Diana Morschhäuser Wilhelm Fischer (Hrsg.) Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge Grundlagen, Funktionen, Kontrolle, Optimierung, Troubleshooting
Diana Morschhäuser Wilhelm Fischer
Praxis der HerzschrittmacherNachsorge Grundlagen, Funktionen, Kontrolle, Optimierung, Troubleshooting
Unter Mitarbeit von Michael Jakob Mit 245 Abbildungen und 10 Tabellen
1 23
Diana Morschhäuser Dipl.-Ing. Biomedizintechnik Libauerstr. 4 81927 München
Dr. med. Wilhelm Fischer Ärztlicher Direktor, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin Krankenhaus Peißenberg, Krankenhaus GmbH Ldkrs. Weilheim-Schongau Hauptstr. 55-57 82380 Peißenberg
Dr. med. Michael J. Jakob Ltd. Oberarzt der Medizinischen Klinik Knappschaftskrankenhaus Sulzbach An der Klinik 10 66280 Sulzbach
ISBN-13
978-3-642-10538-8
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
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Planung: Hinrich Küster, Heidelberg Projektmanagement: Kerstin Barton, Heidelberg Lektorat: Bettina Arndt, Gorxheimertal Umschlaggestaltung: deblik Berlin Satz: TypoStudio Tobias Schaedla, Heidelberg SPIN: 12582815 Gedruckt auf säurefreiem Papier
22/2122 – 5 4 3 2 1 0
V
Geleitwort Wer ein Sachbuch schreibt, formuliert einen Anspruch: Handbücher brauchen oft viele Autoren, um das Objekt der Betrachtung in allen Facetten zu beleuchten, im Detail zu ergründen und mit eingehender Literaturrecherche selbst zur Referenz zu werden. Medizinische Lehrbücher wollen dem Leser einen fundierten Überblick über ein Sachgebiet verschaffen, damit er das neue Wissen in ärztliches Tun umsetzen kann. Praxisleitfäden betonen den operativen Aspekt und bieten hoffentlich genügend Handlungsanleitung, um die tägliche Patientenversorgung fehlerfrei bewältigen zu können. Und dann schreibt einer gelegentlich auch ein Buch, um selbst sein Fachgebiet erst richtig zu verstehen. Nicht so das vorliegende Kompendium zur »Praxis der Schrittmacher-Nachsorge«. Jede Zeile verrät den Erfahrungsschatz aus Jahrzehnten ärztlicher Fortbildung und persönlicher Problemlösung vor Ort. Didaktische Schulung aus Sachkundekurs und SchrittmacherGespräch prägt die klare Struktur der einzelnen Kapitel. Der persönliche Einsatz in Praxis und Krankenhaus und das Wissen um die alltägliche Kapitulation vor EKG-Diagnostik und Programmierung erklärt, warum auf die Erörterung von Pathophysiologie und Studienergebnissen verzichtet wird und stattdessen wichtige Tipps und Hinweise zu finden sind. Dies ist ein Leitfaden vom Praktiker für den Praktiker. Das Buch fokussiert bewusst auf die »klassische« Schrittmachertherapie und lässt die kardiale Resynchronisation und die Behandlung mit implantierbaren Defibrillatoren außen vor. Die kluge Selbstbeschränkung ist Voraussetzung dafür, dass Hardwarekomponenten, technische Begriffe, die von vielen ungeliebte, doch unverzichtbare Systematik der Zeitgebung und die Vielfalt der Stimulationsmodi Schritt für Schritt erklärt werden können. Mit diesem Rüstzeug fällt es leichter, die Kapitel zur Arbeitsweise automatischer Schrittmacherfunktionen, von Spezialalgorithmen und diagnostischen Speichern zu verstehen. Die Abschnitte zur Basis- und erweiterten Nachsorge nutzen das Erlernte, um die Abfolge klinischer und technischer Tests zu beschreiben, aus denen eine Schrittmacherkontrolle sich zusammensetzt. Und die Tabellen zu Programmierempfehlungen und möglichen Störeinflüssen auf die Schrittmacherfunktion sind einfach nur nützlich. Das große Kapital dieses Buchs sind seine Abbildungen. Dies gilt für die Schema-Zeichnungen und EKGs, die jeden Grundbegriff und Algorithmus illustrieren und die Basis legen für eine systematische Funktionsbeschreibung und -analyse. Dies gilt für den Fundus an EKG-Beispielen, Röntgenbildern und Patientenfotos, welche klinische Szenarien und Problemlösungen beim »Troubleshooting« nachvollziehbar machen. Man freut sich, Bilder aus gemeinsamen Kursen wiederzusehen, und wünscht sich, dass der Leser genau so viel daraus lernt wie man selbst. Und man hofft, dass unsere Kollegen die Scheu vor der SchrittmacherNachsorge verlieren, einfach weil das Buch alles so gut erklärt. Gerd Fröhlig, im Dezember 2010
VII
Vorwort Die Herzschrittmachertherapie hat in den letzten 20 Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Mode-Switch-Algorithmen begrenzen die hochfrequente Ventrikelstimulation bei Zweikammersystemen. Telemetrische Überwachung erlaubt eine rasche Intervention und Fehleranalyse bei Problemen. Die Funktionsdauer moderner Herzschrittmacher ist durch die automatische Anpassung der Energieabgabe bei zuverlässiger Sicherheit erheblich verlängert. Fast perfekte Algorithmen steuern weitgehend eigenständig alle erforderlichen Umprogrammierungen und Anpassungen an aktuelle Situationen. Die Kontrolle solch komplexer Systeme erfordert ein enormes Wissen über Funktionsweise und Schwachpunkte der implementierten Algorithmen. Die Nachsorge dieser multifunktionalen, modernen Herzschrittmachersysteme, die individuelle bedarfsgerechte Programmierung und die richtige Interpretation des EKGs dieser Systeme sind ohne Kenntnis der komplexen Algorithmen nicht möglich. Das Buch stellt die Abläufe der Herzschrittmacher-Nachsorge für den Anfänger systematisch und verständlich dar und kann dem erfahrenen Anwender als Nachschlagewerk dienen. Die ersten Kapitel beschäftigen sich mit den Grundlagen und den Basisfunktionen der Systeme, sowie mit sämtlichen, zurzeit in Anwendung befindlichen Algorithmen. Basisnachsorge und erweiterte Nachsorge werden separat vorgestellt und ausführlich besprochen. In einem weiteren Kapitel werden die Diagnosefunktionen vorgestellt mit systematischer Analyse der gespeicherten Daten, die dem Anwender Informationen zum Rhythmus und Hinweise zur Funktionalität des Herzschrittmachers geben. Die Programmierempfehlungen schließen das Thema Nachsorge ab. Komplikationen und Störbeeinflussungen im täglichen Leben werden praxisnah dargestellt. Das Kapitel Troubleshooting beschäftigt sich mit der systematischen Analyse von exemplarischen SchrittmacherEKGs und zeigt viele Beispiele für Fehlprogrammierung, Schrittmacherfehlfunktionen und Fallstricke spezieller Algorithmen. Da dieses Buch für Fragen und Probleme im Rahmen der Nachsorge konzipiert ist, werden abschließend auch die Themen »Häufige Fragen des Patienten an den Arzt« und »Notfälle bei Schrittmacherpatienten« erörtert. Ein kleines Schrittmacherlexikon erläutert schließlich kurz und prägnant die wichtigsten Fachbegriffe der Herzschrittmachertherapie. Ein solches Buch gelingt mit Unterstützung vieler kompetenter Helfer. Wir können hier nicht alle namentlich erwähnen, die uns unterstützt haben. Folgenden Personen gilt aber unser besonderer Dank: Herrn Prof. Dr. Gerd Fröhlig (Homburg) für sein Geleitwort, seine kritischen Kommentare und wertvollen Korrekturhinweise. Wichtige Anregungen verdanken wir Herrn Dr. Lars-Immo Krämer (Köln), Mitinitiator des Curriculum »Sachkunde der Herzschrittmachertherapie« der DGK. Dr. Philippe Ritter (Bordeaux) stellte uns freundlicherweise Teile seiner wissenschaftlichen Arbeiten zur Verfügung. Wir danken den Herstellerfirmen Biotronik, Boston, Sorin und St. Jude für die zur Verfügung gestellten Informationen und Abbildungen. Besonderer Dank gilt der Firma Medtronic für die zusätzliche Überlassung des Simulationsprogramms InterSim, mit dem viele systematische EKG-Streifen für verschiedene Programmierungen exemplarisch dargestellt werden konnten. Ein Dank gilt Herrn Küster vom Springer-Verlag, der das Buchprojekt von Anfang an kreativ begleitet hat. Schließlich danken wir herzlich unserer Lektorin Frau Arndt und unserer Projektmanagerin Frau Barton für ihre Geduld und Ausdauer bis zur gelungenen Fertigstellung dieses Buches. D. Morschhäuser, W. Fischer, M. Jakob München, Peißenberg und Sulzbach, im Dezember 2010
IX
Abkürzungsverzeichnis Ω μA μJ μT A AAI AAT ACC ACM ACR AED AF AFib/AFlatt Ah AI AMC AMV APP ARP ARS AT ATC ATDR ATR ATM ATP AV AVB AVC AVI BfArM BOL BOS BPEG BTS CSS CRT CS CSM DAO DCM DGK DDD DDI EF
Ohm Microampere Microjoule Microtesla Atrialer Stimulus im Herzschrittmacher-EKG P-Wellen-inhibierbarer Vorhofschrittmacher ( Abschn. 1.8) P-Wellen-getriggerter Vorhofschrittmacher ( Abschn. 1.8) Active capture control Atrial capture management Atrial chamber reset Automatischer externer Defibrillator Vorhofflimmern (»atrial fibrillation«) Vorhofflimmern und/oder Vorhofflattern Amperestunden (»ampere-hour«) Auslöseintervall Automatic mode conversion Atemminutenvolumen Atriale Stimulationspräferenz (»dynamic atrial overdrive«) Atriale Refraktärperiode Atriale Frequenzstabilisierung (»atrial rate stabilization«) Atriale Tachykardie Automatic threshold monitoring Atriale Tachykardie Erkennungsfrequenz (»atrial tachycardia detection rate«) Atriale Tachyreaktion Atriale Amplitudensteuerung Antitachykarde Stimulation (»antitachycardia pacing«) Atrioventrikulär AV-Block AV-Conduction mode AV-Intervall nach Vorhofstimulation Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Beginn der Laufzeit (»begin of life«) Beginn der Laufzeit (»begin of service«) British Pacing and Electrophysiology Group Bradykardie-Tachykardie-Syndrom Karotissinussyndrom (»carotid sinus syndrome«) Kardiale Resynchronisationstherapie (»cardiac resynchronization therapy«) Koronarsinus (»coronary sinus«) Karotissinusmassage (»carotid sinus massage«) Dynamischer atrialer Overdrive (»dynamic atrial overdrive«) Dilatative Kardiomyopathie (»dilative cardiomyopathy«) Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung Modus des Zweikammerschrittmachers ( Abschn. 1.8) Modus des Zweikammerschrittmachers ( Abschn. 1.8) Auswurffraktion (»ejection fraction«)
X
Abkürzungsverzeichnis
EGM EKG ELT EMI EOL EOS EP ER ERI ERT ESC Fmax FFS HCM HOCM HRS HSM HV Hz Hy IC ICD ICHD IEC IEGM Interval Fmax ipm IRI IS 1 ISO J kΩ KHK kV LV LVEDD LVEF mA min-1 ms MPV MRI MRT ms mT MTR mV NASPE
Elektrogramm Elektrokardiogramm Schrittmacher-Reentry-Tachykardie (»endless loop tachycardia«) Elektromagnetische Störbeeinflussung (»electromagnetic interference«) Ende der Laufzeit (»end of Life«) Ende der Laufzeit (»end of service«) Evoziertes Potential (»evoked potential«) Evozierte Antwort (»evoked response«) Austauschindikator (elective replacement indicator«) Austauschindikator (»elective replacement time«) European Society of Cardiology Maximalfrequenz, upper rate limit, max. Synchronfrequenz Far Field Sensing, R-Wellen Far-Field-Sensing, R-Wellen-Fernfeldwahrnehmung Hypertrophe Kardiomyopathie (»hypertrophic cardiomyopathy«) Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (»hypertrophic obstructive cardiomyopathy«) Heart Rhythm Society (vormals NASPE) Herzschrittmacher Intervall zwischen His-Bündelsignal (His-Elektrogram) und ventrikulärem Signal Hertz Hysterese, Frequenzhysterese Integrated circuit Implantierbarer Cardioverter Defibrillator Intersociety Commission for Heart Disease Resources International Electricotechnical Commission Intrakardiales Elektrogramm Intervall der Maximalfrequenz Impulse pro Minute, z. B. Stimulationsimpulse pro Minute Nahe bevorstehender Austauschindikator (»imminent replacement indicator«) Internationaler Standard No. 1 (Steckernorm) International Standard Organization Joule Kiloohm Koronare Herzerkrankung Kilovolt Linksventrikulär Linksventrikulärer enddiastolischer Diameter Linksventrikuläre Auswurffraktion (»ejection fraction«) Milliampere Schläge pro Minute (intrinsische Frequenz) Millisekunden Minimization of pacing in the ventricles Kernspintomograph (»nuclear magnetic resonance imager«) Magnetresonanztomografie Millisekunden Millitesla Maximum tracking rate Millivolt North American Society of Pacing and Electrophysiology (jetzt HRS)
XI Abkürzungsverzeichnis
NBG Code NCAP NIPS NMR NSP NYHA O2 P PAC PAV PAVB PEA PEI PEPS PMT PP PR PSA PVAB PVARP PVC PVI R RAM ROM RR RRT RV SAV SCD SI SKS SM SR SSS ST SVES SVT TARP TDR TENS URI URL V V VA VA-Intervall VDD
NASPE/BPEG Generic Pacemaker Code Nicht-konkurrierende atriale Stimulation (»non competitive atrial pacing«) Nicht-invasive programmierbare Stimulation Kernspintomograph (nuclear magnetic resonance imager«) Störfrequenzsammelperiode (»noise sampling period«) Herzinsuffizienzklasse (New York Heart Association) Sauerstoff (Oxygen) Spontane P-Welle SVES, Atriale Extrasystole (»premature atrial contraction«) Paced-AV-Intervall, AV-Intervall nach Vorhofstimulation Postatriales ventrikuläres Blanking Peak endocardial acceleration Preinjection interval Postextrasystolische Pausensuppression Schrittmachervermittelte Tachykardie (»pacemaker mediated tachycardia«) P-P-Intervall; atriales Intervall von P-Welle zu P-Welle P-R-Intervall; Intervall zwischen P-Welle und der darauffolgenden R-Zacke Pacing System Analyzer Postventrikuläres atriales Blanking Postventrikuläre atriale Refraktärperiode VES, Ventrikuläre Extrasystole (»premature ventricular contraction«) AV-Intervall nach atrialer Wahrnehmung Spontane R-Welle Random access memory Read only memory R-R-Intervall; ein ventrikuläres Intervall Austauschindikator (»recommended replacement time«) Rechtsventrikulär Sensed AV-Intervall, AV-Intervall nach Vorhofwahrnehmung Plötzlicher Herztod (»sudden cardiac death«) Stimulationsintervall Sinusknotensyndrom Schrittmacher Sinusrhythmus Sinusknotensyndrom (»sick sinus syndrome«) Sinustachykardie Supraventrikuläre Extrasystole Supraventrikuläre Tachykardie Totale atriale Refraktärperiode Tachykardie Erkennungsfrequenz (»tachycardia detection rate«) Transkutane elektrische Nervenstimulation Intervall der maximalen Grenzfrequenz (»upper rate interval«) Maximale Grenzfrequenz, Fmax (»upper rate limit«) Volt Ventrikulärer Stimulus im Schrittmacher-EKG Ventrikuloatrial Atriales Erwartungsintervall nach einem ventrikulären Ereignis P-Wellen-getriggerter Ventrikelschrittmacher ( Abschn. 1.8)
XII
Abkürzungsverzeichnis
VES VF VRP VRS VSF VSS VT VVI VVS VVT WARAD
Ventrikuläre Extrasystole Kammerflimmern (»ventricular fibrillation«) Ventrikuläre Refraktärperiode Ventrikuläre Frequenzstabilisierung (»ventricular rate stabilization«) Ventrikuläres Sicherheitsfenster Ventrikulärer Sicherheitsstimulus Ventrikuläre Tachykardie R-Wellen-inhibierbarer Kammerschrittmacher ( Abschn. 1.8) Vasovagales Syndrom R-Wellen-getriggerter Kammerschrittmacher ( Abschn. 1.8) Vorzeitigkeitsfenster (»window of atrial rate acceleration detection«)
XIII
Inhaltsverzeichnis 1
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
4
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Schrittmacheraufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Schrittmachersonden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Konfiguration unipolar/bipolar . . . . . . . . . . . . . . 5 Parameter Stimulation/Wahrnehmung . . . . . . 7 Internationale Kodierung von Schrittmachern und Sonden . . . . . . . . . . . . . . 10 Schrittmacher-EKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Zeitintervalle – Frequenzen – Refraktärzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Stimulationsbetriebsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Limitierung der ventrikulären Maximalfrequenz bei totalem AV-Block . . . . . . . . . . . . 37
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
2
Schutzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
5
Erweiterte Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
2.1
Ventrikuläre Sicherheitsstimulation – Vermeidung von AV-Crosstalk . . . . . . . . . . . . . Algorithmen zum Schutz vor schrittmacherbeteiligten Tachykardien . . . . Algorithmen zur Vermeidung von Vorhoftachyarrhythmien/Präventionsalgorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Algorithmen zur Terminierung von Vorhofarrhythmien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Automatische Empfindlichkeitsanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Automatische Anpassung der ventrikulären Impulsamplitude . . . . . . . . . . . . Automatische Anpassung der atrialen Impulsamplitude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Automatische Sondenüberwachung . . . . . . . Störmodus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 5.11
Wenckebach-Punktbestimmung . . . . . . . . . . . Retrograder Leitungstest . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magnettest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhibitionstest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Provokationstest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Belastungstest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Langzeit-EKG-Untersuchungen . . . . . . . . . . . . Röntgendiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Echokardiografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Telemonitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
6
Diagnosefunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
1.6 1.7 1.8 1.9
2.2 2.3
2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9
42 44
53 54
56 58 58
3
Algorithmen zur Optimierung der Hämodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
3.1 3.2
Frequenzadaptation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Algorithmen, die zu einer Frequenzanpassung führen . . . . . . . . . . . . . . . AV-Intervall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Algorithmen zur Vermeidung unnötiger rechtsventrikulärer Stimulation bei DDD-Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Algorithmen zur Förderung der intrinsischen Frequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 3.4
3.5
60 62 64
Basisnachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Apparative Ausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruhe-EKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrittmacherabfrage der programmierten Daten und Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Batteriestatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Analyse der Diagnostik/Statistik/Holter . . . . . 4.8 Sondenstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.9 Sensingtest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.10 Reizschwellentest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.11 Nachsorgeabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72 73 73 73 73 74 75 76 76 80 83
86 86 88 88 88 89 89 89 89 90 90
6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9
Ereigniszähler/Statistiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Herzfrequenzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Arrhythmiediagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Überprüfung der Sensorfunktionen . . . . . . . 97 Monitorfunktion Sensingwerte . . . . . . . . . . . . 97 Reizschwellentrend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Sondenimpedanztrend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 AV-Überleitungsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Programmierempfehlungen auf Basis von Diagnosedaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 6.10 Herzinsuffizienzdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . 100 6.11 Limitationen von Diagnosefunktionen . . . . 100
66
7
Programmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
70
7.1 7.2
Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Frequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
XIV
7.3 7.4 7.5 7.6
Inhaltsverzeichnis
PV/AV-Intervalle/AV-Korrekturen . . . . . . . . . Blanking und Refraktärzeiten . . . . . . . . . . . . . Stimulations- und Wahrnehmungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung der Programmmierempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
105 106
Anhang
108
Schrittmacherlexikon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 109
8
Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Umrechnungstabelle Intervalle/ Frequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
8.1 8.2
Komplikationen postoperativ . . . . . . . . . . . . . 114 Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Fachgesellschaften, Literatur, Internetadressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
9
Troubleshooting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8
Schrittmacher-EKG-Analyse . . . . . . . . . . . . . . Auffällige EKG-Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahrnehmungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . Stimulationsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tachykardien bei Schrittmacherpatienten Frequenzabfallreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallstricke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
Antworten auf häufige Patientenfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
128 130 133 141 141 146 146 152
10.1 Allgemeine Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 10.2 Störbeeinflussung/Patientensicherheit . . . 155
11
Notfälle und Probleme bei Herzschrittmacherpatienten . . . . . . . . . . 161
11.1 Notfallsituationen während der Schrittmachernachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 11.2 Notfallsituationen unabhängig von der Schrittmachernachsorge . . . . . . . . . . . . . 163
12
Schrittmacherindikationen und Systemauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
12.1 Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 12.2 Systemwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
13
Neue Trends/Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . 169
1 Grundlagen 1.1
Schrittmacheraufbau
1.1.1 1.1.2 1.1.3
Einkammerschrittmacher – 2 Zweikammerschrittmacher – 2 Biventrikulärer Schrittmacher – 2
– 2
1.2
Schrittmachersonden
– 4
1.3
Konfiguration unipolar/bipolar
1.3.1 1.3.2
Unipolare Konfiguration – 5 Bipolare Konfiguration – 6
– 5
1.4
Parameter Stimulation/Wahrnehmung – 7
1.4.1 1.4.2
Stimulation – 7 Wahrnehmung (Sensing/Detektion) – 8
1.5
Internationale Kodierung von Schrittmachern und Sonden – 10
1.6
Schrittmacher-EKG
1.6.1 1.6.2 1.6.3
Schrittmacherstimulus – 12 Pseudofusionen – Fusionen – Pseudopseudofusionen Lagetyp – 15
– 12 – 13
1.7
Zeitintervalle – Frequenzen – Refraktärzeiten – 16
1.7.1 1.7.2 1.7.3 1.7.4 1.7.5 1.7.6 1.7.7 1.7.8 1.7.9 1.7.10
Stimulationsintervall – 16 Auslöseintervall – 16 Grundintervall/Grundfrequenz – 17 AV-Intervall – 17 Frequenzhysterese – 20 Maximale Sensorfrequenz – 20 Maximalfrequenz/Obere Grenzfrequenz – 20 Ausblendzeit (Blanking) – 21 Refraktärperioden – 23 Übersicht der Zeitintervalle und Refraktärzeiten in VVI-, AAI- und DDD-Herzschrittmachern – 25
1.8
Stimulationsbetriebsarten – 27
1.8.1 1.8.2 1.8.3 1.8.4
Ventrikuläre Schrittmachersysteme – 27 Atriale Schrittmachersysteme – 30 Zweikammersystem mit Single Lead – 33 Zweikammerschrittmacher – 33
1.9
Limitierung der ventrikulären Maximalfrequenz bei totalem AV-Block – 37
1.9.1 1.9.2
Limitierung durch Maximalfrequenz – Wenckebach-Verhalten Limitierung durch TARP – 2:1-(n:1)-Blockverhalten – 39
– 37
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
2
Kapitel 1 · Grundlagen
1.1
Schrittmacheraufbau
1 Der Schrittmacher ist ein elektronischer Impulsgeber, der den Herzmuskel bei zu langsamem Herzschlag stimuliert und depolarisiert. Herzschrittmacher beobachten die Herzfrequenz und geben bei Bedarf Stimulationsimpulse ab. Mittels Programmierung können die Schrittmacherfunktionen an die individuellen Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Das Gehäuse des Schrittmachers besteht aus körperverträglichem Titan. Innerhalb des Schrittmachergehäuses befinden sich eine Batterie und ein Microcomputer. Der Microcomputer kontrolliert die gesamte Funktion des Herzschrittmachers. Er erzeugt elektrische Impulse und gibt diese zeitlich gesteuert an das Herz ab (⊡ Abb. 1.1). Für die Energieversorgung haben sich überwiegend die langlebigen Lithium-Jod-Batterien, wie auch in neuerer Zeit Lithium-Silber-VanadiumoxidhybridBatterien durchgesetzt. Die Batterielaufzeit kann jedoch beträchtlich variieren. Je nach eingestellter Energieabgabe (Output), internem Stromverbrauch und Batteriekapazität beträgt sie zwischen 5 und 15 Jahre. Sonden stellen die Verbindung zwischen Herzschrittmacher und Herz dar und werden in der Regel bei der Implantation über die Venen zum Herzen vorgeschoben und dort positioniert. Das distale Ende der Sonde liegt je nach Schrittmachertyp im rechten Vorhof und/ oder im Ventrikel. Für die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) ist zusätzlich noch eine
Sonde für den linken Ventrikel erforderlich. Die proximalen Enden der Sonden, die Sondenstecker, werden mit dem Schrittmacherkonnektor des Herzschrittmachers verbunden. Um einen problemlosen Austausch der Herzschrittmacher bei Batterieerschöpfung zu ermöglichen, wurde der Schrittmacherkonnektor Anfang der 1990er genormt (IS-1-Anschluss – 3,2 mm Durchmesser). Allerdings gibt es immer noch vereinzelt langlebige alte Sonden und Schrittmachermodelle mit 5- oder 6-mm-Konnektoranschlüssen. Hier ist bei einem Schrittmacheraustausch die Adaptation der Sonde auf den IS-1-Anschluss erforderlich (⊡ Abb. 1.2).
1.1.1
Vorhofschrittmacher (⊡ Abb. 1.3) Ventrikelschrittmacher (⊡ Abb. 1.4)
1.1.2
Zweikammerschrittmacher
Zweikammerschrittmacher (DDD/DDI) (⊡ Abb. 1.5)
VDD-Single-Lead-Schrittmacher (⊡ Abb. 1.6)
Der VDD-Schrittmacher stellt eine Sonderform des Zweikammerschrittmachers dar. Ein spezielles Single-Lead-System, das im rechten Ventrikel befestigt wird, verfügt auf Höhe des rechten Vorhofes über zwei Elektrodenringe. Über diese (flottierenden) Elektrodenringe können atriale Ereignisse wahrgenommen werden. Im Ventrikel kann das System unipolar oder bipolar konfiguriert sein.
1.1.3
⊡ Abb. 1.1 Schrittmachergehäuse und Innenleben
Einkammerschrittmacher
Biventrikulärer Schrittmacher
Der biventrikuläre Schrittmacher verfügt neben einer rechtsventrikulären Sonde noch zusätzlich über eine linksventrikuläre Sonde (mit oder ohne Vorhofsonde). Diese Schrittmacher finden Anwendung in der kardialen Resynchronisationstherapie (CRT). Ziel hierbei ist es, die Kontraktion der rechten und linken Herzkammer zu synchronisieren und damit den kardialen Output zu opti-
3 1.1 · Schrittmacheraufbau
1
⊡ Abb. 1.2 Entwicklung der Schrittmachergehäuse: von den Anfängen der Schrittmachertherapie bis 2010. Dieses Bild ist eine Fotomontage und zeigt nur ungefähre Größenverhältnisse. (Fotomontage wurde erstellt aus Schrittmachern der Firmen Biotronik, Boston, Intermedics, Medtronic, Sorin, St. Jude)
⊡ Abb. 1.3 Vorhofschrittmacher verfügt über eine Sonde im rechten Vorhof. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
⊡ Abb. 1.4 Ventrikelschrittmacher verfügt über eine Sonde im rechten Ventrikel. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
4
Kapitel 1 · Grundlagen
mieren (⊡ Abb. 1.7). Auf die kardiale Resynchronisationstherapie wird in diesem Buch nicht näher eingegangen.
1
1.2
Schrittmachersonden
> Um eine Verwechslung mit Elektroden aus der Elektrochemie zu vermeiden (positive Elektrode Anode, negative Elektrode Kathode) wird im weiteren Text statt von Schrittmacherelektroden nur von Schrittmachersonden bzw. Sonden gesprochen. ⊡ Abb. 1.5 DDD/DDI-Schrittmacher verfügt über jeweils eine Sonde im rechten Vorhof und rechten Ventrikel. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
⊡ Abb. 1.6 Schematische Darstellung eines VDD-Schrittmachers
⊡ Abb. 1.7 Schematische Darstellung eines biventrikulären Schrittmachers
Die Anforderungen an heutige Schrittmachersonden/Schrittmacherelektroden sind hohe Langzeitstabilität, gutes Handling und gute elektrische Eigenschaften. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, unterscheiden sich die Sonden bzgl. Isolationsmaterial, Befestigungsmechanismus, Polarität und Steroidfreisetzung. Beim Isolationsmaterial werden im Wesentlichen nur zwei Materialien verwendet – Silikon und Polyurethane. Silikonisolierungen zeigen eine hohe Langzeitstabilität und Flexibilität. Sonden mit Polyurethanisolierungen sind beliebt aufgrund ihrer besseren Gleitfähigkeit und des geringeren Sondendurchmessers im Vergleich zu Silikonsonden. Nachteilig gegenüber Silikon zeigte sich hingegen in der Vergangenheit die hohe Isolationsbruchgefahr von bipolaren Polyurethansonden zwischen Innen- und Außenleiter. Heute werden andere Polyurethane verwendet, die bessere Langzeitergebnisse erwarten lassen. Um die Vorteile beider Materialien zu vereinen, stehen mittlerweise Silikonsonden mit einem Polyurethancoating zur Verfügung oder es werden für die Isolation auch Materialkombinationen aus Silikon und Polyurethan verwendet. Für die Befestigung der Sonde im Myokard kommt entweder die passive Methode mittels Anker oder die aktive Methode mittels feststehender oder herausdrehbarer Schraube zur Anwendung. Beide Verfahren bieten Vor- und Nachteile. Die passive Methode zeichnet sich durch ein geringeres Verletzungspotenzial gegenüber der Schraubmethode aus. Allerdings benötigt die Ankersonde myokardiale Trabekel und ist demzufolge bzgl. des Befestigungsortes limitiert. Mit Schraubsonden er-
5 1.3 · Konfiguration unipolar/bipolar
öffnet sich die freie Auswahl des Stimulationsortes (⊡ Abb. 1.8 u. ⊡ Abb. 1.9). Bezüglich der Polarität werden uni- und bipolare Sonden unterschieden. Unipolare Sonden verfügen nur über einen Zuleitungsdraht in der Sonde, während bipolare Sonden über zwei Zuleitungsdrähte verfügen. Da die Vorteile der bipolaren Sonden überwiegen ( Abschn. 1.3; Kap. 9), werden bei Neuimplantationen in der Regel bipolare Sonden implantiert. Um den postoperativen Reizschwellenanstieg und die chronische Reizschwelle zu verringern, gibt es steroidfreisetzende Sonden. Diese Sonden
1
verfügen z. B. über ein Steroiddepot am distalen Ende der Sonde, das eine kontinuierliche Freisetzung von entzündungshemmendem Steroid ermöglicht.
1.3
Konfiguration unipolar/bipolar
1.3.1
Unipolare Konfiguration
Unipolare Stimulation Bei der unipolaren Stimulation fließt der Strom durch den Zuleitungsdraht der Sonde zum Myokard und fließt über das Gewebe zurück zum Schrittmachergehäuse. Das elektrische Feld erstreckt sich sowohl intrakardial als auch extrakardial bis zum Schrittmachergehäuse, sodass die Gefahr der Pektoralisstimulation gegeben ist. Vorteilhaft ist die gute Erkennung des unipolaren Stimulus im EKG (⊡ Abb. 1.10).
Unipolare Wahrnehmung
⊡ Abb. 1.8 Distales Ende einer Ankersonde. Mit freundlicher Genehmigung der Sorin Group Deutschland GmbH
Für die Wahrnehmung von Signalen wird die Potenzialdifferenz zwischen Kathode und Anode gemessen. Da die unipolare Wahrnehmung sich über eine große extrakardiale Fläche erstreckt, ist sie demzufolge störanfällig für Myosignale und externe Signale. So können z. B. die Myosignale der Pektoralismuskulatur fälschlicherweise als herzei-
+
-
⊡ Abb. 1.9 Distales Ende einer Schraubsonde. Mit freundlicher Genehmigung der Biotronik SE & Co. KG
−
⊡ Abb. 1.10 Bei der unipolaren Konfiguration arbeitet die Sondenspitze als negative Elektrode (Kathode -) und das Schrittmachergehäuse als positive Elektrode (Anode +). Aus: Fischer u. Ritter (2002)
6
1
Kapitel 1 · Grundlagen
gene Signale erkannt werden und den Schrittmacher inhibieren. Genau das Gleiche gilt für externe elektrische, elektromagnetische oder magnetische Störquellen. Die unipolare Wahrnehmung ist bzgl. Störanfälligkeit der bipolaren Wahrnehmung erheblich unterlegen.
-
+
−
1.3.2
Bipolare Konfiguration (⊡ Abb. 1.11)
Bipolare Stimulation Der Strom fließt durch den Zuleitungsdraht der Sonde zum distalen Ende der Elektrode (Kathode). Beim Herzschrittmacher geht man üblicherweise von einer kathodalen Stimulation aus. Von dort fließt der Strom über das Myokard zur proximalen Elektrode (Anode) und weiter über den zweiten Zuleitungsdraht der Sonde zum Schrittmachergehäuse zurück. Das elektrische Feld erstreckt sich im Wesentlichen nur über den intrakardialen Bereich. Aus diesem Grunde wird das Risiko der Skelettmuskelstimulation verringert. Im Oberflächen-EKG, Langzeit-EKG und auf den meisten EKG-Monitoren ist der bipolare Stimulus oft schlecht zu erkennen (⊡ Abb. 1.12).
Bipolare Wahrnehmung ⊡ Abb. 1.11 Bei der bipolaren Konfiguration arbeitet die Sondenspitze als negative Elektrode (Kathode -) und der proximale Sondenring als positive Elektrode (Anode +). Der Abstand von distaler zu proximaler Elektrode sollte ≤20 mm betragen. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
⊡ Abb. 1.12a,b a: Bei der unipolaren Stimulationsweise sind die Schrittmacherstimuli im Oberflächen-EKG in der Regel gut zu sehen; b: Bei der bipolaren Stimulation lassen sich die Schrittmacherstimuli trotz ausgeschalteter EKG-Filter (Netz- und Muskelfilter) manchmal kaum erkennen. (A=Atrialer Schrittmacherstimulus; V=Ventrikulärer Schrittmacherstimulus). Aus: Fischer u. Ritter (2002)
a
Bei der bipolaren Wahrnehmung wird die Potenzialdifferenz zwischen Kathode und Anode gemessen. Durch den geringen Elektrodenabstand und die intrakardiale Lage von Kathode und Anode ist das Risiko der Wahrnehmung von externen – nicht herzeigenen – Signalen vernachlässigbar.
b
7 1.4 · Parameter Stimulation/Wahrnehmung
1.4
Parameter Stimulation/ Wahrnehmung
1.4.1
Stimulation
Energie Die Energie, die für die Abgabe eines Stimulationsimpulses benötigt wird, wird von folgenden drei Parametern beeinflusst: 1. Programmierte Impulsamplitude 2. Programmierte Impulsdauer 3. Impedanz des gesamten Systems (Schrittmachersystem und Gewebe) Sie berechnet sich nach der Formel: Energieabgabe [μJ]=Impulsamplitude 2 [V] × Impulsdauer [ms]/Impedanz [kOhm] t E = U 2 × __ R Wie aus der Formel ersichtlich, geht die Impulsamplitude bzw. Spannungsamplitude im Quadrat in die Berechnung des Energiebedarfs ein. Die programmierte Impulsamplitude liegt im Voltbereich und beträgt in der Regel zwischen 1,5–3,5 Volt. Die Impulsdauer gibt die Breite des Stimulationsimpulses in Millisekunden (ms) an. Sie geht linear in die Berechnung des Energiebedarfs ein. Der Wert der programmierten Impulsdauer liegt in der Regel zwischen 0,2–0,6 ms. Aufgrund der Formel wird deutlich, dass z. B. bei Erhöhung der Impulsdauer auf das Doppelte des Ausgangswerts die Energieabgabe auch auf das Doppelte ansteigt, während bei Veränderung der Spannungsamplitude auf das Doppelte die Energieabgabe auf das 4fache steigt. Dieser Zusammen-
1
hang ist wichtig im Hinblick auf eine energiesparende Einstellung des Schrittmachersystems. Als dritte Größe geht die Impedanz (R), der Widerstand des gesamten Systems in die Energieberechnung ein. Diese Gesamtimpedanz umfasst die Impedanz des Schrittmachersystems sowie des Gewebes und beträgt bei intakten Sonden ca. 300–1500 Ohm (»Hochimpedanzsonden« können Impedanzwerte >1000 Ohm aufweisen). Die Impedanz wird beeinflusst durch Leitermaterial der Sonde, aktive Elektrodenoberfläche, Übergangswiderstand von Elektrode zu Gewebe und Gewebewiderstand. Sie kann auch ungünstig beeinflusst werden durch technische Defekte des Schrittmachersystems (z. B. Sondenbrüche oder Isolationsdefekte) und endogene Störungen (z. B. Myokardnekrosen, Stoffwechselentgleisungen, Medikamente).
Reizschwelle Die Reizschwelle gibt die minimale Energie an, die noch eine Depolarisation des Myokards auslösen kann. Die Bestimmung der Reizschwelle ist wichtig, um eine energiesparende Einstellung zu ermöglichen und evtl. Komplikationen, die mit einer Erhöhung der Reizschwelle einhergehen, rechtzeitig zu erkennen. Für die Bestimmung der Spannungsreizschwelle wird bei einer gewählten Impulsdauer die minimale Impulsamplitude (Spannungsamplitude in V) festgestellt, die noch eine Herzaktion auslösen kann. In ⊡ Abb. 1.13 ist die Reizzeit-Spannungskurve dargestellt. Sie zeigt die Beziehung zwischen Impulsamplitude und Impulsdauer. Bei Amplituden- und Impulswerten, die oberhalb der Kurve programmiert werden (die Reizschwelle ist dabei
Impulsamplitude [V]
1,2 1,0 0,8
Stimulation effektiv
0,6
2 x Rheobase 0,4 Rheobase
0,2
Stimulation ineffektiv 0,1
0,3
0,5
Chronaxie
0,7
0,9
1,1
1,3
Impulsdauer [ms]
1,5
1,7
⊡ Abb. 1.13 Reizzeit-Spannungskurve. Die Rheobase ist die niedrigste Impulsamplitude, mit der gerade noch eine Depolarisation ausgelöst werden kann. Die Chronaxie entspricht der Reizschwellen-Impulsdauer bei doppeltem Rheobasewert
8
Kapitel 1 · Grundlagen
Impulsamplitude [V]/ Energieverbrauch
1
1,2
Energieverbrauch
1,0 0,8 0,6 0,4
Stimulationsreizschwelle
0,2 ⊡ Abb. 1.14 Energiekurve. Der Energieverbrauch nahe der Chronaxie ist am niedrigsten
0,1
0,3
0,7
0,9
Chronaxie
überschritten), wird eine Depolarisation ausgelöst. Werden Werte unterhalb dieser Kurve programmiert, so ist die Stimulation ineffektiv. Es wird ersichtlich, dass mit Erhöhung der Impulsdauer die Spannungsamplitude reduziert werden kann, um noch eine Reizantwort auszulösen, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Bei Erhöhung der Impulsdauer über 1,2–2 ms hinaus, lässt sich die Stimulationsamplitude nicht mehr weiter reduzieren, ohne dass die Reizschwelle unterschritten würde. Wir haben die Rheobase erreicht. Sie ist die kleinste Impulsamplitude, die (auch bei max. Impulsdauer) gerade noch eine Reizantwort auslöst. Die Chronaxie entspricht der Reizschwellen-Impulsdauer bei doppeltem Rheobasewert. Vom energetischen Gesichtspunkt aus betrachtet sollte die Impulsdauer nahe der Chronaxie eingestellt werden. Der Energieverbrauch ist, wie aus ⊡ Abb. 1.14 hervorgeht, im Bereich der Chronaxie (Impulsdauer ca. 0,3–0,4 ms) am niedrigsten. Aus diesem Grund ist die werksseitige Einstellung (Nominalwert) der Impulsdauer bei Auslieferung des Aggregats nahe dem Chronaxiewert vorprogrammiert.
1.4.2
0,5
Wahrnehmung (Sensing/Detektion)
Mittels der Sonden im Herzen werden die herzeigenen Signale wahrgenommen. Während die Stimulation im Voltbereich (V) liegt, weisen die wahr-
1,1
1,3
1,5
1,7
Impulsdauer [ms]
genommenen Signale nur Amplituden im Millivoltbereich auf (mV). Die Signalamplituden der intrakardialen Vorhofsignale zeigen in der Regel Werte von ca. 2–5 mV. Die Signalamplituden im Ventrikel liegen in der Regel zwischen 10–20 mV. kSignalverarbeitung durch den Schrittmacher
In den Schrittmachern sind Eingangsfilter eingebaut. Diese verarbeiten die intrakardialen P- und R-Wellen anhand von 3 Eigenschaften: 1. Frequenzspektrum 2. Anstiegssteilheit (mV/ms) »slew rate« 3. Signalamplitude (mV)
Frequenzspektrum Schrittmacher verwenden Bandpassfilter, die abhängig von Modell und Hersteller ihre größte Eingangsverstärkung etwa zwischen 18 und 150 Hz haben (Bereich von P- und R-Wellen). Der Schrittmacher ist demnach in diesem Bereich maximal empfindlich. Das heißt, Signale, die >150 Hz oder <18 Hz liegen, müssen eine wesentlich höhere Signalamplitude aufweisen, um vom Schrittmacherfilter durchgelassen zu werden. Die Grafik in ⊡ Abb. 1.15 zeigt vereinfacht einen Bandpassfilter, wie er für die Signaldifferenzierung in Herzschrittmachern integriert ist. Signale mit ausreichender Amplitude, innerhalb des Bandpasses zwischen ca. 18–150 Hz, werden wahrgenommen, während Signale außerhalb dieser Frequenzen nur mit entsprechend höheren
9 1.4 · Parameter Stimulation/Wahrnehmung
Signalamplitude [mV}
wahrgenommene Signale
100
1
Bandpassfilterschwelle
50 Hz Netzspannung
50
VES
20
nicht wahrgenommene Signale
10
T-Welle R-WellenFFS Exogene Störfelder
5 1 1
2
5
10
R-Welle
P-Welle
20
50
Muskelsignale Exogene Störfelder
100
200
Amplituden den Bandpassfilter passieren können. P-Wellen, R-Wellen sowie VES liegen meistens innerhalb der Grenzen, aber auch unser Stromnetz mit 50 Hz als mögliche Störquelle. Störsignale wie Muskelsignale, T-Wellen oder Far-Field-Signale von R-Wellen im Vorhof, bzw. externe Störfelder liegen größtenteils außerhalb der Eingangsverstärkergrenzen. Sie können aber in den Bandpassfrequenzbereich hineinragen und damit Oversensing verursachen. Es gibt bisher noch keinen Schrittmacher, der morphologisch sicher zwischen Nutz- und Störsignal unterscheidet. Für die heute verwendeten Bandpassfilter gilt, dass jedes Signal, das den Eingangsfilter überschwellig passiert, wie ein Herzsignal gewertet wird. Zudem dämpft der Bandpassfilter das Nutzsignal wesentlich stärker als das Störsignal.
Anstiegssteilheit (»slew rate«) Die Anstiegssteilheit (»slew rate«) entspricht der Spannungsänderung pro Zeiteinheit (dV/dt) und wird in Volt pro Sekunde angegeben (V/s). Die Anstiegssteilheit kann intraoperativ gemessen werden und sollte für R-Wellen und P-Wellen mind. 0,5 V/s betragen. T-Wellen weisen eine geringe Anstiegssteilheit auf und werden deshalb in der Regel vom Schrittmacher herausgefiltert (⊡ Abb. 1.16 u. ⊡ Abb. 1.17).
Signalamplitude Wenn das Signal den Eingangsfilter passiert, muss es noch eine bestimmte Signalamplitude (Span-
Frequenz [Hz]
⊡ Abb. 1.15 Bandpassfilter von Herzschrittmachern
mV = V s ms
dU/dt > 0,5
dU
dt ⊡ Abb. 1.16 Slew-rate-QRS
mV = V s ms
dU/dt < 0,5
dU dt ⊡ Abb. 1.17 Slew-rate-T-Welle
nungsamplitude des herzeigenen Signals) aufweisen. Wenn der programmierte Wert für die Empfindlichkeit z. B. 4 mV beträgt, können nur Signale detektiert werden, die > 4 mV sind. Signale, die <4 mV sind, fallen unter die Wahrnehmungsschwelle und werden demzufolge nicht berücksichtigt. Je niedriger die Wahrnehmungsschwelle programmiert wird, umso mehr Signale können detektiert werden und umso empfindlicher ist die Programmierung. Wenn die Wahrnehmungsschwelle sehr hoch programmiert ist, ist die Sig-
10
1
Kapitel 1 · Grundlagen
nalerkennung des Schrittmachers unempfindlicher (⊡ Abb. 1.18).
Oversensing
Wenn die herzeigenen (P-/R-Wellen) Signale unter der programmierten Wahrnehmungsschwelle liegen, spricht man von einem Undersensing. Der Schrittmacher ist zu unempfindlich eingestellt (⊡ Abb. 1.19).
Wenn der Schrittmacher eine zu niedrige Wahrnehmungsschwelle aufweist, werden zwar die herzeigenen Signale (P-/R-Wellen) gut erkannt, aber auch zusätzlich unerwünschte Signale wie z. B. T-Wellen, Myosignale der Brustmuskulatur oder Signale von externen Störquellen. In diesem Fall spricht man von einem Oversensing (⊡ Abb. 1.20).
Ventr. Empfindlichkeitswert
1.5
Undersensing/Entranceblock
R-Zacke wird wahrgenommen
Internationale Kodierung von Schrittmachern und Sonden
4 mV
NASPE/BPEG-Schrittmachercode
0 mV ⊡ Abb. 1.18 R-Welle wird im Ventrikel korrekt wahrgenommen, weil das Signal über der ventrikulären Wahrnehmungsschwelle liegt (hier 4 mV), das Signal der T-Welle liegt unter dieser Wahrnehmungsschwelle und wird nicht detektiert
Ventr. Empfindlichkeitswert 10 mV
Für die eindeutige Klassifizierung der verschiedenen Schrittmachersysteme dient der seit 1988 geltende und 2002 revidierte NBG-Code (NASPE/ BPEG Generic Pacemaker Code; NASPE: North American Society of Pacing and Electrophysiology; BPEG: British Pacing and Electrophysiology Group). Hierbei handelt es sich um einen 5-Buchstaben-Code. In der Regel werden aber nur die ersten 3–4 Buchstaben verwendet (⊡ Tab. 1.1 u. ⊡ Tab. 1.2).
R-Zacke wird nicht wahrgenommen
NASPE/BPEG-SchrittmachersondenCode (NBL)
0 mV ⊡ Abb. 1.19 Ventrikuläres Undersensing: R-Wellensignal liegt unter der Wahrnehmungsschwelle des Ventrikels (hier 10 mV). Die ventrikuläre Wahrnehmung ist zu unempfindlich eingestellt
Ventr. Empfindlichkeitswert R-Zacke T-Welle
Störungen
1 mV 0 mV ⊡ Abb. 1.20 Ventrikuläres Oversensing: R-Wellensignal liegt über der Wahrnehmungsschwelle (hier 1 mV), allerdings unerwünschterweise auch T-Welle und Störsignale. Die ventrikuläre Wahrnehmung ist zu empfindlich eingestellt
Für die Klassifizierung der Schrittmachersonden hat sich die Klassifizierung in ⊡ Tab. 1.3 durchgesetzt.
Markerannotationen im SchrittmacherEKG Für die eindeutige Bezeichnung von stimulierten und wahrgenommenen Ereignissen im Vorhof und Ventrikel steht eine internationale Nomenklatur zur Verfügung. Die Schrittmacherhersteller verwenden aber in der Darstellung von intrakardialen EKGs meistens eine firmenspezifische Nomenklatur. Speziell beim Sensing differenzieren die Hersteller noch zusätzlich zwischen wahrgenommenen Ereignissen außerhalb und innerhalb von Refraktärzeiten. Dies erleichtert die EKG-Analyse. In ⊡ Tab. 1.4 werden die wichtigsten Markerannotationen aufgeführt.
11 1.5 · Internationale Kodierung von Schrittmachern und Sonden
1
⊡ Tab. 1.1 Revidierter NBG-Code (NASPE/BPEG Generic Pacemaker Code; NASPE: North American Society of Pacing and Electrophysiology; BPEG: British Pacing and Electrophysiology Group) für die antibradykarde, frequenzadaptive und multifokale Stimulation. Aus: PACE 2002; 25:260–264 I Ort der Stimulation
II Ort der Wahrnehmung
III Betriebsart
IV Frequenzadaptation
V Multifokale Stimulation
0=Keine
0=Keine
0=Keine
0=Keine
0=Keine
A=Atrium
A=Atrium
T=Getriggert/ tracking
R=Frequenzadaptation (»rate response«)
A=Atrium
V=Ventrikel
V=Ventrikel
I=Inhibiert
V=Ventrikel
D=Dual A+V
D=Dual A+V
D=Dual T+I
D=Dual A+V
S=Single Chamber
Herstellerbezeichnung
1. Buchstabe: Kennzeichnet Ort der Stimulation: A=Atrium, V=Ventrikel, D=Atrium und Ventrikel; 2. Buchstabe: Kennzeichnet Ort der Wahrnehmung: A=Atrium, V=Ventrikel, D=Atrium und Ventrikel; 3. Buchstabe: Kennzeichnet Betriebsart: 0=Keine. In dieser Betriebsart ist der Schrittmacher blind geschaltet und kann nur mit seinem programmierten Intervall, unbeachtet herzeigener Signale, stimulieren. T=Getriggert/tracking. Im AAT- oder VVT-Modus bedeutet getriggert, dass der Schrittmacher mit der Wahrnehmung eines Ereignisses einen Stimulus abgibt. Im DDD/VDD-Modus heißt getriggert (tracking), dass mit Wahrnehmung einer Vorhofdepolarisation der Ventrikel nach Ablauf eines programmierbaren AV-Intervalls stimuliert wird. (I=Inhibiert: In dieser Betriebsart stimuliert der Schrittmacher nur im Bedarfsfall. Das heißt, wenn herzeigene Signale in ausreichender Frequenz vorliegen, ist der Schrittmacher inhibiert, ansonsten stimuliert er. D=Inhibiert und getriggert/tracking) 4. Buchstabe: Kennzeichnet, ob der Schrittmacher über eine frequenzadaptive Funktion verfügt; 5. Buchstabe: Kennzeichnet, ob der Schrittmacher über eine multifokale (biatriale und/oder biventrikuläre) Stimulation verfügt.
⊡ Tab. 1.2 Bedeutung der unterschiedlichen Kodierung im Einzelnen AAI
Atrial stimuliert und wahrgenommen, Betriebsart inhibiert
VVI
Ventrikulär stimuliert und wahrgenommen, Betriebsart inhibiert
DDI
Atrial und ventrikulär stimuliert und wahrgenommen, Betriebsart atrial und ventrikulär inhibiert
DDD
Atrial und ventrikulär stimuliert und wahrgenommen, Betriebsart inhibiert und getriggert
VDD
Ventrikulär stimuliert und wahrgenommen, Atrial nur wahrgenommen (keine atriale Stimulation), Betriebsart inhibiert und getriggert
»VDDR«
Frequenzadaptation bei VDD: Schrittmacher arbeitet entweder im VDD- oder VVIR-Modus (R-Funktion nur sinnvoll im Fall eines Mode-Switches wegen Vorhofflimmern)
A00
Starrfrequente atriale Stimulation mit fester Frequenz (z. B. bei Magnetauflage)
V00
Starrfrequente ventrikuläre Stimulation mit fester Frequenz (z. B. bei Magnetauflage)
D00
Starrfrequente atriale und ventrikuläre Stimulation (z. B. bei Magnetauflage)
AAIR, VVIR, DDIR, DDDR
Wie AAI/VVI/DDI/DDD plus Frequenzadaptation
VVIRV
Wie VVIR mit biventrikulärer Stimulation
DDDRA
Wie DDDR mit biatrialer Stimulation
DDDRV
Wie DDDR mit biventrikulärer Stimulation
DDD0V
Wie DDD mit biventrikulärer Stimulation
SSI
Single chamber (AAI oder VVI) stimuliert und wahrgenommen, Betriebsart inhibiert (Herstellerbezeichnung)
AAT/VVT
Im Vorhof bzw. im Ventrikel stimuliert, wahrgenommen und getriggert (in der Regel nicht permanent programmiert)
12
1
Kapitel 1 · Grundlagen
⊡ Tab. 1.3 NASPE/BPEG-Schrittmachersonden-Code. NASPE North American Society of Pacing and Electrophysiology, BPEG British Pacing and Electrophysiology Group. Aus: PACE 1996; 19:1535–1536 Sondenkonfiguration
Befestigungsmechanismus
Isolation
Steroidfreisetzung
U=Unipolar
A=Aktiv
P=Polyurethan
S=Steroid
B=Bipolar
P=Passiv
S=Silikon
N=Nicht-steroid
M=Multipolar
0=Keine
D=Dual/beide Materialien (P+S)
0=Keine
⊡ Tab. 1.4 Nomenklatur der stimulierten und wahrgenommenen Ereignisse im Schrittmacher-EKG Ereignis
Internationale Nomenklatur
Firmennomenklatur
Atriale Stimulation
A
AP, Ap (Atriales Pacing)
P-Welle, atriale Eigenaktion
P
AS, As (Atriales Sensing) Ar/(AS)/Ars/As (FFP)/As (PVARP) (Atriales Sensing in der Refraktärperiode)
Ventrikuläre Stimulation
V
VP, Vp (Ventrikuläres Pacing)
R-Welle, ventrikuläre Eigenaktion
R
VS, Vs (Ventrikuläres Sensing) Vr/(VS)/Vrs (Ventrikuläres Sensing in der Refraktärperiode)
AP AS
Meistens stellen sich die atrialen Markerimpulse von der EKG-Grundlinie senkrecht nach oben und die ventrikulären Marker senkrecht nach unten dar (⊡ Abb. 1.21).
AR
VS
VR
VP ⊡ Abb. 1.21 Darstellung der Markerimpulse: Die Nomenklatur der Markerimpulse ist beispielhaft und kann in Abhängigkeit vom Aggregat differieren (⊡ Tab. 1.4)
Im Schrittmacher-EKG stellen sich die Marker meistens folgendermaßen dar: ▬ Großer Markerimpuls für stimulierte Ereignisse ▬ Mittlerer Markerimpuls für wahrgenommene Signale ▬ Kleiner Markerimpuls für wahrgenommene Signale in der Refraktärphase
1.6
Schrittmacher-EKG
1.6.1
Schrittmacherstimulus
Die Stimulation ist im Schrittmacher-EKG als senkrechte Linie, genannt Spike oder Stimulus, zu erkennen. Eine bessere Sichtbarkeit des Stimulus bietet hierbei die unipolare Konfiguration im Vergleich zur bipolaren Konfiguration (⊡ Abb. 1.12). Nach einem Vorhofstimulus erscheint eine PWelle und nach einem Ventrikelstimulus ein etwas verformter und verbreiterter Kammerkomplex. Diese Deformation des QRS-Komplexes wird verursacht durch die unphysiologische Er-
13 1.6 · Schrittmacher-EKG
A
V
1
aus intrinsischem QRS-Komplex und ventrikulärer Stimulation (⊡ Abb. 1.23), was sich in einer Veränderung des QRS-Komplexes und/oder der T-Welle zeigt. Reine ventrikuläre Stimulation. Sie löst die Depo-
larisation komplett aus. ⊡ Abb. 1.22 Atrialer und ventrikulärer Stimulus mit effektiver Depolarisation
regung über die Muskulatur vom rechten zum linken Ventrikel, bei der die Depolarisation des linken Ventrikels etwas später erfolgt (ähnlich wie bei einem Linksschenkelblock). Auch die TWelle des ventrikulär stimulierten Komplexes ist im Vergleich zum nicht-stimulierten verändert (⊡ Abb. 1.22).
1.6.2
Pseudofusionen – Fusionen – Pseudopseudofusionen
Wenn im EKG ein Stimulus mit einer intrinsischen Aktion zeitgleich auftritt, ist die Frage zu klären, ob die Stimulation die Depolarisation komplett auslöst, partiell daran beteiligt ist (Fusion) oder rein zufällig mit der intrinsischen Depolarisation zusammenfällt (Pseudofusion). Die folgenden Situationen können auftreten.
Im Ventrikel Es gibt: Reine intrinsische Depolarisation Pseudofusion. Sie ist dadurch charakterisiert, dass
der ventrikuläre Stimulus ineffektiv ist, zeitgleich mit der intrinsischen Depolarisation einfällt und die Depolarisation des Myokards nicht beeinflusst. Der Pseudofusionsschlag zeigt die gleiche Morphologie wie der spontane QRS-Komplex. Fusion. Bei der die ventrikuläre Depolarisation gemeinsam, sowohl von der Stimulation als auch von der intrinsischen Depolarisation verursacht wird. Die Fusionssystole ist eine Kombination
Pseudopseudofusion. Sie ist definiert als ein zu-
fälliges Auftreten einer atrialen Impulsabgabe zeitgleich mit einer intrinsischen Ventrikeldepolarisation. Für eine solche Situation kommen folgende Möglichkeiten in Betracht (⊡ Abb. 1.24, ⊡ Abb. 1.25): ▬ AAI/A00-Modus: bei hohen Stimulationsfrequenzen und langer intrinsischer AV-Überleitung (⊡ Abb. 1.24) fällt der atriale Stimulus zufällig mit der vorherigen, intrinsischen Ventrikeldepolarisation zeitgleich ein ▬ Zufälliges Auftreten der atrialen Impulsabgabe mit einer ventrikulären Extrasystole ▬ DDD-Modus bei nicht-detektierter (Undersensing) oder fehlender intrinsischer Vorhofdepolarisation: – Nach atrialer Impulsabgabe wird der QRSKomplex außerhalb des ventrikulären Sicherheitsfensters ( Abschn. 2.1) detektiert: Es folgt kein ventrikulärer Stimulus – Nach atrialer Impulsabgabe wird der QRSKomplex innerhalb des ventrikulären Sicherheitsfensters detektiert: Es folgt ein ventrikulärer Stimulus im Abstand von ca. 100–110 ms. Der ventrikuläre Stimulus ist ineffektiv, da er in die Refraktärzeit des Ventrikelmyokards fällt – Nach atrialer Impulsabgabe wird der QRS-Komplex nicht detektiert, da er in die ventrikuläre Ausblendzeit fällt: Es folgt ein ventrikulärer Stimulus mit dem programmierten AV-Intervall. Der ventrikuläre Stimulus ist ineffektiv, wenn er in die Refraktärzeit des Ventrikelmyokards fällt, er kann aber einzelne oder salvenartige ventrikuläre Depolarisationen (ventrikuläre Tachyarrhythmien bis Kammerflimmern) auslösen, wenn er in die vulnerable Phase der T-Welle fällt (z. B. bei sehr lang programmiertes AV-Intervall)
14
Kapitel 1 · Grundlagen
1 Spontaner
a
QRS- Komplex
(ventrikulärer)
b
Pseudo Fusionsschlag V
(ventrikulärer)
c
Fusionsschlag V
Reine ventrikuläre
d
Stimulation
V
Pseudo-Pseudo-
e A
fusionsschlag
V
⊡ Abb. 1.23a–e a: Spontaner QRS-Komplex; b: Pseudofusion: Stimulationsimpuls hat keinen Effekt auf die Depolarisation, die komplett intrinsisch ausgelöst wurde. QRS-Komplex und T-Welle sind identisch mit dem spontanen QRS-Komplex; c: Fusionssystole: das ventrikuläre Myokard wird depolarisiert durch Stimulus und spontaner Erregung. QRS-Komplex und T-Welle haben eine Konfiguration, die zwischen spontanem und stimuliertem Komplex liegen; d: Reine ventrikuläre Stimulation; e: Pseudopseudofusion im DDD-Modus: QRS-Komplex wird im Ventrikel nicht detektiert, da er in die ventrikuläre Ausblendzeit fällt: der atriale Stimulus erscheint im Oberflächen-EKG kurz vor dem QRS-Komplex. Es folgt ein ventrikulärer Stimulus im Abstand des programmierten AV-Intervalls. Ursache in diesem Beispiel ist ein atriales Undersensing. (Die P-Welle wird nicht detektiert)
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
⊡ Abb. 1.24 Pseudopseudofunktion im AAI/A00-Modus, Frequenz 94 ipm: Der atriale Stimulus ist im Atrium effektiv, er fällt im Oberflächen-EKG zufällig (je nach Stimulationsfrequenz) mit dem vorhergehenden Eigen-QRS-Komplex zusammen. (A=Atrialer Stimulus)
15 1.6 · Schrittmacher-EKG
1
⊡ Abb. 1.25 Pseudofusionsschläge (links: Pseudofusion; rechts: intrinsischer Rhythmus)
⊡ Abb. 1.26 Ventrikelstimulationen bei apikaler Sondenlage zeigen eine linksschenkelblockartige Verbreiterung des QRSKomplexes
⊡ Abb. 1.25 zeigt eine Pseudofusion, da offensichtlich QRS-Komplex und T-Welle durch den ventrikulären Stimulus nicht verändert werden.
Im Vorhof Im Vorhof kann unterschieden werden zwischen intrinsischen P-Wellen, reinen Vorhofstimulationen und Pseudofusionen. Bei der Pseudofusion fällt der Vorhofstimulus zufällig mit der intrinsischen P-Welle zusammen und hat keinen Effekt auf die Depolarisation des Vorhofmyokards.
1.6.3
Lagetyp
Je nach Sondenlage im Herzen kann die Morphologie des stimulierten Komplexes variieren. Dies zeigt sich insbesondere bei unterschiedlichen Platzierungen der Ventrikelsonde in der Herzkammer. Liegt die Ventrikelsonde apikal, erscheint im EKG ein linksschenkelblockartig verbreiterter QRS-Komplex (⊡ Abb. 1.26). Wenn die Ventrikelsonde im hohem Septum platziert wird, dann erscheint kein Linkslagetyp und die Erregungsausbreitung kann ähnlich
16
Kapitel 1 · Grundlagen
1
⊡ Abb. 1.27 Ventrikelstimulationen bei Sondenlage im hohen ventrikulären Septum, kein Linkslagetyp, QRS-Komplex schmaler
der natürlichen Überleitung einen schmalen QRSKomplex aufweisen (⊡ Abb. 1.27; Abschn. 9.1).
