URBAN & FISCHER
I I 1111
9 783 4 3 7 248405
Peter Schmittenbecher (Hrsg.) Pädiatrische Ch i rurgie
Peter Schmittenbecher (Hrsg.)
Pädiatrische Chirurgie Lehrbuch der Kinderchirurgie- kurz und kompakt 1 . Auflage Mit Beiträgen von Gu id o Fitze, J örg Fuchs, Sabine Grasshoff-Derr, Martin M. Ka i se r, Peter Knorr, Ferdinand Bettina Lange, Mare A. Levitt, Andreas Schmidt. Peter Schmittenbecher, Tobias Schuster, Maximilian Steh r,
Philipp Szavay,
ELSEVIER URBAN & FISCHER
Lucas M. Wessei
URBAN & FISCHER München
Kasch,
Zuschriften und Kritik an:
Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Hackerbrücke 6, 80335 München
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Die Erkenntnisse in der Med izin u nte rliegen laufendem Wandel durch Fo r sc hung und klinische Erfahrungen. H era usgeber und Autoren dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hin sichtlich In dikation, Dos ier u n g und unerwünschten W irkungen) dem d erzeitigen W issensstand entsp re chen . Das entb i n det den Nutzer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung, anhand weiterer schriftlicher Informationsquellen zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Buch abweichen und se i ne Verordn un g in eigene r Verantwortung zu tretren. Für die Vollständigkeit und Auswahl der aufgeführten Medikamente übernimmt der Verlag keine Gewähr.
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibl i ogra fi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
I. Auflage 2010 El sev i er GmbH, München Der Urban & Fischer Verl ag ist ein lmprint d e r E l sevie r G mb H .
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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. fede Verwertung außerhalb de r engen Grenzen des Urheber rechtsgesetzes ist ohne Z ust i mm ung des Ve rlages un z ulä ssig und st rafba r. Das gilt insbesondere für Vervi e lfältigungen, Ü be rsetz ungen , Mikrove rfi lm ungen und die Einsp eic h erung und Verarbeitung in elektron ischen S ystemen . Um den Textfluss nicht zu stö ren , wurde bei Patienten und B eru fs beze ic hnunge n die grammatikalisch maskuline Form gewählt. Selbst verständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.
Planung: Dr. Till Meinert, Martina Braun, München Lektorat: Ursula )ahn, M.A., München
Redakt ion: Karin Beifuss, Ohmden Hers tel l ung: Dietmar Radünz, München Satz: abavo GmbH, ßuchloe/Deutschland; TnQ, Chennai/lndien
Druck und Bindung: Printer Trento, Trento, Italien Zeichn u n ge n : Susanne Adler, Lübeck, mit Ausnahme von Kapi tel 7: Ashcraft 's Pediatric Surgery. 5th ed. Sa unde rs, Elsevier, Mit fr eun dlic h e r Gen e h migu ng des Verlages. Um s c hla ggest a ltu ng: Spiesz Design, Neu-Uim Titelfotografie: Prof. Peter Schmittenbecher, Karlsruhe ISBN 978-3-437-24840-5 Aktuelle Informationen fi nd en
Sie im Internet unter www.elsevier.de und www.elsevier.com
337-359.
Vorwort Kinderchirurgie ist Kinderheilkunde mit chirurgischen Metho den oder Chirurgie mit kinderärztlichem H intergrund. Es ist die Verknüpfung zweier sehr unterschiedlicher Mentalitäten zu einem der wenigen Querschnittsfacher der heutigen Medi zin. Aber nicht jeder, der K inder operiert oder Kinder mit chir urgischen Fragestellungen vor- und nachbehandelt, ist ein ge nuiner Kinderchirurg. Deshalb wendet sich dieses Buch sowohl an Kinderärzte, die in Klinik oder Praxis ch iru rgisch kranke Kinder mit betreuen, als auch an Chirurgen, die m i t einer ope rativen Fragestellung im Kindesalter beschäftigt sind. Es will Studenten im klinischen Studienabschnitt und im praktischen Jahr ansprechen, die sich einen Ü berblick über das Fachgebiet der Kinderchirurgie verschaffen wol l en und jungen Mitarbei tern kinderchirurgischer Einrichtungen die erste Orientierung erleichtern. Die "Pädiatrische Chirurgie" will mehr sein als eine Stich wortsammlung für die Kitteltasche, hat aber nicht den An spruch eines umfassenden Lehrbuchs. Sie fokussiert auf die klinisch relevanten Asp ek te von Diagnostik, TI1erapie und Nachsorge und beschränkt die theoretischen (pathophysiologi schen) Ausführungen auf das für das Verständnis der operati ven Vorgehensweisen notwendige Maß. Die Kapitelautoren stellen eine gute und der kinderchirurgi schen Versorgungsrealität entsprechende Mischung aus Ver,
tretern der Universitäten und der großen öffentlichen oder privaten Krankenhäuser dar. Den Kolleginnen und Kollegen sei für ihre prompte Bereitschaft zur M itarbeit und die präzise Umsetzung des Grundkonzeptes herzlich gedankt. Mein Dank gilt dem Lektorat Medizin im Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, vor allem Herrn Dr. Ti!! Meinert für die Initiative und die gemeinsame Konzeptgestaltung und Frau Ursula Jahn für die angenehme und kooperative Zusammenar beit in allen P h a s e n der Entstehung des Buches. Autoren und sicher auch Leser sind dem Verlag dankbar für die großzügige Ausstattung und reiche Bebilderung. Pädiater oder Chirurg, pädiatrischer Operateur oder chirur gischer Kinderarzt, Student oder Assistent, Fa ch , Ober- oder Chefarzt bemühen sich um das Wohl der Kinder, die sich uns mit einem chirurgischen Problem anvertrauen oder uns anver traut werden. Die Weitergabe der breiten Erfahrung aller Au toren an die Leser soll helfen, dem Wohl dieser Kinder zu die nen und d as Vertrauen zu rechtfertigen. -
Karlsruhe, Januar 2010 Prof. Dr. Peter Schmittenbecher
Heraus geber Prof. Dr. med. Peter Schmittenbecher Kinderchirurgische Klinik Klinikum Karlsruhe Moltkestr. 90 76133 Karlsruhe
Autori n nen u nd Auto ren Prof. Dr. med. Guido Fitze Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus Fetscherstr. 74 01307 Dresden
Mare A. Levitt, M.D. Colorectal Center for Children, Pediatric Surgery Cincinnati Children's Hospital Medical Center 3333 B urnet Avenue, ML 2023 Cincinnati, Ohio 45229, USA
Prof. Dr. med. Jörg Fuchs Abt. für Kinderchirurgie und Kinderurologie Universitätsklinikum Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen
Dr. med. Andreas Schmidt Gemeinschaftspraxis Ä rzte für Chirurgie und Kinderchirurgie Joseph-Mayer-Str. l 86154 Augsburg
Dr. med. Sabine Grasshoff-Derr Abt. Kinderchirurgie ZOM Chirurgische Klinik I Oberdürrbacher Str. 6 97080 Würzburg
Prof. Dr. med. Peter Schmittenbecher K inderchirurgische Klinik Klinikum Karlsruhe M oltkestr. 90 76133 Karlsruhe
Dr. med. Martin M. Kaiser Klinik für Kinderchirurgie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Dr. med. Tobias Schuster Kinderchirurgische Klinik Klinikum Augsburg Stenglinstr. 2 86156 Augsburg
Dr. med. Peter Knorr Kinderchirurgische Klinik Klinikum Augsburg Stenglinstr. 2 86156 A ugsburg
Prof. Dr. med. Maximilian Stehr Kinderchirurgische Klinik Dr. v. Haunersches Kinderspital Ludwig-M axi milians- Univers ität M ünchen Lindwurmstr. 4 80337 München
Dr. med. Ferdinand Kosch Kinderchirurgische Klinik Klinikum Karlsruhe Moltkestr. 90 76133 Karlsruhe
Dr. med. Phi l ipp S zavay Abt. für Kinderchirurgie und Kinderurologie Universitätsklinium Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen
Dr. med. Bettina Lange Kinderchirurgische Klinik Klinikum M annheim
Prof. Dr. med. Lucas M. Wessei Kinderchirurgische Klinik Klinikum Mannheim
111eodor-Kutzer-Ufer 1-3
1l1eodor-Kutzer-Ufer 1-3
68167
M annheim
68167 Mannheim
Inhaltsverzeichnis 1
Al lgemeine Besonderheiten der
4.9
päd iatr i schen Chirurg i e
4.10 4.11 4.12 4.13 4.14 4.15 4.16
Volvul us . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mekoni u mileus . . . . . . . . . . . . . . . . . Kolonatresie/Kolonstenose . . . . . . . . . Dupli katuren des Magen -Darm-Trakts M esenterialzysten . . . . . . . . . . . . . . . N ekrotisierende Enterokolitis . . . . . . . M o rbus H i rschsprung . . . . . . . . . . . . . Fehlbildungen der Ga llenwege . . . . .
5
Abdomen Kind
Peter Schmittenbecher . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
Kopf und Halsreg ion
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2 .6 2.7 2.8 2 .9 2 . 10 2 . 11
Gui do Fi tze . . . . . . . . . . . . Hydrozephalus . . . . . . . . . Kraniosynostose . . . . . . . . Spina bifida . . . . . . . . . . . Ohrknorpeldeformitäten . Ha lsfisteln und Halszysten Ranula . . . . . . . . .. . . . . . Ankyloglosson . . . . . . . . . Tortiko l l is . . . . . . . . . . . . . Lymphadenitis col li . . . . . Schilddrüse . . . . . . . . . . . Schädei-H irn-Verletzungen
3
Tho rax
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3 . 13 3 . 14
Jörg Fuchs u n d Philipp Szavay ............ . Ö sophagusatresie .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angeborene ösophagotracheale Fistel (H-Fistel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kongenitale Ö sophagusstenose . . . . . . . . . . . Ö sophagusachalasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ö sophagusverätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Ö sophagusfremdkörper . . . .. . . . . . . . Laryngotracheale Spalte (Cieft-S yndrom) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ö sophagusersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediastinaltumoren . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . Angeborene pulmonale Fehlbildungen .. . . . Chylothorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erworbene Erkrankungen von Pleura und Thorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brustwandfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . Gynäkomastie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
Abdomen Neonatal
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7
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3.8 3.9 3 . 10 3 . 11 3 . 12
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8
Ferdinand Kasch und Peter Schmittenbecher .. Grundsätzliches zu abdominellen Operationen im Neugeborenenalter . . . . . . . Zwerchfelldefekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relaxatio diaphragmatica . . . . . . . . . . . . . . . H ypertrophe Pylorusstenose . . . . . . . . . . . . . Pancreas anula re . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duodenalatresie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dünn darmatresie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M a l rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 7 12 16 20 22 24 25 25 27 30 32
41 43
5.1 5.2 5.3 5 .4 5.5 5.6 5.7 5.8 5 .9
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97
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100 103
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1 04
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107 110
Andreas Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
115 117 124 129 132 135 139 142 145
Appendizitis . . . . . . . . . . . . . . . . . Meckei-Divertikel . . . . . . . . . . . . . Invagination . . . . . . . . . . . . . . . . . Ileus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gastroösophagealer Reflux (G Ö R) Cholelith iasis, Gallensteine . . . . . Ovarialzysten und -tu moren . . . . . Gastrointestinale Fremdkörper . . . Chronisch -entzündlich e Darmerkrankungen
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Bauchwand
6. 1 6.2 6.3 6.4 6.5
Lucas M. Wessel, Bettina La n g e un d Marti n M . Ka i ser . . . . . . . . . . . . . . Hernien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rektusdiastase . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hodenhochstand . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauchwanddefekte (Omphalozele und Gastroschisis/Laparos chisis) . . . . . . . . . Erkrankungen des Nabels . . . . . . . . . .
7
Anus
7.1 7.2 7.3 7.4
Sabine Grasshoff-Derr und Mare A. Levitt Ana latresie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kloake . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kloakenekstrophie . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige pe rianale Erkrankungen . . . .
81
8
Kinderurologi e
83 84 87 88 89 91 92 94
8.1
52 54 58 62 68 69 73 79
8 .2 8 .3 8 .4 8.5
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98 99
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155 156 164 165
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173 17 8
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. . ...
183 184 19 1 194 197
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203
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205 206
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209 2 10 2 12
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Maximi lian Stehr . . . . . . . . . . . . . . . . Die embryologische Entwicklung der Nieren und ableitenden Harnwege, N ieren - und Lageanomal ien . . . . . . . Zystische N ierenerkrankungen . . . . . Doppelbildungen und assoziierte Anomalien . . . . . . . . . . . Ureterabgangsstenose (UAST) . . . . . Mega u reter . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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149
6
47 47 49 50 51
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VIII
8.6 8.7 8.8 8 .9 8 . 10 8 . 11 8 . 12 8 . 13 8 . 14
8.1 5
9
9.1 9.2 9.3
Inhaltsverzeichnis H intere Harnröhren klappen und Urethralklappenkran kheit . . . . . . . . . . . Vesikoureterorena Ier Reflux (VU R ) . . . . . Phimose, Paraphimose, Balanitis, Balanoposth itis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypospadie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epispadie-Ekstrophie-Komplex . . . . . . . . Das a kute Skrotum . . . . . . . . . . . . . . . . Vari kozele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Enuresis und Harninkontinenz im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erkrankungen des ä u ßeren weiblichen Gen itales . . . . . . . . . . . . . . . Störungen der Geschlechtsentwicklung (Disorders of Sex Development, DSD)
9.7 9.8 9.9
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222 224 227 229 232
Verruköse Hautveränderungen . . . . . Thermische Verletzungen (Verbrennung/Verbrühung ) . . . . . . . Knochenzysten . . . . . . . . . . . . . . . . . Osteomyelitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . Poplitealzyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angeborene Feh lbildungen der Hand
10
Trauma i m Kindesalter
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234
1 0.1
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2 15 2 17
9. 6 ... . ... .
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10.2 . . . .
2 37 238
Haut und Extrem itäten
Tobia s Sch uster u nd Peter Knorr Vaskuläre Anomalien . . . . . . . . N ävi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haut- und subkutane Tumoren .
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9.4 9. 5
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243 245 2 59 2 63
10.3 1 0.4 1 0.5 1 0.6 1 0.7 10.8 10.9
2 65
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2 66 274 279 282 283
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291 292 294 295 296 296 296 297 330 331
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333
Peter Schmittenbecher . . . . Frische Wunden . . . . . . . . Septische Wunden . . . . . . B isswunden . . . . . . . . . . . Fremdkörperverletzungen Kontusionen . . . . . . . . . . . Distorsionen . . . . . . . . . . . Frakturen im Kindesalter . Bauchtraumen . . . . . . . . . Thoraxtraumen . . . . . . . . Register.
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KAPITEL
1
Peter Schmittenbecher
Allgemeine Beso nderheiten der pädiatrischen Chirurgie
2
1 Al lgemeine Besonderheiten der pädiatrischen Chirurgie
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. S ie haben ihre physiologischen Besonderheiten (Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz, Urinproduktion) und ihre anatomischen Gegebenheiten (größere Oberfläche im Verhältnis zum Volumen, offene Wachstumsfugen ). Sie haben alters spezifische pa thophysiologische Rahmenbedingungen (Medikamentendosierung oder Flüssigkeitssubstitution nach Gewicht, Beatmungsparameter) und eine eigene Pathologie (indirekte Leistenhernie, besondere kinder onkologische Therapieschemata, angeborene Fehlbil dungen, spezifische chirurgische Erkrankungen des Frühgeborenen) . Die kommunikativen Möglichkeiten sind sehr unterschiedlich; dadurch ist die Symptomäu ßerung oft wenig konkret und das Therapieverständnis begrenzt. Kinder haben andere soziale Bedürfnisse (An wesenheit der Eltern, Geschwister, Freunde) und ein an deres Verständnis von Ruhe. U nd sie haben Eltern, die in die Entscheidungen einbezogen werden müssen, die oft - und aus ihrer subjektiven Sicht berechtigt - die Krankheit ihres Kindes als i m Vordergrund stehend an sehen und meist unabhängig von der tatsächlichen Ernsthaftigkeit der Erkrankung in großer Sorge um ihr Kind sind. Während eine Funktionsstörung von Kindern durch Schonung oder Kompensation überdeckt und nicht be wusst wahrgenommen wird, steht die Schmerzangabe bei der Symptomäußerung fast immer im Vordergrund. Dabei kommt es zur Schmerzprojektion, z.B. bei Klein kindern, die Bauchschmerzen oft am Bauchnabel lokali sieren. Zusätzlich sind die Angaben dabei unspezifisch, und dadurch wird die exaktere Lokalisation schwierig. Die Un tersuchung muss sich an den konkreten Schmerz fokus herantasten und den Auslöser der Beschwerden einkreisen. Hierzu gilt es für die untersuchende Person, zunächst eine altersentsprechend spielerische oder ernsthafte Kontaktaufnahme mit dem Kind zu erreichen und ein passageres, auf diese Situation be zo gene s Ver trauensverhältnis herzustellen. Ferner ist die Umgebung von Bedeutung. Eine adäquate Temperatur ist bei Säug lingen und Kleinkindern elementar, um Abwehrreaktio nen vorzubeugen. Die Anwesenheit der Mutter beruhigt das Kind; eine freundlich zugewandte Kinderkranken schwester unterstützt; griffberei tes Spielzeug kann ent spannend wirken. Dagegen kann bei Adoleszenten der Vier-Augen-Kontakt wichtig sein, und ggf. ist die Intim sphäre auch einmal gegen einen El te rn t eil zu schützen. Die personellen Besonderheiten einer kindergerech ten Medizin umfassen nicht nur den Kinder- und Ju gendarzt, Kinderpsychologen oder Kinderpsychiater, Kinderchirurgen und Ki nderorthopäden als primär päd iatrisch geschulte 01 era pe u ten, sondern auch Kinder-, Gesundheits- und Kran kenpflegerinnen und s pezi fisc h '
ausgebildete Kinder-Intensivschwestern. Die adäquate Diagnostik erfordert Kinderradiologen und ihre auf die Besonderheiten und Eigenwilligkeilen der Kinder einge stellten MTRAs, die Behandlung in Narkose Kinderan ästhesisten und Kinder-Anästhesiepflegekräfte. Dane ben müssen aber auch strukturelle Grundbedingungen erfüllt sein. Ein Kinder-Notfallbereich mit möglicher Kontaktaufnahme m it anderen Kindern ängstigt weni ger als die Wartegemeinschaft mit verletzten und er krankten Erwachsenen. Kindersprechstunden sollen nicht in Räumen stattfinden, in denen sonst Erwachsene konsultieren, da allein die kindergerechte Raumgestal tung (Bilder) wichtig ist. Bei stationärer Behandlung ist eine entsprechend gestaltete und möblierte Kinderstati on, auf der die Mitaufnahme eines Elternteils selbstver ständlich sein muss, unentbehrlich. Abgesehen von der Vielzahl der "kleinen", aber sofort zu versorgenden Verletzungen ist die Dringlichkeit kin derchirurgischer Eingriffe fast immer relativ; echte Not fallindikationen gibt es kaum. Der Hydrozephalus mit akutem H irndruck oder die traumatische Hirnblutung, die Fraktur mit einer Gefäß- oder Nervenverletzung, ge fahrdeten Weichteilen, einer Durchblutungsgefährdung eines Fragments oder mit einer stark schmerzenden Fehlstellung, ein Heus durch Volvulus, I nvagination oder Strangulation bedürfen dringlicher Versorgung. Angeborene Fehlbildungen sind heute fast nie mehr als notfallmäßige OP-lndikation a nzusehen, da die Stabili sierung auf der I ntensivstation im Vordergrund steht, bevor die Korrektur erfolgt. Bei der Termingestaltung muss primär die Entschei dung zwischen ambulantem oder stationärem Operieren getrofi..en werden. Grundsätzlich ist das ambulante Po tenzial in der Kinderchirurgie seh r groß. Die postopera tive Bettruhe ist für viele Eingriffe überholt. Die telefoni sche Erreichbarkeil der Klinik im Notfall ist im Zeitalter der Mobiltelefone kein P ro bl em . Eher stehen einmal Ängste der Eltern vor postoperativen Komplikationen einer ambulant durchgeführten Operation im Wege. Sel ten ist die Autorität des Krankenhauses und seiner M it arbeiter eine wirklich wichtige und der Heilung dienen de Aktivitätsbremse. Postoperative Wundkontrollen, Be handlung der postoperativen Schmerzen, Kostaufbau nach gastrointestinalen Eingriffen und die begleitete Mobilisation nach Eingriffen an der unteren Extremität stel len nebe n schwerwiegenden Begleiterkrankungen
z.B. de s Herzens Gründe fü r eine stationäre Behandlung dar. Andererseits ist bei nächtlichen oder spätabendli chen dringlichen E i n g r i ffe n (Re p osition eine r Fraktur, inkarzerierte Leistenhernie) ein Aufwecken und Entlas sen des Kindes mitten in der Nacht oder in den frühen Mo rge n s t unde n nicht adä qua t und muss in eine ku rzst a-
1 Allgemeine Besonderheiten der pädiatrischen Ch irurgie
tionäre Behandlung münden. Da im Kindesalter auch bereits sog. rast-track-Konzepte entwickelt wurden, ist die durchsch nittli ch e L iegezeit schon auf drei Tage ge sunken. Ergänzend ist bei der Termingestaltung an den Wunsch der Eltern zu denken, das nun einmal diagnos tizierte Problem zeitnah zu lösen. Dem steht im Einzel fall der Wunsch gegenüber, den Eingriff zur Vermei dun g einer schulischen Fehlzeit in die Ferien zu legen. Außer bei ambulanten Eingriffen ist jedoch zu beden ken, dass die Kinder die Ferien auch zum Erholen und Ausspannen benötigen. Manchmal kann eine Terminie run g aufdie letzte Schulwoche einen guten Kompromiss darstellen. Nicht zu vergessen bleibt die häusliche Orga nisation, wenn die Mutter mit aufgenommen werden will, selbst aber berufstätig ist oder noch weitere Kinder zu versorgen hat. H ier muss erst eine Rücksprache am Arbeitsplatz und eine familiäre Organisati onsa b sprach e oft unter Einbeziehung von Großeltern oder Nachbarn
die Voraussetzung für eine Terminierung schaffen. Eingriffe im Kindesalter erfolgen fast i mmer in einer Allgemeinanästhesie oder Vollnarkose, teils mit Intuba tion, teils mit L arynxmas ke Spinale oder kaudale Anäs thesie und regionale A nästhesieverfahren wie Plexus-, Leitungs- und Lokalanästhesie kommen additiv, aber nur selten (Wundversorgung in lokaler Betäubung, Ver sorgung von Fingerverletzungen in Oberst scher Lei tungsanästhesie) als al l ei n iges Verfahren i n frage. I n den letzten Jahren hat sich die Diskussion um die Nüchternheit der Patienten etwas entspannt. Kinder mit akuten Erkrankungen oder Verletzungen, die eine dringliche Operation erfordern, werden auch nach e iner Wartezeit von sechs Stunden nicht nüchtern. H ier kann der Eingriffimmer und grundsätzlich sofort erfolgen. Ist keine Dringlichkeit gegeben, ist die Operation am nächs ten Tag elektiv zu planen, wenn die Nüchternheit nach einer ausreichenden Nachtruhe unter adäquater Analge sie tatsächlich eingetreten ist. Für al l e elektiven Operati onen gilt die Ze it sp a nn e von sechs Stunden unverän dert, Säuglinge müssen nur vier Stunden nüchtern sein; klare Flüssigkeit darf bis zwei Stunden präoperativ ge trunken werden. Liegt eine aktive Impfung we n ig er als zwei Wochen zurück, sollte wegen des bedingten Infek.
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tionsstatus m it elektiven Eingriffen ebenso gewartet werden wie bei akuten Infekten. Pädiatrische Chirurgie ist Teamarbeit. D ie A u ftei l u n g der verschiedenen kinderchirurgischen Subspezialitäten auf der Ebene der Oberärzte und Fachärzte ist unerläss lich, um in allen Bereichen technisch und wissenschaft lich aktuell zu bleiben. Das betrifft die Neurochirurgie, Urologie, T raumatologie, Abdominal- und Thoraxchir urgie oder plasti sche Ch irurgi e u nd sp eziel l e Operati onstechniken wie die minimal-invasiven Verfahren. Die Zusammenarbeit mit Kinderanästhesie und Kinderra diologie ist selbstverständlich. Der Kinderarzt ist darü ber h inaus der geboren e und erste Partner des Kin derchirurgen, die Pädiatrie mit ihren Subdisziplinen unentbehrlich. Aber auch die interprofessionelle Koope ration m i t Pfl egekräft en Physiotherapeuten, Sozialar beitern und Lehrern ist wichtig, um das Kind gut und umfassend zu b etr eu en. Oft ist - unabhängig von der speziellen Expertise des Teams - auch die Ko op eration mit anderen Fachgebieten erforderlich. Spezielle endos kopische Verfahren sind nur in der Gastroenterologie vertreten, bestimmte Operationen nur gemeinsam m it Gefäß-, Unfall- oder Viszeralchirurgen zu bewältigen. Dabei muss immer der Grundsatz bestehen, dass der Spezialist zum Kind und nicht das Kind zum Spezialis ten kommt. Kinderchirurgie fasziniert durch die Breite und Viel fältigkeit des Fachs. Genau diese T ats ac he führt aber auch oft zur Kritik durch andere Fachvertreter. Dem kann nur durch wissenschaftlich fundierte Arbeit und einwandfreie klinische Resultate einerseits und gute Zu sammenarbeit andererseits begegnet werden. Mein ers ter kinderc hir ur g i sc her Hochschullehrer hat einmal den Kinderchirurgen als denjenigen beschrieben, der zwi schen einem kraftstrotzenden Unfallchirurgen und ei nem sensiblen Neonatologen einen kompromissfähigen Mittelweg finden muss. Wenn uns dies in der Kinderchir urgie immer wieder oder immer öfter gelingt dann sind wir auch auf einem guten Weg für unsere Patienten, die ja genau diesen Spagat zwischen dem l 00 kg schweren Adoleszenten und dem 500 g schweren Frühgeborenen er fo rd ern . ,
,
3
I
KAPITEL
2 2.1
2 .1 . 1 2 . 1 .2 2 . 1 .3
G uido Fitze
Ko pf u n d Halsregio n
Hyd rozephalus . . . . . . . . . . . Klinik und Diagnostik . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen und Prognose
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9 11
Kraniosynostose . . . . . . . . . K l i n i k u n d D iagnostik . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen und Prognose
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Spina bifida . . . . . . . . . . . . . Klinik und Diagnostik . . . . . . . Thera p ie . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen und Prognose
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. Klinik und Diagnostik . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen und Prognose
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20 21 21 22
2 .5. 1 2 . 5.2
Hal sfisteln u nd Hal szysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ................. Die mediane Hals zyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die laterale Halsfistel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22 23
2.6
Ranula
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24
2.7
Ankyloglosson
2.8
............... Klinik und Diagnostik . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen und Prognose
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Lymphadenitis coll i . . . . . K linik und Diagnostik . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . Komplikation und Prognose
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2.2 2.2.1
2 . 2 .2 2.2.3 2.3
2 .3.1 2 .3 . 2 2.3.3 2.4
2 .4.1 2 .4.2 2 .4.3 2.5
2 .8. 1 2.8.2
2 .8.3 2.9
2.9. 1 2 .9.2 2 .9.3 2.10
2 .1 0 .1 2 .1 0 .2 2 . 1 0 .3
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Ohrknorpeldeformitäten
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Tortikollis
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.. .......... K linik und Diagnostik . .. . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikation und Prognose .
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Schilddrüse
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I
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Kopf und Halsregion
2.11
Schädel-Hirn-Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Klinik und Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. .
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2.1 1 .2 2.1 1 .3
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2.1 Hyd rozepha l us
2.1 Hyd roze p h a lus
2.1.1 K l i n i k u nd D i a g n ostik
Unter einem Hydrozephalus versteht man eine Erweite rung der inneren und/oder äußeren Liquorräume des Gehirns aufgrund einer Liquorzirkulationsstörung, die mit einem erhöhten intrakraniellen Druck einhergeht. In aktuellen Erhebungen aus den USA wird bei 60% aller Kinder mit einem Hydrozephalus dieser als angeboren beschrieben (zwischen 2,5 und 8,2 pro 1 0 000 Lebendge borenen). Während in früheren Jahren der im Rahmen einer Myelomeningozele auftretende Verschlusshydro zephalus vor allem bei Vorliegen einer Arnold-Chiari Malformation epidemiologisch die größte Bedeutung hatte, sehen wir aktuell den posthämorrhagischen Hy drozephalus im Zusammenhang mit einer Frühgeburt lichkeil am häufigsten. Der Hydrozephalus stellt keine eigenständige und einheitliche Krankheitsentität dar, sondern ist morpho logisches Resultat eines krankhaften Zustands, der eine Vielzahl von Ursachen haben kann. Prinzipiell wird zwi schen Hydrocephalus externus und internus unterschie den. Die erstere Form hat im Kindesalter praktisch keine Bedeutung; die äußeren Liquorräume können im Kin desalter auch physiologisch weiter sein. Der Hydroce phalus internus wird hinsichtlich seiner Ätiologie in den Hydrocephalus hypersecretorius, den Hydrocephalus obstructivus und den Hydrocephalus aresorptivus un terschieden. Damit sind die verschiedenen Störstellen der physiologischen Produktion (überwiegend im Ple xus coronoideus der Seitenventrikel), der Zirkulation und der Resorption (Pacchioni'sche Granulationen der äußeren Liquorräume) genannt. Die Ursachen sind viel fältig und umfassen Fehlbildungen, Tumoren, Entzün dungen, Blutungen u n d Traumata ( > Box 2. 1 ). B OX CHE N
2.1
F O R ME N
D E S
U N D
Bei Neugeborenen und Säuglingen fällt ein Hydrozepha lus durch eine progrediente Vergrößerung des Neurokra niums (Zunahme des Kopfumfangs mit Ausbrechen aus der Perzentilenkurve), die Vorwölbung der vergrößer ten, gespannten Fontanellen bis zum Klaffen der Schä delnähte und die vermehrte Füllung der oberflächlichen Kopfvenen auf. Da durch das Ausweichen des knöcher nen Schädels in diesem Alter eine gewisse Kompensati on der intrakraniellen D rucksteigerung möglich ist, ste hen die neurologischen Reiz- und Ausfallserscheinungen bei diesen Kindern anfänglich meist nicht im Vorder grund und es kommt zu einer deutlichen Dysproportion zwischen Gesichts- und Hirnschädel mit Betonung der Frontalregion. Als neurologisches Symptom tritt das Phänomen der untergehenden Sonne auf, wobei beide Augäpfel nach unten gerichtet sind und so die Iris teil weise verschwinden kann. Ursache für dieses Phänomen sind passagere Lähmungen der Augenmotorik aufgrund der intrakraniellen Drucksteigerung ( > Abb. 2 . 1 ) . In diesem Symptomenkomplex sind auch das Lähmungs schielen und Formen des Nystagmus zu finden. Die Muskulatur ist anfänglich bei diesen Kindern meist hy poton, später können jedoch spastische Paresen bis zum Opisthotonus beobachtet werden. Allgemein fallen eine Hyperexzitabilität mit schrillem Schreien, Krampfbereit schaft, Schläfrigkeit, Appetitlosigkeit mit Erbrechen und Dystrophie auf. Bei massiver Steigerung des intrakrani ellen Drucks resultiert eine vitale Bedrohung mit Brady-
U RSA
HYDRO C EPH A L U S
I N T E R N U S
Hydrocephalus hypersecretorius (Überproduktion) - Plexuspapillom, Plexuskarzi nom - Entzündung • Hydrocephalus obstrudivus (Blockierung der Liquorzirkulation) - kongenitale Fehlbildung (Aquäduktstenose, ArnoldChiari-Fehlbildung) - Entzündung (bakteriell, Toxoplasmose, Listeriose) - Tumoren - Dandy-Walker-Zyste - posthämorrhagisch Hydrocephalus aresorptivus (fehlende Rückresorption) - Fehlbildung der Schädelgruben - Verlegung durch Blutung (posthämorrhagisch)
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Abb. 2.1 K l i n ische Zeichen eines Hydrozephalus im Säuglingsalter Missverhältnis zwischen Gesichts- und Hirnschädel, verstärkte Venen zeichnung am Schädel und das sog. Sonnenuntergangsphänomen.
7
8
2 Kopf und Halsregion
kardie und Herzstillstand sowie Atemstillstand durch Hirnstammeinklem mung. Bei Klein- und Schulkindern stehen die neurologi schen Symptome wie Unruhezustände, morgendliche Frontalkopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen im Vor dergrund. Im wei teren Verlauf können sich neurol ogi sche Störungen wie Doppelbilder, Gangunsicherheit so wie Blasenfunktionsstörung einstellen. Häufig ist die Merkfahigkeit und Konzentration gestört, und viele Kinder klagen über vermehrte Müdigkeit oder Vergess lichkeit. So wird von den Eltern oft eine Regredienz in der psychomotorischen Entwicklung ihrer Kinder be schrieben, oder es fallt eine verminderte Leistungsfahig keit in der Schule auf. Im Zusammenhang mit den Seh störungen können eine Stauungspapille, Gesichts feldausfälle oder eine Minderung des Visus gefunden werden. Jedoch sind diese Symptome meist durch die Ursache des Hydrozephalus (Frühgeb ur tlichkeit mit in trakranieller Hämorrhagie) überlagert, und so fehlt bei der oft auftretenden Atrophie der Papille die Stauung. Da Kinder m it einem Hydrozephalusleiden durch ihr Grundleiden sehr häufig verschiedenste Retardierungen zeigen, ist bei der Anamneseerhebung den Aussagen der Eltern, die den Zustand ihrer Kinder meist äußerst gut einschätzen können, besondere Bedeutung beizumes sen. Neben der Anamneseerhebung und der klinischen Untersuchung spielen bildgebende Verfahren eine Hauptrolle bei der Diagnosestellung. In bis zu 20% aller Fälle wird der Hydrozephalus bereits intrauterin sono graphisch beschrieben. Postpartal bis zum Verschluss der großen Fontanelle besitzt die Sonograph ie des Schä dels im Rahmen der Diagnostik den größten Stellenwert. Sie ermöglicht primär eine morphologische Beschrei bung pathologischer Zustände wie Fehlbildungen oder Hämorrhagien, aber insbesondere wird die Kon figurat i on des Ventrikelsystems beschrieben. Zur Objektivie rung des Befunds lässt sich der Ventrikel - Hirn-Index bestimmen (Quotient aus parietaler Breite des Sei ten ventrikels und der Hemisphärenbrei t e multipliziert mit 1 00%; > Abb. 2.2 und > Abb. 2.3). Zusätzlich lässt sich dopplers o nograph isch in den großen intrakraniel len Hirnarterien der Resistenzindex bestimmen, der se kundär durch den erhöhten intrakraniellen Druck ver größert sein kann. Die beiden letztgenannten Untersu chungen lassen sich auch nach Verschluss der Fontanel len als transkranielle Sonographien durchführen. Ebenso kann zu jedem Zei t punk t durch die Sonographie des Bulbus oculi ein Ödem des Nervus opticus als ein Zeichen eines chronisch erhöhten Hirnd r ucks best i m m t we rd e n. Kinder mit einem Hydrozephalus, der i n nerhalb der ersten Leben wochen diagnostiziert und ggf. th e ra p eu-
Abb. 2.2 Parietal-transkran ielle Sonographische Bestimmung des Ventrikel-H irn-Index (VHI) bei einem 1 3-monatigen Kind: VHI re. 4 1 % und VHI I i . 43%.
a
b
Abb. 2.3 Schematische Darstellung zur Bestimmung des Ventrikel Hirn-Index: VHI a/b x 1 00%; (a) parietale Breite des Ventrikelsys tems; (b) Hemisphärenbreite; Schallkopf des Ultraschallgeräts (US) =
tisch versorgt werden musste, sollten bei offenen Fonta nellen regelmäßig sonographischen Verlaufskontrollen unterzogen werden. Nur so lässt sich die Dynamik der Ventrikelkonfiguration erfassen, die für die Beurteilung einmalig durchgeführter Untersuchungen von größter Bedeutung sein kann. So stellt der Hydrocephalus e va cuo als Folge einer Atrophie nach Hämo rrhagie oder Hypoxie keine Indikation zur operativen Versorgung dar. In diesen Fällen sind zwar die Vent rikelräume pa thologisch erweitert, aber der intrakranielle Druck is t nicht erhöht. Sind die Fontanellen verschlossen bzw. handelt es s ich um einen Hyd ro ze p h a lu s unklarer Genese, kom men andere Schnittbildverfahren zur Anwendung. We gen der größeren A ussage kra ft ( Liquordia pedese, deta i l li erte Beschreibung von Tumoren oder Feh lbildu ngen) und wege n d e r fehlende n Strahlenbe last u ng steht die Kernspintomographie ( M RT) an e rst e r Stelle. Diese U n tersuchung is t im K i ndesalter entweder i n Sedi e ru ng oder N a rkose vorzu neh men . A l t e rn a t i v steht di e
2 .1 Hydrozephalus
Abb. 2.4 Röntgenaufnahme Schädelüber· sieht in zwei Ebe nen eines 2-jährigen Kin· des bei liegender ventrikuloperitonealer Ableitung mit Ventil und Punktionsreservoir, im Seitenbild ist deutlich die lageru ngsbe· dingte Abflach u ng des Hinterhaupts zu er· kennen. 1 . Position der Bohrlochtrepanation bei parietaokzipitalem Zugang, 2. Punkti· onsreservoir, 3. Ventileinheit
2 3
Comp utertomographie zur Verfügung, die j edoch ihren wesentlichen Stellenwert in der Akutdiagn ostik hat und dann unte r entsp rechend k i nder ad aptierten Untersu chun gsmodalitäten zu erfolgen hat. In Ergänzung ergibt die Untersuchung des Augenhi n tergrunds mit Beschreibung einer Sta u un gspapille einen H inweis über einen bereits länger erhöhten H i rndruck. Jed och sind die Aussagen durch die o ft vorbeschriebe nen At ro ph i en der Papille ei n geschränkt. Die Ablei tu ng eines H irnstrombilds (EEG) kann ei nen H inweis auf ein sich pa rallel entwickelndes Kramp fleiden geben. Diese hat bei den meisten Grund leiden der Patienten mit e inem Hydrozephalus eine deutlich erhöhte I nzi den z. In der Aku td i agnostik besitzt das EEG jedoch kei n en w esen t li che n St ellenwert . Patienten, die bereits mit einem Shunt versorgt sind, haben meistens im Verl auf des Shunts ein Punktionsre servoir. Die Punktion dieses Reservoirs kann eine we sen tliche Aussage über die Funktion des Shu ntsys t e m s, das Vorliegen eines erhöhten Hirndrucks oder die mög liche S törstelle der Drainagei ns uffi zien z gebe n . Außer dem kan n d ie Spülung des Shuntsys tem s bereits die Funktion wiederherstellen und somit eine Therapie dar stellen. Bei diesen Patienten hat auch die Sonographie des Abdomens mit d e r F rage nach freier Flüssigkeit (Li quor des Sh u nts) o der a ber d ie Besch reibung von M e senteri alzys ten mit Verhinderung der freien Liquor rückresorption ihre Bedeutu ng.
2. 1 . 2 Thera p i e Das Auftreten eines Hydrozephalus s t e llt i n einem Teil der Fälle ein akutes Ereignis dar und erfordert aufg r u nd des damit verbundenen erhöhten H i rndrucks eine akute Inte rven t i o n , v o r allem, wen n nicht mehr die im Neug e borenen- u n d Säugl i ngsa l t e r vorhandenen Kompensati-
ansmöglichkeiten im Ausweichen des knöchernen Schä dels gegeben sind. Aber auch in allen anderen Fällen kann es zu einer akuten D ekomp ensa t i on mit entspre chender A usp r ägu ng der beschriebenen neurologischen Symptome kommen. Ziel der dann notwendigen opera · ti ven Inte rvention ist die En tlas tung des akuten Über drucks und die dauerhafte H erstellung normalisierter intrakranieller Druckverhältnisse. Nicht j eder H ydroz ephal u s bedarf immer und sofort der operativen Therapie. Auf der Grundlage sonographi scher Daten wird ein VHI bis 25% als normal und zwi schen 25 und 35% a l s beobachtungspflichtig angesehen . Ab einem VHI von 35-45% sowie dem Vorhandensein klinischer Sympto me bzw. einem V H I > 45% allei n wird eine Indikation zur operativen Intervention gesehen. Prinzipiell haben diese Werte j edo ch orientierenden Charakter, und die Indikation zur operativen Li quorab leitung leitet sich letztendlich aus der Zusammenschau aller klinischen und bildgebenden Befunde ab. Bei Eintreten einer akuten Dekom pensation eines Hy d rozep h a l us im Säuglingsalter besteht im Ausnahmefall zur passageren D rucke n t last u n g die Möglichkeit der di rekten Punktion des Seit enventrikelsystems über die große Fontanelle. Ist ein Hydrozephalus bereits in tra u t erin be ka nnt ( bei Aq u äduktstenose oder Feh lbil dungshydrozephalus), aber auch bei sekundär entste hendem Hydrozep halus nach Verschluss einer Myelo me ni ngozel e, ist die kon ti nu ie rliche Liq uo rdrai nage quasi als elektiver Eingriff möglich. Stan dardzugä nge zum Ventri kelsyste m sind der p ari e taok zipi tale oder der frontale Zugang, wobei über beide Zugä nge eine sichere und rep rodu zierbare Pl atzi erung des intraventrikulären Kat het er s möglich i st ( > Abb. 2.4 und > Abb. 2.5). Nach bogenfö r m i ger Hautinzision wird eine Bohrlochtrepanation der K alot te angeleg t und pu n ktförmig die Dura eröffnet. Das weitere Vorgehen richtet sich nach der Beschaffenheit des Liquors. L i eg t
9
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2
Kopf und Halsregion
I
Abb.
2.5 Subkutaner, thorakaler und intraabdominaler Verlauf des peripheren Katheters der ventrikuloperitonealen Drainage bei Hy drocephalus internus. Im Verlauf sollen sich keine Konnektoren befin den, und der intraabdominale Katheter sollte hinreichend lang sein.
der Proteingehalt unter 1 g/1 und gibt es keinen Anhalt für eine Infektion, so erfolgt primär eine interne Ablei tung in die Bauchhöhle mit Interposition einer Ven tileinheit Es stehen heute vor allem druckregulierte Ventile zur Verfügung. Das Ventil hat einen definierten Ö ffnungsdruck und lässt den Liquor bei intrazerebraler Überschreitung dieses Drucks nach peripher abfließen. Dabei gibt es entweder Ventile mit von außen einstellba rem (und damit im Verlauf auch veränderbarem) Öff nungsdruck oder mit altersadaptiertem festem Öff nungsdruck Orientierend werden Niederdruckventile (Ö ffnungsdruck zwischen 40 und 80 m mWS) im Säug lings- und Krabbelalter, Mitteldruckventile ( Ö ffnungs druck zwischen 80 und 1 20 mmWS) im Kleinkind- und Schulalter und Hochdruckventile (Öffnungsdruck zwi schen 1 20 und 1 60 m mWS) im Adoleszentenalter im plantiert. Alternativ werden aktuell zunehmend Antigra vitationsventile angewendet, bei denen sich der Öff nungsdruck in Abhängigkeit von der Körperlage auto matisch reguliert und dem in aufrechter Körperlage höheren hydrostatischen Druck Rechnung trägt. Da durch soll einerseits eine hinreichende Entlastung des
intrakraniellen Drucks erzielt, aber andererseits eine mögliche Überdrainage mit der Ausbildung von sog. "Schlitzventrikeln" vermieden werden. Liegt der Proteingehalt des Liquors über l g/1, wird eine primäre Ventilinterposition allgemein nicht emp fohlen, jedoch kann eine passagere, ventillose intraab dominale Drainage erfolgen. Ist der Proteingehalt ex trem erhöht oder der Liquor hämorrh agisch bzw. liegt eine Infektion vor, so kann keine intraabdominale Ab leitung vorgenommen werden. I n diesen Fällen ist ent weder eine passagere Außendrainage über ein geschlos senes System mit einstellbarem Druckniveau erforder lich oder aber über einen intraventrikulären Katheter, der in einem subgaleal gelegenen Reservoir endet und intermittierende Punktionen bedingt (Rickham-Reser voir). Diese Behandlung muss solange durchgeführt werden, bis der Liquor sich relativ normalisiert hat. Nach Prüfung, ob di e Notwendigkeit einer dauerhaften Drainage fortbesteht, wird diese dann als intraabdomi nale Ableitung angelegt. Im Kindesalter stellt die intraabdominale Drainage das Standardverfahren der Hydrozephalusbehandlung dar. Die periphere Ableitung verläuft vom Ventil subku tan bis zum Oberbauch und wird dann in die freie Bauchhöhle verlagert. Der abdominale Katheter sollte primär so lang belassen werden, dass im Wachstum kei ne geplanten Verlängerungen notwendig sind. Eine at riale Ableitung drainiert den Liquor in den rechten Herzvorhof und erfolgt heute nur noch in solchen Fäl len, in denen eine intraabdominale Ableitung nicht mögl i ch ist (z.B. Einschränkung der Resorptionsfläche bei einem Verwachsu ngs ba uch ) . Nachteile der atrialen Ableitung sind, dass intrakardiale Thromben zu rezidi vierenden Mikrothrombembolien der Lunge führen, ei ne relative Lungenüberflutung (Ventillunge) eintreten kann und im Wachstum der atriale Katheter schnell zu kurz wird. Da beim Verschlusshydrozephalus die Re sorptionsmechanismen für den Liquor cerebrospinalis intrakraniell intakt sind, hat sich jenseits des Neugebo renen- und Kleinkindalters in den letzten Jahren die Ventrikulostomie als innere Shuntmethode alternativ etabliert. Bei der Ventri kulos tom i e wird in den me i sten Fällen am Boden des l l l . Ventrikels in ventrikuloskopi scher Technik unter Zuhilfenahme von Zusatzinstru menten wie etwa einer Mikroelektrode für die Anwen dung von bipolarem Strom und einem Ballonkatheter ein etwa 5 mm großes Stoma geschaffen, sodass der Li quor auf physiol ogisc hem Weg in die Fossa interpen duncularis abgeleitet werden kann. Geeignet für dieses Verfahren sind alle Formen des Verschlusshydrozepha lus.
2 . 1 Hydrozephalus
2.1 .3 Kom p l i kat i o n e n u nd P ro g n ose Obwohl der ventrikuloperitoneale Shunt mit zwischen geschaltetem Ventilsystem als Standardverfahren im K indesalter etabliert ist, sind vielfaltige Komplikationen möglich: • In fektiö se K ompl i katio n en : - Infektion Ventilsepsis, ggf. auch Liquorzyste im Abdomen bei entzündungsbedingten Verklebu ngen • Mechanische Komplikationen: - Verstopfung des Ventil- bzw. Drainagesystems - D ekonnekti e rung des Drainagesystems ( mit oder ohne Fehllage) - Mechanisches Versagen des Ventils - , Herauswach sen des perit onealen Katheters - Ü berdrainage mit Schlitzventrikel-Syndrom • S ons ti ge Komplikation e n : - Thrombose der Vene (bei ventrikuloatrialer Drain age ) - Perforation des Darms durch peri to nealen Katheter ( sei t en ) - Ileus du rch p e ritonealen Kathete r ( selten ) Ventile sind mechanische Systeme, die anfallig sind für mechanisch oder entzündlich bedingte Funktionsstö rungen. Bei Patienten mit einem posthämorrhagischen Hy drozephalus bei denen durch die hirndestruierenden Prozesse und das Blut der Liquor meist sehr lange einen hohen Proteingehalt hat, sind immer wieder Insuffizien zen des Drainagesystems zu beobachten, die durch Pro teinablage rungen im Ableitungssystem oder durch Membranen bedingt sind, die den zentralen Katheter umscheiden. Analog dazu führt das Separieren des ab dominellen Katheters in einer Liquorzyste zu einer peri pheren Insuffizienz der Ableitung. Ihr Auftreten kann Ausdruck einer latenten I n fektion des Ab leitungssys tems sein. Außerdem können im Verlauf multiple Sep ten und dadurch separierte Liquorräume entstehen, die selbst unter Druck stehen. All diese mechanischen Kom plikationen resultieren dann wiederum in einer akuten H irndrucksymptomatik, wobei zur diagn os tisc hen Ab klärung neben bereits beschriebenen Ma ßn ahmen die liegende A b leitung hilfreich sein kann. So lässt sich über das P um pen oder die Punktion eines vor dem Ventil lie genden Reservoirs oder des Ventils selbst eine O ri ent ie rung über die Funktion de r Able i tung e rl a ngen . Ein Prob lem stellt die Abklä ru ng einer möglichen Ü berd rain age dar, da sie kl ini sch h ä u fig durch Sympto me im po niert wie sie bei erhöh t em H irndruck beschrie ben werden. Die Lageabhängigkeit der Beschwerden (Bess e ru ng im Liegen) oder die m o rgendl i c he Beschwer-->
.
"
,
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defreiheit geben entsprechende Hinweise. Zusammen mit dem Nachweis eines Schlitzventrikelsystems besteht dann die I ndikation zur Erhöhung der Druckstufe bzw. zum Austausch des Ventils (möglichst Antigravitations ventile). Bei Vorliegen einer Infektion des Ableitungssystems muss dieses immer vollstän d ig entfernt, eine passagere Außend ra inage bis zur anti m ikrobiellen Sanierung des Liquors angelegt werden und anschließend eine Neuan lage einer i nternen Drainage auf der Gegenseite erfolgen. Insgesamt kann so eine Vielzahl an Revisionsoperati onen notwendig werden, die teilweise die Implantation mehrerer zentraler Katheter bedingt. Daher sollte bei dieser Gruppe von Patienten bei der Versorgung von Anfang an die Prophylaxe hinsichtlich einer Latexaller gie gedacht werden. Es ist bekannt, dass Kinder mit einem unbehandelten an geborenen Hydrozephalus einen zunehmenden kog nitiven Verfall erleiden und frühzeitig aufgrund der Druckentwicklung versterben. Daher besteht zur opera tiven Versorgung dieser Kinder keine Alternative, auch wenn d ie Behandl u n g mit vielen Problemen und oft un b efri edigende n Verläufen verbunden ist. D ies spiegelt sich in gesundheitsökonomischen Daten der USA wider. Im Jahr 2003 sind insgesamt 39 900 Krankenbausein weisungen mit 43 3 000 Behandlungstagen und Kosten vo n zwei M illiarden Dollar bei Kindern mit einem Hyd rozephalus dokumentiert. Dies entspricht 0,6% aller Einweisungen, aber 1 ,8% der Behandlungstage und 3, 1 % aller Kosten für im Krankenhaus behandelte Kin der. Knapp 40% aller Kinder mit einem Shunt haben bis zum 20. Lebensj ahr eine Shuntinfektion, davon ca. 9% mehr als drei I n fektionen. 85% aller Kinder mit einem Shunt haben mindestens eine Revisionsoperation, dage gen 2 1 ,4% mehr als elf Revisionen. Über die spätere Leb ensqual ität der Kinder mit einem Hydrozephalus gibt es nur wenige systematische Stu dien. In einer Population von 233 Kindern mit einem angeborenen Hydrozephalus (7 1 % hatten eine Spina bi fida) wurde in einem Zeitraum von 1 7 Jahren eine Mor tal i tät von 1 3,7% beschrieben. Die in t ellektuel l e Ent wicklung dieser Kinder wurde in 62,8% als normal, in 29,8% als wenig retard iert und in 7,4% als schwer retar die rt eingeschätzt. In einer weiteren St u die wurden 129 Kinder über 10 Jahre verfolgt von denen 60% moto rische und 25% auditive oder visuelle Defizite zeigten . Eine E p i lep s ie entwickelten die K inder in 30% d e r Fälle. Nur 32% h atten einen IQ > 90. Zusammenfassend be schrieben sich 80% der Kinder als körperlich behindert, sodass die meisten dieser Kinder ein Leben lang auf be treuende Begleit u n g anderer Persone n a ngew iesen s i nd. ,
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I
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2 Kopf und H alsregion
2.2 K ra n i osyn ostose
I
Prämature Schädelnahtsynostosen gehören zu den sel tenen Erkrankungen des Schädelskeletts. Durch eine vorzeitige knöcherne Fusion einzelner, selten aller Schädelnähte wird ein regelrechtes Wachstum der Schädelkalotte behindert und damit die Ausbildung der im Schädel lokalisierten Organstrukturen gestört. Dabei resultiert eine Entwicklungshemmung der Schädelka lotte jeweils senkrecht zur befallenen Naht, gleichzeitig aber eine verstärkte Ausdehnung in der anderen Rich tung, sodass charakteristische Schädeldysmorphien entstehen. Kraniosynostosen werden aufgrund des schnellen H irnwachstums und des dadurch bedingten Raumbe darfs meist schon in den ersten Lebensjahren sympto matisch. Bereits im dritten Jahr erreicht das Hirn ca. 80% des Erwachsenenvolumens. So entsteht zeitig ein Missverhältnis zwischen dem Volumen der Schädelkap sel und dem wachsenden Gehirn, eine Kraniostenose, die zur intrakraniellen Drucksteigerung führt. Die Pathogenese der Kraniosynostosen ist noch nicht vollständig geklärt. Virchow ( 1 85 1 /52) ging in seiner klassischen Theorie von einer Erkrankung der Schädel nähte aus, die er als primäre Wachstumszentren der Schädelkalotte sah. Nach heutiger Ansicht beruhen Kra niosynostosen auf hereditären Störungen der Chondro blastenteilungsfähigkeit in der knorpeligen Schädelba sis, die ein ungenügendes Wachstum in diesem Bereich zur Folge haben und bereits in der siebten bis achten Schwangerschaftswoche beginnen. Aktuellen Untersu chungen zufolge sind dabei Missense-Mutationen der Gene für die Synthese von drei Fibroblastenwachstums faktor-Rezeptoren (FGFR) und deren Transkriptions faktoren (TWIST) auf Chromosom 10 ( 10q26) von Be deutung, die beim Crouzon-Syndrom, Pfeiffer-Syndrom, Apert-Syndrom und Beare-Stevenson-Cutis-gyrata-Syn drom nachgewiesen wurden. Die veränderte Expression und Rezeptorbindungsaffinität für den Fibroblasten wachstumsfaktor (FGF) beeinflusst dabei die Proliferati on der Chandrohlasten negativ. Aufgrund des ungenügenden Wachstums des Chon drokran iums nach ventral werden die desmalen Ossifi kationszentren im vorderen Kalottenbereich zu langsam voneinander getrennt, sodass die zwischen diesen Wachstumszentren gelegenen membranäsen Suturen vorzeitig verknöchern. Das betrifft vor allem die Kranz naht und vordere Anteile der Lambdanaht.
2.2.1 K l i n i k und D i a g nost i k Die Kinder fallen durch funktionelle Störungen auf, die eine klare altersabhängige Dynamik zeigen. Nach Früh symptomen wie Kopfschmerz, Unruhe, Schlafstörungen, häufigem Weinen, Erbrechen und Trinkschwäche treten mit fortlaufendem Wachstum gelegentlich zerebrale An fälle auf. Abhängig vom Ausbildungsgrad der Kranioste nose können sich mit zunehmender Behinderung des Hirnwachstums bereits in den ersten Lebensjahren Wachstumsretardierungen, Visusverluste durch Optikus atrophie, Hörverluste, Herniationen von Hirngewebe durch Lücken in der Kalotte, Liquorzirkulationsstörun gen mit Erweiterung der Ventrikelräume und Ausbil dung eines Hydrozephalus sowie zerebrale Durchblu tungsstörungen mit umschriebenen Hirninfarkten ent wickeln. Aufgrund der Mittelgesichtshypoplasie tritt häufig eine starke Einengung des Nasen-Rachen-Raums auf mit der Folge von rezidivierenden Paukenergüssen und Mittelohrentzündungen auf dem Boden einer be hinderten Mittelohrbelüftung sowie rezidivierenden bronchopulmonalen Infekten. Eine Progression dieser Symptome ist hauptsächlich bis zum 6. Lebensjahr zu er warten. Neben den funktionellen Störungen stehen Kopf formauffäHigkeiten im Vordergrund und werden von Eltern und Kinderärzten beobachtet. Man kann die knö cherne Leiste an der betroffenen Schädelnaht tasten. Hinsichtlich einer möglichen operativen Therapie wer den nach Marchac und Renier fünf Schädeldeformitäten unterschieden ( > Abb. 2 .6): • Skaphozephalus (Kahnschädel) bei Verschluss der Sagittalnaht • Akrozephalus (Tunnschädel) bei Verschluss der Ko ronarnaht • Trigonozephalus (Dreiecksschädel) bei Verschluss der Frontalnaht • Plagiozephalus (Schiefschädel) bei einseitigem Ver schluss der Koronarnaht • Oxyzephalus (Spitzschädel) bei Verschluss der Sagittal-, Koronar- und Lambdanaht Kraniosynostosen gehen gelegentlich mit multiplen Fehlbildungen einher und werden meist innerhalb kli nischer Syndrome beschrieben. Am bekanntesten und häufigsten ist dabei das Crouzon-Syndrom (Dysostosis craniofacialis), ein charakteristisches Turmschädelsyn drom. Es tritt bei etwa l : 25 000 Geburten auf und ent spricht einem auf den Schädel begrenzten genetisch bedingten Fehlbildungssyndrom mit au tosomal-domi nantem Erbgang, I OO%iger Penetranz und wechselnder Stärke der Expressivität. I m U n terschied dazu ist das ebenfalls autosomal -dominant und mit einer H ä u fig-
2.2 Kraniosynostose
a
b
m \JJ
c
Abb. 2.6 Schematische Darstell ung der Schädeldeformitäten in Abhängigkeit von der jeweils verknöcherten Schädelnaht (rote Linien), die Pfeile geben die resu ltie rende Wachstumsrichtung an; (a) Ska pho zephalus: Sagittalnaht ist verknöchert, nur Längswachstum und kein B reitenwachs tum; (b) Akrozephalus: gesamte Koronar naht ist verknöchert, nur Breiten- und Höhenwachstum und kein Längenwachs tum; (c) T rigonozephal us: Frontalnaht ist verknöchert; Fehlen der Tuber frontales mit spitzer Ausprägung des Os frontale; (d) Plagiozephalus: halbe Koronarnaht ist verknöchert; asymmetrisches Schädel wachstum mit fehlendem Längenwachs tum auf der betroffenen Seite; (e) Oxyze phal us: Sagittal-, Koronar- und meist Lambdanaht sind verknöchert, es resultiert ein nach oben betonter Spitz- und Mikro zephalus.
d
e
keit von etwa l : 1 00 000 auftretende Apert-Syndrom (Akrozephalosyndaktylie-Syndrom) nicht auf den Schädel beschränkt. Neben einem Akrozephalus varia bler Ausprägung besti mmen hier auch Syndaktylien mit dysmorphen, verkürzten, meist knöchern fusio n ierten 2. bis 4 . F i ngern ( Löffelhände) und kutanen Syndaktylien der Zehen, ferner Anomalien von H als wirbelsäule, H irn, Herz, Gastrointestinal- und Urogeni taltrakt das kli nische Bild. Darüber hinaus weisen auch die Syndrome nach Pfeiffer, Opitz (Trigonozephalus), Carpenter und Saethre-Chotzen sowie das Kleeblatt schädel-Syndrom frühkindliche Kraniosynostosen auf, die in unterschiedlicher Ausprägu ng zu Schädeldys morphien mit den oben beschriebenen fu nktionellen
Folgen füh ren.
D ie komplexe Symptomatik der Kraniosynostosen er fordert eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit in Diagnostik und Therapie. Da sie häufig bereits nach der Geburt erkennbar sind, werden diese Fehlbildungen oft als Geburtstraumata fehlgedeutet N icht selten ist aber die Dysmorphie auch so schwach ausgebildet, dass die Diagnose einer Kraniosynostose erst später gestellt wird, wenn bereits irreparable Schäden eingetreten sind. Die frühe Diagnose ist folg! ich erforderlich, um zum güns tigsten Zeitpunkt mit der Therapie beginnen zu können. Bei positiver Familienanamnese und Verdacht auf eine Kraniosynostose sollte gezielt nach hirndruckverdächti gen Symptomen gesucht werden. Gleichzeitig hilft das Erkennen assoziierter Fehlbildungen bei der Zuordnung der Schädelfehlbildung zu bekannten klinischen Syn-
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2 Kopf und Halsregion
dromen. Während die Schädelwachstumskurve nur im Ausnahmefall wie beim Oxyzephalus auffällig abwei chen kann, ist dagegen die Berechnung des Schädelinde xes [SI (Schädelbreite x 100/Schädellänge)] hilfreich. Normal ist ein Wert zwischen 70 und 80, ein Wert > 80 spricht beispielsweise für einen Brachyzephalus. Eine große Bedeutung hat die ophthalmologische Untersu chung. Wesentlich ist die Funduskopie zur Erkennung eines Papillenödems als Frühzeichen erhöhten intrakra niellen Drucks. Visus und Gesichtsfeld geben Aufschluss über das Ausmaß bereits eingetretener Schädigungen. Störungen des binokularen Sehens durch einen Hyper telorismus sollten ebenso wie Hornhautschäden infolge eines insuffizienten Lidschlusses bei Protrusio bulbi rechtzeitig behandelt werden. Unerlässlich für die präoperative Diagnostik der Kra niosynostose und -Stenose ist die radiologische Diagnos tik. Im nativen Röntgenbild fallen neben den pathologi schen Verknöcherungen und Dysmorphien mit zuneh mendem Alter auch hirndruckbedingte Verstärkungen der physiologischen Wolkenzeichnungen der Schädel kalotte, I mpressiones digitatae und erweiterte Forami nae von Emissarien auf. Die 3-D-Computertomographie des knöchernen Schädels sowie ein 3-D-rekonstruiertes Schädelmodell (Stereolithographie) sind sicherlich nur bei Vorliegen von Pansynostosen oder Fehlbildungssyn dromen gerechtfertigt, die auch den Gesichtsschädel einbeziehen. Die Magnetresonanztomographie ermög licht darüber hinaus Aussagen über zerebrale Fehlbil dungen, Liquorzirkulationsstörungen und Parenchym läsionen infolge hirndruckbedingter ischämischer Er eignisse. Differenzialdiagnostisch sind von den Kranio synostosen die lagerungsbedingten Schädeldeformitäten abzugrenzen. Diese sind heute aufgrund der propagier ten SIDS-Prophylaxe (strenge Rückenlage mit der dar aus resultierenden Abflachung des Hinterhaupts) sehr häufig geworden. =
2.2.2 Th e ra p ie Das normalerweise rasche Schädelwachstum im ersten Lebensjahr erfordert eine frühzeitige chirurgische Inter vention bereits in diesem Zeitraum - auch bei Fehlen einer klinischen Symptomatik. Der Eingriff ist um den zwölften Lebensmonat anzustreben, da sich die Kompli kationsrate mit zunehmendem Alter erhöht. Ursachen dafür liegen in der Verlängerung der Operationsdauer durch die mit dem Lebensalter zunehmende Stärke und Mineralisation der Schädelknochen, die zudem eine schlechtere Formbarkeit und abnehmende Reossifikati onspotenz zur Folge haben. Weiterhin erschwert die Ausbildung der Sinus frontales die Operationstechnik. Als häufigste Form der Kraniosynostose wird der Skaphozephalus beobachtet, bei dem isoliert die Sagit talnaht vorzeitig verschlossen ist. Um das dadurch ver hinderte Breitenwachstum des Schädels wieder zu er möglichen, werden beidseits parallel zur Sagittalnaht ca. 1 cm breite Knochenstreifen reseziert. Diese Kraniekto mien setzen sich beidseitig bogenförmig entlang der Lambdanaht sowie der Koronarnaht bis zur Sutura squamosa fort. Die so entstandenen Flügel der Ossa pa rietales werden mit einem Periostlappen eingeschlagen, um eine vorzeitige Reossifikation zu vermeiden. Über dem Sinus sagittalis superior verbleibt ein schützender Knochenstreifen. Der Schädel kann der Ausbreitung des Hirns somit in parietaler Richtung nachgeben ( > Abb. 2.7 und > Abb. 2.8). Das standardisierte frontoorbitale Advancement ist primär für den Akrozephalus, modifiziert für den Trigo nozephalus und auch den Plagiozephalus die Operati onsmethode der Wahl. Operativer Zugangsweg ist der Bügelschnitt, der die Darstellung des knöchernen Schä dels im frontalen, temporalen und supraorbitalen Be reich ermöglicht. Nach Bildung eines frontalen Kno chendeckels, der unterhalb der Stirnwölbung beginnend
Abb. 2.7 Zweijähriger Knabe mit seit dem Säuglingsalter bestehender längl icher Kopf form (Skaphozephalus; Schädelindex = 58), das Röntgenbild des Schädels in zwei Ebe nen zeigt die verknöcherte Sagittalnaht bei angedeutetem .. Wolkenschädel " als Zei chen für einen latent erhöhten intrakraniel len Druck.
2 .2
die knöcherne Stirnstruktur bis zur Kranznaht in ge samter Breite umfasst, wird die intra- und extrakranielle Präparation eines horizontal verlaufenden streifenför migen supraorbitalen Knochensegments möglich. Das frontoorbitale Knochensegment wird in einer zweiten Phase der Operation entsprechend der Fehlbildung aus geformt und mit einem Vorversatz wieder eingelagert.
Abb. 2 . 8 Röntgenkontrolle postoperativ nach bilateraler parasagittaler Kraniektomie.
Abb. 2.9 Sch e mati sche Darstell ung des fro ntoorb i talen Advancements; das linke Bild zeigt die Lage der Kraniotomie mit Bil dung ei nes frontalen Knochendeckels und des sup ra orbita le n Knochensegments; im rechten Bild ist die Fixierung des nach ven tral versetzten supraorbitalen Knochenseg ments sowie der e n tsp rech en d modellierte frontale Knochendeckel d argeste llt .
Abb. 2 . 1 0 Zweijähriges Mädchen mit seit dem Säuglingsalter bestehender asymmet ris c h e r Kopfform bei linksse itig fehlender Ausprägung der Stirn (Piagiozephalus), das Röntgenbild des Schädels in zwei Ebenen ze igt die linksseitig ve rknöcherte Koronar naht bei rege l rechte r rechtsseitiger Naht.
Kraniosynostose
Im Hinblick auf das zu erwartende Wachstum wird eine Überkorrektur vorgenommen. Anschließend erfolgt die Modellierung des frontalen Knochendeckels zur Anpas sung an das ausgeformte und vorverlagerte frontoorbi tale Segment. Die K nochenfragmen te werden in der kor rigierten Lage fixiert ( > Abb. 2.9, > Abb. 2 . 1 0 und > Abb. 2 . 1 1 ) .
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2 Kopf und Halsregion
I Abb. 2.1 1
Röntgenkontrolle post opera t iv
nach bilateraler parasagittaler Kraniektomie.
2.2.3 Kom p l i kationen u n d Progn ose Komplikationsmöglichkeiten bestehen i n Duraverlet zungen, aufsteigenden Infektionen aus dem Respirati onstrakt sowie Blutungen aus dem besonders bei stark erhöhtem intrakraniellem Druck gestauten Sinus sagitta lis superior und den Emissarien. Sie sind durch Duraplas tiken, prinzipielle perioperative Prophylaxe mit Breit spektrumantibiotika, Deckung und Deepithelialisierung eröffneter Stirnhöhlen sowie rechtzeitige Blutsubstituti on kalkulierbar und kontrollierbar. Die Gesamtkompli kationsrate bei diesen operativen Eingriffen wird mit bis zu 22% a ngegeben, wobei die infektiösen Komplikatio nen mit 1 5% deutlich dominieren. Insgesamt gesehen rechtfertigen das Ausmaß der zu erwartenden irreversib len Schädigungen infolge einer Kraniosynostose und nicht zuletzt auch die psychosoziale Beeinträchtigung den operativen Eingriff in nahezu allen Fällen, wenn er in entsprechend ausgewiesenen Zentren erfolgt.
2.3 S p i n a b if i d a Unter dem Begriff Spina bifida (auch Rachischisis ge nannt) werden anatomisch variable Fehlbildungen zu sammengefasst, die alle aus einer Differenzierungsstörung der Neuralplatte innerhalb der ersten vier Schwanger schaftswachen abgeleitet werden. Dabei kann es sich nur um den fehlenden Schluss der Wirbelsäule als Spina bifida occulta, um eine Spalte der Wirbelsäule mit einer Protru sion der Dura mater als Meningozele oder um eine Spalte der Wirbelsäule einschließlich Dura und Rückenmark als Myelomeningozele handeln. Im Bereich des Schädels wer den außerdem neben den Meningozelen die Enzephaloze-
Jen als Analogon zu den Myelomeningozelen abgegrenzt. Mit Ausnahme der Spina bifida occulta können alle For men häutig gedeckt, aber auch offen und freiliegend sein. Zur Inzide11Z dieser Fehlbildung sind aktuell nur un sichere Aussagen zu machen. Durch die relativ sichere pränatale Diagnostik nimmt die Zahl der Kinder mit ei ner dieser Fehlbildungen ständig ab. Andererseits kann eine Spina bifida occulta ohne Ausprägung klinischer Symptome ein Leben lang unentdeckt bleibe11. Aus älte ren Analysen gibt es aber Anhaltspunkte, dass ethnische Faktoren eine gewisse Rolle zu spielen scheinen. Wäh rend in Asien und Südamerika die Inzidenz deutlich niedriger war, lag sie in Nordirland ca. zehnmal höher; Europa, die USA und Australien befinden sich dazwi schen. Momentan werden weltweit durchschnittlich 5 von 10 000 Kindern mit einer Rachischisis geboren. Die Neuralplatte entsteht durch eine Verdickung des dorsalen Ektoderms. Beim zweieinhalb Wochen alten menschlichen Embryo führt eine Proliferation der latera len Anteile dieser Neuralplatte zur Herausbildung der Neuralrinne und zweier beidseits dorsolateral parallel verlaufender Neuralwülste. Am Ende der vierten Woche hat sich die Neuralrinne in zephalokaudaler Richtung zum Neuralrohr verschlossen, wodurch die Ausgangs struktur zur späteren Entwicklung des Zephalons, des Rü ckenmarks sowie der peripheren Nerven entstanden ist. Gleichzeitig fusionieren die beiden Neuralwülste und se parieren sich von der Anlage des Neuralrohrs und der äu ßersten dorsalen Zellschicht des Ektoderms, aus der sich später die Epidermis entwickeln wird. Unter weiterer Pro liferation verlagern sich die Anlagen nach ventrolateral und werden zu den beiden Neuralleisten, dem Ausgangs ort der Migration pluripotenter neurogener Zellen. Das die Neuralrinne seitlich umgebende Mesoderm schiebt sich zwischen Neuralrohr und Ektoderm und d ifferen ziert sich zu den Meningen und der Wirbelsäule
2.3
Spina bifida
Neuralplatte
Chordaplatte a
Abb. 2.1 2
Neuralrinne
Chorda dorsalis
Darstellung der normalen embryonalen Entwicklung des Neura lrohrs; (a) als Verdickung vo n Teilen des dorsalen Ektoderms entsteht die Neu ra l pl at te ; (b) in der d ri tten Woche entstehen Schematische
N eu ral w ülste
Neural leiste
Neuralrohr
durch Proliferation der lateralen Neuralplat te die Neura lwülste; (c) Ende der vierten
Woche Ve rsch l uss zum
Neuralrohr und ven
trolaterale Verlagerung der Neuralwülste = Neuralleisten.
separierten
c
( > Abb. 2. 1 2). Fokale Störungen dieser Differenzierung führen zu der bereits genannten abgestuften Pathologie, die vom lediglich fehlenden Schluss der Wirbelbögen bis zum völligen Freiliegen der Neuralplatte reicht. Dabei ist die exakte formale Entstehung nicht sicher. So wird sie meist als Hemmungsfehlbildung im Rahmen der Neural rohrdifferenzierung angesehen. Aber auch eine sekundäre Ruptur eines primär verschlossenen Rückenmarkkanals, Störungen in der Hydrodynamik des Liquors oder ein all geme i n überproportionales Wachstum werden diskutiert. Ebenso wie die formale Entstehung sind die Ursachen für die Ge nese der Fehlbildung letztlich nicht geklärt und werden als multifaktoriell angesehen, wobei sowohl eine genetische Prädisposition als auch Umwelteinflüsse dis kutiert werden. Da offenbar eine gewisse Abhängigkeit von ethnischen Faktoren besteht, gelegentlich eine famili äre Häufung beschrieben wird und außerdem Neural rohrdefekte in ca. 20% entweder mit chromosomalen Ab errationen (Trisomie 1 3 od er 1 8) oder im Rahmen eines Syndroms (v.- Waardenburg-Syndrom, Czeiei-Syndrom, Meckel-Gruber-Syndrom) ausgeprägt werden, liegt der G edan ke ei ner genetischen P rädis pos it ion nahe. Zusätz l ich gibt es m ehre re Mausmodelle, die den Phänot yp einer Spina b ifi da zeige n . Dabei w i rd es sich al lerdi ngs ni c ht um eine monogene E r k ra nku ng handeln, sondern d ie I nter aktion m eh rerer Gene d e t e r m i n ie rt wahrscheinlich die genet i ehe Prädisposition. So wurden in e i ne r Population von 1 44 Spina -bifida- Pat ie nten d re i Mutationen im VA NGL J -G en iden t i fiziert. Außerdem s i nd Polymorphis men versch iedener Gene, d ie i n den Folsiiure- und Homo-
cysteinstoffwechsel involviert sind (MTHFR, MTR, MTRR und MTHFD 1), mit der Ausprägung einer Spina bifida as soziiert. Diese genetischen Prädispositionen müssen aber nicht zwangsläufig zur Ausprägung der Erkrankung füh ren. Erst die Wechselwirkung m it bestimmten Umwelt faktoren resultiert in diesem Phänotyp. So ist für verschie dene Medikamente (z.B. Benzodiazepine, Kalziumkanal blocker) oder andere teratogene Noxen eine kausale Be ziehung zum Auftreten einer Spina bifida dokumentiert. Eine essenzielle Bedeutung in der Pathogenese kommt dem Folsäurestotfwechel zu. Folsäure s p ielt eine besondere Rolle im C l -Stoffwechsel und ist an der N eu synthese von Nucleinsäuren für die DNA- Replikation und Reparatur beteiligt. So kann die Supplementierung von Folsäure in der Nahrung um den Zeitpunkt der Konzeption die lnzidenz für das A u ftreten eines N eural rohrdefekts um bis zu 70% reduzieren.
2.3.1 K l i n i k u n d D i a g nost i k Neuralrohrdefekte können heute durch die Bestimmung mütterlichen Alpha-Fetoprotein-Serumspiegels und eine hochauflösende Sonographie in bis zu SO% p rä na tal sicher diagnostiziert werden. Das fetale Alpha-Fetoprote in gelangt über den Neuralrohrdefekt in das Fruchtwasser und wird dort vom mütterlichen Kreislauf aufgenommen. Da aber seine Bestim mu ng im ersten Trimenon keine si chere Prädiktion zulässt und das AJpha-Fetoprotein au ßerdem keine absolute Spezifität fü r Neuralrohrdefekte des
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2 Kopf und Halsregion
besitzt, ist seine alleinige Wertigkeit bei der Diagnostik eingeschränkt. Dagegen sind bereits in der Frühschwan gerschaft sonographisch sichere Zeichen für das Vorliegen einer Spina bifida zu erkennen: der fehlende Schluss der Wirbelbögen sowie die Beschreibung der Höhe des De fekts oder die Vorwölbung im Bereich des Rückens. Au ßerdem können sekundäre Merkmale beschrieben wer den, die hinsichtlich der zu erwartenden neurologischen Defizite Bedeutung haben: die Dysplasie des Cerebellums, der tiefstehende Hirnstamm (Arnold-Chiari-Malformati on), eine Ventrikulomegalie, die Paralyse der unte ren Ex tremitäten mit der Ausbildung von Klumpfüßen. Diese Sonographische Diagnostik kann durch ein pränatales MRT ergänzt werden, wodurch eine wesentlich differen ziertere Abs chät zu ng zu erwartender neurologischer De fizite möglich ist und damit insbesondere eine detaillier tere Beratung der werdenden Eltern erfolgen kann. Hinsichtlich der Entbindung wird davon ausgegangen, dass aus kindlicher Indikation eine elektive Schnittent bindung angestrebt werden sollte, allerdings gibt es keine Evi denz für ein b esse res neurologisches Outcome im Ver gleich zu einer natürlichen Entbindung. Jedenfalls sollte die Entbindung in einem Zentrum erfolgen, in dem die weitere Betreuung des Neugeborenen sichergestellt ist. Sollte keine pränatale Diagnostik erfolgt sein, handelt es sich bei Vorliegen einer Meningo- oder Myelomeningo zele immer um eine Blickdiagnose, die zum Zeitpunkt der Geburt keiner weiteren Diagnostik bedarf. Klinisch impo nieren die offene oder gedeckte Vorwölbung im Bereich der Wirbelsäule, die möglichen Deformitäten der unteren Extremität (Fiexionskontraktur in der Hüfte mit Stre ckung im Knie, Fußdeformitäten) und der klaffende Anus als Ausdruck der Beckenbodenlähmung. Die Verlegung in ein Zentrum zur Versorgung erfolgt nach Sicherung der Vitalfunktionen i n Bauchlage mit einer moderaten Kopf tieflage; der Defekt wird mit einem sterilen feuchten Ver band abgedeckt und die Antibiotikaprophylaxe begonnen. Bei Verdacht auf eine Kombination mit einem Tera tom oder einem Dermoid, bei dem sehr seltenen multi plen Auftreten, aber auch bei häutig gedeckten Befunden oder einer Spina bifida occulta ist die Pathologie postpar tal ebenfalls mittels Sonographie oder M RT abzuklären. Die Spina bifida occulta ist in ihrer klinischen Präsen tation m ei st as ym pto mat isch und daher in ihrer Inzi denz häufiger als vermutet - sie wird bei bis zu 4% aller Erwachsenen gefunden. Neben der am Jumbosakralen Übergang nachweisbaren Spalte im Wirbelbogen kön nen sich zusätzliche Symptome wie eine Hypertrichose, Pigmentstörungen, ein Naevus flammeus oder Angio me, aber auch Lipome oder Dermoide nachweisen las sen ( > Abb. 2. 1 3) . Liegen keine Symptome vor, so be dingt dies keine spezifische Therapie. Allerdings sollte
Abb. 2 . 1 3 Spina bifida occulta bei einem 1 2-jährigen Mädchen:
Pfeile markieren die gespaltenen Dornfortsätze mit ausgeprägter
H ypert ri c hose .
Abb. 2 . 1 4 Unmittelbar postnataler Befund einer Meningozele. Trotz der G röße des Befunds stellt sich nur eine kleine Verbindung
zum Duralsack dar; folglich bestehen keine neurologischen Defizite.
ein MRT der Wirbelsäule und des Schädels hinsichtlich des Vorl i egen s eines Tethered-cord-Syndroms m i t ggf. ch irurgische r Kon sequenz erfolgen. Bei der Meningozele besteht neben dem gespaltenen Wirbelbogen ein über das Niveau der Wirbelsäule her vorragender zystischer Tumor, der durch die Arachno idea begrenzt wird. Dabei ist das Myelon nicht in die Fehlbildung einbezogen und hat seine regelrechte ana tomische Lage. Auch die Meningozele wird h ä ufig am Jumbosakralen Übergang gefunden ( > Abb. 2. 1 4), ist
2 . 3 Spina bifida
aber ebenfalls im Bereich der thorakalen und zervikalen Wirbelsäule sowie im Bereich des Schädels möglich. Hier kann sie mit einer zeitlichen Latenz erst im späte ren Säuglingsalter als schwappende Schwellung im Be reich der Kalotte klinisch manifest werden. Die Menin gozelen sind häufig vol lständig häutig gedeckt und kön nen dann nach genannter Diagnostik elektiv operiert werden. Ziel ist dabei der Verschluss des Duralsacks. Dabei kann die Verbindung zwischen Zele und Wirbel kanal sowohl breitbasig offen als auch klein und gestielt sein. Da neurologische Strukturen von dieser Form nicht betroffen sind, ist auch hier die Prognose günstig. Bei der Myelomeningozele ist in die Fehlbildung zu sätzlich das Myelon einbezogen. Dieses ist im Bereich des Defekts meist nur als Medullarplatte ausgebildet, häutig gedeckt oder offen, zystisch oder planar ausge prägt. Zusätzlich können schwere Deformitäten der Wirbelsäule, eine Aplasie des Os sacrum oder eine Kom bination mit einem Teratom beobachtet werden. Myelo meningozelen treten ungefähr zehnmal häufiger auf als die Meningozelen und ca. 80% sind lumbosakral lokali siert. Abgesehen davon, dass die Medullarplatte bei der gedeckten Myelomeningozele epithelisiert ist, besteht zur offenen Form anatomisch prinzipiell kein Unter schied. Zentral liegt am höchsten Punkt der Zele die ova le, düster rötliche Med ulla rpla t te die dem platten, nicht geschlossenen Myelon entspricht und als Zona medullo vasculosa bezeichnet wird. An diese schließt sich der schmale Übergang zur Haut an, der durch Anteile der Arachnoidea gebildet wird (Zona e p ithelioserosa) und peripher in die Cutis des Rückens übergeht (Zona der matica; > Abb. 2. 1 5). ,
2.3.2 The ra p i e Die operative Versorgung soll innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Geburt durchgeführt werden. Das Kind wird in Bauchlage positioniert, der Kopf in leichter Tieflage, um nach Entlastung der Zele einer Einklem mung der Medulla oblongata vorzubeugen. Der Zelen sack wird am Übergang zur gesunden Haut und analog am Übergang der Zona medullovasculosa zur Zona epi thelioserosa oval umschnitten. Die so mobil gewordene Medullarplatte wird ggf. zum Rohr verschlossen und in den Wirbelkanal verlagert. An der I nnenseite der ge spaltenen Dornfortsätze wird die Dura mater inzidiert, mobilisiert und so der Duralsack fortlaufend wasser dicht verschlossen Nun werden seitlich der Dornfort sätze Anteile der Muskelfaszie inzidiert und so mobili siert, dass sie als Türflügelplastik nach medial umge schlagen werden können. So kann der Defekt verschlos sen werden. Sollte die Distanz zu groß sein, können die Dornfortsätze beidseits gebrochen und nach medial ge klappt werden. Abschließend wird der H autdefekt plas tisch verschlossen. Der Eingriff erfolgt unter Antibioti kaprophylaxe und grundsätzlich latexfrei wegen der er höhten Gefahr der Entwicklung einer Latexallergie. Ausgehend von der Überlegu ng dass das neurologi sche Defizit einerseits durch die primäre Fehlbildung und andererseits durch eine sekundäre intrauteri ne Al teration (traumatisch und chemisch-toxisch) determi niert ist, wurde die Idee entwickelt, dass ein früher prä partaler Verschluss des Neuralrohrdefekts die Prognose verbessern kann. Der erste intrauterine Verschluss einer Myelomeningozele in fetoskopischer Technik ist 1 994 durchgeführt worden. Da die Ergebnisse jedoch nicht .
,
Zona dermatica Zona epithelioserosa Zona medullovasculosa
Abb. 2. 1 5 U nm i tt el b a r postnataler Be fund einer offenen Myelomeningozele nach Spontangeburt
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vertretbar waren, wurde 1 997 die Technik des offenen Verschlusses am Fetus etabliert. Dabei wird der Uterus eröffnet, der Neuralrohrdefekt plastisch gedeckt und die Schwangerschaft fortgesetzt. D ie Operation erfolgt zwi schen der 22. und 30. Schwangerschaftswoche, die Ent bindung obligat als Schnittentbindung. Bisher sind i n den letzten acht Jahren 330 Kinder in dieser Weise be handelt worden. Obwohl durch dieses Vorgehen eine Vielzahl zusätzlicher Risiken für M utter und Fetus ein gegangen werden, dokumentieren die zurzeit beschrie benen Frühergebnisse keinen substanziellen Vorteil ge genüber dem konventionellen Verfahren. Lediglich eine niedrigere Rate von shuntpflichtigen Hydro zephalu spa tienten (43-46%) wurde beschrieben. H ier muss jedoch erwähnt werden, dass auch beim konventionellen Ver fahren diesbezüglich über große Schwankungen berich tet wird (53-86% ) . So tragen diese Studien momentan zu einem großen Teil experimentellen Charakter.
2.3.3 Kom p l i kat i onen u nd Progn ose Obwohl die Neuralrohrdefekte primär als eine lokal um schriebene Fehlbildung imponieren, m üssen sie als eine komplexe, das gesamte Zentralnervensystem betreffen de Erkrankung verstanden werden. Nahezu alle Patien ten weisen eine im Schweregrad sehr variable Arnold Chiari-Malformation, also einen Hirnstammtiefstand im Foramen magnum, auf. Rund 20% der Patienten werden di esbe züglich durch Kompression von Hirnner ven oder respiratorische Komplikationen mit Apnoe symptomatisch. Im Zusammenhang mit der Arnold Chiari-Malformation, aber auch durch nicht näher ge klärte Liquorzirkulationsstörungen entwickeln über 80% der Kinder einen shuntpflichtigen Hydrozephalus, der teilweise bereits präpartal zu diagnostizieren ist, aber meist erst in den Tagen nach Verschluss des Neu ralrohrdefekts symptomatisch und dann mittels elektiv angelegter ventrikuloperitonealer Drainage mit einem interpanierten Säuglingsventil versorgt wird. Im MRT wird bei ca. 80% der Kinder eine Syringo myelie nachgewiesen. Diesbezüglich sind jedoch nur i n ca. 2-5% Symptome wie Funktionsstörungen des H irn stamms, der oberen Extremitäten oder eine sekundäre Skoliose zu beobachten. Ein Tethered cord ist die Fixati on des Filum terminale und die Verhinderung des As zensus des Rückenmarks. Klinische Symptome sind Bla sen- und Mastdarmfunktionsstörungen, Sens ibilitäts störungen an den Füßen und perianal sowie Fußfehlstel lungen und spastische Bewegungsstörungen beider Beine. Eine operative Ve rs orgung, die zur Verbesserung der neurologischen Befunde führen kann, wird ungefuhr
bei 32% der Kinder d u rchgefüh rt. Ein Krampfleiden ent wickelt sich bei 23% der Patienten. Ein weiteres Problem stellen die aus dem neurologi schen Defekt resultierenden vielschichtigen o rthopädi schen Probleme dar. Beginnend mit dem Redressement der Fußdeformitäten über eine diesbezüglich intensive Physiotherapie bis hin zu dem Ziel, dass diese Kinder zum Laufen befähigt werden sollen, ist eine praktisch begleitende orthopädische Betreuung notwendig. Schließlich ist die bereits erwähnte sekundäre, aber auch primäre Skoliose ein Befund, der bei knapp der Hälfte der Patienten beschrieben wird und meist eine operative Intervention bedingt. Abschließend sind die funktionellen Störungen der Defäkation und Miktion in Betracht zu ziehen. Während erstere durch regelmäßige abführende Maßnahmen kontrolliert werden müssen, ist hinsichtlich der neuro genen Blasenentleerungsstörung die Einführung des sa uberen intermittierenden Katheterismus von essenzi eller Bedeutung. So können rezidivierende Harnwegsin fekte u nd eine sekundäre Nierenschädigung auf der Grundlage eines vesikoureteralen Refluxes vermieden und bei ca. 80% der Patienten eine soziale Kontinenz er zielt werden. Diese Kombination von vielschichtigen medizini schen Problemen bedeutet prakti sch eine lebenslange i ntens ive Betreuung durch verschiedene Fachbereiche und bedingt meist neue operative Eingriffe. Die Funkti on der Integration sollte dabei einem sozialpädiatri schen Zentrum übertragen werden, das ebenfalls die komplexe psychosoziale Betreuung der Familien über nimmt. Trotzdem beträgt die Mortalität bis zum Errei chen des jungen Erwachsenenalters 24%, wobei unge fäh r zwei Drittel bis zu einem Alter von 5 J ahren verster ben. Danach stellt sich eine relativ konstante Mortali tätsrate von ca. I % pro Jahr ein. Trotz der hohen Rate an shuntpflichtigen Hydrozephaluspatienten besuchten 63% der Kinder die reguläre Schule und 36% schlossen erfolgreich ein Studium ab Ungefähr die Hälfte der Pati enten geht im Erwachsenenalter einer berufl ichen Tätig keit nach, wobei 75% im elterlichen Haushalt leben. .
2.4 O h rkn orpe l d eform itäten Ohrknorpeldeformitäten (abstehende Ohren) stellen in keinem Fall ein funktionelles Problem dar. Alle Perso nen mit einer derartige n Ausbildung der Ohrm usc hel verfügen über ein normales Hörvermögen. So ist d ie Ohrknorpeldeformität im engeren Sinn als eine a na to-
2.4
mische Formvariante anzusehen. Da sie jedoch von der allgemein anerkannten Norm abweicht, wird sie als kos metisch st ö rend oder entstell en d em pfunden. Die Aus prägung des äußeren Ohrs ist genetisch determiniert, und so sind "abstehende Ohren" in den Familien meist in mehreren Generationen vorhanden. Aus dieser Situa tion entsteht ein entsprechender Leidensdruck, der meis t durch Erfahrungen der älteren Generation mi t ge prägt wird. Daraus lässt sich die Indikation zu einer ope rativen Korrektur vorrangig aus psychologischen Grün den ableiten und ist in diesem Sinn medizinisch absolut gerechtfertigt. Jedenfalls zeigen operierte Kinder eine deutlich veränderte Persönlichkeitsstruktur. Das äußere Ohr besteht aus dem äußeren Gehörgang und der Ohrmuschel (Aurikula). A natomisch stellt die Ohrmuschel eine Hautfalte dar, die eine sehr charakte ristisch profilierte Scheibe aus elastischem Knorpel be deckt. Die Ohrmuschel ist über die Concha m it dem Os mastoideum des knöchernen Schädels verbunden. Die Concha ist konkav gewölbt und bildet an der Vordersei te die eigentliche Vertiefung der Ohrmuschel. Sie mün det lateral in eine markante Falte, die Anthelix, die kra nial in die beiden Crura anthelicis ausläuft. Von diesen wird die Fossa triangularis eingeschlos sen . Kaudal schließt sich der Anthelix der Antitragus an, der im wei teren Verlauf über die Incisura intertragica im Tragus ausläuft und dort den markanten Kontrapunkt zur An thelix darstellt. Lateral der Anthelix befindet sich eine unterschiedlich stark ausgeprägte Rinne - die Scapha, die dann in die Randleiste der Ohrmuschel, die Helix, übe rgeht . Am kaudalen Ende der Helix findet s ich das knorpelfreie Ohrläppchen ( >- Abb. 2. 16).
Helix
Fossa triangularis
Scapha Anthelix
Concha Tragus
Antitragus
lncisura
intertragica
Abb. 2 . 1 6 Normale Anatomie des Ohrs.
Ohrknorpeldeformitäten
2.4.1 K l i n i k u n d D i a g nosti k Diagnostisch stellen sich die Ohrknorpeldysplasien als eine Blickdiagnose dar, wobei der Leidensdruck die ärzt liehe Konsultation bedingt und somit in aller Regel be reits die I ndikation zu einer operativen Korrektur dar stellt. Die Operation sollte nicht vor dem 5. Lebensjahr erfolgen, da die Ohrmuschel in diesem Alter eine wei testgehend definierte Form und Größe erlangt hat. Um den gewünschten therapeutisch-psychologischen Effekt zu erzielen, ist der Eingriff jedoch vor Beginn der Schul zeit empfehlenswe rt. Vor der Operation muss eine en t sprechende Analyse der Ohrform erfolgen und daraus resultierend ein Plan für die beab s i chtigte Korrektur er stellt werden. In den meisten Fällen resultiert das "Ab stehen" der Ohren allein durch das Fehlen oder die nur angedeutete Ausprägung der Anthelix. Selten ist dies mit einer echten H yperplas ie der Concha kombiniert. Außerdem ist auf eine mögliche Asymmetrie der Ohr muscheln zu achten. Da es sich um einen Eingriff m it einem hohen kosmetischen Anspruch handelt, sollen sowohl der präoperative Zustand als auch das postope rative Ergebnis photographisch dokumentiert werden.
2.4.2 T h e ra p i e Der Eingriff kan n als ambulante Operation vorgenom men werden. Die Lagerung des Kindes muss so erfolgen, dass während der Operation beide Ohren möglichst par allel sichtbar sind. Für die Korrektur sind mehrere Ver fahren beschrieben, die sich prinzipiell in Knorpel-rese zierende und -nichtresezierende Verfahren unterteilen lassen, zudem gibt es Verfahren, bei denen der Knorpel lediglich inzidiert wird. I n manchen Fällen ist eine Kom bination der Verfahren sinnvoll. Da der kindliche Knorpel noch sehr weich ist und so mit noch eine sehr gute und bleibende Verformbarkeil aufweist, wird oft die Operation nach Mustarde bevor zugt, der 1 963 ein Verfahren zur Rekonstruktion der Anthelix ohne Kn orpel resekti on oder Inzision einführte. Dabei wird die gewünschte Form der Anthelix mod u liert und mit Kanülen fixiert, die den Ohrknorpel perfo rieren. Nach Entfernung der Kanülen erfolgt die Inzisi on der H aut auf der Rückseite des Ohrs, aber nicht im Sulcus zwischen Concha und Os mastoideum, da diese eher zur Keloidbildung neigen und beim Tragen einer Brille möglicherweise Beschwerden bereiten. Nun er folgt die Darstellung des Ohrknorpels bis auf das Peri chondrium. Die zuvor mit den Kanülen vorgenomme nen Perforationen des Ohrknorpels geben die Position der 6 bis 8 Matratzennähte vor, mit denen die Ant h el i x
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Kopf und Halsregion
in einer weichen harmonischen Form gefaltet wird ( > Abb. 2. 1 7 und > Abb. 2. 18). Sollte die Spannung der gescha ffenen Anthelixfalte zu groß sein, kann eine zusätzliche Inzision an der Vorderseite des Ohrkn orpel s erfolgen. Andere Operationsmethoden dünnen den Knorpel im Bereich der gewünschten Anthelixfalte mit dem Skalpell oder einem feinen Schleifgerät aus, ritzen ihn mehrfach ein oder exzidieren einen KnorpelkeiL bevor die Nähte gelegt werden. Letzteres führt tendenziell zu einer schär feren Anthelixkante. Außerdem können diese Verfahren entweder durch eine Fixation der Concha am Periost des
Os mastoideums oder durch eine subkutane sicheiför mige Knorpelresektion im Bereich der Concha ergänzt werden. Ziel ist eine symmetrische Konfiguration der Ohren mit einem Abstand zwischen Mastoid und obe rem Pol der Ohrmuscheln von 1 5-20 mm.
2.4.3 Ko m p l i kationen u nd Prog nose
Eine subtile Blutstillung beugt der Komplikation von subkutanen Hämatomen vor. A ußerdem sind Infektio nen und bei resezierenden Verfahren Ohrknorpelnekro sen möglich. Postoperativ wird das Ergebnis mit einem Verband (oder Stirnband) geschützt. Die Heilung des Knorpels dauert ca. 3-4 Wochen. I n dieser Zeit sollte ei ne Strapazierung des Knorpels vermieden werden. Rezidive oder unzureichende kosmetische Ergebn isse sind möglich. Sie sind entweder durch eine inadäquate Compli ance in der Nachsorge begründet oder deuten sich bereits intraoperativ als Ausdruck einer mangelhaf ten Operationstechnik an. Einmal erfolgreich angelegte Ohren stellen jedoch meist ei n dauerha ftes Ergebnis dar.
2.5 H a l sf i ste l n u n d H a l szysten Im Bereich des Halses gibt e s versc h ie dene Fehlbildun gen, die typische Residuen der embryonalen Entwick lu ngsschritte sind. Klinisch treten sie als Zysten oder als Fisteln in E rscheinung die entweder durch ihre Größenzunahme als Tumor imponieren durch eine Supe rinfek ,
Abb. 2 . 1 7
Präoperativer Befund mit völ ligem Fehlen der Anthelix.
,
Abb. 2 . 1 8
-
Postoperativer Befund mit Re konstruktion der Anthelixfalte und damit angelegtem Ohr.
2 . 5 Halsfisteln und H a l szysten
tion als entzündliche Raumforderung auffallen oder im Fall einer F i ste l sezernieren (Smith 2006).
2.5.1 D i e m ed i a n e H a lszyste Ätiologisch stellt die mediane Halszyste einen Rest des thyreoglossus (Bochdalek'scher G an g) dar, der normalerweise vor der 8. Schwangerschaftswoche obli teriert. Dieser Gang entsteht aus dem V ers ch m elzungs punkt der d rei Zungen a nlagen (eine aus dem 1 . Schlund bogen und zwei paarige aus den 2. Kiemenbögen) zeit gleich mit der Differenzierung der Glandula thyreoidea und stellt ursprünglich eine Verbindung zwischen Zun gengrund und S ch ilddrüse dar. Dabei passiert dieser Gang in enger Beziehung das Corpus des Os hyoideum. Die Zyste ist mit einem klaren mukösen Sekret gefüllt. Ductus
gebrochen, kann daraus eine Fistel resultieren. Diese muss bei der Resektion umschnitten un d ebenfalls voll ständig entfernt werden. Erfolgt die Vorstellung im ent
zündeten oder abszedierten Zustand, muss zuerst die Entzündung saniert und im Intervall von ca. einem Vierteljahr die Resektion vorgenommen werden. Bei dieser Operation sollten mögliche Narben nach A bzess s pa lt u n g ebenfalls vollständig reseziert werden. Die histologische Aufarbeitung des Materials bestätigt das Vorliegen duktaler Strukturen, die mit einem Zylin der- oder Flimmerepithel ausgekleidet sind . I n soliden Anteilen des Präparats kann ektopes Schilddrüsengewe be gefunden oder möglicherweise selbst ei ne ekt ope Schilddrüse des Mundbodens nachgewiesen werden.
Komp l i kation u n d Prognose Ist die Resektion wie beschrieben vollständig erfolgt, heilt die Wunde problemlos ab und es gibt kein Rezidiv.
K l i n i k und Diagnosti k
Dieses sowie selten auftretende Lymphfisteln oder -zys
Die mediane H alszyste ist streng in der M ittellinie des Halses, typischerweise zwischen Oberrand des Schild knorpels und dem Os hyoideum, gelegen. Selten ist sie aber auch unterhalb des Kehlkopfs bis zum Jugu l u m zu finden. Sie ist im nicht voroperierten Zustand als derbe, oft kugelige Resistenz zu tasten, die gegenüber der Cutis gut verschieblieh ist, aber beim Schlucken durch ihre enge B ezieh u ng zum Os hyoideum die B ewegunge n des Mundbodens mitmacht.
Der klinische Befund ist richtungweisend für die Dia gnose, die durch eine Sonographie leicht zu bestätigen ist. Differenzialdiagnostisch kommen Dermaidzysten der Hals regio n in Betracht.
Thera pie Idealerweise sollte die Zyste vor dem Auftreten e i ne r I n fek t i on op era tiv entfernt werden. Bei diesem Vorgehen ist die Zyste gut zu isolieren, lässt sich von der geraden Halsmuskulatur trennen und zum Corpus des Os hyo ideum verfolgen. Sie sitzt diesem entweder direkt auf, oder es lässt sich eine duktale oder st ran gförmige Struk tur um den Zungenbeinkörper herum ve rfolgen. Obli gat muss nun die Resektion des zentralen Anteils des Z un genbeins vorgenommen werden, sodass danach m ögli che Ausläufe r zum Zu n ge ngru n d problemlos dargestellt und reseziert werden können. Nur dieses radikale Vor gehen stellt sicher, d a ss ke i ne Ep it helres t e in situ ver bleiben und so Ausga n gs p u nkt fü r ein Rezidiv s ind. Ist die Zyste im Rahmen ei ner I n fektion nach außen durch-
ten können den Verlauf komplizieren, ebenso wie die primär auftretende Infektion der Zyste .
2.5.2 D i e l atera l e H a lsfistel Die lateralen Halsfisteln sind embryologisch Rudimente der 2. Kiementasche und stehen so in enger Beziehung zur D ifferenzier u ng des 2. un d 3. Ki eme nbogens , von denen die 2. Kiementasche eingeschlossen wird. Da aus diesen beiden Kiemenbögen die Aa. carotis interna et externa sowie die beiden Hörner des Os hyoideum ent stehen, erklärt sich die enge anatomische Beziehung der lateralen Halsfistel zu den genannten Strukturen. Durch die Karotisgabel ziehen die Fisteln zum Pharynx und münden unterhalb der Gaumenmandeln in die Mund· höhle.
K l i n i k und Diag nost i k Die lateralen Halsfisteln finden sich anatomisch streng entla n g des Vorderrands des Musculus sternocleido
m as toideus und können somit vom Mastoid bis zum Jugulum zu finden sein. Die Ö ffnungen können sehr klein oder auch nur punktförmig angedeutet sein, und eine A bsonderu ng von Fl üssigke it ist nicht in jedem Fall zu finden. Bei fehlender Öffnung k önnen Re ten t i ons zys ten im l a tera l e n Halsdreieck palpiert werden. Diagnostisch wird der Verdacht aufgrund der klaren anatomischen Zuordnung und kli n ischen Präsentation
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gestellt. Eine Fisteldarstellung wird nicht empfohlen, da einerseits ein Infektionsrisiko besteht und andererseits eine vollständige Darstellung ohnehin nicht immer möglich ist. Die präoperative Sonographie kann hier oft viel besser über die Ausdehnung der Fistel Auskunft ge ben. Neben den lateralen Halszysten können in diesem Bereich kleinere Lymphangiome analog imponieren. S ind die Halszysten infiziert, dann entspricht das klini sche B ild einer abszedierenden Lymphadenitis.
Therapie Analog zur medianen H alszyste sollte eine Operation möglichst vor einer I nfektion vorgenommen werden, da das Ziel der I ntervention wiederum die radikale Exstir pation der H alsfistel ist. Hierzu wird die Fistelöffnung umschnitten und nach kranial verfolgt. Zur besseren Vi sualisierung kann ihr Verlauf mit Methylenblau darge stellt werden ( > Abb. 2. 19). Sollte eine Präparation bis in den Kieferwinkel notwendig sein, müssen weitere quere H ilfsschnitte gesetzt, das Präparat durchgezogen und die Präparation fortgesetzt werden. Dabei müssen die Karotisgabel und die Hörner des Os hyoideum pas siert werden. Auf H öhe der Mündung in den Pharynx reicht meist das Absetzen über einer Ligatur aus. Nach zuvor abgelaufener Infektion ist diese wiederum zu sa nieren und die definitive Exstirpation mit einer Latenz von einem Vierteljahr durchzuführen. Das histologische Präparat bestätigt die klinischen Angaben durch den Nachweis einer duktalen Struktur mit dem Nachweis von Platten- oder Zylinderepithel, ggf. mit dem Nachweis von Flimmerepithel.
Kom p l i kation u nd Prog nose Ist die Exstirpation vollständig erfolgt, wird es zu kei nem Rezidiv kommen und die Prognose ist völlig prob lemlos. In dieser anatomischen Region kommen neben zysti schen Strukturen außerdem auch solide, oft derbe knor pelige E i nsch l ü s s e oder An h ä n gs el vor, analog zu denen, die auch präaurikulär gefunden werden. Sie sind eben falls branchiogenen Ursprungs und besitzen per se kei nen Krankheitswert Ihre Behandlung besteht in einer vollständigen Exstirpation.
2 . 6 Ra n u l a Die Ranula ist eine Pseudozyste des Mundbodens, die in Verbindung mit den Glandulae sublinguales steht. Sie ist üblicherweise angeboren, kann aber auch nach einer Infektion oder einem intraoralen Trauma auftreten. Sie wird beim Neugeborenen als Blickdiagnose im Sinne ei nes intraoralen Tumors beobachtet, der die Zunge an hebt, lateral des Zungenbändchens liegt, aber bei ent sprechender Größe auch die Mittellinie überschreitet oder durch die Muskulatur des Mundbodens bis in die Halsregion reichen kann. Sie hat ein bläuliches Kolorit und ist prall-elastisch. Eine spontane Ruptur ist mög lich, wobei sich ein klares zähflüssiges Sekret entleert. Es kommt jedoch im Verlauf meist zu einem Rezidiv. Diffe renzialdiagnostisch ist an eine Dermaidzyste (typisch gelbliches Kolorit), ein Hämangiom, ein Lymphangiom oder an eine Zyste des Ductus thyreoglossus des Mund bodens zu denken.
Abb. 2 . 1 9 I ntraoperatives Bild bei Exstir pation einer lateralen Halsfistel rechts. Der Fistelgang wurde mit Methylenblau ange färbt und so bis zum Rachenraum verfolgt und a bgesetzt.
2.8 Tortikollis
Therapeutisch führt eine Punktion oder eine Fenes tration der Ranula nicht zum Erfolg, da diese Maßnah men regel m äßi g zu einem Rezidiv führen. Daher ist eine Exstirpati o n der Zyste, ggf. unter E inbe zieh u n g der Glandula sublingualis die Methode der Wahl. Nur wenn dies nicht möglich ist, sollte eine ausgedehnte Fenestra tion mit M arsupialisation der Pseudozyste vorgenom men werden.
2.7 An ky l og l osson Das Ankyloglosson ist ebenfalls eine Blickdiagnose beim Neugebore n en. Dabei reicht das Zungenbändchen mit einem fibrösen strangartigen Anteil bis an die Zungen spitze, sodass beim Herausstrecken der Zunge die Zun genspitze zum Mundboden gezogen wird. Klinisch führt dieser Zustand zu Problemen beim Stillen, weshalb die Säuglinge durch Gedeihprobleme auffallen können. Sollte das Ankyloglosson über das Säugli ngsalter fortbe stehen, kann es eine Ursache für Sprachstörun ge n sein. Therapeutisch wird lediglich der fibröse Anteil des Zungenbändchens durchtrennt, sodass eine freie Be weglichkeit der Zunge gewährleistet ist.
1. Es stellt sich ein palpabler Tumor in der unteren Hälfte
des M. sternocleidomastoideus dar. Dieser ist derb, oli venfönn ig, in do lent, gegenüber der Haut sowie dem
u mgebende n Weichteilgew ebe verschieblieh und bildet sich innerhalb der ersten Woche nach der Geburt aus. 2. Beim älteren Kind präsentiert sich der Tortikollis als derber, strangförmiger, fibrös umgebauter Anteil des M. sternocleidomastoideus, der insgesamt zu einer Verkürzung des M uskels führt. Es ist eine Folge der in Gruppe 1 besch rieben en Symptomatik. Ein Tumor ist in diesen Fällen aber nicht mehr palpabel ( > Abb. 2.20). 3. In der dritten Gruppe sind weder ein Tumor noch ei ne str angförm ige fibröse Dyspla sie i m Bereich des M. sternocleidomastoideus nachweisbar. In diesen Fällen ist der Tortikollis als symptom atisch (erwor ben) anzusehen und hat eine extramuskuläre Ursache. Die Ätio logie des typischen muskulären Schiefhalses wird unterschiedlich diskutiert und ist letztlich nicht eindeutig geklärt. Bei bis zu 60% der Kinder besteht zweifelsfrei eine Assoziation zwischen einer schwierigen Geburt, meist aus einer Steißlage heraus, und dem Auf treten ein es m uskulären Schiefhalses. Es wird angenom men, dass eine geburtstraumatisch bedingte Schädigung (Zerreißung von Muskelfasern) und Einblutung des Muskels zu dem später palpablen Tumor sowie dem se kundären fibrösen Umbau des Muskel s führen. Andere Autoren sehen eine primäre i ntrauterine Schädigung des
2.8 To rti ko l l i s Als To rt i ko ll is
wird der Zustand bezei chnet, bei dem der M. sternocleidomastoideus der betroffenen Seite ver kürzt ist. Daraus resultiert das klinische Bild als Blickdi agnose: Der Kopf ist zur betroffenen Seite geneigt und dabei zur ges und e n Seite gedr eht . Eine der ersten Beschreibungen dieses Leidens geht auf Plutarch zurück, der es bei Alexander dem Großen literarisch dokumentiert hat. Der Begriff für diese De fonnität wurde 1 9 1 2 durch Tubby eingefüh rt . Mit einer Inzidenz von I : 250 wird sie unter N eugebore n en relativ häufig beobachtet, wobei große S chwan kunge n der Häu figkeit (0,3 -2,0%) angegeben werden. Eine gewisse Do minanz des männlichen Geschlechts im Verhältnis von 3 : 2 und der rechten Seite w i rd berich tet . Allgem e i n unterscheidet man nach d em Alter des Auftretens den Tortikol lis des N eugebore ne n oder Säug l i n gs , der als angeboren oder p e rip a r t a l entstanden a n gese he n wird, von d e m d e s ält eren K i n des, d e r oft als erworben zu bet rac h t e n ist. E n ts prechend der kli n i s ch e n E r s che in u ngsfo r m werden d rei G r uppen u n terschieden:
Abb . 2.20 Typisches klinisches Bild eines Torti kollis bei einem 9-jährigen Mädchen: rechtsseitige strangförmige Verhärtung des M. sternocleidomastoideus mit Kopfneigung nach rechts und Dre h ung nach li nks.
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Muskels auf Grundlage einer Perfusionsstörung im Sinne eines zervikalen Kompartments als ursächlich an, wobei dann die intrauterine Fehllage und die schwierige Ge burt wiederum Folge sind. Diese Theorie wird durch his tologische Befunde wie Degeneration der Muskelzellen, Ödem und Fibrose gestützt. Die genannten Zusammen hänge werden allgemein mit dem Umstand einer relati ven intrauterinen Enge interpretiert. So lassen sich auch Beobachtungen erklären, dass über 50% der betroffenen Kinder Erstgeborene sind oder dass bis zu 20% ebenfalls eine Hüftdysplasie aufweisen. Unabhängig davon werden aber auch primär myopathische Prozesse diskutiert.
2.8.1 K l i n i k u n d Diag nosti k
Der eigentliche muskuläre Schiefhals ist ein eher unprob lematisches Krankheitsbild. Die Diagnose erfolgt klinisch anhand der typischen Kopfhaltung und dem tastbaren Tumor bzw. dem fibrösen Strang. Sonographisch kann dieser Befund gut visualisiert werden. Bei nicht eindeuti ger Klinik muss eine Reihe von schweren Erkrankungen, die einen erworbenen symptomatischen Schiefhals be dingen, bedacht werden. In einer Population von 288 Kindern mit einem Schiefhals wiesen immerhin 1 8% eine extramuskuläre Ursache auf. Als neurologische Ursachen sind eine Arnold-Chiari-Malformation, eine Syringomye lie, aber auch Tumoren der hinteren Schädelgrube und der oberen Wirbelsäule abzuklären. Eine traumatische atlantoaxiale Rotationsluxation oder Instabilität sowie ein Klippe!-Feil-Syndrom repräsentieren ossäre Ursachen, aber auch Seh- und H örstörungen können einen Schief hals bedingen. Außerdem ist an das Sandifer-Syndrom zu denken, bei dem auf Grundlage einer Hiatushernie und dem damit verbundenen peptischen Reflux ein Schmerz vermittelter, reflektorischer und somit nicht fixierter Schiefhals vorgefunden wird. Ebenfalls reflektorisch be dingt ist der Schiefhals beim Grisel-Syndrom, wobei durch eine retropharyngeale Entzündung eine einseitige Kontraktur der prävertebralen Muskulatur eintritt, die wiederum zu einer atlantoaxialen Subluxation führt. Da verschiedene dieser Erkrankungen einen lebensbedrohli chen Charakter haben, ist dringend eine systematische Abklärung eines Schiefhalses angeraten. Ein entspre chender Algorithmus mit den jeweiligen diagnostischen Maßnahmen ist in >- Abbildung 2.2 1 vorgeschlagen.
2.8.2 Thera p i e
Somit stellt die wichtigste Grundlage für die Therapie des Schiefhalses die Unterscheidung zwischen sympto-
m atischem und primär muskulärem Schiefhals dar. Für die symptomatischen Formen ist die Erkennung und ad äquate Behandlung der Grunderkrankung angezeigt. Der primär muskuläre Schiefhals des Neugeborenen da gegen zeigt in bis zu 70% der Fälle eine spontane Regres sion innerhalb des ersten Lebensjahrs ohne nennens werte Residuen. Eine unterstützende Physiotherapie ist dabei oft sinnvoll. Sollten sich jedoch Zeichen einer hartnäckigen M uskelverkürzung (Fibrosierung) mit entsprechend relevanter Einschränkung der Umwend bewegungen des K o p fes zeigen, ist eine in ten s ive diffe renzierte physikalische Therapie mit dem Ziel der Deh nung des Muskels indiziert. Führt diese Behandlung in nerhalb von 6 Monaten nicht zum Erfolg, so wird - bei nur 5-16% der Kinder - d ie chirurgische Interven tion notwendig. Dabei ist das Vorgehen nicht einheitlich. Allgemein erfolgt die vollständige Durchtrennung so wohl des Caput claviculare als auch des Caput sternale des M. sternocleidomastoideus unmittelbar oberhalb des Ursprungs. Narbige Stränge werden ebenfalls durch trennt. In Ergänzung zu diesem unipolaren Vorgehen kann bei weiterhin eingeschränkter Beweglichkeit des Kopfes der Ansatz des M. sternocleidomastoideus am Os mastoideuro als bipolares Vorgehen durchtrennt wer den. Außerdem bestehen Möglichkeiten der Modifikati on hinsichtlich der Rekonstruktion des Platysmas, das ggf. nicht verschlossen wird. Anschließend ist eine pas sagere Fixation des Kopfes in überkorrigierter Position (Minervagips) mit einer meist schon parallel beginnen den intensiven Physiotherapie notwendig. Diese Be handlung erstreckt sich wiederum ungefähr über ein halbes Jahr und sollte idealerweise eine Anleitung des Patienten oder der Eltern zum eigenständigen Üben darstellen. Alternativ zum chirurgischen Vorgehen wurde aktu ell die erfolgreiche einmalige Botox-Injektion beim muskulären Schiefhals beschrieben, was bei 1 3 von 14 Patienten mit einer durchschnittlichen Beobach tungszeit von 22 Monaten erfolgreich war.
2.8.3 Kom p l i kat i o n e n u nd Progn ose Frühzeitig behandelt hat der muskuläre Schiefhals eine gute Prognose ohne Fixierung permanenter Defizite. Wird er nicht entsprechend behandelt, entwickeln sich kompensatorisch sekundäre Deformitäten wie eine Sko liose der Hals- und Brustwirbelsäule, ein sekundärer Plagiozephalus oder eine Abflachung des Hinterhaupts sowie die kompensatorische Änderung der Augenachse bzw. der Nasenachse. Eine Schädelasymmetrie kann schon nach einem Monat klin isch feststellbar sein. Die
2.9 Lymphadenitis colli
!.----�1
Schwere Geburt Trauma
Pathologisch
Pathologisch
Pathologisch
Anamnese
Reflux Entzündung Retropharyngealer Abszess
t-j-----,l HWS MRT
Orthopäde
Behandlung der Grundkrankheit
Beobachtung Tortikollis
Behandlung der Grundkrankheit
Augenarzt
Neurologe
Beobachtung Tortikollis
Nein
1-------� Normalbefund
I Beobachtung I
Abb. 2.21 Diagnostischer Algorithmus.
groben Schädeldeformitäten bilden sich meist erst bis zum 5. Lebensjahr aus, werden dann allerdings als per manent angesehen. Daher wird eine Korrektur vor die sem Alter empfohlen. Bei späterer Korrektur des Schief halses wurden im Verlaufpraktisch identische biometri sche Spätergebnisse erzielt. Dies wird insbesondere mit der besseren Compliance in der Nachbehandlung der größeren Kinder gesehen.
2.9 Lym p h a d e n i t i s co l l i Plötzlich aufgetretenen Schwellungen am Hals liegt meist eine Vergrößerung der zervikalen Lymphknoten zugrunde, die in über 95% der Fälle entzündlich bedingt ist. Die zervikalen Lymphknoten werden allgemein als
vergrößert betrachtet, wenn sie 1 cm überschreiten. Dies ist aber ein Zustand, der bei klinisch gesunden Kin dern bis zum 6. Lebensjahr bei 45% aller untersuchten Kinder beobachtet wurde. Dabei sind bei den jüngeren eher die nuchalen und retroaurikulären, bei den Älteren die zervikalen und submandibulären Lymphknoten ver größert. Eine Vergrößerung entsteht entweder durch eine Pro liferation der Lymphozyten in den Knoten selbst als Re aktion auf eine Entzündung oder durch eine echte lym phoproliferative Erkrankung, aber auch durch eine Infil tration der Lymphknoten durch entzündliche oder ma ligne Zellen. Entsprechend dieser Pathogenese kann zwischen einer akuten infektiösen Lymphadenitis, einer akuten reaktiven Lymphadenitis und einer chronischen Lymphadenopathie unterschieden werden. Eine Erkran kungsdauer von weniger als 3 Wochen gilt als akut, von länger als 6 Wochen als chronisch.
27
28
2 Kopf u nd Halsregion
2.9.1 K l i n i k u n d D i a g n ost i k
Die a k ute i nfekti öse Lymphadenitis
I
Diese Form ist bakteriell bedingt und Folge der Invasion von Erregern in die Lymphknoten, die im Abflussgebiet der Primäraffektion des Kopf- und Halsgebiets liegen . Die Kinder fiebern hoch und fallen durch eine oft mons tröse, schmerzhafte, meist unilaterale Schwellung am Hals auf, die darüberliegende Haut ist gerötet und der Tumor kann als Zeichen einer eitrigen Einschmelzung fluktuieren. Es können Schluckstörungen und ein Torti kollis auftreten. Die typischen Erreger sind Staphylococ cus aureus und Gruppe-A-Streptokokken, nachgewiesen werden aber auch gramnegative Bakterien und Anaero bier.
D i e a kute reaktive Lym p hade n itis Diese Form stellt eine Reaktion auf eine Infektion im oberen Respirationstrakt dar, die meist viraler Genese ist [ Adenoviren, Influenzaviren, Epstein- Barr- (EBV), Cytomegalie-Virus (CMV)] . S ie ist bilateral ausgeprägt, kann aber in Abhängigkeit von der Grunderkrankung auch generalisiert am ganzen Körper nachweisbar sein. Zu dieser Form werden auch Lymphknotenschwellun gen im Rahmen eines Kawasaki-Syndroms gezählt. Die Lymphknoten sind meist kleiner, teigig weich, kaum oder gar nicht schmerzhaft und sind mit der Haut nicht verbacken und ohne oberflächliche Rötung.
Chronische Lym p h a d e n opath ie Bereits der BegriffLymphadenopathie deutet daraufhin, dass diese Form ein sehr vielfaltiges und heterogenes Spektrum von Ursachen hat ( >- Abb. 2.22): • Granulomatöse Erkrankung (atypische Mykobakterio se, Tuberkulose, Sarkoidose, Katzenkratzkrankheit) • Neoplastische Erkrankungen ( Hodgkin- und Non Hodgkin-Lymphom, Leukämie, H istiozytose, Neuro blastom, Rhabdomyosarkom, Schilddrüsenkarzinom) • Infektiöse Erkrankungen (Mykosen, HIV, EBV, CMV, Toxoplasmose, Yersiniose) • Sonstige Erkrankungen (Speicherkrankheiten, Autoimmunerkrankungen, Impffolge) Die klinische P räsentation ist folglich ebenso heterogen wie die Ursachen und kann von kleinen, indolenten und gut verschiebliehen Lymphknoten bis zu derben, verba ckenen Lymphknoten reichen, die bei einer Infektion mit atypischen Mykobakterien zu einer livid-bläulich
Abb. 2.22 Das MRT des Halses zeigt eine bilaterale Raumforde rung als Lymphadenitis col li; postoperative Diagnose einer atypi schen Mykobakteriose.
verfärbten Hautinduration und spontanen Fistelbildung führen können. Neben einer genauen Anamneseerhebung (Dauer der Symptome, Auslandsreisen, Tierkontakte usw.) ist die Erhebung des klinischen Befunds mit detaillierter Be schreibung des Lokalbefunds, aber auch einer umfas senden gesamtkörperlichen Untersuchung Ausgangs punkt einer weiterführenden differenzialdiagnostischen Abklärung der Ursache. Diesbezüglich stehen laborche mische und serologische Untersuchungen im Vorder grund, die durch bildgebende Verfahren ergänzt wer den. Die sonographische Darstellung des Lokalbefunds ist obligat. Durch sie erfolgt eine Beschreibung der Grö ße und der Ausdehnung der Lymphknotenvergröße rung und es werden die Textur sowie die Umgebungsbe ziehung charakterisiert. Dagegen ist die Darstellung ei ner eitrigen Einschmelzung nicht in jedem Fall mit Si cherheit möglich. Sie stellt eine wichtige Grundlage für mögliche Verlaufskontrollen dar. Außerdem kann eine Differenzierung zu anderen Raumforderungen der Hals region (Zysten oder Tumoren, >- Abb. 2.23) vorgenom men werden. Bei Vorliegen von Supraklavikulären Lymphknotenschwellungen muss ein Tiwraxröntgen zur Beurteilung der mediastinalen Lymphknoten erfol gen. Wenn nicht nur eine Abszessinzision erfolgen soll, hat sich vor einer chirurgischen I ntervention die Durch führung eines M RT zur Planung der Operation sowi e zur Klärung der anatomischen Lagebeziehungen als äu ßerst hilfreich erwiesen.
2.9
Abb. 2.23 Das MRT des Halses zeigt eine rechtsseitige zervikale Raumforderung mit Verdrängung der A. carotis communis bei einem einjährigen Mädchen; Histologie eines Ganglioneuroms.
2.9.2 Thera pie Therapeutisch steht d i e Behandlung der Grunderkran kung im Vordergrund. Sollte eine genaue diagnostische Abklärung nicht erfolgreich sein, so ist immer eine ad juvante Antibiotikatherapie indiziert. Die Ind ikation zur chirurgischen Intervention ist in folgenden Fällen gegeben: • Bei der akuten infektiösen Lymphadenitis mit eitri ger Einschmelzung: Durch die Infektabwehr wird der betroffene Lymphknoten bei einer Abszedierung völ lig aufgebraucht, sodass das Ziel der chirurgischen I n tervention die Drainage und ggf. Exkochleation des Abszesses mit konsekutiver Sanierung der lokalen Entzündung darstellt. Es wird nach ausreichend gro ßer I nzision und ggf. Gegeninzision in die Wunde ei ne Drainage eingelegt, bis unter ergänzenden W undspülungen (2-3 Tage) die putride Sekretion sistiert. • Bei Vorliegen einer Infektion mit atypischen Myko bakterien: Der chronische Verlauf oder die akute Su perinfektion zwingen bei einer Lymphadenitis nach Infektion mit atypischen Mykobakterien zur operati ven Intervention. Der typische int raoperative Befund einer verkäsenden Nekrose bei oft massiv verbacke-
Lymphadenitis colli
nen Lymphknotenpaketen deutet auf die Diagnose hin und sollte bereits eine möglichst radikale Exstir pation der betroffenen Lymphknoten in der ersten Operation nach sich ziehen. Erfolgt primär nur eine Abszessdrainage, so muss in einem Zweiteingriff die Exstirpation der Lymphknoten durchgeführt wer den. Als häufigste Erreger werden Mycobacterium avium oder Mycobacterium intracellulare nachgewie sen. Die chirurgische Sanierung hat bei der Behand lung den höchsten Stellenwert, da durch sie eine Hei lung ohne adjuvante Antibiose in bis zu 92% der Fäl le möglich ist. Ist eine radikale Exstirpation nicht möglich, sollte eine kombinierte Antibiose (Clari thromycin, Azithromycin) in Erwägung gezogen werden. • Bei Notwendigkeit einer histologischen Abklärung: Die Frage, wann ein vergrößerter Lymphknoten für eine histologische Untersuchung exstirpiert werden sollte, orientiert sich an folgenden Kriterien: - Lymphknoten > 2 cm - Größenzunahme über 2 Wochen - keine Größenregredienz nach 4-6 Wochen - nach 8- 1 2 Wochen immer noch Vergrößerung der Lymphknoten - keine Größenregredienz nach Antibiotikatherapie - Fehlen von Symptomen eines Infekts der oberen Atemwege oder Ohren - pathologisches Thoraxröntgen - derbe Konsistenz der Lymphknoten - supraklavikuläre Lymphknotenschwellung - Vorhandensein zusätzlicher systemischer Symptome (Fieber, Gelenkschmerzen, Gewichtsverlust, Hepatosplenomegalie) Bei Erfüllung eines Kriteriums ist die Biopsie nicht zwingend notwendig, liegt jedoch eine Kombination von Kriterien vor, sollte sie unbedingt erfolgen. Ihr Ergebnis stellt die Grundlage der spezifischen Therapie dar.
2.9.3 K om p l i ka t ion u nd Progn ose Die Prognose einer infektiösen Lymphadenitis ist prin zipiell günstig und geht mit dem Ausheilen nach Sanie rung der Infektion einher. Liegen der Lymphadenopa thie jedoch andere Grunderkrankungen zugrunde, rich tet sich die Prognose nach der Grunderkrankung. Auf grund der komplexen Anatomie der H alsregion, die durch ausgedehnte Entzündungsprozesse vom Normal befund abweichen ka nn, ist präoperativ hinsichtlich ei ner iatrogenen Alteration, insbesondere einer Nerven verletzung, aufzuklären.
29
30
2 Kopf und Halsregion
2 . 1 0 Sch i l d d rüse
I
Schilddrüsenknoten stellen beim Kind im Vergleich zum Erwachsenenalter ein äußerst seltenes Ereignis dar, sind aber nach aktuellen Sonographischen Studien bei normaler Jodversorgung in Deutschland m it einer Häu figkeit von 0,68% nicht zu vernachlässigen. Hochgerech net bedeutet dies eine Prävalenz von 55 000 Knoten bei Kindern im Alter zwischen 3 bis 1 5 Jahren. Da diese Zahl mit der in anderen Ländern vergleichbar ist, wird davon ausgegangen, dass sie weitestgehend unabhängig von geographischen und Umweltfaktoren zu sein scheint. Dabei dominiert das weibliche Geschlecht deutlich. Aus Sammelstudien, in denen eine histologische Untersu chung der Resektionspräparate von Schilddrüsenknoten erfolgt ist, wird die Häufigkeit von Malignomen mit bis zu 43% angegeben. Da die bei dieser Frequenz zu erwar tende Anzahl von Schilddrüsenkarzinomen im Kindes alter von der Zahl der beobachteten Fälle in Deutschland massiv abweicht, muss davon ausgegangen werden, dass eine spontane Regression eines Knotens eigentlich den typischen Verlauf darstellt. Die in der Literatur dazu an gegebene Häufigkeit von 30% scheint dabei wohl offen bar die Remissionsrate zu unterschätzen. Aus dieser Konstellation leitet sich das Hauptproblem bei der Diag nostik eines Schilddrüsenknotens ab, der offenbar in den allermeisten Fällen gar nicht zur medizinischen Di agnostik gelangt: Es soll zwischen einem benignen und malignen Prozess unterschieden werden.
2 . 1 0. 1 K l i n i k u n d D ia g nost i k I n den meisten Fällen stellen sich die Patienten wegen einer palpablen Resistenz im Bereich der Schilddrüse vor. Ebenso können Lymphknotenvergrößerungen am Hals das erste Symptom darstellen, aber auch Heiserkeit oder lokale Schmerzen sowie Symptome für eine Hyper oder Hypothyreose werden beschrieben. Gelegentlich wird ein Schilddrüsenknoten auch im Rahmen einer So nographie des H alses zufällig entdeckt. Die dann folgen de genaue Anamnese gibt erste Hinweise auf ein höheres Risiko für das Vorliegen eines Schilddrüsenkarzinoms: • eine positive Familienanamnese insb. für das medul läre Schilddrüsenkarzinom • Schluckstörungen und länger andauernde Heiserkeit • eine vorausgegangene Bestrahlung der Kopf- HalsRegion • eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse Die Anzahl der tastbaren Knoten oder die Größe des Be funds korrelieren dabei nicht mit der späteren H istolo-
gie. Nicht selten weist aber die Biopsie vergrößerter zer vikaler Lymphknoten auch im Kindesalter auf die Diag nose eines Schilddrüsenkarzinoms hin. Die Labordiagnostik folgt d e n p ädiat ri sc h - i nt ernisti schen Algorithmen und soll hier nicht ausgeführt wer den. Die Sonographie des Halses stellt die bildgebende Standarddiagnostik dar_ In der Sonographie lassen sich weitere Kriterien für das Vorliegen eines Malignoms fin den ( > Abb. 2.24 und > Abb. 2.25): • eine u n s ch a rfe Begrenzung des Prozesses mit einer echoarmen Binnenstruktur • Lage oft direkt unter der Schilddrüsenkapsel • Vorliegen einer starken Vaskularisation • Kalkeinlagerungen selten auch schon im Kindes- und Jugendalter Entsprechend der Literatur wird allgemein die Abklä rung des Befunds mittels Feinnadelbiopsie empfohlen. Dies m uss jedoch für das Kindesalter kritisch diskutiert werden. Morphologisch sind Knoten mit einer G röße
Abb. 2.24 1 7-jähriger männlicher Patient, der im Alter von 6 Jah ren an einem Morbus Hodgkin erkrankt war. Die Behandlung erfolg te mittels Polychemotherapie und Radiatio unter Einbeziehung der Halsregion mit der Folge einer latenten Hypothyreose. 1 1 Jahre da nach stellt sich im rechten kaudalen Schilddrüsenlappen dieser glatt begrenzte, echoarme, inhomogene Knoten dar.
Abb. 2 . 2 5 Die Dopplersonographie zeigt keine wesentliche Hyper perfusion perinodal. Es wurde eine Hemithyreoidektomie rechts durchgeführt, die histologische Untersuchung ergab den Befund eines Hyperplasieknotens ohne Anhalt für Malignität.
2.1 0
< 1 cm auch sonegraphisch assistiert nur unsicher zu bi opsieren. Bei multinodalen Befunden hat das Ergebnis der Feinnadelbiopsie keine therapierelevante Bedeu tung. Ausgehend von der Überlegung, dass das H aupt problem der Diagnostik die Detektion von sicher oder verdächtig malignen Knoten darstellt, ist zu überden ken, ob eine durchschnittliche Sensitivität der Methode von 83% und eine durchschnittliche Spezifität von 92% (Daten von Erwachsenen) ausreicht und ohne Weiteres auf das Kindesalter zu übertragen ist. In einer kanadi schen Studie wurde bei 81 von 1 37 Kindern eine Feinna delbiopsie durchgeführt, aber nur die Hälfte der Präpa rate ließ eine zytologische Interpretation zu. Unabhän gig vom Ergebnis der Biopsie wurden danach alle Pati enten auch operiert. Dabei konnte das endgültige histologische Ergebnis den zytologischen Biopsiebefund nur in 49% der Fälle bestätigen. Analoge Daten sind bei der vorläufigen Auswertung der interdisziplinären The rapieoptimierungsstudie "Maligne endokrine Tumoren im Kindes- und Jugendalter GPOH-MET" zu erhebe11. Von 1995 bis 2008 wurden 474 Kinder mit einem Schild drüsenknoten in der Studie registriert, unter denen bei 183 ein differenziertes Schilddrüsenkarzinom diagnosti ziert worden ist. Dabei wurde nur bei 49 von diesen 1 83 Kindern (26,7%) eine Feinnadelbiopsie durchge führt, die bei 1 8 Kindern (36,7%) jedoch ein falsch nega tives und bei 6 Kindern ( 1 2,2%) ein unsicheres oder nicht auswertbares Ergebnis erbrachte. Daher scheint die Feinnadelbiopsie im Rahmen der Diagnostik eines Schilddrüsenknotens im Kindesalter nur eine sehr ein geschränkte Aussagekraft zu haben und wird nicht re gelhaft empfohlen. Stattdessen ist als zusätzliche bildge bende Diagnostik das M RT des Halses etabliert. Es las sen sich hier die sonographischen Malignitätskriterien sowie die lokalen Lymphknotenbefunde zusätzlich ob jektivieren.
2 . 1 0. 2 Thera p i e Die letztendlich sichere Abk.lärung eines Schilddrüsen knotens lässt sich nur operativ erzielen. Beim Fehlen von jeglichen Malignitätskriterien kann man sich vor erst gegen ein opera ti ves Vorgehen entschließen und in 3- bis 6-monatlichen Intervallen klinische Kontrollen durchführen. Besteht jedoch der Verdacht auf ein Malig nom, sollte eine He mi t h y reo id ekto mie mit Dissektio n der zentralen regionären Lym phknotenkomparti mente erfolgen. Wird der Befund eines Malignoms bestätigt, erfolgt die ll1 yreo idektom ie der Gegenseite als zweizeiti ges V o r geh e n Nur bei präoperativ (Nachweis von Lymphknotenmetastasen) ode r intraoperativ (ggf. si.
Schilddrüse
chere Schnellschnittdiagnose) gesichertem Malignom soll die totale Thyreoidektomie mit Dissektion der zent ralen Lymphknotenkompartimente primär durchge führt werden. Es wird gefordert, intraoperativ entweder ein Monitaring des N. laryngeus recurrens vorzuneh men oder den Nerv explizit darzustellen. Da im Kindes alter häufig Epithelkörperchen intrathyroidal gelegen sein können, ist außerdem auf eine Identifizierung und Belassung derselben zu achten. Aus unserer Sicht sollte die Indikation zur primären totalen Thyreoidektom ie eher streng gestellt werden. I n einer kanadischen Studie wurde bei 1 37 Kindern 42-mal eine primäre totale Thy reoidektomie durchgeführt, wobei sich nur bei 22 (53%) ein M alignom bestätigt hat. So sind 20 Kinder praktisch zu aggressiv operativ versorgt worden. Interessanter weise ist genau in dieser Gruppe signifikant häufiger ei ne postoperative Hypokalzämie i m Vergleich zu den zweizeitig operierten Kindern aufgetreten. Außerdem wurde zweimal eine permanente Schädigung des N. la ryngeus recurrens beobachtet. H istologisch wird bei Kindern in der überwiegenden Mehrheit ein papilläres Schilddrüsenkarzinom gefun den, selten dagegen ein follikuläres meist i n Assoziation mit einer angeborenen Hypothyreose. Das anaplastische Schilddrüsenkarzinom hat im Kindesalter keine Bedeu tung. Postoperativ wird beim papillären und follikulären Karzinom obligat eine adjuvante Radiojodtherapie du rehgefüh rt Eine Sonderstellung kommt dem medullären Schild drüsenkarzinom (MTC) zu. W ird dieses im Kindesalter diagnostiziert, so muss davon ausgegangen werden, dass es im Rahmen einer Form des multiplen endokrinen Neoplasiesyndroms Typ 2 (MEN-2) ausgeprägt wird. Dieses Syndrom ist streng mit spezifischen Keimbahn mutationen des RET-Protoonkogens assoziiert. Diesbe züglich ist entweder eine entsprechende Familienanam nese zu erheben, oder es handelt sich um Neumutatio nen, sodass das erkrankte Kind somit die Indexperson für eine neue M EN-2-Familie darstellt. Ist dagegen in der Familie bereits eine Person mit einem MTC bekannt, ist zu fordern, dass bei ihr eine molekulargenetische Analyse des RET-Protoonkogens durchgeführt wird. Der jeweilige Mutationsnachweis stellt die Grundlage für die dann zu empfehlende prädiktive genetische Dia gnostik dar. Die Identifizierung von Mutationsträgern als Risikopersonen bedingt die E mpfehlung einer pro phylaktischen totalen Thyreoidektomie als elektiven Eingriff. A uf der Grundlage einer gut etablierten Geno typ-Phänotyp- Korrelation gibt es für die Durchführung der Operation sowie den Zeitpunkt der Operation detail l ierte Empfehlungen ( > Box 2.2).
