Geschäftsfeld 202 Qualitätsteams 206 Qualitätsvereinbarung 306 Qualitätswert 502 Qualitätsziele 208 Qualitätszirkel 206, 293, 502 − Aufgaben 294f. − Koordinationsteam 295 − Mitarbeiter 294 − Moderator 296 − Steuerungsgruppe 294 Quality Function Deployment (QFD) 258f. − Prozess 258ff.
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R Regelkreis des Qualitätsmanagements 247ff. Root-Cause-Analyse 124ff. S Satisfaction Drivers 145, 147 Scheinbewerbung 381 Selbstbewerbung 380f. Sequenzielle Ereignismethode (SEM) 114, 255 Service Encounter 275 Servicebarometer 143 − Interne 310 Servicequalität 10 − Interne 10 Servicetraining 284 SERVQUAL 96ff., 255, 460f., 51ff. − Doppelskala 99 Silent-Shopper-Verfahren 86f. Six Sigma 72 Stärken-Schwächen-Analyse 200f. Statistical Process Control 138ff. − Pareto Analyse 138 − Shewart-Kontrollcharts 139 − Prozessfähigkeitsanalyse 139 Steuerungssystem 353f. Strategien des Qualitätsmanagements − Kundenerwartungen 212f. − Typen 213ff. Strategische Qualitätsposition 198 Strukturmodell 143, 460ff., 459 SWOT-Analyse 201 T Taguchi-Philosophie 73 Tätigkeitsorientierte Kostengliederung 447f. Teamwork 163 Technologie-Arbeitsplatzentsprechung 164 Telefon-Banking 298 Tertiärer Sektor 3 Testkäufer 87f. Time Lag 312
Stichwortverzeichnis
Total QualityManagement (TQM) 67f. − Definition 67f. Total Quality Control 70f. Typologisierung 27 U Überwachungsaudit 408f. Umstrukturierungsprozess 359 Unternehmenskultur 288f., 355ff. − Typen 357 Unternehmensorganisation 348 Unternehmenssystem 352f. Unzufriedenheit 189 − Typen 189f. V Vignette-Methode 100f. Verhütungskosten 445 Vernetzungspotenziale 271f. − Beziehungsanalyse 271f. Vertrauen 394 Vertrautheit 394f. Vieraugenprinzip 304 W Warentests 88 Willingness-to-Pay-Ansatz 102 − Anwendung 103 − Leistungsnutzen 102 − Preis der Leistung 102 Wirkungsorientierte Kostengliederung 447f. Wirtschaftlichkeit − Analyse 430, 439 − Kennziffern 486 − Phasen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Qualitätsmanagements 433f. − Problembereiche 503 − Prüfung 514 − Zinseszinsrechnung 498 Wirtschaftsgüter 28 − Systematik 27f.
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Stichwortverzeichnis
Z Zertifikat 409f. Zertifizierung 385ff. − Ablauf 404f. − Auswirkungen 411, 413 − Beweggründe 419f. − Definition 385f. − Dokumentation 408 − Effizienzsteigerung 412 − Einflussfaktoren 389 − Imageeffekte 411 − Kosten 389 − Kritische Würdigung 416ff. − Motivation 420 − Normen 393 − Notwendigkeit 415 − Nutzenwirkung 412ff. − Problemfelder 417f. − Prozess 390 − Vertrauensbildung 385 − Vorbereitung 400 − Werbeeffekte 411 − Zeitdauer 388 − Zeitplan 401 − Ziele 386ff. Zertifizierungsstelle 390 Zielsystem des Qualitätsmanagements 210ff. Zufriedenheit − Typen 189