1.7
V
Zeitintervalle – Frequenzen – Refraktärzeiten
Der Schrittmacher startet mit jedem wahrgenommenen oder stimulierten Ereignis eine Vielzahl von verschiedenen Intervallen, die der Steuerung des Schrittmachers und der verschiedenen Funktionen und Algorithmen dienen. Zwischen Frequenz und Intervall, bzw. für die Umrechnung von Frequenzen in Intervalle, gilt folgende Beziehung: 60.000 Frequenz (ipm oder min–1) = Intervall (ms) Intervall (ms) =
60.000 Intervall (ipm oder min–1)
So entspricht z. B. die Frequenz von 60 Impulsen pro Minute (ipm) bzw. intrinsischen Frequenzen (min-1) einem Intervall von 1000 ms ( Umrechnungstabelle im Anhang). Es folgen die wichtigsten Zeitintervalle:
1.7.1
V
Stimulationsintervall
Zeitspanne zwischen zwei Stimulationen am gleichen Stimulationsort (⊡ Abb. 1.28). Das Stimulationsintervall kann das Grundintervall sein, ein
Stimulationsintervall ⊡ Abb. 1.28 Stimulationsintervall im Ventrikelschrittmacher. (V=Ventrikelstimulus)
getriggertes Intervall oder das vom Schrittmacher aufgrund eines Algorithmus berechnete Intervall (z. B. berechnetes Intervall für die Frequenzanpassung, Frequenzglättung, Überstimulation etc.).
1.7.2
Auslöseintervall
Andere Bezeichnungen: Erwartungsintervall; Es-
capeintervall Das Auslöseintervall startet mit einer herzeigenen Aktion. Jede weitere wahrgenommene herzeigene Aktion setzt das Auslöseintervall zurück. Liegt keine Eigenaktion vor Ablauf des Auslöseintervalls vor, gibt der Schrittmacher am Ende des Auslöseintervalls einen Stimulationsimpuls ab. Die Dauer des Auslöseintervalls ist identisch mit dem Stimulationsintervall, wenn keine Frequenzhysterese programmiert ist.
1
17 1.7 · Zeitintervalle – Frequenzen – Refraktärzeiten
R
R
R
V
Auslöseintervall ⊡ Abb. 1.29 Auslöseintervall im Ventrikelschrittmacher – Auslöseintervall startet immer mit der Wahrnehmung eines ventrikulären Ereignisses (R-Welle oder VES). Wenn kein ventrikuläres intrinsisches Signal während der Dauer des Auslöseintervalls detektiert wird, stimuliert der Schrittmacher am Ende des Auslöseintervalls im Ventrikel. (R=R-Welle; V=Ventrikelstimulus)
P
P
P
A
A
Auslöseintervall ⊡ Abb. 1.30 Auslöseintervall im Vorhofschrittmacher – Auslöseintervall startet immer mit der Wahrnehmung eines atrialen Ereignisses (P-Welle oder AES). Wenn kein atriales intrinsisches Signal während der Dauer des Auslöseintervalls detektiert wird, stimuliert der Schrittmacher am Ende des Auslöseintervalls im Vorhof. (P=P-Welle; A=Vorhofstimulus)
Das Auslöseintervall bei Einkammersystemen startet beim Vorhofschrittmacher mit einem atrialen und beim Ventrikelschrittmacher mit einem ventrikulären Ereignis (⊡ Abb. 1.29 u. ⊡ Abb. 1.30). Zweikammersysteme können vorhofgesteuert, ventrikulär gesteuert sein oder die Steuerung wechseln, z. B. bei VES. Dabei tritt im Falle einer atrialen Zeitsteuerung ein Wechsel zur ventrikulären Zeitsteuerung ein (kombinierte Steuerung) (⊡ Abb. 1.49 u. ⊡ Abb. 1.50).
1.7.3
Grundintervall/Grundfrequenz
Andere Bezeichnung für Grundintervall: Basisin-
tervall; Interventionsintervall;… Andere Bezeichnungen für Grundfrequenz:
Untere Grenzfrequenz; Basisfrequenz (»basic rate«); Interventionsfrequenz; …
Die Grundfrequenz ist die untere Grenzfrequenz, mit der der Schrittmacher stimuliert, wenn die Eigenfrequenz des Herzens diese unterschreitet. Das Grundintervall ist das Zeitintervall zwischen zwei Stimuli an der Grundfrequenz.
1.7.4
AV-Intervall
Andere Bezeichnungen: AV-Delay; AV-Zeit; AV-
Verzögerung Das AV-Intervall bestimmt das Zeitintervall beim Zweikammerschrittmacher, nach dem der Ventrikel bei fehlender intrinsischer AV-Überleitung stimuliert werden muss. Es wird hierbei zwischen wahrgenommenen und stimulierten Aktionen im Vorhof unterschieden. Diese zeitliche Differenz (in etwa Spike-P-Abstand genauer: Differenz im intrakardialen EKG zwischen AP-VS und AS-VS)) sollte
18
1
Kapitel 1 · Grundlagen
muliert der Schrittmacher den Ventrikel am Ende des PV-Intervalls (⊡ Abb. 1.31).
bei der Programmierung berücksichtigt werden, damit das hämodynamisch wirksame atrioventrikuläre Intervall sowohl für stimulierte als auch für wahrgenommene Vorhofaktionen identisch ist.
AV-Intervall nach Vorhofstimulation Andere Bezeichnungen: AV-Delay (AVD); AV-
AV-Intervall nach Vorhofwahrnehmung
Zeit; AV-Verzögerung; AV-Pace ; Stimuliertes AVIntervall; Paced AV; PAV Das AV-Intervall nach Vorhofstimulation entspricht der Zeitdauer zwischen stimuliertem Vorhof und stimuliertem Ventrikel (AVI). Ein wahrgenommenes ventrikuläres Ereignis innerhalb des AV-Intervalls nach Vorhofstimulation inhibiert die ventrikuläre Impulsabgabe. Liegt keine detektierte Depolarisation innerhalb dieses AV-Intervalls vor, stimuliert der Schrittmacher den Ventrikel am Ende des AV-Intervalls (⊡ Abb. 1.32).
Andere Bezeichnungen: PV-Intervall (PVI); PV-
Zeit; AV-Sense; wahrgenommenes AV-Intervall; Sensed AV; SAV; Das AV-Intervall nach Vorhofwahrnehmung entspricht der Zeitdauer zwischen wahrgenommenem Vorhof und stimuliertem Ventrikel (PVI). Ein wahrgenommenes ventrikuläres Ereignis innerhalb dieses PV-Intervalls inhibiert die ventrikuläre Impulsabgabe. Liegt keine detektierte ventrikuläre Depolarisation innerhalb des PV-Intervalls vor, sti-
P
R
P
PVI
R
P
V
PVI
PVI
⊡ Abb. 1.31 AV-Intervall nach Vorhofwahrnehmung (PVI): liegen intrinsische AV-Überleitungen innerhalb des PVI vor, ist der Ventrikel inhibiert. Ohne Eigenüberleitung triggert das PVI eine ventrikuläre Stimulation. (P=P-Welle; R=R-Welle; V=Ventrikelstimulus)
A
R
AVI
A
R
AVI
A
V
AVI
⊡ Abb. 1.32 AV-Intervall nach Vorhofstimulation AVI. Liegen intrinsische AV-Überleitungen innerhalb des AVI vor, ist der Ventrikel inhibiert. Ohne Eigenüberleitung triggert das AVI eine ventrikuläre Stimulation. (A=Vorhofstimulus; R=R-Welle; V=Ventrikelstimulus)
19 1.7 · Zeitintervalle – Frequenzen – Refraktärzeiten
AV-Korrektur AV-Differenz; PaceSense Offset; Sense-Kompensation; AV-Korrektur nach Detektion; AV-Verlängerung Mit der Stimulation im Vorhof startet das AVIntervall und die Erregungsausbreitung über intra- und interatriale Leitungsbahnen. Es erfolgt verzögert die Depolarisation des Vorhofes. Im Unterschied dazu ist bei Detektion des atrialen Andere Bezeichnungen:
A
a
P
AV-Korrektur
V
1
Ereignisses das Vorhofmyokard schon zu einem Teil depolarisiert, so dass das PV-Intervall erst zu diesem Zeitpunkt gestartet wird. Um zu gleichen zeitlichen Abläufen der Vorhof- und Kammerkontraktion zu gelangen, muss also das PVI kürzer als das AVI sein. Diese Zeitdifferenz zwischen atrialem Stimulus und wahrgenommener Vorhofaktion berücksichtigt die AV-Korrektur. Da die P-Welle im Oberflächen-EKG eine Summe von Signalen darstellt, wird das intraatriale Signal meistens nicht am Beginn der P-Welle, sondern abhängig von der Sondenlage und der Erregungsleitung erst etwas später erkannt (z. B. erstes Drittel der P-Welle). Die AV-Korrektur ist also die zeitliche Differenz zwischen AVI (AV-Intervall nach Vorhofstimulation) und PVI (AV-Intervall nach Vorhofwahrnehmung) und entspricht im Oberflächen-EKG in etwa dem Abstand vom atrialen Stimulus bis zum ersten Drittel der P-Welle (⊡ Abb. 1.33).
b ⊡ Abb. 1.33a,b a: Darstellung der AV-Korrektur (A=Vorhofstimulus; P=P-Welle; V=Ventrikelstimulus); b: Abhängig von der Sondenlage und der Erregungsleitung im Vorhof kann die intrakardiale Vorhofwahrnehmung im Oberflächen-EKG im Bereich der P-Welle differieren. (A=Atrialer Kanal; V=Ventrikulärer Kanal; AS=Intrakardiale Vorhofwahrnehmung; VS=intrakardiale Ventrikelwahrnehmung)
20
Kapitel 1 · Grundlagen
1.7.5
Frequenzhysterese
1 Andere Bezeichnungen: Hysterese; Sinuspräferenz; Hysteresekorrektur Die Frequenzhysterese verlängert das Auslöseintervall mit dem Ziel, dem intrinsischen Rhythmus den Vorrang einzuräumen (⊡ Abb. 1.34; weitere Erläuterungen Abschn. 3.4).
1.7.6
Maximale Sensorfrequenz
Die maximale Sensorfrequenz ist die maximale Stimulationsfrequenz, mit der ein Schrittmacher aufgrund der Sensorinformation frequenzadaptiv stimulieren darf. Das heißt, wenn die Stimulationsfrequenz mit Hilfe eines Sensors an die Belastung des Patienten angepasst wird, stellt die maximale Sensorfrequenz die Begrenzung nach oben dar. > Die maximale Sensorfrequenz spielt eine Rolle bei chronotrop inkompetenten Patienten, z. B. bei SSS, Zweiknotenerkrankung oder bei permanentem Vorhofflimmern bzw. bei Patienten mit AV-Block und Mode-SwitchSituation.
1.7.7
> Eine bewusste, klinisch orientierte Programmierung der Maximalfrequenz hat Bedeutung für Patienten mit AV-Blockierungen.
Intervall der Maximalfrequenz Andere Bezeichnung: Minimales Stimulationsintervall; Upper rate interval
Maximalfrequenz/ Obere Grenzfrequenz
PVI PVARP
Andere Bezeichnungen: Maximale Trackingrate; Maximale Trackingfrequenz; Maximale Synchronfrequenz; Upper rate; Upper rate limit Die Maximalfrequenz ist die maximale Stimulationsfrequenz/Synchronfrequenz, mit der ein
P
Zweikammerschrittmacher (DDD(R) oder VDD (R)), den Ventrikel vorhofgesteuert stimulieren darf. Das bedeutet bei Patienten mit AV-Blockierungen, dass Vorhoffrequenzen die zwischen Grundfrequenz und Maximalfrequenz liegen, die Ventrikelstimulation 1:1 triggern dürfen. Dabei können nur P-Wellen ein PV-Intervall auslösen, die außerhalb der Refraktärzeiten liegen. Vorhoffrequenzen, die über der Maximalfrequenz liegen, triggern entweder verzögert mittels WenckebachVerhalten oder im 2:1- bzw. n:1-Blockverhalten die Ventrikelstimulation ( Abschn. 1.6).
P
Intervall Fmax ⊡ Abb. 1.35 Intervall der Maximalfrequenz (Intervall Fmax) ist das kürzeste Intervall mit der ein DDD/VDD-System einen Patienten mit AV-Blockierungen stimulieren darf
A
P
AI SI
A
A
SI HY
⊡ Abb. 1.34 Frequenzhysterese des Vorhofschrittmachers verlängert das Auslöseintervall mit dem Ziel, den intrinsischen Rhythmus zu fördern. Auslöseintervall (AI)=Stimulationsintervall (SI)+Hystereseintervall (HY). (P=P-Welle; V=Ventrikelstimulus)
21 1.7 · Zeitintervalle – Frequenzen – Refraktärzeiten
Das Intervall der Maximalfrequenz ist das kürzeste Stimulationsintervall mit dem ein DDD- oder VDD-Schrittmacher vorhofgesteuert den Ventrikel stimulieren darf (⊡ Abb. 1.35). Wird die Maximalfrequenz z. B. auf 120 min-1 eingestellt, beträgt das Intervall der Maximalfrequenz 500 ms.
1
der Ausblendung von Crosstalk- und Far-FieldSignalen, die sonst vom Wahrnehmungsschaltkreis des Schrittmachers als Herzsignal fehlinterpretiert werden könnten.
Ausblendzeiten im selben Kanal Andere Bezeichnungen: Atriale Ausblendzeit
1.7.8
Ausblendzeit (Blanking)
Ausblendzeiten starten mit stimulierten oder wahrgenommenen Aktionen. Während der Ausblendzeiten ist der Schrittmacher praktisch blind geschaltet und ignoriert Signale, die in dieses Zeitfenster fallen. Es sollen insbesondere Stimulationsimpulse (Voltbereich), die um den Faktor 1000 höher liegen als die herzeigenen Signale (mV-Bereich), als auch deren Nachpotenziale ausgeblendet werden. Ferner dienen sie der Vermeidung von Mehrfachwahrnehmungen desselben Signals sowie
R
(Blanking) nach AS/AP; Ventrikuläre Ausblendzeit (Blanking) nach VS/VP; Absolute Refraktärperiode; Atriale/ventrikuläre absolute Refraktärzeit; Atriale oder ventrikuläre Detektionsausblendzeit Stimulierte Aktionen starten im selben Kanal (ventrikuläre Stimuli im ventrikulären Kanal, atriale Stimuli im atrialen Kanal) eine Ausblendzeit wie oben beschrieben. Ausblendzeiten nach wahrgenommenen Ereignissen sollen das Sensing desselben Ereignisses verhindern (⊡ Abb. 1.36 u. ⊡ Abb. 1.37).
Ausblendzeiten im anderen Kanal bei Zweikammerschrittmachern Zusätzlich zu den zuvor beschriebenen Ausblendzeiten, die bei den meisten Schrittmachern programmierbar sind, existieren bei Zweikammerschrittmachern zwei weitere Ausblendzeiten. Diese sind in der Regel programmierbar.
V
kPostatriales ventrikuläres Blanking (PAVB) Andere Bezeichnung: V-Blanking nach A-Stim./
AP Ventr. Ausblendzeit
Ventr. Ausblendzeit
⊡ Abb. 1.36 Ventrikuläre Ausblendzeit nach intrinsischen (R) und stimulierten (V) ventrikulären Ereignissen
A
P
Atriale Ausblendzeit
Atriale Ausblendzeit
⊡ Abb. 1.37 Atriale Ausblendzeit nach stimulierten (A) Vorhofereignissen – bei manchen Modellen auch nach intrinsischen (P) Vorhofereignissen
Die atriale Stimulation (nicht die intrinsische P-Welle) kann unerwünscht vom Eingangsschaltkreis im Ventrikel wahrgenommen werden (atriales Übersprechen, AV-Crosstalk). Deshalb startet nach der atrialen Stimulation eine ventrikuläre Ausblendzeit, das postatriale ventrikuläre Blanking (PAVB), auch Ventrikelblanking genannt. Diese Ausblendzeit spielt eine entscheidende Rolle bei AV-Crosstalk und ventrikulärer Sicherheitsstimulation (⊡ Abb. 1.38 u. ⊡ Abb. 1.39; Abschn. 2.1 u. 9.3). kPostventrikuläres atriales Blanking (PVAB) Andere Bezeichnungen: A-Blanking nach V-Stim.;
Far-Field-Schutz nach VS/VP Nach einem ventrikulären Stimulus oder – bei den meisten Schrittmachermodellen auch nach intrinsischer ventrikulärer Depolarisation – startet
22
Kapitel 1 · Grundlagen
1
a ⊡ Abb. 1.38 Atriale Stimulation (nicht die intrinsische P-Welle) kann ungewünscht vom Eingangsverstärker im Ventrikel wahrgenommen werden. Die direkte elektrische Laufzeit von atrialer Stimulation zu Ventrikelsonde und die Nachpotenziale können meistens mit einer ventrikulären Blankingzeit von ca. 20–30 ms ausgeblendet werden
A
P
PAVB ⊡ Abb. 1.39 Ventrikuläre Ausblendzeit nach atrialer Stimulation (PAVB – Postatriales ventrikuläres Blanking), nicht nach atrialer Wahrnehmung. (A=Vorhofstimulus; P=P-Welle)
eine (programmierbare) atriale Ausblendzeit, das postventrikuläre atriale Blanking (PVAB), auch Vorhofblanking genannt (⊡ Abb. 1.40 u. ⊡ Abb. 1.41). Im Gegensatz zum ventrikulären Blanking (PAVB), spielen hier die direkte elektrische Laufzeit vom ventrikulären Stimulus zum atrialen Eingang und dessen Nachpotenzial für die Programmierung keine Rolle. Die Erklärung hierfür ist, dass das atriale Blanking (PVAB) aufgrund der möglichen RWellen Far-Field-Sensing auf eine deutlich längere
b ⊡ Abb. 1.40a,b a: Direkte elektrische Laufzeit von ventrikulärer Stimulation zu Vorhofeingang in der Regel <20 ms (ohne Bedeutung für die Programmierung); b: Laufzeit des ventrikulären Depolarisationssignals (stimuliert oder intrinsisch) zum Vorhofeingang als R-Wellen Far-Field-Sensing. Die atriale Ausblendzeit PVAB sollte länger als die Laufzeit programmiert werden (z. B. 150–175 ms)
Zeit programmiert werden muss. Das Depolarisationssignal des Ventrikels (stimuliert oder intrinsisch) kommt wesentlich später und kann, wenn das Signal hoch genug ist, vom Vorhofeingang detektiert werden und als P-Welle fehlinterpretiert
23 1.7 · Zeitintervalle – Frequenzen – Refraktärzeiten
R
Atriale Ausblendzeit
A
V
Atriale Ausblendzeit
1
P
Atriale Refraktärperiode
Atriale Refraktärperiode
⊡ Abb. 1.41 Atriale Ausblendzeit (PVAB – Postventrikuläres atriales Blanking) nach ventrikulärer Wahrnehmung bzw. Stimulation. (R=R-Welle; V=Ventrikelstimulus)
⊡ Abb. 1.42 Atriale Refraktärperiode (ARP) bei Vorhofschrittmacher startet mit stimuliertem oder wahrgenommenem Vorhofereignis. (A=Vorhofstimulus; P=P-Welle)
werden (R-Wellen Far-Field-Sensing). Dies ist bei der Programmierung zu berücksichtigen. Die Dauer des postventrikulären atrialen Blankings beeinflusst die Erkennung von Vorhofarrhythmien und damit die Mode-Switch-Funktion sowie die Vermeidung eines R-Wellen Far-FieldSensing ( Abschn. 9.3). Je kürzer das PVAB, desto besser ist die Erkennung von Vorhofarrhythmien, aber umso größer ist die Gefahr für Far-FieldSensing der R-Welle im Vorhof. Einzelne neuere Schrittmachermodelle verwenden kürzere atriale Ausblendzeiten, dafür jedoch Algorithmen, die nach einem ventrikulären Ereignis die atriale Wahrnehmungsschwelle temporär erhöhen. Neue bipolare Vorhofsonden mit einem sehr kurzen Bipolabstand (Spitze-Ring-Abstand) von 1,1 mm lassen eine Reduzierung des R-Wellen FarField-Sensing erwarten.
machers beeinflussen. Refraktärperioden starten sowohl für den Vorhof als auch für den Ventrikel. Die Wahrnehmung innerhalb der Refraktärzeiten dient u. a. auch der Erkennung von atrialen Arrhythmien (Mode-Switch) und/oder von Störsignalen.
> Bei einzelnen Schrittmachermodellen lässt sich nur das PVAB nach ventrikulärer Stimulation und nicht nach intrinsischen ventrikulären Signalen programmieren (⊡ Abb. 9.50 u. ⊡ Abb. 9.51).
1.7.9
Refraktärperioden
Der Schrittmacher kann in diesem Intervall Ereignisse erkennen, die jedoch nicht die Zeitsteuerung (Triggerung oder Inhibierung) des Schritt-
ARP – Atriale Refraktärperiode beim Vorhofschrittmacher Eine atriale Refraktärperiode (ARP) wird durch ein atriales Ereignis gestartet (⊡ Abb. 1.42). Die ARP dient im AAI(R)-Modus auch dem Schutz vor R-Wellen Far-Field-Sensing. Sie sollte entsprechend lang genug gewählt werden, so dass das R-Wellen Far-Field-Signal in die ARP fällt. Detektiert der Schrittmacher ein R-Wellen FarField-Sensing außerhalb der ARP, so interpretiert er dieses Signal als P-Welle und startet ein neues Auslöseintervall. Daraus resultiert ein unerwünschter Abfall der Stimulationsfrequenz ( Abschn. 9.3).
VRP – Ventrikuläre Refraktärperiode In Ein- und Zweikammersystemen lösen ventrikuläre Ereignisse eine ventrikuläre Refraktärperiode (VRP) aus (⊡ Abb. 1.43). Diese Refraktärzeit dient dem Schutz vor T-Wellenoversensing und in vielen Schrittmachern zur Erkennung von Störsignalen ( Störmodus). Zu beachten ist, dass bei einer zu lang programmierten VRP eine VES die nächste Stimulation nicht inhibiert und damit arrhythmogen wirken kann.
24
1
Kapitel 1 · Grundlagen
R
R
V
Ventr. Refraktärperiode
Ventr. Refraktärperiode
⊡ Abb. 1.43 Ventrikuläre Refraktärperiode (VRP) startet mit wahrgenommenem oder stimuliertem Ventrikelereignis. (R=R-Welle; V=Ventrikelstimulus)
P ⊡ Abb. 1.45 Totale atriale Refraktärperiode (TARP) setzt sich aus atrioventrikulärem Intervall (AVI oder PVI) und PVARP zusammen. PVI/AV-Intervall nach Vorhofwahrnehmung, AVI/ AV-Intervall nach Vorhofstimulation; Postventrikuläre atriale Refraktärperiode (PVARP)
PVI
V
PVARP
TARP
PVARP – Postventrikuläre atriale Refraktärperiode bei Zweikammersystemen Im Vorhof startet nach jedem ventrikulären Ereignis die postventrikuläre atriale Refraktärperiode (PVARP) (⊡ Abb. 1.44). Atriale Ereignisse, die in der PVARP erkannt werden, verwendet der Schrittmacher nicht für die Zeitsteuerung (inhibieren, triggern), sie liefern aber wichtige Informationen für die Erkennung und Diagnose von atrialen Tachyarrhythmien und für das Auslösen von Mode-SwitchAlgorithmen ( Abschn. 2.2.2). Zusätzlich ist die PVARP für die Vermeidung, und die automatische Verlängerung der PVARP für die Terminierung, von Endless-loop-Tachykardien wichtig ( Abschn. 2.2.1). Je nach Hersteller kann die PVARP eine fix programmierbare oder eine frequenzabhängige dynamische Refraktärperiode sein.
TARP – Totale atriale Refraktärperiode Die totale atriale Refraktärperiode (TARP) setzt sich aus PV/AV-Intervall und PVARP zusammen
PVARP
⊡ Abb. 1.44 PVARP startet nach wahrgenommenem (R) oder stimuliertem (V) Ereignis im Ventrikel
P
PVARP
V
V
A
V
AVI
A
V
PVARP
TARP
(⊡ Abb. 1.45). P-Wellen außerhalb der TARP triggern eine ventrikuläre Stimulation bei fehlender intrinsischer AV-Überleitung. P-Wellen, die in die TARP fallen, werden nicht für die Triggerung der ventrikulären Stimulation verwendet. Das heißt, die TARP limitiert die maximal mögliche P-Wellen getriggerte ventrikuläre Stimulationsfrequenz, auch wenn die programmierte ventrikuläre Maximalfrequenz auf höhere Werte programmiert ist. Daraus ergibt sich, dass z. B. bei einer TARP von 500 ms (60000/500=120) die ventrikuläre Stimulationsfrequenz max. 120 ipm erreichen kann ( Abschn. 1.9).
Firmenspezifische Refraktärzeit Die WARAD (»window of atrial rate acceleration detection«) ist eine atriale Refraktärperiode bei Zweikammersystemen. Sie ist funktionell vergleichbar mit der PVARP mit dem Unterschied, dass die WARAD mit einem atrialen und nicht mit einem ventrikulären Ereignis gestartet wird (⊡ Abb. 1.46). Sie ist eine nicht-programmierbare
25 1.7 · Zeitintervalle – Frequenzen – Refraktärzeiten
P
1
A
WARAD
WARAD
⊡ Abb. 1.46 WARAD (»window of atrial rate acceleration detection«); Beobachtungsfenster für atriale Arrhythmien. WARAD startet mit wahrgenommenem (P) oder stimuliertem (A) Vorhofereignis
R
V
V. BL VRP AI SI ⊡ Abb. 1.47 Zeitintervalle und Refraktärzeiten im VVI-Schrittmacher nach intrinsischen (R) und stimulierten (V) ventrikulären Ereignissen. (VRP=Ventrikuläre Refraktärperiode; V. BL=Ventrikuläres Blanking; AI=Auslöseintervall im Ventrikel; SI=Stimulationsintervall im Ventrikel)
dynamische Refraktärperiode und passt sich immer an die aktuelle Vorhoffrequenz (stimuliert oder intrinsisch) an, d. h. mit steigender Vorhoffrequenz verkürzt sich auch die WARAD. Einige Systeme starten mit atrialer Wahrnehmung eine TARP, die sich aus AV-Zeit und PVARP zusammensetzt.
1.7.10
Übersicht der Zeitintervalle und Refraktärzeiten in VVI-, AAI- und DDD-Herzschrittmachern
Zeitintervalle eines VVI-Schrittmachers Der Ventrikelschrittmacher startet nach ventrikulärer Stimulation im Ventrikel ein Stimulationsinter-
vall, eine ventrikuläre Refraktärperiode und herstellerabhängig auch eine ventrikuläre Ausblendzeit. Im Falle der ventrikulären Wahrnehmung löst der Schrittmacher anstelle eines Stimulationsintervalls ein ventrikuläres Auslöseintervall aus (⊡ Abb. 1.47). Das Auslöseintervall kann bei programmierter Frequenzhysterese um den Hysteresebetrag länger sein als das Stimulationsintervall.
Zeitintervalle eines AAI-Schrittmachers Der Vorhofschrittmacher startet nach atrialer Stimulation im Atrium ein Stimulationsintervall, eine atriale Refraktärperiode und eine nicht programmierbare atriale Ausblendzeit. Im Falle der atrialen Wahrnehmung löst der Schrittmacher anstelle eines Stimulationsintervalls ein atriales Auslöseintervall aus (⊡ Abb. 1.48). Das Auslöseintervall kann bei
26
Kapitel 1 · Grundlagen
P
1
A
A.BL ARP AI SI ⊡ Abb. 1.48 Zeitintervalle und Refraktärzeiten im AAI-Schrittmacher. (A. Bl=Atriales Blanking; ARP=Atriale Refraktärperiode; AI=Auslöseintervall im Vorhof; SI=Stimulationsintervall im Vorhof )
P
V
A
V
PVI PVAB V. BL VRP PVARP Intervall Fmax. AI VA - Intervall ⊡ Abb. 1.49 Zeitintervalle und Refraktärzeiten im DDD-Modus nach atrialem Sensing. Hier ist beispielhaft die atriale Steuerung dargestellt, d. h. die Auslöseintervalle (AI/SI) starten mit dem atrialen Ereignis. (Legende ⊡ Abb. 1.50)
A
V
A
V
AVI PAVB VSF PVAB V. BL VRP PVARP Intervall Fmax. SI VA - Intervall ⊡ Abb. 1.50 Zeitintervalle und Refraktärzeiten im DDD-Modus nach atrialer Stimulation. Hier ist beispielhaft die ventrikuläre Steuerung dargestellt, d. h. die Erwartungsintervalle (AI, SI, VA-Intervall) starten mit dem ventrikulären Ereignis. Bei atrialer Stimulation starten zusätzlich noch PAVB und VSF sowie das Stimulationsintervall. (PVI=AV-Intervall nach atrialer Wahrnehmung; AVI=AV-Intervall nach atrialer Stimulation; PAVB=Postatriales ventrikuläres Blanking; VSF=Ventrikuläres Sicherheitsfenster; PVAB=Postventrikuläres atriales Blanking; V. BL=Ventrikuläres Blanking; VRP=Ventrikuläre Refraktärperiode; PVARP=Postventrikuläre atriale Refraktärperiode; Intervall Fmax=Intervall der Maximalfrequenz; AI=Auslöseintervall; SI=Stimulationsintervall; VA-Intervall=Atriales Erwartungsintervall nach ventrikulärem Ereignis; P, R, A, V: P=P-Welle, R=R-Welle, A=Vorhofstimulus, V=Ventrikelstimulus)
27 1.8 · Stimulationsbetriebsarten
1
programmierter Frequenzhysterese um den Hysteresebetrag länger sein als das Stimulationsintervall.
Zeitintervalle eines DDD-Schrittmachers Der DDD-Schrittmacher startet mit jedem atrialen und ventrikulären Ereignis unterschiedliche Ausblendzeiten, Refraktärzeiten und Intervalle. Abhängig von der Architektur des Schrittmachers startet das Auslöseintervall/Stimulationsintervall mit einem atrialen Ereignis (atriale Steuerung) oder mit einem ventrikulären Ereignis (ventrikuläre Steuerung). Das ventrikuläre Ereignis löst zudem ein VA-Intervall (ventrikuloatriales Intervall) bei ventrikulärer Steuerung aus. Wenn ein atriales Ereignis innerhalb des VA-Intervalls und außerhalb der atrialen Refraktärzeit detektiert wird, löst dies ein PV-Intervall nach Vorhofwahrnehmung aus (⊡ Abb. 1.49 u. ⊡ Abb. 1.50).
1.8
Stimulationsbetriebsarten
1.8.1
Ventrikuläre Schrittmachersysteme
⊡ Abb. 1.51 zeigt die schematische Darstellung eines VVI-Schrittmachers.
⊡ Abb. 1.51 Schematische Darstellung eines VVI-Schrittmachers. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
Anwendung: Bei Magnetauflage gehen die meis-
ten VVI-Schrittmacher in den starrfrequenten V00-Modus über. Um eine Stimulation in die vulnerable Phase zu vermeiden, geschieht dies in der Regel mit einer höheren Frequenz (firmenspezifisch), der sog. Magnetfrequenz ( Magnettest). Dieser Modus wird üblicherweise nicht permanent programmiert.
V00-Modus V00: Stimulation im Ventrikel, keine Wahrneh-
VVI-Modus
mung im Ventrikel, Betriebsart starrfrequent Arbeitsweise: Im V00-Modus stimuliert der Schrittmacher starrfrequent mit dem programmierten Stimulationsintervall im Ventrikel, ohne die Eigenaktionen des Herzens erkennen zu können. Die Stimulation ist nur effektiv, wenn sie außerhalb der Refraktärzeit des Myokards fällt. Impulse, die in den QRS-Komplex bis Anfang der T-Welle fallen, können in der Regel keine Depolarisation auslösen, weil das Myokard noch refraktär ist (⊡ Abb. 1.52 u. ⊡ Abb. 1.53).
VVI: Stimulation und Wahrnehmung im Ventrikel,
! Cave Fällt der ventrikuläre Stimulus in die vulnerable Phase (im ansteigenden Teil der T-Welle), können Tachyarrhythmien, im schlimmsten Fall Kammerflimmern ausgelöst werden (⊡ Abb. 1.54 u. ⊡ Abb. 1.55).
Betriebsart inhibiert Arbeitsweise: Dieser Schrittmacher arbeitet nur bei Bedarf. Das heißt, wenn Eigenaktionen im Ventrikel vorliegen, ist der Schrittmacher inhibiert (⊡ Abb. 1.56). Wenn keine ventrikulären Eigenaktionen vor Ablauf des Auslöseintervalls detektiert werden, stimuliert der Schrittmacher im Ventrikel (⊡ Abb. 1.57). Stimulationsintervall≈Auslöseintervall (wenn keine Frequenzhysterese programmiert ist; ⊡ Abbildung 1.58). Hauptindikation: Bradyarrhythmie bei permanentem Vorhofflimmern. ! Cave Der VVI-Modus kann bei Patienten mit SickSinus-Syndrom und/oder AV-Blockierungen
28
Kapitel 1 · Grundlagen
1 SI
V
V
V
V
V
V
V
V
⊡ Abb. 1.52 V00-Stimulation ohne vorhandenen Eigenrhythmus. Schrittmacher stimuliert mit programmiertem Stimulationsintervall. (V=Ventrikelstimulus; SI=Stimulationsintervall)
SI V
V
Stimulation effektiv
V
V
V
V
V
V
V
V
Stimulation nicht effektiv Stimulation in die vulnerable Phase Stimulationen effektiv
⊡ Abb. 1.53 V00-Stimulation mit konkurrierendem Eigenrhythmus (Parasystolie). (V=Ventrikelstimulus; SI=Stimulationsintervall)
Vulnerable Phase
⊡ Abb. 1.54 Die vulnerable Phase befindet sich im ansteigenden Teil der T-Welle. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
⊡ Abb. 1.55 Stimulation in die vulnerable Phase führt hier zur Induktion von Kammerflimmern
R
R
R
R AI
R
R
R
R
R
R
AI
⊡ Abb. 1.56 VVI-Schrittmacher ist inhibiert, wenn ventrikuläre Eigenaktionen (R) vor Ablauf des Auslöseintervalls (AI) im Ventrikel wahrgenommen werden
1
29 1.8 · Stimulationsbetriebsarten
AI R
R
AI
AI
R
R
V
V
V
V
⊡ Abb. 1.57 VVI-Schrittmacher stimuliert mit dem Auslöseintervall (AI), wenn keine ventrikulären Eigenaktionen vor Ablauf des Auslöseintervalls vorliegen. (R=R-Welle; V=Ventrikelstimulus)
SI V
V
V
V
V
V
V
V
⊡ Abb. 1.58 VVI-Schrittmacher stimuliert mit dem Stimulationsintervall (SI), wenn keine ventrikulären Eigenaktionen vorliegen. (V=Ventrikelstimulus)
SI
R
R
R
a
V
V
V
V
b
R triggert einen ventrikulären Stimulus ⊡ Abb. 1.59a,b VVT-Modus: a: Wenn das intrinsische Intervall kürzer als das Stimulationsintervall (SI) ist, triggert jede wahrgenommene R-Welle einen Ventrikelstimulus; b: Wenn die intrinsischen Intervalle länger als das Stimulationsintervall sind, stimuliert der Schrittmacher mit dem Stimulationsintervall (SI)
zu einem Schrittmachersyndrom führen. Das heißt, bei der VVI-Stimulation führt die fehlende Synchronisation der Ventrikel mit den Vorhöfen oder eine retrograde Leitung dazu, dass die atriale Kontraktion gegen die geschlossene Mitral- und Trikuspidalklappe erfolgt und damit einen Rückfluss des Blutes in das venöse System verursacht. Dies äußert sich manchmal in sog. »cannon waves«, d. h. sichtbare venöse Pulsationen im Halsbereich, mit entsprechenden Kreislaufregulationsstörungen des Patienten (Blutdruckabfall, Kollaps etc.).
VVT-Modus VVT: Stimulation und Wahrnehmung im Ventri-
kel, Betriebsart getriggert
Arbeitsweise: Jede wahrgenommene Kammeraktion löst die Triggerung eines Schrittmacherimpulses in den QRS-Komplex aus. Dieser Impuls ist nicht effektiv (Pseudofusion), weil er in die Refraktärphase des Ventrikelmyokards fällt. Wenn die Eigenfrequenz langsamer ist als die programmierte Stimulationsfrequenz, stimuliert der Schrittmacher mit dem Stimulationsintervall (⊡ Abb. 1.59). Anwendung: Dieser Modus kann bei älteren Aggregaten, die noch nicht über einen Sensingtest verfügen, zur Überprüfung der ventrikulären Wahrnehmung verwendet werden. Wenn der Schrittmacher alle QRS-Komplexe mit einem Stimulus markiert, hat er sie folgerichtig alle erkannt. Eine seltene weitere Einsatzmöglichkeit ist, wenn ein VVI-Schrittmacher bei einem schrittmacherabhängigen Patienten durch externe Störsignale inhi-
30
1
Kapitel 1 · Grundlagen
1.8.2
biert wird und dies zu langen ventrikulären Pausen führt. Wenn keine Möglichkeit besteht, die Wahrnehmungsparameter zu optimieren (bipolarer Modus und Wahrnehmung unempfindlicher stellen) oder ein Systemwechsel nicht gewünscht ist, kann die Programmierung des VVT-Modus eine Möglichkeit sein, Asystolien bei Störsignalen zu verhindern. Der Schrittmacher würde dann mit jeder nicht-refraktären Wahrnehmung, egal ob durch Eigenaktion oder Störsignal hervorgerufen, einen Stimulus abgeben.
Atriale Schrittmachersysteme
⊡ Abb. 1.60 zeigt die schematische Darstellung eines AAI-Schrittmachers.
A00-Modus A00: Stimulation im Atrium, keine Wahrnehmung im Atrium, Betriebsart starrfrequent Arbeitsweise: Im A00-Modus stimuliert der Schrittmacher mit dem programmierten Stimulationsintervall im Vorhof ohne Beachtung der Eigenaktionen des Herzens. Ist das Vorhofmyokard durch eine intrinsische Depolarisation refraktär, ist der einfallende Stimulationsimpuls ineffektiv. Erst nach Ablauf der intrinsischen Refraktärzeit des Myokards (ca. 200–300 ms) kann ein Stimulus eine Depolarisation auslösen (⊡ Abb. 1.61 u. ⊡ Abb. 1.62). ! Cave Die starrfrequente Stimulation kann zur Induktion von Vorhofflimmern/-flattern führen. Anwendung: Bei Magnetauflage gehen AAISchrittmacher in der Regel in den starrfrequenten A00-Modus über und stimulieren mit Magnetfrequenz. Dieser Modus wird üblicherweise nicht permanent programmiert. A00 kann für den atrialen Reizschwellentest (bei nicht-AV-blockierten Patienten) angewandt werden.
⊡ Abb. 1.60 Schematische Darstellung eines AAI-Schrittmachers. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
SI A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
⊡ Abb. 1.61 A00-Stimulation ohne Eigenrhythmus, der Schrittmacher stimuliert mit dem Stimulationsintervall (SI); atriale Stimulationen (A) sind alle effektiv
SI A
A
A
Stimulation nicht effektiv
A
A
A
Stimulation effektiv
A
A
A
A
Stimulation nicht effektiv
⊡ Abb. 1.62 A00-Modus mit konkurrierenden Eigenrhythmus: Der Eigenrhythmus wird vom Schrittmacher nicht beachtet. Die Stimulationen fallen konkurrierend und starrfrequent in den Eigenrhythmus ein. Je nach Zustand und Erregbarkeit des Vorhofmyokards können die Stimulationen eine Depolarisation auslösen oder nicht
1
31 1.8 · Stimulationsbetriebsarten
AAI-Modus
nals ist ein R-Wellen Far-Field-Sensing eher möglich, die der Vorhofschrittmacher als PWelle missinterpretiert.
AAI: Stimulation und Wahrnehmung im Atrium,
Betriebsart inhibiert Arbeitsweise: Dieser Schrittmacher arbeitet nur bei Bedarf. Das heißt, wenn Eigenaktionen im Vorhof erkannt werden, ist der Schrittmacher inhibiert (⊡ Abb. 1.63). Wenn keine Eigenaktionen vor Ablauf des Auslöseintervalls detektiert werden, stimuliert der Schrittmacher im Vorhof (⊡ Abb. 1.64 u. ⊡ Abb. 1.65). Hauptindikation: Sick-Sinus-Syndrom (SSS) bei nachgewiesenem intaktem AV-Knoten.
Vorhofflimmersignale sind oft so klein, dass sie vom AAI-Schrittmacher intermittierend oder permanent nicht detektiert werden. Dadurch kommt es zu atrialen Stimulationen, die allerdings ineffektiv bleiben (⊡ Abb. 1.67).
AAT-Modus AAT: Stimulation und Wahrnehmung im Atrium,
Betriebsart getriggert Arbeitsweise: Jede wahrgenommene Vorhofaktion löst die Triggerung eines Schrittmacherimpulses in die P-Welle aus. Dieser Impuls ist nicht effektiv, weil er in die Refraktärphase des Vorhofmyokards fällt. Wenn die Eigenfrequenz langsamer
> Normalerweise können QRS-Komplexe bzw. VES von einem Vorhofschrittmacher nicht erkannt werden (⊡ Abb. 1.66). Bei klappennaher Implantation der atrialen Sonde und hoher Empfindlichkeitseinstellung des atrialen Ka-
P
P
P
P
P
P
AI
AI
P
P
P
P
AI
⊡ Abb. 1.63 AAI-Schrittmacher ist inhibiert, wenn atriale Eigenaktionen vor Ablauf des Auslöseintervalls (AI) im Vorhof wahrgenommen werden
P
P
P
P
A
AI
A
A
A
AI
⊡ Abb. 1.64 AAI-Schrittmacher stimuliert mit Auslöseintervall, wenn keine atrialen Eigenaktionen vor Ablauf des Auslöseintervalls vorliegen
SI A
A
A
A
A
A
A
A
A
A
⊡ Abb. 1.65 AAI-Schrittmacher stimuliert mit Stimulationsintervall, wenn keine atrialen Eigenaktionen vorliegen. Stimulationsintervall≈Auslöseintervall (wenn keine Frequenzhysterese programmiert ist)
32
Kapitel 1 · Grundlagen
VES
1 ⊡ Abb. 1.66 Ventrikuläre Extrasystole (VES) wird vom AAI-Schrittmacher nicht beachtet
⊡ Abb. 1.67 Kleine Vorhofflimmersignale werden intermittierend nicht erkannt, demzufolge gibt der AAISchrittmacher Stimulationen ab, die ineffektiv bleiben
P
P
P
P SI A
A
A
A
b
a
P-Welle triggert einen atrialen Stimulus ⊡ Abb. 1.68a,b AAT-Modus – a: Wenn das intrinsische Intervall kürzer als das Stimulationsintervall (SI) ist, triggert jede wahrgenommene P-Welle einen Vorhofstimulus; b: Wenn die intrinsischen Intervalle länger als das Stimulationsintervall sind, stimuliert der Schrittmacher mit dem Stimulationsintervall (SI)
AAI - Modus
AAT - Modus
A
A
A
A
A
A
A
A
A
⊡ Abb. 1.69 AAT-Modus erleichtert die Diagnostik von Vorhofrhythmusstörungen, wie dieses Beispiel zeigt. Im oberen EKG befindet sich der Schrittmacher im AAI-Modus und die P-Wellen sind nicht sicher zu differenzieren. Die Programmierung des AAT-Modus im EKG unten dagegen zeigt die zugrunde liegende Rhythmusstörung auf: Vorhoftachykardie mit 2:1-Überleitung. P-Wellen-Frequenz ca. 120 min-1 und ventrikuläre Frequenz ca. 60 min-1. (A=Atrialer getriggerter Stimulus)
1
33 1.8 · Stimulationsbetriebsarten
1.8.3
ist als die programmierte Stimulationsfrequenz, stimuliert der Schrittmacher mit dem Stimulationsintervall (⊡ Abb. 1.68). Anwendung: Dieser Modus kann bei älteren Aggregaten, die noch nicht über einen Sensingtest verfügen, zur Überprüfung der atrialen Wahrnehmung verwendet werden (⊡ Abb. 1.69). Wenn der Schrittmacher alle P-Wellen mit einem Stimulus markiert, hat er sie folgerichtig alle erkannt.
Zweikammersystem mit Single Lead
⊡ Abb. 1.70 zeigt die schematische Darstellung eines VDD-Schrittmachers.
VDD-Modus VDD: Stimulation im Ventrikel, Wahrnehmung im
Atrium und Ventrikel, Betriebsart inhibiert und getriggert. (Keine Stimulation im Atrium!) Arbeitsweise: Der Schrittmacher kann in beiden Kammern wahrnehmen, aber nur im Ventrikel stimulieren. Vorhofgetriggerte Ventrikelstimulation (⊡ Abb. 1.71 u. ⊡ Abb. 1.72). Hauptindikation: Dieser Modus ist für AVBlockierungen mit chronotroper Kompetenz vorgesehen. Eine Single-Lead-Sonde kann im Vorhof detektieren, aber nicht stimulieren. Eine Sinusknotenerkrankung sollte ausgeschlossen sein.
1.8.4
Zweikammerschrittmacher
⊡ Abb. 1.73 zeigt die schematische Darstellung eines Zweikammerschrittmachers.
D00-Modus D00: Stimulation im Atrium und Ventrikel, keine
Wahrnehmung im Atrium und Ventrikel, Betriebsart starrfrequent
⊡ Abb. 1.70 Schematische Darstellung eines VDD-Schrittmachers
P V
P V
P V
P V
P V
P V
P V
P V
P V
PVI ⊡ Abb. 1.71 VDD-Schrittmacher löst nach jeder wahrgenommenen P-Welle einen PV-Intervall (PVI) aus. Wenn innerhalb des PV-Intervalls keine intrinsische R-Welle erkannt wird, triggert dies eine ventrikuläre Stimulation am Ende des PVI
P R
P R
PR
P R
PVI
P
R
P R
PVI
PVI
PR
P R
P R
⊡ Abb. 1.72 Wird innerhalb des PV-Intervalls eine intrinsische R-Welle wahrgenommen, ist der VDD-Schrittmacher im Ventrikel inhibiert
34
1
Kapitel 1 · Grundlagen
Arbeitsweise: Im D00-Modus stimuliert der Schrittmacher mit programmiertem Stimulationsintervall im Vorhof und Ventrikel mit einem festgelegten AV-Intervall ohne Beachtung der Eigenaktionen des Herzens (⊡ Abb. 1.74 u. ⊡ Abb. 1.75). ! Cave Die starrfrequente Stimulation kann im ungünstigsten Fall im Vorhof zur Induktion von Vorhofflimmern und im Ventrikel zum Auslösen von Kammertachykardien oder Kammerflimmern führen.
Anwendung: Bei Magnetauflage gehen DDI/DDD-
Schrittmacher in der Regel in den starrfrequenten D00-Modus über und stimulieren mit Magnetfrequenz. Dieser Modus wird üblicherweise nicht permanent programmiert.
DDI-Modus DDI: Stimulation und Wahrnehmung im Atrium und Ventrikel, Betriebsart inhibiert (keine Triggerung, kein »Tracking«!) Arbeitsweise: Der DDI-Modus kombiniert die Funktionen eines AAI- und VVI-Schrittmachers. Er startet mit jedem wahrgenommenen oder stimulierten Ereignis im Ventrikel ein Auslöseintervall/Stimulationsintervall für Vorhof und Ventrikel. Im Gegensatz zum DDD-Modus lösen detektierte atriale Signale kein PV-Intervall, also kein »Tracking« aus. Der DDI-Modus ist eine Zweikammerstimulationsform, bei der die Arbeitsweisen in ⊡ Abb. 1.76 möglich sind. Hauptindikationen:
⊡ Abb. 1.73 Schematische Darstellung eines Zweikammerschrittmachers. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
▬ Bei intermittierendem Vorhofflimmern/ Vorhofflattern mit AV-Block, wenn eine Desynchronisation von Vorhof und Ventrikel gewünscht ist und die Mode-SwitchFunktion nicht zuverlässig arbeitet (z. B. zu kleine P-Wellensignale bei Vorhofflimmern).
⊡ Abb. 1.74 D00-Stimulation mit konkurrierendem Eigenrhythmus: Der Eigenrhythmus wird vom Schrittmacher nicht beachtet. Die Stimulationen fallen konkurrierend und starrfrequent in den Eigenrhythmus ein
A V
A V
A V
A V
A V
A V
AVI SI ⊡ Abb. 1.75 D00-Stimulation ohne Eigenrhythmus: Der Schrittmacher stimuliert AV-synchron im Vorhof und Ventrikel mit festgelegtem AV-Intervall (AVI) und programmierter Stimulationsfrequenz (SI). (A=Vorhofstimulus; V=Ventrikelstimulus)
35 1.8 · Stimulationsbetriebsarten
1
a
regelrechte Sinusfrequenz ohne AV-Block – Schrittmacher ist inhibiert (im Oberflachen-EKG nicht erkennbar)
b
Sinusbradykardie ohne AV-Block – im Oberflächen -EKG wie AAI-Modus
c
Sinusbradykardie mit AV-Block - im Oberflächen-EKG AV-sequentiell, wie DVI- oder DDD -Modus
d
regelrechte Sinusfrequenz mit AV-Block – P-Wellen inhibieren die atriale Stimulation und triggern nicht den Ventrikel – dies führt zu einer Desynchronisation von Vorhof und Ventrikel
e
Vorhofflattern und AV-Block – die schnellen Vorhofflatterwellen triggern nicht den Ventrikel – eine Desynchronisation von Vorhof und Ventrikel ist in diesem Fall erwünscht ⊡ Abb. 1.76a–e Mögliche Arbeitsweisen im DDI-Modus. Bei den folgenden detaillierten Erklärungen zu den EKGs wird von einer programmierten Grundfrequenz von 60 ipm ausgegangen: a: Regelrechte Sinusfrequenz ohne AV-Block: Intrinsische ventrikuläre Frequenz >60 min-1: Schrittmacher ist im atrialen und ventrikulären Kanal inhibiert; b: Sinusbradykardie ohne AV-Block: Die intrinsische atriale und ventrikuläre Frequenz <60 min-1 bei regelrechter intrinsischer AV-Überleitung: Im Oberflächen-EKG ergibt sich die Stimulationsform wie im AAI-Modus; c: Sinusbradykardie mit AV-Block: Intrinsische atriale und ventrikuläre Frequenz <60 min-1 bei fehlender intrinsischer AV-Überleitung: Im Oberflächen-EKG ergibt sich eine AV-sequenzielle Stimulationsform (Atrium und Ventrikel stimuliert); d: Regelrechte Sinusfrequenz mit AV-Block: Intrinsische atriale Frequenz >60 min-1, die ventrikuläre Frequenz <60 min-1 bei fehlender intrinsischer AV-Überleitung: Im Oberflächen-EKG ergibt sich die Stimulationsform wie im VVI-Modus (Dissoziation von Vorhof und Kammer, kein Tracking, Schrittmacher arbeitet jetzt wie ein »VVI«Schrittmacher mit dem Unterschied, dass er die Vorhofeigenaktionen weiter beobachtet (VDI). Dies ist bei AV-Block-Patienten in Belastungsphasen ungünstig, aber während atrialer Tachyarrhythmien erwünscht ( e); e: Vorhofflimmern/flattern mit AV-Block: Intrinsische atriale Frequenz tachykard, ventrikuläre Frequenz <60 min-1, bei fehlender intrinsischer AV-Überleitung: Im Oberflächen-EKG ergibt sich die Stimulationsform wie im VVI(R)-Modus (erwünschte Dissoziation von Vorhof und Kammer während atrialer Tachyarrhythmien, kein Tracking, Schrittmacher arbeitet wie ein VVI(R)-Schrittmacher mit dem Unterschied, dass er die Vorhofeigenaktionen weiter beobachtet)
36
1
Kapitel 1 · Grundlagen
▬ Bei Vorhoftachyarrhythmien im DDD-Modus bewirkt der Mode-Switch-Algorithmus den Moduswechsel von DDD(R) zu VDI(R) oder DDI(R). ▬ Bei Karotissinussyndrom: DDI plus Frequenzhysterese (z. B. Hysteresefrequenz 40 min-1, Stimulationsfrequenz 70 ipm), falls keine anderen Spezialalgorithmen zur Verfügung stehen.
DDD-Modus DDD: Stimulation und Wahrnehmung im Atrium und Ventrikel, Betriebsart inhibiert und getriggert (tracking) Arbeitsweise: Die Impulsabgabe ist bei Wahrnehmung von intrinsischen Vorhof- und Ventrikelsignalen inhibiert. Er stimuliert die jeweilige Kammer, unter Berücksichtigung der entsprechenden Zeitintervalle, wenn keine Eigenaktionen vorliegen. Er startet mit einem detektierten Vorhofer-
eignis ein PV-Intervall. Erkennt der Schrittmacher vor Ablauf des PV-Intervalls eine Kammeraktion, ist der Ventrikelimpuls inhibiert, ansonsten stimuliert er den Ventrikel am Ende des PV-Intervalls (Tracking). Intrinsische Vorhofaktionen werden bis zur programmierten Maximalfrequenz bei fehlender AV-Überleitung ventrikulär stimuliert. Die EKGs in ⊡ Abb. 1.77 zeigen die unterschiedlichen Arbeitsweisen des DDD-Schrittmachers. ! Cave Unerwünschte schnelle Triggerung auf die Kammer während Vorhofarrhythmien ( Mode-Switch) und Schrittmacher-ReentryTachykardien ( ELT-Schutz). Hauptindikationen: AV-Blockierung, Karotissi-
nussyndrom (DDD mit Spezialalgorithmen). »VAT-Betrieb«. Dieser Modus wird in der Regel nicht programmiert. Man spricht aber von einer
a
Sinusrhythmus mit atrioventrikulärer Überleitung – Schrittmacher ist inhibiert (im Oberflachen EKG nicht erkennbar)
b
Sinusbradykardie mit atrioventrikulärer Überleitung – im Oberflächen-EKG wie AAI-Modus
c
Sinusbradykardie und AV-Block - im Oberflächen-EKG wie DVI- oder DDI-Modus
d
Sinusrhythmus und AV-Block – VAT-Betrieb – jede wahrgenommene P-Welle triggert den Ventrikel (tracking)
e
Vorhofflattern und AV-Block – Vorhofflattern wird auf den Ventrikel (2:1) getriggert ⊡ Abb. 1.77a–e Mögliche Arbeitsweisen im DDD-Modus
1
37 1.9 · Limitierung der ventrikulären Maximalfrequenz bei totalem AV-Block
Arbeitsweise im VAT-Betrieb, wenn ein DDDSchrittmacher durch den Sinusrhythmus vorhofgesteuert den Ventrikel triggert (⊡ Abb. 1.77d).
Frequenzadaptativer Modus Beispiel: AAIR/VVIR/DDIR/DDDR Der 4. Buchstabe R bedeutet, dass die Frequenzadaptation programmiert ist. Arbeitsweise: Mit Hilfe eines Sensors wird das Aktivitätsniveau des Patienten kontinuierlich ermittelt. Jedem Aktivitätsniveau wird eine Frequenz zugeordnet. Ziel ist es, den Patienten belastungsadäquat mit der physiologischen Frequenz zu stimulieren ( Frequenzadaptation). Hauptindikationen:
▬ AAIR, DDIR: Sinusknotensyndrom mit chronotroper Inkompetenz und intrinsischer AVÜberleitung ▬ DDDR: Sinusknotensyndrom mit AV-Blockierungen ▬ VVIR: chronotrope Inkompetenz bei permanentem Vorhofflimmern (aufgrund von AVÜberleitungsstörungen)
1.9
Limitierung der ventrikulären Maximalfrequenz bei totalem AV-Block
Hauptziel im DDD/VDD-Modus ist es, physiologische Sinusfrequenzen bei Patienten mit AV-Blockierungen auf den Ventrikel zu triggern ( VATBetrieb). P
PVI PP-Intervall
P
400 ms
Bei Patienten mit AV-Blockierungen erfolgt eine bewusste, klinisch orientierte Limitierung durch die Wahl der Maximalfrequenz. Der Anwender entscheidet hier, bis zu welcher Vorhoffrequenz noch 1:1 auf den Ventrikel getriggert werden soll. > Eine systembedingte Limitierung erfolgt durch die Wahl des programmierten PV-Intervalls plus der PVARP (PV-Intervall plus PVARP =Totale atriale Refraktärperiode, TARP), unabhängig von der programmierten Maximalfrequenz.
Je nach Programmierung dieser Parameter (PVIntervall, PVARP, Maximalfrequenz) kann ein Wenckebach-Verhalten oder ein 2:1-(n:1)-Blockverhalten resultieren. Ist die TARP
Die programmierte Maximalfrequenz bestimmt die obere Frequenzgrenze, mit der ein Zweikammerschrittmacher (DDD/VDD) den Ventrikel triggern darf. Steigt die Vorhoffrequenz über die Maximalfrequenz, bzw. wird das Vorhofintervall kürzer als das Intervall der Maximalfrequenz, kann der Schrittmacher nicht mehr jede P-Welle 1:1 auf den Ventrikel triggern (⊡ Abb. 1.78). Er antwortet mit einem Wenckebach-Verhalten. Das bedeutet, der Schrittmacher darf nicht nach Ablauf des programP
P
400 ms
Limitierung durch Maximalfrequenz – Wenckebach-Verhalten
400 ms
P
P
400 ms
400 ms
PVARP Intervall Fmax
500 ms
500 ms
500 ms
500 ms
⊡ Abb. 1.78 EKG bei Patient mit AV-Block und DDD- oder VDD-Schrittmacher (Schrittmacher stimuliert im Ventrikel). Das Intervall der Vorhoffrequenz (P-P) ist kürzer als das Intervall der Maximalfrequenz (Intervall Fmax). Der Schrittmacher darf nicht nach Ablauf des PV-Intervalls stimulieren, sondern muss das Intervall der Maximalfrequenz berücksichtigen
38
Kapitel 1 · Grundlagen
Frequenz [ipm]
1 Wenckebach 140
Fmax
Zeit Atriale Frequenz Ventrikuläre Stimulationsfrequenz im DDD/VDD-Modus
⊡ Abb. 1.79 Wenckebach-Verhalten bei vorhofgetriggerter ventrikulärer Stimulation im DDD- oder VDD-Modus. Die Vorhoffrequenz ist höher als die Maximalfrequenz Fmax. Der Schrittmacher arbeitet dann im Wenckebach-Verhalten. Die getriggerte Ventrikelfrequenz ist durch die programmierte Maximalfrequenz limitiert
mierten PV-Intervalls den Ventrikel stimulieren, sondern muss warten, bis das Intervall der Maximalfrequenz nach Verlängerung des PV-Intervalls erreicht ist (⊡ Abb. 1.79). Mit jedem folgenden Zyklus verlängert sich das PV-Intervall und die folgenden P-Wellen rücken immer näher in Richtung PVARP. Sobald eine P-Welle in die PVARP fällt, wird sie nicht mehr zur Triggerung des Ventrikels verwendet. Es entsteht eine ventrikuläre Pause und die nächste P-Welle triggert wieder regulär nach Ablauf des programmierten PV-Intervalls den Ventrikel. Jetzt wiederholt sich dieser Vorgang erneut. In diesem gezeigten Fall triggern immer 2 P-Wellen die Ventrikelstimulation und die 3. P-Welle fällt in die PVARP. Dies entspricht hier einem 3:2-Wenckebach-Verhalten (⊡ Abb. 1.80).
⊡ Abb. 1.80a,b Belastungs-EKG. a: Die ventrikuläre Maximalfrequenz ist auf 130 ipm programmiert worden. Unter Belastung geht der Schrittmacher in das Wenckebach-Verhalten über, sobald die Vorhoffrequenz 130 min-1 erreicht (aufgrund der Begrenzung der ventrikulären Stimulationsfrequenz auf 130 ipm verlängert sich das PV-Intervall von Zyklus zu Zyklus, bis eine PWelle – hier jede 4. – in die postventrikuläre atriale Refraktärzeit fällt. Es wird kein ventrikulärer Stimulus abgegeben. Dies führt zu einer ventrikulären Pause bis zur Wahrnehmung der nächsten P-Welle; b: Die Umprogrammierung der Maximalfrequenz auf 150 ipm eliminiert die Symptome; die Vorhoffrequenz steigt auf 145 min-1 und die 1:1-AV-Assoziation bleibt erhalten. [P=PWelle (Vorhofeigenaktion); V=Ventrikulärer Schrittmacherstimulus]. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
39 1.9 · Limitierung der ventrikulären Maximalfrequenz bei totalem AV-Block
1.9.2
Limitierung durch TARP – 2:1-(n:1)-Blockverhalten
Bei Zweikammerschrittmachern ergibt sich die totale atriale Refraktärperiode (TARP) aus der Summe von PV/AV-Intervall und postventrikulärer atrialer Refraktärperiode (PVARP). Wenn die TARP z. B. 500 ms (PV-Intervall=200 ms, PVARP=300 ms) beträgt, entspricht dies einer maximalen Frequenz von 120 min-1 (60.000 ms/500 ms). Vorhoffrequenzen, die in ⊡ Abb. 1.81 >120 min-1 liegen, bzw.
PVI
PVARP TARP
⊡ Abb. 1.81 2:1-Block. Jede 2. P-Welle fällt in die PVARP und wird nicht getriggert. Die Ventrikelfrequenz fällt auf die Hälfte der Vorhoffrequenz ab
Frequenz [bpm]
1
Vorhofintervalle, die < 500 ms sind, können dann nicht mehr 1:1 auf den Ventrikel getriggert werden, selbst wenn die Maximalfrequenz auf 150 ipm programmiert ist. Die maximale ventrikuläre Stimulationsfrequenz, die in diesem Beispiel erreicht werden kann, beträgt 120 ipm. Der Schrittmacher verwendet für die Triggerung des Ventrikels nur noch jede 2. P-Welle. Für Patienten mit AV-Blockierungen äußert sich das in einem plötzlichen Abfall der ventrikulären getriggerten Herzfrequenz auf die Hälfte, wenn die intrinsische P-Wellenfrequenz 120 min-1 überschreitet (⊡ Abb. 1.82). Aus diesem Grunde nennt man die Frequenz, deren Intervall der TARP entspricht, die 2:1-Frequenz (2:1-Punkt). > Die hier genannten Limitierungen der ventrikulären Frequenz haben nur Bedeutung bei Patienten mit AV-Blockierungen, spontane intrinsische Überleitungen hoher Vorhoffrequenzen bei Patienten ohne AVBlockierung werden natürlicherweise nicht unterbunden.