31
32
2
Kopf und Halsregion
B O X
2 . 2
R I S I K O S T U F E N
D E S
M E N - 2
(resultierend aus Genotyp-Phänotyp-Analysen mit entspre chenden Em pfeh lu ngen zum therapeutischen Management)
I
Risikostufe 3 •
RfT-Keimbahnmutation der Codons:
nom, follikuläre Hyperplasie, Schilddrüsenzysten, Base dow- H yperthyreose , Hashimoto-Thyreoiditis), so er folgt im Verlauf eine halbjährige klinische Kontrolle mit Sonographie des Lokalbefunds, Bestimmung der Schild drüsenrestfunktion und ggf. hormoneller Einstellung durch d en pädia tris che n E ndokrinol ogen .
883, 9 1 8, 922 •
•
Empfehlungen z u m therapeutischen Management:
Prophylaktis che totale Thyreoidektomie innerhalb der ersten 6 Lebensmonate mit primärer LK-Dissektion der zentralen Kompartimente Kontroverse:
keine Risikostufe 2 • RH- Keimbahnmutation der Codons:
6 1 1 ' 6 1 8, 620, 634 • Empfehlungen zum therapeutischen Management:
Prophylaktis che totale Thyreoidektomie bis zum 5. Lebensjahr
•
Kontroverse:
Frage der primären LK-Dissektion der zentralen Komparti mente u nabhängig von den präoperativen Calc it enin Werten
2.1 0.3 Kom p l i kat i o n u n d Prog n ose Die Prognose hinsichtlich des Überlebens ist für das papilläre und follikuläre Schilddrüsenkarzinom auch im primär fo rtgesch ri ttenen Stadium bei diesem Vor gehen mit totaler 1hyreo idektomie, Lymphknotendis sektion, adjuvanter Radiojodtherapie und anschließen der TSH -suppressiver L-Thyroxin-Behandlung sehr gut und liegt bei ca. 90%. Für das medulläre Schi l ddrü senkarzinom hängt die Prognose von der Option der radikalen chirurgischen Sanierung ab. Daher stellt die Umsetzung des Konzepts der prophylaktischen Opera tion einen äußerst wichtigen prog nosti sche n Parame te r da r.
Risikostufe 1 •
RfT-Keimbahnmutation der Codons:
609, 768, 790, 79 1 , 804, 89 1 •
Empfehlungen zum therapeutischen Management:
2 . 1 1 S ch ä d e i - H i rn-Ve r l etz u n g e n
Prophylaktische totale Thyreoidektomie •
Kontroverse:
Frage nach dem optimalen Operationszeitpunkt - bis zum 5. Lebensjahr - bis zum 1 0. Lebensjahr - nach dem ersten path ol ogischen Pentagastrin-stimulierten Calcitonin-Wert
Be im mögl i chen V o rl iege n einer Neumutation (7- 1 0% aller MEN-2A- Patienten und bis zu 50% al l er MEN-2B Patienten) b as i ert di e Di agnose auf der Bestimmung des basalen oder des Pentagastrin-stimulierten Calcitonins und lässt bei entsprechend pathologischen Werten des Tumormarkers eine sichere präoperative D iagnose zu. Da die chirurgische Resektion den ei n zigen kurativen Therapieansatz für das medulläre Schilddrüsenkarzi nom darstellt, erfolgt in diesen Fällen immer eine radi kale totale Thyreoidektomie mit Dissektion der zentra len oder betroffenen Lymphknotenkompartimente. Eine Radiojodtherapie ist ohne therapeutische Relevanz. In solchen scheinbar sporadischen Fällen i s t immer e i n e m olek ula rgen et i s che Di a g nost ik des RET-Protoonko gens zusammen mit einer humangenetischen Be rat un g anzuschließen. Ergibt die chirurgische A b klärun g ei nes Sch ilddrü sen k noten s einen gu t art igen Befund (Sch ilddrüsenade-
I m Ja h r 2003 wurden nach Angaben des statistischen Bundesamtes 1 25 574 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 20 Jahren mit sog. Kopfverletzungen (I CD- ! 0 SOO-S09) stationär behandelt. A ußerdem sind Schädel Hirn-Traumata (SHT) die h ä u fig ste U rs ache von Todes fallen und bleibenden Behinderungen im Kindes- und Jugendalter. Während das Schädel-H irn-Trauma des J uge n dl i c he n dem im Erwachsenenalter ähnelt, bestehen insbeso nde re im Säu gl i ngs- und Kleinkindesalter aufgrund unter schiedlicher Kopf-Körper-Proportionen, altersabhängi gen metabolischen Voraussetzungen mit erhöhter Nei gung zum genera l isie rte n H irnödem sowie spez i e l le n Verletzungsmechanismen Unterschiede. Besonderes Augenmerk m uss den Schädel-Hirn- V erl et zu nge n im Rahmen von Kindesmisshandlungen ( Schü tt el t ra um a , :> Abb. 2.26 und >- Abb. 2.27) gelten, von denen vor allem Kinder in den ersten 3 Lebe n sj ah ren betroffen sind und die oft m eh rze i t ige, schwere, kombinierte i n tra kra n i e ll e Verletzu n gen aufweisen, häu fi g mit m assi ven diffusen axonalen Ve rl et zu nge n und A ugenhinter g ru ndei n bl utungen .
2 . 1 1 Schädel-Hirn-Verletzungen
33
Tab. 2.1 Glasgow Coma Scale. a) Verbale Antwort: > 24 Monate
5 Punkte
spricht verständlich, ist orientiert
4 Punkte
spricht unzusammenhängend, ist verwirrt, desorientiert
3 Punkte
antwortet i nadäquat, Wortsalat
2 Punkte
unverständliche Laute
1 Punkt
keine verbalen Äußerungen
a) Verbale Antwort:
<
24 Monate
5 Punkte
fixiert, verfolgt, erkennt, lacht
4 Pun kte
fixiert und verfolgt in konstant, erkennt nicht si ch er lacht nicht situationsbedingt ,
3 Punkte
Abb. 2.26 Zwei Monate alter Säugling m it Zustand nach Schüttel trauma; klinisch ausgeprägte Symptomatik einer intrakraniellen Drucksteigeru ng; das MRT des Schädels zeigt ein beidseitiges mas sives Subduralhygrom; Untersuchung des Augenhintergrunds bestä tigt m u l t iple retinale Einbl u tungen
nur zeitweise erweckbar, trinkt und isst nicht, Bedrohreflexe (ab 4 Monaten) nicht sicher au s lös b a r
2 P u nkte
ist motorisch unruhig, jedoch nicht erweckbar
1 Punkt
kein Kontakt zur Umwelt, keine Beantwortung visuell, akustisch oder sensorisch ausgelöster Reize
b) Motorische Antwort
6 Punkte
greift gezielt auf Aufforderung, befolgt andere motorische Aufforderungen prompt
5 Punkte
gezielte Abwehr eines Schmerzreizes möglich
4 Punkte
ungezielte Beugebewegu ngen auf Schmerzreize
3 Punkte
ungezielte Beugebewegu ngen an den Armen auf Schmerzreize, Strecktendenz an den Beinen (Dekortikationshaltung)
2 Punkte
Extension aller vier Extremitäten auf Schmerz reize (Dezerebrationshaltung)
1
keine motorische Antwort auf Schmerzreize
.
Punkt
c) Augen öffnen
4 Punkte
spontanes Augenöffnen
3 Punkte
Augenöffnen auf Anruf
2
Augenöffnen auf Schmerzreiz
Punkte
1 Pu nkt
kein Augenöffnen
seinsstörung, d i e i nsbesondere bei i nitial intubierten Pa
Abb. 2.27 Korrelierend zum Schütteltrauma stellt sich im Röntgen
bild des Thorax eine ältere Rippenserienfraktur links dar; Pfeile mar kieren den Kugelkallus der Ri ppen IV-VI links.
tienten kaum korrekt beurteilbar ist. Zur klinischen Schweregradeinteilung ist der i ni t ia l schlechteste
Glasgow Coma Scale (GCS, > Tab. 2. 1 ) am gebräuchlichsten. Da nach wird folgende E i nte i lung vorgenommen: •
leichtes Schädel- H i rn-Trauma (GCS
1 3- 1 5
Punkte)
• moderates Schädel-Hirn-Trauma (GCS
2.1 1 . 1 K l i n i k u n d D i ag n o sti k
9-1 2 P unkte) • schweres Schädel- H i rn-Trauma (GCS < 9 P un kte)
Während i m angloamerikanischen Sprachbereich nur
A ndere gebräuch liche Term i n i wie Schädelprell u ng und
zwischen leichten und schweren Schädel-H irn-Verletzun
Commotio cerebri fal len unter "leicht", mit einer Con tu
gen unterschieden wird, werden diese i m deutschsprachi
sio cerebri als A u sdruck einer substanziellen Zere
gen Raum i n der Regel in drei Schweregrade ei ngetei l t .
bralsch ädigung beginnt ein "moderates/schweres" Schä
Häufig gesch ieht dies willkürl ich bzw. erst retrospekt i v
del - H i rn -Trauma. Die kl i n i schen B i lder werden wie
oder orientiert s i c h an der Dauer d e r i n itialen Bewusst-
folgt defi n iert:
I
34
2
•
I
Kopf und Halsregion
Schädelprellung: Trauma ohne Vigilanz-/Bewusstseinsstörung, GCS immer 15 Punkte, ohne Amnesie, Ü belkeit, Erbre chen oder sonstige neurologische Symptomatik • Commotio cerebri (Gehirnerschütterung): Geschlossenes Schädel-Hirn-Trauma leichten Grades mit transienten, voll reversiblen Hirnfunktionsstö rungen ohne nachweisbare m orphologis che intrakra nielle Läsion; möglicherweise kombiniert mit un komplizierter Kalottenfraktur - Mögliche Symptomatik: Kurzzeitige Vigilanz-/Bewusstseinsstörung ( < 15 min, GCS immer > 11 Punkte), kurze antero oder retrograde Amnesie ( < 24 h), Übelkeit, Erbre chen, Schwindel, Kopfschmerzen, symmetrische Reflexsteigerungen, keine neurologischen Fokal zeichen • Contusio cerebri: Morphologische H irnsubstanzverletzung, z.B. mit Blutung und Ödem - Mögliche Symptomatik: Zunehmende oder länger dauernde Vigilanz-/Be wusstseinsstörung (> 15 min), lange antero- oder retrograde Amnesie (> 24 h), rezidivierendes Er brechen, fokale neurologische Ausfalle Ziel der prähospitalen Beurteilung eines Patienten nach anamnestisch angegebenem Schädel-Hirn-Trauma stellt die Klärung der Indikation zur stationären Einweisung dar. Diese soll dann erfolgen, wenn der Zustand des Pa tienten ein Risiko für das Auftreten einer intrakraniellen Verletzung aufweist. Zur Abschätzung dieses Risikos gibt es Kriterien, die einzeln überwiegend eine geringe Evidenzstärke aufweisen, in der Summe jedoch eine ver lässliche Einschätzung erlauben: 1. primäre Bewusstlosigkeit 2. Amnesie 3. neurologische Symptome bzw. posttraumatische Krampfanfalle 4. Erbrechen 5. klinische Zeichen für eine Schädelfraktur (Kephal hämatom, I mpressionen, penetrierende Verletzun gen, Liquorrhö) 6. ausgeprägtes Hämatom beim Säugling 7. anhaltende Kopfschmerzen 8. Unfallmechanismus 9. Gerinnungsstörungen bzw. Anwendung von Antikoagulanzien 10. Verdacht auf Misshandlung I I . Einnahme von Alkohol oder anderen Drogen 1 2 . Alter < 2 Jahre Bei Fehlen aller Kriterien ist das Auftreten intrakran iel ler Verletzungen, insbesondere von Blutungen, sehr un-
wahrscheinlich. Sollte es im Intervall dennoch zu einer Verschlechterung kommen, tritt diese meistens inner halb der ersten 6 Stunden, fast immer innerhalb der ers ten 24 Stunden nach dem Trauma auf. Es sind folgende Verletzungen zu unterscheiden: • Epidurales Hämatom Zwischen der Dura und der Kalotte gelegene Blutung, z.B. durch Einriss der Arteria meningea media in Verbindung mit einer Schädelfraktur ( >- Abb. 2.28). • Subdurales Hämatom Unter der Dura gelegene Blutung, z.B. nach Brücken venen-, Falx- oder Tentoriumeinriss ( >- Abb. 2.29). • Subarachnoidale Blutung Zwischen Arachnoidea und Pia mater gelegene Blu tung, evtl. mit Ausbreitung in die basalen Zisternen, häufig mit Blutauflagerung auf dem Tentorium cere belli ( >- Abb. 2.30 und >- Abb. 2.3 1 ) . • Intraventrikuläre Blutung Blutanteile im Ventrikelsystem, z.B. durch Einblu tung des Plexus choroideus. • Hirnparenchymblutung
Blutung im Hirnparenchym durch Kontusion, z.B. als Coup- und Contrecoup-Läsionen. • Diffuse axonale Verletzungen I ntraparenchymatöse Verletzungen durch Absche rung axonaler Strukturen durch hohe Translations kräfte mit oder ohne sichtbare Einblutungen, vorwie gend im Marklager, Corpus callosum und P an s Ist die sichere Zuordnung initial nicht möglich oder be steht der Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma im .
Abb. 2.28
Elfjähriger Knabe nach Fahrradsturz zeigt den typischen Befund eines frontalen epiduralen Hämatoms rechts.
2 . 1 1 Schädel-Hirn-Verletzungen
Abb. 2.29 Zweijähriges Kind m it Zustand nach Verkehrsunfall mit
ausgedehntem subduralem Hämatom links, einer Mittellinienverla g ung nach rechts, einem komprimierten Ventrikelsystem und ausge dehnten Kontusionsherden links.
Abb. 2.30 Zwölfjä hriges Mädchen als Fahrradfahrer ohne Schutz
helm von einem Pkw angefahren, primäre Bewusstlosigkeit; CT zeigt mu ltiple subarachnoidale Blutungen und eine diskrete Mitlei linienverlagerung nach rechts.
Rahmen einer Kindesmisshandlung, so sollte insbeson dere bei Kindern im I . und 2. Lebensjahr bei der Ent scheidung über das Vorgehen von einem höheren Trau magrad ausgegangen werden. In dieser Altersgruppe kann auch ein SHT, das klinisch primär als Schädelprel lung i m pon iert, G ru n d fü r eine stationäre A u fnahme mit Neu r o m o n i taring sein. Am Unfallort sind neben der Erhebung der Anamne se als Sofo rtmaßnahmen die Erhebung des Glasgow Co ma Scale (GCS) mit Dokumentation der Uhrzeit, die Si-
Abb. 2.31 Im Verlauf klart das Mädchen nicht auf, sodass nach 48
Stunden ein MRT durchgeführt wird. Neben der fortbestehenden Mittellinienverlagerung nach rechts zeigen sich a usgedehnte Kontu sionsherde l inks frontal und temporal.
cherung der Herz- Kreislauf-Funktion (venöse Zugänge, Infusion) sowie die Sicherstellung der Oxygenierung ( Sauerstoffsättigung > 90% ), wozu der Verletzte ggf. in tubiert und beatmet werden muss, relevant. Bei be wusstlosen Patienten bzw. wenn der U n fallmechanis mus eine Verletzung der Wirbelsäule ( insb. der Halswir belsäule) vermuten lässt, sind entsprechende protektive Maßnahmen anzuwenden (Vakuummatratze, Stitf neck). Die Auswahl der Klinik richtet sich nach der Schwere der Verletzung, der Entfernung vom Unfallort und der Ausstattung der Klinik. Prinzipiell muss die Kli nik die Voraussetzungen für eine kindgerechte medizi nische Betreuung gewährleisten. Bei Vorliegen eines mittelschweren oder schweren SHT (GCS < 1 3 ) sollten die Voraussetzungen fü r eine adäquate bildgebende Dia gnostik (CT/MRT) und für eine entsprechende Behand lung (interdisziplinäre pädiatrische I ntensivtherapiesta tion) sowie die Option einer chirurgischen I ntervention (Neurochirurgie/Kinderchirurgie) vorhanden sein. Die Diagnostik umfasst neben dem im Verlauf weiter hin zu dokumentierenden GCS die Bildgebung des Neu rokraniums. Die I ndikation zur transfontanellaren (bis 18 Monate) und transkraniellen (bis 14 Jahre) Sonogra phie kann g r u n d s ätzl i c h bei j edem Schädel-Hirn-Trau ma gestellt werden. Sie kann in den Fällen, in denen kli nisch eine Indikation zur stationären Aufnahme und sofortigen CI-Untersuchung nicht gegeben ist, zusätzli che Sicherheit beim Ausschluss behandlungsbedürftiger int rakranieller Blutungen geben. Zusätzliche Optionen der Sonographischen Bildgebung bestehen in der Erken nung ei ner Impressionsfraktur oder wachsenden Frak-
35
36
I
2
Kopf und Halsregion
tur sowie in der Abschätzung des Hirndrucks durch Dopplersonographie oder Darstellung des N. opticus. Die konventionelle Röntgendiagnostik ist wegen der Sonographischen Möglichkeiten beim leichten Schädel Hirn-Trauma und der erforderlichen CT-Bildgebung bei leichtem Schädel-Hirn-Trauma mit zusätzlichen Risi ken, bei moderatem und bei schwerem Schädel-H irn Trauma, bei Impressionsfrakturen bzw. Pingpong-Im pression ( Impression beträgt mindestens Kalottendi cke), bei klaffenden bzw. wachsenden Kalottenfrakturen (Frakturspalt mehr als 3 mm) und bei Schädelbasisfrak turen (mit Duraleck) selten erforderlich. Indiziert sind native Röntgenaufnahmen: • bei Verdacht auf metallischen Fremdkörper • z u m Nachweis einer Fraktur bei klinischem Verdacht (Kephalhämatom) und nicht gegebener CI-Indikati on und fehlenden Sonographischen Mögl i ch keiten • Verdacht auf Verletzungen des kraniozervikalen Übergangs bzw. der HWS mit Verdacht auf Fraktur und Instabilität, da hier gehaltene Funktionsaufnah men erforderlich sind Die Indikation zur umgehenden Durchführung eines Schädel-CI ist gegeben bei moderatem und schwerem Schädel-Hirn-Trauma. Sie ist ferner gegeben bei leich tem Schädel- Hirn-Trauma, wenn nach Anamnese oder klinischem Befund bei Erstuntersuchung oder im Ver lauf der Verdacht auf eine möglicherweise behandlungs ptlichtige intrakranielle Verletzung besteht. Gegen eine generelle bzw. großzügige Indikationsstellung zur CT Untersuchung bei leichtem SHT sprechen neben den Kosten die Strahlenbelastung und die meist notwendige Sedierung. Im Regelfall besteht bei einem Schädel- Hirn-Trauma akut keine I ndikation zur Durchführung eines Schädei M RT. Ausnahmen sind: • Der klinische Zustand (z.B. Koma) passt nicht zu den objektivierbaren Befunden. Dann sofort MRT z.B. mit der Fragestellung: H irndruck/Einklemmung nichttraumatischer Ursache, Sinusthrombose, Enze phalitis, Meningitis • Verdacht auf Verletzungen des zervikalen Myelons • Verdacht auf Misshandlung • Bei moderatem oder schwerem SHT hat die M RT ihre Bedeutung im Verlauf zur Darstellung initial nicht detektierter Läsionen ( > Abb. 2.30 und > Abb. 2.3 1 ) auch bei V. a. hattered child (Nach weis mehrzeitiger Verletzu ngen), sowie bei nicht ad äquat aufwachendem Patienten oder anhaltender Diskrepanz zwischen initialen Befunden und klini schem Verlauf. ,
2.1 1 . 2 Th e ra p i e Ziel der Therapie nach einem SHT ist es, das Ausmaß der sekundären H irnschädigung zu begrenzen und den funktionsgeschädigten, aber nicht zerstörten Zellen des Gehirns optimale Bedingungen für die funktionelle Re generation zu geben. Operationspflichtige Verletzungs folgen müssen rechtzeitig behandelt werden. Die TI1era pie beginnt am Unfallort und setzt sich im Krankenhaus fort. Bei Patienten mit einem leichten und mittelschweren SHT beschränkt sich die Behandlung auf ein allgemeines Monitoring. Die Patienten sollen Bettruhe einhalten. Beim Vorliegen von Erbrechen ist eine initiale Nah rungskarenz mit anschließend stufenweise erfolgendem Kostaufbau indiziert. Die Lagerung mit 30°-0berkörper hochlagerung wird aus pathophysiologischen Ü berle gungen heraus empfohlen. Das Monitaring soll die Fort führung der GCS-Erhebung, die Prüfung der Pupillen größe und Reaktion auf Licht und die Dokumentation der Atem- und Herzfrequenz sowie der Sauerstoffsätti gung implizieren. Allgemein wird empfohlen, die Fre quenz der Dokumentation halbstündlich vorzunehmen, bis der Patient einen GCS von 1 5 erlangt hat. Dann ist die Dokumentation stündlich ( für 4 Stunden) und spä ter zweistündlich vorzunehmen. Die stat ionäre Überwa chung sollte bis zum Abklingen der durch das Trauma ausgelösten Symptome erfolgen, mindestens aber 24 Stunden. Bei Patienten mit einem schweren SHT sollte die Be handlung mögl ichs t auf ei ner pädiatrischen Intensivsta tion erfolgen, die mindestens Pulsoxymetrie, zentrale Venendruckmessung, invasive arterielle Blutdruckmes sung und H irndruckmessung bei Kindern beherrscht. Ziel der intensivmedizinischen Behandlung nach schwe rem Schädel-H irn-Trauma ist die Aufrechterhaltung d er Vitalfu nktionen und frühzeitige Erkennung und ange messene Therapie bedrohlicher Komplikationen. Die Erkennung und Behandlung von Hirndruckerhöhungen und Hirnblutungen sowie Vermeidung sekundärer und t her a p iebedingt er Komp l ika tione n steht dabei im Vor dergrund und kann n icht ohne invasive H irndruckmes sung erfolgen. Die Messung des intrakraniellen Drucks (ICP) hat in den letzten Jahrzehnten international ihren Einzug auch in die A k ut versorgung schädelh irnverletz ter Kinder gefunden und wird bei be wuss tl ose n Patien ten unter Berücksich tigung des klin ischen Verl a u fs und der bild morphologischen Befunde nach SHT zur Über wachung und ll1era pieste uerung eingesetzt. Für die Durchführung einer durch den zerebralen Perfusions ctruck (CPP) gesteuerten "n1erapie ist sie eine Conditio sine qua non. Zur kont inuierlichen Bestimmung des
2.1 1
Tab.
2.2 Messgrößen und Zielbereiche der i ntensivthera
pe u t ischen Behandlung Schädel-Hi rn-verletzter Kinder
Schädel-Hirn-Verletzungen
nährung dar. Diese sollte am dritten Tag beginnen und nach einer Woche vollständig erfolgt sein.
Messgröße
Ziel bereich
A n tikonvulsiva (z.B. Phenytoin, Carbamazepin, lllio
Intrakranieller Druck (ICP)
< 20 m mHg
pental) werden zur Behandlung früher und später post
Zerebraler Perfusionsdruck (CPP)
> 40 mmHg bei Kindern
traumatischer Krampfanfälle und zur Prophylaxe früher
CPP
zwischen 50 u n d 65 m m H g bei Kindern ü b e r 1 Jahr
=
MAD - ICP
<
1 Jahr
Arterieller Blutdruck
50. Perzentile der A ltersnorm
Zentralvenöser Druck (ZVD)
5-8 m m H g
Periphere Sauerstoffsättigung > 95% Periphere pC02
MAD
=
zwischen 35 und 45 mmHg
mittlerer arterieller Druck
Krampfanfälle eingesetzt. Eine antikonvulsive Therapie verhindert das A uftreten epileptischer A n fälle in der Frühphase nach Trauma. Eine Prophylaxe spättraumati scher Epilepsien oder eine Verbesserung des klinischen Ergebnisses ist jedoch nicht möglich. Die Notwendigkeit einer antibiotischen Prophylaxe bei frontobasalen Frakturen mit Liquorrhoe wird kont rovers diskutiert. Es konnte bisher nicht überzeugend belegt werden, dass die prophylaktische Gabe von Anti biotika Infektionen verhindert oder die Heilungscha n
CPP ist eine invasive I CP -Messung erforderlich. Solange
c e n verbessert.
die Ventrikel nicht vollständig ausgepresst sind, bietet
Kortikoide wurden und werden bei drohendem oder
das ICP-Monitoring über eine Ventrikeldrainage die
manifestem posttraumatischem H irnödem eingesetzt,
Möglichkeit, durch Ablassen von Liquor einen erhöhten
um die Volumenzunahme des Hirns und dadurch den
ICP zu senken. Alternativ steht eine ICP- Messung über
Hirndruck zu senken.
eine intraparenchymatöse D rucksonde zur Verfügung.
M ittlerweile liegen gut kontrollierte Studien vor, die
Die Ziele der Behandlung werden wie folgt defin iert
diese Erwartung nicht bestätigen, sondern nahelegen,
(
dass sich die Heilungschancen vermindern.
>
Tab.
2.2).
Die therapeutischen Maßnahmen zur Reduktion ei
Aufgrund theoretischer Überlegungen und tierexpe
nes erhöhten ICP umfassen:
rimenteller Daten erscheint es möglich, durch frühzeiti
•
Lagerung (Oberkörper 30° hoch, Kopf in M i ttelstel-
ge medikamentöse Intervention auf zellulärer Ebene
lung,
den posttraumatischen Hirnschaden zu begrenzen. Alle
minimal handling)
•
Analgosedierung
bisher in klinischen Studien geprüften Substanzen ha
•
Relaxierung
ben diese Erwartungen jedoch nicht erfüllt.
•
Beatmung ( Ziel der Normokapnie)
• Flüssigkeitsrestriktion (auf 70% des Normal bedarfs, • •
Eine weitere wesentliche Säule der Behandlung stellt die chirurgische 1herapie dar. Raumfordernde in trakra
keine Hypovolämie)
nielle Verletzungen stellen eine absolut dringliche Ope
20%, NaCI 3%) Körpertemperatur ( Kerntemperatur 36-37 °C)
rationsindikation dar. Dies gilt sowohl für traumatische
Osmotische 1l1erapie ( M annitol
intrakranielle Blutungen (Epiduralhämatom, Subdural
Führen diese Maßnahmen nicht zum Erfolg, so stehen
hämatom, I ntrazerebralhämatom/Kontusion) als auch
bei therapierefraktärer ICP- Erhöhung folgende Optio
für raumfordernde Impressionsfrakturen. Die Definiti
nen zur Verfügu ng:
on der Raumforderung ergibt sich dabei durch die Ver
•
Hyperventilation (mild: pC02 siv: pC02
•
35-30 mmHg, aggres
< 30 mmHg)
Ventrikeldrainage und ggf. zusätzliche lumbale Drai nage bei
Patienten mit oA'enen Zisternen und ohne
Mittellin ienverlagerung oder ohne massive Raumfor •
lagerung zerebraler Strukturen, insbesondere des nor malerweise i n der M ittellinie gelegenen
3.
Ventrikels.
Neben dem Befund in der Computertomographie ( D i
cke, Volumen und Lokalisation d e s Hä matoms, A u s m a ß d e r M ittellinienverlagerung) i s t der klinische Befund
derungen
entscheidend für die Indikationsstellung und die Schnel
Hochdosierte Barbiturattherapie
ligkeit, mit der die operative Versorgung zu erfolgen hat.
• Dekompressive
Kraniotomie zerebralen Perfusionsdrucks (CPP) lässt sich durch M a n ipulation des mittleren arteriellen
Bei Zeichen einer transtentoriellen Herniation können
Eine Erhöhung des
Minu ten über das klinische Ergebnis entscheiden.
D rucks erzielen. Dies kann erfolgen über:
gen und stabilem neurologischem Befund ein nichtope
•
Vol umentherapie, bis ZVD im Z ie l bere ic h liegt
•
Ka t ec h o l a m ine
Ein
weiteres Element der konservativen 'l l1erapie eines
Schädel- H i rn - V e rletzten stellt die frühzeitige orale Er-
In Einzelfällen ist bei nichtrau mfordernden Blutun
ratives Vorgehen gerechtfertigt. Diese Patienten müssen einer engmasch igen klinischen und computerto
aber
mographischen
Verlaufsbeobachtung
(CI-Kontrolle
nach 6 Stunden) unterzogen werden. Im Fall einer klini-
37
38
I
2 Kopf und Halsregion
sehen Verschlechterung oder Zunahme der Raumforde rung muss eine sofortige operative Entlastung durch führbar sein. Liegt ein erhöhter intrakranieller Druck vor, der mit tels konservativer Maßnahmen nicht zu senken ist, stellt die Dekompression durch bitemporale Kraniektomie und ggf. Duraerweiterungsplastik eine wirksame Mög lichkeit dar, den Druck operativ zu senken. Die Notwen digkeit ergibt sich meist bei Entwicklung eines ausge prägten Hirnödems mit therapieresistenter Hirndruck erhöhung. Dieses kann insbesondere im Kindesalter mit einer mehrtägigen Latenz, aber auch rasch nach dem Trauma als malignes Hirnödem auftreten. Die Methode ist nach einzelnen Studien mit gutem Behandlungser folg versehen, zurzeit aber noch Gegenstand wissen schaftlicher Untersuchungen und kann daher noch nicht abschließend bewertet werden. Offene oder geschlossene I mpressionsfrakturen ohne Verlagerung der Mittellinienstrukturen, penetrierende Verletzungen, basale Frakturen mit Liquorrhoe, "Ping pong-Frakturen" und "wachsende Frakturen" stellen Operationsindikationen mit aufgeschobener Dringlich keit dar. Bei Schädelbasisfrakturen mit einer Liquorrhoe muss im Verlauf entschieden werden, ob ein Verschluss des Duralecks operativ erfolgen muss. Die Durchführung des Eingriffs bedarf fachspezifischer chirurgischer Kom petenz. Der Zeitpunkt des operativen Eingriffs hängt da bei von vielen Faktoren ab und muss individuell vom Operatem festgelegt werden. D ie einfache Längsfraktur, die typischerweise parietal verläuft bzw. meist in einer der Schädelnähte mündet, bedingt praktisch keine chir urgische Intervention. Bei entsprechender Schwere des Traumas kann sie auch mit einer Nahtsprengung ein hergehen. Allerdings muss das regelhaft vorkommende Kephalhämatom im Intervall punktiert werden, da sonst entstellende Verknöcherungen resultieren können ( > Abb. 2.32). Nicht vital erforderliche Operationen von Begleitverletzungen sollten im Rahmen der Primär versorgung nur durchgeführt werden, soweit sie für die Herstellung einer adäquaten Intensivtherapie erforder lich sind. Im Verlauf nach einem Trauma - typischerweise nach Schütteltraumen - können ausgeprägte Subdu ralergüsse resultieren, die zu einer chronischen, aber auch akut dekompensierten Hirndrucksymptomatik führen. Diese Ergüsse werden wegen ihres hohen Prote ingehalts als Hygrome bezeichnet. Sind Stoffwechselstö rungen ausgeschlossen, ist die traumatische Genese als sicher anzusehen und in diesem Zusammenhang immer an eine Misshandlung zu denken. Unter der Frage eines mehrzeitigen Geschehens sollte nach M öglichkeit vor
Abb. 2.32 Sieben Wochen alter Säugling mit Zustand nach ge
burtstrau matischem Kepha lhämatom, eine Punktion ist nicht er folgt; die 3-D-Rekonstruktion des außerhalb durchgeführten Schä del-Cl zeigt das kalzifizierte Hämatom rechts parietal.
einer chirurgischen Intervention ein M RT des Schädels durchgeführt werden. Bei offener Fontanelle kann eine erste Druckentlastung als Punktion erfolgen. Bildet sich das Hygrom jedoch nach, so ist eine ventillose, subduro peritoneale Drainage notwendig. Ist das Hygrom ver klebt, kann diese Drainage wieder entfernt werden meist ein Jahr nach A nlage der Drainage zusammen mit einer M RT-Kontrolle.
2 . 1 1 .3 Prog n ose Schädel- Hirn-Verletzungen sind im Kindesalter ein häufiges Gesundheitsproblem. Die jährliche I nzidenz wird zwischen 300 und 500 pro 100 000 Kinder ge schätzt, wobei ca. 95% günstig verlaufen. Die verblei benden sind jedoch für 1 5% der Todesfcille bei Kindern über einem Jahr und für 25% der Todesfalle bei Kindern über 5 Jahren verantwortlich. Ü ber 88% der unfallbe dingten Todesfalle sind auf eine schwere Schädel-Hirn Verletzung zurückzuführen - 2005 starben in Deutsch land 3 50 Kinder an deren Folgen. Die Letalität nach ei ner schweren Schädel-Hirn-Verletzung kann im Kindes alter bis zu 45% betragen, und ca. 40% der Kinder werden mit schweren neurologischen Defiziten aus der klinischen Behandlu ng entlassen. Bei allen Schädel -Hirn-Verletzungen ist es wichtig, frühzeitig die Frage der Rehabilitationsbedürftigkeit zu klären. Dafür ist es sinnvoll, am Ende der posttraumati schen Akutphase eine neurologische und neuropsycho logische Statuserhebung, bestehend aus einer klinisch neurologischen Untersuchung und einer neuropsycho logischen Evaluation und Testung, d u rchzuführen.
2.1 1
Prinzipiell sinnvoll ist eine an die stationäre Akutphase anschließende Rehabilitationsbehandlung bei allen Kin dern, die zu diesem Zeitpunkt ein neurologisches, kog n itives oder psychologisches Defizit bzw. Problem auf weisen, das die familiäre, schulische und soziale Integra tion in irgendeiner Weise beeinträchtigen kann. Ziel einer Rehabilitationsbehandlung ist die Wieder erlangung zuvor vorhandener Fähigkeiten und Fertig keiten sowie die Wiedergewinnung des prätraumatisch gegebenen Entwicklungspotenzials. LITERATUR AWMF online: 52 Leitlinie " Das Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter" Blauth M, Schmidt U, Lange U (1 gg8) Verletzungen der Halswir belsäule bei Kindern. Der Unfallchirurg 1 0 1 : 590-61 2 Bowman RM, Melone DG, G rant JA, Tomita T (2001 ) Spina B iti da Outcome. A 25- Year Prospective. Pediatric Neurosurgery 34: 1 1 4-1 20 Christensen B, Arbour L, Tran P, et al. (1 999) Genetic polymor phisms in methylenetetra-hydrofolate reductase and methio nine synthase, folate Ieveis in red blood cells, and risk of neu ral tube defects. Am J Med Genet 84: 1 51 -1 57 Fichter MA, Dornseifer U, Henke J, et al. (2008) Fetal Spina Bifi da Repair - Current Trends and Prospects of Intrauterine Neu rosurgery. Fetal Diagnosis and Therapy 23: 2 7 1 -286 Gupta N, Park J, Solomon C. et al. (2007) Long-term outcomes in patients with treated childhood hydrocephalus. J Neuro surg Pediatrics 1 06: 334-339 Hazra R, Robson CD, Perez-Atayde AR, Husson RN ( 1 999) Lymphadenitis Due to Nontuberculous Mycobacteria in Child ren: Presentation and Response to Therapy. Clinical lnfectious Diseases 28: 1 23-1 29 Jamous M, Sood S, Kumar R, Ham S (2003) Frontal and Occipi tal Horn Width Ratio for the Evaluation of Small and Asym metrical Ventricles. Pediatric Neurosurgery 39: 1 7-21
Schädel-Hirn-Verletzungen
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39
I
KAPITEL
3 3.1 3 . 1 .1 3 . 1 .2 3 . 1 .3 3 . 1 .4 3 . 1 .5
Jörg F uchs und P h i l ipp Szavay
Thorax
Ö sophagusatresie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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43 43 43 43 44 44 44 46 46
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47 47 47 47 47
Kongenitale Ösophagusstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47 48 48 48 48 48 49 49
3. 1 . 7 3 . 1 .8
Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptome . . . . . . . . . . . . . . . D i agn ostik . . . . . . . . . . . . . . . . Differenzialdiagnose . . . . . . . Begleitfehlbildungen . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen und Morbidität Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2
Angeborene ösophagotracheale Fistel (H-Fistel)
3 . 2. 1
Sym pto m e D iagnostik Therapie . Prognose
3.1 .6
3 .2.2 3.2.3 3 . 2 .4 3.3 3.3 . 1 3.3.2 3.3.3 3.3. 4 3.3.5
3.3.6 3.3. 7 3.4 3. 4. 1
. . . . . . . ..
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Klass ifikation . . . . . Symptome . . . . . . . . Dia gn osti k . . . . . . . . Differenzialdiagnose Therapie . . . . . . . . . Komplikationen . . . . Prognose . . . . . .
.
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3.4.3 3.4.4 3.4.5
.
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3.5
Ö sophag usverätzungen . . .
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3.5.1 3 . 5 .2 3.5.3 3.5.4 3.5.5
Symptome . . . . . . Klassifikation . . . Diagnostik . . . . . Therapie . . Prognose
3.6
Ö sophagusfremdkörper
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3.6.1 3.6.2 3 6 .3
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Ö sophagusachalasie
Kla ssifi ka tio n Symptome Diagnostik . . .. Therapie Komplikationen
3.4.2
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. . . . . .. Symptome Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . The rapie .
49 49
42
I
3 Thorax
...................... ....................
3.7
Laryngotracheale Spalte (Cieft-Syndrom)
3.7.1 3.7.2 3 .7.3 3 .7.4
Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 .8
Ö sophagusersatz
3.8.1 3 .8.2 3.8.3 3.8.4
.. .. .. .. ..
54 54 55 56 57
............................................................
58 58 58 59
..... Koloninterposition . . . . . Magenschlauchplasti k . . Mageninterposition . . . . Jejunale I nterpo s itio n . . .
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Mediastinaltumo ren
3.9.1 3.9.2 3 .9.3
Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgewählte Tumorentitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.10
Angeborene pulmonale Fehlbildungen
3 . 1 0.1 3.1 0.2 3 . 1 0.3 3 . 1 0.4 3.1 1
3.1 1 .1 3 . 1 1 .2 3 . 1 1 .3
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
............ Kongenitale zystisch-adenomatoide Malformation (CCAM) Kongenitales lobäres Emphysem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lungensequestration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittellappensyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. Symptome . . . Diagnostik . . . Therapie . . . . .
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Chylothorax
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3 . 1 3.1 3 . 1 3.2
Brustwandfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trichterbrust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kielbrust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Gynäkomastie
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3. 1 2
3.12.1 3.1 2.2 3.13
............. ... Pneumothorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pleuraempyem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erworbene Erkrankungen von Pleura und Tho rax
3.1 Ö sophagusatresie
3.1 Öso p h a gusatres i e Die Ö sophagusatresie ist eine Hemmungsfehlbildung, die zum angeborenen Verschluss der Speiseröhre mit oder ohne Fistelbildung zur Trachea führt. Embryolo gisch handelt es sich hierbei um eine Abfaltungsstörung des Vorderdarms, aus dem sich der Ö sophagus und die Trachea entwickeln. Die Ätiologie ist unbekannt und die genaue Pathoge nese weitestgehend ungeklärt. Die lnzidenz der Erkran kung wird von den meisten Autoren m it 1 : 3000 Le bendgeburten angeben. Eine geschlechtsspezifische Dis position liegt nicht vor.
3 . 1 . 1 Fo rm en D i e Klassifikation der Ösophagusatresie ist sehr unter schiedlich. Grundsätzlich unterscheidet man die Eintei lungen nach Gross ( 1 953) und Vogt { 1 929). Letztere hat im klinischen Alltag nach wie vor eine große Bedeutung ( >- Abb. 3. 1 ) . Der Typ Vogt I!Ib hat eine Häufigkeit von über 85% aller Fälle.
3 . 1 .2 Sym ptom e Einen bedeutenden Stellenwert in d e r Diagnostik der Ösophagusatresie nimmt die pränatale Diagnostik ein. Die M ütter entwickeln ein Hydramnion, und nicht sel ten sind weitere Begleitfehlbildungen wie Herzfehler, Nierenfehlbildungen oder Darmatresien pränatal er kennbar.
Typ II
Typ lila
Abb. 3 . 1 Einteilung der Ösophagusatresie nach Vogt.
Postnatal fallen die Säuglinge durch Schaumbildung vor dem M und und eventuell Husten- und Zyanosean falle aufgrund von Aspirationen auf. Bei der Existenz von Fisteln des distalen Ö sophagussegments zur Tra chea ist der Oberbauch durch die intestinale Luftan sammlung gebläht. In Abhängigkeit von der Größe der Fistel, den Aspirationen und auch den kardialen Begleit fehlbildungen können die Kinder nicht selten lebensbe drohlich krank sein.
3.1 .3 D i a g n ost i k Die Sondierung des Magens durch die Hebamme ist bei der Erstversorgung des Neugeborenen nicht möglich. Beim Einführen der Magensonde kommt es nach ca. 10 cm von der Zahnleiste zu einem Stopp oder zum Auf rollen der Magensonde. Die Röntgenübersichtsaufnahme unter Einbeziehung des Abdomens zeigt die Magensonde im oberen Blind sack und erlaubt gleichzeitig in Abhängigkeit von der Belüftung des Darms die Aussage, ob eine ösophagotra cheale Fistel besteht (Typ IIIb oder I IIc: Darmschlingen luftgefüllt) oder nicht ( > Abb. 3.2). Fehlt die Luft im Abdomen, l iegt im Regelfall eine langstreckige Ösopha gusatresie vom Typ I! vor. Die Applikation von Gastrografin in den oberen Blindsack bringt keinen zusätzlichen diagnostischen Vorteil und birgt die Gefahr einer Aspiration. Weitere wesentliche Untersuchungen sind die Sono graphie des Schädels und des Abdomens. H ier können mögliche Begleitfehlbildungen des Gehirns, des Intesti nums und des harnableitenden Systems diagnostiziert werden.
Typ lllb
Typ lllc
43
44
I
3 Thorax
Abb. 3.2 Thoraxübersicht bei Vogt I I I B mit Luft im Abdomen (a) und Vogt II ohne Darmgasnachweis (b).
Die Echokardiographie hat in der Diagnostik von Herzfehlern und dem intrathorakalen Verlauf der Aorta eine Bedeutung. Letztere ist entscheidend für den Zu gangsweg. Bei einer rechts deszendierenden Aorta sollte als Zugang eine linkslaterale Thorakotomie oder Thora kaskopie gewählt werden.
5-7% bleiben. Andere Syndrome sind in ca. 2% aller Fäl le die Charge-Assoziationen ( Kolobome, Herzfehlbil dungen, Choanalatresie, Retardierung, Genitalhypopla sie und Ohranomalien).
3 . 1 .6 Therapie
3.1 .4 D ifferenzi a l d i a g n ose In der Pränataldiagnostik kann ein Polyhydramnion auch bei isolierter Darmatresie, Fehlbildungen des Ge hirns und des Rückenmarks auftreten. Postnatal kann eine Ö sophagusatresie mit dem ex trem selten vorkommenden pharyngealen Pseudodiver tikel verwechselt werden. Ein sog. Cleft -Syndrom ist präoperativ durch eine Bronchoskopie immer auszu schließen ( > Abschn. 3.7).
3.1 .5 Beg l e itfeh l b i ld u n g e n Mehr als die Hälfe aller Kinder mit Ösophagusatresien haben Begleitfehlbildungen. Das V ACTERL-Syndrom ist mit ungefähr 25% die häufigste Konstellation von Be gleitfehlbildungen. H ierbei handelt es sich um ein Akro nym, das für folgende Fehlbildungen steht: V
Vertebrale Fehlbildungen (vertebral)
A
Atresien des Darm s (anal)
c
Kardiale Malformationen (cardia/)
T
Tracheale Fehlbildungen (tracheal)
E
Ösophagusatresien (esophagea/)
R
Renale Anomalien (renal)
L
Extremitätenfehlbildungen (limbs)
Nicht unerwähnt sollen chromosomale Aberrationen wie die Trisomie 1 8 und 2 1 mit e iner Häu fi gkei t von
Im Allgemeinen stellt die operative Korrektur der Öso phagusatresie einen Eingriff mit aufgeschobener Dring lichkeit dar. Grundsätzlich gilt es, die Vitalparameter des Kindes zu stabilisieren, den Wasser- und Elektrolyt haushai t sowie den Säure-Basen-Status auszugleichen. Anschließend ist die o.g. Basisdiagnostik durchzufüh ren. jedes Kind sollte eine sog. Schlürfsonde erhalten, mit der der nicht zu schluckende Speichel intermittie rend abgesaugt wird. Bei gegebener Indikation sollte ei ne Intubation der Maskenbeatmung vorgezogen wer den, da letztere über die möglicherweise bestehende Fistel zu einer Ü berblähung des Oberbauchs füh ren kann. Dadurch werden die bestehenden respiratori schen Probleme aufgrund des zunehmenden Zwerch fellhochstands eventuell verschärft. Unm ittelbar nach Narkoseeinleitung ist eine Laryn gotracheoskopie zum Ausschluss eines Cleft-Syndroms und zur Fistellokalisation durchzuführen. Die chirurgische Korrektur der Ösophagusatresie ist abhängig vom Typ. Ku rzstreckige Ösophagusatresie n können primär chirurgisch via lateraler 1l10rakotomie im 4. I CR ( > Abb. 3.3) ode r 1l10rakoskopie ( > A bb. 3.4} korrigiert werden. Unabhängig vom Zugangsweg wird die V. azygos ligiert und durchtrennt. Anschlie ßend wird die ösophagotrachcale Fistel m i t einer Durch stichligatur versorgt und durch trennt. Nach diesen Ma növern stabilisiert sich d e r Allgemeinzustand des Kin des oft spürbar. Der obere Blindsack wird eröffnet und eine primäre End-zu- End- A nastomose be ide r Ösopha gusstümpfe vorgeno m m e n . D i e meisten K i nderchirur gen schienen die A nastomose mi t einer t rans n a sa le n
3 . 1 Ösop hagusatresie
Abb.
3.3 Chirurgische Korrektur einer Ö sophagusatresie via lateraler Thorakoto mie mit Anschlingen der ösophagotrachea len Fistel (a), Anastomose der Hinterwand (b), Komplettierung der Anastomose (c) und Zustand nach Wundverschluss (d).
Abb. 3.4
Thorakoskopische Korrektur ei ner Ösophagusatresie mit Darstellung der ösophagotrachealen Fistel (a) und dem oberen Bl indsack (b).
Magensonde
über 7- 1 0 Tage. Über diese Sonde kann der Säugl i ng schon am I . postoperativen Tag mit Mut termilch ernährt werden. I n der Regel wird vor Entfer nung der Sonde ein Ösophagogramm zum Ausschluss ei n e s Anastomosen lecks und zur Dokum e n t a t i o n der W e i te der Anastomose durchgeführt. Die operative Korrektur kann grundsätzlich t ranspleu ral (meist beim thorakoskopischen Vo rgeh en) oder re t ropleura l (bei konvent ioneller TI10rakotom ie) erfolgen. Langsireckige Ösop ha gus at re s i e n s tellen auch heute für den Chi rurgen eine H e rau s forderu ng dar. Die Dis tanzen zwischen den Ö sophagusenden betragen oft mehr als 3 cm; e i n e Primäranasto mose ist somi t nicht möglich. Die 'n1erapiekonzepte hierfür sind sehr vielfäl tig. Grundsätzl ich w i rd allen Neugeborenen eine Gastro stomie angelegt. Darüber kann in den kommenden Mo naten eine enterale Ernährung des K i ndes gewährleistet werden. Die A nsich t e n zu r Anlage eine kollaren Öso phagostomie s i nd u n t ersch iedlich. Die M eh rheit der Kinderchirurgen empfiehl t d ie A nl age dieses Stomas,
Ö sophagogramm nach thorakoskopischer Korrektur ei ner Ö sophagusatresie (a) und klinischer Aspekt 4 Wochen postope
Abb. 3 . 5
rativ (b).
45
46
I
3 Thorax
sodass die Kinder ihren Schluckreflex trainieren können und nicht mehr die Gefahr einer Aspiration besteht. Der immer wieder diskutierte Nachteil, dass bei einer sekun dären Anastomose der Ösophagusenden oder bei Öso phagusersatzverfahren eine gewisse Strecke der proxi malen Speiseröhre verloren geht, ist zu vernachlässigen. Langstreckige Ö sophagusatresien können einerseits unter Erhalt des eigenen Ösophagus durch sog. Elonga tionstechniken oder mit Ö sophagusersatzverfahren kor rigiert werden. Die Elongationstechniken ermöglichen eine primäre Anastomose der Ö sophagusenden durch spiralförmige Muskelschlauchinzisionen (nach Livaditis) oder sekun däre Anastomosen nach intermittierenden Bougierun gen der Blindsäcke bzw. nach Dehnung der Ösophagus enden durch die Fadentechnik nach Foker. Einige Auto ren beschreiben auch eine spontane Annäherung der Ösophagusstümpfe ohne mechanische Manipulationen innerhalb der ersten 8-12 Lebenswochen. Demgegenüber stehen die Techniken des Ösophagus ersatzes durch Interposition von Magen (Magen, Ma genschlauch [gastric tube}) oder Darm (Jejunum, Kolon; > Abschn. 3.8).
3.1 .7 Kom p l i kationen u n d M o rb i d ität Relevante Frühkomplikationen nach Korrektur einer Ösophagusatresie sind eine ösophagotracheale Rezidiv fistel und eine Stenose im Anastomosenbereich. Fisteln heilen in der Regel nach erneutem Legen einer gastralen Sonde und Drainage spontan. Nicht selten entsteht je doch in der Folge eine hochgradige Ösophagusstenose ( > Abb. 3.6). Stenosen werden endoskopisch ballondi latiert Die Morbidität bei Kindern mit Ösophagusatresie ist nicht unerheblich. Ein häufiges Problem ist die gastro ösophageale Refluxkrankheit und die Dysphagie (4050% der Fälle). Ursächlich werden hier die primäre Dis-
tanz der Ösophagusenden und Motilitätsstörungen der Speiseröhre verantwortlich gemacht. Der überwiegende Anteil der Kinder kann jedoch erfolgreich konservativ (Lagerung, diätetisch, medikamentös) behandelt wer den. In der Literatur wird in ca. 25% aller Fälle eine ope rative Behandlung der Refluxkrankheit durchgeführt. Die verschiedenen chirurgischen Verfahren wie Thai, Boix-Ochoa, Toupet oder Nissen haben eine annähernd gleiche Erfolgsquote. Ein weiteres Problem ist das Dumping-Syndrom, das nach Mageninterposition, aber auch nach sekundärer Fundoplicatio vorkommen kann und sich nur diätetisch erfolgreich behandeln lässt. Die Tracheomalazie tritt in unterschiedlicher Ausprä gung bei Kindern mit Ösophagusatresie auf. Im Regelfall besteht eine gute Maturahanstendenz innerhalb der ers ten Lebensjahre. Indikationen zur Aortopexie ergeben sich nur bei einem stark selektierten Krankengut (kein " Weaning" von der Beatmung möglich, rezidivierende Apnoen bei nachgewiesener kurzstreckiger Obstruktion in der Bronchoskopie, Lungenatelektasen) . Viele Kinder leiden trotz erfolgreicher Korrektur der Ösophagusatresie an einem gestörten Essverhalten. Un tersuchungen haben gezeigt, dass Essstörungen häufiger bei sekundärer Anastomosierung oder auch komplizier ten postoperativen Verläufen auftreten.
3.1 .8 Pro g n ose Die präoperative prognostische Einschätzung oder Risi kostratifizierung von Neugeborenen mit Ösophagus atresie hinsichtlich ihrer Überlebenschance hat zu ver schiedenen Klassifikationen geführt. H istorisch von Be deutung ist die Klassifikation nach Waterston, nach der die Kinder in Abhängigkeit vom Geburtsgewicht, Pul monalstatus und der Schwere der Begleitfehlbildungen in drei Risikogruppen eingeteilt werden. Die Fortschrit te in den verschiedenen chirurgischen Fachdisziplinen,
Abb. 3.6 Kontrastdarstellung nach Kor rektur einer Ö sophagusatresie (a) und mit Leckage (b) sowie (c) konservativer Be handlung der Leckage nach 10 Tagen.
3.3 Kongenitale Ö sophagusstenose
Tab. 3 . 1 Gegenüberstellung der Kriterien für die Risiko klassifikation von Kindern mit Ösophagusatresie. Die Mo ntreai-Kiassifikation berücksichtigt nicht mehr das Geburtgewicht als Risikofaktor.
Waterston-Kiassifikation
Montreai-Kiassifikation
• G ewic ht
o
• Pulmona lstatus
o
•
Schwere der Begleitfehlbildungen
die Diagnose nach mehreren Monaten oder Jahren ge stellt w i rd .
3.2.2 D i a g n osti k
Niedrigrisiko-Gruppe Hochrisiko-Gruppe Schwere pulmonale Fehl funktion und schwere Be g le it- F eh l bi l d ung en
Poenaru et al. ( 1 993) Surgery 1 1 3
aber auch in der Neonatalmedizin haben eine neue Risi kostratifizierung notwendig gemacht. Mittlerweile ist weltweit die Montreal-Klassifikation mit G ruppierung in eine Niedri grisiko - und eine H och risi kog ruppe aner kann t ( > Tab. 3. 1 ). Grundsätzlich konnte in den vergangenen 50 Jahren die Mortalität bei Kindern mit Ö sophagusatresien auch in der höheren Risikogruppe deutlich unter I 0% gesenkt werden. Neue m edizinische Herausforderungen stellen Kinder mit extrem niedrigem G eburtsgewicht ("ELBW" Kin d er; extrem low birth weight) mit Ö sophagusatresien hinsichtlich ihres chirurgischen Managements (ein- vs. zweizeitige Korrektur) und ihrer intensivmedizinischen Beh andlung dar.
302 Angebo re n e öso p h a g otra c h ea l e F iste l ( H - F i ste l)
Die Röntgenkontrastdarstellung des Ö sophagus ist i n normaler Unters u ch ungstechni k o ft nicht wegweisend. Der Untersucher hat nur Erfolg, wenn er diese Diagnose kennt oder vermutet und gezielt in Se itenlager u ng eine Kontrastdarstellung der Fistel in der beschriebenen Hö he mit einer Sonde und dünnflüssigem, wässrigem Kon trastmittel provoziert. D ie heutige Diagnostik der Wahl ist die gezielte B ron cho - und Ös ophagoskopie. Nach Identi fikation der Fis tel sollte ein Katheter eingelegt werden. Dieser erleich tert dem Operateur das Auffinden der Fistel.
3.2.3 T h e ra p ie Die Therapie der Wahl ist die Fistelresektion über einen rechtsseitigen zervikalen Zugang. Der Operateur fi ndet die Fistel medial der Halsgefaße. Eine liegende Magen sonde und die Fistelsondierung mit einem d ünnen Ka theter erleichtern die Identifizieru ng der anatomischen Strukturen. Besondere Aufmerksamkeit i st dem N. la ryngeus recurrens zu widmen. Fisteln unterhalb von BWK 3 erfordern eine Thorakaskopie oder Thorakoto mie zur chiru rgischen San ieru n g .
3.2.4 Pro g n ose
Angeborene ösophagot racheale Fisteln sind m i t einer lnzidenz von 1 : 80 000 Lebe n dg eb urt en sehr selten. Sie treten isol i ert , d.h. n i c h t i n Kombi nation mit einer Ö so phagusat resie a u f. In zwei D ritteln der Fälle wird die Fis tel am zervikothorakalen Übergang auf Höhe des 7. HWK bis 2. BWK gefunden. Der E n tsteh u ngs mecha nismus ist nicht gek l ä rt .
Die Prognose ist bei frühzeitiger Diagnose sehr gut. Fis tel rezidive sind eine Rarität.
3.2.1 Sy mptome
Die angeborene Engstellung der Speise röh re ist eine in trinsische Stenose aufgrund einer Fehlbildung der Spei seröhrenwand. Extrinsische Stenosen sind davon abzu grenzen, da diese beispielsweise durch Gefäßr i nge oder Tumoren entstehe n . Die Ursachen angeborener Ö sophagusstenosen sind u n beka n n t . D ie l nzidenz liegt bei I : 25 000 bis I : 50 000 Lebendgeburten. Eine geschlechtsspezifische Dispositi on l iegt n i c h t vor. D i e Rate der Begleitfehlbildungen
Die Sympto me s i n d abhängig v o n der Größe der Fistel. Oft werden n u r seh r b r e i t e F i s t e l n frü h z e i t i g d u rc h re z i divierende Erst icku ngsa n fä l l e beim Neugeborenen während der ersten Tri nkversuche er ka n nt . l n de r Re gel haben d ie Kinder eine lange Odyssee mit Schluck problemen u nd wiederho l t e n pneu monischen Sc h i.i ben , bevorzugt i m rechten üb e rl a ppe n , hi n t c r s i c h , sodass
�. . 3
K o n g e n ita l e Oso p h a g ussten ose
47
48
3 Thorax
wird in der Literatur mit 1 7-33% angegeben ( Ösopha gusatresie, Herzvitien, anorektale Malformationen oder chromosomale Aberrationen).
3.3.1 K l assifi kation
I
Die kongenitale Ösophagusstenose kann nach Grob, Ramesh oder Nihoul-Fekete klassifiziert werden. Letzte re unterscheidet zwischen tracheabro nchial en Resten (knorpelige Stenose meist im unteren Drittel des Öso phagus), einer Ösophagusmembran ("Segelbildung" im oberen und mittleren Drittel des Ösophagus) und einer fibromuskulären Stenose (Länge mit l -4 cm und Loka li sation im mittleren und unteren Drittel des Ösopha gus) und orientiert sich damit mehr oder weniger an der historischen Einteilung von Grob aus dem Jahre 1 946.
3.3.2 Sym ptome Kinder mit Ösophagusstenose fallen durch intermittie rendes Erbrechen, Dysphagie und Regurgitation von Nahrung auf. Die Symptome treten nur ausgesprochen sel ten im frühen Säuglingsalter auf, sondern manifestie ren sich vorwiegend nach U mstellung von Milchnah rung auf breiige oder festere Kost im 6. bis 1 2 . Lebens monat.
3.3.3 D i a g nost i k Der Ösophagusbreischluck unter Durchleuchtung zeigt die entsprechende Engstelle mit prästenotischer Dilata-
tion ( > Abb. 3 .7). Bei Ösophagusmembranen kan n es teilweise zu einem kompletten Abbruch der Kontrast mittelsäule kommen. Nicht selten findet man einen be gleitenden gastroösophagealen Reflux in der Röntgen d i agn o s t ik. Die Diagnose sollte durch eine Ösophagoskopie gesi chert werden. Eine p H-Metrie kann differenzialdiagnos tisch nach exakter Lokalisation der Messsonde zum Ausschluss einer peptischen Stenose bei gastroösopha gealem Reflux hilfreich s e in Bedeutend schwieriger ist es, mögliche Knorpelrelikte zu diagnostizieren. Wegweisend kann hier eine trans ösophageale Endesonographie oder ein thorakales M RT sein.
3.3.4 D iffe re nzi a l d i ag n ose Die angeborene Stenose ist von den erwähnten extrinsi schen Stenosen, der peptischen Stenose, der Ö sophagus duplikatur und der Achalasie des Ösophagus abzugren zen. Trotz klassischem Röntgenbild kann bei der Acha lasie eine Manometrie des Ösophagus hilfreich sein. Problematisch sind fehlende altersentsprechende Nor malwerte im Kindesalter. Ö sophagusduplikaturen kön nen zystisch oder tubulär auftreten und mit thorakalem CT oder MRT diagnostiziert werden.
3.3.5 Thera p i e Grundsätzlich kann man zwischen den Dilatationsver fahren und chirurg ischen Resektionen unterscheiden . Bei Nachweis von K norpelrel i kten in der Ö sophagus-
Abb. 3.7 Ösophagogramm einer kongeni talen Ösophagusstenose mit Nachweis von Knorpelrelikten in der histologischen Aufar beitung des Resektionspräparats.
3 .4
wand i st in der Regel eine Segmentresektion des Öso phagus mit End-zu-End-Anastomose indiziert. Der N. vagus sollte dabei erhalten werden. Kontrovers wird die gleichzeitige Antirefluxplastik diskutiert. Bei lang streckigen Stenosen kann in seltenen Fällen auch ein Ösophagusersatz notwendig sein. Der überwiegende Teil der Kinder ist mit einer inter m ittierenden Ballondilatation des Ösophagus ausrei chend behandelt. Die Dilatation wird druckkontrolliert unter Einsatz der flexiblen Ösophagoskopie über einen Zeitraum von ca. 5 min durchgeführt. Die Dilatationsin tervalle sind vom Lokalbefund abhängig. Nach sechs bis acht erfolglosen I nterventionen sind chirurgische Ver fahren in Erwägung zu ziehen.
3.3.6 Kom p l i kationen Ö s ophagusperforationen nach Dilatationsbehandlun gen, Anastomoseninsufl1zienzen nach chirurgischer Korrektur oder Restenosierungen des Ösophagus sind relevante Komplikationen, die aufgrund der Seltenheit der Erkrankung kaum repräsentativ in ihrer Häufigkeit angegeben werden können. Möglich sind weiterhin ein sekundärer gastroösophagealer Reflux oder Motilitäts störungen des Ösophagus.
Ö sophagusachalasie
3 .4.2 Sym ptome Leitsymptome sind Dysphagie, Regurgitieren der Nah rung, retrosternale Schmerzen und Gewichtsverlust. Ge legentlich ist die Achalasie mit neuromuskulären Er krankungen kombiniert.
3 .4.3 D i a g n osti k I n der Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus zeigt sich beim stehenden Patienten oft ein Flüssigkeitsspie geL Dieser kann sogar beim Schluckakt ansteigen. Au ßerdem fi ndet man eine sektglasförmige Verengung am gastroösophagealen Übergang und in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung keine Luft im Magen ( >- Abb. 3.8). Die Manometrie des Ösophagus zeigt einen erhöhten Druck in der Zone des unteren Ö sophagussphinkte rs (> 40 m mHg) und einen fehlenden Druckabfall i n die sem Bereich nach dem Schluckakt Zusätzlich fehlen die peristaltischen Weilen im proximalen Ösophagus. In der Ösophagogast roskopie findet der Unters ucher einen aufgeweiteten Ösophagus, gelegentlich mit Speise resten an der Ösophaguswand, eine Begleitösophagitis Tab. 3.2 Einteilung der Ö sophagusachalasie nach radiologischen und manometrischen Kriterien.
[email protected]§i§M-1Mft!IMIMft!IIMMffllill
3 . 3.7 Pro g n ose D ie Prognose ist abgesehen von sekundären Anastomo senstenosen gut.
3.4 Öso p h a g usach a l a s i e
Proximaler Ö s o p h agus
Dilatation
keine
deutlich
extrem
Proximaler Ösophagus
Motilität
spärlich
gering
keine
U n te re r Ösophagus-
R e l a x a ti o n u n koor-
meist unmög l i ch
unmöglieh
sphinkter
din iert
Funktionelle Erkrankungen der Speiseröhre sind i m Kin desalter ausgesprochen selten. Die Achalasie ist eine neu romuskuläre E r k ra n k u n g der gl a t te n Ösophagusmusku latur m i t einer Aperistaltik des Ösophagus und der Unfa higkeit zu r E rsc hl a ffu ng des unt eren Ösophagussphink ters beim Schluckakt. Die l n zidenz ist se h r s chwier i g festzulegen u n d wird m i t 4-6 : I Mio. a n gege be n . Nur ca. 5% d i ese r Fäl l e betreffen Kinder und J u ge ndl i che .
3.4. 1 K l assifi kat ion Nach
rön tgenologischen und manomet rischen Kriterien
u n te rscheidet
m
a n d rei
Stadien
( >- · rab. 3.2).
49
Abb. 3.8 Ö sophagogramm bei Achalasie (a) mit korrespondieren dem endoskopischem Befu nd (b)
I
I
50
3
Thorax
und eine kurze distale Stenose. Diese lässt sich mit dem Instrument oft relativ leicht überwinden. Eine Leiomyomatose ist differenziald iagnostisch durch eine histologische Untersuchung nach Entnahme einer Gewebeprobe abzugrenzen.
und Waschmitteln vorfindet, führen zu Kolliqualions nekrosen bis tief in die Ö sophagusmuskulatur. Sie sind häufiger mit Gefaßthrombosen und Perforationen der Speiseröhre kombiniert.
3.5.1 Sym ptom e 3.4.4 Thera p i e Im pädiatrischen Krankengut ist die pneumatische Dila tation des unteren Ösophagussphinkters sehr umstrit ten. Häufige Interventionen führen nicht zum ge wünschten langfristigen Erfolg. Die medikamentöse Therapie mit Kalziumantagonisten und/oder Nitroprä paraten hat ebenfalls keinen signifikanten Erfolg gezeigt. Die endoskopische Botulinuminjektion wirkt n u r kurz fristig und dient eher der Diagnosebestätigung. Die chirurgische Therapie ist mit der Heller'schen Myotomie der distalen Ösophagusmuskulatur allen an deren Verfahren überlegen. Entscheidend dabei ist, dass die Myotomie über eine ausreichend lange Strecke durchgeführt wird (3 cm proximal und distal vom unte ren Ösophagussphinkter). Die meisten Autoren bevor zugen heute den Iaparoskopischen Zugangsweg und kombinieren die Operation mit einer partiellen Fundo plicatio. Alternativ kann die Prozedur auch thorakosko pisch durchgeführt werden.
Die Kinder haben nach der Aufnahme der erwähnten Substanzen oropharyngeale Schmerzen, Erbrechen und häufig Verätzungszeichen im Sinne von per i - und enora len Haut- und Schleimhautirritationen. In einigen Fällen kommt es auch zu Aspirationen, sodass die Betroffenen durchaus mit Zeichen einer Atemnot manifest werden.
3.5.2 K l assifi kat i o n Verätzungen der Speiseröhre werden unter endoskopi schen Gesichtspunkten in drei Schweregrade eingeteilt: Grad 1:
Ödem und Hyperämie der Mukosa
Grad II:
Ulzeration der Mukosa mit pseudomembranösen Formationen
Grad III:
Tiefe Ulzerationen mit Zerstörung der Muskulatur und schwerem Ö dem, welches das Lumen obliteriert
3.4.5 Kom p l i kat i o n e n 3.5.3 D i a g n osti k Die Ösop hagusperforation und das mögliche Rezidiv sind relevante Komplikationen. Rezidive treten vor al lem bei insuffizienter Myotomie auf. Die D ysphagiebe schwerden können nach Kombination mit einer Fundo plicatio fortbestehen. Aus dieser Tatsache ergeben sich immer wieder Diskussionen um das Pro und Kontra ei ner gleichzeitig durchzuführenden Antirefluxplastik.
3.5 Ö so p h a g u sve rätzu n g e n Die Verätzung des Ösophagus mit Säuren oder Laugen ereignet sich am häufigsten bei Kindern unter dem 5. Lebensjahr. Säurehaltige Substanzen werden in Form von Toiletten-, Abfluss-, Metallreiniger oder Batteriein halten aufgenommen. Der pH -Wert beträgt oft < 2 und führt bei entsprechender Menge zu einer oberflächli chen Koagulationsverletzung des Ösophagus. Laugenlö sungen wie man sie in H aushaltsreinigern, Bäckerlaugen
Die Durchführung einer TI1oraxübersichtsaufnahme un ter Einschluss der oberen Abdominalregion gibt Hinwei se auf freie Luft im Mediastinum oder intraabdominal. Die obligate endoskopische Untersuchung ist auf grund des zu erwartenden Ödems im Ösophagus inner halb der ersten 24 Stu nden nach dem Unfallereignis durchzuführen. Die Untersuchung in Allgemeinnarkose sollte auch eine Laryngoskopie und, falls notwendig, ei ne Bronchoskopie beinhalten. Das weitere Behand lungsregime wird vom Schweregrad der Verätzung ab hängig gemacht.
3.5.4 Thera p i e Grundsätzlich sollte eine Infusions therapie und Schmerztherapie eingeleitet werden. Bei Verätzung der Atemwege steht die Stabilisierung der Atmung im Vor dergrund. Die weiteren Maßnahmen richten sich nach dem Schweregrad der Verätzung.
3 . 6 Ö sophagusfremdkörper
Magenspülungen mit dem Ziel der Neutralisation von ätzenden Lösungen sind kontraindiziert, da hier eine hohe Perforationsgefahr besteht. Bei Grad-I-Läsionen ist keine weitere Therapie notwendig. Kinder mit Grad li- un d Grad- I II-Verätzungen sollten grundsätzlich we gen der Gefahr einer Mediastinitis eine prophylaktische parenterale Antibiotikatherapie erhalten. Die Behand lung mit Cortison wird in der Literatur nach wie vor sehr kontrovers diskut ie rt , und es existieren keine evi denzbasierten Daten. Postuliert wird eine Reduktion der Entzündungsreaktion mit einer M inimierung der Ver narbung. Die Dosisempfehlung für Prednison liegt bei 2-2,5 mg/kg KG/Tag. Die eingeleitete Therapie sollte dann über mehrere Wochen durchgeführt und in der Folge ausgeschlichen werden. Eine Magensonde kann bei Grad-li- und Grad-III Verletzungen unter endoskopischer Kontrolle einge führt werden. In Abhängigkeit vom endoskopischen Befund können kleine singuläre Perforationen auch mit einer Magenson de und Drainage des Mediastinums versorgt werden. Die breite Ösophagusperforation ist in der Regel eine Indika tion zur Notfal lthorak otomi e und Ösophagusektomie, um eine schwere lebensbedrohliche Mediastinitis zu ver hindern. Gleichzeitig wird eine Gastrostomie angelegt.
3.5.5 Prognose Prognostisch ungünstig sind Grad li und III. Hier kommt es häufig zu narbigen Strikturen, die intermittierende Di latationen des Ösophagus erfordern. Lokale Triamcino lon- Injektionen können Strikturrezidive m il dern . Öso-
phagusstents haben sich durch die Ausbildung von ob struierendem Granulationsgewebe und Stentmigration nicht bewährt. Langfristige Alternative ist oft nur der Ösophagusersatz. Die Indikation ist allerdings nicht ei n fach festzulegen. Zahlreiche Autoren empfehlen den Öso phagusersatz bei einer Dilatationsfrequenz des Ösopha gus von mehr als einmal im Monat, Strikturen mit einer Länge größer als 5 cm oder einer stattgehabten Perforati on im Rahmen einer Dilatationsbehandlung ( > Abb. 3.9). Die Kinder haben ein höheres Risiko als die Nor malpopulation, ein Ösophaguskarzinom zu entwickeln, weshalb eine langfristige Nachsorge not wend i g ist .
3.6 Öso p h a g usfre m d kö r p e r Akzidentelle Fremdkörperingestionen betreffen vo rw ie gend Kinder bis zum 3. Lebensjahr. Die Vielfalt ver schluckter Fremdkörper ist dabei sehr groß, aber durch aus von enormer Konsequenz für die therapeutischen Überlegungen. Die ingestierten F r emdkörper können dabei an den drei anatomischen Prädilektionsstellen Krikopharynx, in Höhe der Trachealbifurkation oder am unteren Ösophagussphinkter hängen bleiben.
3.6.1 Sym ptome Klassische Leitsymptome sind Würgen, Dysphagie, re trosternale Schmerzen, Hustenanfalle und Atemnot. Nicht selten tritt ein vermehrter Speichelfluss auf.
Abb. 3.9 Schwere Laugenverätzung mit hochgradiger Stenosierung des Ösophagus in der Kontrastdarstellung (a); Ö sophaguspräparat nach
Resektion (b); Ösophagusersatz durch gastrische Transposition via Laparotomie und Thorakotomie (c) .
51
52
3 Thorax
3.6.2 D iag nose Die genaue Erhebung der Anamnese hat eine eminente Bedeutung, insbesondere unter dem Aspekt der Art des verschluckten Fremdkörpers (z.B. Batterie). Schattenge bende Fremdkörper werden in einer Röntgenaufnahme von Hals und Thorax und einer a.p. Aufnahme des Ab domens sichtbar. Nichtschattengebende Fremdkörper (z.B. Glas) können über eine Kontrastmittelapplikation indirekt sichtbar gemacht werden.
3.6.3 Th era p i e Grundsätzlich gilt, dass Fremdkörper i n der Speiseröhre endoskopisch in I ntubationsnarkose geborgen werden sollen. Manipulationen in Sedierung haben ein hohes Risiko der Aspiration und sind deshalb kontraindiziert Je nach Fremdkörper und dessen Lokalisation kann hier eine starre oder flexible Endoskopie erforderlich sein. I n der Regel wird eine flexible Ösophagoskopie mit Equipment zur Bergung (Zangen, Körbchen etc.) bevor zugt. Knopfbatterien müssen geborgen werden, da diese durch ihren Stromeffekt und mögliche Drucknekrosen Perforationen hervorrufen können ( > Abb. 3. 1 0) . Pro blematisch kann auch die Bergung von scharfen Gegen ständen wie Nadeln oder Glassplittern sein. Hier sollte zum Ausschluss einer potenziellen Ösophagusperforati on unmittelbar i ntraoperativ eine Kontrastmitteldar stellung erfolgen. Lässt sich der Fremdkörper im Ösophagus nicht fas sen (z.B. Nahrungsbolus), ist zumindest das Vorschie ben in den M agen möglich. Mit dem Übertritt des Fremdkörpers in den Magen kommt es fast immer zum Abgang auf natürlichem Weg. Die Eltern sollten eine tägliche Stuhluntersuchung durchführen. Eine intensive Observation des Kindes ist jedoch bei Batterieingestion
notwendig. H ier sind regelmäßige Röntgenübersichts aufnahmen bis zum Ausscheiden notwendig, um Im paktionen mit möglichen Perforationen zu verhindern.
3.7 La ryn g ot ra c h e a l e S p a lte ( C i eft-Sy n d rom) Die laryngotracheale Spalte ist eine sehr seltene Mittel linienfehlbildung zwischen Larynx, Trachea und Ö so phagus. Diese Anomalie wurde erstmals im Jahre 1 792 durch den Leipziger Arzt Richter beschrieben. Aber erst im Jahre 1 955 wurde eine solche Spaltbildung erstmals von Pettersson erfolgreich korrigiert. Die embryologische Genese ist letztlich nicht geklärt. Bedeutsam ist, dass zahlreiche weitere Begleitfehlbil dungen wie Herzfehler (30%), intestinale (bis 30%) und mologisehe (bis 44%) Malformationen mit diesem Syn drom auftreten. In ca. 20% der Fälle haben die Kinder auch eine Ösophagusatresie.
3.7.1 K l assifikation Die Einteilung der Spaltbildung erfolgt nach Pettersson und Ryan und wird auch gegenwärtig verwendet: Typ
I
Spaltbildung des Larynx m i t Einbeziehung der Krikoidplatte
Typ
II
Spaltbildung über das Krikoid hinaus bis zur zervikalen Trachea
Typ I I I
Spaltbildung bis zur Carina
Typ I V
Spaltbildung über die Carina hinaus in beide Hauptbronchien
Batteriei ngestion (a) mit se kundärer Ausbildung einer ösophagotra chealen Fistel (b) und positivem Broncho gramm nach oraler Kontrastmittelappli kati on. Die endoskopische Bergung der Knopf batterie erfolgte 1 2 Stunden nach der Fremdkörperaufnah me. Abb. 3 . 1 0
3.7
Laryngotracheale Spalte (Cieft-Syndrom)
Abb. 3 . 1 1
(a) Schematische Darstellung eines Clefts vom Typ II; (b) korrespondieren de Kontrastdarstellung präoperativ; (c) Kontrastdarstellung nach C left-Korrektur.
a
3.7.2 Sym ptom e Die Symptome hängen verständlicherweise von der Ausdehnung des Clefts und den Begleitfehlbildungen ab. Der überwiegende Teil der Kinder hat unmittelbar nach der Geburt ein Atemnotsyndrom und insbesonde re Zyanoseanfalle nach Nahrungsaufnahme. Nicht sel ten wird die Diagnose aber erst wegen rezidivierender Aspirationspneumonien gestellt.
3.7.3 D i ag nosti k Die einfache orale Kontrastmittelgabe reicht zur Diagnose stellung oft nicht aus. Höher ist die Trefferquote bei der ra diologischen Hochfrequenzuntersuchung des Schluckakts mit wasserlöslichem Kontrastmittel ( > Abb. 3 . 1 1 ) . De finitiv wird die Diagnose mit der Endoskopie ( Laryngo skopie, Ösophagoskopie) gestellt. Der starren Endosko pie ist hierbei der Vorzug zu geben, da die Spalte wesent lich besser zu erkennen ist ( > Abb. 3. 1 2).
3.7.4 T h e ra pie In der überwiegenden Zahl sind die Kinder beatmungs pflichtig und benötigen eine Gastrostomie zur Ernäh rung. Ein asymptomatischer Typ-I -Cleft bedarf keiner chirurgischen Korrektur. Symptomatische Clefts bedürfen einer chirurgischen I ntervention, die wiederum vom Typ bzw. Schweregrad abhängig ist. Typ - 1 -Ciefts können erfol greich laryn goendoskopisch durch Naht adaptiert werden. Typ II ist über einen lateralen, posteri01·en oder a n te ri o ren Zu gang korrigierbar. Der häufigste Zugangsweg ist dabei
Abb. 3 . 1 2 Endoskopische Da r ste ll un g eines Clefts vom Typ I .
die laterale Pharyngotomie, wobei hier ein Risiko der Schädigung des N. laryngeus recurrens besteht. Dieses Problem besteht beim anterioren Zugang nicht, aller dings kann es zu Stabilitätsproblemen der Trachea kom men. Typ I l i und IV erfordern einen kombinierten tho rakozervikalen Zugang und die Möglichkeit zum Einsatz eines kardiopulmonaJen Bypasses. In der Literatur gibt es keine Publikationen zu größeren Serien. Diese Kor rekturen sollten in Zentren mit einer Kardiachirurgie und Kinderchirurgie durchgeführt werden. Die Patien ten benötigen fast immer über einen längeren Zeitraum (> I -2 Jahre) ein Tracheastoma und eine Gastrostomie. Die postoperativen Kompl ikationen si nd hoch und beinhalten Nahtinsuffizienzen der Trachea, des Ösopha gus, Stenosen beider Strukturen, schwere Tracheomala zien, partielle Rezidive der Spaltbildung, Mediastinitis.
53
54
3 Thorax
Daraus erklärt sich auch die unbefriedigende Überle bensrate von 50-75% in der Literatur.
3.8 Öso p h ag usersatz Die häufigsten Indikationen für den Ösophagusersatz er geben sich aus langstredeigen Ösophagusatresien und Verätzungen der Speiseröhre. Seltene Indikationen sind angeborene Stenosen, Trauma, Achalasie oder Tcmoren. Der Ösophagusersatz kann mit Magen, Dünndarm und Kolon durchgeführt werden. Keines der aufgeführ ten Verfahren ist ideal, und jedes beinhaltet mann igfal tige funktionelle Probleme. Grundsätzlich sollte immer der Erhalt der nativen Speiseröhre angestrebt werden . Der Ersatz der Speiseröhre kann m i t den oben aufge führten gastrointestinalen Organabschnitten thorakal, mediastinal oder retrosternal durchgeführt werden.
3 .8.1 Kol o n i nterposition
Chirurg i sch-tech n ische Aspekte Die Interposition von rechtem oder linkem Kolon ist hinsichtlich des Ösophagusersatzes die weltweit am
häufigsten eingesetzte und auch älteste Methode. Bereits 1 9 1 1 führte Killing die erste Koloninterposition durch. Grundsätzlich wird zwischen der retrosternalen In terposition mit rechtsseitigem Kolon und der transpleu ralen I nterposition mit linkem Kolon (Technik nach Waterston) unterschieden. Letztere wurde durch Free man und Cass in Form einer posterioren mediastinalen Transposition modifiziert. Bei der Verwendung des Co· Ion ascendens erfolgt die Blutversorgung des lnterpo nats über die Arteria colica media und bei Benutzung des Colon descendens über die A. colica sinistra. Die Länge der Interponate muss genau bestimmt werden , um eine spannungsfreie Anastomose z u gewährleisten. Der retrosternale/mediastinale Tunnel sollte ausrei chend weit sein; der Magen ist so zu mobilisieren, dass eine suffiziente distale Anastomose möglich ist. Unab hängig vom Verfahren favorisieren alle Autoren eine Pyloroplastik, um eine postoperative Magenentlee rungsstörung zu vermeiden.
E rgebnisse Die historisch gefürchteten Kolonnekrosen nach Transposition sind mittlerweile vernachlässigbar ge ring. Hauptprobleme sind kollare Anastomosenlecks aufgrund von Durchblutungsstörungen des proxima len Kolonendes (6-47%) mit konsekutiven Anastomo-
Abb. 3 . 1 3 Koloninterposition. (a) Schematische Darstellung einer Koloninterposition. (b) M e d i ast in a l e Interposition mit l i n kem Kolo n .
(c) Retrosternale Interposition mit rechtem Kolon.
3 .8 Ösophagusersatz
Senstrikturen (7-34%). Weiterhin können durch den Reflux von Magensäure in das Interponat peptische Ul zerationen und gastrointestinale B lutungen auftreten. Besonders problematisch sind funktionelle Störungen des Interponats aufgrund fehlender Peristaltik. D ie Nahrung wird mehr oder weniger schwerkraftbedingt in den Magen befördert. Dadurch kommt es wiederum zu einer vermehrten Stase der Nahrung im Interponat mit folgender Inflammation, Regurgitation und gele gentlicher Aspiration. Das Wachstum des Kolons führt oft zu grotesken Kinking-Formationen intrathorakaL D iese wiederum verhindern eine Clearance der Nah rung. Die Folge ist ein therapieresistenter stuhliger Foetor ex ore. Leider sind im Langzeitverlauf Todesfolgen durch Perforationen mit schwerer Mediastinitis beschrieben. Die dargelegten Probleme haben viele Kinderchirur gen animiert, diese Form des Ö sophagusersatzes zu ver lassen.
3.8.2 M a g ensch l a u c h p la sti k C h i r u rg isc h-tech n isch e Aspekte Die Bildung eines Magenschlauchs aus der großen Kur vatur des Magens (gastric tube esophagoplasty) ist ebenfalls eine alte chirurgische Technik. Sie wurde erstmals im Jahre 1905 von Beck und Carrel beschrie ben. Die B lutversorgung erfolgt über die linke Arteria gastroepiploica. Mittels Klammerapparat wird 2 cm proximal des Pylorus über einen Katheter ( 1 8-24 French) ein Schlauch gebildet, der anschließend retro sternal oder transthorakal nach kollar zur Anastomose mit dem Ösophagus gebracht wird. Alle Kinder behal ten zunächst ihre Gastrostomie, um die Ernährung fortzuführen.
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c
d
(a) Markierung der partiellen Magenresektion zur Schlauchbildung. (b) Einlage einer Sonde zur Vorbereitung des Stapler-Manö vers. (c) Realisierung des Magenschlauchs ü ber einen Katheter. (d) Endresultat mit M agenrotation und Anlage einer Gastrostomie. Abb. 3 . 1 4
55
56
3 Thorax
E rgebn isse Die Mortalität ist sehr niedrig. Allerdings sind Leckagen (33-8 1 % ) aufgrund der extrem langen Nahtreihen und Strikturen (33-72%) sehr häufig. Auch hier fehlt eine gerichtete Peristaltik, und viele Kinder benötigen die Gastrostomie, da die orale Nahrungsaufnahme häufig aufgrund der genannten Probleme insuffizient ist und diese dann erheblich unter der Normgewichts- und Grö ßenkurve wachsen.
3.8.3 M ag e n i nterpos i t i o n Die Mageninterposition ist ebenfalls eine Anfang des letzten Jahrhunderts eingeführte Technik zum Ösopha gusersatz. Allerdings war die Mortalität initial sehr hoch. Atwell und Harrison publizierten 1 980 erste Er gebnisse bei Kindern.
C h i r u rg isch-tec h n ische Aspekte Das Therapieverfahren der Wahl ist die Iranshiatische gastrische Transposition ohne Thorakotomie. Die Tho rakotomie ist notwendig bei Verätzungen der Speiseröh re oder Vernarbungen durch eine Voroperation. Die Blutversorgung des Magens erfolgt nach Ligatur der A. gastrica sinistra ausschließlich über die A. gastroepi ploica. Der distale Ösophagus( -stumpf) wird reseziert
und der Magen nach kompletter Mobilisierung und me diastinalem Hochzug am Fundus mit dem kollaren An teil des Ösophagus via lateraler Inzision am Hals links anastomosiert ( > Abb. 3 . 1 5 und > Abb. 3 . 1 6) . Die Notwendigkeit der Pyloroplastik wird mittlerweile sehr kontrovers diskutiert, da der Pylorus bei funktionellen Problemen auch ballondilatiert und somit ein Dumping Syndrom verhindert werden kann. Gleiches gilt auch für die Notwendigkeit einer Katheterjejunostomie. Diese Prozedur wird mittlerweile auch laparosko pisch assistiert durchgeführt. In einer eigenen Serie von sechs laparoskopisch assistierten gastrischen Transposi tionen wurde in keinem Fall eine Pyloroplastik oder Je junostomie durchgeführt. Initiale Ballondilatationen des Pylorus waren jedoch bei ca. 50% der Kinder notwendig.
Erge b n i sse Trotz Fortschritten in der Chirurgie und I ntensivmedi zin wird die Mortalität in der Literatur mit ca. 5% ange geben. Die Rate der Anastomosenleckagen liegt zwi schen l 2 und 36% und die Strikturrate zwischen 14 und 49%. Der orale Kostaufbau kann sich sehr prolongiert gestalten. Langfristig ist jedoch die Entwicklung der Kinder in über 90% zufriedenstellend. Unter Berück sichtigung der erwähnten Verfahren gibt es aus gegen wärtiger Sicht wenig Alternativen zum Magenhochzug bei Notwendigkeit eines Ösophagusersatzes.
Abb. 3.1 5 Kind mit Ö sophagusatresie und Anlage einer kollaren Ö sophagostomie (a); mobilisierter Magen vor gastrischer Transposition (b); Kontrastdarstellung 1 0 Tage nach Magenhochzug (c)
3.8 Ösophagusersatz
a
b
c
d
e
Abb. 3 . 1 6 Mageninterposition . (a) Resektion des Ösophagusstumpfes und Verschluss der Gastrostomie sowie Pyloroplastik. (b) Mobilisie rung des Magens nach Durchtrennung der A. gastrica sinistra. (c) Prüfung der ausreichenden Mobi lisierung des Magens prästernal . (d) Mo· bilisation des proximalen Ösophagussegmentes. (e) Endergebnis nach M ageninterposition
3.8.4 J ej u n a l e I nterposition
Ch i rurg isch-technische Aspekte
Bereits 1 906 w urde v o n Roux e i n j ej u naler Bypass bei einem 1 2 j ä h rige n Knaben nach Verätzung als Ösopha gusersatz verwendet.
e
-
G rundsätzlich gibt es zwei technische Variationen. Zum i n e n kann das Jej unum als freies Transplantat mit mi krovaskulärer Anastomosierung arteriell und venös in
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58
3 Thorax
den Thorax verlagert werden, zum anderen ist eine Transposition an einem Gefäßstiel möglich. Bei letzte rem erfolgt die Entnahme des Darmabschnitts unmittel bar hinter dem Treitz'schen Band. Die Mobilisierung und Aufrechterhaltung der Gefäßversorgung ist tech nisch schwierig und wohl nicht immer realisierbar. Aus diesem Sachverhalt erklärt sich auch die weltweit doch sehr kleine Serie von Patienten ( < 70 Patienten).
Oberes Mediastinum
Hinteres Mediastinum
E rg ebn isse D ie Mortalität liegt bei ca. 1 0- 1 5%, die Rate der Anasto mosenlecks bei 1 7-25% und die Strikturrate zwischen 7 und 33%. Möglicherweise wird sich mit der Weiterent wicklung der m ikrochirurgischen Technik hier eine Al ternative zum Magenhochzug ergeben. Aussagen zu Funktion und Entartungsrisiko sind aufgrund der gerin gen Fallzahl gegenwärtig nicht möglich.
3 .9 M e d i a st i n a l t u m o re n
Unteres Mediastinum
Zentrales Mediastinum
Abb. 3 . 1 7 Kompartimente des Mediasti n ums. Tab. 3.3 Raumforderungen in den Mediastinalkomparti menten.
Das Mediastinum stellt den mittelständigen Bindege websraum des Thorax dar und wird kranial von der obe ren Thoraxapertur, kaudal vom Zwerchfell, lateral von der Pleura, ventral vom Sternum und dorsal von der Brustwirbelsäule begrenzt. Der Begriff Mediastinaltu mor ist eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl mög licher benigner und maligner Raumforderungen. Auf grund dieser Mannigfaltigkeit werden die verschiedenen Tumoren vier definierten Mediastinalkompartimenten zugeordnet ( >- Abb. 3 . 1 7). Verschiedene Raumforderungen können in den Me diastinalkompartimenten auftreten ( >- Tab. 3.3).
Mediastinalkom· partiment
Pathologische Entitäten
Oberes
Struma, Thymome, Lymphome, Lymph angiome, Lipome, Sarkome, Keim zelltumore
Z e n tra l e s
Lymphome, bronchogene Zyste, Ösophagusduplikatur
U nteres
Perikardzysten, Hiatushernien, Lipome
H interes
Neuroblastome, Ganglioneurome, Me n i ngeome, Sarkome, Ö sophaguszysten
3.9.2 D i a g nost i k 3.9.1 Sym ptom e Die Symptomatik der Mediastinaltumoren hängt von der Lokalisation ab. Häufig treten Atemnot, Stridor und H usten auf. Insbesondere bei den Lymphomen kommt es nicht selten zu einer massiven oberen Einflussstau ung. Weitere Symptome sind das Horner-Syndrom. Be sonders Tumoren im hinteren Mediastinum können zu Schmerzen durch Druck auf die Nervenwurzeln bis hin zu neurologischen Ausfallserscheinungen führen. Gera de bei den Neuroblastomen wird nicht selten eine akute Querschnittssymptomatik beschrieben.
I n klassischer Weise wird durch die Verbreiterung des Mediastinums in der p. a. Übersichtsröntgenaufnahme des Thorax der Verdacht auf eine Raumforderung ge stellt. Die seitliche Ebene erlaubt eine entsprechende Zu ordnung zum Kompartiment. Wichtige weiterführende Schnittbilddiagnostik ist das thorakale CT und die M RT. Unter Berücksichti gung des Kontrastaufnahmeverhaltens und der Mor phologie der Raumforderung lassen sich die Verdachts diagnosen schon deutlich einengen. Die Echokardio graphie, die transthorakale oder ggf. die transösopha geale Sonographie nehmen mit den hochauflösenden
3 .9 Mediastinaltumoren
Ultraschallgeräten mittlerweile einen festen Stellenwert in der Diagnostik ein. N icht selten ist zur endgültigen Klärung der Entität eine Biopsie notwendig. Seltene di agnostische Maßnah men sind die Bronchoskopie oder Angiographie.
3 .9.3 A usg ewä h l te Tu m o re n titäten Kei mzel ltumore Diese finden wir als meist gutartige Teratome (SO%) i m vorderen Mediastinum. Seltener diagnostiziert man an dere extragonadale Keimzellrumore wie Chorionkarzi nome oder Dysgerminome. Teratome können beträchtliche Ausmaße erreichen. Sie bestehen aus Bestandteilen aller drei Keimblätter, sodass man morphologisch Epithel, Haare, Talg, Kno chen, Zähne etc. finden kann. Sie imponieren als rundliche Strukturen im Röntgen bild und zeigen neben zystischen Anteilen die o. g. Strukturen und oft schalenförmige Verkalkungen. Mit der modernen Schnittbildgebung kann die Diagnose mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gestellt werden. Maligne Entartungen der genannten Tumoren können präopera tiv durch erhöhte Tumormarker (Alpha-Fetoprotein, ß-hCG) zu einem hohen Prozentsatz erkannt werden. Wegen der malignen Entartungsgefahr und der funktio nellen Beeinträchtigung durch die Raumforderung ist eine radikale chirurgische Exstirpation indiziert. Der Zugangsweg ist abhängig vom Ausmaß. In der Regel reicht eine laterale Thorakotomie aus, gelegentlich ist eine Sternotomie erforderlich. Eine mindestens 5-jähri ge Nachsorge entsprechend den jeweils gültigen natio nalen Behandlungsprotokollen für Keimzelltumore ist erforderlich.
Mediastinales T-Zeii-Lymphom (a) mit Notwendigkeit der Beatmung durch schwere Kompression der Trachea im CT (b) mit korrespondierender Histologie nach Bi· opsie (c). Der Pfeil markiert die malignen Zellen.
Abb. 3 . 1 8
59
Thy m u stumoren Thymome stellen im Kindesalter eine absolute Rarität dar. Maligne Thymome sind in der konventionellen H is tologie gleich den lymphoblastischen Lymphomen, müssen aber aufgrund unterschiedlicher Therapiekon zepte und Prognose von diesen unterschieden werden. Die TI1erapie der Wahl ist die komplette Resektion über eine Sternotomie oder auch Mediastinoskopie. Wichtig ist die differenzialdiagnostische Abgrenzung solcher Prozesse von der kindlichen Thymushyperpla s ie, die keinerlei Behandlung bedarf.
Lym phome Non-Hodgkin- und Hodgkin-Lymphome sind die häu figsten Ursachen für Mediastinalvergrößerungen im vorderen und zentralen Kompartiment. Bei den Non Hodgkin-Lymphomen handelt es sich in ca. 25% der Fälle um lymphoblastische Lymphome. Wir unterschei den lymphoblastische Lymphome vom I-Zell-Typ, die CD l - und CD3-positiv sind, und jene vom B -Zell-Typ, bei denen CD 1 9, CD22 und CD79 exprimiert werden. Die ausgeprägten Tumormassen führen oft zu einer er heblichen Kompression der Trachea, sodass hier durch die Atemwegsobstruktion ein deutlich erhöhtes Narko serisiko besteht ( >- Abb. 3. 1 8). Das CT offenbart zum einem die Größe und Lokalisa tion des Tumors, zum anderen aber auch das Ausmaß der Trachealobstruktion (> SO% bedeutet ein deutlich erhöhtes Risiko). Weiterhin findet man häufig einen be gleitenden Pleuraerguss. Entscheidend ist die Gewinnung von Tumormaterial zur genauen Klassifizierung des Lymphoms und zur Durchführung einer Risikostratifizierung entsprechend
I
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3 Thorax
den existierenden nationalen/internationalen Behand lungsprotokollen. Für den C hirurgen relevan t ist die mögliche Gewin nung von Material aus dem Knochenmark, aus dem Pleuraerguss oder den pathologischen Lymphknoten paketen. Eine Feinnadelbiopsie ist aufgrund des oft zu geringen Tumormaterials nicht ausreichend, sodass hier eine Lymphknotenentnahme über einen kollaren Zugang, thorakoskopisch oder via Thorakotomie indi ziert ist. Die Behandlung der lymphoblastischen Lymphome lehnt sich a n die ALL-Therapieprotokolle an u nd ist nahezu identisch. Eine Strahlentherapie ist hier nicht indiziert . Bei den Hodgkin - Lymphomen erfolgt eine risikoadaptierte Therapie in Abhängigkeit vom Stadi um und dem histologischen Subtyp. Die Prognose ist bei beiden Gruppen mit einer 5-Jahres-Überlebensrate > 80% gut, allerdings kön nen Spätrezidive auftreten.
G a n g lio n e u ro m e u nd G a ng l ion e u roblastome Überwiegend findet man i m hinteren Mediastinum Ganglioneurome als benigne Formen neurogener Mediastinaltumoren. Histologisch findet man reife Gan glienzellen mit Geflechten von marklosen Nervenfasern. Aus tumorbiologischer Sicht ist die komplette Aufarbei-
tung des Tumormaterials notwendig, da der Pathologe gelegentlich undifferenziertes neuroblastomatöses Ge webe findet. In diesen eher seltenen Fällen spricht man von Ganglioneuroblastomen. Diese Tumoren werden oft per Zufall im Rahmen ei ner Thoraxübersichtsaufnahme zum Ausschluss anderer Erkrankungen entdeckt. Mögliche Symptome sind Schmerzen im oberen Thoraxbereich oder ein Horner Syndrom (Miosis, Enophthalmus, Ptosis). Die Verdachtsdiagnose im konventionellen Röntgen wird durch ein thorakales CT untermauert und offenbart die gesamte Ausdehnung und die Beziehung des Tumors zu den Nachbarorganen. Zum Ausschluss eines Neuro blastoms wird ein MIBG-Szintigramm empfohlen. Parameter wie die neuronenspezifische Enolase, die Katechotamine im Serum sowie die Mandelsäuren im Urin sind in jedem Fall aus differenzialdiagnostischen Gründen mitzubestimmen. Grundsätzlich wird die Tumorresektion empfohlen ( > Abb. 3. 1 9). Diese kann konventionell über eine dar solaterale Thorakotomie oder auch thorakoskopisch ( > Abb. 3 .20) vorgenommen werden und ist meist un problematisch. Allerdings können diese Tumoren auch in den Plexus brachialis hineinreichen. Hier ist die radi kale Tumorresektion nur unter Erhalt der nervalen Strukturen indiziert. Mittlerweile gibt es einige Berichte, die diese Tumoren nach Biopsie nur beobachten, um mögliche Mutilationen zu vermeiden.
Abb. 3 . 1 9 Thorakales Neuroblastom in der p . a. Röntgenübersichtsaufnahme (a) und im thorakalen CT in frontaler Ebene (b) und sagittaler Ebene (c) sowie postoperativ nach kompletter Tumorresektion (d).
3 . 9 Mediastinaltumoren
Abb. 3.20 Thorakales Ganglioneurem im CT und Präparat nach thorakoskopischer Resektion. •
N e u rofi brome
•
Neurofibrome sind gutartige Tumoren des Nervenschei dengewebes. S ie können als isolierte Tumoren auftreten. Der überwiegende Anteil manifestiert sich jedoch im Rahmen der Neurofibromatose Typ I (Morbus Reckling hausen; I nzide11Z 1 : 3000 bis I : 4000). Die Krankheit beruht auf einer Mutation des N F I Gens auf dem Chromosom 1 7q I 1 .2 und wird autoso mal-dominant vererbt. Die Kinder haben fast immer sog. Cafe-au-Lait-Flecken. Die Neurofibrome können bereits im Säuglingsalter auftreten und sind thorakal im Bereich der I nterkostalnerven, des G renzstrangs und des N . vagus lokalisiert. Gelegentlich zeigen sie auch ein Wachstum nach intraspinal und führen zu einer deutli chen Erweiterung der Foramina intervertebral ia. Anfang der 1 990er Jahre wurden internationale Kriteri en zur DiagnosesteUung einer Neurofibromatose vom Typ I festgelegt. M indestens zwei Kriterien müssen erfüllt sein. B O X
3 . 1
N F
1
- AU SZ Ü G E
A U S
D E N D I AG N O S E K R I T E R I E N Basierend auf den Richtlinien der National Institute of Health Consensus Conference •
6 oder mehr Cafe-au-LaiHiecken
• 2 oder mehr Neurofibrome jeglichen Typs •
•
Sommersprossenartige Pigmentierung der Achselhöhlen Optikusgliom
•
lrishamartome Neurofibromatose-typische Knochenläsionen Verwa ndter 1 . Grades mit gesicherter NF
Die Diagnostik ist wesentlich umfangreicher als bei allen anderen intrathorakalen Raumforderungen und bein haltet eine augenärztliche Untersuchung, molekularge netische Diagnostik und eine M RT vom Kopf zum Aus schluss von Optikusgliomen und Astrozytomen. Das PET-Cf hat mittlerweile einen hohen diagnosti schen Stellenwert für die Detektion von malignen Entar tungen. Grundsätzlich wird die chirurgische Resektion der thorakalen Neurofibrome empfohlen, da diese im Ge gensatz zu den dermalen Neurofibromen ein malignes Entartungsrisiko haben (in 1 0% der Fälle maligner peri pherer Nervenscheidentumor). Allerdings ist zu beden ken, dass chirurgische Maßnahmen zur Stimulation ei nes erneuten Tumorwachstums führen können. Oft ge lingt keine komplette Resektion des Tumors, und bei gleichzeitigem Nachweis von malignen, nichtresektab len Tumoranteilen ist die Prognose der Kinder infaust.
Lym p h a n g iome Lymphangiome sind angeborene Läsionen durch abnor me Proliferationen des Lymph- und Gefaßsystems. In
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3 Thorax
Abhängigkeit von der Zusammensetzung einzelner Ge webekomponenten unterscheiden wir zwischen sog. zystischen Hygromen und - bei Existenz von vaskulären Komponenten - Lymphangiomen. Isolierte thorakale Lymphangiome machen nur 1% aller Lymphangiome aus. Letztere kommen mit einer Inzidenz von ca. 1 : 6000 im Kindesalter vor. Hervorzuheben ist, dass zervikale Lymphangiome in bis zu 10% aller Fälle Ausläufer nach thorakal bilden können. Häufige Symptome sind Atemnot durch Kompression der Atemwege, aber akute Einblutungen können auch zur Anämie m i t plötzlich einsetzenden Symptomen von A tem not und/oder Kreislaufproblemen führen. Die Behandlung der thorakalen Lymphangiome bein haltet vielfaltige Optionen. Grundsätzlich wird die kom plette Resektion ohne Gefährdung vitaler Strukturen via Thorakotomie oder auch Sternatornie favorisiert. Gele gentlich werden auch Spontanregressionen beobachtet. Weitere Behandlungsmöglichkeiten stellen die lokale Applikation von Bleomycin, OK-432, Fibrin, Glukose und Alkohol dar. Hier kann einerseits über die Indukti on einer lokalen Inflammation eine signifikante Grö ßenreduktion mit besserer Resektion sm ö gli chkeit, an dererseits aber auch die Behandlung von Residuen nach Chirurgie ermöglicht werden. Postoperative Probleme sind Lymphlecks, der Ver bleib von Restbefunden und das Rezidiv, das in der Li teratur sehr variabel mit I 0-25% angegeben wird. Ei gene Erfahrungen zeigen, dass bei möglichen Restbe funden nach ausgedehnten Resektionen nicht zu früh zeitig erneute I n terventionen durchgeführt werden sollen, da es nicht selten im Verlauf von 1 2-24 Mona ten postoperativ zu einer weiteren Regression der Be funde kommt.
3. 1 0 A n g ebore n e p u l m o n a l e Fe h l bi l d u n g e n Die kongenitale zystisch-adenomatoide Malformation, das kongenitale lobäre Emphysem sowie die Lungense questration sind pulmonale Fehlbildungen, die gemein same klinische wie auch embryologische Charakteristika haben. Sie werden bereits im Säuglings- oder Kleinkin desalter klinisch manifest und bedürfen einer ch irurgi schen Therapie ( > Tab. 3.4). Außerdem kann das Mit tellappensyndrom als angeborene Lungenfehlbildung definiert werden. Dieses kann asymptomatisch oder aber bis hin zu schwerwiegenden Atemwegsproblemen symptomatisch verlaufen. Die genannten pulmonalen Fehlbildungen sind heterogen, weisen spezifische Merk male auf, haben jedoch auch Ähnlichkeiten, welche die Differenzialdiagnose erschweren können. Eine pragmatischere, rein pathologisch-deskriptive und systematische Herangehensweise an die bisher ge nannten kongenital zystischen Lungenfehlbildungen fordert Bush.
3 . 1 0. 1 K o n g e n ita l e zystisch a d e n o m ato i d e M a l formation (CCAM) Ätiologie u nd Pathogenese Die kongenitale zystisch-adenomatoide Malformation (CCAM) ist eine zystische, solide oder gemischt zystisch solide intrapulmonale Lungenfehlbildung, die Anschluss an den normal konfigurierten Bronchialbaum hat. Die Gefäßversorgung erfolgt in der Regel aus der Pulmonal arterie, jedoch kann in bis zu 25% der Fälle auch eine systemische, nicht pulmonalarterielle Gefäßversorgung
Tab. 3.4 Übersicht der angeborenen pulmonalen Fe.h l bildungen. Kongenitale zystisch-adeno matoide Malformation
Kongenitales lobäres Emphysem
Lungensequestration
Embryologie
Proliferation bronchialer, aber nicht alveolärer Strukturen
Mangelnde Knorpelentwicklung des beteiligten Bronchus
Fehlentwicklung der Lungenarterie, persistierende system isch-a rterielle Gefäßversorgung
Pathophysiologie
M ikrozystisch - makrozystisch - Air trapping, Ü berbl ä h u ng des be- Kein Anschluss an Bronchialbaum, solide intrapulmonale Läsion, An- troffenen lobus, Kompression und akute und chronische Entzündung schluss an Bronchialbaum Atelektase benachbarter LungenIappen
Klinik
Atemnot, I nfektion
Tachypnoe; entzündliche Beteili· Pneumonie, gesteigertes gung benachbarter Lungenlappen; Herzzeitvolumen durch Shunt ing Gedeihstörung
Diagnostik
Pränataler US, Rö, CT, MRT
Rö, CT
Rö, CT, Ultraschall, M RT
The rap i e
Lobektomie, Segmentresektion
Lobektomie
Resektion
3 .1 0 Angeborene pulmonale Fehlbildungen
vorliegen. Embryologisch entsteht die CCAM aus einer exzessiven Proliferation bronchialer, aber nicht alveolä rer Strukturen. Der Bronchialknorpel ist bei allen For men der CCAM dysplastisch. Man unterscheidet klassi scherweise drei Typen der CCAM nach Stocker, in neue rer Zeit wird die Differenzierung nach der histologischen Beschaffenheit vorgeschlagen ( > Tab. 3.5). Die aktuelle Einteilung ist eher von klinischer Bedeutung.
Sym ptomat i k u n d K l i n i k Säuglinge, die mit einer CCAM geboren werden, fallen in Abhängigkeit vom Ausmaß der Raumforderung durch Atemnot auf. Vor allem bei makrozystischen Lä sionen kann ein Air-trapping-Phänomen zur Überblä hung der betroffenen Lungenanteile führen, die wieder um eine Kompression der benachbarten, gesunden Lun ge verursachen kann. Ist die pulmonale Beeinträchti gung bei kleinen Läsionen geringer, können Monate bis Jahre vergehen, bevor sie klinisch symptomatisch wird. Die Risiken einer I nfektion sowie einer malignen Entar tung sind die führenden I ndikationen zur chirurgischen Therapie.
D i a g n osti k Die kongenitale zystisch-adenomatoide Malformation (CCAM) ist zunehmend eine Domäne der pränatalen Ultraschalldiagnostik, vor allem bei makrozystischen Läsionen. Sie bietet auch die Option einer pränatalen Therapie zur Optimierung der Lungenentwicklung (Punktion). Der zystische Aspekt einer kongenitalen zystisch-adenomatoiden Malformation (CCAM) wird in Tab. 3.5 Verg leichende Klassifi kationen der kongenitalen zystisch-adenomatoiden Malformation (CCAM). Eintei lung/ Parameter
Anatomisch (aktuell)
Zystengröße (cm)
Makrozystisch: > 5 cm
Assoziierte Fehl bildungen Prognose • g ün st ig
• ung ünsti g
M ikrozystisch: < 5 cm
solide
• zystisch
1: > 2 cm I I : < 2 cm
1 1 1 : solide
Mikrozystisch
II
M a k rozyst is ch M i kro zyst i sch
I
M ikrozystisch Makrozystisch
111 1, 1 1
Therapie Die Therapie der Wahl ist die chirurgische Resektion der Läsion ( > Abb. 3.2 l c, d). Indikation hierfür ist die Evi denz des Risikos der Infektion oder aber der malignen Transformation. Dies sollte wenn möglich im noch nichtentzündlichen Zustand erfolgen, sonst aber im in fektfreien Intervall. Einige Autoren empfehlen die Ope ration nach dem ersten Lebensjahr. Jedoch ist die frühe Resektion zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat in den Händen des thoraxchirurgisch Erfahrenen gerechtfer tigt, um einem komplizierten Verlauf vorzubeugen und kompensatorisches Lungenwachstum zu ermöglichen. Das häufigste und empfohlene Resektionsverfahren ist die Lobektomie. Jedoch kann bei eindeutig abgrenz baren Befunden eine Segmentresektion in Erwägung ge zogen werden. Obligat ist in jedem Fall eine vollständige Resektion mit korrekter Versorgung des zugehörigen Bronchus. In manchen Fällen kann eine kongenitale zystisch-adenomatoide Malformation mehrere Lungen lappen involvieren und in seltenen Fällen auch Indikati on zur Pneumonektomie der betroffenen Seite sein. Die Resektion erfolgt über eine dorsolaterale Thorakotomie; das thorakoskopische Vorgehen ist mittlerweile auch im Kindesalter etabliert. Ähnlich wie beim Iobären Emphy· sem (s. unten) kann die Überblähung, ein solider Anteil oder aber eine Entzündung mit entsprechender Verstei fung der Lunge Grund für eine Konversion zu einer Tho rakotomie sein.
Kom p l i kati o n e n
Echogenität •
flJM
den ersten Lebenstagen manifest, wenn die Amnionflüs sigkeit durch Luft ersetzt wird. Die radiologische D iag nostik und Abgrenzung zu den anderen angeborenen pulmonalen Fehlbildungen kann durch das Computer tomogramm bzw. die Magnetresonanztomographie er gänzt werden ( > Abb. 3.2 l a, b). Auch postnatal hat der Ultraschall seinen Stellenwert, insbesondere in der Be urteilung der Läsionen mit solidem Anteil. Aufgrund der zystischen Struktur kommen differen zialdiagnostisch alle anderen zystischen Lungenfehlbil dungen in Betracht. Dies umfasst das kongenitale lobäre Emphysem, bei sehr großen Zysten auch die Pneumato zele und ein pleuropulmonales Blastom.
111
Die Infektion einer kongenitalen zystisch-adenomato iden Malformation und die Überblähung einzelner Ab schn itte können zu einer erheblichen Beeinträchtigung der benachbarten Lunge und der respiratorischen Kapa ·
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3 Thorax
zität insgesamt führen. Beim Neugeborenen und beim Säugling kann dies ein Atemnotsyndrom (ARDS) indu zieren, das eine maschinelle Beatmung, eine H ochfre quenz-Oszillation ( H FO) oder gar die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) notwendig macht. Äl tere Kinder entwickeln rezidivierende pulmonale Infek te oder einen Abszess in einem großzystischen Areal.
benachbarter Lungenlappen führen kann. Die Gefäßver sorgung des Lungenlappens ist typischerweise normal. H istologisch fi ndet man die deutlich überblähten Alveo len, jedoch keine Destruktion des Lungengewebes.
Symptomati k und K l i n i k
geraten. Maligne Entartungen wie das bronchoalveoläre Karzinom, das Rhabdomyosarkom oder das pleuropul monale Blastom sind, wenn auch selten, beschrieben.
D ie zunehmende Überblähung des Lungenlappens füh rt zu respiratorischen Symptomen. Häufig ist dies in den ersten beiden Lebensjahren der Fall. Die betroffenen Kinder werden mit einer moderaten Tachypnoe mani fest. Eine entzündliche Beteiligung benachbarter Lun genlappen verursacht durch Kompression und Atelekta se (s. oben) ist möglich. Bei 73 der Patienten kommt es in der Folge zu einer Gedeihstörung.
3.1 0.2 Kon g e n ita l es l o b ä res E m p hysem
D iag nost i k
Ätiologie und Pathogenese
D i e Diagnose eines kongenitalen Iobären Emphysems wird in der Regel durch eine Rön tge na u fnah me des Tho rax gestellt ( > Abb. 3 .22a). Das Computertomogramm hat vor allem seine Bedeutung in der differenzialdiag nostischen Abklärung, aber auch zur I ndikationsstel lung und chirurgischen Resektionsplanung bzw. Lokali sation des betroffenen Lungenlappens.
Nach beha n d l ung E i n e Langzeitbeobachtung der Patienten m i t einer kon geni tal en zystisch - adenomat oi de n Malformation ist an
Embryologisch basiert das kongenitale lobäre Emphy
sem auf einer Knorpeldysplasie des beteiligten Bron chus. D ies führt zum Kollaps des Bronchus bei der Ex spiration mit konsekutivem A ir trapping im Lungenlap pen. Daraus resultiert die Ü berblähung des betroffenen Lobus, die wiederum zur Kompression und Atelektase
Abb. 3.21 C CAM : Röntgen-Thorax p. a . m i t C C A M rechts (a}; Cl-Thorax. Typ I n . Stocker (b); intraoperativer Aspekt am rech ten Unterlappen (c); histologisch: makro zystische Dysplasie (d)
3 . 1 0 Angeborene pulmonale Fehlbildungen
Das Polyalveolarsyndrom ist vom kongenitalen Iobä ren Emphysem abzugrenzen. Hierbei sind die Bronchi en normal angelegt, jedoch ist die Anzahl der Alveolen um das 3- bis 5-Fache höher. Außerdem müssen die kongenitale zystisch-adenomatoide Malformation (CCAM) sowie der Lungensequester differenzialdiag nostisch in Erwägung gezogen werden (s. dort). Erwor bene Formen eines Emphysems, wie durch Langzeitbe atmung hervorgerufene barotraumatische Veränderun gen, sind zu unterscheiden.
Therapie Kinder mit einem asymptomatischen kongenitalen Ia bären Emphysem und solche mit nur milder klinischer Symptomatik können zunächst observiert werden. Die Rückbildung eines klinisch manifesten Iobären Emphy sems ist jedoch nicht zu erwarten und eine chirurgische Therapie indiziert. Sie besteht in der Resektion des be troffenen Lungenanteils im Sinne einer Lobektomie ( >- Abb. 3.22b ). Diese wird in der Regel über eine dar solaterale Thorakotomie durchgeführt. Die Prinzipien der Lungenchirurgie, d.h. das selektive Darstellen, Ligie ren bzw. Übernähen und Durchtrennen von Lungenar terien, Lungenvenen und schließlich des Bronchus mit der dann zuletzt erfolgenden Parenchymdurchtrennung kommen dabei zur Anwendung. Mittlerweile gilt die thorakoskopische, anatomische Lungenresektion auch im Kindesalter als etabliert. Sie stößt aber gerade bei der I ndikation des kongenitalen Iobären Emphysems an ih re Grenzen, denn es handelt sich hierbei um Lungenlap pen, die meist wenig "compliant", d.h. oft steif, sind und sich auch unter der Insutflation von Kohlenstoffdioxid in den Thorax nicht so komprimieren lassen, dass aus reichend Platz und Sicht geschaffen werden kann, um die entsprechende Präparation sicher zu ermöglichen. Beim Zugang über eine Thorakotomie herniert dieser steife überblähte Lungenlappen oft nach Eröffnen der Pleura aus der Wunde.
Abb. 3.22 Lobäres Emphysem: Röntgen· Thorax p. a., Em physem rechter Unterlap· pen mit deutlichem Mediastinalshirt n ach links (a); Operationspräparat des rechten Unterlappens (b).
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Kom p l i kationen In den meisten Fällen erlaubt die chirurgische Resektion eines kongenitalen Iobären Emphysems die Wiederaus dehnung und ein kompensatorisches Wachstum der Restlunge. Dies ist jedoch alterabhängig. Deshalb sollte die Indikation zur Operation nach Diagnosestellung n icht solange hinausgeschoben werden, bis sich Folgen der Kompression und Dys- bzw. Atelektasen der Rest lunge so manifestiert haben, dass die o. g. Kompensati onsmechanismen nicht mehr möglich sind. Komplikati onen beim kongenitalen Iobären Emphysem können im Verlauf durch eine Sekretretention entweder im betrof fenen Lungenabschnitt oder aber in den benachbarten Lungenlappen mit entsprechender pneumanischer Infil tration entstehen.
Nach be h a n d l u n g Die Nachbetreuung von operierten Patienten umfasst die radiologische Verlaufsdiagnostik, ggf. die Durchführung einer Lungenfunktionsuntersuchung. Da das kongenita le lobäre Emphysem naturgemäß nicht wesentlich zum Gasaustausch beiträgt und die funktionelle respiratori sche Kapazität eher reduziert, ist postoperativ eine Ver schlechterung der Lungenfunktion nicht zu erwarten.
3.1 0.3 L u n g e nseq u estrat i o n Ätiologie und Pathogenese Es gibt sehr unterschiedliche A uffassungen hinsichtlich der embryologischen Pathogenese des Lungenseques ters. Am plausibelsten erscheint die Theorie, dass eine mangelnde, besser, nicht ausreichend schnelle Entwick lung der Lungenarterie dazu führt, dass es zu einer vas kulären Minderversorgung der betroffenen fetalen Lun ge kommt. Dies wiederum führt zur Bildung bzw. Per sistenz eines systemisch-arteriell versorgten Lungenab-
I
I
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3 Thorax
schnitts. Daher wird auch die These vertreten, dass es sich eher um eine vaskuläre als eine pulmonale Fehlbil dung handelt. Ob dies zu einem intra- (90%) oder extra lobären ( l O%) Sequester führt, hängt von der Distanz zur normal entwickelten Lunge ab. Schließlich besteht mit einem Sequester ein Segment der Lunge, das eine abnorme, systemische - oft aus der Aorta abdominalis entspringende - arterielle Gefäßversorgung, aber keinen Anschluss an den ansonsten normal konfigurierten Bronchialbaum hat. Wird jedoch ein Bronchus gefun den, so komm uniziert dieser mit dem Gastrointestinal trakt. Die intrapulmonalen Sequestrationen sind von der viszeralen Pleura der übrigen, normalen Lunge mit überzogen . D iese finden sich meistens i n den basalen Lungenabschnitten des (linken) Unterlappens. Die ve nöse Drainage erfolgt entweder über die Lungenvenen oder auch systemisch, z.B. über die Vena azygos. Histo logisch zeigt sich normales Lungenparenchym, durch zogen von großen Blutgefäßen, bis hin zu mikrozysti schen Veränderungen ähnlich wie bei der mikrozysti schen CCAM. Typischerweise findet man ausgeprägte akute wie chronische Entzündungszeichen bis hin zur Destruktion des eigentlichen Parenchyms. Extralobäre Sequestrationen haben einen eigenen pleuralen Überzug, können im unteren Hemithorax, aber auch subdiaphragmal im Bauch, im Mediastinum und im Herzbeutel lokalisiert sein. In der Hälfte der Fäl le sind sie mit anderen Fehlbildungen assoziiert (Zwerchfellhernie, Ösophagusduplikaturen, tracheoöso phageale Fisteln) ( >- Abb. 3.23).
Symptomati k und K l i n i k Die Mehrzahl der Lungensequestrationen regrediert spontan bis zur Geburt; der Mechanismus dieser Re gression ist unklar. Neugeborene und Säuglinge mit eia
Abb.
3.23
b
lnterlobäres (a) und extralobäres (b) Sequester.
nem Sequester sind überwiegend asymptomatisch, weil die Läsion klein in Relation zur Restlunge ist. Es kann u.U. Jahre dauern, bis diese klinisch manifest wird. Häu fig sind dann lokal rezidivierende Pneumonien, über wiegend im Unterlappen lokalisiert. Die systemisch ar terielle Blutversorgung kann jedoch auch zu einem sog. " High-output cardiac Jailure"-Phänomen führen, be dingt durch das hohe Herzzeitvolumen bei einem Shunt. Beim Kleinkind kann dies bis zu 50% des gesamten Herzzeitvolumens ausmachen und erfordert eine sup portive, u.U. intensivmedizinische Therapie (Katechol amine, Digitalisierung u.a. ) .
Diag nostik Die Diagnostik umfasst das konventionelle Röntgen, das Thorax-Computertomogramm und die Magnetreso nanztomographie. In der angelsächsischen Literatur ist die Darstellung des Sequestergefäßes eine Domäne von CT, MRT und der digitalen Substraktionsangiographie (DSA) . Im europäischen, speziell im deutschen Sprach raum hat sich die Sonographie bewährt, die im Regelfall die systemische Gefaßversorgung qualitativ und quanti tativ mit dem Dopplerultraschall erfasst ( >- Abb. 3. 24a, b). Bei V. a. Verbindungen zum Gastrointestinaltrakt wird die Bildgebung ergänzt durch Kontrastmittelunter suchungen des Ösophagus. Pränatal lassen sich die meisten zystischen Lungenläsionen im Ultraschall mit hoher Genauigkeit darstellen. Eine weitere Differenzie rung gelingt auch im pränatalen MRT. Die Abgrenzung zur CCAM kann bisweilen schwierig sein; wegweisend ist der Nachweis eines Sequestergefä ßes, mit dem sich die Diagnose abgrenzen und sichern lässt.
Thera pie Eine Therapie ist angezeigt, wenn ein Lungensequester klinisch manifest wird. Die Indikation zur chirurgischen Resektion beim intrapulmonalen Sequester ist aufgrund der hohen Infektionsgefahr gegeben. Unabhängig vom Typ des Sequesters besteht eine Operationsindikation bei hohem systemischem Blutfluss. Bei großen zysti schen Anteilen ist ebenfalls die operative Entfernung angezeigt, da auch hier ein Risiko der malignen Entar tung besteht. Die Lobektomie ist die Therapie der Wahl, um inkom plette Resektionen zu vermeiden ( >- Abb. 3.24c). Dabei sind einige Besonderheiten zu beachten. Extralobäre Se quester sind in bis zu 50% der Fälle mit weiteren Fehlbil-
3 . 1 0 Angeborene pulmonale Fehlbildungen
dungen, z.B. einer Zwerchfellhernie vergesellschaftet, umgekehrt kann beim Verschluss einer Zwerchfellher nie ein Lungensequester angetroffen werden, der dann ebenfalls versorgt werden muss. Eine (embryologische) Verbindung zum Ösophagus oder Magen (dem embryo logischen Vorderdarm) ist möglich und muss sorgfaltig gesucht bzw. ausgeschlossen werden. Die eigentliche Resektion wird durch die nicht vorhandene Verbindung zum Bronchialbaum erleichtert. Da es sich bei der syste misch-arteriellen Gefäßversorgung des Sequesters in bis zu 85% der Fälle um eine Arterie handelt, die der abdo minellen Aorta entspringt, muss diese ebenfalls sorgfal tig aufgesucht und versorgt werden. Die Leitstruktur hierfür ist das Ligamentum pulmonale inferior. Der Durchtritt durch das Zwerchfell erfolgt meist an untypi scher Stelle. Bei nichtadäquater Ligatur des Gefäßes und Retraktion nach subdiaphragmal besteht das Risiko ei ner Blutung nach intraabdominell. Extralobäre und ei nige intralobäre Lungensequester können heute thora koskopisch reseziert werden. Abhängig vom Regressi onsgrad empfehlen einige Autoren die arterielle Emboli sation. Neben der fortschreitenden Regression ist ein weiterer Vorteil die mögliche Kreislaufstabilisierung bei high-output cardiac failure. H ier ist jedoch das Risiko vaskulärer Komplikationen gegen den Vorteil der siche ren Resektion abzuwägen.
Kom p l ikationen Die Gefahr eines high-outpul cardiac failure durch das hohe Herzzeitvolumen ist relevant, da dies beim Klein kind bis zu 50% des gesamten Herzzeitvolumens ausma ch en kann (s. oben). Später können beim jungen Er wachsenen lebensbedrohliche Komplikationen wie Blut husten und eine dekompensierende Herzinsuffizienz auftreten. Bei nicht akkurater präoperativer Diagnostik kan n ein Ü bersehen des arteriellen Gefa ßes das den Se quester versorgt, intraoperativ zu Blutungskomplikatio nen führen. Das Belassen eines solchen Gefäßes unter der Resektion atypischen Lungengewebes kann wieder um zu erneuten Infektionen führen. ,
3.1 0.4 M itte l l a p pe nsyn d ro m
Extrapulmonales Sequester: Röntgen-Thorax (a); Ultra· schall: mit Darstellung des Sequestergefäßes (b); Operationspräpa· rat (c).
Abb. 3.24
können eine externe Kompression durch eine Lymph· adenopathie oder die verminderte Belüftung zur klini schen Manifestation eines M ittellappensyndroms führen.
Ätiologie u n d Pathogenese Sym ptomatik u n d K l i n i k Die Ätiologie des M ittellappensyndroms ist gegenwärtig nicht völlig geklärt. Neben einer angeborenen Bronchus anomalie sowie einem ungewöh nlichen Abgang oder aber einer Lumeneinengung des Mittellappenbronchus
Das Mittellappensyndrom kann asymptomatisch ver· laufen, jedoch auch klinisch eindrückliche Atemwegs· probleme verursachen, dabei umfasst das Spekt rum
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3 Thorax
auch rezidivierende Atelektasen und die Pneumonie. Häufig ist das Mittellappensyndrom mit Asthma assozi iert, das in Verbindung mit wiederholten Infektionen zur Ausbildung von Bronchiektasien führen kann.
Diagnosti k Zur Diagnosestellung kommen alle Verfahren der Bildge bung, insbesondere das konventionelle Röntgen, aber auch das M RT und CT zur Anwendung ( > Abb. 3.25). Die Perfusions-Ventilations-Szintigraphie hat ihre Bedeu tung in der Beurteilung der funktionellen Auswirkung des Mittellappensyndroms. Die Bronchoskopie/-graphie bzw. alternativ die CT-gestützte Bronchusrekonstruktion sind ergänzende diagnostische Maßnahmen. Neben der Lobärpneumonie und der Pneumonie müssen differenzialdiagnostisch naturgemäß auch die o. g. kongenitalen Lungenfehlbildungen in Betracht ge zogen werden.
Thera pie Die konservative Behandlung umfasst Antibiotika und Bronchodilatatoren. D ie definitive Therapie ist jedoch die chirurgische Resektion der Läsion. Die Indikations stellung fußt auf der kompletten Atelektase, der bron chialen Obstruktion oder der Bronchiektasie und betrifft ca. 1'3 der betroffenen Patienten. Die Resektion sollte analog zu vorstehend genannten E ntitäten im noch nicht entzündlichen Zustand erfolgen, sonst im infekt freien Intervall. Die frühe Resektion scheint gerechtfer tigt, um komplizierten Verläufen vorzubeugen. Technisch ist die Mittellappenresektion anspruchs voller, da der Mittellappenbronchus so weit von seinem
Ursprung abgesetzt werden muss, dass der Abgang zum apikalen Unterlappensegment 6 (B6) nicht eingeengt wird. Ist der Stamm des Mittellappenbronchus nur kurz, empfiehlt es sich, die beiden Segmentbronchi 84 und BS getrennt zu versorgen. Bei etwa der Hälfte der Patienten kann zudem kein gemeinsamer Stamm der Mittellap pensegmentarterien A4 und AS gefunden werden. Da her muss die Lungenarterie AS gegenüber der Segment arterie A6 aufgesucht und versorgt werden. U nmittelbar in der Nähe oder gemeinsam mit AS entspringende Oberlappenarterien (A2/3) sind unbedingt zu schonen. Im eigenen Patientengut hat sich die thorakoskopi sche Mittellappenresektion (n 3) als praktikabel und sicher erwiesen. Sie vermeidet die Morbidität der Thora kotomie; Langzeitergebnisse und größere Fallzahlen ste hen jedoch aus. =
Ko m p l i kati one n D a s Mittellappensyndrom ist häufig m i t Astluna assozi iert. Die dadurch bedingten Folgen wie Überblähung, Atelektase und Bronchiektasie können zu wiederholter Entzündung und Destruktion des Mittellappens führen.
3 . 1 1 C h y l ot h o ra x Der Chylothorax entsteht durch eine Leckage von Lymphflüssigkeit in die Thoraxhöhle und tritt überwie gend rechtsseitig auf. Der kongenitale Chylothorax stellt die häufigste Ursache von Pleuraergüssen bei Kindern dar und beruht auf einer Malformation des Ductus tho racicus. Zweithäufigste Ursache sind Traumata, die überwiegend iatrogen durch kardiachirurgische Eingrif fe, aber auch Geburtsverletzungen hervorgerufe n wer den. Danach folgen als Ursachen entzündliche Prozesse oder Tumoren. Begleitfehlbildungen bei der kongenitalen Form kön nen verschiedene Syndrome (Down-, Tu rner- oder Noo n a n -Syndrom) sein, aber auch pulmonale Lymphangiek tasien, Ösophag usat resi e n oder Lungensequestrationen.
3 . 1 1 . 1 Sy m pt o m e
M ittellappensyndrom, Computertomographie nativ, axi ale Schnittführung mit Atelektase und B ronchiektasie des Mittellap· pens (Markierung) sowie ausgeprägter perihilärer Lymphadenitis. Abb. 3 . 2 5
Die klinischen Symptome entsprechen denen eines Atemnotsyndroms beim Neugeborenen mit Dys- bzw. Tac hypno e , Zyanose und Kreislaufproblemen aufg rund eines Mediastinalshift s . Der hohe Eiweißverlust des Fe-
3. 1 2 Erworbene Erkran kungen von
tus kann in Ausnahmefallen sogar zu einem Hydrops fetalis führen. Relativ schnell entwickeln die Kinder postnatal eine schwere Hypoproteinämie, l mbalancen im Wasser-/Eiektrolythaushalt und Säure-/Basenstatus sowie eine Immundefizienz. Die Lymphe imponiert i m N üchternzustand eher klar; bei oraler Nahrungszufuhr entsteht schnell eine m ilchig trübe Flüssigkeit. Gelegent lich können die kli nischen Verläufe so progredient sein, dass eine intensivmedizinische Versorgung mit Beat m ung notwendig ist. Ein positiver endexspiratorischer Druck kann dabei den Lymphaustritt etwas reduzieren.
Pl e u ra
und Thorax
Ziel der chirurgischen Therapie ist die Ligatur bzw. Obliteration des Ductus thoracicus. M ittlerweile wird als Zugangsweg die rechtsseitige Thorakaskopie favorisiert. Der Ductus ist in Höhe des Zwerchfells aufzusuchen. Oft ist es trotz oraler Belastung des Kindes mit Sahne 30 m in vor der Operation nicht einfach, das Lymphleck intra operativ zu identifizieren. Gelingt die Ligatur oder das Klippen des Lymphlecks nicht, kann versucht werden, mittels Argon-Beamer-Koagulation oder Fibrinkleber diffuse Leckagen rund um den H iatus aorticus zu ver schließen. Pleuroperitoneale Shunts (Denver double valve sh u n t system) sind nur bei einem absolut therapie refraktären Chylothorax indiziert.
3 . 1 1 . 2 D i a g n ost i k Die Pleuraergüsse sind bei den kongenitalen Formen oft schon pränatal bekannt. Postnatal wird die Diagnose so nographisch oder durch eine Röntgenthoraxaufnahme mit dem Nachweis von massiver pleuraler Flüssigkeit und der Existenz eines Mediastinalshifts gestellt. Die Di agnose wird mit der Dokumentation von mehr als 60% Lymphozyten und Chylomikronen (Sudanfarbung), ei nem Fettgehalt von 0,4-4% und einem Eiweißgehalt von 30% im Punktat definitiv bewiesen. Eine Identifikation des Lymphlecks kann mittels nu klearmedizinischer Lymphoszintigraphie (99m-Techne tium-Kolloide) ermöglicht werden. Lymphangiogram me sind nur bei älteren Kindern Erfolg versprechend.
3 . 1 1 .3 T h e ra p ie Die Therapie der Wahl ist zunächst eine diätetische Be handlung m it Fettrestriktion und Gabe von mittelketti gen Triglyzeriden (MCT-Kost) sowie die Einlage einer Thoraxdrainage. Die täglichen Flüssigkeitsverluste sind genau zu dokumentieren. Kommt es nicht zum Sistieren der Lymphleckage, ist eine totale parenterale Ernährung indiziert. Unter diesem Behandlungskonzept wird in der überwiegenden Zahl der Fälle ein Erfolg erzielt. Bei Fort bestehen des Chylothorax können weitere konservative Therapieversuche mit Somatostahn oder seinem Ana logon Octreotid versucht werden. Letzteres hat den Vorteil, dass es neben kontinuierlicher intravenöser Gabe auch alle 8 Stunden subkutan verabreicht werden kann. Chirurgische Therapieverfahren sind erst nach Aus schöpfung konservativer Maßnahmen über einen Zeit raum von 2-3 Wochen indiziert. Verschiedene Autoren legen aber auch Grenzen bei den Flüssigkeitsverlusten aus der Drainage (> 1 00 m l / j ahresalter und Tag oder > 10 ml/kg KG/Tag) fest.
3.1 2 E rwo rbe n e E r k ra n k u n g e n vo n P l e u ra u n d T h o rax 3 .1 2.1 Pneu m oth o ra x Ätiologie und Pathogenese Der Pneumothorax beim Kind hat zwei wesentliche Ur sachen. Zum einen tritt er traumatisch durch ein stump fes oder penetrierendes Thoraxtrauma bzw. die Lungen kontusion auf, zum anderen spontan als Folge der Rup tur der viszeralen Pleura. Dabei können Erkrankungen der Lunge wie eine oder multiple Bulla(e), ein Emphy sem oder Asthma zugrunde liegen. Sekundär kann ein Pneumothorax auch bei zystischer Fibrose (CF) oder bei Pneu moncystis-jiroveci- I n fektionen auftreten.
Symptomati k u n d K l i n i k E s werden drei Formen des Pneumothorax unterschieden: • einfacher Pneumothorax als Kollaps der Lunge ohne Mediastinalshift und/oder Kreislaufbeeinträchtigung • offener Pneumothorax bei penetrierenden Verlet zungen ( > Abb. 3.26) • Spannungspneumothorax, bei dem es bedingt durch einen Ventilmechanismus der viszeralen oder der parietalen Pleura zu einer zunehmenden Luftan sammlung im Pleuraspalt mit hochgradiger respira torischer Insuffizienz kommt, die konsekutiv zu einer Verdrängung des Mediastinums und zur Kreislaufde pression führt. Der Spannungspneumothorax stellt immer einen lebensbedrohlichen Zustand dar. Beim Kind kann ein Pneumothorax auch klinisch inap parent verlaufen, z.B. nach Ruptur einer B ul l a , bei der
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3
Thorax
lediglich subjektiv Schmerzen und diskrete Atemnot wahrgenommen werden. In jedem Fall kann jede Art des Pneumothorax zur respiratorischen und Kreislauf insuffizienz führen.