TARP= 500 ms (PVI 200 ms +PVARP 300 ms) Daraus resultiert eine 2:1-Frequenz von 120 ipm
150
Fmax
120
2:1-Frequenz
60 Zeit Atriale Frequenz Ventrikuläre Stimulationsfrequenz im DDD/VDD-Modus
⊡ Abb. 1.82 2:1-Blockverhalten bei einer AV-sequenziellen Stimulation im DDD- oder VDD-Modus. Sobald die Vorhoffrequenz die 2:1-Frequenz überschreitet, fällt die getriggerte Ventrikelfrequenz auf die Hälfte, weil der Schrittmacher jetzt nur noch jede 2. P-Welle wahrnehmen kann (jede 2. P-Welle fällt in die TARP bzw. PVARP). Die programmierte Maximalfrequenz (hier 150 ipm) hat keine Bedeutung, da sie über der 2:1-Frequenz liegt. Sie kann nicht erreicht werden, weil der Schrittmacher bei P-Wellenfrequenzen >120 min-1 nur noch jede 2. P-Welle erkennen kann und nur das, was er detektiert, auf den Ventrikel triggern kann
2
Schutzfunktionen
2.1
Ventrikuläre Sicherheitsstimulation – Vermeidung von AV-Crosstalk – 42
2.2
Algorithmen zum Schutz vor schrittmacherbeteiligten Tachykardien – 44
2.2.1 2.2.2
Schrittmacher-Reentry-Tachykardien – PMT-Schutz – 44 Vorhofarrhythmien mit hochfrequenter Ventrikelstimulation – Mode-Switch
2.3
Algorithmen zur Vermeidung von Vorhoftachyarrhythmien/ Präventionsalgorithmen – 53
2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4
Overdrive-Algorithmus – 53 Postextrasystolische Pausensuppression(PEPS) – 53 Frequenzbeschleunigung bei häufigen AES – 53 Post Mode-Switch Overdrive Pacing (PMOP) – 54
– 51
2.4
Algorithmen zur Terminierung von Vorhofarrhythmien – 54
2.4.1 2.4.2
Automatische antitachykarde Stimulation – 54 Anwender-ausgelöste antitachykarde Stimulation
– 54
2.5
Automatische Empfindlichkeitsanpassung
– 54
2.6
Automatische Anpassung der ventrikulären Impulsamplitude – 54
2.6.1 2.6.2
Periodische Anpassung der Amplitude – 56 Beat-to-Beat-Anpassung der Amplitude – 56
2.7
Automatische Anpassung der atrialen Impulsamplitude – 56
2.7.1 2.7.2
Überprüfung der atrialen Reizschwelle mit Hilfe der intrinsischen AV-Überleitung – 56 Überprüfung der atrialen Reizschwelle mit Hilfe intrinsischer Vorhofsignale
2.8
Automatische Sondenüberwachung
2.9
Störmodus – 58
– 58
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
– 57
2
42
Kapitel 2 · Schutzfunktionen
2.1
Ventrikuläre Sicherheitsstimulation – Vermeidung von AV-Crosstalk
Andere Bezeichnungen: Committed Stimulation,
Safety Window Pacing, Non physiological AV-Intervall, AV-Sicherheitsintervall In Zweikammersystemen wird nach einem atrialen Stimulus ein ventrikuläres Blanking (PAVB=postatriales ventrikuläres Blanking) gestartet. Das PAVB soll ein Übersprechen (AV-Crosstalk) des atrialen Impulses auf den ventrikulären Kanal verhindern. Atriales Übersprechen bedeutet, dass der atriale Stimulus, bzw. sein Nachpotenzial, im Ventrikel erkannt, als ventrikuläres herzeigenes Signal fehlinterpretiert wird und der Schrittmacher inhibiert ist (⊡ Abb. 2.1 u. ⊡ Abb. 2.2). Atriales Übersprechen wird nur im Falle der atrialen Stimulation beobachtet, da das Signal einer intrinsischen P-Welle nicht ausreicht, um im Ventrikel detektiert zu werden.
AV-Crosstalk
⊡ Abb. 2.1 AV-Crosstalk: Atriales Übersprechen und fehlende ventrikuläre Impulsabgabe bei AV-Block III
Wird das postatriale ventrikuläre Blanking zu lang programmiert, besteht die Gefahr, dass kurz angekoppelte ventrikuläre Eigenaktionen in die Ausblendzeit fallen und deshalb nicht detektiert werden. Somit könnte – nach Ablauf des programmierten AV-Intervalls – die nachfolgende ventrikuläre Stimulation in die vulnerable Phase der T-Welle treffen. Wird das Blanking zu kurz programmiert, kann es zum Übersprechen des atrialen Stimulus auf den ventrikulären Kanal (AV-Crosstalk) kommen und dabei bei Patienten mit AV-Blockierungen eine Asystolie auslösen. Diese Problematik wird durch das Sicherheitsfenster und die ventrikuläre Sicherheitsstimulation gelöst. Diese ventrikuläre Sicherheitsstimulation ermöglicht die Programmierung kurzer Ausblendzeiten. Das ventrikuläre Sicherheitsfenster (VSF) startet nach einem atrialen Stimulus (neben dem postatrialen ventrikulären Blanking und dem regulären AV-Intervall), es kann jedoch erst nach Ablauf der Ausblendzeit (PAVB) wirksam werden (⊡ Abb. 2.3). Wird jetzt außerhalb der Ausblendzeit (PAVB), aber innerhalb dieses Sicherheitsfensters (VSF) ein Signal wahrgenommen, erfolgt am Ende dieses Intervalls (also nach 95–120 ms je nach Schrittmachermodell) eine »Sicherheitsstimulation« im Ventrikel. Das detektierte Signal innerhalb des ventrikulären Sicherheitsfensters kann zurückzuführen sein auf: ▬ AV-Crosstalk (⊡ Abb. 2.5) ▬ Extrakardiales Signal (Effekt wie ⊡ Abb. 2.6) ▬ Zufällig zu diesem Zeitpunkt auftretende intrinsische ventrikuläre Depolarisation, z. B. ventrikuläre Extrasystole (⊡ Abb. 2.6)
Notfallprogrammierung
⊡ Abb. 2.2 AV-Crosstalk bei Vorhofstimulationen. Es resultiert eine ventrikuläre Asystolie bei AV-Block III aufgrund eines zu kurz programmierten PAVB und ausgeschaltetem Sicherheitsfenster. Effektive ventrikuläre Stimulation nach D00-Programmierung (»Notfallprogrammierung«). Aus: Fischer u. Ritter (2002)
43 2.1 · Ventrikuläre Sicherheitsstimulation – Vermeidung von AV-Crosstalk
A
A
V
PAVB VSF
Ventrikuläre Empfindlichkeitsschwelle
2
VSS
Atrialer Stimulus wird als Far-Field-Signal (Nachpotential) im Ventrikel wahrgenommen
PAVB
AVI
VSF AVI
⊡ Abb. 2.3 Zeitintervalle nach atrialer Stimulation bei programmierter ventrikulärer Sicherheitsstimulation in Zweikammersystemen. Während des PAVB ist der Eingangsverstärker des Ventrikels blind geschaltet. Die ventrikuläre Sicherheitsstimulation wird erst ausgelöst, wenn Signale nach Ablauf des PAVB, aber innerhalb des VSF auftreten. (PAVB=Postatriales ventrikuläres Blanking; VSF=Ventrikuläres Sicherheitsfenster; AVI=AV-Intervall)
⊡ Abb. 2.4 Das Fernfeld vom atrialen Stimulus wird nach dem Blanking, aber innerhalb des ventrikulären Sicherheitsfensters (VSF) im ventrikulären Kanal wahrgenommen. Im Ventrikel wird nach Ablauf des VSF ein Sicherheitsstimulus ausgelöst. (PAVB=Postatriales ventrikuläres Blanking, VSF=Ventrikuläres Sicherheitsfenster; AVI=AV-Intervall; A=Atrialer Stimulus; VSS=Ventrikulärer Sicherheitsstimulus)
⊡ Abb. 2.5 EKG mit intermittierender ventrikulärer Sicherheitsstimulation, erkennbar an den kurzen AV-Intervallen (meistens ca. 100 ms)
44
Kapitel 2 · Schutzfunktionen
VSS VES
2 A
⊡ Abb. 2.6a,b Der Schrittmacher nimmt nach dem Blanking und vor Ablauf des VSF die ventrikuläre Extrasystole wahr. Der Schrittmacher gibt einen Sicherheitsstimulus am Ende des VSF in den QRS-Komplex ab. a: Schema: PAVB=Postatriales ventrikuläres Blanking; VSF=Ventrikuläres Sicherheitsfenster; AVI=AV-Intervall; A=Atrialer Stimulus; VSS=Ventrikulärer Sicherheitsstimulus; b: Beispiel: Ap=Atriale Stimulation; Vr=Wahrnehmung im VSF; VP=Ventrikuläre Stimulation (Sicherheitsstimulus)
PAVB VSF AVI
a
Algorithmen zum Schutz vor schrittmacherbeteiligten Tachykardien
2.2
Unter schrittmacherbeteiligte Tachykardien fallen alle Tachykardien, die vom Schrittmacher entweder ausgelöst oder unterhalten werden. Die folgende Übersicht zeigt die verschiedenen schrittmacherbeteiligten Tachykardien.
Schrittmacherbeteiligte Tachykardien 1. Schrittmacher-Reentry-Tachykardie 2. Hochfrequente Ventrikelstimulation durch Tracking von atrialen Tachyarrhythmien oder Tracking von Myosignalen oder Far-Field-Sensing im atrialen Kanal bei AV-Überleitungsstörungen und DDD/VDDSystemen, bis an die Maximalfrequenz ohne Mode-Switch. 3. Tachykardien, die nach inadäquater Impulsabgabe in die vulnerable Phase (z. B. bei Undersensing) durch den Schrittmacher ausgelöst werden: atrial, ventrikulär, nodal und atrio-ventrikulärer Reentry
▼
VES wird im Ventrikel wahrgenommen
Ventrikuläre Empfindlichkeitsschwelle
b
4. Tachykardien bei Hard- und Softwaredefekten 5. Tachykardien bei überschießender Sensorreaktion
Für die schrittmacherbeteiligten Tachykardien in Punkt 1 und 2 stehen Schutzalgorithmen zur Verfügung, während es für die schrittmacherbeteiligten Tachykardien unter Punkt 3 bis 5 keine Schutzfunktionen gibt ( Abschn. 9.5).
2.2.1
Schrittmacher-Reentry-Tachykardien – PMT-Schutz
Pacemaker-mediated Tachycardia (PMT) ist der Oberbegriff für alle unerwünschten schrittmacherbeteiligten Tachykardien. Tatsächlich wird der Begriff PMT in der Regel nur noch eingeengt für die Bezeichnung der Schrittmacher-ReentryTachykardie verwendet. Die DDD/VDD-Stimulation kann bei Patienten mit AV-Blockierungen unter bestimmten Umständen unerwünschte Schrittmacher-Reentry-
45 2.2 · Algorithmen zum Schutz vor schrittmacherbeteiligten Tachykardien
2
Tachykardien (PMT= »pacemaker mediated tachycardia« oder ELT=»endless loop tachycardia«) auslösen. Für diese Form der Schrittmacher-Reentry-Tachykardien wird im weiteren Verlauf der Begriff »PMT« verwendet. Denn die Bezeichnung ELT findet im deutschsprachigen Raum kaum noch Anwendung, wird aber in der angloamerikanischen Literatur standardmäßig für die Bezeichnung einer Schrittmacher-Reentry-Tachykardie eingesetzt. Heutzutage bieten fast alle modernen Zweikammerschrittmacher einen umfangreichen Schutz vor diesen Schrittmacher-Reentry-Tachykardien, den sog. PMT-Schutz.
Was ist eine PMT? Bei einer PMT handelt es sich um eine kreisende Erregung. Der AV-Knoten leitet eine ventrikuläre Depolarisation (stimuliert oder intrinsisch verursacht) retrograd zum Vorhof. Dieser wird depolarisiert. Nach Detektion der Vorhofdepolarisation wird nach Ablauf des PV-Intervalls ventrikulär stimuliert. Die ventrikuläre Depolarisation wird wiederum in den Vorhof geleitet, so dass der Kreis geschlossen ist (⊡ Abb. 2.7). Voraussetzungen für eine PMT sind: ▬ Retrograde Leitung ▬ Retrograde Vorhofdepolarisation ▬ Detektion der retrograden P-Welle
Ursachen von PMTs Bedingung für eine PMT ist eine AV-Desynchronisation. Das bedeutet, dass die atriale und ventrikuläre Depolarisation nicht zeitgerecht nacheinander ablaufen. Das führt unter bestimmten Umständen dazu, dass das Signal der Ventrikeldepolarisation auf das Vorhofmyokard übergeleitet wird und dort eine Depolarisation auslöst, da die retrograde Leitung auf nicht mehr refraktäre Strukturen trifft und somit den Vorhof retrograd erregen kann. Um eine schrittmachervermittelte Tachykardie auszulösen, muss entweder ein relativ langes AV/PVIntervall oder ein isoliertes ventrikuläres Ereignis (VES), ohne vorausgegangenes atriales Ereignis, vorliegen. Eine schrittmacherbeteiligte Tachykardie bei retrograder Leitung lässt sich durch eine ineffektive atriale Stimulation bei extrem kurzer
⊡ Abb. 2.7 Schematische Darstellung einer PMT. Das elektrische Signal der ventrikulären Depolarisation leitet retrograd zum Vorhof, dieser wird depolarisiert und das atriale Depolarisationssignal wird vom atrialen Schrittmacherkanal detektiert und für die Triggerung des Ventrikels verwendet. Durch die verzögerte Triggerung des Ventrikels ist das Vorhofmyokard wieder erregbar und die retrograde Leitung kann erneut den Vorhof depolarisieren. Die PMT ist damit gestartet
AV-Zeit und kurzer PVARP auslösen (⊡ Abb. 2.8 u. ⊡ Abb. 2.9). Ursachen für die Desynchronisation von Vorhof und Ventrikel und damit für die Auslösung einer PMT können sein (⊡ Abb. 2.10 u. ⊡ Abb. 2.11): ▬ Zu langes AV-Intervall ▬ Ventrikuläre Extrasystole, supraventrikuläre Extrasystole (VES, SVES) ▬ Atriales Oversensing (z. B. Muskelsignale, TWellen-Oversensing) ▬ Atriales Undersensing der regulären (antegraden) Vorhofdepolarisation ▬ Atrialer Stimulationsverlust/Exitblock ▬ Entfernung des Magneten, Umprogrammierung des Modus, Ende eines Tests ▬ Re-Switch am Ende einer Mode-Switch-Episode
PMT-Frequenz Die PMT-Frequenz hängt von retrograder Leitungszeit, Maximalfrequenz und aktuellem PVIntervall ab. Ist die Summe aus retrograder Leitungszeit und PV-Intervall (aktuelles PV-Intervall an der oberen Frequenzgrenze) kürzer als das
46
2
Kapitel 2 · Schutzfunktionen
Intervall der ventrikulären Maximalfrequenz (60000/Maximalfrequenz), so ist die Frequenz der PMT gleich der ventrikulären Maximalfrequenz. Das PV-Intervall wird in diesem Fall immer so lange verlängert, bis das Intervall der ventrikulären Maximalfrequenz erreicht ist. Ist die Summe aus PV-Intervall (aktuelles PV-Intervall an der PMT-Frequenz) und retrograder Leitungszeit zeitlich länger als das Intervall der ventri-
kulären Maximalfrequenz, so ist die Frequenz der PMT niedriger als die Maximalfrequenz (⊡ Abb. 2.12).
Algorithmen zur PMT-Prophylaxe Andere Bezeichnungen: PVARP-Verlängerung nach VES; VES-Reaktion oder PVC-Response; VES-Option; Atrial Refractory Extension; PMTPrävention; VES-synchrone atriale Stimulation
⊡ Abb. 2.8 Auslösen einer AV-Desynchronisation durch ineffektive atriale Stimulation bei extrem kurzer AV-Zeit und kurzer PVARP. Rezidivierende Terminierung nach 6 Zyklen
Refraktärzeit P
Vorhofmyokard
a
P'
P´
P
b
V
V
V
⊡ Abb. 2.9a,b a: Wenn das AV/PV-Intervall in den normalen Grenzen (nicht zu lang) programmiert wird, ist das Risiko für eine retrograde (ventrikuloatriale) Leitung gering, weil meistens die Erregungsleitungen und das Vorhofmyokard noch refraktär sind; b: Um eine Schrittmacher-Reentry-Tachykardie auszulösen, muss ein relativ langes AV/PV-Intervall vorliegen, das der Herzreizleitung und dem Vorhofmyokard genug Zeit zur Repolarisation lässt. Somit fällt die retrograde Leitung nicht mehr in die Refraktärzeit dieser Strukturen. (P=P-Welle; P’=Retrograde P-Welle; V=Ventrikuläre Stimulation). Aus: Fischer u. Ritter (2002)
2
47 2.2 · Algorithmen zum Schutz vor schrittmacherbeteiligten Tachykardien
mieren. Die Programmierung einer langen PVARP bedeutet aber auch eine Limitierung der maximal erreichbaren Grenzfrequenz ( Abschn. 1.9). Eine elegantere Lösung bieten PMT-Prophylaxefunktionen, die ohne eine permanente Verlängerung der PVARP einen effektiven Schutz gegen PMTs bieten.
Als grundsätzliche Prophylaxe wird man bei konventionellen DDD-Systemen, die noch nicht über PMT-Schutzalgorithmen verfügen, versuchen, die PVARP (postventrikuläre atriale Refraktärperiode) etwas länger als die gemessene retrograde Leitungszeit (VP-Intervall=Ventrikelereignis, meistens Ventrikelstimulus, bis retrogrades P) zu program-
VES P
P'
P
P'
P'
P'
P'
P'
P'
a
P
SVES
P
b
PVI
P
MYOSIG
P
c
P
P
A
P'
P'
d
Sensingverlust Stimulation nicht effektiv, weil Vorhofmyokard noch refraktär P
A
P'
P'
e
Stimulationsverlust ⊡ Abb. 2.10a–e Verschiedene Auslösearten von PMT: a: PMT durch eine VES. Die ventrikuläre Extrasystole (VES) tritt in ausreichendem Abstand zur letzten spontanen P-Welle auf und depolarisiert das Vorhofmyokard, das nicht mehr refraktär ist, über die retrograde Leitung; b: PMT durch eine SVES. Die supraventrikuläre Extrasystole (SVES) wird auf den Ventrikel übergeleitet, allerdings mit verlängertem AV-Intervall. Aufgrund dieser Verlängerung des PV-Intervalls sind die retrograden Leitungsbahnen und das Vorhofmyokard nicht mehr refraktär; c: PMT durch Skelettmuskelsignale. Diese werden über die Vorhofsonde wahrgenommen und lösen eine ventrikuläre Stimulation aus. Die retrograde Leitung ist möglich, da der Vorhof nicht durch eine Vorhofdepolarisation erregt und somit nicht refraktär ist; d: PMT durch Sensingverlust im Vorhof. Da die P-Welle nicht erkannt wird, erfolgt eine atriale Stimulation nach Ablauf des Auslöseintervalls. Diese Stimulation trifft auf refraktäres Vorhofmyokard und ist demzufolge nicht effektiv. Der Ventrikel wird mit zeitlich großem Abstand zur Vorhofdepolarisation stimuliert; e: PMT durch Stimulationsverlust im Vorhof. Der Vorhof wird nicht depolarisiert durch die atriale Stimulation. Die anschließende ventrikuläre Stimulation kann eine retrograde Leitung und damit eine PMT auslösen. (A=Atrialer Stimulus, MYOSIG=Myosignale; P=P-Welle; Vorhofeigenaktion, P’=Retrograd erregte P-Welle, Vorhofaktion). Aus: Fischer u. Ritter (2002)
48
Kapitel 2 · Schutzfunktionen
2 ⊡ Abb. 2.11 Beispiel für eine PMT, ausgelöst durch einen Vorhofsensingverlust. DDD-Modus, 55/122 ipm, AVI 90 ms, PVARP 400 ms, Vorhofempfindlichkeit 2 mV, Vorhofsensingdefekt bei der 3. P-Welle (3) mit ineffektivem Stimulus in die Refraktärzeit des Vorhofs. Dadurch ergibt sich eine effektive Verlängerung des PV-Intervalls, was eine retrograde Leitung ermöglicht. Somit wird eine PMT ausgelöst, die durch einen schrittmacherspezifischen Terminierungsalgorithmus beendet wird
a
b
Intervall F max. Intervall F max.
Intervall F max.
Intervall F max.
⊡ Abb. 2.12a,b Je nach Dauer der retrograden Leitungszeit kann die PMT-Frequenz gleich der Maximalfrequenz sein oder darunter liegen: a: Die Summe aus retrograder Leitungszeit und aktuellen PV-Intervall (bei der entsprechenden Frequenz) ist kürzer als das Intervall der ventrikulären Maximalfrequenz. Somit ist die Frequenz der PMT gleich der Maximalfrequenz; b: Die Summe aus retrograder Leitungszeit und aktuellem PV-Intervall (bei der entsprechenden Frequenz) ist länger als das Intervall der maximalen Maximalfrequenz. Somit liegt die Frequenz der PMT unter der Maximalfrequenz. (P=P-Welle; P’=Retrograd erregte P-Welle; V=Stimulierte Ventrikelaktion; Intervall Fmax=Intervall der ventrikulären Maximalfrequenz). Aus: Fischer u. Ritter (2002)
VES
PVARP
Retrograde P-Welle
PVARP-Verlängerung
⊡ Abb. 2.13 Präventionsmethode für die Vermeidung von PMTs bei VES. Die Detektion einer VES löst die Verlängerung der PVARP aus (PVARP nach VES ca. 450–500 ms). Die retrograde Leitung fällt in die PVARP und wird nicht für die Triggerung des Ventrikels verwendet. Eine PMT wird verhindert
49 2.2 · Algorithmen zum Schutz vor schrittmacherbeteiligten Tachykardien
2
⊡ Abb. 2.14 Zwei verschiedene Beispiele zeigen, dass zeitgleich mit der VES eine atriale Stimulation ausgelöst wird. Damit ist das Vorhofmyokard für eine retrograde Leitung refraktär
Bei typischen Ereignissen, die eine PMT initiieren können, werden folgende Algorithmen zur PMT-Prophylaxe angeboten: kPVARP-Verlängerung nach VES
Bei vielen Aggregaten startet nach einer VES eine einmalige PVARP-Verlängerung. Bei vorhandener retrograder Leitung fällt die retrograde P-Welle in das Zeitfenster der PVARP und wird nicht mehr zur Triggerung des Ventrikels verwendet, so dass keine PMT entsteht (⊡ Abb. 2.13). kPVARP-Verlängerung bei anderen Ereignissen
Auch für andere Ereignisse, die eine retrograde Leitung verursachen können, bieten manche Schrittmachermodelle eine einmalige PVARP-Verlängerung an: ▬ Nach einer supraventrikulären Extrasystole (SVES) ▬ Bei Entfernung des Magneten ▬ Bei Umprogrammierung des Modus ▬ Am Ende des Reizschwellentest ▬ Beim Re-Switch am Ende einer Mode-SwitchEpisode
kVES-synchrone atriale Stimulation
Eine andere Möglichkeit ist, zeitgleich mit der VES einen atrialen Stimulus abzugeben. Damit ist das Vorhofmyokard für eine retrograde Leitung refraktär. Allerdings kann es hierbei zu einer fast simultanen Kontraktion von Vorhöfen und Ventrikel kommen (⊡ Abb. 2.14). kAutomatische Umprogrammierung/ Verkürzung des AV-Intervalls
Wenn repetitive PMTs auftreten, wird das aktuelle PV-Intervall automatisch konsekutiv verkürzt mit dem Ziel, dass die rückwertig geleitete Depolarisation auf einen nicht-refraktären Vorhof trifft und somit der Reentry-Kreis unterbrochen wird bzw. nicht mehr in Gang kommt. Möglicherweise nachteilig in einer solchen Situation ist das unphysiologisch kurze PV-Intervall.
PMT-Detektion und -Terminierung Andere Bezeichnungen: PMT-Schutz, PMT-In-
tervention, PMT-Optionen Unterschiedliche, firmenspezifische Algorithmen zur Detektion und Terminierung von PMTs kommen zur Anwendung:
50
Kapitel 2 · Schutzfunktionen
2
⊡ Abb. 2.15 Beendigung der PMT durch einmalige Verlängerung der PVARP
PV-Intervall Verkürzung P'
P'
P'
P'
PV-Intervall
⊡ Abb. 2.16 Nach Verkürzung des PV-Intervalls identische VP-Zeit (P‘=Retrograde Vorhofdepolarisation) als Hinweis für eine PMT. Nachfolgend Verlängerung der PVARP zur Terminierung der PMT
PVARP
V
V
V PVARP Verlängerung
VP-Intervall bleibt stabil!
PV-Intervall Verkürzung PV-Intervall
⊡ Abb. 2.17 Algorithmus zur Differenzierung von Sinustachykardie vs. PMT. Das verlängerte VP-Intervall spricht für eine Sinustachykardie (P=P-Welle); Keine Verlängerung der PVARP
P
PVARP
▬ Es wird bei einer definierten Anzahl ventrikulär stimulierter Zyklen an der oberen Grenzfrequenz einmalig eine PVARP-Verlängerung durchgeführt. Liegt eine PMT vor, fällt dadurch die rückwertige atriale Depolarisation in die PVARP, so dass der Reentry-Kreis unterbrochen wird. Handelt es sich um eine Sinustachykardie, fällt lediglich einmalig die getriggerte ventrikuläre Stimulation aus (⊡ Abb. 2.15). ▬ Ein weiterer Algorithmus differenziert eine Sinustachykardie von einer PMT durch
P
P
V
V VP-Intervall
V VP-Intervall länger
Vergleich der ventrikuloatrialen (VA) Überleitungszeiten. Erkennt der Schrittmacher während der Tachykardie für eine definierte Zyklenzahl stabile VA-Zeiten, moduliert (verkürzt oder verlängert) er für den folgenden Zyklus das PV-Intervall. Bleibt die VA-Zeit jetzt weiterhin stabil, handelt es sich um eine PMT. Verändert sich die VA-Zeit, handelt es sich um einen schnellen Sinusrhythmus. Die Terminierung einer PMT erfolgt jetzt nach PVARP-Verlängerung. Die retrograde Vor-
51 2.2 · Algorithmen zum Schutz vor schrittmacherbeteiligten Tachykardien
2
Atriales IEGM
Ventrikuläres IEGM PVARP
1
2
3
4
5
6
7
8
=
PVI Modulation VP-Intervall (Vp-As) bleibt stabil ⊡ Abb. 2.18 Beispiel für PMT-Schutzalgorithmus: Der Schrittmacher erkennt und terminiert eine PMT. (AVI=AV-Intervall). Mit freundlicher Genehmigung der Sorin Group Deutschland GmbH
hofdepolarisation fällt in die PVARP, die Triggerung des Ventrikels fällt aus (⊡ Abb. 2.16, ⊡ Abb. 2.17 u. ⊡ Abb. 2.18). Eine weitere Möglichkeit für die Terminierung der PMT ist die Inhibierung des ventrikulären Impulses (Tracking fällt aus). > Eine PMT ist eine schnelle ventrikuläre Stimulation mit einer 1:1-VA- und anschließend -AV-Synchronität. Im Oberflächen-EKG ist die retrograde P-Welle oft anhand der Negativität der Depolarisation in Ableitung II und III zu erkennen.
Zusammenfassung der Terminierungsalgorithmen ▬ Verlängerung der PVARP für einen Zyklus nach einer definierten Anzahl stimulierter Zyklen an der Maximalfrequenz/PMT-Frequenz ▬ Einmalig keine ventrikuläre Triggerung der intrinsischen Vorhofdepolarisation (Unterbrechung des Trackings für einen Zyklus) ▬ PVARP-Verlängerung nach Ausschluss einer Sinustachykardie
2.2.2
Vorhofarrhythmien mit hochfrequenter Ventrikelstimulation – Mode-Switch
Andere Bezeichnungen für Mode-Switch: Auto-
matic Mode-Switch (AMS); Fallback Mode-Switch (FMS); Atriale Tachy-Reaktion (ATR); Mode Switching Ein DDD-Schrittmacher triggert bei Patienten mit AV-Überleitungsstörungen physiologische Vorhoffrequenzen nach Ablauf des PV-Intervalls 1:1 auf den Ventrikel. Pathologisch schnelle Vorhofarrhythmien sollten nicht bis zur Maximalfrequenz 1:1 ventrikulär getriggert werden, da eine permanente ventrikuläre Stimulation an der Maximalfrequenz für die Dauer der Vorhofarrhythmie oft schlecht toleriert wird. Der Mode-Switch-Algorithmus kann nur bei AV-Überleitungsstörungen die ventrikuläre Stimulationsfrequenz begrenzen. Intrinsische Überleitungen, die zu hohen ventrikulären Frequenzen führen, kann der Mode-Switch nicht beeinflussen. Um eine anhaltende ventrikuläre Stimulation an der Maximalfrequenz, verursacht durch Vorhofarrhythmien, zu vermeiden, führen Mode-SwitchAlgorithmen einen Moduswechsel durch, der die ventrikuläre Stimulationsfrequenz begrenzt.
52
2
Kapitel 2 · Schutzfunktionen
Während der Mode-Switch-Phase wird unter Ruhebedingungen mit der Grundfrequenz bzw. Fallbackfrequenz, während einer Belastung idealerweise mit der Sensorfrequenz, stimuliert. Stimulationsmodi können VDI(R) oder DDI(R) sein. Nach Terminierung der schnellen Vorhofar-
rhythmien erfolgt der Re-Switch in den DDD(R)Modus (⊡ Abb. 2.19). Die verschiedenen Mode-Switch-Algorithmen werden durch unterschiedliche Bedingungen aktiviert: ▬ Wie ist eine Vorhofarrhythmie für den Algorithmus definiert?
⊡ Abb. 2.19 Mode-Switch-Episode: Plötzliche einsetzende Vorhoftachykardie wird hier für 3 Zyklen auf den Ventrikel getriggert. Anschließend erfolgt mit dem hier gezeigten Mode-Switch-Algorithmus der sofortige Switch in den VDI-Modus mit etwas erhöhter Basisfrequenz. Andere Algorithmen zeigen meist ein langsames Herunterführen der Ventrikelfrequenz. Mit freundlicher Genehmigung der Biotronik SE & Co. KG, Berlin
⊡ Tab. 2.1 Mode-Switch-Algorithmen von Zweikammermodellen Hersteller/ Modell
Mode-Switch-Kriterium
Moduswechsel bei Übergang in den Mode-Switch
Re-Switch
Biotronik/ Evia
X aus Y Kriterium: X aus 8 atriale Zyklen >Interventionsfrequenz
DDD–DDI(R) DDDR–DDIR
Z aus 8 atriale Zyklen
Boston/ Altrua
Zählerkriterium: X Zyklen >ATR-Auslösefrequenz
DDD(R)–VDI(R)/DDI(R)
X Zyklen
Medtronic/ Advisa
2 atriale Ereignisse pro ventrikulärem Zyklus; Dauer 32 Zyklen Medianwert der letzten 12 atrialen Intervalle ist kürzer als das programmierte AT/AF-Intervall
DDD–DDI(R) DDDR–DDI(R)
5 konsekutive Zyklen
SORIN/ Reply
Sudden Onset mit X aus Y Kriterium (28 Zyklen aus 32 oder 36 Zyklen aus 64)
DDD–DDI(R) DDDR–DDIR
12 konsekutive Zyklen <107 min-1
St. Jude/ Zephyr
Frequenzkriterium: Mittlere Vorhoffrequenz >TDR
DDD–DDI(R) DDDR–DDI(R)
Mittlere Vorhoffrequenz
Vitatron/ T-Serie
Sudden Onset mit Beat-to-Beat-Switch: ein atriales Ereignis über dem physiologischen Band führt zum Mode-Switch
DDD–DDI DDDR–DDIR
2 Ereignisse innerhalb des physiologischen Bandes
TDR=Tachykardie-Erkennungsfrequenz; ATR=Atriale Tachy-Reaktion.
53 2.3 · Algorithmen zur Vermeidung von Vorhoftachyarrhythmien/Präventionsalgorithmen
2
▬ Erfolgt der Moduswechsel sofort (»beat to beat«) oder verzögert? ▬ In welchem Modus wird während der ModeSwitch-Phase stimuliert? VDI (R)/DDI(R)? ▬ Wie ist das Ende einer Vorhofarrhythmie definiert?
rhythmien zu vermeiden bzw. die Anzahl und Dauer der Arrhythmien (AF Burden) zu verringern. Die vorliegenden Studienergebnisse sind allerdings enttäuschend. Folgende Optionen stehen zur Verfügung:
Im Folgenden werden die wesentlichen Merkmale der verschiedenen Mode-Switch-Kriterien in den aktuellen Schrittmachersystemen vorgestellt (⊡ Tab. 2.1):
2.3.1
Frequenzkriterium. Die atriale Frequenz überschrei-
tet für eine bestimmte Zyklenzahl die atriale Tachykardie-Erkennungsfrequenz. (Andere Bezeichnungen: Interventionsfrequenz, ATR-Auslösefrequenz, AT/AF-Frequenz, atriale Tachykardie-Detektionsfrequenz (ATDR) etc.) Zählerkriterium. X- aus Y-Kriterium: Im fortlaufenden Speicher der letzten Y atrialen Zyklen müssen X-Zyklen über der atrialen Tachykardie-Erkennungsfrequenz 1 liegen, z. B. 5 aus 8 Zyklen.
Andere Bezeichnungen: Pace Conditioning; At-
rial Pace Preference (APP); Dynamic Atrial Overdrive (DAO); Atriale Stimulationspräferenz (APP); DDD-Überstimulation (DDD+); Atriale Überstimulation Ziel dieses Algorithmus ist es, den Vorhof immer nur wenig über der Eigenfrequenz zu stimulieren. Sobald eine P-Welle wahrgenommen wird, hebt der Schrittmacher die Stimulationsfrequenz an und führt sie anschließend wieder langsam auf die Grundfrequenz oder berechnete Interventionsfrequenz zurück.
2.3.2
Beim physiologischen Frequenzband werden Frequenzen, die um eine permanent aktualisierte mittlere Vorhoffrequenz max. +/-15 min-1 abweichen, als physiologisch betrachtet. Tritt ein atriales Ereignis über dem Frequenzband auf, wird es als unphysiologisch klassifiziert. Fällt ein atriales Ereignis mit einer bestimmten Vorzeitigkeit (z. B. kürzer als 75% oder 62,5% vom letzten PP-Intervall) ein, wird es als unphysiologisch klassifiziert. In ⊡ Tab. 2.1 sind die unterschiedlichen ModeSwitch-Algorithmen von Zweikammermodellen verschiedener Herzschrittmacherfirmen aufgeführt.
Overdrive-Algorithmus
Sudden Onset-/Vorzeitigkeitskriterium.
Postextrasystolische Pausensuppression (PEPS)
Andere Bezeichnungen: Atriale Frequenzstabilisierung (ARS); PAC-Response Lange Sinuspausen nach einer atrialen Extrasystole können atriale Tachykardien auslösen. Die postextrasystolische Pausensuppression verhindert durch ein verkürztes Auslöseintervall nach atrialer Extrasystolie lange Sinuspausen.
2.3.3
Frequenzbeschleunigung bei häufigen AES
Andere Bezeichnung: PAC-Suppression 2.3
Algorithmen zur Vermeidung von Vorhoftachyarrhythmien/ Präventionsalgorithmen
Verschiedene Zweikammermodelle bieten die Möglichkeit, Präventionsalgorithmen zu programmieren. Ziel dieser Algorithmen ist es, Vorhofar-
Bei häufigen Extrasystolen wird die Stimulationsfrequenz schrittweise angehoben, bis keine Extrasystolen mehr auftreten oder bis die (programmierbare) maximale Frequenzbeschleunigung erreicht ist. Anschließend führt der Schrittmacher die Frequenz langsam herunter. Bei Neuauftreten von Extrasystolen wird die Frequenz wieder angehoben.
2
54
Kapitel 2 · Schutzfunktionen
2.3.4
Post Mode-Switch Overdrive Pacing (PMOP)
Dieser Algorithmus führt nach spontaner Beendigung einer Mode-Switch-Episode zu einer atrialen Stimulation über der intrinsischen Vorhoffrequenz (mit einer programmierbaren Frequenz und Dauer).
2.4
Algorithmen zur Terminierung von Vorhofarrhythmien
2.4.1
Automatische antitachykarde Stimulation
Liegen bei einem Patienten stimulierbare Vorhofarrhythmien vor, wird automatisch versucht, mit einer höheren Vorhofstimulationsfrequenz (ATP) die Arrhythmie überzustimulieren, um die Tachykardien zu beenden. ATP kann als Burst oder RAMP mit einer definierten Anzahl von Sequenzen programmiert werden. Der Algorithmus initiiert ein ATP so lange, bis die Arrhythmie erfolgreich terminiert ist oder die maximale programmierte Anzahl der Sequenzen abgegeben wurde (⊡ Abb. 2.20).
2.4.2
Anwender-ausgelöste antitachykarde Stimulation
Andere Bezeichnungen: Nicht-invasive programmierte Stimulation (NIPS); EP-Studien; Programmierte elektrische Stimulation (PES) Viele Schrittmacher verfügen mittlerweile über die Möglichkeit eine Überstimulation im Vorhof durchzuführen. Diese Funktion wird vom Arzt aktiviert und Überstimulationsfrequenz und Sequenzen werden individuell programmiert (⊡ Abb. 2.21 u. ⊡ Abb. 2.22).
2.5
Automatische Empfindlichkeitsanpassung
Andere Bezeichnungen: Selbstregulierende Emp-
findlichkeit; Autosensing; Autosensitivity; Sensing Assurance
Diese Funktion bietet eine automatische Anpassung der programmierten Empfindlichkeit (in Vorhof und Venrikel) unter Beachtung der kontinuierlich gemessenen herzeigenen Signalamplituden. In der Regel wird ein Mittelwert über eine bestimmte Anzahl von wahrgenommenen intrinsischen Zyklen gebildet. Der Empfindlichkeitswert wird dann kontinuierlich, in Abhängigkeit von der eingestellten Sicherheitsmarge (2:1, 3:1, 4:1…), auf die Hälfte, ein Drittel oder ein Viertel der gemessenen Signalamplituden angepasst. Das bedeutet z. B., wenn das mittlere R-Wellensignal 12 mV beträgt, erfolgt bei einer Sicherheitsmarge von 3:1 eine Empfindlichkeitseinstellung auf 4 mV. Eine weitere Möglichkeit ist die stufenweise Anpassung des Empfindlichkeitswertes z. B. erst auf die Hälfte des gemessenen Wertes und anschließend auf ein Viertel des gemessenen Signals. Wenn der Schrittmacher stimuliert, wird die Empfindlichkeit je nach Schrittmachermodell entweder sofort oder in diskreten Schritten auf eine sehr hohe Empfindlichkeit, d. h. niedrigen Wert, eingestellt (z. B. bei bipolarem Sensing im Ventrikel auf 1,5 mV). Grund für dieses Verhalten ist, dass neben dem Ausbleiben des Eigenrhythmus auch ein Sensingverlust für die Stimulation verantwortlich sein kann – deshalb hier max. Empfindlichkeit! Andere Algorithmen messen neben dem Nutzsignal auch das Störsignal. Auf Basis dieser Messung wird die Empfindlichkeit automatisch angepasst, im Bereich zwischen Störsignal und Nutzsignal. > Je nach Geschwindigkeit der Empfindlichkeitsanpassung kann Over- oder Undersensing auftreten.
2.6
Automatische Anpassung der ventrikulären Impulsamplitude
Ist eine automatische Anpassung der Impulsamplitude im Ventrikel aktiviert, überprüft der Schrittmacher automatisch in regelmäßigen Abständen die Reizschwelle und passt die Impulsamplitude mit einer definierten Sicherheitsmarge an den gemessenen Schwellenwert an.
55 2.6 · Automatische Anpassung der ventrikulären Impulsamplitude
2
⊡ Abb. 2.20 Automatische Burstabgabe bei Vorhofflattern. Mit freundlicher Genehmigung der Medtronic GmbH
⊡ Abb. 2.21 Vorhofflattern. Mit freundlicher Genehmigung der Medtronic GmbH
⊡ Abb. 2.22 Terminierung von Vorhofflattern mit Burststimulation. Mit freundlicher Genehmigung der Medtronic GmbH
Hierfür stehen zwei Optionen zur Verfügung: 1. Periodische Anpassung der Impulsamplitude 2. Beat-to-Beat-Anpassung der Impulsamplitude Beiden Verfahren gemeinsam ist, dass sie die Effektivität der Stimulation bzw. das evozierte Potenzial (»evoked response«) in einem Beobach-
tungsfenster von ca. 60 ms nach der ventrikulären Stimulation überprüfen. Diese Kontrolle erfolgt entweder in definierten Zeitintervallen während eines Reizschwellentests (z. B. alle 4, 8, 12 oder 24 h etc.) oder kontinuierlich (»beat to beat«). Sobald nach einem Stimulus kein evoziertes Potenzial innerhalb des Beobachtungsfensters wahrgenom-
56
Kapitel 2 · Schutzfunktionen
men wird, stimuliert der Schrittmacher am Ende dieses Zeitfensters mit einem Sicherheitsstimulus mit hoher Impulsamplitude.
2 2.6.1
Periodische Anpassung der Amplitude
Andere Bezeichnungen: Capture Management; Autothreshold; Ventrikuläre Amplitudensteuerung Bei dieser Form der automatischen Reizschwellenermittlung startet ein Amplitudenreizschwellentest in regelmäßigen zeitlichen Abständen (z. B. alle 4, 8, 12 h etc.). Während des Reizschwellentests wird die Effektivität jedes einzelnen Stimulus anhand des evozierten Potenzials überprüft. Wenn der Schrittmacher nach einem Stimulus kein evoziertes Potenzial erkennt, ist die Reizschwelle erreicht. Der Schrittmacher gibt kurz angekoppelt an den ineffektiven Stimulus einen Sicherheitsimpuls ab. Anschließend erfolgt die Anpassung der Impulsamplitude mit einer entsprechenden Sicherheitsmarge auf einen deutlich höheren Wert (z. B. doppelter Reizschwellenwert). Dieses Verfahren dient vor allem der Patientensicherheit bei schwankenden Reizschwellen und weniger der Energieeinsparung.
2.6.2
Beat-to-Beat-Anpassung der Amplitude
Andere Bezeichnungen: Autocapture; Automa-
tic Threshold Monitoring (ATM); Active Capture Control (ACC); Automatic Capture; Ventrikuläre Amplitudensteuerung Dieses Verfahren überprüft kontinuierlich die Effektivität jedes einzelnen ventrikulären Stimulus. Dadurch ist es möglich, die Impulsamplitude mit einer geringen Sicherheitsmarge über dem gemessenen Reizschwellenwert zu programmieren (z. B. 0,25 V über der gemessenen Reizschwelle). Liegt eine ineffektive Stimulation vor, erfolgt kurz angekoppelt ein Sicherheitsimpuls mit hoher Amplitude. Je nach Schrittmachermodell startet nach dem ersten oder zweiten ineffektiven Stimulus ein automatischer Reizschwellentest, bei dem die neue Reizschwelle ermittelt wird. Die Impulsamplitude wird anschließend an die neue Reizschwelle
angepasst. Bei permanenter effektiver Stimulation überprüft der Schrittmacher in regelmäßigen Abständen (z. B. alle 8 h), ob inzwischen eine niedrigere Reizschwelle vorliegt, um die Impulsamplitude entsprechend niedriger zu programmieren. Vorteile der kontinuierlichen Messung (»beat to beat«) sind die Patientensicherheit und eine Laufzeitverlängerung aufgrund der niedrigen Impulsamplituden. Diese Algorithmen zeichnen in der Regel den Verlauf der Reizschwelle kontinuierlich auf, die gespeicherten Daten geben Auskunft darüber, ob bei den Patienten stabile oder schwankende Reizschwellen vorliegen.
2.7
Automatische Anpassung der atrialen Impulsamplitude
Ist eine automatische Anpassung der Impulsamplitude im Vorhof aktiviert, überprüft der Schrittmacher selbstständig in regelmäßigen Abständen die Reizschwelle und passt die Impulsamplitude mit einer definierten Sicherheitsmarge an den gemessenen Schwellenwerten an. Für den Reizschwellentest muss eine Testfrequenz verwendet werden, die höher als die aktuelle Sinusfrequenz liegt. Da die atrialen Signale sehr klein sind, ist die Messung des evozierten Potenzials für die Bestimmung der Effektivität des atrialen Stimulus nicht sicher. Für die automatische Messung der atrialen Reizschwelle stehen zwei Verfahren zur Verfügung:
2.7.1
Überprüfung der atrialen Reizschwelle mit Hilfe der intrinsischen AV-Überleitung
Andere Bezeichnung: AV Conduction Mode (AVC)
Bei intakter AV-Überleitung führt eine effektive Vorhofstimulation zu einer intrinsischen Kammerdepolarisation. Mit der Kammerdepolarisation kann der Algorithmus indirekt auf eine effektive Stimulation des Vorhofs schließen. Während des automatischen Reizschwellentests werden pro Reizschwellenstufe jeweils 2 Impulse abgegeben: zuerst
57 2.7 · Automatische Anpassung der atrialen Impulsamplitude
2
⊡ Abb. 2.23 Automatische atriale Amplitudenanpassung – Effektive Vorhofstimulation (CAP Capture) und intakte AV-Überleitung führen zum Auftreten eines VS. Jedem Testimpuls (z. B. 70 ms später) folgt ein Backup-Impuls im Vorhof (Backup AP) mit einer höheren Amplitude. Ein ineffektiver Testimpuls (»loss of capture«, LOC) führt zu einer verlängerten AP-VS-Zeit (hier z. B. 70 ms später). Mit freundlicher Genehmigung der Medtronic GmbH
⊡ Abb. 2.24 Automatische atriale Amplitudenanpassung – Prinzip des atrialen Kammerreset: Ein effektiver atrialer Stimulus unterdrückt den Sinusrhythmus, ein ineffektiver nicht, daher folgt ein atrial wahrgenommenes Ereignis nach ineffektiver atrialer Stimulation im Sinusrhythmus. Mit freundlicher Genehmigung der Medtronic GmbH
der Testimpuls mit reduzierter Amplitude und kurz danach ein zweiter Impuls mit der programmierten Ausgangsamplitude. Ist der Testimpuls effektiv, detektiert der Schrittmacher eine ventrikuläre Wahrnehmung am Ende der erwarteten intrinsischen Überleitungszeit. Ist dieser Testimpuls ineffektiv, führt der zweite Impuls zur Depolarisation des Vorhofes und die übergeleitete Kammerdepolarisation wird später detektiert. Die verspätet detektierte ventrikuläre Depolarisation wird als Ineffektivität des Testimpulses erklärt (⊡ Abb. 2.23).
2.7.2
Überprüfung der atrialen Reizschwelle mit Hilfe intrinsischer Vorhofsignale
Andere Bezeichnungen: Atrial Capture Management (ACM); Atrial Chamber Reset (ACR); Auto-
matische Reizschwellenermittlung im Vorhof; Atriale Amplitudensteuerung (ATM); Atrialer Kammerreset Eine effektive Stimulation im Vorhof mit einer Frequenz über der Sinusfrequenz führt zu einer Unterdrückung des Sinusrhythmus. Sobald mit der Reduktion der Stimulationsamplitude der Teststimulus ineffektiv wird, detektiert der Schrittmacher intrinsische Vorhofdepolarisationen. Dann ist für den Schrittmacher die Reizschwelle unterschritten. Bei Sinusarrest und ineffektivem Testimpuls (Unterschreiten der Reizschwelle) erfolgt nach Ablauf des AV-Intervalls die ventrikuläre Stimulation. Wenn danach eine retrograde Vorhofdepolarisation auftritt, interpretiert der Algorithmus dies als Unterschreiten der Reizschwelle (⊡ Abb. 2.24).
58
Kapitel 2 · Schutzfunktionen
P
Myosignale
P
2 VRP
Myosignale
regetriggertes Störerkennungsfenster
Interventionsintervall ⊡ Abb. 2.25 Störmodus: Myosignale innerhalb des Störerkennungsfensters starten ein neues Störerkennungsfenster. Bei Persistenz der Störsignale stimuliert der Schrittmacher im starrfrequenten Modus
2.8
Automatische Sondenüberwachung
Die automatische Sondenüberwachung misst kontinuierlich die Sondenimpedanz und wird zumeist bei den Diagnosefunktionen als Sondenimpedanztrend dargestellt. Dieser Impedanztrend gibt Aufschluss über die Funktionalität der Sonde. Stabile Impedanzwerte lassen eine korrekte Funktion der Sonde vermuten. Dagegen können sinkende Impedanzen Zeichen für einen Isolationsdefekt und stark steigende Impedanzen Zeichen für einen Leiterbruch sein. Neben dieser Diagnosefunktion bieten manche Schrittmachermodelle zusätzlich eine Sicherheitsfunktion. Wenn z. B. bei programmierter bipolarer Sondenkonfiguration die Messwerte außerhalb der zulässigen Grenzwerte liegen (in der Regel <300 Ohm bzw. >1500 Ohm; Ausnahme: Hochimpedanzsonden), schaltet der Schrittmacher automatisch auf die unipolare Sondenkonfiguration um.
2.9
Störmodus
Andere Bezeichnungen: Rauschreaktion; Noise-
schutz; Interferenzschutz; RV-Integritätszähler Elektromagnetische Interferenzen können den Schrittmacher inhibieren oder eine starrfrequente Stimulation im V00/A00/D00-Modus mit hoher Frequenz bewirken. Als Schutz vor diesem Fehl-
verhalten bieten viele Schrittmacher einen Störmodus an. Dabei dient der letzte Teil der atrialen/ ventrikulären Refraktärperiode (ARP/VRP) oder ein kurzes Intervall im Anschluss an die ARP/ VRP der Erkennung von Störsignalen. Ereignisse, die in dieses »Störerkennungsfenster« einfallen (ca. 50–150 ms je nach Modell), starten erneut ein Störerkennungsfenster (⊡ Abb. 2.25). Bei anhaltender Störung stimuliert der Schrittmacher starrfrequent mit der Interventionsfrequenz (Grundfrequenz oder berechnete Stimulationsfrequenz). Bei abhängigen Patienten verhindert der Modus die Asystolie, bei Patienten mit Eigenrhythmus können Parasystolie oder höhergradige ventrikuläre Rhythmusstörungen induziert werden.
3
Algorithmen zur Optimierung der Hämodynamik
3.1
Frequenzadaptation
3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.1.6
Aktivitätssensor – 60 Atemminutenvolumen – 61 Kontraktilität – Closed Loop Stimulation (CLS) – 61 Peak Endokardial Akzeleration (PEA) – 61 QT-Intervallsensor – 61 Sensorkombinationen – 62
– 60
3.2
Weitere Algorithmen, die zu einer Frequenzanpassung führen – 62
3.2.1 3.2.2
Frequenzglättungsalgorithmen – 62 Frequenzanhebung bei Karotissinussyndrom
3.3
AV-Intervall – 64
3.3.1 3.3.2
AV-Intervalloptimierung – 64 Anpassungen des AV-Intervalls – 65
3.4
Algorithmen zur Vermeidung unnötiger rechtsventrikulärer Stimulation bei DDD-Systemen – 66
3.4.1 3.4.2
AV-Hysteresen – 66 Algorithmen mit Modusumschaltung von AAI nach DDD und zurück; Minimization of Pacing in the Ventricles (MPV) – 68
3.5
Algorithmen zur Förderung der intrinsischen Frequenz – 70
3.5.1 3.5.2
Frequenzhysterese – 70 Frequenzabsenkung in Ruhephasen
– 63
– 70
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
3
60
Kapitel 3 · Algorithmen zur Optimierung der Hämodynamik
3.1
Frequenzadaptation
Frequenzadaptation ermöglicht eine belastungsabhängige, sensorgesteuerte Erhöhung der Grundfrequenz bei chronotroper Inkompetenz. Ziel ist es, im Idealfall die physiologische Reaktionsweise des gesunden Sinusknoten zu imitieren, was durch die gegenwärtige Sensortechnologie noch nicht zu erreichen ist. Die Sensoren registrieren die physikalische oder mentale Aktivität des Patienten und passen die Höhe der Stimulationsfrequenz entsprechend der Belastungsintensität an. Für die Messung der Aktivitäten kommen unterschiedliche Sensoren zum Einsatz. Ein idealer Sensor sollte folgende Eigenschaften besitzen: ▬ Schnelle Ansprechzeit bei Beginn und Beendigung einer Belastung ▬ Differenzierung von körperlichen, mentalen und vegetativen Belastungen ▬ Frequenzzunahme proportional zur Belastungsintensität ▬ Hohe Spezifität der Signalerkennung Viele Sensorkonzepte wie die Veränderungen von Bluttemperatur, O2-Sättigung, pH-Wert und rechtsventrikulärem Druck (dp/dt) konnten sich nicht etablieren, da diese Systeme eine Spezialsonde erfordern. Auch Peak Endokardial Akzeleration (PEA) und QT-Sensor werden nicht mehr als Sensoren für die Frequenzanpassung auf dem Markt angeboten. In der klinischen Praxis haben sich folgende Sensoren, die mit konventionellen Sonden kompatibel sind, durchgesetzt: Aktivitätssensor (Piezosensor und Akzelerometer); Atemminutenvolumenäquivalent; Kontraktilität CLS.
3.1.1
Aktivitätssensor
Aufgrund des einfachen Messprinzips sind aktivitätsgesteuerte Herzschrittmacher die am meisten verbreiteten frequenzadaptiven Systeme. Aktivitätssensoren sorgen für ein schnelles Ansprechen bei Belastungsbeginn und -ende. Sie erfassen jedoch lediglich Belastungen, die mit Erschütterungen bzw. Körperbeschleunigungen
einhergehen. Gerade bei älteren Patienten mit eingeschränkter Aktivität ergeben sich z. B. beim Treppabsteigen zu hohe und beim Treppaufsteigen zu niedrige Herzfrequenzen. Zur Erfassung der körperlichen Aktivität haben sich zwei Messverfahren durchgesetzt: 1. Messung von Körpervibrationen mittels Piezosensor 2. Messung der Beschleunigungen mittels Akzelerometer kPiezosensor
Ein piezoelektrischer Kristall befindet sich im Herzschrittmachergehäuse und wandelt Körpervibrationen in elektrische Signale um. Diese Signale werden gefiltert und müssen einen Schwellenwert überschreiten, damit sie eine frequenzadaptive Stimulation starten. Da der Piezokristall Vibrationen detektiert, können auch Erschütterungen unabhängig von Aktivität als Belastung fehlinterpretiert werden, wie Vibrationen in der Straßenbahn. Ist der piezoelektrische Kristall an der Innenseite des Schrittmachergehäuses befestigt, kann auch äußerlicher Druck auf das Schrittmachergehäuse, wie z. B. bei Bauchlage des Patienten oder bei Auflage eines Programmierkopfes, zu inadäquaten Frequenzanstiegen führen. Umgekehrt treten bei Belastungen wie z. B. Fahrradfahren oder Treppaufsteigen relativ geringe Vibrationen im Bereich des Schrittmachergehäuses auf, so dass eine adäquate Frequenzzunahme ausbleibt. kAkzelerometer
Das Akzelerometer misst in der Regel nur die Beschleunigung in anteriorer und posteriorer Richtung. Damit ist dieser Sensor weniger störanfällig gegenüber externen Erschütterungen als der Piezosensor. Belastungen des täglichen Lebens wie Gehen und Laufen können gut erfasst werden. Aber ähnlich wie beim Piezosensor hat das Akzelerometer Probleme bei Belastungen mit relativ ruhigem Oberkörper wie z. B. beim Fahrradfahren, Treppaufsteigen. Ungünstig bei Aktivitätssensoren ist auch die fehlende Sensitivität für vegetative Veränderungen (z. B. Fieber) und mentale Belastungen (Emotionen).
61 3.1 · Frequenzadaptation
3.1.2
Atemminutenvolumen
Das Atemminutenvolumen (AMV) ist das Produkt aus Atemfrequenz und Atemzugvolumen. Es verändert sich nahezu proportional mit der Belastungsintensität, wird mental und durch das autonome Nervensystem beeinflusst. Bei der Berechnung des Atemminutenvolumenäquivalents müssen sowohl die Atemfrequenz als auch das Atemzugvolumen ermittelt werden. Hierfür hat sich die Impedanzmessung zwischen Elektrode (entweder atrial oder ventrikulär) und dem Schrittmachergehäuse durchgesetzt. Für die Messung der atemabhängigen Impedanzschwankungen ist in der Regel eine bipolare Sonde erforderlich. Es werden niederamplitudige Stimulationsimpulse (μA-Bereich) abgegeben. Die Abgabe dieser Impulse erfolgt meistens zwischen der distalen Elektrode im Vorhof oder Ventrikel und dem Schrittmachergehäuse. Die Messung der Spannung erfolgt zwischen der proximalen Elektrode und dem Schrittmachergehäuse. Die Impedanz berechnet sich nach dem Ohm-Gesetz aus dem Quotienten der gemessenen Spannung und des abgegebenen Stromes. In einigen Zweikammersystemen kann dieses Messverfahren auch mit unipolaren Sonden im Vorhof und Ventrikel eingesetzt werden. Dies ermöglicht eine atemminutengesteuerte Frequenzadaptation im Rahmen eines Aggregatwechsels bei älteren unipolaren Sonden. Damit einzelne tiefe Atemzüge nicht zu einem inadäquaten Frequenzanstieg führen, wird fortlaufend ein Mittelwert über mehrere Atemzüge zur Frequenzsteuerung verwendet. Das heißt – je nach Algorithmus – kann dieser Sensor über eine langsame bis mittelschnelle Ansprechzeit verfügen. Das Signal ist störanfällig gegenüber starken Armbewegungen, wie sie beim Schwimmen oder bei gymnastischen Übungen auftreten. Dadurch kann die Frequenz inadäquat bis zur maximalen Sensorfrequenz ansteigen. In der Regel wird der Atemminutenvolumensensor mit einem Aktivitätssensor kombiniert ( Sensorkombinationen).
3.1.3
3
Kontraktilität – Closed Loop Stimulation (CLS)
Die Kontraktionsdynamik des Herzmuskels verändert sich in Abhängigkeit vom benötigten Herzzeitvolumen (HZV). Wird ein gesteigertes HZV benötigt, dann steigert der natürliche kardiovaskuläre Regelkreis die Kontraktionsdynamik. Wird ein geringeres HZV benötigt, so verringert sich die Kontraktionsdynamik. Der Sensor bewertet diese Veränderungen der Kontraktionsdynamik unmittelbar nach Beginn der ventrikulären Kontraktion mit Hilfe einer Impedanzmessung zwischen distalem Ende der Ventrikelsonde und Schrittmacher. Die Kontraktionsdynamik und mit ihr die ermittelte Impedanzkurve verändern sich proportional mit der Belastungsintensität. Die Veränderung der Impedanzkurve regelt die Zu- und Abnahme der Stimulationsfrequenz und setzt so die Information des geschlossenen natürlichen Regelkreises in eine Frequenzregelung um. Die CLS berücksichtigt auch mentale und statische Belastungen des Patienten. Für die Messung der Impedanzänderung ist eine ventrikuläre Sonde obligatorisch.
3.1.4
Peak Endokardial Akzeleration (PEA)
Auch mit diesem Sensorprinzip wird die Kontraktilität des Myokards gemessen. Allerdings benötigt dieses Messprinzip eine Spezialsonde. Bei dieser Sonde ist in der Sondenspitze ein Akzelerometer integriert, der die Beschleunigungsbewegung registriert und spezifisch einem Frequenzprofil zuordnet. Dieser Sensor wird aufgrund der benötigten Spezialsonde zurzeit nicht mehr in den neuen Schrittmacheraggregaten für die Frequenzanpassung verwendet. Allerdings findet dieser Sensor Anwendung bei biventrikulären Systemen für die AV-Intervall und VV-Intervalloptimierung.
3.1.5
QT-Intervallsensor
Bei diesem Sensorprinzip wird die QT-Zeit als Indikator für den Belastungszustand verwendet. Ge-
62
3
Kapitel 3 · Algorithmen zur Optimierung der Hämodynamik
messen wird die Zeit nach ventrikulärem Stimulus bis zum steilsten Abfall der T-Welle. Das QT-Intervall verändert sich in Abhängigkeit von zirkulierenden Katecholaminen und kann somit neben körperlichen Belastungen auch vagale Reaktionen und Stresssituationen für die Frequenzanpassung berücksichtigen. Da die Reaktionszeit verzögert ist, eignet sich dieser Sensor insbesondere im Zusammenspiel mit einem Aktivitätssensor. > Dieser Sensor kann nur bei ventrikulär beteiligten Systemen verwendet werden, da er zur Messung eine ventrikuläre Stimulation benötigt. Zurzeit wird dieser Sensor nicht mehr in neuen Schrittmacheraggregaten eingesetzt.
3.1.6
Sensorkombinationen
eignet sich besonders für sportlich aktive Patienten mit chronotroper Inkompetenz, die sportlichen Aktivitäten nachgehen wollen wie Radfahren, Bergsteigen, Skitouren etc. Die Eigenschaften der aktuellen Sensoren sind in ⊡ Tab. 3.1 aufgeführt.
3.2
Weitere Algorithmen, die zu einer Frequenzanpassung führen
3.2.1
Frequenzglättungsalgorithmen
Sinn der Frequenzglättungsalgorithmen ist es, einen plötzlichen atrialen bzw. ventrikulären Frequenzabfall zu kompensieren.
Sensorunabhängige Frequenzglättung
Der langsam reagierende QT-Sensor wird mit dem Aktivitätssensor mit schneller Ansprechzeit kombiniert. Beide Sensoren kontrollieren sich gegenseitig. Es können bei der Programmierung Gewichtungen vorgenommen werden, welcher Sensor stärker berücksichtigt werden soll. Diese Sensorkombination wird nicht mehr hergestellt ( QT-Sensor).
Andere Bezeichnungen: Flywheel; Rate-Smoothing; Smoothing; Fallback; Fading; Rate Fading Ursachen für einen Frequenzabfall sind z. B. Sinusarrest oder eine plötzlich eintretende Sinusbradykardie in Ruhe oder unter Belastung. Der Frequenzglättungsalgorithmus beobachtet die aktuelle Herzfrequenz, lässt Frequenzschwankungen bis zu einem gewissen Maße zu, und setzt bei einem extremen Frequenzabfall mit einer Stimulationsfrequenz nahe der zuletzt gemessenen Herzfrequenz ein. Anschließend wird die Stimulationsfrequenz langsam auf die Grundfrequenz bzw. Fallbackfrequenz heruntergeführt (⊡ Abb. 3.1).
kAMV und Akzelerometer
Sensorgesteuerte Frequenzglättung
Auch hier wird der relativ langsam reagierende AMV-Sensor mit dem schnell reagierenden Aktivitätssensor kombiniert. Diese Sensorkombination
Für die Frequenzglättung kann alternativ auch die Frequenzadaptation dienen, wenn bei spezieller Einstellung die Sensorfrequenz wie ein Auf-
Ziel der verfügbaren Sensorkombinationen ist es, die Vorteile zweier Sensoren zu kombinieren und die jeweiligen Nachteile auszuschalten. kQT und Aktivität
⊡ Tab. 3.1 Aktuelle Sensoren für die Frequenzanpassung Sensor
Ansprechzeit
Proportionalität
Akzelerometer
Schnell
Gering
Atemminutenvolumen
Mittel
Ja
Closed Loop Stimulation
Schnell
Ja
Piezosensor
Schnell
Nein (Ein/Aus-Verhalten)
63 3.2 · Weitere Algorithmen, die zu einer Frequenzanpassung führen
3
fangnetz unterhalb des Eigenrhythmus »mitläuft« (⊡ Abb. 3.2). a
3.2.2
Frequenzanhebung bei Karotissinussyndrom
b ⊡ Abb. 3.1a,b Sinusarrest unter Belastung ohne (a) und mit (b) Frequenzglättung
⊡ Abb. 3.2 Frequenzeinbruch mit Frequenzglättung durch die kalkulierte Sensorfrequenz (hier ca. 100 min-1)
Andere Bezeichnungen: Frequenzabfallreaktion;
Rate Drop Response; Spontane Bradykardiereaktion; DDD/AMC-Modus mit Frequenzbeschleunigung Das Karotissinussyndrom (CSS) kann bei Patienten zu symptomatischem Frequenz- und Blutdruckabfall führen, bis hin zur Synkope. Eine Anhebung der Stimulationsfrequenz soll die Synkope vermeiden, insbesondere bei CSS mit kardioinhibitorischer Komponente. Erkennt der Schrittmacher einen Frequenzabfall entsprechend seinen Kriterien, stimuliert er entweder für eine frei programmierbare oder fixe Dauer mit einer erhöhten Frequenz. Anschließend wird abhängig von der Programmierung die Stimulationsfrequenz langsam auf die programmierte Grundfrequenz zurückgeführt. Dieser Algorithmus kann zusätzlich zur Frequenzhysterese ( Abschn. 3.5.1) eingeschaltet werden (⊡ Abb. 3.3).
⊡ Abb. 3.3 Frequenzanhebung bei Karotissinussyndrom: Der Schrittmacher setzt beim CSS mit einer erhöhten Frequenz ein. Zusätzlich ist eine einmalige AV-Hysterese sichtbar, um zu überprüfen, ob eine eigene AV-Überleitung vorhanden ist. Da dies in diesem Beispiel nicht der Fall ist, tritt eine AV-sequentielle Stimulation für die nächsten Zyklen mit kürzerem AVIntervall ein
64
Kapitel 3 · Algorithmen zur Optimierung der Hämodynamik
3.3
AV-Intervall
Andere Bezeichnungen: AV-Zeit; AV-Verzögerung; unterschiedliche Bezeichnungen nach stimuliertem und wahrgenommenem Vorhof
3 3.3.1
AV-Intervalloptimierung
Für die Optimierung des AV-Intervalls stehen folgende Verfahren zur Verfügung: ▬ Approximation mittels Oberflächen-EKG ▬ Doppler-Echokardiografie ▬ Approximation mittels Ösophagus-EKG
Approximation mittels Oberflächen-EKG Die Approximation mittels Oberflächen-EKG bietet eine Optimierung des PV-/AV-Intervalls ohne
A
V
V
100 ms
100 ms
⊡ Abb. 3.4 Das optimale atrioventrikuläre Intervall entspricht 100 ms ab Ende P-Welle bis R-Zacke (stimulierte und intrinsische Vorhofdepolarisation). (A=Atrialer Stimulus; V=Ventrikulärer Stimulus)
zusätzlichen Untersuchungsaufwand. Nach Untersuchungen von Koglek (2000) liegt ein optimale atrioventrikuläre Überleitungszeit vor, wenn der Abstand zwischen Ende der P-Welle bis R-Zacke des stimulierten QRS-Komplexes 100 ms beträgt, unabhängig davon, ob eine stimulierte oder intrinsische Vorhofdepolarisation vorliegt. Entsprechend muss das AV/PV-Intervall programmiert werden (⊡ Abb. 3.4). > Manchmal ist es schwierig, das Ende der P-Welle eindeutig zu bestimmen.
Doppler-Echokardiografie Mit der Doppler-Echokardiografie kann mit verschiedenen AV-Intervallen die längste diastolische linksventrikuläre Füllzeit (transmitral gemessen) und durch Darstellung der VTI (»velocity time index« = Geschwindigkeits-Zeit-Integral des Aortenflusses) das maximale systolische Auswurfvolumen ermittelt werden (⊡ Abb. 3.5). Ritter (1994) beschreibt eine Formel, mit der das optimale PV-/AV-Intervall mittels DopplerEchokardiografie mit nur zwei Einstellungen ermittelt werden kann. Man misst dazu den zeitlichen Abstand zwischen ventrikulären Stimulus und Mitralklappenschluss unter Programmierung des Schrittmachers mit einem kurzen und einem langen AV-Intervall. Aus der unten stehenden Formel berechnet sich das optimale AV-Intervall (entweder im Atrium stimuliert=AVI oder im Atrium nicht-stimuliert=PVI).
⊡ Abb. 3.5 Transmitraler Fluss doppler-echokardiografisch gemessen. Links: AV-Intervall=150 ms; rechts: AV-Intervall=250 ms; längere diastolische Füllzeit rechte Abbildung. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
65 3.3 · AV-Intervall
3
Ritter-Formel: Optimiertes Intervall: [AVI = AV – Intervall; PVI = PV – Intervall] PVI bzw. AVI = (A – B) – (D – C) + B A = Sehr lange programmierte PVI/AVI B = Sehr kurze programmierte PVI/AVI C = Große Distanz: V=Stimulus bis Mitralklappenschluss D = Kleine Distanz: V=Stimulus bis Mitralklappenschluss
nals bestimmt, und das linke Vorhofsignal als FarField-Signal mittels eines speziellen Algorithmus. Dieser gemessenen P-Wellendauer wird ein dynamisches Intervall (Δ) hinzugefügt (Δ ist ca. 30–60 ms). P-Wellendauer plus dynamisches Intervall entspricht dem optimierten PV-Intervall (SAV, »sensed AV-interval«). Für die Bestimmung des stimulierten AV-Intervalls (PAV, »paced AV-interval«) fügt der Schrittmacher noch einen AV-Korrekturwert von 50 ms zum PV-Intervall hinzu (⊡ Abb. 3.7).
Modifizierte Formel nach Fröhlig/Lemke (2005): PVI bzw. AVI = A – (D – C)
3.3.2
Approximation mittels Ösophagus-EKG
Frequenzadaptives PV-/AV-Intervall
Mit Hilfe des Ösophagus-EKG kann das linke Vorhofsignal abgeleitet werden. Als optimale Einstellung in Ruhe gilt ein Wert von ca. 70 ms zwischen Beginn des wahrgenommenen Vorhofs bis zum (rechts)ventrikulären Stimulus (nach von Knorre et al. 1996; ⊡ Abb. 3.6).
Andere Bezeichnungen: Rate-adaptives AV-Inter-
Anpassungen des AV-Intervalls
vall; Adaptives AV-Intervall; Dynamisches AV-Intervall; Automatisches AV-Intervall; Dynamische AV-Zeit Das PR-Intervall verkürzt sich üblicherweise unter Belastung in der Regel um ca. 20–40 ms. Das frequenzadaptive PV-/AV-Intervall ahmt die-
Automatische AV/PV-IntervallOptimierung Ein Algorithmus erlaubt mittlerweile eine IEGMbasierende automatische Programmierung des PV-/AV-Intervalls. Für die Bestimmung des optimalen PV-/AVIntervalls ist die Messung der P-Wellendauer erforderlich, die eine Abschätzung der interatrialen Leitungszeit ermöglicht. Die P-Wellendauer wird hierbei mittels Messung des rechten Vorhofsig-
AS
$
SAVopt
⊡ Abb. 3.6 Das optimale AVI ist erreicht, wenn der Abstand zwischen Beginn des wahrgenommenen Vorhofsignals (transösophageal=linksatriales Signal) und (rechts) ventrikulärem Stimulus 70 ms beträgt
⊡ Abb. 3.7 Automatische Bestimmung des optimalen SAVIntervalls (PV-Intervall, Sensed-AV-Intervall). Es wird der gemessenen P-Wellendauer (As) ein dynamisches Intervall hinzugefügt (Δ=30 ms oder 60 ms). Mit freundlicher Genehmigung der St. Jude Medical GmbH, Eschborn
66
Kapitel 3 · Algorithmen zur Optimierung der Hämodynamik
PV/AV - Intervall Ruhe – PVI/AVI
Belastung PVI/AVI
3
Frequenz ⊡ Abb. 3.8 Frequenzadaptives PV-/ AV-Intervall
Basisfrequenz
Maximalfrequenz
Algorithmen zur Vermeidung unnötiger rechtsventrikulärer Stimulation bei DDD-Systemen
ses physiologische Verhalten nach (⊡ Abb. 3.8). Die Umsetzung erfolgt in den verschiedenen Aggregaten ähnlich. Es wird der Grundfrequenz oder einer definierten Ruhefrequenz das Ruhe-PV-/AV-Intervall zugeordnet und der Maximalfrequenz oder der gewählten Belastungsfrequenz das verkürzte PV-/AV-Intervall. Für die dazwischen liegenden Frequenzen erfolgt entweder eine lineare oder stufenweise Anpassung des PV-/AV-Intervalls. Neben dem (wohl geringen) hämodynamischen Nutzen ergibt sich bei vielen DDD-Schrittmachern noch ein technischer Aspekt. Die Verkürzung des PV-Intervalls an der oberen Grenzfrequenz reduziert gleichzeitig auch die totale atriale Refraktärzeit (TARP=PV-Intervall und PVARP). Damit wird die 2:1-Frequenz etwas angehoben und es können höhere triggerbare Maximalfrequenzen erzielt werden. Der hämodynamische Effekt dieses Algorithmus ist umstritten. Eine größere Differenz als 30 ms zwischen Ruhe-PV-/AV-Intervall und Belastungs-PV-/AV-Intervall scheint keinen hämodynamischen Vorteil zu verschaffen.
3.4
Negative PV-/AV-Hysterese
Prinzip der AV-Hysterese
Bei Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) ist es hämodynamisch günstiger, wenn der Ventrikel von apikal her (apiko-basale Depolarisation) stimuliert wird, anstelle der Eigenüberleitung auf den Ventrikel (baso-apikale Depolarisation). Für diese Indikation ist die negative PV-/AV-Hysterese sinnvoll. Sobald eine intrinsische Überleitung vorliegt, verkürzt der Schrittmacher das PV-/AV-Intervall mit dem Ziel, die ventrikuläre Stimulation zu ermöglichen.
Nach Detektion einer ventrikulären Spontandepolarisation verlängert sich das PV-/AV-Intervall um einen Hysteresewert. Solange in dieser verlängerten PV-/AV-Zeit intrinsische Überleitungen auftreten, bleibt die um den Hysteresewert verlängerte PV-/AV-Zeit erhalten. Wenn eine Überleitung innerhalb des PV-/ AV-Intervalls plus AV-Hysterese ausbleibt, stimuliert der Schrittmacher am Ende der AV-Hysterese und startet im nächsten Zyklus das programmierte
Verschiedene Studien haben den negativen Effekt der unnötigen rechtsventrikulären Stimulation bezüglich Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern und Mortalität nachgewiesen. Es scheint daher geboten, die natürliche intrinsische Überleitung zu erhalten und nur im Bedarfsfall den Ventrikel zu stimulieren, z. B. bei AV-Blockierungen oder wenn trotz intakter intrinsischer Überleitung mit längerer AV-Überleitungszeit die rechtsventrikuläre Stimulation eine bessere Hämodynamik ergibt. Für die Vermeidung der rechtsventrikulären Stimulation kommen entweder AV-Hysterese, permanent lange AV-Zeiten oder Algorithmen in Frage, die je nach Blockierung automatisch zwischen AAI- und DDD-Modus wechseln.
3.4.1
AV-Hysteresen
67 3.4 · Algorithmen zur Vermeidung unnötiger rechtsventrikulärer Stimulation
3
⊡ Abb. 3.9 AV-Hysterese. Mit freundlicher Genehmigung der Biotronik SE & Co. KG, Berlin
⊡ Abb. 3.10 Repetitive AV-Hysterese. Mit freundlicher Genehmigung der Biotronik SE & Co. KG, Berlin
PV-/AV-Intervall ohne AV-Hysterese. Eine erneute Wahrnehmung der intrinsischen Überleitung innerhalb des kurzen PV-/AV-Intervalls verlängert wieder das PV-/AV-Intervall um den Hysteresewert (⊡ Abb. 3.9).
Prinzip der repetitiven AV-Hysterese Die repetitive AV-Hysterese erlaubt für eine definierte Anzahl von Zyklen ein langes PV-/AVIntervall unter der Annahme, dass die Blockierung nur intermittierend für wenige Zyklen vorliegt.
Erfolgen während dieser repetitiven Zyklen intrinsische atrioventrikuläre Überleitungen, bleibt die AV-Hysterese erhalten. Bleibt der AV-Block während dieser Beobachtungsphase bestehen, kommt anschließend das kurze PV-/AV-Intervall ohne Hysterese zum Einsatz (⊡ Abb. 3.10).
Prinzip der AV-Such-Hysterese Andere Bezeichnungen: Search AV (+); Automatic
Intrinsic Conduction Search (AICS); Ventricular Intrinsic Preference (VIP); DDD/AMC (Automa-
68
Kapitel 3 · Algorithmen zur Optimierung der Hämodynamik
3
⊡ Abb. 3.11 Prinzip der AV-Such-Hysterese: Für eine programmierbare Anzahl an Zyklen (in diesem Beispiel 32) verlängert der Schrittmacher das programmierte PV-Intervall einmalig um einen programmierbaren Hysteresewert. Links: Es erfolgt keine intrinsische Depolarisation innerhalb dieses Intervalls, so dass das programmierte PV-Intervall weiter Anwendung findet; rechts: Es erfolgt eine intrinsische Depolarisation, so dass das PV-Intervall plus Hysterese fortgesetzt wird. Mit freundlicher Genehmigung der Medtronic GmbH, Meerbusch
⊡ Abb. 3.12 Nach einem nicht-übergeleiteten atrialen Ereignis stimuliert der Schrittmacher mit einem kurzen AVI. Liegt im nächsten Zyklus weiter keine Überleitung vor, stimuliert der Schrittmacher den Ventrikel wieder für einen Zyklus mit kurzem AVI und geht anschließend in den DDD-Modus über. Mit freundlicher Genehmigung der Medtronic GmbH, Meerbusch
tic Mode Conversion); AV Scanning; IRSplus; AVAdVisor Stimuliert der Schrittmacher den Ventrikel über einen längeren Zeitraum, kann eine AV-SuchHysterese die intrinsische Überleitung testen. In diesem Fall wird in periodischen Abständen (Suchintervalle) das PV-/AV-Intervall einmalig oder für mehrere Zyklen (repetitive Zyklen) um den Hysteresewert verlängert. Wenn die intrinsische Überleitung innerhalb dieser Suchzyklen stattfindet, bleibt die AV-Hysterese bestehen. Im Falle einer ausbleibenden Überleitung ist das kurze PV-/ AV-Intervall wieder aktiv (⊡ Abb. 3.11).
3.4.2
Algorithmen mit Modusumschaltung von AAI nach DDD und zurück; Minimization of Pacing in the Ventricles (MPV)
Andere Bezeichnungen: AAISafeR/SafeR-Modus (AAI-Modus mit Sicherheit für den Ventrikel); RMS (»reverse mode switch«); MVP (»managed ventricular pacing«); VP-Suppression (ventrikuläre Stimulationsunterdrückung) Bei diesen speziellen Betriebsarten arbeiten die Schrittmacher im AAI-Modus, solange eine intrinsische AV-Überleitung vorhanden ist. Je nach
69 3.4 · Algorithmen zur Vermeidung unnötiger rechtsventrikulärer Stimulation
3
Atriales IEGM Ventr. IEGM
⊡ Abb. 3.13 Nach zwei konsekutiven nicht-übergeleiteten atrialen Ereignissen wechselt der Schrittmacher in den DDDModus, bis der Algorithmus testet, ob eine intrinsische Überleitung vorliegt. Mit freundlicher Genehmigung der Sorin Group Deutschland GmbH
⊡ Tab. 3.2 Verschiedene Algorithmen zur Vermeidung der rechtsventrikulären Stimulation Hersteller/ Algorithmus
Kriterien für den ModeSwitch von AAI nach DDD
Mode-Switch von DDD nach AAI
Umschaltversuche von DDD nach AAI bei länger anhaltenden Blockierungen
Biotronik/ VP-Unterdrückung
n aus 8 Zyklen geblockte P-Wellen 2 geblockte P-Wellen >2 s ventrikuläre Pause
Suchintervalle alle 30 s, 1, 2, 4, 8, 16 … 128 min, 20 h
Bei >15 Umschaltungen/h Suche alle 20 h
Boston/RMS
3 langsame ventrikuläre Zyklen innerhalb von 11 Zyklen (AAI mit VVI-Backup)
Nach 25 konsekutiven ventrikulären Eigenaktionen
Programmierbar
Medtronic/ MVP
2 aus 4 geblockte P-Wellen
Ein Zyklus ventrikuläre Eigenaktion
Nach 1, 2, 4, 8 min, bis 16 h
Sorin/Safe R
2 geblockte P-Wellen 3 aus 12 geblockten P-Wellen 7 kontinuierliche PR-Intervalle länger als programmierter Wert Ventrikuläre Pause länger als programmierter Wert
Nach 12 konsekutiven ventrikulären Eigenaktionen – Rückschaltung in AAI Nach 100 ventrikulären Stimulationen: Umschaltung in AAI mit Überprüfung der Eigenüberleitung, bei 12 kontinuierlichen intrinsischen Überleitungen bleibt SM im AAI-Modus, ansonsten zurück in DDD-Modus
Bei AV-Blockierungen >30 min innerhalb 1 h nur noch einen Umschaltversuch pro Tag
Algorithmus werden einzelne AV-Blockierungen toleriert. Entwickeln sich höhergradige AV-Blockierungen oder je nach Algorithmus unphysiologisch lange AV-Zeiten, schaltet der Schrittmacher kurzzeitig in den DDD-Modus. Im DDD-Modus überprüft der Schrittmacher nach einer definierten
Zeit, ob eine intrinsische Überleitung vorhanden ist. Falls dies der Fall ist, schaltet der Schrittmacher in den AAI-Modus zurück. Bei anhaltenden AV-Blockierungen bleibt der Schrittmacher im DDD-Modus bis zum nächsten Umschaltversuch (⊡ Tab. 3.2; ⊡ Abb. 3.12, ⊡ Abb. 3.13).
3
70
Kapitel 3 · Algorithmen zur Optimierung der Hämodynamik
3.5
Algorithmen zur Förderung der intrinsischen Frequenz
3.5.1
Frequenzhysterese
Andere Bezeichnungen: Sinuspräferenz, Hyste-
rese, Hysteresekorrektur Um dem Eigenrhythmus Präferenz einzuräumen, ermöglicht die Frequenzhysterese, die programmierte Stimulationsfrequenz um z. B. 10 Schläge/min abzusenken. Liegt ein Eigenrhythmus über der Hysteresefrequenz vor, erfolgt keine Impulsabgabe. Erst wenn der Eigenrhythmus auf die Hysteresefrequenz abfällt, stimuliert der Schrittmacher einmalig mit der Hysteresefrequenz. Der Schrittmacher stimuliert anschließend so lange mit der programmierten Stimulationsfrequenz, bis die Eigenfrequenz des Herzens die Stimulationsfrequenz wieder überholt. Erst mit Eigenrhythmus ist die Frequenzhysterese wieder aktiv. Die Frequenzhysterese kann als Frequenzwert (z. B. 50 ipm) oder als prozentualer Wert (z. B. -10%) in Abhängigkeit von der Stimulationsfrequenz programmiert werden. Ein andere Möglichkeit ist die Angabe eines Hystereseintervalls (z. B. 200 ms), das zum Stimulationsintervall hinzuaddiert wird (⊡ Abb. 3.14).
Ergänzende Hysteresefunktionen Repetitive Frequenzhysterese. Die repetitive Frequenzhysterese fördert den Spontanrhythmus, indem sie bei Ausbleiben des Eigenrhythmus mit einer programmierbaren Anzahl von Zyklen mit der langsameren Hysteresefrequenz stimuliert.
P
P
P
Such-Frequenz-Hysterese. Die Such-Frequenz-Hysterese sucht nach einem Spontanrhythmus während länger anhaltender Stimulationsphasen. Der Schrittmacher reduziert nach einer definierten Anzahl von stimulierten Ereignissen die Stimulationsfrequenz für eine programmierbare Anzahl von Zyklen auf die Hysteresefrequenz. Wird während der Stimulationen mit der Hysteresefrequenz keine Eigenaktion detektiert, stimuliert der Schrittmacher mit der Grundfrequenz oder bei aktiver Frequenzadaptation mit der Sensorfrequenz. Die Suche nach Eigenrhythmus wird in periodischen Zeitintervallen wiederholt.
3.5.2
Frequenzabsenkung in Ruhephasen
Andere Bezeichnungen: Ruhefrequenz; Nachtprogramm; Schlaffunktion; Nächtliche Frequenzabsenkung Mit dieser Funktion soll die natürliche Frequenzabsenkung in Ruhe- und Schlafphasen nachgeahmt werden. Die Definition der Ruhe- bzw. Schlafphasen erfolgt entweder automatisch mittels Sensor für die Frequenzanpassung oder durch die Programmierung von Einschlaf- und Aufwachzeiten. Es wird eine Ruhe- bzw. Schlaffrequenz festgelegt. Die Anpassung mittels Sensor bietet dem Patienten Freiraum, wann die Ruhephasen eingelegt und damit die Stimulationsfrequenz abgesenkt werden. Die Frequenzabsenkung mittels Uhrzeitsteuerung ist hingegen fix definiert. Hier sollte bei den Nachsorgen immer überprüft werden, ob sich die Lebensgewohnheiten des Patienten geändert haben oder ob evtl. eine Fernreise mit entsprechender Zeitverschiebung ansteht.
A
AI SI
A
A
SI HY
⊡ Abb. 3.14 Frequenzhysterese: Auslöseintervall=Stimulationsintervall+Hystereseintervall; 1200 ms=1000 ms+200 ms. In diesem Beispiel: Hysteresefrequenz: 50 ipm; Stimulationsfrequenz: 60 ipm
4
Basisnachsorge
4.1
Apparative Ausstattung – 72
4.2
Anamnese – 73
4.3
Klinische Untersuchung
4.4
Ruhe-EKG
4.5
Schrittmacherabfrage der programmierten Daten und Übersicht – 73
4.6
Batteriestatus
4.7
Analyse der Diagnostik/Statistik/Holter – 75
4.8
Sondenstatus
– 73
– 73
– 74
– 76
4.9
Sensingtest
4.9.1 4.9.2 4.9.3
Manueller Sensingtest – 77 Halbautomatischer Sensingtest – 79 Vollautomatischer Sensingtest – 80
– 76
4.10 Reizschwellentest – 80 4.10.1 Ventrikulärer Reizschwellentest – 82 4.10.2 Atrialer Reizschwellentest – 83
4.11 Nachsorgeabschluss – 83
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
72
Kapitel 4 · Basisnachsorge
4.1
Aufgaben der Nachsorge ▬ Überprüfung der Funktionsfähigkeit des ▬ ▬ ▬
4
▬
▬
Schrittmachersystems und Integrität der Sonden Überprüfung des Batteriestatus Energieoptimierung Diagnose und Management von Fehlprogrammierungen bzw. Fehlfunktionen Individuelle Optimierung der programmierbaren Parameter mit Aktivierung der zur Verfügung stehenden Diagnostik- und Therapieoptionen System-Upgrading (Zweikammer-, CRTSystem, Defibrillator)
a 10 mm/mV
b 10 mm/mV, 50 Hz
Apparative Ausstattung
Für die Schrittmachernachsorge ist Folgendes notwendig: ▬ Programmiergerät mit aktueller Software ▬ Mehrkanal-EKG (Monitor und Aufzeichnung) ▬ Testmagnet ▬ Notfallausrüstung zur kardiopulmonalen Reanimation, einschließlich eines einsatzbereiten externen Defibrillators Für eine störungsfreie Aufzeichnung des EKGs sollte ein möglichst elektrisch abgeschirmter Raum gewählt werden, um auf Muskel- und Netzfilter verzichten zu können. Die Filter des EKG-Gerätes – Muskel- (hier 35 Hz) und Netzfilter (50 Hz)
c 10 mm/mV, 50 Hz, Filter 35 Hz
⊡ Abb. 4.1a–c Die Filter des EKG-Gerätes, Muskelfilter (als Filter bezeichnet, 35 Hz) und Netzfilter (50 Hz), können bewirken, dass bei bipolaren Systemen ein Schrittmacherstimulus im EKG überhaupt nicht mehr erkannt und so die Beurteilung des EKG erschwert wird und eine Fehlinterpretation möglich ist. a ohne Filter; gute Erkennung des Stimulus; b mit Netzfilter (50 Hz), Stimulus kleiner als in a, aber noch gut erkennbar; c mit Netzfilter (50 Hz) und zusätzlich Muskelfilter (Filter 35 Hz); Stimulus kaum erkennbar. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
73 4.5 · Schrittmacherabfrage der programmierten Daten und Übersicht
– können die Identifizierung des Schrittmacherstimulus im EKG bei bipolarer Programmierung erheblich erschweren, so dass eine korrekte Beurteilung des EKG oft unmöglich ist (⊡ Abb. 4.1). Je nach Fragestellung können Belastungs-EKG, Langzeit-EKG sowie Röntgen- oder Echokardiographie-Untersuchungen notwendig werden.
Anamnese
4.2
Die Schrittmacherkontrolle beginnt mit einer Anamneseerhebung.
Wichtige Fragen zur Anamnese ▬ Sind Beschwerden aufgetreten, wie Schwin▬ ▬ ▬ ▬
del, Synkopen, Ruhe- oder Belastungsdyspnoe, Angina pectoris, Nykturie? Sind Herzrasen, Herzstolpern oder Palpitationen aufgetreten? Gibt es Anzeichen für ein Schrittmachersyndrom? Sind Zwerchfellzucken, Muskelzucken der Brustmuskulatur aufgetreten? Wie ist die aktuelle Medikation?
4.3
Klinische Untersuchung
Die körperliche Untersuchung des Patienten umfasst eine Blutdruckmessung, die Inspektion der Schrittmachertasche, die Auskultation von Herz und Lungen und die Inspektion der Beine (Beinödeme). Bei der Inspektion der Schrittmachertasche sollte auf Rötungen, Schwellungen und Zeichen einer drohenden Perforation geachtet werden (⊡ Abb. 4.2). Ist der Schrittmacher nicht korrekt in der Tasche fixiert, kann dies zum Twiddler-Syndrom (Schrittmacher kann in der Tasche gedreht werden, ⊡ Abb. 8.5) oder auch zur Verlagerung in die Axilla führen.
4.4
Ruhe-EKG
Das Ruhe-EKG gibt Aufschluss darüber, ob ausschließlich ein Schrittmacherrhythmus, Eigenrhythmus oder ein Wechsel zwischen Eigen- und Schrittmacherrhythmus vorliegt. Schrittmacherprobleme können oft schon im Oberflächen-EKG erkannt werden.
4.5
⊡ Abb. 4.2 Drohende Schrittmacherperforation
4
Schrittmacherabfrage der programmierten Daten und Übersicht
Jede Herzschrittmacherfirma bietet ein ihr eigenes spezifisches Programmiergerät an bzw. ein zweites für ältere Schrittmachermodelle. Die Programmiergeräte erlauben die Darstellung eines Oberflächen-EKG und stellen eine bidirektionale Verbindung über den Programmierkopf mit dem Schrittmacheraggregat her. Außerdem verfügen sie über einen integrierten Drucker (⊡ Abb. 4.3 u. ⊡ Abb. 4.4). Für die Abfrage eines Schrittmachers ist es in der Regel notwendig, den Programmierkopf über den Schrittmacher zu positionieren. Der Trend allerdings geht in Richtung telemetrische Abfrage im Abstand von ca. 2–5 m vom Programmiergerät entfernt. Damit lassen sich z. B. bei ICD-Implantationen Schockauslösung und -terminierung außerhalb des OP-Gebietes (ohne Auflegen des Programmierkopfes) durchführen.
74
4
Kapitel 4 · Basisnachsorge
⊡ Abb. 4.3 Übersichtsbildschirm. Mit freundlicher Genehmigung der St. Jude Medical GmbH
⊡ Abb. 4.4 Aktuelle Programmiergeräte der verschiedenen Firmen
Ist das Programm aktiviert, erfolgt die Abfrage weitgehend automatisch. Es sollten die programmierten Parameter, Statistiken, Sondenimpedanzen, Batteriestatus eingelesen und gespeichert bzw. ausgedruckt werden.
4.6
Batteriestatus
Die Batteriestatusinformationen erscheinen in der Regel nach der Schrittmacherabfrage auf der Startoder Übersichtsseite. Die Angaben beziehen sich entweder auf die Batterieimpedanz oder auf die Batteriespannung, sowie auf die Magnetfrequenz. Einige Schrittmachermodelle geben auch die Restlaufzeit an. Für die Kalkulation der Restlaufzeit liegen in der Regel die programmierten Stimulationsparameter und der aktuell prozentuale Stimulationsanteil zu Grunde. Bei Schrittmachern, die sich dem Austauschkriterium nähern, sollte
jedoch nicht die kalkulierte Restlaufzeit, sondern die Empfehlungen des Herstellers bzgl. verkürzter Nachsorgeintervalle beachtet werden, weil die berechnete Restlaufzeit bei zunehmender Batterieerschöpfung oft ungenau wird. Mit zunehmender Laufzeit nimmt die Batteriespannung ab. Die Batterieimpedanz (⊡ Abb. 4.5) steigt anfänglich kontinuierlich an und nimmt kurz vor dem Austauschkriterium abrupt zu, so dass ein verlässlicher Austauschzeitpunkt nicht sicher kalkuliert werden kann. Da die Magnetfrequenz (⊡ Tab. 4.1) bei den meisten Schrittmachern erst kurz vor ERI (»elective replacement indicator«) abfällt, sollte immer die Batteriespannung oder die Batterieimpedanz für die Beurteilung der Restlaufzeit zu Rate gezogen werden. Deshalb verwenden einzelne Schrittmachermodelle keinen Magnetfrequenzindikator mehr. Die definitiven Austauschkriterien für die einzelnen Schrittmachertypen können dem jeweili-
75 4.7 · Analyse der Diagnostik/Statistik/Holter
4
⊡ Tab. 4.1 Magnetfrequenz von BOL bis EOL: Verschiedene Magnetfrequenzen von aktuellen Modellen einzelner Hersteller (beispielhaft) Firma/Modell
BOS/BOL Magnetfrequenz [ipm]
ERI/ERT/RRT Magnetfrequenz [ipm]
EOS/EOL Magnetfrequenz [ipm]
Biotronik/Evia
90
80
-
Boston Scientific (Guidant)/Altrua
100
85
-
Sorin Group (Ela)/Reply
96
80
69
Sorin Group (Biomedica)/Neway
Einkammerschrittmacher 80 Zweikammerschrittmacher 90
Einkammerschrittmacher 73 Zweikammerschrittmacher 83
-
Medtronic/Advisa
85
65
-
St. Jude Medical/ Zephyr
98,6
86,3
66
Vitatron/T70
100
86
-
BOS=Begin of Service; BOL=Begin of Life; ERI=Elective Replacement Indication; RRT=Recommended Replacement time; ERT=Elective Replacement time; Empfohlene Austauschindikation; EOS=End of Service; EOL=End of Life.
4.7
⊡ Abb. 4.5 Beispiel einer Batterieentladekurve
gen Schrittmacherhandbuch/-Datenblatt bzw. im Internet oder der Typenkartei ( Internetadressen bzw. Literatur im Anhang) entnommen werden. Mit Erreichen von ERI sollte der Schrittmacher ausgetauscht werden. Der Schrittmacher verfügt noch über eine Restlaufzeit bis EOL, dies sollte jedoch bei abhängigen Patienten unter keinen Umständen ausgereizt werden. Die meisten Schrittmacher wechseln mit Erreichen von ERI/RRT in einen stromsparenden Modus (z. B. VVI bei DDD-Schrittmachern, Abschalten der Frequenzadaptation und der Speicherfunktionen etc.).
Analyse der Diagnostik/ Statistik/Holter
Jeder moderne Schrittmacher bietet mittlerweile umfangreiche Diagnosefunktionen, Statistiken bzw. Holterdaten an. Abhängig vom Schrittmachertyp liefert die Diagnostik Informationen über den prozentualen Stimulations- und Wahrnehmungsanteil, AV-Überleitung, gespeicherte Arrhythmien oder PMTs. Zusätzlich bieten einige Modelle Monitorfunktionen für Sensingwerte, Reizschwellenwerte und Sondenimpedanzen. Multifunktionale Systeme geben aufgrund von Plausibilitätsanalysen der gesammelten Daten Hinweise auf Schrittmacherprobleme und schlagen evtl. problembezogenes Umprogrammieren vor. > Die Analyse und Interpretation der gespeicherten Daten ist ein fundamentaler Bestandteil der Schrittmacherkontrolle.
Es ist empfehlenswert, sämtliche abgefragten Daten auszudrucken, bzw. auf einem Datenträger zu sichern, da sie nach Programmierung evtl. gelöscht werden.
4
76
Kapitel 4 · Basisnachsorge
4.8
Sondenstatus
Während der Erstabfrage werden schon bei der Mehrzahl der Schrittmacher die Sondenimpedanzen mit der programmierten Stimulationspolarität (meistens unipolar) gemessen und angezeigt. Wenn eine bipolare Sonde vorliegt, empfiehlt es sich, sowohl die unipolare als auch die bipolare Sondenimpedanz zu ermitteln. So kann die Integrität beider Zuleitungsdrähte der Sonde getestet werden. In der Regel ist die Stimulationspolarität bei bipolaren Sonden wegen der besseren Sichtbarkeit im Oberflächen- und Langzeit-EKG unipolar programmiert. Während der Abfrage werden demnach meistens die unipolaren Sondenimpedanzen angezeigt. Für die Ermittlung der bipolaren Stimulationsimpedanz muss die Stimulationspolarität auf bipolar umprogrammiert werden. > Vor der Umprogrammierung in die bipolare Stimulationspolarität sollte überprüft werden, ob tatsächlich eine bipolare Sonde angeschlossen ist. Die Umprogrammierung eines schrittmacherabhängigen Patienten mit einer funktionell unipolaren Sonde in den bipolaren Modus kann eine ineffektive Stimulation (Exitblock) und damit eine Asystolie verursachen.
Intakte Sonden weisen eine Sondenimpedanzvariation von ca. 300–1500 Ohm auf. Werte <300 Ohm lassen in der Regel einen Isolationsdefekt vermuten, Werte >1500 Ohm einen Leiterbruch oder ein Konnektionsproblem zwischen Schrittmacherkon-
⊡ Abb. 4.6 Sondenimpedanzen uni- bzw. bipolar
nektor und Sondenstecker (Ausnahme: »Hochimpedanzsonde«, s. diesbzgl. Herstellerangaben). Bei bipolaren Sonden kann der Fall eintreten, dass die unipolare Impedanz innerhalb der Toleranzschwellen liegt, während der bipolare Messwert außerhalb des Toleranzbereiches liegt. Wenn bei der bipolaren Stimulationskonfiguration die Impedanzen <300 Ohm liegen, kann dies auf einen Isolationsdefekt zwischen den beiden Leitern hindeuten. Eine zu hohe Impedanz lässt in diesem Falle auf einen Sondenbruch des äußeren Zuleitungsdrahtes (der zum proximalen Pol führt) oder auf ein Konnektionsproblem im Schrittmacherkonnektor schließen. Zu beachten ist nicht nur der Absolutwert der Sondenimpedanz, sondern mehr noch eine Zunahme oder Abnahme unter vergleichbaren Bedingungen (z. B. gleiche Energieabgabe). Darüber hinaus können sich die intraoperativ gemessenen Werte (über »Pacing System Analyzer«) deutlich von den Werten unterscheiden, die mittels des aggregatspezifischen Programmiergerätes über das Schrittmacheraggregat ausgemessen werden. Intermittierend auftretende Impedanzänderungen bedürfen einer genauen Analyse (⊡ Abb. 4.6).
4.9
Sensingtest
Der Sensingtest überprüft die Wahrnehmungseigenschaften des Schrittmachers. Es sollte in Ventrikel und/oder Vorhof ein Wahrnehmungstest durchgeführt werden.
77 4.9 · Sensingtest
Voraussetzung für einen Sensingtest ist, dass atriale und ventrikuläre intrinsische Depolarisationen vorliegen. Es empfiehlt sich z. B. bei fehlendem Eigenrhythmus die Grundfrequenz temporär auf ca. 30–40 min-1 umzuprogrammieren. Falls kein Eigenrhythmus vorliegt, kann durch eine kurzzeitige Belastung (Anheben der Beine oder des Oberkörpers bzw. Muskelanspannung der Arme etc.) eine Frequenzanhebung verursacht werden. Schlagen diese Versuche fehl, kann das Sensing in der Regel nicht überprüft werden. Je nach Schrittmachermodell kann die Bestimmung der Sensingwerte manuell, halbautomatisch oder komplett automatisch erfolgen.
4.9.1
Manueller Sensingtest
Ventrikuläre Wahrnehmung beim Einkammerschrittmacher Für die manuelle Bestimmung der ventrikulären Signalamplitude ist der Modus VVI mit einer Grundfrequenz von 30 ipm empfehlenswert. Ist die intrinsische ventrikuläre Frequenz >30 min-1, wird der programmierte Empfindlichkeitswert schrittweise (in 1–2mV-Schritten) erhöht. Bei jeder eingestellten Empfindlichkeitsstufe ist erkennbar, ob der Schrittmacher die ventrikulären Eigenaktionen wahrnimmt, dadurch inhibiert ist und demzufolge
4
keine Stimulationen abgibt (⊡ Abb. 4.7). Liegt bei der aktuell eingestellten Empfindlichkeitsstufe keine Wahrnehmung mehr vor (Schrittmacher stimuliert mit der Grundfrequenz; ⊡ Abb. 4.8), entspricht der zuvor getestete Empfindlichkeitswert der Sensingschwelle.
Atriale Wahrnehmung beim Einkammerschrittmacher und bei älteren Systemen Die manuelle Testung der atrialen Wahrnehmung erfolgt im AAI-Modus (alternativ auch im AATModus) mit einer programmierten Grundfrequenz von 30 ipm. Liegt ein Sinusrhythmus vor, wird der atriale Empfindlichkeitswert so lange erhöht, bis ein Wahrnehmungsverlust eintritt und ein atrialer Stimulationsimpuls im EKG auftritt, da die Wahrnehmungsschwelle überschritten ist (⊡ Abb. 4.9 u. ⊡ Abb. 4.10). Die korrekte Bestimmung des P-Wellensignals setzt in diesem Falle voraus, dass kein höheres R-Wellen Far-Field-Signal vorliegt als das P-Wellensignal. > Bei komplettem Sinusarrest können beim AAI-Schrittmacher Signale erfasst werden, die einem R-Wellen Far-Field-Sensing (oder einem retrograden P je nach zeitlichem Abstand nach dem QRS-Komplex) entsprechen und nicht der intrinsischen (antegraden) PWelle (⊡ Abb. 4.11).
⊡ Abb. 4.7 Manueller Sensingtest im Ventrikel mit VVI 30 und 7 mV Sensing. R-Wellen werden korrekt wahrgenommen und inhibieren den Schrittmacher
⊡ Abb. 4.8 Manueller Sensingtest im Ventrikel mit VVI 30 ipm und 10 mV Sensing. R-Wellen werden nicht erkannt, der Schrittmacher stimuliert mit einer Frequenz von 30 ipm
78
Kapitel 4 · Basisnachsorge
⊡ Abb. 4.9 Manueller Sensingtest im Vorhof im AAI-Modus mit intakter AV-Überleitung bei 3 mV. Da keine Stimuli im Vorhof abgegeben werden, erkennt der Schrittmacher alle P-Wellen
4
⊡ Abb. 4.10 Manueller Sensingtest im Vorhof im AAI-Modus mit intakter AV-Überleitung, Sensingverlust bei 4 mV: Stimulation im Vorhof mit 30 ipm
⊡ Abb. 4.11 Modus AAI, programmierte Frequenz 30/min: das Signal der 2. annotierten P-Welle stammt wahrscheinlich von einer retrograden Leitung bei Sinusarrest. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
Ventrikuläre Wahrnehmung beim Zweikammerschrittmacher Hierbei empfiehlt sich dasselbe Vorgehen wie beim VVI-Schrittmacher: Für die manuelle Bestimmung der ventrikulären Wahrnehmung beim Zweikammerschrittmacher wird der Modus VVI mit einer Grundfrequenz von 30 ipm eingestellt; weiteres Vorgehen wie beim Einkammerschrittmacher. Oft lässt sich im VVI-Modus der ventrikuläre Eigenrhythmus des Patienten besser darstellen, da im DDD-Modus ein ventrikuläres Signal nur wahrgenommen werden kann, wenn innerhalb des programmierten AV-Intervalls eine intrinsische AVÜberleitung vorliegt. Bei zu kurzem AV-Intervall
erfolgt die ventrikuläre Impulsabgabe vor der intrinsischen Depolarisation.
Atriale Wahrnehmung beim Zweikammerschrittmacher Hier bietet sich der DDD/VDD-Modus mit kurzem PV-Intervall (z. B. 30–50 ms) und einer Grundfrequenz von 30 ipm an. Bei vorhandenem Sinusrhythmus kann eine Ventrikelstimulation nur erfolgen, wenn die intrinsische Vorhofdepolarisation erkannt wurde. Der atriale Empfindlichkeitswert wird jetzt schrittweise erhöht. Sobald nach Erhöhung des Empfindlichkeitswerts den P-Wellen keine kurz angekoppelten Ventrikelstimulationen
79 4.9 · Sensingtest
4
a
b
⊡ Abb. 4.12a,b Manueller Sensingtest im Vorhof im DDD-Modus mit kurzem AV-Intervall. Bei Patienten mit intrinsischer Überleitung folgt der nicht-erkannten P-Welle die Eigenüberleitung auf dem Ventrikel. a: Modus DDD, 30 ipm, atriales Sensing 3 mV; das P-Wellensignal wird erkannt und nach Ablauf des AV-Intervalls mit einen ventrikulären Stimulus beantwortet; b: Modus DDD, 30 ipm, atriales Sensing: 4 mV; die P-Welle wird nicht mehr erkannt und kann demzufolge den Ventrikel nicht triggern. Es folgen intrinsische Überleitungen auf den Ventrikel
⊡ Abb. 4.13 Manueller Sensingtest im Vorhof im DDD-Modus mit kurzem AV-Intervall. Intermittierender atrialer Sensingverlust und AV-sequentielle Stimulation bei fehlender Überleitung; Ausnahme: P-Welle vor 2. Kammerkomplex wurde erkannt
mehr folgen, ist die Sensingschwelle überschritten und der zuvor verwendete Empfindlichkeitswert entspricht der Sensingschwelle. Alternativ könnte bei intakter intrinsischer Überleitung der AAI-Modus verwendet werden. Dabei besteht jedoch das Risiko eines RWellen-Oversensings im atrialen Eingang, welches dann als P-Wellensignal missinterpretiert wird (⊡ Abb. 9.17–9.19). Das EKG kann beim DDD/VDD-Modus folgendermaßen aussehen:
programmierten AV-Intervall (z. B. nach 30–50 ms). Bei Sensingverlust erfolgt eine AV-sequentielle Stimulation (AP-VP, Doppelstimuli) (⊡ Abb. 4.13). Mit Hilfe von Markerannotationen lassen sich diese Tests erleichtern, indem z. B. erkannt wird, wann die Markerannotation »P« (für detektierte Vorhofaktion) über der P-Welle (im OberflächenEKG) verschwindet. Bei den aktuellen Schrittmacheraggregaten werden die zeitaufwendigen manuellen Tests in der Regel von halbautomatischen oder automatischen Sensingtests ersetzt.
Intrinsische AV-Überleitung. Bei wahrgenomme-
nen P-Wellen erfolgt die ventrikuläre Stimulation gemäß dem programmierten AV-Intervall (z. B. nach 30–50 ms). Bei Sensingverlust erfolgt eine spontane Überleitung (⊡ Abb. 4.12). Kompletter AV-Block. Bei wahrgenommenen P-Wellen erfolgt die ventrikuläre Stimulation gemäß dem
4.9.2
Halbautomatischer Sensingtest
Es wird temporär der gewünschte Modus (AAI, VVI, DDI, DDD/VDD) mit einer Frequenz von 30 ipm eingestellt. Dabei sind verschiedene Verfahrensweisen möglich:
80
Kapitel 4 · Basisnachsorge
4
⊡ Abb. 4.14 Halbautomatischer Sensingtest: Es werden neben der Markerannotation zu jedem wahrgenommenen Ereignis die Sensingwerte aufgeführt
1. Es werden vom Programmiergerät über das Schrittmacheraggregat einzelne P- und R-Wellensignale gemessen oder das 1. im entsprechenden Kanal detektierte Signal (nach Start des Tests) als Messwert angegeben. Beachte: R-Wellen und VES-Signale können unterschiedliche Amplituden aufweisen und zu einer fehlerhaften Interpretation des Sensingtests führen (⊡ Abb. 9.25). 2. Es werden P- und R-Wellensignale gemessen und die Signalamplituden in einem bestimmten Bereich (z. B. R-Wellensignal zwischen 8 und 11 mV) angegeben. 3. Das intrakardiale EKG mit Markerannotation zeigt bei laufenden EKG die Amplituden jeder einzelnen P- und/oder R-Wellen und weist die minimale und maximale Amplitude aus (⊡ Abb. 4.14).
> Die Signalamplituden von P- und R-Wellen, die im ungefilterten intrakardialen EKG der Schrittmacher ausgemessen werden, geben nicht die identischen »wahren« Werte wieder, so wie der Schrittmacher sie (z. B. im gefilterten intrakardialen EKG) erkennt.
4.9.3
Der automatische Sensingtest führt selbstständig die Messung der P- und R-Wellenamplituden durch. Die gemessenen Werte werden im Holter abgelegt (Autosensinghistogramm, R-, P-Wellen-Trend im Holter). Diese Holteraufzeichnungen können wertvolle Hinweise für Schwankungen der Signalamplitude geben ( Kap. 6.5).
4.10
Bei den Methoden 2 und 3 zählt der niedrigste Wert für die entsprechende Programmierung, bei Methode 1 ist der niedrigste Wert nicht sicher bestimmbar.
Vollautomatischer Sensingtest
Reizschwellentest
Mit dem Reizschwellentest soll die minimale Energieabgabe getestet werden, die in der Lage ist, das Myokard zu depolarisieren.
81 4.10 · Reizschwellentest
4
⊡ Abb. 4.15 Ventrikulärer Reizschwellentest im VVI-Modus; 0,8 V ist noch effektiv; bei 0,7 V intermittierender Stimulationsverlust – Reizschwelle entspricht 0,8 V; die Reizschwelle entspricht dem Niveau, in dem sämtliche Stimuli effektiv sind
⊡ Abb. 4.16 Wedensky-Effekt
⊡ Abb. 4.17 Reizzeit-Spannungskurve (Chronaxie Impulsdauer hier: 0,3 ms) und 100%ige Sicherheitsmarge (»Zielwert«). Die Zielwertekurve zeigt die empfohlenen programmierbaren Werte, während die Kurve »Permanent« die aktuelle Programmierung darstellt
In der Regel wird ein Amplitudenreizschwellentest mit fixer Impulsdauer durchgeführt. Die Stimulationsfrequenz muss so gewählt werden, dass sie über dem Eigenrhythmus liegt, um Fusionen oder Pseudofusionen zu vermeiden. Während des Tests wird die Stimulationsamplitude schrittweise reduziert, entweder manuell oder automatisch, z. B. in 0,1-V-Schritten. Beim automatischen Reizschwellentest kann die Amplitude von Zyklus zu Zyklus verringert oder z. B. alle 6 Zyklen reduziert werden. Die Stimulationsamplitude wird so lange stufenweise reduziert, bis der Stimulus ineffektiv ist und die Depolarisation ausbleibt. Die letzte Amplitude, bei der noch Depolarisation erfolgt, entspricht der Reizschwelle. Das bedeutet, dass bei einer Testung mit 6 Stimuli pro Amplitudenstufe keine effektive Depolarisation vorliegt, wenn auch nur 1 Stimulus unbeantwortet bleibt (⊡ Abb. 4.15). Das Phänomen unterschiedlicher Reizschwellen bei Verringerung der Amplitude im Vergleich zur Erhöhung der Amplitude, wenn der Test unterhalb der Reizschwelle begonnen wird, ist als Wedensky-Effekt bekannt (⊡ Abb. 4.16). Alternativ ist die Darstellung der ReizzeitSpannungskurve (⊡ Abb. 4.17) anhand von zwei Messungen (eine mit kurzer und eine mit langer Impulsdauer) möglich. Dadurch lässt sich die günstigste Einstellung hinsichtlich des Energieverbrauchs (Chronaxie) und genügender Sicherheitsmarge bestimmen. Die Ausgangsenergie der Stimulationsimpulse wird durch Parameter für Amplitude und Impulsdauer bestimmt. Von der Stimulationsimpulsenergie hängt es ab, ob die Stimulationsimpulse das Myokard wirksam stimulieren. Der zu programmierende Stimulationsimpuls muss die Sti-
82
Kapitel 4 · Basisnachsorge
mulationsreizschwelle mit einer mind. 100%igen Sicherheitsmarge übersteigen, da z. B. während körperlicher Aktivität, Mahlzeiten, Schlaf und Medikamenteneinflüssen Schwankungen der Stimulationsreizschwelle beobachtet werden können.
4.10.1
Ventrikulärer Reizschwellentest
Der ventrikuläre Reizschwellentest wird vorzugsweise im VVI/V00-, alternativ im DDD/D00-Modus mit kurzem AV-Intervall durchgeführt (⊡ Abb. 4.18
4 ⊡ Abb. 4.18 Ventrikulärer Reizschwellentest im VVI-Modus beim abhängigen Patienten, (↓ Reizschwelle unterschritten
)
⊡ Abb. 4.19 Ventrikulärer Reizschwellentest im DDD-Modus mit kurzem AV-Intervall beim abhängigen Patienten, (↓ Reizschwelle unterschritten). Wegen kurzem AV-Intervall wird die (atrial stimulierte) P-Welle erst nach dem (ineffektiven) ventrikulären Stimulus sichtbar (∆)
a
b
⊡ Abb. 4.20a,b Atrialer Reizschwellentest im AAI-Modus bei intrinsischer Überleitung – a: Sobald dem atrialen Stimulus während des Tests keine intrinsische Überleitung folgt, ist die atriale Reizschwelle unterschritten (∇); b: Reizschwelle hier: 0,75 V bei 0,35 ms
83 4.11 · Nachsorgeabschluss
u. ⊡ Abb. 4.19). Die Testfrequenz muss deutlich über der Eigenfrequenz liegen, da im X00-Modus evtl. Testimpulse in die Refraktärzeit des Myokards nach intrinsischer Depolarisation fallen können und deshalb nicht zur Depolarisation führen.
4.10.2
Atrialer Reizschwellentest
Atrialer Reizschwellentest bei intrinsischer Überleitung auf den Ventrikel Der atriale Reizschwellentest erfolgt bei intakter intrinsischer AV-Überleitung auf den Ventrikel vorzugsweise im AAI/A00-Modus. Da die P-Wellen nach dem atrialen Stimulus nicht immer gut im Oberflächen-EKG zu erkennen sind, kann die intrinsische Überleitung auf dem Ventrikel die Information liefern, ob die Stimulation im Vorhof effektiv ist. Sobald während des atrialen Reizschwellentests im AAI-Modus nach atrialem Stimulus keine intrinsische Überleitung folgt, ist die atriale Reizschwelle unterschritten (⊡ Abb. 4.20). Bei erhaltener AV-Überleitung kann auch im DDD-Modus mit langem AV-Intervall die atriale Reizschwelle bestimmt werden. Bei Unterschreiten
4
der atrialen Reizschwelle erfolgt eine ventrikuläre Stimulation (⊡ Abb. 4.21).
Atrialer Reizschwellentest bei Patienten mit AV-Blockierungen Die Messung der atrialen Reizschwelle bei Patienten mit AV-Blockierungen erfolgt im DDD-Modus mit vorzugsweise langem AV-Intervall. Das AVIntervall sollte so programmiert werden, dass die P-Welle möglichst gut zu identifizieren ist. Maximale Amplitudenvergrößerung des EKG und/oder Aufzeichnung der Brustwandableitungen erleichtern die Identifikation der P-Wellendepolarisation (⊡ Abb. 4.22).
4.11
Nachsorgeabschluss
Programmierung. Nach Abschluss sämtlicher Tests und nach Analyse der gespeicherten Daten ( Kap. 6) kann die Anpassung der programmierbaren Parameter erfolgen. Die Anpassung der Parameter wird unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Nachsorge und den Bedürfnissen des Patienten durchgeführt (Vorschläge zur Program-
⊡ Abb. 4.21 Atrialer Reizschwellentest im DDD-Modus bei erhaltener AV-Überleitung – einer effektiven atrialen Stimulation folgt eine intrinsische Überleitung. Sobald mit schrittweiser Reduzierung der atrialen Impulsamplitude eine ventrikuläre Stimulation folgt, ist die atriale Reizschwelle unterschritten
⊡ Abb. 4.22 Atrialer Reizschwellentest im DDD-Modus bei AV-Blockierungen – sobald keine atriale Depolarisation nach dem atrialen Stimulus zu erkennen ist (∇), ist die Reizschwelle unterschritten
84
Kapitel 4 · Basisnachsorge
mierung: Kap. 7). Zur Sicherheit, ob tatsächlich alle Parameter wie gewünscht geändert worden sind, sollte zum Abschluss noch eine abschließende Abfrage des Aggregats erfolgen. Report und Speicherung. Nach Programmierung
4
und Abschlusstelemetrie sollte ein Komplettausdruck gemacht werden. Zusätzlich können die Ergebnisse der Nachsorge mittlerweile bei den meisten Schrittmacheraggregaten auch elektronisch gespeichert werden (z. B. als PDF-File). Der Patient erhält einen kleinen Ausdruck über die programmierten Parameter und Messwerte. Zusätzlich werden in der Regel die wesentlichen Daten in den Schrittmacherausweis eingetragen. Die endgültige Programmierung sollte im Abschlussbericht überprüft werden. Für eine bessere Übersicht werden die geänderten Parameter im Ausdruck meistens mit einem Stern etc. gekennzeichnet. Statistiken und Holter zurücksetzen. Zum Schluss
sollten die Statistiken und Holterdaten zurückgesetzt werden, wenn dies nicht schon automatisch, je nach Schrittmachermodell, durchgeführt wird.
5
Erweiterte Nachsorge
5.1
Wenckebach-Punktbestimmung
– 86
5.2
Retrograder Leitungstest – 86
5.3
Magnettest
5.4
Inhibitionstest
5.5
Provokationstest
5.6
Belastungstest – 89
5.7
Simulation
5.8
Langzeit-EKG-Untersuchungen – 89
5.9
Röntgendiagnostik – 89
– 88 – 88 – 88
– 89
5.10 Echokardiografie – 90 5.11 Telemonitoring – 90
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
5
86
Kapitel 5 · Erweiterte Nachsorge
5.1
Wenckebach-Punktbestimmung
Wenckebach-Punkt. Bei Vorhofstimulation mit steigender Frequenz entspricht der WenckebachPunkt derjenigen Frequenz, bei der eine AVÜberleitungsblockierung eintritt. Bei Schrittmacherpatienten mit AAI-Systemen ist es sinnvoll zu überprüfen, ob die AV-Knotenüberleitung auch bei höheren Frequenzen noch intakt ist. Für die Kontrolle der Überleitungsfunktion des AV-Knotens wird die Stimulationsfrequenz schrittweise erhöht (AAI mit TARP von 400 ms oder A00) und die kontinuierliche Überleitung auf den Ventrikel überprüft (⊡ Abb. 5.1 u. ⊡ Abb. 5.2). > Die Wenckebach-Punktbestimmung findet in Ruhe statt. Unter körperlicher Belastung liegt der Wenckebach-Punkt meistens höher, da der positiv dromotrope Effekt der adrenergen Stimulation unter Belastung die PQ-Zeit verkürzt. Eine fehlende Verkürzung des AV-Intervalls unter Belastung kann ein Hinweis auf eine latente AV-Überleitungsstörung sein.
5.2
Retrograder Leitungstest
Für die Routinenachsorge besteht keine zwingende Notwendigkeit, einen retrograden Leitungstest durchzuführen. Gibt es jedoch anamnestische Hinweise für tachykarde Rhythmusstörungen oder zeigt der Schrittmacherspeicher entsprechende Hinweise, könnten u. a. Schrittmacher-Reentry-Tachykardien (PMT) Ursache hierfür sein. Um die retrograden Leitungseigenschaften des AV-Knotens zu testen, sollte der Schrittmacher temporär in den Modus VDI/VDD und auf eine mind. 10 Schläge höhere Frequenz als die aktuelle Vorhoffrequenz programmiert werden. Mit laufendem EKG kann jetzt überprüft werden, ob eine ventrikuläre Stimulation ohne vorherige atriale Depolarisation (AV-Desynchronisation) zu einer retrograden Leitung und atrialen Depolarisation führt. Im EKG erscheint im Falle einer retrograden Leitung eine fixe gekoppelte atriale Depolarisation nach der ventrikulären Stimulation. Ist dies der Fall, kann die retrograde Leitungszeit gemessen werden. Wenn der Schrittmacher
⊡ Abb. 5.1 Wenckebach-Punktbestimmung: atriale Stimulationsfrequenz 110 ipm; Die Vorhoffrequenz wird 1:1 auf den Ventrikel übergeleitet
⊡ Abb. 5.2 Wenckebach-Punktbestimmung: Atriale Stimulationsfrequenz 130 ipm; der Wenckebach-Punkt ist überschritten. Die atriale Stimulation wird nicht mehr 1:1 übergeleitet. Es ist eine AV-Blockierung aufgetreten
87 5.2 · Retrograder Leitungstest
5
⊡ Abb. 5.3 Automatische Messung der retrograden Leitungszeiten: Es wird die kürzeste, mittlere und längste VP-Zeit angezeigt. Mit freundlicher Genehmigung der Biotronik SE & Co. KG, Berlin
⊡ Abb. 5.4 Retrograder Leitungstest im VDD-Modus; retrograde Leitung (V–A: 250–257 ms; VP=Ventrikuläre Stimulation; AS=Retrograde P-Welle). Im ungefilterten atrialen Kanal stellt sich ein R-Wellen Far-Field-Sensing dar, welches in die Ausblendzeit fällt und vom Schrittmacher nicht annotiert wird
88
5
Kapitel 5 · Erweiterte Nachsorge
noch nicht über einen automatischen PMT-Schutz verfügt, sollte die PVARP auf einen Wert programmiert werden, der etwas länger ist als die gemessene retrograde Leitungszeit. Lange postventrikuläre atriale Refraktärperioden (PVARP) können bei hohen Frequenzen unter Belastung evtl. eine Wenckebach-Periodik oder einen 2:1-Block begünstigen ( Abschn. 1.9). Neben dem manuellen retrograden Leitungstest bieten einige Schrittmacher auch die automatische Messung der retrograden Leitung an (⊡ Abb. 5.3 u. ⊡ Abb. 5.4).
5.3
Magnettest
Die Magnetauflage erlaubt auch ohne Programmiergerät grobe Aussagen über den Batteriezustand des Schrittmachers. Mit Magnetauflage gehen die Schrittmacher in der Regel in einen starrfrequenten Stimulationsmodus (mit definierter Magnetfrequenz) über (V00, A00 oder D00). Die Magnetfrequenz liegt bei Implantation (Begin of Service) üblicherweise zwischen 85–100 ipm (je nach Modell) und nimmt bei Erreichen des Austauschkriteriums (»elective replacement indicator«, ERI) deutlich auf ca. 60–80 ipm ab. Mit Erreichen des ERI sollte der Schrittmacher ausgetauscht werden. Manche Schrittmachermodelle können so programmiert sein, dass bei Magnetauflage keine starrfrequente Stimulation erfolgt. Andere Funktionen bei Magnetauflage können je nach Modell und Programmierung sein: Aufzeichnung eines Holter-EGM, Stimulationstest für einzelne Schläge
mit reduzierter Energieabgabe, Reizschwellentest (z. B. Variotest) etc. Wenn keine Unterlagen über das Schrittmacheraggregat vorliegen, kann die gemessene Magnetfrequenz evtl. Informationen liefern, welches Programmiergerät zu verwenden ist ( Internetadressen und Literatur im Anhang). > Für die Beurteilung des Batteriezustandes sollten in jedem Fall gemessene Daten herangezogen werden (z. B. Batterieimpedanz, Batteriespannung, Angaben zu ERI etc.), da die aktuelle Magnetfrequenz keine verlässliche Prognose über die Restlaufzeit erlaubt.
5.4
Inhibitionstest
Sinnvollerweise werden das atriale und ventrikuläre Sensing mit einer Frequenz von 30 ipm im AAI/VVI/DDI/VDD- oder DDD-Modus überprüft. Liegt die intrinsische Herzfrequenz <30 min-1, kann versucht werden, durch Belastung die intrinsische Frequenz >30 min-1 anzuheben ( Sensingtest). Eine andere Option erlaubt die Bestimmung des ventrikulären oder atrialen Signals im temporären 0D0-Modus (⊡ Abb. 5.5).