D iag nost i k
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Klinische Symptome sind subjektiv Schmerzen und Atemnot. Objektive Hinweise sind neben äußeren Ver letzungszeichen der Luftaustritt oder Pfeifen bei pene trierenden Traumen, ein Hautemphysem, 02-Sätti gungsabfall, Tachydyspnoe, Tachykardie und Blut druckabfall. Diese Symptome können rasch eintreten und sich verschlimmern. Die Diagnose wird in der Tho rax-Röntgenaufnahme gestellt, im Rahmen der Trauma diagnostik auch im Computertomogramm. Bei Verdacht auf einen Pneumothorax muss zwischen den einzelnen Formen desselben unterschieden werden (s. oben). Ein Hämato-(Pneumo-)thorax muss abge grenzt werden. Typisch hierbei ist der initiale Blutverlust bei Legen einer Thoraxdrainage. Beim Kind ist ein Hä matothorax auch mittels Ultraschall zu diagnostizieren.
Therapie In der Regel bedingt die Diagnose Pneumothorax die In dikation zur Pleuradrainage. Lediglich kleine Mantel Pneumothoraces, die den Patienten subjektiv und objek tiv nicht beeinträchtigen, können konservativ m it der Applikation von Sauerstoff z.B. über eine Nasensonde behandelt werden. In Abhängigkeit von Alter und Ge wicht des Patienten wird eine Thoraxdrainage in der mittleren Axillarlinie der betroffenen Seite angelegt. Dies wird unter sterilen Kautelen entweder in lokaler oder Allgemeinnarkose durchgeführt. Nach Hautinzisi-
on im 4. bis 5. ICR (beim Neugeborenen und Säugling) bzw. im 5. bis 7. ICR (beim Klein- bis Schulkind bis Ado leszenten) wird über 1 -2 Interkostalräume subkutan getunnelt, dann am Oberrand der Rippe mit der Schere oder dem Spieß der Drainage in den Pleuraspalt einge drungen und der Drain entsprechend eingebracht. Ver wendet werden wiederum in Abhängigkeit von Alter und Gewicht des Patienten Drainagen der Größen 8F lOF beim Neugeborenen und Säugling bzw. 10F-24F beim Klein- bis Schulkind bis Adoleszenten. Nach Anla ge der Pleuradrainage ist die Durchführung eines erneu ten Thorax-Röntgen obligat. Die Drainage wird über ein Wasserschloss (Bülau-Drainage) an einen Sog ange schlossen, der normalerweise 10 cmH20 betragen sollte; selten ist ein größerer Sog notwendig.
Ko m p l i kationen Die Komplikation des Pneumothorax ist der Span nungspneumothorax. Dieser ist durch die Drainage in der Regel suffizient behandelt. Rezidivierende Pneumo thoraces oder große Fistelvolumina lassen an eine Bron chusverletzung denken. Alternativ muss hier dann aber auch wiederum an eine emphysematöse Lunge mit Bul lae gedacht werden. Andere Komplikationen, die mit dem Auftreten eines Pneumothorax einhergehen, sind der Hämatothorax sowie andere Begleitverletzungen. Dies können Rippenfrakturen sein (Cave: instabiler Thorax!), eine Ruptur des Zwerchfells und die Verlet zung intrathorakaler Organe. Hierzu zählen in erster Li nie die Lunge, der Herzbeutel bzw. das Herz selbst. Aber auch entfernt liegende Organe wie Leber, Milz, Magen und Darm können betroffen sein, besonders dann, wenn auch eine Zwerchfellruptur vorliegt. Insbesondere Ver letzungen des Perikards und des Herzmuskels bedürfen einer sofortigen I ntervention. Andere Organverletzun-
Abb. 3 .26 Einfacher (a) und offener (b) Pneumothorax.
3.1 2
Erworbene Erkrankungen von Pleura und Thorax
gen können auch erst nach einem I ntervall klinisch sym ptomatisch werden!
das Pleuraempyem eine lnzide11Z von ca. 3,3 auf 1 00 000 Kinder besteht.
N ac hbe hand l u ng
Ätiologie u n d Pathogenese
Bei traumatisch bedingtem Pneumothorax wird die Nachbehandlung durch die Klinik und die eventuellen Begleitverletzungen vorgegeben. Dies umfasst von ma schineller Beatmung, Bronchoskopie und Lavage bis hin zur Operation das Spektrum der konservativen, inten sivmedizinischen und chirurgischen Therapie. Der nichttraumatisch bedingte Spontanpneumothorax, z.B. nach Ruptur einer Bulla ( > Abb. 3.27), ist ebenfalls in Abhängigkeit der Ursache zu behandeln. Die I ndikation zum operativen Vorgehen besteht beim rezidivierend auftretenden Spontanpneumothorax, beim persistieren den Pneumothorax, beim bilateralen Pneumothorax oder beim Vorhandensein mehrerer oder großer Bullae. Verfahren der chirurgischen Therapie sind die thorako skopisch durchgeführte Pleurodese bzw. Pleurabrasio und die videoskopisch unterstützte (Mini-)Thorakoto m ie (VATS, Videoscopic Assisted Thoracoscopic Surgery) oder Minithorakotomie zur Durchführung einer atypi schen Wedge-Resektion der Lunge. Alternativ kann durch das Einbringen von Talkum in den Pleuraspalt ei ne entzündliche Reaktion mit konsekutivem Verkleben von viszeraler und parietaler Pleura erreicht werden. Ein direktes Verkleben der Pleura wird auch durch Applika tion von Fibrinkleber erreicht.
Normalerweise enthält der Pleuraspalt ungefahr 0,3 ml Pleuraflüssigkeit pro kg Körpergewicht. Diese Menge wird durch die entsprechende Sekretion und Absorption im Gleichgewicht gehalten. Wird dieses Gleichgewicht durch I nfektion gestört, dann kommt es zu einer Akku mulation der Flüssigkeit, d.h. der Ausbildung eines pa rapneumonischen Ergusses mit konsekutiver Translo kation von Bakterien und inflammatorischen Zellen wie neutrophilen Granulozyten. Die Aktivierung der Gerin nungskaskade führt zu einer herabgesetzten Fibrinolyse und der Ablagerung von Fibrin. Schließlich besteht ein eitriger und fibrinös durchsetzter Pleuraerguss, das Pleuraempyem, das sich im weiteren Verlauf organi siert.
Symptomatik u n d K l i n i k
3 .1 2.2 P l e u ra e m py e m
Die Symptomatik und Klinik ist abhängig vom Stadium des Pleuraempyems. Es werden in international gleich lautender N omenklatur drei Phasen unterschieden: Klassische Symptome sind KrankheitsgefühL Lethar gie und Fieber, im weiteren Verlauf kommen H usten und Tachypnoe hinzu. M it der Entwicklung zum Empy em werden die Patienten schwer krank; undulierendes Fieber, Schmerzen auf der betroffenen Seite des Thorax und eine zunehmende Dyspnoe treten auf.
Bei ca. 0,6% aller Pneumonien i m Kindesalter entwickelt sich ein Progress bis hin zum Pleuraempyem, sodass für
D i a g n ostik
Abb. 3.27 Thorakoskopischer Aspekt bei Pneumothorax nach
Spon ta nruptur einer Bulla (Markierung).
Der klinische Verdacht a u f Erguss bzw. Empyem i s t ra diologisch und sonographisch zu verifizieren. Ein Rönt genbild vom Thorax ist in jedem Fall indiziert. Der Ul traschall hilft insbesondere beim radiologischen Bild der "weißen Lunge" in der Differenzierung von Erguss und Lungenparenchym. Im fortgeschrittenen Verlauf ist die Durchführung einer Thorax-CI zur präoperativen Diag nostik bzw. differenzialdiagnostisch bei atypischem Er guss oder Empyem zum Ausschluss einer anderen Grunderkrankung oder auch bei Verdacht auf einen Lungenabszess gerechtfertigt. Die bildgebende Diagnos tik wird ggf. durch eine Bronchoskopie unterstützt. Die Labordiagnostik hilft über den Nachweis unspezifischer Entzünd ungsparameter hinaus nicht weiter. Blutkultu ren zum Erregernachweis und zur Resistenzbestim-
71
I
72
3 Thorax
Tab. 3.6 Symptomatik, Klinik und Therapie des Pleuraempyems.
I
Pathophysiologie
Symptomatik
Exsudative Phase
Flüssiger Erguss
Wie bei Pneumonie, Fie- Leukozytose, BSG- Beber, Husten, Tachypnoe schleunigung
Fibrinepurulente Phase
Eingedickter, fibrinös-eitriger Erguss
Hochfieberhaft, deutlich reduzierter AZ, Sepsis
Klinik
Chronisch. organi- Schwielen- und Schwarten- Dyspnoe, Schmerzen sierte Phase bi l d u ng , Schrumpfung der Lunge (captured lung)
mung sollten bei Verdacht auf einen parapneumoni schen Erguss bzw. ein Empyem allerdings angelegt wer den, denn sie haben einen hohen Stellenwert zur Indika tion und Auswahl der antibiotischen Therapie. Vor Therapiebeginn gilt es, eine andere Ursache eines Ergusses bzw. eines Empyems auszuschließen. Dies können Malignome wie z.B. ein Non-Hodgkin-Lym phom (NHL) oder auch ein Lungenabszess sein.
•
•
Therapie (chirurgisch) Pleuradrainage
u . U . kardiorespiratorisehe Beeinträchtigung
Thorakoskopisches Debridement, Saug-SpülDrainage
Respiratorische Beeinträchtigung, Schonhaltung
Thorakoskopische (Pseudo-) Dekortikation, ggf. Th orakotomie
verkürzen sowie weitere chirurgische Interventio nen abwenden. Die Fibrinolyse macht nur dann Sinn, wenn sie im Zusammenhang mit einer Pleuradrainage erfolgt, welche die Fibrinolyse ja ermöglichen bzw. verbes sern kann. Allerdings ist die Datenlage nach wie vor unklar, sodass dies eine Entscheidung ist, die im Ein zelfall getroffen werden muss. Die - rechtzeitige - chirurgische I ntervention scheint einer konservativen Behandlung eher überle
Thera p i e I m Vo rde rg r und der Therapie stehen d ie
Behandlung der sowie die Wiederherstellung der normalen Pleu razirkulation, um die Wiederausdehnung der Lunge und damit die normale Lungenfunktion zu gewährleisten. H ierzu sind verschiedene Maßnahmen verfügbar ( >- Tab. 3.6). Das Fehlen kontrollierter, randomisierter Studien führt zu einer hohen Variation an Behandlungsoptio nen. Einen evidenzbasierten Behandlungsalgorithmus gibt es nicht. In der Literatur wird folgendes eskalieren des S t u fenkon zep t empfohlen: Sepsis
•
•
Eine i.
v.
antibiotische Behandlung erfolgt bei pa
rapneumonischem Erguss < 1 cm Ergussbreite im Ul traschall sowie fehlender respiratorischer Einschrän kung. Diese sollte in jedem Fall eine adäquate Thera pie gegen Streptococcus pneumoniae gewährleisten. Bei Nichtansprechen innerhalb von 48 Stunden, einer Zunahme des Ergusses oder einer respiratorischen Verschlechterung besteht die Indikation zur Drainage. Im Gegensatz zum Erwachsenen hat sich die alleinige diagnostische oder die mehrfache the rapeutische Punktion eines Pleuraergusses beim Kind als nicht hilfreich und sinnvoll erwiesen. Die Anlage einer Pleuradrainage sollte gleichzeitig die Asservierung von Pleuraflüssigkeit zur mikrobiolo gischen Diagnostik beinhalten. Das rechtzeitige Drainieren der Pleura kann den Verlauf und damit die Aufenthaltsdauer des Kindes im Krankenhaus
gen zu sein. Dabei ist stadiengerecht zunächst die Thorakaskopie der Thorakotomie voranzustellen, die naturgemäß weniger invasiv ist und die geringere eingriffsbedingte Morbidität a u fweist. Das Debride ment wird immer mit der Einlage einer Pleuradrai nage kombiniert, ggf. als Saug-Spül-Drainage. Auch eine Fibrinolyse kann hier unter Sicht appliziert wer den. Lässt sich der Situs nicht mehr darstellen bzw. ist die Phase der Schwielen- und Schwartenbildung einhergehend mit einer Ummauerung und Schrump fung der Lunge (sog. captured Jung) erreicht, dann ist die offene ( Pseudo-)Dekortikation über eine Thora kotomie indiziert. In Studien konnte belegt werden, dass h ierunter der Krankheitsverlauf günstiger und kürzer war
als in vergleichbaren Patientengruppen, die lediglich mit einer Drainage behandelt wurden. Umgekehrt war es so, dass 40% der Patienten, die le diglich m it einer Drainage behandelt wurden, zu ei nem späteren Zeitpunkt operiert werden mussten. Insofern scheint die - rechtzeitige - thorakoskopi sche Intervention überlegen zu sein. Auch eine Lang zeitantibiose ist möglich und kann zur allmählichen Rückbildung des Befunds fü hre11.
Kom p l i k ationen Das Pleuraempyem beim Kind heilt praktisch i mme r aus. Der angemessene E i ns a tz d e r o. g. t hera peutischen Optionen kann jed och den Verlauf un d die Dauer un d
3.1 3
damit auch den Aufenthalt im Krankenhaus entschei dend beeinflussen. I m Sinne ei ner Vermeidung von Komplikationen wie die Stadienverschlechterung oder das Ausbilden eines Lungenabszesses ist die rechtzeitige I ntervention (Drainage, Thorakoskopie) sinnvoll.
3.1 3 B ru stwa n d fe h l b i l d u ng e n 3 .1 3.1 Trichterbru st Historische Aspe kte zur Trichterbrust Die Trichterbrust war schon in der Antike bekannt; wis senschaftlich beschäftigte man sich mit ihr bereits im 1 6. Jahrhundert. Eine genetische Disposition wurde schon 1 820 von Coulson, 1 872 auch von Williams ver mutet. Die Therapie bestand in der Verordnung von fri scher Luft und Leibesübungen. Die Thoraxchirurgie und damit auch die chirurgische Therapie der Trichterbrust war bis A nfang des 20. Jahrhunderts ein unerschlosse nes Gebiet. Nachdem sich Meyer 1 9 1 1 erfolglos durch die Resektion von Rippenknorpel an der operativen Korrektur einer Trichterbrust versucht hatte, war es zwei Jahre später Sauerbruch, der mit der Resektion ei nes Teils der anterioren Brustwand und des Sternums erreichte, dass der vorher arbeitsunfähige Patient wie der ohne Dyspnoe arbeiten konnte. In den 1 920er Jahren begründete Sauerbruch dann die Technik der bilateralen Rippenknorpelresektion und der sternalen Osteotomie, die später durch Ravitch po pulär wurde. Er favo risierte eine externe Traktion des Sternums für einen 6-wöchigen postoperativen Zeit raum. Diese Technik wurde rasch in Europa und den USA übernommen und verbreitet. Später modifizierte Ravitch die Methode, indem er das Sternum unter Durchtrennung aller Verbindungen des Brustbeins zur Interkostal- und zur Rektusmuskulatur, zum Zwerchfell und zum Xyphoid radikal mobilisierte. Er verließ auch die Methode der Sternumtraktion und publizierte 1 949 seine Erfahrungen mit acht Patienten. Das Verlassen der Technik der Sternumtraktion füh rte jedoch zu einer Zu nahme an Rezidiven; daher führten Wallgreen und Sula maa 1 956 die Idee einer internen Abstützung mithilfe einer leicht gebogenen Stahlplatte ein. Diese Technik wurde 1 96 1 von Adkins und Blades modifiziert, indem sie die Platte nicht mehr durch das Sternum, sondern hinter dem Brustbein durchführten. Welch favorisierte 1 958 ein weniger invasives Verfahren als Ravitch, ohne alle interkostalen Verbindungen zu durchtrennen, be-
Brustwandfehlbildungen
vorzugte jedoch die Operation bei jungen Patienten. Pefia und später H aller warnten in ihren Publikationen vor einer Brustwandeinengung bei zu jung operierten Kindern, was dazu führte, dass die meisten Kinderchir urgen die Trichterbrustkorrektur auf die Zeit nach der Pubertät verlegten und zudem die Knorpelresektion re duzierten, was als sog. "modifiziertes Ravitch-Verfah ren" lange Zeit Anwendung fand. In Deutschland war die Operationsmethode nach Rehbein sehr verbreitet. H ierbei handelt es sich um eine prästernale Sternumfixation mit I mplantaten, den sog. Trichterbrustschienen nach Rehbein (s. unten). Bei ca. 2;3 der Patienten konnte mit dieser Methode ein gutes bis sehr gutes Ergebnis erreicht werden. Ein Nachteil be stand in der u.U. aufwändigen Entfernung der Metall schienen. Eine völlig andere Option stellt die Implantation von individuell angefertigten Silikonkissen dar, die den Trichter lediglich ausfüllen. Hierbei handelt es sich um eine rein plastisch-kosmetische Maßnahme. 1 998 publizierte N uss seine 1 0-jährige Erfahrung mit einer minimal-invasiven Korrekturoperation, die auf die Resektion von Knorpel oder eine Osteotomie komplett verzichtete und stattdessen die Idee der internen Ab stützung des Thorax aufgriff. Die Rationale für diese Technik stützt sich auf folgende drei Kriterien: • Kinder haben einen noch flexiblen und geschmeidig formbaren knöchernen Brustkorb. • Erwachsene entwickeln einen "Fassthorax" durch chronisch-obstruktive Atemwegserkrankungen. Wenn diese einen solchen Umbau der Brustwand be werkstelligen können, so sollte dies in jugendlichem Alter nach Korrektur einer Trichterbrust genauso möglich sein. • In der Orthopädie sind operative Aufrichtungen und Abstütz ungen von Skelettdeformitäten etabliert. Da her sollte dies für die ventrale Brustwand auch gel ten, sogar ideal sein. Nach langjähriger Erfahrung, mit dem Einsatz der Tho rakaskopie und einigen Modifikationen der Technik, die Nuss mittlerweile einbrachte, gilt die Operationstechnik nach Nuss zur minimal-invasiven Trichterbrustkorrek tur heute als weltweit etabliertes und standardisiertes Verfahren der Wahl. Multicenterstudien und Langzeiter gebnisse auch in größeren Serien bestätigen die Technik. Neuere Publikationen befassen sich mit nichtinvasi ven Verfahren wie der Vakuum-Saugglocke und dem Gebrauch von Magnetkraft zur Elevation der Trichter brust. Die bisherigen Erfahrungen mit der Saugglocke zeigen die Tendenz zum Rezidiv und Hautprobleme, die Technik der Magnetimplantation befindet sich in der klinischen Erprobung.
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3 Thorax
Ätiologie und Pathogenese Die Trichterbrust tritt mit einer Inzidenz von ca. 1 -3,8 : 1 000 mit einer leichten Knabenwendigkeit auf. Die Ursache ist ungeklärt, wenngleich viele Faktoren an geschuldigt werden, von denen Syphilis, Rachitis oder intrauterine Druckschädigung offensichtlich nicht in Frage kommen. Es besteht ei n e familiäre Häufung; d i e Trichterbrust ist angeboren, meist zu Beginn schwach ausgeprägt mit Tendenz zur Verstärkung mit zuneh mendem Lebensalter. Die sog. "Retraktions"- und "Wachstumstheorie" sowie die Theorie der "sternokos talen Dysplasie" werden diskutiert, haben jedoch keine Konsequenz für die Therapie.
Sym ptomati k u n d K l i n i k Klinische Beschwerden sind i m Kindesalter selten. Gele gentlich werden in der Anamnese eine gehäufte Infekt anfälligkeit der oberen Luftwege, Appetitlosigkeit oder Gedeihstörungen gefunden. Erst im Teenageralter wird über eine altersentsprechend raschere Ermüdbarkeit und geringere körperliche Leistungsfähigkeit berichtet, selten auch über Herzrasen, H erzklopfen oder Schmer zen in der Brust bzw. Dyspnoe und das Auftreten von Asthma. Dabei bleibt offen, ob die Symptome tatsäch lich durch die Brustwandfehlbildung ausgelöst werden. In der überwiegenden Zahl der Fälle werden jedoch überhaupt keine klinischen Symptome geäußert. Spät folgen, wenn auch selten, sind Mitralklappenprolaps und Bronchusstenose. Eine Skoliose ist in 1 5-20% der Fälle assoziiert. Häufig besteht jedoch ein zunehmender Leidensdruck im psychosozialen Kontext. Störungen des Selbstwertgefühls, Scham, beim Jungen die Scheu, sich mit entblößtem Oberkörper zu zeigen, und beim Mädchen, ein ausgeschnittenes Dekollete zu tragen, sind hierfür Ausdruck und ernst zu nehmen.
Diagnostik Die I ndikationsstellung und präoperative Abklärung bei Patienten mit Pectus excavatum umfasst eine ausführli che Anamnese, die physische wie psychische Beschwer den erfasst. Das dezidierte Abfragen körperlicher Symp tome wie Kurzatmigkeit, mangelnde Ausdauer, Brust schmerzen u.a. sowie die Klärung der patienteneigenen Körperwahrnehmung sind obligat. Neben einer körperlichen U ntersuchung, die deskrip tiv den Typ der Trichterbrust, ggf. eine Asymmetrie, ei ne Skoliose oder eine Torsion des Sternums beschreibt,
werden eine Reihe weiterer diagnostischer Maßnahmen durchgeführt. D iese umfassen standardmäßig: • Röntgen-Thorax in 2 Ebenen CT-Thorax in Höhe des Trichters ( Der sog. CI-Index oder Haller-Index zur quantitati ven Messung des Trichterausmaßes wird dabei er mittelt als querer Thoraxdurchmesser/internem Ab stand Sternum-Hinterwand zu Wirbelkörper-Vor derwand. Beträgt dieser Index > 3,3-3,5, so besteht eine relative OP-Indikation.) • Echokardiographie • EKG • Lungenfunktionsuntersuchung Die o. g. U ntersuchungen dienen nicht nur der entspre chenden OP-Pianung, sondern der Prävention von Komplikationen und der Statuserhebung der physiolo gischen Verhältnisse als Grundlage zur postoperativen Verlaufskontrolle. Bei Vorliegen eines Marfan-Syndroms muss mit ho her Wahrscheinlichkeit mit einem H erzfehler bzw. einer Gefäßanomalie der Aorta gerechnet werden. Daher ist hier die Indikation für ein thorakoskopisch assistiertes Vorgehen erst nach sorgfaltigem Abwägen der Risiken und nach einer entsprechend erweiterten präoperativen Diagnostik zurückhaltend zu stellen. •
•
Thera pie M i n i mal-i n vas ive Trichterbrustkorrektur n ach N u ss
Die minimal-invasive Trichterbrustkorrektur nach Nuss (MIRPE, Minimal Invasive Repair of Pectus excavatum) hat sich mittlerweile als Standardverfahren im Kindes und Jugendalter durchgesetzt. Das Prinzip der Operati on beruht auf der Implantation eines individuell vorge bogenen Metallbügels, der eine interne Abstützung des Trichters erreicht. Kurzfassung der operativen Technik ( > Abb. 3.28): • Perioperative Antibiotikaprophylaxe, OP in In tubati onsnarkose und Relaxierung, mit thorakalem Peridu ralkatheter zur perioperativen Analgesie • Rückenlage, beidseits abduzierte Arme, steriles Ab waschen und Abdecken, Markieren des tiefsten sowie der höchsten Punkte des Trichters • Maßnehmen mit Biegeschablone und ggf. Maßband • Hautinzision beidseits lateral, subkutanes Tunneln bis zu den höchsten Punkten des Trichter • E inbringen eines Thorakoskops in den rech ten He mithorax
3.1 3
•
•
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•
Unter thorakoskopischer Sicht Einführen des Präpa rationsschwerts am rechtsseitigen höchsten Punkt des Trichters durch den Interkostalraum in den Thorax Thorakoskopisch kontrolliertes Vorschieben des Schwerts zwischen Sternum und Pericardium auf die kontralaterale Seite Linksseitiges Ausführen des Schwerts am höchsten Punkt analog zur rechten Seite Anheben und Vordehnen des Trichters mit dem Prä parierschwert in situ Biegen des Metallbügelimplantats entsprechend der Biegeschablone Einfädeln des Führungsbands am Schwert und rück wärtiges Herausziehen desselben Durchziehen des Metallbügelimplantats am Füh rungsband und unter thorakoskopischer Sicht von rechts nach links Kontrolle der Biegung und korrekte Positionierung des Metallbügelimplantats Umdrehen ("Flippen") des Bügels Anbringen einer Stabilisatorplatte am Bügel linkssei tig; Pexie der Platte (links) und Pexie der rechten Bü gelseite an der Faszie mit resorbierbarem N abtmate rial Entlüften des Thorax über den Optiktrokar und den Gasschlauch mit Wasserschlosstechnik, dann Entfer nen des Trokars Allseits Hautverschluss, Desinfektion und Verband
a
Ausmessen
75
Offen c h i r u rgische Verfa h ren zur Trichterbrustkorrektur
Andere, offene OP-Techniken seien hier nur beispielhaft erwähnt, da sie heute nur noch bei sehr ausgeprägten Befunden zur Anwendung kommen, wenn die minimal invasive Aufrichtung sich nicht realisieren lässt ( > Abb. 3.28). Man unterscheidet die phrenoplasti schen von den osteochondroplastischen Operationen. Erstere basieren auf dem Konzept der Trennung des Zwerchfells vom Sternum, letztere gehen direkt das de formierte Sternum und die deformierten Rippenpartien an. Das Verfahren nach Ravitch ( > Abb. 3.29) beinhal tet die subchondrale Knorpelresektion der nach dorsal abgekippten sternumnahen Rippensegmente, wobei die 2. und 3. Rippenknorpel erhalten bleiben, jedoch vorne median und hinten lateral durchtrennt werden. Das Brustbein wird auf Niveau gehoben, auf die jetzt ortho graden Rippenenden aufgelegt und von den angebrach ten Nähten gehalten. Eine weitere Stabilisierung erfolgt durch die ähnlich wie bei der Kielbrustkorrektur nach Ravitch prästernal geraffte und fixierte Brustmuskula tur. Die später populäre Operationsmethode nach Reh bein ( > Abb. 3.30) lässt sich in drei Abschnitte glie dern: 1 . Ablösung der Muskulatur und Weichteile, 2. ra dikale Mobilisierung des Sternums mit querer Osteoto mie und 3. Fixation der vorderen Thoraxwand mithilfe von Stahlschienen, den "Trichterbrustschienen nach Rehbein". H ümmer beschrieb 1992 die Modifikation der
c
b
e
Abb. 3.28 Minimal-invasive Trichterbrustkorrektur nach Nuss.
Brustwandfehlbild ungen
Befestigen
Av�
I
76
3 Thorax
a
Osteotomie des Sternums
b
Prästernale Fixation
I Abb. 3.29 Offen-chirurgische Operationstechnik zur Trichterbrustkorrektur nach Ravitch: Osteotomie des Sternums (a) und prästernale Fi xation (b).
a
Hebung des Trichters
b
Übersicht nach Korrektur
Abb. 3 . 3 0 Offen-chirurgische Operationstechniken zur Trichterbrustkorrektur nach Rehbein: Hebung des Trichters (a); Ü bersicht nach
Korre kt ur (b).
Technik nach Hegemann mit einer transsternalen M e
Peri- u nd postoperatives Ma nagement
tallstützplatte in Adaptation der Methode, die Sulamaa
1 958
publiziert hatte. H iernach wu rden
operiert, die Rezidivquote lag u n ter
2400
P a t ien ten
3%.
Allen offenen Verfa h ren ist gemeinsam, dass es sich
Postoperativ w i rd eine Röntgenaufnah m e des 1l1 orax i n zwei Ebenen angefertigt, u m d i e korrekte Lage des Bü gels zu dokumentieren und einen Pneumothorax auszu
um invasive Opera tionen handelt, die dem P a t ien ten
schließen. Der Verzicht auf eine postopera tive Nachbe
viel abverlangen. Dies betrifft sowohl die Operat i ons
a t m u ng ermöglicht, dass i n der Regel nach der N uss
zei t , d ie Aufenthaltsdauer auf der I n tensivstat ion u n d
Technik operierte Patienten postoperativ nicht i n tensiv
i m Krankenhaus i nsgesamt als a u c h den erheblichen
betreut werden können. Eine entsprechende Analgesie,
A nalge t i kabedarf Im Rahmen der Etabl ierung der Ope
ggf. auch mi lde Sedierung, erfolgt peridural bzw. paren
ra tion nach Nuss sind sie heute in den H i n tergrund ge
teral. H ie rbei kom men der t h orakale Peridu ralka theter
treten.
( P D K ) oder eine patien tenkontroll ierte A n algesie
( PCA)
3. 1 3 Brustwandfehlbildungen
zur Anwendung. Eine Mobilisierung kann ab dem ers ten postoperativen Tag erfolgen, ebenso eine physiothe rapeutische Betreuung und Atemübungen. Im stationären Verlauf kann die peridurale Schmerz therapie überlappend auf nichtsteroidale Antiphlogisti ka umgestellt werden. Eine Entlassung ist normalerwei se nach 5-8 Tagen möglich. In den ersten 2-3 Monaten sollte neben der n ormalen körperlichen Betätigung auf das Heben von schweren Lasten, den Oberkörper belas tende Sportarten und Kontaktsportarten verzichtet wer den. Der Patient behält das Metallbügelimplantat unab hängig vom Alter 2-3 ( -4) Jahre; dabei sollten radiologi sche Kontrollen der korrekten Bügelposition 4 Wochen sowie 1 Jahr postoperativ und unmittelbar vor der Ex plantation durchgeführt werden. Eine frühere Entfer nung des Bügels ist nur bei Beschwerden, die wachs tumsbedingt durch Druck auf die laterale Thoraxwand verursacht werden, zu erwägen.
Komp l i kationen Die Ergebnisse der Trichterbrustkorrektur nach Nuss sind als sehr gut zu bezeichnen. Nuss selbst findet bei 86% seiner Patienten exzellente, bei 1 0% gute, bei 2,4% befriedigende und bei 1 ,3% misslungene Resultate. An dere Publikationen stützen diese Zahlen. Die minimal invasive Technik der Trichterbrustkorrektur birgt aber auch Risiken, sie stellt letztendlich einen eingreifenden Thoraxeingriff dar. Überlieferte, aber z.T. nicht publi zierte Komplikationen reichen von Zwerchfell- und Le berperforationen, Lungen- und Gefäßverletzungen im Thorax sowie der Interkostalgefäße bis hin zum Tod nach Perforation des Herzens mit dem sog. Präparier schwert Beachtet man die von Nuss definierte Technik sowie die vorgegebenen Sicherheitsstandards, dann ist das Verfahren allerdings als komplikationsarm anzuse hen. Nuss selbst publizierte die in > Tabelle 3.7 zusam mengefassten Früh- und Spätkomplikationen (n I 0 1 5). =
N a chbeha n d l ung Die Behandlung der Trichterbrust ist mit der Operation keinesfalls abgeschlossen. Ein Traini ngsprogramm soll te sich dem stationären Aufenthalt anschließen, um den in den nachfolgenden Monaten stattfindenden Umbau prozess des knöchernen Brustkorbs, das sog. Remodel ing, zu unterstützen. Dies u m fass t Übu ngen zur Kräfti gung der Rücken- u nd Brust muskulatur sowie ein Atemtraining, die jedoch nicht mit einem rapiden Mus kelaufbau in einem Fitnesscenter verwechselt werden
Ta b. 3.7
17
Früh- und Spätkomplikationen (Häufigkeit in %).
Frühkomplikationen Pneumothorax ohne D ra in a ge
60.4
Pneumothorax mit Drainage
3,6
Passageres Horner-Syndrom
1 7. 7
Wundi nfe kt ion
1,0
Perikarditis
0,5
Pneumonie
0,6
Hämatothorax
0,6
Perforation Herz, Tod
0
Spätkomplikationen Stützplattendislokation, revisionspflichtig
5,8
Überkorrektur
3.2
Allergie gegen Stützplatte
2,9
Wundinfektion
1,1
Hämatothorax, posttraumatisch
0.2
sollten. Bei zu forcierter Beanspruchung der entspre chenden Muskelgruppen kann es zu Entzündungen und zur Ausbildung von Seromen und Pleuraergüssen kom men. Vielmehr sind Sportarten wie Schwimmen, Laufen und Fahrradfahren zu bevorzugen. Nach Entfernung des Bügels ist auch einem kontrollierten Muskelaufbautrai ning des Oberkörpers nichts entgegenzuhalten.
3.1 3.2 K i e l b rust 1 934 beschrieb der Amsterdamer Kinderchirurg Har renstein acht Fälle einer Kielbrust, die durch das Aufle gen von Sandsäcken behandelt wurden. Später war es wiederum der amerikanische Chirurg Ravitch, der das Krankheitsbild eingehend beschrieb. Erst in neuerer Zeit fand die Kielbrust mehr Aufmerksamkeit auch hin sichtlich ihrer operativen Korrektur, nicht zuletzt nach der Einführung minimal-invasiver Verfahren auch für diese Brustwanddeformität Unter der Kielbrust, auch weniger rücksichtsvoll H ühner- oder Kahnbrust ge nannt, versteht man eine mehr oder weniger starke kammartige Emporwölbung der ventralen Thoraxwand. Diese kann dabei asymmetrisch sein oder auch kombi niert mit einer Trichterbrust einhergehen. Diese sog. Mischform, Pectus arcuatum, bei der das Manubrium sterni und der proximale Sternumteil emporgewölbt sind, während der distale Sternumteil trichterförmig eingesunken ist, wird heute eher den Trichterbrustvari anten zugeordnet.
I
78
3 Thorax
Ät i o l o g i e u nd Pathogenese Die Genese der Kielbrust ist unbekannt. Sie ist nicht Folge einer Rachitis. Dabei tritt sie deutlich seltener (Verhältnis von 1 : 6 bis 1 : 10) als die Trichterbrust auf. Auch die Kiel brust hat eine gewisse Knabenwendigkeit Ausgeprägte Formen der Kielbrust i m Säuglings- und Kleinkindesalter sind selten sie treten erst im zweiten Lebensjahrzehnt zu tage. Begleiterkrankungen wie sonstige Skelettfehlbil dungen oder sonstige äußere und innere Organfehlbil dungen treten praktisch nicht auf. Hecker konnte schon 1 979 aufzeigen, dass Patienten mit einer Kielbrust kar diorespiratorisch gesund und voll belastbar sind. Insofern ist die Kielbrust eine Thoraxwanddeformität, die mit Aus nahme der Assoziation von seltenen Syndromen einen lediglich kosmetischen Krankheitswert hat. ,
I
Symptomatik u n d K l i n i k Demzufolge sind die von Kielbrustpatienten angegebe nen Beschwerden unspezifisch und selten objektivier bar. Ähnlich wie bei der Trichterbrust besteht der vor nehmliehe Leidensdruck aus Störungen der Selbstwahr nehmung als körperlich "normal", einem Minderwertig keits- und Schamgefühl, das durchaus relevanten Krankheitswert hat und die betroffenen Kinder und vor allem Jugendlichen in ihrem seelischen Gleichgewicht stören kann. Der Schweregrad einer Kielbrust ergibt sich aus der Anschauung. Versuche der Quantifizierung wie von Hümmer, Hecker und Haller sind nur bedingt geeignet, daraus auch die Prognose abzuschätzen.
Diag nost i k Analog der Diagnostik bei der Trichterbrust ergibt sich auch bei der Kielbrust die Notwendigkeit einer sargfalti gen I ndikationsstellung und präoperativen Abklärung. Dies umfasst auch hier eine ausführliche Anamnese, die körperliche wie psychische Beschwerden umfasst. Ne ben der körperlichen Untersuchung, die deskriptiv den Schweregrad der Kielbrust und ggf. eine vorhandene Asymmetrie beschreibt, werden auch hier eine Reihe weiterer diagnostischer Maßnahmen durchgeführt. Die se umfassen standardmäßig: • Röntgen-Thorax in 2 Ebenen • CT-Thorax • Echokardiographie • EKG • Lungenfunktionsuntersuchung
Diese U ntersuchungen dienen wiederum nicht nur der entsprechenden OP-Planung, sondern auch als Grund lage der postoperativen Verlaufskontrolle.
Therapie Die konservative Behandlung einer Kielbrust galt lange als umstritten. Dressierende Verbände, Korsette oder die in den 1 970er Jahren propagierte Druckpelotte wur den als anachronistisch angesehen und stellten keine echte Therapieoption dar. Mittlerweile gibt es jedoch Be richte, die belegen, dass externe Kompressions- bzw. Korsettbehandlungen eine signifikante Verbesserung der Kielbrustdeformität erbringen. Diese Korsagen müssen aber bis zu 23 Stunden am Tag getragen werden. Daher ist offensichtlich, dass die Vorteile einer risikolo sen und weitestgehend schmerzfreien Behandlung ge genüber der Motivation und Compliance des Patienten abgewogen werden müssen. Bei E rwägung der operativen Korrektur der Kielbrust muss die Indikationsstellung hierzu reiflich überlegt werden. Sie orientiert sich dabei am Leidensdruck des Patienten, jedoch auch an der Risikoabschätzung eines unter Umständen aufwändigen thoraxchirurgischen Eingriffs. Die großzügige Indikationsstellung bei ledig lich minimalen Unebenheiten der vorderen Brustwand ist abzulehnen. Auch bei der Kielbrust beschrieb Sauerbruch bereits 1 928 in seinem Lehrbuch über die Chirurgie eine Opera tionsmethode. Erneut war es Ravitch, der 1 960 seine chirurgischen Erfahrungen publizierte, später Welch. Auch die operativen Methoden zur Korrektur einer Kiel brust lassen sich vergleichbar mit den offenen Verfahren bei der Trichterbrust in chondroplastische und osteo chondroplastische Operationen einteilen. Fonkalsrud konnte mit seiner Technik der zurückhaltenden Knor pelresektion sehr gute Ergebnisse aufweisen. Dabei wird die Operation vergleichbar den offe nen Verfahren bei der Trichterbrust ausgeführt, jedoch erweiternd eine an teriore transverse Osteotomie durchgeführt, um das Sternum abzusenken. Bei den osteochondroplastischen Operationen wird radikal vorgegangen. Hervorstehende Strukturen wer den reseziert und das Sternum wird mobilisiert, dann versenkt und fixiert. Dabei kommen Implantate (Metall platten, resorbierbare Materialien, allogenes Material), Drähte (Kirschner- Drähte, Rush pins, Spangen) oder entsprechend dicke Nähte zur Anwendung. Die Stränge der Pektoralis- und Rektusmuskulatur werden nach Ra vitch prästernal auf dem redressierten Sternum vernäht, um somit ein Widerlager zur Stabilisierung zu sc ha ffe n .
3.1 4
Rehbein durchtrennte das Sternum quer, drückte es auf das normale Niveau des TI1orax zurück und sicherte das Ergebnis durch abgewinkelte Metallspangen. Andere Verfahren beinhalten die transsternale, intrasternale und retrosternale Fixation des Brustbeins.
Na chbeh a n d l ung Die Therapie der Kielbrust ist in Analogie zur Trichter brust nicht mit der Operation abgeschlossen. Die geziel te Krankengymnastik mit Atemtherapie unmittelbar postoperativ und die anschließende Physiotherapie nach Entfernen der Drainagen und im weiteren Verlauf sind essenziell. Sie dienen der Kräftigung der Muskulatur, der Haltungskorrektur und damit der Konsolidierung des eigentlichen Operationsergebnisses. Erschwert wer den kann dies durch zusätzlich vorhandene Wirbelsäu lenverkrümmungen, die später eine weitere, orthopädi sche Therapie erforderlich machen können.
3 . 1 4 Gynä komast i e Die Gynäkomastie ist eine Vergrößerung des Brustdrü sengewebes beim männlichen Geschlecht und wird durch ein Ungleichgewicht des Östrogen-Androgen Haushalts induziert. Sie kommt häufig bei männlichen Neugeborenen durch die Stimulation der mütterlichen Hormone vor. Ein weiterer Altersgipfel ist die Pubertät, in der ca. 'l3 aller Knaben eine Brustdrüsenhyperplasie in unterschiedlicher Ausprägung entwickeln. Diese sog. physiologische pubertäre Gynäkomastie tritt fast immer einseitig auf ( > Abb. 3.3 1 ) . Eine Spontanregression wird innerhalb von Monaten bis zu zwei Jah ren beobachtet. Die Klassifizierung basiert auf den Tanner-Stadien der weiblichen Brustdrüsenentwicklung und ist von Ny dick beschrieben worden.
Abb. 3 . 3 1 K l i n ischer Aspekt einer ein· u n d beidseitigen Gynäkomastie.
Gynäkomastie
Die mittleren Serumkonzentrationen von FSH, LH, Prolaktin, Testosteron und Östrogen unterscheiden sich bei diesen Patienten nicht von denen ohne Gynäkomas tie. Lediglich das Verhältnis zwischen Testosteron und Östradiol kann etwas vermindert sein. Therapeutisch ist eine ausführliche Beratung der Kna ben und seiner Eltern über dieses meist passagere Prob lem notwendig. Grundsätzlich existieren drei Behand lungskonzepte: 1 . Observation bis zur Spontanregressi on, 2. Behandlung mit dem Östrogenantagonisten Tam oxifen und 3. Mastektomie. Indikationen zur chirurgischen Therapie können eine Persistenz der Brustdrüsenvergrößerung und ein erheblicher psychi scher Leidensdruck sein. Andere Ursachen wie die Einnahme von spezifischen Medikamenten (Steroide, Digitalis, trizyklische Antide pressiva u.a.) sowie andere Pathologien, die eine Gynä komastie induzieren können, müssen ausgeschlossen werden. Allerdings kommt es hier fast immer zu einer beidseitigen Brustdrüsenschwellung, und diese Phäno mene haben oft keine Korrelation zu den o. g. Altersgip feln. Die sich daraus ergebenden differenzialdiagnosti schen Maßnahmen sind sehr vielfältig und krankl1eits spezifisch. Folgende Pathologien können eine beidseitige Gynä komastie verursachen: • 1 1 ß-Hydroxylasedefekt • Peutz-Jeghers-Syndrom • Klinefelter-Syndrom • Androgenresistenz (testikuläre Feminisierung) • Reifenstein-Syndrom • Leberzirrhose • HCC • Leydig- Zell-Tumoren Die chirurgische Therapie besteht in einer M astekto mie über einen Bardenheuer-Schnitt (perimamillär). Komplikationen sind sehr selten und beinhalten Nach blutungen bzw. Durchblutungsstörungen der Brust warze.
79
80
I
3 Thorax
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KAPITEL
4 4.1
Ferdinand Kosch u n d Peter Schmittenbecher
Abd omen N eonatal
Grundsätzliches zu abdominellen Operationen im Neugeborenenalter . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
4.2
Zwerchfelldefekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
4.2.1
Klinik und Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
4.2.2 4.2.3
85 86
4.3
Relaxatio diaphragmatica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
4. 3 . 1
Klinik und Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87 88
4.4
Hypertrophe Pylorusstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
4.4. 1
88
4.4.3
Klinik und Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. 5
Pancreas a nulare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
4. 5 . 1
Klinik u nd Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
4.3.2 4.3.3
4.4.2
4.5.2 4.5.3
87
88 89
91 91
4.6
Duodenalatresie
. . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. .
91
4.6.1
91
4.6.3
Klinik u nd Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. 7
Dünndarmatresie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
4. 7. 1
92
4.7.3
Klinik und Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
4. 8
Ma lrotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
4.8. 1
96
4.8.3
Klinik und Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
4.9
Volvulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
4.9. 1
Klinik und Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
4.6.2
4. 7.2
4.8.2
4.9.2 4. 9.3
.
91 92
93
95
97 97
82
4
Abdomen Neonatal
4.10
Mekoniumileus
. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . .. . . . . . . . .. . . .. . . . . .. . . . . . . . .. . . .
98
4.1 0.1
Klinik und Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
99
4. 1 1
Kolonatresie/Kolonstenose
99
4.1 1 .1
Klinik und Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 00
4 . 1 0.2 4 . 1 0.3
4.1 1 .2 4 . 1 1 .3 4. 1 2
4. 1 2 . 1 4.1 2 .2 4. 1 2 . 3 4. 1 2 .4 4.1 2 .5
.
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. . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . . .
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99
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Duplikaturen des Magen-Darm-Trakts
Ösophagusduplikaturen Magenduplikatur . . . . Dünndarmdupl ikaturen Kolonduplikatur . . . . . Rektumduplikatur . . . . .
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. . . .
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 00
...... . .
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. . . 1 00
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 01 . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . 1 01
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 02 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 03
4. 1 3
Mesenterialzysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 03
4. 1 3 . 1
Klinik u n d Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 03 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 04 Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 04
4. 1 3 . 2
4. 1 3 .3
.
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4. 1 4
N ekrotisierende Enterokolitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 04
4. 1 4. 1 4. 1 4.3
Klinik und Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 04 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 06 Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 06
4. 1 5
M o rbus H irschsp rung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 07
4. 1 5 . 1
Klinik und Diagnose 1 07 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 08 Risiken und postoperativer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 0
4. 1 4.2
4. 1 5.2 4. 1 5.3 4. 1 6 4. 1 6. 1 4. 1 6.2
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Fehlbi ldungen der Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 10 G allengangsatresie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 0 Choledochuszyste n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1 .
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4.1 Grundsätzliches zu abdominellen Operationen im Neugeborenenalter
4.1 G ru ndsätz l i c h es z u a bd o m i n e l l e n O p e rat i o n e n i m N e u g e bore n e n a lter
m indest vorstationär gesehen. J e nach Erkrankung u n d geplanter Operation erfolgen d i e Blutabnahme, d i e Be reitsteUung von Kreuzblut und die Entscheidung über die Notwendigkeit z.B. einer Darmspülung oder peri operativen Antibiotikaprophylaxe. Jetzt kann auch für
Operationen im Neugeborenenalter s i n d selten n otfall
diese Kinder entschieden werden, ob sie abhängig von
mäßig, da die Erholung nach dem Geburtsstress und die
den venösen Verhältnissen des Kindes, von der Komple
Adaptation auf der I ntensivstation grundsätzlich emp
xität der Operation, von der Dauer der postoperativ er
fehlenswert sind und die Voraussetzungen für den Ein
forderlichen parenteralen Ernährung, Antibiose und in
griff verbessern. Schwere entzündliche Erkrankungen
travenösen Schmerztherapie einen zentralvenösen Ka
wie die nekrotisierende Enterokolitis, ein Ileus durch
theter benötigen.
Volvulus oder eine Hodentorsion sind Beispiele für ei
D ie Aufklärung über die Operationsrisiken sollte in
nen Notfalleingriff. Viele Operationen erfolgen kurzfris
ruhiger Atmosphäre und möglichst ohne Zeitdruck er
tig, aber nach einer ausreichenden Vorbereitungsphase
folgen, auch wenn eine dringliche Operation ansteht.
(Ösophagusatresie), und viele Eingriffe sind planbar
Die logistischen Abläufe im Krankenhaus lassen hierzu
(Analatresie).
fast immer Zeit. Die Operationsschritte müssen erklärt
Bei Neugeborenen, die notfallmäßig operiert werden
und der postoperative Verlauf angesprochen werden.
müssen, gehören aktuelle Laborwerte (Blutbild, Elektro
Weder für die anstehende Operation noch für die Nach
lyte, Blutzucker, Blutgasanalyse) zur selbstverständli
behandlung sollte ein zu enger Zeitrahmen prognosti
chen intensivmedizinischen Vorbereitung. Da in dieser
ziert werden. Eine Aufklärung über "Blutung, I nfektion,
Altersgruppe schon geringe Blutverluste einen relevan
Verletzung uml iegender Strukturen" ist zu lapidar. Die
ten Anteil am Gesamtvolumen darstellen können, ist die
spezifischen eingriffsimmanenten Risiken ( Anastomo
Indikation zur Blutgruppenbestimmung, Kreuzprobe
seninsuffizienz, -enge) sind zu erwähnen und die umlie
und Bereitstellung von Blutkonserven großzügig zu stel
genden Strukturen konkret zu benennen. Hierzu bedarf
len, wenn auch die Frage der Fremdblutgabe immer kri
es einer klaren Grundkenntnis des Krankheitsbilds und
tisch indi ziert werden m uss. Eine Magensonde ist oft
der geplanten Operation. Prognose und Langzeitverläu
entlastend. Ein Blasenkatheter wird, sofern nicht schon
fe sind ehrlich und klar darzulegen. Dabei muss man
auf I ntensivstation vorhanden, nach der Einleitung zur
sich klar sein, dass viele Informationen von den Eltern
intra- und postoperativen Bilanzierung eingelegt. Die
i n der Stresssituation nicht oder nicht vollständig aufge
Indikation, einen zentralen Venenkatheter beim intu
nommen werden. Das macht einerseits eine gute Doku
bierten Kind im Operationssaal per punctionem oder via
mentation, andererseits aber auch die postoperative
Venae sectio zu legen, hängt vom Gesamtzustand des
Wiederholung wichtiger Aspekte notwendig.
Kindes, der konkreten O P - I ndikation (kritische intra
Der postoperative Verlauf wird vom Gesamtzustand
operative Situation) und den Erfordernissen der Nach
des Kindes und der Komplexität von K rankl1eit u nd
behandlung (vor allem langfristige i.v. Antibiotikagabe
Operation bestimmt. Oft ist eine passagere Beatmung
bei entzündlichen Erkrankungen oder langwieriger
erforderlich, auf deren Kriterien und Technik h ier nicht eingegangen werden soll. Der Nahrungsaufbau erfolgt,
Nahrungsaufbau) ab. Bei Operationen, die im Intervall erfolgen, können al
wenn die Darmpassage funktionell wiederhergestellt ist
le vorgenannten Gesichtspunkte präoperativ zwischen
(Stuhlpassage, aber nicht Entleerung von altem, im dis
Kinderchirurg, Neonatologen und A nästhesisten abge
talen Abschnitt noch vorhandenem Mekonium). Bei
sprochen werden. Auch die Frage der prophylaktischen
Ösophagus-, Magen- und Duodenaleingriffen wird die
perioperativen Antibiotikagabe s teht dann zur Diskussi
Sonde oft über die A nastomose vorgeschoben und er
on und muss sich am Gesamtzustand des Kindes und
laubt eine frühe Nahrungsgabe. Spezielle Zeitabstände
seiner immu nologischen Abwehrlage einerseits sowie
wegen einer Darmanastomose sind vor allem in Anbe
an der potenziellen intraoperativen Keimverschleppung
tracht der initial minimalen Nahrungsmengen der Säug
andererseits orientieren. Bei einem gesunden Neugebo
linge überholt. Wenn der Rückfluss über die ggf. noch
renen ohne mütterliche (vorzeitiger Blasensprung) oder
liegende Magensonde sistiert hat, werden ja physiolo
geburtshilfliehe I n fektionsrisiken und stabilem Allge
gisch schon größere Volumina an Magen-, Gallen- und
Operation eine
Pankreassekret transportiert. Der Fortschritt wird von
antibiotische Prophylaxe oder gar l11erapie erforderl ich.
meinzustand ist n icht
per se wegen der
der Verträglichkeit und der Passage bestimmt; gelegent
Bei elekt iven Operationen wird das N eugeborene a m Tag v o r dem geplanten Eingriff aufgenommen o d e r z u -
liches Erbrechen sollte zunächst nur zum Sistieren des A ufbaus, aber nicht sofort zur Nahrungspause führen.
83
84
4 Abdomen Neonatal
4.2 Zwe rchfe l l defekt Der Zwerch felldefekt ist eine Hemm ungsfeh lb il dung mit Verlagerung von Abdominalorganen in die Brust
höhle. Eine echte Zwerchfellhernie mit peritonealem Überzug ist selten. Prädilektionsstellen sind das dorsale Trigonum lum bocostale (Bochdalek'sche Hernie), zentrale und laterale Defekte i m Centrum tendineum, seltener die ventralen parasternalen Defekte rechts (Foramen Morgagni, > Abb. 4. 1 ) bzw. links (Larrey-Spalte). Der Zwerchfell defekt tritt bei etwa 1 : 2000 Lebendgeburten auf. Links seitige Zwerchfelldefekte sind weitaus häufiger als
rechtsseitige ( 1 1% ) . Bilaterale Defekte finden sich in 2% der Fälle. Zusätzliche Fehlbildungen, vor allem konge nitale Herzvitien, werden nahezu bei jedem zweiten Kind gesehen. Die Ätiologie ist nicht beka nn t; man nimmt eine mul tifaktorielle Genese an. Nach aktueller Kenntnis entwi ckelt sich das Zwerchfell als ein muskuläres Septum von der ventralen Brustwand ausgehend und die beiden pleuroperitonealen Kanäle trennend. Der endgültige Verschluss des Zwerchfells erfolgt zwischen der 8. und 1 0. Gestationswoche. In der 10. Woche tritt auch der Darm aus seiner zwischenzeitlich extraperitonealen La ge wieder in die Bauchhöhle ein. Wenn er hier jetzt auf e inen Defekt des Zwerchfells trifft, kann es aufgrund des höheren intraabdominellen Drucks zu einer Herni ation von Bauchorganen in die Thoraxhöhle kommen. Die intrathorakal gelegenen Abdominalorgane führen zu einer Verdrängung und Kompression der sich entwi ckelnden Lunge. Daraus resultieren eine mehr oder we niger ausgeprägte Lu n gen h ypop lasie und eine primäre
Abb. 4.1
CT-Thorax einer rechtsseitigen Morgagni-Hernie.
pulmonale Hypertonie durch muskuläre Hyperplasie der pulmonalen Gefäße.
4.2.1 K l i n i k u n d D i a g n ost i k Zwerchfelldefekte lassen sich pränatal bei bis zu 90% der betroffenen Kinder so n eg rap hisch feststellen. Hierbei zeigt sich bei linksseitigen Zwerchfelldefekten eine hete rogene Raumforderung i m Bereich der Brusthöhle meist mit einer Mediastinalverlagerung. Der flüssi gkeitsge füllte Magen ist nicht in der Abdominalhöhle zu finden, sondern nahe dem Herzen im Thorax ( > Abb. 4.2 und > Abb. 4.3). Wird ein suspekter oder sogar eindeutiger Befund bei der Sonographischen Untersuchung festge stellt, so soll der Kinderchirurg zur Beratung und Infor mation der Eltern einbezogen werden. Bei einem unkla ren Befund kann ein fetales MRT durchgeführt werden ( > Abb. 4.4). Die So n ographie und das M RT können etwas über die Prognose des Kindes aussagen. Prognos tische Indikatoren sind eine thorakale Leberherniation bei linksseitigem Zwerchfelldefekt, d ie lung to head ratio (LHR) als auch das fetale Lungenvolumen. Das Vorhan densein einer Leberherniation ist z.B. mit einer Überle bensrate von nur 43% verbunden; eine normale abdomi nelle Lage des linken Leberlappens verbessert die Über lebenswahrscheinlichkeit auf 93%. Zusätzliche Fehlbil dungen werden in der Son ograp hie oder im M RT gefunden. Das Kind soll in einem Perinatalzentrum Level I zur Welt kommen, in dem die intensivmedizinische, neona talogische und operative Versorgung gewährleistet sind. In der Regel erfolgt ein geplanter Ka i serschn i t t in der 38. oder 39. SSW, um den Geburtsstress für Kind und Mut ter zu reduzieren, auch wenn es keine eindeutigen wis senschaftlichen Beweise für eine bessere Prognose nach Sectio gibt.
Abb. 4.2 Pränataler Ultraschall: intaktes Zwerchfell rechts ( :: ), fehlendes Zwerchfell links ( : )
4.2 Zwerchfelldefekt
Abb. 4.3 Pränataler Ultraschall: Darstellung des Thorax. Der Darm ist neben dem Herzen lokalisiert. Abb. 4.5 Röntgen-Thorax: Rechtseitiger Zwerchfelldefekt mit in trathorakal sichtbaren Darmschlingen.
Ist das Kind nach erfolgter Diagnose noch nicht in ei nem Perinatalzentrum, muss die unverzügl iche Verle gung nach entsprechender Erstversorgung erfolgen. Es erfolgt die s ofortige Intubation und Beatmung des Kin
des. Eine Maskenbeatmung muss unterlassen werden, da sie zu einer Zunahme der M agen und Darmdistension führt. Das Legen einer Magensonde entlastet dagegen durch kontinuierliche Entleerung des intrathorakalen Magens. Ein venöser und arterieller Zugang sind obligat. Die Beatmung muss zusätzliche Barotraumen der Lunge -
durch hohen Beatmungsdruck möglichst vermeiden. Ziel ist es, mit einer hohen Beatmungsfrequenz und einem Abb. 4.4 I ntrauterine Kernspintomographie eines linksseitigen Zwerchfelldefektes. Bei bekannter Diagnose wird die Intubation vor dem ersten Atemzug angest rebt . D ie prä natal nicht d i agnos ti zierten Kinder fallen klinisch d urch Dys pn oe und Zya n o se auf. Das Atemgeräusch über der erkrankten Thorax
seite fehlt. Durch die zunehmende Luftfüllung des Gas tro intestina lt ra kts kommt es zur Verlage ru ng des Medi
astinums auf die gesunde Seite. Das Abdomen ist aufgrund der intrath o rakal ve rlagert en Organe eingefal len. D i fte renz ialdiagno st isch kann ma n aufgrund der kli n ischen Situation d e s Kindes auch a n e i n e n Pneumotho
ko ngeni t ale Lu n gen fehl bi l d u n g denken. Die Diagnose wi rd durch eine Rö ntgenuntersuchu ng des Tiwrax in 2 Ebenen gestellt ( > Abb. 4.5). H ierbei fal len die int ratho raka l gelegenen Abdom i n al orga ne vor al lem durch die Iuft- un d flüssigkeit sge fü llte n Darmschlin rax
oder an
möglichst geringen Beatmungsdruck eine adäquate Sau erstotfsättigung zu erreichen. Spezielle Beatmungsverfah ren wie die Hochfrequenzventilation, die NO-Beatmung und die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) werden entsprechend ihrer lokalen Verfügbarkeil disku tiert. Erst bei intensivmedizinisch stabilisiertem Kind er
folgt der operative Verschluss des Zwerchfelldefektes. Dies kann sehr rasch der Fall sein, aber auch einige Tage dauern. Zum Ausschluss von Begleitfehlbildungen wer den z uvor s owohl e ine S onograp hie von Abdomen und Thorax als auch eine Echokardiographie durchgeführt.
4.2.2 T h e ra p i e
eine
gen auf. Die Lunge der betroffenen Seite ist hypoplastisch und kaum sichtbar. Das Herz ist auf d i e nicht betroftene Seite verlagert; es besteht eine M ed iast ina lverl age ru ng m i t einer Kompress ion der nicht bet roflenen Lunge.
Der operative Eingriff wird beim stabilisierten Kind durchgeführt. Standardzugang ist der Rippenbogen ran d sch n itt Nach Da rstellun g der Zwerchfelllücke ( > Abb. 4.6) werden die profabierlen Organe vo rsi cht ig aus d em TI1orax herausgehol t und es erfolgt de r zwei reihige Verschluss des Defekts mit ni ch t res o rbi erba rem NahtmateriaL Bei Bochdalek'scher Hernie wird die erste Na ht rei h e zur besse ren Ve ra nkerun g des Zwe rchfell ,
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86
4 Abdomen Neonatal
rands um die Rippe herum gestochen. Bei sehr großem Defekt kann der Verschluss des Zwerchfells nur mithilfe eines Patches durchgeführt werden ( > Abb. 4.7 und > Abb. 4.8); altern ativ kann der Verschluss mit einem muskulären Schwenklappen von der Bauchwand ( M . obliquus transversus et internus) erfolgen . Die Tho-
I Abb. 4.6
Zwerchfelldefekt nach Reposition der verlagerten Organe.
raxdrainage wird kontrovers diskutiert, kann aber die erneute Mediastinalverlagerung zur Gegenseite durch den entstehenden postoperativen Serothorax verhin dern. Nach dem Defektverschluss werden die ehemals prolabierten Organe in die Abdominalhöhle zurückver lagert Da die Abdominalhöhle, die sich während der Schwangerschaft aufgrund der intrathorakal gelegenen Organe nicht entsprechend entwi ckelt hat, hypotroph ist, kann es beim Verschluss des Abdomens zu mechani schen Schwierigkeiten kommen. Deshalb ist selten auch für den Verschluss der Bauchhöhle ein Kunststoffpatch erforderlich . Eine mögliche Alternative zum konventioneLlen Ein griff ist die minimal-invasive Korrektur des Zwerchfell defekts. Sie kann sowohl von thorakal als auch von ab dominal erfolgen . In einigen Zentren in den USA wurde der pränatale intrauterine direkte Verschluss eines Zwerchfelldefekts durchgeführt . Eine höhere Überle bensrate der Kinder fand sich nicht, sodass diese Metho de wieder verlassen wurde. Die fetoskopische temporäre Okklusion der Trachea mit einem Ballonkatheter (tra cheal plug) ist eine weitere Therapieoption bei schlechter Ü berlebensprognose. Durch den trachealen und bron chialen Sekretverhalt kommt es zu einer Zunahme des L ungenvolu rn ens.
4.2.3 Risi ken u n d postoperativer Ver l a uf
Abb. 4. 7
I ntraoperativer Befund eines mit verlagerten Abdominalorganen.
Abb. 4.8
großen
Zwerchfelldefekts
Großer Zwerchfelldefekt mit Goretex-Patch-Versorgung .
Intraoperativ sind Verletzungen von Milz, Leber, Magen, Niere und Darm zu vermeiden. Auf die mögliche Not wendigkeit eines Zwerchfell- oder Bauchwandpatches sollte hingewiesen und das Risiko einer Patchinfektion erwähnt werden. Selten kommt es durch Ausreißen der Nähte zu einem Rezidiv des Defekts. Gelegentlich wird ein Chylothorax beobachtet, wenn der Ductus thoracicus bei der Präparation oder beim Zwerchfellverschluss ver letzt wird. Postoperativ ist der erhöhte intraabdominelle Druck, eine Vena-cava-Kompression und eine Ischämie gefahr für den Darm durch ein sog. abdominelles Kom partmentsyndrom zu bedenken. Natürlich bleibt das Kind intubiert. Es besteht oft noch für einige Tage eine schwierige respiratorische Si tuation, und eine Entwöhnung von der Beatmung is t nur langs am mögli ch . Abhängig von der M a gen-Dar m Peristaltik kann der Nahru ngsau fbau über die Sonde be gonnen werden. Die lhoraxdrainage wird nach wenigen Tagen entfernt; die Lunge dehnt sich nur sehr langsam und über Wochen aus, sodass zwangsläufig zwischen zeitlich ein S erotho rax vorl iegt . Die Patienten verbleiben nach dem Krankenhausauf enthalt in ki nderch irurgisc her Kontrolle . Ein ige F o lge -
4.3 Relaxatio diaphragmatica
e rscheinungen wie Gedeihstör ungen (30-90%), neuro logische Entwicklungsdefizite (30-80%) und chronische pulmonale sowie gastroin t estinale Probleme zeigen sich erst später. Es kommt nicht selten zu einem symptoma tischen, aber oft passageren gastroösophagealen Reflux (SO%). Sollten konservative Maßnahmen zur Behand lung nicht ausreichen, muss an eine Hiatusplastik mit Gastropexie oder an eine Fundoplicatio gedacht werden. Bei Kindern, die mit einem Patch versorgt wurden, wer den aufgrund möglicher Rezidive oder sich entwickeln der Tho r axd eformitäten in regelmäßigen Abständen Röntgenaufnahmen des TI1orax empfohlen. D i e Pr ognose ist im Wesentlichen vom Ausmaß der Lungenhypoplasie und der primären pulmonalen Hy pertonie abhängig. In den letzten drei Jahrzehnten hat sich vor allem durch die verbesserte neonat ologische intensivmedizinische und anästhesielogische Versor gung der Kinder mit Zwerchfelldefekte n die Überle benswahrscheinlichkeit von 50% in den 1 970er Jahren auf nahezu 80% verbessert, war j edoch trotz aller thera peutischen Möglichkeiten einschließlich ECMO nicht weiter zu steigern, da nun Kinder zu r Operat ion kom men, die früher im Kreißsaal verstorben sind. Hat das Kind schwere Begleitfehlbildungen, so ist die Prognose wesentlich schlechter. ,
4.3 R e l axati o d i a p h ra g m a t i ca
Bei der Relaxa tio diap hr agm atica ist das Zwerchfell hy poplastisch und zu einer dünnen Membran reduziert, bei der man die auseinandergedrängten Muskelfasern makroskopisch erkennen kann. Aufgrund der mangeln den Stabilität des Zwerchfells und des abdominellen Drucks werden die Organe der Abdominalhöhle nach kranial hochsteigen, das Zwerchfell nach thorakal aus buchten und zu einer Kompression der Thoraxorgane mit relevanten respiratorischen Problemen führen. Vor zugsweise tritt dieses Krankheitsbild auf der linken Zwerchfellseite auf, kann aber auch rechts- und beidsei tig vorkommen.
den. D i e häufiger vorkommende geringere Ausprägung
tritt klinisch mit kompensierten Atembeschwerden, Ex trasystolen u nd häufigen bronchopulmonalen Infektionen in Erscheinung. In der Regel ist eine Zwerchfellrelaxation ein Zufallsbefund bei Kindern mit rezidivierenden Infek tionen der oberen Atemwege. Eine Röntgenuntersuchung des Thorax diagnostiziert die Relaxatio ( > Abb. 4.9). Differenzialdiagnostisch muss abgeklä rt werden, ob es sich um eine Parese des Zwerchfells oder einen bisher nicht diagnostizierten Zwerchfelldefekt mit gering aus geprägter Klinik handelt. Dies kann die Sonographie leisten. Der klinische Zustand des Kindes bestimmt das therapeutische Vorgehen. Bei einer klinisch a usgepräg ten Relaxatio erfolgen die Stabilisierung auf der I nten sivstation und die anschließende Operation. Bei den milderen Verlaufsformen muss die operative Therap ie mit der klinischen Situation des Kindes abgestimmt werden . Eine Lun genfunktionsp rüfung soll durchge führt werden. Bei wiederholten schweren Atemwegsin fektionen und bei anhaltenden Atembeschwerden ist die operative l11erapie indiziert.
4.3.2 Th era p i e Der operative Eingriff besteht i n einer Zwerchfellraf fung, die sowohl von thorakal als auch von abdominal durchgeführt werden kann. Das Zwerchfell wird mit nichtresorbierbarem Nahtmaterial gedoppelt oder ge trippelt (Schwaiger-Plastik), oder man nimmt eine Teil exzision des Zwerchfells unter Schonung des Nervus p h renicus mit nachfolgender Adaptation der Rän der
4.3.1 K l i n i k u n d D i a g n ose Klinisch ähnelt eine ausgeprägte Relaxatio diaphragmati ca einem Zwerchfelldefekt Sie kann nach der Geburt ei nen dramatischen Verlauf mit Dyspnoe, Atemnot und Verdrängung des Mediastinums zur Gegenseite zeigen und muss dann wie ein Zwerchfel ldefekt behandelt wer-
Abb. 4.9
fell).
Röntgenbild: Relaxatio diaphragmatica (rechtes Zwerch
87
88
4 Abdomen Neonatal
vor. Eine Thoraxdrainage ist zu empfehlen, da sich durch die Pleurairritation regelhaft ein Erguss bildet. Der Eingri ff kann auch minimal-invasiv erfolgen.
4.3.3 Risi k e n u n d postoperativer Verl a u f Auf die mögliche Verletzung des N. phrenicus mit an schließender Zwerchfellparese ist hinzuweisen. Auch Rezidive werden beobachtet. I ntraabdom inelle Adhäsio nen und Verletzungen von Milz, Leber oder Gastrointes tinaltrakt sind dagegen nur bei abdominellem Zugang denkbar. Bei transthorakaler Vorgehensweise ist der postope rative Nahrungsaufbau früh möglich, bei abdominellem Zugang vom Eintritt der Peristaltik abhängig. Die Tho raxdrainage kann nach 24-48 Stunden gezogen werden, wenn kein Sekret mehr gefördert wird. Die Prognose ist gut. Röntgenkontrollen erfolgen in Abhängigkeit von der klinischen Situation für etwa ein Jahr.
4.4 H y p e rtro p h e Pyl o russte n ose Die hypertrophe Pylorusstenose führt durch eine Verdi ckung der M uskulatur zu einer funktionellen Magen ausgangsstenose. Der Nahrungsbrei kann nicht durch den Pylorus transportiert werden. Die Pylorusstenose kommt bei 2-3 von 1 000 Säuglingen vor. Die Ätiologie ist multifaktoriell. Die gerrauen Ursachen sind unklar. Familiäre Häufungen kommen vor. Die Pylorushyper trophie wird zwischen der 2. und 8. Lebenswoche kli nisch auffallig. Danach ist die Erkrankung eine Rarität. Es besteht eine Knabenwendigkeit von 4 : I .
Bei der Untersuchung kann die sichtbare Magenperi staltik sowie die tastbare Walze oder Olive im rechten Oberbauch nur noch in Einzelfallen beobachtet werden . Allenfalls wenn das Kind i n Narkose ist, kann m a n den "Tumor" im rechten Oberbauch bei weichen Bauchde cken tasten. Diagnostisch hat die Sonographie den höchsten Stellenwert. Man kann den Pylorus sehr gut darstellen. Es fallt auf, dass der Magenausgang deutlich eingeengt ist. Gibt man dem Kind dann etwas zu trin ken, so kann man die frustrane Peristaltik des Magens ohne Übertritt von Flüssigkeit in das Duodenum dar stellen. Die M uskelwand des Pylorus ist sonographisch 3-4 mm stark, der Durchmesser des gesamten Pylorus beträgt 10-14 mm und die Länge des Pylorus 1 5 - 1 9 m m ( >- Abb. 4. 1 0) . Röntgenuntersuchungen mit einer Kon trastmitteldarstellung der oberen M agen-Darm Passage sind in der Routinediagnostik nicht erforderlich. Die hypertrophe Pylorusstenose ist kein kinderchir urgischer Notfall. Die Operation wird nach Ausgleich der Alkalose, des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts elektiv, aber bald durchgeführt. Der Ausgleich der Alka lase ist wichtig, weil die Kinder ansonsten ein erhöhtes Risiko für postoperative Apnoen haben. Die konservative Therapie einer nachgewiesenen Py lorusstenose z.B. mit Atropin hat sich trotz erneuter ak tueller vereinzelter Versuche nicht bewährt und nicht durchgesetzt.
4.4.2 Thera p i e Z u r Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt hat sich die supraumbilikale, bei Bedarf omega- oder merce dessternartig erweiterte I nzision nach Bianchi etab l iert ( >- Abb. 4 . 1 1 ) . Ist der Pylorus vor die Bauchde cke luxiert, erfolgt die antimesenteriale Spaltung der
4.4.1 K l i n i k u nd D i a g n ose Klinisch fallen die Kinder mit schwallartigem Erbrechen nach der Nahrungsaufnahme auf. Das Erbrochene ist nie gallig. Das Erbrechen kann unmittelbar nach der Nah rungsaufnahme erfolgen, aber auch noch 1 - 2 Stunden später. Die Kinder erbrechen nicht nur den Nahrungs brei, sondern auch große Mengen Magensaft. Infolgedes sen kommt es zu einer Hypochlorämie, ei ner Hypokali ämie und einer metabolischen Alkalose. Die Säuglinge können massiv dehydriert sein, wobei das in der Litera tur beschriebene "greisenhafte Aussehen" selten ist. Die Kinder kommen meist frühzeitig in die Klinik, sodass die Dehydratation nicht weit fortgesch ritten ist.
Abb. 4. 1 0 Sonographische Darstellung einer hypertrophen Pylorusstenose.
4.5 Pancreas anulare
Pylorusmuskulatur in Längsrichtung bei unverletzter Mukosa weit in das Antrum und bis zum Übergang in das D uodenum, ohne dieses h ierbei zu eröffnen ( > Abb. 4. 1 2). Bei sehr großem, n icht vor die Bauch decke vorziehbarem Pylorus erfolgt die Spaltung über den periumbilikalen Schnitt, aber intraabdominell. Auch eine minimal-invasive Pyloromyotomie ist mög lich, wobei aus rein plastischen Gesichtspunkten kein Vorteil gegenüber dem supraumbilikalen Zugangsweg besteht ( > Abb. 4. 1 3) .
Abb. 4. 1 1
H a uti nzi sio n bei
4.4.3 Risi ken u n d posto pera tive r Ver l a uf Verletzungen der Duodenalschleimhaut werden in 4-So/o der Fälle beobachtet, übernäht und durch gering verzöger ten Nahrungsaufbau (Beginn nach 24 Stunden) geschützt; Verletzungen des Magens oder der Leber kommen kaum vor. Rezidive treten sehr selten bei unzureichender an traler Spaltung auf und bedürfen der Re-Operation. Der N ahrungsaufbau beginnt 6 Stunden postoperativ und ist nach zwei Tagen abgeschlossen (z.B. 2 x 1 0 ml und 2 x 20 ml Elektrolytlösung/Tee, 2 x 30 ml Elektro lytlösung/Tee : Nahrung l : 1 gemischt, 2 x 40 ml N ah rung, 2 x 50 ml Nahrung, 2 x 60 ml Nahrung, dann ad libidum). Die Infusion ist nach dem Erreichen von 40 ml Nahrungsmenge entbehrlich. Sollte das Kind zwischen zeitlich erneut erbrechen, kann man einen Schritt zu rückgehen, bevor der Nahrungsaufbau fortgesetzt wird. In den USA wird zum Teil sofort m it der vollen Nah rungsmenge begonnen, was aber zu gehäuftem postope rativem Erbrechen führt und die Eltern verunsichert. Mit der Entlassung der Kinder ist die Behandlung be endet. Chirurgische Kontrollen sind nicht erforderlich.
Pyloromyotomie.
4.5 Pa n c re a s a n u l a re
Abb. 4.1 2
P ylo rus in
Längsri chtung gespalten.
Das Pancreas anulare ist eine seltene kongenitale Fehl bildung. Das Pankreasgewebe umgreift dabei ringförmig das Duodenum und führt zur Obstruktion. Die Ätiologie ist unklar. Patienten mit Pancreas anulare werden selten erst als Erwachsene diagnostiziert, sind möglicherweise aber auch nie symptomatisch, da die Fehlanlage des Pankreas nicht zwangsläufig zu Symptomen führt. Asso ziierte Fehlbildungen wie kongenitale Herzfehler, Öso phagusatresie, Trisomie 2 1 , Analatresie und Meckei-Di vertikel sind häufig. Das Pankreas entwickelt sich aus einem vorderen und einem hi nteren Anteil. Bei einem Pancreas anulare ro· tiert der ventrale Anteil falsch, um greift das Duodenum und hat teilweise einen eigenen Gang ( > Abb. 4.1 4). Die Papilla Vateri kommt vor, auf Höhe oder nach der Obstruktion zu liegen.
4.5.1 K l i n i k u n d D i a g n ose
Abb. 4. 1 3
Wundverschluss nach Pyloromyotomie.
Die pränatale Sonographie kann ein Polyhydramnion, begleite t von einem flüssigkeitsgefüllten Magen und proximalen Duodenum darstellen ( > Abb. 4. 1 5). Bei
89
90
4 Abdomen Neonatal
a
Ventrale Pankreasanlage
Gallenblase b
Dorsale Pankreasanlage
odenum
Normales Pan kreas
c
Pan kreas
Duodenum
D. santorini Abb.
Anulus durch die ventrale Anlage
D. wirsungianus
Duodenum
4. 1 4 Normale und pathologische Drehung des Pankreas.
4. 1 5 Polyhydramnion und double bubble in der pränatalen Sonographie.
Abb.
einem solchen Befund sollte der Kinderchirurg beratend hinzugezogen werden. Postnatal beeinflusst der Grad der duodenalen Ob struktion die Symptomatik. Die meisten Kinder werden in der Säuglingsperiode durch Erbrechen symptoma tisch . Das Erbrochene ist häufig gallig. Wenn der Ma gen stark gefüllt ist, kann der Oberbauch ausladend und angespannt sein, während das übrige Abdomen unauf fällig wirkt. I st die Obstruktion geringer, ist auch die Symptomatik mäßiger, und die Diagnose wird später gestellt. Eine Röntgen-Übersichtsaufnahme des Abdomens im Hängen zeigt das typische Double-bubble-Zeichen ( > A bb. 4. 1 6 ) , zwei luftgefüllte "Blasen", die den Ma gen und das obere Duodenum repräsentieren. In der Sonographie ist dies ebenfalls gut darstellbar. Weitere apparative U ntersuchungen sind nicht notwendig. D ie
Abb.
4. 1 6 Röntgenbild m it double bubble.
Indikation für den operativen Eingri ff besteht. Diffe renzialdiagnostisch ist an eine andere duodenale Ob struktion (Membran , Atresie, Malrotat ion), einen Dünndarmvolvulus oder a n eine hohe D ü n ndarma t re sie zu denke iL
4.6 Duodenalatresie
4.5 .2 Th era p ie
4.5.3 R i s i ken u n d postoperativer Ve r l a u f
Der Eingriff erfolgt elektiv über einen rechtsseitigen Oberbauchquerschnitt Nach Mobilisation der rechten Kolonflexur und Darstellen der Pars descendens des Duo denums erkennt man ringförmig das das Duodenum um greifende Pankreas. Die Mobilisation des Pankreas ist nicht indiziert, da das Duodenum in diesem Bereich oft stenotisch ist und Komplikationen wie Blutung, Pankre assekretion und Gangverletzung zu vermeiden sind. Eine weite Umgehungsanastomose als Duodenoduodenosto mie wird als Seit-zu-Seit- oder bei großem Kalibersprung als Diamond-shaped-Anastomose angelegt ( :> Abb. 1 7a, b ). Eine weiche transanastomotische Sonde ist optio nal und erlaubt die frühzeitige Ernährung, ersetzt aber nicht die Magensonde. Eine Drainage ist entbehrlich. Int raoperativ werden zusätzliche Stenosen oder Atresien im Bereich des Gastrointestinaltrakts ausgeschlossen. Der Eingriff ist auch minimal-invasiv durchführbar.
Verletzungen des Kolons und der Leber, besonders aber des Pankreas (Blutung, Sekretion, Gangverletzung) sind zu vermeiden. Einer Verlegung oder Obstruktion der Papilla Vateri kann durch die Umgehungsanastomose vorgebeugt werden. Anastomoseninsuffizienz und Ana stomosenstenose sind selten. Die Passage ist wegen des Lumensprungs oft erst ver zögert funktionell frei. Der Nahrungsaufbau kann ent weder über die transanastomotische Sonde begonnen werden oder muss warten, bis der fehlende Rückfluss aus der Magensonde die freie Passage anzeigt. Die Prog nose ist abhängig von den assoziierten Begleitfehlbil dungen. Kinder mit isoliertem Pancreas anulare haben keine relevanten Langzeitkomplikationen.
A
4.6 D u o d e n a l at r e s i e Im Bereich des Duodenums werden echte Atresien ( Kontinuität des Duodenums vollständig unterbrochen) und Membranatresien (Membran im Lumen mit winzi ger Öffnung) beschrieben. Begleitfehlbildungen wie Tri somie 2 1 , Analatresie, kardiale Fehlbildungen, Ösopha gusatresie und Malrotation sind häufig. Kausal findet vermutlich die zwischen der 8. und 1 0. Embryonalwo che übliche Kanalisierung der Duodenalanlage nicht statt.
a
4.6.1 K l i n i k u n d D i a g n ose Die präpartalen Sonographischen Hinweise und post partalen Symptome und klinischen Zeichen entsprechen denen beim Pancreas anulare. Das Erbrechen kann je nach Höhe der duodenalen Obstruktion gallig, aber auch farblos sein. Differenzialdiagnostisch muss an das Pan creas anulare, eine hohe Dünndarmatresie, einen Volvu lus oder eine Malrotation gedacht werden.
4.6.2 Thera pie
Abb. 4. 1 7 Diamond-shaped·Anastornose.
Die Operation erfolgt elektiv über eine rechtsseitige Oberbauchlaparotomie. Eine minimal -invasive Vorge hensweise ist möglich. Nach Mobilisierung der rech te n Kolonflexur und Darstellung des Duodenums zeigt sich be i einer D uode nalatresie ein dilat iertes prästenot i sches D uodena lsegment. Das p o s tsie n or isch e D uo de-
91
I
92
4 Abdomen Neonatal
4.7 D ü n n d a rm atres i e Die Dünndarmatresie ist die häufigste Ursache eines Ileus in der Neugeborenenperiode. Die Atresie kann an jeder Stelle des Dünndarms auftreten. Die Inzidenz be trägt 1 : 1 500-5000 Lebendgeburten Als Ursache wird eine fokale unzureichende Kanalis i erun g der Darmanla ge oder eine lokale intrauterine Durchblutungsstörung angesehen. Der mütterl ich e Nikotinabusus im ersten Trimester der Schwangerschaft verdreifacht das Risiko des Kindes, an einer Dünndarmatresie zu erkranken. Bei Kindern mit einem Bauchwanddefekt, insb. bei der Gas troschisis, kann eine Dünndarmatresie begleitend auf treten. Die Dünndarmat resien werden unabhängig von ihrer anatomischen Lokalisation in vier Typen ( > Abb. 4 . 1 9) unterteilt. Man u nterscheidet: .
Abb. 4 . 1 8 Duodenoduodenostomie bei Duodenalatresie.
num ist dagegen kleinkalibrig. Es imponiert ein deutl i cher Kaliberspr ung zwischen den beiden Segmenten. Nach querer Eröffnung des oralen Duodenums auf der Vorderseite und Längsinzision des aboralen D uode nums wird die Diamond-shaped-Anastomose durchge füh rt ( > Abb. 4. 1 7a, b und > Abb. 4.1 8). Alternativ ist über zwei L ä ngs i nzi si onen die A nlage einer Seit-zu Seit-Verbindung möglich. Auch h ier kann eine trans anastomotische Sonde eingelegt werden, die Magen sonde verbleibt aber in der Regel. Zusätzliche Atresien werden durch Inspektion, ggf. auch durch eine Sondie rung des Darms m it Flüssigkeitsauffü ll ung ausge schlossen. Fehlt eine eindeutige atretische Kontinuitätsunter brechung, kann eine Membranatresie ohne zentrale Öff nung vorhanden sein. Die Inzision des Duodenums er folgt dann über der mutmaßlichen Membran in Längs richtung. Die Membran wird exzidiert, nachdem die Papilla V ateri die sich im Bereich des dorsalen Mem brananteils selbst, aber auch unmittelbar vor oder nach der Membran befinden kann, sicher identifiziert ist. Da nach erfol gt die quere Anastomose. Sollte die Papilla Va teri nicht eindeutig zu identifi zieren sein, empfiehlt sich eine U mgehungsanastomose. Fehlt jedoch auch der ein deutige Kalibersprung, ist eine Membra n atresie mit zen traler Ö ffnung wahrscheinlich. Die Luft- oder Fl ü ssig keitsfüllung über die Magensonde oder d as Vorschieben dieser Sonde kann jetzt hilfreich sein, um das Hinde rnis sicher aufzufinden. Das weitere Vorgehen entspricht dann dem oben skizzierten.
,
Typ I
Membra nöse A tresie
Typ II
Membranöse Atresie mit e inem bin degewebigen Stran g zwischen den beiden D ünn d armsegme nten und erhaltenem M esen teri um
Typ lila
Membranöse Atresie mit einer m esente rialen Lücke zwischen den völlig isolierten Darmsegmenten
Typ iiib
Membranöse Atresie mit großem Mesenterialdefekt und strangartiger Apple-pee/oder Christmas-tree-Atresie
Typ IV
M ultiple Atr esien
4.7 . 1 K l i n i k u n d D i a g n ose Die pränatale S onogra phie kann ein Polyhydramnion und die Dilatation des prästenot i schen Dünnda r ms dar stellen ( > Abb. 4.20). Der Kinderchirurg sollte jetzt in die weitere Beratung einbezogen we rde n . Die klinischen Symptome können bei hoher jejunaler Atresie un m it telba r nach der Geburt, bei Ileumatresie aber auch einige Tage später auftreten. Im V orde rgrund stehen galliges Erbrechen, Nahrungsverweigerung, ein
4.6.3 Risiken u n d postoperativer Ver l a u f > Abschn. 5.3.
mehr ode r weniger gespanntes und aufgetriebenes Ab domen, der verzögerte Abgang von Meko ni u m und die hochgestellte D a rm peri sta ltik. Das wiederholte Erbre chen fü h r t zu r Entgleisung des Flüssigkeits-, Säure-Ba sen- und Elekt ro lyth a u s halts Zur Diagnose der Dünn darmatresie sind die Sono g ra p h i e und d i e Röntgenüber sicht des Abdomens du rchzuführen. In der Sonographie .
·l
4. 7 Dünndarmatresie
II
li la
IV
Abb. 4. 1 9
Typen der Dünndarmatresie.
Abb. 4 . 2 0
Pränatalsonographie mit di latierten Dün n darmsch li n
gen bei einer tiefen Jejunalatresie.
Abb. 4 . 2 1
Röntgenbild einer proximalen J ejuna latresie.
sind die d i latierten proximalen Darmsch l i ngen sich tbar. ln der Röntgenaufnahme des Abdomens zeigt sich der
dardzugang ist der Oberbauchquersch nitt. Nach A u fs u
Dünndarmileus d ur c h die dilat ierten flüssigkeitsgefüll
chen des atretischen Dün ndarmsegments richtet sich
( > Abb. 4.2 1 ) . Bei einer hohen )e
d i e weitere Vorgehensweise nach dem lokalen Aspekt
ten Darmschli ngen
j u nalatresie kann das Rön tgenbild einer Duodenalatre
( > Abb . 4.22).
sie gleichen. Diffe ren ziald iagnostisch m uss an einen Vol v u l us oder eine Malrotation gedacht werden.
Trotz des oft deutl i c h en L u m en sp rungs ist d i e E n d - z u - E n d - A n a s t o m ose u n d d i e V e r m e i d u ng e i nes Anus prae t e r das Z i e l der Opera t i o n . Z u r A n g l e ic h u ng der beiden L u m i n a k a n n d a s enge Segm e n t a n t i m e
4.7.2 T h e ra p i e
senterial l ä n gs i nz i d iert u n d d a s wei t e Seg m e n t z u r V e r m e i d u ng e i n e r Resekt i o n ü b e r e i n e a u s reichend
Tapering; 4 . 2 3 und > A b b . 4 . 2 4 ) . Bei e i n e r loka len
Die Operation erfolgt elektiv, aber zei t n ah, und n u r bei
l a nge St recke versc h mälert werden (sog.
aku ter Verschlechterung (Volvulus) sofort. Der Stan-
>
Abb.
93
94
I
4 Abdomen Neonatal
Abb. 4.24 Zustand nach Tapering des proximalen Darmanteils. Abb. 4.22 Jejunalatresie Typ l l l b m it einem dilatierten J ejunum und einer App/e-peei-Atresie im distalen Anteil mit einer zusätzli· chen Darmperforation und Nekrose.
Abb. 4.23 Tapering des prästenotischen Jejunums mit einem Stapler
.
Darmischämie oder einer D armnekrose ist die spar same Resektion notwendig. Selten muss der Darm bei Frühgeborenen oder schlechtem Allgemeinzustand durch e i n e n Anus p raeter entlastet werden, um se kundär die Anastomose durchzuführen. W ichtig ist in j edem Fall die Überprüfung des distalen Dünn darms mit Flüssigkeitsauffüllung mittels Sonde, um eine weitere Atresie nicht zu übers e h e n . Bei K i ndern mit multiplen Atresien ist an j eder Atresiestelle d ie äußerst sparsame Resektion u n d A n a stomos e indi ziert. Dabei muss die Erhaltungswürdigkeit der Zwi schensegmente gegen die M otilitätsstörung durch zu viele Anastomosen abgewogen werden.
4.7.3 R i s i k e n u n d postoperativer Verlauf Anastomoseninsuffizienzen und funktionell relevante Anastomosenengen sind sehr selten. Neben der mögli chen Dünndarm-Segmentresektion und der eventuellen Anlage eines Anus praeter sind die postoperative Dys motilität, der langsame Nahrungsaufbau und die Gefahr der abdominellen Adhäsionen mit Ileus anzusprechen. Ein Kurzdarmsyndrom ist nur bei den Typen Illb und IV denkbar. Wegen des langen Weges durch einen engen, bisher ungenutzten Darm verzögert sich der erste S tuhlabga ng regelhaft . Die Prognose ist gut, wenn der Darm vital ist und kein Kurzdarmsyndrom droht. Spätkomplikationen wie Anastomosenstrikturen und Verw ach s u nge n kom men gelegentlich bei Kindern m i t komplexen Atresien vor.
4.8 M a l rotati o n
Als e i n e M al rotat ion bezeichnet man eine Lagea noma lie des Darms durch eine Fehldrehung während der embryonalen En twicklung. D iese Feh l d rehu nge n kön nen ein Leben lang ohne Symptome ein hergehen, aber auch zu Pro b lem en führen. Lageanomalien des Darms kom men bei I : 200-500 L eben dge b ore ne n vor, symp tomatische Malrot a t i o n en aber nur bei I : 6000 Kin dern. N a h e zu 6 0 % der Ki nder, die aufgrund ei ner Mal ro t a t io n o pe rie rt werden, sind jü nger als I M onat, et-
4.8 Malrotation
a
b
A. abdominalis -------. A. mesenterica ----="""""'";,:;;"""'" Superior
Ductus omphaloentericus Caecum
A. mesenterica inferior
Abb. 4.25
Physiologische Darmdrehung.
wa
20% zwischen einem Monat un d weitere 20% sind älter als I
und e i n e m J a h r a l t
det sich bei K i ndern m i t e inem Bauchwand- oder Zwerchfelldefekt) von
J a h r . Rotationsano
mal ien kommen begleitend bei nahezu
allen
K i n dern
m i t Bauchwand- und Zwerchfelldefekten vor. Bei
o
33% m i t einer Dünndarmatresie findet sich e i n e D ar m l age an om a l ie
des Zökums mit der rechter Bauchwand führen als sog. Ladd'sche Bänder
.
che dreht sich der Darm teils a u ßerhalb der Abdominal
der I (Zökum und Colon ascendens l i e
gen i n Oberbauch m itte; physiologische Adhäsionen
1 7%
der K i n d e r m i t Duodenal a t resie u n d bei
Die M a l rotation resultiert aus einer Störung der Da r m d reh u n g während der embryologischen Entwick lung. Zwischen der 4. u nd der 1 0. Schwangerschaftswo
Malrotation Typ
zu einer Kompression der
Mesenterialwurzel u n d des Duodenums;
> Abb. 4.26) und der •
Malrotation Typ II ( seltener Typ der Darmlageano
malie;
>
Abb.
4.27).
höhle, teils nach seiner Rückkehr in die Bauchhöhle um
Die Malrotation kan n aufgrund der hohen Mobil ität des
d ie
Darms zum Volvulus führen.
Arteria mesenterica s u perior als Achse und erreicht
dabei seine typische Position mit dem Zökum im rech ten U n terbauch, d e m Kolonrahmen, der d a s Duodenum i m rechten Oberbauch überkreuzt, und dem zentral ge legenen D ü n n d a nn
(>
Wenn die M a l rotation nicht symptomlos bleibt, werden
U nterschieden wird o
d i e Nonrotation
4.8.1 K l i n i k u n d D i a g nose
Abb. 4 . 25).
(der Dünndarm l iegt
Dickdarm l i n ks von der
rechts, der
A. mese n t erica superior; fin-
die kl in ischen A n zeichen meist in den ersten Lebensmo naten m a n i fest. I m Vordergrund steht die duodenale
95
96
4 Abdomen Neonatal
b
I
Abb.
Abb.
Obstruktion mit Erbrechen und Passagestörung sowie hohem I leus. Die Ausprägung ist eher moderat. SonG graphisch kann die Position der Arteria mesenterica Su perior wegweisend sein. Liegt die V. mesenterialis im Bereich der Mesenterialwurzel links von der Arteria me senterica superior, dann besteht eine Rotationsanoma lie, die obere Magen-Darm-Passage zeigt den Passage stopp, der Kolonkontrasteinlauf das hochstehende, in Oberbauchmitte gelegene Zökum. Bei akuter Manifestation ist ein Volvulus des Dünn darms zu befürchten.
4.8.2 T h e r a p i e D i e Operation erfolgt über einen Oberbauchquerschnitt oder über einen minimal-invasiven Zugang. Ziel der
4.26 Malrotation Typ I .
4.27
Malrotation Typ II.
Operation ist es, die Ladd'schen Bänder, die das Zökum und das Colon ascendens an die rechte Bauchwand fi xieren, zu durchtrennen, das Zökum vollständig zu be freien, die Dekompression des Duodenums sicherzu stellen und die Malrotation in eine Nonrotation umzu wandeln.
4.8.3 R i s i k e n u n d posto perativer Ver l a u f Verletzungen des Darms sind selten; auf Durchblu tungsstörungen einzelner Darmschlingen ist zu achten. Der Nahrungsaufbau hängt vom intraoperativen Befund ab und kann bei einer Malrotation sehr früh beginnen. Die Prognose ist sehr gut.
4.9 Volvulus
4.9 Vo lvu l u s
Ein Volvulus ist die Torsion des Darms um den Gefaß stiel des Mesenteriums mit folgender Minderdurchblu tung und ggf. Darmischämie. Ein Volvulus ist meist mit einer Darmlageanomalie assoziiert.
4.9.1 K l i n i k u n d D i a g nose Klinische Zeichen eines Volvulus sind das gallige Erbre chen, akut einsetzende, kolikartige Bauchschmerzen, ein gespanntes Abdomen und Anzeichen eines Schocks. Bei der Auskultation des Abdomens sind hochgestellte Darmgeräusche hörbar. Ein Volvulus ist lebensbedroh l ich; deshalb ist die schnelle Diagnosti k (Sonographie und Röntgen) essenziell. Die Sonographie des Abdo mens stellt dilatierte Dünndarmschlingen dar, die eine Hyperperistaltik oder schon eine Darmatonie zeigen. D ie Darmschlingen können verdickt sein, die Doppler sonographie zeigt einen verminderten Blutfluss in der A. mesenterica superior und in den Darmwänden. I n der Rön tgenübersicht des Abdomens stellen sich ste hende Dünndarmschlingen als Zeichen für einen Dünn darmileus dar ( >- Abb. 4.28).
Abb. 4 . 28
Röntgen Abdomen: hoher Dünndarmileus bei Volvulus.
4.9.2 T h e ra p i e E s besteht die Indikation zur sofortigen Laparotomie über einen queren Oberbauchzugang. Man findet den torquierten Dünndarm ( >- Abb. 4.29). Das primäre Ziel ist die Demtation des Darms. Anschließend wird der Darm in warme feuchte Tücher eingepackt und die spontane Erholung abgewartet. Der gesamte Darm ist zu inspizieren; Ladd'sche Bänder sind bei Bestehen einer Malrotation zu beseitigen. Nekrotische Anteile sind sparsam zu resezieren, die Darmkontinuität kann meist wiederhergestellt werden. Die Anlage eines Anus prae ter ist selten e rforderlich . Sind sehr große Anteile des Dünndarms nekrotisch, können ein Belassen des Darms und ein "second look" innerhalb 24-48 Stunden not wendig werden. Der Dünndarm des Neugeborenen hat eine erstaunliche Erholungstendenz. Es besteht die Chance, dass sich proximal und/oder distal wenige Zen timeter erholen, so dass ein Kurzdarmsyndrom vermie den oder abgeschwächt werden kann.
4.9.3 Risiken u n d p ostoperat iver Ve rla uf
Neben der Resektion von Darm mit A nastomose und den üblichen Risiken der Anastomoseninsuffizienz und -Stenose sind der Anus praeter, die Second- look Operation und die Entwicklung eines Kurzdarmsyn droms zu erwähnen. Ist nur eine lokale Resektion er forderlich, so ist die Prognose gut. Entspricht der in traoperative Befund einer weitgehenden Darmnekrose und ist ein second Iook nach 24-48 Stunden vorgese hen, muss die prophylaktische Antibiotikatherapie ei ner Durchwanderungsperitonitis vorbeugen. Hat die Darmnekrose die Dünndarmresorptionsfläche so weit minimiert, dass die Resorptionskapazität nicht mehr zur E rn ährung des Kindes ausreicht, spricht man von einem Kurzdarmsyndrom. Die Prognose ist weitaus
Abb. 4.29
Dünndarmvolvu lus.
97
98
4 Abdomen Neonatal
ungünstiger. Das Management bedarf interdisziplinä rer Konzepte in spezialisierten und sehr erfahrenen Einrichtungen.
4.1 0 M e ko n i u m i l e u s
Der Mekoniumileus ist eine seltene Ileusform. E s han delt sich um eine endoluminale Obstruktion durch lang streckig eingedicktes, zähes, zum Teil entHirbtes Meko nium, das perlschnurartig im Darm abgelagert ist. Der Zusammenhang zwischen dem Mekoniumileus und ei ner Mukoviszidose ist evident. Zwischen 1 0 und 20% der Kinder mit einer Mukoviszidose haben einen Meko niumileus in ihrer Anamnese. Unterscheiden kann m an den Mekoniumileus in unkomplizierte Fälle ( Passage störung durch eingedicktes Mekonium in Kolon und di stalem Ileum) und komplizierte Fälle (V olvul us, Perfo ration, Atresie und Peritonitis).
Abb. 4.30 Bild des dilatierten Dünndarms bei Mekoniumileus.
4.1 0. 1 K l i n i k u n d D i a g nose I n der Pränatalsonographie werden meist nur die kom plizierten Formen des Mekoniumileus mit Atresie des Dünndarms, Perforation und Volvulus erkannt. Eine kinderchirurgische Beratung sollte erfolgen. Postnatal präsentieren sich die unkomplizierten Ver läufe verzögert durch späten Abgang von Mekonium, Zeichen eines tiefen Dünndarmileus m it Erbrechen und ein aufgetriebenes und druckschmerzhaftes Abdomen. Bei einem klinisch stabilen Kind kann zunächst eine konservative TI1erapie erfolgen. Nach der Sonographie (dilatierte gefüllte proximale Darmschlingen, verdickte Darmwände) und der Röntgen-Übersichtsaufnahme in Linksseitenlage ( >- Abb. 4.30) werden Spülungen als Kontrasteinlauf durchgeführt ( >- Abb . 4.3 1 ) . Hier zeigt sich die typische perlschnurartige Aufreihung der Meko ni u mpfröpfe, die nun aus dem Kolon und dem distalen Ileum herausgespült werden. Kontrastmittel kann da nach auch oral über eine Magensonde zugeführt werden und führt aufgrund sei ner hohen Osmolarität zu einem Flüssigkeitseintritt in das Darmlumen, was die Ablösung der Mekoniumpfröpfe von der Darmwand begünstigt. Die Erfolgschancen der konservativen Maßnahmen lie gen bei etwa 20%. Wenn sich unter konservativer Thera pie die klinische Situation verschlechtert, muss die Ope ration erfolgen. Komplizierte Fälle werden klinisch früh als ein aku tes Abdomen symptomatisch. Galliges Erbrechen,
Abb. 4 . 3 1 Kontrastmittelgefülltes Kolon mit Mekoniumaus sparu ngen.
druckschmerzhaftes aufgetriebenes Abdomen und An zeichen einer Sepsis stehen im Vordergrund. D ie Sono graphie des Abdomens zeigt dilatierte Darmschlingen, eine verdickte Darmwand und gelegentlich A szites. Die Röntgen -Übersichtsaufnahme des Abdomens im Hängen stellt einen Dünndarmileus ggf. mit freier Luft dar. Daraus ergibt sich die lndikation zur Notfalllapa rotomie. Ergänzend und im weiteren Verlauf wird eine gene tische Untersuchung und ein Schweißtest zum Nach weis einer Mukoviszidose d urchgeführt. Differenzial diagnostisch m uss man auch an das Mekoniu mpropr syndrom denken. Hierbei handelt es sich um einen ko lischen und anorektalen Mekoniumpfropf aufgrund von Flüssigkeitsdefizit , der durch rektale Spülungen gelöst wird.
4. 1 1 Kolo natresie/Kolonstenose
4.1 0.2 Thera p ie D i e Operation eines Mekoniumileus ist dringlich. A l s Zu gangsweg dient der Oberbauchquerschnitt Bei den un komplizierten Formen kann das Mekonium manuell oder unter gleichzeitigem transanalem Anspülen über einen präoperativ eingelegten Schlauch mobilisiert und per vias naturalis entleert werden. Gelingt das nicht, erfolgt die Er öffnung des Dünndarms im Bereich der prästenotischen D ilatation. Der Darm wird dann nach oral ausgestrichen und nach aboral durchgespült, um sämtliche Mekoni umpfröpfe aus dem Darm zu entfernen. Ziel ist der " meko niumfreie" Darm. Danach erfolgt die Anlage eines Bishop Koop-Enterostomas ( > Abb. 4.32) oder aber die primäre Anastomose. Bei komplizierten Formen mit einer Perforation, ei nem Volvulus oder einer Darmnekrose ist die segmenta le Dünndarmresektion häufig nicht vermeidbar. je nach Darmzustand ist eine primäre Anastomose denkbar, oder es wird ein Bishop-Koop-Enterostoma ( > Abb. 4 .32), seltener ein doppelläufiger Anus praeter angelegt. Die Bishop-Koop-Enterostomie hat den Vorteil, dass der Dünndarminhalt bei freier distaler Passage direkt in den abführenden Schenkel fließt und das Stoma nur als Überlaufventil funktioniert.
4.1 0.3 Risike n u nd postoperativer Verlauf Neben der Möglichkeit einer Segmentresektion mit Anastomose und den Risiken der Anastomoseninsuffizi enz und -Stenose ist der Anus praeter zu erwähnen. In traabdominelle Adhäsionen sind möglich. Bei ungestör tem Stuhltransport in den distalen Darmanteil und nor maler rektaler Stuhlentleerung kann die Anus-praeter R ückverlagerung geplant werden. Bei komplizierten
Fällen muss mit einem wesentlich verzögerten enteralen Nahrungsaufbau gerechnet werden. Die Überlebensprognose für Kinder mit komplizier ten und unkomplizierten Formen eines Mekoniumileus liegt zwischen 85 und 1 00% und ist vornehmlich von den anderen Erkrankungsmanifestationen der Muko viszidose abhängig.
4. 1 1 K o l o n atres i e/K o l o n st e n ose Die angeborene Kolonatresie kommt bei l : 40 000 Le bendgeborenen vor. Im Gegensatz zum Dünndarm ist das Kolon mit zunehmender embryonaler Entwicklung über das Mesokolon an der hinteren und seitlichen Bauchwand fixiert, sodass es hier seltener zu einer Durchblutungsstörung im Rahmen einer Torsion des Dickdarms kommen kann, was als Ursache für die Atre sie angesehen wird. Vornehmlich sind das Colon trans versum und das Sigmoid betroffen.
4.1 1 . 1 K l i n i k u n d D iag nost i k Symptomatisch werden die Kinder durch fehlenden Ab gang von Mekonium nach der Geburt. Die Zeichen ent sprechen denen einer tiefen Atresie des Dünndarms mit Erbrechen und aufgetriebenem Abdomen. Radiologisch zeigt sich ein Dickdarmileus mit dilatiertem Kolon. Häufiger zu beobachten ist eine Kolonstenose oder sekundäre Kolonatresie als Folge einer nekrotisierenden Enterokolitis. Diese Kinder haben ein aufgetriebenes Abdomen und wenig Stuhlabgang. Richtungweisend sind die Abdomen-Übersichtsaufnahme im Hängen und die anschließende Kolonkontrastmitteluntersuchung. Deutlich nachzuweisen sind dann die Stenosen im Be reich des Dickdarms mit einem Abbruch der Kontrast mittelsäule ( > Abb. 4.33).
4.1 1 .2 Thera p i e
Abb. 4.32 Bishop-Koop-Enterostoma.
Nach einer queren Oberbauchlaparotomie wird das ge samte Kolon inspiziert, um mögliche zusätzliche Atresi en nicht zu übersehen ( > Abb. 4.34) . Bei einer Kolonatresie oder Stenose ist eine primäre Anastomose durchzuführen; nur in Ausnahmefallen (schlechter Allgemeinzustand oder übermäßiger Lu mensprung) ist ein Anus praeter der primären Anasto mose vorzuziehen.
99
1 00
4 Abdomen Neonatal
ausnahmsweise sinnvoll, da die ungestörte Stuhlentlee rung über den künstlichen Ausgang alleine nichts über die Weite des Dickdarms aussagt. Auch der distale Ab schnitt ist zu explorieren. Die Prognose ist bei einer isolierten Kolonatresie oder -stenose ohne Perforation und zusätzliche Fehlbildun gen gut.
4.1 2 D u p l i katu re n des M a g e n
Darm-Tra kts Duplikaturen des Gastointestinaltrakts können vom Ösophagus bis zum Anus an jeder Stelle auftreten ( > Abb. 4.35) . Duplikaturen sind zystische oder tubu läre Dopplungen der Strukturen. Die embryologische Ursache ist unklar.
4.1 2.1 Ö so p h a g usd u p l i kat u ren
4.33 Stenose im Bereich der linken Kolonflexur mit nachfol gender kompletter Kolonatresie im Colon transversum.
Abb.
Abb.
4.34 Kolonstenose nach einer abgelaufenen NEC.
4.1 1 .3 R i s i k e n u n d postoperative r Ve rla uf H inzuweisen ist auf die Kolonsegmentresektion mit Anastomose und den Risiken der Anastomosenstenose und -insuffizienz. Der mögliche Anus praeter ist zu er wähnen. Die Anus-praeter-Rückverlagerung erfolgt abhängig vom klinischen Zustand des Kindes und/oder von der Tonisierung des Kolons. Vor Rückverlagerung ist eine Darstellung des zuführenden Anus-praeter-Schenkels
M a n findet 20% der D uplikaturen im Ösophagus. Asso ziierte Fehlbildungen kommen bei bis zu 25% der Kin der vor. Zervikale Ösophagusduplikaturen können als asymptomatische Schwellung im Bereich des Halses auf fallen, aber auch zu einer Verlegung der oberen Atem wege führen. Im Bereich des m ittleren Ösophagus kön nen sie eine Kompression der Trachea bedingen. Die häufigsten Duplikaturen am Ösophagus sind im unteren Drittel lokalisiert. Auch hier stehen respiratorische Pro bleme im Vordergrund. Ältere Kinder klagen dagegen eher über Schluckbeschwerden. Ö sophagusduplikaturen haben meist keine Verbindung und auch keine gemein same Wand mit dem Ösophagus. Die Schleimhaut der Duplikatur kann aus Magenschleimhaut oder aber aus Schleimhaut des Dünn- oder Dickdarms bestehen. Die Röntgen-Übersichtsaufnahme des Thorax kann durch die schattengebende mediastinale Raumforde rung wegweisend sein. Heute ist bei entsprechendem Verdacht ein CT oder eine MRT indiziert, um die Diag nose zu sichern. D ie Klinik bedingt die Operationsindikation. Die Re sektion wird über eine rechtsseitige Thorakotomie durchgeführt und kann bei Säugl ingen analog zur Ö so phagusatresie extrapleural erfolgen. Minimal- invasives Vorgehen ist möglich. Die Duplikatur wird vollständig entfernt. Ist die Separation der Duplikatur in seltenen Fällen nicht möglich, so kann die Resektion eines Ö so phagussegments notwendig werden. Hat d ie Duplikatur ebenfalls sehr selten ei ne Verbindung zum Ösophagus,
4. 1 2 Duplikaturen des Magen-Darm-Trakts
lill:l>---+---- Ösopha geal 1 9%
t-+--- Thorakoabdominal 4%
36%
-+--- Gastrisch 9% ::....__-\--- Duodenal 4%
Colisch 7% Appendix 2% ---t--"""""N'-"t\ Coecum 3% ""',..._-r-----
}
14%
Abb. 4.35 Lokalisation der Duplikaturen des Gastrointestinaltrakts.
so ist die Wand des Ösophagus anschließend sorgfaltig zu verschließen. Eine Thoraxdrainage ist optional. Ösophagusstenose und Wandundichtigkeiten ein schließlich einer Anastomoseninsuffizienz sind zu er wähnen. Benachbarte Strukturen wie der Nervus vagus, aber auch der N. phrenicus können bei der Operation verletzt werden; die Verletzung des Ductus thoracicus mit nachfolgendem Chylothorax ist möglich. Bei einer Eröffn ung des Ösophagus verbleibt die Ma gensonde für 8- 1 0 Tage, bis nach einer (optionalen) Kontrastmitteldarstellung die orale Nahrungsaufnahme beginnen kann.
4.1 2.2 M a g en d u p l i katur Magenduplikaturen werden meist vor dem ersten Le bensjahr symptomatisch. Sie kommen häufiger bei Mäd chen vor. Symptome sind hämorrhagisches Erbrechen, Gedeihstörungen, Bauchschmerzen und ein sichtbarer abdomineller Tumor. Komplikationen bei einer Magen duplikatur sind die Magenperforation, die gastrointesti nale Blutung, die Fistelbildung zur Milz oder zur Lunge. Diagnostische Bedeutung haben neben dem Röntgen bild des Abdomens und der Sonographie die Computer tomographie oder die Kernspintomographie. Differenzi aldiagnostisch sollte man an eine Pankreaspseudozyste denken. Die Duplikatur des Magens ist eine Operationsindika tion. Es wird eine quere Oberbauchlaparotomie d urch geführt. Die Duplikatur wird reseziert und eine etwaige Verbindung zum M agen i.ibernäht.
Abb. 4.36 Tubuläre Duplikatur des Dünndarms.
Operatives Risiko ist die seltene Nahtinsuffizienz. Wird die Duplikatur nicht vollständig reseziert, kommt es zu einem Rezidiv. Deshalb ist die Resektion von Ma genwandanteilen mit Übernähung das geringere Übel.
4. 1 2.3 D ü n nd a rm d u p l i kat u re n Sie stellen sich entweder a l s zystische oder als tubuläre Duplikaturen dar. Bei tubulären Formen liegen sie dem Dünndarm an, haben oft eine gemeinsame Wand und können dem Dünndarm auf einer beträchtlichen Länge benachbart sein ( > Abb. 4.36). Sie finden sich immer an der mesenterialen Seite, haben m i t dem Dünndarm segment eine gemeinsame G ef:ißversorgung und in der
1 01
1 02
I
4 Abdomen Neonatal
Abb. 4.37
Zystische Duplikatur des Jejunums.
Regel auch eine Verbindung zum Dünndarmlumen. Die zystischen Duplikaturen liegen häufiger ileozökal mit einer gemeinsamen Gefäßversorgung und Wandung mit dem distalen Ileum. In den Duplikaturen findet der Pa thologe oft Magenschleimhaut. Die meisten Duplikaturen des Dünndarms werden in den ersten zwei Lebensjahren symptomatisch. Die Sym ptome entsprechen denen eines Ileus; ggf. fallen blutige Stühle auf, ein palpabler Bauchtumor oder Zeichen ei nes akuten Abdomens bei einer Perforation der Dupli katur. Bei älteren Kindern stehen eine Invagination oder rektale Blutung im Vordergrund. Die Diagnose ei ner Duplikatur des Dünndarms wird fast regelhaft erst intraoperativ gestellt und nur selten vor dem Eingriff vermutet. Präoperativ werden eine Röntgenübersichtsaufnah me und eine Sonographie des Abdomens durchge führt. Über eine quere Oberbauchlaparotomie werden die zystischen Duplikaturen und die kurzen tubulären Duplikaturen mitsamt dem benachbarten D ünndarm reseziert. Weitaus schwieriger sind die langstreckigen Dünndarmduplikaturen wegen der Gefahr eines Kurzdarms zu behandeln . Sollte die Länge der Dupli katur bei der Resektion des begleitenden Darms zu einem nicht tolerablen D armverlust führen, so muss die partielle Wandresektion oder Eröffnung der D u pl ikatur und konsequente Mukosektomie erfolgen . Kritisch kann trotzdem die Blutversorgung des Dünn darms sein. Die gezielte Aufklärung ist bei einer Dünndarmdupli katur kaum möglich, da die Diagnose nur in wenigen Fällen vor der Operation vermutet wird. Die Darmresek tion und Darmanastomose können zu Anastomosen insuffizienz oder -Stenose führen. Bei einer ausgedehn ten Dünndarmresektion droht ein Kurzdarmsyndrom. Bei nicht entfernten Duplikaturen des Dünndarms werden maligne Entartungen beschrieben.
Abb. 4.38
Kolonduplikatur.
4.1 2.4 Kol o n d u p l i katur Die Duplikaturen des Kolons werden in drei verschiede ne Typen unterteilt. Es gibt die zystischen und die tubu lären Duplikaturen sowie die Duplikaturen der Appen dix. In der Regel findet sich Kolonschleimhaut in den Duplikaturen. Bei den tubulären Kolonduplikaturen sind assoziierte Fehlbildungen häufig. Bei zystischen Duplikaturen steht in der klinischen Symptomatik das akute Abdomen mit Erbrechen, Bauchschmerzen und einem palpablen Tumor im Vor dergrund. Die Diagnose wird aber häufig erst intraope rativ gesteLlt. Bei tubulären Duplikaturen ( > Abb. 4.38) gibt es akute Verlaufs formen mit Zeichen eines Ileus und sub akute Präsentationen mit intermittierenden Bauch schmerzen, selten vaginalen Fisteln, einem Rektumpro laps oder rezidivierenden Harnwegsinfektionen durch Abflussbehinderung. Die Röntgen -Übersichtsaufnahme des Abdomens, die Sonographie, der Kolonkontrastein lauf sowie das CT oder die MRT können ggf. die Diagno se klären. Angeschlossen werden kann auch eine Kalo skopie wegen der unklaren Ursache der Beschwerden. Das Problem dieser Dupl ikaturen ist die zunehmende
4 . 1 3 M esenterialzysten
Abb. 4.39 Zystische Duplikatur des Kolons.
A usdehnung durch Stuhl aufgrund der möglichen Ver bindung zum originären Darm. Duplikaturen der Appendix werden erst intraoperativ gefunden und sind durch die Appendektomie beseitigt. Zystische und damit begrenzte Duplikaturen werden mit angrenzendem Kolon reseziert ( > Abb. 4.39). Die operative Therapie der tubulären Duplikaturen erfolgt sehr individuell. Häufig haben die Duplikaturen proxi mal eine Verbindung zum Kolon, aber enden distal blind. Hier kann man das distale blinde Ende mit dem Kolon verbinden. Eine Alternative ist die Resektion der Duplikatur. Hat die Duplikatur eine Verbindung zur Va gina oder zum Harntrakt, s o sollte die partielle Wandre sektion und eine Mukosektomie durchgeführt werden, um sekundäre urogenitale Fisteln zu vermeiden. Die Anastomosenstenose oder -insuffizienz sind ebenso zu bedenken wie Verletzungen von H arnblase, Vagina, Ureteren und Samenleiter. Werden die Duplika turen des Kolons nicht operativ entfernt, so sind malig ne Entartungen möglich.
Abb. 4.40 Rektu mdup likatur.
deshalb die Rektumduplikatur zu bedenken. Differenzi aldiagnostisch kommt eine anteriore Meningomyelozele infrage. Ein CT oder MRT des Beckens ist zur diagnosti schen Klärung notwendig. Es sind der transanale Zugang oder der posteriore sa gittale Zugang möglich. Ziel ist es, die komplette Zyste zu entfernen, alternativ ist eine Mukosektomie durchzu führen. Bei Operation im Bereich des Rektums können die sa kralen Nervenfasern verletzt werden; Defäkationsstö rungen und Inkontinenz sind ggf. die Folge. Auch sind Stenosen oder Insuffizienzen zu erwähnen. Bei unvoll ständiger Entfernung kommt es zu einem Rezidiv. Maligne Entartung wird bei nicht operierten Duplikatu ren des Rektums beschrieben.
4.1 3 M esente ri a l zysten 4 . 1 2 . 5 Rektu m d u p l i katu r
Rektumduplikaturen werden meist innerhalb der ersten zwei Lebensjahre symptomatisch. Sie kommen häufiger bei Mädchen vor und befinden sich meist dorsal zwi schen Rektum und Steißbein/Sakrum ( > Abb. 4.40). Mit zunehmendem Alter der Kinder kommt es bei be stehender Verbindung zum eigentlichen Rektum zur Stuhlfüllung der Duplikatur und Verdrängungserschei nungen. Obstipation, rektale Blutung, Rektumprolaps und De fäkationsschmerzen sind die häu figsten Symptome. Bei der Untersuchung findet sich gelegentlich eine kleine Fistel in der Gesäßfalte. Solche Fisteln werden nicht sel ten als Anal- oder Rektu mabszess behandelt. Bei häufig wiederkehrenden Abszessen mit o. g. Symptomen ist
Mesenterialzysten sind gutartige Tumoren, die am häu figsten im Mesenterium des Dünndarms zu finden sind. Insgesamt sind sie selten. Sie entwickeln sich aus Lymphgefäßen, die den Anschluss an das Lymphab flusssystem nicht vollzogen haben. Mit zunehmendem Alter der Kinder wachsen diese Tumoren und werden je nach Größe als zystisches Lymphangiom symptoma tisch.
4.1 3.1 K l i n i k u n d D i a g n ose Klinisch stehen rezidivierende Bauchschmerzen im Vor dergrund. Auch ein tastbarer Tumor kann Symptom ei-
1 03
1 04
4 Abdomen Neonatal
ner Mesenterialzyste sein. Selten können Mesenterial zysten mit Erbrechen und den Anzeichen eines akuten Abdomens auffallig werden. Bei der Sonographie des Abdomens fallt dann die zystische Struktur auf. Diffe renzialdiagnostisch muss man an Duplikaturen des Dünndarms und bei Mädchen an Ovarialzysten denken.
4. 1 3.2 Thera p i e
I
Die Operation erfolgt in der Regel elektiv, sofern n icht I leussymptome zu einem dringlichen Eingriff führen. Über einen Oberbauchquerschnitt kann der gesamte Dünndarm exploriert und die Zyste wegen der Durch blutung ggf. mit angrenzendem Dünndarmsegment re seziert werden ( > Abb. 4.4 1 ) . Alternativ kann diese Operation auch minimal-invasiv durchgeführt werden.
4.1 3.3 Risi ken u n d postoperativer Ver l a uf I n der Regel ist keine Resektion von Dünndarm notwen dig, und die Zysten lassen sich isoliert entfernen. Sollte eine Resektion und Anastomose des Dünndarms erfor derlich werden, so muss über Anastomoseninsuffizienz und -stenose aufgeklärt werden. Rezidive sind möglich. Nach Resektion der Zyste ist mit keinen weiteren Prob lemen zu rechnen.
4.1 4 N e k roti siere n d e E ntero ko l it i s Die nekrotisierende Enterokolitis (NEC) ist eine ent zündliche Darmerkrankung des Frühgeborenen, am häufigsten bei einem Gewicht < 1 500 g. Reife Kinder
Abb. 4.41 Mesenterialzyste.
werden nur im Zusammenhang mit schweren kardialen Fehlbildungen betroffen. Die Erkrankung kann den ge samten Gastrointestinaltrakt betreffen, aber auch lokali siert oder multisegmental auftreten. Die Ätiologie ist nicht gänzlich geklärt. In aller Regel sind Säuglinge be troffen, die bereits Nahrung zu sich genommen haben. Wahrscheinlich kommt es bei Minderperfusion des Darms (Ischämie) und unreifer Abwehrlage unter der Kolonisation der Darmschleimhaut zur Entzündung der Schleimhaut mit nachfolgender Bakterientranslokation in die Darmwand und das venöse Abflusssystem. Die Er krankung beginnt meist 1 -2 Wochen nach Ernährungs beginn.
4.1 4.1 K l i n i k u n d Diag nose Klinisch fallen die Kinder mit gastrointestinalen Symp tomen auf, sie trinken nicht mehr oder haben deutliche Magenreste; das Allgemeinbefinden verschlechtert sich, es kommt zu galligem oder blutigem Erbrechen, der Bauchumfang n immt zu. Möglicherweise imponieren eine Abwehrspannung, blutige Stühle und Bauchwand ödem. Zeichen einer Sepsis wie Tachykardie, Apnoe oder Dyspnoe, Blutdruckabfall und Temperaturlabilität folgen, begleitet von einer Peritonitis mit einem aufge triebenen Abdomen und geröteter Abdominalhaut La borchemisch findet sich neben der Azidose eine Anä mie, eine Leukopenie mit Linksverschiebung, eine Thrombopenie sowie eine CrP- und IL-6-Erhöhung. Kli nisch hilfreich ist die modifizierte Klassifikation nach Bell ( > Tab. 4. 1 ). Bei Verdacht auf eine NEC zeigt die Sonographie ver dickte dysmotile Darmwände mit intramuraler Gasan sammlung und freie Flüssigkeit im Abdomen. H ilfreich kann die Dopplersonographie zur Darstellung der Darmdurchblutung sein. Die Röntgen-Aufnahme des Abdomens im Hängen kann je nach Stadium Zeichen des Ileus mit stehenden, im Verlauf auch fixierten Schlingen, eine Pneumatosis intestinalis (Gas in der Darmwand), Luft in der Vena portae oder auch freie Luft unter dem Zwerchfell als Zeichen einer Perforation ( > Abb. 4.42, > Abb. 4.43) darstellen. Bei NEC- Verdacht wird unverzüglich mit einer kon servativen Therapie begonnen. Diese beinhaltet die Nahrungskarenz mit parenteraler Ernährung, die Ma gensonde zur Dekompression des Gastrointestinal trakts, den Ausgleich des Elektrolythaushalts, der Anä mie und der Azidose sowie die antibiotische Behand lung nach der bekannten Resistenzlage der jeweiligen neonatologischen Intensivstation, oft auch die Intensiv therapie mit Katecholamingabe einschließlich Bea t -
4.1 4 Nekrotisierende Enterokolitis
1 OS
Tab. 4. 1 Kla ssifikati o n der nekrotisierenden Enterokolitiden nach Bell. Sta di um Ia
Verdacht auf eine NEC
Apnoen, Bradykardien, Te m peraturinstabilität, Leth arg i e
Gastrointestinale Zeichen Radiologische Zeichen Magenreste, Erbrechen, Normaler Darm oder okkulte rektale Blutu ng, g er i n ge Dilatation des geri ngg ra dige abdominelle Darms, geringgradiger Distension Ileus
lb
Verdacht auf eine NEC
Wie oben
Blutige Stühle
Wie oben
l la
N EC. kaum Krankheitszei- Wie oben chen
Plus:
Pl us: Pneumatosis i ntesti nalis, mäßig bis hochgradiger
Systemische Zeichen -
fehlende Darmgeräusche, Bauchschmerzen
Ileus mit dilatierten,
stehenden Darmsch l ingen llb
NEC, mäßige Krankheitszeichen
Plus: Plus: milde, metabolische Azidose, geringgradiges Erythem der Bauchwand, Resistenz im mäßige Thrombozytopenie rechten Unterba uch tastbar
l ila
Fortges chritten e N EC, schwer krankes Kind, Darm intakt
Plus:
l llb
Fortgeschrittene N E C, schwer krankes Kind m it Darm perfo rat io n
Plus:
4.42 Röntgenbild einer NEC.
Plus:
metabolische und respiratorisehe Azidose, Neutropenie,
Genera lisierte
Aszi tes
Wie oben
Wie oben
Plus: Pneumaperitoneum
Peritonitis, hochgradige abdo m inel l e Sepsis mit Hypotonie, Schock, Distension und Verfärbung, Bradykardie u nd d issemi nie rte Resistenz im rechten U nterbau eh intravasale Gerinnung (DIC)
Abb.
Abb.
Portalvenöses Gas, eventuell Aszites
4.43 Röntgenbild einer N EC.
I
1 06
4 Abdomen Neonatal
mung des Kindes. Bei zunächst konservativer Verge hensweise sollten engmaschige klinische Kontrollen durch den Neonatologen und den Kinderchirurgen er folgen. Kurzfristige Röntgen- und Ultraschallkontrollen können notwendig werden.
4. 1 4.2 Thera pie
I
Die Indikation zur Operation ist bei einer Darmperfora tion fast unumstritten, wird aber auch im Stadium Ilb bei entsprechenden Ileuszeichen, Luft i n der Pfortader, palpablem Bauchtumor und Bauchwanderythem sowie Zeichen einer Peritonitis gestellt. Die operative Therapie hat das Ziel, m it möglichst ge ringem Aufwand den Darm zu entlasten und Perforatio nen zu beseitigen, ohne unnötig Darm zu resezieren. Die alte Grundregel, nekrotische Segmente radikal zu rese zieren und einen Anus praeter anzulegen, ist aufgrund der oft beobachteten phänomenalen Erholungschancen der Frühgeborenendärme überholt. Der Zugang erfolgt über eine quere Oberbauchlaparotomie. Die Strategien unterscheiden sich je nach intraoperativem Befund: 1. Meist wird proximal des geschädigten Darmab schnitts ein doppelläufiger Anus praeter angelegt; distal werden Perforationen übernäht ( >- Abb. 4.44). 2. Wenn große Darmabschnitte nekrotisch sind, wird proximal der Nekrose das )ejunum ausgeleitet und ggf. ein "second Iook" durchgeführt, um möglichst sparsam zu resezieren ( >- Abb. 4.45). 3. Bei sehr kleinen und klinisch instabilen Frühgebore nen < 1 000 g ist die ausschließliche Drainage der Ab dominalhöhle bettseitig möglich, erübrigt aber oft nicht eine spätere Laparotomie. 4. Bei begrenztem segmentalem Befall ist es denkbar, den lokal geschädigten Darmabschnitt zu resezieren und eine primäre Anastomose durchzuführen.
4. 1 4.3 R is i ken u n d posto pera tive r Ver l a u f D i e Resektion ist, obwohl möglichst zu vermeiden, häu fig notwendig. Nahezu regelhaft ist die Anlage eines Anus praeter mit den Risiken einer Anus-praeter-Steno se oder eines Anus-praeter-Prolaps notwendig. Bei ful minantem Befund kann ein second Iook notwendig wer den. Das potenzielle Kurzdarmsyndrom sollte erwähnt und die Vermeidungsstrategien erläutert werden. Nach einer Anastomose können eine Anastomoseninsuffizi enz und Anastomosenstenose auftreten.
Abb. 4.44
Segmentale NEC.
Abb. 4.45
Ausgedehnter Befund bei einer NEC.
Postoperativ stehen die Intensivtherapie des septi schen Krankheitsbilds und die parenterale Ernährung dieser immer sehr kritisch kranken Kinder ganz im Vor dergrund. Bei einsetzender Peristaltik und Anus-prae ter-Funktion kann der vorsichtige Beginn der enteralen Ernährung diskutiert werden. Im weiteren Verlauf kann der Dünndarmstuhl vorsichtig in den abführenden Schenkel des Anus praeter umgefüllt werden. Wegen der Möglichkeit postentzündlicher Strikturen oder se kundärer Atresien in diesem Abschnitt ist jeder Hinweis auf eine Transportstörung ernst zu nehmen. Unkontrol lierte Belastung des distalen Darms kann zu erneutem Aufflackern der Entzündung und Sepsis führen. Im Zweifelsfall kann die radiologische Passagedarstellung helfen, die vor der Rückverlegung des Anus praeter etwa (6-) 12 Wochen nach der primären Operation und bei klinisch stabilem Kind immer erforderlich ist. Die Kin der sollten dann zwischen 2000 und 3000 g schwer sein. Die Letal ität der NEC beträgt 20-40%. Bei den überle benden Patienten kann bei der Anus-praeter-Rückverla gerung d u r ch die Notwendigkeit, sekundär atretische Segmente zu resezieren, das Risiko eines Kurzdarmsyn-
4 . 1 5 M orbus H i rschsprung
droms nochmals steigen. Wichtig ist es, daran zu den ken, dass auch nach konservativ behandelter N EC eine Striktur zu Passage- und Gedeihstörungen führen kann . Spätfolgen nach überstandener N E C sind grundsätzlich durch die schwere Darmerkrankung Gedeihstörungen, entwicklungsneurologische Defizite und die Entwick lung von gastrointestinalen Problemen wie Stenosen und Adhäsionen. Prognostisch ungünstig ist die Ent wicklung eines Kurzdarmsyndroms nach fulminanter NEC mit subtotaler Darmresektion.
4. 1 5 Morbus H i rschspru n g
Der Morbus Hirschsprung ist eine angeborene I nnerva tionsstörung des Darms. Der Stuhltransport kann nicht oder nur sehr schwierig über den betroffenen Darmab schnitt erfolgen, da durch das Fehlen des intramuralen intestinalen Nervenplexus die Fähigkeit dieses aganglio nären Darmsegments zur Relaxation fehlt. Es resultiert eine funktionelle Obstruktion. Da die fetale Einwande rung der Nerven und die Ausbildung der intramuralen Nervenplexus bis zur 1 2 . SSW in kraniokaudaler Rich tu ng verläuft, betrifft die Erkrankung i m mer das Ano rektum und kann sich je nach Ausmaß der Migrations störung nach oral bis hin zur totalen gastrointestinalen I nnervationsstörung ausdehnen (s. Einteilung unten). Die Häufigkeit beträgt ca. I : 4000-5000 Lebendgebur ten. Jungen sind häufiger betroffen (4 : 1 ) . Verschiedene genetische Ursachen wurden bisher analysiert. Häufig assoziierte Erkrankungen sind die Trisomie 21 und kar diale Fehlbildungen. Eingeteilt wird der Morbus Hirschsprung nach der Länge des aganglionären Segments: 1 . Ultrakurzes Segment: Sphincter ani internus betrof fen. Die Kinder werden erst später symptomatisch, leiden häufig an einer chronischen Obstipation, diese Form ist selten. 2. Rektosigmoide Form: Die häufigste Form eines Morbus Hirschsprung. Hier sind das Rektum und das Sigmoid betroffen (75%). 3. Langstreckige Form: Bei dieser Form reicht die Aganglionose bis zur linken Kolonflexur oder er reicht noch das Colon transversum ( 1 7%). 4. Totale Kolonaganglionose (Zuelzer-Wilson-Syn drom): Das gesamte Kolon und die ileozökale Über gangsregion sind betroffen (8%). 5. Die seltenste Form des Morbus Hirschsprung ist die Aganglionose des gesamten Gastrointestinaltrakts.
1 07
4.1 5.1 K l i n i k u n d D i a g nose Frühsymptomatischer Verla uf E inige Patienten werden bereits in der Neonatalperiode auffallig. Es kommt zu galligem Erbrechen, das Abdo men ist ausladend und gespannt. Es zeigen sich klini sche Zeichen eines Ileus. Es ist noch kein Mekoniumab gang erfolgt oder aber der Mekoniumabgang ist verzö gert aufgetreten. Bei der rektalen Untersuchung kommt es zu einer explosionsartigen Entleerung von Darmgas und Mekonium. Die Kinder können eine Enterokolitis und ggf. ein sog. toxisches Megakolon entwickeln. Sie sind dann in einem Iebensgefahrlichen Zustand, sep tisch, erbrechen, entleeren dünnflüssige Stühle und h a ben ein gespanntes und ausladendes Abdomen. Die Pa tienten benötigen parenterale Fli.issigkeitszufuhr, intra venöse Antibiose, vorsichtige rektale Spülungen zur Darmentlastung und in manchen Fällen einen notfall mäßigen Anus praeter.
Verzögerte Verla ufsform Die Stuhltransport- und Stuhlentleerungsstörungen stehen im Vordergrund. Unmittelbar nach der Geburt wird zwar ebenfalls Mekonium verzögert abgesetzt, dies aber bei sonst unauffälligem Kind nicht registriert. Unter M uttermilchernährung wird die Stuhlentlee rungsstörung n icht wahrgenommen. Beim Abstillen oder anlässlich einer Nahrungsumstellung treten erst mals obstipative Probleme auf. Konservative Maßnah men der Defakationsregulierung verlaufen erfolglos. Die Kinder werden häufig wegen einer Obstipation vor gestellt. Die "diagnostische Trias" bei Verdacht auf einen Morbus Hirschsprung umfasst: I. Rektummanometrie: Eine Sonde wird zur intraluminalen Druckmessung in das Rektum eingeführt, ein Ballon zur Stimulation im Rektum platziert. Auf eine Ballonfüllung kommt es bei einem Morbus H irschsprung nicht zu einer re flektorischen Relaxation des Musculus sphincter ani internus. 2. Kolonkontrasteinlauf: Distal stellt sich das aganglionäre Segment, proximal die prästenotische Dilatation dar ( > Abb. 4.46). 3. Rektumbiopsie: Die Rektumbiopsie - als Schleimhautsaugbiopsie oder Exzisionsbiopsie - ist der diagnostische Gold standard und zeigt das Fehlen der Ganglienzellen im
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4 Abdomen Neonatal
Plexus submucosus oder die Vermehrung AChE-po sitiver, auf der Suche nach den fehlenden intramura len Umschaltganglien proliferierter N ervenfasern. Bei unklarer kranialer Ausdehnung der Erkrankung kann eine proximale Iaparoskopische Vollwandbiop sie durchgeführt werden. Beim kritisch kranken Neugeborenen wird der Verdacht meist intraoperativ geäußert, und die Diagnostik erfolgt im weiteren Verlauf nach Anlage eines Anus praeter. Da bei ist zu bedenken, dass die diagnostischen Möglichkei ten beim Neugeborenen eingeschränkt sind, da die Ma nometrie nicht immer aussagekräftig ist, die typische prästenotische Dilatation im Kolonkontrasteinlauf durch den Anus praeter kompensiert und die Proliferation AChE-positiver Nervenfasern noch nicht ausgebildet ist. Solche Kinder gehen deshalb mit einem Anus praeter nach Hause und werden im Intervall etwa am Ende des zweiten Lebensmonats weiter abgeklärt. Auch Säuglinge mit einer relativ frühen, aber undramatischen Sympto matik können erst so verzögert diagnostiziert werden. Hier nehmen die Eltern regelmäßige Dannspülungen vor und bei Anzeichen einer Enterokolitis erfolgt die so fortige Vorstellung in der Klink. Der Anus praeter ist so meist vermeidbar.
4.1 5.2 Thera pie Ist die Diagnostik abgeschlossen und positiv, so ist die Resektion des aganglionären Darmsegments unum gänglich. Bei bestehendem Anus praeter ist der Zeit punkt frei wählbar, bei allen anderen Kindern in gewis sem Maße von der Praktikabilität der regelmäßigen Darmspülungen bestimmt. Die Operation erfordert kein Mindestalter. Ziel der Operation ist die Resektion des aganglionären Segments unter Erhaltung der Konti nenz. Der gesunde proximale (Dick-)Dann muss nach der Operation die Stuhlsäule über das verbliebene, mög lichst kurze aganglionäre Sphinktersegment ausschei den. Voraussetzung dazu ist, dass intraoperativ unab hängig von der Wahl des Operationsverfahrens der zur Anastomose bestimmte Darm einer bioptischen Sehneli schnittuntersuchung auf das Vorhandensein eines nor mal ausgebildeten intramuralen Plexus unterzogen wird! Traditionell standen vier Operationsverfahren zur Verfügung: 1. nach Soave: Sigmoidresektion, rektale Mukosekto mie, Spaltung der rektalen Muskelschicht, Durchzug des gesunden Darms und kolaanale Anastomose ( > Abb. 4.47) 2. nach Duhamel: Rektosigmoidresektion unter Belas sung eines Rektumpouches und tiefe kolaanale Anas tomose an der Rückwand des Pouches mit anschlie ßender breiter Eröffnung der Wand zwischen Pouch und durchgezogenem Darm ( > Abb. 4.48) 3. nach Swenson: tiefe rektosigmoidale Mobilisation, Ausstülpung dieses Segments bis zur analen Visuali sierung der Linea dentata, Durchzug des proximalen gesunden Darms und anale Anastomose ( > Abb. 4.49)
Abb. 4.46 Röntgen-Kontrastuntersuchung eines Kindes mit Mor bus Hirschsprung.