5.5
Provokationstest
Bei Verdacht auf Oversensing von Myosignalen sollte ein Provokationstest durchgeführt werden.
⊡ Abb. 5.5 Der Modus kann in manchen Aggregaten temporär auf »000« (oder »0D0«) eingestellt werden, um den Eigenrhythmus festzustellen. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
89 5.9 · Röntgendiagnostik
Hierbei wird bei laufendem EKG geprüft, ob Muskelanspannungen zu einer Inhibition oder Triggerung des Schrittmachers führen ( Abschn. 9.3, Oversensing von Myosignalen).
5.6
Belastungstest
Der Belastungstest kann bei klinischen Symptomen oder nach Änderung der Medikation die Frage einer chronotropen Inkompetenz klären und dient auch der Optimierung des Sensors für die Frequenzanpassung. Der Test zeigt, ob die erzielte Stimulationsfrequenz adäquat ist. Zu beachten ist dabei, dass Aktivitätssensoren während einer Fahrradergometrie einen inadäquaten Frequenzanstieg zeigen, da sie keine wesentliche Aktivität mit Vorwärtsbewegung registrieren. Ein Pulsoxymeter, Kurzzeitholter oder Simulationstest kann zusätzlich für die Einstellung der Sensoren hilfreich sein ( Simulation). Schrittmacher mit Holterfunktionen sind auch ohne Belastungstest manchmal in der Lage, eine chronotrope Inkompetenz nachzuweisen. Bei chronotroper Inkompetenz sollte die Frequenzadaptation aktiviert werden. Falls der Patient unter Belastung mit seiner intrinsischen Frequenz adäquat ansteigt, ist die Sensorfunktion entbehrlich. Eine spezielle Situation liegt vor bei Patienten mit chronotroper Kompetenz und AV-Block III° im Falle einer Mode-Switch-Situation, z. B. wegen Vorhofflimmern. Bei nicht-aktiviertem Sensor (DDD zu VDI/DDI) erfolgt in dieser Situation eine Stimulation an der Grundfrequenz. Aus diesem Grund sollte idealerweise in einer solchen Situation die Frequenzadaptation automatisch aktiviert werden (z. B. Mode-Switch von DDD zu DDIR).
5.7
5
passung auszuschalten und den kleinsten fixen sensorkalkulierten Frequenzanstieg zu wählen, um die intrinsischen Frequenzen unter Belastung erkennen zu können. Jetzt können mittels Simulationsprogramm bei verschiedenen Einstellungen der Sensorparameter die daraus resultierenden Frequenzkurven mit der intrinsischen Frequenz verglichen werden. Das Beispiel in ⊡ Abb. 5.6 zeigt den Verlauf der Eigenfrequenz unter Belastung bei einem chronotrop inkompetenten Patienten mit einer max. Eigenfrequenz vom 94 min-1. Die Sensorfrequenz liegt bei einer Einstellung eines kleinen Anpassungsfaktors von »3« bei 78 min-1. Mittels Simulationsprogramm werden mit verschiedenen Einstellungen der Sensorparameter die daraus resultierenden Frequenzkurven dargestellt (schwarze Kurve: Eigenfrequenz; blaue Kurve: simulierte Sensorfrequenz). Es wurde in diesem Falle die Einstellung von »7« (c) gewählt und den Frequenzanstieg bei der kleinsten sensorkalkulierten Einstellung.
5.8
Langzeit-EKGUntersuchungen
Bei Verdacht auf eine Fehlfunktion des Schrittmachersystems oder wenn der Patient über Symptome wie z. B. Herzrasen oder Palpitationen klagt, die nicht durch die gespeicherten Arrhythmien oder im Rahmen der Nachkontrolle erklärt werden können, kann das Langzeit-EKG Informationen liefern. Dies ist z. B. der Fall, wenn Vorhofflimmerphasen vom Schrittmacher nicht adäquat erkannt werden, weil die Flimmersignale zu niedrig sind, bei Verdacht auf intermittierenden Exitblock/Entranceblock, oder wenn AV-Überleitungsstörungen im AAI-Modus vermutet werden.
Simulation 5.9
Die Simulation der Belastungsfrequenzen dient der Optimierung der Sensoreinstellungen. Der Patient führt eine Belastung (z. B. Treppensteigen) durch, um die erreichten Belastungsfrequenzen zu dokumentieren. Bei der Belastung ist darauf zu achten, eine automatische Sensoran-
Röntgendiagnostik
Das Röntgenthoraxbild oder eine Computertomografie können bei Verdacht auf z. B. Sondenprobleme, wie Sondenbrüche, Isolationsdefekte, Konnektionsprobleme, Sondenperforationen oder Dislokationen, wichtige Informationen liefern.
90
Kapitel 5 · Erweiterte Nachsorge
a
5 b
c
⊡ Abb. 5.6a–c Simulation der Sensoreinstellung (schwarze Kurve: Eigenfrequenz; blaue Kurve: simulierte Sensorfrequenz). a: Frequenzverlauf mit Adaptation 3, maximale Eigenfrequenz unter Belastung: 94 min-1, Patient ist chronotrop inkompetent; b: Frequenzverlauf mit (max.) Adaptation 16; c: Frequenzverlauf mit (optimierter) Adaptation 7
5.10
Echokardiografie
Die Echokardiografie (transthorakal oder transösophagial) findet für die hämodynamische Optimierung des AV-Delays und bei biventrikulären Systemen für die Synchronisierung des rechten und linken Ventrikels Anwendung. Sie ist unentbehrlich für die Beurteilung von Sondenproblemen und bei der Darstellung bakterieller Auflagerungen an Herzklappen und Sonden.
5.11
Telemonitoring
Andere Bezeichnungen: Home Monitoring; Care Link Network; Conexus Automatic Monitoring; Merlin Net; Patient Care Network; Latitude
Das Telemonitoring wurde 2001 mit dem System »Home Monitoring« eingeführt. Mittlerweile bieten die meisten Hersteller auch Telemonitoring an, das eine Fernüberwachung von Herzschrittmacher- und Defibrillatorsystemen erlaubt. Mittels Telemonitoring können gespeicherte Daten telemetrisch an ein Zentrum gesendet werden, wo die Daten aufbereitet und über eine sichere Internetseite dem betreuenden Arzt zugänglich gemacht werden (⊡ Abb. 5.7). Für die Realisierung von Telemonitoring benötigt das Implantat eine Antenne. Der Patient wird mit einer Sende-/Empfangseinheit (andere Bezeichnungen: Patientengerät; Monitor; HomeSender; Cardio Messanger etc.) ausgestattet. Die Sendeeinheit ist entweder ein stationäres Gerät, das mit dem Telefonanschluss verbunden ist, oder
91 5.11 · Telemonitoring
5
Datenübertragung
Sendeeinheit beim Patienten
Telemedizinisches Zentrum
Patient
Arzt
⊡ Abb. 5.7 Schematische Darstellung: Telemonitoring
⊡ Abb. 5.8 Beispiel Home-Monitoring: 3 Monate nach der Schrittmacherimplantation war bei der Patientin plötzlich Vorhofflimmern aufgetreten. Die Patientin und ihr Hausarzt wurden von der betreuenden Klinik am nächsten Morgen über die Diagnose informiert, nachdem der Herzschrittmacher die auffälligen Daten über das Home-Monitoring-Zentrum per E-Mail und Fax an die betreuende Klinik übertragen hatte
ein Handy, das mit dem Mobilfunknetz in Verbindung steht. Diese Sendeeinheiten leiten die Daten an ein Telemonitoringzentrum weiter. Je nach Anbieter und Schrittmacher kann die Datenübertragung z. B. einmal täglich automatisch erfolgen, in-
dem sich der Patient in der Nähe der Sendeeinheit aufhält oder aktiv durch Auflage eines Telemetriekopfes auf den Schrittmacher. Übertragen werden Informationen, z. B. Sondenimpedanz, Batteriestatus, Ergebnisse der automatisch durchgeführten
92
5
Kapitel 5 · Erweiterte Nachsorge
Reizschwellen- und Sensingtests, Parametereinstellungen und gespeicherte Diagnosedaten. Darüber hinaus können z. B. auch Blutdruck, Gewicht und intrapulmonale Volumenveränderungen etc. je nach Modell übertragen werden. Das Telemonitoring bietet eine regelmäßige Überwachung der Schrittmacherfunktion, so dass der behandelnde Arzt bei Problemen sofort eingreifen kann. Bei Patienten, die Fernreisen durchführen, kann eine mobile Sendeeinheit auch bei Aufenthalt im Ausland eine Kontrolle des Schrittmachers ermöglichen. Wenn der Zustand des Patienten stabil und eine Umprogrammierung nicht erforderlich ist, kann die Online-Nachsorge die routinemäßigen Nachsorgeintervalle beim Arzt auf bis zu 12 Monate verlängern. Dieses Konzept entspricht der aktuellen Empfehlung des »HRS/EHRA Expert Consensus« (Europace 2008, 10(6): 707–725; doi:10.1093/Europace/eun122) zum Monitoring kardiovaskulärer, implantierbarer elektronischer Geräte. Bedeutsame klinische Ereignisse führen zur sofortigen Benachrichtigung des Arztes. Dies ist z. B. der Fall, wenn über einen längeren Zeitraum Vorhofflimmern oder anhaltende atriale Tachykardien registriert werden (⊡ Abb. 5.8).
6
Diagnosefunktionen
6.1
Ereigniszähler/Statistiken – 94
6.1.1 6.1.2
Ereigniszähler mit Frequenzzuordnung – 94 Zustandshistogramm/Ereignisfolge – 94
6.2
Herzfrequenzanalyse
6.2.1 6.2.2
24-Stunden-Herzfrequenzkurve – 95 Gemittelte Herzfrequenzkurve im Langzeitverlauf
6.3
Arrhythmiediagnostik – 96
6.3.1 6.3.2
Episodenzähler – 96 Aufzeichnung intrakardialer Elektrogramme mit Markerannotation – 97
6.4
Überprüfung der Sensorfunktionen – 97
6.4.1
Sensorhistogramme – 97
6.5
Monitorfunktion Sensingwerte – 97
6.6
Reizschwellentrend – 98
6.7
Sondenimpedanztrend
6.8
AV-Überleitungsdiagnostik – 99
6.9
Programmierempfehlungen auf Basis von Diagnosedaten – 100
– 95 – 95
– 98
6.10 Herzinsuffizienzdiagnostik – 100 6.10.1 Flüssigkeitsstatus-Überwachung – 100
6.11 Limitationen von Diagnosefunktionen – 100
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
94
Kapitel 6 · Diagnosefunktionen
Moderne Herzschrittmacher verfügen über umfangreiche Speicher- und Diagnosefunktionen. Gespeicherte Daten liefern detaillierte Einblicke in die Funktionalität des Schrittmachers und geben Informationen über den Rhythmus des Patienten. Sie erlauben eine Optimierung der Schrittmacherprogrammierung unter Berücksichtigung der Grunderkrankung. ! Cave Die folgenden grafischen Darstellungen sind beispielhaft herausgegriffen und können nicht alle auf dem Markt befindlichen Diagnosefunktionen abbilden.
6 6.1
Ereigniszähler/Statistiken
Ereigniszähler registrieren den Anteil an stimulierten bzw. wahrgenommenen Aktionen in der jeweiligen Kammer seit der letzten Löschung. Die Interpretation dieser Daten sollte unter Berücksichtigung der Gesamtsituation des Patienten, der programmierten Parameter und der gemessenen Reizschwellen- und Sensingwerte erfolgen. Beispielsweise ein hoher Stimulationsanteil im Ventrikel heißt nicht automatisch, dass der Schrittmacherpatient einen AV-Block hat. Ursache hierfür könnte z. B. die Programmierung eines sehr kurzen AV-Delays im DDD-Modus oder ein Sensingverlust im Ventrikel sein, sodass eine ventrikuläre Stimulation durchgeführt werden muss. Je nach Aggregat speichern die Ereigniszähler z. B. zusätzlich den prozentualen Anteil an Extrasystolen, den frequenzadaptiven Stimulations-
anteil, die Anzahl an wahrgenommenen Ereignissen in der Refraktärzeit sowie die Anzahl der aufgetretenen PMTs und Mode-Switch-Episoden (⊡ Abb. 6.1).
6.1.1
Ereigniszähler mit Frequenzzuordnung
Der Befund, dass z. B. zu 50% wahrgenommene und zu 50% stimulierte Aktionen gespeichert sind, erlaubt noch keine Diagnose, in welchen Situationen der Patient eine Stimulation benötigt. Die Zuordnung der stimulierten und wahrgenommenen Aktionen in unterschiedlichen Frequenzbereichen ermöglicht eine genauere Analyse. Liegen Stimulationen hauptsächlich im Grundfrequenzbereich vor, könnte eine Sinusbradykardie Ursache hierfür sein. Registriert der Schrittmacher hauptsächlich Stimulationen im mittleren oder oberen Frequenzbereich, kann eine adäquate frequenzadaptive Stimulation wegen chronotroper Inkompetenz in Frage kommen oder eine zu empfindlich eingestellte Frequenzadaptation (⊡ Abb. 6.2).
6.1.2
Zustandshistogramm/ Ereignisfolge
Das Zustandshistogramm zeigt bei Zweikammersystemen, wie häufig dem intrinsischen und stimulierten Vorhof wahrgenommene oder stimulierte Ventrikelaktionen folgen (PR, PV, AR und AV). Mit Hilfe solcher Histogramme können Aus-
⊡ Abb. 6.1 Beispiele von zwei verschiedenen Ereigniszählern. (Für Abbildung rechts: Mit freundlicher Genehmigung der Biotronik SE & Co. KG, Berlin)
95 6.2 · Herzfrequenzanalyse
6
sagen über den Schrittmacherrhythmus und/oder Eigenrhythmus gemacht werden (⊡ Abb. 6.3).
6.2
⊡ Abb. 6.2 Ereigniszähler mit Frequenzzuordnung
Herzfrequenzprofile/Herzfrequenzkurven bzw. Trends bieten detaillierte Informationen bzgl. des Herzrhythmus des Patienten. Sie zeigen die Herzfrequenz in Abhängigkeit vom zeitlichen Verlauf. Je nach Schrittmachermodell gibt es verschiedene Herzfrequenzkurven. Sie können das Frequenzprofil der letzten 24 h wiedergeben oder die gemittelte Herzfrequenz über einen längeren Beobachtungszeitraum.
6.2.1
⊡ Abb. 6.3 Zustandshistogramm PV, PR, AV, AR. Mit freundlicher Genehmigung der St. Jude Medical GmbH, Eschborn
24-Stunden-Herzfrequenzkurve
Die 24-Stunden-Herzfrequenzkurve zeigt die Herzfrequenz im tageszeitlichen Verlauf. Sie stellt dar, ob der Patient während seiner alltäglichen Belastungen seine intrinsische Herzfrequenz adäquat steigern kann oder ob sensorvermittelt eine adäquate Frequenzanpassung erfolgt. Die gespeicherten Frequenzwerte mit zeitlicher Zuordnung sind in der Regel über wenige Minuten gemittelt und liefern schon sehr genaue Aussagen über die tatsächlich vorliegenden Frequenzen (⊡ Abb. 6.4).
6.2.2
⊡ Abb. 6.4 24-Stunden-Herzfrequenzkurve
Herzfrequenzanalyse
Gemittelte Herzfrequenzkurve im Langzeitverlauf
Es gibt auch Herzfrequenzkurven/Frequenztrends, die die gemittelten Herzfrequenzen über einen längeren Beobachtungszeitraum zeigen. So werden z. B. Frequenzmittelwerte über 1 Tag oder 1 Woche berechnet und im zeitlichen Verlauf dargestellt. Die dargestellten Herzfrequenzen erlauben allerdings nur noch ungenaue Aussagen über die tatsächlich vorliegenden Frequenzen zu einem bestimmten oder an einem bestimmten Tag. Dargestellt werden aber tachykarde Rhythmusstörungen über einen längeren Zeitraum sowie die AV-Synchronität bei Zweikammerschrittmachern im zeitlichen Verlauf (⊡ Abb. 6.5).
96
6
Kapitel 6 · Diagnosefunktionen
⊡ Abb. 6.5 Gemittelte Herzfrequenzkurve – Tagesmittelwerte. Mit freundlicher Genehmigung der Sorin Group Deutschland GmbH
⊡ Abb. 6.6 Episodenzähler. Mit freundlicher Genehmigung der Medtronic GmbH
6.3
Arrhythmiediagnostik
Moderne Schrittmacher können einzelne atriale und ventrikuläre Salven sowie anhaltende ventrikuläre Tachykardien oder atriale Tachyarrhythmien inkl. Mode-Switch-Episoden speichern. Je nach Programmierung sind beispielsweise kurze tabellarische Informationen mit Angabe von Datum, Uhrzeit und Dauer der einzelnen Rhythmusstörungen möglich oder ausführlicher im Rahmen
eines kleinen Logbuches mit gespeichertem intrakardialem EGM.
6.3.1
Episodenzähler
Der Episodenzähler gibt tabellarisch eine Übersicht über die ventrikulären und atrialen Arrhythmie-Episoden wieder (⊡ Abb. 6.6).
97 6.5 · Monitorfunktion Sensingwerte
6
A
V
⊡ Abb. 6.7 Intrakardiales Elektrogramm mit Markerannotation einer Mode-Switch-Episode bei Vorhofflimmern. AS=intrinsische P-Welle (»atrial sensing«); (AS) intrinsische P-Welle in der Refraktärzeit, VP-MT=Ventrikuläre Stimulation an der Maximalfrequenz; ATR-FB=Atriale Tachyreaktion-Fallback, Beginn Mode-Switch; VP-FB=Fallbackstimulation während Mode-Switch
6.3.2
Aufzeichnung intrakardialer Elektrogramme mit Markerannotation
Diese Art der Aufzeichnung von Arrhythmien gibt die detaillierteste Auskunft über die gespeicherten Episoden. Hier kann kontrolliert werden, was der Schrittmacher gespeichert hat und ob es sich tatsächlich um eine Rhythmusstörung handelt (⊡ Abb. 6.7). Liegt z. B. tatsächlich eine atriale oder ventrikuläre Rhythmusstörung vor oder wurde die Aufzeichnung der Arrhythmieepisode von Störsignalen oder Far-Field-Sensing verursacht?
6.4
6.4.1
Überprüfung der Sensorfunktionen Sensorhistogramme
Eine Möglichkeit, die korrekte Anpassung der Stimulationsfrequenz an die Bedürfnisse des Patienten zu überprüfen, bieten die Sensorhistogramme. Hier werden Histogramme über einen längeren Zeitraum gespeichert und erlauben eine Darstellung der Frequenzverteilung. Sind die sensorgesteuerten Frequenzen z. B. hauptsächlich im
⊡ Abb. 6.8 Sensorhistogramm: Darstellung der prozentualen Frequenzverteilung. Mit freundlicher Genehmigung der St. Jude Medical GmbH
Grundfrequenzbereich, muss die Sensoreinstellung eventuell korrigiert werden (⊡ Abb. 6.8).
6.5
Monitorfunktion Sensingwerte
Andere Bezeichnungen: P-R-Wellentrend; Monitor-Sensingfunktion; Sensinghistogramm Alle wahrgenommenen P- und R-Wellen sowie atriale und ventrikuläre Extrasystolen können je nach Schrittmachermodell in Form von His-
98
Kapitel 6 · Diagnosefunktionen
6
⊡ Abb. 6.9 Sensinghistogramm: Darstellung aller wahrgenommen Signale im Vorhof und Ventrikel seit der letzten Löschung
togrammen oder Liniendiagrammen gespeichert werden. Für die Einstellung der Empfindlichkeitswerte sind somit neben den aktuellen Ergebnissen des Sensingtests auch die gespeicherten Signalamplituden in den Sensinghistogrammen zu berücksichtigen (⊡ Abb. 6.9).
6.6
Reizschwellentrend
Für den Reizschwellentrend ermittelt der Schrittmacher selbstständig in regelmäßigen Abständen die Reizschwelle (⊡ Abb. 6.10). Der Reizschwellentrend ist hinsichtlich der Patientensicherheit von besonderem Interesse. So kann eine stetig ansteigende Reizschwelle postoperativ auf eine instabile Sondenlage hinweisen, von einer stabilen Reizschwelle ist etwa 3 Monate postoperativ auszugehen. Pharmakologisch ausgelöste Veränderungen der Reizschwelle aufgrund von Medikamenteneinflüssen können im Trend dargestellt werden. Diese Trends können für die Programmierung der Stimulationsamplitude wichtige Informationen liefern, sofern nicht eine automatische Amplitudenanpassung mittels Algorithmus erfolgt.
⊡ Abb. 6.10 Reizschwellentrend
6.7
Sondenimpedanztrend
Fast alle modernen Schrittmacher bieten die Aufzeichnung des Sondenimpedanztrends an (⊡ Abb. 6.11). Hierfür wird in regelmäßigen zeitlichen Abständen (z. B. alle 4, 6 oder 8 h) eine Sondenimpedanzmessung durchgeführt. Der Anwender kann mit Hilfe dieser Sondenimpedanzkurve
99 6.8 · AV-Überleitungsdiagnostik
schon früh erkennen, ob sich ein schleichender Isolationsdefekt (sinkende Impedanz oder intermittierende niedrige Impedanzen) oder ein Leiterbruch (steigende Impedanz oder intermittierende hohe Impedanzwerte) anbahnt. > Wenn Probleme nicht nur der inneren, sondern auch der äußeren Wendel erkannt werden sollen, muss die Stimulationspolarität auf bipolar programmiert werden ( Abschn. 4.8).
6.8
6
AV-Überleitungsdiagnostik
Für die Darstellung der AV-Zeiten eignen sich die Histogramme der AV-Überleitungen. Sie geben Auskunft über die intrinsischen Überleitungszeiten (⊡ Abb. 6.12). Dargestellt werden die Überleitungszeiten in Abhängigkeit von der Frequenz, differenziert nach intrinsischen oder stimulierten Vorhofereignissen (AS-VS; AP-VS). Schrittmacher, die einen Moduswechsel bei AV-Blockierungen von AAI nach DDD vollziehen,
⊡ Abb. 6.11 Sondenimpedanztrend
⊡ Abb. 6.12 Überleitungsdiagnostik: In diesem Histogramm sind alle aufgetretenen PR-Intervalle (As-Vs) und AR-Intervalle (Ap-Vs), seit der letzten Nachkontrolle (bzw. seit letzter Löschung), dargestellt
100
Kapitel 6 · Diagnosefunktionen
⊡ Abb. 6.13 Überblick über die Häufigkeit unterschiedlicher AV-Blockierungen (AVB I–III) und Pausen
6 liefern umfangreiche Informationen bezüglich der AV-Blockierungen (⊡ Abb. 6.13). Diese Informationen sind besonders bedeutsam, wenn in der Anamnese des Patienten keine relevanten AV-Blockierungen bekannt sind.
6.9
Programmierempfehlungen auf Basis von Diagnosedaten
Andere Bezeichnungen: Diagnoseassistent; Therapieberater Einige Schrittmacher bieten auch Programmierempfehlungen auf Basis von gespeicherten Daten und aktueller Parameter an. Die Diagnoseempfehlungen sollten kritisch beurteilt und auf Plausibilität überprüft werden.
6.10
Herzinsuffizienzdiagnostik
6.10.1
FlüssigkeitsstatusÜberwachung
Herzinsuffizienz führt zu Flüssigkeitsansammlungen in Form von pulmonaler Stauung bzw. Pleuraergüssen. Diese Veränderungen können von ausgereiften Schrittmachersystemen anhand von Impedanzänderung über den liegenden Schrittmacher gemessen werden. Gemessen wird bei diesem Verfahren in regelmäßigen Abständen die intrathorakale Impedanz, die in umgekehrter Relation zu pulmonalen Flüssigkeitsansammlungen steht. Bei Abnahme der in-
trathorakalen Impedanz besteht Verdacht auf eine zunehmende pulmonale Flüssigkeitsansammlung (⊡ Abb. 6.14). Die Überwachung des Volumenstatus stellt eine zusätzliche Option zur Überwachung des Patienten dar, sollte aber im Kontext mit den klinischen Untersuchungsbefunden bewertet werden.
6.11
Limitationen von Diagnosefunktionen
Eine Speicherung von klar definierten Ereignissen bzw. Rhythmusstörungen setzt voraus, dass der Schrittmacher bedarfsgerecht programmiert ist und die Episoden korrekt erkennt. Je kürzer z. B. die Refraktärzeiten und je empfindlicher die Wahrnehmung, desto sicherer ist die Erkennung aller herzeigenen Signale. Gleichzeitig wächst damit aber die Gefahr für Oversensing. Es sollte bei der Einstellung des Schrittmachers der bestmögliche Kompromiss gefunden werden, um einerseits alle herzeigenen Signale zu erkennen, auch kleine Vorhofflimmersignale, und andererseits mögliche Störsignale auszublenden. So kann Undersensing von Vorhofflimmern, Oversensing von Stimulationsartefakten, FarField-Sensing oder Entranceblock zu Fehlinterpretationen führen. Mögliche Fehlinterpretationen der Diagnosefunktionen können z. B. sein: ▬ Inadäquate Mode-Switch-Episoden aufgrund von Oversensing externer Signale
101 6.11 · Limitationen von Diagnosefunktionen
⊡ Abb. 6.14 Intrathorakale Impedanz ohne Hinweis auf vermehrte Flüssigkeitsansammlungen
▬ Hoher Anteil ventrikulärer Extrasystolen als Hinweis für atriales Undersensing bei erhaltener AV-Überleitung. Eine VES ist für den Schrittmacher definiert als eine intrinsische ventrikuläre Depolarisation, der weder ein atrialer Stimulus noch eine detektierte intrinsische Vorhofdepolarisation vorausgeht. ▬ Gespeicherte ventrikuläre Salven bei tachyarrhythmischem Vorhofflimmern mit Überleitung und atrialem Sensingproblem
6
7
Programmierung 7.1
Modus – 104
7.2
Frequenzen
7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4 7.2.5
Grundfrequenz – 104 Maximalfrequenz (bei DDD/VDD-Systemen) – 104 Mode-Switch-Auslösefrequenz bei VDD/DDD-Systemen – 104 Maximale Sensorfrequenz – 105 Frequenzhysterese – 105
– 104
7.3
PV/AV-Intervalle/AV-Korrekturen
7.3.1
7.3.3 7.3.4 7.3.5 7.3.6
PV/AV-Intervall bei Patienten mit ausreichender oder überwiegender intrinsischer AV-Überleitung – 105 AV-Korrektur bei Patienten mit ausreichender oder überwiegender eigener AV-Überleitung – 105 PV/AV-Intervall bei Patienten mit AV-Blockierungen – 105 AV-Korrektur bei Patienten mit AV-Blockierungen – 105 Programmierung von AV-Intervall und AV-Korrektur ohne Optimierung – 106 Frequenzadaptives AV-Intervall – 106
7.4
Blanking und Refraktärzeiten – 106
7.4.1 7.4.2 7.4.3 7.4.4 7.4.5 7.4.6 7.4.7
Ventrikuläre Refraktärzeit (VRP) beim Ein- und Zweikammerschrittmacher – 106 Postatriales ventrikuläres Blanking (PAVB) beim Zweikammerschrittmacher – 106 Ventrikuläre Sicherheitsstimulation beim Zweikammerschrittmacher – 107 Atriale Refraktärzeit (ARP) im AAI-Schrittmacher – 107 Postventrikuläres atriales Blanking (PVAB) beim Zweikammerschrittmacher – 107 Postventrikuläre atriale Refraktärzeit (PVARP) beim Zweikammerschrittmacher – 107 Totale atriale Refraktärperiode (TARP) beim Zweikammerschrittmacher – 108
7.5
Stimulations- und Wahrnehmungsparameter – 108
7.5.1 7.5.2 7.5.3 7.5.4 7.5.5 7.5.6
Impulsamplitude im Vorhof und Ventrikel – 108 Impulsdauer im Vorhof und Ventrikel – 108 Stimulationspolarität im Vorhof und Ventrikel – 109 Wahrnehmungspolarität im Vorhof und Ventrikel – 109 Empfindlichkeit im Ventrikel – 109 Empfindlichkeit im Vorhof – 109
7.6
Zusammenfassung der Programmmierempfehlungen – 109
7.3.2
– 105
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
104
Kapitel 7 · Programmierung
Wenn die Diagnosespeicher ausgelesen und die Tests für die Nachsorge durchgeführt sind, sollte unter Berücksichtigung des Patientenstatus und der Schrittmacherindikation überprüft werden, ob eine Anpassung oder Optimierung der programmierbaren Parameter erforderlich ist.
7.1
7
Modus
Der Modus sollte entsprechend der Schrittmacherindikation des Patienten programmiert werden ( Leitlinien Herzschrittmachertherapie, indikationsbezogene Schrittmachertherapie: Abschn. 12.2). Ändern sich im Laufe der Zeit Rhythmus oder Überleitung, muss überprüft werden, ob der programmierte Modus noch sinnvoll ist oder ob eine Umprogrammierung des Modus erforderlich ist.
dies eher medikamentös erfolgen und nicht mittels Programmierung einer niedrigeren Maximalfrequenz. Eine niedrigprogrammierte Maximalfrequenz hätte nur zur Folge, dass mit Erreichen des Frequenzlimits eine Desynchronisation von Vorhof und Ventrikel einsetzt und daraus ein hämodynamisch ungünstiges Wenckebach-Verhalten oder 2:1-Blockverhalten resultieren ( Abschn. 1.9).
7.2.3
Mode-Switch-Auslösefrequenz bei VDD/DDD-Systemen
Maximalfrequenz (bei DDD/ VDD-Systemen)
Mit der Mode-Switch-Auslösefrequenz wird die PWellen-Grenzfrequenz definiert, ab der ein Schrittmacher von einer Vorhoftachyarrhythmie ausgeht und einen Mode-Switch (z. B. DDD(R)→ DDI(R)) durchführt. Der Mode-Switch-Algorithmus kann nur bei Patienten mit AV-Überleitungsstörungen die ventrikuläre Stimulationsfrequenz begrenzen, weil ansonsten die ungestörte intrinsische AVÜberleitung zu hohen Frequenzen führt, die durch den Mode-Switch nicht zu beeinflussen sind. Im Falle eines intermittierenden Sensingverlustes bei Vorhofflimmern besteht die Gefahr, dass der Mode-Switch verzögert einsetzt und der Schrittmacher intermittierend an der oberen Grenzfrequenz ventrikulär stimuliert, weil die Frequenzkriterien für den Mode-Switch bei intermittierendem Sensingverlust evtl. nicht erreicht werden. Für eine solche Situation kommen in Frage: ▬ Umprogrammierung des atrialen Sensings auf empfindlichere Werte ▬ Umstellung des Switch-Kriteriums (z. B. von 6/6 auf 3/6) ▬ Eine andere sinnvolle Option kann in einem solchen Fall die Programmierung auf DDIR sein, weil dadurch die Frequenzen ausschließlich durch die Sensoraktivität bestimmt werden.
Die Maximalfrequenz sollte mindestens so hoch sein, dass die Sinusfrequenz unter Belastung noch 1:1 ventrikulär getriggert wird. Faustformel für die Berechnung der Maximalfrequenz ist in etwa 220 minus Alter. Erfordert die kardiale Grunderkrankung ein niedrigeres Frequenzlimit, sollte
Die Begrenzung der Maximalfrequenz von z. B. 150 ipm auf 120 ipm ist nicht sinnvoll, denn sie führt dazu, dass einerseits weiterhin hohe ventrikuläre Stimulationsfrequenzen auftreten und andererseits bei Sinusrhythmus unter Belastung die obere Frequenz limitiert ist.
7.2
Frequenzen
7.2.1
Grundfrequenz
Die Grundfrequenz weist in der Regel Werte zwischen 50–70 ipm auf. Bei chronotroper Kompetenz mit AV-Block kann die programmierte Grundfrequenz unter dem Sinusrhythmus liegen, um z. B. unnötige nächtliche atriale Stimulationen zu vermeiden (ca. 50 ipm, im VDD-Modus: 40–50 ipm). Bei sehr sportlichen Patienten müssen manchmal niedrige Frequenzen um 40 ipm gewählt werden. Patienten mit einer Sinusknotenerkrankung oder atrialen Arrhythmien können auf eine Ruhefrequenz von 60–70 ipm programmiert werden.
7.2.2
105 7.3 · PV/AV-Intervalle/AV-Korrekturen
7.2.4
Maximale Sensorfrequenz
Bei der Wahl der maximalen Sensorfrequenz sind Alter, alltägliche Belastungen des Patienten und kardiale Grunderkrankungen zu berücksichtigen. In der Regel liegt sie bei ca. 120–130 ipm. Sind nur geringe alltägliche Belastungen zu erwarten oder liegen KHK, Herzinsuffizienz oder Klappenvitien vor, sollte die max. Sensorfrequenz eher zurückhaltend gewählt werden (ca. 100–110 ipm).
7.2.5
Frequenzhysterese
Die Frequenzhysterese ( Abschn. 3.5.1) ist immer dann von Vorteil, wenn dem intrinsischen Rhythmus der Vorrang eingeräumt werden soll. Bei Karotissinussyndrom ist in Verbindung mit einem Zweikammermodus (z. B. DDD mit Spezialalgorithmen oder DDI) eine Frequenzhysterese erwünscht (z. B. 20–30%), um unnötige Stimulationen zu vermeiden. Bei isolierten AV-Blockierungen im DDDModus kann eine Hysterese von ca. 10% gewählt werden. Im Falle von paroxysmalen Vorhofarrhythmien ist es möglicherweise sinnvoll, eine evtl. bestehende Frequenzhysterese auszuschalten, in der Hoffnung, dass bei höheren Grundfrequenzen seltener Vorhofflimmern auftritt.
7.3
PV/AV-Intervalle/ AV-Korrekturen
7.3.1
PV/AV-Intervall bei Patienten mit ausreichender oder überwiegender intrinsischer AV-Überleitung
7
Bei vielen Aggregaten werden die PQ-Zeiten (AS– VS) auch automatisch gemessen und angezeigt. Das intrakardiale EKG ist dem Oberflächen-EKG vorzuziehen, da die PQ-Zeiten so angegeben werden, wie der Schrittmacher sie erkennt.
7.3.2
AV-Korrektur bei Patienten mit ausreichender oder überwiegender eigener AV-Überleitung
Für die Bestimmung der AV-Überleitungszeit nach stimuliertem Vorhof wird die Stimulationsfrequenz höher als die P-Wellenfrequenz programmiert und ein maximales PV/AV-Intervall gewählt. Mit Hilfe der Markerannotation kann das Intervall AP–VS gemessen werden. Für die Programmierung der AV-Korrektur wird die Differenz der Intervalle AP–VS und AS–VS verwendet (⊡ Abb. 7.1).
7.3.3
PV/AV-Intervall bei Patienten mit AV-Blockierungen
Bei Patienten mit AV-Blockierungen, die einer ventrikulären Stimulation bedürfen, ist die hämodynamische Optimierung des PV/AV-Intervalls erforderlich. Für die Optimierung des PV/AV-Intervalls stehen folgende Verfahren zur Verfügung: ▬ Approximation mittels Oberflächen-EKG ▬ Approximation mittels Ösophagus-EKG ▬ Transmitrale Doppler-Echokardiografie bzw. »Ritter-Formel« ▬ Automatische AV-Anpassung während der Programmierung Abschn. 3.3.1
Bei Vorliegen einer hämodynamisch sinnvollen eigenen Überleitung (PQ ≤240 ms) empfiehlt es sich, das PV-Intervall (intrinsischer Vorhof) etwas länger (ca. 270 ms) zu wählen, bzw. entsprechende AV-Hysteresealgorithmen einzusetzen. Ziel ist, die rechtsventrikuläre Stimulation so oft wie möglich zu vermeiden. Die vom Schrittmacher detektierten PQ-Zeiten können mittels intrakardialem EKG mit Markerannotation (AS–VS) ermittelt werden.
7.3.4
AV-Korrektur bei Patienten mit AV-Blockierungen
Bei Patienten mit AV-Blockierung kann als Näherungswert die Zeit vom atrialen Stimulus bis zum Anfangsteil der P-Welle als AV-Korrektur verwendet werden ( Abschn. 1.7.4).
106
Kapitel 7 · Programmierung
atrial atrial
ventr. ventr.
a
7
b
⊡ Abb. 7.1 Bestimmung der AV-Korrektur: a: A-V in Abbildung=AR-Intervall 287 ms; b: A-V in Abbildung=PR-Intervall 207 ms, also beträgt die AV-Korrektur 80 ms. (AP=Atriale Stimulation; AS=Atriale Wahrnehmung; VS=Ventrikuläre Wahrnehmung)
In der Regel liegt die AV-Korrekturzeit durchschnittlich bei 60 ms, kann aber individuell erheblich variieren.
7.3.5
Programmierung von AV-Intervall und AV-Korrektur ohne Optimierung
Das optimierte AV-Intervall weist erhebliche interindividuelle Abweichungen auf. Wenn allerdings keines der genannten Optimierungsverfahren zur Anwendung kommt, können folgende Überleitungszeiten als grober Anhaltspunkt dienen: In Ruhephasen kann bei atrialer Stimulation das AP/VP-Intervall ca. 180–200 ms betragen, während die AS/VP-Zeit bei intrinsischen P-Wellen ca. 120–140 ms betragen sollte.
7.3.6
Frequenzadaptives AV-Intervall
Das frequenzadaptive AV-Intervall ahmt die physiologische Verkürzung der PQ-Zeit bei Patienten mit AV-Überleitungsstörungen unter Belastung nach. Aus klinischer Sicht ist die angebotene automatische Verkürzung des AV-Intervalls bei den meisten Algorithmen zu aggressiv. Eine Differenz
von >30 ms erscheint hämodynamisch nicht sinnvoll ( Abschn. 3.3. ⊡ Abb. 3.8).
7.4
Blanking und Refraktärzeiten
7.4.1
Ventrikuläre Refraktärzeit (VRP) beim Ein- und Zweikammerschrittmacher
Die ventrikuläre Refraktärzeit soll einen Neustart des Timings nach T-Wellen-Oversensing im Ventrikel verhindern. Da allerdings T-Wellen-Oversensing nur bei sehr hoher ventrikulärer Empfindlichkeit (= niedrig programmierte Sensingschwelle z. B. <2 mV) auftritt, kann die VRP in der Regel kurz gewählt werden, ca. 150–250 ms, damit die ventrikulären Extrasystolen möglichst außerhalb der ventrikulären Refraktärzeit einfallen und dadurch das Timing neu starten.
7.4.2
Postatriales ventrikuläres Blanking (PAVB) beim Zweikammerschrittmacher
Bei sehr kurzer Blankingzeit kann es zum Übersprechen des atrialen Stimulus auf den ventri-
107 7.4 · Blanking und Refraktärzeiten
kulären Kanal (AV-Crosstalk) kommen und bei Patienten mit fehlender AV-Überleitung eine Asystolie verursachen. Diese Problematik wird durch die Blankingzeit und die ventrikuläre Sicherheitsstimulation gelöst. Die ventrikuläre Sicherheitsstimulation erlaubt die Programmierung kurzer Ausblendzeiten ( Abschn. 2.1) mit dem Ziel, intrinsische Ventrikeldepolarisationen zu diesem Zeitpunkt zu detektieren. Wird das postatriale ventrikuläre Blanking zu lange programmiert, besteht die Gefahr, dass kurz angekoppelte ventrikuläre Eigenaktionen in die Ausblendzeit fallen und nicht detektiert werden, sodass nach Ablauf des programmierten AV-Intervalls die ventrikuläre Stimulation in die vulnerable Phase der T-Welle fallen kann. Die Dauer der Blankingzeit sollte 40–60 ms betragen, in Kombination mit der ventrikulären Sicherheitsstimulation.
7.4.3
Ventrikuläre Sicherheitsstimulation beim Zweikammerschrittmacher
In Zweikammersystemen ist es empfehlenswert, die ventrikuläre Sicherheitsstimulation einzuschalten, wenn sie nicht schon standardmäßig herstellerseitig eingeschaltet ist. Bei häufigem AV-Crosstalk und ventrikulärer Sicherheitsstimulation mit verkürztem AV-Intervall (ca. 100– 110 ms), können symptomatische Vorhofpfropfungen beobachtet werden. Um Crosstalk zu vermeiden, sind folgende Umprogrammierungen empfehlenswert: ▬ Atriale Stimulationsamplitude reduzieren ▬ Bipolare atriale Stimulation ▬ Bipolare ventrikuläre Wahrnehmungskonfiguration ▬ Ventrikuläre Empfindlichkeit möglichst unempfindlich ▬ PAVB: verlängern Oft reicht schon die Umprogrammierung eines der genannten Parameter aus, um Crosstalk bzw. gehäufte Sicherheitsstimulationen zu vermeiden.
7.4.4
7
Atriale Refraktärzeit (ARP) im AAI-Schrittmacher
Zum Schutz vor R-Wellen Far-Field-Sensing sollte die ARP in der Regel 350–400 ms betragen.
7.4.5
Postventrikuläres atriales Blanking (PVAB) beim Zweikammerschrittmacher
Die atriale Ausblendzeit nach ventrikulärer Wahrnehmung oder Stimulation dient dem Schutz vor R-Wellen Far-Field-Sensing (FFS). Die endgültige Programmierung vom PVAB richtet sich danach, ob bei der Grundeinstellung FFS auftritt oder nicht. Programmierempfehlung: Ca. 150–175 ms Ist das postventrikuläre atriale Blanking (PVAB) nach einem ventrikulären Spontanereignis nicht programmierbar, was bei einigen Schrittmachermodellen der Fall sein kann, und kommt es zum R-Wellen Far-Field-Sensing, muss die atriale Wahrnehmungsschwelle unempfindlicher programmiert werden, z. B. 1 mV ( Abb. 9.51). > Bei Vorhofflattern kann gelegentlich beobachtet werden, dass jede 2. P-Welle in die PVAB fällt. Das bedeutet, dass der Schrittmacher die tatsächliche Vorhoffrequenz nicht erkennen kann und folglich keinen Mode-Switch durchführt. In diesem Fall müsste die PVAB verkürzt bzw. der DDI(R)Modus programmiert werden ( Abschn. 9.3; ⊡ Abb. 9.13).
7.4.6
Postventrikuläre atriale Refraktärzeit (PVARP) beim Zweikammerschrittmacher
Die Dauer der PVARP sollte so programmiert sein, dass möglichst eine retrograde Vorhoferregung in die PVARP fällt, das heißt z. B., dass die PVARP 50 ms länger als die gemessene retrograde Leitungszeit sein sollte. Bei extrem langen retrograden Leitungszeiten kann die PVARP nicht entsprechend verlängert werden, da sonst die ventrikuläre Stimulationsfrequenz begrenzt wird, sodass zusätzlich der
108
Kapitel 7 · Programmierung
PMT-Schutz- und Terminierungsalgorithmus und eine dynamische PVARP aktiviert werden sollten. Programmierempfehlung: Ca. 200–300 ms
7.4.7
Totale atriale Refraktärperiode (TARP) beim Zweikammerschrittmacher
Die TARP ergibt sich aus der Summe der PVARP und dem programmierten AV/PV-Intervall. Die TARP bestimmt den 2:1-Punkt ( Abschn. 1.7 u. 1.9.2).
7.5
Stimulations- und Wahrnehmungsparameter
7.5.1
Impulsamplitude im Vorhof und Ventrikel
7
Normalerweise sollte die Impulsamplitude mindestens auf den doppelten Reizschwellenwert programmiert werden. Das heißt, wenn eine Reizschwelle von 1 V vorliegt, kann die Impulsamplitude auf 2 V eingestellt werden. Liegen niedrige Reizschwellenwerte von ca. 0,5 V vor, ist es aus Sicherheitsgründen empfehlenswert, die Impulsamplitude >1,5 V zu programmieren, da im tageszeitlichen Verlauf die Reizschwelle schwanken und bei zu niedriger Impulsamplitude zu einem intermittierenden Verlust der Stimulation führen kann. Für die Programmierung von Impulsamplituden über der Batteriespannung (bei Lithium-JodBatterien zwischen 2,4–2,8 V, bei Lithium-SilberVanadiumoxidhybrid 3,2 V) setzt der Schrittmacher in der Regel einen Spannungsdoppler ein. Dieser Spannungsdoppler benötigt zusätzlichen Strom. Für Reizschwellen, die die Programmierung einer Impulsamplitude knapp über der Batteriespannung erfordern, sollte versucht werden, mit einer längeren Impulsdauer eine niedrigere Amplitudenreizschwelle zu erzielen, so dass die Impulsamplitude, die mindestens auf den doppelten Reizschwellenwert programmiert werden sollte, unter der Batteriespannung zu liegen kommt. Der tatsächliche Energieverbrauch lässt sich am besten durch Auslesen des Batteriestroms bei Einstellung
von verschiedenen Parameterkombinationen aus Spannungsamplitude und Impulsdauer ermitteln. Unmittelbar postoperativ kann sicherheitshalber die Impulsamplitude – auch bei sehr guten Reizschwellenwerten – auf etwa 3,5 V programmiert werden, da postoperative Reizschwellenanstiege nach ca. 1–2 Wochen auftreten können. Erst 8–12 Wochen nach Implantation stellt sich die chronische Reizschwelle ein. Fraglich ist, ob bei den heutigen steroidabgebenden Sonden diese Sicherheitsmaßnahme noch notwendig ist. In der Regel zeigen diese Sonden nur noch geringe postoperative Reizschwellenanstiege. Falls ventrikulär eine automatische Reizschwellenermittlung und Reizschwellenadaptation programmiert sind, erfolgt die Anpassung der Impulsamplitude automatisch und kontinuierlich. Fehlerquellen z. B. sind häufige Pseudofusionen bei Vorhofflimmern. Bei tachykarden Phasen oder zu hohen Reizschwellenanstiegen funktioniert die automatische Reizschwellenermittlung (»beat to beat« oder periodisch) eventuell nicht. Der Schrittmacher stimuliert dann mit hoher Impulsamplitude.
7.5.2
Impulsdauer im Vorhof und Ventrikel
Die Impulsdauer sollte wenn möglich nahe der Chronaxie (ca. 0,3–0,4 ms) liegen. Wenn die Reizschwelle hohe Amplituden erfordert, ist es aus energetischen Gründen manchmal empfehlenswert, die Impulsdauer zu verlängern mit dem Ziel, die Impulsamplitude nicht höher als 2,4 bzw. 2,5 V (Spannungsdopplergrenze) zu programmieren. Bei Muskelzucken im Pektoralisbereich (mit unipolaren Sonden) kann es in speziellen Fällen hilfreich sein, die Impulsdauer auf 1 ms zu erhöhen, damit die Impulsamplitude reduziert werden kann und das Muskelzucken verschwindet. Beispiel:
▬ Reizschwelle bei 0,3 ms/2 V: Muskelzucken bei 3,5 V ▬ Reizschwelle bei 1 ms/1,5 V: Muskelzucken bei 3,5 V Versuchsweise kann programmiert werden: 1,0 ms 3,0 V; kommt es unter dieser Einstellung z. B. bei
109 7.6 · Zusammenfassung der Programmmierempfehlungen
Körperlageveränderung immer noch zu Muskelzuckungen, muss individuell vorgegangen werden (z. B. Akzeptanz einer niedrigeren Impulsamplitude, unterhalb der doppelten Reizschwellenamplitude beim nicht-abhängigen Patienten; Implantation einer neuen – bipolaren – Sonde).
7.5.3
Stimulationspolarität im Vorhof und Ventrikel
Es ist empfehlenswert, die Stimulationspolarität wegen der besseren Identifizierung des Stimulus in Oberflächen- und Langzeit-EKG auf unipolar zu programmieren. Bei Muskelzucken im Pektoralisbereich ist die bipolare Stimulationspolarität zu bevorzugen.
7
Bipolare Konfiguration. Da bei bipolarer Konfi-
guration eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit für Oversensing besteht, kann eine hohe Empfindlichkeit (= niedriger Empfindlichkeitswert) programmiert werden, auch wenn die R-Wellen höhere Signalamplituden aufweisen. Es wird dadurch die Möglichkeit von Undersensing (z. B. ventrikuläre Extrasystolie) verringert. Programmierempfehlung: Ca. 2–4 mV Bei automatischer Empfindlichkeitsanpassung erfolgt die Anpassung der Sensingwerte automatisch ( Abschn. 2.5).
7.5.6
Empfindlichkeit im Vorhof
Unipolare Konfiguration. Bei unipolarer Sonde 7.5.4
Wahrnehmungspolarität im Vorhof und Ventrikel
Da die bipolare Wahrnehmung der unipolaren Wahrnehmung hinsichtlich geringerer Störbeeinflussung weit überlegen ist, sollte, wenn möglich, nur noch die bipolare Wahrnehmungspolarität verwendet werden.
7.5.5
Empfindlichkeit im Ventrikel
Für die Programmierung der Empfindlichkeitswerte werden die Ergebnisse des Sensingtests und die gespeicherten Sensinghistogramme zu Rate gezogen. Unipolare Konfiguration. Bei unipolarer Wahrnehmung ist die Gefahr für Oversensing von Myosignalen und externen Störsignalen gegeben. Deshalb ist eine möglichst unempfindliche unipolare Wahrnehmung (hoher Empfindlichkeitswert) empfehlenswert. Die Hälfte des gemessenen R-Wellensignals ist anzustreben. Bei R-Wellensignalen <6 mV sollte sicherheitshalber mittels Provokationstest die Inhibition durch Myosignale überprüft werden. Die ventrikuläre Wahrnehmungsschwelle sollte über der Wahrnehmungsschwelle der Myosignale liegen. Programmierempfehlung: Ca. 50% der RWellenamplitude, mind. 2 mV, empfohlen >4 mV (>6,8 mV gemäß VDE 2010/DKE-Norm).
sollte die Empfindlichkeit auf ca. 50% der P-Wellenamplitude eingestellt werden, um MyosignalOversensing weitgehend zu vermeiden. Bei intermittierend auftretenden Vorhofarrhythmien kann allerdings eine solche Programmierung zu einem intermittierenden Undersensing führen, da die Flimmersignale eine deutlich geringere Amplitudenhöhe aufweisen. Ein akzeptabler Kompromiss könnte eine Empfindlichkeitsstufe 1,0 mV sein. Bipolare Konfiguration. Bipolare Sonden können auf Empfindlichkeitsstufen, selbst wenn unter Sinusrhythmus hohe P-Wellensignale gemessen werden, zwischen 0,2 und 0,8 mV (meistens 0,5 mV) programmiert werden, um auch niedrigamplitudige Flimmerwellen zu detektieren. MyosignalOversensing wird auch bei empfindlichster Einstellung extrem selten beobachtet.
7.6
Zusammenfassung der Programmmierempfehlungen
Die in ⊡ Tab. 7.1 aufgelisteten Programmierempfehlungen sind nur als allgemeine Hilfestellung gedacht. Es müssen immer die individuelle Situation des Patienten und die Programmieroptionen des Schrittmachers berücksichtigt werden.
110
Kapitel 7 · Programmierung
⊡ Tab. 7.1 Programmierempfehlungen Parameter
Programmierempfehlung
Modus
Gemäß den Leitlinien der DGK ( Abschn. 12.2)
Grundfrequenz
Bei isoliertem AV-Block unter der Sinusfrequenz ca. 50 ipm Bei SSS oder Vorhofarrhythmien: ca. 60–70 ipm Bei CSS z. B. 50–60 ipm mit Frequenzhysterese und Beschleunigungsalgorithmen Bei Sportlern: individuell (z. B. 40 ipm)
Maximalfrequenz
Bei DDD/VDD-Systemen: 220 ipm – Alter oder deutlich niedriger bei kardialen Grunderkrankungen
Maximale Sensorfrequenz
Abhängig vom individuellen Bedarf: Ohne kardiale Grunderkrankung: 120 ipm und mehr Mit kardialen Grunderkrankungen: ca. 100–110 ipm
Frequenzhysterese
Bei isoliertem AV-Block: ca. 10% (VDD; DDD) Bei CSS: im DDI-Modus: ca. 20–30% Brady-Tachy-Syndrom oder Vorhofarrhythmien: keine Frequenzhysterese
AV-Intervall
Mit eigener AV-Überleitung: AV-Hysteresealgorithmen aktivieren oder AV-Intervall ca. 30–50 ms länger als die PQ-Zeit programmieren Bei AV-Block: Hämodynamische Optimierung des AV-Intervalls; wenn nicht durchgeführt: AP/VP-Intervall in Ruhe ca. 180–200 ms, AS/VP-Intervall ca. 120–140 ms, AVZeiten unter Belastung max. 30 ms kürzer als in Ruhe (frequenzadaptives AV-Intervall)
AV-Korrektur
Ca. 40–100 ms, individuelle Bestimmung durch Bildung der Differenz zwischen Überleitungszeiten AP–VS und AS–VS oder Messung des Intervalls zwischen atrialem Stimulus und Anfangsteil der P-Welle
VRP: Ventrikuläre Refraktärperiode
Ca. 150–250 ms
PAVB: Postatriales ventrikuläres Blanking
Ca. 12–30 ms, wenn ventrikuläre Sicherheitsstimulation vorhanden; ansonsten 40 ms
Ventrikuläre Sicherheitsstimulation
Ein
PVARP: Postventrikuläre atriale Refraktärperiode
Ca. 200–300 ms, oder 30–50 ms länger als gemessene retrograde Leitungszeit, wenn keine PMT-Schutzalgorithmen zur Verfügung stehen
PVAB: Postventrikuläres atriales Blanking
Ca. 150–175 ms; bei 2:1-Blanking infolge von Vorhofflattern, evtl. kürzer
Impulsamplitude im Vorhof und Ventrikel
Ca. 2,0–2,5 V, jedoch mindestens doppelter Reizschwellenwert der Impulsamplitude oder Aktivierung der automatischen Anpassung der Impulsamplituden
Impulsdauer im Vorhof und Ventrikel
Ca. 0,3–0,4 ms; in der Nähe der Chronaxie
Stimulationspolarität im Vorhof und Ventrikel
Unipolar: für eine bessere Sichtbarkeit im Oberflächen-EKG und Langzeit-EKG Bipolar: – Bei Muskelzucken im Pektoralisbereich – Bei AV-Crosstalk, wenn nicht mit anderen Parameteränderungen vermeidbar
Wahrnehmungspolarität im Vorhof und Ventrikel
Bipolare Wahrnehmung
7
111 7.6 · Zusammenfassung der Programmmierempfehlungen
⊡ Tab. 7.1 Fortsetzung Parameter
Programmierempfehlung
Empfindlichkeitsschwelle im Ventrikel
Unipolar: 50% der gemessenen R-Welle, mind. >2 mV besser >4 mV (sicherer Bereich >6,8 mV Anwendernorm der VDE 2010) Bipolar: ca. 3 mV
Empfindlichkeitsschwelle im Vorhof
Unipolar: ≥1 mV (Probleme z. B. bei Vorhofflimmern möglich) Bipolar: ca. 0,5 mV (bei VDD-Single-Lead: 0,1–0,3)
PMT-Schutz
Ohne PMT-Schutzfunktionen: PVARP 30–50 ms länger als gemessene retrograde Leitungszeit (Probleme z. B. mit Programmierung der oberen Grenzfrequenz möglich) Mit PMT-Schutzfunktionen: (minimale) PVARP, wenn möglich kurz lassen, um eine Limitierung der oberen Grenzfrequenz zu vermeiden Programmierung des AV-Intervalls: – Bei Patienten mit AV-Blockierung: kurzes (am besten optimiertes) AV/PV-Intervall wählen und/oder frequenzadaptives AV-Intervall – Bei Patienten mit SSS: Lange AV-Intervalle vermeiden, aber AV- Hysteresen oder MPV-Algorithmen aktivieren für die Förderung der intrinsischen AV-Überleitung
Mode-Switch
Ein: Fast immer sinnvoll (VDD/DDD(R)) Aus: Bei inadäquatem Mode-Switch infolge R-Wellen Far-Field-Sensing und nicht programmierbarem PVAB oder bei passagerem Undersensing von Vorhofflimmersignalen Empfehlung in diesen Fällen: DDIR-Modus
Sensor
Ein: – Bei chronotroper Inkompetenz – Zur Frequenzglättung – Im DDD-Modus evtl. selektiv während Mode-Switch-Phasen bei Patienten mit AVÜberleitungsstörungen und chronotroper Kompetenz während Sinusrhythmus (z. B. Moduswechsel von DDD auf DDIR/VDIR)
Automatische Impulsamplitudenanpassung
Wenn möglich
Automatische Empfindlichkeitsanpassung
Evtl. manuell überprüfen, Holter beachten: Oversensing, Undersensing soweit möglich ausschließen
Präventionsalgorithmen
Können optional eingeschaltet werden bei Patienten mit SSS und bekannten intermittierenden Vorhofarrhythmien
Frequenzglättung
Bei SA-Blockierungen unter Belastung und wenn der Patient keine frequenzadaptive Stimulation benötigt. Evtl. ventrikuläre Frequenzglättung während Vorhofarrhythmiephasen
Automatische antitachykarde Stimulation
Kann optional eingeschaltet werden bei Patienten mit stimulierbaren intermittierenden Vorhofarrhythmien/kein Effekt bei Vorhofflimmern
Diagnosefunktionen
Einschalten! Arrhythmiediagnostik, Reizschwellentrend, Sensingtrend, Sondenimpedanztrend etc. sind wichtige Informationen für die Beurteilung der Funktionalität des Schrittmachers
7
8
Komplikationen
8.1
Komplikationen postoperativ
8.1.1 8.1.2 8.1.3 8.1.4 8.1.5
Hämatom – 114 Luftpolster in der Schrittmachertasche (»air trapping«) – 114 Pneumothorax, Hämatothorax und Hämomediastinum – 114 Postoperative Kreislaufregulationsstörungen – 115 Perioperative Komplikationen – 115
– 114
8.2
Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf – 115
8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.2.5 8.2.6 8.2.7 8.2.8 8.2.9
Infektion – 115 Migration/Perforation des Schrittmachergehäuses – 117 Pektoralisstimulation (Muskelzucken) – 117 Zwerchfellstimulation – 118 Thrombosen und Thromboembolien – 118 Sondenprobleme – 119 Konnektorprobleme – 123 Fluktuation der Stimulations- und Wahrnehmungsschwellen Schrittmacherdefekte – 126
– 124
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
8
114
Kapitel 8 · Komplikationen
8.1
Komplikationen postoperativ
8.1.1
Hämatom
Ein Hämatom kann nach Stunden oder Tagen je nach Dauer und Schwierigkeit der Implantation auftreten. Es wird begünstigt, wenn die Intervention unter Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmern durchgeführt oder wenn eine Therapie mit Antikoagulanzien postoperativ zu früh gestartet wurde (⊡ Abb. 8.1). Die Diagnose eines Hämatoms ist klinisch leicht zu stellen, bei kleinen Hämatomen kann die Diagnose sonografisch gesichert werden. Bei abwartender Haltung besteht die Therapie aus Kompressionsverband, Sandsack und kühlenden Auflagen, die die Zunahme des Hämatoms verhindern sollen. Nützlich ist die tägliche Kontrolle und Markierung der Ausdehnung mittels Farbstift. Eine chirurgische Intervention ist in der Regel nicht erforderlich. Bei starken Schmerzen und persistierender Blutung ist eine Intervention unumgänglich. Bei Patienten, die mit Antikoagulanzien behandelt werden, erscheint es günstig, die Antikoagulation erst nach 3–5 Tagen wieder aufzunehmen.
⊡ Abb. 8.1 Hämatom postoperativ
Schrittmachergehäuse wurde die normale Funktion wieder hergestellt mit einer normalen Impedanz der Sonden. Jede Verringerung des Drucks führte wiederum zu einem Exitblock. Nach Absaugen eines Luftpolsters mittels einer Kanüle zeigte sich sofort und auch später im Langzeitverlauf eine regelrechte Funktion.
8.1.3 8.1.2
Luftpolster in der Schrittmachertasche (»air trapping«)
In sehr seltenen Fällen kann es zu einem Luftpolster zwischen subkutanem bzw. subfaszialem Gewebe und Schrittmacher kommen, das vor allem bei ummantelten (einseitig isolierten = »coated«) Aggregaten zum Stimulationsausfall bei unipolarer Simulationskonfiguration führen kann. Fallbeispiel: Ein schrittmacherabhängiger Patient bekam einen Schrittmacherwechsel bei liegender unipolarer ventrikulärer Sonde. Diese wies gute Messwerte auf. Die postoperative EKGKontrolle zeigte eine perfekte Funktion des implantierten Systems. Einige Stunden später erlitt der Patient schwere Schwindelanfälle mit einem kompletten Ausfall der Schrittmacherfunktion. Die Impedanz, die an beiden Sonden gemessen wurde, war größer als 3 kOhm. Bei Druck auf das
Pneumothorax, Hämatothorax und Hämomediastinum
Bei Fehlpunktionen sind Pneumothorax und Hämatothorax möglich (⊡ Abb. 8.2). Beide Komplikationen können sich manchmal erst Stunden bis Tage nach der Operation entwickeln, so dass bei entsprechenden Symptomen, z. B. Atemnot, Hautemphysem, ungewöhnliche lokale Schmerzen etc., erhöhte Aufmerksamkeit geboten ist. Diese Komplikationen sind jedoch relativ selten – abhängig von der Erfahrung des Operateurs. Ein Pneumothorax von geringer Ausdehnung resorbiert sich in der Regel von selbst. Ist der Pneumothorax progredient, muss eine Thoraxdrainage gelegt werden. Routinemäßig sollte eine Röntgenthoraxaufnahme postoperativ (meistens Stunden danach oder/und am nächsten Tag) nach Subklaviapunktion erfolgen. Extrem selten ist das Hämomediastinum.
115 8.2 · Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf
8
Fallbeispiel: Einer 80-jährigen Patientin, die unter symptomatischen Schwindelerscheinungen bei komplettem AV-Block und einer ventrikulären Eigenfrequenz von ca. 30 min-1 litt, wurde ein DDD-Schrittmacher implantiert. Vor der Implantation bestand ein bradykardiebedingter Hypertonus von 200/90 mmHg. Nach Implantation des DDD-Schrittmachers triggert der Sinusrhythmus (120 min-1) die ventrikuläre Frequenz mit einem symptomatischen postoperativen Blutdruckabfall (auf 90 mmHg systolisch). Der Schrittmacher wurde deshalb auf DDI mit einer Stimulationsfrequenz von 60 ipm umprogrammiert. Der Blutdruck normalisierte sich daraufhin (130/80 mmHg). Einen Tag später wurde die Stimulationsfrequenz auf 70 ipm erhöht. Zwei Tage nach Implantation konnte dann wieder auf den DDD-Modus zurückprogrammiert werden. Es ergab sich danach eine vorhofgesteuerte Frequenz von ca. 75 min-1. Das Blutdruckverhalten hatte sich auf Werte von 140/80 mmHg einreguliert.
⊡ Abb. 8.2 Postoperatives Röntgenbild des Thorax zeigt einen Pneumothorax, nach Punktion der V. subclavia. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
8.1.4
Postoperative Kreislaufregulationsstörungen
Bei manchen Patienten kann es nach Implantation des Schrittmachers zu Kreislaufregulationsstörungen kommen, insbesondere wenn vorher extreme Bradykardien bestanden. Häufig ist eine solche Rhythmusstörung mit einem bradykardiebedingten Hypertonus verbunden. Vor allem bei DDDSchrittmachern (z. B. bei Patienten mit komplettem AV-Block) oder bei frequenzadaptiven Schrittmachern kann der plötzliche erhebliche Frequenzunterschied einen Blutdruckabfall und massive Kreislaufregulationsstörungen auslösen. In einigen Fällen empfiehlt es sich dann, den DDD-Modus oder die Frequenzadaptation auszuschalten und für 2–3 Tage auf einen VVI- oder DDI-Modus mit langsam ansteigender Stimulationsfrequenz (z. B. 50–70 ipm) als Übergangsregelung umzustellen.
kSondenanschlüsse für Vorhof und Ventrikel vertauscht
Eine extrem seltene Komplikation ist die versehentliche Konnektion der ventrikulären Sonde an den atrialen Kanal und der atrialen Sonde an den ventrikulären Kanal (⊡ Abb. 8.3).
8.1.5
Perioperative Komplikationen
⊡ Abb. 8.4 zeigt die häufigsten Komplikationen, die
nach Implantation auftreten können (Bericht 2008 des Deutschen Herzschrittmacher-Registers).
8.2
Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf
8.2.1
Infektion
Eine gefürchtete Komplikation ist die Früh- oder Spätinfektion des Schrittmachersystems. Beschwerden wie unklare Temperaturerhöhungen, Schüttelfost, Verschlechterung des Allgemeinzustandes, die im Rahmen der Nachsorge auffallen, und eine Inspektion der Schrittmachertasche
116
Kapitel 8 · Komplikationen
⊡ Abb. 8.3 Fehlkonnektion der Sonden beim Zweikammerschrittmacher. Der Schrittmacher ist über lange Strecken inhibiert durch die P-Wellen, die über den ventrikulären Eingang des Schrittmachers wahrgenommen werden. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
8
⊡ Abb. 8.4 Überblick über die perioperativen Komplikationen nach Implantation. Pneu=interventionspflichtiger Pneumothorax, Sonde A=Sondendislokation der Vorhofsonde, Sonde V=Sondendislokation der Ventrikelsonde, Infektion=postoperative Wundinfektion nach Definition der CDC (Centers for Disease Control and Prevention), Sonstige=Fälle mit mind. einer der folgenden perioperativen Komplikationen: Asystolie, Kammerflimmern, interventionspflichtiger Perikarderguss, interventionspflichtiger Hämatothorax, Sondendysfunktion oder sonstiger interventionspflichtiger perioperativer Komplikation. Aus: Herzschrittmacherregister 2008. Herzschrittmachertherapie und Elektrophysiologie. S. 191–218
können Hinweise für eine mögliche Infektion des Schrittmachersystems geben. In diesem Fall ist eine weitere Diagnostik mit Blutkultur, TEE, etc. notwendig. Bei Nachweis einer Infektion des Schrittmachersystems empfehlen die aktuellen Leitlinien die Explantation des gesamten Systems. Diese sollte nur in einem Zentrum mit Herzchirurgischer Abteilung am Hause (und in Notfallthorakotomiebereitschaft) vorgenommen werden.
In besonderen Fällen (Wunsch des Patienten, eingeschränkte Lebenserwartung oder Operationsfähigkeit) kann versucht werden, mit einer systemischen Antibiotikagabe gemäß Antibiogramm die Beschwerden zu verbessern. Ein dauerhafter Erfolg ist meistens nicht gegeben. > Unklare Temperaturerhöhungen bei Schrittmacherträgern bedürfen einer subtilen Diagnostik.
117 8.2 · Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf
8
kFrühinfektionen
Frühinfektionen (Wochen postoperativ) treten meistens als Tascheninfektion auf. Lokale Zeichen sind Rötung, Überwärmung, Spannung der Haut oder lokale Fluktuation. Lokale Zeichen können diskret sein oder auch fehlen. Bei sonografisch nachgewiesenem Erguss kann die Punktion des Ergusses für den Keimnachweis hilfreich sein. kSpätinfektionen
Spätinfektionen (6 Monate bis Jahre postoperativ) können häufig beobachtet werden bei Dialysepatienten, bei Portträgern, bei immunsupprimierten und drogenabhängigen Patienten. Typischerweise handelt es sich um eine Infektion mit Staphylococcus epidermidis, aber auch Staphylococcus aureus. In Ausnahmefällen findet sich eine Kontamination mit Pilzen oder Enterokokken. Die Spätinfektionen zeigen oft einen chronisch larvierten Verlauf, der meistens durch nur geringe Temperaturerhöhung und selten durch Schüttelfrostepisoden gekennzeichnet ist. Lokale Zeichen fehlen üblicherweise oder ähneln denen einer drohenden Perforation. Diskutiert werden als Ursachen polymerassoziierte Infektionen mit Staphylokokken (insbesondere S. epidermidis), die einen chronischen Verlauf nehmen und unter bestimmten Situationen, wie unter Immunsuppression, aktiviert werden.
8.2.2
Migration/Perforation des Schrittmachergehäuses
Unter Migration versteht man die Verlagerung des Schrittmacheraggregates kaudal- oder lateralwärts bei nicht ausreichender Fixation des Aggregates. Die Perforation des Schrittmachergehäuses (⊡ Abb. 8.5) ist viel seltener geworden, seitdem die Gehäuse abgerundet und kleiner geworden sind. Eine drohende Perforation zeichnet sich ab bei zunehmender Taschenrötung und Verlust des subkutanen Fettgewebes und extrem dünner Haut. Wenn eine Infektion sicher ausgeschlossen werden kann, ist durch eine Verlagerung des Schrittmachers in tiefere Gewebeschichten – unter Umständen subpektoral – Abhilfe zu schaffen. Externer Druck oder Reibung auf der Schrittmachertasche (z. B. Rucksackträger) können durch entsprechende Polsterung vermieden wer-
⊡ Abb. 8.5 Perforation des Schrittmachergehäuses. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
den. Extrem selten sind Taschenprobleme wegen Unverträglichkeiten der Legierungsbestandteile des Schrittmachergehäuses. Ätiologisch kommt auch eine schleichende Staphylococcus-epidermidis-Infektion in Frage.
8.2.3
Pektoralisstimulation (Muskelzucken)
Eine Pektoralisstimulation nach atrialer oder ventrikulärer Impulsabgabe ist für den Patienten extrem störend und unangenehm, verbunden mit einer erheblichen Abnahme der Lebensqualität. Dieses Phänomen kann unmittelbar postoperativ, aber auch später auftreten. Folgende Ursachen müssen in Betracht gezogen werden: ▬ Konnektorproblem mit Leckstrom ▬ Isolationsdefekt mit Leckstrom
118
Kapitel 8 · Komplikationen
▬ Hohe Impulsamplitude bei unipolarer Programmierung Wiederholte Messungen der Sondenimpedanzen in Kombination mit extremen Armbewegungen bei maximaler In- und Exspiration erlauben gelegentlich die Diagnose eines Isolationsdefektes. Eine Röntgenaufnahme ermöglicht die Diagnose einer unzureichenden Konnektion der Sonde im Schrittmacherkonnektor, bei Isolationsdefekten kann durch eine Röntgenaufnahme die Diagnose manchmal gestellt werden. Falls das Problem durch Umprogrammierung der Polarität, geringere Impulsamplitude und/oder Verkürzen der Impulsdauer nicht gelöst werden kann, erscheint ein Revisionseingriff unausweichlich.
8
8.2.4
Zwerchfellstimulation
Zwerchfellzucken ist auf eine Stimulation des N. phrenicus durch die atriale Sonde, durch hohe Amplitude der LV-Sonde im Koronarsinus oder in seltenen Fällen auf eine Perforation zurückzuführen. Jedes neu aufgetretene Zwerchfellzucken ist
verdächtig und kann auf eine Sondendislokation oder –perforation hinweisen. In der Regel ist eine operative Revision angezeigt.
8.2.5
Thrombosen und Thromboembolien
Nach Schrittmacherimplantation kann es in der V. cephalica, der V. subclavia bzw. in ganz seltenen Fällen der V. cava superior zu thrombotischen Verschlüssen kommen. Das Risiko steigt mit der Anzahl der liegenden Sonden, diskutiert wird als Ursache u. a. auch eine lokale Infektion (⊡ Abb. 8.6). Klinisch imponiert eine Schwellung distal der Thrombose, im Laufe der Zeit bildet sich ein Umgehungskreislauf aus, der durch seinen oberflächlichen Verlauf im Schulter-HalsBereich sichtbar werden kann. Die klinische Symptomatik ist im Laufe der Zeit rückläufig. In der Akutphase erscheint eine Antikoagulazientherapie für einen begrenzten Zeitraum sinnvoll, um Appositionsthromben zu vermeiden. Eine Sondenrevision wegen akuter Thrombose ist nicht indiziert.
⊡ Abb. 8.6 Ausgeprägte Thrombose der V. subclavia (über der Herzschrittmachersonde) mit Kollateralkreislauf über die Jugularvene. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
119 8.2 · Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf
Die Durchgängigkeit der Venen vor Sondenrevisionseingriffen bei Z. n. Thrombose bedarf einer präoperativen Diagnostik wie z. B. Sonografie oder/und Röntgenkontrastmitteluntersuchung.
8.2.6
Sondenprobleme
Sondendislokationen Diese werden in der Regel nur in den ersten Wochen nach Neuimplantation beobachtet. Dabei kann die Diagnose anhand von nichtgesensten Eigenaktionen und ineffektiver Stimulation im EKG vermutet werden (⊡ Abb. 8.7).
8
Ein weiterer Hinweis kann ein plötzlicher Impedanzanstieg sein, gesichert wird die Diagnose durch eine Durchleuchtung. Beachtet werden muss, dass bei einer Mikrodislokation die Durchleuchtung keine Diagnose erlaubt. In einem solchen Fall sind Reizschwellenanstieg und Anstieg der Impedanz die einzigen Hinweise für eine Dislokation. In der Regel kann aber schon im intrakardialen EKG durch Markerannotation oder bei entsprechender Programmierung (AAI und VVI) eindeutig erkannt werden, welche Sonde disloziert ist und in welcher Kammer sie liegt (⊡ Abb. 8.8). Das kann dann durch ein Röntgenbild des Thorax bestätigt werden.
⊡ Abb. 8.7 DDD-Modus 70 ipm AVD 150 ms. Die atriale Sonde ist in den Ausflusstrakt des rechten Ventrikels disloziert. Links: Der Vorhofstimulus führt zu einer rechtsventrikulären Stimulation. Es wird kein ventrikulärer Stimulus abgegeben. Inhibierung der ventrikulären Impulsabgabe durch die bereits erfolgte ventrikuläre Depolarisation durch die atriale Sonde. Rechts: Da in diesem Modell die Magnetauflage nicht zu einer D00-, sondern zu einer V00-Stimulation führt, findet sich jetzt das typische Bild der rechtsventrikulären apikalen Stimulation (linksschenkelblockartige Morphologie). Beachte: unterschiedliche elektrische Achse bei Stimulation durch die dislozierte atriale Sonde im rechtsventrikulären Ausflusstrakt im Vergleich zur Stimulation durch die ventrikuläre Sonde in der Apexregion
⊡ Abb. 8.8 Sondendislokation: Die ventrikuläre Sonde ist in das Atrium disloziert, da unter der P-Welle (im Oberflächen-EKG) die Markerannotation außer AS (»atrial sensing«) auch VS (»ventricular sensing«) zeigt
120
Kapitel 8 · Komplikationen
Die Dislokation der atrialen Sonde kann insbesondere bei Sonden mit passiver Fixierung auftreten, in Verbindung mit ungünstigen anatomischen Verhältnissen im Herzvorhof (z. B. mangelnde Trabekularisierung bzw. bei extrem dilatiertem Vorhof) oder wenn die Sonde unter Spannung steht und sie so bei tiefer Inspiration disloziert. Eine weitere Ursache kann eine unzureichende Fixierung von feststehenden oder ausfahrbaren Schrauben bei Vorhofelektroden sein. Extrem selten kann es zur Dislokation der atrialen Sonde in den Koronarsinus kommen (⊡ Abb. 8.9). Die Dislokation der ventrikulären Sonde ist sehr selten.
a
8
a
b
c
b ⊡ Abb. 8.9a,b Atriale Sonde im Koronarsinus. a: Thorax p.a.; b: Thorax seitlich
⊡ Abb. 8.10a–c a: Schrittmacheraggregat nach Implantation; b: Twiddler-Syndrom: Sondenlage nach Manipulation der Patientin. Die Sonden sind knäuelartig um das Schrittmacheraggregat aufgewickelt; c: Twiddler-Syndrom in der Schrittmachertasche. (Für die Abbildungen a und b: Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Lars Krämer, Köln)
121 8.2 · Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf
8
Weitere Ursachen für eine Sondendislokation sind: ▬ Nicht ausreichende Fixierung der Sonde an der Faszie ▬ Ungenügende Reserve-Schlingenbildung – im Stehen straffen sich die Sonden, insbesondere bei Inspiration ▬ Arbeiten und Sport mit Armgymnastik und starker Streckung des Oberkörpers, in den ersten 2–3 Monaten nach OP ▬ Twiddler-Syndrom (⊡ Abb. 8.10)
Sondenperforation Die Sondenperforation ist ein seltenes Ereignis. Im Rahmen der Nachsorge fällt der Stimulationsund Wahrnehmungsverlust auf, häufig findet man Zwerchfellzucken. Oft handelt es sich um eine Notfallsituation mit Bradykardie und Zeichen eines Perikardergusses sowie pleuralen oder perikardialen Schmerzen. Röntgen-Thorax, transthorakale (TTE) und/oder eine transösophageale Echokardiografie (TEE), insbesondere zum Ausschluss eines Perikardergusses oder einer Perikardtamponade, evtl. Computertomogramm (⊡ Abb. 8.11) sichern die Diagnose. Eine chirurgische Revision ist (in Herz-Lungen-Maschinen stand-by) notwendig.
⊡ Abb. 8.11 Perforation der ventrikulären Sonde durch die Herzwand (Computertomogramm 3D)
Isolationsdefekt Ein Isolationsdefekt führt zu unterschiedlichen Symptomen wie Mitstimulation des M. pectoralis, Reizschwellenanstieg oder Totalausfall. Ursache ist in der Regel ein Leckstrom. Neben den klinischen Symptomen ist die Impedanzerniedrigung ein typisches Zeichen für einen Isolationsdefekt, weil ein Nebenstrom auftritt. Diese Situation ist auf ⊡ Abb. 8.12 dargestellt. Der Isolationsdefekt bei unipolarer Stimulation fällt auf durch eine Abnahme der Impedanz. Da der Isolationsdefekt bei bipolaren Sonden am äußeren Leiter (anodischen), am inneren Leiter (kathodischen) oder an beiden Leitern gleichzeitig auftreten kann, ist eine zuverlässige Aussage über die Integrität der Sonde nur bei bipolarer Stimulation möglich. Isolationsdefekte führen zu einem Abfall der Stimulationsimpedanz, die – um signifikant zu sein – um >20% abfallen muss, im Vergleich zu früheren Impedanzmessungen. Impedanzen, die bei bipolarer Stimulation <300 Ohm betragen, sind verdächtig für einen Isolationsdefekt (zwischen äu-
⊡ Abb. 8.12 Ein Isolationsdefekt verringert die Impedanz des Gesamtstromkreises. Der Isolationsverlust der Elektrode führt zu einem Kurzschluss und somit zu einem Abfall der Impedanz, Reizschwellenanstieg und in einigen Fällen zur Mitstimulation des M. pectoralis aufgrund des Leckstroms ( Abschn. 8.2.3). Aus: Fischer u. Ritter (2002)
ßerer und innerer Wendel). Niedrige Impedanzen führen zu einer Erhöhung des Energieverbrauchs des Schrittmachers ( Abschn. 1.4.1.1). Oft ist bei alleinigem Isolationsdefekt der äußeren Wendel die unipolare Funktion noch regelrecht (Situation ⊡ Abb. 8.13), so dass bei nichtabhängigen Patienten die unipolare Stimulation unter engmaschiger Überwachung evtl. beibehalten werden kann. Bei schrittmacherabhängigen Patienten sollte eine Sondenrevision erfolgen.
122
Kapitel 8 · Komplikationen
Sondenbruch
⊡ Abb. 8.13 Das Röntgenbild zeigt einen Isolationsdefekt und eine Fraktur der äußeren Wendel (bipolare Elektrode), unipolar regelrechte Funktion. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
8
⊡ Abb. 8.14 Ein Sondenbruch führt zu einem hohen Anstieg der Elektrodenimpedanz und damit der Impedanz des Gesamtstromkreises. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
> Beschädigungen der Sonde treten bevorzugt an der Stelle der Fixierung der Sonde bei ihrer Einführung in Höhe der Venen unter der Ligatur auf, vor allem wenn kein Sleeve verwendet wurde. Eine andere typische Stelle ist der Durchtritt zwischen der ersten Rippe und der Klavikula, wenn die Sonde nach medial angesetzter Subklaviapunktion eingeführt wurde, aber auch an jedem Knickpunkt der Sonde, z. B. bei einer gewaltsamen Einführung in die zuführende Vene oder, wenn der überstehende Teil der Sonde im Bereich der Schrittmachertasche nicht spannungsfrei in das Gewebe eingelegt wurde.
Der Sondenbruch ist der häufigste Grund für »Reizschwellenanstiege« in der chronischen Phase. Die Ursachen für diese Brüche sind dieselben wie bei einem Isolationsdefekt (s. dort). Ein Sondenbruch kann auch am Ausgang des Konnektors des Schrittmachers auftreten, wenn der starre Teil des Sondenkonnektors das Konnektorgehäuse überragt. Hieraus resultieren Knickstellen beim Übergang vom starren zum weichen Anteil des Sondensteckers. Das Risiko ist bei Sondenverlängerung oder Sondenreparatursets das Gleiche (⊡ Abb. 8.14). Die Zeichen für einen Sondenbruch sind Wahrnehmungs- und Stimulationsverluste (Entrance- und Exitblock sichtbar auf dem Oberflächen-EKG). Klinisch können die gleichen Symptome wie vor Implantation auftreten. Die Stimuli können auf dem Oberflächen-EKG völlig fehlen. Die Verwendung der Telemetrie kann bei der Diagnose helfen, wenn die Marker eine Stimulationsabgabe annotieren, ohne dass ein Stimulus auf dem Oberflächen-EKG zu sehen ist. Die Impedanz der Sonde ist sehr hoch, manchmal geht sie gegen unendlich (⊡ Abb. 8.15). Wenn der Sondenbruch nur den anodischen Zuleiter einer bipolaren Sonde betrifft, können die unipolaren Funktionen beibehalten werden. Wie oben erwähnt, muss bei Beibehaltung der kathodischen Zuleitung (unipolare Konfiguration) das System engmaschig überwacht werden, da sich ein Totalausfall entwickeln kann. Der Sondenbruch kann in der Regel bei einer unipolaren Sonde auf einem Röntgenbild relativ leicht diagnostiziert werden, schwieriger ist die Diagnose bei einer bipolaren Sonde. > Der Bruch der elektrischen Leitung kann gelegentlich nur intermittierend nachweisbar sein (⊡ Abb. 8.16). Fallbeispiel: Ein Schrittmacherpatient wurde wegen intermittierender Synkopen stationär aufgenommen. Bei der Schrittmacherkontrolle fand sich ein regelrechtes Schrittmacher-EKG mit normalen Stimulations- und Wahrnehmungswerten. Erst nach bestimmten Bewegungen im Schulterbereich traten intermittierend ein Exit- und ein Entranceblock auf. Auf mehreren Röntgenaufnahmen wurde der Elektrodenbruch nicht gesehen. Selbst
123 8.2 · Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf
8
⊡ Abb. 8.15 Langzeitmessung der Elektrodenimpedanz. Elektrodendefekt nach 195 Tagen. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
a
b
⊡ Abb. 8.16a,b Die Diagnose Sondenbruch ist nur nach Biegung der Sonde nachweisbar: a: normale Position; b: unter Zug. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
nach Entfernen der Elektrode war die Bruchstelle erst nach Auseinanderziehen der Elektrode erkennbar (⊡ Abb. 8.16). Wenn ein Elektrodenbruch vermutet wird, sollten verschiedene Armbewegungen und Schulterbewegungen unter EKG-Kontrolle durchgeführt werden. Positionsveränderungen, tiefe In- und Exspirationsmanöver sowie Manipulationen am Aggregat unter Messung der Impedanzen lassen gelegentlich eine Diagnose zu.
8.2.7
Konnektorprobleme
Für Konnektorprobleme mit evtl. Stimulations- und/oder Sensingverlust kommen folgende Ursachen in Betracht (⊡ Abb. 8.17, ⊡ Abb. 8.18, ⊡ Abb. 8.19 u. ⊡ Abb. 8.20): ▬ Schraube ungenügend oder schräg festgedreht ▬ Defekter Schraubenschacht, der nicht bis zur Schraube durchgebohrt ist, was das Gefühl vermittelt, die Schraube festgezogen zu haben
▬ Sondenstecker nicht weit genug in den Schrittmacherkonnektor eingeführt ▬ Zu langer Stift am Elektrodenstecker, der nicht in das Konnektorgehäuse des Schrittmachers passt ▬ Dichtungsprobleme, wenn eine Sonde ohne Dichtungslippen in einen Schrittmacher ohne Dichtungslippen gesteckt wird (Dichtlippen nicht aufeinander abgestimmt, Flüssigkeit kann eintreten) ▬ Erschwerte Einführung eines Sondensteckers mit Dichtungslippen in einen Schrittmacher, der die Dichtungslippen an anderen – nicht passenden – Stellen hat (Dichtlippen nicht aufeinander abgestimmt) ▬ Erschwerte Einführung bei bestimmten 3,2-mm-Elektroden, wobei man einen Bruch an der Verbindungsstelle zwischen Zuleitungsspirale (weich) und dem Stecker des Konnektors (hart) feststellt. Dies ist zu beobachten, wenn die Verbindungsstelle nicht im Inneren des Schrittmacherkonnektors zum liegen
124
Kapitel 8 · Komplikationen
⊡ Abb. 8.17a,b Konnektorgehäuse mit Side-Lock-Fixation; a: geöffnet; b: geschlossen
a
b
8
⊡ Abb. 8.18 Die Sonden werden in diesem Schrittmachermodell nicht mit Schrauben fixiert, sondern durch einen SideLock-Konnektor gehalten. Die atriale Sonde ist zurückgerutscht. Der Pin des Sondensteckers (kleiner Pfeil) hat noch Kontakt mit dem Schrittmacherkonnektor, so dass die Sonde in unipolarer Konfiguration noch funktioniert, jedoch nicht in bipolarer Konfiguration. Der bipolare Pol des Sondensteckers (großer Pfeil) hat den Kontakt verloren (Elektrodenimpedanz bei bipolarer Stimulation >3000 Ohm)
kommt und dort nicht geschützt ist, weil dessen Kammer zu kurz ist. Es ist leicht nachvollziehbar, dass die mechanischen Belastungen, die an diesem Schwachpunkt auftreten, zum Bruch führen können (⊡ Abb. 8.16) ▬ Inkompatibilität zwischen verschiedenen 3,2-mm-Sonden und Schrittmachern mit einem Side-Lock-Konnektor, dessen Kompressibilität der Isolation höher ist als die der Sonden; die Konnektion von Sonden und Schrittmacherkonnektor hält keine Zugkraft von 10 N ▬ Mögliche Beschädigung einer unipolaren 3,2-mm-Elektrode, die in ein bipolares 3,2-mm-Konnektorgehäuse geschoben wird, wenn die Schraube des positiven Pols auf eine Sonde geschraubt wird, die keinen metallischen Ring an dieser Stelle hat
8.2.8
Fluktuation der Stimulationsund Wahrnehmungsschwellen
Temporäre Reizschwellenanstiege im Rahmen metabolischer Entgleisungen (Diabetes mellitus, Elektrolytentgleisungen etc.) stellen nur selten ein ernstes Problem dar. Bekannt sind dramatische Reizschwellenanstiege unter Pharmakotherapie, z. B. Amiodaron oder Flecainid. Schließlich können bei Herzinfarkt, Myokarditis oder Abstoßungsreaktion des Herzens Reizschwellenanstiege beobachtet werden (⊡ Abb. 8.21). Differenzialdiagnostisch ist auch an einen Sondenbruch oder einen Isolationsdefekt zu denken. Hierbei sind Impedanzänderungen diagnostisch wegweisend. Physiologische Variationen der Reizschwelle, wie sie bei Mahlzeiten (Erhöhung) oder
125 8.2 · Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf
a
b
⊡ Abb. 8.19a,b a: Inkompatibilität des Konnektors einer 3,2-mm-Sonde (»low profile«) zum Schrittmacher mit IS1-Konnektorgehäuse: der Stift ist zu lang, weder Dichtlippen am Stecker noch im Konnektorgehäuse; b: Schwierigkeit des Anschlusses eines IS1-Sondensteckers an einen Schrittmacher mit 3,2-mm-Konnektorgehäuse (»low profile«): Der Stift ist zu kurz; beide, Gehäuse und Stecker, haben Dichtlippen. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
⊡ Abb. 8.20 Gefahr des Elektrodenbruchs bei Sonde, deren starrer Teil über den Epoxydkopf des Schrittmachers hinausragt (Long Pin). Aus: Fischer u. Ritter (2002)
⊡ Abb. 8.21 Reizschwellenanstieg nach Myokarditis bei unveränderter Impedanz
8
126
Kapitel 8 · Komplikationen
physischen Aktivitäten (Verringerung) beobachtet werden, erfordern allenfalls eine Umprogrammierung. Permanente Probleme bei Reiz- oder Wahrnehmungsschwellen, manchmal Jahre nachdem die chronische Reizschwelle (zwischen 3 und 6 Monaten nach Implantation) erreicht wurde, bedürfen einer chirurgischen Intervention.
8.2.9
8
Schrittmacherdefekte
Defekte des Schrittmacheraggregates treten sehr selten auf. Ursachen können im Rahmen des Produktionsprozesses Materialfehler, Versiegelungsprobleme des Gehäuses oder Einschluss von Verunreinigungen im Schrittmachergehäuse sein. Diese Fehler verursachen teilweise interne Kurzschlüsse und Kriechströme mit vorzeitiger Batterieentladung. Auch externe Einwirkungen von elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Störfeldern, Röntgenstrahlung oder starker mechanischer Druck können die korrekte Schrittmacherfunktion erheblich beeinträchtigen. Neben Hardwarefehlern kommen Softwarefehler in Betracht, so dass der Inhalt von Speicherzellen komplett verloren gehen kann.
9
Troubleshooting
9.1
Schrittmacher-EKG-Analyse – 128
9.1.1 9.1.2 9.1.3 9.1.4 9.1.5
Stimulation – 128 Lagetyp – 128 Sensing – 128 Frequenz – 130 Zeitintervalle – 130
9.2
Auffällige EKG-Befunde – 130
9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.2.5
T-Negativität – 130 Tremor – 130 Bewegungsartefakte – 130 Elektromagnetische Einkopplungen – 130 Signale der Impedanzmessung bei AMV-Sensoren
– 133
9.3
Wahrnehmungsprobleme
9.3.1 9.3.2 9.3.3
Undersensing – 133 Oversensing – 135 Fallstrick: Automatischer Sensingtest
– 133
9.4
Stimulationsprobleme – 141
9.4.1
Exitblock – 141
9.5
Tachykardien bei Schrittmacherpatienten – 141
9.5.1 9.5.2
Spontane Tachykardien – 141 Schrittmacherbeteiligte Tachykardien – 143
9.6
Frequenzabfallreaktion
– 140
– 146
9.7
Fallstricke
9.7.1 9.7.2
Schrittmacher und Monitorüberwachung Fallstricke bei der Nachsorge – 148
– 146
9.8
Zusammenfassung
9.8.1
Checkliste – 152
– 146
– 152
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
128
9
Kapitel 9 · Troubleshooting
Die Funktionalität heutiger Schrittmachersysteme erlaubt neben der einfachen Impulsabgabe eine differenzierte Analyse von Rhythmusstörungen und eine automatische Begrenzung der ventrikulären Stimulationsfrequenz der Mehrkammersysteme bei atrialen Arrhythmien und gestörter AV-Überleitung. Terminierung von PMTs, Moduswechsel bei intrinsischer Überleitung sowie Sicherheitsstimulation und eine Vielzahl von aggregatspezifischen Sonderfunktionen sind implementiert und teilweise schon bei Implantation automatisch aktiviert. Die Diagnose einer fehlerhaften Schrittmacherfunktion ist ohne Kenntnis dieser komplexen Algorithmen nicht möglich. Ein im Oberflächen-EKG auf den ersten Blick offensichtlich unerwünschtes Schrittmacherverhalten entpuppt sich bei Kenntnis der Komplexität der Algorithmen nicht als Fehlfunktion, sondern als Normalbefund – aus Sicht des Schrittmachers –, definiert durch die vorgegebene Programmierung. Wirkliche Schrittmacherfehlfunktionen sind extrem selten. In den meisten Fällen liegt bei unerwünschtem Schrittmacherverhalten eine Fehlinterpretation des EKGs oder eine nicht erkannte Fehlprogrammierung vor. Das folgende Kapitel soll exemplarisch zeigen, wie EKGs von Patienten mit Schrittmachern unter Berücksichtigung von Programmierung und Plausibilität analysiert werden können.
Schrittmacher-EKG-Analyse
9.1
Eine systematische EKG-Analyse ohne Kenntnis von Programmierung und Stimulationsmodus sollte die in der Übersicht formulierten Überlegungen berücksichtigen.
Fragen zur EKG-Analyse ▬ Welche Ableitungen sind dargestellt ▬ ▬ ▬ ▬ ▼
(⊡ Abb. 9.1)? Liegt Eigenrhythmus vor? Vorhof- oder Kammerstimulation? Wie verläuft die Erregungsausbreitung? Welche Betriebsart könnte vorliegen? (VVI, AAI, DDD, VDD)
▬ P-Wellenmorphologie, AV-Zeit, QRS-Breite, ST-Strecke
▬ Ist das EKG artefaktfrei? ▬ Sind Netzfilter und/oder »Muskelfilter« (meistens 35 Hertz) eingeschaltet worden (⊡ Abb. 4.1)?
9.1.1
Stimulation
Wo wird stimuliert, im Vorhof, im Ventrikel oder in Vorhof und Ventrikel? Gibt es ein konstantes Intervall zwischen intrinsischer P-Welle und ventrikulärem Stimulus? (Liegt also eine sog. »VATStimulation« vor?) Sind alle Stimuli effektiv, d. h. erfolgt nach einem Stimulus eine Depolarisation? Wird eine ineffektive Stimulation bei Impulsabgabe zum Zeitpunkt der intrinsischen Refraktärphase beobachtet? Könnte eine Pseudofusion, Fusion oder Pseudopseudofusion vorliegen?
9.1.2
Lagetyp
▬ Bestimmung des Stimulationsortes aus den Extremitätenableitungen I, II, III – Überdrehter Linkstyp mit Linksschenkelblock bei rechtsapikaler Stimulation (⊡ Abb. 1.26) – Rechtstyp bis überdrehter Rechtstyp mit relativ schmalem Kammerkomplex bei Stimulation am Septum bzw. im rechtsventrikulären Ausflusstrakt (⊡ Abb. 1.27) – Rechtstyp bis überdrehter Rechtstyp mit Rechtsschenkelblock bei Stimulation im linken Ventrikel (⊡ Abb. 9.2) – Unterschiedliche Lagetypen und kaum verbreiterter Kammerkomplex bei biventrikulärer Stimulation
9.1.3
Sensing
Werden P-Wellen und R-Wellen, einschließlich Extrasystolen regelrecht wahrgenommen (Inhibierung des atrialen oder ventrikulären Stimulus)?
129 9.1 · Schrittmacher-EKG-Analyse
9
a
b ⊡ Abb. 9.1a,b a: EKG Abl. I – Verdacht auf Vorhoftachykardie; b: EKG Abl. II zeigt einen Sinusrhythmus (mit SVES)
⊡ Abb. 9.2 Oberflächen-EKG, Rechtsschenkelblock bei links-ventrikulärer Sondenlage via offenem Foramen ovale. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
130
Kapitel 9 · Troubleshooting
Liegt z. B. eine VAT-Stimulation vor? Könnte z. B. bei intrinsischer Überleitung ein atrialer Sensingverlust bei lang programmierter AV-Zeit (kein ventrikulärer Stimulus) kaschiert sein?
9.1.4
Frequenz
kHohe atriale Stimulationsfrequenz
9
läre Stimulus, so dass eine kurze ventrikuläre Pause entsteht? Könnte es sich um einen Spezialalgorithmus zur Vermeidung der rechtsventrikulären Stimulation handeln ( Abschn. 3.4.2)? ▬ Findet sich eine AV-sequenzielle Ventrikelstimulation mit auffallend kurzer AV-Zeit zwischen 90 und 110 ms? Könnte es sich um eine ventrikuläre Sicherheitsstimulation handeln (⊡ Abb. 2.5)?
Ist die Stimulationsfrequenz (z. B. AAIR; DDDRModus) erhöht (z. B. >80/min), können eine sensorgesteuerte Frequenz, Frequenzglättungs- oder Beschleunigungsalgorithmen in Betracht gezogen werden.
9.2
Auffällige EKG-Befunde
9.2.1
T-Negativität
kHohe ventrikuläre Stimulationsfrequenz Einkammersystem (VVI(R)). Ist beim Einkammer-
▬ Memory-Effekt (⊡ Abb. 9.3) ▬ Ischämiezeichen
modus bei Vorhofflimmern die ventrikuläre Stimulationsfrequenz erhöht (z. B. >80/min), können eine sensorgesteuerte Frequenz, Frequenzglättungsoder Beschleunigungsalgorithmen als Ursache in Frage kommen. Zweikammersystem (DDD (R)). Hohe ventrikuläre Stimulationsfrequenzen bei intrinsischer Vorhoffrequenz können zurückzuführen sein auf: ▬ Sinusrhythmus bis zur Maximalfrequenz ▬ Atriale Tachyarrhythmie ohne aktivierten Mode-Switch ▬ Vorhoftachykardie mit 2:1-Blanking ▬ Intermittierender Sensingverlust bei Vorhofflimmern und deshalb ausbleibendem ModeSwitch
9.1.5
Zeitintervalle
▬ Sind die Zeitintervalle identisch, z. B. Stimulationsintervall, Auslöseintervall? Entspricht das Stimulationsintervall dem Auslöseintervall oder könnte eine Frequenzhysterese programmiert sein? ▬ Sind AV- und PV-Intervall unterschiedlich, weil z. B. eine AV-Korrektur programmiert ist? Gibt es Hinweise für eine AV-Hysterese? ▬ Fehlen gelegentlich nach einer stimulierten oder intrinsischen P-Welle eine intrinsische ventrikuläre Depolarisation und der ventriku-
T-Wellen-Inversionen nach ventrikulärer Stimulation beim nicht-stimulierten Ventrikel werden als (Cardiac) Memory-Effekt bezeichnet. Sie dürfen beim Schrittmacherpatienten nicht als Myokardischämie interpretiert werden (⊡ Abb. 9.3). Anders muss die T-Negativität bewertet werden, wenn ein tief negatives Q (als Nekrosezeichen bei Zustand nach Myokardinfarkt) vorausgeht (⊡ Abb. 9.4).
9.2.2
Tremor
Tremorartefakte können die Interpretation des EKGs bei Patienten mit Morbus Parkinson erheblich erschweren (⊡ Abb. 9.5).
9.2.3
Bewegungsartefakte
Bewegungsartefakte beim Telemetrie-EKG: Es liegt keine ventrikuläre Tachykardie vor (⊡ Abb. 9.6).
9.2.4
Elektromagnetische Einkopplungen
Externe elektromagnetische Einkopplungen zeigen neben den Schrittmacherstimuli Stimulationsartefakte, die regelmäßig oder unregelmäßig auftreten und den Rhythmus nicht beeinflussen (⊡ Abb. 9.7).
131 9.2 · Auffällige EKG-Befunde
9
⊡ Abb. 9.3 Vom behandelnden Arzt kam die Anfrage, »ob die T-Negativierungen aufgefallen sind. Der Patient ist beschwerdefrei«. Es handelt sich um einen »Cardiac memory«-Effekt bei einem Schrittmacherpatienten, nicht um eine Myokardischämie
⊡ Abb. 9.4 Das tiefe Q in II, III, aVF gehört nicht zu einem »Cardiac memory«-Effekt, hier handelt es sich um einen Zustand nach Myokardinfarkt
132
Kapitel 9 · Troubleshooting
a
b ⊡ Abb. 9.5a,b a: EKG bei einer Patientin mit Morbus Parkinson und Schrittmacher (hier ohne Stimulation) täuscht aufgrund des Muskeltremors eine Vorhoftachyarrhythmie vor; b: Tremorfreies EKG zeigt bei derselben Patientin einen Sinusrhythmus
9
⊡ Abb. 9.6 Bewegungsartefakte im Telemetrie-EKG ausgelöst durch Zähneputzen
⊡ Abb. 9.7 Zusätzlich zu den Schrittmacherstimuli (Vorhof- und Ventrikelstimuli) finden sich Artefakte, die vom EKG-Gerät selbst verursacht wurden
⊡ Abb. 9.8 Hochempfindliche EKG-Geräte können bei Schrittmacheraggregaten, die eine Impedanzmessung für die Atemminutenvolumen-Äquivalentmessung durchführen, eine Überlagerung des normalen EKGs mit hochfrequenten Störimpulsen zeigen
133 9.3 · Wahrnehmungsprobleme
9
a
b ⊡ Abb. 9.9a,b a: Undersensing von ventrikulären intrinsischen Signalen führt zu einer starrfrequenten Stimulation im Ventrikel. Die ersten 2 Stimulationen und die 4. Stimulation sind nicht effektiv, weil sie in die Refraktärzeit des Myokards fallen. Der 3. und 5. Stimulus fallen außerhalb der Refraktärzeit ein und lösen eine Depolarisation aus. Aus: Fischer u. Ritter (2002); b: Ventrikuläre Tachykardie nach Undersensing und Stimulation in die vulnerable Phase (T-Welle)
9.2.5
Signale der Impedanzmessung bei AMV-Sensoren
Schrittmacher mit Atemvolumensensor (AMV) senden zur Impedanzmessung niedrigamplitudige Signale (im μA- Bereich) aus, die bei entsprechender Verstärkung durch das EKG-Gerät auf dem Oberflächen-EKG sichtbar werden (⊡ Abb. 9.8).
9.3
Wahrnehmungsprobleme
9.3.1
Undersensing
Wenn die kardialen Signale vom Herzschrittmacher nicht detektiert werden, liegt ein Undersensing (Entranceblock) vor. Es kann sich um ein intermittierendes oder permanentes Problem handeln. Gründe hierfür sind z. B. zu hoch program-
mierte Empfindlichkeitsschwelle, Sondendefekt (Isolationsdefekt, Leiterbruch etc.), Sondendislokation, Softwaredefekt, Störfrequenzstimulation und Magnetauflage. EKG: Intrinsische Depolarisationen, die eine Impulsabgabe in Vorhof und/oder Kammer nicht inhibieren.
Undersensing im Ventrikel Es fallen QRS-Komplexe löschen auf, die vom Schrittmacher nicht detektiert werden, da der Schrittmacher mit seinem programmierten/berechneten Intervall stimuliert. Die Stimulationen können ineffektiv sein, wenn der Ventrikel refraktär ist oder aber einzelne Depolarisationen auslösen (⊡ Abb. 9.9a). Im ungünstigsten Fall bei Stimulation in die vulnerable Phase können ventrikuläre Tachyarrhythmien (⊡ Abb. 9.9b) bis hin zu Kammerflimmern ausgelöst werden.
134
Kapitel 9 · Troubleshooting
Differenzialdiagnostisch können kurz gekoppelte ventrikuläre Extrasystolen, die in die ventrikuläre Refraktärzeit fallen und aus diesem Grunde das Timing nicht zurücksetzen, im OberflächenEKG als Undersensing missinterpretiert werden.
Undersensing im Vorhof bei AAI-Systemen Undersensing im Vorhof bei einem AAI-Schrittmacher führt analog dem Undersensing im Ventrikel zur starrfrequenten Stimulation.
Undersensing im Vorhof bei DDD-Systemen und AV-Blockierungen
Undersensing im Vorhof bei DDD-Systemen und intrinsischer AV-Überleitung
9
Eine ventrikuläre Extrasystole ist für den Schrittmacher definiert als eine detektierte, intrinsische ventrikuläre Depolarisation, der weder eine intrinsische Vorhofaktion noch ein atrialer Stimulationsimpuls vorausgeht. Ein atriales Undersensing bei intrinsischer Überleitung fällt oft erst bei der Nachsorge während des atrialen Sensingtests auf und kann mittels markerannotiertem intrakardialem EGM dokumentiert werden. Im Speicher findet sich oft ein extrem hoher Anteil von VES.
Atriales Undersensing kann in der Betriebsart DDD unentdeckt bleiben, wenn bei lang programmiertem AV-Intervall eine intrinsische AV-Überleitung vorliegt, die kürzer ist als das programmierte AV-Intervall. Eine weitere Voraussetzung dafür ist, dass die ventrikuläre intrinsische Frequenz höher ist als die programmierte Grundfrequenz, d. h., bevor das Stimulationsintervall für den Vorhof (VA-Intervall) abgelaufen ist, nimmt der Schrittmacher eine R-Welle wahr und setzt die Zeitintervalle für den Schrittmacher zurück (⊡ Abb. 9.10). Da keine P-Wellen vor den R-Wellen wahrgenommen werden, speichert der Schrittmacher die R-Welle als ventrikuläre Extrasystole.
Ein atriales Undersensing im DDD-Modus und AV-Block führt zu einer AV-sequentiellen Ventrikelstimulation (⊡ Abb. 9.11). Im VDD-Modus zeigt das Oberflächen-EKG das Bild einer VVI-Stimulation (⊡ Abb. 9.12).
Sensingausfall bei langer Ausblendzeit Fallen intrinsische Signale in die Ausblendzeit, kann der Schrittmacher diese Signale nicht wahrnehmen, unabhängig von der Signalamplitude. So kann z. B. Vorhofflattern unerkannt bleiben, wenn jedes zweite Vorhofflattersignal in das postventrikuläre atriale Blanking (PVAB) fällt. In dieser Situation liegt bei Patienten mit fehlender Überleitung ein 2:1-Blockverhalten vor.
⊡ Abb. 9.10 Atriales Undersensing mit intrinsischer AV-Überleitung und DDD-Schrittmacher. Intrinsische P-Wellen werden nicht erkannt (kein »P«, QRS-Komplex »R« wird vom Schrittmacher als VES interpretiert)
P
P
AV
P
AV
AV
⊡ Abb. 9.11 Atriales Undersensing mit AV-Blockierung und DDD-Modus, Frequenz 30 ipm
P
P
V
P
V
P
V
⊡ Abb. 9.12 Atriales Undersensing mit AV-Blockierung und VDD-Modus, Frequenz 30 ipm
135 9.3 · Wahrnehmungsprobleme
Da in der Regel die Frequenz der detektierten atrialen Depolarisationen (nur jede 2.) unter der Mode-Switch-Frequenz liegt, wird trotz atrialer Tachykardie kein Mode-Switch durchgeführt (⊡ Abb. 9.13).
Problemlösungen bei Undersensing Empfindlichkeitswert anpassen, ggf. Wahrnehmung auf bipolar umprogrammieren und Ausblendzeiten bzw. Refraktärzeiten optimieren. Wenn auch mit maximaler Empfindlichkeit und optimierten Ausblendzeiten bzw. Refraktärzeiten keine intrinsischen Signale detektiert werden, muss eine Sondenrevison erfolgen.
9.3.2
Oversensing
Es handelt sich um eine Wahrnehmung unerwünschter kardialer oder extrakardialer Signale am atrialen oder ventrikulären Eingang.
Myosignale Die Wahrnehmung von Myosignalen wird fast ausschließlich bei unipolaren Systemen beobachtet, wobei unterschiedliche EKG-Phänomene bei Einoder Zweikammersystemen zu beobachten sind. Bei Einkammersystemen (Vorhof oder Ventrikel) werden die Myosignale als intrinsische Depolarisationen interpretiert und setzen das Timing
9
des Schrittmachers zurück, d. h. die Impulsabgabe wird inhibiert. Entweder tritt jetzt ein Eigenrhythmus unterhalb der programmierten Grundfrequenz auf oder es resultiert für die Dauer des Oversensings eine Asystolie. Bei Zweikammersystemen ist die Reaktion des Schrittmachers abhängig davon, ob ein Oversensing am atrialen oder am ventrikulären Kanal auftritt. Bei Oversensing im ventrikulären Kanal erfolgt eine Inhibierung der Impulsabgabe sowohl im Vorhof als auch im Ventrikel (⊡ Abb. 9.14). Bei Oversensing im atrialen Kanal erfolgt eine ventrikuläre Stimulation für die Dauer des Oversensings in der Regel an der oberen Grenzfrequenz (⊡ Abb. 9.15). Je nach Programmierung ist auch ein Mode-Switch möglich, weil für den Schrittmacher eine atriale Tachyarrhythmie vorliegt. Nach Durchführung des Mode-Switch kann im Oberflächen-EKG ein Sinusrhythmus mit AV-Überleitung ohne Schrittmacherstimulus beobachtet werden, wenn die Sinusfrequenz über der Fallbackfrequenz liegt. Bei langsamen Sinusfrequenzen bzw. AVÜberleitungsstörungen zeigt das Oberflächen-EKG eine VVI-Stimulation. Die Provokation von Oversensing durch Myosignale erfolgt mit laufender intrakardialen EKGAufzeichnung und Markerannotation (⊡ Abb. 9.16). Um Oversensing durch Myosignale zu provozieren, kann der Patient z. B. für einige Sekunden beide Hände ineinander gehakt auseinanderziehen
⊡ Abb. 9.13 2:1-Blanking: Postventrikuläres atriales Blanking (PVAB) auf 150 ms programmiert. Jede 2. P-Welle (Frequenz 240 min-1) fällt in die PVAB. Jede 2. P-Welle wird erkannt und triggert eine ventrikuläre Stimulationsfrequenz von 120 ipm. Der Mode-Switch kann nicht durchgeführt werden, da nur jede 2. P-Welle erkannt wird und für den Schrittmacher eine Vorhoffrequenz von 120/min vorliegt
136
Kapitel 9 · Troubleshooting
⊡ Abb. 9.14 Myosignal-Oversensing im Ventrikel bei VVI/VDD/DDI/DDDSystemen. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
9
⊡ Abb. 9.15 Myosignal-Oversensing im Vorhof bei DDD-Systemen bei Anspannung des M. pectoralis führt hier initial zur VAT-Stimulation an der oberen Grenzfrequenz. Zusätzlich wird durch die AV-Desynchronisation eine PMT gestartet, so dass die hohe ventrikuläre Stimulationsfrequenz anhält, obwohl kein Myosignal-Oversensing mehr vorliegt. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
⊡ Abb. 9.16 Gespeicherte Episode mit Myosignal-Oversensing im Ventrikel
⊡ Abb. 9.17 FFS im AAI-Modus bei Vorhofstimulation. Programmierte atriale Refraktärperiode (ARP) 200 ms. AS=Atriale Wahrnehmung; AP=Atriale Stimulation. Aus: Fischer u. Ritter (2002)
137 9.3 · Wahrnehmungsprobleme
9
⊡ Abb. 9.18 R-Wellen Far-FieldSensing bei AAI-System und Spontanfrequenz über der Grundfrequenz. In diesem Fall hat das Oversensing keine Konsequenz, da Eigenrhythmus im Vorhof besteht
⊡ Abb. 9.19 AAI-System mit R-Wellen Far-Field-Sensing mit Wahrnehmung des QRS-Komplexes nach Überleitung innerhalb (S) und außerhalb der Refraktärzeit. Wahrnehmung außerhalb der Refraktärzeit (S ohne Klammer ↑) setzt das Timing zurück
und/oder anschließend beide Hände für mehrere Sekunden gegeneinander drücken. Problemlösung: Bipolare Wahrnehmung und/ oder Sensingschwelle unempfindlicher programmieren.
R-Wellen Far-Field-Sensing (FFS) Während intrinsische P-Wellen aufgrund ihrer niedrigen Signalamplitude praktisch nie ein Übersprechen auf den Ventrikel verursachen können, kann es jedoch umgekehrt zu R-Wellen Far-FieldSensing im Vorhof kommen. Da die R-Welle (stimuliert oder intrinsisch) für den Schrittmacher als ein intrinsisches atriales Signal missinterpretiert wird, muss er auf dieses Signal entsprechend der aktuellen Programmierung reagieren. Beim AAI-System führt R-Wellen Far-FieldSensing zu einer Stimulationsfrequenz unterhalb
der programmierten Frequenz, wenn das R-Wellen-Far-Field-Signal außerhalb der atrialen Refraktärzeit auftritt (⊡ Abb. 9.17 u. ⊡ Abb. 9.19). Die atriale Refraktärzeit wird mit Abgabe eines atrialen Stimulus oder bei Detektion einer intrinsischen Vorhofdepolarisation gestartet, ein R-Wellen FarField-Sensing innerhalb der atrialen Refraktärzeit beeinflusst das Timing nicht. Bei einem Eigenrhythmus über der programmierten Grundfrequenz kann ein FFS aus dem Oberflächen-EKG nicht diagnostiziert werden (⊡ Abb. 9.18). Im DDD-Modus kann ein R-Wellen Far-FieldSensing (⊡ Abb. 9.20a und b) oder eine regelmäßige retrograde Leitung einen inadäquaten Mode-Switch verursachen, wenn das Mode-Switch-Kriterium erfüllt ist, da diese Signale für den Schrittmacher tachykarde Vorhofeigenaktionen darstellen. Voraussetzung dafür, dass die Mode-Switch-Situation im Oberflächen-EKG diagnostiziert werden kann, ist
138
Kapitel 9 · Troubleshooting
a
9
⊡ Abb. 9.20a,b a: Regelmäßiges R-Wellen Far-Field-Sensing (AS) nach VP T. Bei AS VS ventrikuläre Extrasystole zum Zeitpunkt der intrinsischen Vorhofdepolarisation; b: Mode-Switch nach R-Wellen FarField-Sensing. VAT-Stimulation mit regelmäßigem Far-Field-Sensing
b
das Vorliegen einer höhergradigen AV-Blockierung, da bei Sinusrhythmus über der aktuellen Basisfrequenz und intrinsischer Überleitung der Schrittmacher zwar im Mode-Switch arbeitet, aber die intrinsische Überleitung nicht beeinflussen kann. Bei Spontanfrequenzen über der Grundfrequenz und intrinsischer Überleitung führt der Schrittmacher zwar intern einen Mode-Switch durch, eine Rhythmusänderung im Oberflächen-EKG ist aber natürlich nicht zu beobachten. Problemlösung: Verlängerung des postventrikulären atrialen Blankings (PVAB) und/oder evtl. Umprogrammierung der atrialen Empfindlichkeit (⊡ Abb. 9.50 u. ⊡ Abb. 9.51). > Wahrnehmung ventrikulärer Signale im Vorhof: ▬ AAI-System: Verlängerung des Stimulationsintervalls (Abfall der Stimulationsfrequenz)
▬ DDD-System: – innerhalb der PVARP evtl. falsch positiver Mode-Switch – außerhalb der PVARP evtl. PMT
T-Wellen-Oversensing Ein T-Wellen-Oversensing ist bei Schrittmachern mittlerweile sehr selten geworden, bei ICD-Patienten stellt es wegen der empfindlicheren Programmierung der ventrikulären Sensingschwellen manchmal noch ein ernstes Problem dar (⊡ Abb. 9.21 u. ⊡ Abb. 9.22). T-Wellen-Oversensing außerhalb der ventrikulären Refraktärzeit bei VVI-Systemen führt dazu, dass ventrikuläre Stimulationsfrequenzen oder intrinsische Ventrikelfrequenzen unterhalb der programmierten Grundfrequenz beobachtet werden können. Bei intrinsischen Ventrikelfrequenzen über der Grundfrequenz ist die Diagnose aus dem Oberflächen-EKG nicht möglich. Die Diagnose ist
139 9.3 · Wahrnehmungsprobleme
9
⊡ Abb. 9.21 T-Wellen-Oversensing (VS) setzt das Auslöseintervall zurück und senkt damit die ventrikuläre Stimulationsfrequenz. Im 1. Zyklus wird die T-Welle innerhalb der Refraktärzeit wahrgenommen (VR) und startet das Timing nicht neu
⊡ Abb. 9.22 Intermittierendes T-Wellen-Oversensing im ventrikulären Sicherheitsfenster(/) mit verkürztem AV-Intervall (ca. 100–110 ms) bei ventrikulärer Sicherheitsstimulation oder AV-Crosstalk des atrialen Impulses. Eine eindeutige Zuordnung ist aus dem Oberflächen-EKG nicht möglich
⊡ Abb. 9.23 Störsignale auf der atrialen Sonde (Ai atrial inhibiert) mit VVI-Stimulation (V)
im intrakardialen EGM mit Markerannotation jedoch leicht zu stellen (⊡ Abb. 9.21). Lösung: Umprogrammierung der ventrikulären Empfindlichkeit und/oder Refraktärzeit.
Störfrequenz ⊡ Abb. 9.23 zeigt einen DDD-Schrittmacher mit Detektion elektromagnetischer Signale im atrialen Kanal. Der Schrittmacher geht in einen Störmodus über und stimuliert den Ventrikel im VVI-Modus.
140
Kapitel 9 · Troubleshooting
⊡ Abb. 9.24 Auffallend kurzes AV-Intervall wegen ventrikulärer Sicherheitsstimulation bei Crosstalk. Zusätzlich atrialer Exitblock und VA-Leitung
9
⊡ Abb. 9.25 Sensingtest im Ventrikel: R-Wellen 7,5 mV; VES-Signal: 13 mV. Hier wird deutlich, dass R-Wellen und VES unterschiedliche Werte aufweisen können. Für die Programmierung muss der niedrigste Wert berücksichtigt werden
AV-Crosstalk (atriales Übersprechen) ⊡ Abb. 9.24 zeigt die Detektion eines Signals am
ventrikulären Eingang nach Ablauf der Ausblendzeit und vor Ablauf des ventrikulären Sicherheitsstimulationsintervalls. Das AV-Intervall ist auffallend kurz (ca. 100–110 ms) wegen ventrikulärer Sicherheitsstimulation bei AV-sequenziellen Systemen ( Abschn. 2.1).
9.3.3
Fallstrick: Automatischer Sensingtest
Die Programmierung der Empfindlichkeit auf dem Boden der im Sensingtest ermittelten Signalamp-
lituden kann zu erheblichen Fehlprogrammierungen führen, wenn eine klare Zuordnung der gemessenen Signalamplituden zu intrinsischen Depolarisationen nicht möglich ist. ⊡ Abb. 9.25 zeigt, dass die Signalamplitude der VES doppelt so hoch ist wie die Amplitude der normalen intrinsischen Depolarisation. Eine 2:1-programmierte Wahrnehmungsschwelle würde dazu führen, dass der normale QRS-Komplex kaum detektiert werden könnte. Manche Schrittmachermodelle geben nur die Signalamplitude der ersten gemessenen intrinsischen Depolarisation an, so dass eine klare Zuordnung, welches Signal gemessen wurde, nicht möglich ist.
141 9.5 · Tachykardien bei Schrittmacherpatienten
9
⊡ Abb. 9.26 Ventrikulärer Exitblock bei korrektem Sensing. QRS-Komplexe in der Refraktärzeit (VR) starten das Timing nicht neu
⊡ Abb. 9.27 Exitblock bei Batterieerschöpfung. Stimulationsfrequenz etwa 12 Stimuli/min ↑
9.4
Stimulationsprobleme
9.4.1
Exitblock
Ein Exitblock (auch als Capture-Verlust oder ineffektive Stimulation bezeichnet) liegt vor, wenn ein Schrittmacherimpuls keine Depolarisation auslöst. Als Ursachen kommen in Betracht: ▬ Impuls mit unterschwelliger Energie ▬ Passagere Reizschwellenerhöhung des Myokards ▬ Stimulation in die Refraktärzeit des Myokards ▬ Fehlende Sondenkonnektion ▬ Sondenprobleme ▬ Batterieerschöpfung ▬ Hard- und Softwaredefekte Das EKG zeigt Stimuli ohne nachfolgende atriale oder ventrikuläre Depolarisationen. Bei Exitblock auf Vorhofebene können intrinsische Vorhofaktionen auftreten, die bei korrekter Wahrnehmung außerhalb der Refraktärzeit das Timing zurücksetzen. Bei Exitblock auf ventrikulärer Ebene ohne
Eigenrhythmus droht die Asystolie (⊡ Abb. 9.26 u. ⊡ Abb. 9.27).
9.5
Tachykardien bei Schrittmacherpatienten
Angaben und Klagen seitens des Patienten über Attacken von Herzrasen sind anhand der anamnestischen Angaben nur schwer zu klassifizieren. Prinzipiell können unterschieden werden:
9.5.1
Spontane Tachykardien
Tachykardien, bei denen der Schrittmacher an der Auslösung und Perpetuierung nicht beteiligt ist (⊡ Abb. 9.28 u. ⊡ Abb. 9.29): ▬ Atriale (Vorhofflimmern, Vorhofflattern, fokale Tachykardien, Sinusknoten-Reentry) ▬ AV-nodale ▬ AV-Reentry ▬ Ventrikuläre
142
Kapitel 9 · Troubleshooting
⊡ Abb. 9.29 zeigt laut Schrittmacherangabe eine ATR (atriale Tachyreaktion=Mode-Switch). Tatsächlich liegt zum Zeitpunkt der Diagnose keine atriale Tachykardie vor, sondern R-Wellen FarField-Sensing bei normalem Sinusrhythmus. Die
unmittelbar darauf spontan startende ventrikuläre Tachykardie (Zykluslänge 300 ms) wird vom Algorithmus des Schrittmachers nicht diagnostiziert. Die ventrikuläre Tachykardie zeigt im Verlauf später eine 2:1-VA-Überleitung. Nach durchgeführ-
PVARP-Verlängerung
9
⊡ Abb. 9.28 Laut Diagnose des Schrittmacheralgorithmus handelt es sich um eine PMT. Tatsächlich liegt eine atriale Tachykardie (Frequenz ca. 120 min-1) vor, da die Tachykardie nicht durch Verlängerung der PVARP und Ausbleiben der ventrikulären Impulsabgabe beendet wird. AS=Atriales Sensing; (AS)=Atriales Sensing in der Refraktärzeit; VS=Ventrikuläres Sensing; VPMT=Ventrikuläre Stimulation an der Maximalfrequenz
⊡ Abb. 9.29 R-Wellen Far-Field-Sensing und ventrikuläre Tachykardie
143 9.5 · Tachykardien bei Schrittmacherpatienten
tem Mode-Switch terminiert sich die Tachykardie spontan. Während der Mode-Switch-Phase stimuliert der Schrittmacher im VDIR-Modus mit regelmäßiger 1:1-VA-Leitung.
9.5.2
Schrittmacherbeteiligte Tachykardien
▬ Hochfrequente Ventrikelstimulation durch Tracking von atrialen Tachyarrhythmien oder Tracking von Myosignalen oder FarField-Sensing im atrialen Kanal ▬ Schrittmacher-Reentry-Tachykardie/PMT (schrittmachervermittelte Tachykardie) ▬ Tachykardien, die nach inadäquater Impulsabgabe in die vulnerable Phase (z. B. bei Undersensing) durch den Schrittmacher ausgelöst werden: atrial, ventrikulär, nodal und atrio-ventrikulärer Reentry ▬ Tachykardien bei Hard- und Softwaredefekten ▬ Tachykardien bei überschießender Sensorreaktion
9
Im Folgenden werden Beispiele für die schrittmacherbeteiligten Tachykardien aufgeführt. kTracking von atrialen Tachyarrhythmien und Myosignalen (⊡ Abb. 9.30 u. ⊡ Abb. 9.31)
Inadäquat hohe ventrikuläre Stimulationsfrequenz bei: ▬ Tracking von atrialen Arrhythmien ▬ Tracking von atrial gesensten Myosignalen Beim DDD-System führen Vorhofflimmern, FarField-Sensing oder Myosignal-Oversensing zu einer Stimulation bis zur Maximalfrequenz, solange ein Mode-Switch in einen VDI(R)- oder DDI(R)-Modus nicht erfolgt ist. Je nach aggregatspezifischem Algorithmus kann der Switch beatto-beat oder verzögert erfolgen, sodass für eine unterschiedlich lange Zeit eine Stimulation an der oberen Grenzfrequenz beobachtet werden kann. Intermittierendes Undersensing der Signale bei Vorhofflimmern kann dazu führen, dass die Dauer der Stimulation an der oberen Grenzfrequenz verlängert wird, weil das Mode-Switch-Kriterium (Dauer der Tachykardie) verzögert erreicht wird.
⊡ Abb. 9.30 Kurze atriale Tachykardie
⊡ Abb. 9.31 Hohe ventrikuläre Stimulationsfrequenz an der Maximalfrequenz (MS) durch Myosignal-Oversensing im Vorhof (P)
144
Kapitel 9 · Troubleshooting
kSchrittmacher-Reentry-Tachykardien/PMT (schrittmachervermittelte Tachykardien)
Hohe ventrikuläre Stimulationsfrequenz, in der Regel an der Maximalfrequenz, bei DDD/VDDSystemen und Vorliegen einer retrograden Leitung ( Abschn. 2.2.1). Der ventrikuläre Impuls führt nach rückwärtiger Leitung durch den AV-Knoten (VA-Leitung) zu einer Depolarisation des Vorhofs. Diese Depolarisation wiederum triggert einen ventrikulären Impuls, der wiederum rückwärtig geleitet wird und eine neuerliche Vorhofdepolarisation auslöst. Dieser Reentry-Kreis wird solange unterhalten, bis entweder die rückwärtige Leitung unterbro-
chen wird oder ein schrittmacherspezifischer Algorithmus die ventrikuläre Stimulation auslässt und somit die rückwärtige Leitung unterbricht. Die Bedingungen für die Diagnose einer PMT seitens des Schrittmachers und deren auslösende Mechanismen sind in der Übersicht zusammengefasst.