Abb. 4.47 Operation nach Soave.
4. 1 5 Morbus H i rschsprung
4. nach Rehbein: tiefe anteriore Rektosigmoidresektion und direkte oder transanale Stapler-Anastomose ( > Abb. 4.50) Aktuell werden das Verfahren nach de Ia Torre und das laparoskopisch assistierte Verfahren bevorzugt. Die bis-
1 09
herigen Ergebnisse dieser moderneren Vorgehenswei sen sind vergleichbar mit den traditionellen Operations methoden, haben aber den Vorteil eines viel geringeren postoperativen Schmerzmittelbedarfs, des schnelleren Nahrungsaufbaus, des kürzeren Krankenhausaufent halts und der fehlenden oder sehr kleinen Hautnarbe.
Operation nach de Ia Torre (Tra nsendorekta ler P u l l-th rou g h, TERPT)
Abb. 4.48
Operation nach Duhamel.
Abb. 4.49 Operation nach Swen son.
Abb. 4. 50
Tiefe anteriore Rektumresektion nach Rehbein.
Der Eingriff erfolgt transanaL Nach zirkulärer Mukosa inzision wenige Millimeter proximal der Linea dentata erfolgt die Präparation zwischen dem Muskelschlauch, der erhalten bleibt, und der Schleimhaut des Darms ( >- Abb. 4 . 5 1 und >- Abb. 4.52). Erst nach einigen Zentimetern und etwa nach Errei chen der peritonealen Umschlagsfalte wird transmural inzidiert, der Darm jetzt nach Gefäßdurchtrennung schrittweise mobilisiert und durchgezogen. Bevor der gesunde Darm transanal reanastomosiert wird, wird der verbliebene distale M uskelschlauch in der Länge gespal ten. 20-25 cm lange rektosigmoidale Segmente sind transanal zu resezieren. Ist eine höhere Resektion oder
Abb. 4 . 5 1
Aufgespannter Anus mit dem Ringretraktor.
Abb. 4.52 Der aganglionäre Darmanteil ist herauspräpariert.
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4 Abdomen Neonatal
die Mobilisation der linken Flexur notwendig, erfolgt die abdominelle Präparation laparoskopisch. Die Analogie des Operationsverfahrens zum Verfahren n ach Soave ist offensichtlich.
Lapa roskopisch assistiertes Verfa h ren Es erfolgt initial die Iaparoskopische Präparation des aganglionären Segments bis u nterhalb der peritonealen Umschlagfalte. Dann erfolgt die Absetzung des Sigmo ids, der Rektumstumpf wird transanal ausgestülpt, das proximale Kolon durchgezogen und transanal anasto mosiert. Das Verfahren entspricht dem nach Swenson. Laparoskopisch assistiert wird auch die Operation nach Duhamel durchgeführt.
4.1 5.3 R i s i ke n u n d postoperativer Ve rl a uf Anastomoseninsuffizienz und Anastomosenstenose sind neben den Blasenfunktionsstörungen, der Verlet zung der Urethra, der Ductus deferentes und der Urete ren mögliche Operationskomplikationen. Daneben sind anhaltende Obstipation und/oder Inkontinenz je nach Operationsmethode bei einigen Patienten möglich, ver schwinden aber in den meisten Fällen innerhalb der ers ten 6 Monate nach der Operation. Die Kinder müssen trotzdem wegen der Defäkationsproblematik langfristig und regelmäßig betreut werden, um bei Problemen frühzeitig aktiv werden zu können. D ie Enterokolitis kann auch postoperativ auftreten. Kinder mit einer Trisomie 21 haben häufiger postope rative Probleme als ansonsten gesunde Kinder. Die Pro gnose ist gut, sofern eine ausreichende Resektion erfolg te und das durchgezogene Kolon gesund ist. Es verblei ben nur wenige Patienten, die im Langzeitverlauf rele vante Probleme haben.
4.1 6 Fe h l b i l d u n g e n der
G a l l e nwege Fehlbildungen der Gallenwege sind sehr selten, aber komplex und sollen in qualifizierten Zentren behandelt werden. Das Verständnis der Krankheitsbilder ist für die Diagnostik und die anschließende Beratung der Eltern trotzdem notwendig.
4.1 6.1 G a l l e n g a ngsatres ie Atresien kommen bei etwa I : 1 0 000- 1 5 000 Lebendge borenen vor. Es handelt sich um eine Obliteration der extrahepatischen Gallengänge. Dies führt zu einem Rückstau der Galle mit zunehmender Destruktion der Leber durch Cholestase, Leberfibrose und nachfolgend Leberzirrhose. Die Pathogenese ist nicht endgültig ge klärt, die aktuelle Forschung geht von einem multifakto riellen Geschehen aus {virale I n fektion, Toxinexpositi on, immunologische Dysregulation, genetische Prädis position). Meist liegt eine Atresie der gesamten extrahe patischen Gallengänge vor.
K l i n i k u n d D i a g nose Die meisten Kinder sind reif mit normalem Geburtsge wicht und werden durch einen Ikterus prolongatus > 8 Tage, Gedeihstörung, dunklen Urin und helle Stühle auffällig. Differenzialdiagnostische Überlegungen müs sen infektiöse, metabolische oder genetische Erkran kungen ausschließen. Die Diagnostik muss prompt er folgen, da die Prognose der Gallengangsatresie von der frühzeitigen Therapie abhängt; die Operation sollte bis zur 6. Lebenswoche erfolgen . Laborchemisch ist das di rekte (konjugierte) Bilirubin deutlich erhöht (> 20% des Gesamtbilirubins), die Leberwerte sind erhöht, sonogra phisch lässt sich keine Gallenblase finden. Aszites ist bei Diagnosestellung meist noch nicht vorhanden. Die per kutane Leberstanzbiopsie ist zur endgültigen Diagnose tindung wichtig und muss in einer spezialisierten Patho logie begutachtet werden .
Therapie Es erfolgt die Hepa toportoe nt e rostomie nach Kasai. Das Ziel ist die Herstellung eines Galleflusses aus den rudi mentären Gallengängen der Leberpforte in eine hier anastomosierte Dünndarmschlinge. Über einen Ober bauchquerschnitt erfolgt die Entfernung der Gallenbla se, die Präparation entlang des fibrotisch veränderten Ductus choledochus zur Leberpforte, die Exzision d e r n a rbigen Platte, die die A ustrittss tellen der Gallenwege aus dem Leberparenchym repräsentiert ( > Abb. 4 .53), und die breite biliodigestive Anastomose in einer nach Y -Roux ausgeschalteten und retrokolisch hochgezog e nen Dünndarmschlinge. Die zuführende jejunum s ch l in ge s ollte minde t en s 40 cm lang ein ( > Abb. 4 . 5 4 ) . Minimal-invasive Zugangswege wurden be rei t s rea l i siert, L ang zei terg ebni s s e stehen noch aus.
4. 1 6 Fehlbi ldungen der Gal lenwege
111
Freipräparierte Leberpforte ------.... zur Anastomose mit der Y-Roux-Schlinge
Arteria cystica ---'r----'"'WJ Vena portae ---.:---�"+T
�':il----- Arteria hepatica communis '------- Arteria gastroduodenalis
Abb. 4.53 Anatomie
der Leberpforte bei Gallenga ngsatresie.
Kinder, die nicht operiert werden, sterben innerhalb von 2 Jahren an den Folgen eines Leberversagens. Japa nische Daten zeigen eine deutlich bessere Prognose der Kinder, die vor dem 30. Lebenstag operiert wurden. D i e Erfahrung des Ki n d er ch i rurgen u n d seines Teams hat einen g roßen Einfluss auf die Prognose. Dies führt i n an deren europäischen Ländern zur Zentralisation der Pati enten. Die 10-Jahres-Überlebensrate mit einer eigenen Leber nach einer erfolgreichen P o rtoe nte rostom i e be trägt etwa 80%, aber un ab h ä ngig von der adäquaten operativen Therapie ist die Gallengangsatresie die häu figste Indikation zu einer Lebertransplanration im Kin d esa lt er. Die 1 0-Jahres-Überlebensrate der Ki n d er nach einer erfolgreichen Lebertransplantalion beträgt 86%.
4. 1 6.2 C h o l e d och uszysten
Abb. 4.54 Y·Roux-Anastomose.
sind zystische Erweiterungen des Gallengangs und betreffen l von 1 00 000 Kindern. Das weibliche G es c hl ec h t ist bevorzugt. Die lnzidenz in Asien ist deutlich höher. Die Ätiologie ist u n kla r. Wahr Choledochuszysten
Risi ken un d posto perativer Ver lauf I ntraoperativ können die A. h epa t ica , die Pfortader und die V. cava verletzt werden. Eine U ndichtigkeit der bilio digestiven Anastomose ist möglich, aber oh n e kl i nische Releva n z. Die Gabe von Antibiotika zur Prophylaxe einer aszen dierenden Ch olangi t is wird emp fo h le n . Die Behandlung m it St er a i den z u r V e rb es se ru ng des Galleflusses w i rd kontrovers diskutiert.
U rsodeoxycholsäure
soll
den
Gallefluss positiv beeinflussen. Po s to pera tiv s i nd die Le be r wer t e in regelmäGigen Ab s t ä nden zu k on t ro l l ieren . Die no rm a li sie rte n Leberfunk tionswerte, der Rückgang d es I kterus und die zuneh mende Färbung der Stühle zeigen einen Gallefluss an.
scheinlich spielen genetische Faktoren, Umweltfaktoren
oder eine virale Infektion bei der Entstehung eine Rolle. Auch der h ä ufig vo r h andene l a n ge common channel m i t dem Ductus Wirsungianus und der mögliche Reflux von Pankreassekret i n den Ductus choledochus wird patho genetisch d i sku t iert . Meist findet sich ein d i l a t ierte r Ductus choledochus (50-80% der Patienten), deutlich seltener ein Divertikel des D u ctu s choledochus, eine Choledochozele in der Wand des Duodenums oder eine Kombination von in trahepatischen Zysten und Choledochu zysten bis hin
zum Caroli-Syndrom ( > Abb. 4.55).
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1 12
4 Abdomen Neonatal
I Abb.
4.5 5 Typen der Choledochuszysten.
Kl i n i k u nd D iag nose Die Symptome treten in den ersten Lebensjahren auf, meist durch rezidivierende Oberbauchschmerzen. Die Kinder können auch durch rezidivierende Cholangiti den mit Hyperbilirubinämie auffaUen. Ein Tumor im rechten Oberbauch soll bei ca. 20% der Kinder tastbar sein. Nicht selten haben die Kinder eine Pankreatitis in der Anamnese. Die Diagnose wird in der Sonographie des Oberbauchs vermutet ( > Abb. 4.56) und mit MRCP oder ERCP gesichert. Selten sind die Zysten schon prä natal so groß, dass sie vorgeburtlich entdeckt werden. Nach entsprechender Labordiagnostik (Leberwerte, Bilirubin) erfolgen serologische Tests zum Ausschluss von In fekt ionen (Echinococcus-Zysten, EBV usw.). Die Choledochuszyste stellt eine Operationsindikati on dar, da sie neben Beschwerden ein um den Faktor 20-30 erhöhtes Karzinomrisiko bedingt
Abb. 4.56 S o nog raphi e
Choledochuszyste (GB: Gallenblase).
.
Thera pie Ü ber eine quere rechtsseitige Oberbauchlaparotomie ( > Abb. 4.57) erfolgt die Resektion des D uctus chole dochus weit nach distal und retropankreatisch bis zum Konfluenz und nach proximal bis zur Aufspaltung in die Ductus hepatici. Nach Resektion der Zyste ( > Abb. 4.58) wird e i ne biliodigesti ve End-zu-Seit-
Abb.
4.57 Ang esch lungene C holedoc huszyste intraoperativ.
4. 1 6 Fehlbildungen der Gallenwege
Abb.
4.58 Präparat Choledoch uszyste
mit
Gallenblase.
Anastomose wie bei der Gallengangsatresie durchge führt. Der Eingriff ist grundsätzlich auch minimal-inva siv durchführbar.
Risi ken u n d posto perative r Ver l a u f Intraoperativ sind Verletzungen der Leberarterie, der Pfortader und der V. cava möglich. Eine Anastomosen insuffizienz im Bereich der hepatikaenteralen Anasto mose kan n auftreten. Eine postoperative Pankreatitis ist möglich. Postoperative Antibiose zur Prophylaxe einer aszendierenden Cholangitis erscheint indiziert. Nach der chirurgischen Intervention wird das Risiko,
einen Tumor der Gallenwege zu entwickeln, deutlich ge ringer. Die Beschwerden der Patienten verschwinden. Gelegentlich kann es zu einer Stenose im Bereich der bi liodigestiven A nas tomo se kommen, was dann zu Stau und Cholangitis führen kann. Das Caroli-Syndrom ist operativ nicht korrigierbar. Hier muss ggf. eine Leber transplan tat ion in Erwägung gezogen werden. LITERATU R
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113
I
KAPITEL
5 5.1 5.1 . 1 5 . 1 .2 5 . 1 .3 5 . 1 .4 5.1 .5 5 . 1 .6 5.1 .7 5.1 .8
Andreas Sch m i dt
Abdomen K i n d
Appendizitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 7
Definition, Häufigkeit, Ätiologie, Pathologie Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Differenzialdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . I ndikation zur Operation . . . . . . Therapie . . . . . . . Postoperative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5.2
Meckei-Divertikel
5.2.1
5.2.8
Häufigkeit, Ätiologie, Pathologie Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . Differenzialdiagnosen . . . . . . . . . Operationsindikation . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postoperative Therapie . . . . . . . Komplikationen . . . . . . . . . . . . .
5.3
I nvagination
5.3.1
5.3. 7
Häufigkeit, Ätiologie, Pathologie Symptom e . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . Differenzialdiagnose . . . . . . . . . Therapie Postoperative Therapie . . . . . . Komplikationen . . . . . . . . . . . .
5.4
I leus
5 .4. 1
5.4.5
Ursachen . . . . . . . . . . Symptome . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . Postoperative Therapie
5.5
Gastroösophagealer Reflux (G Ö R) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 3 5
5 . 5. 1
Anatomie, Physiologie u nd Pathophysiologie Ursachen des G Ö R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konservative Therapie . .
5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6 5.2.7
5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.3.6
5 .4.2 5.4 .3 5.4.4
5.5.2 5.5.3 5.5.4 5.5.5
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1 37
116
5 Abdomen Kind
5 . 5.6 5.5.7 5.5.8
Operationsindikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 38 Operation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 38 Postoperative Ergebnisse, Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 38
5.6
Cholelith iasis, Gal lensteine
5.6.1 5.6.2
Pathogenese von Gallensteinen . . . . . . . . . . . Symptome, Diagnose und Differenzialdiagnose The rapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.6.3
5.6.4 5.7
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1 39 1 39 1 40 1 40 1 42
Ovarialzysten u nd -tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 42
5.7.1 5.7.2 5.7.3 5 7.4 5.7.5 5. 7 .6
Ätiologie, Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operationsindikation . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen, postoperative Nachsorge
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1 42 1 43 1 43 1 44 1 44 . . . . 1 45
5. 8
Gastro intestinale Fremdkörper
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5. 8 . 1
Symptome Diagnostik Indikation Therapie . .
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I
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5.8.2 5.8.3 5.8.4 5.9
5.9.1 5.9.2 5.9.3 5.9.4
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Chronisch-entzündliche Darmerkrankunge n
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1 45 1 46 1 46 1 46 1 47
Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 50 Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 50 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 50 Therapie 1 51 .
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5 . 1 Appendizitis
5 . 1 A p p e n d i z itis 5.1 .1 Defi n it i o n, H ä ufi g k e it, Ät i o l og i e, Path o l o g i e Eine Appendizitis ist definiert als eine Entzündung des Wurmfortsatzes von unterschiedlicher Ausprägung. Et wa 12% der Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Appendizitis, sie ist zugleich die häufigste Ursa che eines akuten Abdomens im Kindesalter. Die Alters verteilung zeigt, dass Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder nur sehr selten an einer Appendizitis er kranken, die Häufigkeit vom Kindergartenalter an stetig zunimmt und ihr Maximum in der Gruppe der Schul kinder erreicht, um danach wieder deutlich abzufallen ( > Tab. 5 . 1 ). Ätiologisch werden verschiedene Faktoren diskutiert, die die Entstehung einer Appendizitis auslösen oder för dern können ( > Tab. 5.2). Die Obstruktion des Appendixlumens durch Kotstein, Schleimhautödem etc. scheint eine sehr häufige Ursache zu sein, ebenso wie eine Infektion durch Bakterien, ViTab.
5.1
Altersvertei lung. Häufigkeit ( %)
Alter (Jahre)
4-6 6-1 0
34
1 0- 1 4
13
1 4- 1 6
12
Tab. 5 . 2 U rsachen und begünstigende Faktoren i n der Entstehung der Appendizitis.
I
Obstruktive Ursachen
• • •
Infektion
• •
•
Anatomische Besonderheiten
•
• •
Fremdkörper Neoplasie Aller gisch- i m muno logische Beso nderh eiten
•
Kotstein Schwellung/Ödem der Submukosa Lumeneineng u ng am Appendixostium Bakteriell (hämatogen/enterogen) Viral (Noro-, Rota-, Adenovirus) Parasitär (Oxyu ren) Fehla nlage der Appendix Fehlerhafter Wandaufbau Durchblutungsbesonderheiten der Mukosa Inkorporierte Fremdkörper (Nadel, Schrot etc.) Karzinoid der Appendix
ren oder Parasiten. Welchen Anteil eine falsche Ernäh rung - als begünstigender Faktor - einnimmt, kann nicht sicher beurteilt werden. Es ist jedoch bekannt, dass sog. "Naturvölker", vor allem Schwarzafrikaner, nur au ßerordentlich selten an einer Appendizitis erkranken, solange sie in ihrer Heimat leben und sich nach traditio nellen Gewohnheiten faserreich ernähren. Zu den selte neren Ursachen dürften eine anatomische Fehlanlage der Appendix, Fremdkörper im Appendixlumen oder allergisch-immunologische Faktoren gehören. Ein Kar zinoid der Appendix zählt ebenfalls zu den selteneren Ursachen einer Entzündung. Ein Sekretstau führt zu einer Druckerhöhung im Lu men und konsekutiv zu einer Durchblutungsstörung der Schleimhaut. Über die so geschädigte Schleimhautbarri ere können Bakterien zu einer wanddurchsetzenden Entzündung führen (sog. enterogener Weg). Nach dem histopathologischen Befund werden ver schiedene Formen bzw. Stadien einer Appendizitis un terschieden ( > Tab. 5.3). Tab. 5.3 Stadien/histologische Formen einer Appendizitis. Katarrhai ische, subakute Appendizitis
Serosarötung, Hyperämie, meist kein Exsudat
Akute Appendizitis
Appendix und Mesoappendix ödematös wandverdickt, starke Hyperämie, Exsudat klar oder bereits trüb, beginnende Fibrin beläge an der Serosaoberfläche
Phlegmonöse Appendizitis
Wie bei der akuten Appendizi tis, jedoch deutlich ausgeprägter
'
Mikrothromben und hämorrha gische Darmwandnekrosen, flä chenhafte grün-graue oder schwärzl iche Areale, meist mas siv purulentes Exsudat und Fib rinbeläge auch der angrenzen den Darmabschnitte. Irreversib les Stadium ( > Abb. 5. 1 ) Offensichtliche Wandruptur, oft mals mit Kotaustritt und massi ver Umgebungsreaktion. Die angrenzenden Strukturen (Darm, Netz) decken z. T. den Prozess ab (gedeckte Perforati on), sodass meist nur eine loka le Peritonitis vorliegt. Liegt eine freie Perforation vor, ist oft eine d iffuse Peritonitis die Folge (> Abb. 5 .2)
117
118
5 Abdomen Kind
Tab. 5 .4 Häufigste Symptome der Appendizitis.
Schmerz in der Nabelgegend
Oftmals z u Beginn der E r k ranku ng
Spontanschmerz rechter Unterbauch
Eher von älteren Kindern angegeben
Palpationsschmerz rechter Unterbauch
A l le
Appetitlosigkeit, Ü belkeit
Erbrechen
I
und Meist a ls Folge von Schmerz
==
A llg e m e ine
Abb. 5.1 Ulzerophlegmonöse Appendizitis - intraoperativer Befund.
Al t ers gru ppe n
Krankheitszei chen Schlechter AZ, F i eber (oft Kleinkinder)
peritonealen Reiz, immer tiefer in Richtung rechter Un terbauch bzw. dorthin, wo die Appendix liegt, und überlagert den Schmerz in der Nabelgegend. Meist fol gen dem Schmerz Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbre chen. Ein Krankheitsbeginn mit Erbrechen wird eher bei einer Gastroenteritis beobachtet. Durchfall kann sehr oft im Rahmen einer Appendizitis auftreten und führt nicht selten zu einer verzögerten Diagnosestel lung. Eine Enteritis kann einer Appendizitis aber auch Tage vorausgehen. MER K E
Die Koi nz ide nz ei ner A p pend i zit is mit einer Enteritis ist gerade im Kleinkindesalter häufig !
Abb. 5.2 Perfo rie rte Appendix - OP-Präparat.
5.1 .2 Sym ptome > Tabelle 5.4 listet die häufigsten Symptome a uf, die ei ne Appendizitis begleiten können. Auftreten und Zusam mentreffen der Symptome können jedoch altersabhängig sehr stark variieren und die Diagnose erschweren. MER K E
Führendes Symptom der Appendiz iti s ist der Bauchschmerz. Jedes Kind mit Bauchschmerzen - sofern noch nicht append ektomiert - ist daher bis zum Beweis des Gegenteils verdäch tig, an Ap p end iziti s erkra n kt zu se i n !
Unabhängig von der anatomischen Lage der Appendix wird der Schmerz häufig zunächst periumbilikal ange geben. Das hängt mit der Schmerzleitung von der Ap pendix über afferente sympathische Fasern und das Ganglion coeliacum zum thorakalen Segment X des Rü ckenmarks mit Ausstrahlung in das Dennatom X in der Nabelgegend zusammen. Im weiteren Verlauf "wan dert" der Schmerz, bedingt durch den zunehmenden
Ein zuverlässiger Hinweis gerade i m Frühstadium ist die Appetitlosigkeit. Bei Kindern mit ungestörtem Appetit und Hungergefühl liegt selten eine Appendizitis vor. Bei weiteren Begleiterkrankungen oder anatomi schen Lagevariationen der Appendix können die Sym ptome jedoch stark von der "Norm" abweichen. So kann eine retrozökale Lage der Appendix zu Flanken schmerzen oder Schmerzen im rechten Oberbauch führen. Liegt die entzündete Appendix über dem Ure ter, kann der Schmerz nach iliakal ausstrahlen. Eine tief in das Becken reichende Appendixspitze mit Kon takt zur Blase kann hier zu einer lokalen Entzündung der Blasenwand führen, womit dann Dysurie, Pollakis urie oder weitere H arnwegssymptome führend sein können. Kommt es zur Abszessbildung im kleinen Be cken, so können neben der Dysurie auch Durchfall oder ein ständiger Stuhldrang die eigentliche Ursache verschleiern. MER K E
Der " Appendizitis-Schmerz" beg i n n t prakti sch i mmer peri u m bilikal und wandert dann dorthin, wo der Appendix liegt. Die Anamnese muss immer versuchen, diese " Sch merzwande run g zu erfragen. "
5 . 1 Appendi zitis
5 . 1 .3 D i a g n osti k
mationen, die mit anderen, weniger belastenden Unter suchungen - z.B. Sonographie - nicht zu erheben wä ren, selten zu erwarten. Besondere Probleme kann die Untersuchung eines Kleinkindes bereiten. Hier fehlen oft die verbale Mittei lung der Beschwerden und die Kooperation während der Untersuchung. Bei einem heftig abwehrenden und weinenden Kind ist die Beurteilung der Schmerzlokali sation oder einer punktuellen Abwehrspannung mitun ter unmöglich. Nur eine sehr geduldige, wiederholte Untersuchung - auch des schlafenden Kindes - gewähr leistet eine vernünftige Beurteilung. Die sehr schwierige Untersuchung und Beurteilung von Kleinkindern ist ei ne der Ursachen dafür, dass der Anteil an perforierten Appendizitiden in dieser Altersklasse deutlich höher liegt als bei älteren Kindern. Daneben spielen aber auch andere Faktoren wie eine relative Wandschwäche der Appendix eine Rolle.
K l i n ische U ntersuc h u ng D i e "Appendizitis" bleibt trotz der technischen Möglich keiten der Bildgebung eine klinische Diagnose. In den allermeisten Fällen kann sie nach einer eingehenden Anamnese und abdominaler Palpation gestellt werden. Die Anamneseerhebung hat einen hohen Stellenwert und sollte sich auf folgende Punkte konzentrieren: • Schmerzbeginn, Schmerzlokalisation? • Schmerzwanderung? • Appetitlosigkeit? Übelkeit? Erbrechen? • Durchfall? • Stuhlgewohnheiten, Obstipation? • Rezidivierende Schmerzen? • Weitere abdominale Erkrankungen? Die eigentliche Untersuchung beginnt zunächst mit ei ner genauen Beobachtung des Kindes. Hinweisend für eine fortgeschrittene Appendizitis sind eine sog. "Schon haltung" mit leicht gebeugter Körperhaltung und ange zogene Beine im Liegen. Ein distendiertes Abdomen ist eher selten. Die Darmgeräusche sind zunächst normal; im Falle einer ausgeprägten Entzündung können sie als Ausdruck einer einsetzenden Paralyse vermindert sein. Bei einer diffusen Peritonitis fehlen sie vollständig. Vor Beginn der Palpation sollte das Kind - sofern es vom Alter her in der Lage ist - selbst auf die Stelle mit dem stärksten Schmerz zeigen. Sinnvollerweise beginnt man die Palpation dann auf der gegenüberliegenden Sei te des Abdomens und vermeidet initial eine tiefe Palpa tion. Warme Hände sind dabei selbstverständlich. Am zuverlässigsten ist das Zeichen einer "lokalen Abwehr spannung" - meist am sog. Mcßurney-Punkt, etwa auf halber Strecke zwischen Nabel und Spina iliaca anterior superior -, die räumlich sehr begrenzt, oftmals nur punktförmig zu tasten i t. H ierzu hat sich die Palpation mit nur einem Finger bewährt. Der weitverbreitete Test auf Loslassschmerz kann für das Kind sehr unangenehm sein. Viel hilfreicher ist ein leichtes Klopfen auf die Bauchdecke mit einem Finger, wodurch sich der Punkt mit dem stärksten Schmerz ebenfalls zuverlässig heraus finden lässt. Das sog. Rovsing-Zeichen - Schmerzzunah me in der Appendixgegend bei retrogradem Ausstrei chen des Kolons - ist eher bei einer fortgeschrittenen Appendizitis anz utreffe n . Die rektal-digitale Untersu chung ist mit Sicherheit der kritischste Punkt der Unter suchung; in den meisten Fällen ist sie verzichtbar. Selten weist sie bei weitgehend unauffäll iger Abdominalunter suchung auf eine tief im kleinen Becken gelegene Ap pendix hin. Der tastbare Douglas-Abszess sollte auch andere klinische Zeichen hervorrufen. Somit sind lnfor-
La borbefu nde Die wichtigsten Laborparameter, die bei Verdacht auf eine Appendizitis erhoben werden sollen, sind in > Ta belle 5.5 zusammengestellt. Je nach Differenzialdiagnose kann die Bestimmung weiterer Parameter h ilfreich sein. Typisch - aber keinesfalls obligatorisch - für eine aku te Appendizitis sind eine leichte bis mäßige Leukozytose und eine unterschiedlich ausgeprägte CrP-Erhöhung. Ei ne fortgeschrittene Entzündung oder gar freie Perforati on wird in der Regel eine ausgeprägte Erhöhung der "Entzündungsparameter" zur Folge haben, während eine gedeckte Perforation das nicht zwingend nach sich zie hen muss. Eine Salmonellose kann z.B. eine massive Leu kozytose und CrP-Erhöhung zeigen, oftmals eindrucks voller als eine perforierte Appendizitis. In der Differenzi aldiagnose kommt der Urinanalyse eine wichtige Rolle zu. Eine H arnwegsinfektion oder gar eine Pyelonephritis Tab.
5.5
Laboruntersuchungen bei V. a. Appendizitis.
Rotes und weißes Blutbild, Differen zialblutbild
Leukozytenzahl ? Linksverschiebung ?
Deutliche Erhöh u ng bei phlegmonöser oder fortgeschrittener Appendizitis Urinstatus
I
Positiver Befund bei Appendixlage in unmittelbarer Nachbarschaft oder in Kontakt zur Blase oder zum Harnleiter
Stuhluntersuchung Oxyuren?
Adeno-, Rota-, Norovi rus? Salmonellen ? Shigellen?
119
1 20
5
Abdomen Kind
können eine massive abdominale Symptomatik auslösen und einer fortgeschrittenen Appendizitis ähneln.
B i ld g eb u n g
I
Auch wenn die "Appendizitis" weitestgehend eine klini sche Diagnose ist, sollte heutzutage jedes Kind mit Ver dacht auf Appendizitis einer Sonographie des Abdo mens und der retroperitonealen O rgane unterzogen werden. Neben der direkten Darstellung der Appendix - die eine gute Untersuchungstechnik und einen erfah renen Untersucher verlangt - sollten vor allem weitere Erkrankungen und Begleitpathologien erfasst oder aus geschlossen werden. Insbesondere sollte bei Mädchen das kleine Becken mit Blick auf eine Ovarpathologie un tersucht werden. Das setzt eine Untersuchung mit gut gefüllter Harnblase voraus. Die Information zur genau en Lokalisation und auch Beschaffenheit der Appendix kann bei der Operationsplanung sehr hilfreich sein (evtl . retrozökale Lage, Dicke der Appendix, Umgebungsreak tion, abszessverdächtiges Exsudat etc.; > Abb. 5.3). Bis
vor wenigen Jahren herrschte die Meinung vor, eine nicht entzündete Appendix sei sonographisch nicht dar stellbar - eine Aussage, die angesichts der rasanten tech nischen Entwicklung und der hohen Auflösung moder ner Geräte bei zunehmender Erfahrung der Untersucher sicherlich revidiert werden muss. Weitere Bildgebungstechniken wie CT oder M RT sollten besonderen Fragestellungen oder der Abklä rung postoperativer Komplikationen vorbehalten blei ben. Für die Diagnose einer Appendizitis sind sie prak tisch immer entbehrlich. Die konventionelle Röntgen Übersichtsaufnahme ist völlig obsolet und sollte nicht mehr eingesetzt werden, wenn kein konkreter Ver dacht auf inkorporierte schattengebende Fremdkörper besteht, was jedoch außerordentlich selten ist ( > Abb. 5.4a, b).
Abb. 5.4
Abb. 5.3
Sonographiebefund bei Appendizitis: (a) Längsschnitt, (b) Querschn itt. Die Appendix hat einen Durchmesser von 1 , 38 cm.
(a) Röntgenaufnahme während des Versuchs, einen Fremdkörper (Nadel) im Zökum zu lokalisieren und zu entfernen. (b) Die Nadel lag in der Appendix und konnte endoskopisch nicht gefasst werden (OP-Präparat).
5.1
Appendizitis
5 . 1 .4 D iffe re n z i a l d i a g nose
5.1 .5 I n d i kation z u r Operation
Die häufigsten Differenzialdiagnosen der Appendizitis sind in >- Tabelle 5.6 zusammengestellt. Neben den in >- Tabelle 5.6 aufgelisteten Erkrankun gen können in seltenen Fällen auch eine Sichelzellkrise, eine Cholezystitis, ein Netzinfarkt oder ingestierte Fremdkörper eine Appendizitis-ähnliche Symptomatik auslösen. Letztendlich wird man niemals eine l 00%ige Treffsicherheit in der klinischen Diagnose der Appendi zitis erreichen. Es wird eine gewisse Anzahl (ca. 10%) an Fehldiagnosen und damit "unnötigen" Appendektomi en verbleiben. Es gilt jedoch, diese Zahl so gering wie möglich zu halten.
Ist die Diagnose einer akuten Appendizitis gestellt, be steht praktisch immer die Operationsindikation. Lässt die Erstuntersuchung die Appendizitis nicht sicher diag nostizieren oder handelt es sich um erschwerte Untersu chungsbedingungen, z. B. bei Säuglingen und Kleinkin dern, sind kurzfristige Wiederholungsuntersuchungen am besten durch den Erstuntersucher - unerlässlich. H ierzu kann das Kind ambulant wieder vorgestellt, häu fig aber besser stationär aufgenommen werden. Unbe dingt zu berücksichtigen sind die atypischen Krankheits verläufe gerade in der Gruppe der ohnehin schwer zu untersuchenden Kleinkinder. In unklaren Situationen ist die Operationsindikation, wenn eine Appendizitis nicht ausgeschlossen werden kann, eher großzügig zu stellen, um die Komplikationen, die eine verzögerte I ndikations stellung nach sich zieht, möglichst zu vermeiden. Aus der Erfahrung kennt man jedoch Patienten, die trotz mehrfacher Arztkontakte schließlich mit einer schon Tage zurückliegenden perforierten Appendix ver spätet operiert werden. I n diesen Fällen lassen sich re trospektiv meist ein atypischer Krankheitsverlauf und/ oder eine atypische Appendixlage eruieren.
Tab. 5.6 D ifferenzialdiagnosen der Appendizitis. Gastroenteritis
Sehr häufig. Hinweisend ist ein Beginn des Erbrechens vor oder zusammen mit den Bauchschmerzen Meist ältere Kinder, anamnes tisch relativ schwer zu erfassen. Kann neben Bauchschmerzen auch mit Fieber und Leukozytose einhergehen. Cave: Erneute Un tersuchung nach Abfüh ren obli gatorisch ! Stark positiver Urinbefund, Dys urie, Flankenschmerz. Aber auch bei Appendixlokalisation in der Nähe von Harnblase und U reter. Eine obstruktive U ropathie lässt sich sonegraphisch ausschließen
Lymphadenitis mesen terialis
Meist im Anschl uss an virale In fektionen der Luftwege oder Gastroenteritis
Meckei-Divertikulitis ohne B lutung
Praktisch nicht von einer Appen dizitis zu unterscheiden
Adnexitis, torquierte Ovarialzyste
Schmerz meist tiefer Unter bauch, Sonographie!
Pneumonie
Basale Pneumonie rechts mit Schmerzlokalisation im Ober- bis Mittelbauch. Öfters bei Kleinkin dern
Primäre Peritonitis
Sehr selten, oftmals intraoperati ve Diagnose
Invagination
Koli kartiger Schmerz, typisches Alter, zunächst negative Laborbefunde, später blutige Stühle
Entzündliche Darmer Stuh Iu nregelmäßigkeiten/blutige krankungen {M. Crohn, Stühle in der Anamnese, rezidi vierende diffuse Bauchschmer Colitis ulcerosa) zen, Allgemeinsymptome
M E R K E
Die Appendizitis i m Kleinkindesalter ist zwar selten, jedoch schwieriger zu diagnostizieren u nd verläuft oftmals atypisch, sodass die Perforationsrate in dieser Altersgruppe am höchs ten ist.
5.1 .6 Th e ra pie Die Therapie besteht in der rechtzeitigen Entfernung des Wurmfortsatzes (Appendektomie), ggf. Peritoneallava ge bei perforierter Appendizitis, ggf. Abdominaldraina ge und ggf. antibiotischer Therapie. Die präoperative Vorbereitung ist im Falle einer un komplizierten Appendizitis nicht aufwändig und besteht in der Anlage einer i.v. Infusion, Kontrolle der Laborpa rameter, Sonographie des Abdomens und Abführen. Bei perforierter Appendizitis, u.U. mit Peritonitis und schwe rem Krankl1eitsbild, sind ein Ausgleich des Elektrolyt und Säure-Basen-Haushalts sowie die Einleitung der an tibiotischen Therapie zusätzlich erforderlich. Die Appendektomie erfolgt stets in Allgemeinnarko se. Der Patient wird auf dem Rücken gelagert. Ob eine Magenablaufsonde und ein Blasenkatheter gelegt wer den, hängt von der Schwere der Erkrankung ab. Eine "normale" Appendektomie erfordert beides nicht.
1 21
I
1 22
5 Abdomen Kind
An Operationsverfahren stehen die "minimal-invasi ve" Iaparoskopische Appendektomie sowie die "konven tionelle" offene Appendektomie zur Verfügung. Bei der offenen Appendektomie erfolgt die Laparo tomie im rechten Unterbauch. Die Hautinzision wird nach Möglichkeit im Verlauf der Hautspaltlinien gelegt. Der weitere Zugang erfolgt dann entweder im Sinne des Wechselschnitts unter Auseinanderdrängen der einzel nen Muskelschichten oder am Rande der Rektusscheide im Sinne des pararektalen Zugangs. Letzterer hat den Vorteil, dass eine Schnitterweiterung z.B. im Falle einer retrozökalen oder subhepatischen Appendixlage prob lemlos möglich ist, ohne den Hautschnitt in gleichem Maße erweitern zu müssen. Der Zökalpol und die Ap pendix werden vor die Bauchdecke verlagert, die Appen dix schrittweise bis zur Basis skelettiert und nach Basis ligatur abgetragen. Der Stumpf wird in der Regel unter einer doppelten, sog. Tabaksbeutelnaht versenkt, d.h. peritonealisiert. Bei einer fortgeschrittenen Entzündung ist selbstverständlich ein Abstrich für die bakteriologi sche Untersuchung und Resistenztestung zu entneh men. Anschließend erfolgt die Revision des terminalen Dünndarms auf das Vorhandensein eines Meckel-Di vertikels, das ggf. ebenfalls reseziert wird. Liegt aber eine ausgedehnte Entzündung z.B. bei einer perforierten oder ausgeprägt ulzerophlegmonösen Appendizitis vor, verzichtet man auf die Resektion des Divertikels. Je nach B efund (z.B. Peritonealabszess, perforierte Appendizitis mit Kotaustritt etc.) wird nach Reposition des Darms ei ne Lavage mit körperwarmer NaCI-Lösung ohne weitere Zusätze durchgeführt und ggf. eine Drainage gelegt. Ent scheidend bei der Spülung ist die Menge der Spültlüssig keit, denn es geht hier ausschließlich um die mechani sche Keimreduktion, die direkt proportional zur Menge der Spülflüssigkeit ist. Ein mitunter abweichendes Vor gehen erfordert eine derart ausgeprägte Abszedierung im Unterbauch, dass eine Präparation und sichere Ver sorgung nicht möglich erscheint. In diesen - sehr selte nen Fällen kann zunächst eine alleinige Drainage des Abszesses erfolgen. Die Appendektomie selbst wird dann nach Ausheilen der Entzündung einige Wochen später durchgeführt. Für den Iaparoskopischen Zugang gibt es ebenfalls mehrere Varianten, je nach Präferenz des Operateurs bis hin zur Ein-Trokar-Methode. Das etablierteste dieser Verfahren setzt drei Inzisionen: in der unteren Nabelfal te für den 5-mm-Opüktrokar sowie im rechten und lin ken Unterbauch je eine weitere Inzision für die I nstru mententrokare, ebenfalls 5 mm. Für die Bergung einer phlegmonösen und stark verdickten Appendix kann auch einmal ein 10-mm-Trokar (intraoperativer Wechsel) erforderlich sein ( > Abb. 5.5). Intraabdominal
wird zunächst das kleine Becken (Adnexe) inspiziert, anschließend das terminale Ileum (Meckel-Divertikel?) revidiert und danach die Appendix aufgesucht und schrittweise das Mesenteriolum nach bipolarer Koagula tion durchtrennt, bis die Appendixbasis freiliegt Zum Zökum hin wird eine doppelte Ligatur (z.B. mit Räder Schlingen) gelegt, nach peripher hin eine weitere und dazwischen wird die Appendix abgesetzt. Der Stumpf wird mit Betaisodona-Lösung desinfiziert und das OP Gebiet anschließend reichlich mit N aCI gesp ül t. Die Spülflüssigkeit kann unter Sicht nahezu quantitativ ab gesaugt werden. Eine Drainage kann je nach Befund ein gelegt und durch eine der Unterbauch-Trokarinzisionen ausgeleitet werden. Die Appendix selbst wird vollstän dig in den Trokar im rechten Unterbauch hineingezogen und mit diesem zusammen, ohne an die Wundränder zu kommen, aus dem Abdomen entfernt. Der Einsatz der einen oder anderen Methode hängt von der persönlichen Erfahrung und Präferenz ab. Ein deutige Kriterien für den Einsatz eines bestimmten Ver fahrens gibt es nicht. Gewisse Vorteile bietet das Iaparo skopische Vorgehen bei adipösen Kindern, bei vermute ter Ovarpathologie oder bei vermuteter Fehllage (z.B. retrozökal) der Appendix. Auch bei der Appendicitis perforata scheinen die gezielte Abszesseröffnung, Spü lung und ggf. Drainage unter optimaler laparoskopi scher Sicht von Vorteil zu sein, solange ein entzündli cher Konglomerattumor nicht die Übersicht beeinträch tigt oder unmöglich macht. Schlanke Kinder werden kaum medizinisch messbar von der Laparoskopie profi tieren, da die Genesung bei beiden Verfahren etwa gleich viel Zeit beansprucht und der Nahrungsaufbau gleich ist. Auch bezüglich des postoperativen Schmerz m ittelbedarfs findet sich kein wesentlicher Unterschied,
-
Abb.
5.5
Lapa rosko p ischer Situs bei a kuter Append izitis.
5.1
der bei der Wahl der Methode ausschlaggebend sein könnte. Einen gewissen Vorteil bietet die Laparoskopie bezüglich der Narbenbildung, die in der Regel unauff:H Iiger ist als nach konventionellem Vorgehen. Demge genüber steht eine leicht erhöhte Rate an postoperativen intraabdominellen Infektionen vor allem der Stumpfre gion, die zwar selten zur Nachoperation zwingen, aber häufiger eine antibiotische Behandlung erfordern. Ursa che dafür ist am ehesten der freiliegende Appendix stumpf, der im Gegensatz zum konventionellen Vorge hen - zumindest im deutschsprachigen Raum - nicht peritonealisiert wird. Dem kann man durch eine routi nemäßige und großzügige Lavage des Stumpfes und des gesamten Unterbauchs begegnen. Eindeutige Daten zur perioperativen Antibiotikapro phylaxe fehlen. Bei der Laparoskopie neigen einige Ope raleure zur grundsätzlichen Einmalgabe eines Breit spektrum-Cephalosporins, um der etwas erhöhten Ge fahr der Keimverschleppung durch den nicht versenkten Appendixstumpf entgegenzuwirken. Eine antibiotische Behandlung wird man im Falle einer stark entzündeten, phlegmonösen oder perforierten Appendix einleiten. Ei ne akute Appendizitis ohne Peritonealabszess und ohne ausgeprägte Reaktion der Zökalregion erfordert kein Antibiotikum. An Antibiotika kommen in der Regel Ce phalosporine sowie Metronidazol - meist in Kombinati on als Zweifachtherapie - zum Einsatz. Die Dauer der Behandlung beträgt je nach Befund 3-5 (7) Tage.
5.1 .7 Postope rative Therapi e Im Vordergrund der Therapie stehen eine adäquate Schmerzmedikation und die Antibiose, falls diese auf grund des Befundes erforderlich ist. An Analgetika rei chen meist Substanzen aus der WH0-1 -Gruppe (z.B. Diclofenac, lbuprofen, Metamizol, Paracetamol); eher selten sind solche der WH O - l l - (z.B. Tramadol, Codein) oder gar WH0-111-Gruppe (Morphin, Piritramid, Fenta nyl) erforderlich. Die Infusionstherapie zur Flüssigkeits substitution wird in der Regel bis zum ersten/zweiten postoperativen Tag for tges e t zt und i n dem Maße redu ziert, wie d i e orale F l üss igke i ts - und N ahru ngsaufnahme aufgebaut werden k a n n . Der N ahrungsaufbau erfolgt stufenweise über Tee/Zwieback/Suppe/leichte Kost. i n aller Regel sind d i e Kinde r bis zum dritten/vierten post operativen Tag v o l ls tä n di g
aufgebaut. Die Entlassung in häusliche P flege erfolgt, wenn der Nahrungsaufbau ab geschlossen , die Wunde reizlos und die Kinder vollstän dig mobil isiert sind, in der Regel am postoperativen Tag 3-5 . Lag eine phlegmonöse oder perfo rierte A ppen dizitis vor, so sollten vor der Ent lassung auch die Ent -
Appendizitis
zündungsparameter zumindest eine deutlich rückläufi ge Tendenz bzw. eine Normalisierung zeigen. Eine So nographie kann einen Flüssigkeitsverhalt im rechten Unterbauch oder im Douglas-Raum anzeigen, der dann engmaschiger Kontrolle bedarf. Ein protrahierterer Ver lauf ist nach perforierter Appendizitis mit diffuser Peri tonitis zu erwarten. Hier kann der postoperative Verlauf durchaus von stärkeren Schmerzen, einem paralyti schen Ileus und, damit verbunden, einem verzögerten Nahrungsaufbau geprägt sein - Faktoren, die eine we sentlich längere Rekonvaleszenzzeit beanspruchen. Auch ist in diesen Fällen eher mit einer postoperativen Komplikation zu rechnen, z.B. intraabdominale Infekti on, Abszessbildung, Wundheilungsstörung, die u.U. ei ne Nachoperation erfordern.
5.1 .8 Ko m p l i ka t i o n e n Die Gesamtkomplikationsrate gemittelt über alle For men der Appendizitis und über beide Operationsverfah ren liegt bei ca. 4-5%. Ein direkter Vergleich der ein schlägigen Publikationen bezüglich der Komplikations raten ist aufgrund der unterschiedlichen Regimes (Anti biose, Drainage etc.) sehr schwierig. Ein einheitliches und allgemeingültiges Konzept fehlt, weshalb eine Viel zahl an Empfehlungen existiert. Die häufigsten Komplikationen sind in > Tabelle 5 .7 zusammengefasst. Einer postoperativen Infektion - als H auptkomplikation gerade bei einer ulzerophlegmonö sen oder perforierten Appendizitis - beugt man wohl am sichersten durch die konsequente und resistenzgerechte antibiotische Therapie vor. Auch eine ausgiebige Spü lung des U nterbauchs in Kombination mit einer Draina ge hilft, die I nfektionsrate zu senken ( > Tab. 5.8). Tab. 5. 7 Hä ufig ste Kompl ikationen nach Appendektomie. 1111 1::: 1\ liUII/ 1-\U).t:t:: � )UI I ·
dung Zökalregion o. Douglas
Häufiger bei laparoskopischer OP
Infektion/Abszessbil dung Bauchdecke/ Wundheilungsstörung
Häufiger bei konventioneller Laparotomie
Stumpfinsuffizienz
Sehr selten, meist bei basisnaher Perforation der Appendix
Postoperativer paralytischer Ileus
Bei ausgedehnter intraabdomina ler Abszedierung/Peritonitis
Bridenileus (auch Jahre später ! )
Häufiger nach Perforation/ Peritonitis
Sterilität
Nach Perforation/Abszed ierung durch Verklebung/Obstruktion des Eileiters
1 23
l 1 24
5 Abdomen Kind
Tab. 5.8 Der Vergleich zweier Patientenkollektive zeigt eine wesentlich niedrigere Infektions- und Bri de n ra t e, wenn das Abdomen drainiert wurde (aus [43]. Seite 424). Diagnose
Ohne Drainage
Akute/phleg monöse Appendizitis
650
6 ( 1 5%)
Perforierte Appendizitis
55
9,6 (35%)
M it Drainage
Abszess Bauch
-- Abszess Bauch � 0, 9
2450
0.2 (2%)
0, 3
3,5
1 23
1 ,3 (4%)
0,6
kutane Redon- Drainage eingelegt werden. Die Haut solJte locker mit Einzelknopfnähten versc hl ossen werden. I m Falle einer subkutanen Abszessbildung können einzelne Fäden dann leicht gelöst und der Abszess drainiert wer den, ohne gleich die gesamte Wunde eröffnen zu müssen. Als weitere relevante Komplikation nach Appendek tomie ist der Ileus zu nennen. Während eine passagere und eher mäßige Darmparalyse von 1 -2 Tagen Dauer nach jeder Appendektomie auftritt und zum Regelfall ge h ört kann sie nach einer perforierten Appendizitis mit Peritonealabszess und ent sprechend aufwändiger Operation auch mehrere (4-5) Tage betragen. Wichtig ist, in dieser Phase für eine ausgeglichene Flüssigkeits und Elektrolytbilanz sowie für eine adäquate Darmde kompression (Magenablaufsonde, Darmrohr) zu sor gen. Zu berüc ksicht igen ist ferner, dass opioidhalt ige Analgetika die Darmmotilität ebenfalls herabsetzen und die Symptomatik weiter verstärken. Eine früh zeitige allerdings streng an der Schmerzintensität ausgerichtete - Reduktion der Opioide ist daher anzustreben. ,
Abb. 5.6 Postoperative Abszedierung nach perfor i e rte r Appendizi tis. Die Pfeile zeigen die Eiterstraßen um das Zökum herum. Die Laparoskopie m it Spü l u ng und Drainage u nte r fortgesetzter Antibio tikatherapie führte zur raschen Abheilung.
Ergibt sich im postoperativen Verlauf der Hinweis auf eine intraabdominale Abszedierung mit entsprechender Einschränkung des Allgemeinzustands, anhaltendem Fie ber, ansteigenden Laborparametern und lokaler oder dif fuser Abwehrspannung, kann oft zunächst konservativ antibiotisch behandelt werden. Kommt es klinisch und sonographisch nicht in wenigen Tagen zu einer deutli chen Besserung, ist eine Intervention erforderl ich . Hier hat sich die Revision des Abdomens in der Iap aroskopi schen Technik bewährt. In den ersten postoperativen Ta gen liegt in der Regel noch keine feste Verklebung der Darmschlingen vor und man kommt relativ atraumatisch an den Ort der Entzündung (meist in Zökalregion, Dou glas oder parakolisch). H ier können dann unter guter Sicht der Abszess abgesaugt und die Abszesshöhle nach ausgiebiger Spülung exakt drainiert werden ( > Abb. 5.6). Im Einzelfall wird diagnostisch ein CT erfo rderlich sein, die Drainage kann alternativ dann CT-gesteuert eingelegt werden . Die transrektale Drainage des Douglas-Raums ist selten indiziert. Ein Bauchdeckenabszess kann im Verlauf vor allem nach einer perforierten oder phlegmonösen Ap pendizitis auftreten. Er ist nach einer konventionellen Ap p endek tomie etwas hä u fi ger als nach lapa roskopischem Vorgehen. Bei entsprechendem OP-Befund sollte daher besonders auf eine sorgfal t ige Spülung der Wunde und eine genaue Bl u tstillun g der Subkutis geachtet werden (subkutanes Hämatom!). Gegebenenfalls sollte eine sub-
M E R K E
Alle Komplikationen der Appendizitis/Appendektomie stehen in direktem Zusammenhang mit dem Grad der E ntz ü n d u ng zum OP -Ze it pu nkt. E i n e rechtzeit ig e I ndi ka t ion s st ell u ng und Operation der akuten Appendizitis ist daher der wichtigste Fa kto r in der Ver m ei d u n g von Ko mplikation en Die Gefahren ei ner verzögerten/verspäteten Appendektomie liegen deutlich höher als d ie Gefahren, d ie von ei ner vermeintlich nicht i ndi zierten Append ektomie ausgehen. Das entbindet jedoch n icht von der Pflicht einer sorgfältigen und alle Differenzialdiagno sen berücksichtigenden lndikationsstellung. .
5.2 M eckei-D ivert i kel
E s handelt sich u m eine unterschi ed l i c h große A u ss tül pung am Ileum als Folge einer Rückbildungsstörung des Ductus omphaloen tericus. Das M eckei-Divertikel zu sammen mit weiteren Rückbi l d u ngsstörungen des Duc
tus omphaloentericus bil d e t die häufigste a n geborene F eh lbi ld u n g des D ünnd arm s . johann Friedrich Meckel
5.2 Meckei-Divertikel
5.2.1 Hä u f ig keit, Ät i o l og ie, Pat h o l o g i e
ten zum Mesoileum hin. Die Blutversorgung erfolgt über das Ileum, gelegentlich besitzt das Divertikel aber ein ei genes Mesenterium, das dann senkrecht zum Mesoileum verläuft. Größe und Form des Divertikels sind großen Variationen unterworfen ( >- Abb. 5.7 und >- Abb. 5.8).
Die lnzidenz wird mit 1 -2% angegeben, der Großteil der Divertikelträger bleibt ein Leben lang asymptomatisch, und die Diagnose wird meist im Rahmen einer Laparo tomie aus anderen Gründen oder einer Autopsie gestellt. Geschätzte 4- 1 0% der Divertikelträger erleiden im Lau fe ihres Lebens divertikelbedingte Komplikationen und müssen deswegen laparotomiert werden. Die Zahlen zur I nzidenz und Morbidität variieren sehr stark, sodass die Feststellung des amerikanischen Chirurgen Mayo aus dem Jahr 1 933, wonach "ein Meckel'sches Divertikel häufig vermutet, oft danach gesucht und nur selten ge funden wird", auch heute noch Gültigkeit hat. Das Divertikel ist 20-60 cm proximal der I leozö kalklappe lokalisiert und sitzt mehr oder weniger breitbasig meist der antimesenterialen Seite des fleums auf, sel-
Abb. 5.8 Meckei-Divertikel.
hat im Jahr 1 808 als erster die embryonale Abstammung des Divertikels vom D. omphaloentericus erkannt.
Abb. 5.7 Versch iedene E rscheinungsformen des Meckei-Divertikels (nach Bettex et a l . 1 982).
1 25
I
1 26
5
I I
Abdomen Kind
H istologisch beinhaltet das Meckel-Divertikel in ca. 30-40% der Fälle ektopes Gewebe, meist Magenschleim haut, nur selten Pankreas- oder Kolongewebe, was dann häufig zu Komplikationen wie Blutung und Perforation führen kann ( :> Abb. 5.9).
5.2.2 Sym pto m e I n den meisten Fällen ist das Meckel-Divertikel eine symptomfreie bzw. symptomarme kongenitale Fehlbil dung (s. oben) . Ob ein Divertikel - auch ohne pathologi sche Veränderungen der Schleimhaut - zu rezidivieren den Bauchschmerzen führen kann, z.B. durch Blähun gen des Divertikels oder durch einen "Sekretstau" bei passagerer Verlegung des Divertikelhals es, bleibt un klar. Symptomatisch wird ein Meckel-Divertikel in den meisten Fällen durch seine Komplikationen, von denen die häufigsten in :> Tabelle 5.9 zusammengefasst sind. Die Angaben zu den H äufigkeiten variieren ebenfalls sehr stark. Liegt im Divertikel ektope Magenschleimhaut vor ( :> Abb. 5.9), so kann es relativ früh - oft schon im Kleinkindesalter - zu peptischen Ulzera im Divertikel, der angrenzenden Ileumschleimhaut oder auf der ge genüberliegenden Seite des Divertikels und in der Folge zu Blutungskomplikationen kommen. Diese können in termittierend, aber auch profus und lang anhaltend (über Tage) sein und mit einem erheblichen Blutverlust
Abb. 5.9 Histologie eines per Magenschleimhaut.
Tab.
einhergehen. Typischerweise erkranken die Kinder aus voller Gesundheit und entleeren massig Teerstühle, ge legentlich auch mit Frischblutbeimengung. Weitere ab dominale Symptome fehlen meist. Findet die Blutung n ur i ntermittierend und in geringer Menge statt, dann wird man zunächst an eine entzündliche Darmerkran kung, Rektumpolypen oder Analfissuren denken. Kommt es zu einer Divertikulitis oder Perforation, dann ähneln die Symptome stark einer Appendizitis und/oder Unterbauchperitonitis; die Kinder werden unter dieser Diagnose operiert ( :> Abb. 5. 10). Die wahre Ursache findet sich dann intraoperativ. Bleibt der obliterierte Ductus omphaloentericus zwischen Divertikelkuppe und Bauchwand als Strang erhalten, so können Strangu lationen des Darms mit den klinischen Zeichen eines Bridenileus resultieren. Ein Divertikel kann aber auch Ausgangspunkt einer ileokolischen Invagination sein, deren Symptome dann das weitere diagnostisch-thera peutische Procedere bestimmen.
5.2.3 D i a g nosti k Da ein Meckel-Divertikel in den meisten Fällen asympto matisch bleibt und die Beschwerden - falls vorhanden eher uncharakteristisch sind, richtet sich die Diagnostik zunächst einmal auf die stufenweise Abklärung der füh renden Symptome. Stehen die Bauchschmerzen im Vor dergrund, so wird zunächst versucht, eine Appendizitis auszuschließen. Die Laborparameter sind üblicherweise unautfallig, die Sonographie kann dann allenfalls eine un autfallige Appendix darstellen. N ur selten gelingt die so nographische Darstellung eines Divertikels ( :> Abb. 5. 1 1 ). Falls Teerstühle entleert werden, so muss zunächst eine obere gastrointestinale Blutung im Rahmen einer
Meckei-Divertikels mit Nachweis ekto
5.9 Kompli kationen des Meckei-Divertikels.
Komplikation
Häufigkeit (%)
Darmblutung
20-50
I leus
1 0-30
I nva g i n a t i o n
1 0-20
Diverti kulitis
8-30
Perforation
4-20
Abb. 5. 1 0 Meckei-Divertikel (Darmresektat + Appendix): stattge habte Perforation und Blutung. Das B l u tkoagel und die Ruptur sind deutlich erkennbar.
1
5.2
Ösophago-Gastro-Duodenoskopie ausgeschlossen wer den. Ist dem Stuhl auch frischeres Blut beigemengt, folgt üblicherweise die weitere Abklärung mittels Prokto-, Rekto- bzw. Koloskopie, um Rektum- oder Kolonpoly pen, Analfissuren oder eine entzündliche Darmerkran kung auszuschließen. Die bildgebenden Untersuchungs verfahren wie Ultraschall oder Kontrasteinlauf/Magen Darm-Passage sind meist nicht in der Lage, ein Meckel Divertikel nachzuweisen. Die 99"'Tc-Szintigraphie kann ein Divertikel mit ektoper Magenschleimhaut mit einer Zuverlässigkeit im Bereich von 60-70% nachweisen, ist aber gerade im Kleinkindesalter nicht ganz einfach durch führbar. Im Falle einer zum Untersuchungszeitpunkt an haltenden stärkeren Blutung kann die 99"'Tc-Erythrozy ten-Szintigraphie diagnostisch hilfreich sein. Bleibt ein klinisch vermutetes Meckei-Divertikel mit den genannten Methoden unerkannt, so kann die Lapa roskopie zur weiteren Abklärung eingesetzt werden ( :> Tab. 5 . 1 0). Wird dabei die Diagnose gestellt, kann die Therapie unmittelbar in gleicher Narkose erfolgen.
Meckei-Divertikel
5.2.4 D iffere n z i a l d i a g nosen
Eine Vielzahl a n abdominellen Erkrankungen im Kin desalter können Symptome verursachen, die auch bei einem Meckei -Divertikel vorliegen können. Eine Zu sammenstellung zeigt :> Tabelle S. l l .
5.2.5 O perat i o ns i n d i kation Wird ein Meckei-Divertikel symptomatisch, besteht im mer die Operationsindikation. Bei einem Zufallsbefund besteht stets dann eine Indikation zur Entfernung des Divertikels, wenn es der Allgemeinzustand des Patien ten und der intraoperative Befund erlauben. Es gilt da bei der Grundsatz, dass die zusätzliche Entfernung des Divertikels das Operationsrisiko nicht weiter erhöhen darf. Vor allem wenn es sich z.B. um eine perforierte Ap pendizitis mit Unterbauchperitonitis handelt und zufäl lig auch ein Meckel-Divertikel gefunden wird, sollte die gleichzeitige Divertikelabtragung wegen des deutlich er höhten Risikos von Anastomosenkomplikationen unter bleiben.
5.2.6 Thera p i e
Sie besteht i n der Abtragung des Divertikels, ggf. unter Resektion des divertikeltragenden Ileumsegments. H andelt es sich um ein sehr schmalbasiges Diverti kel, so kann es ähnlich der Appendixabtragung ligiert und abgetragen werden. Der Stumpf wird analog zur Tab.
Abb. 5.1 1 Sonographische Darstellung eines Meckel-Divertikels. Tab. 5 . 1 0 Diagnostischer Stufenplan beim Meckei D ivertikel.
Eher lokalisierter Sch merz, typi scherweise .,Schmerzwanderung" vom Nabel zum rechten Unterbauch
Obstipation ...
Rasche Besserung nach Abführen
I
I
., e •
I
•
H ämatemesis, Oberbauchschmerzen
Weitere Kran kheitszeichen, Gewichtsverlust, Laborbefunde, chronischer Verlauf der Beschwerden
Erythrozyten-Szintigraphie
Invagination
Laparoskopie (diagnostisch wie therapeutisch)
Akuter Beginn, kolikartiger Schmerz
Ileus
Oft abdominale Voroperationen
Abklärung oberer GI-Trakt (Gastroskopie)
5. 1 -4 negativ, V.a. Meckei-Diverti kel
Appendizitis
M. Crohn/Colitis ulce· rosa
2. Meläna
4. 1 -3 negativ, V.a. Mec kei -D ivertikel
Differenzialdiagnose des Meckei-Divertikels.
Es wird praktisch nur frisches Blut entleert; Blut dem Stuhl n u r aufgelagert. in der Regel schmerzfrei
Appendizitis-Diagnostik
3. Meläna + frischeres Blut
5.1 1
Rektum-/Kolonpolyp
1. Rezidivierende Bauch schmerze n
Abklärung unterer GI-Trakt (Kolo-/Rekto-/Proktoskopie) 99mTC-Szintigraphie, 99mTc
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I
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5 Abdomen Kind
Appendektomie peritonealisiert. Bei breitbasigen Di vertikeln kann auch eine keilförmige Längsexzision mit semizirkulärer Ileumanastomose in Querrichtung oder gar eine Segmentresektion des divertikeltragenden Ile umsegments mit End-zu-End-Anastomose erfolgen. Die tangentiale Abtragung breitbasiger und sympto matischer Divertikel kann Probleme bereiten, da eine große Zahl dieser Divertikel ektope Magenschleimhaut oder Pankreasgewebe enthalten, die basisnah lokali siert sein können und möglicherweise bei der tangenti alen Resektion nicht vollständig mitreseziert würden. Bei zuf
Abb. 5.12). Das Ausmaß der Operation wird letzt endlich von der jeweils vorliegenden anatomischen Va riante des Divertikels ( > Abb. 5.7) bestimmt. Grund sätzlich ist die Operation konventionell offen oder auch laparoskopisch möglich. In der Mehrzahl der Fälle wird derzeit noch "offen" oder "laparoskopisch assistiert" vorgegangen: Dabei erfolgt der Zugang im rechten Un terbauch, und die divertikeltragende Ileumschlinge wird vor die Bauchdecke verlagert. W urde die Operati on laparoskopisch begonnen (z.B. unter dem Verdacht einer Appendizitis oder mit diagnostischem Ziel bei der "Meckel-Suche"), so kann das Divertikel mit dem Endo-G I A abgetragen oder die Konversion zum offe nen Verfahren angeschlossen werden, i ndem an der anatomisch-topographisch günstigsten Stelle eine "Mi nilaparotomie" angelegt und so die betroffene Ileum schlinge vor die Bauchdecke verlagert wird. Auch die Divertikelresektion transumbilikal (Exposition der di vertikeltragenden Schlinge über den umbilikalen Ka meratrokar-Zugang) wird von einigen Chirurgen pro pagiert.
Operationsbegleitend ist die perioperative antibioti sche "Single-shot"-Prophylaxe oder eine prophylakti sche Kurzzeittherapie von 1 -3 Tagen Dauer üblich.
5.2.7 Postoperative Th e ra pie
Sie wird bestimmt durch die Schwere der Erkrankung und den präoperativen Zustand des Patienten. Hat eine stärkere Blutung stattgefunden, so muss der Volumen verlust adäquat, ggf. auch durch Transfusion, ersetzt werden. Bei einer Perforation und/oder Peritonitis steht die resistenzgerechte antibiotische Therapie neben der adäquaten Infusionstherapie im Vordergrund. Nach ei ner u. U. ausgedehnteren Ileumsegmentresektion und Anastomose ist mit einer postoperativen Darmatonie von 1 -2 Tagen zu rechnen. Eine Magenablaufsonde ist in diesen Fällen trotzdem nur in Einzelfallen indiziert. Wurden schmalbasige Divertikel lediglich abgetragen und der Stumpf peritonealisiert, unterscheidet sich das postoperative Behandlungsregime nicht von dem nach Appendektomie. Der Nahrungsaufbau wird begonnen, sobald die Peristaltik ausreichend eingesetzt hat, meist nach 24-48 Stunden. Die Kinder können in der Regel nach 3-5( -7) Tagen aus stationärer Behandlung entlas sen werden.
5 .2.8 Ko m p l i kationen
Mögliche Komplikationen sind > Tabelle 5. 1 2 z u ent nehmen. Einige der genannten Komplikationen sind durch ei ne sorgfältige Indikationsstellung und Operationstech nik vermeidbar. Das Risiko eines postoperativen Adhä sions- oder Bridenileus kann jedoch nicht beeinflusst werden. Tab. 5.1 2 Komplikationen nach Operation eines Meckei Divertikels. Infektion, Anastomo Sehr selten, erhöhte Gefahr bei Di vertikelresektion im entzündeten seninsuffizienz Gebiet (Cave: perfo ri erte Appendi zit i s + Zufallsbefund Meckel) Anastomosenstenose Durch Infektion oder inad äquate Anastomosentechnik
Abb. 5 . 1 2 Meckei-Divertikel: Zufallsbefund im Rahmen e i ne r Ap pendektomie. Tangentiale Resektion mittels Stapler.
Peptische Komplika Falls Divertikel knapp reseziert und tionen im Anastomo ektope Magenschleimhaut im an grenzenden Ileum verblieben ist sengebiet Unvermeidbar, Risiko wie nach al len Laparotomien
5.3 I nvagination
M E R K E
Bei der Darminvagination handelt e s sich u m eine Ein stülpung eines Darmabschnitts in einen aboral liegen den Darmabschnitt Durch die Peristaltik wird dieser dann weiter analwärts vorgetrieben. Durch die mitunter lebensbedrohlichen Komplikationen bei verspäterer Di agnosestellung hat das Krankheitsbild in der Pädiatrie und Kinderchirurgie große Bedeutung.
senterium mit hineingezogen wird und die Gefäße an der Invaginatspforte abgeschnürt werden. Durch die zu nächst venöse Stauung kommt es zur ödematösen Schwellung des Invaginats mit nachfolgender Stauungs blutung, Transsudation, Nekrose und Perforation meist an der Spitze des lnvaginats. Bei Unterbrechung der arteriellen Versorgung drohen Nekrosen und Perfo rationen. Besteht die Invagination lange Zeit, so kann die zusätzliche Verklebung der invaginierten Darmab schnitte eine spontane oder manuelle Reposition un möglich machen. Je nach Lokalisation der Invagination und der invaginierten Darmabschnitte gibt es verschie dene Formen, die häufigsten zeigt > Abbildung 5. 1 3. In der Mehrzahl (ca. 80%) finden sich ileokolische und ileozökale Invaginationen, die anderen Formen sind eher selten. Die kolokolische Invagination ist au ßerordentlich selten. Betroffen von einer idiopathischen Invagination sind in den meisten Fällen ältere Säuglinge und Kleinkinder mit einem Häufigkeitsgipfel im 9. bis 1 0. Lebensmonat Invaginationen älterer Kinder sind sehr viel häufiger durch externe Widerlager erklärt.
5.3.1 H ä ufig keit, Ätio log ie, Path o l o g i e
5.3.2 Sym ptome
Die Inzidenz der Invagination wird im Allgemeinen mit 0,66-2,24 Erkrankungen pro 1 000 Krankenhausvorstel lungen angegeben_ Die Häufigkeit zeigt eine nicht weiter erklärbare regionale Schwankung mit einem europä ischen "Nord-Süd-Gefalle". So liegt die Inzidenz in Dä nemark bis zu 8-mal höher als in der Schweiz, aber auch innerhalb eines Landes kann es erhebliche regionale U n terschiede geben. In den meisten Fällen (90%) bleibt die Ätiologie un klar. Ileoileale Invaginationen, die sich innerhalb von M inuten spontan lösen, um sich dann erneut zu bilden, beobachtet man häufig während einer Laparotomie. Er wiesen ist die Tatsache, dass Polypen, ein Meckel-Diver tikel, Darmwandverdickungen verschiedener Ursache, Lymphknoten im Mesenterium des Dünndarms u.a. tu moröse Veränderungen des Darms zu einer Invaginati on führen können. Der Darm versucht, durch gesteiger te Peristaltik das Hindernis zu überwinden, wobei es leicht zur Einstülpung kommen kann. Nur etwa 3-5% der Invaginationen können so erklärt werden. Weitere Ursachen wie abgelaufene Virusinfektionen (Adenovi rus) , Enteritiden mit passager verstärkter Peristaltik u.a. werden als mögliche Ursachen diskutiert, sind aber bis lang nicht bewiesen. Die wesentliche Pathologie der Invagination besteht darin, dass durch die Einstülpung des Darms das Me-
Charakteristisch ist eine akute Erkrankung aus voller Gesundheit heraus mit kolikartigen Schmerzen, Erbre chen, später blutigen Stühlen und regelrechtem "Ver fall" der Kinder ( > Tab. 5 . 1 3) . Diese an sich typischen Symptome können weniger eindrucksvoll erscheinen, wenn die Kinder im Rahmen einer anderweitigen Er krankung bereits Bauchschmerzen oder Durchfall ha ben. Die Koliken beeinträchtigen die Kinder im weiteren Krankheitsverlauf immer stärker, und bald kommen sie
1 . Der Großteil der Meckei-Divertikel wird zufällig - meist bei einer Appendektomie - entdeckt und dann mitent fernt 2. Die symptomatischen Divertikel (Blutung, Perforation, Pe ritonitis) enthalten ü berwiegend ektopes Gewebe, meist Magenschleimhaut. 3. Die gezielte Suche nach einem Meckei-Divertikel verläuft oft frustran, und in manchen Fällen kann bei begründe tem Verdacht nur die Laparoskopie als am wenigsten be lastendes Verfahren weiterhelfen.
5 . 3 I n vag i n ation
l nvaginatio
l nvaginatio
ileo-ilealis
ileo-colica
l nvaginatio ileo-caecalis
Invaginationen
M ultiple
5 . 1 3 Verschiedene Formen der Invagination (nach Willital und Lehmann 2000).
Abb.
1 29
I
130
5 Abdomen Kind
Tab. 5 . 1 3 Häufigste Symptome der Invagination. Kolikartige Bauchschmerzen N icht durch die Obstruktion, durch die Schmerzen ausgelöst
Tastbarer Tumor i n der Flanke oder im rechten Oberbauch Abb. 5.1 4 Sonographischer Befund bei Invagination.
in einen bedrohlichen Zustand mit Blässe, angstvoll ver zerrtem Gesicht, Schweißausbruch und letztlich Apa thie. Die in > Tabelle 5 . 1 3 aufgelisteten Symptome sind zwar typisch, aber nicht immer vorhanden und auch nicht immer alle gleichzeitig anzutreffen. Eine Koinzi denz aller 4 Kardinalsymptome ist in nicht einmal 50% der Patienten zu erwarten, zumal die blutigen Stühle ein Spätsymptom sind und die meisten Kinder bereits vor her dem Arzt vorgestellt werden. Weitere Spätsympto me sind die Perforation und die damit verbundene Peri tonitis, die sich allmählich ausbildet. Zu den Allgemein symptomen gehören ein schmerzbedingt erhöhter Blut druck und eine Tachykardie. Fieber tritt meist mit Absetzen von blutigen Stühlen auf.
bzw. ein schießscheibenähnliches Gebilde darstellen, das den ineinandergeschobenen Darmabschnitten ent spricht. So kann auch die Lokalisation und damit das Ausmaß der Invagination genau dargestellt werden. Weitere bildgebende Diagnostik - in der Regel eine Ab domen-Übersichtsaufnahme im Stehen oder in Links seitenlage - ist nur dann notwendig, wenn klinisch eine Perforation mit Luftaustritt oder ein fortgeschrittener Darmverschluss vermutet werden. Der vor wenigen Jah ren noch routinemäßig durchgeführte Kolon-Kon trasteinlauf ist zugunsten der alleinigen Sonographie weitgehend verlassen worden. Aufwändigere Untersu chungsverfahren - CT oder NMR - sind nur äußerst sel ten nötig.
5.3.3 D i a g nost i k
5.3.4 D iffere n z i a l d i a g nose
Für die Frühdiagnose entscheidend ist die genaue Anamnese, die den ersten H inweis geben kann: plötzli cher Beginn aus voller Gesundheit, kolikartige starke Bauchschmerzen und Erbrechen. Die Palpation zeigt in der Frühphase ein noch weiches Abdomen; peritoniti sehe Zeichen fehlen. Der Invaginattumor kann im Schmerzintervall ggf. als "Walze" in der rechten Flanke oder im rechten Oberbauch getastet werden, sofern das Kind nicht schreit und die Bauchdecke anspannt oder das I nvaginat sich nach subhepatisch vorgeschoben und so der Palpation entzogen hat. Typische Ileuszeichen auch radiologisch - fehlen noch. Das Erbrechen ist Aus druck des peritonealen Reizes, der durch Zug am Me senterium des Invaginats und durch die Kompression des invaginierten Darms ausgelöst wird. Besteht einmal klinisch der Verdacht auf eine Invagi nation, so ist unverzüglich - ggf. nach Kreislaufstabili sierung - eine sonographische Untersuchung durchzu führen, welche die Diagnose sichert ( > Abb. 5. 14). Ty pischerweise lässt sich im Querschnitt eine Kokarde
I m Zeitalter der hochauflösenden Sonographie kann die Diagnose einer Invagination sehr schnell und sehr zu verlässig gestellt werden. Das klinische B ild mit Erbre chen und blutigen Stühlen kann im Säuglings- und Kleinkindesalter an eine Toxikose, Enteritis ( Rotavi rus! ) oder infektiöse Enterokolitis denken lassen. Auch die Purpura Schoenlein-Henoch kann mit massiven ko likartigen Bauchschmerzen einhergehen. Betroffen hiervon sind aber meist Kinder jenseits des 5. Lebens jahres.
5.3.5 Thera p i e Hier hat sich i n den vergangenen Jahren ein entschei dender Wandel vollzogen. Während noch vor wenigen Jahren der Kolon-Kontrasteinlauf zur hydrostatischen Reposition Routine war, wird heutzutage die Repositi on unter Ultraschallkontrolle durchgeführt. Als Mittel zur Druckerzeugung kann dabei Luft wie auch Flüssig-
5.3 I nvagination
keit gleichermaßen verwendet werden. Drücke von ca. 60 mmHg für 30-40 Sekunden für Luft bzw. 90- 1 00 cmH20 für Flüssigkeit sind in der Regel ausreichend, um das Invaginat zu reponieren. Die Erfolgsraten für beide Methoden liegen bei 60-90%, und die pneumati sche Reposition scheint zumindest bei einigen Untersu chern etwas bessere Ergebnisse als die hydrostatische zu liefern. Die Erfolgsrate ist dabei umgekehrt proporti onal zur Dauer der I nvagination. Die Hauptgefahr die ser Repositionsmanöver ist die Darmperforation, die in bis zu 4% der Fälle beobachtet wird. Kontraindiziert ist daher die pneumatische oder hydrostatische Reposition bei Zeichen einer Peritonitis oder drohenden Perforati on, bei langer Anamnese (> 24-48 h), im fortgeschritte nen Ileuszustand und bei schlechtem Allgemeinzustand der Patienten. Blutige Stühle alleine sind dagegen keine absolute Kontraindikation. Wegen der relativ hohen Rate an Rezidivinvaginationen sind die Kinder nach er folgter Reposition mindestens 24-48 Stunden unter stationären Bedingungen zu beobachten. Tritt eine er neute I nvagination auf, so kann durchaus ein weiterer konservativer Repositionsversuch unternommen wer den, sofern keine der genannten Kontraindikationen vorliegen. Ab dem zweiten Rezidiv sowie in allen Fällen der erfolglosen Reposition ist die Operationsindikation zu stellen. Als operativer Zugang bietet sich ein Pararektal schnitt im rechten Unter-/Mittelhauch mit der Möglich keit der bedarfsweisen Schnitterweiterung nach proxi mal wie nach distal oder eine quere Unterbauchlaparo tomie an. Das wesentliche Element der Operation ist die manuelle Reposition des Invaginats. Dabei wird das In vaginat durch Druck von aboral nach oral aus dem Ko lon "massiert" ( > Abb. 5 . 1 5). W ich t ig ist hierbei ein behutsames Vorgehen, weil man sonst einen Einriss der ohnehin geschädigten Darmwand riskiert. Unbedingt zu vermeiden ist eine forcierte Reposition durch Zug am Invaginat. Einrisse der Serosa sowie ggf. des D ünndarm mesenteriums wären sonst die sichere Folge. Gelingt die manuelle Reposition des Invaginats nicht, so wird in der Regel der gesamte Invaginattumor en bloc reseziert. Hierzu werden die betroffenen Darmabschnitte - meist terminales Ileum und Zökum, ggf. Colon ascendens entsprechend freipräpariert und im Gesunden reseziert. Eine primäre Anastomose ist praktisch immer möglich, da eine ausgedehnte Peritonitis selten vorliegt. Nach gelungener manueller Reposition sind als wei tere chirurgische Maßnahmen ggf. eine Appendektomie und eine I leo-Aszendopexie durchzuführen: erstere, weil die Appendix meist in den l nvaginations p rozess einbezogen war, und letztere, weil dadurch das Risiko einer erneuten I nvagination gesenkt werden kann. Lie-
Abb.
5 . 1 5 Vorgehen bei manueller Reposition einer Invagination.
gen weitere patho logische Befunde vor (z.B. Meckei-Di vertikel, Dünndarmpolyp usw.), so werden diese selbst verständlich mitversorgt Je nach intraoperativem Be fund werden antibiotische Behandlung, Abdominald rainage, Blasenkatheter und Magenablaufsonde eingesetzt. Die Lösung einer I nvagination ist auch mini mal-invasiv über die Laparoskop i e möglich. Kritischer Punkt ist die Tatsache, dass das lnvaginat dann nicht retrograd herausmassiert werden kann, sondern sich nur durch vorsichtigen Zug am invaginierten Darman teil reponieren lässt. Bei rezidivierenden Invaginat io nen bietet sich die elektive lleo-Aszendopexie über die Laparoskopie an.
5.3.6 Postope rative Thera p i e J e nach Ausmaß der Laparotomie (allein ige manuelle Desvagination , zusätzlich Appendektomie, Meckel - Re sektion etc.) und der ggf. erfolgten Darmresektion er folgt d i e postoperative Behandlung nach den allgemein gültigen Therapierichtlinien. Eine antibiotische Be handlung erfolgt, falls eine Peritonitis vorlag, bis zur Normalisierung der Laborparameter, sonst im Sinne der "Single shot"- oder Kurzzeitprophylaxe für 1 -3 Ta ge. Die Magenablaufsonde verbleibt nur, solange ein deutlicher Rückfluss besteht {bis die Peristaltik einge setzt hat und der orale Nahrungsaufbau begonnen wer den kann). Das ist in der Regel nach 24-48 Stunden der Fall, ausgenommen bei schweren Verläufen mit diffu ser Peritonitis.
1 31
I
1 32
5 Abdomen Kind
5.3.7 Kom p l i kationen
D i e schwersten Komplikationen m i t Darmperforation, Peritonitis und Notwendigkeit einer ausgedehnteren Darmresektion resultieren aus einer verspäteten Vor stellung der Kinder m it langer Invaginationsanamnese und im Falle einer verschleppten Diagnose. Beides ist heutzutage erfreulicherweise nur selten der Fall. Das Risiko einer iatrogenen Darmperforation liegt bei Beachtung der Kontraindikationen einer pneumati sehen oder hydrostatischen Reposition und bei korrek ter Durchführung im Bereich von 1 -4%. Ist eine Laparotomie erforderlich, so ergeben sich die Komplikationen aus den durchgeführten operativen Maßnahmen. Dazu gehören - wie bei anderen Darmre sektionen auch - eine Anastomoseninsuffizienz oder -stenose, ein postoperativer Adhäsions- oder Briden ileus oder eine Wundheilungsstörung. Insofern gibt es keine für die operative Therapie der I nvagination typi schen postoperativen Komplikationen. ME R KE
1 . Die Frühdiagnose der I nvagination bestimmt entscheidend das Ausmaß des weiteren Therapieaufwands. 2 . Bereits beim ersten Verdacht einer Invagination sollte in der Diagnostik die Sonographie eingesetzt werden. 3 . Unter Berücksichtigung ein iger Ausschlusskriterien sol lte nach Möglichkeit immer die konservative Reposition pneumatisch oder hydrostat isch - u nter Ultraschallkon trolle versucht werden. Auf die rad i ol ogische Kontrolle sollte aus strahlenhygienischen Gründen weitgehend ver zichtet werden.
Die häufigste Ursache (ca. 70%) ist mechanisch: Die Darmpassage wird durch ein konkretes externes oder in ternes Hindernis beeinträchtigt, indem sie verlangsamt oder ganz gestoppt wird. Es kommt zur Darmokklusion oder zur Strangulation. Die prästenotische Dilatation führt zum Vagusreiz und zur gesteigerten Peristaltik; nach Erschöpfung kommt es zur weiteren Dilatation und ggf. zum Schock und/oder zur Durchwanderungsperito nitis. Neben den angeborenen Gründen wie Darmatre sien und -stenosen, Duplikaturen, Malrotation und Vol volus zählen die postoperativ auftretenden "Verwach sungen" (Adhäsionen, Briden) zu den typischen Auslö sern eines mechanischen Ileus. Daneben kommen Anastomosenstenosen, entzündliche Einengungen (M. Crohn, NEC), die Invagination, eine eingeklemmte Leis tenhernie oder selten ein Nahrungsmittelileus oder ex terne Obstruktionen (externer Tumor, intramurales Lymphom) vor. Der paralytische Ileus findet sich in ca. 20% der Fälle als Folge einer toxischen Lähmung der Peristaltik. Er kommt im unmittelbar postoperativen Verlauf nach ei ner ausgedehnteren Bauchoperation vor, im Rahmen einer Infektion (z.B. NEC), Peritonitis, Sepsis oder durch eine Stoffwechselstörung (Hypokaliämie) bzw. medika mentös induziert (Cortison, Zytostatika, Morphin, Atro pin etc.). Daneben kann eine Darmparalyse auch reflek torisch, z.B. nach einem stumpfen Bauchtrauma oder bei einem Nierenstein, ausgelöst werden. Auch extraabdominelle Erkrankungen können zu ei nem paralytischen lleus führen, so z.B. eine basale Pneu monie oder eine Myokarditis, eine Meningitis oder ein Schädel-H irn-Trauma. Diese Ursachen stehen mit einer Häufigkeit von unter 1 0% jedoch eher im Hintergrund.
5.4 I l e u s 5.4.2 Sym ptome
Der Begriff Ileus steht für das gemeinsame Symptom Darmverschluss, das durch eine Reihe unterschiedlicher Ursachen ausgelöst werden kann. Angeborene Fehlbil dungen (z.B. Darmatresie) führen ebenso zur Darmpas sagestörung wie erworbene Erkrankungen (z.B. Perito nitis). Viele Aspekte des Ileus sind bereits an anderen Stellen dieses Kapitels angesprochen worden und sollen hier nur noch einmal grundlegend zusammengefasst werden.
5.4. 1 U rsachen
Grundsätzlich unterscheidet man den mechanischen (obstruktiven) vom paralytischen (reflexiven) I leus.
Der Beginn kann akut oder schleichend, gelegentlich chronisch und/oder rezidivierend sein. So können z.B. Briden, die nur unter bestimmten Bedingungen ( Darm füllung, Luftfüllung des Darms etc. ) zu einer Obstrukti on führen, passagere Passagestörungen mit nachfolgen der spontaner Besserung auslösen. Regelmäßig vorhanden ist ein geblähtes Abdomen ( > Abb. 5. 1 6). Je tiefer beim obstruktiven Ileus das Hindernis im Darm liegt, desto ausgeprägter ist auch die Distension. Bei einem sehr hoch liegenden Ileus (z.B. Duodenum oder p roxi m a ler Dünndarm) kann die Dis tension nur sehr diskret ausgeprägt sein oder sogar feh len. Ein paralytischer Ileus ist durch eine Distension al ler Darmabschnitte gekennzeichnet, in deren Folge das Abdomen meist sehr stark gebl äht i st .
5 .4 Ileus
1 33
5 .4.3 D i ag n osti k
Abb.
5.1 6 Kleinkind mit massiv distendiertem Abdomen.
Fehlende oder sehr schwache Darmgeräusche charak terisieren den paralytischen Ileus. Im Falle eines mecha nischen Hindernisses können die Darmgeräusche an fangs eher verstärkt erscheinen, über den einzelnen Quadranten des Abdomens unterschiedlich auskultiert werden und oft eine eigene Charakteristik aufweisen. Hier spricht man von Stenoseperistaltik, Wider standsperistaltik, von hochgestellten oder klingenden bzw. metallischen Darmgeräuschen. Diese akustischen Phänomene erklären sich einerseits durch die gesteiger te Aktivität zur Überwindung des Hindernisses und an dererseits durch die Dilatation der Darmschlingen, die viel Luft und daneben Flüssigkeit enthalten. Schmerzen kennzeichnen vor allem den akut auftre tenden oder langsam progredienten mechanischen Ile us. Ursächlich ist die Hyperperistaltik mit Reaktionen auf die Ischämie verbunden. Charakteristischerweise sind die Schmerzen kolikartig. Der paralytische Ileus sofern er nicht durch eine Peritonitis ausgelöst wurde ist lange schmerzlos, bevor die Dilatation über die Deh nung des Peritoneums viszerale Schmerzeffekte hervor ruft oder eine Durchwanderungsperitonitis auftritt. Das gallige Erbrechen ist ein führendes Symptom al ler I leusformen. Es handelt sich dabei um ein "Überlau fen" des Magens, der sich nicht mehr antegrad entleeren kann und zusätzlich retrograd über das Duodenum ständig gefüllt wird. Exsikkose und Azidose können aus gelöst werden. Fehlende Stuhlentleerung kann beim Dickdarmileus als typisch betrachtet werden. Beim Dünndarmileus kann es dagegen (je höher desto häufi ger) durch Stuhl und Sekret im distal der Obstruktion gelegenen Bereich zu Stuhlentleerungen kommen, die den Ileus nicht ausschließen. Blut im Stuhl wird bei der N EC und der Invagination beobachtet.
Die Anamnese liefert bereits die wichtigsten Hinweise auf die mögliche Ursache. Abdominelle Voroperationen müssen ebenso erfragt werden wie der Beginn der Sym ptomatik, Schmerzen, Schmerzcharakter, Erbrechen, Stuhlverhalten etc. Inspektion und Palpation des Abdomens zeigen die Distension bei meist weichem, nicht abwehrgespanntem Abdomen! Eine Abwehrspannung tritt erst auf, wenn eine primäre oder eine Durchwanderungsperitonitis vorliegt. Ein lokalisierter Druckschmerz kann vorhan den sein, ist jedoch sehr unspezifisch und diagnostisch nur selten verwertbar ( >- Abb. 5. 1 6). Große Bedeutung kommt der sorgfaltigen Auskultati on der Darmgeräusche zu. Viel Geduld ist dabei aufzu bringen, gerade wenn die Geräusche vermindert sind. A uch kann es etliche Minuten dauern, bis ein Kleinkind sich an die Untersuchungssituation gewöhnt und sich beruhigt hat. Zu beurteilen sind hier die Lokalisation und der Charakter der Darmgeräusche. Bei einem eher schleichenden Verlauf ist die engmaschige Verlaufskon trolle - a m besten durch denselben Untersucher - von großer Bedeutung. M E R K E Der I l eus ohne
Peritonitis verursacht keine ,.Abweh rspan
nung " . Die Bauchdecken bleiben de sh a l b trotz g e legen tlich sehr starker
Dist en sio n stets weich !
An technischen Untersuchungen sind die Sonographie und die Röntgenaufnahme des Abdomens am bedeu tendsten. Die Dilatation der Darmschlingen, die Peristaltik (evtl. eine sog. Pendelperistaltik), Flüssigkeit innerhalb und außerhalb der Darmschlingen und die Beurteilung der Darmwanddicke sind am besten sonographisch zu beurteilen. Die Ultraschalluntersuchung sollte daher stets der Röntgenaufnahme vorausgehen. Die klassische Abdomen-Übersichtsaufnahme im Stehen zeigt die Spiegelbildung in den dilatierten Darm schlingen ( > Abb. 5. 1 7). Im Falle einer freien Perforation findet sich darüber hinaus eine subphrenische Luftansammlung. Eine sog. sentinel loop - eine isolierte dilatierte Darmschlinge kann gelegentlich bei perforierter Appendizitis mit loka ler Peritonitis und beginnendem Ileus beobachtet wer den. Bei Patienten, die nicht stehen können (schlechter AZ, Säuglinge, Neu-/Frühgeborene etc.), kann die Auf nahme in Rückenlage a.p. und in Linksseitenlage mit horizontalem Strahlengang durchgeführt werden ( > Abb. 5. 1 8a, b). Bei der Paralyse können die Spiegel
I
1 34
5
Abdomen Kind
auch fehlen und man sieht nur diffus erheblich dilatierte Schlingen. Hier kann eine antegrade Kontrastmittelgabe (über die anschließend für 30 min abgeklemmte Magen sonde appliziert) manchmal in einer Spätaufnahme die langsame, aber freie Passage zeigen und ggf. noch thera peutisch (Iaxativ) wirken. Die Labordiagnostik umfasst neben Blutbild, D iffe renzialblutbild und CrP vor allem den Elektrolytstatus, die Blutgasanalyse und die Blutzuckerbestimmung. Sie dient ausschließlich der Beurteilung einer evtl. Entglei sung (Elektrolythaushalt, Stoffwechsel). Hinweise auf Ursache und Art des Ileus sind nicht zu erwarten. Ganz allgemein gilt für alle Ileuserkrankungen, dass die Diagnostik zügig erfolgen muss. Kann die Unter scheidung mechanisch vs. paralytisch n icht zweifelsfrei
I
Abb. 5 . 1 7
Abdomen- Ü bersichtsaufnahme im Stehen mit isolierter Spiegelbildung im Mittelbauchbereich.
getroffen werden, was in der Praxis gelegentlich der Fall ist, muss man sich für die Laparotomie entscheiden. Lässt die klinische Symptomatik ein abwartendes Ver halten zu, so ist der Verlauf engmaschig zu kontrollie ren. Nur im Falle einer deutlichen Besserung unter kon servativer Therapie ist das weitere Abwarten vertretbar. Um einen namhaften Pionier der deutschen Kinderchir urgie zu zitieren: " Über einem (obstruktiven) Ileus darf die Sonne nicht auf- und nicht untergehen " (W. Ch. Hecker).
5.4.4 Thera p i e
Zur sofort einzuleitenden Akuttherapie gehört das Le gen einer großlumigen nasagastrischen Sonde zur De kompression des M agens und zur Verhinderung des weiteren Erbrechens mit der Gefahr der Aspiration, ein venöser Zugang zur Flüssigkeits- und Elektrolytsubsti tution sowie ein rektaler Einlauf/Darmrohr zur Dekom pression des unteren Darmtrakts. Die bereits erwähnte zügige Diagnostik hat sich daran anzuschließen. Handelt es sich um einen paralytischen Ileus, so muss die weitere Diagnostik die Ursache aufdecken (Stoff wechsel? basale Pneumonie? etc.), damit die Therapie dann kausal und gezielt fortgeführt werden kann. Hier öffnet sich ein weites Feld an möglichen Ursachen-/The rapie-Kombinationen, auf die in den entsprechenden Kapiteln eingegangen wird. Die medikamentöse Stimu lation der Darmperistaltik durch Prostigmin kann im Einzelfall und nach sicherem Ausschluss einer Obstruk tion (z.B. bei verlängerter, rein postoperativer Atonie) indiziert sein. Der mechanische Ileus, sei er durch eine isolierte Bri de oder eine ausgedehnte flächenhafte Verwachsung des Darms ausgelöst, erfordert in aller Regel die Operation. Die Indikation ist dabei zum frühestmöglichen Zeit punkt, d.h. sofort nach Diagnosestellung und evtl. Stabi-
Abb.
5 . 1 8 Abdomen-übersichtsaufnahme im Liegen (a) und in Links-Seitenlage (b).
5 . 5 Gastroösophagealer Reflux (G Ö R)
lisierung des Patienten, gegeben. Eine verschleppte Indi kation kann bei einem Bridenileus mit Darmischämie z.B. fatale Folgen haben und u.U. zum Verlust größerer Darmabschnitte führen. Wenn auch grundsätzlich Iaparoskopische und kon ventionelle Techniken zur Verfügung stehen, wird man in der Praxis meist das offene Vorgehen, also die klassi sche Laparotomie, wählen. Ein Hauptgrund dafür ist einerseits die oft massive Darmdilatation, die zur ein geschränkten Übersicht bei der Laparoskopie führt, andererseits aber auch eine mögliche Unwegsamkeit im Falle einer vermuteten oder tatsächlich vorliegen den flächenhaften Darmverwachsung nach ausgedehn ter Bauchoperation. Eine primäre Laparoskopie würde daher nur selten (z.B. bei Invagination) das Problem umfassend lösen können und meist zum Umsteigen zwingen . Die Ziele der Operation sind zum einen die Beseiti gung der Obstruktion und zum anderen die Dekompres sion ( Ausstreichen) des gesamten Darms magenwärts (retrograd) oder analwärts (antegrad). Dieses Manöver ist für die schnelle postoperative Erholung des Darms und das frühere Einsetzen einer normalen Peristaltik entscheidend. Bei der Präparation ist mit großer Vorsicht vorzuge hen, um eine zusätzliche Schädigung des Darms z.B. durch großflächige Serosadefekte zu vermeiden. Jeder Serosadefekt wird erneut zum Ausgangspunkt einer Verwachsung! Ischämisch geschädigte Dannanteile, die keine Erho lungstendenz zeigen, müssen reseziert werden. Liegt ei ne diffuse Peritonitis vor (z.B. NEC oder Peritonitis nach freier Perforation), so wird in der Regel keine primäre Anastomose zur sofortigen Rekonstruktion der Darm kontinuität gewählt, sondern ein temporärer Anus prae ter als doppelläufiges Ileo-, Jejuno- oder Kalostoma an gelegt. Andernfalls kann die primäre Rekonstruktion (Anastomose) vorgenommen werden. Ein besonderes Problem stellt der chronisch-rezidi vierende Ileus dar, der nach ausgedehnten, meist in der Neonatalzeit erfolgten Operationen, z.B. bei Omphalo zele oder Laparoschisis, nach ausgedehnten Resektionen bei Dünndarmatresie oder aber auch nach schweren ab dominellen I nfektionen auftreten kann. Selten ist hier (zur Prophylaxe einer erneuten ungezielten Verwach sung) die Dünndarmschienung nach Sauer (intralumi nale Darmschienung von oral bis anal oder von Gastro stoma bis Enterostoma) oder eine Nobel-Plikatur ("ge ordnete" Fixation der Schlingen aneinander durch Näh te) indiziert. =
1 35
5.4.5 Postoperative Thera p i e I m Vordergrund steht eine adäquate, bilanzierte Elek trolyt- und Flüssigkeitssubstitution. In der frühen post operativen Phase können erhebliche Flüssigkeitsverluste auftreten, die zum einen durch die abgeleitete Magen sonde als direkter Verlust und zum anderen durch die Flüssigkeitsverschiebung in die Darmwände (Darm wandödem) und das Darmlumen zu erklären sind. Die Magensonde ist so lange abzuleiten, bis die Peristaltik einsetzt, um ein postoperatives Erbrechen zu verhin dern. Eine medikamentöse Anregung der Peristaltik ist selten indiziert. Wenn man dies tun möchte, muss man berücksichtigen, dass in den ersten Tagen der Sympathi kotonus überwiegt, der auch zuerst therapiert werden sollte, ehe man Parasympathomimetika einsetzt. Sehr hilfreich sind die direkte Anregung des Darms mittels rektaler Einläufe ab dem 2. bis 3. postoperativen Tag so wie die Auflage von feuchtwarmen Umschlägen. Bei ei ner länger anhaltenden Darmatonie ist auch eine ad äquate parenterale Ernährung zu berücksichtigen. Nach Einsetzen der Peristaltik ist der Nahrungsaufbau zwar vorsichtig, aber durchaus zügig vorzunehmen. Ziel ist es, die orale Nahrungsaufnahme frühzeitig zu erreichen.
5.5 G astroösop h a g e a l e r Refl ux
(G Ö R) Der Begriff steht zunächst für häufige Regurgitationen von Magensaft in den Ö sophagus. Einen Krankheitswert bekommt er erst bei Auftreten von Symptomen, die eine große Vielfalt zeigen können.
5.5.1 An atom i e, Phys i o l og ie u n d Pat hophys i o l o g i e Eine entscheidende Bedeutung im Refluxgeschehen kommt dem unteren Ösophagussphinkter als Teil eines "physiologischen Ventils" zu. Dieses "Ventil" besteht aus drei Teilen: 1 . dem Hiatus, einer Muskelschlinge als Teil des Zwerchfells 2. der normalerweise spitzwinkeligen Einmündung des Ö sophagus in den Magen, dem sog. His-W inkel und 3. der sog. "Hochdruckzone" des distalen Ösophagus, die zwar kein anatomisches Korrelat hat, manome trisch jedoch nachgewiesen werden kann. Der wich tigste Teil dieser "Hochdruckzone" ist der intraabdo-
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5 Abdomen Kind
minelle Ösophagus. Der hier aufgebaute Druck kann durch zahlreiche Substanzen beeinflusst werden: Narkotika und Psychopharmaka reduzieren den Druck, Koffein und Hz-Blocker erhöhen ihn. Eben falls drucksteigernd wirken Gastrin und Vasopressin. Dieses "physiologische Ventil" ist bei der Geburt noch nicht vollständig ausgebildet und unterliegt einem Rei fungsprozess. Ein GÖR ist daher bei j ungen Säuglingen normal. Ein gewisser Grad an G Ö R tritt auch i m späte ren Alter auf, ohne dass damit Krankheitssymptome as soziiert wären. Entscheidend ist hier sicherlich die pro pulsive Aktivität des Ösophagus, die dazu führt, dass die in den Ösophagus hochgetretene Magensäure innerhalb kurzer Zeit wieder in den Magen transportiert wird, noch bevor eine schleimhautschädigende Wirkung ein tritt (Ösophagus-Clearance). Ein Teil des pathologischen GÖR (gastroösophageale Refluxkrankheit, GERD) vor allem bei neurologisch auf falligen Kindern dürfte auf die fehlende/beeinträchtigte propulsive Aktivität des unteren Ö sophagus zurückzu führen sein. Eine erhebliche Störung des "physiologischen Ven tils" tritt auf, wenn eine Hiatushernie oder ein zu kurzer intraabdomineller Ösophagus vorliegen. Im Falle einer H iatushernie kann der Hiatus als Teil des Ventils seine Funktion nicht entfalten und zusätzlich ist auch der His Winkel aufgehoben. Bei angeborenen Fehlbildungen des Ösophagus, vor allem bei der Ösophagusatresie und dem kongenitalen Zwerchfelldefekt, erklärt die verän derte anatomische Situation - gestörte H iatusfunktion und ein verkürzter Ösophagus - das häufige Auftreten der Refluxkrankheit
5.5.2 U rsac h e n d es G Ö R
Nachdem im Kindesalter nur relativ selten eine Hiatus hernie als Ursache des GÖR nachgewiesen werden kann, konzentrieren sich die Überlegungen vor allem auf eine gestörte Magenentleerung. Diese kann in der Mehrzahl der neurologisch kranken Kinder als Ursache ausgemacht werden und ist Teil einer möglicherweise generalisierten Motilitätsstörung des Magen-Darm-Trakts. Diese dürfte nach manchen Autoren bei einem Drittel bis zur Hälfte der Kinder mit symptomatischem GÖR die Ursache sein. Eine weitere wichtige Ursache liegt im Vorhanden sein einer Gastrostomie, die gerade bei Kindern mit Schluck- und Ernährungsproblemen häufig angelegt werden muss. Diese begünstigt das Auftreten eines GÖR auf mehrfache Weise: Der His-Winkel wird oft durch den Zug am Magen abgeflacht bis aufgehoben; der Druck im Bereich des distalen Ösophagus wird ernied-
rigt und der untere Ösophagussphinkter verkürzt. Ähn lich verhält es sich im Falle von angeborenen Fehlbil dungen des Ösophagus, vor allem der Ösophagusatresie, bei der zusätzlich auch eine Verkürzung des Ösophagus selbst und seine Dysmotilität eine Rolle spielen. Weitere Ursachen könnten eine Pylorusstenose oder das Vorlie gen einer intestinalen Malrotation mit obstruktiv ge störter Magenentleerung sein. Ein Teil der Kinder nach Zwerchfelldefekt leidet ebenfalls an einem G ÖR, dessen Ursache in der anatomischen Besonderheit im Bereich des Hiatus zu suchen ist.
5.5.3 Symptome
Zahlreiche Untersuchungen haben belegt, dass ein G Ö R auch in der Normalbevölkerung ein häufiges Geschehen ist. Bleibt er symptomfrei, kann nach vielen Autoren von einem "physiologischen Reflux" gesprochen wer den. Der "pathologische Reflux" kann zahlreiche Symp tome verursachen, die im Wesentlichen in drei Gruppen einzuteilen sind ( >- Tab. 5. 1 4) . A m schwerwiegendsten sind sicherlich die respirato rischen Symptome, nicht zuletzt, weil sie die Betroffenen akut und lebensbedrohlich gefahrden. Diskutiert wird hierbei u.a. ein reflektorisch vagal ausgelöster Laryngo spasmus als Auslöser der Apnoe, und es wird damit ein Zusammenhang zum S I DS (Sudden Infant Death Syn drome) hergestellt. Die rezidivierenden Magensaftaspi rationen können neben einer Aspirationspneumonie auch zu einer chronischen Schädigung der Lunge mit irreversiblen Schäden führen. Die Magensaftregurgitation in Verbindung mit einer mangelnden Clearance führt akut zu Dysphagie, Sod brennen, epigastrischen und retrosternalen Schmerzen, welche die Patienten ganz erheblich beeinträchtigen. Die daraus folgende Trinkschwäche bis hin zur Nahrungs verweigerung führt unmittelbar zur Gedeihstörung, Ge wichtsabnahme und weiteren Mangelsymptomen, wie Tab. 5 . 1 4 Symptome der gastroösophagealen Reflux k ra n kh e i t. Respiratorische Symptome
Apnoe, Bradykardie, Husten, Asthma bronchiale, Aspirations pneumonie, obstruktive Bronchitis
Ernährungsbezogene Symptome
Erbrechen, Nahrungsverweige rung, Trinkschwäche, Gedeihstö rung, Eisenmangelanämie
Ösophagusbezogene Symptome
Dysphagie, Sodbrennen, epigas trische Schmerzen, Ösophagitis, Ösophagusstenose, Ba rrett-Öso phagus (Schleimhaut m etaplasie)
5 . 5 Gastroösophagealer Reflux (G Ö R)
z.B. einer Eisenmangelanämie. Die Ausbildung einer peptischen Ösophagusstenose oder eines Barrett-Öso phagus sind Folge eines lange bestehenden und nicht behandelten GÖR und im Kindesalter selten.
5.5.4 D i a g n osti k In der Diagnostik des GÖR steht eine Reihe von I nstru menten zur Verfügung, deren stufenweiser Einsatz eine rasche und sichere Stadieneinteilung und Therapieent scheidung erlaubt ( > Tab. 5. 15). Die 24-Stunden-pH-Metrie ist zum quantitativen Nachweis eines GÖR das wichtigste Instrument. Die Un tersuchung erfolgt über einen langen Zeitraum unter beinahe physiologischen Bedingungen. Es werden aller dings nur saure Refluxepisoden gemessen, und die Un tersuchung erlaubt keine Rückschlüsse auf evtl. vorlie gende Schleimhautläsionen. Wird ein signifikanter Re flux nachgewiesen (DeMeester-Score) und liegen Symp tome vor, die auf eine Ösophagitis hindeuten, ist die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie zu diskutieren. Nur sie kann einen exakten Nachweis der Schleimhautläsio nen l iefern und erlaubt eine Gradeinteilung der Ösopha gitis. Die gebräuchlichste Einteilung geht auf Savary und Miller zurück ( > Tab. 5 . 1 6). Da die Einführung der pH-Sonde mitunter auf eine ganz erhebliche Gegenwehr der Patienten trifft, sind die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie und die pH-Metrie in umgekehrter zeitlicher Abfolge kombinierbar, wenn aufgrund der klinischen Symptome auch eine Ösopha go-Gastro-Duodenoskopie "a priori" indiziert ist. Am Ende der Endoskopie kann die pH -Sonde beim noch
Tab. 5. 1 5 Diagnostisches Instrumentarium bei GÖR. 24-Stunden-pH· Metrie
Quantitative Erfassung saurer (p H < 4), Messung der ösophagus- Ciearance
schlafenden Kind gelegt werden. Um ein Hochwürgen in der Aufwachphase zu vermeiden, kann die Sonde zu nächst bis in den Magen gelegt und dann beim wachen Kind in die gewünschte Position zurückgezogen werden. Die richtige Lage wird dann mittels einer p.a. Thoraxauf nahme dokumentiert. Alternativ kann die korrekte Son denlage am noch schlafenden Kind mittels Rö-Durch leuchtung bestimmt werden. Anschließend kann sie wieder in den Magen vorgeschoben werden. Nach der Aufwachphase kann die Sonde direkt in die zuvor ge merkte Position gebracht und die Messung unverzüglich gestartet werden. Die Endoskopie ist auch bei der Stellung der OP-Indi kation nach einer länger dauernden konservativen Re fluxtherapie hilfreich. Die obere Magen-Darm-Passage (MDP) ist wichtig zum Nachweis anatomischer Veränderungen wie z.B. peptischer Stenose oder Hiatushernie sowie zur Darstel lung der Magenentleerung. Neben der Strahlenexpositi on als Negativmerkmal haftet der Methode aber eine re lativ hohe Fehlerquote in der GÖR-Beurteilung an, vor allem wegen der unphysiologischen U ntersuchungsbe dingungen und der kurzen Beobachtungszeit Ein radio logisch negativer GÖR-Nachweis schließt eine GÖR Krankheit nicht aus. Die Sonographie als nicht invasives, nicht aufwändi ges, unschädliches und überall verfügbares Verfahren kann zwar einzelne Refluxepisoden nachweisen und auch die Magenentleerung gut beurteilen, hat aber - wie die obere MDP - den Nachteil der relativ kurzen Beob achtungszeit und der fehlenden Korrelation zu einer GÖR-Krankheit. Die Refluxszintigraphie und die Ösophagusmanome trie sind in der Routinediagnostik entbehrlich und kom men nur bei speziellen Fragestellungen zum Einsatz.
GÖR-Episoden
Beurteilung der Schleimhaut, Schleimhautbiopsie, Beurteil ung auch von Magen und Duodenum Anatomische Veränderungen, Stenose, Hiatushernie Refl uxnachweis, Beurteilung der Magenentleerung Nachweis von Aspirationen, quantitative Messung der Magen entl eeru ng Druckmessung im Ö sophagus und Magen, ind ire kter Refluxnach weis, Druckverhältnisse während des Schi uckaktes
5.5.5 Ko nservative Thera pie Sie beinhaltet zum einen eine symptomatische, zum an deren eine medikamentöse Therapie. Zu den symptomatischen Therapiemaßnahmen ge hören die Steigerung der Fütterungsfrequenz, das Andi cken der Nahrung ( falls keine Magenentleerungsstörung
Tab.
5 . 1 6 Endoskopische Stadien der Ösophagitis. Umschriebene,
nicht konfluierende Erosionen
Nicht zirkuläre, längsgestel lte, k onfl u ierende E ros i on en Zirkuläre Erosionen liiolllioMIIM•
Ulkus, peptische Stenose, Barrett-Ösophagus
1 37
I
I
1 38
5 Abdomen Kind
vorliegt) und die Lagerungstherapie. Letztere besteht i n der Kopf- u n d Oberkörperhochlagerung (c a . 30°) i n Bauchlage. Die Rückenlage begünstigt einen G Ö R. I m Falle eines unkomplizierten G ÖR sind die genannten Maßnahmen zunächst auch ohne weitere Diagnostik einsetzbar. Die medikamentöse Therapie verfolgt einerseits die Verbesserung der Magenentleerung mittels Prokinetika und andererseits die Senkung der Säureproduktion mit tels Antazida. Als Prokinetikum steht Domperidon zur Verfügung. Cisaprid, lange Zeit ein bewährtes Mittel, steht wegen Rückruf und Ruhen der Zulassung nicht mehr zur Ver fügung. Auch anderen M itteln wie z.B. Erythromycin, wird eine prokinetische Wirkung zugeschrieben. Zur Säurereduktion stehen in erster Linie Hz-Blocker (Cimetidin, Ranitidin) und Protonenpumpenblocker (Omeprazol) zur Verfügung, bei denen aber gerade bei Säuglingen und Kleinkindern bestehende Anwendungs einschränkungen zu beachten sind. Bei Nachweis von Schleimhautveränderungen im Sinne einer Ösophagitis ist der Einsatz gerechtfertigt.
5.5.6 Operati o n si n d i kation Die I ndikation zur Operation sollte sehr sorgfältig und unter Berücksichtigung des Schweregrades der Reflux krankheit, bereits eingetretener Komplikationen und der Erfolgsaussichten einer konservativen Therapie ge stellt werden. Aber auch eine allzu lange ausgedehnte konservative Therapie ist abzulehnen, wenn reelle Er folgschancen fehlen. Anatomische Ursachen wie eine Hiatushernie, angebo rene Fehlbildungen ( Ösophagusatresie oder Zwerchfell defekt) mit GÖ R in der Folgezeit, eine liegende Gastrosto mie etc. sprechen nur sehr schlecht bis gar nicht auf eine konservative Therapie an. Eine allzu lange konservative Therapiephase könnte diese Patienten durch rezidivieren de Aspirationen oder eine peptische Stenose des Ösopha gus zusätzlich gefährden. In diesen Fällen ist die OP-Indi kation nach einer adäquaten konservativen Therapie über einige Monate und bei Ausbleiben eines Therapieerfolgs der operativen Therapie zu stellen. Ebenso sind schwer wiegende Komplikationen wie rezidivierende Apnoean fälle Grund für eine zügige Operationsindikation.
5.5.7 Operat i o n Ziel der Operation ist die Beseitigung des pathologi schen G Ö R. Erreicht wird dies, indem eine möglichst
"normale" Anatomie wiederhergestellt wird. Dazu wer den der Hiatus eingeengt, der His-Winkel hergestellt und der intraabdominelle Ösophagusabschnitt verlän gert. Liegt eine ausgeprägte Magenentleerungsstörung vor, so sind diese Maßnahmen u.U. durch eine Pyloroto mie bzw. Pyloroplastik zu ergänzen. Selbstverständlich müssen eine evtl. vorhandene Malrotation oder sonstige Passagestörungen beseitigt werden. Die genannten Ziele sind allen operativen Verfahren gemeinsam. Die be kanntesten OP-Verfahren sind die Fundoplicatio nach Nissen mit einer zirkulären Magenmanschette und die anteriore/posteriore Semifundoplicatio nach Thal oder Toupet einschließlich aller Variationen. Jedes der Ver fahren findet Kritiker wie Befürworter und hat Vor- und Nachteile. Die 360°-Nissen-Fundoplicatio beseitigt zu verlässig den G Ö R; allerdings können die Patienten an schließend nicht mehr "normal" erbrechen und es tritt häufig ein sehr belastendes Dumping-Syndrom auf. Zu dem können zahlreiche Probleme im Bereich der zirku lären Fundusmanschette auftreten (Stenose, Lockerung, En-bloc-Herniation etc.) . Viele Kinderchirurgen bevor zugen deshalb eine partielle Fundoplicatio (Methoden nach Thai und Toupet). Die eingangs genannten Ziele der operativen Therapie werden durch diese Methoden alle bei einem vertretbaren Maß an unerwünschten Komplikationen erreicht. Andere Verfahren wie die Me thode nach Boix-Ochoa, die Ende der 1 980er/Anfang der l 990er Jahre propagiert wurde (alleinige Einengung des Hiatus unter Verlängerung des intraabdominellen Ösophagusabschnitts und Fundopexie), haben ihre Be deutung nahezu vollständig verloren. Die beiden genannten OP-Verfahren können sowohl offen-chirurgisch als auch laparoskopisch durchgeführt werden. In den letzten Jahren ist eindeutig eine Tendenz zu Iaparoskopischen Methoden zu verzeichnen, wenn gleich ihre Überlegenheit gegenüber konventionellen OP Verfahren bisher nicht unwidersprochen bewiesen ist. Studien mit einer größeren Fallzahl zum Vergleich der offenen versus Iaparoskopischen Fundoplicatio stehen noch aus. Bisher vorliegende Ergebnisse lassen jedoch erkennen, dass die Iaparoskopischen Verfahren ähnliche Ergebnisse erbringen wie die offenen Verfahren.
5.5.8 Postoperat ive E rg e b n isse, K o m p l i kationen Die postoperativen Ergebnisse werden i n entscheiden dem Maß davon beeinflusst, ob es gelingt, einen ausrei chend langen intraabdominellen Ösophagusabschnitt zu mobilisieren und durch die Manschettenbildung einen His-Winkel herzustellen. I ntraoperative Verletzungen
5.6 Cholelithiasis, Gallensteine
Tab.
5 . 1 7 Postoperative Erge b n isse nach operativer Korrektur eines
Verfahren/Autor Boix-Ochoa Nissen
Ileus (%)
Rezidiv (%)
1 80
1,7
6,7
3917
6,2
8,4
1 400
0, 5
1 87
02
==� 5, 1 3,4
Tab. 5 . 1 8 Vergleich der Komplikationen in zwei Patien tengruppen (aus H ol s ch nei d er et al. [2007) R es u lts of the operative treatment of gastroesophageal reflux in chi ld
hood with particular foc u s on patients with esophageal atresia. Eur J Pediatr Surg 1 7(3): 1 63-1 75).
Komplika t i on
GÖ R (aus W ill ita l und Lehmann [2000), S. 21 5).
Dysphagie (%)
Reeperation (%) 8,4
33
1 4, 6 5,6
0, 5
3, 7
Tab. 5 . 1 9 E rk ra n k u ngen/Zustände m it erhöhtem Risiko für Ga llen st e i n b i l d u ng. Hämelytische Erkrankungen
Sichelzellanämie Thalassämie Sphärozytose
Patienten mit Ösophagusatre sie n 87 (%)
Übri ge Patien ten n = 61 (%)
Intraoperative Ko mp li kat io n en
4,6
1 ,6
Morbus Wilson
Postoperative Kamplikationen G Ö R-Rezidiv
1 0, 3
8,2
Fettstoffwechselstörungen mit erhöhtem Cholesterinspiegel
1 6, 1
6,5
Dysphagie und/oder Stenose
1 7,2
6,5
Familiäre Belastung und Adipositas
Dumping-Syndrom
1 8,3
1 ,6
Magen-Darm Erkrankungen
Zystische Fi brose/Pan kreasinsuffizienz Diabetes mellitus
=
Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Kurzdarmsyndrom Kardiainsuffizienz/Hiatushernie
der Vagusäste können zu einer erheblichen Entleerungs störung des Magens führen, sind jedoch relativ selten. Die wichtigsten Komplikationen nach den gängigen OP Verfahren zeigt >- Tabelle 5 . 1 7. Eine differenzierte Betrachtung postoperativer Kom plikationen unter Berücksichtigung schwerwiegender Vorerkrankungen wie einer Ösophagusatresie zeigt eine wesentlich höhere Komplikationsrate ( >- Tab. 5 . 1 8 ) . Andere Komorbiditäten wie eine Zwerchfelloperation oder eine mentale Retardierung hatten keinen so ent scheidenden Einfluss auf die Ergebnisse.
Hypertrophe Pylorusstenose
Anomalien/ Entzündungen der Gallenwege
Caroli-Syndrom Choledochuszyste Pankreatobiliäre Ganganomalien Cholangitis
Vorausgegangene Ileumresektion medizinische Operation angeborener Maßnahmen Herzfehlbildungen Parenterale Langzeiternährung Medikamentenein nahme (Ceftriaxon)
5.6.1 Pat h ogenese von G a l l en ste inen
5 .6 C h o l e l ith i as i s, G a l l e nste i n e Im Gegensatz zum Erwachsenenalter mit einer Inzidenz von 1 : 500 sind Gallensteine und das Gallensteinleiden im Kindesalter immer noch relativ seltene Ereignisse. Die Prävalenz liegt bei ca. 0, I % ; für Mädchen über 1 3 Jahre ist sie etwa doppelt so hoch. Die Cholelithiasis stellt dennoch die häufigste Erkrankung der extrahepati schen Gallenwege dar.
Annähernd 'h der Gallensteine (60%) i m Kindesalter sind idiopathisch, und in nur ca. 40% der Fälle lassen sich nachvollziehbare Ursachen erkennen. Diese sind in >- Tabelle 5 . L 9 zusamm engestellt . Eine Geschlechtsdisposition lässt sich erst bei Jugend lichen erkennen. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung liegt bei 8 J a h ren . Säuglinge sind sehr selten betroffen. Zahlenmäßig bedeutsam sind neben der famil iären Disposition und der Adipositas die Erkrankungen, die mit einer hämelytischen Anämie einhergehen. Die zu nehmende Zahl an übergewichtigen Kindern und Ju gendlichen lässt auch eine zunehmende I nzidenz an Gallensteinen erwarten.
1 39
1 40
5 Abdomen
Kind
Tab. 5.20 Einteilung der Gallensteine nach ihrer Zusammensetzung.
Bilirubinsteine (70%)
Calciumbilirubinat Rö-positiv (Cholesterin < 5%)
Gemischte Cholesterin, Biliru- Meist Rö-positiv, Cholesterinsteine bin und Calcium· je nach Calcium(5%) salze gehalt Reine Choleste Cholesterin Rö-negativ rinsteine (25%) (> 60%)
I
Während bei den hämolytischen Erkrankungen der ho he Bilirubingehalt der Gallenflüssigkeit die entscheiden de Rolle in der Steinentstehung spielt, ist im Falle der Stoffwechselstörungen - gerade bei der Hypercholeste rinämie - der hohe Sättigungsgrad der Galle an Choles terin für die Steinbildung verantwortlich. Bei Patienten mit ausgedehnten Resektionen im Dünndarmbereich - vor allem bei Verlust des termina len Ileums - wird die Gallensteinbildung durch eine Stö rung des enterohepatischen Kreislaufs begünstigt. Je nach Zusammensetzung der Steine und ihrem Cho lesteringehalt unterscheidet man drei H auptgruppen ( >- Tab. 5.20). Bilirubinsteine entstehen bei hohem Bilirubingehalt in der Galle. Eine Verbindung des Bilirubins mit Calci um führt zum schwer löslichen Calciumbilirubinat. Hauptursache sind hämolytische Prozesse, daneben auch Hyperkalzämie Hyperphosphatämie parenterale Ernährung oder eine Ceftriaxon-Therapie. Auch Patien ten nach großen kardiachirurgischen Eingriffen oder mit einer cholestatischen Lebererkrankung gehören zur Risikogruppe. Zu den Risikofaktoren für Cholesterinsteine gehören vor allem eine familiäre Disposition und Übergewicht neben Mukoviszidose, entzündlichen Darmerkrankun gen und auch der Ileumresektion. Abflussstörungen im Bereich der Gallenwege mit Cholangitis und Stase der Gallen flüssigkeit erhöhen das Risiko, gemischte Gallensteine zu entwickeln. ,
,
5.6.2 Sym ptome, D i a g nose u n d D i ffe renz i a l d i a g nose
Appendektomie führt. Eine sorgfaltige, vor allem So no graphische Abklärung ist daher einmal mehr für alle Kinder mit Bauchschmerzsymptomatik zu fordern. Der Ultraschall kann in nahezu allen Fällen das Vor handensein von Gallensteinen nachweisen (Spezifität 96%, Sensitivität 98%). Daneben kann er auch H inweise auf eine evtl. vorliegende Gallenblasendyskinesie liefern und erlaubt die Beurteilung der Gallenblasenwand, die im Falle rezidivierender Cholezystitiden charakteristi sche Veränderungen (Wandverdickung) zeigt. Auch die Beurteilung der extrahepatischen Gallenwege (z.B. Er weiterung) ist sonographisch sehr gut möglich. Eine Röntgen-Übersichtsaufnahme des Abdomens sollte i n der Primärdiagnostik n u r ausnahmsweise eingesetzt werden. Da nur die calciumhaltigen Gallensteine radio logisch nachweisbar sind, kann eine Zielaufnahme des rechten Oberbauchs in der U nterscheidung der vorlie genden Steinart hilfreich sein. Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) oder MRT haben ihre Berechtigung bei speziellen Fragestellungen, i.B. Konkremen ten im Ductus choledochus, oder nach statt gehabter Rekonstruktion der extrahepatischen Gallen wege (Gallengangsat resie, Choledochuszyste). In der Labordiagnostik spielen die Bestimmung des Bilirubins, der Transaminasen und der Pankreasenzyme die wichtigste Rolle. Weitere Untersuchungen sind er forderlich, falls Begleiterkrankungen vorliegen oder ver mutet werden. Die Labordiagnostik erfolgt dabei n icht zur Prim ärdiagnose der Gallensteine sondern dient der Erkennung von möglicherweise vorliegenden Kompli kationen wie einer Obstruktion der Gallenwege oder ei ner Pankreatitis und kann Aufschluss über die Steinätio logie geben . So vielfaltig wie die Symptome einer Gallensteiner krankung sein können, so weit gefachert ist auch das Spektrum der Differenzialdiagnosen. Letztlich können fast alle abdominellen Beschwerden - ob Schmerzen, Er brechen oder Durchfall - auch Ausdruck eines Gallen steinleidens sein. Die Bedeutung der Ultraschalluntersu chung zum frühest möglichen Zeitpunkt aller abdominel len Erkrankungen sei daher noch einmal hervorgehoben. ,
5.6.3 Thera p ie Ein Großteil der Gallensteine bleibt stumm und die Dia gnose wird zufallig gestellt - meist während einer Ul traschalluntersuchung aus anderen Gründen. Bei den symptomatischen Gallensteinträgern dominieren der Bauchschmerz mit oder ohne Erbrechen, Ikterus und Durchfall; daneben finden sich aber auch diffuse, uncha rakteristische Beschwerden bis hin zum Schmerz i m rechten Unterbauch, was nicht selten z u einer e l ektiven
Einigkeit herrscht darüber, dass symptomatische Gal lensteine - das betrifft etwa l!J der Gallensteinträger einer Behandlung zugefüh rt werden sollten. Diese Pati enten sind sehr gefährdet, in folge des G a ll enstein l eidens Komplikatio n en zu bekommen, die dann eine - mit ei nem erheblich höheren Risiko behaftete - notfallmäßige Intervention nach sich z iehen würden.
5 .6
Ü ber das absolut u nd einzig richtige therapeutische Vorgehen bei nachgewiesenen, aber asymptomatischen Gallensteinen - immerhin ca. Vl aller Gallensteinträger - herrscht weithin Unsicherheit und die Meinungen ge hen sehr weit auseinander. Während für Patienten mit hämelytischen Grunderkrankungen eher ein aktives operatives - Vorgehen befürwortet wird, sollte in allen anderen Fällen - unter regelmäßigen Kontrollen - die Operationsindikation zurückhaltend gestellt werden . Die weltweit z u dieser Fragestellung publizierten Daten sind insgesamt zu spärlich, um daraus eine allgemein gültige Empfehlung ableiten zu können. Eine Spontanauflösung von Gallensteinen ist be kannt, jedoch sehr selten.
Medika mentöse Thera pie Eine medikamentöse Therapie ist für nicht-kalkhaltige kleine Steine bei j üngeren Patienten ( < 3 Jahre) verfüg bar und besteht in der oralen Verabreichung von Gallen säuren (Chenodeoxychol- und Ursodeoxycholsäure) über einen längeren Zeitraum (mehrere Monate). Durch die Absenkung der hepatischen Cholesterinsekretion kann der Cholesterinsättigungsindex der Gallenflüssig keit stark vermindert werden, sodass sich Cholesterin steine bei längerer Behandlungsdauer auflösen können. Eine wichtige Indikation stellt auch der Gallenblasen Sludge während parenteraler Ernährung dar. Bei Kin dern mit schwerwiegenden Grunderkrankungen, wie z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, anderen entzünd lich-ulzerösen Magen-Darm-Erkrankungen, Leberpar enchymschäden, Verschlussikterus, N iereninsuffizienz, Malabsorptionssyndrom etc. sollte diese Behandlung aber nicht eingesetzt werden. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass nach Absetzen der Therapie ein Großteil der Patienten erneut Steine bildet, da die zugrunde lie gende Ursache der Steinbildung nicht beeinflusst wird.
Operative Therapie Die einzige kausale l11erapie stellt die operative Entfer nung der Gallenblase dar. Die Erfahrungen aus der Er wachsenenmedizin, aber auch Langzeitbeobachtungen nach Gallenblasenentfernung im Kindesalter belegen, dass eine erneute Steinbildung - dann in den Gallengän gen - nur außerordentlich selten beobachtet wird. Durch die Gallenblasenentfernung steigt die Zirkulation von Gallensäuren im ente rohepa tischen Kreislauf an. Die zunehmende Gallensäurensekretion bei gleichblei bender Cholesterinsekretion lässt den Sättigungsindex
Cholelithiasis, Gal lensteine
der Gallenflüssigkeit sinken und die Tendenz zur Stein bildung abnehmen. Dieser Mechanismus erklärt, war um die alleinige Steinentfernung (Cholezystolithotomie) bei Belassen der Gallenblase als Ort der Steinbildung mit einer hohen Rezidivquote belastet ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass nach alleiniger Steinentfernung 30% der Kinder bereits 7- 12 Monate postoperativ erneut symptomatische Gallenblasensteine hatten. So bleibt die Cholezystektomie die l11erapie der Wahl bei symptoma tischen Gallenblasensteinen. Ähnlich verhält es sich mit der Stoßwellenlithotripsie, die neben der Rezidivgefahr auch weitere Komplikatio nen begründen kann. Solitäre, nicht röntgendichte Stei ne können zwar bei größeren Kindern desintegriert wer den; durch die kleineren Fragmente kann jedoch eine Obstruktion der ableitenden Gallenwege bis hin zum Verschlussikterus entstehen. Die Operation kann grundsätzlich offen-chirurgisch ("konventionell") oder laparoskopisch durchgeführt werden. Das geringere Operationstrauma im Bereich der Bauchdecke - entscheidend für die postoperativen Beschwerden -, die schnellere Erholung und damit ver bunden auch ein kürzerer Krankenhausaufenthalt las sen die Iaparoskopische Cholezystektomie zur Methode der Wahl werden. Die genannten Vorteile werden bei adipösen Kindern noch offensichtlicher. Die Gefahr, bei der laparoskopisch durchgeführten Operation Gallen gangsteine zu übersehen, ist angesichts der Seltenheit derartiger Konkremente im Kindesalter sehr gering. I n solchen Fällen u n d gerade bei älteren K indern steht dann die ERCP mit Papillotomie u nd retrograder Stein extraktion zur Verfügung. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um größere Solitärsteine, die mit der Gal lenblase sicher entfernt werden kö nnen ( > Abb. 5. 1 9). Die intraoperative Komplikationsrate ist erfreulich niedrig. Hauptkomplikationen können eine Blutung (Arteria cystica) oder eine iatrogene Verletzung des Ductus choledochus sein, die dann regelmäßig eine Konversion zum offenen Verfahren bedingen. Das Risi ko postoperativer Komplikationen - Wundheilungsstö rung, intraabdominelle Infektion bis hin zur Peritonitis, Galleleck etc. - ist wesentlich höher, wenn die Cholezyst ektomie als Notfalleingriff vorgenommen wird. Liegt zusätzlich noch eine schwerwiegende Grunderkrankung (z.B. Herzfehler) vor, steigt das Risiko noch einmal be trächtlich an ( 1 6 vs. 6%). Eine retrospektive A nalyse (von 1 2 8 Patienten in einem Zeitraum von 16 Jahren) führte daher zur Empfehlung, gerade Kinder mit schwerwiegenden G runderkrankungen lieber elektiv zu einem früheren Zeitpunkt zu operieren. Die postoperative T11erapie gleicht in wesentlichen Zügen der nach anderen abdominalchirurgischen Ein-
1 41
1 42
5 Abdomen Kind
steine entstehen in weniger als 5% der Fälle. Erfolgte die alleinige Steinextraktion unter Belassung der Gallenbla se, so steigt das Rezidivrisiko auf 30% an. Sehr kritisch zu sehen sind die Kinder, die als Gallen steinträger zunächst beschwerdefrei sind und bei denen eine Therapie daher abgelehnt wird. Im späteren Leben werden diese Gallensteinträger in 30-50% der Fälle symptomatisch, und 20-30% von ihnen entwickeln Komplikationen, die letztlich in 1 -3% der Fälle letal en den. D iese Kinder sollten zumindest regelmäßig kon trolliert werden, um sich anbahnende Komplikationen frühzeitig zu erkennen und die OP- Indikation dann noch rechtzeitig zu stelle11.
5.7 O va r i a l zysten u n d -tu m ore n
I Abb. 5 . 1 9 Verschiedene Solitärsteine in der Gal lenblase (OP-Prä parate). (a) Im Gallen blasenhals inkrustrierter Stein. (b) Großer Stein im Gallenblasenfundus. Gut erkennbar ist die Wandverdickung der Gallenblase nach rezidivierenden Cholezystitiden.
griffen (z.B. Appendektomie oder Abtragung eines Me ekel-Divertikels). Ziele sind eine möglichst frühe Mobi lisierung der Patienten und ein zügiger Nahrungsauf bau. Beides ist in der Regel bereits nach 24 bis 48 Stun den zu beginnen. Die Nahrung sollte in den ersten Wochen nach einer Cholezystektomie fettarm und leicht verdaulich sein. Häufigere kleine Mahlzeiten reduzieren das Risiko eines postoperativen Dumping-Syndroms. In den ersten Tagen nach einer Cholezystektomie werden neben H ämoglobin- und Hämatokrit-Wert vor allem die Enzyme GOT, GPT und y-GT sowie das Bilirubin kon trolliert. Eine generelle Empfehlung für eine antibioti sche Therapie kann nicht gegeben werden; in den meis ten Fällen wird man sich auf eine perioperative Antibio tikaprophylaxe (oder die präoperative Single-shot -Gabe) eines Cephalosporins beschränken können.
5.6.4 Prog n ose Angesichts der n iedrigen Mortalität und Morbidität ist die Prognose nach Cholezystektomie sehr gut. Rezidiv-
Während Ovarialzysten im peripubertären Alter relativ oft und meist als Zufallsbefund angetroft'en werden, sind solide Tumoren des Ovars im Kindesalter selten. Sie ma chen nur etwa I % der Tumoren bei Mädchen unter 16 Jahren aus. Am häufigsten treten sie zwischen dem 6. und 1 5. Lebensjahr auf, wesentlich seltener bei jünge ren Mädchen.
5.7.1 Ät i o l o g i e, Pat h o l o g i e D i e Ätiologie ist entsprechend dem komplexen Aufbau des Ovars sehr vielfaltig. Es existieren zahlreiche Klassi fikationen der Ovarialtumoren und -zysten, die meisten gehen dabei nach dem möglichen Ursprungsgewebe vor. Nach einer vereinfachten und sehr pragmatischen Ein teilung unterscheidet man folgende Typen, die zusam men etwa 90% aller beobachteten Ovarpathologien bei Kindern unter 16 Jahren bilden: • Einfache Zysten, die vom Oberflächenepithel des Ovars ausgehen. Sie sind mit klarer Flüssigkeit gefüllt und können mitunter eine beträchtliche Größe errei chen ( > Abb. 5.20). Histologisch ist die Zuordnung zum Ausgangsgewebe oft nicht mehr möglich. • Sog. funktionelle Zysten (jenseits der Pubertät) - Zysten, die durch Persistenz eines Graaf-Follikels entstehen - persistierende Corpus-luteum-Zysten. • Parovarialzysten, ausgehend von Resten des Wolff Gangs. Auch diese Zysten können mehrere Zentime ter Durchmesser erreichen. • Zystische Tumoren des Ovars: Wicht igster Vertreter ist das zystische Ovarteratom ( > Abb. 5.21 ).
5.7
Ovarialzysten und -tumoren
5.7.2 Symptome
Abb. 5.20 Einfache seröse Ovarialzyste.
Abgesehen von den wenigen hormonell aktiven Tumo ren fehlen in der Regel typische Symptome und die Dia gnose wird nicht selten zufällig im Rahmen einer Ultra schalluntersuchung aus anderen Gründen (z.B. uncha rakteristische Unterbauchschmerzen) gestellt. Größere Tumoren können mitunter rezidivierende Schmerzen auslösen, die man als beginnende (subtotale) Torsion interpretieren kann. Da das rechte Ovar häufiger betrof fen ist als das linke, werden diese Schmerzen öfter im rechten Unterbauch lokalisiert und man denkt zunächst an eine (chronisch-rezidivierende) Appendizitis. Zei chen eines akuten Abdomens treten bei der Torsion ei ner Zyste oder des ganzen Ovars bzw. der ganzen Adne xe auf. Diese werden von den Kindern als stärkste, ste chende Schmerzen tief im Unterbauch nebe n der Blase angegeben und bilden den Grund für die weitere Abklä rung. Nach stattgehabter Torsion - wenn die Interventi on nicht früher erfolgt - lassen die Schmerzen nach 1224 Stunden nach und die Kinder sind wieder weitgehend beschwerdefrei. M it fortschreitender Nekrose des Or gans können sekundäre Zeichen einer Entzündung im Unterbauch auftreten. Typische Laborparameter fehlen; im Falle einer beginnenden Entzündung wird man eine mäßige Leukozytose bzw. CrP-Erhöhung finden. Die Abweh rspannung im U nterbauch - als Zeichen der Un terbauchperitonitis - ist ein Spätsymptom und Folge des fortschreitenden Organuntergangs.