Diagnose und auslösende Mechanismen einer PMT ▬ Diagnose: – Längere Stimulation an der oberen Grenzfrequenz – Regelmäßige, identische VA-Depolarisationssequenz (X aus Y) – Regelmäßige atriale Depolarisation mit extremer Vorzeitigkeit
▬ Mechanismen:
9 a
b ⊡ Abb. 9.32a,b a: Ineffektive atriale Stimulation mit regelmäßiger VA-Leitung; b: zeigt das intrakardiale EKG von a mit gut erkennbarer retrograder Vorhofdepolarisation und atrialem Exitblock bei bipolarer Stimulation
– – – – – – –
Atrialer Sensingverlust Atrialer Exitblock Atriales Oversensing Atriale Extrasystolie Langes AV-Delay VES Far-Field-Sensing
Die Messung der retrograden Leitungszeit ist entweder im Oberflächen-EKG nach Auslösen einer PMT möglich oder durch Darstellung der VALeitung mit retrogradem Leitungstest und Annotation des intrakardialen EKGs (⊡ Abb. 9.32). kFallstrick automatische Messung der retrograden Leitung
Die Dauer der gemessenen retrograden Leitung wird vom Schrittmacher nicht immer korrekt – bei gleichzeitigem Vorliegen eines R-Wellen FarField-Sensings (FFS) – angegeben (⊡ Abb. 9.33 u. ⊡ Abb. 9.34). kTachykardie durch inadäquate Sensorfunktion ⊡ Abb. 9.33 Halbautomatischer Test: Der Schrittmacher misst retrograde Leitungszeiten, die kürzeste 176 ms und die längste 277 ms
Es kommt zu einem überschießenden Frequenzanstieg bei minimaler Belastung oder einem verzögerten Frequenzabfall nach Belastung aufgrund einer inadäquaten Sensorreaktion (⊡ Abb. 9.35).
9
145 9.5 · Tachykardien bei Schrittmacherpatienten
Atriales IEGM
FFS
Retrograde P-Welle
⊡ Abb. 9.34 Ursache für die unterschiedlichen Zeiten ist im vorliegenden Fall ein R-Wellen Far-Field-Sensing neben der VALeitung (ca. 270 ms), (FFS (ca. 176 ms)
⊡ Abb. 9.35 Inadäquate Sensorfrequenz mit AV-sequenzieller Stimulation bei Transport im Rettungswagen über Kopfsteinpflaster
⊡ Abb. 9.36 Ventrikuläre Stimulationsfrequenz um 120/min bei gesichertem Defekt einer Halbleiterdiode
146
Kapitel 9 · Troubleshooting
⊡ Abb. 9.37 Vorhofflattern nach atrialem Undersensing
9
⊡ Abb. 9.38 Atriale Impulsabgabe bei ventrikulärer Extrasystole (PVC), um das Auslösen einer PMT zu verhindern, induziert Vorhofflimmern
kTachykardie durch Hardwaredefekt
9.7
Fallstricke
9.7.1
Schrittmacher und Monitorüberwachung
(⊡ Abb. 9.36)
kAtriale Tachykardie durch atriale Stimulation nach Undersensing (⊡ Abb. 9.37) kVorhofflimmern durch atriale Impulsabgabe bei VES (⊡ Abb. 9.38)
9.6
Frequenzabfallreaktion
⊡ Abb. 9.39 zeigt eine hohe AV-sequenzielle Stimu-
lation nach abruptem Frequenzabfall.
Die Interpretation des Schrittmacher-EKG durch Monitorsysteme bedarf einer genauen Überprüfung, da falsche Diagnosen systembedingt möglich sind. kDouble counting
Ein oft beobachtetes Phänomen sind falsch positive ventrikuläre Tachykardien bei der Monitorüberwachung durch Double counting z. B.
147 9.7 · Fallstricke
9
⊡ Abb. 9.39 Frequenzabfallreaktion nach abrupter Bradykardie
⊡ Abb. 9.40 Double counting des atrialen Stimulus und des R-Wellensignal (Herzfrequenz=80 min-1, Monitor zeigt 160 min-1)
⊡ Abb. 9.41 Asystolie – bei regelmäßiger Impulsabgabe
des atrialen Stimulus und des QRS-Komplexes oder des stimulierten Ventrikels und der T-Welle (⊡ Abb. 9.40). kFehlende Depolarisation
Eine Asystolie kann unbemerkt bleiben, weil der Monitor die Schrittmacherstimuli als Frequenz innerhalb der Alarmgrenzen registriert und fehlende Depolarisation nicht diagnostiziert. (⊡ Abb. 9.41 u. ⊡ Abb. 9.42).
kVentrikulärer Sensingverlust bei Kammerflimmern ⊡ Abb. 9.43 zeigt am Monitor Kammerflimmern
mit regelmäßigen ventrikulären Impulsabgaben, die nicht durch die Flimmersignale inhibiert werden. Zweimalig findet sich auch eine atriale Stimulation. > Um die unbemerkte Asystolie bei Schrittmacherpatienten zu vermeiden, empfiehlt es sich, neben dem EKG auch die
148
Kapitel 9 · Troubleshooting
⊡ Abb. 9.42 DDD-System mit ventrikulärem Exitblock und ventrikulärem Sensingverlust, korrekte Wahrnehmung der intrinsischen Vorhofaktion
9 ⊡ Abb. 9.43 Regelmäßige ventrikuläre Impulsabgabe während Undersensing von Kammerflimmern. Korrekte Alarmierung bei Erkennen der ventrikulären Rhythmusstörung durch den Monitor der Intensivstation
Pulsoxymetrie und ggf. den (fortlaufend gemessenen) intraarteriellen Blutdruck in die Alarmfunktion des Monitorsystems der Intensivstation mit einzubeziehen.
9.7.2
Fallstricke bei der Nachsorge
▬ Fehlende Umprogrammierung der Impulsamplitude durch den Anwender entsprechend der manuellen Reizschwellenbestimmung ▬ Unnötige hohe Stimulationsamplitude durch die Automatik bei fehlerhafter automatischer Reizschwellenmessung (z. B. Sondenproblem, Pseudofusion, tachykarder Eigenrhythmus) ▬ Inadäquate Basisfrequenz bei AV-Block III° und chronotroper Kompetenz (unnötigerweise 70 ipm statt 45 ipm)
▬ Zu kurzes PVAB: Inadäquater Mode-Switch bei R-Wellen Far-Field-Sensing (⊡ Abb. 9.44) ▬ Fehlerhafte Reizschwellenmessung bei V00 und Stimulation während der Refraktärzeit (⊡ Abb. 9.45) ▬ Unipolare Impedanzmessung bei bipolarer Sonde ( Abschn. 4.9) ▬ Wenckebach-Blockierung oder 2:1-Block (⊡ Abb. 9.46; Abschn. 1.9) bei niedriger oberer Grenzfrequenz ▬ T-Wellen-Oversensing statt »ventrikulärer Tachykardie« (⊡ Abb. 9.47) ▬ Fehlende Sensorsteuerung bei Mode-Switch und AV-Block III° ( Abschn. 1.7) ▬ Fortlaufende Refraktärzeitwahrnehmung statt Sensingverlust (⊡ Abb. 9.48) ▬ Fehlende ventrikuläre Sicherheitsstimulation (⊡ Abb. 9.49) ▬ Nicht-programmierbare PVAB bei intrinsischer AV-Überleitung und Far-Field-Sensing
149 9.7 · Fallstricke
9
⊡ Abb. 9.44 Inadäquater Mode-Switch bei R-Wellen Far-Field-Sensing; bei »ATR-FB« Beginn Mode-Switch. (VP-FB=Ventrikuläre Fallbackstimulation)
⊡ Abb. 9.45 Die ersten zwei Stimuli fallen in die Refraktärzeit des Myokards und können dadurch für die Reizschwellenmessung nicht verwendet werden
⊡ Abb. 9.46 Wenckebach-Blockierung bei Vorhoffrequenz über der oberen Grenzfrequenz
bei zu empfindlicher atrialer Sensingschwelle (⊡ Abb. 9.50 u. ⊡ Abb. 9.51) ▬ Ventrikuläre Stimulation statt intrinsischer Überleitung ( Abschn. 3.4) ▬ Sensormismatch bei chronotroper Kompetenz. Ist die Sensorsteuerung wirklich erforderlich oder wirkt sie möglicherweise arrhythmogen? ▬ Fällt die Schrittmacherfrequenz während des Sensingtests nicht auf den programmierten Wert (z. B. 30 min-1) zurück, könnte Rate-
smoothing oder die frequenzadaptive Stimulation noch eingeschaltet sein. ▬ Wie ist das tatsächliche atrioventrikuläre Intervall (stimulierte oder intrinsische Vorhofdepolarisation) bei der unterschiedlichen firmenspezifischen Nomenklatur? (AV-Korrektur, AV-Extension) ▬ Bei Umprogrammieren von DDD zu AAI zur Bestimmung der atrialen Reizschwelle wird bei manchen Modellen die Dauer der PVARP (z. B. 200 ms) als ARP übernommen, was u. U.
150
Kapitel 9 · Troubleshooting
die maximal programmierbare Testfrequenz wegen R-Wellen Far-Field-Sensing nach oben begrenzt (ARP auf ca. 400 ms umstellen oder A00-Modus). ▬ Wird bei Messung der bipolaren Impedanz die Autocapturefunktion automatisch deaktiviert
und beim Programmieren auf unipolare Stimulation nicht automatisch reaktiviert? ▬ Klagt der Patient über Sensationen während der nächtlichen automatischen Reizschwellenmessung (z. B. wegen unipolarer Stimulation)?
9
⊡ Abb. 9.47 Rhythmus gespeichert als »ventrikuläre Tachykardie« bei T-Wellen-Oversensing (großes Signal=R-Welle; kleines Signal=T-Welle)
⊡ Abb. 9.48 Das Oberflächen-EKG zeigt Vorhofflattern bei einem AAI-System mit atrialen Impulsabgaben, die offensichtlich nicht durch die intrinsischen Depolarisationen inhibiert werden. Das intrakardiale EKG zeigt, dass die Flatterwellen in der Refraktärzeit (SR) erkannt werden und bei fortlaufender Refraktärzeitwahrnehmung ein Störfrequenzmodus A00 vorliegt
151 9.7 · Fallstricke
9
⊡ Abb. 9.49 zeigt im gespeicherten intrakardialen EKG eine klassische Pseudopseudofusion (Ap) ( Abschn. 1.6) bei einer VES (Vr), die in die Refraktärzeit fällt. Da diese Depolarisation außerhalb der postatrialen ventrikulären Ausblendzeit (PAVB) detektiert wird, müsste eigentlich eine ventrikuläre Sicherheitsstimulation erfolgen. Ursache für das Ausbleiben der Sicherheitsstimulation ist ein Modus, der gelegentlich zur Vermeidung der rechtsventrikulären Stimulation einen AV-Block erlaubt
70 ms ⊡ Abb. 9.50 Ein R-Wellen Far-Field-Sensing tritt 70 ms nach einem intrinsischen ventrikulären Ereignis auf. Eine programmierbare PVAB (»A-Blanking nach V-stim«) wird nur nach ventrikulärer Stimulation gestartet, bei intrinsischer AV-Überleitung beträgt die PVAB bei diesem Modell 50 ms und ist nicht programmierbar. Die atriale Sensitivität beträgt hier 0,5 mV
⊡ Abb. 9.51 Nach Umprogrammierung der atrialen Sensitivität auf eine unempfindlichere Schwelle von 0,5 mV (⊡ Abb. 9.50) auf 1,0 mV tritt das R-Wellen Far-Field-Sensing nicht mehr auf. Im ungefilterten intrakardialen EGM lässt sich das R-Wellen FarField-Sensing weiterhin erkennen, jetzt ohne Markerannotation, da sie vom Schrittmacherfiltereingang nicht mehr erfasst wird
152
Kapitel 9 · Troubleshooting
9.8
Zusammenfassung
9.8.1
Checkliste
kSchrittmacher lässt sich nicht abfragen?
▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Richtiges Programmiergerät? EOS überschritten? Magnetfrequenz? Schrittmacherdefekt? Z. n. Defibrilliation oder Kardioversion? Strahlentherapie?
> Die Magnetauflage kann die restliche Energie im Schrittmacher, der nahe dem EOS ist, vollständig aufbrauchen und zum plötzlichen Stimulationsausfall führen. Voraussetzung für den Übergang in den Magnetmodus ist, dass der Magnetmodus aktiv ist.
9
kStimulationsfrequenz zu hoch?
▬ PMT? Eine PMT bei DDD/VDD führt in der Regel zu einer ventrikulären Stimulation an der oberen Grenzfrequenz. Fragen: – Ist eine PMT-Schutzfunktion aktiviert? – Liegen gespeicherte/dokumentierte Episoden von PMT vor? – Auslösemechanismus? AV-Intervall zu lang, Myosignal-Oversensing, Exit- oder Entranceblock im Vorhof? ▬ Atriale Tachyarrhythmie? Bei DDD-Systemen führt eine atriale Tachykardie zum Tracking bis an die obere Grenzfrequenz. Fragen: – Ist der Mode-Switch-Algorithmus aktiviert? – Welche Switch-Kriterien wurden programmiert? – Sind Mode-Switch-Oszillationen gespeichert? – Sind die gespeicherten Mode-Switch-Episoden adäquat? – Ist die R-Funktion zum Zeitpunkt der Mode-Switch-Episode aktiviert?
kKorrektes Sensing?
▬ ▬ ▬ ▬
Provokation von Myosignalen Sichtbares Undersensing? Oversensing? R-Wellen Far-Field-Sensing
kStimulation
▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬
Effektiv? Regelmäßig? Inadäquate Stimulationsfrequenz? Magnetfrequenz? AV-Blockierungen? Pseudofusion, Fusion, Pseudopseudofusion? VAT-Stimulation nach Ablauf der AV-Zeit?
kBradykardie
▬ Ruhefrequenz, Hysteresefunktion, Algorithmus zur Vermeidung der rechtsventrikulären Stimulation? ▬ Oversensing ▬ Ventrikuläres Oversensing bei VVI- oder DDD-Schrittmachern, atrial bei AAI- bzw. T-Wellen Oversensing im Ventrikel (bei VVI-, DDI/DDD-Systemen) ▬ Detektion von diskontinuierlichen Störsignalen kSchrittmachertasche unauffällig? kAnamnestisch rezidivierend Temperaturerhöhung?
10
Antworten auf häufige Patientenfragen
10.1 Allgemeine Fragen – 154 10.2 Störbeeinflussung/Patientensicherheit – 155 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5
Störbeeinflussungen im häusliches Umfeld – 156 Störbeeinflussungen durch Umwelteinflüsse – 156 Störbeeinflussungen im beruflichen Umfeld – 156 Störbeeinflussungen im medizinischen Umfeld – 160 Übersicht der Störquellen – 160
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
154
Kapitel 10 · Antworten auf häufige Patientenfragen
In der Praxis werden der behandelnde und der überweisende Arzt des Schrittmacherpatienten vor und nach der Operation mit einer Fülle berechtigter Fragen konfrontiert. Nach dem Motto »je einfacher die Frage, desto schwieriger die Antwort« kann eine rasche und eindeutige Auskunft problematisch sein. Die hier vorgeschlagenen Antworten, die sich an gängigen Schrittmachersystemen und Behandlungsmethoden, an unserem derzeitigen Wissensstand und der Verständlichkeit für die Patienten ausrichten, mögen Hilfestellung geben.
10.1
Allgemeine Fragen
kWie sieht ein Herzschrittmacher aus? Wie funktioniert er?
10
Dank modernster Mikroelektronik sind die neuesten Schrittmacher kaum größer als eine Streichholzschachtel. In der flachen Kapsel sind der Taktgeber und die Energiequelle untergebracht. Von diesem Gehäuse führen ein oder zwei biegsame Kabel durch eine Vene ins Herz. Vom metallenen Kabelkopf gelangen winzige, die Herztätigkeit auslösende Stromstöße zum Herzmuskel und zwar nur dann, wenn Sie es brauchen – wenn z. B. Ihr Herz weniger als 60- bis 70-mal in der Minute schlägt. kWelche Lebensdauer hat ein Schrittmacher?
Die Funktionsdauer der Schrittmacher beträgt ca. 5–10 Jahre. Früher wurde die Funktionsdauer eines Schrittmachers auf 10 Jahre geschätzt. Heute hat sie sich mit Miniaturisierung der Schrittmachergehäuse – inklusive Batterie – und mit der Zunahme der Speicherkapazitäten und komplexer Algorithmen, die den Ruhestromverbrauch erhöhen, teilweise verkürzt. Eine beginnende Batterieerschöpfung ist lange vor dem kompletten Ausfall der Batterie z. B. durch Bestimmung der Batterieimpedanz im Rahmen der Schrittmachernachsorge erkennbar, ohne dass der Patient eine Funktionsänderung bemerkt. Die liegenden Sonden werden nur bei gravierendem Anstieg der Reizschwellen oder bei Sondendefekten ausgetauscht.
kWas muss ich als Träger eines Schrittmachers beachten?
Tragen Sie Ihren Schrittmacherausweis stets bei sich. Nehmen Sie die Schrittmacherkontrolltermine wahr. Manipulieren Sie nicht an Ihrem Schrittmacher, indem Sie ihn unter der Haut hin- und herschieben. Fragen Sie Ihren Arzt nach der eingestellten Pulsschlagzahl. Liegt Ihr Puls darunter, fragen Sie Ihren Arzt, denn meistens liegt ein früh einfallender Extraschlag mit schlechter Füllung des Herzens vor, sodass keine Pulswelle getastet werden kann bzw. keine Pulswelle vom Handblutdruckmessgerät erfasst wird. Es kommen aber auch spezielle Programmierungen in Betracht (Hysterese). Zu enge Unterwäsche, vor allem zu enger BH oder Korsettagen bzw. straff anliegende Hosenträger, können die Haut über der Schrittmachertasche irritieren. In einem solchen Fall sollten Sie andere, lockere Wäsche verwenden bzw. Träger abpolstern. Verständigen Sie Ihren Arzt, wenn sich die Operationsnarbe entzündet, oder wenn Sie eine schmerzhafte Rötung und/oder Schwellung im Bereich der Schrittmachertasche bemerken. Sprechen Sie vor längeren Reisen mit Ihrem Arzt und lassen Sie sich eventuell die Adressen von Kliniken geben, die mit Ihrem Schrittmacher vertraut sind. Wenn Sie zum Arzt oder Zahnarzt gehen, sagen Sie ihm, dass Sie Schrittmacherträger sind. Bleiben Sie starken elektromagnetischen Feldern fern, wie sie in der Nähe von Radiosendern, Schweißanlagen und Elektrostahlwerken bestehen. Setzen Sie den Implantationsort nicht zu lange der direkten Sonneneinstrahlung aus. kWas darf ich mit dem Schrittmacher wieder alles tun?
Sie können Ihr gewohntes Leben in der Regel ohne wesentliche Einschränkungen weiterführen. Wenn keine Herzmuskelschwäche oder andere Begleiterkrankungen vorliegen, können Sie die meisten Sportarten uneingeschränkt wieder aufnehmen. Sie dürfen baden, duschen, saunen und schwimmen. Empfehlenswert ist, während der ersten 3 Monate nach Sondenimplantation
155 10.2 · Störbeeinflussung/Patientensicherheit
Schwimmen mit extremen Armbewegungen zu vermeiden. Widmen Sie sich ungehindert Ihren Hausarbeiten und Ihren Hobbys. Sie können wieder ein ganz normales Sexualleben führen. Sie können mit dem Auto, Schiff oder Flugzeug reisen. Sie dürfen nach einer Absprache mit Ihrem Arzt oder Betriebsarzt Ihre gewohnte berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen. Fragen Sie aber in Zweifelsfällen Ihren Arzt. kIst meine Belastbarkeit eingeschränkt? Bin ich jetzt ein »Herzkrüppel«?
Im Normalfall sind Sie wieder belastbarer als vor der Operation. kWelche Medikamente muss oder darf ich weiterhin einnehmen?
Die meisten Medikamente werden durch das Einsetzen eines Schrittmachers nicht überflüssig, das gilt vor allem bei einer eventuell vorhandenen Herzmuskelschwäche. Denkbar ist, dass die Wassertabletten (Diuretika) nach Implantation des Schrittmachers reduziert werden können, weil sich Herzfunktion und Rhythmus normalisiert haben. Auf der anderen Seite erlaubt die Schrittmacherstimulation, dass z. B. β-Blocker wieder einsetzbar sind. Eine Beeinflussung der Schrittmacherfunktionen ist durch viele Medikamente möglich, vor allem bei einer Überdosierung.
10
kMuss ich im Auto einen Sicherheitsgurt tragen?
Sie sind wie jeder andere Verkehrsteilnehmer verpflichtet, im Auto einen Sicherheitsgurt anzulegen. Der Sicherheitsgurt schadet Ihrem Schrittmachersystem nicht. Nur in ganz seltenen Fällen ist eine gewisse Abpolsterung zwischen Sicherheitsgurt und Schrittmacheraggregat durch Watte o. Ä. von Vorteil. Nach einem Unfall sollte der Schrittmacher auf jeden Fall überprüft werden. Das Tragen eines Schrittmachers führt nicht zum Verlust der Fahrerlaubnis. kKann ich eine Kernspintomografie (MRT) durchführen lassen?
Bei den starken elektromagnetischen Störfeldern kann ein intermittierender oder permanenter Funktionsausfall/Umprogrammierung des Schrittmacheraggregates die Folge sein. Durch thermische Einwirkung bei MRT-Untersuchungen können Veränderungen an der Sondenspitze im Herzmuskel auftreten, die zu einem vorübergehenden, evtl. permanenten Stimulations- und Wahrnehmungsverlust führen können. Aus diesem Grunde wird von einer MRT-Untersuchung abgeraten, es sei denn, sie ist wichtig für die Therapieplanung. Dann kann sie unter speziellen Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden. Ausnahmen sind MRT-taugliche Schrittmachersysteme.
kKann ich mit einem Schrittmacher normal sterben?
Ja, der Schrittmacher gibt nur einen elektrischen Impuls ab, der das Herz erregen soll. Wenn das Herz nicht mehr erregbar ist, ist der Schrittmacherimpuls ohne Funktion. kWelche Störungen können beim Schrittmacher auftreten?
Wie bei jedem technischen Gerät können beim Schrittmacher Störungen auftreten. Sie sind jedoch selten. Dazu zählen der vorzeitige Schrittmacherausfall, ein Kabelbruch oder eine Kabelverschiebung. Am Kabelkopf kann unter Umständen ein so dichtes Narbengebilde auftreten, so dass die Stromstärke des Schrittmachers nicht mehr ausreicht, das Herz zu erregen. Eine Narbenbildung kündigt sich langsam an und stellt keine Notfallsituation dar.
10.2
Störbeeinflussung/ Patientensicherheit
Die häufigsten Fragen betreffen die Angst vor einer externen Störbeeinflussung des Schrittmachers. Untersuchungen zur Störbeeinflussung von Schrittmachern im Alltag liegen zwar vor, doch sind längst nicht alle Störsituationen erfasst und beurteilt. Die am häufigsten angesprochenen Störsituationen sind aufgelistet. Wegen der – je nach Schrittmachermodell unterschiedlichen – Störschutzschaltungen können Störquellen in vielen Fällen ohne gefährdende Wirkung bleiben. Neben der Wahrnehmung von gewünschten Signalen ist je nach Programmierung auch die Wahrnehmung unerwünschter patienteneigener
156
10
Kapitel 10 · Antworten auf häufige Patientenfragen
Signale möglich (Myosignal-Oversensing, R-Wellen Far-Field-Sensing im Vorhof, T-Wellen-Oversensing im Ventrikel). Signale der Impulsabgabe (z. B. AV-Crosstalk) sowie externe elektrische Signale und mechanische Erschütterungen können die korrekte Funktion des Schrittmachers beeinflussen. Elektrische Störsignale sind Signale des Schrittmachers oder Signale eines anderen elektrisch aktiven Implantats (z. B. zusätzlich implantierter Defibrillator). Diese Störsignale können je nach Programmierung und Filtereigenschaften des Schrittmachers zu einem Oversensing führen und den Schrittmacher je nach programmiertem Modus entweder inhibieren oder triggern. Beispiele hierfür sind in Abschn. 9.3 (Oversensing) aufgeführt. Externe Störquellen, die den Schrittmacher beeinflussen können, sind elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder, energiereiche Strahlung und mechanische Einwirkungen. Zum Schutz vor externen Störquellen sind in den Aggregaten diverse Sicherheitsfunktionen eingebaut: ▬ Eingangsschutzdioden: Schutz vor hoher, über die Sonde eingekoppelter Energie ▬ Bei starken magnetischen Feldern stimuliert der Schrittmacher im Magnetmodus (starrfrequente Stimulation mit der Magnetfrequenz) ▬ Bei starken elektrischen und elektromagnetischen Feldern wechselt der Schrittmacher in den Störmodus (A00, V00, D00) oder Backup-VVI-Modus bzw. in den StandbyModus ▬ MRT-Tauglichkeit einiger Schrittmachermodelle Für den Patienten mit implantiertem Herzschrittmacher stellen jedoch nur wenige Situationen im Alltagsleben, bezüglich einer Störbeeinflussung, ein konkretes Problem dar. Er muss Bereiche und Geräte vermeiden, die als potenziell gefährlich für den Herzschrittmacherpatienten gekennzeichnet sind. Externe Störquellen sind fast überall vorhanden; im häuslichen Umfeld, bei Hobby, Sport und Reisen, im öffentlichen Verkehr, im Beruf und im medizinischen Bereich.
10.2.1
Störbeeinflussungen im häusliches Umfeld
Die häufigsten Fragen, die von Schrittmacherträgern gestellt werden, betreffen Haushaltsgeräte. Für Herzschrittmacherträger gilt der allgemeine Grundsatz ganz besonders, beim Kauf elektrisch betriebener Geräte auf das amtliche Sicherheitszeichen (VDE-geprüft; CE-Zeichen) und den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Geräte zu achten. Kurzschlüsse und Wackelkontakte können zur Störbeeinflussung des Schrittmachers führen.
10.2.2
Störbeeinflussungen durch Umwelteinflüsse
Spezielle Probleme können möglicherweise unter Umwelteinflüssen wie Diebstahlsicherungsanlagen, Hochspannungsleitungen, Radarsender und diversen Schweißgeräten, auf Reisen, bei Hobby und Sport auftreten. Beim Blitzunfall ist der Schrittmacherpatient dadurch gefährdet, dass die Schrittmacherfunktion bis hin zum Totalausfall gestört sein kann, sodass bei abhängigen Patienten ein zusätzliches Risiko vorliegt.
10.2.3
Störbeeinflussungen im beruflichen Umfeld
Im beruflichen Umfeld reichen im Regelfall die Sicherheitsnormen zum Vermeiden von Störbeeinflussungen aus. Es können jedoch im Einzelfall bedeutsame Störungen auftreten, deren Risiko für den Schrittmacherträger von den für Arbeitsmedizin zuständigen Personen bekannt sein muss. Das Risiko hängt von der Art und Intensität der Störungen, vom Schrittmachersystem, vom Implantationsort, von der Sondenkonfiguration (bipolare oder unipolare Wahrnehmung), aber auch von der Programmierung (z. B. Empfindlichkeitseinstellung) ab. Bei der Vielzahl der in der Industrie auftretenden Störquellen kann hier keine differenzierte Beurteilung abgegeben werden. Einige Beispiele sind in ⊡ Tab. 10.1 dargestellt. Ein Wechsel des Arbeitsplatzes kann in seltenen Fällen erforderlich sein.
10
157 10.2 · Störbeeinflussung/Patientensicherheit
⊡ Tab. 10.1 Mögliche Störeinflüsse auf aktive Implantate Mögliche Situationen
Hinweise, Vorkehrungen, Empfehlungen
Risiko/ Einfluss
Bohrmaschine
Störung wenn die Bohrmaschine zu nahe an die Brust gehalten wird
+
Elektrische Gartengeräte (Rasenmäher, Heckenschere)
Können bei aktivitätsgesteuerten frequenzadaptiven HSM zu einer höheren Stimulationsfrequenz führen
(+)
Elektrischer Schlag
Elektrische Entladungen die dadurch entstehen, dass man auf einen Teppich geht und anschließend eine Türklinke anfasst, beeinflussen die HSM-Funktion nicht Stromunfälle mit dem elektrischen Netz im Haushalt oder mit höheren Spannungen können die Funktion des HSM beeinflussen oder schädigen. Stromunfälle sind für Patienten mit und ohne HSM gleichermaßen gefährlich
Kein Einfluss
Häusliche Umgebung
Heizkissen und Heizdecken auf der Brust
+
+
Je nach Fabrikat können Heizkissen und Heizdecken sehr starke magnetische Felder abstrahlen – Herstellerdaten anfordern
(+)
Induktionskochherd
Abstand zum Herd ca. 30 cm einhalten
+
Ceranfeld
Keine Störung, da normale Wärmeerzeugung mit Heizdrähten
+
Halogenkochfeld
Keine Störung, da normale Wärmeerzeugung mit Heizdrähten
+
Infrarotfernbedienung
Kein Einfluss
+
Magnete
Lautsprecher, Hörkissen, Haftmagnete für Modeschmuck, Sortiermagnete können den Schrittmacher beeinflussen – HSM geht in der Regel – je nach Programmierung – in den Magnetmodus über
+
Massageliegen
Üben in der Regel keinen Einfluss auf den HSM aus; aktivitätsgesteuerte frequenzadaptive HSM können durch die wahrgenommenen Schwingungen die Stimulationsfrequenz anheben
+
Mikrowelle
Keine Störung bei bestimmungsgemäßen Gebrauch
Rasierer: netzbetriebener mit Schwingankerantrieb nahe vor der Brust
HSM wird inhibiert oder getriggert – Herstellerdaten anfordern, auf akkubetriebene Rasierer umstellen oder ohne Schwinganker
+
Autozündanlage
Wenn der HSM-Patient sich bei geöffneter Motorhaube über die Zündung beugt, kann die Schrittmacherfunktion beeinflusst werden. Bei geschlossener Motorhaube gibt es keine Beeinflussung
+
Diebstahlsicherungsanlagen/EASAnlagen (electronic article surveillance«)
Diese starken elektromagnetischen Störquellen befinden sich meistens im Kassenbereich von Kaufhäusern. Sie können den HSM beeinflussen. Diesen Bereich zügig passieren
+
Gewitter
Patienten mit und ohne HSM sind gleichermaßen gefährdet
+
Hochspannungsleitungen
Nicht unter Hochspannungsleitungen durchgehen. Hohe Spannung zwischen Leitung und Boden können den HSM beeinflussen
+
Radarsender
Radarsender können bei Ballonfahrten, Gleitschirmfliegen, Segelfliegen. oder auf militärischen Gelände den HSM beeinflussen. Im normalen Umfeld gibt es keine Beeinflussung
+
Herde:
+
Umwelt/Hobby/Beruf
158
Kapitel 10 · Antworten auf häufige Patientenfragen
⊡ Tab. 10.1 Fortsetzung Mögliche Situationen
Hinweise, Vorkehrungen, Empfehlungen
Risiko/ Einfluss
Elektroschweißgeräte, Schutzgasschweißgeräte
Diese Schweißgeräte können die Funktion des HSM beeinflussen. Der HSM-Träger darf diese Geräte nur bedienen, wenn die Unbedenklichkeit geprüft ist. Das Schweißkabel darf nicht über die Schulter geführt werden
(+)
Punktschweißgeräte
Starke getaktete Magnetfelder können den HSM inhibieren oder triggern
+
Autogene Schweißgeräte
Beeinflussen HSM nicht
Tauchsport
Meistens bis ca. 5 m Tiefe – Herstellerangaben beachten. Manche Hersteller erlauben größere Tiefen
Trafostation im Wohngebiet
Kein Einfluss
Kein Einfluss
Schweißgeräte:
+ + +
Kommunikation Funkanlagen
Amateur und CB
Mobiltelefone
E Netz hat keinen Einfluss D-Netz: Mobiltelefone sollten herstellerabhängig einen Sicherheitsabstand von ca.15–25 cm vom HSM haben
10 Schnurlose Telefone
(+) + +
Abhängig vom Hersteller gibt es schon HSM, die mobilfunkverträglich sind und nicht gestört werden
+
Kein Einfluss
+
Reisen Bahn
In Deutschland keine Gefahr
Ballonfahrt
Im Heißluftballon ist der HSM-Patient ungeschützt vor elektromagnetischen Störfeldern. Fliegt der Ballon in die Nähe eines Radarsenders, kann der HSM beeinflusst werden
+
Flughafen
Keine Gefahr für den HSM-Patienten. Metalldetektoren bei den Sicherheitskontrollen lösen evtl. Alarm aus, deshalb Schrittmacherausweis vorzeigen
+
GPS-Navigation
Keine Beeinflussung des HSM
+
Sicherheitsgurt und Airbag
Keine Beeinflussung des HSM
+
Verkehrsradar
Ungefährlich – Sendeleistung zu schwach
+
+
Medizinische Umgebung Elektrokrampf therapie
Beeinflussung nur bei unipolarem Sensing. Anwendung nur unter Puls- und EKG-Kontrolle
+
Elektrochirurgie
Schrittmacher vor Anwendung, wenn möglich, umprogrammieren in getriggerten Modus VVT/AAT und bipolares Sensing. Neutralelektrode sollte so gelegt werden, dass sie den Hochfrequenzstrom vom Thorax separiert. EKG und Pulskontrolle notwendig. Bipolares Kautern ist zu bevorzugen. Schädigung des HSM und/oder Reizschwellenanstieg aufgrund von Verbrennung oder Mikrokoagulation an der Sondenspitze möglich
+
10
159 10.2 · Störbeeinflussung/Patientensicherheit
⊡ Tab. 10.1 Fortsetzung Mögliche Situationen
Hinweise, Vorkehrungen, Empfehlungen
Risiko/ Einfluss
Elektroschock
Kardioversionsschocks als auch Defibrillationsschocks können die HSM-Hardware und -Software schädigen. Zur Vermeidung von möglichen Defekten sollten die Schockelektroden möglichst weit vom HSM entfernt und senkrecht zur implantierten Sonde (anterior-posteriore Richtung) angelegt werden. Falls möglich, vor dem Schock einen getriggerten oder starrfrequenten Modus mit maximaler Stimulationsenergie programmieren. Bei Vorhofflimmern evtl. medikamentöse Kardioversion bevorzugen
+
Hochfrequenzstromablation
Schrittmacher vor Anwendung, wenn möglich, umprogrammieren in getriggerten Modus VVT/AAT und bipolares Sensing
+
Hochfrequenztherapie (Kurzwellen, Dezimeterwellen, Mikrowellen)
Wenn möglich, bei HSM-Trägern vermeiden. Wenn nötig, Angaben des Herstellers beachten. Bei uni- und bipolaren Systemen gleichermaßen störanfällig, nur unter EKG- und Pulskontrolle
+
Kernspintomografie/ Magnetresonanztherapie
Nur bei MRT-tauglichen HSM-Systemen inkl. Sonden möglich. Programmierung auf starrfrequenten Modus V00/A00/D00 oder 0D0; Herstellerangaben beachten, ob das HSM-System auch im Untersuchungsbereich liegen darf MRT Untersuchung sollten, wenn möglich, bei nicht MRT-tauglichen Schrittmachern vermieden werden
Kein Einfluss
+
+
Lithothripsie (Stoßwellentherapie)
Druckschädigungen und elektromagnetische Störungen möglich; nicht in den Fokus der Schallwellen bringen (mind. 15 cm Abstand zum Aggregat); auf AAT/VVT programmieren und Synchronisierung der Stoßwellen mit der R-Zacke um mögliche Inhibierungen vorzubeugen; Frequenzadaptation ausschalten
+
Niederfrequenztherapie
Bei bipolarem Sensing keine Störung, Bei unipolarem Sensing Anwendung möglich, wenn das Schrittmachersystem außerhalb des durch die Reizstromelektroden abgedeckten elektrischen Feldes liegt. EKG und Pulskontrolle notwendig
+
Röntgendiagnostik
Keine Beeinflussung
+
Sonografie/Ultraschall für diagnostische Zwecke
Kein Einfluss
+
Strahlentherapie
Anwendung kann die CMOS-Schaltung im Schrittmacher schädigen. HSM darf nicht im Bestrahlungsfeld liegen und muss während der Behandlung abgedeckt werden. Streustrahlung messen. Ggf. ist eine Verlagerung des HSM notwendig
+
TENS, Muskelstimulation
Anwendung möglich, wenn: – Eine vorherige Testung unter intrakardialer EKG-Ableitung (z. B. mit Annotation) keine Störungen aufweist – Ein Abstand von mind. 70 cm eingehalten wird – Die TENS-Frequenz >70 Hz ist Die Wahrscheinlichkeit einer Beeinflussung durch Störeinflüsse ist bei bipolaren HSM sehr viel geringer, als bei unipolaren Geräten
+
Zahnvitalitätsprüfung
Häufiges Ein- und Ausschalten der Vitalitätsprüfer kann zu Inhibierungen des Schrittmachers führen
+
160
Kapitel 10 · Antworten auf häufige Patientenfragen
Bei möglichen Problemen kann eine Langzeit-EKGAufzeichnung während der Arbeit aufschlussreich sein. Im Zweifelsfall sollte unbedingt eine Arbeitsplatzbeurteilung durch einen auf Herzschrittmacher spezialisierten Sachverständigen durchgeführt werden.
10.2.4
10
Störbeeinflussungen im medizinischen Umfeld
Im medizinischen Umfeld können viele medizinische Behandlungsverfahren eine Beeinträchtigung oder gar Gefährdung eines Herzschrittmacherpatienten verursachen. Vor allem bei Anwendung verschiedener apparativer Physiotherapieverfahren, bei transkutaner elektrischer Nervenstimulation und Muskelstimulation, in der HochfrequenzElektrochirurgie und -Ablation, bei Gleichstromschocks zur Kardioversion bzw. Defibrillation, in der Strahlentherapie, bei MRT-Untersuchungen, bei Stoßwellenlithotripsie und auch bei elektrischen Zahnvitalitätsprüfungen sind Störbeeinflussungen zu erwarten. Weitgehend unbedenklich sind dagegen alle Arten von Ultraschall, Gleichströmen, Thermotherapie, Phototherapie und Laserlichtapplikationen. Um Gefährdungen des Herzschrittmacherträgers während einer medizinischen Untersuchung oder Behandlung zu vermeiden, ist ein differenziertes Vorgehen erforderlich, das einerseits das medizintechnische Verfahren und andererseits das Schrittmachermodell und die zugrunde liegende Rhythmusstörung des Patienten berücksichtigt.
10.2.5
Übersicht der Störquellen
Um die Risiken durch externe Störungen für Patienten mit Herzschrittmachern im Alltagsleben zu reduzieren, arbeiten die Hersteller von Herzschrittmachern und die elektromagnetische Felder erzeugende Industrie eng zusammen. Obwohl die Störbeeinflussung von Herzschrittmachern hauptsächlich ein technisches Problem darstellt, kann der Arzt durch Auswahl des Systems (bipolar), Implantationsort (rechtsseitig bei unipolaren Systemen) und entsprechender Programmierung einen
wesentlichen Einfluss nehmen. Viele Risiken werden auch bei unipolarer Wahrnehmung relativiert, wenn eine ventrikuläre Wahrnehmungsschwelle von 6,8 mV (Anwendernorm, VDE) und mehr programmiert ist. Allerdings kann diese Programmierung nicht immer umgesetzt werden, weil die intrinsische Signalamplitude der R-Welle bzw. der ventrikulären Extrasystole evtl. zu klein ist oder der HSM keinen ausreichenden großen Messbereich zur Feststellung der intrinsischen Signale hat, d. h., dass die Programmierbarkeit erheblich eingeschränkt ist, wenn systemimmanent eine Messung von Signalen >5 mV nicht möglich ist. Die am häufigsten in Frage kommenden Störsituationen sind in ⊡ Tab. 10.1 aufgelistet. Wegen der – je nach Schrittmachermodell unterschiedlichen – Störschutzschaltungen, wie sie die Schrittmacherhersteller seit Jahren verwenden, können die in der Tabelle angegebenen Störsituationen in vielen Fällen ohne gefährdende Wirkung bleiben, sind jedoch der Vollständigkeit halber aufgeführt.
11
Notfälle und Probleme bei Herzschrittmacherpatienten
11.1 Notfallsituationen während der Schrittmachernachsorge – 162 11.2 Notfallsituationen unabhängig von der Schrittmachernachsorge – 163 11.2.1 Reanimation – 163 11.2.2 Problemlösung durch Umprogrammierung
– 163
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_11, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
162
Kapitel 11 · Notfälle und Probleme bei Herzschrittmacherpatienten
11.1
Notfallsituationen während der Schrittmachernachsorge
a
Notfallsituationen, die während der Schrittmachernachsorge auftreten, wie ▬ Asystolie oder Bradykardie beim Reizschwellentest oder Magnetauflage ▬ Atriale Tachykardien oder ▬ Ventrikuläre Tachykardie bzw. Kammerflimmern können durch sofortiges Eingreifen in der Regel terminiert werden. Die Asystolie kann durch Wegnahme des Programmierkopfes oder Abbruch des Reizschwellentestes sofort beendet werden. ! Cave Zum Zeitpunkt der Magnetauflage oder während der Abfrage kann ein Schrittmacher bei bevorstehender Batterieerschöpfung komplett ausfallen.
11
Atriale Tachykardien können zwar vom Patienten subjektiv als sehr unangenehm empfunden werden, stellen aber objektiv kein ernsthaftes Problem dar. Bei stimulierbaren Tachykardien kann versucht werden, durch eine nicht-invasive programmierte Vorhofstimulation (NIPS) über die liegende Vorhofsonde die Tachykardie zu terminieren. Bei intrinsischer Überleitung kommen negativ dromotrope Pharmaka zur Anwendung, bei atrialen Tachykardien und AV-Block begrenzen Mode-Switch oder eine Umprogrammierung die ventrikuläre Stimulationsfrequenz. Bei hämodynamisch stabilen ventrikulären Tachykardien kann versucht werden, durch Overdrive-Stimulation die Tachykardie zu beenden, falls der Schrittmacher über diese Option verfügt. Wegen der potenziellen Gefahr einer Akzeleration der Tachykardie muss ein Defibrillator bereitstehen. > Nach Defibrillation können passagerer Sensingverlust, Exitblock und Softwaredefekt (⊡ Abb. 11.2) des Schrittmachers beobachtet werden.
b
c
⊡ Abb. 11.1a–c a: 8.48 Uhr: Hyperkaliämie (8,4 mmol/l) elektromechanische Entkopplung; 2:1-Depolarisationsblock; b: 9.04 Uhr: Nulllinie bei regelmäßiger Impulsabgabe; c: 9:40 Uhr: effektive Schrittmacherstimulation nach Akutdialyse und externer Herzmassage
163 11.2 · Notfallsituationen unabhängig von der Schrittmachernachsorge
11
⊡ Abb. 11.2 Sensing- und Stimulationsverlust nach Kardioversion
11.2
11.2.1
Notfallsituationen unabhängig von der Schrittmachernachsorge Reanimation
Notfallmaßnahmen im Alltag werden nach Alarmierung der Rettungskette den aktuellen Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) entsprechend in Form von ▬ Basic Life Support ▬ Advanced Life Support durchgeführt. Die externe Herzmassage sollte leitliniengerecht durchgeführt werden, eine Dislokation der Sonde durch die Herzdruckmassage ist allenfalls innerhalb der ersten Wochen nach Implantation theoretisch denkbar, muss jedoch in Kauf genommen werden.
11.2.2
Problemlösung durch Umprogrammierung
Ist für die Notfallsituation eine Dysfunktion des Schrittmachersystems verantwortlich zu machen, kann versucht werden, das Problem durch Umprogrammierung definitiv zu lösen. Im ungünstigsten Fall muss ein Revisionseingriff mit Neuplatzierung der Sonden oder Austausch des Aggregates erfolgen. Bei einem Exitblock oder einer Asystolie können folgende Umprogrammierungen versucht werden. ▬ Umprogrammierung auf eine höhere Energieabgabe ▬ Umschalten der Polarität (z. B. von bipolar auf unipolar)
Problemlösung mit temporärer Stimulation Bei symptomatischen Bradykardien bzw. Asystolien, die durch ein defektes Schrittmachersystem verursacht sind (Aggregatdysfunktion, Batterieerschöpfung oder Sondendefekt/-dislokation), muss die Stimulation durch ein temporäres System übernommen werden: ▬ Passager mittels perkutaner Stimulation ▬ Passagere endokardiale Stimulation des rechten Ventrikels
Problemlösung bei Stimulationsverlust aufgrund von metabolischer Entgleisung/ Antiarrhythmikanebenwirkung Für eine ineffektive Stimulation könnten metabolische Entgleisungen (z. B. Hyperkaliämie etc.) oder Antiarrhythmika verantwortlich sein, die möglichst rasch korrigiert werden müssen (⊡ Abb. 11.1a–c). Bis die Ursache für die metabolische Entgleisung behoben ist, sollte eine der oben angegebenen Maßnahmen ergriffen werden, um akut die Bradykardie oder Asystolie zu beherrschen (z. B. Reanimation, Defibrillation, Elektrolytkorrektur, Dialyse etc.
Schrittmacherbeteiligte Tachykardien, Magnetauflage Schrittmacher-Reentry-Tachykardien (PMT) können durch Magnetauflage unterbrochen werden. Danach sollte eine entsprechende Umprogrammierung stattfinden, z. B. Schutzalgorithmen verwenden etc. ( Abschn. 2.2.1). Bei Vorliegen einer hochfrequenten Ventrikelstimulation durch Triggerung einer Vorhofarrhythmie, lässt sich die ventrikuläre Stimulationsfrequenz eines Zweikammerschrittmachers durch Magnetauflage auf die Magnetfre-
164
Kapitel 11 · Notfälle und Probleme bei Herzschrittmacherpatienten
quenz senken. Auch hier sollte eine entsprechende Umprogrammierung erfolgen, z. B. Mode-Switch einschalten/optimieren ( Abschn. 2.2.2).
Antibradykarde Medikamente Bei symptomatischen Bradykardien (z. B. SSS) kommen folgende antibradykarde Medikamente in Frage: Atropin, Orciprenalin. Bei einem Kreislaufstillstand können die Medikamente Adrenalin, Noradrenalin und Vasopressin (Anwendung gemäß aktuellen Reanimationsrichtlinien) eingesetzt werden.
Antitachykarde Medikamente Als Notfallmedikamente werden die entsprechenden Antiarrhythmika eingesetzt, z. B. Amiodaron (Cave: Reizschwellenveränderungen unter Langzeittherapie), Vernakalant, ansonsten β-Blocker und andere Antiarrhythmika ( aktuelle Reanimationsrichtlinien).
Technik der Defibrillation/Kardioversion
11
Die Defibrillation (Kammerflimmern) bzw. Kardioversion (ventrikuläre Tachykardie, Vorhofflimmern/flattern) sollte antero-posterior durchgeführt werden (Achse senkrecht zur Achse Schrittmachersonde), um das Risiko der Induktion von Strömen über die Schrittmachersonde möglichst gering zu halten. Die Defibrillatorpaddles sollten möglichst weit entfernt vom Schrittmacheraggregat aufgesetzt werden, um das Risiko einer Aggregatschädigung zu reduzieren. Das Schrittmachersystem ist nach Defibrillation/Kardioversion vollständig zu überprüfen (Aggregatdefekt? Reizschwellenanstieg? Sensingverlust?).
⊡ Abb. 11.3 Telemetrie nach Kardioversion mit Totalausfall des Schrittmachers; beachte die hohe Sondenimpedanz (»lead impedance: high«) und fehlende Energieabgabe (»output current: low«), niedrige Batteriespannung (2,38! V)
> Die elektrische Kardioversion kann folgende Auswirkungen nach sich ziehen (⊡ Abb. 11.2 u. ⊡ Abb. 11.3): ▬ Zerstörung des Schrittmachers ▬ Koagulation des Myokards, das die Sondenspitze umgibt ▬ Reizschwellenanstieg bzw. Stimulationsverlust der Sonde
12
Schrittmacherindikationen und Systemauswahl
12.1 Indikationen – 166 12.2 Systemwahl – 166
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
166
Kapitel 12 · Schrittmacherindikationen und Systemauswahl
12.1
Indikationen
kLeitliniengerechte Indikation für die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT)
Zitat aus den Leitlinien (Z Kardiol 94:704–720 (2005)DOI 10.1007/s00392-005-0269-3):
»
Eine symptomatische Bradykardie impliziert in der Regel eine Schrittmachertherapie. Bei der Indikationsstellung ist vor allem die Frage zu stellen, ob die Symptomatik wirklich in kausalem Zusammenhang mit der dokumentierten oder vermuteten Bradykardie steht. Dabei sollte ausgeschlossen werden, dass der Zustand passager ist (Ischämie, Medikamentenintoxikation, Elektrolytentgleisung, entzündliche Herzerkrankung, Sepsis) und durch temporäre Stimulation und/oder Absetzen einer verzichtbaren negativ chronotropen/dromotropen Medikation beseitigt werden kann.
«
Bei der Indikationsstellung zur Schrittmacherimplantation sollten neben der jeweiligen Rhythmusstörung die kardiale Grunderkrankung, eine rechts-links ventrikuläre Dyssynchronie und die Ejektionsfraktion mit in die Überlegungen einbezogen werden. kHauptsächliche Indikationen
12
▬ Sick-Sinus-Syndrom (SSS) – Sinusarrest – Sinusbradykardie – Brady-Tachy-Syndrom – Chronotrope Inkompetenz ▬ Atrioventrikuläre/faszikuläre Leitungsstörungen – AVB II° und AVB III° (kongenital und erworben) – Bifaszikuläre Blockierungen ▬ Bradyarrhythmie bei permanentem Vorhofflimmern kSeltene Indikationen
▬ Karotissinussyndrom/Vasovagale Synkope ▬ Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie ▬ Bradykarde Herzrhythmusstörungen nach Herzoperationen ▬ Bleibende atrioventrikuläre Leitungsstörungen nach Myokardinfarkt
▬ Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium II trotz optimaler medikamentöser Therapie, linksventrikuläre Funktionsminderung mit einer LVEF ≤35%; QRS-Breite ≥150 ms ▬ Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium III–IV trotz optimaler medikamentöser Therapie Linksventrikuläre Funktionsminderung mit einer LVEF ≤35% ▬ LV-Dilatation: LVEDD, >55 mm ▬ QRS-Breite ≥150 ms oder ▬ QRS-Breite >120 ms plus nachgewiesene interbzw. intraventrikuläre Dyssynchronie ▬ (LVEF=linksventrikuläre Ejektionsfraktion; LVEDD=linksventrikulärer enddiastolischer Diameter) Weitere Indikationen für die Resynchronisationstherapie DGK-Leitlinien (http://www.dgk.org).
12.2
Systemwahl
In Abhängigkeit von Symptomatik, Erregungsleitungs- und Erregungsbildungsstörungen stehen Leitlinien der DGK wie auch vom ESC für die indikationsbezogene Aggregatwahl zur Verfügung (⊡ Abb. 12.1).
167 12.2 · Systemwahl
12
⊡ Abb. 12.1 DGK-Leitlinien. EG=Evidenzgrad, AV=AV-überleitungserhaltende Programmierung oder Algorithmen (AV-Hysterese, DDD-AAI-Moduswechsel u. a. Kap. 3), *=sofern ein Erhalt des Sinusrhythmus möglich erscheint, (R)=optional programmierbar bei chronotroper Inkompetenz. Bei Patienten mit paroxysmalen Vorhoftachyarrhythmien muss ein Zweikammersystem über Schutzmechanismen verfügen, die eine schnelle ventrikuläre Stimulation, getriggert durch atriale Tachykardien, verhindern. Bei der Implantation eines AAI-Systems müssen folgende Voraussetzungen beachtet werden: kein AV-Block I. Grades, schmaler QRSKomplex, Wenckebach-Punkt >120 min-1, keine Medikamente mit leitungsverzögernder Wirkung, kein Karotissinussyndrom, keine Synkope als primäre Schrittmacherindikation. Aus: Rybak et al. (2008) Kommentar zu den ESC-Leitlinien »Guidelines for cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy«
13
Neue Trends/Ausblick
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5_13, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
170
Kapitel 13 · Neue Trends/Ausblick
kTelemedizin
Die Telemedizin bietet dem Patienten die faszinierende Option, zeit- und ortsungebunden mit einer kompetenten Betreuung Kontakt aufzunehmen, um Nachsorgeuntersuchungen durchzuführen oder auf eine akute, bedeutsame Veränderung des Krankheitsbildes rasch zu reagieren. Visueller Kontakt über die modernen Kommunikationswege ermöglicht darüber hinaus einen direkten Patienten-Arzt-Kontakt, sodass eine differenzierte Anamneseerhebung denkbar ist. Bei der Überwachung von Patienten mit Schrittmacher-CRT-D- und Defibrillatortherapie können in Zukunft wahrscheinlich erhebliche Kosten eingespart werden ohne Verlust an Sicherheit für den Patienten. kMRT-taugliche Herzschrittmacher
Die rasanten technologischen Fortschritte werden es in absehbarer Zeit erlauben, für jeden Stimulationsbedarf MRT-taugliche Schrittmacher zur Verfügung zu haben. kVerbesserung der Unterscheidung von Stör- und Nutzsignalen
13
Aktuelle Forschungsergebnisse, die sich mit der Differenzierung von Stör- und Nutzsignalen beschäftigen, zeigen noch keinen wesentlichen Fortschritt. Versucht wird, anhand von Morphologiekriterien die intrinsischen Signale eindeutig von den Störsignalen abzugrenzen. kVollautomatischer Herzschrittmacher
Der vollautomatische Herzschrittmacher wird wahrscheinlich nie realisierbar sein. Eine zunehmende Anzahl von automatischen Funktionen ist ohne Frage nützlich und hilfreich. So können mittlerweile vom Schrittmacher selbstständig aufgrund von Algorithmen verschiedene Programmierparameter und Funktionen an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Zu nennen sind hier: ▬ Kontinuierliche Anpassung der Impulsamplitude ▬ Kontinuierliche Empfindlichkeitsanpassung ▬ Automatische Optimierung des AV-Intervalls ▬ Automatische Anpassung der Sensorparameter für die Frequenzadaptation
▬ Schutzfunktionen im Falle von PMTs und Vorhofarrhythmien ▬ Hämodynamische Optimierung Die Optimierung der Hämodynamik mittels physiologischer Sensoren für die Frequenzanpassung oder durch die Vermeidung unnötiger rechtsventrikulärer Stimulation ist schon teilweise realisiert, aber immer noch im Einzelfall mit erheblichen Problemen behaftet (z. B. PMT bei langer AVZeit). Die Zunahme einer pulmonalen Kongestion und die Überwachung herzinsuffizienter Patienten mittels Sensoren und zeitnaher Alarmierung, sei es über Telemonitoring oder akustische Signale via Aggregat, ist mit teils bemerkenswertem Erfolg schon realisiert und wird weiter ausgebaut. ▬ Dysfunktionen des Systems wie Exit – oder Entranceblock Dysfunktionen des Systems aufgrund automatischer Sondenimpedanzmessungen sind diagnostizierbar, Limitierungen finden viele dieser automatischen Funktionen in der korrekten Klassifizierung der wahrgenommenen Störung und der Auswirkungen der automatischen Umprogrammierungen ohne Berücksichtigung der patientenindividuellen klinischen Situation. > Solange z. B. Störsignale nicht korrekt differenziert werden, können alle Automatikfunktionen auch nur bedingt korrekt funktionieren. kHerzschrittmacher ohne Batterie
Im Entwicklungsstadium befindet sich ein System, welches die benötigte Energie aus der Kontraktion des Myokards gewinnt. Dieses System arbeitet mit einem Mikro-Dynamo, der elektrischen Strom generiert. Der Inhalt eines flüssigkeitsgefüllten Beutels im rechten Vorhof wird bei jeder Systole des Herzens in einen kleinen Katheter gepresst und bei der Diastole wieder herausgesaugt. Die resultierende Pendelbewegung wird vom Mikro-Dynamo in elektrische Energie umgesetzt.
Anhang
A
Schrittmacherlexikon
– 173
B
Umrechnungstabelle Intervalle/Frequenzen
C
Fachgesellschaften, Literatur, Internetadressen – 193
– 189
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
Schrittmacherlexikon
174
Anhang A · Schrittmacherlexikon
2:1-Blockverhalten. Wenn das Intervall der Vorhoffrequenz bei DDD/VDD Systemen kürzer wird als die TARP (PV-Intervall plus PVARP), kann nur noch jede 2. P-Welle die Ventrikelstimulation triggern (bei AV-Block). Dies führt zu einem Abfall der Ventrikelfrequenz auf die Hälfte: 2:1Blockverhalten
Antitachykard. Einer schnellen Herzfrequenz ent-
gegenwirkend Arrhythmie. Unregelmäßiger Herzschlag Asynchroner SM. Auch: starrfrequenter SM. SM,
der unabhängig von der Eigenaktion in der eingestellten Frequenz permanent stimuliert
A. NBG-Code: Atrium, Vorhof Asystolie. Ausbleiben der Systole. Herzstillstand Active fixation lead. Schraubsonde mit fixer oder
ausfahrbarer Schraube
Auslöseintervall. Erwartungsintervall, »escape in-
Adams-Stokes-Anfall. Auch: Morgagni-Adams-
terval«; Zeitintervall (in ms) von der letzten Eigenaktion bis zum 1. SM-Impuls
Stokes-(MAS-)Anfall. Kurze zerebrale Minderdurchblutung wegen akuter Herzrhythmusstörung. Das Adams-Stokes-Syndrom (mit einer Herzfrequenz von nur 30–45 min-1 war die 1. Indikation für eine SM-Implantation Adapter. Verbindungsstück zwischen nicht-kompatiblem SM-Konnektor und Sondenstecker Akkumulator. Wiederaufladbare SM-Energiequelle Algorithmus. Rechenverfahren z. B. zur Umsetzung der Information des Sensors eines frequenzadaptiven SMs in eine adäquate Stimulationsfrequenz
Austauschindikation. SM-Kenngröße (meistens Anstieg der Batterieimpedanz, Abfall der Batteriespannung, Abfall der Magnetfrequenz oder Grundfrequenzabfall), welche das baldige Ende der Funktionszeit des SM anzeigt Automatie-Zentren. Für die Herztätigkeit notwendige Erregungsbildungszentren. Man unterscheidet ein primäres (Sinusknoten: 60–100 min-1), sekundäres (AV-Knoten, His-Bündel: 40–60 min-1) und tertiäres (Erregungsleitungssystem und PurkinjeFasersystem im Ventrikel: 20–40 min-1) Automatiezentrum Autothreshold. Automatischer Reizschwellentest
Ampere. Einheit des elektrischen Stroms. Die Bat-
teriekapazität wird in Amperestunden angegeben
AV-Block. Atrioventrikuläre Überleitungsstörung
Amplitude. Absoluter Maximalausschlag (Schwingungsweite) einer elektrischen Welle oder eines Signals (EKG), beim SM-Impuls als Impuls-/ Spannungsamplitude (V) oder Stromamplitude (mA)
AV-Crosstalk. Übersprechen des atrialen Impulses auf den ventrikulären Kanal bei Zweikammer-SM, mit unerwünschter Inhibition der ventrikulären Impulsabgabe AV-Delay. AV-Intervall
Ankersonde. SM-Sonde mit abspreizbaren Anke-
relementen (Tines) an der Sondenspitze. Befestigung endokardial am Herzwandgeflecht – passive Fixierung
AV-Hysterese. Automatische Verlängerung der AVZeit um einen Hysteresebetrag AV-Suchhysterese. Algorithmus zur Förderung der
Anode. Positiver (+) Pol (Elektrode) des Strom-
intrinsischen AV-Überleitung
kreises oder der Batterie. Beim unipolaren SM entspricht die Anode dem SM-Gehäuse, beim bipolaren SM der proximalen Elektrode (Ringelektrode)
AV-repetitive Hysterese. Mehrfach nacheinander
ablaufende AV-Hysterese
175 Anhang A · Schrittmacherlexikon
AV-Intervall. Das AV-Intervall ist die programmierte Dauer zwischen wahrgenommenem bzw. stimuliertem Vorhof (PV-/AV- Intervall) und stimulierten Ventrikel AV-Koordination. Steuerung eines SMs, bei wel-
cher Atrium- und Ventrikeltätigkeit aufeinander abgestimmt werden AV-Korrektur. Verkürzung des AV-Intervalls nach wahrgenommenen Vorhofaktionen im Vergleich zum AV-Intervall nach einer stimulierten Vorhofaktion AV-Synchronisation. AV-Koordination
Bedarfsschrittmacher. Demand-SM Betriebsspannung. Batteriespannung Betriebsart. 3. Buchstabe des SM-Code, gibt Auskunft über die Reaktion des Schrittmachers auf Eigenaktionen des Herzens: inhibiert, getriggert (»tracking«), asynchron Bifokaler SM. Zweikammer-SM mit jeweils einer
Sonde im Vorhof und im Ventrikel Bifurcated connector. Bei älteren bipolaren Son-
den münden Anode und Kathode getrennt (»bifurcated«) mit 2 separaten Buchsen (»Sondenstecker«) im SM-Konnektor
AV-universeller SM. (Historisch: Irnich 1975) Prin-
zip des DDD-SM
Binodal disease. Zweiknotenerkrankung (Sinus-
knoten und AV-Knoten) AV-Verzögerung. AV-Intervall Biofeedbacksystem. In der SM-Technik StimulaBasic rate. Basisfrequenz Basisfrequenz. Eigentlich
Stimulationsbasisfrequenz, »basic rate«, Grundfrequenz: Frequenz, mit der der SM stimuliert, wenn die Eigenfrequenz des Herzens diese unterschreitet
Basisintervall. »Basic pulse interval«, Grundintervall, Zeitintervall zwischen 2 Stimuli bei Stimulationsbasisfrequenz Batterie. Beim SM eine oder mehrere chemoelektrische Energiezellen, heute vorwiegend als Anode Lithium und als Kathode entweder Jodid oder Silber-Vanadiumoxidhybrid (Endprodukte: Lithiumjodid oder Lithium-Silber-Vanadiumoxidhybrid) Batteriekapazität. Gesamtladungsmenge der Batterie, abhängig vom Batterietyp, angegeben in Ampèrestunden (Ah) Batteriespannung. Spannung der Batterie in Abhängigkeit vom Betriebszustand (Leerlauf oder unter Last) und Verbrauch. Mittels Telemetrie kann bei entsprechendem Abfall der Betriebsspannung die Austauschindikation erkannt werden
tions- und Wahrnehmungssystem, dessen Steuerung auf Rückkopplung zwischen SM und körpereigenem Signal beruht Biosensor. Technischer Messfühler zur Wahr-
nehmung biologischer Signale. Beim SM z. B. atmungsgesteuerte Sensoren, Closed-loop-System: Nicht mehr verwendete Parameter: QT-Intervall, Herzinnendruck, pH-Wert, O2-Sättigung, Volumina, zentralvenöse Temperatur Biphasischer Impuls. Impuls mit positiver und negativer Polarität, bei dem insgesamt Ladungsneutralität herrscht, vgl. Rückladeimpuls Bipolare Sonde. Sonde mit Anode und Kathode
intrakardial. Ihre beiden Leitungsbahnen führen zu einem Schaftring (vgl. Ringelektrode, Anode) bzw. zur Sondenspitze (Kathode), im VDE/DIN definiert: Abstand Spitze-Ring <20 mm (nach VDE/DIN: Störunempfindliche Konfiguration) Biventrikulär. Den rechten und linken Ventrikel
betreffend, bei CRT-Systemen eine Sonde im rechten Ventrikel, eine andere meistens im Koronarvenensystem auf dem linken Ventrikel, alternativ epikardial platziert
176
Anhang A · Schrittmacherlexikon
Blanking. Ventrikuläre und atriale Ausblendphase: schaltungsbedingtes Aussetzen der Wahrnehmungsfunktion des entsprechenden Eingangsverstärkers beim Zweikammer-SM während einer kurzen Zeitspanne (Blankingzeit) nach dem Vorhofstimulus, damit dieser und seine Nachpotentiale nicht als R-Wellensignal (vgl. »cross talk«) bzw. der ventrikuläre Impuls oder das ventrikuläre Depolarisationssignal nicht als Vorhofsignal fehlinterpretiert werden
Chip. Silizium-Trägerplättchen in der Mikroelektronik, »Herz der Hardware«
Block. Unterbrechung oder Verzögerung einer Erregungsleitung
C-MOS-IC. »Complementary-metal oxide semiconductor-integrated circuit«: integrierte Schaltung mit besonders niedrigem Stromverbrauch, hoher Temperaturkonstanz und hoher Unempfindlichkeit gegenüber Spannungsschwankungen
B.O.L. »Begin of life«, Funktionsbeginn des SM bei Inbetriebnahme; besser: B.O.S., »begin of service« (nach einer Vereinbarung in der ISO/IEC-Arbeitsgruppe soll »life« dem Patienten vorbehalten bleiben, für das Gerät »service« verwandt werden)
Chronaxiezeit. Impulsdauer, die bei doppelter
Rheobase eine Depolarisation auslöst Closed-loop-System. Regulationssystem mit »ge-
schlossenem Kreis« und Rückkopplung, vgl. Biofeedbacksystem
Coaxial lead. Koaxiale Sonde Coil. Drahtspule, Elektrodenummantelung, zur
B.O.S. »Begin of service«, Funktionsbeginn des SM
Schockabgabe bei Defibrillatorsonden
bei Inbetriebnahme Committed operation. Auch: »committed stimula-
bpm. »Beats per minute«, Schläge pro Minute; deutsche Bezeichnung »ipm« Impulse pro Minute
tion«. Auf einen atrialen SM-Impuls folgt stets ein ventrikulärer SM-Stimulus ohne Berücksichtigung der herzeigenen Ventrikelaktion mit fixem AVIntervall
Bradykardie. Langsamer Herzschlag, definiert mit Frequenzen <60 min-1
on«
BPEG. British Pacing and Electrophysiology Group
Committed stimulation. »Committed operati-
Brady-Tachy-Syndrom. Bradykardie-TachykardieSyndrom; Abrupter Wechsel von Bradykardie zur Tachykardie (Vorhofflimmern/flattern/tachykardie) und umgekehrt, üblicherweise beim kranken Sinusknoten
C.P.U. Mikroprozessor
Brustwandstimulation. Steuerung eines implan-
CRT-D. Kardiale Resynchronisationstherapie: biven-
tierten SM durch die Brustwand mit einem externen Impulsgenerators
trikulärer SM mit Defibrillator
Crosstalk. AV-Crosstalk CRT. Kardiale Resynchronisationstherapie
CRT-P. Kardiale Resynchronisationstherapie: bivenBT-Syndrom. Brady-Tachy-Syndrom
trikulärer SM ohne Defibrillator
Burststimulation. Impulssalve, mit der versucht wird, tachykarde Herzrhythmusstörungen zu beenden
D. NBG-Code: dual Defibrillation. Monophasischer oder biphasischer
Cannon waves. Sichtbare venöse Pulsationen im
Halsbereich evtl. mit entsprechenden Kreislaufregulationsstörungen, z. B. beim SM-Syndrom
Elektroschock mit hoher Spannung zur Beendigung von bedrohlichen ventrikulären Herzrhythmusstörungen (z. B. Kammerflimmern), im Ge-
177 Anhang A · Schrittmacherlexikon
gensatz zur Kardioversion ist die Schockabgabe nicht R-Zacken synchron vgl. Kardioversion
Eigenaktion. Spontane Herztätigkeit, im Unterschied zur SM-induzierten Herzaktion
Defibrillationsschutz. SM-Schutzschaltung mit Zenerdiode gegen die Zerstörung des SM durch Defibrillation oder hohe Spannungen
Eigenfrequenz. Frequenz der Eigenaktion
Delay. Verzögerungsintervall Demandfunktion. Auch: Demandmechanismus. Funktion, die eine Stimulation so lange inhibiert, bis die Eigenfrequenz des Herzens die programmierte Demandfrequenz unterschreitet, d. h. ein Spontanintervall des Herzens das programmierte Auslöseintervall überschreitet
Eingangsempfindlichkeit. Empfindlichkeit gegenüber der wahrgenommenen elektrischen Spannung der Eigenaktion oder anderer Signale, ausgedrückt als Ansprechschwelle des gesteuerten SM gegenüber einem Testsignal Einkammer-SM. Auch: »single chamber pacer«.