5.7.3 D i a g n ost i k
Abb. 5.21 Solider Ovaria ltumor (Teratom) •
Solide Tumoren des Ovars (Teratom, Dysgermi nom, Gonadoblastom u.a.) . Ihre Bedeutung liegt nicht zuletzt in der Malign ität ( Dysgerminom, Go nadoblastom) oder der potenziellen Entartungsmög lichkeit (Teratom). Eine gewisse Sonderstellung nehmen die großen neo nata ten Ovarialzysten ein, die mit einer H äufigkeit von ca. 1 : 2500 angetroffen werden. Für ihre Entstehung werden u.a. eine fetale hormonelle Ü berstimulation oder eine vermehrte plazentare ß-hCG-Produktion als mögliche Ursachen diskutiert; der Beweis steht j edoch noch aus. Im klinischen Alltag kann die genaue Art der vorlie genden Pathologie meist erst intraoperativ bzw. durch die histologische Untersuchung festgestellt werden.
Asymptomatische Zysten oder Tumoren werden zufällig entweder im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung oder einer Operation aus anderen Gründen (z.B. einer Appendektomie) entdeckt. Die mitunter recht großen fetalen/neonatalen Zysten werden in der Regel bereits intrauterin im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge untersuchung oder des Neugeborenenscreenings diag nostiziert. Die Sonographie erlaubt eine weitere Unter scheidung der Zysten nach ihrer Sonomorphologie ( >- Tab. 5.2 1 ) . Bei einer symptomatischen Raumforderung ist die Sonographie als Erstuntersuchung indiziert; oft wird man aber zur weiteren Abklärung - insb. zur Feststel lung der O rg a nzugehörigkeit - eine Schnittbilduntersu chung (MRT oder CT) durchführen ( >- Abb. 5.22). Laborparameter sind wenig hilfreich, es sei denn, es handelt sich um einen hormonell aktiven Tumor oder einen Tumor, der typis ch e Marker aufweist ( ß-hCG, u-Fetoprotein). Hier können dann die entsprechenden
1 43
144
5 Abdomen Kind
Marker im weiteren Verlauf auch zur TherapiekontroiJe eingesetzt werden. Die Ovarialzysten und auch die rei fen Teratome verursachen keine charakteristische Mar kererhöhung.
5.7.4 Operation s i n d i kation Für symptomatische Ovarialtumoren und -zysten be steht unter dem Gesichtspunkt der in solchen FäiJen zu vermutenden Torsion und damit einer vitalen Gefähr dung des Organs immer eine dringende Operationsindi kation. Tab. 5.21 Sonographische Merkmale von Ovaria lzysten (aus: Garten L, Schmid 0, Degenhardt P sehr Kinderheilkd 1 56: 677-682 [12)).
(2008), Monats
Einfache Ovarialzyste
Komplexe Ovarialzyste
Dünne Zystenwand
Verdickte, teils unregelmäßige Zystenwand
Keine Septierungen
==!!::� z. T. Mehrfachseptierungen
Inhalt vollständig echoleer
Inhomogenes Echo, basale Sedimentation
Asymptomatische Ovarialzysten im präpubertären Alter sind oftmals zystische Ovarialteratome, sodass hier die Indikation zur Operation ebenfalls großzügig zu stel len ist. Handelt es sich um Kinder im Pubertätsalter, so ist bei kleineren asymptomatischen Zysten ( < 4 cm) ein eher abwartendes Verhalten gerechtfertigt, weil sich vie le dieser Zysten spontan zurückbilden können. Aufgrund der Organgröße und ggf. veränderten Organlage ist je doch stets an die Möglichkeit einer Torsion zu denken, und die Eltern und Kinder sind darüber aufzuklären. Für größere Zysten (> S-6 cm) ist die Indikation großzügiger zu stellen, da die Gefahr einer Torsion bei größeren Zys ten nicht unerheblich ist ( > Abb. 5.23a, b ). Für die neo natalen asymptomatischen Ovarialzysten gilt ebenfalls ein eher abwartendes Verhalten, da sie eine hohe Rück bildungstendenz aufweisen. Große Zysten > 5 cm sollten bei ausbleibender Rückbildung (engmaschige Sonogra phische Kontrolle! ) operiert werden. Liegt eine solide Raumforderung des Ovars vor, ist die Operationsindikation immer gegeben. Hier sollte bereits im Vorfeld der Operation eine entsprechende Labordiag nostik zur Erfassung evtl. erhöhter Tumormarker erfolgen.
5.7.5 Therapie In der operativen 1berapie hat sich die Laparoskopie als Methode der Wahl etabliert. Aufgrund der anatomischen Situation (Lage, Größe, Begleitpathologie) kann gele gentlich ein Umsteigen auf ein offenes Verfahren erfor derlich sein. Die alleinige Punktion der Zysten ist wegen der hohen Rezidivquote, der Gefahr der Einblutung und auch der Verletzung benachbarter Organe abzulehnen. Ziel der Operation ist es stets, so viel Ovarialgewebe wie möglich zu erhalten. Auch in scheinbar sehr dünnen Resten eines Ovars können noch viele Oozyten vorhan-
Abb.
5.22 CT-Befund bei Ovarialzyste.
Abb.
5.23 Große torquierte und eingeblutete Ovarialzyste. (a) OP-Situs. (b) OP-Präparat.
5.8 Gastrointestinale Fremdkörper
den sein. Eine Zyste wird man möglichst vollständig auszuschälen versuchen. Das kann nach Inzision der Kapsel stumpf oder unter Einsatz einer bipolaren Schere sehr schonend erfolgen. Liegt ein solides Ovarialteratom vor, muss das gesamte Ovar entfernt werden, wobei man versuchen sollte, die Tube zu erhalten. Im Falle einer Ovarialtorsion sollte versucht werden, zunächst die De torquierung vorzunehmen, was laparoskopisch jedoch nicht immer gelingt ( > Abb. 5.24). Grundsätzlich sollte die I ndikation zur Ovarektomie - auch im Falle einer Torsion - sehr zurückhaltend gestellt werden. Nur wenn die Organschädigung irreversibel erscheint oder bereits Zeichen einer Nekrotisierung vorliegen, sollte sie primär vorgenommen werden.
5.7.6 Ko m p l i kationen, posto p e rative N achsorg e Die postoperative Therapie beschränkt sich i n der Regel auf eine adäquate Infusions- und Schmerztherapie. Der Nahrungsaufbau kann meist sehr zügig erfolgen, sodass eine längere parenterale Ernährung nicht erforderlich ist. Eine Sonographie/Dopplersonographie sollte im post operativen Verlauf erfolgen, gerade wenn ein torquier tes Ovar zunächst belassen wurde. Die Behandlung eines malignen Ovartumors erfolgt nach den geltenden onko logischen Richtlinien. Für ein reifes, benignes Teratom reicht es in der Regel aus, die Tumormarker einmal pro Jahr zu kontrollieren. Regelmäßige Ultraschallkontrol len ( l- bis 2-mai/Jahr) sind ebenfalls erforderlich.
Abb. 5.24 Ovartorsion bei Ovarteratom. (a) Oben im Bild die Iaparoskopische Er· scheinung nach Eingehen ins Abdomen; unten im B ild: nach Einstellen des Situs zeigt sich die 3 x 360°-Torsion der rechten Adnexe. (b) Befund nach Detorquierung: keine erkennbare Erholung der Durchblu· tung. Die Histologie bestätigt das Teratom, die Adnexe wurde entfernt.
5.8 G a stroi ntest i n a l e Fremd körpe r Kleinkinder, aber durchaus auch ältere Kinder nehmen gerne die unterschiedlichsten Gegenstände aus Neugier oder in spielerischer Absicht in den M und. Dabei kommt es häufig vor, dass diese Gegenstände verse hentlich verschluckt werden. Die meisten Gegenstände passieren den Gastrointestinaltrakt (GI) problemlos; nur selten kommt es zu Komplikationen. Die kritischen "Engstellen" am GI-Trakt sind: der Ösophagus mit den drei physiologischen Engstellen, der Pylorus, das Treitz-Band und die Ileozökalklappe. Besonders gefähr det sind Patienten mit Ösophaguserkrankungen ( pepti sche Stenose, Striktur nach Verätzung, narbige Stenose nach Operationen z.B. wegen Ösophagusatresie), die hier eine Sonderrolle einnehmen. Bei ihnen reichen oft schon "normale" Mengen an Nahrungsmitteln aus, um einen Bolusstopp mit Obstruktion des Ösophagus her vorzurufen. Die verschluckten Fremdkörper sind unterschied lichster Art. Neben Nahrungsmittelboli überwiegen klei ne Spielzeuge, meist aus Kunststoff, gefolgt von metalli schen Fremdkörpern wie Münzen, Kugeln, kleinen Scheiben, Knopfbatterien, Reißnägeln, Sicherheitsna deln, Stecknadeln u.a.m. Von besonderer Bedeutung sind die Knopfbatterien wegen ihres giftigen Schwerme tallinhalts. Eine Sonderstellung nehmen auch die mag netischen Spielzeuge ein, die aus vielen, meist kleinen, kunststoffüberzogenen Teilen bestehen.
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Abb. 5.26 Knopfbatterie im Magen.
Abb. 5.25 Ü bersichtsaufnahme p.a.: Münze im oberen Ösophagus bei einem Kleinkind.
Neben der "akuten", meist akzidentellen Ingestion von Fremdkörpern gibt es auch eine "chronische" Inges tion mit Ausbildung eines Bezoars. Hiervon betroffen sind meist psychisch auff Abb. 5.25).
5.8.1 Sym ptome Führende Symptome bei Fremdkörpern im Ösophagus sind Dysphagie, retrosternale Schmerzen, Würgereiz, Erbrechen und Hypersalivation. Bei tieferliegenden Fremdkörpern können Bauchschmerzen, Zeichen ei ner intestinalen Obstruktion bis hin zum Ileus, Darm blutung und im Falle einer Perforation selbstverständ lich auch Zeichen eines akuten Abdomens mit Perito nitis - ein allerdings extrem seltenes Ereignis - vor handen sein.
5.8.2 D i a g n osti k Das wichtigste diagnostische I nstrument ist die Rönt gen- Ü bersichtsaufnahme. Als vorteilhaft hat sich der
Beginn mit einer seitlichen Aufnahme bewährt, auf der Hals und Thorax und ggf. auch das Abdomen abgebildet sind. Eine weitere Ebene kann bedarfsweise gezielt ein gestellt werden ( > Abb. 5.26, > Abb. 5.27, > Abb. 5.28). So lassen sich zumindest alle metallischen und röntgendichten Fremdkörper lokalisieren. Nicht-rönt gendichte Fremdkörper entgehen der direkten Darstel lung. Hier muss ggf. der indirekte Nachweis mithilfe ei nes Kontrastmittels erfolgen ( > Abb. 5.28). Das gilt insb. für Kunststoffspielzeuge oder Nahrungsmittel, die aufgrund der Beschwerdeart im Ösophagus vermutet werden. Weitere Instrumente wie z.B. ein Metalldetek tor o. Ä. sind in der Primärdiagnostik nicht erforderlich. Auch die Sonographie muss nur selten und dann meist in der Phase der "Verfolgung" eines Fremdkörpers auf dem langen Weg durch den Magen-Darm -Trakt einge setzt werden.
5.8.3 I n d i ka t i o n Es kann davon ausgegangen werden, dass verschluckte Fremdkörper (FK) in 80-90% der Fälle spontan entleert werden. Nur 1 0-20% der FK erfordern ein endoskopi sches Vorgehen, und nur ca. I % müssen offen-chirur gisch geborgen werden.
5.8 Gastrointestinale Fremdkörper
Ein rasches Eingreifen erfordern alle im Ösophagus lokalisierten symptomatischen Fremdkörper, da die Ge fahr einer Drucknekrose der Ö sophaguswand mit Perfo ration, A usbildung einer ösophagotrachealen Fistel und/ oder Mediastinitis sehr groß ist. Zudem leiden die Kin der unter Dysphagie, W ürgere iz und ggf. Erbrechen, so dass auch eine große Aspirationsgefahr besteht. Die In dikation zur Endoskopie ist in diesen Fällen zum frü hestmöglichen Zeitpunkt zu stellen. Ein d ifferen zierte res Vorgehen erfordern Situationen, in denen eine I ngestion zwar vermutet wird , typisch e Symptom e aber fehlen oder nur diskret ausgeprägt sind. Hier kann ein standardisiertes Protokoll ( > Abb. 5.29) hilfreich sein, um die Indikation für eine Ö sophagoskopie - meist in Intubationsnarko se - zu erhärten. Bei Fremdkörpern die bereits im Magen liegen, kann nach dem "Wait and see"-Prinzip verfahren werden, da die meisten von ihnen - auch spitze ode r kantige FK spontan den Magen verlassen und auf natürlichem We ge en tleert werden. Eine Ausnahme bilden hier d ie Knopfbatterien. Sind sie noch ge laden, so können sie i m Magen a u fgrund der einsetzenden Elektrolyse a n der Magenwand haften bleiben und n icht rasch genug wei tertransportiert werden. Die einsetzende Korrosion kann die Batterie innerhalb weniger Stunden zerstören und ihren Inhalt (Nickel, Cadmium etc.) freisetzen. In vitra-Studien haben geze i gt, dass praktisch alle unter-
suchten Knop fbatteri en die einem magensaftähnlichen M ilieu ausgesetzt waren, bereits nach 4 Stunden eine Le ckage zeigten, deren Ausmaß zeitabhängig war. Deshalb sollte in diesen Fällen kurzfri stig (4-6 h) m ittels einer Röntgenaufnahme die Lage der Batterie kontrolliert werden. Bleibt sie unbeweglich ist die I ndikation zur Endoskopie und Bergung der Batterie gegeben. Für alle FK, die auch den Magen passiert haben, ist ein zunächst abwartendes Verhalten gerecht fertigt . Die Patienten sollten engmaschig beobachtet werden (Bauchschmerzen? Blutige Stühle? Zeichen der intesti nalen Obstruktion?). Der Stuhl muss z usätzl i ch gesiebt werden. Wird der FK n icht innerhalb weniger Tage ge sichtet, sollte eine Röntgen- Übersichtsaufnahme zur Lo kalisation des FK ange fert igt werden ( > Abb. 5.30). ,
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,
5.8.4 Thera p i e Die Endoskopie ist die Therapie der Wahl bei allen F remdkörpern , die i m Ös ophagus oder M agen liegen. Für Ösophagusfremdkörper - meist Münzen - eignet sich die Ösophagoskopie mit starrem Instrument sehr gut. H ierzu sind die intubierten Patienten mit stark re kliniertem Kopf zu lagern, sodass man einen ge raden Zugang zum Ös ophagus erhält. Auf diese W ei s e kommt man sehr gut an den FK heran und bekommt ihn meist auch zu fassen. Kann er aufgrund seiner Oberflächenbe scha ffe nheit nicht direkt gefasst und extrahiert werden, so kann man ihn wenigstens in den Magen vorsch ieben wo er mit dem flexiblen Gastroskop und dem diversen Instrumentarium an Schlingen und Körbchen gefasst und geborgen werden kann. Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit bekannter oder vermuteter E rk ranku ng des Ö sophagus (z.B. Voroperation , Verätzung etc.) we gen der zusätzlichen Gefahr der iatroge ne n Ösoph agus verletzung bei der Endoskopie geboteiL Selten erfordern Fremdkörper im Magen ein aktives operatives Vorgehen. Hier liegen dann z.B. aufgequolle,
Abb.
5.27 Bohrmaschinenzubehör (Adapterstück) im Dünndarm bei einem 5-Jährigen.
Abb.
5.28 (a) Obere MDP bei sonographi·
schem Verdacht auf solide Raumforderung im Magen: durch einen T richobezoar kom· plett a u sgefü l lter Magen. (b) Dazugehöri·
ges Präparat nach Gastrotomie mit Bergung des Bezoars.
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Routineuntersuchung (einschließlich RÖ, Kontrastmittel etc.)
Ösophagoskopie, falls FK "gefährlich" oder spontane Passage unwahrscheinlich
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Nahrungskarenz, Diät und Beobachtung unter stationären Bedingungen über Nacht
Endoskopie
Abb. 5.29 Standardisiertes Vorgehen bei Fremdkörpern im Ö sophagus (aus Wong KK et al. 2006)
Abb. 5.30 Intestinale Fremdkörper: M ün ze (a) und Nadel (b). Die Kontrol le wurde durchgeführt, nachdem die FK auch nach 7 Tagen nicht entleert waren. Beide FK wur den dann 2 bzw. 3 Tage später auf natürli chem Wege ausgeschieden.
ne Nahrungsbestandteile ( > Abb. 5.3 1 ) oder sehr gro ße sperrende Fremdkörper vor. Problematischer ist die Endoskopie bei FK, die bereits im Darm liegen. Zugänglich sind ohnehin nur das Duo denum, der Dickdarm und das terminale Ileum. Auf grund der hier herrschenden schlechten Sicht u nd der Einbettung des FK in Gallesekret bzw. Stuhlmassen ist die endoskopische Bergung zwar einen Versuch wert, bleibt aber meist ohne Erfolg. Liegt ein FK gar in der Ap-
pendix, so hat man gar keine Chance auf einen endosko d ie Laparo to m ie und die offene Bergung des FK. Die Indikation dazu sollte gestellt werden, wenn ein FK über eine Wo che unbeweglich an Ort und Stell e liegt, wenn es sich um pischen Zugriff. Für alle diese Fälle bleiben
spitze/scharfe Gegenstände handelt und selbstverständ
lich j ederzeit dann, wenn Beschwerden oder Ko mplika tionen wie eine Perforation auft reten. Der Eingriff be steh t dann in einer " M i n i - Laparotomie" mit Enteroto-
5.9 Chron isch-entzündl iche Darmerkrankungen
Abb.
5.33 Multiple magnetische Spielzeuge, die sich über mehrere Darmschlingen hinweg miteinander verbunden haben und zu einer ischämischen Darmwandschädigung und multiplen Perforationen geführt haben.
Abb.
5.31 (a, b) Fremdkörper im Magen.
einen mehrstündigen Eingriff mit Gastroskopie, Kolo skopie, Laparotomie und Versorgung der Darmperfora tionen, um alle magnetischen Spielzeugteile zu bergen. Wenn solche Situationen auch extrem selten sind, sollte die Operation immer dann erwogen werden, wenn eine spontane Entleerung nicht mehr zu erwarten ist, oder es sich um spitze/scharfe Gegenstände handelt, die leicht die Darmwand verletzen können. D ie Indikation zur Operation und offenen Bergung von FK bleibt immer ei ne individuelle "Einzelfali"-Entscheidung, ohne dass man allgemeingültige Regeln aufstellen könnte.
5.9 C h ro n i sch-entz ü n d ! i c h e D a r m e rkra n k u n g e n 5.32 Operative Entfernung des FK aus >- Abbildung 5.24 (Bohrmaschinen-Zubehör): Der 5 cm lange F K hat sich vor der l leo zökalklappe quergestellt und konnte nicht passieren. Die Operation erfolgte 7 Tage nach Ingestion des FK aus Sorge um eine Perforation.
Abb.
mie zur Bergung des FK ( > Abb. 5.32). Besonders pro blematisch ist die Ingestion multipler magnetischer FK. Diese können sich über mehrere Darmschlingen hinweg miteinander fest verbinden und die dazwischen liegen den Darmwände - infolge der ischämischen Druckne krose - perforieren ( > Abb. 5.33) und erfordern dann
Z u den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen gehören der Morbus Crohn (MC) und die Colitis ulcero sa (CU). Ist eine genaue Unterscheidung dieser beiden Erkrankungen nicht möglich, spricht man von einer nicht-klassifizierbaren Colitis (ca. 1 5% der Fälle). Die beiden Erkrankungen - MC und C U - werden meist gemeinsam besprochen, wenngleich zahlreiche Merkmale sie voneinander unterscheiden ( > Tab. 5.22) . Die weitere Einteilung beider Erkrankungen erfolgt am häufigsten nach dem anatomischen Befall: Der M C
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Tab. 5.22 Unterscheidungsmerkmale entzündlicher Darmerkrankungen.
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa
Befall des gesamten GI-Trakts Betrifft n ur das Kolon (Ausmöglich nahme: , Back-wash " -lleitis) Betroffen ist die gesamte Betroffen ist n u r die M ukosa Darmwand Segmentales Auftreten (kran- Kontinuierlicher Befall, immer ke und gesunde Abschn itte vom Rektum ausgehend, unnebeneinander) terschiedlich weit nach proximal reichend Zahlreiche extraintestinale KorT]plikationen, Fisteln
Extraintestinale Komplikationen bekannt, aber seltener
ist in ca. 65% der Fälle ileozökal lokalisiert, wesentlich seltener nur im Dünndarm ("Dünndarm-Crohn") oder im gesamten Kolon ( "Crohncolitis"). Im Falle der CU wird eine isolierte Proktitis von einer linksseitigen Co litis (bis zur linken Flexur) und einer Pancolitis (ge samtes Kolon) unterschieden. I ndizes zur Beurteilung des Schweregrades sind nach klinischen, laborchemi schen und endoskopischen Kriterien vorgeschlagen worden, sie haben sich aber nicht d urchgehend etablie ren können.
5.9.1 Ät i o l o g i e Die Ä tiologie ist sowohl für die C U als auch für den M C weitgehend ungeklärt. Diskutiert werden sowohl geneti sche als auch exogene Faktoren. Einige Autoren vermu ten eine bakterielle oder virale Genese der Erkrankungen. Bekannt ist auch, dass bis zu 1 5% der Patienten e in e fa miliäre Belastung aufweisen. Zumindest in der Rezidiv entstehung spielen auch persönliche psychische Fakto ren wie z.B. privater oder beruflicher Stress eine Rolle.
5.9.2 Sym ptome Hauptsymptome beim MC sind Bauchschmerzen, Ge wichtsstillstand oder -verlust und chronische Durchfäl le, die in 80-85% der Fälle auftreten. Alleiniger Wachs tumsstillstand und/oder verzögerte Pubertät zeigen 6065% der Kinder und Jugendlichen. Weitere seltenere und inkonstante Symptome können Anorexie, Aktivi täts ve rlust und Augenentzündungen sein . Auch weitere extraintestinale Symptome wie Fieberschübe, Arthralgi en/ Arthritiden oder H autveränderungen (Erythema no dosum) können das Krankheitsbild bestimmen. Typisch und in 1 6-62% der Fälle anzutreffen sind perianale Läsi onen, meist i n Form von Fissuren, Fisteln und Abszes-
Abb. 5.34
Peri a n a l e r Befall bei Morbus Crohn.
sen ( > Abb . 5.34). Diese sind häufiger, wenn Dünn und Dickdarm befallen sind (54%), etwas seltener bei alleinigem Dünn- (4 1 %) oder Dickdarmbefall (36%). Bei der CU stehen profuse, blutige Durchfalle im M it telpunkt der Beschwerden. Wegen des oft dramatische ren Verlaufs und der eindeutigeren Symptomatik wird die CU meist früher als der MC diagnostiziert. Extrain testinale Symptome sind auch bei der CU bekannt und können der Diagnosestellung gelegentlich lange Zeit vo rausgehen.
5.9.3 D i a g nosti k Die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen erfor dern den Einsatz einer ganzen Reihe von Verfahren, um einerseits die Diagnose zu stellen und andererseits eine Unterscheidung zwischen MC und CU zu erlauben. Eine Auswahl ist in > Tabelle 5.23 zusammengestellt. Nach einer eingehenden allgemeinpädiatrischen Un tersuchung u n d Ausschluss von gastrointestinalen In fektionen steht die bildgebende Diagnostik mittels Ul traschall an vorderster Stelle. Sonographisch können neben Darmwandverdickungen auch intraabdominelle Konglomerate - als möglicher H inweis auf Abszess oder Fistelbildungen - dargestellt werden. In jedem Verdachtsfall einer chronisch-entzündlichen Darmer
krankung ist die Kaloskopie (nach Möglichkeit bis ins terminale Ileum!) mit der Entnahme von Stufenbiopsien aus allen Darmabschnitten (auch aus makroskopisch normal erscheinenden!) indiziert. Im Kindesalter wird sie immer in Narkose durchgeführt. Diese kann selbst verständlich auch zu einer simultanen Ö sophago-Gas tro-Duodenoskopie genutzt werden, sofern die Diagno se CU noch n icht ganz sicher ist und ein MC vermutet wird. Die Endoskopie kann am zuverlässigsten die Diag-
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nose sichern und Auskunft über das Ausmaß der Er krankung geben ( >- Abb. 5.35). Im weiteren Verlauf kann die E ndoskopie im Falle eines protrahierten Ver laufs z.B. vor Ä nderung des Therapieschemas oder vor geplanten Operationen zur Verlaufsbeurteilung einge setzt werden. Eine routinemäßige Kontrollendoskopie ist jedoch nicht indiziert. Der Kolon-Kontrasteinlaufhat seine Berechtigung immer dann, wenn eine Passagestö rung, z.B. eine Stenose, klinisch vermutet wird ( >- Abb . 5.36).
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
5.9.4 Th e ra pie Die Behandlung entzündlicher Darmerkrankungen ist in erster Linie eine Domäne der konservativ-medika mentösen Th erap i e Ihr Ziel ist es, die entzündliche Ak tivität zu senken und damit die entzündungsbedingten Symptome zu lindern. Sie ist also nur symptomatisch und nicht kausal. Eine Heilung des MC ist weder medi.
Tab. 5.23 Diagnostik bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.
Famil ien- und Eigenanamnese Körperliche
Untersuchun g
Haut/Schleimhaut, Tanner-Stadium, Abdomina lresistenzen, perianale Auffälligkeilen
Entzü ndungspara meter
BB, CRP, Eiweißelektrophorese, BSG, Immunglobu l i ne
Ausschluss von G I-Infektionen
Tbc, Yersinien, Amöben, Salmonel len, Viren
Ultraschall
Darmwanddicke, Cholelithiasis
Kotoskopie
Kaloskopie mit multiplen Biopsien (auch aus schei nbar gesunden Darmabschnitten ! )
Ösophago-Gastro Duodenoskopie
Bei V.a. M C; verzichtbar, wenn C U sicher erscheint
Dünndarm-Kon trastdarstellung (Doppelkontrast)
Alternativ N M R
Rö-Kontrasteinlauf
Selten in der Primärdiagnostik, erst bei V.a. Stenosen oder Fistelbildung
Abb.
5.35 Endoskopischer Befund bei Co litis u lcerosa mit massiver Schleimhautalte ration.
5.36 Langstreckige filiforme Stenose im Sigma bei Morbus (rahn.
Abb.
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kamentös noch chirurgisch möglich, aber es lassen sich mitunter sehr lange symptomfreie Intervalle erreichen. Eine Heilung ist nur für die CU und nur im Falle einer Proktokolektomie möglich.
Med i kamentös-konservative Thera pie
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Grundsätzlich stützt sich die Therapie auf den Einsatz antiinflammatorischer (5-Aminosalicylsäure, Glukokor tikoide) und immunsuppressiver (Azathioprin, Cy closporin etc.) Substanzen in Kombination mit Antibio tika zur Reduktion der Darmflora (Metronidazol). Die genannten Substanzen werden abgestuft je nach Aktivi tät und Schwere der Erkrankung und in Kombination eingesetzt. Die Nebenwirkungen der Therapie - gerade, wenn Immunsuppressiva oder Glukokortikoide zum Einsatz kommen - sind m itunter erheblich und belasten die Patienten enorm.
C h i r u rg ische Thera p ie Hier gilt der Grundsatz: "So lange wie möglich konser vativ und so wenig wie möglich operativ". Damit kann festgehalten werden, dass die Chirurgie erst im Falle von Komplikationen oder einer konservativ nicht beherrsch baren Krankheitsphase als Alternative erwogen werden sollte. Eine chirurgische "Therapie" im Sinne von Hei lung des Grundleidens ist beim MC nicht und bei der CU nur in Form der Proktokolektomie mit ileoanaler Anas tomose mit oder ohne Pouch möglich. Im Falle des MC sind es vor allem Darmstenosen mit Ileussymptomatik oder mit deutlicher Wachstumsverzögerung, Perforati on, Peritonitis, enteroenterale oder enterokutane Fisteln und intraabdominelle entzündliche Konglomerattumo ren, die zu einer chirurgischen Intervention zwingen. Bei der CU stellen das toxische Kolon (relativ selten) und die unstillbare, konservativ nicht zu beherrschende Blutung die Hauptindikation. Für beide Erkrankungen gelten als relative Operationsindikation ein Versagen der konservativen Therapie oder inakzeptable Neben wirkungen der medikamentösen Behandlung. Ausgedehnte Darmresektionen sind im Kindesalter, nicht zuletzt wegen des chronischen, möglicherweise le benslangen Verlaufs der Erkrankung mit der evtl. Not wendigkeit weiterer Operationen/Darmresektionen, möglichst zu vermeiden. Treten klinisch relevante seg mentale Stenosen auf, so kann eine isolierte Segmentre sektion oder eine sog. "Strikturoplastik" (Erweiterungs plastik) des betroffenen Darmabschnitts meist zum Ziel führen. Bei der häufigen ileozökalen Stenose ist die lapa-
roskopische Skelettierung der Region und die extraperi toneale Resektion und Anastomose über einen begrenz ten tiefen (bikinifreundlichen) Unterbauchschnitt eine bei j ungen Mädchen und Frauen akzeptierte Technik. Die chirurgische Behandlung der perianalen Crohn Komplikationen beschränkt sich auf lokale Maßnahmen wie Fistel- oder Abszessspaltung mit Abszessdrainage. Die chirurgische Behandlung sollte stets auch antibio tisch ( Metronidazol) unterstützt werden. Eine ausge dehnte Dickdarmresektion kommt beim MC nur sehr selten in Betracht. Bei der CU ist sie im Falle einer un stillbaren Blutung oder eines konservativ-medikamen tös nicht beherrschbaren Krankheitsverlaufs indiziert. Nach der Proktokolektomie wird eine kontinente ileo anale Anastomose angestrebt. Die auch heute noch pro pagierte direkte ileoanale Anastomose/ileoanale Durch zugsoperation steht in Konkurrenz zu einer Methode mit Pouchbildung. Dabei gibt es eine ganze Reihe an verschiedenen Pouches ()-, S-, W-Pouch). Allen Metho den gemeinsam ist die Reservoirbildung, auch mit dem Ziel, die gesteigerte peristaltische Aktivität des Ileums zu bremsen und die Entleerungshäufigkeit zu senken. In den meisten Fällen kann eine ausreichende Kontinenz erreicht werden. Auch für diese Eingriffe werden mini mal-invasive oder kombinierte Vorgehensweisen (lapa roskopische Präparation, transanaler Durchzug und anale Anastomose) diskutiert. Im Vorfeld einer geplan ten ausgedehnten chirurgischen Maßnahme kann eine präoperative hochkalorische parenterale Ernährung die Patienten in eine bessere Ausgangslage bringen. Ge meinsames Problem aller pouchbildenden Methoden ist die postoperative "Pouchitis", die meist nach einigen Jahren auftritt und für die Patienten sehr belastend ist. Eine regelmäßige Kontrolle ist unbedingt durchzufüh ren. LITERAT U R
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1 53
KAPITEL
6
Lucas M . Wessel, Bettina La nge u n d M a rtin M. Kaiser
Bauchwand
6. 1
Hernien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 56
6 . 1 .1
Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistenhernie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hydrozele (Wasserbruch) . . . . . . . . . . . . . Nabelhernie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Supraumbilikale und epigastrische Hernien Innere Hernien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6 . 1 .2 6 . 1 .3 6 . 1 .4 6 . 1 .5 6 . 1 .6 6 . 1 .7
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6.2
Rektusdiastase
6.2 . 1
Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik und Differenzialdiagnostik Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen .
6.2.2 6.2 .3 6.2.4
6.3
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Hodenhochstand
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 62
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 63
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6.3.5
Definition und Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassifikation Klinik und begleitende Symptome/Syndrome Diagnostik und Differenzialdiagnose . . . . . Therapie
6.4
Bauchwanddefekte (Omphalozele und Gastroschisis/laparoschisis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 73
6.4.1
6.4.5
Definition und Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Embryologie, intrauterine Diagnostik und Geburt . . . . . . . Symptome, klinische Ausprägung und Begleitfehlbildungen Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postoperativer Verlauf, Komplikationen und Prognose . . .
6.5
E rk rank u ngen des Nabels
6.5.1
Residuen des Ductus omphaloentericus/Meckei-Divertikel U rachus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 . 1 6.3 .2 6 . 3 .3 6 . 3 .4
6.4.2 6.4.3 6.4.4
6 . 5 .2
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 75
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 75 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 77
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 78 .
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 79
I
1 56
6 Bauchwand
6.1 H e r n i e n
Die unterschiedlichen Hernienformen gehen aus > Tabelle 6. 1 hervor. Am häufigsten wird die Leistenhernie angetroffen, die in indirekte (angeborene) und direkte (erworbene, sel ten, Erwachsenenform) unterteilt wird ( > Abb. 6.2 ).
6. 1 . 1 D efi n it i o n Eine Hernie (Bruch) der Bauchwand ist ein Vorfall des Bauchfells (Peritoneum) durch eine bereits bestehende oder sekundär entstandene Lücke. Mit dem Bauchfell treten ständig oder zeitweilig Organe bzw. Strukturen aus dem Bauchraum aus. Eine Hernie besteht aus: • Bruchpforte, die sich aus Schichten der Bauchwand bildet, z.B. Muskeln, Sehnen, Muskelhüllen usw. • Bruchsack, der die Hernie auskleidet und meist aus dem Bauchfell besteht. Die Größe ist sehr unter schiedlich und hängt von Ausmaß und Beschaffen heit der Bruchpforte ab. • Bruchinhalt, der potenziell aus sämtlichen Organen bzw. Strukturen des Bauchraums besteht. Meist sind dies im Fall des Leistenbruchs der Dünndarm und/ oder das Netz. Bei Mädchen unter 2 Jahren handelt es sich sehr oft um ein Ovar (Ovarvorfall). • BruchhüUen, die durch die den Bruchsack umgeben den Schichten gebildet werden. Beim Leistenbruch sind sie vierschichtig ( Haut, Faszie, Muskulatur, Pe ritoneum).
Tab. 6 . 1 E i nt ei lun g d e r Zwerchfel l hernien (Näh e res >- Kap. 4) und abdominalen Hernien. Zwerchfellhernien Aplasie des Zwerchfells (kein Bruchsack) Zwerchfelldefekt (Dia phragmarand, ke in B ruchs a c k ) Zwerchfellhernie (Bruchsack besteht nur aus Peritoneum und Pleura) Bochdalek-Hernie (lumbokostaler Defekt) Abdominale Hernien Paraduodenale Hernien Mese nter ikopari eta le Hernien Mesenterialdefekte Nabelhernie (Hern ia umbil icalis) Supraumbilikale Hernie
Epigastrische Hernie Leistenhernie (Hernia in gu i nalis direkt und in di re kt) ,
Femoralhernie (immer erworben, sehr selten) Narbenhernie (immer erworb e n seh r se lten ) ,
6. 1 . 2 E i nte i l u n g Hernien werden grundsätzlich in angeborene und er worbene Formen eingeteilt. Ferner werden sie nach ih rer Lokalisation differenziert ( >- Tab. 6.1). Im Kindesalter sind die meisten Hernien angeboren. Die Nabelhernie ist immer angeboren. Die häufigsten Hernien im Kindesalter sind i n > Abbildung 6. 1 sche matisch dargestellt.
�-1--'i;:,..--+--
Epigastrische Hernie Nabelhernie Leistenhernie Schenkelhernie
Abb.
6 . 1 Schema der häufigsten kindl ichen H ernien .
Abb. 6.2 Nabelhernie und Leistenhernie beidseits (rechts per ma gna) bei einem Säugling. in dieser Altergruppe werden nur die Leis tenhernien operativ versorg t.
6 . 1 H ernien
Die Bruchpforte der Nabelhernie befindet sich am Nabelring ( >- Abb. 6.3}. Bei der supraumbilikalen Hernie ist sie oberhalb des Nabelrings gelegen ( > Abb. 6.4} . Narbenhernien ( >- Abb. 6.5} treten im Kindesalter extrem selten auf; sie entstehen nach Voroperationen,
Abb.
6 . 3 Nabelhernie. i n diesem Fall handelt e s sich um eine sehr große Hernie im Sinne einer "gedeckten Omphalozele " .
wen n es zum Ausreißen des Nahtmaterials oder durch Infektionen zur Dehiszenz der Faszie kommt.
6.1 .3 Leiste n h e r n i e Leistenhernien gehören zu den häufigsten chirurgischen Erkrankungen des Kindesalters (0,8-4,4% aller Kinder). Die E nts tehung hängt embryologisch mit dem Descen sus testis zusammen. Die männliche Gonade wird in der Nierengegend a ngelegt und wandert bis zur Geburt durch den Leistenkanal ins Skrotum; dabei schiebt sie ei ne n Teil des Peritoneums vor sich her. Hieraus erklärt sich die Entstehung der Hodenhüllen. Verschließt sich die Verbindung zur Bauchhöhle nicht, so bleibt ein offe ner Processus vaginalis zurück. Demzufolge besitzt die i ndirekte Leistenhernie als Bruchsack grundsätzlich einen offenen P ro cess u s vagi nalis, der lateral der epigastrischen Gefäße gel egen ist und normalerweise perinatal verklebt. 80-90% der Neu geborenen zeigen einen offenen Processus vaginalis, der sich im Laufe des ersten Lebensjahres spontan ver schließt. D ies erklärt, warum die Leistenhernie am häu
figsten im Frühgeborenen- und Säuglingsalter vor kommt ( :> Abb. 6.6). Dabei ist zu betonen, dass ein of fener Processus vaginalis nicht zwangsläufig gleichbe deutend mit dem A uft reten einer Leistenhernie ist. Anhand autoplischer Untersuchungen ließ sich feststel len, dass ca. 30% der offenen Processus vaginales nie kli nisch apparent wurden.
Abb. 6 . 4 Supraumbilikale Hern ie. Die Bruch pforte liegt oberhalb des Nabel rings. Es hat sich ein Teil des Netzes eingeklemmt.
Abb.
6.5 Narbenhernie. Es fällt die Dehiszenz der Faszienränder auf, wodurch sich die Darmschlingen direkt unter der Haut nachwei sen lassen.
Abb. 6.6 Leistenhernie (ind irekt). Es fällt die durchgehende Schwellung vom inneren Leistenring bis zum Skrotum a uf.
1 57
1 58
6 Bauchwand
Die direkte Leistenhernie entsteht aufgrund einer Ge webeschwäche. Im Gegensatz zur indirekten Hernie ist die direkte Hernie medial der epigastrischen Gefäße ge legen. Sie tritt im Kindesalter selten auf. Noch seltener als die direkte Hernie sind im Kindesalter Femoral- und Schenkelhernien. Ü ber die I nzidenz beidseitiger Hernien liegen sehr unterschiedliche Angaben vor. Die linksseitige Hernie ist in 1 1 %, die rechtsseitige in 5,5% der Fäll e mit einer Hernie der Gegenseite vergesellschaftet.
Sym ptom e Das typische Symptom ist die meist schmerzfreie und passagere Schwellung in der Leiste. Bei ausgeprägten Hernien ist die Schwellung bis ins Skrotalfach nachweis bar. Die Palpation lässt eine weiche Schwellung ertasten, die sich problemlos zurückdrücken lässt ( >- Abb. 6.2 und > Abb. 6.6). Bei größeren Hernien können Darm schlingen im Skrotum tastbar sein. Die Gefahr der Ein klemmung scheint bei kleinen Bruchpforten zuzuneh men. Nicht selten und vor all em im Säuglingsalter ma chen sich Leistenhernien erst durch die Komplikation einer Einklemmung bemerkbar ( > Abb. 6.7).
Diag nost i k u n d D ifferenzia l d iagnose Die Diagnose einer Hernie wird primär stets aufgrund der Anamnese und der klinischen Untersuchung ge stellt. Die Angabe einer rezidivierenden Schwellung in der Leiste (im Verlauf des Leistenkanals), die spontan
Abb. 6. 7 E in g e kl e mm te Leistenhernie. Es bestand eine glänzende, d u rc h ge h e n de S c hwellun g vom inneren Le ist e n r i ng bis zum Skro
tum, die sehr berührungsempfindlich und bretthart war. Der Säug l ing wa r in einem reduzierten Allgemeinzustand.
wieder verschwindet, reicht als Operationsindikation aus. Diese Angaben können von den Eltern, der Hebam me oder vom Kinderarzt gemacht werden. Apparative Untersuchungen wie die Sonographie sind selten ergän zend notwendig und dienen der Differenzialdiagnostik bzw. dem Ausschluss von Komplikationen (Dopplerso nographie zur Prüfung der Durchblutung; s_ unten den Abschnitt "Komplikationen"). Von der Leistenhernie ist differenzialdiagnostisch eine Hydrozele abzugrenzen ( > Abb. 6.8). H ierzu eig net sich die Diaphanoskopie nur bedingt. Der mit Flüs sigkeit gefüllte Säuglingsdarm unterscheidet sich in seiner Durchleuchtungseigenschaft n icht von dem der Hydrozele. Die Abgrenzung einer Inkarzeration von der Hydro cele funiculi ist meist klinisch möglich, kann jedoch auch schwierig sein. Die Hydrozele lässt sich nach kra nial zum inneren Leistenring abgrenzen, im Gegensatz zur Leistenhern ie , die eine kontinuierliche Verbindung zur Bauchhöhle über den Processus vaginalis aufweist. Bei der Hydrozele bestehen keine Schmerzen in der Anamnese und auch die Palpation verursacht keine Schmerzen { Ausnahme: Es erfolgt ein brüsker "Reposi tionsversuch" der vermeintlichen Einklemmung) . Aller dings sollte u mgekehrt bei einer neu aufgetretenen Hy drocele funiculi eine inkarzerierte Hernie ausgeschlos sen werden. Weitere Differenzialdiagnosen sind der Hodenhoch stand, die Varikozele und ein Lymphknoten. Beim Ho denhochstand ist das Skrotalfach leer und es bestehen keine Schmerzen. Der in der Leiste gelegene Hoden ist auf Druck empfindlich. E in Lymphknoten lässt sich ty pischerweise in der Leiste in der Nähe der großen Gefä ße ohne Schmerzen ertasten und in der Regel in alle
Abb. 6.8 Hydrocele testis beim Jugendlichen. Die Skrotalhälfte ist sta rk angeschwollen; die Schwellung begrenzt sich auf das Skrotum
und lässt sich nicht bis zum inneren Leistenring verfolgen. Sowohl klinisch als a uch sonographisch lässt sich Flüssigkeit darstellen.
6 . 1 Hernien
Abb. 6.9 Varikozele (Schema). Zu beachten sind die varikös verän derten Gefäße links.
Richtungen verschieben, außer bei einer Entzündung. Bei der Varikozele werden im Skrotalfach oberhalb des gut tastbaren Hodens die varikös veränderten Gefäße palpiert ( >- Abb. 6.9).
Abb. 6.10 Operation einer Leistenhernie: hohe Präparation und Abtragung des proximalen Bruchsacks (Schema).
Thera p i e E s gibt keine evidenzbasierte konservative Therapie für Leistenhernien. Dagegen liegen anekdotische Mitteilun gen von sekundären Verschlüssen des offenen Proces s us vaginalis im Laufe der Beobachtungszeit ( < 0, 1 %/ Jahr) vor. Grundsätzlich stellt die Diagnose einer Leistenhernie eine Indikation zum operativen Vorgehen dar, vor allem um Komplikationen zu vermeiden. Die Operation kann ambulant durchgeführt werden. Bei Frühgeburtlichkeit, Alter < 6 Monaten und Komorbidität sollte eine kurze, stationäre Aufnahme erfolgen, um einen problemlosen postoperativen und insb. postanästhesiologischen Ver lauf ( Risiko der Apnoe) zu sichern. Die Indikation wird nur bei Komplikationen (z.B. Einklemmung) sofort ge stellt. Sonst wird der nächst mögliche, auch für die Fa milie günstige Termin gewählt. Bei Früh- und Neugebo renen sollte die Operation bald erfolgen, da die Einklem mungsgefahr im I . Lebensjahr am größten ist. Die Operation wird grundsätzlich in Vollnarkose, kombiniert mit Regional- (Kaudalblock) oder Lokalan ästhesie (N.-ilioinguinalis-Block) durchgeführt. Aus nahmsweise kann die Operation bei ehemals Frühgebo renen mit pulmonalen Komplikationen auch in Spinal anästhesie erfolgen. Nach wie vor ist die konventionelle Operation das Standardverfahren. Ü ber einen horizontalen Schnitt in der Leiste ( Spaltlinien der Haut!) erfolgt die Ö ftimng des Leistenkanals. Der Funiculus spermaticus wird freiprä pariert und angeschlungen. Nach Abschieben der Kre masterfasern werden Hodengefaße und Ductus deferens freipräpariert und bis zum inneren Leistenring verfolgt. Danach ist der Processus vaginalis sicher zu durchtren-
Abb. 6. 1 1 Hohe Unterbindung des proximalen B ruchsacks, nach dem Hodengefäße und Ductus deferens abpräpariert und ange schlungen wurden.
nen und zu unterbinden ( >- Abb. 6. 1 0, >- Abb. 6. 1 1 ) . Ein großer, verbleibender Rest des Processus vaginalis nach skrotal hin soll zur Vermeidung einer sekundären Hydrozele weit gespalten werden. Weder Hodengefäße noch Ductus deferens dürfen durchtrennt bzw. durch die Ligatur eingeengt werden. Die inguinalen Nerven sind unbedingt zu schonen. Bei Jungen wird die Operat ion nach Ferguson ( Liga tur des Bruchsacks am inneren Leistenring und Adapta tion des M. internus abdominis an das Leistenband) durchgeführt. Für Mädchen kommt die Methode nach Bastianelli ( Fix ierung des Lig. teres uteri an die Bauch muskulatur) zur Anwendung. Prinzipiell kann die Operation auch laparoskopisch er folgen ( >- Abb. 6 . 1 2). Unterschiedliche Verfahren sind zum Verschluss beschrieben. Die Implantation von Kunststoffmaterialien wie bei Erwachsenen ist grundsätz lich nicht notwendig. Es besteht die Möglichkeit der in trakorporalen Vernähung des inneren Leistenrings bzw. die Verknotung über einen "Outside-inside"-Knoten.
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6 Bauchwand
Abb. 6. 1 2
Laparoskopische Operation ei ner indirekten Leistenher nie links mit Blick in den offenen Processus vaginalis (Gefäße nach links ziehend und Ductus mittig sichtbar).
Die grundsätzliche Exploration der Gegenseite ent behrt jeglicher Evidenz. Das Auftreten einer gegenseiti gen Hernie ist in höchstens 5% der Fälle zu beobachten. Nur bei Frühgeborenen wird häufiger (bis 20%) eine beidseitige Leistenhernie festgestellt. Die elektive Operation erfolgt stets zur Vermeidung von Komplikationen (z.B. Einklemmung). Bei der Einklemmung einer Leistenhernie muss in Analgosedierung die sofortige Reposition erfolgen. Diese wird am besten bimanuell durch sanften Druck auf das Skrotum im Verlauf des Leistenkanals erreicht. Fast alle Hernien lassen sich reponieren. Gelingt die Reposition nicht, muss unverzüglich die operative Freilegung und Herniotomie durchgeführt werden. Die Verzögerung der Operation geht nicht selten mit einer Infarzierung des Hodens oder aber mit einer Strangulation des einge klemmten Darms (Perforation!) einher ( > Abb. 6. 1 3 , > Abb. 6. 1 4a, b).
Kom p l i kationen und Prog nose
Abb. 6 . 1 3
lnkarzerierter Darm bei eingeklemmter Leistenhernie. Der geschädigte Darm ist wegen Abklemm ung des Abflusses dunkel und venös infarziert.
Abb. 6. 1 4
Die Inkarzeration des Darms ist die häufigste periopera tive Komplikation, die bei der Leistenhernie vorzugs weise im ersten Lebensjahr auftritt. Unbehandelt führt die Einklemmung zur Ischämie und Nekrose des Darms und/oder zur venösen lnfarzierung des Hodens (stau ungsbedingt, > Abb. 6. 13, > Abb. 6. 1 4a, b). Diese Be funde lassen sich durchaus dopplersonographisch verifi zieren bzw. ausschließen. Außer der sehr prallen und schmerzhaften Schwellung besteht häufig Erbrechen ( obstruktionsbedingt oder reflektorisch durch Peritone alreiz). Die Einklemmung ist ein Notfall. Bei Mädchen kann das Ovar vorfallen bzw. einklem men. Für die Einklemmung spricht die schmerzhafte
Hodenschaden wegen eingeklemmter Leistenhernie. Sowohl Hoden als auch Nebenhoden sind, bedi ngt durch die Abklemmung der Gefäße, venös infarziert.
6.1 Hernien
Schwellung, die mit Rötung einhergehen kann. Die dopplersonographische Untersuchung klärt das Aus maß der gonadalen Durchblutung. Es muss die sofortige Operation erfolgen. Beim reinen Vorfall ohne Einklem mung ist das Ovar beweglich. Die Operation kann elek tiv am nächsten Tag, muss jedoch beim geringsten Zweifel notfallmäßig erfolgen. Postoperative Komplikationen der konventionellen Operation sind R ezid i ve (ca. 0 ,3 % ) und p ostopera tive Hodenschäden (ca. 0,2%), entweder als sekundärer H o denhochstand oder als Hodenatrophie. Durchtrennung der Inguinalnerven bzw. des Ductus deferens sind weite re Kom pl ikationen (ca. 0,2 bzw. 0,06%). Nach Iaparoskopischen Operationen sind die Narben zwar deutlich kleiner, jedoch muss eine erheblich höhe re Rezidivrate (bis 1 0%) in Kauf genommen werden. Insgesamt hat die unkomplizierte Leistenhernie eine ausgezeichnete Prognose. Komplikationen sind in aller Regel vermei d b ar Kontrollen 3 und 1 2 Monate postope rativ (evtl. beim niedergelassenen Arzt) zur Beurteilung der Hodengröße und -Iage bzw. zum Ausschluss eines Rezidivs sind sinnvoll.
Abb. 6 . 1 5 Hydrozele beim Kleinkind. Der Hydrozelensack über dem Funikel (Hydrocele funiculi) mit der a bgekapselten Flüssigkeit wurde vollständig abpräpariert.
6.1 .4 Hyd roze l e (Wasserb ruch)
Verbindung zur Bauchhöhle, so nimmt die Schwellung über Nacht immer ab (kommunizierende Hydrozele).
.
Die Entstehung einer Hydrozele ist ebenfalls mit dem Descensus testis zu erklären. Die H ydrozele ist ein mit Peritonealflüssigkeit gefüll ter Processus vaginalis, der mit der Bauchhöhle über ei ne kleine Verbindung kommunizieren kann (kommuni zierende Hydrozele, Durchtritt für Darmvorfall zu eng). Die Flüssigkeit kann sich bei Ob l i terat i o n der V e rbi n dung zur Bauchhöhle im Verlauf des Processus vaginalis abkapseln ( H ydrocele testis oder funiculi non-commu nicans, > Abb. 6. 1 5). Die Häufigkeit der Hydrozele b e trägt u ngefähr 50% der Inzidenz einer Leistenhernie. Im Gegensatz zur Leis tenhernie kann sie bei Obliteration d er Verb in d ung zum Bauchraum im Laufe der ersten beiden Lebensjahre, vor allem in den ersten 3 Lebensmonat en, spontan ver schwinden.
Sym ptome Es besteht eine schmerzlose, verschiebliche, meist bläu lich schimmernde Schwellung entweder in der Leiste, im Skrotalfach oder aber im Verlauf des Samenstrangs. Diese Schwellung kann in ihrer Ausprägung sehr unterschied lich sein und hä ng t von der F ü l l ung der Hydrozele ab ( :> Abb. 6.8). B es teh t über den Processus vaginalis eine
Diagn ost i k Die Diagnose stellt man aufgrund der klinischen Unter suchung. Die Diaphanoskopie ist posit iv ; das gilt aller dings auch für die eingeklemmte Leistenhernie im Säug l ings alt er. Im Gegensatz zur Leistenhernie ist die Hydro zele im Regelfall distal des inneren Leistenrings abgrenz bar (Processus vaginalis setzt sich bis ins Peritoneum fort). Bei grö ß e ren Kindern bzw. Jugendlichen und plötzli chem Auftreten müssen ein Trauma, ein Hodentumor oder eine H odentorsion au sgeschlossen werden.
Thera p i e Besteht die Hydrozele über das 2. Lebensjahr hinaus oder vergrößert sich stark, wird grundsätzlich der kon Velltionellen Operation von der Leiste aus der Vorzug gegeben. Die Kommunikation zwischen Peritoneum und Processus vaginalis wird unterbunden und die H yd rozele breit gespalten. Kleinere Hydrozelen lassen sich komplett resezieren ( > Abb. 6. 1 5) . Bei älteren Patien ten kann die Spaltung der Hydrozele, das U m stül pen des Processus vaginalis um den H oden und Vernähen der
1 61
1 62
6
Bauchwand
Ränder (Operation nach Winkelmann oder Bergmann) angewandt werden. Im postoperativen Verlauf kommt es regelhaft zu ei ner erneuten Schwellung im ehemaligen Bett der Hydro zele, was zum einen mit einer Ö dembildung, zum ande ren mit der sekretorischen Fähigkeit des verbliebenen Peritoneums zusammenhängt. In aller Regel klingt diese Schwellung innerhalb von 1 4 Tagen spontan ab. Es ist wichtig, die Eltern auf diese Tatsache hinzuweisen. Eine intraoperativ gelegte Wunddrainage ändert meist nichts an diesem Verlauf, sodass sie nur ausnahmsweise bei sehr großen Hydrozelen indiziert sein kann.
Kom p l i kationen u n d Prog n ose
I
Aus einer akuten Zunahme der Hydrozelengröße bzw. der Entstehung einer Schwellung kann in Ausnahmefal len eine venöse Abflussbehinderung mit der Gefahr ei ner Hodennekrose resultieren. Die durch die Hydrozele erhöhte Temperatur in der Leiste soll Anlass für Hoden schäden bzw. verminderte Fertilität sein. Letzteres konn te jedoch bislang nicht glaubhaft nachgewiesen werden. Die Prognose der Hydrozelen ist exzellent. Wird aller dings ein zu großer Rest des Processus vaginalis belas sen, kann dies Rezidive zur Folge haben.
6. 1 .5 N a be l h e r n i e Die Entstehung der Nabelhernie hängt mit der embryo logischen Entwicklung des Darms zusammen. Da die Entwicklung des Bauchraums nicht mit der des Darms Schritt halten kann, entwickelt sich ein Teil des Darms extrakorporal ( >- Abschn. 6.4) . Der offene Nabelring der Nabelhernie verschließt sich normalerweise spontan bis zu m Ende des 2. Lebensjahres. In Einzelfallen wur den Verschlüsse bis zum 6. Lebensjahr beschrieben. Die Inzidenz der Nabelhernien ist deutlich niedriger als die der Leistenhernien.
Sym ptome Beim Nabelbruch besteht die Schwellung unmittelbar am Nabel. Die gelegentlich monströse Vorwölbung lässt sich am besten beim stehenden, pressenden Kind nach weisen ( >- Abb. 6.2, >- Abb. 6.3). Die Vorwölbung beim Nabelbruch ist immer reponibel, die Einklemmung eine ausgesprochene Rarität. Häufig bestehen undefi nierbare, rezidivierende umbilikale Beschwerden, deren Zusammenhang mit der Nabelhernie sehr fraglich ist.
Diag nosti k Die Nabelhernie lässt sich stets durch die Lokalisation und die Möglichkeit der Reposition von den epigastri schen und supraumbilikalen Hernien abgrenzen. Diffe renzialdiagnostisch müssen Weichteiltumoren ausge schlossen werden.
Thera pie D i e Nabelhernie wird bis zum 2. Lebensjahr beobachtet. Die besorgten Eltern müssen durch verständliche Auf klärung über die hohe Selbstheilung informiert werden. Auf die Wirkungslosigkeit von Nabelbinden oder Nabel pflastern ist hinzuweisen. In seltenen Fällen einer über großen Hernie ("gedeckte Omphalozele") oder einer Ein klemmung ist die frühere operative Versorgung indiziert. Der Bruch wird von einem infraumbilikalen, die hal be Zirkumferenz umfassenden Schnitt versorgt. Der Na belring wird durch direkte Nähte entweder nach Spitzy oder nach Mayo (Fasziendoppelung) verschlossen. Der verbliebene Herniensack wird dann aus den Weichteilen des Nabels herauspräpariert Hierbei darf weder eine Perforation der Haut gesetzt noch eine Kompromittie rung der Hautdurchblutung verursacht werden. A n schließend wird der Hautnabel wieder auf der Faszie fi xiert und die Haut verschlossen.
Kom p l i katio n e n u nd Prog nose Die Prognose der Nabelhernien ist exzellent. Komplika tionen der Operation oder Rezidive sind ungewöhnlich. Vielmehr handelt es sich dann um eine insuffiziente Erstversorgung.
6.1 .6 S u p ra um bi l i ka l e u n d e p i g astrische Hernien Bei der supraumbilikalen Hernie handelt es sich u m eine Hernie, die direkt kranial des verschlossenen Nabelrings lokalisiert ist. Ein Vorfall von abdominellem Inhalt ist möglich. Die B ruchpforte ist kleiner als bei der Nabel hernie ( > Abb. 6.4) Ist die H ernie paramedian, weiter kranial des Nabels gelegen, so handelt es sich um eine epigastrische Hernie. Hierbei besteht ein Fasziendefekt der Re kt us mus ku la tur, durch den prli peritoneales Fett he rvo r t r itt. Ein w i rk licher Bruchsack be s te h t bei d ieser H e rn ie nicht. ßeide Hernien kommen selten vor.
6.1 H ernien
Sym ptome Das Hauptsymptom ist die i n der Regel völlig schmerzlose Schwellung, die unter Pressen zunehmen kann. Supraum bilikale und epigastrische Hernien werden gerne mit chro nischen Bauchschmerzen in Verbindung gebracht. Bevor jedoch die Indikation zur Operation gestellt wird, muss sich die Hernie einwandfrei verifizieren lassen. Der Zu sammenhang mit den Beschwerden ist äußerst fraglich.
D i a gn ostik Die Diagnose wird in erster Linie klinisch gestellt. I m Zweifelsfall lässt sich d i e Lücke der Faszie mithilfe der hochauflösenden Sonographie ( Schallkopf 1 0 MHz oder mehr) nachweisen.
Th era pie Supraumbilikale Hernien werden von einem entspre chenden supraumbilikalen, semizirkulären Schnitt aus versorgt. Die Versorgung ist prinzipiell nicht von der ei ner Nabelhernie zu unterscheiden. Die Lücke liegt aller dings kranial des Nabelrings und wird nach Präparation über eine direkte resorbierbare Naht verschlossen. Für die epigastrischen Hernien benötigt man eine Querinzision über der sichtbaren und präoperativ mög lichst am stehenden Kind markierten Läsion, die sich im Liegen oft nicht mehr nachweisen oder tasten lässt. Es handelt sich um eine Lücke in der Faszie, durch die das Fettgewebe vordringt. Ein Vorfall von abdominellem ln halt besteht nie. Zur Versorgung reicht der Verschluss der Faszie.
der Bauchhöhle nicht. Sie besitzen keinen Bruchsack und bestehen zumeist aus Darmschlingen, die in angeborene oder erworbene Lücken, Taschen oder Nischen des parie talen bzw. viszeralen Peritoneums hineinragen. Bruchpforten innerer Hernien entstehen während der normalen Darmentwicklung in vorgebildeten Taschen und Falten des Bauchfells (wie z.B. in das Foramen epi ploicum, den Recessus duodenalis oder ileocaecalis). Sie können auch durch Defekte in den Mesenterien entste hen und werden dann als transmesenteriale Hernien be zeichnet (z.B. im zökumnahen Anteil des Mesoileums, im Omentum majus oder minus, im Mesokolon o.Ä .). Die Entstehung ist unklar; es werden Defekte während der Embryonalentwicklung angenommen. Im Kindesal ter können sie auch Folge von Rotationsanomalien des Darms im Laufe der Embryonalentwicklung sein. Die Ursache wird in der ausbleibenden Verschmelzung der Mesenterien vermutet. Dadurch entstehen Herniae me sentericoparietales und parajejunales. I nnere Hernien können auch posttraumatisch und postoperativ durch zurückgelassene Lücken bedingt sein.
Symptome Die inneren Hernien fallen durch chronische, rezidivie rende Bauchschmerzen mit mehr oder weniger ausge prägten Obstruktionsbeschwerden (peristaltikabhängi ge Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Distension des Abdomens und Stuhlverhalten) bis zum Vollbild des Ileus auf ( >- Abb. 6. 1 6). Abhängig von der Größe der Bruchlücke bzw. des Bruchsacks kann es zu Inkarzerati onen des Darms mit Ischämie, Nekrose und Perforation kommen. Diese gehen mit einem perakuten Abdomen einher. Das perakute Abdomen wird von Schocksymp-
Ko m pl ikationen und Prog nose Die Einklemmungsgefahr ist außerordentlich selten und nur bei der supraumbilikalen Hernie möglich. Da bei der epigastrischen Hernie kein Bauchinhalt vorfällt, ist die Einklemmung auszuschließen. Die Prognose der Versorgung ist exzellent. Schlechte Ergebnisse hängen mit einer fehlerhaften I ndikations stellung zusammen.
6.1 .7 I n n ere H e rn i en Der Bruchin halt innerer Hern ien liegt stets in nerhalb der Peritonealhöhle. Innere Hernien durchbrechen die Wand
Abb. 6. 1 6
Bauchwandhernie im Sinne einer inneren Hernie nach Korrektur eines Zwerchfelldefekts mit Kunststoff-Patch. Dieser wur de um die Rippen verankert u nd verursachte dadurch eine Schädi gung der die Bauchmuskeln innervierenden Nerven .
1 63
I
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6 Bauchwand
tomatik begleitet und stellt einen chirurgischen Notfall dar. Zu spät durchgeführte Operationen können auf grund ausgeprägter Nekrose Anlass zu ausgiebigen Re sektionen und konsekutivem Kurzdarmsyndrom sein.
Bei der Einklemmung mit Ischämie oder gar Nekrose ist die Laparotomie meist unumgänglich. Auch hier wird die vorgebildete Lücke, durch die der Dünndarm geschlüpft ist, gesucht und der Dünndarm aus dieser Lü cke reponiert. Die Lücke wird mit Nähten verschlossen. Nekrotische Darmanteile müssen reseziert werden.
D i a g n osti k u nd D ifferenzia l d i a g nost i k Die inneren Hernien lassen sich radiologisch aufgrund der Luftverteilung in der Abdomenübersicht nicht weiter differenzieren. Zur weiteren Abklärung kann die Kont rastmitteldarstellung des Darms aufschlussreich sein. Mit ihrer Hilfe lässt sich eine Fehldrehung des Darms nach weisen. Vor allem die Lage des Duodenums (fehlende Kreuzung der Mittellinie) und seine Beziehung zum Ko lon (Duodenum rechts der Mittellinie, Kolon komplett links, oder aber Kolon dorsal des D uodenums gelegen) können Aufschluss über die Malrotation geben. Im Zwei felsfall muss die endgültige Klärung jedoch unverzüglich operativ erfolgen. Nicht selten sind Rotationsfehler des Darms mit einem Volvulus vergesellschaftet. Durch die Drehung der Gefäßversorgung des Darms droht die irre versible Infarzierung des Dünndarms. Die Folge ist eine ausgedehnte Nekrose des Dünndarms und die Ausbil dung eines Kurzdarmsyndroms. Mit der Sonographie gelingt der Nachweis einer inne ren Hernie nur unsicher. Selten ist die funktionelle Be stimmung der Magenentleerung (Atemtest, Sonographie, Szintigraphie) indiziert. Die innere Hernie muss von Ma genentleerungsstörungen, sekundären Ursachen des Er brechens (zentral, Nahrungsunverträglichkeit), Gastritis und infektiöser Gastroenteritis abgegrenzt werden.
Therapie Werden nur rezidivierende Beschwerden ohne I leuszei chen a ngegeben und besteht aufgrund der Diagnostik der begründete Verdacht auf eine innere Hernie, so kann eine Iaparoskopische Abklärung erfolgen . Vermu tet werden kann die innere Hernie, wenn Dünndarm schlingen an ungewohnten Stellen sichtbar sind. Dies kann in der Bursa omentalis, in einem Recessus oder pa raduodenal sein. Dazu müssen die unterschiedlichen Lücken abgesucht werden. Der Darm wird aus den vor gebildeten Lücken herausgezogen und reponiert. An schließend wird die Ö ffnung (wie die Bursa omentalis, der Rezessus am Mesokolon oder mesoileal bzw. di e pa raduodenale Ö ffnung) mit Nähten verschlossen, damit kein Rezidiv entsteht. M i tunter kan n die exakte Zuord nung der inneren Hernie so schwierig sein, dass sie erst per Laparotomie sichergestellt werden kann.
Kom p l i kationen Eine Einklemmung innerer Hernien geht häufig mit ar terieller Durchblutungsminderung oder venöser Infar zierung einher und führt zur Darmwandnekrose. Kom plikationen hängen damit zusammen. Symptome sind perakute Bauchschmerzen mit Erbrechen, Schocksymp tomatik (im Sinne eines akuten Abdomens) mit Zeichen der Organnekrose (Azidose, Laktaterhöhung).
6.2 Rektusd iastase Unter einer Rektusdiastase versteht man das Auseinan derweichen der supraumbilikalen Rektusmuskulatur. Es handelt sich nicht um eine H ernie, sondern um eine ge wisse Schwäche der Faszie im Bereich der Linea alba oberhalb des Nabels. Die Ursache für das Auftreten ei ner Rektusdiastase ist nicht geklärt.
6.2.1 Symptome Die Rektusdiastase macht sich durch eine schmerzlose Vorwölbung im Oberbauch zwischen den beiden Rek tusmuskeln bemerkbar ( > Abb. 6. 1 7). Die Vorwölbung verstärkt sich durch Einsetzen der Bauchpresse. Es han delt sich in erster Linie um ein kosmetisches Problem.
Abb. 6 . 1 7 Rektusdiastase Der untersuchende Finger l iegt in der Faszienlücke zwischen den beiden Rektusmuskeln; kranial davon wölbt sich das Peritoneum vor.
6.3 Hodenhochstand
6.2.2 D i a g n osti k u n d D ifferenzi a l d i a g n osti k Die Diagnose wird anamnestisch und klinisch gestellt. Es kann eine Lücke zwischen beiden Rektusmuskeln ge tastet werden. Differenzialdiagnostisch ist ein Prune-Belly-Syndrom bzw. eine Lähmung der Bauchmuskulatur auszuschlie ßen. In der Regel ist die Diagnose jedoch klar.
6.2.3 Thera p i e Die Therapie ist zunächst grundsätzlich konservativ. Im Laufe der weiteren Entwicklung kommt es nahezu aus nahmslos zu einer spontanen Verstärkung der Faszie, wodurch die Rektusdiastase mit zunehmendem Alter verschwindet. Die I ndikation zur Operation sollte auch nicht aus kosmetischer Indikation gestellt werden, da die Vorteile der Verstärkung der Rektusscheide mit dem Nachteil ei ner großzügigen Narbe erkauft werden.
6.2.4 Ko m p l i kationen Komplikationen sind nicht zu erwarten, da keine wirkli che Hernie vorliegt und somit keine Einklemmung auf treten kann.
6.3 H o d e n h oc h sta n d 6.3.1 Defi n it i o n u n d Ät i o l o g i e Der Hodenhochstand (Maldescensus testis, Retentio tes tis) ist die häufigste angeborene Anomalie des Urogeni taltrakts und durch eine Störung des Descensus testis aufgrund mechanischer und/oder hormoneller Faktoren gekennzeichnet. Der Hodenhochstand tritt bei reif gebo renen Knaben mit einer Häufigkeit von l -3% und bei männlichen F rüh gebore nen mit einer Häufigkeit von bis zu 30% auf. Bei Frühgeborenen ist der Descensus testis zum Ge burtstermin noch nicht vollzogen, bei reif geborenen Knaben ist dies bei über 90% erfolgt. Im Laufe des l . Le bensjahres deszendieren von den verbliebenen 1 0% spontan noch einmal 80-90%. Bei den restl ichen Kna ben ( 1 -2%) re s u l t ier t ein 1-lodenhochstand.
Die Ätiologie des Hodenhochstands ist bis heute nicht in allen Einzelheiten geklärt. Die Ursachen sind multi faktoriell. Der Descensus testis gliedert sich in drei Pha sen: die abdominelle, die transinguinale und die ingui noskrotale Translokation des Hodens. Der Einfluss folgender Faktoren wird dabei diskutiert: • Gubernaculum testis: bewirkt inguinale Translokati on des Hodens unter dem Einfluss von Anti-Müller Hormon der Sertoli-Zellen und Androgenen der Ley dig-Zellen. • Lig. diaphragmaticum: dem Gubernaculum testis und der Gonade anhängend, dabei mit dem Lig. Sus pensorium Abstützung für das Mesonephron (dege neriert). • Processus vaginalis: wichtig für die transinguinale Translokation des Hodens. Entsteht im Bereich der inguinalen Bauchwand aus dem Peritoneum parieta le durch erhöhten intraabdominellen Druck. • Descensus des Nebenhodens: durch das Gubernacu lum testis gemeinsamer Descensus mit dem Hoden, fusioniert mit diesem. • N. genitofemoralis: produziert unter der Wirkung von Testosteron CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide), dieses fördert die inguinoskrotale Translo kation. Ursächlich ist meistens eine intrauterine Insuffizienz der Hypothalamus-Hypophysen -Gonaden-Achse im Sinne eines passageren pränatalen (und dann auch präpubertären) , hypogonadotropen Hypogonadismus. Infolgedessen muss der H odenhochstand als eine Endo krinapathie angesehen werden. Der Nondescensus testis ( > Abb. 6. 1 8 ) ist Teil des Primärschadens, der eine Fertilitätsstörung und erhöhte Malignitätsrate sowohl ipsi- als auch kontralateral zur Folge hat. Diesem kann sich ein Sekundärschaden aufpfropfen, wenn der Hoden über Jahre hinweg unphysiologisch hohen Temperatu ren ausgesetzt ist.
6.3.2 K l assifi kation Im deutschsprachigen Raum wird der Begriff "Kryptor chismus" für den ein- oder beidseits nicht tastbaren Ho den verwendet. D ie U rsache hierfür (Anorchie oder Re tentio testis abdominalis) ist n icht definiert. Der Hodenhochstand (Maldescensus testis) wird bei vorhandenem Hoden auf der betrofFenen Seite in die Re tentio testis und Hodenektopie unterteilt ( > Abb. 6. 1 9). Unter der Retentio testis versteht man bei Existenz des Hodens auf der betroffenen Seite global die u nvol l ständige phys iologische Hodenwanderung. Man u n ter scheidet den Bauchhoden ( Retentio testis abdominalis:
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I
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6 Bauchwand
Hoden intraabdominell gelegen, nicht palpabel), den Leistenhoden (Retentio testis inguinalis: Hoden in der Leiste, nicht in das Skrotum zu verlagern) und den Gleithoden ( Retentio testis praescrotalis: Hoden ober halb des Skrotums, Verlagerung nur unter Spannung
Hoden
Unteres Keimdrüsenband
möglich, Hoden gleitet sofort in die ursprüngliche La ge zurück). Unter einer Hodenektopie versteht man das Abwei chen der physiologischen Hodenwanderung von der normalen Route. Der Hoden liegt infolgedessen anstatt
Peritoneum parietale
Processus vaginalis 3. SSM
2. SSM
I
Processus vaginalis
Tunica vaginalis
Gubernaculum testis
7. 55M
testis NG
Retentio testis
Hoden bleibt auf seinem Weg nach unten irgendwo stehen
Überschießender Kremasterreflex
Hoden verirrt sich auf seinem Weg nach unten
Präfasziale Hodenektopie
Ektopia pe n i l i s
Ektopia femoralis Ektopia perinealis
Retentio testis präscrotalis (Gieithoden)
Abb. 6. 1 9 Formen des Hodenhochstands (Schema).
N ormaler Descensus (Schema).
Pendelhoden
Hodenektopie
Retentio testis abdominalis (Bauchhoden)
Retentio testis inguinalis (Leistenhoden)
Abb. 6.1 8
6.3 Hodenhochstand
im Skrotalfach auf der Aponeurose des M . obliquus ex ternus (suprafasziale Ektopie), penil (an der Peniswur zel) oder transversal (auf der Gegenseite), perineal oder femoral. Die Ursache liegt in einer groben Fehlinsertion des Gubernaculum testis. Die inguinal-epifasziale Ekto pie kommt mit 70% a m häufigsten vor und kann palpa torisch mit einem Leistenhoden verwechselt werden. In seiner ektopen Lage ist der Hoden vermehrt vulnerabel. Von diesen behandlungsbedürftigen Formen des Ho denhochstands muss der Pendelhoden als Normvarian te abgegrenzt werden. In dieser Situation liegt der Ho den spontan im Skrotum oder kranial davon. Durch ei nen stark ausgeprägten Kremasterreflex, der auch durch Kälte oder psychischen Stress provoziert werden kann, wird der Hoden in das obere Skrotum gezogen. In war mer, entspannter Umgebung (Bett, Badewanne) deszen diert er j edoch wieder spontan in das untere Skrotum. Tab. 6.2 Einteilung des Hodenhochstands. Formen
Pathophysiologie
Anarchie
• Keine Hodenanlage (selten Hypoplasie) • Intrauterine
Kryptorchismus Maldescensus testis • abdominalis i nguin a l i s praescrotalis •
•
Hodentorsion (vaskuläres lnzident, vanishing testis) " " Verborgener Hoden, kein Hoden darstellbar
•
Hoden im Abdomen (Bauchhoden) Hoden im Leistenkanal (Leistenhoden) • Hoden im oberen Skrotalfach (Gleitho den)
•
•
Hodenektopie
•
Pendelhoden
•
Hoden hat den normalen Weg des De scensus verlassen (Externusaponeurose, femoral, Damm, Penis)
Eine Therapie ist hier nicht erforderlich ( >- Tab. 6.2, >- Abb. 6.20). Vom primären Hodenhochstand muss die sekundäre Aszension der Gonade unterschieden werden. Ein pri mär im Skrotalfach lokalisierter Hoden retrahiert sich zunehmend aufgrund eines inadäquaten Längenwachs tums bzw. aufgrund retinierender, fibröser Anteile des Samenstrangs. V e rbl ei bt der Hoden mehrere Jahre (> 6 Jahre) in dieser Position, so entwickelt auch er den bereits bekannten Sekundärschaden mit Abnahme der Geschlechtszellenzahl und erhöhtem Malignitätsrisiko. Ein sekundärer Hodenhochstand infolge einer post operativen narbigen Fixierung des Samenstrangs ( Häu figkeit 0,5-2% nach Leistenhernienoperation) erfordert eine primär operative Therapie im Abstand von 6 Mona ten zum V oreingriff.
6.3.3 K l i n i k u n d beg l e ite n d e Sym ptom e/ Syn d rome I m Rahmen der I nspektion und bimanuellen Palpation ist der Hoden nicht im Skrotum ( >- Abb. 6.2 1 ) lokali siert. Der Hodensack kann mehr oder weniger hypoplas tisch sein. Infolge einer fehlenden Virilisierung ist das Ausmaß der skrotalen Hypoplasie Gradmesser für die Ausprägung des Primärschadens. Der Hodenhochstand kann sowohl isoliert als auch als Teilbefund zahlreicher genetischer Erkrankungen bzw. Syndrome auftreten. Beim isolierten Hodenhoch-
Hoden vorwiegend (ca. 80% der Zeit) skrotal gelegen
'
Abb. 6.20
Abb. 6.21
Schema der Lokalisationsfrequenz des Ma ldescensus.
1 67
Hodenhochstand. Das rechte Hemiskrotum ist gefüllt, das linke ist leer.
I
1 68
6 Bauchwand
stand ohne weitere klinische Autfalligkeiten und negati ver Familienanamnese ist eine weiterführende human genetische Abklärung nicht erforderlich. Zeigt das Kind jedoch zusätzliche morphologische Stigmata und/oder eine psychomotorische Entwick lungsstörung, so muss eine syndromale Erkrankung ur sächlich in Betracht gezogen werden. Infolgedessen ist eine umfassende humangenetische Diagnostik ein schließlich Chromosomenanalyse indiziert, da bei bis zu 10% der Patienten ein pathologischer Befund diagnosti ziert wird. Zu den relevanten körperlichen Auffalligkeiten zählen neben allgemeinen Dysmorphiezeichen weitere Genital fehlbildungen, Fehlbildungen der inneren Organe (Nie ren, H erz, Gastrointestinaltrakt, Bauchwand), zerebrale Fehlbildungen und Störungen der Skelettentwicklung. Zusammenfassend müssen bei jedem Knaben mit Ho denhochstand die folgenden Fragen beantwortet werden: 1 . Gibt es weitere klinische (morphologische) Auffallig keiten? 2. G ibt es in der Familie weitere Personen mit Hoden hochstand oder Genitalfehlbildungen? Ein Familien stammbaum bis zu den Urgroßeltern sollte dann an gelegt werden. Bei Knaben mit Hodenhochstand und Hypospadie bzw. anderen Genitalfehlbildungen sollte gemeinsam mit der H umangenetik eine Mutation im WTl -Gen ausge schlossen werden, da diese mit einem erhöhten Risiko für das gleichzeitige Vorliegen eines Nephroblastoms (Wilms- Tumor) einhergeht. Differenzialdiagnostisch muss an eine Androgensynthesestörung bzw. Andro genresistenz gedacht werden. Die diagnostische Klärung sollte analog zur Differenzialdiagnostik der Störungen der Geschlechtsentwicklung (disorders of sex develop men t, DSD) erfolgen, da in seltenen Fällen der Hoden-
hochstand mit einer DSD assoziiert sein kann. Dies kann durch das Vorliegen eines unterschiedlich ausgeprägten intersexuellen Genitales gekennzeichnet sein ( > Abb. 6.22 bis > Abb. 6.24). Fehlende Hoden bei extern männlichem Genitale und weiblichem Karyotyp finden sich bei einem schweren virilisierenden adrenogenitalen Syndrom. In solchen Fällen müssen die Eltern über die Möglichkeit einer hor monellen In-utero-Therapie eines Feten bei nachfolgen den Schwangerschaften aufgeklärt werden.
Abb. 6.23 ln diesem Fall einer Gonadendysgenesie beidseits bei einem männlichen Ulrich-Turner-Syndrom (Mosaik XO/XY) besteht neben einer ausgeprägten perinealen Hypospadie ein Kryptorchis mus beidseits.
Abb. 6.24
Abb. 6.22 Bei dem Jungen besteht neben einem Mikrophallus mit untypischer Vorhaut ein Hodenhochstand beidseits. Es handelte sich um eine beidseitige Gonadendysgenesie.
Bei diesem Kind mit Gonadendysgenesie bestanden eine ausgeprägte Hypospadie, ein Scrotum bifidum und ein Hoch stand der Gonaden.
6.3 H odenhochstand
Andere genetische U rsachen des Hoden hochstands Der Descensus testis ist genetisch terminiert und über die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse hor monell reguliert. Monogene Störungen mit z.T. domi· nantem Vererbungsmodus wurden bereits identifiziert. Darüber hinaus kann der Hodenhochstand Ausdruck einer endokrinen Störung sein: • H eterozygote, dominante Mutationen in den Genen INSL3 und LGR8/GREAT, die für das testikuläre Hormon Insulin-likefactor 3 bzw. seinen Rezeptor kodieren • (Geschlechts-)Chromosomenstörungen • Primäres Defizit des hypothalamisehen Gonadotro pin-freisetzenden Hormons (GnRH; z.B. beim Kali mann-Syndrom) • Genetische Störungen der Androgensynthese bzw. Androgenresistenz
6.3.4 D i a g nosti k u nd D i fferen zi a l d i a g n ose
Im Rahmen der Lokalisationsdiagnostik des Hodens werden die bildgebenden Verfahren wegen ihrer unzu reichenden Sensitivität nicht routinemäßig eingesetzt. Die Sonographie mit einem hochautlösenden Schallkopf (> 7,5 MHz) erlaubt eine korrekte Klassifikation bei 84% (Sensitivität 76%, Spezifität 1 00%). Die MRT gewährt eine korrekte Klassifikation bei 85% (Sensitivität 85%, Spezifität 79%). Die heute bevorzugte Methode zur Suche eines nicht palpablen Hodens ist die Laparoskopie. Der eindeutige Vorteil der Laparoskopie liegt in der makroskopischen Diagnostik von Hoden, Nebenhoden und Samenstrang beidseits. Ferner können bei Vorliegen eines DSD die exakte Klassifizierung der Gonaden und die Abklärung persistierender Müller-Strukturen (Utriculus, Uterus und Scheidenanlage) erfolgen. Im Rahmen dieser Lapa roskopie kann gleichzeitig therapeutisch der erste Schritt der Fowler-Stephens-Operation oder eine Orchi dolyse durchgeführt werden.
6.3.5 Th e r a p i e Geplanter Zeita b lauf fü r d i e Therap ie
D ie Diagnose wird nach einer umfassenden Anamnese und körperlichen U ntersuchung gestellt. Die Unter suchung erfolgt in einer warmen und entspannten Atmosphäre, u m den reflektorischen Effekt des M. cremaster auf die H odenposition auszuschalten. Bei der bimanuellen Untersuchung streicht die eine H and die Leiste wiederholt nach unten aus, die zweite H and fasst den H oden und zieht ihn so weit wie mög l ich nach unten. Aus der erreichbaren Position ergibt sich die Diagnose. Lage, Größe und Durchblutung der Hoden müssen dokumentiert werden (Orchidometer, Sonographie/ Dopplersonographie). Wenn der Hoden strukturell nicht von der Gegenseite abweicht, jedoch in seiner Lage sehr variabel ist, so kann die Lage der Hoden zweimal täglich über drei Monate dokumentiert werden. M ithilfe dieser Dokumentation ist die Unterscheidung zwischen Gleit- und Pendelho den besser möglich. Durch eine genaue klinische Untersuchung muss das Vorliegen eines intersexuellen Genitale ausgeschlossen werden. lm Zweifelsfall sollte ein versierter pädiatri scher Endokrinologe hinzugezogen werden. Bei Verdacht auf eine endokrine Insuffizienz bzw. bei m beidseitigen Kryptorchismus müssen eine Labor diagnostik (hCG-Stimulationstest, lnhibin- B-Bestim mung) und humangenetische Diagnostik durchgeführt werden.
Das Ziel der Behandlung des Hodenhochstands ist die Lokalisation des Hodens im Skrotum am Ende des 1 . Le bensjahres. Bei Frühgeborenen gilt das korrigierte Alter. Ein Hodenhochstand nach Vollendung des 1 . Lebens jahres bedeutet für den Hoden eine dauerhafte Schädi gung. In den ersten 6 Lebensmonaten kann der spontane Descensus testis abgewartet werden. Bleibt dieser aus, so wird mit einer kombinierten Hormontherapie begon nen. Wenn diese erfolglos bleibt, schließt sich die opera tive Therapie an. Auch wenn die vorliegenden Daten keine Aussagen über das optimale Operationsalter zulassen, so sprechen doch neuere Erkenntnisse unter Berücksichtigung der Keimzellreifung dafür, den Operationszeitpunkt zwi schen dem 6. und 12. Lebensmonat zu wählen. So wird von der A merican Academy ofPediatrics bzw. im Nordic Consensus der skandinavischen Länder die Empfehlung zur Orchidopexie vor bzw. zum Abschluss des 1 . Le bensjahres ausgesprochen. Wird ein behandlungsbedürftiger Hodenhochstand am Ende des 1 . Lebensj ahres oder in einem höheren Lebens alter diagnostiziert, ist die primäre Orchidopexie einer präoperativen Hormontherapie vorzuziehen. Hier würde eine primäre Hormontherapie den optimalen Operations zeitpunkt deutlich hinter den ersten Geburtstag verschie ben. Die Unterstützung der Spermiogenese als zusätzli-
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1 70
6 Bauchwand
eher Effekt einer Hormontherapie bliebe der postopera tiven Hormontherapie vorbehalten. Auch bei Re-Aszen sion, bei sekundärem Aszensus des Hodens und sekundärem Hodenhochstand sollte primär die operative Orchidopexie ohne vorherige Hormontherapie erfolgen.
Horm ontherapie
Postoperative Hormonthera p i e
Es gibt zahlreiche H inweise für die außerordentliche Be deutung der "Minipubertät" in den ersten vier Lebens monaten und deren Bedeutung für die spätere Fertilität. Ausreichend verifizierte Beweise existieren j edo ch nicht. In den ersten zwei bis drei Lebensmonaten findet die Transformation vom fetalen H auptzeHpool (Gonozyten) zum Erwachsenen-Hauptzellpool (Ad-Spermatogonien) statt. Unterbleibt diese Ums ch altu ng resultiert im E r wachsenenalter eine verminderte Spermienzahl im Eja kulat. I nfolgedessen weisen Hodenbiopsate bei verspäte ter Orchidopexie eine geringe Zahl Ad-Spermatogonien auf. 20 Jahre später zeigen Spermiogramme unabhängig vom Alter zum Zeitpunkt der Operation eine Korrelati on zwischen der stattgehabten Transformation der Go nozyten in Ad-Spermatogonien und der Qualität der Spermiogramme. Grundsätzlich verfolgt die Hormontherapie zwei Ziele: I . Stimulation der Kei m zellrei fung und p roli ferati on mit dem Ziel, die Fertilität zu verbessern. Dies kann sowohl durch prä- als auch postoperative Hormon therapie erreicht werden. 2. Stimulation d es D es censu s tes t i s (mö gl ich e Vermei dung einer Oper a ti on ) als Nebeneffekt ,
I
und hCG rechtfertigen jedoch zurzeit weiterhin die Empfehlung zur hormonellen Sequenztherapie auch im zweiten Lebenshalbjahr. Bezüglich Hodenektopie und sekundärem Hoden hochstand liegt für die hormonelle Therapie keine Evi denz vor.
-
Präoperative Hormonthera p i e D i e präoperative Therap ie des Maldescensus testis be steht aus einer hormonellen Sequenztherapie. Primär erhält der Patient ein Nasenspray mit LH-RH in einer Dosis von 3 x 400 �-tg/Tag (ein Hub von 200 f.lg pro Na senloch) über 4 Wochen. Im Anschluss wird die intra muskuläre Injekti o n von hCG in einer D osis von l x 500 JE/Woche über 3 Wochen verordnet. Diese Form der hormonellen Sequenztherapie geht bezüglich eines De scensus testis mit Erfolgsraten von 20% einher. Die hormonelle Stimulation im Rahmen der zweiten Therapiesequenz i s t j edoch sehr umstritten. Einer skan dinavischen Studie zufolge l iegt hierfür keine Evidenz vor. Es bedarf weiterer Studien, um den Einsatz der hor monellen Stimulation in Zukunft zu stützen. Die über wiegen d p osi tiven Berichte über die Ho rmo nt hera p ie bezüglich der Aus reifung des Keim epi t hels sowie theo retische Betrachtungen zur Wirkungsweise von L H - R H
Eine generelle Empfehlung z u r Durchführung einer postoperativen Hormontherapie mit GnRH-Analoga
lassen die heute vorliegenden Daten nicht zu. Einige Au toren empfehlen nach erfolgter präoperativer Hormon therapie immer die Hodenbiopsie im Rahmen der nach folgenden Orchidopexie. Diese gibt Auskunft über die Umschaltung vom fetalen zum adulten Keimzellreser voir. Sollte diese nicht in ausreichendem Maße erfolgt sein, wird eine niedrigdosierte postoperative Hormon therapie mit 2 x 1 Hub (200 f.lg) Nasenspray zweimal wöchentlich über 6 Monate empfohlen.
Hodenbiopsie Ziel der Hodenbiopsie ist die Bestimmung des Fertili tätsindex nach Hadziselimovic und die Messung der PLAP (pla zenta re alkalische Phosphatase). Nachfolgend kann der Grad des Reifungszustands des Hodens vor Be ginn der postoperativen Hormontherapie festgelegt wer den. Ferner können Hinweise auf eine mögliche TIN (testikuläre in tra epithe l iale Neoplasie) gewonnen wer den. Ohne Biopsie kann die Frage, ob die Therapie unzu reichend oder der Hoden vorgeschädigt war, nicht be antwortet werden. Eine absolute Indikation zur H odenbiopsie besteht derzeit bei Verdacht auf Ovotestis, bei der Gon ad endys genesie ( DSD) oder beim Tumor. Eine offene Hodenbiopsie ist sicherer als die Nadel biopsie. Werden Endarterien im Hoden verletzt, kann es zur Hodenatrophie kommen. Die Fixation der Hoden biopsate in fri sch zubereiteten Lösungen nach Stieve oder Bo ui n wird e m p fo hl e n Die Biopsien dürfen auf keinen Fall in Formalin fixiert werden, da eine verlässli che Be urte i lung ansonsten nicht möglich ist. .
Operative Thera p i e O rch i dolyse u n d O rch idopexie
Bei inguinal oder hochskrotal gelegenem H oden mit ei nem ausreichend langen Gefäßstiel sind in 95% die ope-
6.3
rative Korrektur durch Orchidolyse von inguinal und n achfolgend die skrotale Orchidopexie in einer sub kutanen Tasche (nach Schoemaker) ausreichend ( > Abb. 6.25, > Abb. 6.26). G rundsätzlich kann diese Operation auch laparoskopisch vorgenommen werden ( > Abb. 6.27). Der Eingriff ist grundsätzlich sowohl ambulant als auch stationär möglich. Offene i n g u i na l e Exp l oration
Wird bei einem vermeintlich tastbaren Hoden in der Leiste nur ein blind endender Ductus deferens mit ei nem kleinen Nebenhodenrest ohne Vasa spermatica ge funden, so muss laparoskopisch nach einem intraperito neal gelegenen Hoden gesucht werden. Mitunter besteht in solchen Fällen eine schwere Hoden-Nebenhoden-Dis soziation. Werden demgegenüber blind endende Vasa sperma tica in Kombination mit einem blind endenden Ductus deferens im Leistenkanal gefunden, so erübrigt sich die
und F un iku lo l yse . Bei der Operation werden Hoden und Samenstrang so weit präpariert, bis die spannungsfreie Verla ge rung in das Skrotalfach möglich wird.
Hodenhochstand
weitere intraperitoneale Hodensuche. Es handelt sich um ein vanishing testis mit Untergang von Hoden und Nebenhoden in folge einer intrauterinen Hodentorsion. In beiden Fällen wird die prophylaktische Orchidope xie der Gegenseite angeraten. Laparosko p isches Vorgehen
Ist der Hoden in der Leiste nicht tastbar, wird im Rah men einer diagnostischen Laparoskopie das Abdomen exploriert und der Hoden intraperitoneal gesucht. Vier Befundkonstellationen sind bei diesem Vorgehen mög lich: 1 . Der Hoden liegt direkt am inneren Leistenring. Lapa roskopisch werden die Gefaße retroperitonea1 mobi lisiert; anschließend erfolgt offen von inguinal die Orchidolyse und von skrotal die Orchidopexie nach Schoemaker. Im Einzelfall kann ein gut mobilisierter Hoden auch direkt aus der Bauchhöhle nach skrotal durchgezogen werden.
Abb. 6.25 Orc hi do -
Abb. 6.27
Laparoskopische Präparation des Hodens.
Abb. 6.28
Laparoskopischer Befund beim Bauchhoden. Der n ormal mit Nebenhoden liegt komplett intraabdominal.
Abb. 6.26
Orchidopexie nach Schoemaker. Nach erfolgter Orchi do- und Funikulolyse wird der Hoden in eine S ubdartostasche skro tal ohne Spannung verlagert.
angelegte Hoden
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I
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6 Bauchwand
2. Der Hoden findet sich weit intraabdominell und lässt sich aufgrund der Kürze der Gefäße nicht sicher nach skrotal verlagern ( > Abb. 6.28). Jetzt kann laparo skopisch im Rahmen des Fowler-Stephens-Manövers die Unterbindung der Testikulargefaße erfolgen. Hierbei müssen die Gefaße des Ductus deferens si cher geschont werden, da sie die Durchblutung des Hodens gewährleisten. 3. Ductus deferens und Blutgefäße ziehen in den Leis tenkanal; intraabdominell findet sich kein Hoden und kein Hinweis für eine Hoden-Nebenhoden-Dissozia tion. Entweder war der Hoden primär nicht im Leis tenkanal tastbar und liegt jetzt inguinal, ausreichend zur Orchidolyse und Orchidopexie. Oder die Struktu ren enden im Leistenkanal rudimentär, sodass dieses Rudiment von inguinal entfernt werden muss. 4. Ductus deferens und Blutgefaße enden blind in ihrem retroperitonealen Verlauf als Hinweis für eine intra uterine Torsion (vanishing testis, vascular incident). Es erfolgt die fotografische Dokumentation des Befunds ( :>- Abb. 6.29). Gleichzeitig sollte der gegenseitige Ho den orchidopexiert werden, um eine mögliche Torsion mit nachfolgender Infertilität zu verhindern. Im Rahmen der Operation nach Fowler und Stephens we rden i n einem ersten Schritt die testikulären Gefaße intraperitoneal bei sicherer Schonung der Gefäße des Ductus deferens unterbunden. Infolgedessen erfolgt ein Längengewinn, den man sich bei der späteren Orchido lyse zunutze macht. Voraussetzung ist jedoch eine aus reichende Schleifenbildung der Gefäße des Ductus de ferens, um eine ausreichende Länge und im Verlauf ei nen ausreichenden Kollateralkreislauf zu gewinnen. I n einem zweiten Schritt erfolgen die inguinale Orchidoly se und skrotale Orchidopexie. Das Fowler-Stephens Manöver kann ein- oder zweizeitig durchgeführt wer-
den . Das einzeitige Verfahren findet heute kaum noch Anwendung, da keine Zeit zur Ausbildung eines ausrei chenden Kollateralkreislaufs besteht. Demgegenüber wird die Erfolgschance für die zweizeitige Operation nach Fowler-Stephens mit 77% angegeben. Das Verfahren nach Koff und Sethi unterscheidet sich vom Fowler-Stephens-Manöver durch die näher am Ho den gelegene Ligatur der Hodengefäße. Die Erfolgschan cen nach einem Jahr werden mit 93% angegeben. Autotra n s p l a ntation
Im Rahmen einer Autotransplantation wird zwischen dem intraabdominell gelegenen, mit einem zu kurzen Gefaß bündel versehenen Hoden und den epigastrischen Gefa ßen unter Anwendung mikrochirurgischer Techniken eine Anastomose angelegt. Der operative Aufwand ist sehr hoch und der operative Erfolg im j ungen Lebensalter durch den geringen Gefaßdurchmesser limitiert. Ausgewiesene Zen tren berichten jedoch über eine Erfolgsrate von ca. 85%. O rc h i e kto m i e
Die Indikation zur Orchiektomie ist erhöht, je weiter proximal der Hoden lokalisiert ist, je älter das Kind ist (kurz vor Pubertät), je unwahrscheinlicher die Fertilität der betroffenen Gonade ist, je kleiner und dysgeneti scher der Hoden ist, je ausgeprägter die vorliegende Hoden-Nebenhoden-Dissoziation ist und bei einem ein seitigen Befund. Insbesondere bei älteren Kindern (> 6 Jahre) muss die Orchiektomie als mögliche Alternative präoperativ mit den Eltern besprochen werden. Nach einer Orchiekto mie sollte die prophylaktische Orchidopexie des verblie benen kontralateralen Hodens erfolgen. Besondere Situationen
6.29 Vanishing testis. Bei dieser Laparoskopie sieht man, dass die Hodengefäße am E i n tritt in den Leistenkanal verdämmern. Der Ductus deferens lässt sich weiterverfolgen.
Abb.
Ein beidseitiger Hodenhochstand kann in der Regel in einer einzeitigen Operation beidseits korrigiert werden. Ausnahmen stellen die hochgradige Skrotalhypoplasie und eine kritische Durchblutungssituation nach der Or chidolyse dar. I ntraoperative Besonderheiten wie die Hoden-Neben hoden-Dissoziation müssen erkannt und dokumentiert werden, haben allerdings keine Auswirkung auf das wei tere operationstechnische Vorgehen. Ein intraoperativ als hypoplastisch klassifizierter Hoden wird primär er halten, ggf. erfolgt eine H odenbiopsie. Vorliegende Begleit pathologien wie eine Hydat ide testis oder eine Leistenhernie werden in gleicher Sitzung versorgt.
6.4 Bauchwanddefekte (Omphalozele und Gastroschisis/Laparoschisis)
Bei Diagnose einer Leistenhernie mit Hodenhoch stand innerhalb der ersten 6 Lebensmonate wird auf grund des Inkarzerationsrisikos zunächst die Leisten hernie operativ verschlossen. Die Therapie des Hoden hochstands erfolgt ab dem 7. Lebensmonat zunächst hormonell, später ggf. operativ. Bezüglich der Notwendigkeit, die Hodenhüllen nach der Mobilisation wieder zu verschließen, liegen keine Daten vor.
K o m p l i kationen der operativen Therapie Die Hodenatrophie ist d i e schwerwiegendste operative Komplikation. Sie tritt mit einer Häufigkeit von I% bei der offenen inguinalen Exploration auf. Die Durchtren nung des Ductus deferens und ein Rezidiv des Hoden hochstands ist bei l -5% der Patienten zu erwarten. Die Durchtrennung des ervus ilioinguinalis ist sehr selten.
Nachsorge Die erste Nachsorge zum Ausschluss eines Rezidivs und zur Beurteilung der Hodenperfusion sollte ein Jahr post operativ erfolgen. Ab dem 1 5. Lebensjahr soLlten ehemals kryptorche Patienten auf das erhöhte Risiko für ein beidseitiges Ho denkarzinom hingewiesen und diesbezüglich zur Selbst untersuchung angeleitet werden.
Prog nose Bei unbehandeltem Hodenhochstand ist die Fertilität des betroffenen, aber auch des eventuell gesunden kontralate ralen Hodens negativ beeinflusst. Die Rate der Hodentor sionen ist deutlich erhöht. Das Malignitätsrisiko für den betroffenen Hoden ist um das 5- bis lOfache erhöht.
le frei hervortreten können ( >- Abb. 6.30). Die übliche Beschreibung Gastroschisis leitet sich aus dem Griechi schen ab und bedeutet Bauchspalte. Der Magen (lat. gas ter) ist jedoch nie beteiligt. Im Gegensatz dazu liegt bei der Omphalozele ein umbilikaler Mittelliniendefekt vor. Innere Organe (Dünndarm, häufig auch Leber) hernie ren hierbei in eine transparente Membran, an der die Na belschnur inseriert ("Nabelschnurbruch"). Der das Even trat bedeckende Omphalozelensack besteht aus Perito neum ( innen), Amnion (außen) und aus Wharton'scher Sulze ( >- Abb. 6.3 l a, b). Eine äußerst seltene Fehlbildung (I : 200 000) ist die vesikointestinale Fissur ( >- Abb. 6.32) als Kombination von Blasenekstrophie und kloakaler Fehlbildung. Im kranialen Teil liegt eine Omphalozele vor, kaudal davon eine gespaltene Blasenplatte, zentral dazwischen die ge spaltene Ileozökalregion mit Ileumprolaps. Von dort aus zieht ein blind endendes Kolonteil zum kleinen Becken; dazu besteht eine hohe Form der Analatresie. Fast im mer sind weitere Fehlbildungen assoziiert. Die I nzidenz für Omphalozele und Laparoschisis wird sehr unterschiedlich zwischen 1 : 2500 bis 1 : I 0 000 Ge burten angegeben mit z.T. deutlichen regionalen Unter schieden. Bei Totgeburten liegt sie bei beiden Erkran kungen deutlich höher. Zur Ursache der Laparoschisis existieren verschiede ne Hypothesen, die widersprüchlich diskutiert werden. Zum weiteren Verständnis fehlt bislang ein TiermodelL Genetische Veränderungen finden sich nur in ca. 1 %; hierbei dominieren Trisomien. Ein späteres Geschwis terkind hat ein Laparoschisis-Risiko von 3,5%. ln den letzten Jahren ist eine deutliche Zunahme der Fälle von Laparoschisis im Vergleich zu den Omphalozelen zu verzeichnen; aktuelle Daten sprechen von nun mehr als I : 2000 Lebendgeburten. Kinder mit Laparoschisis wer-
6.4 B a u chwa nddefe kte (O m p h a l oz e l e u n d Gastrosch i s i s/ Laparosc h i s is) 6.4.1
Defi n it i o n u n d U rsachen
Bei der
Laparoschisis besteht e i n param e di a n e r ( fast
im Bauchwanddefekt mit normal inse rierender Na b elsc hn ur, durch den O rgan e der Bauchhöhmer
recht sse i t iger )
Abb. 6.30
Gastrosch isis: nahezu komplett eventrierter Dünn- und Dickdarm mit Malrotation. Beachte die scheinbare Verkürzung des Mesenteriums du rch die chemische Periton itis.
1 73
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6 Bauchwand
Abb.
6.31
Omphalozele. Durch den Bruchsack sieht man die Darmschlingen durchschimmern.
mittlerweile existierenden Tiermodelle (z.B. Tcfap2a Knockout-Maus, Cadmiumapplikation beim Küken) erbringen.
6.4.2 E m b ryo logie, i nt raute r i ne D i a g n ost i k u n d G e b u rt
I Abb. 6.32 Vesikointestinale Fissur. Neben der sichtbaren Ompha lozele besteht eine Spaltbildung des Beckens, darüber die Blasen und Dickda rmplatte.
den häufiger von jüngeren Müttern ( < 20 Jahre) gebo ren. Ein erhöhtes Risiko konnte bei der Einnahme von Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Acetaminophen nachgewiesen werden. Auffällig war auch die Kombina tion aus maternalem Nikotinabusus mit fetalen Poly morphismen in vier speziellen Genen, Weitere Erklä rungen für diese Zunahme ziehen Lebensstil, Partydro gen und Alkohol sowie Umweltfaktoren als Ursachen heran. Morphologisch besteht bei der Omphalozele eine ab norme Vergrößerung des Nabelrings als Übergangszo ne zwischen Ektoderm/Mesoderm und Amnion. Als Ursache werden hauptsächlich genetische Faktoren an geschuldigt, was familiäre Häufungen und die Koinzi denz mit syndromalen Erkrankungen erklären würde. Lebendgeborene mit Omphalozele weisen in ca. 20% ei ne Aneuploidie auf. Weitere Erkenntnisse werden die
Im Rahmen der 2. Phase der fetalen Darmentwicklung (5. bis 10. Woche) vergrößern sich Leber und Darm pro portional stärker als die Bauchhöhle, was zu einer Verla gerung von Darmanteilen in einen "Nabelbruch" und damit vor die Bauchdecke führt. Nach einer Drehung tritt der Darm wieder in die Bauchhöhle ein, zuletzt das Zökum. Verbleiben die Schlingen im "Nabelbruch", ent steht eine Omphalozele, während bei der Laparoschisis die durch die muskuläre Bauchwandlücke vorgefallenen Anteile der Bauchhöhle nicht wieder vollständig zurück treten. Somit werden Fehlbildungen der Bauchwand durch einen versierten Untersucher nach der I 0. SSW während der pränatalen U ltraschalluntersuchung nahezu immer festgestellt ( > Abb. 6.33). Ebenso können hier Ompha lozele und Laparoschisis differenziert werden. Ein La bormarker ist das mütterliche AFP, das bei Laparoschi sis immer und bei Omphalozele in ca. 90% erhöht ist. Ursächlich ist der Übertritt von fetalem AFP in den müt terlichen Kreislauf; dieses ist bei der Laparoschisis durch das unbedeckte Eventrat immer möglich, während bei der Omphalozele vermutlich intrauterine Rupturen des Sacks verantwortlich sind. Die Entwicklung von Feten mit D efekten der vorderen Bauchwand wird regelmäßig per Ultraschall überwacht. Neben der Suche nach ße gleitfehlbildungen wird besonders bei der Laparoschisis auf Veränderungen des Intestinums geachtet. Die Kon trollen erfolgen zunächst in 3- bis 4-wöchentl ichen Ab ständen; nach der 30. SSW wird ein- bis zweiwöchent lich kontrolliert. Ab diesem Zeitpunkt verändert sich der
6.4 Bauchwanddefekte (Omphalozele und Gastroschisis/Laparoschisis)
führte wie die Entbindung per Sectio. Wegen der Konta minations- und Ischämiegefahr für den vorgefallenen Darm bei Laparoschisis bzw. der möglichen Ruptur ei ner Omphalozele im Geburtskanal wird im deutschen Sprachraum jedoch der Sectio der Vorzug gegeben.
6.4.3 Sym ptome, k l i n i sche Auspräg u n g u n d B e g l eitfeh l b i l d u n ge n
Abb.
6.33 Sonographie prä n a tal bei Gastroschisis: Darmschlingen
in der Amnionflüssigkeit.
Darm durch den Kontakt mit der in den letzten Schwan gerschaftswochen an Harnstoffgehalt zunehmenden Amnionflüssigkeit Dies zeigt sich in einer zunehmen den Verdickung der Darmschlingen. Eine progrediente Dilatation des Darms deutet auf eine begleitende intesti nale Atresie oder eine relevante Obstruktion an der Durchtrittsstelle durch die Bauchwand hin. Bei beiden Veränderungen entscheidet das betreuende Team über eine frühzeitige Einleitung der Geburt, um spätere gas trointestinale Komplikationen zu reduzieren. Generell wird heute bei der Laparoschisis zur Entbindung in der 34. bis 36. Woche (nach Induktion der Lungenreife) ten diert, da hierbei eine geringere Schädigung des even trierten Darms beobachtet wurde. Nach der intrauterinen Diagnosestellung muss mit den werdenden Eltern ein interdisziplinäres Beratungs gespräch geführt werden. Geburtshelfer, Kinderchirur gen und Kinderärzte m üssen den Eltern verständlich machen, dass Omphalozele und Laparoschisis in heuti ger Zeit chirurgisch sehr gut beherrschbare Erkrankun gen sind. Handelt es sich um eine isolierte Fehlbildung, stellen somit beide Krankheitsbilder keine Indikation mehr für eine Interruptio dar. Aufgeklärt werden muss über das Risiko der Darmabschnürung an der kleinen Durchtrittsstelle, Atresien, Darmischämie und den pro trahierten Nahrungsaufbau bei der Laparoschisis. Bei isolierten Omphalozelen wird die Komplikationsrate durch das Ausmaß des Lebervorfalls beeinflusst. Ist die Diagnose bekannt, kann das Kind in utero in ein Zentrum verlegt werden, in dem die Kombination a us neonatologischer Versorgung und Intensivmedizin sowie Kinderchirurgie und Kinderanästhesie eine opti male Versorgung gewährleisten. Grundsätzlich ist bei diesen Defekten auch eine Spontangeburt möglich, was in einigen Publikationen zu ähnlich guten Ergebnissen
Nach der Geburt i s t die Omphalozele durch den u nter schiedlich großen Omphalozelensack unverwechselbar. Diese Bedeckung schützt im Gegensatz zur Laparoschisis vor Infektion, Flüssigkeits- und Temperaturverlusten. Der Darm weist fast nie eine Schädigung auf. Neben Darmanteilen ist oft ein unterschiedlich großer Teil der Leber vorgefallen. Ein Bauchwanddefekt > 5 cm bzw. ein Vorfall der Leber wird im angloamerikanischen Sprach raum als giant omphalocele bezeichnet. Eine eventrierte Leber weist auf eine erschwerte operative Versorgung hin. Bei der Laparoschisis finden sich meist eventrierte Dünndarm- und Dickdarmschlingen, seltener Blase und bei Mädchen inneres Genitale. Der Defekt liegt nahezu immer rechts neben dem normal inserierenden Nabel. Der Darm ist je nach Geburtstermin und Schädigung durch die Amnionflüssigkeit im Sinne einer chemischen Peritonitis verdickt und scheinbar verkürzt. Dies er schwert die Reposition des Eventrats und verschlechtert später die intestinale Motilität. Bei beiden Fehlbildungen können Begleitfehlbildun gen auftreten, deren Schwere die Überlebensrate beein flusst. Diese Fehlbildungen sind bei den Omphalozelen mit bis zu 40% deutlich häufiger und auch schwerwie gender; es dominieren Herzfehlbildungen bis hin zur Fallot'schen Tetralogie, urogenitale Fehlbildungen oder syndromale Erkrankungen wie die Trisomien 1 3, 1 8 oder 2 I . Bei Kindern mit Laparoschisis finden sich in über 95% keine weiteren Fehlbildungen, in etwa 5% in testinale Veränderungen wie Drehungsanomalien, Atre sien und Obstruktionen des Darms. Durch Abschnürun gen können größere Anteile des D ünndarms bis hin zum Kurzdarmsyndrom verloren gehen; weitere Verlus te können durch multiple Atresien und konsekutive Per forationen und Ischämien entstehen.
6.4.4 Therapie
Postpa rta les Vorg e h e n Kinder m i t Fehlbildungen werden grundsätzlich zu nächst neonatologisch betreut. Es muss nach möglichen
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I
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6 Bauchwand
weiteren Fehlbildungen ges ucht werden. Dies beinhaltet bei beiden Fehlbildungen neben der üblichen Neugebo renenuntersuchung vor einem operativen Eingriff eine Sonographie der ableitenden Harnwege und des Gehirns sowie eine Echokardiographie. Bei der Laparoschisis sind die Neugeborenen durch Kontamination, Sepsis, Temperatur- und Flüssigkeitsverluste gefährdet. Daher muss das Eventrat (Dick- und Dünndarm, selten Milz, Blase oder inneres Genitale) spannungs- und torsions frei in einer sterilen Abdeckung gelagert werden. In aus gewählten Fällen und bei begrenztem Eventratvolumen ist auch eine Reposition ohne Operation im Inkubator möglich. Bei unauffälliger neonatologischer Erstunter suchung kann versucht werden, den primären, anato miegerechten, allschichtigen Bauchdeckenverschluss direkt anzuschließen. Wird die Bauchdecke nicht am Tag der Geburt operativ verschlossen oder ist dies we gen des Missverhältnisses von kleiner Bauchhöhle und Eventrat nicht möglich, kann die sterile Bedeckung der eventrierten Organe durch ein mit Springfeder verstärk tes Silo gewährleistet werden ( > Abb. 6.34). Diese Be handlung kann länger als eine Woche durchgeführt wer den, bis nach Rückgang der ödematösen Schwellung des
Darms und durch Weitung der Bauchdecke eine Reposi tion problemlos möglich ist. Da bei der Omphalozele die vorgefallenen Organe im normalen Milieu liegen und die Darmschlingen primär nicht verändert sind, besteht hier keine D ringlichkeit ei nes operativen Verschlusses. Kleine Omphalozelen ohne Lebervorfall können innerhalb der ersten Lebenstage schichtgerecht verschlossen werden. In allen anderen Fällen ist ein vorsichtiger Umgang mit dem Omphaloze lensack essenziell. Bleibt dieser unversehrt, ist für die ers ten Tage - bei riesigen Omphalozelen auch für längere Zeit - ein siloähnliches Verfahren möglich ( > Abb. 6.35). Dabei wird der das Eventrat bedeckende Sack als Schutz belassen und mit einem sterilen Handschuh zusätzlich geschützt. Durch Zug deckenwärts kommt es zu einer Dehnung der Bauchdecke. Die sukzessive Reposition des Eventrats durch die Schwerkraft erleichtert, besonders bei großen Omphalozelen, den späteren Verschluss. Al ternativ kann eine Kompression des Omphalozelensacks bis zum verzögerten Verschluss versucht werden. Bei den beschriebenen Vergehensweisen kann sich das Kind ad aptieren sowie (mit Ausnahme von Atresien des Magen Darm-Trakts) oral ernährt werden und benötigt keine Narkose; der Bauchdeckenverschluss wird elektiv nach 2- 1 4 Tagen unter stabilen Bedingungen durchgeführt.
Operativer Verschl uss der Defekte Das Problem des Bauchdeckenverschlusses besteht im Missverhältnis zwischen der relativ kleinen Bauchhöhle durch den fehlenden Wachstumsreiz intrauterin und dem Eventrat. Je länger die Dauer der Schwangerschaft, desto mehr sind bei der Gastroschisis die Darmschlin gen wie bei einer Peritonitis verdickt und verklebt, was
Abb. 6.35 Primäre Versorgung bei Omphalozele. Diese wird steril Abb. 6.34 Springfeder-Silo bei Gastroschisis. Die Durchblutung
des Darms kann jederzeit evaluiert werden.
abgedeckt und mit einem sterilen Handschuh abgeklebt. Der Hand schuh wird ohne Kompression hoch gehängt.
6.4 Bauchwanddefekte (Omphalozele und Gastroschisis/Laparoschisis)
die spannungsfreie Reposition erschwert. Bei der Om phalozele wird diese durch einen Lebervorfall deutlich erschwert. Bei der Laparoschisis werden die parenchymatösen Organe inspiziert und der gesamte Magen -Darm-Trakt auf Atresien oder Zeichen lokaler Ischämie überprüft. Bei Atresien mit oder ohne begleitenden Volvulus er folgt die Anastomose, auf die Anlage eines Enterostomas kann hingegen fast immer verzichtet werden. Besonders beim schon bestehenden Kurzdarm kann so ein weiterer Darmverlust vermieden werden_ Bei der Omphalozele wird der Defekt meist nach kra nial und kaudal um jeweils l -2 cm erweitert und der Omphalozelensack reseziert. Danach schließt sich eine Inspektion der B auchhöhle und aller Organe an. Das Hauptproblem beim Verschluss ist die Leber. Ist eine Verlagerung in die kleine Bauchhöhle möglich, darf die Reposition nie zu einer Abknickung von Lebervenen oder Vena cava führen. Bei beiden Krankheitsbildern sind das Ausmelken des Mekoniums nach anal und ggf. zur Magensonde hin, das Dehnen (Stretching) der Bauchdecke sowie die Entlas tung der Blase durch einen Katheter hilfreich. Nach Reposition des Eventrats muss geprüft werden, ob eine span nungsfreie Adaptation von Faszienrändern und Haut möglich ist. Optimal ist eine zusätzliche Adap tation der Ränder der Rektusmuskulatur, um das Risiko späterer Probleme wie Rektusdiastase, Narbendehiszenz oder Faszienlücken zu vermindern. H ilfreich bei der Entscheidung ist die Kommunikation mit der Anästhe sie, ob sich durch einen probatarischen Verschluss die kardiale oder respiratorische Situation verschlechtert; in einigen Kliniken wird zusätzlich eine intravesikale D ruckmessung vorgenommen. Ist der primäre Bauchdeckenverschluss nicht mög lich, weist die Literatur - neben den bereits oben ge schilderten Möglichkeiten - eine Fülle von zwei- oder mehrzeitigen Verfahren auf ( > Abb. 6.36a). So kann zum Beispiel ein Kunststoff-Patch an die Haut- oder an die Faszienränder genäht werden, sodass das Eventrat spannungsfrei darunter gelagert werden kann. Der Patch wird dann sukzessive verkleinert (ge rafft), bis ein Bauchdeckenverschluss möglich ist. Alter-
Abb. 6.36 " Klassische" Silo-Versorgung (a) . Narbenhernie nach Omphalozelenver sorgung (b).
1 77
nativ werden Patches aus entweder allogenem ( Kolla gen), autologem oder Kunststoffmaterial (z.B . PTFE) verwendet, um den Faszienverschluss zu komplettieren. Die Implantation von Fremdmaterial beinhaltet immer ein erhöhtes I nfektionsrisiko, bei Ersatzmaterialien wie Perikard oder Dura ist die Übertragung von Erkrankun gen nicht auszuschließen. Zudem müssen bei diesen Methoden in der Regel später breitere Narben oder Fas zienlücken korrigie rt werden ( > Abb. 6.36b).
6.4.5 Posto perat iver Ver l a u f/ K o m p l i kationen u n d Prognose Neugeborene mit Laparoschisis und Omphalozele wer den postoperativ grundsätzlich intensivmedizinisch nachbetreut. Entscheidend sind die Kontrolle der Herz Kreislauf-Situation und der Atmung sowie die Ü berwa chung der Perfusion und Funktion von Darm, Leber und Nieren. D as gewählte Behandlungsverfahren sollte gewährleisten, dass die Kinder nur kurzfristig beatmet werden müssen und eine Relaxation n icht erforderlich ist. Im Gegensatz zur Omphalozele ist bei der Laparo schisis der Nahrungsaufbau oft verzögert und schwie rig. Ursache ist die (je nach Entbindungstermin fortge schrittene) Schädigung des Darms. Weitere prognos tisch ungünstige Faktoren sind intestinale Atresien und Stenosen, Ischämien, Perforationen und ein Volvulus. Verschlechtert wird die Situation durch eine Kompres sion beim Bauchdeckenverschluss. Diese Phase mit re zidivierenden (Sub-) Ileuszuständen verlangt den El tern und dem Behandlungsteam Geduld ab. Die medi kamentöse Stimulation z.B. mit Pyridostigmin und das rektale Anspülen können hilfreich sein. Erschwerend kann neben der temporären Nahrungsunverträglich keit eine Durchwanderungsperitonitis oder Katheter sepsis bei lang anhaltender parenteraler Ernährung entstehen. Re-Interventionen mit Adhäsiolyse sollten in den ersten Wochen möglichst vermieden werden, da sie zu erneuten Verklebungen und Fistelbildungen füh ren können. Wird der Bauchdeckenverschluss erzwungen, kann ein abdominelles Kompartmentsyndrom entstehen
I
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1 78
6 Bauchwa nd
( >- Abb. 6.37). Hierbei kommt es zu einer kritischen Kompression der inneren Organe. Venöse Rückfluss probleme führen hierbei zur Herzinsuffizienz, eine arte rielle Minderperfusion zu Leber- oder Nierenversagen bzw. zur Darmnekrose; der Druck nach kranial kompri miert die Lungen und verschlechtert den Gasaustausch. Treten intraoperativ beim Bauchdeckenverschluss oder während der postoperativen Phase Beatmungs- oder Kreislaufprobleme auf, sind diese richtungweisend und müssen zur Änderung des Behandlungskonzepts füh ren. Wird nicht umgehend die Bauchdecke wieder kom plett eröffnet, führt das Kompartmentsyndrom zum Tod des Kindes. Beim Ü berleben kann durch Verlust größe rer Darmanteile ein Kurzdarmsyndrom entstehen. Nach reizloser Wundheilung und abgeschlossenem Nahrungsaufbau wird bei Kindern mit isolierter Om phalozele bei Entlassung und bestehenden kardialen und urogenitalen Begleitfehlbildungen ein Therapie und Kontrollplan erstellt. Bei der Laparoschisis können die Funktionsstörungen des Darms bei ungünstigem Verlauf zu einer wochenlangen stationären Behand lung führen. Bei fehlender Darmfunktion oder einem Kurzdarmsyndrom muss über einen großlumigen, ope rativ implantierten Venenkatheter mit einer partiellen oder kompletten parenteralen Ernährung begonnen werden. In ambulanten Langzeitkontrollen werden die Nar ben h insichtlich einer möglichen Dehiszenz oder Herni enbildung untersucht. Gefahndet wird auch nach einem gastroösophagealen Reflux mit möglicher Gedeihstö rung, der durch den relativen abdominellen Ü berdruck gefördert wird. Verschwindet er nicht spontan mit der
Normalisierung der abdominellen Druckverhältnisse, ist ggf. eine Fundoplicatio erforderlich. Eine belassene Bauchwandhernie sollte aus kosmetischen Gründen vor der Einschulung korrigiert werden; anzustreben ist je doch immer der direkte Faszienverschluss.
6.5 E rk ra n ku n g e n d es N a be l s 6.5.1 Res i d u en des D u ctus o m p h a loentericus/M eckei-Divert i ke l Der Ductus omphaloentericus stellt eine embryonale Verbindung zwischen dem Dottersack und dem Mittel darm dar. Sie verschwindet normalerweise spontan in der 6. SSW. Überbleibsel des Ductus oder seiner Blutver sorgung repräsentieren Fehlbildungen, die meistens in der frühen Kindheit evident werden. Die Häufigkeit wird mit 2-4% der Bevölkerung angegeben. Der persistierende Ductus omphaloentericus stellt ei ne fistelartige offene Verbindung zwischen Nabel und Dünndarm dar. Das Meckel-Divertikel als darmseiliger Rest dieser embryonalen Verbindung besteht typischer weise in einer antimesenterialen Ausstülpung des Ile ums ohne weitere Verbindung zu anderen Organen ( >- Abb. 6.38), kann aber auch über ein fibröses Band oder einen kleinen Kanal mit dem Bauchnabel oder ei ner kleinen Omphalozele verbunden sein. Eine weitere Form ist eine zystische Erweiterung innerhalb dieses Strangs mit oder ohne partielle Obliteration. Seltener verläuft das fibröse Band zum Mesenterium eines ande ren Abschnitts und kann Ursache eines Strangulations ileus werden.
Abb. 6.38 Meckei-Divertikel. Abb. 6.37 Abdominelles Kompartmentsyndrom.
6.5 Erkrankungen des Nabels
1 79
K o m p l i kationen und Nach behand l u ng Die Dauer der stationären Behandlung ist von der Grunderkrankung (Zufallsbefund, Infektion oder gar Ileus/Peritonitis) abhängig. Nach einem resezierenden Eingriff muss im weiteren Verlauf die Möglichkeit einer Nahtinsuffizienz oder einer konsekutiven Enge im Be reich des ehemaligen Divertikels bedacht werden. Wie nach jedem abdominalchirurgischen Eingriff sind i m Verlauf Komplikationen durch Adhäsionen möglich. Abb. 6.39 Intraoperatives Präparat eines aufgeschnittenen Meekel- Divertikels
mit ektopem Gewebe.
Symptome Relikte des Ductus omphaloentericus können e i n Leben lang symptomlos bleiben, andererseits sind entspre chend der geschilderten Varianten aber auch gravieren de Erkrankungen möglich. Ein nässender Nabel oder ei ne Omphalitis können dafür ein Hinweis sein; oft han delt es sich aber nur um ein Granulom ohne Bedeutung. Zysten innerhalb des Strangs können sich infizieren, Abszesse bilden oder zu einer eitrigen Sekretion am Na bel führen. Bandartige Verbindungen verursachen eine chronische oder akute intestinale Obstruktion, sind Drehpunkt eines Volvulus oder bedingen einen Strangu lationsileus. Selten kommt es durch eine breite Fistel zum Austritt von Stuhl über den Nabel.
D iag nost i k D ie Diagnostik besteht in der klinischen Untersuchung und der Sonographie. Eventuell kann eine radiologi sche Fisteldarstellung mithilfe eines Kontrastmittels erfolgen.
Therapie Bei entsprechendem Verdacht wird der Nabel wie bei der Nabelhernie revidiert. Ggf. ist eine Schnitterweite rung zu r Eventration des Darmabschnitts mit Absetzen des Ductus omphaloentericus oder Resektion eines Darmsegments erforderl ich. Bei bandartigen Verbin dungen mit chronischer oder akuter intestinaler Obstruktion sollte immer mit einer Laparoskopie be gonnen werden.
6.5.2 U rachus Der Urachus oder Urharngang verbindet beim Embryo den Scheitel der späteren Harnblase mit der Nabel schnur. Die strangartige Struktur verläuft extraperitone al an der Innenseite der Bauchwand. Kommt es typi scherweise zum Verschluss des Urachus gegen Ende der Schwangerschaft oder in der Neonatalperiode, bildet sich das Ligamentum umbilicale medianum, das sich beim ausgewachsenen Menschen als Plica umbilicalis mediana wiederfindet. Der persistierende Urachus kann auch als unvollständig verschlossener Rest des Allan toisgangs bezeichnet werden, der durch das Einsprossen embryonaler Gefäße in die Nabelschnur entsteht. Die Urachuslänge variiert zwischen 3 und 10 cm, der Durch messer liegt bei 8- 10 mm. Die äußerste Schicht besteht aus Muskulatur und geht in die Detrusormuskulatur der Blase über; die epitheliale Auskleidung besteht meist aus Ü bergangsepitheL Es ist jedoch auch kolonartiges muzi nöses Epithel möglich. Knaben sind ungefahr doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. Vier Typen von Anomalien können unterschieden werden: 1 . Urachuszyste: zystische Aufweitung des Kanals ohne Verbindung zur Blase ( :> Abb. 6.40). 2. Interne Fistel: ein Divertikel am Blasendach (U rachusdivertikel). 3. Externe Fistel: ein blind endender Gang, der vom Na bel ausgeht (Urachussinus). 4. Urachusfistel: keinerlei Obliteration des Lumens, Verbindung vom Nabel zur Blase.
Sym ptome Ein "nässender" Nabel oder ein Nabelgranulom im Säuglingsalter kann eine erste Manifestation sowohl ei nes Urachus als auch eines Relikts des Ductus omphalo entericus sein. Bei entsprechend großem Lumen der Verbindung ist der Austritt von Urin über den Nabel
I
1 80
6 B auchwand
möglich. Die häufigste Komplikation von Urachusano malien ist die Infektion. Diese kann sowohl lymphatisch als auch hämatogen bedingt sein, ihren Ausgang aber auch von der Blase nehmen. Gefunden werden verschie dene grampositive und gramnegative Bakterien; es do minieren Staphylokokken. Die Kinder zeigen meist eine Nabelsekretion oder eine entzündliche Verhärtung im Nabelbereich ; häufiger als Miktionsbeschwerden wer den Bauchschmerzen angegeben. Die Ruptur einer infi zierten Zyste mit Peritonitis ist eine Rarität. A ufgrund des untypischen kolonähnlichen Epithels können in sel tenen Fällen in späteren Jahren Urachuskarzinome auf treten.
D i a gnostik In erster Linie sind die Anamnese und der Lokalbefun d richtungweisend. Möglich sind die vorsichtige Sondie rung sowie eine radiologische Fisteldarstellung mit Kon trastmittel. Das Miktionszysturethrogramm (MCU) wird heute nur noch selten eingesetzt. Bei hochauflösen den Geräten kann die Diagnose oft per Ultraschall gesi chert werden ( > Abb. 6.4 1 ) .
Thera p ie Die Exploration des Urachus bis zur Blase gelingt über eine subumbilikale Inzision und extraperitoneale Prä paration; eine Unterbauchlaparotomie ist fast nie nötig ( > Abb. 6.42). Hierbei muss der gesamte Urachus (mit eventuellen Zysten) sicher bis zur Blase abgetra gen werden. Typisch ist die kegelförmige Erweiterung des Urachus am Ü bergang zum Blasendach, die ein Festlegen der Resektionsgrenze ermöglicht. Nach meist zweifacher Durchstechungsligatur wird der Urachus entfernt und die Abtragungsstelle übernäht Eine in trakutane Hautnaht ergibt danach die besten kosmeti schen Ergebnisse. Bei Infektion muss entsprechend der Schwere begleitend antibiotisch oder zweizeitig (Ope ration erst nach Infektsanierung) behandelt werden. Eine Drainageneinlage bietet sich bei Abszedierung an. Bei einem klinisch inapparenten Zufallsbefund wird aufgrund der möglichen Entartung zur Entfernung ge raten; dies ist auch laparoskopisch möglich. Nach Wechsel der Optik auf einen extraumbilikalen Trokar wird intraperitoneal der Urachus vom Nabel bis z u r Blase präpariert; zur Abtragung bietet sich eine dop pelte Schlingenligatur oder bei größeren Befunden der Stapler an.
I Abb. 6.40 Urachuszyste: M RT·Darstellung.
Verlauf des U rachus
zur Blase
Abb. 6.41 Sonographische Darstellung des Urachus.
6 . 5 Erkrankungen des Nabels
Abb. 6.42 Resektion des U rachus d u rch infraumbilikale Inzision. Links: Urach us. Rechts: obliterierte Nabelarterien.
Nachbeha n d l u n g, K o m p l i kationen u n d Prog nose N ach Resektion eines Urachus ist neben der ungestörten Wundheilung die Dichtigkeit der Blasennähte essenziell. Daher muss sowohl eine ungestörte Miktion als auch ei ne unauffällige Ultraschalluntersuchung dokumentiert sein. Bei langstreckiger Naht kann kurzzeitig ein Blasen katheter erwogen werden. Spätere Probleme sind n icht zu erwarten. LITERATUR
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1 81
KAPITEL
7
Sabi ne Grasshoff- Derr und M a re A. Levitt
An us
7.1
Analatresie
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7.1 .1
Symptomatik und Klinik .
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7 . 1 .2
Diagnostik
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Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 88
7 . 1 .4
Kompli kationen, Langzeitverlauf, Folgen . .
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7.2
Kloake
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7 .2.1
Symptomatik u n d K l i n i k
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7 .2.2
Diagnostik
7 .2.3
Therapie
7 .2.4
Komp l i kationen, Langzeitverlauf, Fol gen . .
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7 .3
Kloakenekstrophie . .
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7 .3.1
Ätiologie und l nzidenz
7 .3.2 7 . 3 .3 7 . 3 .4 7.3.5
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................. Symptomatik und Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . Krankheitsverlauf, Folgen . Komplikationen, .
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7 .4
Sonstige perianale Erkrankungen
7 .4.1
Analfissuren .
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7.4.2
Analabszesse
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7 .4.3
Analfiste l n
7 .4.4
Anai-/Rektumprolaps
7 .4.5
Hämorrhoiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
7 .4.6
Blut i m Stuh l
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7 Anus
D ie Abbildungen 7. 1 , 7.4a, b, 7.5, 7.7, 7.8, 7.9, 7. 1 0a-g, 7. 1 1 a, b, 7 . 1 2a, b sind aus Levitt MA, Pefla A ( 20 1 0) In terperforate anus and cloacal malformations. In: H ol comb GW III, Murphy P (eds.): Ashcraft's Pediatric Sur gery. 5th ed. Saunders, Elsevier, 337-359. Mit freundli cher Genehmigung des Verlages.
7 . 1 Ana l at resie
I
Die Analatresie ist ein angeborener Entwicklungsdefekt, der den Enddarm betrifft. Es liegen unterschiedlich lan ge Strecken der Anal-, Rektum- oder Kolonfehlbildung vor, die meist in einer Fistel auslaufen oder blind enden können. Die Fisteln führen zum Perineum oder zum U rogenitaltrakt Die Ätiologie dieser Fehlbildung ist bisher unklar. Als U rsache wird ein Defekt der dorsalen Anteile der Klo akenmembran und der an g re n zen den dorsalen Kloake in der 7. bis 8. Postovulationswoche vermutet. Die Schwere der sich entwickelnden Fehlbildung wird durch das Ausmaß des Defekts im dorsalen Bereich der Kloa kenmembran bestimmt. Unter Verdacht sind exogene Faktoren wie Thalidomid, Tridione®, Retinolsäure, In sulin und Herbizide. Ein familiär gehäuftes Auftreten wird beobachtet. Die Analatresie tritt im Rahmen von Syndromen auf (Trisomie 2 1 , Currarino-Syndrom, Cat-eye-Syndrom, kaudales Regressionssyndrom) . Die Inzidenz der anorektalen Fehlbildung liegt bei I : 5000 Lebendgeburten (Martucciello 2006) . Es ist eine leichte Knabenwendigkeit zu verzeichnen.
M ä n n l ic h e Feh l b i l d u ngen Rektoperinea/e Fistel
Der größte Teil des Rektums ist innerhalb des Schließ m uskelapparates lokalisiert. Nur der tiefste Teil des Rek tums ist nach ventral verlagert ( >- Abb. 7. 1 ) . Häufig ist keine deutliche Ö ffnung zu sehen, sondern ein kleiner subepithelialer Gang ( >- Abb. 7.2). Dieser Gang ist meist erst nach Füllung mit Mekonium zu erkennen. In diese Fehlbildungsgruppe gehören auch die Korbhen kel-Malformation und die Analmembran ( >- Abb. 7.3). Tab. 7 . 1 111. Internationale Klassifikation von Krickenbeck (2005). Hauptgruppe Jungen
Hauptgruppe Mädchen
Perineale (kutane) Fistel
Perineale (kutane) Fistel
Rektourethrale Fistel bulbär • p rosta ti sch
Vestibuläre Fistel
Rektovesikale Fistel
Kloake
Anorektale Malformation ohne Fistel
Anorektale Ma lformation ohne Fistel
Analstenose
Analstenose
•
Seltene Fehlbildungen/regionale Besonderheiten •
Pouchkolo n
•
H-Fistel-Typ Andere
• Rektumatresie (< 1 %)I-stenose • Rektovaginale Fistel (< 1 %)
•
7.1 .1 Sy m ptomati k u n d K l i n i k Direkt nach der Geburt fällt die fehlende anale Öffnung bzw. eine dystope Öffnung im Bereich des Perineums, des Scheideneingangs oder entlang des Penisschaftes auf. Klinisch handelt es sich um einen tiefen Dickdarmileus, der je nach Vorhandensein einer Fistel und deren Durch messer von unterschiedlicher klinischer Relevanz ist. Die Analatresien weisen ein weites Fehlbildu ngsspek trum auf. Seit 2005 werden sie nach therapeutischen und prognostischen Gesichtspunkten klassifiziert. >- Tabelle 7. 1 gibt die gängige internationale Klassifika tion von Krickenheck wieder. In der Hauptgruppe sind d ie häufigen Malformationen zu finden, in der Neben gruppe werden die selteneren Fehlbildungen mit ihren regionalen U nterschieden aufgelistet.
Abb. 7. 1 Männliche Fehl bildung der anorektalen Malformationen: rektoperineale Fistel.
7.1 Analatresie
Dieser Defekt ist von einer anterioren A nalektopie (Antepositio ani) zu differenzieren, bei der es sich um eine Fehllage des Anus, das heißt eine nach ventral ver lagerte, normal e ntwickelte Analöffnung mit einem zir-
Abb.
7.2 Rektoperineale Fistel: subepithelialer Gang m it Mekoni um gefüllt.
kulären Sphinkterapparat und normalem Muskeltonus handelt. Rektou reth ra l e Fistel
Dieser Fehlbildungstyp ist der häufigste unter den männlichen Patienten. Die Fistel kann in den unteren Teil der posterioren Harnröhre münden und wird in diesem Fall als rektobulbäre Fistel bezeichnet ( >- Ab b . 7.4a) . M ündet sie höher, spricht man von der selteneren rektoprostatischen Fistel ( >- Abb. 7.4b). Oberhalb der Fistelmündung teilen sich Rektum und Urethra eine gemeinsame Wand. Je höher die Fistel, desto kürzer ist die gem eins a m e Wand. Das Rektum ist teilweise von Levatormuskulatur umgeben. D i e Schließ muskulatur liegt unterhalb des Rektums. Die rektobul bäre Fistel ist mit einer gut ausgebildeten M uskulatur, einem normal entwickelten Os sacrum sowie einem deutlich sichtbaren Analgrübchen ausgestaltet und wird von einer gut erkennbaren Glutealfalte begleitet, wäh rend die höhere prostatische Fistel durch schlecht aus gebildete Muskulatur, ein atypisch entwickeltes Sakrum und ein abgeflachtes Perineum gekennzeichnet ist. B lasenha lsfistel
Bei dieser seltenen Fehlbildung ( 10%) mündet die Rek tumfistel direkt in den Blasen hal s ( >- Abb. 7.5). Die Pa tienten haben aufgrund der schlecht ausgebildeten Le vator- und Schließmuskulatur meist eine schlechte Kon tinenzprognose. Os sacrum und das gesamte Becken sind unterentwickelt.
Abb.
7.3 Korbhenkelform/Analmembran.
Abb.
7.4 Männliche Fehlbildung der anorektalen Malformationen: rektobul bäre Fistel (a); rektoprostatische Fistel (b).
1 85
l 1 86
7 Anus
Abb. 7 . 6 Rektumatresie nach B ildung der Anastomose. Mit
freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. Levit!.
übersehen werden. Der Schließmuskelapparat ist gut ausgebildet, das Sakrum normal entwickelt ( >- Abb. 7.7). Re ktovest i b u l ä re Fi stel Abb. 7 . 5 Männliche Fehlbildung der anorektalen Malformationen :
Blasenhalsfistel. A n a l atres ie o h n e Fiste l
Dieser Defekt kommt bei 5% der Patienten vor und hat eine gut ausgebildete Muskulatur und ein meist gut ent wickeltes Os sacrum. Etwa 2 cm oberhalb des Perineums endet das Rektum blind. 50% der Patienten mit dieser Fehlbildung haben ein Down-Syndrom. Rektumatres ie
Diese seltene Fehlbildung ( 1 %) zeigt etwa 1 -2 cm ober halb der Linea dentata einen vollständigen (Atresie) oder partiellen (Stenose) Verschluss des Rektumlumens. Der Anus ist angelegt. Der oberhalb des Verschlusses liegende Enddarmabschnitt zeigt eine Dilatation. Der Sphinkterapparat ist ebenfalls gut au sgebildet ( >- Abb. 7.6).
Wei b l iche Feh l b i l d u ngen R e ktoperi n e a le Fiste l
Diese Fehlbildung ist häufig. Das Rektum ist bis auf den tiefsten Abschnitt im Zentrum des Sphinktera ppara tes lokalisiert. Nur der unterste Abschnitt ist nach ventral verlagert. Die Distanz zwischen Fistelmündung und Va gina differiert und kann bei größerem Abstand zunächst
Dies ist die häufigste Fehlbildung bei Mädchen. Durch vorsichtiges Auseinanderziehen der Schamlippen ist die Fistelmündung direkt hinter der Vaginalöffnung in der hinteren Kommissur des Vestibulum vaginae zu erken nen. Sph inktermusk ulatur und Os sacrum s ind meist gut ausgebildet. In 5% der Fälle liegen Doppelanlagen des inneren Genitale vor ( >- Abb. 7.8). Anal atresie o h n e F iste l
Dieser Defekt wurde bereits für Knaben beschrieben und zeigt bei Mädchen die gleichen guten Anlagen der Muskulatur und des Os sacrum. Persistierende K l oake
Beschreibung dieser Fehlbildung >- Absc h n i tt 7 . 2 .
Begleitfe h l b i ldu ngen Assoziierte Fehlbildungen kommen bei Patienten mit anorektalen Malformationen zu etwa 65% vor. Die häu figsten Begleitfehlbildungen betreffen das Harnsystem und die Wirbelsäule. Etwa 20-54% der Begleitfehlbildungen betreffen den Urogenitalt rakt je komplexer die anale Fehlbildu n g , desto häufiger sind Fehlbildungen des H a rntraktes zu finden. Patienten mit Blasenhalsfistel haben in 90% de r Fälle urogenitale Begleitfehlbildungen ( Ric h 1 988). Kin der m i t tieferen Defekten (z.B. mit einer perinealen Fis tel) haben in wen iger a ls 1 0% urologische Defekte. I n
7 . 1 Analatresie
Abb. 7.7 Weibliche Fehlbildung der a no
rektalen Malformationen: rektoperineale Fistel.
Abb. 7.8 Weibliche Fehlbildung der anorektalen Malformationen:
rektovestibuläre Fistel.
der Neugeborenenperiode sind die Patienten besonders gefährdet, eine Urosepsis und metabolische Azidose zu entwickeln. Eine unilaterale Nierenagenesie geht mit ei ner ungünstigen Prognose für die Kontinenz einher. Die Skelettfehlbildungen, besonders die Deformitäten des Sakrums sind ebenfalls häufige Begleitfehlbildun gen. S ie sind zumeist schlechter dokumentiert. Neben der Abwesenheit einzelner Sakralwirbel kann eine parti elle oder komplette Sakrumagenesie auftreten. Die Ent wicklung eines Hemisakrums tritt häufig in Verbindung mit einem sakralen Tumor (Dermoid, Meningomyelo zele, seltener Teratom) auf. Ein Hemisakrum, aber auch spinale Hemivertebrae sind mit einer schlechten Konti nenzprognose verbunden.
Zur objektiven Beurteilung des Os sacrum kann ein sakraler Quotient in einem Röntgenbild des Beckens anterior-posterior und seitlich ermittelt werden, der ei ne Prognose bezüglich der Kontinenzentwicklung er möglicht. Der Quotient wird gebildet aus dem vertikalen Abstand vom untersten Punkt des Iliosakralgelenks zur Spitze des Os sacrum (Os coccygis) und der Strecke zwi schen dem höchsten Punkt der Crista iliaca zum unters ten Punkt des Iliosakralgelenks. Gesunde Kinder haben einen Quotienten von 0,77. Unter 0,3 ist nicht mit einer Kontinenz zu rechnen. Eine weitere Begleitfehlbildung mit einer Häufigkeit von etwa 25% ist das tethered cord, eine fibröse Ver wachsung des Filum terminale, die zu einem Tiefstand des Conus medullaris und damit zu neurologischen Stö rungen führen kann. Weitere Begleitfehlbildungen betreffen das Herz, den Ö sophagus und den Darm. In etwa 1 7% treten VATER und VACTERL-Assoziationen auf. Die Akronyme ste hen für Vertebral, Anal, Cardial, Tracheal, Esophageal, Renal, Limb. Dabei müssen mindestens drei der aufge führten Fehlbildungen vorliegen.
7.1 .2 D ia g n osti k Die Analatresie f::illt direkt nach der Geburt bei der Neu geborenenuntersuchung auf. In den ersten 16 bis 24 Stunden muss eine sorgfaltige Diagnostik erfolgen, da die grundsätzliche Entscheidung über die operative Behandlungsstrategie nach Ablauf von 24 Stunden getroffen werden mtiSS. Nach einer genauen körperlichen Untersuchung mit sorgfaltiger Inspektion des Perineums kann die Diagno-
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I
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7 Anus
se in mehr als 80% der Fälle gestellt werden. Entschei dend hierbei ist die in 95% auftretende Fistel und deren Mündungsstelle. Wie in den Schemazeichnungen oben zu sehen, kann es eine große H ilfe sein, den Austritt von Mekonium über die Fistel abzuwarten. Die Entscheidung über eine operative Therapie sollte deshalb erst nach 24 Stunden getroffen werden. Zu die sem Zeitpunkt hat das Mekonium den tiefsten Punkt des Rektums erreicht. Ist ein Mekoniumaustritt am Perineum zu sehen, kann eine primäre Durchzugsoperation vorgenommen werden. Im Falle der perinealen Fistel kann je nach Weite der Fistel zunächst eine reguläre Stuhlentleerung möglich sein. Liegen Frühgeburtlichkeit, Anpassungsstörungen oder komplexere Begleitfehlbildungen vor, sollte die operative Therapie unter Ausnutzung der perinealen Stuhlentleerung auf einen späteren Zeitpunkt verscho ben werden. Tritt das Mekonium über die Urethra aus oder lässt sich Mekonium im Urin nachweisen, handelt es sich um eine rektourethrale oder um eine BlasenhalsfisteL H ier sollte zunächst ein Kolastoma angelegt werden. Ist nach 24 Stunden kein Mekoniumabgang zu ver zeichnen, wird eine seitliche Röntgenaufnahme in Bauchlage mit angehobenem Becken und in horizonta lem Strahlengang durchgeführt. Ist der tiefste Punkt des Rektums dann distal des Os coccygis zu sehen, kann di rekt eine posterior-sagittale Durchzugsoperation erfol gen. Ist das Rektum proximal des Os coccygis zu finden oder sind zusätzliche Begleitfehlbildungen des Os sac rum zu erkennen, sollte ein Kolastoma angelegt werden. Es handelt sich dann um eine sehr dünne rektourethrale Fistel oder um eine Blasenhalsfistel, die später durch ei nen distalen Kontrasteinlauf sichtbar gemacht werden kann. Bei den Mädchen ist in weniger als 5% der Fälle keine äußere Fistel sichtbar. Die oben erwähnte Röntgenun tersuchung in Bauchlage ist also nur bei einer sehr klei nen Gruppe von Patienten notwendig. Beträgt der Ab stand des luftgefüllten Rektums vom Perineum etwa 2 cm, handelt es sich wahrscheinlich um eine Analatre sie ohne Fistel. Dieser Defekt ist bei 90% der Patienten mit Down-Syndrom und Analatresie zu finden. Ist bei der perinealen Untersuchung nur eine einzige Öffnung sichtbar, handelt es sich um eine Kloakenfehlbildung ( > Abschn. 7.2). Ist ein Neugeborenes aufgrund seiner Begleitfehlbil dungen oder peripartaler Instabilität nicht operationsfä hig, kann die Entleerung des Rektums bei rektoperinea ler und rektovestibulärer Fistel durch Fisteldehnung
und Spülung erfolgen und der operative Zeitpunkt hin ausgezögert werden. In den ersten 24 Stunden erfolgt auch die Abklärung weiterer Fehlbildungen. Mit einer Magensonde wird die Durchgängigkeil des Ö sophagus geprüft und gleichzeitig bei sich entwickelndem tiefem Dickdarmileus das Kind vor Aspirationen geschützt. Eine Echokardiographie gibt Aufschluss über Herzfehlbildungen und komplet tiert die Diagnostik im Falle einer Ö sophagusatresie. Eine Ultraschalluntersuchung wird bei jedem Kind mit angeborener Analatresie gefordert, um Begleitfehl bildungen der Niere ( Hydronephrose) und obstruieren de Probleme des ableitenden H arnsystems auszuschlie ßen. Zudem sollten routinemäßig das Abdomen und das kleine Becken untersucht werden, um weitere Begleit fehlbildungen wie z.B. Darmatresien, Doppelanlagen des inneren Genitale sowie sakrale und spinale Fehlbil dungen zu diagnostizieren.
7. 1 .3 Thera p i e Kolosto m i e D i e ideale Kolostomielokalisation bei anorektalen Fehl bildungen liegt am Ü bergang vom Colon descendens zum Sigmoid. Es sollte eine Trennung der beiden ausge leiteten Stomata mit einer dazwischenliegenden Haut brücke erfolgen, um Stuhlübertritt in den distalen Schenkel und damit Harnwegsinfektionen (bei vorhan dener rektourethraler Fistel) oder die Ausbildung eines Megarektums zu vermeiden. Das ausgeschaltete distale Kolonsegment muss lang genug sein, um die Durchzugs operation vornehmen zu können, aber kurz gehalten werden, um den unteren Darmschenkel ausreichend entleeren zu können. Auch muss zur Darstellung der Fistel später bei der Durchführung des Kolon-Kon trasteinlaufs genügend Druck aufgebaut werden können. Außerdem dient ein kurzes distales Segment im Falle ei ner rektourethralen Fistel dem Ablauf des Urins, ohne dass größere Mengen davon resorbiert werden. Dies kann sonst zur metabolischen Azidose führen. Wird die Kolostomie zu weit proximal angelegt, kommt es zu un genügender Darmdekompression, was zu einer Dilatati on des distalen Schenkels führt und dauerhaft eine irre versible Hypomotilitätsstörung bewirkt. Zudem besteht das Risiko des Anus-praeter- Prolapses ( > Abb. 7.9). Die Entscheidung zur An lage eines protektiven Sto mas ist von vielen Faktoren abhängig. A lter und Gewicht des Patienten spielen eine Rolle, seine Stabilität postna tal, Begleitfehlbildungen und die genaue anale Diagnose selbst. J e nach Erfahrung des Operaleurs u nd der Sorg-
7.1
\
a
Abb. 7 . 9
Analatresie
b
Ideale Position der Kolostomie.
falt in der Diagnostik lässt sich die Operationszahl durch Vermeidung einer Kolostomieanlage um zwei Operatio nen reduzieren. Demgegenüber stehen die Risiken von perinealer Infektion, W unddehiszenz, A nastomosen i nsuffizienz und Fistelrezidiv. Die Anlage eines Kalosto mas ist immer noch der sicherste Weg, um Komplikati onen zu vermeiden. Ü ber den distalen Schenkel des Kalostomas wird für die Planung der Durchzugsoperation ein antegrader Kontrasteinlauf unter Abclichtung mithilfe eines ge blockten Blasenkatheters durchgeführt. Nur so kan n ge nügend Druck aufgebaut werden, um durch Hochdruck die vorhandene Fistel darzustellen und auf diese Weise wichtige Detailinformationen zur Klassifizierung des Defekts und zur Operationsvorbereitung zu erhalten. Damit können Komplikationen, die durch aufwändige Präparation bei der Suche nach der Fistel entstehen, ver mieden werden.
O perationstec h n i k J n der Vergangenheit gab es viele verschiedene Operati onstechniken zur Korrektur der Analatresie. Seit den achtziger Jahren hat sich die posteriore sagittale Ano rektoplastik (PSARP) nach Peiia als Korrekturverfahren durchgesetzt. Unter exakter Darstellung der Sphinktermuskulatur mithilfe eines Muskelstimulators lässt diese Operations technik einen exakten Durchzug durch die vorhandene Muskulatur zu und führt bezüglich der Kontinenz zu ei nem optimalen Ergebnis. Etwa 90% aller Defekte beim jungen können allein mit dieser Technik behoben werden. Nur in 1 0% der
Fälle wird die Laparotomie oder Laparoskopie wegen ei ner hohen Fistelmündung (Biasenhalsfistel) notwendig. Dieses Verfahren wird in Bauchlage mit erhöhtem Be cken durchgeführt. Ein transurethraler Blasenkatheter wird als Orientierung und zum Schutz der Urethra ge legt. Die Schnittführung erfolgt in der Mittellinie, eben so die Durchtrennung der Muskulatur. Die Inzision reicht vom Sakrum bis zur Fistelöffnung ( > Abb. 7. ! Oa) . Die Präparation in die Tiefe ist vom Defekttyp abhängig. Bei vorhandener Fistel wird diese umschnitten, und es wird entlang dieser Fistel bis zum Rektum präpariert. Liegt keine äußere Fistel vor, erfolgt die Präparation von dorsal kommend. Die Rektumhinterwand wird darge stellt ( > Abb. 7 . 1 0b), am tiefsten Punkt des Rektums eröffnet und die Fistel vom Rektumlumen aus darge stellt ( > Abb. 7. 1 0c). Anschließend wird die F istel frei präpariert ( > Abb. 7. IOd) , verschlossen und das Rek tum anschließend so weit mobilisiert ( > Abb. 7. 1 Oe), dass es sich bequem durch die Muskulatur durchziehen lässt. Wichtiger Bestandteil der Operationstechnik ist das Anlegen von multiplen H altefäden, um so eine bes sere und gleichmäßige Wandspannung zu erreichen, welche die Präparation erleichtert. Je nach Höhe des De fekts muss das Rektum teilweise oder komplett durch die Levator- und Schließmuskulatur durchgezogen ( > Abb. 7. 1 1 f und g) und der Enddarm rosettenartig in den Komplex der Sphinktermuskulatur eingenäht wer den. Während der Präparation des Rektums sind bei je dem Subtyp je eigene anatomische Merkmale zu beach ten. Bei der rektobulbären Fistel besteht eine lange ge meinsame Wand zwischen Rektum und Urethra, die zur M obilisation des Rektums in zwei Wandschichten auf geteilt werden muss. Diese gemeinsame Wand ist bei der rektoprostatischen Fistel deutlich kürzer; die
1 89
1 90
I
7 Anus
Schwierigkeit dieser Operationen liegt dafür in der viel tieferen Präparation auf Höhe der dorsalen Prostata. Durch unkritische Präparation sind eine Denervation der Blase, eine Verletzung des Ductus deferens oder der Samenbläschen möglich. Die Blasenhalsfistel ist von posterior sagittal erheblich schwieriger zu operieren und profitiert von einer Iaparoskopischen Darstellung der Fistel. Die gute Iaparoskopische Sicht vermeidet wäh rend der Fistelpräparation eine Verletzung der umge benden Strukturen. Die Fistel, die nahezu senkrecht auf den Blasenhals trifft und sich somit leicht trennen lässt, wird direkt am Blasenhals abgesetzt. Anschließend wird nach sterilem Umlagern des Patienten von posterior sa gittal ein Durchzug vorgenommen. Die Besonderheit bei der Rektumatresie oder Rek tumstenose ist der äußerlich normal angelegte Anus und ein teilweiser oder kompletter Verschluss auf einer Hö he von 2 cm. Der Rektumpouch ist nach proximal offen. Hier erfolgt unter direkter Sicht eine End-zu-End-Anas tomose ( > Abb. 7.6). Bei Mädchen erfolgt die Korrektur der perinealen Fis teln und der Analatresien ohne Fistel in gleicher Weise. Der häufigste Defekt, die rektovestibuläre Fistel, wird d agegen regelmäßig unterschätzt. Auch hier ist ähnlich wie bei den bulbären Urethralfisteln der Knaben eine langsireckige gemeinsame Wand zwischen Rektum und Vagina vorhanden. Diese muss vollständig separiert werden, da ein Durchzug sonst zu Spannung und in der Folge zu Dehiszenz, Retraktion und Stenose der Anasto mose führt ( > Abb. 7. l l a, b).
Postoperative Thera p i e Eine antibiotische Therapie erfolgt für etwa zwei Tage und das Verabreichen antibiotikahaltiger Salben für et wa eine Woche. Der intraoperativ gelegte Blasenkathe ter wird (je nach Atresietyp und operativer Manipulati on an der H arnröhre) für 3-7 Tage belassen. Mit der analen Dilatation des Neoanus wird 14 Tage nach der Durchzugsoperation begonnen ( > Tab. 7.2). Das Bou gierungsregime sieht eine tägliche Bougierung für einen Zeitraum von einem Monat vor. Im folgenden Monat
Abb. 7 . 1 0 Posteriorer sagittaler Zugang, Korrektur männliche
Fehlbildung: rektobulbäre Fistel. Korrektur einer anorektalen Fehlbildung mit rektobulbärer Fistel (a). Darstellung der Rektumhinterwand (b). E röffnung des Rektums und Darstellung der ventralen Fistel (c). Freipräparation und Verschluss der Fistel (d und e). Durchzug des Rektums durch Levator- u nd Schließmuskulatur (f und g).
7 . 2 Kloake
Abb. 7.1 1 Korrektur weibliche Fehlbil
b
dung: vestibuläre Fistel.
wird de r Neoa nus j ede n zweiten Tag im 3. Monat zwei mal pro Woche und im 4. Monat einmal pro Woche di latiert. Eine Kalibrierung kann anschließend zweimal im Monat für die nächsten drei Monate stattfinden. So hat man eine gute Verlaufskontrolle über die Anastomosen narbe und kann den Patienten in diesen Abständen gut nachversorgen . D ies ist besonders bei den tiefer gelege nen Fehlbildungen mit einem erhöhten Risiko für d ie Entwicklung einer Obstipation sehr entscheidend. Der Kolastomaverschluss erfolgt sechs bis acht Wo chen nach der Durchzugsoperation, nachdem der Neo anus gut verheilt und die Dil a tati o n mit der altersent sprechend erwarteten Zielgröße schmerzfrei möglich ist.
Nach zu früher Beendigung des Dilatationsregimes wurden A nalstrikturen beobachtet. Bei rektourethraler Fistel werden nach ausgedehnter Präparation häufig Blasen störungen beschrieben. Etwa 25% der Patienten mit Analatresie sind aufgrund ihrer angeborenen Fehl bildung inkontinent. Ziel ist es, dass die Patienten auch bei Inkontinenz "sauber" für Urin und Stuhl sind. Dies ist durch intermittierendes Katheterisieren und durch eine einmal täglich durchgeführte retrograde Spülung des Kolons zu erreichen. Die soziale Kontinenz (sauber bleiben für 24 Stunden) wird durch die Verabreichung einer Darm i rrigat io n diätetische Maßnahmen und M e dikamente erreicht und muss bei jedem Patienten indi viduell angepasst werden (Bowel Management; Peila et al. l 998). Wenn Patienten in der Pubertät größere Unabhängig keit wünschen, ist dies durch eine antegrade Darmspü lu ng m öglich . H ierzu muss ein kontinentes Appendiko stoma ( M ACE, Malone-Stoma; M alone et al. 1 990) ange legt werden. Über eine kaum sichtbare Verbindung zwi schen Bauchdecke (meist Nabel) und Zökum wird der Dickdarm mithilfe eines dünnen Katheters anteg rad gespült.
7 . 1 .4 Kom p l i kationen, Lan gze itve r l a uf, Folgen
7.2 K l oa ke
Tab_ 7.2 Dilatatorgrößen zur Analbougierung bei Kindern. Alter
Hegar D ilatator (mm)
1 -4 Monate
12
4-8 Monate
13
8-1 2 Monate
14
1 -3 Jahre
15
3-1 2 Jahre
16
> 1 2 Jahre
17 ,
D i e häufigste funktionelle Störung nach posteriOt-er sa gittaler D urch z ugsoperat i on ist die Obst ip at io n. Je besser die Prognose für die Kontinenz, desto höher ist die Inzidenz für die Obs t i pat i o n . Funktionelle Darm entleerungsstörungen unterschiedlichen Ausmaßes sind b e i fast a llen Patienten mit A n a l atres ie zu fi n den . Eine früh zei t i ge Behandlung von Obstipation und Ü berlauf enkopresis ist d a h er dri n ge nd erforderlich, um die Ent wicklung eines Megarektosigmoids zu ve rm eid e n .
,
Diese Fehlbildung tritt bei M ädchen als schwerwiegend ster Entwicklungsdefekt der analen Anlagestörungen auf. Die Kloakenfehlbildung zeigt eine fehlende Tren nung von Rektum, Vagina und Urethra mit der Folge, dass alle drei St r uk t uren i n e i nen e inz i gen Au s führu ngs gang m ünden (common channel; >- Abb. 7. 1 2a, b) .
1 91
1 92
7 Anus
a
Abb. 7 . 1 2 Kloakenfehlbildung Hyd ro kai pos (a), Doppelanlage (b.
7.2.1 Sym ptom a t ik u n d K l i n i k Klinisch fallen die Kinder häufig bereits während der Pränataldiagnostik durch einen Hyd rokaip os auf. Post natal werden die Patientinnen durch einen kennzeich nenden Befund im Perineum mit nur einer Öffnung ( Si nus urogenitalis) auffällig.
I
7.2.2 D i a g nost i k Die Diagnose der Kloakenfehlbildung wird klinisch ge stellt und sollte bei einem weiblichen Neugeborenen, das mit einer Analatresie auf die Welt gekommen ist und ein kleines äußeres Genitale zeigt, vermutet werden. Durch vorsichtiges Auseinanderspreizen der Labien stellt sich eine einzige p erineale Öffn ung dar ( >- Abb. 7. 1 3a, b) . Diese Untersuchung kann sich etwas schwieriger gestalten, da das äußere Genitale des weibli chen Neugeborenen in den ersten Tagen durch hormo nellen Einfluss der Mutter stark geschwollen ist. Die Länge des gemeinsamen Ausführungsgangs kann sehr unterschiedlich sein, und dementsprechend schlechter entwickelt können Sakrum, Muskulatur und Nerven sein. Man teilt Patientinnen mit dieser Fehlbil dung in zwei Gruppen ein: Kloakenfehlbildungen, deren gemeinsamer Ausführungsgang kürzer als 3 cm ist, und solche mit komplexeren Defekten und einer gemeinsa men Ganglänge von mehr als 3 cm. Patientinnen mit ei nem gemeinsamen Gang < 3 cm haben in der Regel ein gut entwickeltes Sakrum, eine adäquat angelegte Mus kulatur und eine dementsprechend gute funktionelle Prognose. Patientinnen mit einem gemeinsamen Gang von > 3 cm haben eher eine mäßig bis wenig ausgebilde te Muskulatur und eine schlechtere Kontine nzprognose.
Abb. 7. 1 3 Kloakenfehlbildung nur eine e inzige perineale Öffnung. Spre ize n der Schamlippen (a). Die D ia g nose s te l l u n g ist nur d urch eine sorgfältige I nspektion möglich (b)
Die Entwicklung von D efekte n knöcherner Struktu ren im Bereich der unteren Wirbelsäule kann vergleichbar stark va riieren. Häufig ist die Vag i n a stark dilatiert und m i t Sekretions fl üss igkei t gefüllt. Dieser sog. Hydrokaipos e ntsteht d u rc h
7.2 K loake
Abflussbehinderungen an der Vaginaleinmünd un g in den gemeinsamen kloakalen Ausführungsgang, die durch
D oppelanlagen, Vaginalsepten und partielle oder kom plette Atresien a u sgel öst sein können. Durch pränatale U ltraschalluntersuchung kann diese Größenzunahme der Vagina schon sehr frühzeitig dargestellt werden. Diese Flüssigkeitsansammlung kann zu einer Infektion (Pyo kol pos) führen und diese wiederum zu einer Perforation. Durch die Größenzunahme der Vagina wird das Tri gonum vesicae kompromittiert. D ies führt zu Harnstau, H ydronephrose und zur Entwicklu ng von Megaurete ren. Ein H ydrokotp os kann so groß werden, dass Atem
probleme entstehen. Bei einer Kloakenfehlbildung sollte zur Ergänzung
der Diagnostik eine MRT-Untersuchung stattfinden, da hier mit zahlreichen Begleitfehlbildungen zu rechn en ist (zu 90% liegen mo log i seh e Fehlbildungen vor).
7.2.3
Thera p i e
Bei einer Kloakenfehlbildung ist i n der Regel eine Kolo stomie erforderlich, die im Colon descendens erfolgen sollte. Dabei ist darauf zu achten, dass die getrennt aus
g el ei t ete distale Kolostomie weit genug proximal ange legt wird, um bei der eigentli chen Durchzugsoperation neben dem D urchzug selbst ggf. auch eine va gin a l e Re konstruktion zu ermöglichen. Während dieser Operati o n zur Kol as toma-Anlage muss auch der vorhandene Hydrokotpos entlastet wer den. Dies kann durch eine Vaginostomie oder, wenn die V agina nicht bis z ur Bauchdecke reicht, mithilfe eines Katheters drainiert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass dieser Katheter bei Doppelanlagen der Vagina bei de Hem ivaginae drainiert oder durch eine Fensterung im Vaginalseptum den gesamten Hydrokotpos entleert. Durch diese Maßnahmen werden molog i sehe Obstruk tionen entlastet, und eine suprapubische Harnableitung ist nicht i mmer notwendig. In allen Fällen sollte zur Darstellung und M essung des gemeinsamen Au sfüh ru ngsga ng s vor der eigentlichen Operation eine E ndos kopie (Vagino-U rethro-Zystosko pie) vorgenommen werden. Patientinnen mit einem ge m ei nsa m en Ausführungsgang < 3 cm Länge lassen sich in der Regel von posterior sagittal operieren. D i e Poste riore Sagittale Ano-Rekto-Vagina- Urethra- Plastik (PSARV U P) erfolgt ähnlich wie vorher bei der D urch zugsoperation der Analatresie (PSARP) bes ch rieb e n ( > Abschn. 7. ! .3). Auch hier wird zu näc hs t das Rek tum von dorsal da rges t ell t, dann von dorsal eröffnet und so der Bl ick auf den gemei nsamen A us führu ngsgang von Rektum, Vagina und U rethn1 erm ögl ic h t . Nach Ein-
1 93
Iage eines transurethralen Blasenkatheters erfolgt die Trennung von Rektum und Vagina. Wenn möglich, wird sodann eine totale urogen itale Mobilisierung durchgeführt. Das bedeutet, dass eine Trennung der ge meins a men Wand zwischen Urethra und Vagina unter lassen, der gemeinsame A u s füh rungs ga ng komplett mo bilisiert und die Stelle der Konfluenz zum Perineum ge bracht und dort eingenäht wird. Etwa 60% aller Kloakenfehlbildungen können mit die ser Technik operiert werden. Ist der gemeinsame Gang länger als 3 cm, müssen Vagina und Urethra prinzipiell getrennt werden. Die Korrektur ist deutlich aufwändiger und schwieriger und setzt ausreichende Kenntnisse der verschiedenen Vaginalersatzplastiken voraus. Auch hier ist als erster Schritt der Operation eine En doskopie notwendig. Die gesamte untere Körperhälfte wird steril abgewasch en, um ein Drehen der Patientin während des Eingriffs möglich zu mache11 . Von abdomi nell wird das innere Gen i tale vom Harntrakt getrennt und die hintere Wand des gemeinsamen Gangs ver schlossen. Der gemeinsame G an g wird als Harnröhre verwendet. Die Durchgängigkeil der " Müller-Struktu ren" wird gep rüft, um bei ei n seitiger Atresie ggf. die Ad nexe zu entfernen. Sind beide Adnexe atretisch, sollten sie belassen und in der Pubertät kontrolliert werden. Je nach Größe der Vagina, dem Vorhandensein einer ge ni
talen Doppelanlage und der Distanz zum Perineum ist jeder Fall individuell zu lösen. Bei kurzer oder atretischer Vagina kann ein vaginaler Ersatz d urc h A ugm e n t ation eines Dannsegments ( Rektu m, Kolon, Dünndarm; Mc Dougal 2005) gewonnen werden. Bei einer Doppelanlage des inneren Genitale is t eine vaginale Schwenktechnik (vaginal switch; Peiia et al. 2004) möglich. Bei den komplexeren Kloakenfehlbildungen ist der
Blasenhals funktionslos. H ier muss über eine Blasen halsrekonstruktion oder einen permanenten Blasenhals
verschluss entschieden werden. Zur Blasenentleerung wird ein intermittierendes Katheterisieren (CIC) not wendig. Bei Bl a sen h al sverschluss bedarf es einer Vesi kostomie, die im A l te r von drei bis vier Jahren in eine
kontinente Harnableitung umgewandelt wird.
Posto perative Th era p i e Ein transurethraler Blasenkatbeter wird für zwei bis drei
Wochen belassen. Komplexere Malformationen erhal ten einen suprapubischen Blasenkatheter. Die anale Di latation wird wie oben beschrieben durc hgefü h rt . Der Kolostomieverschluss erfolgt wie bei den vorher be sch riebenen Analatresien nach sechs bis acht Wochen. Zu diesem Ze.itpunkt kann zur Ü berp rü fu ng des Opera-
I
1 94
I
7
Anus
tionsergebnisses eine Endoskopie (Vagina-Zystoskopie) durchgeführt werden.
bei spielt die Länge des gemeinsamen Gangs eine ent scheidende Rolle ( > Tab. 7.3).
7.2.4 Kom p l i kationen, La ngzeitve r l a uf, Folgen
7.3 Kloa kene kst ro p h i e
Patientinnen nach korrigierter Kloakenfehlbildung brauchen ca. ein bis drei Monate, um nach Kolostomie verschluss ein normales Defakationsmuster zu entwi ckeln. Obstipierende Kost kann dabei hilfreich sein. Zur Entleerung der Blase benötigen 20% der Patien tinnen mit einem gemeinsamen Gang < 3 cm Länge und 70-80% der Patientinnen mit einem gemeinsamen Gang > 3 cm ein intermittierendes Katheterisieren (clean in term ittent catheterization, CIC), Wundinfekte treten di rekt postoperativ auf und heilen sekundär aus. Anale Strikturen werden durch Devaskularisierung des Rek tums bei der Mobilisierung und durch inkonsequente Analbougierung ausgelöst. Vaginalstrikturen und Fibro sen entstehen durch ungenügende Mobilisierung und Devaskularisierung der Vagina. Die häufigste Komplikation vor der Einführung der totalen urogenitalen Mobilisierung war die urethravagi nale Fistel. Die neurogene Blasenstörung kann bei komplexer Fehlbildung angeboren oder durch großzügige Präpara tion iatrogen entstanden sein. Die Therapie bei I nkontinenz und Obstipation ent spricht der bei der Analatresie. Da die Patienten mit persistierender Kloakenfehlbil dung ein breites Spektrum an Defekten aufweisen, wer den sie je nach Stuhl- und Urinkontrolle unterteilt. Da-
7.3.1 Ät i o l og i e u n d l n zidenz Die schwerste Form der ventralen Bauchwanddefekte ist die Kloakenekstrophie. Sie wurde früher auch als vesi kointestinale Fissur bezeichnet. Die Kloakenekstrophie zählt zu den seltenen Fehlbildungen, die auf der un günstigen Seite des Epispadie-Ekstrophie-Komplexes liege11. Diese komplexe Mittellinienfehlbildung ist durch eine Ausstülpung des Urogenital- und Intestinaltrakts ge kennzeichnet. Das Krankheitsbild wird im OEIS- Komplex (Ompha lozele, Exstrophie der Blase, imperforate anus (Analat resie), Spinaldefekte) zusammengefasst. Die lnzidenz der Kloakenekstrophie wird mit I : 200 000 bis 400 000 Geburten angegeben. Drei bis fünf Neugeborene werden pro Jahr in Deutschland mit dieser Fehlbildung geboren. Die Ä tiologie ist bisher nicht endgültig geklärt. Es handelt sich um eine komplexe Störung in der Entwick lung und dem Zusammenwachsen des Mesoderms so wie der Kloakenmembran in der frühen Embryonalent wicklung. Im Tierexperiment führten teratogene Noxen zur Entwicklung einer Kloakenekstrophie (Männer und Kluth 2003).
Tab. 7.3 Funktionelle Ergebnisse nach korri gi erter anorektaler Malformation (Levitt und Peiia 2 0 1 0). Fehlbildungsform
Selbstständige Darmentleerung
(%)
Stuhlschmieren
Stuhlkontinenz
(%)
(%)
Peri neale F i ste l
97
12
85
Rektumatresie/-stenose
1 00
25
75
Vestibuläre Fistel
89
36
71
57
3
Analatresie ohne Fistel
79
45
67
51
6
Rektobulbäre Fistel
81
54
52
64
8
Rektoprostatische Fistel
66
78
30
46
8*
3 cm common channel
64
68
47
40
28*
Kloake: > 3 cm common channel
39
93
18
33
80 17 18
Kloake:
<
Blasenhalsfistel
21
95
25
18
Gesamt
70
60
55
48
*
Alle Patienten sind trocken mit intermittierendem Katheterismus.
7.3 Kloakenekstrophie
7.3.2 Sym ptomat i k u nd K l i n i k Das Krankheitsbild zeigt ein weites Spektrum a n Fehl bildungen. Es ist durch einen zentral liegenden ekstro phierten Darm und zwei seitlich davon positionierte ek strophierte Blasenhälften gekennzeichnet. Oberhalb der Ekstrophie liegt in den meisten Fällen (> 90%) eine Om phalozele vor ( >- Abb. 7. 1 4; >- Abb. 7. 1 5). Meist ist der Ileozökalbereich betroffen. In beiden Blasenfeldern ist eine Ureteröffnung gelegen. Die Ostien des offenliegen den Darms sind proximal dem zuführenden Dünndarm anteil (meist terminales Ileum) und distal dem aboralen Darmabschnitt (meist Kolon, wenn vorhanden) zuzu ordnen. Zusätzlich liegt eine Analatresie vor, d.h. das Rektum endet blind. Darüber hinaus bestehen Spinalde fekte unterschiedlicher Ausprägung. Das äußere Genita le ist gespalten. Bei Mädchen liegt eine gespaltene Klito
ris, bei J ungen ein gespaltener, meist verkürzter Phallus vor. Häufig bestehen zusätzlich inguinale Hernien und retinierte Hoden. Neben intestinalen Doppelanlagen (z.B. Appendix) werden häufig auch Doppelanlagen des inneren Genitale ( Uterus bicornis, Vaginalduplikatur) beobachtet. Die Symphyse klafft. Noch viel seltener wird die "verdeckte Ekstrophie" beobachtet, deren Besonderheit die durch Haut oder in takte Bauchwand überdeckte Kloakenekstrophie ist .
-
Beg le itfeh l b i l d u ngen Die Erkrankung tritt häufig mit assoziierten, meist kar diovaskulären und spinalen Fehlbildungen auf. Dane ben stehen Defekte der Wirbelsäule, urogenitale, weitere intestinale sowie Extremitätenfehlbildungen.
7.3.3 D i a g nost i k
Abb. 7 . 1 4 Kloakenekstrophie. Proximaler Darmabschnitt (Dünndarm)
Appendix
Proximale Darmöffnung
Omphalozele Ureterosteuro
Linke Blind endender distaler Darmabschnitt Hemiblase (Dickdarm)
Abb. 7.1 5 Schematische Darstel lung der Kloa kene kstro phie.
I n der 1 6. bis 20. Schwangerschaftswoche kann die prä natale Diagnose dieser Fehl bildungen gestel l t werden (Bianchi et al. 2009; H utcbeson und Zderic 2000). Diese frühe Pränataldiagnostik macht eine rechtzeitige I nfor mation der Eltern möglich und gibt dem Ärzteteam die Chance für eine gute Plan ung der postpartalen Th erapie. Ein Schwangerschaftsabbruch ist bei schwerer Fehlbil dung zu diskutieren ( Hutcheson und Zderic 2000). Nach Durchführung einer Amniozentese oder Karyo typi s ierung sollte das Geschlecht nur unter Vorbehalt genannt werden, da die Genitalfehlbildung in einigen Fällen eine Ges chlechtsumwandl ung nahelegt . Die Entbindung sollte direkt in einem "Kompetenz zentrum" stattfinden oder das Kind nach der Geburt so fort dorthin verlegt werden. Notfa l lmäßige Eingriffe sind nicht erforderlich und zu vermeiden. Die Zusammenarbeit von Kinderchirurgen, Kinder urologen, Orthopäden, N eurochirurgen und Neonatolo gen ist wünschenswert. Die Diagnostik besteht aus der genauen klinischen U ntersuch ung des Neugeborenen zur vollständigen E rfass u ng des gesamten Fehlbildungstyps. Dabei ist große S org fa l t auf die Erkennung der Begl eitfehlbi l dungen zu legen. Falls bis dahin nicht stattgefunden, ist eine B es t im m ung des genetischen Geschlechts vor zunehmen. Röntgenaufnahmen von Thorax, Wirbelsäule und Be cken werden als Screeninguntersuchung durchgeführt. D ie Ultraschalluntersuchung dient der Ermittlung von F eh lbil d u ngen des oberen Harntraktes, zum Aus schluss spinal e r Defekte und zur Abklärung des in neren
1 95
I
1 96
7 Anus
Genitale. Eine MRT -Untersuchung sollte zusätzlich ver anlasst werden. Danach erfolgt die Festlegung des Therapieplans, der i ndividuell für jeden einzelnen Patienten erstellt wird.
7.3.4 Th erapie Direkt nach der Geburt müssen Omphalozele und eks trophierte Organe vor Austrocknung und Verletzung geschützt werden. Dazu werden sie mit Kochsalz be feuchtet und in eine sterile Plastikhülle eingepackt. Die erste Operation wird in den ersten Lebenstagen durch geführt und sieht den Verschluss von Omphalozele und Blase vor. Hierzu wird zunächst das zwischen den Bla senhälften gelegene Darmfeld mobilisiert, unter Erhal tung der Appendix tubularisiert, mit dem Dickdarmre likt (hindgut) anastomosiert und der Dickdarm distal als endständiges Stoma ausgeleitet Dann werden die Blasenhälften miteinander verbunden und die Blasen platte verschlossen. Alle vorhandenen Kolonabschnitte müssen in die Darmkontinuität einbezogen werden, um Flüssigkeits- und Elektrolytverschiebungen, Mangeler nährung, Dehydratation und metabolischer Azidose vorzubeugen. Zwischen dem zweiten und achten Lebensjahr sollte die Blasen- und Darmkontrolle angestrebt werden. Zu diesem Zeitpunkt ist über einen Blasenhalsverschluss oder eine Blasenhalsrekonstruktion zu entscheiden. Die Darmrekonstruktion hängt von der Fähigkeit des Patienten ab, festen Stuhl zu produzieren. Um diese Fä higkeit exakt zu testen, ist ein Darmtraining (Bowel Management-Programm) notwendig, das über das Sto ma täglich verabreichte Einläufe, zusätzlich ggf. obsti pierende Kost und die Darmmotilität reduzierende Me dikamente vorsieht. Wenn sich dadurch der Darm für 24 Stunden sauberhalten und somit eine soziale Konti nenz erreichen lässt, ist die Voraussetzung für eine peri neale Durchzugsoperation gegeben. Zeigt das Darmtraining keinen Erfolg, ist dies eine Kontraindikation für eine Durchzugsoperation, auch wenn der Patient ein gut ausgebildetes Sakrum und eine kräftige Sphinktermuskulatur zeigt. Funktionelle und kosmetische Konstruktionen/Re konstruktionen des äußeren Genitale werden in der Pu bertät vorgenommen. Dabei stellt die Konstruktion des männlichen Genitale eine besondere Herausforderung dar. Bei einem schwer fehlgebildeten äußeren Genitale ist die Geschlechtskonversion mit Orchiektomie im ers ten Lebensjahr zu erwägen. Die Entscheidung erfolgt
dabei individuell und am Kulturkreis der Familie orien tiert. Bei M ädchen sind bis zur Pubertät Doppelanlagen des inneren Genitale zu korrigieren . Eine vaginale Kon struktion bei genetisch männlichen Patienten kann aus verschiedenen Geweben (Blasenschleimhaut, Dünn-, Dickdarm, lokal gestielte Lappen) erfolgen. Operative Korrekturen von Begleitfehlbildungen wer den je nach Dringlichkeit in den zu Anfang erstellten Behandlungsplan eingebaut.
7.3.5 Ko m p l i katio nen, Kra n k h eitsverla uf, Folgen Regelmäßige Nierenfunktionskontrollen, Ultraschall untersuchungen des oberen Harntrakts und Abklä rungen der metabolischen Situation sind erforderlich. Patienten mit kurzen D ünn- und D ickdarmabschnit ten sind gerade in der Kleinkindzeit immer wieder an fällig für Flüssigkeitsverluste und Elektrolytverschie bungen. Regelmäßige neurologische Untersuchungen sollten stattfinden, um ein tethered cord rechtzeitig zu diagnos tizieren und den Patienten einer pädiatrisch-neurochir urgischen lherapie zuzuführen. Das Ausmaß der psychischen Probleme insbesondere bei Patienten mit Geschlechtskonversion ist zu keinem Zeitpunkt zuverlässig abzuschätzen. H ier hat es in der Vergangenheit Suizide gegeben. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Überlebens chance der Patienten von 50% in den 1 970er Jahren auf jetzt 83- 1 00% deutlich verbessert. Die Erfolge sind nicht nur auf die verbesserte Operationstechnik, son dern vor allem auf ein interdisziplinäres Gesamtkonzept zurückzuführen. Dadurch sind neben Verbesserungen der enteralen und parenteralen Ernährung die Tren nung des Gastrointestinal- und Urogenitaltrakts sowie die Einbeziehung des Dickdarms in die Darmkontinu ität möglich geworden. Durch die Rekonstruktion, ggf. mit Bildung einer kontinenten Harnableitung und Anla ge eines distalen Kolostomas, sind die Voraussetzungen für eine soziale Kontinenz gegeben. Für viele Patienten wurde auch die Möglichkeit geschaffen, unabhängig und als stomafreier Erwachsener durch Selbstkathete rismus (CIC) trocken und durch Darmtraining ( Bowel Management) und gezielten Stuhlgang sozial kontinent zu sein.
7.4 Sonstige perianale Erkrankungen
7.4 Sonst i ge peria n a l e E rk ra n ku n gen
1 97
te zeigen gute Erfolge (Husberg et al. 2009). Schmerzlindernde Salben nach jedem Stuhlgang ver schaffen Besserung. Chronische Ulzera müssen exzidiert werden. Die Rezidivrate liegt unter 5%.
7.4.1 A n a lfiss u ren Eine Analfissur ist ein Einriss i n die Haut u nd Schlei m haut des Analkanals. Ü blicherweise treten Analfissuren mit Blutung und perianalem Schmerz während der De fakation auf. Akute oberflächliche Einrisse sind in der frühen Kindheit gerade nach Ernährungsumstellung auf festere Kost oft zu beobachten und der häufigste Grund für hellrote frische Blutungen aus dem Anus. Bei älteren Kindern ist die Ursache meist eine Obstipation oder die Passage von hartem Stuhl, die zum mechanischen Ein riss führen. Tritt die Fissur zusammen mit Diarrhoe auf, ist eine chemische Verbren nung durch den alkalischen Stuhl ursächlich für die Schmerzen und die Entzündung. Jede Defakation bereitet bei dieser Konstellation Schmerzen, sodass die Kinder versuchen, diesen Schmerz zu vermeiden, indem sie die nächste Stuhlent leerung unterdrücken, was eine Ob stipati on begünstigt oder noch verstärkt. Fissuren sind meist in der h interen M ittellinie (6'SSL) distal der Linea dentata zu finden. In der Regel liegt ein erhöhter Sphinktertonus vor. Eine schlecht verheilte Fissur kann sich entzünden und in ein chroni sches Ulkus übergehen. In diesem Stadium sind ein ent zündlich umschriebenes Hautareal distal der Fissur und eine mehr proximal gelegene hypertrophierte Analpa pille zu sehen. Fissuren können auch vorne ( l 2'SSL) zu finden sein. Sie können einzeln oder m u l tipel auftreten. Sind sie lateral lokalisiert, handelt es sich meist um Pa tienten mit einer Crohn-Erkrankung oder einer Im munschwäche. Die A n am nese ist typisch. Das Kind weint bei j edem Stuhlgang. Dieser wird von den Eltern als fest und mit frisch-blutigen Auflagerungen beschrieben. Die Diagno se wird durch die rektale Untersuchung gestellt, bei der die Haut rund um den Anus leicht angespannt wird, so dass ei n Blick bis zur Linea dentata ohne P roklo sko p ie möglich ist. Akute F iss ure n im Kindesalter benötigen nur selten ei ne ope ra tive Versorgung. Durch stuhlauflockernde Nahrungsmittel und M e d ika m ente Laxanzien und Sitz bäder heilen sie i n nerhalb von I 0 bi s 14 T agen a b . Chronische Analulzera bei älteren Kindern können bereits der erste klin ische Hinweis auf eine sich entwi ckelnde entzündliche Darmerkrankung sein. Sie spre chen gut auf eine "ll1erapie mit Metronidazol an. Der er höhte Analsphinktertonus kann medikamentös b eha n delt we rden . Bot u l i n u m toxin und N i t roglyzerinp rä pa ra-
7.4.2 A n a l a bszesse Perianale Infektionen und Abszesse kommen bei Kin dern unter einem Lebensjahr häufig vor und betreffen Mädchen und Jungen gleichermaßen. Die Ursache der oberflächlichen Abszesse ist meist eine superinfizierte Windeldermatitis. Staphylokokken oder gramnegative Keime lassen sich durch intraoperativ gewonnene Ab striche nachweisen. Nach dem ersten Lebensjahr sind mehr Jungen betroffen. Die Infektion geht jetzt von den Krypten aus und reicht in den Analkanal oder in das pe rirektale Gewebe mi t Ausl äufe rn t ranssph i nkt är in das Subkutangewebe, den Levatormuskel oder das Ischio rektalgewebe ( > Abb. 7.16). Hier sind ursächlich meist anaerobe Darmkeime zu finden. Diese tiefergelegenen Abszesse können den ersten Hinweis auf eine Crohn Erka n kung liefern. Die Diagnose eines Abszesses erfolgt klinisch auf grund eines eindeutigen Befundes mit einer erythema tösen, entzündlich fluktuierenden Schwellung perianal ( > Abb. 7. 1 7). Sehr oberflächliche Befunde, die gerade im Entstehen sind, können konservativ durch Sitzbäder behandelt werden. Die meisten Abszesse müssen jedoch chirurgisch ver sorgt werden. D i e TI1erapie der Wahl ist die Inzision und die Ei nl age einer Lasche bzw. bei den tiefergelegenen Abszessen einer Drainage. Der Eingriff findet in Allge meinanästhesie statt. Eine antibiotische TI1erapie ist üb licherweise ni ch t notwendig. Es erfolgt eine lokale Be-
lschiorektal
,
'------+- Proklodeal drüse
+!----- Peri neal
Abb. 7 . 1 6 Abszesslokalisationen.
I
1 98
7 Anus
handlung nach jeder Defakation. Ein Drittel der Patien ten zeigt Rezidive. Etwa 50% der Patienten mit periana len Abszessen entwickeln (oder haben bereits) anale Fisteln. Perirektalabszesse werden durch eine sorgfaltige, rek tale Untersuchung diagnostiziert. Die Patienten erhalten eine sofortige Abszessinzision und Drainage und eine systemische antibiotische Therapie. Die meisten Abszes se heilen prompt, neigen aber auch zu Rezidiven.
7.4.3 Ana l f iste l n
I
Eine Analfistel entwickelt sich klassischerweise aus ei nem Kryptenabszess, der sich zur Perinealhaut ausge dehnt hat. Sie kann aber auch das Ergebnis eines Peri analabszesses oder einer chronischen Infektion des An orektums sein. Aus rudimentär angelegten entzündeten Proktodäaldrüsen bildet sich zusammen mit den Analkrypten eine pathologisch anatomische Einheit. I m Embryonalstadium fin den sich noch zahlreiche Anal drüsen, im Erwachsenenalter sind sie nur noch selten zu finden. Die Ursache der Infektion ist im Einzelfall nicht zu klären. Prädisponierende Faktoren sind anatomische Gegebenheiten der Analregion (verlängerte Analsinus als Überreste einer Proktodäalmembran oder vertiefte Analtaschen als Ursache für Kotstau). Wegen der tonsil lenähnlichen Schutzfunktion der Analdrüsen treten kryptogranuläre Entzündungen im Rahmen systemi scher Erkrankungen oder nach Allgemeininfekten auf. Es besteht eine Prädominanz für J ungen. Säuglinge ha ben oft mehrere wiederkehrende perineale Infekte, die durch eine Entzündung der Proktodäaldrüse zu einer
Abszedierung mit Ausbreitung in verschiedene Sphink terbereiche führen können. Es kann zu einer Spontan entleerung kommen. Die Fistel verläuft normalerweise zwischen internem und externem Sphinkter (inter sphinktär) oder durchzieht den Sphinkter (transsphink tär) und eröffnet sich zur Perinealhaut hin. Proximale Ausdehnung oder supralevatorische Abszesse sind bei Kindern ungewöhnlich. Die Fistelöffnung befindet sich in der Regel lateral des Anus und dehnt sich radiär von der perinealen Hautöffnung zur betroffenen Krypte im Analkanal aus. Die Behandlung der Fisteln erfolgt chirurgisch durch Fistelotomie oder Fistelektomie mit oder ohne Kryptektomie. Die meisten Kinderchirurgen tendieren zur Fistelotomie und öffnen den Fistelgang der Länge nach unter Vollnarkose. Dazu wird eine kleine Sonde in den Fistelgang eingeführt, das darüberliegende Ge webe bis zur dazugehörigen Krypte hin eröffnet und der Wundgrund kürettiert. Die Wunde heilt sekundär, eine Tamponade erfolgt nicht länger als zwei Tage. Ei ne offene Behandlung mit Sitzbädern schließt sich an. Ist ein Fistelgang gut entwickelt mit entzündlicher Re aktion und Granulationsgewebe, kann der gesamte Gang exzidiert werden. Hohe Iranssphinkterische Fis teln werden mit einem Loop versehen. Die Wunde wird üblicherweise offengelassen oder nur lose abge deckt. Sitzbäder, eine gute Wundversorgung, elterliche Unterstützung und eine den Stuhl weichmachende Therapie lassen die Wunde innerhalb weniger Tage ab heilen. Eine systemische Antibiotikatherapie ist in der Regel nicht notwendig.
Abb. 7 . 1 7 Perianaler Ana labszess.
7.4 Sonstige perianale E rkrankungen
1 99
Abb. 7 . 1 8 C rohnfistel. Mit freu ndlicher Genehmigung von Frau Dr. Dick, Universi tätsklinikum Würzburg.
7 .4.4 A n a i-/Rektu m p ro l a ps Der Rektumprolaps ist ein sehr häufiges selbstlimitie rendes Problem bei kleinen Kindern. Das typische Er krankungsalter liegt zwischen 1 und 3 Jahren - eine Zeit, in der die Rektummukosa relativ locker auf der darun terliegenden Muskulatur liegt. Die perineale Muskulatur entwickelt sich im H inblick auf die Kontinenz und das Sauberwerden (Toilettentraining), und die Abflachung des Sakrums richtet den intraabdominellen Druck gegen den Anus anstatt gegen die geschützte Beckenhöhle aus. Das Beckenperitoneum wird gestreckt mit einem tiefen Douglaspouch, und die Levatorschlinge wird gedehnt, was dem Rektum die Hernierung über den Anus erlaubt. Der Prolaps kann mukös sein, nur 2-3 cm der Muko sa umfassen, oder die gesamte Rektumwand betreffen. Der typische Rektumprolaps ist eine nach außen ge stülpte geschwollene Mukosarosette, posterior meist et was länger ausgeprägt als anterior. Der Mukosaprolaps hat üblicherweise radiäre Falten, während der h äufigere Vollwandprolaps zirkuläre Falten in der prolabierten Mukosa zeigt. Jungen und Mädchen sind gleich häufig betroffen ( > Abb. 7. 1 9). Der Prolaps kann mit Schleimhautblutungen einher gehen, die aber n icht so stark sind wie bei einer Polypen blutung. Eine selten vorkommende Sigmoidinvaginati on stellt sich ähnlich dar. Dieser Unterschied sollte bei der rektalen Untersuchung geklärt werden . Die U rsache des Prolapses ist mei st idiopathisch. Die Diagnose wird aufgrund des oben beschriebenen roset tenartigen Befundes, wie er nach einer Defakation zu sehen ist, gestellt. Der Prolaps kann sich spontan lösen oder manuell reponiert werden. Ausgelöst wird er meist durch Schreien, Anstrengung, Durchfallerkrankungen oder Obstipation. Kinder mit neuromuskulären Proble men wie Meni ngomyelozele oder Blasenekstrophie zei gen häufiger einen Prolaps. Jede Form von erhöhtem Stuhldrang wie bei Parasiteninfektion, Proktitis, Poly pen und entzü ndlichen Darmerkrankungen kann zu ei nem Prolaps führen. Mehr als Y1 der Patienten mit Mu-
Abb. 7.1 9 Rektumprolaps Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. Dick, Universitätsklinikum Würzburg.
koviszidose leiden an einem Rektumprolaps. Deshalb sollte bei allen Patienten mit einem Rektumprolaps eine zystische Fibrose ausgeschlossen werden. Eine rektale Untersuchung wird durchgeführt, und falls rektale Blu tungen berichtet werden, muss auch der A usschluss von Polypen erfolgen (Proktoskopie, Koloskopie, Kon trasteinlau f). Da der Prolaps meist nur von sehr kurzer Dauer ist, wird die Diagnose manchmal nur durch die Beschrei bung der Eltern gestellt werden können. Bei manchen Kindern tritt ein Prolaps nach jedem Stuhlgang und spe ziell bei Säuglingen nach intensiven Schreiepisoden oder starkem H usten auf. Ein akuter Prolaps kann vor dem Auftreten von Schwellung und Ö dem einfach gelöst werden. Mit einer feuchten Kompresse wird vorsichtig auf den oberen Teil des hernierten Darms gedrückt. Bei Ö dembildung ist ein leichtes Komprimieren notwendig, ehe der Darm zu rückgedrückt werden kann. Bei häufigem Auftreten er lernen die Eltern das sofortige Zurückdrücken. Körperli che Anstrengung sollte vermieden werden. Bei Diar rhoe, Obstipation, Mukoviszidose oder Parasiten sollte eine medikamentös unterstützende ll1erapie bzw. eine TI1erapie des Grundleidens erfolgen und ein gerade be-
I
200
7 Anus
gonnenes Toilettentraining auf einen späteren Zeit punkt verschoben werden. Ein bis zwei Monate nach begonnener Therapi e ist das Problem meist überwun den. Bleibt der Prolaps über Monate bestehen, ist eine Operation zu erwägen. Es gibt zahlreiche Operations techniken, von denen sich im wissenschaftlichen Ver gleich keine Methode besonders h e rvo r heb t . Eine sub muköse ein- bis zweimalige Injektionsbehandlung mit einem sklerosierenden Mittel, eine der hämorrhoidalen Skleratherapie vergleichbare Technik, kann Abhilfe schaffen und unter Narkose durchgeführt werden. Nachuntersuchungen zeigen eine 90%ige Erfolgsrate. Komp lik at io ne n wie Blutungen, Infektionen, Strikturen und Abszesse sind selten. Ein die ganze Darmwand be treffender Rektumprolaps ist gegen die konservative Therapie meist resistent. Hier seien die posteriore präsa krale Rektopex ie ( Ashcraft und H older 1 993) und die posteriore sagittale Anorektopexie als zwei effektive Me thoden genannt. Im Ergebnis sind die zahlreichen ande ren Eingriffsmöglichkeiten ähnlich und mit wenigen Komplikationen behaftet.
7.4.5 H ä morrhoiden
I
Hämorrhoiden sind ungewöhnlich im Kindesalter, es sei denn, sie treten mit portaler Hypertonie a uf. Die lnz i denz für symptomatische Hämorrhoiden und rektale Varizen bei Kindern mit portaler Hypertonie l iegt zwi schen 4 und 5%. Eine rektale Duplikatur kann externe Hämorrhoiden vortäuschen. Kinder mit der D iagnose Hämorrhoiden leiden oft an einem A nal p rolaps, an Rek tumpolypen oder einem Analulkus. Hämorrhoiden bilden sich durch Hypertrophie der Analpolster im oberen Bereich des Analkanals. Diese Polster bewirken im Rahmen der Kontinenz durch An ei n a nderlegen einen präzisen Abschluss des Analkanals. Diese analen Polster liegen bei 3, 7, 1 1 Uhr in Stein schnittlage. Distal der Linea dentata werden sie als äuße re Hämorrhoiden, proximal als innere Hämorrhoiden bezeichnet . Chronische venöse Abflussbehinderungen führen zur Hypertrophie des sog. Corpus cavernosum recti. Es werden verschiedene Mechanismen zur Pathologie beschrieben: • Dysregulation des arteriovenösen Shunts, der zum Stau der Polster führt • unzureichender venöser Blutabstrom über die oberen rektalen Venen • erhöhter intraabdomineller Druck, der zur Kompres sion der Venen führt (Biasenentleerungsstörung, Sch w angers ch aft Beckentumoren) ,
Abb. 7.20 Äußere Hämorrhoide bei 7'SSL bei einem 4-jährigen
Jungen. •
O bstipatio n ausgeprägte Leberzirrhose mit erhöhtem Pfortader druck • chronisch erhöhter Sphinktertonus • Lockerung der Pekten- oder Parks-Ligamente, die bei einer Hypertrophie des Corpus cavernosum recti n ach Defakation nicht zu einer aktiven Retraktion des Hämorrhoidalpolsters oberhalb der Linea dentata führen und damit die Prolapsausbildung unterstüt zen Oft fallt primär eine transanale Blutung auf. Die Hämor rhoiden werden bei chronischem Stuhlpressen beobach tet. Sie führen zu Schmerzen, Schleimabgang und Stuhl schmieren, was wiederum einen Pruritus ani und Haut erosionen zur Folge haben kann. Akute Schmerzen treten bei einer Analvenenthrombose (Hämorrhoidalpolster thrombose) auf. Die Diagnose wird aus der Anamnese und der klini schen Untersuchung einschließlich Proktoskopie ge stellt. Die Therapie erfolgt symptombezogen. Um Pressen bei der Defakation zu vermeiden, ist eine diätetische Stuhlauflockerung zu empfehlen. Die Abschwellung der Mukosa wird durch Salben und Suppositorien erreicht, di e Stimulation des venösen Blutflusses durch S en kung des Sphinkterspasmus und durch Se nk u ng des intraab dominellen Drucks gefördert. Eine innere hämorrhoidale Blutung kann bei einem Kind mit portalem Hochdruck schwierig zu kontrollie ren sein. Skleratherapie kann gelegentlich helfen. Eine direkte Ü be rnäh u ng der blutenden H ämorrhoide kann während der medikamentösen portalen Hypertonusein stellung erforderlich werden. Eine An a lven en thro m bose kann im Teenageralter und beso nde rs bei jungen athletischen Gewichthebern auftreten. Wenn der Patient in den ersten 24 Stunden •
7 . 4 Sonstige peri anale Erkra n kungen
vorstellig wird, ist eine Inzision und Tilrombektomie möglich. Bestehen die Symptome länger als einen Tag, hat die spontane Auflösung bereits begonnen. Hier ist die konservative ll1erapie mi t stuhlweichmachenden Nahrungsmitteln und Medikamenten, Sitzbädern, Bett ruhe und Analgetika hilfreich.
Therapie Die Tilerapie der Wahl ist die primäre Hämorrhoidekto mie. Die Fer guson-H ämorrho idekto m ie zeigt z.B. eine Rezidivrate von unter 0,5%. Immu ngeschwächte Kinder sollten möglichst keine Operation erhalten. Bei Kindern mit entzündlicher Darmerkrankung ist entweder eine Skleratherapie oder eine Gummibandligatur zu empfeh len. Differenzialdiagnostisch ist auch an Hämangiome u n d vor allem an Gefäßmalformationen zu denken, die ebenfalls in diesem Bereich auftreten können und äu ßerlich nur die Spitze des Eisberges zeigen.
7.4.6 B l ut i m Stu h l M agen-Darm-Blutungen können bei Kindern i n jedem Alter auftreten. Meist handelt es sich um keine lebens bedrohlichen, sondern um spontan sistierende B l u tun gen. Größere Blutungen können j edoch bei kleinen S ä ug l i ngen wegen des noch geringen zirkulierenden Blutvolumens gefahrlieh werden. Es ist deshalb die aku te B lu tung mit Zeichen der Anämie und drohendem Schock von der mehr chronisch verlaufenden Blutung mit okkultem Blutverlust im Stuhl und mit meist nur leichter Anämie zu unterscheiden. Zunächst muss festgestellt werden, ob es sich tatsäch lich um Blut handelt. Dies ist besonders wichtig bei frag lichen Blu tungen aus dem R e ktu m Stuh lverfa rb ungen können durch Kontrastmittel, aber auch durch Nah rungsmittel ( H imbeeren, rote Rüben) und Eisenpräpa rate (du nkelrot bis schwarz) verursacht werden. Die Anam nese sollte familiäre Erkrankungen erfassen und nach Petechien, Purpura etc. frage n Nach Aus schluss einer hämorrhagischen Diathese muss die Art des Blutes und die Größe des Blutverlustes abgeschätzt, aber nur selten eine kreislaufstabilisierende 111erapie verabreicht werden. Die Lokalisation der Bl u t ungsquell e kann d u rch die Fa rb e des Stuhls zunächst nur abge schätzt werden. S t a m m t das Blut aus einem Abschnitt d istal der Flexura d u od enoj ej u na lis so entstehen durch Sä ureeinwi rk u ng bakterielle oder fermen tative Prozesse d ü n n e schwarze Stühle, sog. Teerstühle (Meläna). S t a m m t Blut unmittelbar aus dem Anus oder dem unte.
.
,
,
ren Rektum, so ist es hellrot und frischblutig (Hämato chezie) und häufig dem Stuhl aufgelagert Besteht eine massive obere gastrointestinale Blutung, kann es eben falls zur H ämatochezie kommen. Die Ursachen für blutige Stühle können vielfaltig sein. Teerstuhl tritt bei einer oberen gas troin t e s tinale n Blu tu ng (Gastroenteritis, Gastritis, Ulkus) oder Blutun gen aus dem Nasen-Rachen-Raum mit Verschlucken größerer Blutmengen (Epistaxis, Verletzungen) auf. Bei ca. 3% der Bevölkerung liegt ein Meckel-Divertikel vor, das in ca. 1 0% der Fälle m i t ekt oper Magenschleimhaut ausgekleidet ist u nd so zu Ulzerationen und Blutungen führen kann. Die Patienten sind in der Regel jünger als 1 6 Jahre. Ein akutes Abdomen mit den Zeichen eines mechanischen Ileus und transanalem Blutabgang zeigen Säuglinge und Kleinkinder mit einer intestinalen Malro tation oder Invagination durch die Kompression der ve nösen Gefäße bei erhaltenem arteriellem Blutfluss. N icht selten kommt es bei einer abdominellen Beteiligung im Rahmen der Purpura Schoenlein-Henoch z u einer I nva gination, was die differenzialdiagnostische Abgrenzung problematisch macht, da beide Erkrankungen per se blutige Stühle aufzeigen können. Eine ausführliche Anamnese mit Angaben zur genauen Beschaffenheit des Blutes (Farbe und Qualität), Begleit erkrankungen (Fieber, Erbrechen, Durchfall, Schmerzen, Traumen, Blutungsneigung) und aktueller Medikation werden erfragt. Bei Neugeborenen ist an eine Melaena spuria durch verschlucktes maternales Blut zu denken. Die Einschätzung von Kre islaufsi tuation und Blutver lust erfordert die Bestimmung des Hämoglobin- und Hämatokritwertes. Notfallmäßig müssen Blutbild, Quick, partielle ll1romboplastinzeit, Blutgasanalyse, Se rum-Elektrolyte, Serum-Kreatinin und Blutgruppe be stimmt werden. Maßnahmen zu r B l ut u ngsl okali satio n sind die obere und untere Endoskopie, Abdomensonographie und Szintigraphie. Letztere kann eine Blutung erst ab einem Volumen von 0, 1 ml/Minute nachweisen. Eine Angio graphie zur Diagnostik einer akuten Bl ut ung ist im Kin desalter nur sehr selten notwenig. Hier ist zur Lokalisa tion ein Blutaustritt von 0,5 ml/min notwendig. Die 111erapie erfolgt je nach Krankheitsbild konserva tiv, interventioneil oder operativ. Die Prognose ist in der Regel gut. Die Ursache für blu t ige Stühle ist t rotz aller diagnostischen Maßnahmen bei etwa einem Drittel der Patienten nicht zu klären.
201
202
7 Anus
B O X
7 . 1
D I E
Lee SC, Chen YS, Jung S E, et al. {1 997) Currarino triad: anorec
H Ä U F I G S T E N
B LU T U N G S U R S AC H E N
N AC H
L E B E N S A B S C H N I T T
Magen-Darm-Blu tung in der Neugeborenenpe riode ln
50% findet s ich keine sichere U rsache. Bereits 5 sachen bei Neugeborenen dunkle Stühle. • Melaena spuria • Vitamin-K-Mangel • Mag en - D arm - U l zera NEC
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KAPITEL
8 8. 1
Maxi m i l i a n Steh r
Ki n d e r u ro l og i e
Die embryo lo gische E ntwic klung der Nieren und ab leitenden Harnwege, Nieren- und Lageanomalien
8.2
Zystisc he N ierenerkran ku ngen .
8.2.1
Definition . . . . . . . Ätiologie . . . . . . . . . Klinik und Diagnostik Klassifikation . . . . . .
8 . 2 .2 8.2.3 8.2.4
8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3 8 . 3.4
8.4 8.4.1 8.4.2 8 .4.3 8.4.4 8.4.5
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Uretera bgangsstenose (UAST) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1 0
Defin ition, Ätiologie und lnzidenz Klinik Diagnostik . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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8.6
Hintere Har nröhrenklappen u n d Ureth ra l k l a ppenkrankheit . . . . .
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8.6.1
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8.6.5
Definition, Klassifikation, Ätiologie und lnzidenz Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8. 7
Vesikoureterorenaler Reflux (VUR)
8.7.1 8 .7.2 8.7.3 8. 7 .4 8. 7 . 5
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Definition. Klassifikation. Ätiologie und lnzidenz Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . .
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8.5.5
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8 .6.4
206
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8 . 6.3
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Doppe l b i ldungen und assoziierte Anomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
Defin ition, Ätiologie und lnzidenz Klinik und Diagnostik . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Megaureter
8 .6.2
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
Definition und Klassifikation, Ätiologie und l nzidenz . . . . . . . Kl inik . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . .
8.5.4
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8.5.1 8 . 5 .2
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8.5
8.5.3
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204
8
Kinderurologie
8.8
Phi mose, Paraphimose, Ba lan itis, Balanoposth itis
8.8.1
Defin ition, Ätiologie und l nzidenz Klinik Therapie . . Prognose . .
8.8.2 8.8.3 884 .
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8.9
Hypospadie
8.9.1
8.9.4
Definition und Klassifikation, lnzidenz und Ätiologie Klinik und Diagnostik . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.10
Epispadie-Ekstrophie-Komplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 7
8 . 1 0.1
8.1 0.4
Definition und Klassifikation. lnzidenz und Ätiologie Klinik und Diagnostik . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.1 1
Das akute Skrotum .
8.9.2 8.9.3
8.1 0.2 8.1 0.3
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
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Varikozele
8 . 1 1 .4
8.1 2.1 8 . 1 2.2 8.12.3 8. 1 2 .4 8.1 2.5 8.1 2 . 6
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8.1 2
8 . 1 1 .3
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Definition, Ätiologie und lnzidenz Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . Pathophysiologie . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erkrankungen des äußeren we ib l ic hen Genitales
8.14.1 8 . 1 4.3
Hymenalatresie Labiensynechie Vulvavaginitis .
8. 1 5
Störungen der Geschlechtsentwicklung (Disorders of Sex Development, DSD)
8.1 5 . 1
Definition, Ätiologie und lnzidenz
8. 1 4. 2
224
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Enuresis und Harninkontinenz im Kindesalter
8. 1 3 .4
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Ätiologie und Pathogenese . . . . . . . . . Die Entwicklung der Blasenkontrolle . . Klinische Symptomatik und Diagnostik Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . .
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8. 1 3 8.1 3.2
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8.1 1 .5
8 . 1 1 .2
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Defin ition, Ätiologie und lnzidenz Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.1 1 . 1
I
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8 . 1 Die e mbryologische Entwicklu n g der Nieren u n d a bleitenden Harnwege, N iere n - und Lageanomalien
8 . 1 D i e e m b ryol og i sc h e
E ntwi c k l u n g der N i e re n un d a b l e ite n d e n H a rnwege, N i e re n u n d La gea n om a l ie n Bei der Entwicklung der N ieren und ableitenden Harn wege ist die zeitlich ungestörte Abfo lge einzelner em bryologischer Entwicklungsschritte von großer Bedeu tung. Die fehlerhafte Au ss pros s u n g der Ureterknospe kann Doppelbildungen und vesikorenalen Reflux mit vergesellschafteter Nierendysplasie nach sich ziehen. Lage- und Fusionsanomalien (Beckenniere, gekreuzte Dystopie, H ufeisenniere) entstehen durch einen gestör ten Aszensus des sich differenzierenden Metanephros. Obstruktionen können schließlich bei fehlerhafter Mus keldifferenzierung der H ohlorgane H arnleiter und Blase resultieren. Die Entwicklung der Blase beginnt mit der 3. Gestationswoche. D ie Kloakenmembran besteht zu dieser Zeit aus zwei Schichten, dem Endoderm und dem Ektoderm. Während der 5. und 6. Woche erfährt die Kloake eine koronare Septierung durch eine mesen chy male, von kranial nach kaudal einwachsende Falte (To urneux's Falte oder urorektales Septum) . Nach abge schlossener Septierung am Ende der 6. Woche entstehen so der dorsal gelegene Rektumkanal und der ventral ge legene primitive U rogenitalsinus. Die Ureterknospe ist ein epitheliales D iverti ke l des Ductus mesonephricus (Woltfscher Gang) , wächst in dorso kr aniale r Richtung und dringt ins Metanephros Blastem vor, wo es sich unter der Induktionswirkung des metanephrogenen Blastems mehrmals dichotom aufteilt und die renalen Ausscheidungswege (Ureter, Nierenbecken, Calices, Sammelrohre) entwickelt. D ie I nteraktion zwischen der Ureterknospe (epitheliales Ge webe) und dem metanephrogenen Blastem (Mesen chym) ist umgekehrt für die N ierenentwicklung von entscheidender Bedeutung. Es entstehen Metanephros Bläschen im präterminierten Blastem. Durch Umwand-
Jung in Epithelgewebe bilden diese die Nierenkanälchen, und schließlich geh en daraus die Nephrone hervor. Da bei rotiert die Niere um 90°, wobei das Nierenbecken vo n anterior nach medial gedreht wird. Im Rahmen die ses Ent wicklungs prozesses muss sich der H arn l ei ter ver l ängern . Der kaudale Anteil des mesonephrischen Wolff'schen G a nges vereint sich schon am Tag 28 mit der Kloake und kommt während der Septierung der Kloake in dem ven t ralseiti g g el egenen Urogenitalsinus zu liegen. Mit fort schreitender I nkorporation des Wolff' sehen Ganges wird der Ureterursprung am Tag 37 in die Blase integ riert und verlagert sich in kraniolateraler Richtung zum Blasenboden (Trigo n um ) . Der Wolff'sche Gang selbst wandert beim Knaben weiter kaudalwärts bis zum Veru montanum (Ductus deferens), während er beim Mäd chen verkümmert ( > Abb. 8.2). Aus embryologischer Sicht besteht die Blase aus zwei Regionen unterschiedlichen Ursprungs: dem Blasenkör per (Detrusor) und dem Trigonum. Der Blasenkörper entwickelt sich aus dem endodermalen vesikourethralen Kanal und dem splanchnopleuralen Mesoderm, das sich diesem anlegt. Dieses Mesoderm differenziert während der 7. b is 1 3 . Gestationswoche zur glatten Muskulatur des M. detrusor. D ie Entwicklung des Trigonums dage gen ist Bes tandt eil der u ret eral en E ntwicklun g mit In korporation in den Boden der sich entwickelnden Blase. Treten Störungen im Aussprossungsprozess der Ure terknospe auf, kann es zu zwei wesentlichen Folgeer scheinungen kommen: kaudal zur fehlerhaften Inkorpo ration des Harnleiterostiums in das Trigonum mit da durch bedingtem vesikorenalem Reflux und kranial zur gestörten Induktion der Nierendifferenzierung durch die Uret erkn ospe mit dadurch bedingter Nierendyspla sie. Vesikorenaler Reflux und kongenitale Nierendyspla sie sind also zwei Symptome einer embryologisch fehler haften Aussprossung der Ureterknospe. Sprossen dage gen zwei Ureterknospen aus dem m esoneph risch en Gang od er teilt s ich di e U reterkno s pe kurz nach dem
Mesonephritiseher Gang
Mesonephritiseher Gang
U reter- -�� knospe
U reter
Abb. 8.1 Das Trigon um ist das Resultat der I n korporation des Epithels und des Mesenchyms des mesonephritiseilen Ganges in den Boden der sich entwickelnden Blase. Jedes Ostium wandert dabei nach der Integration in der weiteren Entwicklung lateral u nd kranial, während der mesonephritisehe Gang weiter inferior und medial zum Verumontanum des Knaben wandert. Beim Mädchen bi ldet sich d ieser Gang zurück.
205
206
8 Kinderurologie
a
c
b
Abb. 8 . 2 Entwicklung und Aszensus der Niere. Am Ende der 5. Woc h e befinden sich die N ieren noch im lumbalen Bereich. Der Meso
der sich i n diesem Stadium u nterh a l b der noch undifferenzierten Gonaden befindet, ist im Begriff, sich zurückzubilden (a). Am Ende der 7. Woche i st der Ureter unabhängig vom Ductus mesonephricus (Wolff'scher Gang) in der Blase implementiert. Der M eson e ph ros ne ph ros,
ist verschwunden (b). Am Ende der
I
8.
Woch e befindet sich die
Niere auf th orakaler Höhe in ihrer definitiven Lage (c).
Aussprossen, werden am kranialen Ende jeweils ge trennte Nierenanlagen differenziert. Dadurch entstehen Doppelnieren mit unterschiedlich lang vereinigten Harnleitern (Ureter fissus, bifidus). Zwischen dem 37. und 40. Gestationstag liegt beim menschlichen Embryo vermutlich eine vollständige Atresie des Harnleiters mit nachfolgender Rekanalisie rung des Lumens vor. Dies erfolgt zur gleichen Zeit wie die I nkorporation des Ostiums in den Blasenboden. Tem porär kann es in dieser Entwicklungsstufe zur ureteralen Obstruktion mit Distension des Harnleiters kommen. Ei ne weitere Möglichkeit temporärer ureteraler Obstrukti on und Distension besteht durch die Chwalle'sche Mem bran - zwei Zellschichten, die vom 37. bis 39. Gestations tag vor dem Harnleiterostium beobachtet werden kön nen. Eine Persistenz der Chwalle'schen Membran wird ätiologisch mit der Ausbildung einer distalen Ureterob struktion mit Ureterozele in Zusammenhang gebracht. Dies ist jedoch letztlich nicht geklärt. Eine Urinproduktion der N iere ist ab der 1 0 . Woche nachweisbar. Möglicherweise wirkt dies als mechani sche Stimulation zur Muskeldifferenzierung des Harn leiters. Am Ende der Entwicklung ist der Harnleiter durch eine dreischichtige glatte Muskulatur gekenn zeichnet. Die in nere und äußere M uskelfaserschicht des Harnleiters gehen kontinuierlich in die Muskulatur des Trigonums über. Diese Entwicklung der muskulären Verankerung ist für die spätere Antirefluxivität des Osti ums durch ausreichende Tunnellänge und regelrechten Eintrittswinkel des H arnleiters in die Blase wesentlich. Der dreischichtige M uskelaufbau der Harnleiterwand sorgt für rhythmische ureterale Peristaltik und den bo lusweisen Transport des Harns über das Ostium in die Blase. Störungen einer regelrechten Differenzierung der drei Muskelschichten des Harnleiters resultieren in feh lerhaftem Muskelwandaufbau mit gestörter Peristaltik,
wodurch der Transport des Harnbolus in die Blase be hindert wird. Die Ausbildung der Ureterabgangsstenose am pelvikoureteralen Ü bergang oder der terminalen Ureterstenose (primär obstruktiver Megaureter) am ureterovesikalen Übergang wird heute so erklärt.
8.2 Zystische N ieren erkra n ku n gen E s werden genetisch determinierte zystische Nephropa thien (polyzystisch) von zystischen Nierendysplasien (multizystisch, hypoplastisch) unterschieden. Dabei sind die Zeitpunkte der Krankheitsmanifestation tmd damit die Prognose sehr unterschiedlich.
8.2.1 Defi n ition An die Stelle gesunden Nierengewebes treten entweder anlagebedingt oder erworben flüssigkeitsgefüllte Hohl räume mit oder ohne Anschluss zum Nierenbecken hohlsystem. Dadurch kommt es zum Nierenfunktions verlust Bis zu I 0% aller dialyseptlichtigen erwachsenen Patienten weisen als U rsache der N iereninsuffizienz zys tische Nierenveränderungen auf. Die Zystenbildung kann einzeln, lokal oder generalisiert und das ganze Or gan betreffend auftreten. Bei generalis ierter ZystenbiJ dung sind beide Organe befallen.
8.2.2 Ätiolog i e Wie es zur parenchymalen Zystenbildung kom mt, ist bis nicht vollständig geklärt. Die rein mechanische
heute
8.2 Zyst i sch e Nierenerkrankungen
V orstellu ng d er Zyst e a l s Fol ge einer Obstruktion auf der Ebene der Sammelrohre ist einleuchtend, reicht aber zur Erklärung der unterschiedlichen Formen zystischer N ierenerkrankungen nicht aus, da Zystenbildung auch ohne Obstruktion eintreten kann. Auch lässt sich Zys tenbildung im Tierversuch durch verschiedene Medika mente (z.B. Cortison) ohne Obstruktion induzieren. Die N i eren zyste ist vielmehr Ausdruck einer lokalen Gewe bedysplas ie mit strukturellen Abnormalitäten auf zellu lärer und biochemischer E bene .
Tab. 8 . 1 E int e i l u ng der z ystische n N ierenerkrankungen nach Potter.
Typ I
Autosomal- rezessive po l yzyst i sch e thie (ARPN)
Typ I I
Zystische Ni ere ndysp las i en
• Typ lla
• Multizystische Nierendegeneration
•
Typ llb
Typ 111
• H ypo pl a sti sc h e N iere ndysp las ie Autosomal-dominante pathie
Typ IV
N ep hro p a
po lyzysti sch e Nephro
(ADPN)
Zystische Dysplasie bei Ureterobstruktion
Tab. 8.2 E intei l u ng der zystischen Nierenerkrankungen
8.2.3 K l i n i k u nd Diag nost i k
nach Zerres/Waldherr.
Die S o n ograph i e ist wesentlich für die Erkennung zysti scher Nierenerkrankungen. Oft gelingt schon damit al lein die Stellung der Diagnose. Bereits im p rä n at ale n UltraschaU kann die Zystenbildung beobachtet werden. Die Nierenszintigraphie (MAG-3 oder DMSA) bestim m t dann den Funktionsanteil des betroffenen Organs. Nur im Zwei fel und zur Abgre n z ung von ande re n insb. ma lignen Geschehen, ist die D urchführu ng weiterer bildge b ender Diagnost i k (CT oder M RT) angezeigt. Bei den generalisierten poly zyst ischen N ierenerkran kungen spiel t neben der S on ograp hi e die h i s t ologische Zuordnung diagnostisch die wesentliche Rolle. Zuneh mend wird auch eine gene t i sche Diagn o st i k möglich . ,
8.2.4 K l assifi kat i o n Während die Ein tei lung sich früher im Wesentlichen an der Morphologie orientierte ( > Tab. 8. 1 ) werden d ie v e rsc h i ed enen zys t is chen Nierenerkrankungen heute nach pat hoge net ische n Gesic htsp un k ten eingeo rdn et ( > Tab. 8.2). So werden die genetisch determinierten und d a mit immer bilate r al vo rkom mende n polyzys t i schen N ie renerkrankunge n von den nichthereditären, meist unilateralen Dyspl asien unterschieden. ,
Genetisch dete rmi n ie rte pol yzystische Nephropath ie Autoso m a l - rezessive polyzystische N e p h ropath ie (i n fanti ler Typ, AR PN)
Der autosomal-rezessive Erbgang wi e auch der Genort (Chromosom 6p2 1 ) sind bekannt. Die Erkran kung tritt stets doppelseitig a u f. Die I n z id enz wird mit I : I 0 000 bis 1 : 40 000 angegeben. Das Wiederholungsrisiko bet rägt für weitere Geschwister eines bet roffenen K i nd es 25%.
Genetisch determi nierte zystische Neph ro pa t h ie n Zystische N ieren dysplasien, Entwicklungsstö rungen
•
Autosomal-rezessive po l yzyst i sch e
Nieren • A ut oso ma l -do m i n a n te po l yzys ti sc h e
N i ere n •
M u ltizystis ch e Nie rendeg e ne ration Hypop la sti sche Ni ere nd ys p la si e • Kortikale Zysten • Zys ti sche Dyspl a sie bei Ureterobstruktion •
Zystische Nep hro path ien bei Fehlbil du ngssyndromen
In der präpartalen Ul t ra schallu n tersu chun g fallen zu nächst weniger die Zysten als vielmehr die N ierenvergrö ßerung auf, weshalb eine richtungweisende Aussage nicht vor der 24. Schwangerschaftswoche ( SSW) möglich ist. Heute kann eine gez ielte ge net is ch e P räpa rta ldi ag nostik, z.B. bei betroffenem Geschwisterkind, durchge führt werden. Postpartal fallen zunächst kleine Zysten auf. Im weiteren Wachstum werden die Zysten größer und können das Volumen der Niere ve r dreifachen. Bei sonographischem (erhöhte Ech ogen i tät ) und laborche m ischem Verdacht a uf Vorl iege n der ARPN [72% der Pa t ienten weisen eine verringerte glomeruläre Filtrations rale (GFR) auf] muss die Diagnose histologisch durch Nierenbiopsie gesichert werden. Mikroskopisch sind sä mtlic he Sammelrohre wie die distalen Tubuli zyst i s ch erweitert. Die Therapie ist re i n symp toma ti s ch. Im Vorde rg ru n d steht die Behandlung der Hypertonie wie auch der Hyponatriämie und der Anämie. ln der Situation der N i ere n i nsuffizienz bleibt nur die Peritoneal- oder Hä modialyse nach bi latera l e r N ephrektom ie mit der späte ren Aussicht auf eine Nierentransplantation. Der Verlauf der Erkrankung hängt stark vom Alter bei Erstmanifestation ab. So werden die Patienten in eine pe rinatale, neonatale, infantile und juvenile Gruppe einge teilt. Bei einer peri na talen Manifestation ist die Prognose
207
208
8 Kinderurologie
sehr ernst und geht mit einer Sterblichkeit von über 80% einher. Wenn der erste Lebensmonat überlebt wird, kann derzeit mit einem Überleben im ersten Lebensjahr von 86% und im 1 5. Lebensjahr von 67% gerechnet werden. 60% der Patienten müssen zu diesem Zeitpunkt bereits antihypertensiv behandelt werden. Die Prognose dieser Patienten ist wesentlich von der obligaten Pankreas- und Leberbeteiligung abhängig, da diese Organe ebenfalls zystisch oder fibrotisch verändert sind. Bei etwa \13 der Patienten treten in einem mittleren Alter von 1 2,5 Jahren Ösophagusvarizen-Blutungen auf. Autosomal-domina nte polyzystische N e p h ropathie (adu lter Typ, ADPN)
I
Mit einer Inzidenz von 1 : 1000 handelt es sich um eines der h äufigsten monogenen Erbleiden (Chromosom 1 6p. l 3 .3 = sog. PKD- 1 -Locus bei 94% der Betroffenen; Chromosom 4 = sog. PKD-2-Locus bei 4% der Betroffe nen). 50% der Nachkommen sind von der Erkrankung betroffen. Im Rahmen der genetischen Beratung kann eine pränatale Genanalyse angeboten werden. Selten bekommt diese Form der Neph ropath ie vor dem 4. Lebensjahrzehnt Krankheitswert Zunehmend wird in der Literatur über atypische Verläufe mit Mani festation im Kindesalter berichtet. Diese lassen sich nur schwer von der rezessiven Form unterscheiden und be ruhen wahrscheinlich auf Genmutationen. Präsympto matisch können Betroffene bis zum 20. Lebensjahr zu 90%, nach dem 30. Lebensjahr zu 1 00% sonographisch diagnostiziert werden (zunächst Konturvergrößerung und weniger Zystenbildung). H istologisch nach Biopsie zeigen sich Tubuluszellhyperplasien mit sekundärer Ob struktion und Ausbildung prästenotischer Zysten. Eine Mitbeteiligung anderer parenchymatöser Organe wie Leber, Pankreas oder auch Lunge sind wesentlich selte ner und für das Überl eben von geri ngerer Bedeutung. Die Therapie ist rein symptomatisch mit Ü berwa chung der Nierenfunktion und des Blutdrucks. Etwa 50% der Patienten erleiden um das 60. Lebensjahr die terminale Niereninsuffizie nz.
Zystische N ierendysplasien E ntwick l u ngsstörungen M u ltizystische N ierendegenerat ion
Diese nicht hereditäre Erkrankung mit einer Morbidität von 1 : 4300 Geburten tritt fast immer unilateral auf. Kinder m it bei dseitigem Befall werden tot geboren oder versterben postpartal. Die linke Niere ist etwas häufiger
betroffen ( 1 ,2 : 1 bis 3 : 1 ). Auch kann bei Doppelnieren der obere oder untere A nteil isoliert betroffen sein. Der fehlende Anschluss metanephrogenen Gewebes an den Urn ierengang mit seinen Derivaten, den Sam melrohren, scheint die Morphogenese dieser Erkran kung zu sein. N ierengewebe ist, wenn überhaupt, nur in Spuren und dann vollkommen dysplastisch nachweis bar. Ein Nierenbeckenkelchsystem (NBKS) ist nicht vor handen, ebenso wenig ein normales Gefaßsystem. Mi kroskopisch fi nden sich primitive Sammelrohre, die in zystischen Erweiterungen von bis zu 3 cm und größer enden. Der Harnleiter ist meist hypoplastisch oder atre tisch. Dabei kann diese nie funktionierende "Nierenru ine" mindestens die Ausmaße der kompensatorisch hy pertrophierten gesunden Gegenseite annehmen und so Verdrängungssymptome hervorrufen. Bei einseitigem Befall und gesunder Gegenseite sind die Kinder postpartal kli nisch unauftallig. Wenn die Ver änderungen nicht schon präpartal diagnostiziert wur den, handelt es sich häufig um einen Zufallsbefund in den ersten Lebensjahren. Bei der Diagnosestellung steht die Sonographie an erster Stelle. Allerdings ist die Unter sche i dung von einer ausgeprägten Hydronephrose rein sonographisch oft nicht möglich. Die Funktionslosigkeit zeigt dann eine Nierenszintigraphie (MAG-3 oder DMSA). Zusätzlicher vesikoureteraler Reflux (VUR) soll te durch ein MCU ausgeschlossen werden. Weitere bild gebende Diagnostik wie Ausscheidungsurographie, CT oder MRT sind nicht nötig. Unter konservativer Beobachtung kann in fast allen Fällen eine Involution des Organrud i ments beobachtet werden. Dieser Prozess dauert u.U. mehrere Jahre. Die Tatsache, dass im Erwachsenenalter so gut wie nie eine multizystische Nierendegeneration beobachtet wird, lässt eine vollständige Involution bis dahin vermuten. Zu den Komplikationen, die unter diesem Therap i e management auftreten können, zählen die I nfektion des Organrests, die Entwicklung arteriellen Bluthochdrucks oder unspezifische abdominelle Beschwerden. Eine mögliche maligne Entartung spielt klinisch keine Rolle. D i e Kinder sollten hinsichtlich der Involution regelmä ßig sonographisch, später auch hinsichtlich des Blut drucks kontrolliert werden. Die Nephrektomie, die frü her in jedem Fall die 'l l1erapie der Wahl darstellte, ist heute nur bei ausbleibender I nvolution, bei sehr g roßen oder bei sich progressiv vergrößernden Zystennieren in dizi ert, ebenso bei der Entwicklung a rteriellen H och
drucks oder anderen klinischen Begleitsymptomen. Die Prognose ist mit der der einseitigen N ierenaplasie i den tisch u n d ge ht damit bei gesunder Gegenseite mit einer normalen Lebenserwa r t u ng einher.
8.3 Doppelbildu ngen und assoziierte Anomalien
Sol itä re N i erenzyste n Diese häufige Fehlbildung wird zufällig und meist sono graphisch diagnostiziert. Die Zysten entstehen durch späte Obstruktion auf verschiedenen Ebenen, meist nach Entzündungen oder lokalen Ischämien. Bei kleinen Zysten und klinischer Beschwerdefreiheit unter sono graphischer Kontrolle erübrigt sich weitere Diagnostik oder Therapie aufgrund der günstigen Prognose. Größe re Zysten sollten exstirpiert werden.
8.3 Doppe l b i l d u n gen u n d a ssoz i i e rte Anoma l i e n Bei Störung der Aussprossung der Harnleiterknospe kann es zur Ausbildung einer kompletten oder inkom pletten Doppelung der Nieren und des Harnleiters kom men_ Auch können die einzelnen Pole u nterschiedlich von e i ne r p ri mären N ie re ndys p las ie betroffen se i n . Häu fig sind Doppelnieren mit anderen Pathologien assozi iert: oftmals mit einem vesikoureteralen Reflux (VUR) in den unteren Pol oder einer Obstruktion (z.B. durch eine U reterozele) des H arnleiters vom oberen Pol. Wäh rend eine unkomplizierte Doppelniere keinen Krank heitswert besitzt, richtet sich die Therapie und weitere Prognose bei komplizierten Doppelsystemen ganz nach den assoziierten Pathologien.
(vor allem U reterozele) oder kaudaler Ektopie assoziiert. Bei einer inkompletten Doppelung findet sich nur ein Ostium; der Harnleiter teilt sich dann weiter kranial in die verschiedenen Hohlsysteme auf ( Ureter fissus). Bis zu l % der Bevölkerung weist eine komplette Dop pelbildung der Nieren auf. Die Anomalie ist hereditär; wahrscheinlich liegt ein autosomal-dominanter Erb gang m it unterschiedlicher Penetranz zugrunde. Bei et wa Yl der Kinder ist eine komplette Doppelung m it VUR, Obstruktion oder N ierendysplasie des betreffen den Pols assoziiert. Bei 40% findet sich auch kontralate ral eine Doppelung. Mildere inkomplette Formen der Doppelung sind weitaus häufiger. Man schätzt, dass et wa 1 0% der Bevölkerung ein bifides Nierenbecken auf weisen.
8.3.2 K l i n i k u n d D i a g n ost i k Unkompli z ierte Doppelnieren haben a n und für sich keinen Krankheitswert und sind symptomlos. D ie Klinik wird wesentlich von den häufig assoziierten Pathologien wie VUR, ektoper Harnleitermündung und Obstruktion (durch U reterozele oder primär) bestimmt. Führt dies zur Hydronephrose, wird diese meist bereits pränatal erkannt. Der VUR in den Unterpol stellt die am häufigs ten assoziierte Pathologie dar ( > Abb. 8.3). Die Klinik und Diagnostik entspricht der des einfa chen V U R. Auch eine ektope Harnleitermündung i n den Blasenhals oder d ie Urethra kann mit einem VUR ver bunden oder durch eine Ureterozele obstruktiv sein. Die
8.3.1 D efi n ition, Ät i o l o g i e u n d l n z i d e n z Bei einer Doppelniere handelt e s sich um eine renale Einheit m i t zwei getren n ten N ie renbeckenkelchsyste men. Dabei kann die Doppelung auch den kompletten Harnleiter betreffen (Ureter bifidus). Der Harn wird dann über zwei getrennte Ostien in die Blase drainiert. Dabei drainiert das weiter ka u da l liegende Ostium im mer den Obe rpol das weiter kranial gelegene Ostium den Unterpol (Meier-Weigert'sche Regel) . Verständlich ist, dass der Unterpol mit vesikorenalem Reflux und ei ner möglichen N iere n dys pl as ie assoziiert ist. Das Osti um des Unterpols erreicht früher die Blasenhinterwand und wandert i n der weiteren En t wi c klu ng länger in kra n iolateraler Richtu ng. Dadurch kommt es zur Ost i u mla teralisation mit dement prechend k ürzerem Tunnel, was de n V U R begünstigt. Kranial trifit diese Ureter knospe m ög li ch e rwe i e a u f Randbereiche de s M etane p h ros m i t e in ges c hrä n k t e m D i fferenzierungspotenziaL Das Obe r pol-Os t i u m ist hä u fige r mit einer Obstr u kt i o n ,
Abb. 8.3 VUR in den Unterpol bei Doppelniere. Durch den d a rüber liegenden Oberpol kommt es zum typischen Bild der .. Nelkenblume" (dropping flower).
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Ausscheidungsuregraphie (AUG, i.v. Pyelographie) hat bei den Doppelbildungen zur Darstellung der Anatomie noch einen festen Stellenwert. Entscheidend für die weitere Therapie ist die Szinti graphische Funktionsbestimmung der beiden Pole durch ipsilaterale Seitentrennung.
8.3.3 The r a p i e Sofern die Funktion des betroffenen Pols erhaltungs würdig erscheint (ca. 10% der Gesamtfunktion), wird bei Vorliegen von VUR zunächst wie üblich eine anti biotische Langzeitprophylaxe begonnen. Zu beachten ist allerdings, dass die im Verlauf spontane Maturations chance refluxiver Doppeloslien etwas schlechter ist als die der Monoostien. Auch die Erfolgsrate der endosko pischen Korrektur durch submeterate Unterspritzung liegt u nter der bei Monoostien. Deshalb müssen refluxi ve Doppeloslien ebenso wie refluxive ektope H arnleiter häufiger reimplantiert werden. Ansonsten ist die Thera pie der bei VUR in eine Einzelniere verg leichba r Im Fall einer Reimplantation nach dem ersten Lebensjahr hat diese immer en bloc, d.h. für beide Harnleiter zu erfol gen. Im Fall eines nicht erhaltungswürdigen Funktions anteils eines betroffenen Pols sollte die Heminephroure terektomie angestrebt werden. Im Falle einer Obstruktion durch eine Ureterozele kann diese zunächst in den ersten Lebenswochen endo skopisch an der Basis geschlitzt oder punktiert werden. Der Abfluss wird so möglicherweise verbessert. Es ist al lerdings fraglich, ob ein bereits geschädigter bzw. dys plastischer Nierenpol im weiteren Verlauf an Funktion hinzugewinnen wird. Postoperativ muss unbedingt auf möglichen VUR untersucht werden. Der weitere Verlauf richtet sich dann wiederum nach der Partialfunktion des betroffenen Pols, nach möglichem VUR oder Harnab flussstörung. Über die endoskopische Refluxkorrektur auch bei assoziierter Ureterozele finden sich zunehmend gute Ergebnisse in der Literatur. Allerdings ist bei Erhal tungswürdigkeit des Nierenpols die En -bloc-Reimplan tation mit Blasenbodenrekonstruktion die zwar aufwän digere, aber sicherere Methode. Bei zu geringer Funkti on des betroffenen Pols sollte allerdings auch hier die Heminephroureterektomie erfolgen. .
8.3.4 Prog nose Die Prognose richtet sich ganz nach den assoziierten Pa thologien. Doppelanlagen ohne assoziierte Pathologie haben keinen KrankJ1eitswert und werden häufig zufäl-
lig diagnostiziert. Bei Korrektur des VUR oder einer Ob struktion ist die Prognose der von Einzelnieren ver gleichbar. Die konservative Therapie gerade bei VUR führt allerdings weniger häufig zur Maturation. Bei der Heminephroureterektomie sollte darauf geachtet wer den, dass der retrovesikale Harnleiterstumpf nicht zu lang belassen wird. Rezidivierende Harnwegsinfektio nen (HWI) könnten sonst in der Symptomatik persistie ren und eine sekundäre Harnleiterstumpfentfernung notwendig werden lassen.
8.4 U retera bga n gsste nose (UAST) Die Ureterabgangsstenose ( UAST) bezeichnet eine Enge im Bereich des pyeloureter al en Übergan gs. Je nach mo dynamischer Relevanz kommt es morphologisch zur Di latation des Nierenbeckenkelchsystems und funktionell zu drohendem Nierenfunktionsverlust Die UAST ist die häufigste Diagnose bei einer sonographisch entdeckten Hydronephrose. Wichtigste Untersuchung ist neben der Sonographie die dynamische MAG-3-Nierenszintigra phie. Bei kompensierten Verhältnissen (stabile Nieren partialfunktion, kompensiertes Abflussmuster) sollte konservativ verfahren werden. Bei dekompensiertem Abfluss oder schwindender Nierenpartialfunktion wird die Ureteropyeloplastik durchgeführt. Die postoperati ven Ergebnisse und weitere Prognose sind dabei sehr gut.
8.4.1 Defi n ition, Ät i o l o g i e u n d l nz i denz Bei einer UAST besteht eine H arnabflussbehinderung aus dem Nierenbecken durch eine Stenose im Bereich des pyelouretera l en Übergangs. Je nach urodynamischer Wirksamkeit dieser Abflussbehinderung kommt es kon sekutiv zur Dilatation und Hydronephrose unterschied lichen Ausmaßes mit drohendem Nierenfunktionsver lust Mit einer I nzide11Z von I : 1 000 bis I : 4000 gilt die UAST als die häufigste Ursache einer H ydronephrose. Die UAST findet sich w 'lJ der Fälle unilateral links mit deutlicher Knabenwendigkeit 6% zeigen eine beidseiti ge UAST; bei Neugeborenen lässt sich in 20% der Fälle eine kontralaterale UAST nachweisen. Es werden intrinsische von extrinsischen U rsachen unterschieden ( > Abb. 8.4). Bei der intrinsischen UAST handelt es sich um eine Veränderung des Ureter wandaufbaus am pyeloureteralen Übergang im Sinne einer fibromuskulären Dysplasie, deren Ät iologie und
8.4 Ureterabgangsstenose (UAST)
Deutung bis heute unklar sind. Sie macht etwa 75% der Fälle aus. In etwa 1 0% findet sich ein sog. hoher Ureter abgang mit dadurch bedingter Abflussbehinderung aus dem Nierenbecken. Bei den extrinsischen Ursachen handelt es sich entweder um ein aberrierendes unteres Polgefaß oder um ein durch fibrotische Stränge fixiertes Kinking des Harnleiters. Letzteres ist dann häufig Folge rezidivierender Entzündungen z.B. infolge eines vesiko renalen Refluxes. Patienten mit unterem Polgefaß wer den typischerweise deutlich später, oft erst im Schulalter klinisch auffällig.
8.4.2 K l i n i k Heute wird die Diagnose in über 50% der Fälle bereits präpartat vermutet. Postpartal wird die Diagnose in 1"3 der Fälle zufcillig sonographisch bzw. im Rahmen einer Screeninguntersuchung gestellt. Bei höchstens 20% der Kinder veranlassen klinische Symptome wie Flanken schmerzen, tastbare Raumforderung, H ämaturie oder H arnwegsinfekt eine spezielle Diagnostik. Ältere Kinder mit aberrierendem unterem Polgefäß bilden hier eine Ausnahme und fallen häufig durch rezidivierende Flan kenschmerzell auf.
8.4.3 D ia g n ost i k D ie Sonographie steht a n erster Stelle. Die UAST stellt mit etwa 35% die häufigste postpartat gesicherte Diag nose unter den präpartal sonographisch entdeckten Uropathien dar. Aufgrund der physiologischen postpar talen Oligurie sollten Sonographische Befunde in diesem Zeitraum wiederholt kontroll iert werden. Die Doppler sonographie mit Bestimmung des Resistive Index (Index als Maß für den Gefäßwiderstand intrarenaler Arterien) hat sich nur in Einzeltallen bewährt und spielt in der Routine eine untergeordnete Rolle.
Abb. 8.4 L inks: Intrinsische Ureterab· gangsstenose. Mitte: Extrinsische U ret e r abgangsstenose. Ät i ologie durch ein Kin· king bei unterem Polgefäß. Rechts: Ausbil· dung fibrotischer Strä nge nach rezidivie renden Entzündungen.
Bislang besteht die Empfehlung, in allen Fällen sono graphisch diagnostizierter Hydronephrosen ein Rönt gen-MCU durchzuführen, um einen koinzidenten VUR zu diagnostizieren. Dieses Vorgehen wird heute zuneh mend infrage gestellt, da die angegebene Rate an VUR mit bis zu 20% real deutlich geringer ist. Bei klinischer Beschwerdefreiheit, insb. bei älteren Patienten, kann da her möglicherweise auf die Durchführung eines MCU verzichtet werden. Abschließende Daten hierzu liegen derzeit noch nicht vor. Bei sonographischem Verdacht auf eine relevante UAST folgt eine MAG-3-Szintigraphie. Wegen der phy siologischen N ierenreifung in der Neugeborenenperiode sollte diese Untersuchung (wie auch die AUG) erst im Alter von 4-6 Lebenswochen durchgeführt werden. Wichtig ist eine standardisierte Untersuchungstechnik zur Vergleichbarkeit der Untersuchungsbefunde. Die Ausscheidungsurographie (AUG) oder i.v. Pyelo graphie hat heute in der Diagnose der UAST weitgehend an Bedeutung verloren. Lediglich bei Sonderindikatio nen wie zusätzlichen morphologischen Anomalien (La ge- oder Nierenanomalien) ist diese Untersuchungs technik noch indiziert. Ebenfalls bei besonderen Indikationen oder in Situa tionen unklarer Morphologie kann heute zusätzlich ein MR-Urogramm durchgeführt werden. Mit dieser relativ neuen Untersuchungsmethode kann ohne Strahlenbe lastung zusätzliche Information nicht nur zur reinen Morphologie, sondern auch zur Funktionalität und Dy namik gewonnen werden. Einschränkend muss aller dings angemerkt werden, dass die Methode n icht weit verbreitet ist und besonderer Erfahrung bedarf. Auch kann die Untersuchung bei kleinen Kindern nur in All gemeinanästhesie durchgeführt werden.
8.4.4 The ra p i e Die Therapie richtet sich wesentlich nach der Nieren funktion und dem Abflussmuster. Bei kompensierten
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8 Kinderurologie
Pyeloplastik nach A n d e rso n· Hy nes: Resektion des engen pyeloureteralen Übergangs und weite trichterförmige Ana stomose. Das Pyelon wird postoperativ für etwa sechs Ta ge perkutan oder bei älteren Kindern für etwa sechs Wochen mit einer JJ-Schiene in die Blase drainiert. Abb. 8.5
Verhältnissen, d.h. stabiler Nierenpartialfunktion und funktionell kompensiertem obstruktivem Abfluss (Ab fluss > 60% 20 min nach Lasixgabe) kann konservativ verfahren werden. Eine antibiotische Prophylaxe ist da bei nicht notwendig. Gerade in den ersten Lebensmona ten kommt es durch Streckung und Öffnung sog. fetaler H arnleiterschleifen zu einer signifikanten Verbesserung der Abflussverhältnisse. Regelmäßige Kontrollen durch Sonographie und Szintigraphie sind obligat. Bei rückläufiger Nierenpartialfunktion oder gleich bleibend obstruktivem Abflussmuster (Abfluss < 60% 20 min nach Lasixgabe) im Verlauf sollte die UAST ope rativ korrigiert werden. Verschiedene operative Techni ken haben sich mit und ohne Durchtrennung des Harn leiters (sog. dismembered bzw. non-dismembered Ve r fahren) etabliert. Als Standardverfahren findet die Ure teropyeloplastik nach Anderson-Hynes Anwendung ( > Abb. 8.5). Dabei wird die Stenose am pyelouretera l en Übergang reseziert (dismembered) und der Harnlei ter an der tiefsten Stelle des Pyelons wieder trichterför mig anastomosiert. Alternativ sind Iaparoskopische Techniken entwickelt worden, können aber bei deutlich höherer Komplikationsrate derzeit noch nicht routine mäßig empfohlen werden.
8.4.5 Prog n ose Die Komplikationsrate der Pyeloplastik ist gering un d
mit etwa 5% anzugeben. Eine Re-Obstruktion findet sich in etwa 1 %. Eine szintigraphisch nachweisbare Verbes
serung des Harnabflusses wird nach Pyeloplastik in 9799% erreicht. Dabei bleibt in etwa 60% eine funktionelle Abflussverzögerung bestehen, die aber die Nierenfunk
ist postoperativ in keinem Fall eine Erholung der Parti alfunktion zu erwarten. Die Operation dient dann vor allem der Prävention weiteren Funktionsverlustes.
8.5 Mega u rete r
Der Begriff Megaureter bezeichnet einen weiten Harn leiter. Meist liegt eine primäre Obstruktion im Bereich des ureterovesikalen Ü bergangs vor (sog. primär ob struktiver Megaureter, POM), die auch mit VUR assozi iert sein kann (primär refluxiv-obstruktiver Megaure ter) . Die Prognose beim POM ist unter dem heute im Wesentlichen konservativen Therapiemanagement sehr gut. Lediglich 10- 1 5% der Kinder bedürfen einer opera tiven Korrektur; die vorhandene Nierenfunktion kann fast immer vollständig erhalten werden.
8.5.1 Defi n ition u nd Kl assifi kation, Ät i o l o g i e u n d l nz i d e n z Der Harnleiter i s t ein muskuläres Organ, das den U rin in peristaltischen Wellen bolusweise zur Blase fördert. Somit ändert sich der Durchmesser des Harnleiters in seiner natürlichen Funktion. Eine genaue Begriffsdefini tion anhand ein e r M il l imete rangabe erscheint deshalb nicht sinnvoll. Nach dem heutigen Verständnis be schreibt der Begriff Megaureter zunächst nur einen wei ten Harnleiter. Entscheidend ist die Frage nach der Ä tio logie: primärer oder sekundärer Megaureter, rein ob struktiver oder refluxiver M egaureter ( > Tab. 8.3).
tion im Langzeitverlauf nachweislich nicht beeinträch
Die möglichst frühe Klassifikation eines Megaureters
tigt. Ob sich eine einmal verschlechterte Nierenpartial funktion postoperativ erholt, ist umstritten. Wichtig er scheint hierbei, dass in diesen Fällen mit der operativen Korrektur n icht zu lange gewartet werden sollte. Bei i ni tial funktionseingeschränkten Niereneinheiten ( < 30%)
ist von entscheidender Bedeutung, da sich hiervon un terschiedliche Therapiekonzepte abl e i ten. Der häufige primäre Megaureter (POM) wird nach Pfister und Hendren radiologisch in verschiedene
Schweregrade eingeteilt ( > Abb. 8.6).
8.5 Megaureter
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Tab. 8.3 Klassifikation des Megaureters. Primär obstruktiv (POM)
Sekundär
Primär refluxiv
Primär nicht refluxiv nicht obstr u ktiv Primär refluxiv obstruktiv
Abb. 8 . 7 I ntraoperativer Befund des adynamen Segments eines primär obstruktiven Megaureters (POM).
Ia
lb l ei ch t
II
III
mittelmäßig
akut
Abb. 8.6 Klassifikation des Megaureters nach Pfister und Hendren.
Der Megaureter ist nach der Ureterabgangsstenose die zweithäufigste Ursache für eine Hydronephrose im Säuglingsalter. D ie Inzidenz liegt etwa bei 0,3 : 1 000 Neugeborenen. Beim POM beträgt das Verhältnis von Knaben : Mädchen = 4 : I . Die linke Seite ist häufiger be troffen als die rechte, in 20% liegt er beidseits vor. Der primäre Megaureter resultiert aus einer distalen Obstruktion ggf. in Kombination mit einem VUR. Ursa che der Obstruktion ist ein distales, sog. adynames Seg ment des H arnleiters von meist Y2 cm bis zu mehreren Zentimetern Länge, das Unterbrechungen der peristalti schen Wellen mit resultierender Abflussbehinderung bedingt. Die Ätiologie dieses adynamen Segments ist n icht geklärt. Histologisch zeigt sich eine Muskelhypo trophie. Vermu tet wird eine Ü berexpression von TGF-ß (transforming growth factor ß) mit Verzögerung der normalen ureteralen Muskeldiffe renzierung. Möglicher w e is e spielt auch die m a ng elh aft e A usprägung der sog. Cajal'schen Zellen und d a m i t eine verminderte motori sche Schrittmacherfunktion in dieser Regio n eine Rolle. Eine genera l i sierte H arnlei terdysplasie findet sich beim Prune- Belly-Syndrom. Erhöhte Druckverhältnisse herr schen dabei n i c h t vor. Sekundäre Formen e n t stehen, wenn d i e eigen t l i che P a t h ologie
bei sp iels weise
subvesikal (im
Bereich der
H ar nröhre ) zu fi nden ist (z. B. pos teriore Urethralklap pen, neurogene Blasenen t l eerungsstörung) und raus
resultierende Blasenwandverä n derung
eine da ei nem
ZLI
VUR oder zu einer Obstruktion des ureterovesikalen Übergangs geführt hat.
8.5.2 K l i n i k Die Harnwegsinfektion (HWI) ist die häufigste klinische Erscheinung, insb. bei Vorliegen eines VUR. Lange kann der Megaureter aber asymptomatisch bleiben und wird zufallig in der Sonographie entdeckt. Im Erwachsenen alter kann er zu Steinbildung führen. Eine primäre Nie rendysplasie kann vergesellschaftet sein. Bei fieberhafter HWI kommt es zur Narbenbildung und Funktionsver l ust
8.5.3 D i a g nost i k Die Diagnostik stützt sich auch hier auf Sonographie, Miktionszystourethrogramm und Nierenfunktionsszin tigraphie.
Sonogra phie I n etwa 40-50% der Fälle mit Megaureter wird der Ver dacht bereits präpartal geäußert; postpartal ist die Sono graphie ab dem I . Lebenstag bei ausreichender Hydrie rung aussagekräftig. Gemessen und dokumentiert werden Blasenwandveränderungen ( >- Abb. 8.8), Harnleiterer weiterung, Nierengröße u n d -dilatation. I nsbesondere beim POM kommt der Sonographie als Verlaufsuntersu chung neben der MAG-3-Nierenszintigraphie eine ent scheidende Rolle zu und wird zunächst in 4-wöchentli chen Abständen durchgeführt.
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Röntgen-MCU Das Vorliegen eines ipsilateralen oder kontralateralen assoziierten Refluxes ist für das weitere Vorgehen be stimmend. So sollte baldmöglichst eine Miktionszys tourethrographie (MCU) durchgeführt werden. Unab dingbar ist die Darstellung der Miktionsphase mit suffi-
zienter Kontrastierung der Harnröhre, insb. bei Buben mit beidseitigem Megaureter. Nur in einer seitlichen oder schrägen Projektion kann eine ursächliche subvesi kale Obstruktion (z.B. posteriore Urethralklappen , PUV) bewiesen bzw. ausgeschlossen werden.
Dyn a m ische Nierensz i nt i g ra p h ie (MAG-3) Neben der Bestimmung der Gesamt- und Partialfunktion kann in der Abflussstudie das Ausmaß der Obstruktion quantifiziert werden. So wird zwischen freiem Abfluss, funktionell obstruktivem oder obstruktivem Abfluss muster differenziert ( > Abb. 8.9). Die MAG-3-Nieren szintigraphie ist die wichtigste Untersuchungsmethode im Verlaufbeim POM und kann zunächst nach 3 Mona ten, später in halbjährlichen oder jährlichen Abständen wiederholt werden.
Ausscheid u n gsuregra p h i e (AU G, ivP) Die Durchführung einer AUG ist heute nur noch selten nötig, da sie kaum Zusatzinformationen zur MAG-3Szintigraphie l iefert.
Andere U ntersuch ungen Abb. 8.8 Son o g rap hi e
der Nieren und ableitenden Harnwege bei POM. Unterbauch-Querschnitt: Sonographische Darstellung des lin ksse i t i g en Megaureters h inter der Blase (a) . Längsschnitt dorsal: Der Parenchymsaum der linken N iere ist kräftig, die Pyelonkal iekta sie mäßig ausgeprägt (b).
Die dopplersonographisch gemessene Erhöhung des Re sistive Index (s. oben) der Niere ist prinzipiell wertvoll,
gehört aber derzeit nicht zur klinischen Routine. lnvasi ve Untersuchungsmethoden wie die endoskopische reAbfh•n•
l,lnkot l oll er-A: Recllle Niere:
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5X
Llnka Hlortl:
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74X
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74X 'J:U
Abb. 8.9 MAG-3-N ierenszintigraphie ei nes Pa tiente n mit primär obstruktivem Me g aurete r (POM) li nks, Grad 2. Ku rve nve r lauf des Abflusses aus beiden N ie re n becken bei funktionell obstruktivem Abflussmuster links (> 60% Abf luss nach Lasixgabe).
8.6 H intere Harnröhrenklappen u n d U rethralklappenkrank heit
trograde Darstellung oder der Whitaker-Test (antegrade urodynamische Abflussstudie über eine Nierenfistel) sollten nur in absoluten Ausnahmefällen zur Anwen dung kommen.
der ersten beiden Lebensjahre soweit, dass keine Nie renschädigung mehr zu befürchten ist. Liegt ein ipsilate raler höhergradiger VUR vor (primärer refluxiv-ob struktiver Megaureter), ist eine spontane Maturation des ureterovesikalen Übergangs allerdings weniger wahrscheinlich.
8.5.4 Therapie D ie Therapie richtet sich zunächst nach der Klassifikati on: Liegt ein VUR vor, muss unverzüglich eine antibiot i sche Langzeitprophylaxe eingeleitet werden; ohne einen VUR kann diese unterbleiben. Die Behandlung des POM hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geän dert. Während sie früher eine Domäne operativer The rapie (ca. 90% der Fälle) war, weiß man inzwischen, dass das distale Segment nachreift und der Abfluss sich spontan verbessert. Daher sollte heute die operative Therapie des POM die Ausnahme darstellen und ist nur noch in etwa 1 0- 1 5% der Fälle notwendig. Der Mecha nismus dieser "Maturation" ist wie die Ä tiologie noch nicht geklärt. Die Indikation zur operativen Korrektur ist von der Funktion und vom Abflussmuster abhängig und besteht bei Vorliegen einer initial eingeschränkten Nierenfunk tion und gleichbleibend obstruktivem Abflussmuster, bei Verschlechterung der Abflussverhältnisse im Ver lauf und/oder bei Funktionsverlust i m Verlauf sowie bei klinischen Beschwerden. H ier wird die Wertigkeit der dynamischen Nierenszintigraphie (MAG-3) offensicht lich. Ist eine operative Korrektur unumgänglich, so hat sie die Resektion des distalen adynamen Segments mit anschließender U reterreimplantation zum Ziel. Ein Harn leitertapering ist nur in Fällen sehr stark ausge prägter Harnleiterdilatation nötig. Möglicherweise sollte in diesen Fällen mit der initialen Anlage einer Uretero kutaneostomie zur Entlastung und Ionisierung des H arnleiters vor der sekundären Reimplantation zweizei tig vorgegangen werden. Andere Therapieformen wie endoskopische Schlitzu n gsverfah ren des Ostiums oder JJ-Stenteinlagen werden zwar in der neueren Literatur berichtet, sind aber derzeit nicht als Standard anzusehen und allenfalls in Sonderfallen indiziert.
8.5.5 Prog nose
8.6 H i ntere H a rn rö h re n k l a ppen und U reth ra l k l a ppen kra n kheit Bei den hinteren Harnröhrenklappen (posterior ure thral valves, PUV) handelt es sich um eine seltene, früh embryonal wirksame subvesikale Obstruktion aufgrund einer Fehlentwicklung des S inus urogenitalis des Kna ben. Eine möglichst frühe suprapubische Entlastung und spätere endoskopische Klappenresektion gewähr leisten den H arnabstrom. Trotz verbesserter Therapie optionen bleibt die Prognose durch die begleitenden Blasenfunktionsstörungen und vor allem die Nieren schädigung (primär dysplastisch oder sekundär geschä digt) sehr ernst. 70% der Patienten gelangen im Lang zeitverlauf i n die kompensierte oder sogar terminale Niereninsuffizienz.
8.6.1 Defi n ition, Kla ssifi kation, Ät i o l o g i e u n d l n z id e n z Durch eine Faltenbildung im Bereich der hinteren Harn röhre kommt es zur subvesikalen Obstruktion. Diese bewirkt je nach Ausmaß eine Schädigung der Blasen funktion und weiter aufsteigend der Nierenfunktion, weswegen heute auch der Begriff U rethralklappen krankheil gebräuchlich ist. Bei den PUV handelt es sich um die häufigste Form der obstruktiven U ropathie, die zum terminalen Nieren versagen führt, da immer beide N ierenanlagen betroffen sind. Die I nzidenz liegt bei l : 8000 bis l : 25 000. Die Entstehungsursache ist bis heute nicht eindeutig geklärt. In jedem Fall h andelt es sich um eine frühe em bryonale Entwicklungsstörung im Bereich des Urogeni talsinus. Neben einer Störung der A usbildung der sog. Tou rnea ux schen Falte zur Teilung der Kloake spielen möglicherweise eine abnorme Inkorporation beider common excretoty ducts als Derivate der Wolff'schen Gänge in die h intere Harnröhre dabei eine Rolle. Em bryologisch gesehen kann diese Pathologie nur bei Kna ben entstehen. '
U nter dem im Wesentlichen konservativen Therapiema nagement und strenger Kontrolle von Abflusssituation und N ierenfunktion ist die Prognose sehr gut; die vor handene Nierenfunktion kann meist vollstä ndig erhal ten werden. Bei etwa 85-90% der Kinder mit einem POM verbessern sich die Abflussverhältnisse im Laufe
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ne oftmals kleine, durch die Bauchdecke hindurch pal pable harte Blase. D ie Miktion ist tröpfelnd. Bei weniger ausgeprägten Befunden mit geringerer uredynamischer Wirksamkeit besteht bei älteren Knaben eine Blasen funktionsstörung. Leitsymptom hierbei ist di e Blasen instabilität mit Pollakisurie und Harninkontinenz, ggf. auch abgeschwächtem Uroflow.
Typ I
8.6.3 D i a g n osti k
Typ I I
Typ 1 1 1
Abb. 8. 1 0 E inteilung der hinteren Harnröhrenklappen nach Young (nach Dietz et al. 200 1 )
Nach Young werden drei unterschiedliche Klappenty pen beschrieben ( > Abb. 8 . 1 0). Beim Typ 1 , der in 95% vorliegt, inserieren zwei Falten direkt unterhalb des Col liculus seminalis an der H interwand der Urethra, ziehen segelförmig transsphinktär nach kaudal bis zur memb ranäsen Urethra und fusionieren lateroventral. Beim seltenen Typ 2 ziehen die Klappen vom Colliculus semi nalis proximal in den Blasenhals. Eine Obstruktion ist hier weniger relevant. Der Typ 3 beschreibt eine konge nitale membranäse Urethralstenose mit lochblendenar tiger Ö ffnung. Möglicherweise handelt es sich auch um Typ- 1 -Kiappen mit zusätzlicher ventraler Fusion. Auf grund der fehlenden Kenntnis der genauen Entste hungsursache bleibt diese Klassifikation rein beschrei bend und ist nicht unumstritten.
8.6.2 K l i n i k Die meisten Kinder fallen heute präpartal auf. Leitsymp tom ist h ierbei die beidseitige ausgeprägte Hydronephro se bei kleiner Blase bzw. Blasenwandverdickung. Zusätz lich besteht ein Ol igohydramnion, woraus eine pulmo nale Hypoplasie resultieren ka nn Postpartal imponiert neben den ausgeprägten Sonographischen Befunden ei.
I n der Sonographie ist die Kombination folgender Be funde richtungweisend: beidseitige Megaureteren mit ausgeprägter beidseitiger Hydronephrose, zusätzlich pa thologische Blasenwandverdickung auch bei Vollfüllung der Blase im Sinne einer ausgeprägten Hypertrophie. Oftmals kann die dilatierte hintere Harnröhre ebenfalls dargestellt werden. Die Nieren können unterschiedlich dysplastisch sein. Ein Aszites ( auch schon präpartal) weist auf eine Blasen- oder Forni xr uptur h in . Blutgasanalysen, Bestimmung der Elektrolyte und harnpflichtigen Substanzen im Serum und U rin sowie die Kalkulation der GFR sind unerlässlich und ihr Wert von erheblicher progn ostischer Bedeutung. Der Urin m uss regelmäßig auf I nfektionen hin untersucht werden. Ein Röntgen-MCU sollte unter Berücksichtigung des Allgemeinzustands (oftmals handelt es s ich um sehr un reife Frühgeborene) über einen suprapubischen Blasen ka t he t er durchge führt werden. E i ne gute Durchführung mit exakter Darstellung der hinteren Harnröhre im seit lichen Strahlengang ist hier von enormer Bedeutung. Charakteristisch sind dann die Dilatation der hinteren Harnröhre mit abruptem Kontrastmittel-Stopp bzw. er heblichem transsphinktärem Kalibersprung h i n zur membranäsen H arnröhre ( > Abb. 8 . 1 1 ) . Blasendiverti kel, Balkenblase und ein hypertropher Blasenhals sind begleitende Pathologien. Bei etwa 50% der Knaben lässt sich ein- oder beid sei t i ger VUR nachweisen, was für die N ierenfunktion ebenfalls von B ede u t un g ist. Manchmal zeigt sich als Ausdruck des erhöhten Drucks a uch ein lnflux des Kontrastmittels in den Samenleiter (deferen zialer lnflux). Die dy nam isc h e M A G - 3 - N ierens z i n tigraphie i n for m iert über die N ierenpartialfunktion u nd das Abfluss muster. Ein AUG ist nicht zwingend notwendig, gibt aber weitere Auskunft über die genauen anatomischen Verhältnisse und Pa t h ologie n Letztlich erfolgt die Sicherung der Diagnose durch die U ret hrazystoskopie mit der Option der ka u s a le n T hera pie d u rch K l ap p e n re s ek t ion . .
8.7 Vesikoureterorenaler Reflux (VUR)
erscheint die Gefahr einer Harnröhrenschädigung mit konsekutiver Strikturenbildung am geringsten zu sein. Gegebenenfalls muss die Intervention auch zweimalig durchgeführt werden. Ein koexistierender V U R wird zu nächst konservativ behandelt. Ein oder mehrere Kont roU-MCU-Untersuchungen soUen den freien Harnröh rendurchfluss bestätigen. Wichtig sind Blasenfu nktions prüfungen (Zystomanometrien, CMM) i m Verlauf. Er holt sich die Blasenfunktion nicht und kommt es zu progressiver Nierenfunktionsschädigung, kann die An lage einer temporären Vesikostomie angezeigt sein.
8.6.5 Prog nose
Abb. 8. 1 1 PUV-Harnröhrenklappe.
8.6.4 Thera p i e Der Stellenwert einer präpartalen Intervention muss derzeit zurückhaltend bewertet werden. Es gibt klare Hinweise für eine positive Beeinflussung insb. der Nie renfunktion durch eine frühe intrauterine Harnablei tung, allerdings ist die Komplikationsrate dieser inter ventioneilen präpartalen Eingriffe nicht unerheblich. Zum anderen kann die Diagnose oft nur vermutet wer den. Dennoch zeigen Kinder mit früher spontaner intra uteriner Blasenruptur durchaus eine bessere N ieren funktion und geringere VUR-I nzidenz, weshalb die Dis kussion um die Sinnhaftigkeit der präpartalen Interven tion weiter im Gange ist. Direkt postpartal steht die sofortige Entlastung ganz im Vordergrund. H ier sollte nicht die Diagnosesiche rung mittels MCU abgewartet werden. Vielmehr ist un mittelbar ein suprapubischer Blasenkatheter einzulegen, über den die Blase entlastet wird. Ü ber diesen Katheter erfolgt dann im weiteren Verlauf die Röntgendiagnostik. Eine antibiotische Langzeitprophylaxe ist wie auch die intensivmedizinische und vor allem nephrologische Betreuung dieser Neugeborenen in der ersten Zeit u ner lässlich. Ab einem Alter von etwa 3-4 Lebenswochen ( für Frühgeborene korrigiert! ) kann die endoskopische Klap penresekt ion vorgenommen werden. Wir bevorzugen dabei die kalte Resektion mit dem Hakenmesserchen, beschrieben sind aber auch die monapolare elektrische Resektion und Laserverfahren. Bei der kalten I n zision
Trotz intensivierter und verbesserter Therapieoptionen hat sich die Prognose der Klappenblasenkrankheit nicht wesentlich gebessert. Mögliche negative prädiktive Fak toren sind ein Oligohydramnion vor der 24. SSW, der Kreatininverlauf (innerhalb des 1 . Lebensjahres) und die Refluxsituation als weiterer Schädigung der ohnehin dys plastischen Nierensituation. Die lnzidenz einer progres siven N ierenfunktionseinschränkung wird mit 25-50% angegeben. Im Langzeitverlauf kommt es in bis zu 70% der Fälle zu einer kompensierten oder terminalen Nie reninsuffizienz! Die Blasenfunktion bleibt trotz suffizienter Desob struktion oft zeitlebens pathologisch. Während im frü hen Lebensalter die instabile, kleinkapazitäre Blase mit geringer Compliance vorherrscht, dominiert bei älteren Patienten eher eine schlaffe hyperkapazitäre Blase. Bis zu % aller betroffenen Knaben leiden an einer Blasen funktionsstörung, lediglich etwa 50% von ihnen sind im Alter von 10 Jahren zuverlässig kontinent. Später kön nen eine gestörte Sexualfunktion und Fertilität hinzu kommen. Die Urethralklappenkrankheit erfordert deshalb eine lebenslange engmaschige urologisch-nephrologische Betreuung.
8.7 Ves i kou rete rore n a l e r
Ref l ux (VU R) Der VUR ist mit rezidivierenden Harnwegsinfekten (HWI) streng assoziiert. Dabei handelt es sich meist um komplizierte HWI mit Nierenbeteiligung und Fieber, al so um Pyelonephritiden. Urs�i chlich ist hierfür eine ge wisse Stase des Harns, hervorgerufen durch postmiktio nellen ( Pseudo-) Restharn, in dem sich ein mal aszen-
217
21 8
8 Kinderurologie
dierte Keime gut vermehren können. Die eigentliche Bedeutung dieses Krankheitsbildes liegt darin, dass rezi divierende Pyelonephritiden den irreversiblen Verlust von Nierenfunktion zur Folge haben. Die Therapie er folgt zunächst konservativ mit der Gabe einer antibioti schen Dauerprophylaxe unter Ausnutzung der mögli chen spontanen Maturation. Wenn diese ausbleibt oder nicht mehr zu erwarten ist, sollte operativ vorgegangen werden. Die Art der Operation, endoskopisch oder of fen , richtet sich dabei nach dem VUR-Grad, dem Krank heitsverlauf sowie dem Alter des Kindes. Da der VUR vor allem bei größeren Kindern häufig mit einer Blasen entleerungsstörung assoziiert ist, muss diese diagnosti ziert und ggf. zusätzlich behandelt werden.
8.7.1 D ef i n ition , K l a ss i fi kati o n , Ät i o l o g i e u n d l n zidenz
I
Den unphysiologischen Rückfluss des Harns von der Blase in den Ureter bzw. in die Niere bezeichnet man als vesikoureterorenalen Reflux (VUR). Man unterscheidet einen primären vom sekundären VUR. Während die U r sache des primären VUR in einer Malformation des ure terovesikalen Übergangs zu sehen ist, wird der sekundä re VUR bei zunächst normalem ureterovesikalem Über gang durch eine Hochdruckmiktion induziert wie z.B. bei posterioren Urethralklappen oder neurogener Bla senentleerungsstörung. Nach der I nternationalen Refluxstudie (International Reflux Study in Children, IRSC) wird der VUR in Anleh nung an Heikel-Parkkulainen in 5 Schweregrade einge teilt. Dabei erreicht ein VUR Grad I nicht das NBKS. Ei ne zunehmende Dilatation des Harnleiters und Ver plumpung des Kelchsystems charakterisieren die höhe ren VUR-Grade ( > Abb. 8. 1 2). Einen VUR bis in die Sammelrohre bezeichnet man als intrarenalen VUR. Ein intrarenaler VUR muss nicht zwingend mit dem höchsII
III
IV
ten VU R-Grad vergesellschaftet sein , sondern kann bei kleinen Säuglingen auch bei niedrigeren Graden beob achtet werden. Die Gefahr einer Nierenschädigung wird dann als besonders hoch eingeschätzt. Die I nzide11Z des VUR liegt bei Kindern zwischen 0,5 und I o/o und ist abhängig von der famil iären Belastung, dem Alter und dem Geschlecht des Kindes. Im ersten Lebensjahr wird ein VUR allerdings wesentlich häufiger (40%) gefunden. Zudem liegt im ersten Lebensjahr eine auffällige Geschlechtsverteilung mit einer Knabenwen digkeit von 3 : 1 bis 5 : I vor. Später kehrt sich dieses Verhältnis um. In 57-72% tritt der VUR bilateral auf. Der VUR wird familiär gehäuft beobachtet (Kinder betroffener Eltern etwa 66%, Geschwister betroffener Kinder bis zu 33%, Zwillingsgeschwister bis zu 66%) und gilt als die häufigste vererbte Anomalie im Bereich des Urogenitaltrakts. Diskutiert wird ein autosomal-do minanter Erbgang verschiedener Penetranz. Der VUR wird normalerweise durch einen passiven und einen aktiven Mechanismus verhindert. • Passiver Mechanismus: Mit zunehmendem Fül lungszustand der Blase wird der distale, schräg intra mural und submukös verlaufende Anteil des Harnlei ters zusammengedrückt. Bestimmend für die Antire fluxivität sind der Winkel des Harnleitereintritts so wie die Länge des intramuralen Verlaufs. • Aktiver Mechanismus: Ein erhöhter Muskeltonus des Trigonum vesicae verhindert während der Mikti on und somit bei erhöhtem intravesikalem Druck ei ne Verformung der Ureterostien. Bei morphologischer oder funkti o neller Abweichung des vesikoureteralen Übergangs versagt der Ventilme chanismus und es kommt zum VUR. Durch Fehlanlage der Ureterknospe kommt es zur La teralisierung des Ostiums. D adurch wird der Eintritts winkel des Harnleiters in die Blase flacher und die intra murale Tunnellänge kürzer ( > Abb. 8. 1 3), das Ostium verändert seine Konfiguration bis hin zum sog. Golfloch. V
Abb. 8. 1 2 Internationale Gradeinteilung des VUR nach Heikei-Parkkulainen.
8.7 Vesikoureterorenaler Reflux (VU R)
a
Ureter
Blasenwand
Abb. 8. 1 3 Normale antirefluxive Ostiumkonfiguration mit ausrei chendem intramuralem Harnleiterverlauf und kleinem Harnleiterein trittswinkel (a) sowie refluxive Ostiumkonfiguration mit kurzem in· tramu ralem Harnleiterverlauf und größerem Harnleitereintrittswin· kel (sog. Harnleiterfehlmündung) (b).
Bei Strukturanomalien in der Umgebung des Ostiums mit Ausbildung eines periostialen Divertikels (sog. Hutch-Divertikel) verliert die Harnleitermündung teil weise ihr Widerlager und der vesikoureterale Übergang wird refluxiv. Bei der neurogenen Blasenentleerungsstörung kommt es zum einen aufgrund eines erhöhten Miktionsdrucks, zum anderen aufgrund eines mangelnden Tonus des Trigonums zum VUR Beide Mechanismen wirken dabei synerg pathogen.
8.7.2 K l i n i k A n erster Stelle der Probleme steht die Harnwegsinfekti on (HWI). 3-5% der M ädchen und 1 -2% der Knaben erkranken bis zur Pubertät an einer Harnwegsinfektion. Etwa 40% hiervon weisen einen VUR auf. Durch Bildung von Pseudorestharn bei höhergradigem dilatierendem VUR und mangelndem Auswascheffekt der Blase wird die Entstehung einer HWI begünstigt. Ist das Nierenpar enchym von der Infektion betroffen, spricht man von ei ner Pyelonephritis. Neben teilweise sehr schweren Krankheitsverläufen mit hohem Fieber ist die Ausbil dung einer postinfektiösen Nierennarbe mit einem damit verbundenen anteiligen N ierenfunktionsverlust die am meisten gefürchtete Komplikation einer Pyelonephritis.