SM mit einer Sonde im (üblicherweise rechten) Atrium oder Ventrikel Elektrode. Leiter, der den Übergang des elektrischen
Depletion indicator. Batterieerschöpfungsanzeige Depolarisation. Elektrische Erregung des Herz-
muskels (die normalerweise zur Kontraktion führt)
Stromes zwischen festem Medium mit Elektronenleitung und anderem Medium mit Ionenleitung herstellt. Auch – oder + Pol ( Kathode, Anode); beim SM auch für »Sonde« verwendet ( SM-Sonde) ELT. »Endless loop tachycardia«, vom SM vermit-
Detektion. Wahrnehmung von Signalen
telte Reentrytachykardie
Detektor. Wahrnehmungsverstärker für Signale
E.M.C. »Electromagnetic compatibility«, elektro-
Detektorkreis. Eingangsteil der Steuerungselektro-
nik
magnetische Verträglichkeit: beim SM Abschirmung gegen störende elektromagnetische Felder bzw. Schutz durch geeignete Schaltungen
Differente Elektrode. Kathode, stimulierender Pol
E.M.I.-Rate. »Electromagnetic interference rate«,
(-)
Störfrequenz des SM bei elektromagnetischer Störbeeinflussung
Diode. Elektronisches Halbleiterelement mit Gleichrichtereffekt
Empfindlichkeit. Wahrnehmungsempfindlichkeit
des SM Dual-chamber pacemaker. Zweikammer-SM Endokardial. An der Herzinnenwand Echtzeitmessung. Messung und Darstellung er-
folgt zeitgleich. Aufnahme und Ablesen von Impulsen (z. B. beim EKG) im realen, ungerafften und ungedehnten Zeitablauf. Im Gegensatz zu den zeitlich gerafften oder gedehnten Darstellungen, mit denen Hochgeschwindigkeitsanalysatoren arbeiten, wird hier die Originallänge des untersuchenden Komplexes angegeben Echtzeit-Telemetrie. Telemetrische Bestimmung eines tatsächlichen Wertes zum Messzeitpunkt
Endocardial lead. Transvenös implantierte Sonde
zum rechten Vorhof oder rechten Ventrikel Entranceblock. Ausfall der Wahrnehmungsfunktion. Der Demand-SM reagiert in der Regel mit starrfrequenter Stimulation. Das intrakardiale Pbzw. R-Signal reicht nicht mehr aus, um den SM zu steuern bzw. zu inhibieren; Ursache: entweder zu niedrige Signalamplitude, SM zu unempfindlich programmiert oder ein Defekt am SM-System
178
Anhang A · Schrittmacherlexikon
eines SM
liches Aussetzen der Sinusknotentätigkeit (oder vereinzelter P-Wellen), bei Sick-Sinus-Syndrom; durch entsprechende Stimulation – mit der vorhergehenden Eigenfrequenz – aufgefangen wird
Epikardial. An der Herzaußenwand
Frequenzadaptation. SM-Funktion, Fähigkeit ei-
E.R.I. »Elective replacement indicator«: Austau-
nes SM, den Belastungsstatus des Patienten zu ermitteln und die Stimulationsfrequenz entsprechend der Belastungsintensität anzupassen
EOL. »End of life«, vgl. EOS EOS. »End of service«, definiertes Betriebsende
schindikation, Austauschkriterium: vom Hersteller des SM mitgeteiltes Merkmal, welches anzeigt, dass der SM ausgetauscht werden soll E.R.T. »Elective replacement time«: Austauschzeitpunkt des SM
Fusion beat. Fusionssystole Fusionssystole. QRS-Morphologie bzw. ST-Stre-
cke, die sowohl von der Stimulation als auch von der intrinsischen Depolarisation beeinflusst wird
Escape interval. Auslöseintervall Getriggerter SM. Triggern Exit block. Ineffektivität des SM-Impulses wegen
zu geringer Energieabgabe, zu hoher Reizschwelle des Herzens, Sondenbruch oder Isolationsdefekt
Grundfrequenz. Basisfrequenz
Fallback rate. Programmierbare Frequenz (beim
tervall
Zweikammer-SM), auf welche die Ventrikelstimulation zurückfällt, wenn die Vorhoffrequenz bei Brady-Tachy-Syndrom die Mode-Switch-Frequenz überschreitet
His-Bündel. Atrioventrikuläres Bündel, durch das die vom AV-Knoten kommenden Reizleitungsbahnen verlaufen
Grundintervall. Basisintervall, Stimulationsin-
Fast re-charge. Schnelle Rückladung des Impulses über die Ausgangsstufe ( Rückladeimpuls), damit Vermeidung von fälschlicher Inhibierung bei Zweikammer-SM, Optimierung der Wahrnehmungsfunktion im Ventrikel, volle Energieabgabe des Stimulus auch bei hohen Frequenzen im Atrium Flywheel. »Flywheel« = Schwungrad; Frequenz-
glättung French. = Charrière = Gauge; auch »french scale«. Maßbezeichnung für Kaliber bzw. Innendurchmesser von Kathetern, Kanülen etc. verwendet. 1 french entspricht 1/3 mm Frequenz. Zahl von Impulsen oder Herzaktionen
in einer bestimmten Zeit Frequenzglättung. Algorithmus, der dafür sorgt, dass ein plötzlicher Frequenzabfall bzw. ein plötz-
Hochfrequenzstimulation. Antitachykarde
Stimulation mit hohen Frequenzen (z. B. Overdrive, Burststimulation)
Holter-Funktion. Im SM integrierte Langzeit-EKG-
Registrierung Hysterese. Frequenzhysterese: Verlängerung des Auslöseintervalls nach Wahrnehmung eines intrinsischen Ereignisses um den Hysteresewert im Vergleich zum programmierten Stimulationsintervall I. NBG-Code: inhibiert Impedanz gesamt. Die Gesamtimpedanz setzt sich aus Wirkwiderständen (Ohm) und Blind- bzw. Scheinwiderständen (z. B. Kondensatoren) zusammen. In der SM-Therapie meistens reine Wirkwiderstände. Die Gesamtimpedanz des SM-Systems setzt sich aus der Sondenleiterimpedanz, den
179 Anhang A · Schrittmacherlexikon
Übergangswiderstand von Elektrode zum Gewebe und Gewebewiderstand zusammen
Integrierte Schaltung. Auch: IC. Elektronisches Bauteil, dessen Transistoren auf einem Chip aufgetragen werden
ICD. »Implantable cardioverter-defibrillator«; Implantierbarer (Kardioverter) Defibrillator
Interference rate. Störfrequenz
ICHD-Code. Inter-Society-Commission for Heart
Interferenz. 1. Überschneidung zweier Wellen
Disease Resources-Code: fünfbuchstabiger internationaler Herzschrittmacher-Code; wurde ersetzt durch den NBG-Code
verschiedener Frequenz, z. B. von verschiedenen Reizbildungszentren ausgehend bzw. Überschneidung von Eigen- und SM-Aktionen (z. B. Fusionsschläge) 2. »Störung« im Sinne des englischen Wortes
Implantation. In der Regel transvenöses Einführen
der Sonde(n), ihre Platzierung im Herzen und Positionierung des mit ihr verbundenen SM-Aggregates (subkutan, subfaszial, submuskulär)
Interventionsfrequenz. Demandfrequenz I.P.G. »Implantable pulse generator«: implantierba-
Impuls. Elektrischer Stimulus, der vom SM abge-
rer SM zur permanenten SM-Therapie
geben wird Impulsamplitude. Amplitude des SM-Impulses
angegeben in Volt, vgl. Amplitude Impulsbreite. Impulsdauer Impulsdauer. Dauer des SM-Impulses (in Millise-
kunden) Impulsgenerator. »Pulse generator«, SM-Aggregat, Taktgeber mit Energiequelle
ipm. Impulse pro Minute (in diesem Buch für Angaben der Stimulationsfrequenz benutzt, im Gegensatz zur Eigenfrequenz des Herzens: min-1) IS1. »Internationale Standard Norm (No.1)«: Anschlussnorm von Sondenstecker an den Konnektor des SM (3,2 mm Durchmesser, spezielle Abmessungen und Anordnungen der Dichtlippen, gültig für unipolare und bipolare Systeme) Karbon. Kohlenstoffderivat; Material für die Her-
stellung von Stimulationselektroden Impulsintervall. Stimulationsintervall Kardiale Resynchronisationstherapie (CRT). BivenIndifferente Elektrode. Extra- oder intrakardial
gelegener Gegenpol (Anode) des stimulierenden Sondenkopfes (Kathode). SM-Gehäuse bei unipolaren Systemen Inhibition. Impulsunterdrückung des Demand-SM
bei wahrgenommenen Eigenaktions- oder Fremdsignalen In-line. Koaxial
Widerstand innerhalb der Stromquelle (Akkumulator, Schaltung, Batterie). Anstieg des Batterieinnenwiderstandes ist bedeutend für die Austauschindikation
Innenwiderstand.
trikuläre Stimulation, rechter Ventrikel und linker Ventrikel (meistens über den Koronarvenensinus) zur Resynchronisation beider Ventrikel (CRT-P), kombiniert mit der Defibrillatortherapie (CRT-D) Kardioversion. Terminierung von supraventrikulären Herzrhythmusstörungen (z. B. Vorhofflimmern) oder auch von ventrikulären Tachykardien durch (R-Zackensynchronen) Elektroschock, vgl. Defibrillation Karotissinussyndrom. Symptomenkomplex von
kardial oder vasovagal verursachtem Schwindel und Synkopen bei Hyperreflexie der Karotissinuspressorrezeptoren
180
Anhang A · Schrittmacherlexikon
Kathode. Negativer (-) Pol des Stromkreises oder
der Batterie. Beim SM differente Elektrode (Sondenspitze) Koaxiale Sonde. Bipolare Sonde mit 2 Leitungs-
bahnen, eine als Draht im Kern, eine 2. als isolierte Ummantelung, die in Verbindung mit In-line-Konnektoren verwendet wird. Im Gegensatz dazu war früher die parallele Führung der Sondenleiter mit verzweigten (»bifurcated«) Konnektoren üblich Kombinationssystole. Fusionssystole Konnektor. Anschlussteil für die Verbindung zwischen SM und Sonde; schrittmacherseitig: SMKonnektor, Steckerbuchse; sondenseitig: Sondenstecker; Elektrodenstecker Konnektorgehäuse. Konnektorblock; Steckerbuch-
se KSKEZ. Sinusknotenerholungszeit, korrigierte Lead. Sonde, Auch: »catheter«. SM-Sonde, Elektrodensonde, vgl. SM-Sonde
Bei vielen SM-Modellen wird sie zum Erkennen der Austauschindikation verwandt Mandrin. Stählerner Führungsdraht (formbar) für Sondenplatzierung mit Spiralummantelung Markerannotation. Annotation von intrakardialen
Signalen durch Marker mit Beschriftung Maximalfrequenz. Die Maximalfrequenz ist die maximale Stimulationsfrequenz/Synchronfrequenz, mit der ein Zweikammer-SM (DDD(R)/ VDD (R)), den Ventrikel vorhofgesteuert stimulieren kann. Andere Bezeichnungen: Maximale Tracking rate; Maximale Trackingfrequenz; Obere Grenzfrequenz; »upper rate«, »upper rate limit« Maximale Sensorfrequenz. Maximale Frequenz, die der SM durch Sensorsteuerung erreichen kann Mikroampere. Maßeinheit für extrem schwache Ströme. 1 μA=1 Millionstel Ampere. Gängige SM belasten ihre Batterie ständig mit 6–30 μA Mikrojoule. Maßeinheit für extrem kleine Energie-
Leckstrom. Hochohmige Verbindung, über die ein
mengen. 1 μJ=1 Millionstel Joule
Gleichstrom (unbeabsichtigt) fließen kann (Batterie, Kondensator), auch Nebenschluss
Mikroprozessor. μ.P; C.P.U. (»central processing
vgl. Batteriespannung
unit«) integrierte zentrale Steuerungseinheit von Rechnern (Computern), die sich durch Winzigkeit und hohe Leistungsfähigkeit auszeichnet
Magnetfrequenz. Stimulationsfrequenz unter Ma-
min-1. »Pro Minute« (identisch mit der Bezeich-
gnetauflage, Magnettestfrequenz
nung»/min«), in diesem Buch für die Eigenfrequenz des Herzens benutzt, ipm
Leerlaufspannung. Batteriespannung ohne Last,
Magnet rate. Magnetfrequenz
»Reed-switch« (Reed-Relais), Schalter im SM, der durch externe Magnetauflage geschlossen wird und die Wahrnehmung abschaltet
Magnetschalter.
Magnettestfrequenz. Magnetfrequenz; bei den meisten Demand-SM resultiert nach Auflegen eines Testmagneten über dem SM-Aggregat eine starrfrequente Stimulationsweise. Die Magnettestfrequenz ist je nach SM-Modell unterschiedlich
Mode-Switch. Algorithmus, der die permanente ventrikuläre Stimulation an der Maximalfrequenz bei Vorhoftachyarrhythmien vermeidet. Der Mode-Switch führt dabei einen Moduswechsel z. B. von DDD(R) zu DDI (R) durch MSKEZ. Sinusknotenerholungszeit, maximale Muskelinhibition. Unterdrückung der SM-Stimu-
lation bei Demand-SM durch Muskelsignale, vgl. Myopotentiale
181 Anhang A · Schrittmacherlexikon
Myopotentiale. Besser: Myosignale, Muskelsignale
(vgl. Potential). Schwache körpereigene elektrische Signale, die vom SM unter bestimmten Umständen wahrgenommen und dann als Eigenaktion des Herzens interpretiert werden NASPE/BPEG-Code. Amerikanisch-britischer SMCode auch NBG Code genannt (»North American Society of Pacing and Electrophysiology« und »British Pacing and Electrophysiology Group«), ersetzt den ICHD-Code
rade über der Eigenfrequenz des Herzens liegt, um ektope Schläge zu unterdrücken Oversensing. Situation, bei der unerwünscht Muskelsignale, T-Wellen, elektromagnetische Störungen oder ähnliches vom SM wahrgenommen werden Pacemaker. Herzschrittmacher Pacemaker mediated tachycardia. Vom SM verur-
sachte Reentrytachykardie Nachtabsenkung. Absenkung der Stimulationsfre-
quenz für die Nacht, entweder mittels Uhrzeitprogrammierung oder Sensor
Pacemaker syndrome. SM-Syndrom Pacer. Pacemaker, Herzschrittmacher
Nachpotential. Hier: 2. Teil des (biphasischen)
SM-Impulses mit entgegengesetzter Polarität, sehr niedriger Spannungsamplitude und langsamen Potentialabfall vgl. Rückladeimpuls und Blanking
Pacing mode. Auch SM-Betriebsart, SM-Modi,
NBG-Code. Abkürzung für NASPE/BPEG-Code
Pacing rate. Stimulationsfrequenz
Noise rate. Störfrequenz
Parasystolie. Gleichzeitige Aktivität zweier oder
Noise sampling period. Störsignaldetektionszeit
mehrerer Erregungsbildungszentren im Herzen bzw. Nebeneinander von Herzeigenaktion und SM-Stimulation
Nominaleinstellung. Standardeinstellung der verschiedenen SM-Parameter bei Auslieferung
können mit Hilfe des internationalen SM-Codes (NBG Code) identifiziert werden
Nominal setting. Nominaleinstellung
Passive fixation lead. Ankersonde die mit Hilfe der kleinen Anker (Tines) »passiv« im Herzen befestigt werden kann
Obere Frequenzbegrenzung. Maximalfrequenz
Periode, Periodendauer. Zeitintervall
Ösophageale Stimulation. Temporäre Stimulation
des Herzens über einen in den Ösophagus eingeführten Elektrodenkatheter
Phantomprogrammierungen. Ungewollte Umprogrammierungen eines SMs durch elektromagnetische Störungen oder bei Hardware-Problemen, z. B. Röntgenstrahlung, γ-Strahlung
Output. Herzschrittmacher: Ausgangsimpuls/Stimulus definiert durch Amplitude und Impulsdauer
PMT. »Pacemaker mediated tachycardia«
Overdrive. Auch: »Overdrive pacing«: antitachy-
karde Stimulation mit einer höheren Frequenz als der Tachykardiefrequenz Overdrive, dynamischer. Programmiermöglich-
keit, so dass die Stimulationsfrequenz des SM ge-
Pocket stimulation. Unerwünschte Stimulation des Muskelgewebes (Muskelzucken) in unmittelbarer Nähe der SM-Tasche, ausgelöst durch das elektrische Feld an den Kanten der indifferenten Elektrode (SM-Gehäuse) oder bei Isolationsproblemen des SM-Systems
182
Anhang A · Schrittmacherlexikon
Polarisationsspannung. Spannung, die in einem Gleichstromkreis an der Phasengrenze zwischen einem festen und flüssigen Leiter (beim SM am Sondenkopf) nachweisbar ist
Pulse generator. Impulsgenerator. SM-Aggregat Pulse interval. Impulsinterval Pulse width. Impulsdauer
Potential. In der Medizin gebrauchter Ausdruck
für eine Spannung, z. B. intrakardiales Potential (endokardial abgeleitete P- oder R-Welle), besser Signal (da eine Potentialänderung vorliegt)
Purkinje-Fasern, -Netzwerk. Endaufzweigungen
des Reizleitungssystems im rechten und linken Ventrikel, die die Erregung vom rechten und linken Tawara-Schenkel zum Myokard weiterleiten
ppm. »Pulses per minute«, Impulse pro Minute,
ipm
Präautomatische Pause . Zeitspanne bis zur 1. Eigenaktion nach Aussetzen des aktuellen Reizbildungszentrums (z. B. nach Konversion von Vorhofflimmern, Sinusarrest oder Stimulationsausfall des SM)
PVB. »Premature ventricular beat«, ventrikuläre Extrasystole PVC. »Premature ventricular contraction«, ventri-
kuläre Extrasystole P-Potential. Depolarisationssignal der Vorhöfe, in-
traatrial gemessen, vgl. Potential Primärzelle. Auch: Primärelement. Elektrochemi-
sche Zelle. Eine oder mehrere Zellen bilden die Batterie Programmer. Programmiergerät Programmiergerät. Elektronisches Gerät zur tele-
metrischen nichtinvasiven Abfrage und Programmierung der SM-Parameter PSA. Pacing System Analyzer bzw. Pacemaker Sys-
tem Analyzer: Analysegerät zur intraoperativen Reizschwellen- und Signalmessung Pseudofusion. Auch: Pseudokombinationssystole. Zeitgleiches Zusammenfallen des SM-Impulses im Oberflächen-EKG mit der Eigenaktion, jedoch im Gegensatz zum Fusionsschlag (»fusion beat«, Kombinationssystole) ohne Beteiligung des SMImpulses an der Depolarisation des Myokards
P-Welle. Wellenbild einer Vorhofdepolarisation im Oberflächen-EKG (Summenvektor); Wellenbild einer Vorhofdepolarisation intraatrial abgeleitet (als Zacke ausgebildet) QRS-Komplex. Summenbild der Depolarisation beider Ventrikel im Oberflächen-EKG R. »Rate modulation«, frequenzadaptiert; auch: »rate responsive«, dieser 4. Codebuchstabe »R« wurde vom NASPE/BPEG (»North American Society of Pacing and Electrophysiology« und »British Pacing and Electrophysiology Group«) eingeführt und wird international benutzt RAM. »Random access memory«, Schreib-LeseSpeicher Rate adaptive stimulation. Frequenzadaptation,
frequenzadaptive Stimulation Pseudopseudofusion. Zeitgleiches zufälliges Zu-
sammenfallen des atrialen Stimulus im Oberflächen-EKG mit dem Eigen-QRS-Komplex PU. Polyurethan, findet für Sondenummantelun-
gen Verwendung Pulse duration. Impulsdauer
Rate responsive. Frequenzadaptiv R- auf-T-Phänomen. Sehr vorzeitiger Einfall einer ventrikulären Extrasystole, wobei die R-Zacke dieser Extrasystole auf die T-Welle der vorangegangenen Herzaktion trifft. Gefahr der Auslösung von Herzrhythmusstörungen bzw. Kammerflimmern
183 Anhang A · Schrittmacherlexikon
Real-time telemetry. Echtzeittelemetrie Redundance. Das Redundanzsystem übernimmt
die wesentlichen SM-Funktionen, wenn das Hauptsystem ausfällt. Bei manchen SM-Modellen als Backup-System (»Reserve-SM«), nach Erreichen der Austauschindikation bzw. als Reaktion auf Störeinflüsse verwandt Reed relay. Auch: »reed switch«, Reed-Relais, Reed-Schalter. Mechanischer SM-interner Schalter, der sich mit einem externen Magneten schließen lässt; Magnetschalter
Reizschwellentest, semiautomatischer. Beim se-
miautomatischen Reizschwellentest wird zur Feststellung der Reizschwelle (im EKG) vom Programmiergerät auf Knopfdruck durch den Anwender automatisch die Energieabgabe des SM stufenweise reduziert Reizzeit. Impulsdauer Reset. Zurückstellen auf Ausgangsposition Re-Switch. Wiederherstellen der AV-Koordination
am Ende einer Mode-Switch-Episode (Ende der Vorhoftachyarrhythmie)
Reentry. Kreisende Erregungswelle Retrograde conduction. Retrograde Leitung, Refractory period. Refraktärzeit
ventrikuloatriale Reizleitung
Refraktärzeit. 1. Bei der Eigenaktion: Zeitspanne nach Erregungsbeginn, in welcher die Herzmuskelzelle bzw. das Reizleitungssystem (Vorhof, AV-Knoten oder His-Purkinje-System) auf einen erneuten elektrischen Reiz nicht depolarisiert werden kann (absolute Refraktärzeit). Unterschieden werden noch effektive Refraktärperiode (ERP), relative Refraktärperiode (RRP), funktionelle Refraktärperiode (FRP). 2. Beim SM: Zeitspanne nach Detektion (postdetektorische Refraktärzeit) oder Stimulation (poststimulatorische Refraktärzeit), in welcher ein Eingangssignal keine Auswirkungen auf die Zeitsteuerung (Auslöse- und Stimulationsintervall) des SM hat, im Atrium jedoch für die Diagnose von atrialen Arrhythmien benützt wird, um einen Mode-Switch einzuleiten, wenn ein Signal innerhalb der PVARP, aber außerhalb der Ausblendzeit detektiert wird
Retrograde Leitung. Ventrikuloatriale Reizleitung mit retrograder Vorhofdepolarisation Rheobase. Minimalwert der Strom- oder Spannungsamplitude, der bei sehr langer Impulsdauer noch zu einer Depolarisation führt (Reizschwelle bei langer Impulsdauer) Rheographiespikes. (Für den Herzmuskel ineffek-
tive)Stromimpulse: z. B. beim atmungsgesteuerten SM im 8-Hz-Takt über eine Elektrode, um Impedanzmessungen durchzuführen Ringelektrode. In der Regel als Schaftring ausgebildete Anode nahe der stimulierenden Kathode, je nach Modell etwa 1–20 mm hinter der Sondenspitze, bei bipolaren Sonden. Bei einigen frequenzadaptiven SM-Systemen diente sie gleichzeitig als Elektrode für die Impedanzmessung bei der Atmungssteuerung
Reizschwelle. Mindestenergie des SM-Impulses,
die erforderlich ist, um eine Myokarddepolarisation auszulösen; messbar als Spannungsreizschwelle (V) bzw. Stromreizschwelle (mA) und als Impulsdauer (ms)
Röntgenidentifikation. SM-Identifikation anhand
Reizschwellentest, automatischer. Der SM führt in programmierbaren Zeitabschnitten (z. B. 1-mal/ Tag) selbstständig einen Reizschwellentest durch (und programmiert sich evtl. um)
Rückladeimpuls. Strom, der nach Impulsabgabe
eines röntgenpositiven Codes im SM-Gehäuse ROM. »Read only memory«, Lesespeicher
entgegengesetzt durch die Elektrode fließt (biphasischer Impuls). Dabei wird der Ausgangskondensator des SM wieder aufgeladen und eine elektro-
184
Anhang A · Schrittmacherlexikon
lytische Veränderung am Sondenkopf verhindert, vgl. »fast re-charge« R-Wellen-Fernfeldwahrnehmung. R-Wellen-FarField-Sensing. Nur beim vorhofbeteiligenden SM möglich: das Depolarisationssignal des Ventrikelmyokards (R-Welle) wird vom Vorhofdetektionsverstärker wahrgenommen und fälschlicherweise als Eigensignal des Vorhofes interpretiert R-Zacke. Teil des QRS-Komplexes Safety window pacing. Auch: »ventricular safety pacing« Ventrikuläre Sicherheitsstimulation
generator ins Herzinnere, bestehend aus Sondenstecker, Zuleitung und Elektroden – Syndrom. Vorhofpfropfung z. B. bei ventrikulärer Stimulation mit retrograder Leitung, oft mit Kollapszustände verbunden (z. B. falsche SM-Auswahl: VVI-Stimulation bei retrograder Leitung) aber auch Pfropfung bei AAI-Systemen bei langer Überleitung – System. SM-Aggregat und Sonden – Tasche. Vom Operateur geformte Tasche zur Aufnahme des SM-Aggregats (subkutan, subfaszial, sub- bzw. intramuskulär, meistens im Bereich des M. pectoralis) – Wechsel. Austausch des SM-Aggregats, z. B. wegen Batterieerschöpfung
SALZ. Sinuatriale Leitungszeit Schraubsonde. SM-Sonde mit schraubförmiger
Befestigungsspirale zum Eindrehen in das Myokard, mit herausdrehbarer oder fixer Schraube
Sekundärelement. Energiespeicher, der durch elektrischen Strom nachgeladen werden kann; vgl. Akkumulator Sensor. Bauteil des SM für die Wahrnehmung
Schrittmacher. Auch: Herzschrittmacher, »pace-
maker«, »pacer«, Impulsgenerator, SM-Aggregat Schrittmacher – Aktion. SM-ausgelöste Herztätigkeit (im Gegen-
satz zur Eigenaktion) – Artefakt. SM-Impuls im Oberflächen-EKG – Ausgangskreis. Schaltung des SM, welche die Entladung des Ausgangskondensators während der Impulsdauer regelt (dieser Kondensator wird über die Herzimpedanz teilweise entladen) – Eingangsempfindlichkeit. Wahrnehmungsempfindlichkeit – Gehäuse. Dichte, möglichst biokompatible Kapsel (meistens Titan), welche das SM-Aggregat und seine Energiequelle umgibt – Konnektor. Isolierter Teil des SM für den Anschluss der Sonde(n) – Kontrolle. Überprüfung des SM auf Funktion und richtige Programmierung – Modus. Betriebsweise eines SM, vgl. NBGCode – Parameter. Veränderbare Parameter des SM bezüglich Impulsabgabe, Wahrnehmungsverhalten, AV-Koordination etc. – Sonde. Beim SM isolierte Leitung zum Zwecke der Stimulation oder Wahrnehmung vom Impuls-
von Aktivität anhand von Veränderungen des QT-Intervalls, des Herzvolumens, des intrakardialen Druckes, des Atemminutenvolumen, der Bewegung oder Beschleunigung. Zur Zeit nur noch Aktivitäts-, Beschleunigungs-, Atemminutenvolumensensor und Kontraktilitätssensor im Gebrauch Sensing. Detektion, Wahrnehmung von Herz- und
elektromagnetischen Signalen und Impulsen durch den SM; vgl. Demandfunktion Sensitivitätsschwelle. Wahrnehmungsschwelle Sensitivity threshold. Wahrnehmungsschwelle Sequenzieller Schrittmacher. AV-sequenzieller
SM Service life. Auch: »nominal service life«. Nominale Betriebs- oder Lebensdauer eines SM Sicherheitsfrequenz . Störfrequenz Sicherheitsfrequenzbegrenzung. Sicherheitsbegrenzung der Maximalfrequenz auf ca. 190 ipm, je nach SM-Modell verschieden. Schutz gegen
185 Anhang A · Schrittmacherlexikon
»Schrittmacherrasen«, eine in früheren SM-Modellen beobachtete sehr gefährliche Fehlfunktion bei defektem SM
Sinusarrest, Sinusbradykardie, Bradykardie-Tachykardie-Syndrom, chronotrope Inkompetenz Sinusstillstand. Auch: Sinusknotenstillstand, Sinu-
Sick-Sinus-Syndrom. SSS, Sinusknotensyndrom Silikon. Kautschukverbindung für die Elektrodenisolation
sasystolie, Sinuspause, Sinusarrest. Kurzfristiges, längeres oder völliges Aussetzen der Erregungsbildung im Sinusknoten Skelettmuskelsignale. Schwache Signale der Ske-
Sinusarrest. Sinusstillstand
lettmuskulatur, die bei unipolarer Programmierung die Impulsabgabe inhibieren können; vgl. Myosignale
Sinusbradykardie. Bradykarder Herzrhythmus, vom
SKEZ. Sinusknotenerholungszeit
Sinu-atrial node. Sinusknoten
Sinusknoten gesteuert Sleeve. Kunststoffhülse als Schutz und BefestiSinusknoten. Primäres Automatiezentrum, natür-
gungsmöglichkeit der Sonde am Körpergewebe
licher SM oder Taktgeber des Herzens Slew rate. Anstiegssteilheit eines intrakardialen SiSinusknotenerholungszeit. SKEZ. Funktionsprü-
fung des Sinusknotens. Bestimmung der Sinusknotenerholungszeit durch atriale Stimulation, indem knapp oberhalb der Eigenfrequenz des Patienten mit der Stimulation begonnen und die Stimulationsfrequenz in Zehnerstufen erhöht wird. Nach jeweils 30 s wird die Stimulation unterbrochen und die nachfolgende Pause bis zum Wiedereinsetzen der Vorhofeigenaktion gemessen. Diese Pause entspricht der SKEZ. Eine SKEZ >1400 ms wird als verlängert angesehen
gnals (P- bzw. R-Welle), wie es über die Elektroden gemessen wird; Spannungsveränderung pro Zeiteinheit (dV/dt in mV/ms) (eigentlich: Reaktion eines Operationsverstärkers auf eine Sprungfunktion am Eingang; Zeit zwischen Maximum und Minimum des intrinsischen Herzsignals; fälschlich für »slope« gebraucht – dV/dt in mV/ms) Slow response. Physiologisch bedingt langsame Lei-
tung der Erregung, z. B. an Sinus- und AV-Knoten S/N. »Serial number«, SN, Seriennummer
Sinusknotenerholungszeit, maximale. MSKEZ.
Längste Sinusknotenerholungszeit, die nach den verschiedenen Stimulationsfrequenzstufen gemessen wird
Sonde. Auch SM-Elektrode, SM-Sonde, Elektrode, Elektrodenkatheter, nach Anwendernorm VDE: »Elektrodensonde«
Sinusknotenerholungszeit, korrigierte. KSKEZ.
Sondendislokation. Mikro- oder Makrodislokati-
Korrigierte Sinusknotenerholungszeit, bei der die SKEZ zur vorhergehenden Eigenfrequenz des Patienten in Beziehung gesetzt wird. Nach Abzug der Zykluslänge der Eigenfrequenz (vor Testbeginn) von der längsten SKEZ ergibt sich KSKEZ. Normal bis 525 ms
on der SM-Sonden. Auch bei der Durchleuchtung nicht sichtbare Mikrodislokationen können einen Exit- oder/und Entranceblock mit entsprechenden Symptomen verursachen Sondenimpedanz. Komplexer Sonden-MyokardWiderstand (Gesamtwiderstand)
Sinusknotensyndrom. SKS, Sick-Sinus-Syndrom
(SSS). Syndrom des kranken Sinusknotens, ein Begriff, unter dem eine Vielzahl atrialer Arrhythmien zusammengefasst ist; es kann sich u.a. zeigen als
Sondenisolation. Dünnwandiger Schlauch aus
Kunststoff (z. B. Silikon, Polyurethan, bzw. unterschiedliche Zusammensetzung beider Materialien)
186
Anhang A · Schrittmacherlexikon
Sondenkopf. Sondenspitze mit passiver (Anker) oder aktiver (Schraube) Befestigungseinrichtung aus möglichst biokompatiblem Material, die den elektrischen Kontakt zum Herzen herstellt
Stimulationsartefakt. Vom SM erzeugter Impuls, der auf dem Oberflächen-EKG sichtbar ist Stimulationsintervall. Zeitspanne zwischen zwei
Stimulationen am gleichen Stimulationsort Sonden-Myokard-Widerstand. Summe der Ge-
samtimpedanz des SM-Systems, setzt sich zusammen aus der Sondenleiterimpedanz, den Übergangswiderstand von Elektrode zum Gewebe und dem Gewebewiderstand
Stimulation threshold. Reizschwelle Stimulus. SM-Impuls/SM-Spike
Sondenstecker. Proximaler Teil der SM-Sonde
Störfrequenz. Auch: Sicherheitsfrequenz. Starrfrequente Stimulationsfrequenz eines Demand-SM, auf die der SM bei elektromagnetischen Störeinflüssen umschaltet
zum Anschluss an den SM-Konnektor, auch Stecker oder Konnektor genannt
Störmesszeit. Intervall, in dem Störsignale gemes-
Sondenspitze. Sondenkopf
sen werden Spannungsverdoppler. Elektronische Schaltungs-
anordnung zur Verdoppelung der Spannung, wenn die Batteriespannung des SM niedriger ist als die benötigte Ausgangsspannung
Störmodus. Funktionsweise, in die der SM umschaltet, wenn er elektrische Signale wahrnimmt, die von der Geräteelektronik als Störung bewertet werden
Spike. Zacke eines SM-Impulses im EKG Stylet. Mandrin Spiralelektrode. Sonde mit einer Zuleitung aus
mehreren Drahtwendeln Spontanfrequenz. Eigenfrequenz SSI. Single-single-inhibiert; vgl. NBG-Code; Einkammer-SM, der im Atrium oder im Ventrikel verwandt werden kann
Suchhysterese. Nach Ablauf einer definierten An-
zahl von Impulsen verlängert der SM sein Stimulationsintervall um den Hysteresewert, um zu testen, ob die Eigenfrequenz des Herzens oberhalb der »Hysteresefrequenz« liegt oder intrinsische Überleitung
steuert
Supernormale Phase. Kurze Phase erhöhter Erregbarkeit, die sich an die relative Refraktärphase anschließt (z. B. absteigender Schenkel der T-Welle, in der auch Stimuli mit niedriger Energie eine Reizbeantwortung auslösen können)
Starrfrequenter Schrittmacher. Asynchroner SM
SVT. »Supraventricular tachycardia«, supraventri-
SSS. Sick-Sinus-Syndrom, Sinusknotensyndrom Stand-by-pacemaker. Demand-SM, positiv ge-
kuläre Tachykardie Stecker. Auch: Sondenstecker, Konnektor, »pacing
lead connector«
T. NBG-Code: getriggert
Steroidsonde. Sonde, über deren Sondenkopf geringste Mengen von Kortikosteroiden in einem Zeitraum von einigen Monaten an das umgebende Herzgewebe abgegeben werden. Dadurch wird der anfängliche Reizschwellenanstieg vermieden
Tachykardie. Beschleunigte Herzfrequenz, in der Regel >100 min-1 Tawara-Schenkel. Erregungsleitungsbahnen vom
His-Bündel in beide Ventrikel
187 Anhang A · Schrittmacherlexikon
Telemetrie. Abfragen des SM. Daten- und Signalübermittlung mittels Radiofrequenzen an das Programmiergerät, entweder über die Auflage eines Programmierkopfes oder mittels Fernabfrage mit einer Distanz von ca. 2–5 m über eine Antenne im Programmiergerät
Trigger. Wahrgenommenes Signal, das einen Sti-
mulus auslöst (z. B. R-Welle im VVT-Modus, oder nach einem programmierbaren Intervall (z. B. AVIntervall, »tracking«) T-wave-Sensing. T-Wellen-Wahrnehmung, SM-
Fehlsteuerung durch die wahrgenommene T-Welle Telemonitoring. Mit dem Telemonitoring ist eine
Fernüberwachung von HSM- und Defibrillatorsystemen möglich. Es können gespeicherte Daten telemetrisch an ein telemedizinisches Zentrum gesendet werden. Dort werden die Daten aufbereitet und über eine sichere Internetseite dem Arzt zugänglich gemacht Telefontelemetrie. Über ein spezielles Übertragungsgerät wird der SM per Telefon abgefragt Temporary lead. Transvenöse oder epikardiale
Sonde, die zum vorübergehenden Gebrauch mit einem externen SM-Gerät verwendet wird Temporary pacing. Temporäre Stimulation mittels externem SM-Gerät Testsignal. Definierter Impuls zur Bestimmung und Einstellung der Synchronisationsempfindlichkeit
Twiddler-Syndrom. Das SM-Gehäuse lässt sich in der SM-Tasche vollständig umdrehen. Wenn dies mehrmals geschieht, wird auch die Sonde gedreht, bzw. bei 2 Sonden werden diese umeinandergewickelt, was evtl. zu Schäden an den Sonden führt. Beim Umdrehen des SM kann dieser auch kurzzeitig den Kontakt zum umgebenden Gewebe verlieren. Somit können Wahrnehmungs- und Stimulationsprobleme auftreten. Beim klassischen Twiddler-Syndrom werden durch Manipulation des Patienten am SM die Sonden über den SM aufgerollt und so aus dem Vorhof oder der Kammer bzw. aus beiden herausgezogen Underdrive. Auch: »underdrive pacing«. Starrfrequente Stimulation mit einer Frequenz, die niedriger ist als die Tachykardiefrequenz, zur Unterbrechung einer tachykarden Herzrhythmusstörungen Undersensing. P- oder R-Wellen werden nicht
»sensitivity threshold«
wahrgenommen, so dass eine unnötige Impulsabgabe (z. B. starrfrequent) des SM erfolgt
Tip electrode. Sondenspitze (normalerweise Ka-
Unipolare Sonde. Sonde mit nur einer elektrischen
thode)
Leitungsbahn und nur einer Elektrode. Die Kathode ist identisch mit dem Sondenkopf, die Anode (indifferente Elektrode) mit dem SM-Gehäuse
Threshold. Schwelle; vgl. »stimulation threshold«,
Torsades de pointes. »Spitzenumkehrtachykardie« (spezielles Bild im EKG mit periodisch an- und abschwellenden QRS-Amplituden und wechselnder Achse), die kurzzeitig plötzlich auftreten und in Kammerflimmern übergehen können Tracking. Mitziehen, in einem konstanten Abstand
folgen. SM-Funktion, bei der die Ventrikelstimulation vorhofgesteuert nach einem programmierten Intervall der wahrgenommenen Vorhoftätigkeit folgt (z. B. tracking im »VAT- Betrieb«, im VDD/ DDD-Modus) Transvenous lead. Transvenös eingeführte Sonde
Untere Frequenzbegrenzung. Basisfrequenz Upper rate. Obere Frequenzbegrenzung (Maximal-
frequenz) der ventrikulären Stimulation bei Zweikammer-SM mit Trackingfunktion (VDD, DDD) Use before date. Verfallsdatum, spätester Zeitpunkt zur Implantation von SM oder Sonden V. NBG-Code: Ventrikel VA-Crosstalk. R-Wellen-Fernfeldwahrnehmung
188
Anhang A · Schrittmacherlexikon
VA-Intervall. Beim Zweikammer-SM: Dauer zwischen einer Wahrnehmung bzw. einem Impuls im Ventrikel und der nächsten Vorhofdepolarisation Variofunktion. Automatischer Reizschwellentest durch Magnetauflage, wenn »Vario« auf »ein« (»on«) programmiert ist Ventricular lead. Kammersonde, Ventrikelsonde Ventrikuläre Sicherheitsstimulation. Zur Vermeidung von AV-Crosstalk bei Zweikammer-SM: Damit der atriale Stimulus oder dessen Nachpotential nicht als ventrikuläres Signal fehlinterpretiert wird, erfolgt bei ventrikulärer Wahrnehmung innerhalb des »Safety windows«, sicherheitshalber am Ende dieses Fensters eine ventrikuläre Stimulation, um eine Inhibition der ventrikulären Stimulation zu vermeiden Ventrikuloatrial. Vom Ventrikel zum Atrium, re-
trograd Verzögerungsintervall. AV-Intervall VS1. »Voluntary Standard Norm (No. 1)«. Anschlusssystem von Sondensteckern an den SMKonnektor (3,2 mm Durchmesser); Vorläufer der IS1-Norm, dort. Nicht alle Anschlusssysteme mit VS1 Norm sind mit der IS1-Norm kompatibel
gestörter Erregungsleitung, die nach SM-Impulsen, Kardioversion oder ventrikulären Extrasystolen auftritt. Dieser Effekt kann auch dadurch in Erscheinung treten, dass die Reizschwelle geringfügig differente Werte zeigt, wenn der Test von niedrigen Werten zu höheren Werten geführt wird, im Gegensatz zum umgekehrten Vorgehen Wenckebach-Punkt. Frequenz, bei der nicht mehr jede Vorhoferregung zum Ventrikel weitergeleitet wird, d. h. eine AV-Blockierung eintritt. Er kann durch stufenweise Frequenzanhebung bei der Vorhofstimulation ermittelt werden
Bei Zweikammer-SM: Wird die obere Frequenzbegrenzung überschritten, so reagiert der SM in diesem Falle mit einer zunehmenden Verlängerung des PV-Intervalls (P bis ventrikulärer Stimulus), bis eine P-Welle in die PVARP fällt und damit blockiert wird. Übersteigt die Vorhofeigenfrequenz auch die 2:1-Frequenz, kommt es zum Blockverhalten, d. h. es löst nur noch jede 2. oder 3. usw. Vorhofeigenaktion eine Ventrikelstimulation aus
Wenckebach-Verhalten.
Vulnerable Phase. Phase im aufsteigenden Teil der
Zener-Diode. Halbleiterdioden, die parallel zum Eingang des SM geschaltet werden. Ihre Aufgabe ist es, hohe Spannungen am Wahrnehmungsverstärker zu limitieren. Intrakardiale Spannungssignale werden durchgelassen, hohe Spannungen werden umgeleitet bzw. limitiert (z. B. bei Defibrillation); vgl. Defibrillationsschutz (benannt nach dem amerikanischen Physiker Clarence Melvin Zener, dem Entdecker des Zener-Effekts)
T-Welle, während dessen ein SM-Impuls oder eine spontane Herzaktion Herzrhythmusstörungen bzw. Kammerflimmern auslösen können
Zweikammer-SM. Auch: »dual chamber pacer«. SM mit je 1 Sonde für Atrium und Ventrikel
Vulnerability. Vulnerabilität; vgl. vulnerable Phase
Wahrnehmung. Detektion, Sensing Wahrnehmungsschwelle. Grenze der Wahrnehmungsempfindlichkeit, bei der die entsprechenden Signale (herzeigene Signale: P/R-Welle) gerade noch wahrgenommen werden, ausgedrückt in der Amplitude eines Testsignals Wedensky-Effekt. Supernormale Erregbarkeit und Erregungsleitung über mehrere Schläge bei sonst
Umrechnungstabelle Intervalle/Frequenzen
190
Anhang B · Umrechnungstabelle Intervalle/Frequenzen
Frequenz [ipm]
Intervall [ms]
Frequenz [ipm]
Intervall [ms]
20
3000
185
324
25
2400
190
316
30
2000
195
308
35
1714
200
300
40
1500
205
293
45
1333
210
286
50
1200
215
279
55
1091
220
273
60
1000
225
267
65
923
230
261
70
857
235
255
75
800
240
250
80
750
245
245
85
706
250
240
90
667
255
235
95
632
260
231
100
600
265
226
105
571
270
222
110
545
275
218
115
522
280
214
120
500
285
211
125
480
290
207
130
462
295
203
135
444
300
200
140
429
305
197
145
414
310
194
150
400
315
190
155
387
320
188
160
375
325
185
165
364
330
182
170
353
335
179
175
343
340
176
180
333
345
174
191 Anhang B · Umrechnungstabelle Intervalle/Frequenzen
Frequenz [ipm]
Intervall [ms]
350
171
355
169
360
167
365
164
370
162
375
160
380
158
385
156
390
154
395
152
400
150
405
148
Frequenz (ipm oder min–1) = Intervall (ms) =
60.000 Intervall (ms)
60.000 Intervall (ipm oder min–1)
Fachgesellschaften, Literatur, Internetadressen
194
Anhang C · Fachgesellschaften, Literatur, Internetadressen
Gesellschaften und Organisationen Deutsche Gesellschaft für Kardiologie: http://www.dgk.org European Society of Cardiology: http://www.escardio.org European Heart Rhythm Association (EHRA): http://www. escardio.org/communities/EHRA Heart Rhythm Society: http://www.hrsonline.org
Literatur Ellenbogen KA, NealKay G, Lau CP, Wilkoff BL (2005) Clinical Cardiac Pacing, Defibrillation, and Resynchronization Therapy. 3rd ed. Saunders Fischer W, Ritter P (2002) Praxis der Herzschrittmachertherapie. Springer, Berlin Fröhlig G, Carlsson J, Jung J, Koglek W, Lemke B, Markewitz A, Neuzner J (2005) Herzschrittmacher- und Defibrillatortherapie. Indikation – Programmierung – Nachsorge. Thieme, Stuttgart Herzschrittmachertherapie und Elektrophysiologie. Volume 20, Number 4, S. 191–218. Jahresbericht 2007 des Deutschen Herzschrittmacher-Registers. Fachgruppe Herzschrittmacher und BQS Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (Geschäftsführer: Dr. C. Veit), Düsseldorf; A. Markewitz. Springer, Heidelberg Knorre von GH, Petzsch M, Ismer B, Voß W, Pulya K (1996) Approximation of optimal atrioventricular delay in DDD pacemaker patients with atrioventricular block by oesophageal electrocardiography. Eur Heart J Suppl. 17: 487 (Abstract) Koglek W, Kranig W, Kowalski M, Kronski D, Brandl J, Oberbichler A, Suntinger A, Wutte M, Grimm G, Grove R et al. (2000) Eine einfache Methode zur Bestimmung des AV-Intervalls bei Zweikammerschrittmachern. Herzschr. Elektrophys 11. Steinkopf, Stuttgart. 244–253 Lampadius S (2010) Herzschrittmacher-Typenkartei. Herzschrittmacher-Institut, Kochel am See Ritter Ph, Dib JC, Lelievre T (1994) Quick determination of the optimal AV delay at rest in patients paced in DDD mode for complete AV block. Eur J CPE 1994;4(2):A163 (Abstract)
Internetadressen kFachzeitschriften Clinical Research in Cardiology: http://www.springerlink.com Der Kardiologe: http://www.springerlink.com Europace: http://www.europace.oxfordjournals.org Heart Rhythm Journal: http://www.heartrhythmjournal.com Herzschrittmachertherapie und Elektrophysiologie: http:// www.springerlink.com Pacing And Clinical Electrophysiology, PACE: http://www. blackwellpublishing.com/PACE
kLeitlinien ESC Guidelines for Patient Management: http://www.escardio.org/guidelines-surveys/esc-guidelines/Pages/cardiacpacing-and-cardiac-resynchronisation-therapy.aspx Leitlinien der DGK: http://www.leitlinien.dgk.org
kDatenbanken Bundesverband Medizintechnologie e.V. BVMed: http://www. herzstimulation.de Deutsches Herzschrittmacherregister: http:// www:pacemaker-register.de
kGesetze und Richtlinien Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH, BQS/ Institut für Qualität und Patientensicherheit: http://www. bqs-institut.de Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM: http://www.bfarm.de Medizinprodukte Betreiberverordnung, MPBetreibV: http:// www.gesetze-im-internet.de/mpbetreibv/index.html Medizinprodukte – Sicherheitsplanverordnung: http://www. gesetze-im-internet.de/mpsv/index.html
Stichwortverzeichnis
D. Morschhäuser, W. Fischer (Hrsg.), Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge, DOI 10.1007/978-3-642-10539-5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
196
Stichwortverzeichnis
A A00-Modus 30 AAI-Modus 31 AAT-Modus 31 Anamnese 73 Anstiegssteilheit 9 Arrhythmiediagnostik 96 − Episodenzähler 96 − intrakardiales Elektrogramm 97 ATP 54 Atriale Impulsamplitude − Automatische Anpassung 56 Ausblendzeit 21, 23 Auslöseintervall 16 Automatische antitachykarde Stimulation 54 AV-Crosstalk 42, 107, 156, 188 AV-Hysterese 66 − Repetitive 67 − Suchhysterese 67 AV-Intervall 13, 17, 18, 19, 24, 26, 27, 34, 39, 42, 43, 45, 47, 61, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 78, 79, 82, 83, 105, 106, 107, 108, 110, 111, 134, 139, 140, 187 − Frequenzadaptives 65 − Nach Vorhofstimulation AVI 18 − Nach Vorhofwahrnehmung PVI 18 − Optimierungsverfahren 64 − Programmierung 105 AV-Korrektur 19 − Programmierung 105 AV-Überleitungsdiagnostik 99
B Bandpassfilter 8, 9 Batterie − Spannung 74 − Status 74 Belastungstest 89 Bipolare Konfiguration 6
C Chronaxie 8, 81, 108, 110 Code 10
D D00-Modus 33, 34 DDD-Modus 36 DDI-Modus 34 Diagnosefunktionen 58, 75, 80, 93, 94–101, 111 − Limitationen 100
Frequenzglättung 62 Frequenzhysterese 20, 27, 36, 63, 70, 105, 110, 130 − Programmierung 105 Frequenzspektrum 8 Fusionen 13
G Grundfrequenz 17 − Programmierung 104 Grundintervall 17
H E Echokardiografie 90 ELT 86 Empfindlichkeitsanpassung − Automatisch 54 Energieabgabe 2, 7, 76, 88, 141, 163, 178, 183 Entranceblock 10, 89, 100, 122, 133, 152, 170, 185 EP-Studien 54 Ereigniszähler 94, 95 − mit Frequenzzuordnung 94
F Frequenzabfallreaktion 63, 146 Frequenzabsenkung − In Ruhephasen 70 Frequenzadaptation 11, 37, 60, 61, 62, 70, 75, 89, 94, 115, 159, 170, 182 Frequenzanhebung bei CSS 63 Frequenzbeschleunigung bei häufigen AES 53
Hämatom 114 Hämatothorax 114 Hämomediastinum 114 Häufige Fragen der Patienten 153 Herzfrequenzanalyse 95 Herzfrequenzkurve − 24 Stunden 95 − Langzeitverlauf 95 Herzinsuffizienzdiagnostik 100 Holter 75
I Impulsamplitude 7, 54, 55, 56, 83, 108, 110, 170 − Programmierung 108 Impulsdauer 7, 8, 81, 108, 110, 176, 183, 184 − Programmierung 108 Infektionen 115 − Frühinfektionen 117 − Spätinfektionen 117 Inhibitionstest 88
197 Stichwortverzeichnis
K Karotissinussyndrom − Frequenzabfallreaktion 63 Konnektorprobleme 123
L Lagetyp 15, 128 Langzeit-EKG-Untersuchungen 89
M Magnetfrequenz 27, 30, 34, 74, 75, 88, 89, 156 Magnettest 88 Markerannotationen 10 Maximale Sensorfrequenz 20, 110 − Programmierung 105 Maximalfrequenz 20, 24, 26, 37, 38, 39, 45, 48, 66, 104, 110, 180, 184 − Limitierungen 37 − Programmierung 104 Migration 117 Mode-Switch 23, 34, 36, 45, 49, 51, 52, 53, 54, 97, 107, 111, 137, 152, 180 Mode-Switch-Auslösefrequenz 104 Monitorfunktion Sensingwerte 97 MPV 68 Muskelzucken 117
N Nachsorge 71 − Abschluss 83 − Apparative Ausstattung 72
− Aufgaben 72 − Erweitert 85 NASPE/BPEG-Schrittmachercode 10 NBG-Code 10 NBL-Code 10 NIPS 54 Notfälle bei Herzschrittmacherpatienten 161 − Schrittmacherbeteiligte Tachykardien 163
O Overdrive-Algorithmus 53 Oversensing 9, 10, 21, 23, 45, 79, 88, 100, 109, 111, 135, 137, 139, 152, 156 − Myosignale 135
P Pacemaker-mediated Tachycardia 44 Pektoralisstimulation 117, 121 Perforation des Schrittmachergehäuses 117 PMT 36, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 88, 110, 111, 163 − PMT-Frequenz 45 − PMT-Prophylaxe 46 − PMT-Terminierung 49 − Ursachen von PMTs 45 − Was ist eine PMT? 45 Pneumothorax 114 Postatriales ventrikuläres Blanking 21, 22, 26, 43, 110 − Programmierung 106 Post extrasystolische Pausenunterdrückung PEPS 53 Post Mode-Switch Overdrive Pacing 54 Postventrikuläres atriales Blanking 21, 22, 138
− Programmierung 107 Präventionsalgorithmen 53 Programmierempfehlungen 103 − Übersicht 109 Provokationstest 88 Pseudofusionen 13, 14, 15, 29 Pseudopseudofusionen 13, 14 PVARP 24, 26, 37, 38, 39, 46, 47, 48, 49, 66, 88, 110, 111, 149 − Programmierung 107 PV-Intervall 18
R Refraktärperioden 23 Reizschwelle 7 Reizschwellenkurve 7 Reizschwellentest 80 − atrial 83 − ventrikulär 82 Reizschwellentrend 98 Reizzeitspannungskurve 81 Repetitive Frequenzhisterese 70 Retrograde Leitung 45, 144 Retrograder Leitungstest 86 Rheobase 8 R-Wellen Far-Field-Sensing 22, 31, 107 R-Wellen-Fernfeldwahrnehmung 184, 187
S Schrittmacher − EKG-Analyse 128 Schrittmacherabfrage 73 Schrittmacher Code 10 Schrittmacherdefekte 126 Schrittmacher-EKG 12 Schrittmacherindikationen 165 Schrittmachersonden 10 Schrittmachersonden Code 11 Schrittmachersyndrom 29
198
Stichwortverzeichnis
Sensinghistogramm 97 Sensingtest 29, 33, 76, 77, 78, 79, 80, 88, 109, 134, 135, 140 − halbautomatisch 79 − vollautomatisch 80 Sensoren für die Frequenzanpassung 60 − Aktivitätssensor 60 − Akzelerometer 60, 61 − Closed Loop Stimulation 61 − Peak Endokardial Akzeleration 61 − Piezosensor 60 − QT-Intervallsensor 61 − Sensorkombinationen 62 Sensorhistogramme 97 Signalamplitude 9 Simulation 89 slew rate 9 Sonde − Automatische Überwachung 58 − Impedanztrend 98 − Isolationsmaterial 4 − Status 76 Sondenprobleme 119 − Dislokation 119 − Isolationsdefekt 121 − Perforation 121 − Sondenbruch 122 − Sondenstecker falsch angeschlossen 115 Spannungsamplitude 7 Statistik 75, 94 steroidfreisetzende Sonden 5 Stimulation 7 Stimulationsbetriebsarten 27 Stimulationsintervall 16 Störbeeinflussungen 109, 155, 156, 160 − Beruf 156 − Im häuslichen Umfeld 156 − Medizinisches Umfeld 160 − Umwelt,Reisen, Sport 156 Störmodus 58 Störquellen − Übersicht 160 Störsignale 9, 10, 29, 58, 100, 170
Suchfrequenzhisterese 70 Systemwahl 166
T TARP 24, 37, 39, 66, 86 − Programmierung 108 Telemonitoring 90 Terminierung von Vorhofarrhythmien 54 Thromboembolien 118 T-Negativität 130 Tremor 130 Troubleshooting 127
U Undersensing 10, 13, 14, 45, 100, 109, 111, 133, 134, 135 − Im Ventrikel 133 − Im Vorhof 134 − verursacht durch Ausblendzeit 134 Unipolare Konfiguration 5
V V00-Modus 27 VAT-Betrieb 36, 37 VDD-Modus 33 Ventrikuläre Impulsamplitude − Anpassung Beat-to-Beat 56 − Automatische Anpassung 54 − Periodische Anpassung 56 Ventrikuläre Sicherheitsstimulation 42, 110, 184 − Programmierung 107 Vermeidung unnötiger rechtsventrikulärer Stimulation − Algorithmen 66 VVI-Modus 27 VVT-Modus 29
W Wahrnehmung 7 − atrial 77, 78 − ventrikulär 77, 78 Wahrnehmungsprobleme 133 WARAD 24 Wenckebach-Punkt − Bestimmung 86 Wenckebach-Verhalten 20, 37, 38, 88
Z Zeitintervalle 16 Zeitsteuerung 16 − atriale 26, 27 − ventrikuläre 26, 27 Zustandshistogramm 94 Zwerchfellstimulation 118