8 .7.3 D i ag nost i k Nach der ersten fieberhaften HWl bei Säuglingen sollte die Diagnostik zum Ausschluss eines VUR eingeleitet werden. Aufgrund der niedrigeren V U R-Inzidenz bei älte-
Abb. 8 . 1 4 Röntgen-MCU: Hochgradiger VUR bds.
ren Kindern kann die Diagnostik je nach Alter des Kindes auch erst nach rezidivierender HWI eingeleitet werden. • Anamnese/klinische Untersuchung: Bei rezidivie renden HWI steht die Anamnese und hier besonders die Frage nach den Miktionsgewohnheiten und -mustern an erster Stelle. In etwa 1 8% der Fälle liegt eine assoziierte nicht-neurogene Blasenentleerungs störung vor. Die Durchführung einer Zystomanome trie (CMM) mit Uroflowmetrie wäre dann sinnvoll. Die klinische Untersuchung umfasst speziell die In spektion des äußeren Genitales und schließt Stigmata dysraphischer Störungen aus. • Sonographie: In zunehmendem Maße spielt die prä natale Sonographie eine Rolle. Bei intrauteriner und postpartal fortbestehender Hydronephrose muss ein VUR ausgeschlossen werden. Die postpartale Sono graphie dient der planimetrischen Messung der Nie ren. Größere Parenchymnarben können sonogra phisch entdeckt und besonders im Verlauf dokumen tiert werden; das Nierenwachstum kann zuverlässig beurteilt werden. • Uroradiologische Bildgebung: Die exakte Graduie rung des VUR ist für das weitere Vorgehen bestim mend. Dies geschieht durch das Röntgen-Miktions zystourethrogramm (Rö-MCU), das ab dem I . Le benstag durchgeführt werden kann ( > Abb. 8. 1 4). Eine Ausscheidungsurographie (AUG, ivP) wird heu te routinemäßig nicht mehr durchgeführt.
219
220
8 Kinderurologie
•
•
•
•
I
DMSA-Szintigraphie: Die Parenchymsituation kann heute besser durch die DMSA (Dimercaptosuccinic acid)-Szi n t igraph i e beurteilt werden. D iesbezüglich ist sie dem ivP überlegen. Ab einem Refluxgrad 3 fin det man zum Zeitpunkt der Diagnosestellung in etwa 19% der Fälle Parenchymnarben ( > Abb. 8. 1 5). Bei Vorl iegen eines h öh ergradigen VUR ist eine DMSA Szintigraphi e initial wie im Verlauf unabdingbar. MAG-3-Szintigraphie: Die MAG-3-Szintigraphie er laubt wie die DMSA-Szintigraphie eine exakte Tren nung der Partialfunktion. Parenchymnarben können allerdings wesentlich schlechter erfasst werden. Der Verdacht auf ein Vorliegen assoziierter primärer oder sekundärer H arnabflussbehinderungen, die in 3,5- 1 1 % zu finden sind, stellt eine Indikation für die MAG-3-Szintigraphie dar. Direktes Nuklid-MCU (d-NMCU): Es basiert auf der gleichen Technik wie das Röntgen-MCU, wobei hier jedoch die Blase mit einem radioaktiv markierten Tracer (z.B. 99"'Technetium MAG-3) aufgefüllt wird . Die Methode ist im Vergleich zum Röntgen-MCU et was sensitiver, die Auflösung jedoch deutlich schlechter. Diese Methode eignet sich für Verlaufs kontrollen eines VUR, z.B. postoperativ. Bei vorhan denem Messplatz kann das d-NMCU in Kombination mit einer Zystemanometrie (CMM) durchgeführt werden. Dem Kind wird so eine Kath et eris i erung er spart. Sonographisches MCU: Die sonographische Reflux prüfu n g bietet prinzipiell den Vorteil gegenüber der radiol ogisch e n (Rö-MCU), dass hier ohne Strahlen belastung gearbeitet werden kann. Demgegenüber steht jedoch der erhebliche Nachteil, dass eine exakte Refluxgraduierung nicht gelingen kann. Zudem i st
re Niere: 94078
61%
Ii
39%
N iere: 61 369
Abb. 8. 1 5 DMSA-Szintigraphie bei VUR zur Erfassung bestehen der oder sich entwickelnder Parenchymnarben: Hier Darstellung ei nes Parenchymausfalls linker OberpoL
•
•
diese U n ters uch ung ungleich teurer, zeitintensiver und stark untersucherabhängig. In der klinischen Routine kann diese Untersuchung ggf. für eine post operative Verlaufskontrolle empfoh len werden. Als Initialdiagnostik ist sie nicht geeignet. MRT: In der D iagno s t ik und TI1erapie des VUR sp iel t das MRT als zusätzliche Diagnostik keine Rolle und bleibt lediglich Sonderindikationen vorbehalten (z.B. unklare Morphologie bei Lageanomalien o.Ä .). Zystoskopie: Die genaue Ostiumlokalisation und Konfiguration korreliert mit der Mat u ra tionswahr scheinlichkeit des VUR und ist deshalb im Rahmen des therapeutischen Konzepts von großer Bedeutung. D ie Zystoskopie ist jedoch ein invasiver Eingriff und kann im Kindesalter nur in Narkose erfolgen. Als rein diagnostische Maßnahme ist sie aus diesem Grund abzulehnen. Eine Zysto skop ie sollte nur dann durchgeführt werden, wenn in gleicher Sitzung eine endo skopische Antireflu xpla stik als therapeutische Option durchgeführt werden kann.
8.7.4 Thera p i e Ziel jeglicher Behandlung ist der Erhalt der Nierenfunk tion. Dafür müssen in jedem Fall weite re pyel oneph riti sche Schübe verhindert werden, weil damit ein irreversi bler Nierenfunktionsverlust verbunden ist. Bei der Er stellung eines 111erapiekonzepts zur Behandlung eines VUR sind zwei Prinzipien zu berücksichtigen: 1. V U R hat die Tendenz, in den e rs t en Lebensjahren spontan zu maturieren, niedriggradiger VUR (I + 11) mit einer Wahrscheinlichkeit von annähernd 1 00%, III-gradiger VUR zu etwa 50% und IV -gradiger VUR zu etwa 20% innerhalb der ersten 5 Leben sjah re. Da nach sind die M a t ura t i on sch a nce n wie auch initial bei V - gra digem VUR deutlich schlechter. 2. N ierenentwicklung und -funktion sind durch eine konsequente Infektverhinderung mittels antibioti scher Langzeitprophylaxe sicher zu ge wä hrl e i sten . Daraus leitet sich die konservative Refluxtherapie ab: an tibiotische La ngzei tp rop hy l axe und Abwarten der spon tanen Maturation ( > Tab. 8.4). Im ersten Leben sjah r wird das ko nserva tive Vorgehen gru ndsä t zl i c h durchge führt, eine O perat io n ist obsolet. Nach erfolgt em Kont roll- MCU 1 2- 1 8 M onate später rich tet sich das weitere Vo rgehen nach dem Befund: Zeigt sich die Tendenz zur Matura ti o n mit n u n n iedrige rem V U R-Grad, kann bei gutem Vertragen die Langzeitprophylaxe für die nächs ten 1 2- 1 8 Monate fortgesetzt werden. Dann sollte die nächste MCU-Kontrolle e rfolge n . Zeigt sich hi ngegen keine M a l u rat io n des V U R-G rades oder ist keine weitere
8. 7 Vesikoureterorenaler Reflux (VU R)
Maturation mehr zu erwarten (aufgrund des fortge schrittenen Alters des Kindes oder des hohen VUR-Gra des), ist eine operative Therapie indiziert. Eine solche ist jenseits des ersten Lebensjahres auch dann in Erwägung zu ziehen, wenn sich unter antibiotischer Langzeitpro phylaxe mehrfache Durchbruchsinfektionen ereignen. Stärkere Resistenzentwicklung (auch multiresistenter Keime wie z.B. MRSA, ESBL) in Ländern, in denen die Verwendung antibiotischer Prophylaxe weitverbreitet ist, haben die Diskussion über die Sinnhaftigkeit einer solchen antibiotischen Langzeitprophylaxe erneut belebt, mit der Folge, dass sie bei klinischer Beschwerdefreiheit und noch vorhandenem (niedergradigem) VUR bei älte ren Kindern nicht mehr generell empfohlen werden kann. Gesicherte Daten liegen aber derzeit noch nicht vor und sind Gegenstand derzeit laufender Studien. Eine ggf. bestehende Blasenentleerungsstörung muss im Rahmen der konservativen Therapie unbedingt er kannt und behandelt werden. Die häufigste Form ist hierbei die Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination, selte ner die isolierte Blaseninstabilität Die Behandlung er folgt urotherapeutisch ( > Abschn. 8 . 1 3.4), ggf. unter stützt durch ein Biofeedback-Training. Unter einer Um therapie versteht man eine ganzheitliche Verhaltensthe rapie mit dem Ziel eines besseren Verständnisses der Blasenfunktion. Gleichzeitig lernt das Kind hierbei eine bessere Körperperzeption, d.h. es lernt z.B., wie es sich anfühlt, wenn der Beckenboden bei der Miktion sich entspannt. Therapieformen sind das Gespräch und spe zielle körperliche Ü bungen (z.B. Beckenbodenübun8.4 An ti b iot i ka zur Durchführung der La ngzeitp ro phylaxe.
Tab.
�IMtn@IIii§.!M Dosierung Cephalexin
Ceporexin®
1 0 mg/kg KG abends
Cefuroxim
Elobacr®
3 mg/kg KG abends
Trimethoprim
lnfectotrimet®
1-2 mg/kg KG abends
Nitrofuranrain
Nifuretten®
1 -2 mg/kg KG abends
gen). Zusätzlich sollte unterstützend für 3-6 Monate mit einem Anticholinergikum behandelt werden.
Operative Thera p i e H ierbei bestehen grundsätzlich zwei verschiedene Mög lichkeiten: • Endoskopisch (endoskopische Antirefluxplastik) • Offen chirurgisch CAntirefluxplastik oder Ureterreimplantation) Die endoskopische Antirefluxplastik ist ein minimal-in vasiver Eingriff, der in Narkose tageschirurgisch durch geführt wird. Zystoskopisch werden mit einer Nadel ei nige Milliliter Fremdmaterial unter das betreffende Os tium gespritzt. H ierdurch ergibt sich eine schlitzförmige fischmaulartige Umformung desselben, wodurch Anti refluxivität erreicht werden kann. Als Material kommt heute im Wesentlichen ein Dextranomer/Hyaluronsäu re-Kopolymer zur Anwendung ( > Abb. 8. 1 6). Die Wirksamkeit hängt stark von der Ostiumkonfiguration ab. Die Methode eignet sich für den mittelgradigen VUR. Initial kann dabei eine VUR-Freiheit von etwa 80% erreicht werden. Im Langzeitverlauf kommt es al lerdings in bis zu einem Y. der Fälle zum Rezidiv. Die Rate an iatrogener Ostiumobstruktion durch die endo skopische Antirefluxplastik liegt unter 1 %. Von einigen Autoren wird die endoskopische Antirefluxplastik zu mindest bei VUR-Grad I I-IV als First-line-Therapie mit bis zu 2 W iederholungsinjektionen favorisiert. Im Gegensatz dazu zeigt die offene Operation deutlich höhere Erfolgsraten mit etwa 95% postoperativer VOR Freiheit (Grad 2: 99%, Grad 3 und 4: 98%, Grad 5: 80%). Demgegenüber steht ein stationärer Aufenthalt von etwa 1 Woche. Im Laufe der Jahre haben sich verschiedene Tech niken entwickelt: intravesikal (Politano-Leadbetter, Cohen, Glenn-Anderson), extravesikal (Lich-Gregoir) oder kombi niert intra-/extravesikal (mod. Politano-Leadbetter). Allen Techniken ist gemein, dass dadurch eine neue, längere sub-
U reter
Abb. 8 . 1 6 Schema der endoskopischen Antirefluxplastik mit korrekter Positionie rung der Injektionsnadel und antirefluxiver U mformung des Ostiums durch das subos tial injizierte Depot.
I njektion von
Blasenwand
Fremdmaterial (z B Deflux®)
221
222
8 Kinderurologie
a
b
Abb. 8. 1 7 Schema der offen-chirurgi schen Refluxkorrektur: Durch einen kranial gelegenen Neohiatus wird der Harnleiter neu in die Blase geleitet (a). Der Harnleiter wird durch einen submu kösen Tunnel ge zogen und das Neoostium in der Blasen wand verankert (b).
I
mukös verlaufende Tunnelstrecke des H arnleiters geschaf fen wird, die nach dem Ventilprinzip passive Antirefluxivi tät garantiert ( > Abb. 8 . 1 7). Wegen der Gefahr zumindest temporärer Blasenentleerungsstörungen sollten rein extra vesikale und kombinierte intra-/extravesikale Ureterreim plantationen nicht bilateral in einer Sitzung vorgenommen werden. Die Blase muss bis zum Abschluss der primären Wundheilung transurethral oder suprapubisch für etwa 6 Tage abgeleitet werden. Postoperativ reichen Sonographische Verlaufskontrol len aus. Wegen der hohen Erfolgsrate kann auf ein routi nemäßiges Kontroll-MCU verzichtet werden. Die anti biotische Langzeitprophylaxe wird 6 Wochen postopera tiv abgesetzt. Nach einem Jahr sollten Nierenfunktion und -abfluss szintigraphisch (MAG-3) überprüft werden.
8.7.5 Prog n ose Unbehandelt führt ein persistierender VUR zum Nieren funktionsverlust bis hin zur Niereninsuffizienz, mithin auch zur renalen Hypertonie. Der VUR ist ein prädisponie render Faktor zur Ausbildung einer Pyelonephritis, die immer eine Nierenparenchymschädigung mit Paren chymnarben mit sich bringt (Refluxnephropathie). Zwi schen 3, 1 und 25% der Kinder und 10- 1 5% der Erwachse nen mit terminaler Niereninsuffizienz leiden an einer Re fluxnephropathie. Die Verhinderung der Pyelonephritis und damit der Schutz der Nierenfunktion und -entwick lung gelingen gleichermaßen konservativ wie operativ. Doch auch nach offener operativer VUR-Korrektur mit dokumentierter postoperativer VUR-Freiheit ereignen sich im Verlauf in bis zu 5% der Fälle weitere Nierenfunk tionsverluste.
8.8 Ph i m ose, Pa ra p h i mose, B a l a n itis, B a l a no post h it i s Bei der Phimose handelt es sich u m eine Verengung des Präputiums, die ein Zurückstreifen über die Glans ver hindert. Dies ist in den ersten Lebensjahren physiolo gisch, später betrifft es etwa 2-4% der Knaben und Män ner. Vor einer Zirkumzision sollte in jedem Fall zu nächst eine topische Steroidbehandlung des Präputiums vorgenommen werden. in 80-90% der Fälle weitet sich das Präputium bis zur freien Zurückstreifbarkeit, sodass eine Zirkumzision vermieden werden kann. Hauptkom plilcation der Zirkumzision ist die Meatusstenose. Die Paraphimose dagegen ist ein N otfall und bedarf soforti ger Behandlung. Entzündliche Prozesse der Glans und des Präputiums (Balanitis, Balanoposthitis) werden lo kal antiphlogistisch und antibiotisch behandelt. Da die Zirkumzision ein operativer Eingriff wie jeder andere auch ist, bedarf es zu dessen Durchführung strafrecht lich gesehen einer medizinischen Indikation.
8.8.1 Defi n ition, Ät i o l o g i e u n d l n zidenz Als Phimose bezeichnet m a n eine i n den ersten Lebens jahren physiologische Verengung des Präputiums, die ein Zurückstreifen über die Glans verhindert. Die patho logische Phimose wird als Unmöglichkeit der atraumati schen Retraktion des Präputiums über die Glans in folge einer Fibrose oder Yernarbung der Präputialöffnung de finiert. Eine Paraphimose liegt vor, wenn sich ein enges Präputium nach Retraktion hinter den Sulcus coronari us nicht wieder in seine normale Position verlagern lässt
8.8 P h imose, Paraphi mose, Balan itis, Balanoposth itis
Abb. Abb. 8.1 8 Paraphimose.
( > Abb. 8. 1 8 ) . Dadurch entsteht eine zunehmende Schwellung der Glans, die in einen Circulus vitiosus mündet. Zusätzlich resultiert eine Min derdu rchblutung des distal gelegenen Vorhautabschn itts mit Ö dem, so dass schließlich die Reposition unmöglich ist. U rsäch lich ist ein Missverhältnis zwischen der Glans und der Größe d e r Vorhautö ffnung. Bei län gerer Dauer sind Ent zündung, Ulzeration sowie Nekrose der Glans möglich. Die Balanitis bezeichnet die Entzündung der Glans, die Balanoposthitis zusätzlich des Präputiums. Etwa 2-4% aller Knaben und Männer müssen im Laufe ihres Lebens aufgrund einer Phimose, Paraphimo se oder rezidivierender Balanoposthitiden zirkumzidiert werden. Ein enges Präputium ist zum Zeitpunkt der Geburt ebenso physiologisch wie Verklebungen des Präputiums mit der Glans penis. Im Laufe der ersten 4-5 Leben sjah re weitet sich das elastische Präputium und die Verkle bungen lösen sich. Bei 75% der dreijährigen Knaben ist das Präputium bereits frei zurückstreifbar. Sogenannte Smegmaretentionszysten begleiten oftmals den natürli chen Prozess. Durch Entzündung (Balanoposthitis) oder forciertes Zurückstreifen des noch engen Präputiums mit Einrissen kann es zur Vernarbung des präputialen Schn ürrings kommen, wodurch die Phimose bestehen bleibt und nicht mehr als physiologisch bezeichnet wer den kann. Ein ge neti s ch bed ingter Lichen sclerosus et atrophicus (Balanitis xerotica obliterans, BXO; > Abb. 8. 1 9 ) ka nn in knapp 30% der Fälle einer patho logischen Phimose histologisch nachgewiesen werden.
8.8.2 K l i n i k Es zeigt sich eine Fibrose des distalen P räp u tiums, die bei vo rsichtige r Retraktion einen konisch zulaufenden Nar-
8 . 1 9 Lichen sclerosus (Balanitis
xerotica obliterans, BOX).
benring bildet. Bei ausgeprägtem Befund kommt es bei der Miktion zu deutlicher Ballonierung des Präputiums mit gelegentlichem Nachträufeln. Rezidivierende Ent zündungen können die Folge sein und verstärken den pathogenetischen Prozess. In späteren Lebensjahren kön nen Schmerzen bei der Erektion bis hin zu Kohabitations problemen auftreten. Flächig-weißliche und sklerosieren de Veränderungen der Vorhaut bzw. des Gl ansepithels sind Zeichen eines Lichen sclerosus et at rophicus . Die Pa raphimose ist dagegen akut und zunehmend schmerzhaft und bedarf als Notfall sofortiger Behandlung.
8.8.3 Thera p i e Bei Beschwerden und nicht z u stark fortgeschrittener Vernarbung sollte das Präputium in jedem Fall zunächst mit t op isch en Steraiden behandelt werden. Dazu wird eine kortikoidhaltige Salbe mehrmals täglich für 4-6 Wochen aufgetragen. I n 80-90% der Fälle weitet sich das Präputium bis zur freien Zurückstreifbarkeit, und eine Zi rku m zisi o n kann vermieden werden. Die Indikation zur Operation stellt sich bei Versagen konservativer Therapie ( Kortikoid-Salbenbehandlung) oder bereits stattgehabter starker Vernarbung. Dabei sollte der radikalen Zirkumzision d er Vorzug vor der "kosmetischen" (Präputium-sparenden) Zirkumzision gegeben werden, da letztere eine um ein Vielfaches hö here Rezidivrate aufweist. Nur in sehr seltenen Ausnah mefällen mit assoziierter mologiseher Pa tholog ie (z.B. hochgradiger VUR mit Durchbruchsinfektionen) kann eine prophyl a kt is che Zirkumzision sinnvoll sein, da die Infektionen so besser beherrschbar werden. Der Nutzen ei n er präventiven Zirkumzision zur Vermeidung malig ner Erkrankungen ist heute widerlegt. Ebenso kann zu mindes t in Deutschland die Zirkumzision als Präventi on vor Geschlechtskrankl1eiten wie auch vor HIV -Infek-
223
224
8 Kinderuro logie
tion aufgrund niedriger Inzidenzzahlen keine Rolle spielen. Die Paraphimose stellt einen Notfall dar und bedarf sofortiger Behandlung. Gelingt ein manuelles Reponie ren des zurückgestreiften Präputiums in Analgosedie rung auch nach vorsichtiger Kompression und Auspres sen des Ödems nicht, ist die Spaltung des Schnürrings unumgänglich. Nach Abheilung sollte dann die definiti ve Zirkumzision geplant werden. Entzündungen wie die Balanitis und Balanoposthitis werden durch Sitzbäder sowie lokal antiphlogistisch und antibiotisch behandelt.
8.8.4 Pro g n ose
I
Zirkumzisionen sind mit einer signifikanten Komplika tionsrate behaftet. Ö deme und postoperative Sekretion, Wundinfektion sowie Narbenbildung sind allgemeine Risiken. Die Nachblutungsrate wird bis auf 6% beziffert. I nsbesondere bei durchgeführter Zirkumzision im Neu geborenenalter treten postoperativ in bis zu 20% Mea tusstenosen auf. Der G rund hierfür wird in einer zuneh menden Hyperkeratinisierung des ungeschützten Glansepithels wie auch in einer Schrumpfung gesehen, die durch lokale Minderperfusion aufgrund der zwangs läufigen Durchtrennung der Frenulumarterie bedingt ist ( >- Abb. 8.20). Insbesondere ein Lichen sclerosus birgt die Möglich keit einer narbigen Meatusstenose und ein Ü bergreifen lichenoider Veränderungen auf die Glansoberfläche. Die Nachbehandlung kann mit Tacrolimus (Protopic® 0, 1 % über 6 Wochen) durchgeführt werden. I n Ausnahmefal len entstehen urethrakutane Fisteln bei Verletzung der Harn röhre in Sulkushöhe.
Abb. 8.20 Meatusstenose nach Zirkumzision. Deutlich erkennbar ist die Hyperkeratin isierung des Glansepithels.
8.9 Hypospa d i e Die Hypospadia penis zeichnet sich durch eine proxima le dystope Harnröhrenmündung, eine ventrale Penis schaftdeviation und eine dorsale Präputiumschürze aus und ist mit einer lnzidenz zwischen 4,7 und 8 auf 1 000 Lebendgeburten die häufigste angeborene urogenitale Fehlbildung des Knaben. je nach Lage des Meatus ure thrae wird die Hypospadie in eine anteriore (distale), ei ne mittlere und eine posteriore (proximale) Form unter teilt, mit zunehmend aufwändigerer operativer Rekons truktion und höherer Komplikationsrate. Ziel der Kor rektur ist ein orthotaper Neomeatus, ein gerader Penis schaft mit nach vorne gerichtetem H arnstrahl und eine normale Sexualfunktion. Die Korrektur ist heute sehr viel früher möglich; der Zeitpunkt reicht weit in das ers te Lebensjahr hinein. Die Komplikationsrate - je nach Schweregrad und Technik unterschiedlich - hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verringert, wobei die Urethralfistel und die Meatusstenose dominieren. Die soziokulturelle wie auch sexuelle Entwicldung dieser Knaben verläuft nach erfolgter Korrektur ungestört.
8.9.1 D efi n it i o n u n d K la ss ifi kation, l n zidenz u nd Ät i o l o g i e Die Hypospadie ist definiert als das Zusammentreffen dreier anatomischer Anomalien des Penis: • eine proximal dystope Harnröhrenmündung mit oder ohne Meatusstenose, die an jeder Position zwi schen Glansspitze und Perineum ventralseitig gele gen sein kann ( > Abb. 8.21), • eine ventrale Penisschaftdeviation und • eine typisch dorsale Präputiumschürze. Während das erste M erkmal obligat ist, sind d ie beiden anderen Merkmale fakultativ. Eine Frenulumarterie ist nie ausgebildet. je nach Lage der Harnröhrenmündung wird die Hy pospadie in verschiedene Ausprägungsgrade eingeteilt. Mit zunehmendem Grad sind eine aufwändigere opera tive Rekonstruktion und eine höhere Kompl ikations rate vergesellschaftet. Es wird eine anteriore, eine mittlere und eine posteri ore Form unterschieden ( > A b b . 8.22). Die lnzidenz liegt zwischen 4,7 und 8 auf 1 000 männ liche Lebendgeburten. In Europa wie in den USA ist eine Zunahme der Hypospadien zu beobachten. Ob diesem Trend ei ne echte Zunahme dieser Fehlbildung zugrunde liegt oder ob es sich dabei um ein Phänomen besserer Dokumentation handelt, ist derzeit unklar. Die Hypo-
8.9 Hypospadie
225
8.21 Verschiedene Formen der Hypospadia penis. (a) Hypospadia glandis. (b) Hypospadia coronaria. (c) Hypospadia penis dista lis ohne ventrale Pe nisschaftdeviation. (d) Hypospadia penis distalis mit ventraler Penisschaftdeviation. (e) Hypospadia penoscrotalis (Pfeil: Meatus).
Abb.
gland ulär w----t-- koronar •-+-- pen il dist. "midshaft" 11---1--- pen il prox.
J
J
ebenfalls betroffen, und auch das Wiederholungsrisiko für die Nach komme n ei nes B etroffen en l i egt bei 1 4%. Gegen Ende des zweiten Schwangerschaftsmonats Anterior 50%
setzt die geschlechtsspezifische Differenzierung ein. Beim mä n nl i che n Embryo wäc h s t der Geschlechtshö cker unter dem Einfluss von Testos t e ro n zum Phallus i n d ie
Mittlere 30%
L änge und bildet den Penis. Bis zur 1 2. W oche bilden
sich die p e ni l e Harnröhre sowie das Corpus spongiosum
indem d ie medialen Ränder der Urethralfalten von proximal nach distal bis zum Sulcus co ron a ri u s fusionieren. Andererseits exi st i e rt ab der 1 6. Woche die glanduläre Harnröhre, die sich möglicherweise von d is tal nach proximal (also ent aus der Urethralplatte, endodermalen
.__--'>,;---penoskrotal
gegen der pen i l en H a rnröhre) entwickelt. Störungen fü h re n zur Hypospadie.
d ieser Entwicklungsschritte Abb. 8.22
Schematische Klassifikation der Hypospadieformen und relative Häufigkeit.
Wodurch die St ö ru n g im Einzelnen a u sgelöst wird, ist v ol lstä n d ig gekl ärt . Selten findet sich ein
bis h e ut e n icht
Androgenrezeptor-MangeL Diskutiert werden u.a. En
2) mes en c h ym a l er an epidermalem Wachstumsfak
zy m d e fe k t e ( z.B. Sa- Reduktase Typ
spad i e tritt fami liä r geh ä u ft auf. 8% der V äter betrofFe ner K n abe n litten auch a n e i n er H ypos p ad i e 1 4% der männli chen Geschwister eines bet ro ffene n K n a b en s i n d ,
Zellen oder ein M angel tor
(EGF).
I
226
8
Kinderurologie
8.9.2 K l i n i k und D i a g nost i k
I
Meist wird die Hypospadie direkt nach der Geburt er kannt. Augenfälligste Merkmale sind das ventral nicht geschlossene Präputium im Sinne einer dorsalen Präpu tialschürze und der dystope Meatus urethrae. Beim sel tenen Vorliegen eines zirkulären Präputiums trotz ektop mündender U rethra kann die Diagnose erst verspätet gestellt werden. Wichtig ist die Erkennung einer mögli chen Penisschaftdeviation nach ventral, die bei allen hö hergradigen Hypospadien mehr oder weniger ausge prägt vorhanden ist. Das ganze Ausmaß wird nur bei Erektion erkennbar und kann sich im Laufe des Wachs tums verstärken. Wesentliche Ursache hierfür ist die sog. Chorda, das bindegewebige Rudiment des Corpus spongiosum distal des ektopen Meatus. Es strahlt V förmig beidseits nach lateral aus und wirkt durch die fehlende Elastizität nach ventral schaftverkrümmend. Gelegentlich ist der dystope Meatus stenotisch. Bei deut licher Klinik mit sehr dünnem und weitem Harnstrahl muss aber eine Meatotomie nur in Ausnahmefällen schon vor der definitiven Harnröhrenkorrektur durch geführt werden. Bei niedriggradiger Hypospadie sind assoziierte Anomalien des oberen Harntrakts selten. Bei klinischer Beschwerdefreiheit und unauffälligem Sona gramm der Nieren und ableitenden Harnwege ist wei terführende Diagnostik nicht indiziert. Bei Patienten mit posteriorer Hypospadie und uni- oder bilateralem Hodenhochstand oder Kryptorchismus müssen endo krinalogische und genetische Untersuchungen durchge führt werden, da die Wahrscheinlichkeit auf Vorliegen eines ambivalenten (früher: intersexuellen) Genitales signifikant erhöht ist.
8.9.3 Thera p i e Ziele der operativen Korrektur einer Hypospadie sind: • o rthot o p e Anlage eines Neomeatus im Bereich der distalen Glans • Aufrichtung des nach ventral deviierten Penisschaf tes • nach vorne gerichteter ungeteilter Harnstrahl mit normalem Flow • no r m ale Sexualfunktion • ästhetisch ansprechender Aspekt Die operative Korrektur sollte spätestens abgeschlossen sein, wenn der Knabe das Kindergartenalter erreicht, al so etwa das 3. Lebensjahr vollendet hat. Im Hinblick auf die emotionale und kognitive Entwicklung des Kindes und den Beginn der Körper- und Geschlechtsidentifika tion liegt der beste Zeitpunkt zur Hypospadiekorrektur
zwischen dem 6. Lebensmonat und dem vollendetem 1. Lebensjahr. Eine spätere Hospitalisation zwischen dem 1 8. Lebensmonat und dem 3. Lebensjahr wird von den Kindern psychologisch wesentlich schlechter verar beitet. Es haben sich verschiedene Operationsverfahren etabliert, wobei hier nicht i m Einzelnen auf alle Techni ken eingegangen werden kann. D ie Wahl richtet sich nach dem klinischen Befund. Meist kann die Korrektur einzeitig ohne vorherige Penisschaftaufrichtung vorge nommen werden . D iese wird in gleicher Sitzung vor de r U rethralplastik durchgeführt. Abhängig von der Positi on des Meatus wird das Operationsverfahren oder eine modifizierte Abwandlung gewählt. Bei schweren proxi malen H ypospadieformen ist gelegentlich die Bildung der Harnröhre aus Transplantaten nötig; diese werden entweder gestielt (z.B. inneres Präputialblatt, preputial island-jlap nach D uckett) oder frei (z.B. M undschleim haut, Vollhaut oder Spalthaut) übertragen. Bei den dis talen und den mittleren bis hin zu weniger ausgepräg ten proximalen Formen gelingt die Bildung der Neoure thra in aller Regel durch Umsebneiden und Tubularisie rung der originären U rethralplatte (Thiersch- Duplay). Die Urethralplatte wird hierbei jedoch meist vor der Tu bularisierung dorsal längs inzidiert und auf diese Weise verbreitert (Snodgrass) . Nach der Tubularisierung zur Neourethra wird eine dorsale subkutane Schicht aus der Tunica dartos des in neren Präputialbl a t tes präpariert und ventral über die Neourethra gedeckt ( > Abb. 8.23). Darüber erfolgt dann die Glansplastik. Der Penisschaft wird anschließend mit Penisschafthaut unter Bildung einer Neoraphe gedeckt. Der limitierende Faktor für diese Technik ist bei den sehr proximal en Hypospadie formen neben dem Grad der ventralen Penisschaftdevi ation die Behaarung der Skrotalhaut Bis zur Skrotal grenze kann die Snodgrass-Technik angewendet wer den, weil proximal davon eine komplikationsträchtige "innere" Behaarung der proximalen Neou rethra bei der Tubularisierung resul tieren würde. Die Dauer des stati onären Aufenthalts beträgt in der Regel 3-4 Tage. Ein transsphinktär platzierter Sten t (dripping stent) bleibt postoperativ etwa 8- 1 0 Tage liegen und kann vom Kin derarzt entfernt werd en . Das fu nkt ionelle wie auc h das ästhetische Ergebnis dieser Technik sind sehr gut. Der Neomeatus hat eine n atürliche l ängso rient i erte , schlit:z förmige Konfiguration ( > Abb. 8.24). Mit Ko m p l ikati onen ist je n ach H ypospadieform in etwa 2% (dis tale Form) bis 20% (proximale Form) der Fälle zu rechnen, wobei die U rethralfistel und die Meatusstenose domi meren.
8.1 0
Epispadie-Ekstroph ie-Komplex
227
ansprechender Ä sthetik. Bei entsprechender Erfahrung sind diese Ziele mittlerweile bei nahezu allen Patienten erreichbar, wenn auch nicht immer in einer Korrektur möglich. Nach neuesten Untersuchungen kann man heu te davon ausgeh en dass sowohl die soziokulturelle als auch die sexuelle Entwicklung dieser Knaben nach er folgter Korrektur normal und ungestört verläuft. ,
8. 1 0 E p ispa d i e- E kstro p h ie
Ko m p l ex
Hypospadiekorrektur nach Snodgrass: Nach Tubulari sierung der Neourethra wird der dorsale Tu nica-dartos-Lappen prä pariert und wie h ier in Knopflochtechnik nach ventral verlagert. Anschließend erfolgt damit die Deckung der Neourethra. So lassen sich auch d ie Perfusionsverhältnisse verbessern und damit die Fistel prävention erreichen. Abb. 8.23
Beim Epispadie-Ekstrophie-Komplex handelt es sich um eine seltene dysraphische ventrale Mittellinienfehlbil dung unterschiedlicher Ausprägung. Von der gespalte nen Harnröhre ( Epispadie) mit oder ohne Sphinkterbe teiligung bis zur kompletten Blasenekstrophie mit offe nem Blasenfeld sind die Ü b ergänge fließend. Die schwerste Fehlbildung in diesem Komplex ist die KJo akenekstrophie. H ier findet sich zwischen zwei Blasen feldern der sog. hind-gut, d.h. Darmanteile mit Verbin dung zu Dünn- und Dickdarm. Die operative Behand lung sollte spezialisierten Zentren überlassen werden. Nur m it großer Erfahrung lassen sich annehmbare Kon tinenzraten erreichen. Eine Langzeitbetreuung dieser Patienten ist obligat.
8.1 0.1 D efi n it i o n u nd Kla ss ifi kation,
l nz i d e n z und Ät i o l o g i e
Abb. 8.24
Postoperatives Ergebnis nach Urethralplastik (Snodgrass) bei distal peniler Hypospadie: Orthotoper schlitzförmiger Meatus.
8.9.4 Progn ose In der Chirurgie der Hypospadie hat sich die OP-Technik, aber auch das Material (z.B. Nahtmaterial) in den letzten Jahren entscheidend verbessert. So konnten auch deutli che Verbesserungen der Ergebnisse erzielt werden. Dazu gehört neben einer normalen Funktionalität des Penis eine möglichst "normale" postoperative Erscheinung mit
Z u m Epispadie-Ekstrophie-Komplex gehören die Epi spadie, die Blasenekstrophie sowie die KJoakenekstro phie. Während es sich bei der Epispadie um eine dysra phische Mittellinienfehlbildung der Harnröhre mit un terschiedlicher Beteiligung des externen Sphinkters handelt, ist bei der klassischen Blasenekstrophie zusätz lich die gesamte Blase betroffen und liegt als Blasenfeld offen in der Bauchdecke ( >- Abb. 8.25). Bei der Kloakenekstrophie findet sich zwischen zwei lateral ge trennten Blasenfeldern mittig offenes Darmlumen mit einer Dünndarm- und einer DickdarmfisteL Die Über gänge zwischen den einzelnen Formen sind fließend. Die Inzidenz der Blasenekstrophie liegt zwischen l : 10 000 und 1 : 50 000 der Lebendgeburten. Es besteht eine Knabenwendigkeit von etwa 2,5 : 1 . Bei der schwere ren Kloakenekstrophie sind Mädchen häufiger betroffen (1 : 2), während die leichteste Form (Epispadie) fast aus schließlich bei Knaben vorkommt. Das familiäre Wieder holungsrisiko liegt bei etwa 3,6%. Im Einzelnen ist das
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I
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8
Kinderurologie
Wiederholungsrisiko für Kinder betroffener Eltern ge genüber der Allgemeinbevölkerung etwa um das 400fa che, das für Geschwister um das 300- bis 650fache erhöht. Es l iegt wahrscheinlich ein polygenetischer multifaktori eller Erbgang zugrunde. Spezifische teratogene Noxen konnten bislang nicht verantwortlich gemacht werden. Beim Epispadie-Ekstrophie-Komplex handelt es sich um eine frühe embryonale Entwicklungsstörung in den ersten drei Entwicklungswochen. Wenn die kausale Ge nese auch letztlich noch nicht genau verstanden wird, handelt es sich offensichtlich um eine topographische Fehlentwicklung im Bereich der Kloakenmembran.
8 . 1 0.2 Kl i n i k u n d D i ag nost i k
Das Ausmaß der strukturellen wie funktionellen Defizite steigt mit zunehmendem Schweregrad der Fehlbildung an. Anatomisch handelt es sich bei der Blasenekstrophie nicht nur um eine reine Herniation der Blase. Vielmehr zeigen die Patienten ein Spaltbecken mit großer Distanz beider Schambeinanteile. Die dadurch bedingte Außen rotation der Hüftgelenke hat orthopädische Auswirkun gen. Auch der M. obturatorius internus und die M uskeln der Puborektalisschlinge werden durch die Außenrotati on tangiert. Der Anus hat eine ventralisierte Lage. Die Spaltbildung betrifft auch die Abdominalwand. H inter dem Blasenfeld befindet sich keine Bauchwandmuskula tur. Der M. rectus abdominis ist bei regelrechter Insertion am Os pubis lateralisiert. Dadurch kommen innerer und äußerer Leistenring annähernd übereinander zu liegen. Das bedingt eine deutliche Verkürzung der Leistenkanäle mit dementsprechender Tendenz zur indirekten Her nienbildung. Der Penis des ekstrophen Knaben ist kürzer und breiter, liegt zwischen den Ossa pubes eingesunken
und dorsal flektiert. Das ist nicht nur durch das V-fönni ge Auseinanderweichen der Corpora cavernosa bedingt, sondern diese haben im Vergleich zur altersentsprechen den Normalbevölkerung auch eine verkürzte Länge. Die Urethralrinne ist dorsal offen und ebenfalls verkürzt. Mädchen weisen eine Hemiklitoris aufjeder Seite auf; die Vaginalöffnung findet sich direkt unterhalb der gespalte nen Urethra. H äufig finden sich Duplikaturen. Pränatal kann das Fehlen einer gefüllten Harnblase H inweise auf das Vorliegen einer Blasenekstrophie lie fern. Postnatal genügt zunächst die Ultraschalluntersu chung der Nieren, ggf. kann eine Nierenfunktionsszinti graphie zur präoperativen Nierenfunktionsbestimmung hilfreich sein. Die Durchführung einer Ausscheidungs uragraphie (AUG) bleibt Sonderindikationen wie zu sätzlichen Lageanomalien, H u feisennieren oder Doppel nieren vorbehalten. In der weiteren Diagnostik ist die Röntgenaufnahme des Beckens einschl. des Sakrums wichtig, um nicht eine gedeckte Dysraphie (Spina bifida occulta) zu übersehen. In diesem Fall muss dann auch noch eine Kernspinuntersuchung angeschlossen wer den.
8.1 0.3 Th e r a p i e
Prinzipiell sollte heute der Rekonstruktion vor der pri mären H arnableitung der Vorzug gegeben werden. Die Harnableitung ist erst nach fehlgeschlagener Rekonst ruktion zu erwägen. Ziel der Rekonstruktion ist der Bla senverschluss, die Schaffung einer Kontinenzzone durch eine Blasenhalsplastik ( >- Abb. 8.26) sowie die Rekon struktion des Penis mit Harnröhrenplastik, Penisschaft verlängerung und Korrektur der dorsalen Deviation. Abschließend erfolgt der Beckenringverschluss mit Adaptation der Ossa pubes sowie der Bauchdeckenver schluss. Die Rekonstruktion erfolgt etwa in der 8. bis 1 0. Lebenswoche (meist ohne Becken-Osteotomie) . je nach Zentrum kann die Rekonstruktion ein- oder mehr zeitig ( nach zunächst n ur erfolgtem Blasenverschluss) durchgeführt werden ( >- Abb. 8.27).
0 Män nlichen Säugling mit Blasenekstrophie Distal des offenen Blasenfe l des zeigt sich der epispade Penis mit relativ kur zem Schaft. Abb_ 8.25
Abb. 8.26
Schemazeichnung der Blasenhalsplastik.
8.1 1
Als sekundäre kontinente harnableitende Verfahren kommen zwei unterschiedliche Methoden infrage: Die Schaffung eines Pouches (z.B. ileozökal MAINZ-I) mit Reimplantation beider Harnleiter und Anlage eines kon tinenten katheterisierbaren Stomas (z.B. Appendikosto ma nach Mitroffanoff) oder die Bildung eines Sigma-Rek tum-Pouches ohne Durchtrennung der Darmkontinuität ( MAINZ-Il) und Reimplantation beider Harnleiter. Der Urinabgang erfolgt dann per ano, ein kontinenter Sphinc ter ani ist hierbei Voraussetzung und muss dementspre chend präoperativ untersucht und dokumentiert werden. Ungleich schwieriger ist die Rekonstruktion einer Kloakenekstrophie. In diesen Fällen lässt sich eine nor male Anatomie oft nicht erreichen, da durch die man gelnde M uskulatur im Bereich des Beckenbodens schon eine Stuhlkontinenz per ano unmöglich ist. Diese Pati enten sind dann besser mit einem definitiven Kalostoma versorgt. Neben der Blasenrekonstruktion erweist sich die Rekonstruktion des äußeren Genitales gerade bei Knaben als sehr problematisch.
Das akute Skrotum
229
der Blasenekstrophie können Kontinenzraten zwischen 60 und 80% erreicht werden. Gerade für diese Rekon struktion ist die Versorgung der Kinder in spezialisier ten Zentren von enormer Bedeutung. Rezidiv-Rekonst ruktionen haben eine signifikant niedrigere Erfolgsrate! D ie Kontinenzraten nach harnableitenden Verfahren sind sicherlich höher. Hier gilt es jedoch zu bedenken, dass es sich letztlich um einen verstümmelnden Eingriff handelt. Außerdem sind Folgekomplikationen durch den Kontakt der Darmschleimhaut mit Urin mit Störun gen des Elektrolyt- und Säure-Basen -Haushalts bis hin zum n icht unerheblichen Risiko einer Malignoment wicklung i m Langzeitverlauf zu beachten. Eine ganzheitliche Langzeitbetreuung dieser Patien ten ist obligat. Themen wie Partnersuche und Sexuali tät nehmen gerade bei Heranwachsenden einen brei ten Raum ein und dürfen n icht tabuisiert werden. So ziale Kontakte auch z u Betroffenen sind hierbei sehr wichtig und hilfreich. Hervorragende Arbeit leistet die Selbsthilfegruppe Blasenekstrophie (www.blasen ekstrophie.de).
8.1 0.4 Prog n ose Ganz i m Vordergrund steht das Erreichen der Harnkon tinenz. Nach Durchführen einzeitiger Rekonstruktion
8.1 1 Das a k ute S k rotu m H inter einem akuten Skrotum mit Rötung, Schmerz und Schwellung einer oder beider Skrotalhälften verbergen sich verschiedene Differenzialdiagnosen. Als absoluter N otfall gilt hier das Vorliegen einer Hodentorsion, da nach etwa 6 Stunden ein Organerhalt nicht mehr sinn voll ist. Bis heute ist es eine Herausforderung für den behandelnden Arzt, trotz der Liste der weitaus häufige ren Ätiologien wie entzündlichen Prozessen, Hydatiden torsionen oder idiopathischen Prozessen diese Notfälle zeitgerecht operativ zu behandeln, ohne zu viele explo rative Hodenfreilegungen vornehmen zu müssen.
8.1 1 . 1 D ef i n it i on , Ät i o l og i e u n d l n z idenz
Abb. 8.27 Blasenekstrophie nach erfolgter primärer Korrektur mit
Blasenhalsplastik, Beckenringadaptation und Bauchdeckenverschluss. Genitalkorrektur ( Glansschluss bei Epispadie) noch ausstehend.
Das akute Skrotum beschreibt ein Krankheitsbild mit den Symptomen Rötung, Schmerz und Schwellung einer oder beider Skrotalhälften ( > Abb. 8.28) . Unterschiedliche Differenzialdiagnosen können ein akutes Skrotum verursachen ( > Tab. 8.5). ln keinem Fall darf eine Hodentorsion dabei übersehen werden, da diese Ä tiologie unmittelbar chirurgischer Behandlung bedarf, um den betroffenen Hoden erhalten zu können. Dabei stellt mit einer lnzidenz zwischen 10 und 30% die
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230
8 K i n derurologie
Hodentorsion nicht die häufigste Ä tiologie dar. Am häu figsten wird ein akutes Skrotum durch entzündliche Prozesse wie die Epididymitis, gefolgt von der Hydati dentorsion im Kindesalter, verursacht.
8. 1 1 . 2 K l i n i k Die Klinik ist geprägt von der akuten Schmerzsympto matik. Nicht selten, vor allem bei Vorliegen einer Ho dentorsion, kommt es zum Erbrechen. Im weiteren Ver lauf kommen zunehmende Schwellung und Rötung des gesamten Skrotums hinzu. Die Klinik kann jedoch in hohem Maße variieren! So können entzündliche Prozes se durchaus klinisch stärker imponieren als eine Hoden torsion.
8 . 1 1 . 3 D i a g n osti k Ein akutes Skrotum ist immer als Notfall anzusehen. Die Diagnostik muss unverzüglich eingeleitet werden. H ierbei stehen neben der Erhebung der Anamnese die klinische Untersuchung und die apparative Untersu chung mittels Dopplersonographie (seltener Hoden szintigraphie) zur Verfügung. Derzeit spielt das M RT in
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Ät iologie
Therapie
Hodento rsion
i dio path isch
operativ i nnerhalb von 6 h
Hydatidentorsion
idiopat hisc h
operativ, bei blander Klinik konservativ
Epididymitis
bakteriell aszendie- konservativ antibiorend, tisch, in Ausnahm en idiopat hisc h operativ lokal antiphlogistisch
Orchitis
viral
konservativ
leistenhern ie
bei Inkarzeration
Reposition, elektive Her niotomie
Hydrozele, H äm a t ozele
ak ute Ei nbl utu ng
konservativ
Spermatozele
idiopathisch
konservativ (operativ z.B. bei Ruptur)
Ins ektenstich , -biss
konservativ
Idiopathisches Skrotalödem
Anamnese Die Anamnese kann Hinweise auf die verschiedenen Differenzialdiagnosen liefern. D ie Ho dentorsion hat zwei typische Altersgipfel: in der Neu geborenenperiode und peripubertär. Die Hodentorsion ereignet sich häufig in den frühen Morgenstunden mit akut einsetzender Symptomatik. Typischerweise s tei gert sich dabei der Schmerz im weiteren Verlauf; n icht selten kommt es zum Erbrechen. Ein schleichender, subakuter Beginn über mehrere Tage spricht hingegen eher für ein entzündliches Geschehen; auch werden hier oft intermittierende Schmerzen angegeben. Aller dings ist eine intermittierende Hodentorsion mit spon taner Detorsion bekannt und in die Differenzialdiagno se einzubeziehen! Klinische Untersuchung An erster Stelle steht die Be urteilung der Hodenlage (Brunnel'sches Zeichen) : Bei einer Hodentorsion ist der Hoden hochskrotal, oft quer stehend zu tasten. Der Kremasterreflex ist typischerwei se aufgehoben. Eine orthotope Lage mit intaktem Kre masterreflex spricht eher gegen eine Hodentorsion, al lerdings sind die Untersuchungsbedingungen oft bei hoher Schmerzhaftigkeit und fortgeschrittener Schwel lung eingeschränkt. Ebenso eingeschränkt beurteilbar ist das sog. Prehn'sche Zeichen: Hierbei werden die Schmerzen im Falle einer Epididymitis bei Anheben des
ggf. elektiv operativ
Traurna
T u mo r
der Diagnostik des akuten Skrotums keine Rolle, da die Untersuchung sehr aufwändig ist und hinsichtlich der Perfusion keine weiteren Informationen gewonnen wer den können. I m Zweifel muss der Hoden freigelegt wer den. Bis heute stellt das Stellen der richtigen Differenzi aldiagnose eine Herausforderung für den behandelnden Arzt dar.
elektiv operativ idiopathisch
konservativ Abb. 8 . 2 8 Akutes Skrotum.
8.1 1 Das a kute Skrotu m
231
Hodens gelindert, bei einer Torsion bleiben sie unverän dert bestehen. Auch sollten der Hoden und der Neben hoden direkt auf Konsistenz und Druckschmerzhaftig keit hin palpiert werden. Bei hochgradigem Verdacht auf Vorliegen einer Hodentorsion kann eine manuelle Detorsion (meist nach lateral!) insb. bei älteren Patien ten versucht werden. Auch bei Erfolg mit akuter Schmerzlinderung ist die anschließende operative Frei legung obligat. Sonographie Die Sonographie steht im Rahmen der apparativen Untersuchungen des akuten Skrotums an erster Stelle. Moderne Technik mit gepulstem Doppler Modus, ein Linearschallkopf mit entsprechend hoher A u flösung sowie große E rfahrung seitens des U n tersu chers sind hierbei Voraussetzung. Im B-Mode lassen sich der Hoden und Nebenhoden bzgl. Größe und Echo textur gut untersuchen; oft kann eine stielgedrehte Hy datide dargestellt werden. In der Duplexsonographie wird dabei die Perfusion im Hodenparenchym beur teilt. Mit einer Sensitivität von etwa 92% und einer Spe zifität von ca. 98% kann eine Hodentorsion als ischämi sche Ursache des akuten Skrotums diagnostiziert bzw. ausgeschlossen werden ( > Abb . 8.29). Es muss explizit darauf h ingewiesen werden, dass das Ergebnis der Ult raschalluntersuchung für die E ntscheidung, weiter kon servativ oder operativ vorzugehen, nicht alleine aus schlaggebend sein darf. Im Zweifel muss die Hodenfrei legung d u rchgeführt werden. Szintigraphie Die Hodenszintigraphie ist h insichtlich der Aussagekraft über die Perfusionssituation der Ho den prinzipiell sicher als der Sonographie gleichwertig anzusehen. Aufgrund der höheren Invasivität, des grö ßeren apparativen Aufwands und einer schlechteren Verfügbarkeil hat diese Untersuchungsmethode heute weitgehend an Bedeutung verloren. Blutbild/Urin Bei entzündlicher Ätiologie kann das Blutbild entsprechend verändert sein. M eist ist es aber unspezifisch. Eine Epididymiti i t oft mit einer Harn wegsinfektion vergesellschaftet. Eine U rinkultur sollte vor Therapiebeginn gewonnen werden. Weiterführende Diagnostik Bei rezidivierenden Epi didymitiden sollte zum Ausschluss einer Harnröhren pathologie eine Röntgen-M iktionszystourethrographie ( M CU) durchgeführt werden. Auch e.ine Zystom ano metrie (CM M ) kann in Fällen neurogener oder nicht neurogener Blasenentleerungsstöru ng wertvolle H in weise li efern.
Abb. 8.29 Dopplersonographischer Befu nd bei einer E pididymitis mit reaktiver Hyperperfusion (oben) u nd bei einer Hodentorsion mit aufgehobener Perfusion (unten). Beachte die mögliche Restperfusi on der Hodenhülle (oberer ßildrand).
8.1 1 .4 Therapie Die Therapie richtet sich nach der Ä tiologie ( > Tab. 8.5). Oberstes Gebot ist es, eine Hodentorsion nicht zu über sehen und verzögert freizulegen. Eine vorliegende Ho dentorsion muss in einem Zeitfenster von 6 Stunden de torquiert werden, um eine Ablatio zu vermeiden ( > Abb. 8.30). Der Zugang sollte von der Leiste aus er folgen . So kann eine begleitende Leistenhernie oder ein offener Processus vaginalis mitversorgt werden. Die Be urteilung des Funiculus spermaticus und ggf. seiner Er holung geli ngen über diesen Zugangsweg ebenfalls we sentlich besser. Anschließend wird intraoperativ die Er holung des Hodens beurteilt. Bei sichtbarer Erholung erfolgt die Orchidopexie, bei bereits stattgefundener Ne krose die Ablatio. Die Entscheidung h ierzu ist oft nicht einfach. Gegen einen zu großzügig indizierten Erhal tungsversuch sprechen die Gefahr der Abszedierung und die Möglichkeit der sog. sympathischen Orchidopathie (Schädigung der Gegenseite durch Autoantikörper auf humoralem Weg). Für den Erhalt auch teilgeschädigte r Hoden spricht die Tatsache, dass d ie Leydig'schen Zwi schen zellen wesentlich robuster sind und eine Hormon produktion später noch erwartet werden kann . Bei einer
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232
8 Kinderurologie
Hodentorsion muss auch die Gegenseite pexiert werden, bei starker entzündlicher Reaktion des Skrotums spätes tens im Intervall von etwa 4 Wochen. Bei geringsten Zweifeln an der D iagnose (Ausschluss Hodentorsion) ist die Hodenfreilegung anzustreben. Dennoch darf an dieser Stelle der unkritischen Operation nicht das Wort geredet werden. Bei dementsprechender Erfahrung, Untersuchung und apparativer Diagnostik müssen etwa 30% aller Fälle eines akuten Skrotums ope riert werden. Entsprechend können prinzipiell die meis ten Fälle eines akuten Skrotums konservativ behandelt werden ( > Tab. 8.5). Hierbei kommen lokale Maßnah men wie Umschläge und Hodenbänkchen, ggf. Antibioti ka und nichtsteroidale Antiphlogistika zum Einsatz. Die Epididymitis spricht i n aller Regel gut auf intravenöse Antibiotikatherapie an, bei abakteriellen Fällen auch auf symptomatische Therapie. Dabei kann es aber durchaus sinnvoll sein, auch eine Epididymitis bei drohender Abs zessbildung freizulegen und zu spülen. Der Krankheits verlauf wird günstig beeinflusst und abgekürzt. Gleiches gilt prinzipiell für die Hydatidentorsion: Bei entsprechen der Klinik sollte nicht konservativ vorgegangen, sondern die stielgedrehte Hydatide abgetragen werden. Die Kin der sind dann tags darauf oftmals wieder beschwerdefrei.
8.1 1 .5 Prognose
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Bei einer Hodentorsion sind histologische Veränderun gen bereits nach etwa 2 Stunden Ischämiezeit nachzuwei sen. In der Folge ist eine Atrophie zu beobachten. Die Spermiogenese ist dabei als erste betroffen, die Hormon produktion bleibt länger erhalten. Nach 6 Stunden
Ischämiezeit erscheint ein Organerhalt nicht mehr sinn voll. Ernst zu nehmen ist die Epididymitis hinsichtlich der Ausbildung späterer Sterilität. Bei rezidivierenden Ent zündungsprozessen muss mit einer Vernarbung des Ne benhodens und des Ductus deferens gerechnet werden.
8.1 2 Va ri koze l e 8.1 2.1 Defi n ition, Ät i o l o g i e u n d lnzidenz Der venöse Blutabstrom der Hoden erfolgt über d i e Ve nae testiculares, der der Nebenhoden über die Vv. duc tus deferentes und der der Hodenhüllen über die Vv. cremastericae. Untereinander bestehen zahlreiche Ana stomosen. Dieses Venengeflecht wird als Plexus pampi niformis bezeichnet. Dilatierte und varizenartige Verän derungen des Plexus pampiniformis werden als Variko zele ( Krampfaderbruch) bezeichnet. Etwa 1 5% aller männlichen Adoleszenten weisen eine Varikozele auf. Selten wird eine Varikozele vor der Pu bertät klinisch evident. Wenn vorhanden, ist eine sponta ne Regression sehr unwahrscheinlich. Etwa 90% der Va rikozelen betreffen die linke Seite, etwa 2% sind bilateral. Retrograder venöser Blutfluss in der V. testicularis bedingt die Varikozele. H ierbei spielt möglicherweise die unterschiedliche Anatomie zwischen rechter und linker V. testicularis eine Rolle und kann die Prädomi nanz der linken Seite erklären: Während die rechte V. testicularis spitzwinklig direkt in die V. cava inf. ein mündet, mündet die l inke V. testicularis eher recht winklig in die linke V. renalis. Außerdem liegt die Mün dungsstelle der linken V. testicularis verglichen m i t de r Gegenseite etwa 8- 1 0 cm weiter kranial. Möglicherweise w i rd so der venöse Ab trom behindert bzw. ein retro grader Blutfluss durch den höheren abdominellen Ge samtdruck auf die längere li nke venöse Abstrombahn begünstigt. Zudem werden fehlende oder i n kompe t e n te Venenklappen wie auch venovenöse Kollateralen ätiolo gisch diskutiert.
Sekundäre Varikozelen entstehen durch lokale, meist retroperitoneale Raumforderungen, die im Rahmen der D iagnostik in j edem Fall ausgeschlossen werden müssen.
8.1 2.2 K l i n i k Abb. 8.30 Intraoperativer Befund bei Hodentorsion.
Eine klinische
M a n i fes tation
ist abhiingig vom Ausprä Vari kozelen sind
gungsgrad der Varikozele. D i e meisten
8 . 1 2 Varikozele
niedergradig und damit klinisch asymptomatisch. Die Varikozele wird nach der WHO in verschiedene Grade eingeteilt ( > Tab. 8.6). l n wenigen Fällen geben die Pa tienten ein unspezifisches Ziehen bis zu Schmerzen in der Leiste oder ein Schweregefühl im Skrotum an. Oft wird dies auch im Zusammenhang mit sportlicher Akti vität berichtet.
8 . 1 2.3 D i a g n osti k Die klinische Untersuchung sollte i n l iegender und ste hender Position erfolgen. Hierbei tasten sich die schmerzfreien und zusammendrückbaren Venenkonvo lute im Verlauf des Funiculus, die an einen "Beutel mit Würmern" erinnern. Entscheidend ist die Beurteilung der Hodengröße und Konsistenz. Neben der Palpation u nd der Messung mit dem Orchidometer kommt hier der Sonographie große Bedeutung zu. Neben der exak ten Bestimmung des Hodenvolumens hat unbedingt die Sonographie der Nieren zu erfolgen. Ein Nierentumor kann den venösen Abstrom der V. testicularis behindern und eine sekundäre Varikozele hervorrufen!
8. 1 2.4 Pathophys i o lo g i e l m Vordergrund steht eine mögliche Schädigung des H odens. Morphologisch wird in bis zu 80% der Fälle ei ne Hypotrophie der betroffenen Seite beobachtet, die sich in gewissem Maß nach operativer Korrektur erho len kann. H istologische U ntersuchungen zeigen tubulä re Alterationen wie • reduzierte Anzahl an Spermatogonien, • erhöhte Aktivität der reactive oxygen species (ROS, mutagen wirkende oder Apoptose induzierende Sau erstoffradikale), • Spermatogenesearrest, Tab . 8.6 Varikozele: WHO.
Eintei lung der Schweregrade gemäß
Varikozelengrad nach WHO
lnspektorisch und palpatorisch kein Nach weis einer Varikozele; aber positiver dopp lersonegraphischer Refluxnachweis Unter Valsalvamanöver tast-, aber nicht sichtbares Venenkonvolut Unter Ruhebedingungen tast-, aber nicht sichtbares Venenkonvolut Bereits unter Ruhebedingungen leicht tast- und sichtba res Venenkonvolut
233
•
eingeschränkte Funktion der Sertoli-Zellen, Störungen der Lamina propria der Tubuluszellen. Der Zusammenhang dieser nachweisbaren Veränderun gen mit der Varikozele ist derzeit n icht klar. D iskutiert werden mehrere Ursachen wie der Reflux adrenaler Me taboliten, Hypoxie oder auch die resultierende thermi sche Schädigung. Die kontralaterale Seite kann h ierbei mitbetroffen sein. Als Zeichen einer eingeschränkten Leydig-Zellfunktion findet sich bei Patienten mit Vari kozele eine mit dem Alter fortschreitende Erniedrigung der Testosteronkonzentration im peripheren Blut. •
8.1 2.5 Thera p i e Insgesamt sind Varikozelen der häufigste Grund für eine reversible männliche Infertilität, dennoch sind 80% der Varikozelenträger fertil. Zudem besteht keine Korrelati on zwischen H odengröße und Fertilität. Daher sollte die Indikation zur operativen Korrektur sehr zurückl1altend gestellt werden. Ob die spätere Fertilität durch die ope rative Korrektur positiv beeinflusst wird, ist nicht sicher. Da andrelogische Untersuchungen wie Samenanalyse im kindlichen Krankengut n icht eingesetzt werden kön nen, stützt sich die Indikationsstellung auf wenige Para meter, die eine Operation rechtfertigen: • klinische Symptomatik wie Schmerzen, Ziehen in der Leiste oder z.B. Behinderung sportlicher Aktivität durch das Skrotalvolumen • Hodenatrophie der betroffenen Seite mit Volumen verlust von mehr als 20% oder 2 ml gegenüber der Gegenseite • ggf. nach der Pubertät reduzierte Ansprechbarkeit auf das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) Operationstechnisch unterscheidet man zwischen: • offen chi rurgischen Verfahren • Iaparoskopischen Verfahren • retrograder Embolisierung bzw. Sklerosierung • antegrader Sklerosierung Allen Techniken gemein ist eine Unterbrechung des re trograden Flusses der V. testicularis mit oder ohne Scho nung der A. testicularis bzw. der begleitenden Lymphge fäße. Eine postoperative Hydrozele kann am ehesten durch Schonung der Lymphgefäße vermieden werden. Deshalb sollten (offen oder laparoskopisch) retroperito neal die A. testicularis und die V. testicularis durch trennt werden ( O P nach Palomo) unter möglicher Scho nung der Lymphgefuße, die durch vorherige Farbstoffin jektion ( I % lsosulfan Blau) unter die Tunica dartos der betroffenen Skrotalseite sichtbar gemacht werden kön nen. Eine alternat ive M ethode - bei allerdings etwas hö herer Kom pl ikat ionsrate - stellt die ret rograde oder an-
I
234
8 Kinderurologie
terograde Embolisierung der V. testicularis (nach Tau ber) dar.
8.1 2.6 P ro g nose
I
Hochgradige Varikozelen wirken sich wahrscheinlich negativ auf die Spermiogenese aus. Die Pathogenese ist hierbei unklar. Einflussfaktoren wie Hyperthermie, Hypoxie, aber auch Hyperperfusion des betroffenen Ho dens und Reflux adrenerger Metaboliten werden derzeit diskutiert. Bei hochgradigen Varikozelen kann ein Volu menverlust des betroffenen H odens im Vergleich zur Gegenseite beobachtet werden. Bei einem Volumenun terschied von mindestens 10% ist das Spermiogramm signifikant häufiger pathologisch. Häufig sind aber auch diese Patienten klinisch beschwerdefrei; ferner spiegeln diese Beobachtungen keine verminderten Vaterschaften wider. Derzeit ist nicht klar, ob durch eine frühzeitigere operative Korrektur auch asymptomatischer Patienten diesen ein therapeutischer Nutzen hinsichtlich der Sper miogenese zukommt. Als Hauptkomplikation der offenen oder Iaparoskopi schen Gefäßunterbindung muss die Ausbildung einer Rezidivvarikozele (4-37%), einer Hydrozele (3-33%) oder gar einer Hodenatrophie/-nekrose (< 1 %) angege ben werden. Prinzipiell ist die Gefahr eines Rezidivs eher dann gegeben, wenn die A. testicularis geschont wird. Hauptkomplikationen der Embolisierung sind das Rezidiv (bis zu 25%) und die Entwicklung einer Hydro zele (bis zu 9%), selten eine Hodenatrophie.
8. 1 3 E n u resis u n d H a r n i n konti n e n z i m K i n desa lte r Zur effektiven Behandlung des Symptoms "Einnässen" muss die Enuresis von der Harninkontinenz unterschie den werden. Während es sich bei der Enuresis um eine normale Blasenentleerung am falschen Platz zur fal schen Zeit handelt, bezeichnet die Harninkontinenz jede Form des ungewollten Harnabgangs als Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung, sei sie struktureller, neurogener, psychogener oder auch funktioneller Art. Die U nterscheidung gelingt meist schon durch eine strukturierte Anamnese sowie ein sauber geführtes Mik tionsprotokoll. Bei vorliegender Harninkontinenz müs sen ggf. weitere diagnostische Schritte von der Zystoma nometrie bis ggf. zur Urethrazystoskopie durchgeführt werden. D ie Therapie der Enuresis (apparativ und/oder
medikamentös) ist auf die Dauer zu annähernd 1 00% erfolgreich. Die Therapie der Harninkontinenz richtet sich nach der zugrunde liegenden Störung. Zunehmend werden insb. bei funktioneller Harninkontinenz durch die Uretherapie ( > Abschn. 8. 1 3.4) hervorragende Er folge erzielt. Hierbei handelt es sich um eine ganzheitli che Verhaltenstherapie, bei der das Kind die Blasen funktion mit Speicher- und Entleerungsfunktion verste hen lernen soll. Dabei wird auch die Körperperzeption gefördert. So lernt das Kind z.ß., wie es sich anfühlt, be wusst den Beckenboden zu entspannen, um eine koordi nierte M iktion einzuleiten. Schulalter und damit ein ge wisses Verständnis ist bei dieser Therapieform Voraus setzung.
8.1 3.1 Ät i o l o g i e u n d Path oge nese Die Enuresis ist definiert als Einnässen im Schlaf an mindestens zwei Nächten pro Monat nach dem 5. Le bensjahr. Ab diesem Alter wird normalerweise die Bla senkontrolle erreicht. Die Enuresis wird in eine primäre und eine sekundäre Form unterteilt. Während es sich bei der primären Form um das Einnässen von Geburt an oh ne längere Trockenphasen handelt, beschreibt die sekun däre Form das wieder aufgetretene Einnässen nach einer bereits stattgehabten Trockenphase von 3-6 Monaten. D ifferenzialdiagnostisch steht demgegenüber die Harninkontinenz, die jede Form des ungewollten Harn abgangs bezeichnet, der nicht durch eine normale willent liehe Blasenentleerung zustande kommt. Dabei ist das Einnässen ein Symptom einer zugrunde liegenden Er krankung, sei sie struktureller, neurogener, psychogener oder auch funktioneller Art ( > Tab. 8.7, > Abb. 8.3 1 ). Seit 2006 wird der Versuch unternommen, die Termi nologie zu standardisieren. Unglücklicherweise wurde hierbei "Enuresis" wieder unter incontinence als besonTab. 8. 7 Harninkontinenz u nd Enuresis. Enuresis
Harninkontinenz
Normale, weitgehend vo l lst änd ige Blasen
Jede Form des unge
entleerung am fal
schen Platz zur fal
schen Zeit
wollten Harnab gangs, der nicht durch eine normale Blasenentleerung zustande kommt
En uresis nocturna, un Enuresis noct u rna et komplizierte Enuresis, diurna, komplizierte monosymptomatische Enuresis, Enuresis mit Enuresis, immature Tagessym ptom at i k Enuresis, enuretisches sy m ptom a ti sche Syndrom Enuresis ,
8. 1 3 Enuresis und Harninkontinenz im Kindesalter
Urinverlust
/ I
kontinuierlich
j intermittierend I / "" Nächtliche Inkontinenz, Enuresis am Tag 1
_ Ink o n tin en z • �---------
� --� ---�
Abb. 8.31 l nkontinenzeinteilung. Tab.
8.8
Normales Trockenwerden.
aber noch nicht vollständig gehemmt werden können.
Alter
Buben (%)
M äd chen (%)
2
7
9
3
16
22
4
77
86
5
86
89
6
90
94
dere Form subsumiert, was allerdings auf den unter schiedlichen Gebrauch in den verschiedenen Sp rach e n zurückzuführen ist: Incontinence bedeutet im Engli schen nichts anderes als Urinverlust So und nicht als Inkontinenz im obigen Sinne verstanden ist die Standar disierung der Terminologie sehr wertvoll. Im Alter zwischen 5 und 6 Jahren sind etwa 90% aller Kinder zuverlässig trocken. Mit einer Rückfallquote von ca. 5% pro Jahr ist zu rechnen. Diese bleibt über die Jah re im Wesentlichen konstant. Eine Persistenz über das 1 8. Lebensjahr hinaus wird bei l % der Betroffenen be obachtet und dann als adulte Enuresis bezeichnet ( > Tab. 8.8).
8 . 1 3.2 D i e E ntwi c k l u n g der
B lasen kontrol le Die Miktion des Säuglings erfolgt unbewusst und ohne kortikale Kontrolle. Bei entsprechender Blasenfüllung folgt eine unwillkürliche Detrusorkontraktion im Sinne eines Reflexbogens. Dies geschieht in 24 Stunden bis zu 20-mal. Vollständige Blasenkontrolle heißt, unabhängig von der Blasenfüllung die Miktion willentlich einzulei ten oder zu v erhind ern . Dies geschieht durch kortikale Steuerung sowie durch komplexe I n terakt i o ne n zwi schen den glatten Muskelzellen der Blase und Motoneu ronen im pontinen Miktionszentrum des Stammhirns. Die vollständige Blasenkontrolle wird etwa im Alter von 5 Jahren erreic ht . Dazwischen liegt ab dem 2. Lebens jahr die Phase, in der die Blasenfüllung bewusst wahrge nommen wird, unwillkürliche Detrusorkontraktionen
Kompensatorisch wird dann der willkürliche Sphincter externus vesicae angespannt, um den Harnabgang zu verhindern. Enuresis ist die Folge verzögerter Reifung dieser Blasenkontrolle. Besonders nachts kommt es noch zu vollständig unkontrollierter Blasenentleerung durch eine nicht gehemmte Detrusorkontraktion. Tief schlaf und damit verminderte Vigilanz, kleine Blasenka pazität oder übermäßige bzw. nicht gedrosselte nächtli che Urinproduktion durch mangelnde ADH-Ausschüt tung mögen einen verstärkenden Einfluss haben. Als ursächlich für die Enuresis können sie nach heutiger Er kenntnis jedoch nicht angesehen werden. Enuresis tritt familiär gehäuft auf. Handelt es sich bei beiden Eltern teilen um ehemalige Enuretiker, so sind es in 77% der Fälle auch die Kinder, bei einem betroffenen Elternteil immerhin noch 44%. Dabei handelt es sich um einen autosomal-dominanten Erbgang mit einer Penetranz von über 90%. Verschiedene Genorte sind derzeit be kannt (sog. ENUR-Gene). Da die H arninkontinenz definitionsgemäß ein Symp tom einer zugrunde l iegenden Erkrankung strukturel ler, neurogener, psychogener oder funktioneller Art ist, ist die Ä tiologie nicht einheitlich. Neben der normalen Blasenfunktion und -kontrolle bedarf es zweier mor phologischer Grundvoraussetzungen zur Kontinenz: eines Speicherorgans mit entsprechender Kapazität so wie eines Auslasswiderstands, der über dem Speicher druck liegt. Bei psychogener Harninkontinenz findet sich zu nächst keine eigentliche Blasenfunktionsstörung. Sie re sultiert vielmehr aus sog. miktionellem Fehlverhalten. H ierbei wird der Harndrang nicht registriert oder die Miktion trotz Harndrang hinausgezögert. Die Gründe hierfür s i nd psychis c h e r Natur; so wollen die Kinder z.B. ihr Spiel nicht unterbrechen oder meiden den Toiletten gang abseits des gewohnten häuslichen Milieus. Sekun däre Blasenfunktionsstörungen mit Restharnbildung können die Folgen sein. Neben der Enkopresis finden sich bei diesen Kindern überzufällig häufig auch andere Verhaltensauffälligkeiten.
235
236
I
8 Kinderurologie
FunktioneUe Harninkontinenz resultiert aus einer pathologischen Speicherphase bei Detrusorinstabilität und/oder aus einer pathologischen Entleerungsphase bei Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination. Unter Detru sorinstabilität versteht man die vorzeitige Detrusorkon traktion bei schon geringer Blasenfüllung. Sie kann idio pathisch oder auch sekundäre Folge eines erhöhten Bla senauslasswiderstands (subvesikale Obstruktion) sein. Die Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination ist charakteri siert durch die mangelhafte Entspannung des Beckenbo dens und des Sphincter externus während der Miktion. Eine neurogene Komponente liegt hier im Unterschied zur Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie der neurogenen Blasenentleerungsstörung nicht vor. Da sie funktionell als subvesikale Obstruktion wirkt, treten Detrusor Sphinkter-Dyskoordination und Detrusorinstabilität bei funktioneller Harninkontinenz häufig gemeinsam auf. Bei psychogener wie funktioneller Harninkontinenz er gibt die Diagnostik im Unterschied zur echten neuroge nen Blase meist normale anatomische und morphologi sche Verhältnisse. Unter strukturell bedingter Harninkontinenz sind all die Fehlbildungen des Harntrakts gemeint, die eine Speicherung des Urins nicht zulassen. Im Bereich des oberen H arntrakts wäre z.B. die extrasphinktäre ektope Harnleitermündung zu nennen, wodurch kontinuierli cher Urinverlust zustande kommt. Dies ist auch unter dem heute veralteten Krankheitsbegriff Enuresis urete rica bekannt geworden. Im Bereich des unteren Harn trakts sind vor allem Fehlbildungen des Epispadie-Eks trophie-Komplexes zu nennen.
8.1 3.3 K l i n ische Symptomat i k u n d D i a g n osti k Mit genauer Anamnese sowie einem Mikti onsprotokoU kann die Enuresis von der Harninkontinenz abgegrenzt und diagnostiziert werden. Ein Blasentagebuch (Miktions protokoll) sollte an mindestens zwei aufeinanderfolgenden Tagen zuverlässig ausgefüllt werden ( > Abb. 8.32). Typisch für die Enuresis ist: • Regelmäßiges Einnässen nachts, bis das Bett "schwimmt". Das Kind wird davon nicht wach und ist auch sonst schwer erweckbar. • Normales M iktionsverhalten tagsüber wie auch nor male Stuhlgewohnheiten, nach denen immer gefra gt werden sollte. Tagessymptomatik legt immer den Verdacht auf Vorliegen einer Ha rn inkontinen z nahe. • Keine H arnwegsinfektionen. Harn a n alyse und Ultraschalluntersuchung sollten als nicht invasive Methoden immer durchgeführt werden.
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8.32 MiktionsprotokoiL
Besteht anamnestisch der Verdacht auf das Vorliegen einer Harninkontinenz (z.B. mit Tagessymptomatik im Miktionsprotokoll oder H arnwegsinfekten), schließt sich oben beschriebener Basisdiagnostik (Anamnese, klinische Untersuchung, Sonographie, H arnanalyse) ei ne weiterführende Stufendiagnostik an, da sich die Harninkontinenz nur in Kenntnis der Ursache effektiv behandeln lässt. Diese beinhaltet dann die Zystomano metrie mit Uroflow und Beckenboden-EMG, ggf. urora diologische und Szintigraphische Diagnostik und eine U rethro zys t oskopie .
8.1 3.4 Therapie Alarmsysteme (sog. Konditionierungsbehandlung), also Klingelmatratzen oder Klingelhosen, besitzen in der Therapie der Enuresis nach wie vor einen hohen Stellen wert. Die T herapie ist jedoch nicht ohne Belastung für die ganze FamiJ ie. Bei richtiger und konseq u enter An wend u ng können in nerhalb von 8 Wochen Erfolgsquo ten von bis zu 85% erzielt werden. Die Rüc kfallquote liegt bei etwa 20%; es kann dann aber ein nächster Be handlungszyklus angeschlossen werden. Demgegenüber steht die medikamentöse 111e rapie zur Drosselung der nächtlichen Urinp rod u ktion. Die e n t e ra-
8.1 4 Erkranku ngen des äu ßeren weibl ichen Gen itales
le Gabe von Desmopressin ist für das Kind wenig belas tend. Desmopressin ist ein synthetisches Analogon des h umanen Vasopressins und wirkt selektiv als V2-Rezep toragonist. V2-Rezeptoren finden sich vorwiegend in den Sammelrohren und der Henle'schen Schleife. Desmo pressin führt so zur vermehrten Wasserrückresorption und zur Konzentrierung des Harns. Nach abendlicher Einnahme müssen Trinkexzesse unbedingt vermieden werden, da es sonst zur lebensbedrohlichen Wasserinto xjkation kommen kann. Unter konsequenter Behand lung und richtiger Dosierung werden innerhalb von 6 Monaten 70-80% der Kinder trocken ( >- Tab. 8.9). Die medikamentöse TI1erapie der Enuresis mit trizyk lischen Antidepressiva kann heute nicht mehr empfoh len werden. Die lherapie der kindlichen Harninkontinenz dage gen richtet sich streng nach der diagnostizierten Erkran kung, die das Symptom des Einnässens verursacht, und tun fasst die Urotherapie, die medikamentöse anticho linerge TI1erapie, den sauberen intermittierenden Ein malkatheterismus (CIC) und schließlich die verschiede nen Formen der operativen Rekonstruktion. Die Urotherapie bezeichnet eine Verhaltenstherapie, die ambulant und teilstationär in mehreren Sitzungen einzeln und in Gruppen, teilweise auch zusammen mit den Eltern, durchgeführt wird. Ziele sind hierbei ein besseres Verständnis des eigenen Körpers im Allgemei nen und der Blasenfunktion im Besonderen. Als Vor aussetzung müssen die Kinder eine entsprechende Mo tivation und mindestens Schulreife mitbringen. Unter stützt werden kann die U rotherapie mit Biofeedback Methoden zur besseren Entspannung des Beckenbodens ( >- Abschn. 8.7.4). Anticholinergika wie Oxybutinin und Propiverinhyd rochlorid sind bei der primären Enuresis nicht wirksam. Ihr Stellenwert liegt in der Therapie von Patienten mit Einnässen und gleichzeitig bestehender Blasenfunkti onsstörung. Insbesondere Patienten mit einer kleinen Blasenkapazität und/oder Blaseninstabilität ( Detrusor hyperreflexie) profitieren von der 111erapie. Die Dosie rung für Oxybutinin beträgt 0,3 mg/kg KG/Tag in 2-3 ED ( ma xi m a l 3 x 5 mg) und für Propiverinhydrochlorid 0,4 mg/kg KG ein- bis zweimal täglich. Tab.
8.9
Therapie de r E n u resis .
� Medikament Desmopressin, DDAVP
Dosierung
z.B. Minirin® 0,2 mg 1 Tabl. abends, bei Nichtansprechen Tabletten kann die Dosis verdoppelt werden (entspr. 0,2-0.4 mg)
8.1 3.5 Prog n ose Die Prognose einer Enuresis (insb. der primären Form) ist sehr gut, bei Mädchen noch etwas besser als bei Kna ben. Nur etwa 1 % bleiben Enuretiker. Die Prognose der Harninkontinenz richtet sich nach der zugrunde liegenden Erkrankung. Funktionell be dingte Harninkontinenz kann in bis zu 80% der Fälle erfolgreich behandelt werden. Mit den heute zur Verfü gung stehenden Möglichkeiten medikamentöser und operativer TI1erapie kann bei den meisten Patienten der Gruppe strukturell (fehlbildungs- oder neurogen) be dingter Harninkontinenz teilweise durch zusätzlichen intermittierenden Einmalkatheterismus ( CIC) zumin dest eine soziale Kontinenz erreicht werden.
8. 1 4 E rkra n ku n g e n des ä u ßeren wei b l ichen G e n ita les Zu den häufigsten Erkrankungen des weiblichen Geni tales im Kindesalter zählen die Hymenalatresie, die La biensynechie sowie die Vulvovaginitis. Während die Labiensynechie wie die Vulvavaginitis im Wesentlichen konservativ behandelt werden, bedarf die Hymenal atresie zur Vermeidung eines Hydrometrokolpos der Inzision.
8.1 4.1 Hymen a l atres i e Die Hymenalatresie ist die häufigste Atresie des weibli chen Genitaltrakts. Das Hymen perforiert nonnalerwei se spontan von zentral. Aus nicht geklärter Ursache bleibt diese spontane Perforation präpartal gelegentlich aus und bildet so ein Abflusshindernis. Wird die Atresie nicht bereits im Neugeborenenalter erkannt, fallt sie spätestens mit einsetzender Menstruation auf. Der ent stehende Hämatokolpos verursacht krampfartige Unter bauchbeschwerden; oft ist dann ein Unterbauchtumor (gestauter Uterus) tastbar. Therapeutisch erfolgt daher bei Diagnosestellung die I nzision in Analgosedierung, ggf. mit Übernähung der Wundränder, um ein erneutes Verkleben zu vermeiden. Differenzialdiagnostisch kom men periurethrale Zysten in Betracht, die ebenfalls als entsprechende Vorwölbung imponieren können. Dann ist daneben allerdings ein offenes Vaginallumen son dierbar.
237
238
8
Ki nderurol ogie
8.1 4.2 La b i e nsynech i e
Hiervon abzugrenzen ist die Labiensynechie, eine Ver klebung der Labia minora. Sie geht von der hinteren Kommissur aus und reicht unterschiedlich weit nach ventral, bis teilweise nur noch ein kleines Restlumen ver bleibt, über das die Miktion erfolgt. Ursächlich werden stattgehabte Entzündungen oder kleine Verletzungen diskutiert, die zur sekundären Verklebung führen. Meist sind die Mädchen beschwerdefrei und die Diagnose er folgt zufällig. Gelegentlich kann es aber bei Urinan sammlung zu entzündlichen Veränderungen kommen. Eine therapeutische Intervention ist nur bei klinischer Symptomatik gerechtfertigt, da sich die Verklebungen zum Zeitpunkt der Pubertät unter zunehmendem Östro geneinfluss spontan lösen. Die lokale Applikation Östro genhaitiger Salben ist meist ausreichend. Bei h ierdurch ausbleibender Lösung oder hartnäckigen Beschwerden kann die Synechie in Lokalanästhesie (z.B. mit EMLA) mit einer Knopfsonde gelöst werden.
8.1 4.3 V u l vava g i n itis
I
Klinisch äußert sich eine Vulvavaginitis durch Jucken und Brennen, das durch heftiges Kratzen noch verstärkt wird. Ä ußerlich imponiert meist eine Rötung, gelegent lich auch vaginaler Ausfluss. Ä tiologisch begünstigend für die meist unspezifischen Entzündungen ist die Tat sache, dass der pH-Wert der kindlichen Vagina noch neutral ist, da sich die typische Döderlein-Fiora noch nicht ausgebildet hat. Bei der Windeldermatitis kann die Vulvavaginitis auch durch Candida verursacht sein. Diagnostisch erfolgt nach der Inspektion ein Abstrich. Selten finden sich spezifische Keime, die dann allerdings (z.B. Gonokokken, Chlamydien) h inweisend für sexuel len Missbrauch sein können. Sexueller Missbrauch muss grundsätzlich bei allen Entzündungen oder Verletzun gen des äußeren Genitales in der differenzialdiagnosti schen Überlegung mitbedacht werden! Auch ein vagina ler Fremdkörper kann Ursache für eine Vulvavaginitis sein. Therapeutisch sind bei unspezifischer Vulvavaginitis Maßnahmen wie Sitzbäder und lokale Salbenbehand lung ohne systemische antibiotische Therapie meist aus reichend. Bei Fremdkörperverdacht sollte das Kind ge röntgt und ggf. vaginoskopiert werden.
8. 1 5 Stö r u n g e n der G esch l echtsentw i c k l u n g (D isorders of Sex Deve lop ment, D S D) 8 . 1 5.1 Defi n ition , Ät i o l og i e u n d l n zidenz Es werden vier unterschiedliche Geschlechtsformen unterschieden: chromosomales, gonadales, genitales und psychisches Geschlecht. I ntersexualität bezeichnet das N ichtübereinstimmen des Genitales mit dem go nadalen bzw. chromosomalen Geschlecht. Heute wer den die genitalen Fehlbildungen unter dem Ü berbe griff Disorders of Sex Development oder DSD zusam mengefasst. Ursächlich kann eine Störung in einem der genita len Entwicklungsschritte sein: In der Phase der Kon zeption mit Festlegung des Chromosomensatzes kann es zur Störung des chromosomalen Geschlechts kom men. Spätere Störungen im Stadium der Geschlechts entwicklung (ab SSW 3) ziehen die Ausbildung abnor mer Gonadenanlagen nach sich. Ist dadurch die Funk tion der Gonaden aufgehoben oder beeinträchtigt, kommt es zur fehlerh aften Ausbildung der inneren wie äußeren Geschlechtsorgane mit fehlerhafter phänoty pischer Differenzierung. Der weibliche Phänotyp ent wickelt sich dann passiv unter dem Ö strogeneinfluss der M utter. Die Inzidenz einer schweren genitalen Fehlbildung liegt bei etwa 1 : 4500 Geburten. Die diagnostische Ab klärung sollte bereits i n der Neonatalperiode erfolgen. Die Einteilung anband der klinischen Untersuchung er folgt nach Prader ( > Abb. 8.33): Prader I
Klitorishypertrophie
Prader I I
Klitorishypertrophie m i t weitem, trichterförm igem Sinus urogenitalis oder eng beieinanderliegender Vaginal- und U rethralmündung
Prader l i i
Angedeuteter Phallus, Sinus urogenital is, weite anogenitale Distanz, beginnende Fältelung der Labia majora
Prader IV
Phallus mit dorsaler Präputialschürze, kleine Sinusöfti1Ung a n der Phallusbasis, deutliche Fältelung der Labia majora
Prader V
Urogenitalmündung an der Spitze des Phallus, äußerlich Skrotum (ggf. bipart) ohne tastbare Hoden
8 . 1 5 Störungen der G eschlechtsentwicklung (Disorders of Sex Development, DSD)
Labormedizinisch sind folgende U ntersuchungen not wendig: • Chromosomenanalyse mit Bestimmung des Karyo typs • Sonographie zur Beurteilung der inneren Ge schiech tsorgane • Bestimmung von 1 7-Hydroprogesteron, Testosteron, Gonadotropin und Anti-Müller-Hormon • Bestimmung der Serum-Elektrolyte und ggf. • MR-Untersuchung zur weiteren Bildgebung • ß -h C G - Test zur Bestimmung der Leydig-Zellfunktion oder Bestimmung von Inhibin B • HMG-Test zur Bestimmung der ovariellen Funktion • LHRH-Test zur Bestimmung der Hypophysenfunktion • genitale Hautbiopsie zur Bestimmung der Androgen bindung (Fibroblastenkultur) • Bestimmung der Androgenrezeptorfunktion ( DNA) • explorative Laparoskopie mit Gonadenbiopsie oder Entfernung von Rudimenten Die sog. Geschlechtszuweisung hat nach heutigen Ge sichtspunkten behutsam zu erfolgen und richtet sich defi nitiv nicht danach, was chirurgisch einfacher zu realisie ren ist. Vielmehr weiß man heute, dass eine chirurgisch noch so perfekte Korrektur bei nicht passendem Genetyp in keinem Fall eine erfolgreiche sexuelle Identität garan tiert. 90% der Patienten mit einem adrenogenitalen Syn drom (AGS) identifizieren sich mit dem weiblichen Ge schlecht, ebenso Patienten mit 46,XY und kompletter Androgenresistenz (CAIS). Der Genotyp ist also auch nicht allein entscheidend. Allerdings leben Patienten mit einem Androgenbiosynthesedefekt (z.B. Sa-Reduktase Mangel), die in der Regel zunächst als Mädchen erzogen wurden, nach der Virilisierung in der Pubertät in ca. 60% der Fälle als Männer. Verstümmelnde Maßnahmen, insb. vor dem Zeitpunkt der Geschlechtszuweisung, sind des halb, wann immer möglich, unbedingt zu vermeiden. Im Einzelnen werden die nachfolgend beschriebenen Formen des DSD unterschieden.
Gesc h l echtsch romosoma l e DSD •
Karyotyp 45,XO; 46,XX/45,XO-Mosaik oder ein stru kt u rell abnormes X-Chromosom: Diese als Ull
rich-Turner-Syndrom bezeichnete DSD tritt mit ei ner lnzidenz von etwa l : 2700 auf, der Phänotyp ist weiblich. Menarche und Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale bleiben aus. Das innere Geni tale ist hypoplastisch, und es liegen sog. Streakgona den vor. Syndromhaftes Aussehen mit typischem
•
•
239
Minderwuchs, hohem Gaumen, Pterygium colli, klei nem Unterkiefer, tiefer Nackenhaargrenze, schildför migem Thorax und Cubitus valgus vervollständigen das klinische Bild. Die Behandlung ist symptoma tisch und erfolgt ggf. durch Hormonsubstitution. Bei Vorliegen eines Mosaik-Karyotyps mit Anteilen des y-Chromosoms sollten die Gonaden wegen der Ge fahr der Gonadoblastombildung im Kindesalter be reits entfernt werden. Karyotyp 47,XXY (Klinefelter-Syndrom): Der Phä notyp ist männlich, aber es besteht ein Androgende fizit mit erhöhter testikulärer Östrogensekretion. Ho denhypoplasie mit Azoospermie und späterer Inferti lität sind die Folge. Oft besteht geistige Retardierung. In der Pubertät kommt es zu weiterer Feminisierung mit spärlichem Haarwuchs. Therapeutisch kann eine Testosteronsubstitution durchgeführt werden. Karyotyp 45,X0/46,XY (gemischte Gonadendysge nesie): Der Phänotyp ist meist weiblich mit unter schiedlicher Virilisierung, je nach Überwiegen der je weiligen Gonadenanteile. Typisch sind kryptorche Hoden (oder Streakgonaden) mit hypoplastischem Uterus und Tuben. D ie malignitätsgefährdeten Gona den sollten spätestens in der Pubertät entfernt wer den. Die chirurgische Korrektur hin zu einem Ge schlecht richtet sich nach den individuellen Verhält nissen.
46,XY-DSD Prinzipiell liegt ein normaler männlicher Chromoso mensatz vor. Der Phänotyp ist weiblich. Daher wird die se Form als Pseudohermaphroditismus masculinus be zeichnet. Es kommen folgende Ä tiologien infrage: • Komplette Gonadendysgenesie (Swyer-Syndrom) • Androgenbiosynthesedefekt {Sa- Red u ktase - Mangel, 1 7ß- H ydroxysteroid - Dehydrogenase-Mangel) • Androgenresistenz (komplette Androgenresistenz, CAIS; partielle Androgenresistenz, PAIS) • Leydig-Zell-Hypoplasie (LH-Rezeptordefekt) • Störung des Anti-Müller-Hormons/ Anti-Müller-Hormon - Rezep tors Die Therapie ist individuell und richtet sich nach den gonadalen und genitalen Befunden. Die Geschlechtszu ordnung kann dabei sehr problematisch sein. Die Gona den sollten ggf. nach der Pubertät wegen des erhöhten Entartungsrisikos entfernt werden_ Bis zur Pubertät sor gen sie auch bei weiblichem Phänotyp für einen notwen digen Testosteronspiegel, durch den auch die Bildung von Östrogenen gewährleistet ist (CAIS) .
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8 Kinderurologie
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normal
Abb. 8.33 Einteilung nach Prader.
46,XX-DSD
I
Prinzipiell liegt ein normaler weiblicher Chromosomen satz vor. Der Phänotyp ist unterschiedlich ausgeprägt männlich. Daher wird diese Form als Pseudoherma phroditismus fernininus bezeichnet. Es kommen folgen de Ä tiologien in frage: • ovotestikuläre DSD (echter Hermaphroditismus, gleichzeitig differenziertes Hoden- und Ovarialgewe be Ovotestis, gelegentlich Mosaik-Karyotyp XX/XY) • adrenogenitales Syndrom (AGS) • sonstiger Androgenex z ess (z.B. mütterlicherseits durch androgenproduzierende Tumoren) Bei der weitaus häufigsten Form dieser DSD, dem AGS, handelt es sich um einen autosomal-rezessiv vererbten Enzymdefekt m it Störung der Cortisol- und ggf. Aldo steronsynthese der Nebennierenrinde. Am häufigsten liegt ein Defekt des Enzyms 2 1 - Hydroxylase, sei tener der 1 1 - Hydroxylase vor . D urch die Unterbrechung der negativen Rückkopplung von Cortisol auf die Hypophy se kommt es zur vermehrten Ausschüttung von hypo physärem ACTH, das wiederum eine Nebennierenrin denhyperplasie auslöst. H ohe Spiegel von Hormonvor stufen innerhalb der Cortisolsynthese werden dann teil weise zu Androgenen abgebaut, die wiederum bereits fetal die Virilisierung unterschiedlichen Ausmaßes be wirken. Bei dementsprechendem Aldosteronmangel kommt es zum zusätzlichen Salzverlust (salzverlierende Form des AGS) bis hin zur sog. Salzverlustkrise. Diese tritt typischerweise z.T. lebensbedrohlich ab dem 8 . Le=
benstag auf (niedriges Serum-Natrium mit Apathie, Er brechen, Herzrhythmusstörungen). Leichtere Formen des AGS werden häufig verspätet diagnostiziert bei zu frühem Pubertätsbeginn, auflallendem M inderwuchs oder ausbleibender Fertilität (sog. Late-onset-AGS). Die 1l1erapie des AGS besteht aus dem Ersatz von Cortisol durch Hydrocortison. Die Dosierung muss da bei dem Wachstum sowie ggf. besonderen Situationen (z.B. "Stressdosierung" bei Fieber oder operativen Ein griffen) individuell angepasst werden. In jedem Fall er folgt zunächst wegen des befürchteten Salzverlustes eine Mineralokortikoidsubstitution, z.B. mit Astonin H, die später je nach Typ ggf. ausgelassen werden kann. Durch frühzeitige und suffiziente Hormonsubstitution kann zumindest einer fortschreitenden Virilisierung des äu ßeren Genitales vorgebeugt werden. Die chiru rgische Therapie richtet sich nach der Prader-Einteilung ( > Abb. 8.33) und hat die Klitorisreduktion, Aufhe bung eines eventuell vo rliegenden Sinus urogen italis mit Schaffung e ines vaginalen Ei ngangs sowie e i ne Labi enplastik zum Ziel. Als Op e rationsze it p u nkt hat sich die zweite Hälfte des ersten Lebensjahres bewährt. Der vagi nale Eingang muss ggf. später postpubertär nochmals erweitert werden. LITERATU R Ade-Ajayi N, Wilcox DT, Duffy PG, Ransley PG (2001 ) Upper pole heminephrectomy: is complete ureterectomy necessary? BJU lnt 88(1 ) : 77-79 Akdogan B, Dogan HS, Keskin S, et al. (2006) Significance of age-specific creatinine Ieveis at presentation in posterior u re thral valve pa tie n t s. J Pediatr U rol 2 (5): 446-452
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8(2): 1 1 1 -1 1 7
241
KAPITEL
9
To bias Sch uster und Peter Knorr
Haut u n d Extrem itäte n
9.1
Vaskuläre Anomal ien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
9.1 . 1 9. 1 . 2
Gefäßtumoren
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Ma lformationen . . . . . . . . . . . . . . . 252 .
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9.2
Nävi
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9.2 . 1 9.2 . 2
M elanozytäre N ävi .
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Nichtmelanozytäre Nävi u n d Dermatosen
9.3
Ha u t und subkutane Tumoren
9. 3 . 1 9.3.2 9.3.3 9.3.4 9.3 . 5
Epidermale Zyste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
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-
Dermeidzyste
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Pilomatrixom
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259 . . . . . .. 259 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
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..... .. .. . .. ... .. . .. .. ... ... . ... ... .. .. .. . .. ... ... . ... .. .. .. .... Neurogene Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lipom, Lipoblastom . . . . . .
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9 .4
Verruköse Hautveränderu ngen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
9.4. 1 9.4. 2 9.4. 3
Verrucae vulgares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
9.5
Thermische Verletzungen (Verbrennung/Verbrühung) .
9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.5.4 9.5.5
Pathophysiologie Verbrennung/Verbrühung
Condylomata acu m i nata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Mollusca contagiosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
. Diagnosti k . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nach behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . .
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Aneurysmatische Knochenzysten
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9.6
Knochenzysten
9.6 . 1 9.6.2
J uvenile Knochenzysten
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. Osteomyelitis Symptomatik u nd Klinik .
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266 266 268 270 273 273
2 74 2 74 . . . 277 .
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. 2 79
9.7 9.7. 1 9.7.2 9 . 7.3
. ... . . . . .. 2 79 Diagnostik . . .... . . . .. .. . .. . 279 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
9 .8 9.8.1 9.8.2 9.8.3 9 .8.4
. . . . . . . . 282 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 82 Therapie . . .. ... . . . . . . .. . . 2 82 . . . . 283 Kompli kationen und Prognose . .
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Popl itea lzyste
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Symptomatik u nd Klinik .
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244
9 H a ut und Extremitäten
9.9
Angeborene Fehlbildungen der Hand
9.9.1
Polydaktylie
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9.9.2
Syndaktylie
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9.9.3
Mit Poly- oder Syndaktylie assozi ierte Syndrome
9.9.4
Schnü rring-Komplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Pollex flexus congenitus 2 87
9.9.5
I
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283
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.
9.1 Vaskuläre Anomalien
9.1 Vasku l ä re A n o m a l i e n Die Klassifikation und das Verstehen des biologischen Verhaltens vaskulärer Fehlbildungen sind essenzielle Voraussetzungen für eine gezielte individuelle Diagnos tik und Therapie. Man unterscheidet prinzipiell zwei En titäten: Die Gefäßtumoren sind durch eine nahezu aus nahmslos gutartige Endothelzellproliferation ("Neoplas ma des Endothels") charakterisiert. Die häufigste Form ist das fast immer in den ersten zwei Lebensmonaten wachsende und später regressive Hämangiom, der ei gentliche "Blutschwamm". Davon abzugrenzen sind als Ergebnis einer Dysmorphogenese die selteneren ange borenen Gefäßmalformationen, die einen normalen E ndothelzellzyklus aufweisen und im Gegensatz zum Hämangiom kein Wachstum und keine spontane Re gression zeigen.
9.1 .1 G efä ßt u mo re n
H ä m a ngiome Bei diesem "häufigsten Tumor im Kindesalter" handelt es sich um proliferative, kapilläre, endotheliale, tumor ähnliche Läsionen. Sie gehören zu den häufigsten ange borenen und frühkindlichen Weichgewebstumoren. 4- 1 1 % der Säuglinge sind betroffen, bevorzugt die kau kasische Bevölkerung, Mädchen häufiger als Knaben (w/m 2,5-3 : 1 ). Frühgeburtlichkeit und familiäre Be lastung sind prädisponierende Faktoren. Induziert durch pro- und antiangiogenetische Stimuli (z.B. ß-FGF, VEGF, FGF, JFN-ß) durchlaufen Hämangi ome prinzipiell drei Phasen. Die Kenntnis dieser zeitli chen Abfolge inkl. ihrer Variationen und Besonderhei ten ist Voraussetzung für eine verlaufs- und prognose orientierte ll1erapie: ] _ H ämangiome manifestieren sich typischerweise we nige Tage bis 4 Wochen nach der Geburt; ein früh =
auftretender bzw. bei Geburt bereits vorhandener kleiner rötlicher oder auch weißer Fleck bleibt häufig initial unerkannt. 2. In 98% kommt es anschließend im Durchschnitt über 5 Monate zu einer Progression mit dadurch über proportionaler Größenzunahme im Vergleich zum übrigen Wachstum. Im Alter von 5 Monaten hat das Hämangiom 80% seiner Endgröße erreicht. Bei sub kutanen Hämangiomen kann das Wachstum später einsetzen und länger anhalten; insbesondere segmen tale Hämangiome (s. unten) können auch nach dem 6. Monat im Sinne einer 2. Proliferation noch deut lich an Größe zunehmen. 3. Einer kurzen stationären Phase im Alter von ca. 1 Jahr folgt, in der Regel spontan einsetzend, die Pha se der frühen langsamen Involution ( > Abb. 9. l a, b). Die Existenz der stationären Phase als definierbarem biologischem Ablauf wird heute aufgrund molekula rem Erkenntnisse bezweifelt, dafür spricht auch die klinische Beobachtung simultaner Regression (intra kutaner Anteil) und Proliferation (subkutaner An teil) bei kombinierten H ämangiomen. Mit 6 Jahren zeigt noch ca. Y3 eine inkomplette Involution; in der Pubertät folgt die Phase der späten Involution. Nach dem 9. Lebensjahr kommt es nur noch in ca. 1 0% zu einem weiteren Rückgang. Je größer das Hämangiom und sein subkutaner Anteil, desto geringer ist die vollständige Rückbildung, die auch von der Lokalisa tion abhängig ist (s. unten). Residualzustände in Form faltiger, ggf. narbig-atrapher oder/und leicht bläulicher, teleangiektatischer Verände rungen sind nicht selten ( > Abb. 9. 1 c) . Hyper- oder Hypopigmentierung und eine Cutis laxa können verblei ben; größere Hämangiome hinterlassen eine fibrös-lipo malöse Gewebsvermehrung. K l ass ifi kat i o n
Hinsichtlich ihrer Häufigkeit, ihres klinischen Verlaufs und der Prognose gilt folgende Klassifikation:
Abb. 9.1 Stadien der Rückbildung: Einsetzende Regression mit 5 Monaten (a), deutliche Regressionszeichen mit 9 Monaten (b); Residual zustand im Alter von 1 2 Jahren nach intrakutanem Hämangiom am Haaransatz, Nacken rechts (c).
245
246
9
H aut und Extremitäten
Loka lisierte Hämangiome (LH) Segmentale Hämangiome (SH) N ichtdeterm inierte Häma ngiome Abortive Formen Hämangiome mit abgeschlossener Entwicklung bei Geburt Hämangiomatosen Gefäßtumore mit besonderer H i stologie
Lokalisiertes Hämangimo m Etwa YJ aller Hämangiome sind lokalisiert. Definitions gemäß scheinen sie von einem umschriebenen zentralen Fokus auszugehen. Betroffen ist in mehr als 60% der Fäl le der Kopf-Hals-Bereich, gefolgt von Stamm und Extre mitäten; ca. 1 0% treten im Bereich der Anogenitalregion auf ( > Abb. 9. 2a, b). A.
B. Segmenta le H ä m a n g i om e (SH) Die SH sind einem bestimmten Entwicklungssegment zuzuordnen. Das Hämangiom (meist am Schädel) oder auch eine Gruppe mehr oder weniger zusammenhän gender Hämangiome (Cluster, z.B. an den Extremitäten) respektieren die Grenzen neuroektodermaler Migra tionsmusteL Es resultiert z.B. eine frontotemporale, ma-
I
xilläre, mandibuläre oder frontebasale Ausbreitung ( > Abb. 9.3 ). Sie machen ca. 1 3% aller Hämangiome aus und sind durch ein bisweilen besonders rasches und längeres Wachstum charakterisiert. Komplikationen sind deutlich häufiger, ebenso Asso ziationen mit ophthalmologischen, kardialen und neu rologischen Anomalien. Sie können im Rahmen eines Syndroms auftreten: PHACESSyndrom:
Posterior fossa malformations Hemangiomas (plaque-like-facial) Arterial anomalies Cardiac anomalies, aortal coarctation Eye anomalies Sternal clefts/supraumbilical raphe
PELVISSyndrom:
Perineal hemangioma Externat genital malformation Lipo-meningo-myelocele Vesicarenal malformation Imperforate anus Skintags
Abb. 9.2 Lokalisiertes Hä mangiom Na cken (a). Großer subkutaner Anteil, Resek· tionspräparat (b).
Abb . 9.3 Segmentales Hämangiom, ma xi lläre Ausbreitung, bei einem 3 Monate alten Knaben (a); initial postpartal .. nur k le i n e r Punkt" (b).
9. 1 Vaskuläre Anomalien
C. N ichtdetermini erte Hämangiome Die nichtdeterminierten Hämangiome sind weder den lokalisierten noch den segmentalen Formen eindeutig zuzuordnen und machen ca. l6% aus. Dabei kann es sich z.B. um ein unregelmäßig begrenztes Hämangiom i m Bereich der Glabella oder der Extremitäten handeln, das keinen zentralen Fokus erkennen lässt, aber gleichzeitig auch die Fläche eines Entwicklungssegments nicht au s füllt ( > Abb. 9.6) . D. Abortive H ä ma ngiome Bei den angeborenen "weißen Hämangiomen" erkennt man feine teleangiektatische Gefäßverzweigungen auf ei nem hypopigmentierten u mschriebenen Areal. Es wurde früher als Hämangiom-"Vorläufer" bezeichnet, da sich hieraus im weiteren Verlauf erhabene Hämangiome bilden können, wenngleich mit einer wesentlichen Progression nicht zu rechnen ist. Ohne Hypopigmentierung spricht man auch von einem "teleangiektatischen Hämangiom".
E . Hämangiome mit bei Geburt abgeschlossener
E ntw i c k l u n g Diese heterogene Gruppe zeichnet sich durch ein bei Ge burt abgeschlossenes i11trauterines Wachstum aus. Man unterscheidet jene mit guter Rückbildungstendenz ilmer halb des ersten Lebensjahres (rapid involuting congenital hemangioma, RICH) von solchen ohne Spontanrückbil dung (non-involuting congenital hemangioma, NICH) ( > Abb. 9.4). Sie werden auch tumor-like hemangioma ge nannt und haben mit den "Gefaßtumoren mit besonderer H istologie" die negative Expression des immunhistochemi schen Markers GLUT l gemeinsam, der typisch ist für das
Abb. 9.4 Hämangiom mit abgeschlosse ner Entwicklung bei Geburt: Ausgangsbe· fund (a) und postoperativ vor Fadenzug (b).
klassische Hämangiom. Charakteristisch sind neben dem bulbösen Aussehen ein weißer umgebender Hautring und eine eher dunkle, nahezu violette Farbgebung. F. Hämangiomatosen Bei mindestens 10 oder mehr kutanen Hämangiomen müssen zwei Entitäten unterschieden werden: die beni gne neonatale Hämangiomatose ohne viszerale Beteili gung und die disseminierte Hämangiomatose. Bei der benignen Form Iinden sich meist kleine, mit eruptiven Angiomen (s. unten) vergleichbare intrakutane lokali sierte Hämangiome am ganzen Körper im Gegensatz zu den eher größeren bei der disseminierten Form. Kinder können während der progressiven Phase trotz äußerlich in der Summe unbedenklich erscheinender H ämangio me durch Kreislaufprobleme, Hepatomegalie oder Anämie auffallen. Wichtig ist die weitere Diagnostik zum Ausschluss assoziierter viszeraler, aber auch zere braler, okulärer und pulmonaler Hämangiome. Nicht zu verwechseln sind die Hämangiomatosen mit multiplen, meist angeborenen venösen Malformationen der Cutis und des Gastrointestinaltrakts, dem sog. Blue Rubber Bleb Nevus Syndrome (BRBNS). Genannt werden muss noch das eruptive Angiom (früher: Granuloma pyogenicum). Hierbei handelt es sich um plötzlich auftretende umschriebene kleine Ge fäßneubildungen ähnlich kleinen lokalisierten Häman giomen. Unabhängig von der klassischen Progressions phase des Hämangioms manifestieren sich die eruptiven Angiome am ehesten in der Folge kleiner oberflächlicher Verletzungen ( Kratzen) in jedem Alter. Häufig induziert ein Bluten unmittelbar die Kryotherapie oder Exzision.
247
248
9 Haut und Extremitäten
Aus praktisch-therapeutischen Gründen wird die zu sätzliche Charakterisierung des Hämangioms als intraku tan (oberflächlich gelegen, flach oder erhaben) , subkutan oder kombiniert intra-subkutan ( > Abb. 9.2) gelegen beibehalten. Bezeichnungen wie kapilläres oder kavernö ses Hämangiom sollten nicht mehr verwendet werden. G. Gefäßtumoren m it besonderer H istologie > Abschn. Andere Gefäßtumoren. D i a g n ostik
I
In über 90% kann die Diagnose anamnestisch und kli nisch gestellt werden; die Abgrenzung zu den Gefaßmal formationen anhand der Kriterien "Vorhandensein bei Geburt" (spricht für Malformation), "Progression" und "Regression" (sprechen für Hämangiom) ist essenziell. Die Duplexsonographie liefert bezüglich Tiefenausdeh nung und zur Beurteilung der Progressions- bzw. Re gressionsphase (Durchblutungsgrad, Flussgeschwindig keit, Fett- und Bindegewebsanteil insb. im Verlauf) wert volle Hinweise. Gelingt vor allem bei rein subkutanen Veränderungen der Ausschluss einer Malformation mit tels D uplexsonographie nicht, kann i m Fall komplizier ter Veränderungen zur weiteren Therapieplanung ein M RT indiziert sein. Dies ist u nverzichtbar, wenn es um den Befall innerer Organe geht. Eine Tracheoskopie ist bei perioralen segmentalen Hämangiomen ( "Bartbe reich") notwendig, eine entsprechend zielgerichtete wei tere Diagnostik bei V.a. PHACES- oder PELVIS-Syndrom. Essenziell ist eine jederzeit abrufbare Dokumenta tion. Fotos sollten das Hämangiom in Relation zu ande ren definierten Körperteilen in mindestens zwei Ebenen erfassen. Die Sonographie erlaubt eine Volumetrie. I nt rakutane Anteile können herkömmlich messtechnisch und mittels Paustechnik in ihrer Größenentwicklung dokumentiert werden . Daneben ermöglichen "hemi sphärische" formelunterstützte Messmethoden die Ver laufsbeurteilung auch subkutaner oder kombinierter Formen. Die Biopsie ist die Ausnahme bei auf anderem Weg nicht möglicher Zuordnung. Thera p i e
Die klinische Heterogenität der Hämangiome stellt eine Herausforderung an das therapeutische Vorgehen dar. Obwohl das Wachstumsverhalten prinzipiell gut verstan den ist, existieren gegenwärtig keine routinemäßig zu be stimmenden Parameter oder Zellmarker, mit denen man proliferative und regressive Verläufe der Hämangiome qualitativ, quantitativ und im individuellen Zeitablauf unterscheiden könnte. Die Risikoabschätzung des noch
zu erwartenden Wachstums zum Zeitpunkt der Vorstel lung des Kindes ist neben der Kenntnis typischer Kompli kationen Hauptbestandteil des therapeutischen Konzepts und maßgeblich für die Prognose. Hierfür müssen die folgenden klinischen Parameter herangezogen werden: • H ämangiomtyp • Lokalisation - Problemzonen: Lippe (weniger Rückbildung bei H ämangiomen im Lippenbereich ); Nase (verblei bende Nasendeformitäten - "Cyrano-Nase"); Auge (s. unten) - Relative Problemzonen: Anogenitalbereich; Fin ger- und Zehenbereich; Brust-, Dekolletebereich • Absolute Größe • In welcher klassischen Wachstumsphase befi n det sich das Hämangiom? (Alter bei Vorstellung! Nahezu im mer Verdopplung der Größe in den ersten 2 Monaten! ) • Sind bereits Zeichen der Regression z u erfragen oder erkennbar ( > Abb. 9. 1 ) : - Berichteter Wachstumsstopp oder Wachstumsver langsamung, erkennbare Abblassung, gräulich silbrige Oberfläche - Ggf. Sonographische Parameter: geringe Vaskula risation, hoher Fett- und Fibroseanteil • Liegen Komplikationen vor? - Ulzeration, Superinfektion (mit Abstand häufigste Komplikation, meist in der Genitalregion) - Probleme bei der Nahrungsaufnahme (periorales H ämangiom) - Blutung (z.B. bei eruptivem Hämangiom an der Stirn) - Einengung der Lidspalte mit drohender Amblyopie, Bulbuskompression mit Gefahr von Anisametropie und Astigmatismus (periokuläres Hämangiom) - Kardiale Belastung - Thrombozytopenie ( Kasabach-Meritt-Phänomen, bei TA oder KHE, s. unten) - Organspezifische Komplikationen (bei dissemi nierter Hämangiomatose) - Atemwegsprobleme beim perioralen segmentalen Hämangiom ("Bartbereich ") Ziel der Behandlung mu s s die Vermeidung von Kom plikationen sein, und zwar durch: • I nduktion des Wachstumstopps bzw. • I nitiierung oder Beschleunigung der Regression bzw. • ggf. Beseitigung des Hämangioms unter Minimie rung von Nebenwirkungen Funktionelle Probleme stehen dabei im Vordergru nd, aber auch ästhetisch-plastische Gesichtspunkte sind re levant. Ein an sich u n p robl e ma t is c h es loka l is iertes Hämangiom kan n, im G es ic h t gelegen und zu spät der differenzierten (Früh- ) l l1erapie zugefü h rt , einen "ästhe tischen Notfall" bedeuten.
9 . 1 Vaskuläre Anoma l i en
Tab .
9 . 1 Syn o psis der Therapieverfahren ( >- Abb. 9 5 .
Therapie/Vorgehensweise Beobachten
C!ose observation statt wait and see!
Lokale Wundbehandlung
,
>-
Abb. 9.6 und > Abb. 9.7).
Indikation • •
LH Stamm und Extremitäten SH Stamm und Extremitäten, Gesicht, Kopf, Problemzonen: besonders enges Kontrollregime: ( 1 . Lebensmonat (LM) wöchentlich; 2. LM alle 2 Wo., 3 . LM alle 3 Wo. etc.)
Bemerkungen Häufigstes Vorgehen, enge Führung des Patienten in den ersten 3 Lebensmonaten; setzt Kenntnis der I ndikation für differenzierte Therapie voraus
U lzerationen, Anogenitalbereich, Lippe
Ggf. in Kombination mit Debridement, chirurgischer Therapie, Laser
Kryotherapie
Elektrisch (-30 °() Flüssigstickstoff (- 1 96 °() Promptes Gefrieren mit Kristallisation induziert Schädigung flüssigkeitsgefüllter Endothelzellen
Kleine, flache (< 4 mm) LH; zwingende .. Frühtherapie " bei wachsenden Hämangiomen im Gesicht und in Problemzonen. Cave: Verhindert nicht zusätzliches Tiefenwachstum !
Hypopigmentierung (kreisrund), Narbe in ca . 1 5%; kein genereller Einsatz z.B. an Stamm, Extremitäten; auch bei kleinen (gut kontrollierten) nichtwachsenden LH im Gesicht: großzügige, aber nicht generelle Indikationsstellung unter Berücksichtigung u nerwünschter Effekte
Lasertherapie
FPD-IP-laser (Farbstofflaser, selektive Photothermolyse bei Wellenlänge von 585 nm durch Absorption in Hämoglobin)
Oberflächliche (0. 75-1 , 2 mm/2 mm flach) LH und SH (Frühtherapie); FPD-Laser v.a. geeignet bei teleangiektatisehen Residuen
FPD-Laser zur Induktion eines Wachstumsstopps/-rückgangs tieferer Anteile nicht ausreichend Cave: Hypopigmentierung, Narbenbildung; Kooperation mit Dermatologie, Sitzungen i. d. R. ohne Narkose/in Oberflächenanästhesie möglich
C02-Laser (Vaporisation)
Tracheale, glottisehe Hämangiome
Nur in Zentren
Nd:YAG-Laser (perkutan) Koagulation i n der Tiefe infolge schlechter Absorption durch wasserhaltiges Gewebes bei Wellenlänge 1 064 nm
Transkutane Applikation mit konti nuierlicher Oberflächenkühlung (Eiswürfel, Kühlküvette), Einwirktiefe bis 1 0 mm; geeignet für subkutane und kombin ierte Hämangiome
Immer in Allgemeinanästhesie; nach 1 -2 Sitzungen Regression in ca. 75% der Fälle erkennbar, in 20% Wachstumsstopp; in ca. 20% später kutane Residuen (therapiebedürftig)
Nd:YAG-Laser (interstitiell)
U nter Verwendung der bare fiber für große/ Wie bei transkutaner Anwendung tiefe LH und SH; z.B. im Bereich von Wange, auch zur Vol umenreduktion (außerhalb der Progressionsphase) vor Kinn geplanter Operation
Operative Therapie
• • •
Exzision Exstirpation Plastisch-chirurgische Verfahren
Haut-, Narbenkorrektur
Embolisation
Wenn Komplikationen drohen, die durch andere Methoden nicht beherrschbar bzw. nachteilig (Zeitfaktor!) sind, z.B. Augenbereich, Blutung. Häufig zusätzlich im Lippenund Nasenbereich. Als Primärtherapie bei LH am behaarten Kopf. Nur im Einzelfall bei LH an Stamm und Extremitäten (Hosenbund, Schulter u.a., .. ästhetischer" Aspekt); im Rahmen einer kombinierten Therapie bei Riesenhämangiom
Im Einzelfall u nter Berücksichtigung des Narbenverlaufs (keine ästhetisehe/funktionelle Einbuße): Vorteil gegenüber Nd:YAG-Therapie, weil .,definitiv" (z. B . am Skrotum)
Ggf. erforderlich nach a bgeschlossener lnvo- Residuen nach Spontaninvolution lution, bei Residualhämangiomen oder häufig (> 50%), aber nur selten Hautüberschuss, Narbe etc. operative Korrektur notwendig Nach vorausgegangener Nd:YAG-LaserTherapie ln ausgewählten Fällen, ggf. eine operative
Resektion unterstützend
Nur in Zusammenarbeit mit entsprechend spezialisierten interventionellen Radiologen
249
250
9 Haut und Extremitäten
Tab. 9.1
I
Synopsis der Therapieverfahren (>
Abb. 9.5,
> Abb. 9.6 und > Abb. 9.7). (Forts.)
Therapie/Vorgehensweise
I ndikation
Bemerkungen
Propranolol
Systemisch
I ndikationen gegenwärtig entsprechend de nen der Prednisolontherapie und nur im Rahmen laufender Studien empfohlen
2 mg/kg KG in 3 ED/Tag; kinderkar diologische Voruntersuchung; 3 Ta ge stationär; möglicherweise in Zukunft Alternative zur nebenwir kungsreicheren Prednisolontherapie
Kortikoide
Systemisch
Bei a llen rasch wachsenden H. in Gesicht/ Problemzonen und/oder bei Kompli kationen, i nsb. bei fehlenden Alternativen aufgrund von Lokalisation oder Form; diffuse Häman giomatose; besonders große Hämangiome
Prednisolon 2-5 mg/kg/Tag; mög· liehst früher Beginn; über 4-6 Monate; Rebound-Effekt mögl ich; Kooperation mit Pädiatrie!
lntraläsional
I ndikationen vergleichbar
Ei nzelerfahrungen i n
Abb. 9.5 Therapieoptionen: Wait and see, hier fä lsch licherweise statt close observa tion, Befund im Alter von angiom nach 2-maliger Nd: YAG-Lasertherapie und vor operativer Teilresektion (b); 3 Monate postoperativ (c).
Kom p l i kationen, Langzeitverlä ufe u n d Pro g n ose
Eine fehlende Frühtherapie kann zu den weiter unten aufgeführten lokalen und funktionellen Komplikationen führen und deutlich ungünstigere Vo raussetzunge n für eine spätere Therapi e bedingen ( > Abb. 9.3, :> Abb. 9.5 u n d :> Abb. 9.7). Die natürliche Remission bedeutet kei nesfalls Restitutio ad integrum; typische Residuen insb. großer und su bkut ane r Hämangiome sind Narben nach Exulzeration, überschüssige Hautanteile, Pigmentstörun gen, fettig-degenerative Gewebereste bzw. -Vermehrun gen. Auch wenn bei H ä mangio men mit einer G röße von
Zentren
2 Jahren (a); gle i ch es Häm
mehr als 10 cm in über 70% mit einem Ansprechen der Nd-YAG-Lasertherapie zu rechnen ist, ist im Verlauf bei ca. 20% später eine Narbenkorrektur erforderlich.
Andere Gefä ßt u moren Tufted H em a n g i oma (TA)
Das TA ist histologisch definiert durch charakteristi scherweise büschel- und läppchenförmig angeordnete Kapillaren in der Dermis. Manifestationsalier ( n u r ca.
9 . 1 Vaskuläre Anomalien
50% im l . Lebensjahr) und Wachstumsverhalten variie ren ebenso wie das klinische Erscheinungsbild; wegwei send können indurierte oder noduläre, "an ein Häman giom erinnernde", unscharf begrenzte, klein- bis groß flächige Plaques oder Gefäßtumoren sein. Gelegentlich findet sich eine Hypertrichose; anamnestisch können Schmerzen hinweisend sein. Fällt bei einer vaskulären Anomalie die klinische Zuordnung schwer und ist ein Kasabach-Merrit-Syndrom ( KMS) assoziiert, muss an ein TA gedacht und eine Histologie erzwungen werden. Die meisten TAs sind a ufgrund ihrer Größe nicht der Chirurgie zuführbar. Topische und systemische Stero ide, diverse Laser, Vincristin und I nterferon-a werden als therapeutische Optionen angegeben. Kaposiformes H ä ma n g ioendoth e l i o m
Abb. 9 . 6
rapie.
Nichtdeterminiertes Hämangiom nach Farbstofflaserthe
(KHE)
Man nimmt an, dass das TA und das K H E unterschiedli che Stadien einer identischen Entität darstellen. H istolo gisch lassen sich neben dem infiltrativen Kapillarwachs tum erweiterte, mit Hämosiderin und Erythrozytenfrag menten gefüllte Lymphgefäße nachweisen (D2-40-Ex pression). Das häufig stammnah gelegene KHE, meist angeboren, imponiert äußerlich bereits "aggressiv"
Abb. 9 . 7 lnitialer Befund bei Erstvorstellung mit 6 Monaten (a), nach zweimaliger Nd:YAG-Lasertherapie sowie interventioneller Gef äßob literation (b); nach zusätzlicher Resektion im Alter von 3 Jahren (c).
251
9
252
Haut und Extremitäten
durch unscharfe Ränder eines ödematösen, verdickten und unter Spannung stehenden purpurfarbenen Gewe bes; die Haut darüber erschein t du rchlässig. Für ein as so ziiertes KMS gilt dasselbe wie für das TA.
Tab. 9.2 K l a ssifikat ion der Gefäßmalformationen .
Low-flowLäsionen
Dominierende Gefäßart
Beisp iel
Kapilläre
• Naevus f l a mmeus (Feuermal)
Malformationen
Naevus simplex
•
(Storchenbiss)
9.1 .2 M a lformationen 1 Venöse Malfo r m at i o n e n
Gefäßmalformationen (GM) sind das Resultat eines ge störten Ablaufs von Vaskulogenese (Entstehung primiti ver Gefaße) oder Angiogenese (Bildung neuer Gefäße aus bestehenden Anlagen). Obwohl die Gefaßmalforma tion en definitionsgemäß bereits bei Geburt vorhanden sind, sind sie meist primär klinisch nicht erkennbar, sondern manifestieren sich je nach Flussparametern zu verschiedenen Lebenszeitp unkten vorwiegend im Kin des- und Jugendalter . Fehlende Involution und lebens lange Persistenz sind charakteristisch.
Lymph atisch e M a l forma tionen (Lymphangiome)
M ikrozyst isch Makrozystisch
• •
•
Kombiniert
Gem ische Malformatio
•
nen (kombiniert)
• Kap il lä r-ve n ös
Lymphatisch-venös (Serve//e-Matore/1S yn d rom )
•
,
Kapillär-lympha tisch-venös (Kiippel-T ren a u na y- Sy n d rom )
H i g h -fl ow- Arterio-venöse (AV-) M alformatio n Lä si on en
Klass ifikation
Entsprechend der zumeist komplexen Gefäßarchitektur und -pathologie bzw. -funktion ist eine differenzierte Klassifizie rung die V o raussetzung für eine möglichst kausale und prognoseorientierte Therapie. Maßgeblich ist die von der sinusoidalen D ilatation vorwiegend be troffene Gefäßart ( > Tab. 9.2).
Arterielle Malformation
Seltenheit
AV-Fisteln
(meist erworben)
Der Naevus flammeus kann eine "darunterliegende strukturelle Läsion" signalisieren; beispielsweise kann sich unter einer okzipital in der Mittellinie gelegenen Läsion eine Enzephal ozele verbergen Bei Lokalisation im Versorgungsgeb iet der Trigeminusäste V l , V2, V3 ist neben der neuropädiatrischen Untersuchung der Aus schluss okulärer und lept ameningealer GM notwendig. > Abbildung 9.8a zeigt ein Kind mit Sturge-Weber Syndrom, bei dem eine neuropädiatrische Therap ie nö tig ist. .
Kapilläre Malformationen Der häu fige angeborene Naevus simplex (engl. auch Naevus flammeus neonatorum), als Storchenbiss (Na cken) bzw. Engelsku ss (Stirn, Auge nlid, Glabella) be zeichnet und nicht zu verwechseln mit dem Naevus flammeus (s. unten), gehört möglicherwei s e nicht im ei gentlichen Sinne zu den GM, sondern stellt den H a ut ab schnitt einer physi ologischen Dysfunktion dar . H istolo gisch typisch sind erweiterte, aber strukturell normale Kapillargefäße. Charakteristisch ist das Verblassen bis Verschwinden innerhalb von 1 -2 Jahren. Der viel seltenere (0,3% der Neugeborenen ) Naevus flammeus (port wine stain) hingegen wird mit der Zeit infolge zunehmend dilatierter Kapillaren (fibrovaskulä res Wachstum) der oberflächlichen Dennis dunkler und wächst mit dem Kind mit. H istologisch charakteristisch sind dilatierte Kapillaren mit einem verm in derten N er vengeflecht der Gefaßwände. A.
"
"
1
"
"
Wir dan ken Herrn Priv.-Doz. W. Woh / gem u t h Klinik für Diagnos tische Radiologie und Neuroradiologie, Klinikum Augsburg, für s e i ne Unterstützung bei der E rstellung des Abschnitts und dafür, dass er uns einige Abbildungen zur Verfügung gestel lt hat. ,
B. Venöse Malformation (VM) VM wurden in der Vergangenheit häufig als kavernöse H ä m angiome bezeichnet. Dünnwandige, dilatierte Ka vernen und .,Kanäle" mit abnormer Muskela rch it ektur, gefüllt mit Th rom ben und pathognomon i schen Phlebo lithen, char akteris ieren das histologische Bild. Obwohl sporadi sch können VM auch autosomal-dominant ver erbt werden; dabei wurde ein Defekt im endothelia/en Rezeptor Tie-2 beschrieben. VM können bei Geburt als zarte, bläul ich schimmernde, unscharf begrenzte, kom primierbare Läsionen intra- oder subkutan gelegen im pon ieren; im Kopf- und Hals- Bereich ist eine zuneh mende Füllung bei Valsalvamanöver erkennbar. Das Wachstum erfolgt meist langsam proportional zum üb rigen Wachstum; mit der Pubertät kann es zu einem Wachstumsschub kommen ( > Abb. 9.9). ,
9 . 1 Vaskuläre Anomalien
Abb. 9.8 Naevus flammeus bei Kind m it Sturge-Weber-Syndrom (a); typischer Nae vus flammeus (b). tum resultieren. Große VM können eine chronische, lo kalisierte in t ravasal e Koa gulop at h i e ( LJC) b e d in ge n , kli nisch als Thrombose, Blut un g ode r Ph leboli thenb ild u n g i mp o n ieren d . Vo rherrs c h en d s i nd ernie dr i gte Gerin nungsfaktoren, ein niedriges Fibrinogen und erhöhte D Dimere im Gegensatz zur füh renden Thrombozyt op e n ie beim Kasabach-Meritt-Phänomen.
C. Arteriove nöse Ma lformation (AVM) AVM sind in ih rem klinischen Erscheinungsbild sehr va r iab el und kö n ne n insb. beim Säugl in g zunächst nur als z a r te vaskuläre Läsion mit einer CM oder einem H ä m a n giom verwechselt werden. Aufgrund ihrer Progression (Durchfluss, Druck-, Volumenbelastung, Dilatation) kommt es auch getriggert durch Pubertät, Schwanger schaft, Traum a oder auch durch Tei l e ntfern un g , Laser oder Kryo thera pie zur G ewe bs verm eh ru n g "unter halb" der kutanen Veränderung. Ohne th e rapeut i s che Intervention drohen je nach Größe und Lokalisation Komplikationen wie Blutung, chronischer Sch m erz m it �
�
Abb. 9.9 Venöse Gefäßmalformation am rechten Arm, die gesam te Extremität betreffend . Extrakutane Manifestationen umfassen die Schleim
haut, tieferes W eich gewebe wie die Muskulatur, Gelenke sowie die viszerale Beteiligung (Abdomen, Becken). Bei kran io fazi ale r VM ist eine intrakranielle Manifestation einer VM wegen der SOfac h höheren Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Komplikationen im Verlauf sind im Wesentlichen von de r Größe und Lokalisation abhängig. Bei z.ß. kra n iofazialen VM kann ein p a t h ol og i s c he s ossäres W ach s -
telverbrauch, pathologische F rakt u r, H erz bel astun g, tro phische Stö rungen , Ulzera b i s hin zur b ed rohl ichen Isch ämie bzw. dem Verlust der Extremität ( > Abb. 9. 10). Die therapeutische H erausforderung ergibt sich aus der Tatsache, dass oberflächliche AVM ei ner befriedi ge n d e n TI1erapie häufig s chwe r zug ä n gli ch sind, ande rerseits durch ei ne rechtzeitige Indikation zur invasiven ll1erapie Ko m pl ikatio nen vermieden bzw. möglichst minimiert werden müssen. Letztlich ist eine Heilung bei AVM n u r durch eine komplette operative Entfernung
der Läsion (selten m ögl ich ) oder eine vollstä n d i ge Era dikation des Nidus mittels E mbolisatio n ( > Abb. 9. 1 1 ) erre ichbar.
253
254
9 Haut und Extremitäten
Abb. 9 . 1 0 Arteriovenöse High-flow-Ge fäßmalformation am linken Knie (a), ent sprechende Angiographie (b).
Abb. 9 . 1 1 Arteriovenöse High-flow-Ge
fäßmalformation in der Angiographie vor (a) und nach (b) vollständigem Ausguss des N id us der AVM m it dem flüssigen Gewebe kleber Ethibloc. D. Lymphatische Malformation > Abschn. 9 . 1 .2, "Lymphatische Malformation".
I
E. Kombinierte Gefäßmalformationen VM können isoliert oder als Teil eines Syndroms auftre ten; häufig handelt es sich um kombinierte Formen ( > Tab. 9.3) . D i agnost i k
Schmerzen, eine umschriebene (z.B. gespan n te ) oder diffuse Schwellung, Bewegungseinschränkung, Um fangsvermehrung oder Längendifferenz einer Extremi tät sind klassische Symptome neben unmittelbar auf ei ne GM hinweisenden Veränderungen: • Ggf. atypisch lokalisierte netzartige Venenzeich nung • Sichtbare Varizen, Gefäßkonvolute • Hör- oder tastbares Schwirren • Marginal-Embryonalvene • Zeichen der chronisch-venösen I ns u ffizi en z • Zeichen der lokalen Ischämie (Steai-Effekt) • Blutung, LIC • Lymphödem
Schweregefühl und Schmerzen können mit körperli cher Anstrengung und Außentemperatur variieren. N icht zu unterschätzen sind psychosoziale Probleme im Langzeitverlauf bedingt durch Chronizität und ggf. äußerlich sichtbare Veränderungen. Eine kardia le Belastu ng kann auf ein großes Sh untvolumen hin weisen. Hormonelle Einflüsse {Pubertät, Kontrazeptiva, Schwangerschaft) können die Erstmanifestation asymp tomatischer subfaszialer GM induzieren. Die Di ag n os tik u nd Behan dlung vaskulärer Malfor mationen kann nur in Zusammenarbeit mit einem auf dem Gebiet der GM spezialisierten interventioneBen Ra diologen erfolgen. Bei Verdacht auf eine syndromale Form ( > Abschn. 9. 1 .2E) der GM sind darüber hinaus weitere Disziplinen hinzuzuziehen. Instrumentelle und ggf. invasive U ntersuchungsmethoden ergänzen die kl i nische Untersuchung ( > Tab. 9.4 ). Thera p i e
Da es sich prinzipiell um gutartige Erkrankungen han delt, hä u fig aber ausgedehnte Befunde mit komplexer
9.1 Vaskuläre Anomal ien
255
Tab. 9.3 Kombinierte Gefäßmalformationen. Syndrom Klippei-Trenaunay· Syndrom
Vaskuläre Malformation
Charakteristika, Bemerkungen
CVM, CLVM
Oberflächliche Varikose, Marginalvene (" Servelle"), Anomalie des tiefen Vene nsys te ms, Lymph ödem ; Hypertrophie (Piusvariante) überwiegend der u nteren Extremität
(low·flow)
(Weichteile, Skelett).
Therapi eansä tze: Kompressionsbehandlung, Lä nge nau sgleich; Teilamputationen a m Fuß, Epiphysiodese; Varizenkorrektur, Sklerosierungstherapie/Chirurgie lymphatischer Komponenten; Prophylaxe und Behandlung von Thrombophlebitis, Embolie etc .
Servelle·Matorell· Syndrom
CVM (low-flow)
Minusvariante (progressiv) der betroffenen Extremität
Sturge·Weber· Syndrom
CM
Port wine stain im T r i g e mi n u sgebi e t; Glaukom und andere o k u l ä re Pat h o l og i e n ; zerebrale und l epta me ni n gea le Läsionen (CV, Atroph i e, Kalzifikationen u .a .)
Proteus-Syndrom
CM, VM, CVLM
M afucci ·Syn d rom
VM
Venöse Ma lformationen subkutan und intraosssär, Enchondrome (90% Füße, Hände); E ntwick lu ng von Hämang io endot he lio m e n und maligne Transformation der knöchernen Läsionen möglich
Blue-rubber-bleb naevus-Syndrom (M. Bean)
VM, LVM
Gastrointestinale B eteiligung (GI-Bl utung), ZNS-Beteiligung
Bannayan-Riley Ruva l ca ba-Syn drom
CM, LM, VM,
M a k rozepha lus, lokalisierter G roßwuchs, V isze ro megalie multiple Lipome, harnartä se Polypen im Ileum und Kolon, Hashimoto-Thyreoiditis; Veränderungen an der Gl ans penis. Autosomal dom in ant
Parkes-Weber Syndrom
CAVM, C LAVM (fast-flow)
Pl usvariante überwiegend der unteren Extremität. Selten Herzinsuffizienz im Neuge borenenalter; Embolisation ist Therapie der Wahl
Sehr selten, polymorpher Charakter, asymmetrische G M u ntersch iedl ich ster Expressi Bindegewebsnävus on, lokalisierter Großwuchs bis Hem ihypertrophie; viszerale Lipome, viszerale VM ,. plantar thickening" Epi d erm a l er Nävus
,
(CM, kapilläre Malformation; CVM, kapillär-venöse Malformation; CLVM, kapillär-lymphatisch-venöse Malformation; CAVM, ka pi llä r-a r teriovenöse Malformation; CLAVM, kapillär-lymphatisch-arterio-venöse Malformation; LM, ly mphatische Malformation; VM, venöse Mal fo rm ati on; AVM, arteriovenöse Malfo rm ation)
Tab. 9.4 I nstrumentelle und invasive Untersuchungsmethoden bei kombinierten Gefäßmalformationen. Methodik
Indikation, Fragestellung
Sonographie, fa rb kod ierte Duplexsonograp h i e (FKDS)
Standarduntersuchung; immer im S eite nvergle ich; Morphologie und Flusseigenschaften
M RT
Lokalisation, Ausdehnung? (epi-, subfaszial, intraossär?) Flusssensitive Sequenzen (low-/h i gh -flow?) Goldstandard bei LM
M R-Angiographie
Arterielle und venöse Phase; geringe Zeit- und Ortsauflösung, daher im Rahmen einer geplanten interventioneilen Therapie ni c ht a u srei chend
Phle b o grap hi e
VM: A nsch lu ss an das tiefe Leitvenensystem? Nur, wenn Indikation zur invasiven Therapie besteht Klappen, Reflux? Aneurysmen?, E mbryonal-, Ma rginalve ne ?
Varikographie
Im Rahmen einer indizierten Sklerosierungstherapie epifaszialer VM ohne Kommunikation nach
su bfa sz ia l Angiographie
Durch MRA nicht ersetzbar; in der Regel einzeitig (Narkose ! ) im Rahmen einer indizierten Embolisation; Frage: Arterielle Zuflüsse, Nidus, venöser Abfluss, high-/low-flow? Goldstandard bei Frage AVM?
Direkte Lymphegraphie mit öligem KM: obsolet Lymphegraphie Lymph-Sequenz-Szintigraphie Abge lö st durch Lymph-Sequenz-Szintigraphie zur Besti mmung der lymphatischen Transportkapa zität, nur in Ausnahmen indiziert
I
256
9 Haut und Extremitäten
Organinfiltration vorliegen und ein chronischer Verlauf mit nicht selten multiplen Vorbehandlungen charakte ristisch ist, sind Indikationsstellung, Auswahl und Ter minierung einer invasiven Therapie kritisch abzuwägen. Kernziel ist es, drohende oder bestehende Komplikatio-
nen (s. oben) zu vermeiden. Kompressionstherapie und medikamentöse Optionen (ASS, Heparin) stellen vor ausgehende bzw. begleitende Therapiemaßnahmen dar ( > Tab. 9.5, > Abb. 9. 1 2 ) .
Tab. 9.5 Synopsis der invasiven Therapieverfahren. Therapie
Indikationen
Bemerkungen
Farbstofflaser
•
Naevus flammeus
Kooperation mit Dermatologie Cave: Hypopigmentierung, Narbenbildung; Sitzungen i n der Regel ohne Narkose (in Oberflächenanästhesie) möglich
Sklerosierung (bildgesteuerte Sklerosierung, Schaumsklerosie rung mit Polidocanol; Picibanil)
•
Epifasziale, (vorwiegend) venöse Malformation Selten bei subfaszialer vorwiegend venöser oder venolymphatischer G M
Endovaskuläre Lasertherapie (Diodenlaser mit Leistungsabgabe je nach Temperatur im Zielgewebe) Laserinduzierte i nterstitielle
•
•
Operative Resektion
•
•
• • • •
Selten in Kombination mit Embolisation bei AV-GM
Subfasziale arteriovenöse G M
Selten in Kombination mit Sklerosierung bei subfaszialen venösen GM mit kleinerer Fistel
Epifasziale, (vorwiegend) venöse Malformation Marginalvene (wenn tiefes Venensystem offen) Varikose Selten bei subfaszialer arteriovenöser G M (Heilung nur b e i kompletter Resektion möglich)
•
Klippel-T renaunay-Syndrom
Laparotomie mit intraoperativer totaler Enteroskopie
8/ue Rubber 8/eb Naevus Syndrome
Abb. 9. 1 2
Ggf. auch in Kombination mit offener Resek
tion von Gefäßkonvoluten ( > Abb. 9 . 1 2);
Subfasziale, vorwiegend venöse oder veno lymphatische GM
Epiphysiodese
I
•
N ur, wenn keine Kommunikation nach subfaszial Nur, wenn keine venöse Drainage (Cave: Verschleppung des Sklerosierungsm ittels)
dem Nd:YAG-Laser überlegen
Thermotherapie (Diodenlaser)
Transarterielle Embolisation (vol lständiger N idusverschluss, meist mehrere Sitzungen)
Epifasziale, (vorwiegend) venöse Malforma tion, abhängig von Lumen und Durchfluss
•
•
Ggf. der Sklerosierungsbeha ndlung epifaszialer venöser GM vorzuziehen Selten vollständige Resektion subfaszia Ier GM möglich, Rezidive; Risiko-Nutzen Abwägung
s. oben (BRBNS)
Konservative endoskopische Verfahren we gen Verteilung und transmuraler Ausdeh nung der Läsionen häufig n icht ausreichend
Venöse Gefäßmalformation mit Resektion (a) von venös-aneurysmatischen Anteilen u nd gleichzeitiger intraoperativer endovas· kulärer Lasertherapie zum Verschluss der z ufüh re nden fisteltragenden dysplastischen Venenanteile (b).
9.1 Vasku läre Anomal ien
Lym phatische M a lformation (Lym ph a ng iom) Nachdem es sich beim Lymphangiom um eine nichtpro liferative lymphangiomatöse Malformation handelt, wird der Begriff des Lymphangioms unter Verwendung des Suffix -oma, das einen hochregulierten Zellumsatz beschreibt, zunehmend vermieden. LM sind bevorzugt kraniofazial!supraklavikulär und axi llär (80%), ca. 20% mediastinal, retroperitoneal bzw. an den Extremitäten lokalisiert. Dies ist embryologisch pathogenetisch bedingt: Das Lymphsystem entwickelt sich, ausgehend ursprünglich von präexistenten Venen, zentrifugal aus sechs primitiven endothelialen Ly mph säckchen (und ihren Verbindungen) im Bereich der Ju gularvenen, der Mesenterialwurzel sowie der Vv. iliacae. Die Störung der Entw icklung lymphatischer Kanäle re sultiert in Hyp o pla sie ( Insuffizienz), Aplasie (Fehlen) oder Obstruktion (Ektasie) der Lymphbahnen, klinisch als LM i mp o nie rend. Klinisch wird folgende Klassifizierung bevorzugt: • Makrozystische LM ( d a s meist subkutan und h äufig an den Extremitäten gut abgrenzbare Lymphangio ma cavernosum ) . • Mikrozystische L M (z.B. das durch stecknadel- bis erbsengroße Knötchen und Bläschen i mponierende Lymphangioma simplex an der Haut oder auf der Zunge). • Kombinierte LM ( Hygroma colli bzw. Lymphangio ma cysticum, mit z.T. breiten ( "soliden") Bindege webswänden zwischen überwiegend großen Zy sten, > Abb. 9 . 1 3) . Komplikationen ergeben sich aus der gestörten ly mpha tischen Transportkapazität und der ggf. feh lenden Bar rierefunktion der Haut, z.T. groteske Schwellung ("Ent-
257
stellung"), Entzündung, Lymphödem, trophische Stö rungen, Einblutung. D ia gnosti k
Ein Großteil der LM wird bereits pränatal sonographisch diagnostiziert. 90% der LM manifestieren sich i nnerhalb der ersten 2 Jahre. Bei umschriebenen kleineren und problemlos chirurgisch zu entfernenden LM ist die So nographie ausreichend. Fehlende oder geringe Perfusi on erlaubt meist eine Abgrenzung zu anderen GM. In den anderen Fällen liefert d as MRT (Goldstandard) hin sichtlich therapeutischer Konsequenzen wichtige De tails: Ausdehnung (mediastinal!), Anteil solider bzw. kleinzystischer Anteile, benachbarte bzw. "infiltrierte Strukturen", insb. I nformationen zu Larynx- und Tra cheakompromittierung (ggf. ergänzt durch Laryngotra cheoskopie und Ösophagoskopie). Bei pränatal diagnostizierter LM im Kopf-Hals-Be reich sollte aus diesem Grund zur Risikoabschätzung unmittelbarer postnataler A temwegskomplikationen ein intrauterines MRT veranlasst werden ( > Abb. 9. 14). Thera p i e
Prinzipiell kommen verschiedene Therapieoptionen in Betracht ( > Tab. 9.6, > Abb. 9. 1 5) . Ko m p l i katio n e n u n d Prog nose
Bei makrozystischen, gut abgrenzbaren LM insb. im Ex tremitätenbereich kommt es nur sehr selten zu postope rativen Rezidiven; diese treten naturgemäß häufiger bei mikrozystischen bzw. kombinierten Formen, etwa in der Leiste, auf und beruhen in der Regel auf einer nur inkomplett möglichen Resektion. Die Gefahr der Wun d -
Abb. 9 . 1 3 LM zervikal, typischer intraoperativer Befund (a), nach Resektion (b)
I
258
9 Haut und Extremitäten
Abb. 9. 1 4
Intrauterines feta les M RT be i
ausgedehnter thora kaler LM: OA, Oberarm; UE, untere Extremität (a ); Anschnitt seitliche Thorax Strukturen konnte so ausgeschlossen werden (b).
wand; eine Infiltration zervikaler Weichteile und
Tab . 9.6 Therapie lymphangiomatöser Malformationen (LM). Therapie/Vorgehensweise
Ind ikation
Bemerkungen
.. Beobachten"
Kleine LM, die sich z . B . i m Rahmen einer Einblutung bemerkbar machen und an schließend eine Regression aufweisen
Selten; insb. wenn im Hinblick auf Narbe un gü nstig und/oder für Sklerosierung ungeeignet ( > Abb. 9. 1 4)
Sklerosierung mit OK-432 (lyo philisierter niedrig-virulenter
G ut geeignet bei makrozystischen LM; be dingt geeignet bei gemischten Formen; bei kleineren Zysten nur u ltraschallgesteuert
Erfolge bei makrozystischen LM: 86- 1 00% Ungeeignet bei mikrozystischen Formen, LM mit hohem Anteil solider Komponenten; z.T. mehrfa che Sklerosetherapie erforderlich
Streptococcus-pyogenus
Stamm, in kubiert mit Benzylpe nicillin) Operative Entfernung
Alternative zu OK-432 bei g ünstig (Narbe ! ) Wichtige Prinzipien: • So viel wie möglich entfernen, ohne gesunde lokal isierten umschriebenen makrozysti " Strukturen zu gefährden" schen LM; Therapie der 1 . Wah l bei ge mischten und mikrozystischen LM ; nach er • Ggf. mehrzeitiges Vorgehen orientiert an ana tomischen und ästhetischen Einheiten folgloser oder teilweise erfolgreicher Sklero • Re-Intervention im Bereich einer anatomischen setherapie Einheit und oder " delikater Strukturen " ver meiden Prolongierte postoperative Drainage Ü berwiegend bei gemischten LM Operation nicht a priori durch vorausgega ngene Sklerosierung erschwert •
Kombi nation OK-432 mit nachfolgender OP Laserinduzierte interstitielle Thermotherapie (Diodenlaser, Nd :YAG-Laser)
Indikation wird unterschiedl ich gesehen
Selten
Kompressionsbehandlung
Bei Lymphabflussstörung, z. B . bei kombi nierter Gefäßmalformation
Ggf. lebenslang als konservative Therapie erfor derlich
EXIT- Prozedur (ex utero intra parturn technique)
Pränatales/intrauterines M RT wegweisend
Tracheobronchoskopie und ggf. Tracheotomie beim noch nicht abgenabelten Neugeborenen
heilungsstörung ist bei notwendigerweise dermisnaher Resektion und/oder großer undrainierter Höhlenbi.l d ung erhöht. Die OK-432- Therapie kann neben häufig zu beobachtenden temporären lokalen reaktiven Verän derungen durch sekundäre spontane Nachblut ungen,
Spä t i n fekte , lebensbedrohliche Schwellungen (paratra cheal) und Rezidive ko mpl iz iert sein. Nach de Serres lässt sich für d i e zervikofasziale LM (Hygroma colli) die Wahrscheinlichkeit prä- und post operativer Komplikat ionen folgendermaßen abschätzen:
9.2 Nävi
Abb. 9.1 5 im
Lymphangiomatöse Malformation der l i nken Wange,
Ver l a u f (bisher keine spezi fi sche Therapie).
Typ Abb. 9. 1 6
Typ
I
M orbid itä t und
Prognose zervi kofaszialer
M RT (transversal und korona r) bei Erstman ifestation und k l i n isch er Befund
II
Typ 1 1 1
Typ IV
LM bei operativem Vorgehen.
Stadium
Lokalisation
Wahrscheinlichkeit (%)
I
unilateral infrahyoidal
17
II
unilateral suprahyoidal
18
III
unilateral supra- und i nfrahyoidal
67
IV
bilateral su prahyoidal
80
V
bilateral supra- und infrahyoidal
1 00
Eine defin ierte Größeneinteilung unter Berücksichti gung zweier HUfslinien (laterale Begrenzung des Ge· sichts, Mediane) ermöglicht bei operativem Vorgehen prädiktive Aussagen bezüglich Morbidität und Prognose ( > Abb. 9. 1 6). Während s ich für Typ II (in 1 5-23% postoperative Komplikationen) vs. Typ III keine signifikanten Unter schiede ergaben, ist das Risiko postoperativer Kompli kationen ( l n nervationsstörung, Serom/Teilrezidiv, I n fektion) bei Typ IV mit 67-83% signifikant höher als bei Typ II1 (25-38%).
9.2 N ä v i
9.2.1 M e l a n ozytä re Nä v i Epidemiologie Man unterscheidet angeborene v o n erworbenen Nävi. Kongenitale Nävi finden sich bei l% der Neugeborenen; gro ße ( > 20 cm) kongenitale Nävi ("bathing suit nae vus") treten etwa mit einer Häufigkeit von I : 20 000 auf. Erworbene Nävi können sich bereits in den ersten Le bensjahren entwickeln. Im Alter von 5 Jahren sind bis z u 4 melanozytäre Nävi/Kind z u erwarten, bei den 1 4- bis 1 8-Jäh rigen fi nden sich bei knapp 30% 1 0- 1 00 Nävi. Die Prävalenz der klinisch atypischen und damit aus thera peutischer Sicht relevanten Nävi wird dabei mit 24% an gegeben. Statistisch relevante Assoziationen finden sich zwischen der Anzahl der Nävi, dem Geschlecht, der Haar- und Augenfarbe, dem Hauttyp und einer positi ven Familienanamnese sowie der Anamnese intermit tierender in tensiver Sonnenexposition im Ki ndesalter.
259
260
9 Haut und Extremitäten
K o n g e n ita le Nävi (CM N) ( > Ta b. 9, 7; > Abb. 9. 1 7, > Abb. 9. 1 8) H istologisch ist es charakteristisch, dass die dermalen Zellformationen bis in die Tiefe der Dermis reichen und z.T. Hautanhangsgebilde wie H aarfollikel und Schweiß drüsen, aber auch Nerven und Gefaße einhüllen bzw. bis zur tiefsten Ausdehnung dieser Adnexorgane heranrei chen. Die Nävuszellverbände erreichen z.T. das subkuta ne Fettgewebe, die Faszie und die M uskulatur. Man un terscheidet: I n d i kation z u r c h i r u rg isch e n Thera p i e u n d H istopa t h olog iegewi n n u n g
Die tatsächliche l nzidenz maligner Melanome bei klei nen oder mittleren CMN ist unbekannt. Die Gesamtinzi denz maligner Melanome für alle drei Formen wird mit 0,7-2,4% a ngegeben, für die großen CMN wird das Me-
lanomrisiko mit 2,3- 1 0% veranschlagt. Dennoch ist nicht generell die Entfernung aller Läsionen notwendig. Das Management wird kontrovers gesehen. Wurde bis vor Kurzem noch in jedem Fall die möglichst frühe und vollständige Exzision der großen CMN als "unbe dingt erforderlich" angesehen, muss heute bei der Auf klärung und Indikationsstellung prinzipiell Folgendes berücksichtigt werden: • Bei unproblematisch resezierbaren CMN wird die Ent fernung unabhängig von der Lokalisation empfohlen. • CMN im Gesicht sollten entfernt werden. • Nachweislich hohe Patientenzufriedenheit bei Exzisi on von CMN < 20 cm und solchen im Gesicht. • Die I 00 Jahre alte "Abtropftheorie" i st widerlegt und berechtigt n icht z u einem besonders frühen Vorge hen. Die Tiefenausdehnung korreliert primär mit der Größe des CMN. Melanome entstehen klassischer weise innerhalb der t ieferen Zellen der Dermis. • Dies relativiert Indikation und Zeitpunkt einer Dermabrasio.
Tab. 9.7 Eigenschaften kongen italer Nävi. Kongenitale Nävi
Beschreibung
Großer C M N
20 cm Durchmesser (adulte Größe) bzw. > 5% der Körperoberfläche; Prädilektionsstellen: dorsal a m
Rumpf, auch a n Kopf u n d Extremitäten. Gleichmäßige dunkle Pigmentierung, scharf begrenzt, oft nodu lopapulär, z .T. mit Hypertrichose Assoziation mit leptameningealer und neurokutaner Melanozytose (MRT) bevorzugt bei Lokalisation am Kopf in der Mittellinie oder bei zusätzlichen Satelliten Neurologische Entwicklungsstörungen, Epilepsie auch bei normalem M RT möglich ,
Mittelgroßer CMN
> 2 cm und < 20 cm Durchmesser
Kleiner CMN
< 2 cm Durchmesser; Prädilektionsstellen: unterer Rumpf, oberer Rücken, Schulter- und Brustbereich, proxi male Extremitäten; flach, erhaben, verrukös oder nodulös , braun bis schwarz
Differenzialdiagnose (bei Geburt)
I
Mongolenfleck, Cafe-au-lait-Fieck, Naevus Ota (blauschwarze Pigmentierung im Versorgungsgebiet des zweiten Trigemi nusastes), Naevus lto (grauschwarze Pigmentierung im Schulter- und Brustbe reich)
e r ste n und
Abb. 9. 1 7 Mittelgroßer (beim S ä u g l i n g von der Wi r b e lsä ul e bis zur s e i t l i c h en R u m p fbe g re nz u n g re i ch en d e r ) kon gen i ta le r Nävus am Rücken (a): Serielle Resektion in 2 Sitzungen. Cave: Defekt nach ini tial er Teilresektion immer größer als Anzeichnung (b); kindgerechte Nahttechnik, Wundrandinfiltration (c) 2 . Sitzung: Intrakutannaht möglich (d, e).
9 . 2 Nävi
•
•
•
• •
•
•
•
Melanome können im Bereich tangential entfernter CMN entstehen. Patienten mit großen CMN scheinen generell ein ab normales melanozytäres Verhalten aufzuweisen; ku tane und extrakutane Melanome entstehen auch nach ihrer vollständigen Entfernung. Neue CMN können an den Resektionsrändern auftre ten, ebenso nach Expandertherapie (Satelliten). U nbeh an delt e CMN können spontan aufhellen. Lokalisation und die M ögl ichkeit der klinischen Be obachtung müssen bei konservativem Vorgehen be rücksichtigt werden. Eine vollständige Entfernung ist bei Vorliegen einer leptomenigealen und neurokutanen Melanozytose erforderlic h . Eine Biopsie/Exzision neu auftretender Satelliten ist erforderlich. Multidisziplinäres Team zum Wohle der Kinder!
261
E rworbene N ä v i Nachdem erworbene melanozytäre Nävi (früher unge nau: Nävuszellnävus, "Muttermal aus Muttermalzellen entstanden") den wichtigsten Risikofaktor hinsichtlich der Entwicklung von malignen Melanomen darstellen, sind sie verstärkt in das Blickfeld auch der Kindermedizin geraten. Im Kindesalter handelt es sich in über 90% um den mela n ozytären Nävus vom Junktionstyp, aus dem sich der Compoundtyp und nach Proliferationsstopp der dermale Nävus entwickeln ( > Tab. 9.8; > Abb. 9. 1 8) . Melanomrisiko ln histologischen Präparaten malig ner Melanome finden sich in 20-30% Anteile melanozy tärer Nävi. Aber nur ein sehr kleiner Anteil ( I : 3000 bis 1 : 5000) der erworbenen melanozytären Nävi unterliegt einer malignen Transformation. Indikation zur Exzision und Histo(patho)logie Gewinnung:
Tab. 9.8 Klinik und Histologie melanozytärer Nävi. Melanozytärer Nävus vom J unktionstyp Klinik: scharf begrenzte, dunkelbraun-schwarze, rund-ovaläre Ma kula Histologie: melanozytäre Proliferation in Form von Zel lnestern a n der Verbindung der Dermis mit der Epidermis
Melanozyt, Nävus vom Compoundtyp Der Junktionstyp kann im Be Klinik : hell- bis dunkelbraune, rund-ovaläre reich der Handflächen und Fuß sohlen und im Genitalbereich bis 3-5 mm große Papel (± maku löse Komponente) Histologie: zusätzliche strang- und nestförmige i n das E rwachsenalter a ls Junk Nävuszellformationen in der Dermis; Pigmentbil tiansnävus persistieren d u n g rückläufig
Dermaler melanozytärer Nävus Klinik: Läsion wird zunehmend erhaben, pa p u l öse und noduläre Anteile, pendulierende Formen; hautfarben; z.T. Restpigmentierung an der Oberfläche Histologie: Alle melanozytären Zellverbände liegen rein dermal
I 9 . 1 8 Diverse Nävustypen: M elanozytärer Nävus vom Compoundtyp (a), blauer melanozytärer Nävus (b), kleiner kongenitaler mela n ozytärer Nävus (c), kongenitaler melanozytärer Nävus mit Hypertrichose (d), verruköser melanozytärer Nävus vom dermalen Typ (e), mela
Abb.
nozytärer Nävus vom Compoundtyp mit Nebeneinander von papulöser und makulärer Komponente (f).
262
9 Haut und Extremitäten
•
Plötzliche Größenzunahme • Entwicklung von Satelliten • Verschiedenfarbigkeit (rötliche, bräunliche, gräuliche, schwarze und blaue Anteile) • Regionale Lymphknotenvergrößerung • Randunregelmäßigkeiten, Kerben • Schuppung, Ulzeration, Erosion, Induration • B es ti mmte Lokalisationen (Hohlhand, Fußsohle) Häufig sind diese verdächtigen V erä nderungen aller dings die Folge von lokaler Irritation, Entzündung oder auch Maturation im Adoleszentenalter. Symptomatische Nävi (Schmerzen, Jucken, Blutung) und große und/oder kosmetisch störende Nävi führen häufig zu einem kon kreten Behandlu ngswunsch . Die mögliche Vorgehens weise einer "engen Beobachtung" konkurriert nicht selten mit der Empfehlung, den Nävus zugunsten einer dann si cheren Aussage bzgl. weiterer Entwicklung und Histolo gie zu entfernen. Nachdem die Exzision im Rahmen eines ambulanten Eingriffs unkompliziert ist, kann sie im Zwei felsfall auch in diziert sein, um Patient und Eltern jegliche Sorge zu nehmen. Sonderformen siehe >- Tab. 9.9. "
"
und einer zirkulären Umschneidung oder Stanze aus kos metischen Gründen in jedem Fall vorzuzieh en. Ein Sicher heitsabstand von l mm ist für die meisten Veränderungen akzeptabel . In jedem Fall m üssen ei nige Millimeter subku tanes Fett parallel zur Oberfläche mitreseziert werden. Gegeneinander abzuwägende Techniken bei großen Nävi: • L okal e Lappen- und Verschiebeplastiken • Serielle Exzisionen mit Be g in n zentral ( ! ) • D efek tdecku n g mit Hauttransplantat (vorzugsweise zweizeitig) • Expanderimplantation zur Vergrößerung von gesun dem Nachbargewebe, bei Explantation dann Nävus resektion und Primärverschluss Prinzip iell erscheint die nicht resorbierbare intrakutane Naht am günstigsten. Bei notwendigen Einzelknopfnäh ten erlaubt die Unterlage eines Mersilenebändchens ei nen kin dgerechten F aden zu g ( > Abb. 9. l 7c). Ist das betroffene Areal bzgl. des F adenz ugs diffizil, ist resor bierbares Nahtmaterial vorteilhaft.
9.2.2 N ichtm e l a n ozytäre Nävi u n d
Pri nzipie l le kinderch i rurg ische Aspekte zur Operati onstech n i k Die ovaläre oder spindeiförmige Entfernung mit Platzie rung der Narbe entlang der Hautspaltlinien ist anzustreben
Dermatosen Hierbei handelt es sich um Nävi, die nicht von Melano zyten ihren Ausgang nehmen. Man unterscheidet orga noide Epidermalnävi, bei denen mehr als eine Gewebe-
Tab. 9.9 Sonderformen melanozytärer Nävi (Auswahl).
I
Synonym: dysplastischer melanozytärer Nävus, definiert wenn 3 der folgenden Kriterien erfü llt sind: unscharf begrenzt, unregelmäßig begrenzt, Pigmentierung variierend, makulöse Komponente, > 5 mm Auftreten sporadisch (> 10 Jahre, häufig am Rücken) oder assoziiert m it familiären malignen Melanomen (dys plastisches Nävus-Syndrom, B-K-mole syndrome, in 1 0% der Fälle Entwicklung eines malignen Melanoms) .... Präventive Exzision n icht generell empfohlen, bei multiplen (familiären) Nävi auch nicht möglich; ratsam bei Kindern mit Immun schwäche, unter C hemo- oder Strahlentherapie; häufig diagnostisch Ursprünglich von Sophie Spitz als j uveniles malignes Melanom beschrieben. Charakteristischerweise schwie rig vom malignen Melanom zu u nterscheiden. Meist bräunl ich-rötliche, glatte, harte, symmetrische und kuppel förmige Papel < 1 cm ..... ln 5% Lokalrezidiv; bei positiven Rändern Nachresektion mit Sicherheitsabstand von 5 mm empfohlen, a uch um s p ä te re Verwechselungsgefahr mit malignem Melanom zu vermeiden Typisch ist ein den Nävus (meist Junktions- oder Compound-Typ) umgebender depigmentierter Hof; der eigentli che Nävus bildet sich in der Regel zurück, die Depigmentierung verbleibt oder repigmentiert -+ Indikation zur Resektion richtet sich nach dem zentralen Nävus Synonym: Kibitzei-Nävus. Einem Cafe-au-Lait-Fieck ähnliche Grundpigmentierung im Kindesalter mit im Ver lauf auftretenden gesprenkelten, kleinfleckigen, deutlich dunkleren Pigmentierungen. 2-1 0 cm. Nävus Spilus häufiger bei Melanompatienten als in Kontrollgruppe, ..malignes Potenzial " unterschiedlich bewertet ..... Dynamik und G röße führen häufig zur Exzision, nicht generell empfohlen Solitäre, glatte, kuppelförmige bläulich-graue oder blau-schwarze Papel oder Knötchen, < 1 0 mm (gewöhnlicher blauer Nävus). Beim zellreichen blauen Nävus ( 1-3 cm) Anordnung der spindeiförmigen Melanozyten in der Dermis zu Nestern und Zel lsträngen, z.T. bis in Subkutis reichend. Abgrenzung gegenüber Melanom z.T. schwie rig. G ilt auch für den kombinierten blauen Nävus Histologische Abgrenzung recht sicher
_.
9.3
struktur (Hautanhangsgebilde) an der Hautanomalie beteiligt ist (z.B. den Naevus sebaceus), von nichtorga noiden Epidermalnävi (keine Vermehrung von Adnex strukturen, z.B. im Rahmen von Proteus-Syndrom, Schimmelpenning-Syndrom), Bindegewebsnävi (z.B. bei tuberöser Sklerose) und vaskuläre Nävi .
Haut- und subkutane Tumoren
263
ein meist vorhandener kleiner zentraler Porus ist häufig nicht erkennbar. Die Zysten sind asymptomatisch, solan ge sie nicht rupturieren oder sich sekundär infizieren. Therapie D ie vollständige Entfernung vor dem Auf treten von Komplikationen wird empfohlen. Im Stadium der Infektion muss zunächst konservativ (antibiotisch) behandelt werden, bevor die Exstirpation geplant wird.
Naevus sebaceus Synonym
9.3.2 D e rmaidzyste
Talgdrüsennävus.
Beschreibung Scharf begrenzter, meist ovalärer, gelb orangefarbener, unbehaarter, erhabener Nävus mit ange deutet orangenschalenartigem Relief, bevorzugt an Kopf und Hals lokalisiert. Bei Geburt ist er häufig noch sehr flach und erhält sein charakteristisches Aussehen erst in der Pubertät durch die Vermehrung der Talgdrüsen und Hyperkeratose. Man geht davon aus, dass der Naevus se baceus von pluripotenten primären epithelialen Zellen ausgeht, weshalb er die Möglichkeit der sekundären Ent wicklung verschiedener epithelialer Tumoren (Syringo cystadeno ma papilliferum, Basaliom) beinhaltet. Therapie der Wahl in der Pubertät.
Vollständige Exzision spätestens
9.3 H a ut- u n d s u b k uta ne
T u m o re n An dieser Stelle kann nur eine Auswahl der dem Kinderc h i rurge n gelegen tlich vorgestellten nichtmelanozy tären Hauttumoren angesprochen werden. Das Basali om und kutane maligne Tumoren werden hier nicht be handelt.
Beschreibung Es handelt sich um eine kongenitale, mit der epidermalen Zyste verwandte Veränderung, die im Einzelfall klinisch schwer zu unterscheiden ist. Sie stellt die häufigste subkutane knötchenförmige Verän derung im Kindesalter dar. Histopathologie Histopathologisch ist sie durch zu sätzlich enthaltene dermale Elemente von der ep id e rma len Zyste zu differenzieren, Haarbalganteile bilden die Zystenwand.
Klinik Die Dermaidzyste ist typisch am Kopf über dem lateralen Orbitarand ( > Abb. 9. 1 9) oder retroauri kulär lokalisiert, kommt aber auch im Brustbereich pa ramedian vor. Sie liegt immer eng dem Knochen an, bil det oft eine Mulde und ist dadurch nicht verschieblich. Ggf. ist differenzialdiagnostisch die (sonographische) Abgrenzung zu Lymphknoten (retroaurikulär) nötig. Therapie Die Therapie der Wahl ist die vollständige Entfernung möglichst ohne Eröffnung der Wand, da dies zum Rezidivrisiko führt. Im Orbitabereich ist die Schnittführung i n oder oberhalb der u n ras i erte n Augen braue zu wählen.
9.3.3 P i l omatrixom 9.3.1 E p i d e r m a l e Zyste
Synonym
Beschreibung Auch als Atherom bezeichnet, entsteht diese Zyste durch die Akkumulation von Hautabschilfe rungen und Keratin, das durch in die Dermis verspreng te ep i t h e l i al e Zellen produziert wird. Auslöser s i nd meist Mikrotraumen. Sie findet sich meistens am Kopf, am Hals, im Brust- oder oberen Rückenbereich.
Beschreibung Das Pilomatrixom ist die zweithäufig ste subkutane knötchenförmige Ve rän derung im Kin desalter.
Die K linik ist durch eine gut abgrenzbare, meist relativ feste, gut verschiebliehe subkutane Ra um forderung geprägt. D ie dar ü be r liegen de Haut ist normal,
Klinik
Epithelioma calcificans Malherbe.
Klinik Die Klinik ist geprägt von einem tief dermalen oder subkutanen, sehr harten, solitären Knoten mit ei nem Durchmesser von 3-30 mm, der bevorzugt im Ge sicht, an Kopf, Nacken oder der oberen Extremität loka lisiert ist. Die darüber liegende Haut ist meist unauffäl lig, kann aber einen rötlich-blauen Farbton aufweisen.
I
264
9 Haut und Extremitäten
Abb. 9 . 1 9 Dermaidzyste loco typico (a, b); intraoperativer Befund (c); Präparat (d); 5 Tage postoperativ, resorbierbare Intrakutannaht und Klebung (e); Knochendefekt links-temporal bei bis zum 1 0. Lebensjahr n icht entfernter Dermaidzyste (f).
Histopathologie H istopathologisch imponieren irre gulär geformte Inseln von epithelialen Zellen, eingebet tet in zelluläres Stroma; in 70% sind Kalkablagerungen nachweislich.
> 5 mm (präpubertär) bzw. sucht werden.
15
mm (postpubertär) ge
Therapie Lokalisation, I rritation und Wunsch nach Klärung der Histologie führen zur Exzision.
Therapie I m Einzelfall ist die chirurgische Entfernung störender kutaner Neurofibrome notwendig. Plexiforme Neurofibrome müssen aus diagnostischen G ründen (NF) nicht biopsiert werden.
9.3.4 N e u ro g e n e Tu m o re n
9.3.5 L i p o m , Li p o b l asto m
Beschreibung Kutane Neurofibrome manifestieren sich als derbe, irreguläre, solitäre purpurne Knötchen auf der Haut, charakteristischerweise während der Adoles zenz, und kommen sporadisch oder im Rahmen einer Neurofibromatose (NF) vor. Bereits bei Geburt vorhanden sind dagegen plexiforme Neurofibrome, die aus diffus verdickten oberflächlichen Nerven resultieren, meist peri orbital und temporal lokalisiert sind, sich als derbe, knor pelig anmutende Stränge tasten lassen und klinisch auch als diffuse subkutane Gewebsvermehrung imponieren.
Es handelt sich um eine benigne lobulierte Ansammlung von Fettgewebe in einer Bindegewebskapsel, die meist am Rumpf, am H als und an den proximalen Extremitä ten gefunden wird. Das Lipoblastom enthält zusätzlich unreife Fettzellen.
Klinik Neben den Cafe-au-Lait-Flecken sind Neurofi brome ein weiteres der klassischen 7 Zeichen einer NF. Für die Diagnose müssen 6 oder mehr Neurofibrome
Klinik Lipome tasten sich als relativ weiche (ver gleichbar mit H ämangiomen), komprimierbare, meist unregelmäßig begrenzte subkutane Tumoren. M ultiple Läsionen (Lipomatosis) werden im Rahmen des Gard ner-Syndroms und kongenital z.B. in Verbindung mit dem Proteus-Syndrom beobachtet. Mit der Bildgebung gelingt keine sichere Di fferenzierung zwischen Lipom, Lipoblastom und Liposarkom.
9. 4 Verruköse H autveränderungen
265
Therapie Die volJständige Entfernung muss das Ziel sein. Cave: Verlust der Tumorbegrenzung während der Präparation.
9.4 Ve rru köse
H a utverä n d e r u n g e n Warzen entwickeln sich bei 5- 10% der Kinder. Prinzipi ell besteht die Möglichkeit der spontanen I nvolution; die Chance liegt bei 50%. Abb. 9.20 Condylomata acumi nata bei e i nem 3-jährigen Knaben.
9.4.1 Verrucae v u l g a res H umanpathogene Papillomviren (Typ 2 und 4) infizie ren Epithelzellen der Haut und Schleimhaut und rufen warzige Wucherungen hervor. Die Infektion erfolgt durch direkten Kontakt oder über unbelebte Vektoren ( Hornschüppchen). Prädilektionsstellen sind die Finger, der Handrücken, der Nagelwall, das Gesicht, die Knie beugen und die Ellenbogen. An den Fußsohlen (Verru cae plantares, H P V Typ I ) sind die Dornwarzen häufig enorm schmerzhaft. Die sichtbaren braunschwarzen Pünktchen und Streifen durch thrombosierte Kapillar schlingen und die Unterbrechung der Papillarleisten grenzen die Befunde differenzialdiagnostisch von Schwielen und Clavi ab.
der Geburt, als Autoinokulation ( Kinder > 4 Jahre, H PV 2) oder als Heteroinokulation von virushaltigem Material ( Handtücher, gemeinsames Bad, Babypflege) möglich. Die Assoziation mit sexuellem Missbrauch ist bekannt und m uss ggf. geklärt werden. Bei exzessiver Wucherung ist der Ausschluss einer H IV -Infektion indi ziert. Klinik Zunächst kleine, stecknadelkopfgroße, weiß lich-rötliche Knötchen, die im Verlauf papillomatös und schließlich blumenkohlartig wuchern. Bevorzugte Loka lisation ist das äußere Genitale beider Geschlechter, die Perianalregion (bevorzugt bei Knaben und Kindern < 2 Jahre) sowie die Inguinalregion.
Therapie Konservative Therapieansätze stehen prin zipiell im Vordergrund (Salicylsäure-Pflaster, flüssiger Stickstoff, Dye-Laser u.a. ) . Die Exkochleation ist primär bei einzeln stehenden Warzen und bei therapieresisten ten Beschwerden bereitenden Plantarwarzen indiziert; in Ausnahmefällen muss auch eine chirurgische Exzisi on mit und ohne primären Wundverschluss erfolgen.
Therapie Die Exzision zur molekularbiologischen Vi rusidentifikation ist differenzialdiagnostisch nicht routi nemäßig erforderlich. Einzeln stehende Condylomata können erfolgreich operativ ( Exzision, elektro-, kryo-, laserchirurgisch) entfernt werden. Podophylotoxin zur lokalen Behandlung ist zulassungsbeschränkt; die A n wendung i s t w i e andere konservative Behandlungsme thoden zusammen mit der Dermatologie anzustreben.
9.4.2 C o n d y l o m ata a c u m i n ata
9.4.3 M o l l u sca conta g i osa
Synonyme Spitze ( > Abb. 9.20).
Kondylome
oder
Feigwarzen
Beschreibung Wie bei Erwachsenen wird auch bei Ki ndern häufig H PV 6 und 1 1 nachgewiesen, aber auch H PV L , 2, 3, 16 und 1 8. Bei den Kindern selbst oder bei Personen in der U mgebung finden s ich oft HPV-2-halti ge Verrucae vulgares. Der I n fektionsweg ist im Ei n zelnen schwer nachzu vollziehen; eine Inokulation ist in utero oder während
Beschreibung Der Erreger ist ein DNA-Virus aus der Gruppe der Pockenviren und vermehrt sich im Zyto plasma epithelialer Zellen. Die Infektion erfolgt durch direkten Kontakt und breitet sich d urch Autoinokulati on aus. Gesunde Schulkinder und immunsupprimierte Kinder sind am stärksten betroffen. Klinik Die Klinik ist durch kleine, perlenartige, fast hautfarbene 1 -5 111111 große Papeln mit typischerweise zentralem Umbilicus ( "Dellwarze") charakterisiert, aus
I
266
9 H aut und Extremitäten
Abb. 9.21 Del iwarzen im El lenbogenbe reich, nach Exkochleation und Blutstillung mit E i sen·II I·Chlorid.
dem sich b isweilen käsiges Material exprimieren lässt. Gewöhnlich finden sich die Mollusken an ein b is zwei Hautbezirken des I nteguments gruppiert; ausgenom men sind der behaarte Kopf sowie die Fuß- und H and flächen . Eine ekzematöse Reaktion der Umgebung ist möglich . Innerhalb von 3-6 Monaten selbstlimitie rend. I nsbesondere bei zunehmender Ausbreitung ist auch eine vorzeitige Therapie durch Kürettage der Mol lusken nach EMLA ® -Okklusivverband oder in Narkose indiziert. Nach Blutstillung m it Eisen-III-Chlorid ( 1 0% Liqu. Ferrisesquichlorat) kommt es zur narbenlosen Ab heilung. Die Kryotherapie und lokale konservative Maß nahmen sind wegen der schwierigen Durchführbarkeit und Rezidivneigung zweitrangig. Therapie
9.5 Therm ische Ve r l etz u n g e n
(Ve r b re n n u n gNerbrü h u n g )
9.5. 1 Patho p hysi o l o g i e Ver b ren n u n g/ Ve rb r ü h u n g Definitionsgemäß wird von einer therm ischen Verlet zung, also einer Verbrennung oder Verbrühung, dann gesprochen, wenn die Regulationsfähigkeit der H aut durch zu hohe Temperaturen überfordert wird. Unter schieden werden dabei: • trockene Hitze (Flammen, heiße Gegenstände) • feuchte Hitze ( heiße Flüssigkeiten wie Wasser, Tee, Öl ) • Hitze durch Strom • thermischer Schaden durch Strahlung (Sonne, Radioaktivität) Bei der thermischen Verletzung der H aut wird Energie in Form von H itze auf die Haut übertragen. je höher die spezifische Energie (Temperatur) und je länger die Ein wirkzeit ist, umso tiefer dringt die Hitze i n die H aut ein. Das Ausmaß der Schädigung dokumentiert sich in der Verbrennungs-/Verbrühungstiefe. Die intrakutan auftre tende Wärme ist bei der Verbrühung relativ niedrig, also geringer als 1 00 oc (z.B. bei Kontakt mit heißen oder ko chenden Flüssigkeiten), während sie bei der Entstehung durch Flammenwirkung (900 oc mittlere Flammen temperatur) oder direkte Leitung (z.B. Metalle, Chemi kalien) hoch ist. Unter der Einwirkung von Hitze kommt es zum kontinuierlichen Wasserverlust Aufgrund ihrer geringen thermischen Leitfähigkeit vermag es die Haut, einer Temperaturerhöhung > I 00 oc durch Verdampfen von intra- und extrazellulärem Wasser kurzzeitig entge genzuwirken. Andererseits kommt es durch eine nur langsame Wiederabgabe der Wärme auch nach Abbruch der äußeren Hitzeeinwirkung ggf. zu einer fortschreiten den Gewebeschädigung; dieser Vorgang wird als Nach brennen bezeichnet. Ab einer intrakutanen Temperatur von ca. 45 °( entstehen Erytheme, ab 55 °( ko m m t es zu Blasenbildung, und bei Temperaturen > 60 oc ist infolge von Eiweißdenaturierung Nekrosenbildung zu beobach ten. Eine konstant einwirkende Temperatur von 48 oc verursacht in l 0 M inuten eine m-Grad-Verletzung, bei 65 °( daue rt es lediglich 2 Sekunde n ! Akut res ultieren Zelltod, Eiweißdenaturierung und l l1rombosierung der bet roffenen Gefäße. =
Verbrennungen oder Verbrühungen der Haut, der H autanhangsgebilde sowie des Subkutangewebes sind ein traumatisches Ereignis mit potenziellem Einfluss auf die Lebensqualität. In Deutschland m ussten im Jahr 2005 ca. 6000 Kinder wegen einer thermischen Verlet zung stationär behandelt werden, ca. 314 davon wegen einer Verbrühung, nur 1;4 wegen einer Verbrennung. Eine H ochrisikogruppe stellen Säuglinge und Kleinkin der dar; Kinder unter 3 Jahren waren zu 55% betroffen. Die häufigsten und typischen Unfallmechanismen wa ren bei den Verbrühungen das Verschütten von heißem Kaffee/Tee oder von frisch aufgekochtem Wasser. Ei nen besonderen Unfallschwerpunkt stellen kabelge bundene Wasserkocher in der Küche dar, die von Kleinkindern heruntergezogen werden. Typische Ver brennungsmechanismen sind das Anfassen heißer H erdplatten, Ofentüren oder B ügeleisen sowie Grillun fälle m it Brandbeschleunigern.
9.5 Thermische Verletzungen (Verbrennung/Verbrü h u ng)
J
267
Epidermis
Dermis
10
normale H a ut
20
3
oberflächlich
tief
ganz
Dermal
Dermal
Dermal knapp 3°
---
Abb. 9.22
Spontanheilung
- 1 +---
Chirugie
0
tief 3° ---1 ..
-
1
Schweregrad- Einteilung entsprechend der Verbrennungstiefe.
Altersspezifisch ergeben sich die folgenden Besonder heiten: • Kinder haben eine größere Körperoberfläche im Verhältnis zum Körpergewicht, somit erfolgt eine stärkere Dehydratation und ein erhöhter Wärmever lust, vor allem bei zu starker Kühlung als Notfall maßnahme. • Es besteht eine andere anatomische Proportion von Kopf und Körper zugunsten des Kopfes. • Die dünnere Haut prädestiniert zu potenziell tieferer Verletzung. • Es wird eine stärkere Narbenbildung mit prolongierter Narbenreifung beobachtet. Da die Eindringtiefe der Hitze direkte Auswirkungen auf die spätere Therapie und das Ergebnis der Behandlung hat, ist die daraus resultierende Gradeinteilung von emi nenter Bedeutung ( > Abb. 9.22). Es werden vier Grade unterschieden: • Grad 1: Die thermische Verletzung erreicht nur die oberste Schicht der Epidermis, das Stratum corneum. Die Haut ist gerötet, die Oberfläche intakt, sch merz haft und geschwollen.
I Abb. 9.23 •
•
Verbrennung Grad lla der Ha nd, Entfern ung der Blase n .
G rad Ila: Die thermische Verletzung ist auf die Epi dermis begrenzt, wobei das Stratum basale und die Haarfollikel erhalten sind. Die Haut zeigt locker sitzen de Blasen; der Wundgrund ist feucht, hyperämisch und sehr schmerzhaft ( > Abb. 9.23, > Abb. 9.24). Grad llb: Die thermische Verletzung umfasst die komplette Epidermis mit Beteiligung des Stratum ba-
268
I
9 H a u t u n d Extremitäten
Abb. 9.24 Verbrühung Grad lla des Fußes.
Abb. 9.26 Verbrennung Grad 1 1 1 der Hand (Bügelmaschine).
Abb. 9.25 Verbrennung G rad llb der Handinnenfläche.
ziert werden können, ist die primäre Unterscheidung zwischen Grad I l a oder I l b im Initialstadium oft nur sehr schwer möglich. Da es vor allem bei den Verbrü hungen zum "Nachbrennen" kommt und eine exakte Gradeinteilung, vor allem die wichtige Unterscheidung in Grad Ila oder Ilb dann erst einige Tage nach dem Un fall erfolgen kann, sind frühzeitige Prognosen über end gültige Therapie und Ergebnis nicht sinnvolL Kompliziert wird die thermische Verletzung beson ders an ausgewählten Lokalisationen wie Gesicht, Hals, weiblicher Brust, Händen und Füßen, großen Gelenken sowie im Anogenitalbereich. D ie Zuweisungskriterien in ein Behandlungszentrum für brandverletzte Kinder (Tel. 040/2882-3998) lauten:
sale; H aarfollikel und Dermis sind noch erhalten. Die Haut zeigt fetzenförmige Blasenbildung; der Wund grund ist trocken bis feucht, rötlich mit weißlichem Netzmuster und mäßig schmerzhaft ( > Abb. 9.25). • Grad 111: Die thermische Verletzung umfasst die komplette Epidermis, die Dermis mit Haarfollikeln und Hautanhangsgebilden. Die Haut zeigt teils tro ckene Blasenbildung, teils Brandschorf. Der Wund grund ist trocken mit erhöhter Konsistenz, weißlich und weitgehend schmerzlos ( > Abb. 9.26) . • Grad IV: Die thermische Verletzung reicht bis in das Subkutangewebe oder bis zur M uskelfaszie. Je nach Unfallmechanismus (trockene oder feuchte H itze) zeigt sich eine Verkohlung oder die komplette weiße Denaturierung von Epidermis und Dermis. Die Kon sistenz ist prall-hart; Berührungsschmerz fehlt kom plett Oft liegen verschiedene Grade nebeneinander vor. Die Einschätzung der Tiefe der thermischen Verletzung di rekt nach dem Unfall ist schwierig und führt oft zu Fehl einschätzungen. Während thermische Verletzungen der Grade I, J I I und IV für den Erfahrenen klar diagnosti-
•
Kind < 1 Jahr
•
mittelschwer
•
seinver
Ila Ilb III
•
lil Il+l!I
•
•
Inhalationstrauma
•
Elektrotrauma
•
Chemische Noxen
• •
•
5- 10% KOF 1 -5% KOF 1 -5% KOF > 5 % KOF > 1 0% KOF
9.5.2 D i a g n ost i k Die Einschätzung der Fläche der verletzten Haut erfolgt zuverlässig bei Adoleszenten gemäß der "Neuner-Regel" nach Wallace, bei Säuglingen und Kleinkindern nach der I - Prozent-Regel (Handfläche = 1% KO F) ( > Abb. 9.27). Alternativ kann > Tabelle 9. 1 0 nach Lund und Bow der angewendet we rden .
9.5
Thermische Verletzungen (Verbrennung/Verbrühung)
269
1 0% vorne und hinten je 15%
1 5%
Säugling
A bschätzung der verletzten Hautoberfläche nach der " NeunerRegel " (Prozent verbrannte Hautoberfläche).
Abb. 9.27
5 Jahre
Erwachsene
Tab. 9.1 0 Abschätzung der verletzten Hautoberfläche nach Lund und Bowder. Verbrennung Kopf Hals Rumpf (vorne)
13
13
13
Ru mpf (hinten)
13
13
13
13
13
13
Gesäßhälfte rechts 2,5
2,5
2,5
2,5
2, 5
2, 5
Gesäßhälfte Ii nks
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
13
13
13
1
Genital ien Oberarm rechts
4
4
4
4
4
4
Oberarm links
4
4
4
4
4
4
Unterarm rechts
3
3
3
3
3
3
Unterarm links
3
3
3
3
3
3
H an d rechts
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
Han d lin k s
2,5
2,5
2.5
2,5
2,5
2,5
Obersehen kel rechts
5,5
6, 5
8
8,5
9
9,5
Oberschenkel li nks 5,5
6, 5
8
8,5
9
9, 5
Unterschenkel rechts
5
5
5,5
6
6, 5
7
U nterschenkel li nks
5
5
5,5
6
65
7
,
Fuß rechts
3, 5
3, 5
3, 5
3, 5
3, 5
3, 5
Fuß links
3,5
3, 5
3, 5
3,5
3,5
3,5
S u mme: Gesamtverbrenn u ng
I
270
9 Haut und Extremitäten
9.5.3 Thera pie
•
E rstma ß n a h men
•
Kleinere Verbrennungen/Verbrühungen sollten inner halb der ersten 30 Minuten mit lauwarmem Wasser (nicht weniger als 1 5 oq vor Ort für 10-20 Minuten ge kühlt werden. Eine Unterkühlung des Patienten ist dabei unbedingt zu verhindern. Bei großflächigen Verletzun gen über 1 5% KOF, bei Kleinkindern, Säuglingen, Neuge borenen, bei intubierten und beatmeten Patienten ist auf die Kühlbehandlung zu verzichten, da eine Hypothermie signifikant mit einer erhöhten Letalität einhergeht. Die Wundareale sind steril bzw. sauber abzudecken.
G rad I
Anal gosed ierung
I
Oberste Priorität hat die Schmerzbehandlung. Durch Ketamin/Ketamin S sowie Opiate (z.B. Fentanyl in Kom bination mit Midazolam) lässt sich im Notfall rasch Schmerzfreiheit erzielen. Wenn am Unfallort kein intra venöser Zugang gelegt werden kann, kann Ketamin/Ke tamin S sowohl intraossär als auch rektal verabreicht werden ( > Tab. 9. 1 1 ). Peripher wirkende Analgetika alleine zeigen keine ausreichende Analgesie und sollten nur in Kombination mit Opiaten verabreicht werden. Auch alle weiteren Manipulationen am Patienten finden grundsätzlich in Analgosedierung statt. Eine adäquate Schmerztherapie ist bei Untersuchungen und bei Ver bandswechseln unabdingbar. Größere Verbandswechsel bei frischen thermischen VerJetzungen sollten immer in Narkose erfolgen. Bei Verbandswechseln ohne geplante Manipulationen der Wunde kann später eine kurzdau ernde Analgosedierung durchgeführt werden. Wichtig ist die frühzeitige Applikation der Schmerzmittel, bei ambulanten Verbandswechseln ggf. schon zu Hause. An die Verbandstechnik werden grundsätzlich fol gende Anforderungen geste!Jt: • Es wird eine feuchte Wundbehandlung durchgeführt. • Ab Grad Ila sollte ein lokaler Infektionsschutz erfolgen. • Der Verband soll eine schnelle Reepithelisierung ermöglichen. Tab. 9.1 1 Dosierungsempfehlungen zur Analgosedierung bei thermischen Verletzungen. Ketamin
2-4 mg/ kg KG i .v./intraossär
Ketamin
1 0 mg/kg/KG rektal
Ketamin S
1 , 5-3 mg/kg KG i.v./intraossär
Fen t a n y l
0,00 1 -0,01 mg/kg KG i.v.
Pi ritram id
0,05-0, 1 mg/kg KG i.v.
M i d azolam
0,05-0, 1 -(0,2) mg/kg KG i .v.
Der Verband soll nicht kleben und der Verbands wechsel schmerzlos sein. Es sollen moderne Wundauflagen verwendet werden, z.B.: - Adaptic (feuchte Wundauflage aus Viskosefaser mit Öl-in-Wasser-Emulsion) - Urgotül (sterile, nichthaftende, nichtokklusive Lipidokolloid-Wundauftage) - Mepitel (elastisches, silikonbeschichtetes Poly amidnetz) - Grassolind (Baumwollgewebe, imprägniert mit einer neutralen Salbenmasse)
Hier genügt ein Salbenverband mit z.B. Bepanthen und einer nichthaftenden Wundauflage. Prinzipiell kann bei erstgradigen thermischen Verletzungen auch eine offene Wundbehandlung erfolgen. Bei kleinflächigen Verlet zungen hat sich ein geschlossener Hydrokolloid-Kiebe verband bewährt. Manipulationen an der verletzten Haut sind nicht notwendig und kontraindiziert Eine Infekti onsgefahr besteht nicht. Die übliche lokale Applikation antiseptischer Substanzen ist nicht erforderlich. Die ver letzte Haut heilt innerhalb weniger Tage narbenfrei und ohne Pigmentstörungen ab. Die Prognose ist sehr gut. G rad l l a
Auch hier führt die konservative, nichtoperative Thera pie zum Erfolg. Die Erstbehandlung beinhaltet das Ab tragen der H autblasen, die Applikation antiseptischer Lokaltherapeutika wie z.B. Polyhexanid-Gel oder Silber sulfadiazin in Kombination mit den oben genannten nichthaftenden Wundauflagen. Diese werden mit steri len Kompressen bedeckt. Das Polyhexanid-Gel hat auf grund seiner Klarheit und Farblosigkeit den Vorteil ei n er wesentlich besseren Beurteilbarkeit des Wundgrun des und somit einer besseren Einsch�itzung der Ver brennungstiefe. Das Silbersulfadiazin hat den Nachteil, dass es einen trüben Film auf der Wunde bildet, der eine weitere Wundbeurteilung unmöglich macht. Weiterhin kann eine Mazeration im Wundrandbereich mit folgen der Keimbesiedelung ermöglicht werden. Alternativ kann nach vorsichtigem Wu nddebride ment eine Polylactidmembran (Suprathel) aufgebracht werden. Bei richtiger Indikation und richt iger Einschät zung der Verbrennungstiefe heilt die Verletzung u n ter dieser Membran ohne weitere Verbandswechsel ab. Zeigt sich innerhalb vo n 7- 1 4 Tagen die Reepitheli sierung, wird schrittweise auf eine o ffene Wundbehand lung mit z.B. ßepanthen-Salbe übergega nge n . Narbenbildungen und Pigmentstörungen sind nach Grad- H a-Verletzungen möglich. Sie sind von individu-
9 . 5 Thermische Verletzungen (VerbrennungNerbrühung)
271
ellen Faktoren wie Hauttyp, Lokalisation und Unfallme chanismus abhängig, aber in den meisten Fällen diskret und selten therapiebedürftig. G rad l l b
Diese Verletzungstiefe zeigt sich gelegentlich erst nach 3-5 Tagen. Die Ep i derm i s ist bis auf die Haarfollikel zer stört. Der Wundgrund ist netzartig und weißlich bis gelb lich; dies entspricht denaturierten Strukturproteinen der Dermis. Eine chirurgische Intervention ist notwendig. Zunächst sind mittels tangentialer Nekrosektomie sämtli che zerstörten Hautschichten zu entfernen. Dazu kann ein breitbasiges Skalpell, ein Handdermatom, ein maschinell betriebenes Dermatom oder eine hochtourige Dermabra sio verwendet werden. Treten bei der tangentialen Nekrosektomie punkförmige, kapilläre Blutungen auf, ist die richtige Tiefe erreicht. Kleinflächige Ilb-Verletzungen, oft in Kombination mit Ha-Verletzungen, können wie letztere konservativ behandelt werden; ggf. ist eine enzy matische Wundreinigung mit Streptolysin (Varidase®) o. Ä. h ilfreich. Eine temporäre Wundabdeckung mit bio synthetischen Folien (z.B. Polylactidmembran Suprathel) ist bis zur Abheilung möglich. Anders sieht es bei großflä chigen Ilb-Verletzungen aus. Die Spontanheilung unter konservativer Therapie ist hier sehr zögerlich und dauert 4- 1 0 Wochen oder länger. Die sich spontan bildende Neoepidermis ist von minderer Qualität, sehr dünn und mechanisch wenig belastbar. Die Narbenbildung ist aus geprägt, aber instabil. Hier ist eine konservative 1berapie mit langfristig gravierenden Nachteilen behaftet, sodass die Hauttransplantation die bessere Alternative darstellt. Ist der Wundgrund nach Nekrosektomie gut durch blutet, sauber und infektfrei, kann die H auttransplanta tion im Sinne eines einzeitigen Verfahrens erfolgen. Zei gen sich jedoch schlechte Transplantationsbedingungen wie z.B. schlechte Durchblutung des Empfangerareals (subkutanes Fettgewebe) oder H inweise auf eine Infekti on, ist eine 5-7 Tage dauernde Wundgrundkonditionie rung notwendig. Ihr Ziel ist die Schaffung eines optimal durchbluteten, infektfreien Wundgrundes, da das Spalt hauttransplantat nach der Transplantation in it ial nur über Diffusion vital bleibt, bevor sekundär Kapillaren einwachsen. Erreicht wird die Wundgrundkonditionie rung durch das Einnähen eines temporären Hautersat zes für 5-7 Tage (z.B. Epigard oder Tegapore). Grun dsätzl iche Vorbemerku ngen zur Hauttra nspla ntation
Das Kind sollte in stabilem Allgemeinzustand sein; eine floride Verbrennungskrankheit oder eine Sepsis verbie ten die Transplantation. In den mei ten Fällen wird Spalthaut mit einer Dicke von 0,2 mm verwendet. Die
A b b . 9 . 2 8 H auttransplantation: Hautentnahme (Spalthaut) vom Kopf.
Indikation für Vollhauttransplantate ist gering, z.B. Ge sicht, Hand oder Fuß. Die Entnah mestelle sollte primär nicht sichtbar sein, da diese Areale deutliche sekundäre Narben und Pigmentstörungen zeigen können. Ideal im Kindesalter ist als Entnahmestelle der behaarte Kopf ( >- Abb. 9.28). Die Narbe der Entnahmestelle ist später aufgrund des Haarwachstums nicht mehr sichtbar. Der Schädel bildet bei der Entnahme ein kräftiges Widerla ger, sodass die Arbeit mit dem Dermatom deutlich er leichtert wird. Bei Knaben sollte der möglichen späteren Glatzenbildung Rechnung getragen werden, indem pri mär die Region des "Haarkranzes" verwendet wird, falls diese A reale ausreichend sind ( >- Abb. 9.29) . Diese Methode trifft bei den Eltern zunächst oft auf einen erheblichen psychologischen Widerstand, wird nach einer Bedenkzeit und Aufklärung von Patient und Eltern auch m ittels Fotodokumentation anderer Patien ten aber meist akzeptiert. Bei geringem Flächenbedarf reicht es aus, die Spalthaut zur Drainage von Wundsekret und Blut zu sticheln; bei größerem Flächenbedarf muss gemesht werden. Je größer das Mesh- Verhältnis wird, umso unschöner wird das kos metische Ergebnis aufgrund der Porengröße des geschaffe nen Netzes. In den meisten Fällen reicht ein Mesh-Verhält nis von l : l ,5 aus. Nur bei Patienten, bei denen die verletz te Körperoberfläche deutlich größer ist als das zur Verfü gung stehende gesunde Spenderareal, muss bis zu einem Verhältnis von 1 : 3 gemesht werden. Die Fixation der Haut erfolgt durch körpereigenes Fibrin, resorbierbare Nähte (keine Klammern), Steri-Strips und sterile Verbände. An besonderen Lokal isationen werden spezifisch fol gende Vorgehensweisen empfohlen: Gesicht: gestichelte Spalthaut oder Vollhaut, Rekon struktion in ästhetischen Einheiten (das Gesicht wird h ierzu in Einheiten wie Periorbital-, Nasen-, Wan•
I
272
9 Haut und Extremitäten
Abb.
9.29 Dasselbe Kind wie in
>
Abb. 9.28: nachgewachsene
Haare.
I
Abb.
fernt werden. Im Kindesalter ist eine epifasziale Nekrek tomie n icht notwendig; vitales subkutanes Fettgewebe sollte dringend erhaJten werden. Als Basis für die not wendige Spalthauttransplantation, gestichelt oder gemesht, hat sich zunehmend der Ersatz der Dermis durch synthetische Kollagenprodukte wie I ntegra oder Matriderm gezeigt. lntegra ist eine Rinderkallagen-Mat rix auf einer Silikonfolie, die vor der eigentlichen Haut transplantation aufgetragen wird. Nach ca. 2-3 Wochen ist das Kollagen als Dermisersatz eingewachsen, die Sili konfolie kann abgezogen und d ie eigentliche Spalthaut transplantation durchgeführt werden. Das Verfahren ist allerdings material- und zeitaufwändig. Matriderm ist eine dreidimensionale Matrix aus Kollagen und Elastin und kann als Dermisersatz einzeitig zusammen mit der Spalthaut transplantiert werden. Das weitere T hera pieschema entspricht weitgehend dem der I Ib-Verlet zungen. Nach Spalthauttransplantation und Konsolidie rung folgt die konsequente Nachsorge. Der zeitliche Aufwand ist jedoch hier deutlich erhöht. Bei flächenmäßig ausgeprägten Verletzungen besteht die Möglichkeit von Mischtransplantaten in Form von weitgemeshter Spalthaut, kombiniert mit Keratinozyten und/oder Fibroblastenkulturen. Hierzu werden autologe Keratinozyten- oder Fibroblastenkulturen von dem Pati enten angelegt. Diese werden dann in die Zwischenräu me der notwendigerweise weit ( Verhältnis 1 : 3 bis 1 : 6) gemeshten Spalthaut aufgetragen. Vorteile sind hier eine beschleunigte Re-Epithelialisierung und ein verbessertes kosmetisches Endergebnis. Alternativ kann die Technik nach Meek angewendet werden. Bei dieser Technik wird die gewonnene Spalthaut in kleine, ca. 4 x 4 mm große Quadrate aufgeteilt und auf eine Polylactitmembran auf gebracht. Diese Matrix wird dann transplantiert; dabei kann ein Verhältnis von bis zu 1 : 9 erreicht werden.
9.30 F rische Spalthautdeckung der Hand .
gen- und Perilabialregion u nterteilt, die jeweils ge trennt behandelt werden) . • Hände u n d Füße: gestichelte Spalthaut oder Vollhaut wegen der besseren Belastbarkeit ( > Abb. 9.30), Transplantate möglichst gelenkübergreifend, Schie nenbehandlung. • Anogenitalbereich: gestichelte Spalthaut Der erste Verbandswechsel kann nach 5-6 Tagen durch geführt werden; dann ist das Transplantat bei I nfektfrei heit angewachsen. G rad 1 1 1 Thermische Verletzungen vom Grad I I I heilen spontan nicht, da die gesamte Epidermis und Dermis mit Hau tanhangsgebilden zerstört ist. Säm t liches nekrot ische Gewebe muss mittels tangentialer Nekrosektomie ent-
G rad IV Die Behandlung ist mit der der G rad - 1 1 1 - Verletzung weitgehend identisch. Als Frü hkomplikation zeigt sich hier gelegentlich an H als, Extremitäten oder Thorax ein Kompressionssyndrom. Bei Verbrüh u ngen oder Verbrennungen, die m i ndestens ';) der Z i rk u m ferenz betreffen oder zirkulär sind, ist die I nd ikation zur Escharatomie zu überprüfen. Die verb rannte Haut wird mi ttels definierter Sch n i t t führung durchtrennt ( > Abb. 9.3 1 ) . Das D u rchtrennen des ges a m t e n sub kutanen Fet tgewebes bis auf d ie M us k u la t u r ist nicht e r forderl i c h . Die Sc h n i t t fü h rung erfolgt nach funktio nellen Gesichtspunkten. D ie D urc h bl ut u ng i s t an schl ießend regel mäßig zu kontrollieren. Bei Verdacht auf ein Kom p a r t m e n t s y n d ro m i s t zus�i t zl i c h eine Fas ziotomie in üblicher Weise e r forderl ich.
9.5 Thermische Verletzungen (Verbrennung/Verbrühung)
273
Abb. 9.31 Schnittführung bei der Escharatomie.
9.5.4 N a c h b e h a n d l u n g In den ersten 2-3 Wo chen nach der Transplantation ist das Empfängerareal mechanisch nur sehr wenig belast bar; zudem epithelisieren die Poren der gemeshten Spalt haut etwas verzögert. Nach kompletter Epithelisierung beginnt die aktive Narbenprophylaxe bestehend aus : • Lokalthe rapie der Haut, • Physiotherapie, • Narbenprophylaxe und -therapie, • se k u n där plastischen K orrek ture n . ,
Lokaltherapie Die Haut muss d u rch tägliches Auftra gen fettender Salben (z.B. Bepanthen®-Salbe Linola® Fettsalbe) geschmeidig gehalten werden. Direkte Son nenbestrahlung führt zu weiterer Schädigung der Haut und ist bis zur N a rb enaus rei fu ng in den ersten 2 Jahren zu vermeiden. ,
Physiotherapie Drohen aufgrund d er Verletzung und Therapie der Verbrennung/Verbrühung Gelenkko n t rak turen, muss umgehend eine kinderspezifische Physio therapie begonnen werden. H ier sind die E l tern eng in die T herap i e zu i ntegrieren . Narbenprophylaxe und -therapie Bei allen verzögert spontan abgeheilten Verletzungen (meist I l b0) sowie mittels Transplan tation versorgten W unden muss eine Na rb enp rophyla xe i n Form der Kompressionstherapie du rch ge fü hrt werden. D iese n i m mt eine genauso hohe Stellung ein wie die A kut th era p ie und dauert ca. 2 Jahre. Ziel ist es, st igma t i s i e re nd e Narben oder die Funkt ion b ee in träc h t ige nde Narbenzüge auf ein minimales Maß zu red u z ieren. Dies muss Eltern und Pat ient eindrück lich e r k l ä r t werden.
Für die Kompressionsbehandlung müssen je nach verletztem Körperareal entsprechende Kompressions kleidungsstücke (z.B. Handschuh, Hemd, Hose, Strumpf) in spezialisie rten Sanitätshäusern auf Maß an ge fe rtigt werden. Die Kompressionsbandagen sind au ßer zur Körperpflege kontinuierlich zu tragen. Aufgrun d von Wachstum und Verschleiß müssen die Kompressi onsbandagen immer wieder angepasst werden. Gele gentlich können zur Optimierung spezielle Silikon sbeets eingenäht werden (Cicatrix®). Pelotten führen in Pro blemzonen zu lokalisiertem Druck. Kleinere Narbenare ale lassen sich auch direkt durch die Applikation von Silikonfolien ( Cica-care®) behandeln. Schwerwiegende Verletzungen im Gesicht benötigen zur Narbenprophylaxe eine Kompressionsbehandlung mit einer maßgefertigten M aske, z.B. der du rchsichtigen Uvex-Maske. Leider zeigt sich aber hier, dass das Ge sicht nach schwerer Verletzung lediglich konstruiert, aber niemals rekonstruiert werden kann . Das Tragen der Kompressionsbandagen erfolgt erfah rungsgemäß a n fa n gs n ur widerwillig, muss aber konse quent gesch ehe n . Später ist das Tragen nicht mehr un angenehm und eine Selbstverständlichkeit. I nsbesonde re wird auch der q uä lende Juckre i z deu t li ch gem i n der t . An Körperregionen, an denen eine Kompressionsbe handlung nicht m öglich ist, wird die Auflage von Sili kongelen (Dermatix ) oder Silikonauflagen (Mepi form®) empfohlen.
9.5.5 N achsorge Die weitere Reha b i li t a tion besteht zum einen in regel mäßigen Kontrollen bei in der Verbrennungsbehand lung erfahrenen ch irurgisch tätigen Kollegen. Hier gilt der Grundsatz, dass funktionell s töre nde Ko mplikat io
-
I
274
9 Haut und Extremitäten
9.6 K n oc h e n zyste n 9. 6 . 1 J u ven i l e K n oc h e n zysten Die juvenile Knochenzyste (juvenile bone cyst, J B C, oder unicameral hone cyst) ist die häufigste tumorähnliche
Läsion im Kindes- und Jugendalter und macht in gro ßen Sammetstatistiken von Tumorzentren 13- 19% der gutartigen und tumorähnlichen Erkrankungen aus. Die JBC ist per definitionem benigne, kan n aber bei entspre chender Lokalisation u n d Größe zu lokalen Problemen führen. Sie wird entsprechend der W H O-Klassifikation der Knochentumoren und t umorähnlichen Läsionen den solitären (einfachen bzw. einkammerigen) K no chenzysten zugeordnet. Der Altersgipfel für die Erstma nifestation der JBC liegt zwischen dem 9. und 13. Le bensjahr. Die prozentuale Verteilung der JBC in den verschie denen Lokalisationen schwankt je nach Literaturangabe ( > Abb. 9.33). D ie genaue Pathogenese der JBC ist unklar. D iskutiert werden lokale Wachstumsstörungen aufgrund eines Missverhältnisses zwischen Perfusion und venösem Ab fluss sowie versprengtes synoviales sezernierendes Deckepithel als Ursache der Zystenbildung. Abb. 9 . 3 2
G ute
langfristige Funktion der Hand nach Transplanta
tion und Kompressionsbehandl ung.
K l i n i k u n d Sym ptomatik nen (Ulkus, Kontraktur) frühzeitig korrigiert werden sollen, während rein kosmetische Probleme frühestens nach Ausreifung der Narbenbildung, also ca. 2 Jahre nach dem Unfall, operativ behoben werden ( > Abb. 9.32). Als chirurgische Techniken werden Narbenresek tionen, auch in Kombination mit erneuter Transplanta tion, Z-Plastiken oder Verschiebeplastiken, verwendet. Viele der thermischen Verletzungen im Kindesalter passieren in A nwesenheit eines Elternteils oder eines anderen A ngehörigen (Topf vom H erd gezogen, Grillun fall). D ies impliziert Selbstvorwürfe und Probleme in der psychischen Verarbeitung und bedarf einer akuten, aber oft auch langfristigen psychotraumatologischen Be treuung zur psychosozialen Rehabilitation mit Verarbei tung des Verletzungstraumas und der Schuldgefühle. Selbsthilfegruppen wie die Elterinitiative brandverletz ter Kinder "Paulinchen e.V." erleichtern in vielen Fällen das Schicksal.
Der zunächst meist m etaphysäre Prozess wandert mit dem Längenwachstum des Röhrenknochens diaphysen wärts. H ierbei zeigt die JBC stets eine exakt zentrale La ge mit zum Teil hochgradiger Ausdünnu ng der Kortika lis sowie eine Ballonierung des Knochens im Bereich der Zyste. Die JBC manifestiert sich in den meisten Fällen auf grun d einer pathologischen oder Spontanfraktur. Nur i n seltenen Fällen ergibt sich die Diagnose als radiologi scher Zufallsbefund bei der Abklärung anderer Erkran kungen. Gelegentlich wird die sog. "aktive" JBC auf grund unspezifischer Schmerzen radiologisch diagnosti ziert. Als Ursache dieser Schmerzen werden ein erhöh ter Druck in der Zyste sowie M ikrofrakturen im Bereich der Zystenwand diskutiert.
D i a g n osti k Die Diagnostik umfasst obligat ein konventionelles Röntgenbild in zwei Ebenen ( > Abb. 9.34). Bei typi schem Befund kann auf eine Schnittbilddiagnostik ver-
9.6 Knochenzysten
39-62%
1 -2% 1 -2%
Abb. 9.33
Prozentuale
Verte i l u ng der ju
veni len Knochenzysten.
zichtet werden. D ie Frage der grundsätzlichen Biopsie ist nicht geklärt. Auf eine Biopsie kann nach Meinung spezialisierter Zentren verzichtet werden, wenn auf der Basis qualitativ guter Röntgenbilder die typischen radio logischen Zeichen der )BC (exakt zentrale Lage in der Metaphyse des Knochens, leicht sklerosierter Randsaum, monozystischer H ohlraum, leichte Auftreibung mit Ausdünnung der Kortikalis) vorhanden sind und Kin derradiologe, Kinderonkologe und Kinderchirurg in ei ner Dreierkonferenz keinen Zweifel haben. Asymmetrie, Periostreaktion, Mottenfraßnekrose oder Codman Dreieck führen selbstverständlich ebenso zur Biopsie wie der Zweifel nur eines Konferenzteilnehmers . Konse quenterweise muss dann aber das Biopsieergebnis abge wartet werden, bevor die Stabilisierung erfolgt. Differenzialdiagnostisch sind die aneurysmatische Knochenzyste, eine Langerhans-Zell-Histiozytose, das extrem seltene teleangiektatische Sarkom oder ein os teoklastischer maligner Tumor auszuschließen.
Therapi e
Abb. 9.34 Juvenile Knochenzyste des H umerus mit pathologischer
Fraktur.
Eine kausale Therapie der juvenilen Knochenzyste ist aufgrund der unbekannten Pathogenese nicht möglich. Manifestiert sich eine JBC aufgrund von Spontan schmerzen (aktive Zyste), zeigt das Röntgenbild meist eine deutlich ausgedünnte Kortikalis mit der Gefahr ei-
275
276
9 Haut und Extrem itäten
ner Spontanfraktur. Sowohl in diesen Fällen als auch bei stattgehabter pathologischer Fraktur sollte die einge schlagene Therapie gleichzeitig sowohl die Knochenzys te selbst zur Ausheilung bringen als auch den betroffe nen Knochen stabilisieren. Die konservative Therapie m i t Ruhigstellung heilt zwar die p athologische Fraktu r, d ie Zyste bleibt aber in 85% der Fälle bestehen. Deshalb ist diese Therapie in den Hin tergrund getreten und wird wie auch medi kamentöse Therapieansätze (lokale Cortisoninjektion) und lokal dekom p rimierende M aßnahmen (z.B. durch die H ohlschraube nach Ekkernkamp) nicht mehr emp fohlen. D iese M aßnahmen fokussierten ausschließlich auf die Konsolidierung der Zyste, h atten aber keine stabilisierende W irkung, zeigten geringen Erfolg, neigten zu Komplikationen (Zuwachsen und Disloka tion der H ohlschrauben) und beeinträchtigten die me chanische Stabilität der ausgedünnten Kortikalis zu sätzlich. Das alleinige K ürettieren und Auffüllen der Zyste mit Eigen- oder Fremdmaterial ist unter dem Kriterium der gewünschten Stabilisierung ebenfalls unzureichend. Therapie der Wahl ist die elastisch-stabile intrame dulläre Nagelung (ESIN) wie sie auch in der Frakturbe handlung eingesetzt wird ( > Kap. 1 0; > Abb. 9.35). Während der Osteosynthese bietet sich die Möglichkeit, die Innenwand der Zyste mit den Nagelspitzen zu küret tieren und multipel zu perforieren. M ithilfe dieser Os teosynthese erreicht m an sowohl eine sofortige Fraktur stabilisierung als auch eine "innere D rainage" und an h altende Perforation der Zyste bezüglich ihrer Kapsel zum M arkraum des betroffenen Röhrenknochens hin. Dies ermöglicht das Einwandern von Osteoblasten zur Zystenkonsolidierung und einen weitgehenden Schutz dieses Knochens vor einer Re-Fraktur. Nach der Osteo synthese ist eine sofortige Mobilisation erlaubt und er wünscht; in Fällen der femoralen J BC ist bei pathologi scher Fraktur in Abhängigkeit von der knöchernen Abstützung für kurze Zeit Entlastung zu überlegen. Eine zusätzliche Ruhigstellung im Gips ist bei korrekter Technik nicht notwendig. Nach radiologisch dokumen tierter Konsolidierung der Fraktur der oberen Extremi tät wird die sportliche Betätigung m it liegendem Im plantat erlaubt. Im weiteren Verlauf zeigt die )BC eine langsame en dogene Sklerosierung und D ickenzunahme der betroffe nen Kortikalis. Ergibt sich bei nicht ausgeheilter Zyste aufgrund des Längenwachstums ein " Herauswandern" der liegenden Nägel, wird die Indikation zum Nagel wechsel gestellt. Die endgültige Metallentfernung erfolgt erst nach kompletter Ausheilung der Zyste nach 2-3 Jahren.
Röntgenkontrollen sind postoperativ, nach 4 Wochen (Kontrolle der Frakturheilung) und dann halbjährlich (Kontrolle der Zystenkonsolidierung) sinnvoll. Ob die Ausheilung der Zysten durch den zusätzlichen lokalen Einsatz ( Auffüllung) von synthetischem resor bierbarem Knochenersatzmaterial (nanokristallines Hy droxylapatit, z.B. Ostim® oder Actifuse®) beschleunigt werden kann, ist Gegenstand aktueller Studien und muss die zusätzliche Freilegung der Zystenregion gut begründen. Dagegen sind großzügige Knochensegment resektionen und Verbundosteosynthesen im Zeitalter der ESIN definitiv nicht indiziert. D i e Frage der prophylaktischen Stabilisierung zu fällig diagn ostizierter Zysten ohne Symptome und o h n e pathologische Fraktur wird besonders a n der u nte ren Extremität (proximaler Femur) bej aht, da die Therapie bei dislozierter pathologischer F raktur schwierig und aufwändig sein kann. Am proximalen Oberarm ist dies zumindest bisher nicht Konsens und muss individuell mit Patient und Eltern besprochen werden .
Abb. 9.35
Versorgung der Fraktur und der J B C mittels ESIN.
9.6 Knochenzysten
Kom pli kati onen u nd P rog nose Perioperative Komplikationen umfassen alle spezifi schen und unspezifischen Komplikationen der Osteo synthesetechnik ( > Kap. 10). Im Langzeitverlauf kann es zu verzögerter oder ausbleibender Heilung der Zyste, Refraktur und Nageldislokation kommen. Die Prognose für die Ausheilung der JBC mittels ESIN ist sehr gut: Es konnten Heilungsraten von 85% innerhalb von 2 Jahren erreicht werden ( > Abb. 9.36; > Tab. 9. 1 2) .
9.6.2 A n e u rys matische K n oc h e n zysten Die aneurysmatische Knochenzyste (aneurysmatic hon e cyst, ABC) wird ebenfalls den tumorähnlichen Läsionen
zugerechnet, kommt aber wesentlich seltener vor als die JBC. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 10. und 20. Le bensjahr. Die ABC kann im gesamten Skelettbereich vorkommen; die häufigsten Manifestationen sind die Metaphysen der langen Röhrenknochen, hier vor allem die Knieregion, und die Bögen und Fortsätze der Wir belkörper. Weiterhin ist die ABC im Bereich des Kiefers, der Rippen und der Finger beschrieben. Ätiologie und Pathogenese sind ungeklärt.
Sym ptomati k u nd K l i n i k Die ABC ist ein schnell wachsender Prozess und verur sacht Schmerzen und im Verlauf eine Schwellung und Vor wölbung. Pathologische Frakturen können vorkommen.
D i a g nost i k I n der konventionellen Röntgenaufnahme zeigt sich ein exzentrischer, meist osteolytischer, ballonartig aufgetrie bener, gelegentlich septierter Prozess mit wenig Rand sklerose. D ie Kortikalis ist ausgedünnt, gelegentlich durchbrachen, selten mit Periostreaktion ( > Abb. 9.37). Differenzialdiagnostisch kommen J BC, Histiozytose, Chondromyxoidfibrom und Osteosarkom infrage. Die Röntgenmorphologie ist jedoch nie so typisch und cha rakteristisch wie bei der JBC, sodass die Diagnostik ggf. mit M RT ( > Abb. 9.38), aber immer mit Biopsie unter onkologischen Prinzipien erfolgen muss.
T h e ra p i e Abb. 9.36
Ausheilung d e r Fraktur und der J B C .
Tab. 9 . 1 2 Klassifikation der Heilung von j uveni len Kno chenzysten nach Neer in der Mod ifikation von Capanna.
Heilung: Die Zyste ist komplett mit Knochen aufgefüllt. Hei lung mit Residuen : Die Zyste ist fast vollstä ndig mit Knochen aufgefü llt, kleinere osteolytische Herde. Rezidiv: Zunächst Konsolidation, anschließend Wieder auftreten einer wachsenden Zyste. Kei ne Ä nderung nach der Behandlung.
Die ABC stellt einen wachsenden, lokal destruierenden Prozess dar. Nach bioptischer Sicherung besteht die Indi kation, den Befund nicht nur zu stabilisieren, sondern auch zu resezieren. Je nach Lokalisation und Alter des Pa tienten kann eine En-bloc-Resektion oder eine Kürettage mit nachfolgender Auffüllung und Stabilisierung (z.B. mittels ES IN) erfolgen. Voraussetzung für die Rezidivfrei heit ist die radikale Resektion der Zystem.Yand' Kürettage und Stabilisierung können einzeitig erfolgen, dies bein haltet aber ein erhöhtes Rezidivrisiko. Die En -bloc-Resek tion im Gesunden hat eine hohe Rezidivfreiheit, die The rapie erfordert jedoch ggf. die nachgeschaltete Kallusdis traktion nach Ilizarov ( > Abb. 9.39; > Abb. 9.40).
277
278
9 H aut und Extremitäten
Abb. 9.37 Bioptisch g es i ch e rte a n e urys ma t isc h e Knochenzyste in proxi m a len Tibiametaphyse. Nativ-Röntgen: G roßer osteolyti scher Bezirk, dezentrales W a ch st u m hauchdünne mediale Kortika lis, scharfe endostale G renze. der
,
Abb. 9.39 Therapie: Komplette Kürettage der Zyst e , AuffüllE Defekts mit Hydroxylapatit, la n g sa m es Einwachsen des f xyla patits in die N e ospong iosa .
Abb. 9.40 Die Patientin ist im Verlauf rezidiv- und be sc h we r das Bein ist voll belastbar.
·
Abb. 9.38 G l e i c h e Patientin, MRT: Multiple S e pt i e ru n g de r a neu rys ma t i schen Knochenzyste, dezentrales Wachstum mit ventralem
Kortikalisdurchbruch und Durchbruch de r Epiphysenfuge.
9. 7 Osteomyelit
Kom p l i katio n e n u n d Progn ose
9.7.1 Sym pt o m ati k u n d K l i n i k
Die H auptkomplikation ist das lokale Rezidiv. Je größer die Zyste und je komplizierter das therapeutische Vor
Die Anamnese ist kurz, meist nur Stunden oder wen Tage. Oft wird aus "Kausalitätsgründen" ein Trauma
gehen sind (z.B. En-bloc-Resektion mit Längenrekon struktion) , umso s ch lechter ist die das Rezidiv betreffen
U rsache der Beschwerden herangezogen, ist dann verwirrend und kann die Diagnose herauszögern.
de Prognose. In der Literatur wird das Wiederauftreten mit 10-59% angegeben und in der Regel als Frührezidiv
Das Klein- und Schulkind zeigt die typischen Entzi dungszeichen mit lokaler Schwellung, Spontan- u Druckschmerz, Rötung, Überwärmung und Fieber :
innerhalb von 8- 1 0 Wochen beobachtet. Bei frühzeiti ger Diagnose, anatomisch unkomplizierter Lage der ABC und radikaler chirurgischer Therapie ist das Rezi divrisiko dagegen gering. Je aggressiver umgebende anatomische Strukturen destruiert werd en (z.B. die Epiphysenfuge), desto rele
vanter ist das Risiko eines Fehlwachstums. Als weitere Komplikation ist die pathologische Fraktur anzusehen.
9.7 Osteo m ye l it i s
wie Schonung der Extremität. Bei in diesem Alter sei nerer Gelenkbeteiligung imponiert ein hochgradi: Bewegungsschmerz. Beim Säugling fehlt oft das Fieber; der Lokalbefu kann dezent sein. Federführend sind der reduzierte f gemei nzu st an d und die eingeschränkte Bewegung 1 betroffenen Extremi tät ( Pse udop ara lyse).
9.7.2 D i a g n ost i k Die Diagnose und nachfolgend die Therapie müs:
:n des
�ydroDie akute hämatogene Osteomyelitis entsteht durch Einschwemmung von Bakterien überwiegend in die Me taphysen langer Röhrenknochen bei fakultativ ständig vorhandener Bakteriämie. Die hier typische verminder
rasch erfolgen, da die akute Osteomyelitis komplik ansträchtig ist und bleibende Schäden nach sich ziel kann ! Die Diagnostik beruht obligat auf Blutunter chung, Bakteriologie und Bildgebung. Die B lu t u n te rsu c h u n gen umfassen Blutbild und I
te Flussgeschwindigkeit führt bei Fehlen von retikuloen dothelialen Zellen in den funktionellen Endarterien der Arteriolen und durch Stase in den venösen Plexus zur Prädilektion. Der intraartikuJäre Metaphysenanteil und
ferenzialblutbild; die Akutphasenproteine wie CrP t die BKS gelten immer noch als guter Verlaufsparame Die Blutuntersuchungen müssen im Verlauf re1 mäßig wiederholt werden, um in Kombination m it
transepiphysäre Kapillaren begünstigen im Säuglingsal ter die septische Begleitarthritis. Die dünne metaphysä
Klinik den Erfolg der T11erapie beurteilen zu könn Die bakteriologische Keimidentifikation ist aus A zess- oder Gelenkpunktat, aus lokal infiltrierter t
re Kortikalis und das kräftige Periost sind Vorausset zung für die subperiostalen Abszesse. Ein geschlossenes Trauma mit Gefaßirritation oder ei n Hämatom können e be n s o als auslösend diskutiert werden wie ein passage rer oder dauernder Imm undefekt Die akute Osteomye
wieder aspirierter physiologi s che r NaCI-Spüllöst oder aus der Blutkultur möglich und sollte u n be d i angestrebt werden. Das typische Erregerspektrum altersabhängig ( >- Tab. 9. 1 3).
litis nach offener Fraktur ist dagegen selten. Betroffen sind der Femur zu 84%, d ie Tibia zu 25% und der Humerus zu 1 2% bei grundsätzlich möglichem multi
Tab. 9. 1 3 Typisches Erregerspektrum der akuten Osteo
fokalem Befall. Andere Skelettabschnitte sind nur selten
Neugeborenes
myelitis.
Manifestationsort einer hämatogenen Osteomyelitis.
o
Staphylococcus aureus
o
Streptokokken der G ruppe B, E
o
defrei,
Klei nkinder < 5 Jahre
Schulkinder > 5 Jahre
Abb. 9.41 Akute hä matogene Osteomyelitis der Ulna, primäres Röntgenbild unauffällig.
Adoleszente
E. coli
o
Salmonellen
o
Haemophilus influenzae
o
Staphylococcus aureus
o
Streptokokken der G ruppe A
o
Pneumokokken
o
Haemophilus influenzae
o
Staphylococcus aureus
o
Streptokokken der G ruppe A
Pseudomonaden
I
280
9 H a ut und Extremitäten
Abb. 9.43 MRT: Periostreaktion bei erhaltener Kortikalis sowie
leichtem Knochenmark- u nd Weichteilödem.
Abb. 9.42 M RT: Deutliche Periostreaktion sichtbar.
Im Rahmen der primären Bildgebung dient das Na tiv- Röntgen der Beurteilung der Ausgangssituation und der Abgrenzung zu Differenzialdiagnosen wie Fraktur, eosinophilem Granulom, Osteoidosteom oder Kno chentumor (Osteosarkom, Ewing-Sarkom), ist bei der akuten Osteomyelitis aber meist unauffällig. Erst die Röntgenkontrolle ca. 10- 1 4 Tage nach Behandlungsbe ginn lässt Periostreaktionen ( > Abb. 9.44), ggf. Osteo lysen, pathologische Frakturen und selten sekundäre Deformitäten erkennen. Zeigen sich keine Osteolysen oder andere Komplikationen, sind keine weiteren Rönt genkontrollen notwendig. Die Sonographie dient der geziehen Suche nach einem subperiostalen Abszess, dem angrenzenden Weichteilödem und einem Erguss im benachbarten Gelenk und hilft bei der Lokalisierung einer guten Punktionsstelle. Der diagnostische Goldstandard ist heute die M RT. Sie zeigt den intra- wie extraossären Entzündungspro zess und ggf. die Gelenkbeteiligung ( Erguss) ( > Abb. 9.42; > Abb. 9.43). Bei Verdacht auf stammnahe Os teomyelitis ( Wirbelsäule, Becken) ist das MRT obligat. Kontrovers diskutiert wird der Einsatz der Skelett szintigraphie. Da besonders im Säuglingsalter die akute hämatogene Osteomyelitis in bis zu 1 0% der Fälle multi fokal auftreten kann und die Klinik eher dezent ist, sollte die 3- Phasen-Skelettszintigraphie erfolgen, um für die späteren klinischen Kontrollen alle befallenen Segmente zu kennen. Die Computertomographie wird nur sekundär bei sehr speziellen Fragestellungen wie dem Nachweis von Knochensequestern oder im Rahmen der präoperativen OP-Planung zur Deformitätskorrektur eingesetzt.
Abb. 9.44 I m Verlauf im Nativ-Röntgen deutliche Periostreaktion sichtbar.
Differenzialdiagnostisch sind bei gering ausgeprägter oder schon sehr lange anhaltender Klinik die subakute oder die chronisch-rezidivierende Osteomyelitis zu be denken. Bei wiederkehrender und multifokaler Klinik juveniler Mädchen ist an eine nichtbakterielle Osteomye litis (chronisch-rekurrierende multifokale Osteomyeli tis; C RMO) zu denken. Echte Differenzialdiagnosen sind das eosinophile Granulom, das Osteoidosteom und der Knochentumor (Osteosarkom, Ewing-Sarkom, Metastase, Chondroblas tom).
9.7.3 Thera p i e
Die Basistherapie besteht aus einer konsequenten, über mindestens 3 Wochen andauernden, m öglichst erreger gerechten, hochdosiert und intravenös verabreichten A ntibiotikatherapie. Diese sollte sofort nach der Erre gergewinnung eingeleitet werden. In vielen Fällen ge n ügt zur i.v. Applikation ein peripherer Zugang, gele gentlich ist aber auch ein zentraler Venenkatheter erfor derlich. Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische lnfektiolo gie empfiehlt folgendes A n tibiot ikaregime:
9. 7
Cefuroxim oder Cefotiam
1 5 0-200 mg/ kg KG/Tag in 3 ED
oder
Flucloxacillin
60- 1 00 mg/kg KG/ Tag in 3-4 ED
oder
Cl indamycin
40 mg/kg KG/Tag in 3 4 ED
Osteomyelitis
281
-
Da hier eine Lücke gegen gramnegative Erreger besteht und eine zunehmende Resistenz bei Staphylokokken zu beobachten ist, wird die Kombination empfo h le n mit:
oder
Cefotaxi m
I SO mg/kg KG/Tag in 3 ED
Rifampicin
1 0 - 1 5 mg/kg KG/ Tag in 1 ED
Die i.v. Therapie kann nach 3 Wochen beendet wer den, wenn sich keine Komplikationen gezeigt haben und die Laborparameter ein s ch l ießlich BKS wieder Normal werte aufweisen. Eine orale Fortführung über die Phase der Wiederaufnahme normaler körperlicher Tätigkeit ist umstritten. In der Regel erfordert die akute Ost eomyelitis keine chirurgische Intervention. Begl eitende septische A rthri tiden (z.B. septische Coxitis) vor allem bei Säuglingen bedürfen jedoch der k o n s eq u enten A rthrotomie und Spülung um bleibende Gelenkschäden zu verm eiden. Seltener und vornehmlich bei Kindern aus der Dritten Welt bedürfen a usgedeh nte subperiostale Abszesse der Eröffn ung und D rainage, sind Kürettagen von Weichtei len und Knoch en ggf Sequestrektomien oder Fistelsa nierungen erforderlich. Das Einlegen von Gentamycin PMMA-Ketten oder von Sulmycin-Schwämmen ist bei Kindern in der Regel nicht n otw endig Eine Ruhigstellung der betroffenen Extremität ist nur im Sinne der begl e i tenden Sch mer z thera p ie für einige Tage sin nvoll, später sogar kontraindiziert. Bei kompl i ziertem Verlauf mit Knochendefekten r i c htet sich die Ruhigstel lung nach der Sta b i li t ä t des Knochens, der ggf. einer osteosynthetisch en Fixation (Fixateur externe, Ringfixateur) bedarf ( > Abb. 9.45; > Abb. 9.46).
Abb. 9.45 Chronische fistelnde Osteomyel itis mit Sequester bei
einem Pa t iente n aus Angola .
,
,
.
.
N a c h sorge, Ko m p l i kati on e n u n d Prog n ose Bei un k o mpl iz i e r t e m Verlauf ist ei ne Nac h so rge mit Ko nt ro ll e der E n t zü ndu ngsparameter 4 Wochen, 3 Mo nate und 6 Monale nach ·n1erapieende sin nvoll. Es gilt, mögliche Spätkomplikat ionen oder d i e Ch ron i fizierung der E r kra n k u ng zu vermeiden. B ei Eintreten von Kom-
Abb. 9.46 Nach Sequestrektomie und Kürettage Stabilisation mit tels Fixateur externe.
plik ation e n wird die Nachsorge individuell gestaffelt. Je jünger der Patient und je näher das Geschehen an einer rel evant en Wachstumsfuge gelegen war, umso größer i st das Risiko eines postentzündlichen pa rt iel l en Fugenver schlusses mit ko n s eku t ive m Fehlwachstum ( > Abb. 9.47). Bei zu sp ä te r inkonsequenter oder nicht resistenzge rechter A n tib i o ti k a t h er ap ie kan n sich eine chronische Osteomyel itis mit Knochendefekten aufgrund von Ne,
I
282
9
Haut und Extremitäten
werden. jede Komplikation kann j edoch eine Defekthei lung nach sich ziehen.
9.8 Po p l itea l zyste
Die Pathogenese der Poplitealzyste ist nicht genau ge klärt. Morphologisch entspricht sie der Aussackung ei ner synovialen Membran, gefüllt mit klarer gallertarti ger Synovialflüssigkeit. Anatomisch liegt die Popliteal zyste in den meisten Fällen zwischen dem distalen An teil des M . semimembranosus und dem proximalen Anteil des Caput mediale des M. gastrocnemius. Verbin dungen zur Bursa semimembranosa sowie zum Kniege lenk sind im Verhältnis 2 : 1 beschrieben.
9.8.1 Sym pto m a t i k u n d K l i n i k Die Poplitealzyste manifestiert sich meist vor dem 10. Le bensjahr als meist einseitige, prall-elastische, nicht schmerzhafte, reizlose Schwellung in der Kniekehle. Die Zyste wird fast immer von den Eltern bei ihren stehenden Kindern bemerkt Beim Ü berstrecken des Kniegelenks wird sie deutlicher sichtbar. Das Kniegelenk ist dabei i m Kindesalter immer symptomfrei, was die Poplitealzyste von der aufgrund einer Kniebinnenpathologie entstehen den Baker-Zyste des erwachsenen Patienten unterscheidet.
9.8.2 D i a g nost i k
Abb. 9.47 Wachstumsstörung der distalen Femurepiphyse nach multifokaler hämatogener Säuglingsosteomyel itis
(- -- Fuge).
krosen und Sequestern, ggf. mit Weichteildefekten ( H aut, Muskulatur) und Extremitätenverkürzung, ent wickeln. Jetzt kann es auch zu pathologischen Frakturen kommen. Nicht konsequent behandelte Arthritiden ge fahrden den Gelenkknorpel und führen zur Früharthro se. Selten werden septische Thrombosen beobachtet. Bei frühzeitiger Diagno se, konsequenter D i ag nostik und sofortigem Beginn mit dem richtigen Antibiotikum über die geforderte Therapiedauer ist die Prognose sehr gut; es kann m it einer Restitutio ad integrum gerechnet
Es han delt sich in aller Regel u m eine Blickdiagnose. Als sinnvolle Bildgebung bietet sich nur die Sonographie an ( >- Abb. 9.48). H ier imponiert die Poplitealzyste als echofreie Struktur entsprechend der oben beschriebe nen Anatomie. Ein Röntgenbild des Kniegelenks ist n icht nötig, auch e i n e Kernspintomographie erübrigt sich in der Regel und sollte nur bei klinisch oder sono graphisch begründetem Verdacht auf eine seltene atypi sche Poplitealzyste durchgeführt werden ( >- Abb. 9.49). A rt hroskop i sche Abklärungen intraartikulärer P ath ol ogi en sind überflüssig.
9.8.3 T h e ra p i e
Spontanregressionen der Poplitealzysten sind i n bis zu 80% beschrieben; somit kann bei Beschwerdefreiheit zu nächst abgewartet werden. Eine relative Operationsindi-
9.9
Abb. 9 . 48 S o no gra p h ie Kniekehle mit echofreier, gestielter Raum fo rd eru ng, einer Poplitealzyste entsprech end .
kation besteht bei Größenzunahme mit oder ohne zusätz liche Beschwerdesymptomatik Manchmal berichten die Kinder über Störungen beim Sport oder ein Druckgefühl; eine sekundäre Läsion des N. peronaeus ist eine Rarität. Die Operationsaufklärung soll auf das Rezidiv, die passagere Bewegungseinschränkung sowie eine Läsion von Nerven und Gefaßen hinweisen. Die Operation er folgt in Bauchlage über eine (je nach Größe der Zyste) quere, L- oder S-förmige Hautinzision. Nach Darstellung der Zyste wird sie an der Basis abgesetzt und die Gelenk oder Bursakapsel verschlossen. Eine Blutsperre ist fakul
Angeborene Fehlbildungen der Hand
Abb. 9.49 M RT K n ie g elenk transversal: Darstellung einer flüssig keitsgefüllten, gestielten Raumfo rde r u n g (weiß) zwischen der Sehne
des M. semimembranosus und dem proximalen Anteil des Caput mediale des M. gastrocnemius.
Tab. 9.14 K lass ifi kation von angeborene n H a ndfeh l bi l
d ungen nach Swanson und Temtamy.
Klassifizierung nach Swanson (1 976}
Klassifizierung nach Temtamy/McKusick (1 978}
I.
I.
Fehlende Anteile
II.
Brachydaktylie
Fehlen der Bildung
von Teilen II.
Fehlen d e r Differenzierung (Separation) von Teilen
II I .
Doppelbildungen
111.
Syndaktylie
IV.
Überentwicklung (Gigantismus)
IV.
Polydaktylie
9 .8.4 K o m p l i k at i o n e n u n d P ro g n ose
V.
Unterentwicklung (Hypoplasie)
V.
M a k ro d a kt y l ie
D ie Spontanregression tritt in 8 0 % der Fälle ein. Bei ope rativer Therapie sind Lokalrezidive möglich.
VI.
Schnürring-Komplex
VI.
Arac h n od akt y l ie (Spinnenfingrigkeit bei Marfan-Syndrom)
VII .
General isierte Ske- V I I .
tativ. Postoperativ ist keine Immobilisation erforderlich.
K ontra ktu ren
Ieudeformitäten
9.9 A n g e bore n e Feh l bi l d u n g e n
der H a n d So zahlreich und komplex wie die V ielzahl möglicher Handfehlbildungen sind auch die Klassifizierungsvor schläge. Die Klassifikation von Swanson basiert auf em bryologischen l�ehlentwicklungen, Te mt a my berück sichtigt auch ge n e t i sc h e Faktoren ( > Tab. 9. 1 4 ) .
283
VIII.
Hand-(Fu ß)Wurzei Synostosen
IX.
Symphalangie (Aplasie des lnterphalangealge lenks)
X.
Schnürfurchen-Syndrom
XL
Synd rome mit unter schiedlicher Handbetei l i gung
I
284
9 Haut und Extremitäten
Diverse Zwischenformen und Kombinationen er schweren es in der Praxis, sich an diese Einteilungsfor men zu halten. Im Folgenden werden die wichtigsten und zugleich häufigsten klinischen Bilder angeborener Fehlbildungen der Hand orientierend dargestellt, er gänzt durch den Pollex flexus congenitus, den schnellen den Daumen. Prinzipiell ist bei der Besprechung einer OP-Indika tion zu bedenken, dass die postoperativ zu erwartende,
aber durchaus ungewisse Funktionsverbesserung gegen über den natürlich sich entwickelnden Anpassungsvor gängen, aber auch gegenüber den sich entwickelnden wachstumsbedingten Deformitäten abgewogen werden müssen. Letztere bestimmen auch den OP-Zeitpunkt. Frühzeitige Operation meint eine Terminierung inner-
halb der ersten 3 Lebensjahre, sodass eine leichtere Ad aptation an die erzielten Funktionsmöglichkeiten gege ben ist und psychologische Störungen verhindert wer den.
9.9.1 Po l yd a kty l i e
Die angeborene Vielfingrigkeit ist mit ca. 20% die häu figste aller angeborenen Fehlbildungen der Hand. Un terschieden wird die radiale, präaxiale (Daumendoppe lung, 50-64%), die zentrale (Digitus II-IV, ca. 1 0%, häu fig in Verbindung mit Syndaktylie) und die ulnare, postaxiale Form ( Digitus V). Weiter differenziert man, ob nur W eichteiJgewebe zusätzlich angelegt ist (Typ 1),
I Abb. 9.50 Mildeste Form einer ulnaren Hexadaktylie ("flottierendes Anhängsel "), frühestmögl iche Operation erforderl ich (a); radiale Form
o hne knöcherne Verbindung mit breiter Basis, Verletzungsgefahr gering, OP z.B. mit 6 Monaten ambulant (b); Polydaktylie des Fußes, häu fig lateral anzutreffen (c); gleicher Fall wie (c), Metakarpaltyp, Typ V nach Wassei (gegabeltes Metatarsale bzw. an der Handmetakarpale); assoziierte ulnare Polydaktylie der rechten H and, der radiale Partner muss entfernt werden (d).
9.9
ob Anteile eines Fingers (Zehen) dupliziert und einem normalen Mittelhandknochen adhärent sind (Typ II) oder aber ob ein kompletter überzähliger Digitus mit ei genem Metakarpale vo rliegt (Typ III). Die radiale Poly d aktylie wird darüber hinaus differenziert in den End phalanxtyp ( gedoppel t e s E n dglied) , den Grundphalanx typ und den Metakarpaletyp (gegabe lt es oder doppeltes Metakarp al e ) bis hin zur Triphalangie ( > Abb. 9.50). Die ulnare Polydaktylie ist häufig mit weiteren Fehlbil dungen im Rahmen von Syndromen assoziiert (z.B. Tri somie 1 3). Als OP-Zeitpunkt für den flottierenden Doppelfinger ( "A nhängse l" ) wird eine möglichst frühe Intervention empfohlen, für einfache Formen der 6. bis 1 2 . Monat, für komplexe Formen das 2. bis 3. Jah r . Diagnostisch ist neben dem Röntgenbild eine F ot od o kumentation sinnvoll; nur selten und bei komplexen F eh lbildungen wird eine Angiographie benöti gt . Das Sp ektrum der Operati on stech niken und i h re Komp l exität e n tsp reche n der Vielseitigkeit der klini schen Formen. Im Vordergrund steht immer die Funkti on. Prinzipielle Schritte sind die Stabilisierung, Wieder herstellung u nd Achsenausri chtung des Skeletts ein schließlich der Artikulationen, die Tr a nspos i t ion bzw. Zentralisation von Sehnen, die Weichteilrekonstruktion und H autplastiken. Postoperative Ko m plikatio nen umfassen Achsenfeh ler, Kontrakturen und Wachstumsstörungen.
9.9.2 Synda kty l i e Die Syndaktylie i s t eine Verwachsung ( H a u t b rü ckenbil dung) von einem oder mehreren Fingern ( > Tab . 9. 1 6) . Es i s t d i e zweith ä ufigs te Handfehlbildung m i t einer Jnzi-
Angeborene Fehlbildungen der Hand
denz von ca. 1 : 2000 bis 1 : 3000; eine familiäre H äufung wird ca. in 20% der Fälle beobachtet. Syndaktylie ist ein rein morphol ogischer Begriff, die Ursachen der D iffe renzierungsstörung sind ke ineswegs ei nhe itlich. E mb ryologis ch e Zusammenhänge zwischen Syndaktylie, Sp al thand und P olydaktylie werden post uliert. Aus chiru rgische r S icht ist es sinnvoll, kutane von os sären Formen und komplette von inkompletten S yn dak tyl i en zu unterscheiden. Darüber hinaus ist es für das weitere Vorgehen bedeutend, wie viele Finger betroffen sind (Löffelhand: Synda ktyli e aller Finger, Daumen d urch angedeutete Falte häufig separiert ) und ob eine komp lexe Synd aktyl iefo rm ( > Abb. 9. 5 1 ) mit nicht n o rm al ausgebild eten Fi n gern v orliegt . Sekundäre Syndaktylien entstehen durch Narbenbil dung, z.B. p os t t rau m at i sch , nach thermischer Verlet zung oder als Rezi d ivsyndaktyli e nach Sekundärheilung. Syndaktylien an den Zehen werden nicht getrennt; ei n e Operationsind ika t ion besteht allenfalls bei einer Syn daktylie D 1/2 ( Sandalenfurche) zur Optimierung der Großzehenfunktion.
Therapie Grundsätzlich i s t eine Indikation z u r Frühoperation (6. bis 1 2. Monat) gegeben, wenn ungle ich lange Syn daktylien mit d istaler ossärer Brücke vorliegen. Allge mein g ilt j e doc h : Je unerfahrener der Operateur, desto komplikationsreicher verläuft eine frühe Operation. Einfache kutane Formen (D3/D4) können im 2. Lebens jahr operiert werden. Es sollten keine synchr on en Tren n ungen von drei be nac h b a rten Fingern bzw. Ope rati o nen an beiden Seiten eines F inger s erfolgen.
Tab. 9. 1 5 S pe ktrum der Operationstechniken bei H a n dfeh l bi ld u ng e n .
Fe h l b ildu n g
Operationsprinzipien
Endphalanxtyp
• •
G rundphalanxtyp
• •
Metakarpa letyp
•
Zentrale Polydaktyl ie
• •
•
U lnare Polydaktylie
• • •
285
Kei lresektion (B ilhaut/Cioquet) Resekt i o n des kleineren Doppelendgliedes Resektion des kleineren Doppeldaumens Kei lresektion bei zwei gleich großen normalen oder h y poplast i sche n Daumen Resektion des hypoplastischen radialen Partners m it Thena rmuskeltransposition und Ko rre kt u rosteo tomie des ulnaren Daumens u n d Vertiefung der ersten Kommissur (i.d. R., >- Abb. 9 . 50d).
Syndaktyl ietrennung und Abtragung ü berzähliger F ingera nt e i l e, ggf. mit keilförmiger Oste oto mi e Am p ut at i o n , wenn resultierende Dreifingerhand fun ktionell und kosmetisch besser als stark deformierter 4. Langfinger Kei lresektion ( B ilhaut/Cioquet) bei hypoplastischen Mittel - und E ndg lied ern beider Partner (selten) Oberflächliche Resektion der rudimentären Anlage bei n u r sch maler H a utbrücke
Abtragung am Gelenk mit Seitenbandrekonstruktion und ggf. Köpfchenverschmä lerung Abtragung am Gru ndglied oder Metakarpale, mit Knochenverschmälerung
I
9 H a ut und Extremitäten
286
Tab. 9.1 6 Formen der Syndaktylie. Komplette Syndaktylie mit verbliebenem kleinem Ha uttu n nel a uf Grundgliederhöhe im Sinne einer mehr distalen Kommissur. Meist m it peripher hypoplastischen, fehlgebildeten oder fehlenden Phalan gen der betroffenen Fi nger. Häufig sind 3 oder 4 Finger einbezogen (vgl. Sch n ü r ri n g Sy ndrom ) -
Kombination der Syndaktylie mit Längenreduktion einzelner Phalangen bzw. Fingerstrahle; Kurzfinger typ, Spalthandtyp (im Gegensatz zur Spalthand sind hier an zentralen F ingerrudimenten noch Finger nägel nachweislich), monodaktyler Typ, peromeler Typ; in Kombination mit Brustwand-/Brustmuskula tu rdefekt: Po h l a n d- Sy ndro m
Syndaktylie bei Spalthand
Syn dakty lie zwischen D1 und D2 oder/und D4 und DS
Polysyndaktylie
Meist verdeckte Polydaktylie bei Syndaktylie zwischen zwei Fingern (3. und 4. !) u nte r Einschluss einer zusätzlichen Anlage (z. B . Grundphalanxtyp)
Oligosyndaktylie
Verminderung der normalen Fingerza h l in Kombination mit Syndaktylie
9.51 Ko m p l exe Syndaktylie, Z.n. Individualisierung D2 und D3 und Amputation hypo Iastisches Endglied D5 (a); Brachymeta karpie und e l a n gierte Phalanx p roxi ma l is 4. Stra hl, ossäre Syndaktylie wie bei Akrosyndaktylie, aber initial ohne Hauttunnel (b); Osteosynthese im Rahmen der Tre n n u ng D3/D4 (c).
Abb.
ln der Diagnostik sind neben Fotodokumentation und Röntgenbild (AP) sehr selten angiographische Dar stellungen erforderlich. Das Operationsp rinzip umfasst: • die relativ spitzwinklige, zickzackförmige Schnittfüh
•
•
die Bildung eines Komm issur-Hautlappens (dorsaler Rechtecklappen, palmarer und dorsaler Lappen, palmarer Blattlappen), den möglichst spannungsfreien Wundverschluss (re
rung volar und dorsal, gegenläufig zur Vermeidung
sorbierbares Material) durch Adaptation der Haut dreiecke jeweils auf einer Fingerseite, großzügige
jeglicher längs verlaufender Narben, die vollständige Separation unter Schonung beider Gefäß-Nerven-Bündel; bei Brachydaktylie bzw. kom
kommissurnahe Verwendung von Vollhauttrans plantaten (Entnahme aus der Leiste) und die spezielle Verbandstechnik (Zwischenfingerver
plexen Syndaktylieformen verlangt die distale Auftei lung der Gefaße und Nerven besondere mikrochirur gische Techniken, •
•
ggf. die Umstellungsosteotomie,
•
band, dorsale Schiene, behutsame Kompression, Durchbl utungskon trolle). Postoperative Komplikationen umfassen Durchblu tungs- und Wundheilungsstörungen, Transplantatver lust, Narbenkontrakturen und die Rezidivsyndaktylie.
9.9 A nge bo r ene Fehlbildu ngen der H a nd
287
9.9.3 M it Po ly- oder Syn d a ktyl i e assoz i i e rte Syn d rome ( > Ta b . 9 . 1 7) Tab. 9. 1 7 Mit Po ly oder Syndaktylie assozi ierte Syndrome. ·
Syndrome assoziiert mit Polydaktylie
Syndrome assozi iert mit Syndaktylie
Carpenter-Syndrom
Trisomie 1 3
A pert -Syndrom
Trisomie 2 1
Eil is-van-C reve l d-Syndrom
Orofaziodig itai-Syndrom
Carpenter-Syndrom
Meckei-Gruber-Syndrom
Rubi nstein-Taybi-Syndrom
O e- La n g e -Syndro m
Trisomie 13 Trisomie 1 8
Holt-Oram-Syndrom
Fetales Hydantoin-Syndrom
Orofaziodigitai-Syndrom
Laurence-Moon-Biedi-Syndrom
Polysyndaktylie
Fanconi-P anzytopenie
Polysyndaktylie
�--===�
Abb. 9.52 Neugeborenes mit amniotischen Abschnürungen an unterer Extremität und rechter H a nd, D2-D4; extreme Weichteilschwellung/ chronisches Lymphödem distal der mazerierten Schnü rfurche; noch sichtbares " Band" zwischen D3 und D4.
9.9.4 Sch n ü rr i n g - K o m p l ex Auch als kongenitale Schnürfurchen, Schnürfurchen oder Schnürring-Syndrom, amniogene Abschnürung und periphere Hypoplasie bezeichnet, umfasst dieser Komplex ca. 1 0% aller angeborenen Handfehlbildun gen. Ursächlich werden endogene und exogen- mecha n ische Faktoren vermutet. Das klinische Bild reicht von der gerade erkennbaren dorsalen Einschnürung über zirkuläre, tiefe, amputationsartige quere Einschnürun gen bis hin zu verbleibenden " Stummeln", selten auch unvollständiger A mputation mit kongenital geröteter, zyanotischer oder gangränöser Extremität. Charakte ristisch sind die Beidseitigkeil und die chronisch-öde m atöse Schwellung (verdicktes Subkutangewebe) pro ximal einer tiefen Einschnürung. Bekannt ist die Asso ziation mit der Akrosyndaktylie. Schnürringe an den Händen ti nden sich häutig kombiniert mit solchen an Unter- und Oberarm und an der unteren Extremität ( > Abb. 9.52).
Die Diagnostik erfordert nur Fotodokumentation und Röntgenbild (AP). Die Operationstechnik umfasst prinzipiell: • die Auflösung der Furchen durch multiple W-Plasti ken, Y-V-Plastiken oder m ultiple Z- Plastiken ( > Abb. 9.53 ) , • sofern nötig d i e Weichteilreduktion betont dorsal (ggf. als Extraeingriff), • die Amputation funktionsloser und/oder ästhetisch problematischer Stümpfe, • Verlängerungsosteotomien und sehr selten die Trans position von Stümpfen auf neurovaskuläre Bündel. Komplikationen entstehen aus unzureichender Präpa
ration in die Tiefe und Wundheilungsstörungen. Der Rückgang der Schwellung kann erst mittelfristig beur teilt werden und sollte nicht zu voreiligen Re-Interventi onen verleiten.
9.9.5 Po l l ex fl exus co n g e n i tus
O P-Ze i t p u n kt Tiefe Einschnürungen mit stauungsbedingter Weichteilver mehrung sollen frühzeitig versorgt werden, bei der Akrosyndaktylie ca. m i t 6 Monaten, sonst mit I ,5-2 Jahren.
Der schnellende Daumen (Tendovaginitis stenosans) beruht auf einem M issverhältnis zwischen der spindel fönnig verdickten Sehne des M. flexor pollicis longus und seiner Sehnenscheide bzw. dem A 1 - Ringband. Die Manifestation geschieht im Säuglings- und Kleinkindes-
I
l 288
9 Haut und Extremitäten
9.53 Gleicher Patient wie > Abb. 9.52. postoperatives Ergebnis an Unterschenkel und Hand (links und Mitte). Rechts: Mi ldeste Form einer amniotischen Abschnürung, keine Operationsindikation .
Abb.
Abb.
9.54 Schnellender Daumen mit Streckhemmung, hier intraoperativ passive Streckung unter .. Druck " (a), intraoperati ves Hervorluxieren der Sehne (b), OP-Ende, volle Streckbarkeil (c); Spätergebnis, nicht sichtbare Narbe im Bereich der Grundge lenkfalte (d, ande re s Kind).
Ursächlich werden ein primär zu enges Ringband, eine Beugestellung in utero und eine mechanische Üb er beanspruchung diskutiert. Anamnestisch ist die Streckhemmung wegweisend. Bei dem Versuch, das En d glie d aus der fixierten Beuge s tel l u n g heraus passiv zu s tre cken , tastet man ein path o gnomonisches Knötchen über dem Grundgelenk; bei passiver Streckung kommt es zum Schnapp-Phänomen ( > A bb. 9.54). Die Operation erfolgt elektiv nach Diagnosestellung. Konservative 111 erapieversuche sind kontraindiziert Es erfolgt die Ringbandspaltung einschließlich der benach barten Sehnenscheide über einen kleinen queren Haut schnitt in der palmaren Grundgelenkfalte. lntraoperativ ist die freie Gleitfahigkeit der Sehne zu prü fen. Rezidive beru hen auf unzureichender Sehnenscheidenspaltung oder un zureichender postoperativer aktiver und passiver Bewe gungsübung, Wundheilungsstörungen kommen vor. alter.
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9.9 Angeborene Feh lbildungen der H a n d
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www. bu rn s u rgery. o rg www.paulinchen.de
I
KAPITEL
10
Peter Schmittenbecher
Trauma im Ki ndesa lter
1 0 .1
Fri sche Wunden
1 0 . 1 .1
Sch nittwunden
.
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Quetschwunden Platzwunden
10.2
Septische Wunden
1 0.3
Bisswunden
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292
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1 0.1 .2 1 0 . 1 .3
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2 95
1 0. 3 . 1
Bisswu nden im Gesicht
1 0.3 . 2
Bisswunden a n den Extremitäten
10.4
Fremdkörperverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
10.5
Kontusionen
296
1 0 .6
Distorsionen
296
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10. 7
Frakturen im K indesalter
1 0. 7 . 1
Grundlagen der Frakturbeha n d lu ng i m Kindesa lter
1 0.7.2
Diaphysä re Frakturen langer Röhrenknochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
1 0.7 .3
Metaphysäre Frakturen langer Röhrenknochen
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1 0. 7 .4
Epiphysäre Frakturen l a n ger Röhrenknochen
1 0. 7 . 5
Sonstige Frakturen und Luxationen
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10.8
Bauchtraumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330
1 0.8.1
Bauchwandkontusion
1 0.8.2
Parenchymatöse O rganverletzu ngen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330
1 0.8.3
Gastro i ntesti n a l e Organverletzungen
1 0.9
Thoraxtraumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1
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292
1 0 Trauma im Ki ndesalter
1 0. 1 F r i s c h e Wu n d e n Es handelt sich u m eine akut aufgetretene Gewebe durchtrenn ung der Haut, die mit ödematöser Schwel lung, Rötung und/oder Hämatom der Wundumgebung einhergeht, akut blutet oder Zeichen der stattgehabten Blutung ( Koagel) zeigt und mit unterschiedlich ausge prägter Schmerzsymptomatik und - in Abhängigkeit von der Tiefe und Komplexität der Verletzung - ggf. mit einem Funktionsverlust einhergeht. Die klinische Diagnostik erfordert die Exploration der Wunde und die subtile Funktionsprüfung zur E rken nung von Begleitverletzungen. Zuvor m uss im Kindesal ter bereits entschieden werden, ob die Verletzung selbst das Alter des Patienten oder der psychische Zustand von Kind und/oder Eltern eine Exploration in Lokalanästhe sie erlauben oder die W undversorgung in Allgemein narkose erforderlich machen. D ie Indikation dazu sollte bei K lei nkin dern großzügig gestellt werden. Grundsätz l ich ist der Tetanusschutz bei allen Verletzungen zu überprüfen! D arüber hinaus ist die Wunde zwar grund sätzlich als kontaminiert anzusehen, bedarf nach suffizi enter Desinfektion aber keiner antibiotischen Prophyla xe oder Behandlung. ,
1 0.1 . 1 Schn ittwu n d e n Es besteht eine glatte Durchtren nung der Oberfläche durch M esser, Glas, scharfkantige Metalle o. Ä . Typisch ist die limitierte Oberflächenwunde in Verbindung mit der Möglichkeit unsichtbarer tieferer Verletzung von Gefäßen, Nerven oder Sehnen ( > Abb. 1 0. 1 ) . An den Fingern muss immer die Möglichkeit einer Beuge- oder Strecksehnendurchtrennung in Betracht gezogen wer den. Am H andgelenk liegen komplexe Verletzungen von Sehnen, Gefaßen und Nerven nahe. Die Prüfung der dis talen Durchblutung, M otorik und Sensibilität ist uner lässlich und hier besonders subtil durchzuführen. Las-
Gefäßverletzung
Abb. 1 0 . 1 Schema einer Stichwunde mit verdeckten Begleitverlet· zungen in der Tiefe.
sen Wundsituation oder Patient diese Prüfung nicht zu, erfolgt die Versorgung so, als würde eine t iefere Struk turverletzung vorliegen - in Lokal- oder Allgemeinnar kose. Dies soll n icht in der Notfallambulanz, sondern im aseptischen OP geschehen. Einfache oberflächliche Wunden, die nur Kutis und Subkutis umfassen, werden nach sorgfältiger Reinigung, Desinfektion und ggf. sparsamer Anfrischung genäht ( bevorzugt resorbierbar, Einzelknopfnähte oder fortlau fende Naht, Wundränder locker adaptieren, Rückstich na ht nur bei größerer Spannung). Bei eröffneter Faszie und teildurchtrennten M uskeln erfolgen Fasziennähte (resorbierbar). Gefäß-, Nerven- und Sehnenrekonstruk tionen an der H and sollten nur bei entsprechender Aus bildung und Erfa h r u ng erfolgen. Zugänge u n d Zugangs erweiterungen, mikrochirurgische Technik, spezielle Nahttechniken, genaue Kenntnisse der lokalen Anato mie und der ggf. regionalen Versorgungsbesonderheiten (Hand) müssen ebenso geläufig sein wie ausreichende I nformationen zu notwendigen Ersatzplastiken. Eine sterile Wundversorgung und die Ü berstellung des Pati enten in eine Spezialabteilung sind im Zweifelsfall op portun. Die Versorgung erfolgt in der Regel ambulant oder kurzstationär. Die Wunden sind grundsätzlich kontami niert. Ob nach der Wunddesinfektion eine antibiotische Behandlung notwendig ist, richtet sich nach Verlet zungssituation und potenzieller Verschmutzung. Regel mäßi ge Wundkontrollen sind i n Abständen von 2-3 Ta gen bi s zur Fadenentfernung am 7. bis I 0. postoperati ven Tag durchzuführen. Die Prognose ist im Kindesalter wegen der guten Durchblutungssituation bei oberfläch lichen Wunden gut und hängt bei den komplexeren Wunden immer von den Begleitverletzungen ab .
1 0. 1 . 2 Q u etschw u n d e n Der Wundbereich ist größer als der Oberflächendefekt je nach Lokalisation der Wunde und Unfa ll m ec hanis mus kann die Oberfläche nur in begrenztem Ausmaß eröffnet sein, aber m it zerfetztem Wundrand und einem großen Kontusionshof mit Gewebsei nblutung einherge hen. Man beobachtet eher eine sickernde venöse, selte ner eine arterielle Blutung. Die peripheren Ext remitäten sind besonders betroffen, hier können die Finger- oder Fußnägel beteiligt sein, subtotale Fingerkuppenamputa tio nen mit Nagelluxation durch Quetschtraumeil sind ein geläufiges Verletzungsmuster ( > Abb. 1 0.2). Tiefer gelege ne Weichteilstrukturen {Sehnen) sind selten ver letzt, aber k nöcherne
Unfallfolgen müssen durch eine
Röntgenaufnahme ausgeschlossen werden.
1 0. 1 Frische Wunden
Die U n fälle passieren vornehmlich durch Einklem men der Finger, Hände oder Füße in Autotüren, Zim mer- und Haustüren oder beim Einklemmen zwischen Bowlingkugeln, j edoch nur selten als Stamm- oder stammnahe Quetschungen durch Kraftfahrzeuge, Roll tore o.Ä. Die Wundsituation und das Alter des Kindes entscheiden über eine ambulante Wundversorgung in Lokalanästhesie (z.B. Oberst'sche Leitungsanästhesie) i n der Notfallambulanz oder eine Narkoserevision. Es erfolgt grundsätzlich nur ein sparsames Wundde bridement, da sich im Kindesalter auch sehr avital im ponierendes Gewebe erholen kann . Das gilt vor allem für die subtotal amputierten Fingerkuppen. Nach Wundspülung und Desinfektion wird ein geringer Ober flächendefekt gar nicht genäht, sondern nur mit Gaze verbunden. Bei größerer Wunde oder Kuppenamputa ten werden die Ränder mit einzelnen, weit gestochenen, locker geknüpften adaptierenden Nähten angenähert; anschließend wird die Wunde verbunden. Die begleiten den Knochenverletzungen (Nagelkranzfraktur) bedür fen keiner separaten Versorgung, sondern nur der Ru higstellung, die grundsätzlich auch für die Wundheilung hilfreich ist. Kontrollen sind bis zur Wundheilung erfor-
Abb. 1 0. 2 Quetschverletzung des F i nger · e n dg l iede s (a); Rekonstruktion (b); subtota·
le Fingerkuppenamputation (c); einfache (d).
Re-Adaptation
derlich; vor allem ist die Regeneration avital erscheinen der adaptierter Gewebe zu kontrollieren. Kommt es zur trockenen Nekrose, stößt sich diese oft von selbst ab, wenn darunter die Regeneration erfolgt ist. Manchmal ist eine sekundäre Intervention notwendig. Selten muss am Finger ein Verschiebelappen oder eine andere De fektdeckung erfolgen.
1 0. 1 .3 P l atzwu n d e n Der Anprall a n ein hartes Widerlager führt zur Platz wunde, die meist am Kopf oder im Gesicht, aber auch am Knie oder Schie n be i n über dem El len bogen oder der ,
Ulna sowie an jeder anderen Stelle vorkommen kann. Die Wunde klafft mehr oder weniger stark, blutet am Kopf oft stark oder zeigt Zeichen der stattgehabten Blu tung (Koagel ) , geht mit einer Kontusion der Umgebung einher und kann im Gegensatz zur Schnittwunde auch u nregelmäßige Wundränder haben. Betroffen sind Haut und Unterhautfettgewebe; Faszien und Muskulatur sind nicht betroffen. Bei direkt über dem Knochen gelegenen Stellen kann das Periost ( z.B. am Schädel) eingerissen
293
294
1 0 Trauma im Kindesalter
Abb. 1 0.3 Große Kopfplatzwunde (a); primäre Wundversorgung mit Einzelknopfnähten (b).
sein ( > Abb. 1 0.3). Größe, Tiefe und Lokalisation der Wunde sowie Alter des Patienten entscheiden über eine Versorgung in Lokalanästhesie oder die Wundversor gung in Allgemeinnarkose. Bei sicherer Analgesie, im Mund z.B. auch mit Xylo cain-Spray, erfolgen Reinigung und Desinfektion der Wunde. Kleine Platzwunden, die sich manuell problem los adaptieren lassen, können mit Gewebekleber ver sorgt werden. Der Kleber darf nicht in die Wunde kom men. Im rechten Winkel zum Wundverlauf aufgebrach te Pflasterstreifen (z.B. Steristrips®) reduzieren die Spannung. Größere und tiefere Wunden werden genäht. Selten ist eine Wundrandrevision und -begradigung er forderlich. Aufgeplatztes Periost muss nicht genäht wer den, auch eine subkutane Adaptation ist nur im Aus nahmefall mit resorbierbaren 4 x 0- bis 5 x 0-Einzel knopfnähten notwendig. Wichtig ist der spannungsfreie Hautverschluss mit wenigen, locker geknüpften, adap tierenden 4 x 0- bis 6 x 0-Einzelknopfnähten, durchaus resorbierbar, außer im Gesicht, wo feine monofile 6 x 0-Nähte um den 5. Tag entfernt werden sollten, um die Narbenbildung nicht durch reaktive Granulationen negativ zu beeinflussen. An der Lippe ist besonders auf die korrekte Adaptati on des Lippenrots zu achten, da hier bereits die geringste Stufe kosmetisch auffällig ist; die erste Naht soll immer die Grenze fixieren. Schleimhautwunden im Mundvor hof bedürfen keiner Versorgung, solange es sich nicht um ausgedehnte Gingiva-Lazerationen handelt. Zungen wunden werden - nur wenn sie klaffen - invertierend und resorbierbar genäht, damit der Knoten nicht stört. Müssen Fäden entfernt werden, erfolgt das bei span nungsfreien Wunden nach 7 Tagen, sonst nach l 0 Tagen. Selten kommt es nach Wundversorgungen mit Gewe bekleber oder bei sonst unzureichend adaptierten Wundrändern zur sekundären Dehiszenz. Eine sekun däre Wundversorgung erfolgt dann elektiv eher in Nar-
kose mit einer Ausschneidung der Wundränder oder zumindest einer Anfrischung und dem erneuten Wund verschluss.
1 0.2 Sept i s c h e Wu n d e n
Jede außerhalb eines chirurgischen Operationstrakts er littene Wunde ist primär kontaminiert, aber deshalb nicht infiziert. Bei der infizierten Wunde ist aufgrund einer fehlenden oder unzureichenden Wundreinigung und/oder Wundversorgung eine sekundäre Infektion durch primär oder sekundär inokulierte Keime aufge treten. Jetzt ist anamnestisch neben der Verletzungsana mnese (wo und wie verletzt?) und dem Tetanusschutz auch die Frage nach einer Antibiotika-Unverträglichkeit wichtig. Offene superinfizierte Wunden müssen gereinigt wer den. An Händen oder Füßen hilft oft ein desinfizieren des Bad, durch das sich Beläge lösen und Krusten mobi lisieren lassen. Gegebenenfalls ist ein Debridement in Leitungs- oder Allgemeinnarkose vorzunehmen. Su perinfizierte Wunden sollten - außer im Gesicht - nicht primär, sondern erst nach sicherer Wundreinigung und beginnender Granulation sekundär verschlossen wer den. Die Immobilisation der betroffenen Wundregion fördert - sofern möglich - die Heilung und reduziert die mechanische Beanspruchung. Nur wenn sich eine deut liche entzündliche Umgebungsreaktion zeigt oder eine Lymphangitis auftritt, ist eine antibiotische Therapie in diziert. Geschlossene abszedierte W unden müssen eröffnet und ebenfalls gereinigt und desinfiziert werden. Jetzt ist es eine offene Wunde und wird wie diese weiterbehan delt Eventuell hilft eine Lasche, das Sekret aus der Tiefe
1 0 .3 B isswunden
der Wunde zu drainieren. Auch die abszedierte Wunde bedarf nicht grundsätzlich der antibiotischen Behand lung, wenn sie eröffnet ist. Man muss jedoch zuneh mend an resistente Keime wie den cMRSA denken.
1 0. 3 B issw u n d e n
Bisswunden von Tieren oder Menschen gelten grund sätzlich als hochgradig kontaminiert. Katzenbisswun den sind am gefährlichsten und führen durch die spitzen Zähne zur tiefen Inokulation von Keimen bei begrenzter Oberflächenwunde. Bei Hundebissen kommt es mehr zu Gewebskontusion und -Zerreißung, die Infektionsgefahr ist geringer. Menschenbisse liegen dazwischen. Auch die Bisswunden kleiner Nagetiere sind konsequent zu be handeln. Der Tetanusschutz - auch des Tieres - ist von großer Wichtigkeit. Die Frage der Tollwutimpfung muss nach Herkunft des Tieres (kein Haustier) und der loka len Endemielage ggf. nach Rücksprache mit dem Amtstierarzt beantwortet werden.
1 0. 3 . 1 B i sswu n d e n i m G esicht Aus kosmetischen Gründen wird die Bisswunde im Ge s icht primär verschlossen. Hier sollte grundsätzlich in Narkose versorgt werden. Nach sehr gründlicher Wundreinigung und -Spülung werden je nach Wundge biet einige subkutane Nähte gelegt, bevor die Wundrän der locker und mit nicht zu eng aneinander liegenden Nähten adaptiert werden ( >- Abb. 1 0.4). Dünne schma le Laschen sorgen für Sekretdrainage. D ie prophylakti sche intravenöse Antibiotikatherapie für mindestens 5 Tage ist indiziert, um das Risiko der Infektion gering
Abb. 1 0.4 Multiple Hu ndebisswunden im
Gesicht (a); Zustand nach Wundheilung (b)
zu halten. Die Antibiose sollte nach Entlassung oral bis zum 1 0. Tag fortgesetzt werden. Die übliche frühzeitige Fädenentfernung im Gesicht macht nur Sinn, wenn die Wundsituation eine anschließende Dehiszenz unwahr scheinlich erscheinen lässt. Kommt es sekundär zur eit rigen Sekretion, können sparsam wenige Nähte eröffnet werden, damit der Verhalt entlastet ist und die Wunde gespült werden kann. Im Einzelfall wird man aus kos metischen Gründen verspätet nochmals eine Wundver sorgung anschließen müssen.
1 0.3.2 B i sswu n den an den Extre m i täten Außerhalb des Gesichts bleiben Bisswunden offen. Die se Grundregel kann natürlich in der Einzelsituation und in Abhängigkeit von Größe und Zustand der Wun de variiert werden. Wie oben erwähnt steht die gründli che Wundreinigung und -spülung im Vordergrund. Tiefere Wundtaschen müssen exploriert und drainiert werden, ggf. sind Faszien- oder Muskelverletzungen festzustellen. Vereinzelte Adaptationsnähte in tieferen Schichten sind nach Einlage von Laschen möglich. Re gelmäßige desinfizierende Bäder helfen zur konsequen ten Wundreinigung ebenso wie tägliche Spülungen. Die Ruhigstellung ist wichtig. Eine prophylaktische i ntra venöse Antibiotikatherapie ist grundsätzlich indiziert. Besonders bei Katzenbissverletzungen an der Hand ist die Gefahr einer sich subkutan oder subfaszial ausbrei tenden Infektion mit Hohlhandphlegmone u.Ä. zu be denken . H ier ist ggf. frühzeitig sekundär eine Spaltung der Ausbreitungswege notwendig, um einen erhebli chen Funktionsverlust zu vermeiden. Die Vorstellung in einer handchirurgischen Abteilung soll überlegt werden.
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296
1 0 Trauma im K i ndesalter
1 0.4 F r e m d körperve r l etz u n g e n
Fremdkörperinokulationen kommen vornehmlich an Händen und Füßen, seltener i m Gesicht oder i m Bereich der Knie und Unterschenkel vor. Die Anamnese ist ein deutig, wenn der Fremdkörper gesehen und ggf. teilwei se entfernt wurde oder als lokale Resistenz getastet wer den kann. Schwierig wird es bei vermeintlich tastbaren Fremdkörpern ohne Oberflächenwunde, schlecht hei lenden Wunden und unklarer Vorgeschichte (barfu ß gelaufen, unklare Verletzung) oder chronischen granu lierenden Wunden völlig unklarer Genese. Klinisch im ponieren neben einer Wunde oft eine lokale Rötung und ein Druckschmerz. Bei den Fremdkörpern handelt es sich häufig um Glassplitter, abgebrochene Nadelenden, Holzsplitter, Dornen, Bestandteile von I nsekten u.Ä. Kann die subtile klinische U ntersuchung die I ndikation zur Revision nicht klären, lassen sich röntgendichte Fremdkörper ra diologisch lokalisieren. Zum Teil hilft die Weichteilso nographie. Ein identifizierter Fremdkörper soll in Lo kal- , Leitungs- oder Allgemeinanästhesie entfernt und die Wunde gut gereinigt und der Spontanheilung über lassen werden. Bei diagnostisch unklarer Konstellation kann zunächst eine lokale desinfizierende und antibioti sche W undbehandlung erfolgen, bei deren Erfolglosig keit elektiv revidiert werden muss. Im Einzelfall kann besonders an der Fußsohle oder am Unterschenkel eine Kernspintomographie einen tiefer gelegenen Fremdkör per identifizieren helfen.
1 0.5 K o nt us i o n e n
Bei vielen Verletzungen, die zum Ausschluss einer Frak tur vorgestellt werden, handelt es sich um Kontusionen der Extremitäten. Die Klinik umfasst lokalen Druck schmerz, Schwellung, Hämatom, ggf. Rötung und eine Schonung der betroffenen Extremität. Durch die Unter suchung lässt sich eine Fraktur oft nicht sicher aus schließen, sodass dies radiologisch erfolgen m uss. Liegt keine knöcherne Verletzung vor, können noch einmal das mögliche Bewegungsausmaß und die Belastungsfä higkeit getestet werden. Dia-/metaphysäre Kontusionen der Extremitäten be dürfen oft nach Frakturausschluss keiner weiteren Maß nahmen. Im Einzelfall ist lokale Kühlung hilfreich, an algetisch/antiphlogistische Externa (Voltaren®-Gel) können zur Anwendung kommen. Wenn die Kinder be-
reits entlasten, ist eine zusätzliche Ruhigstellung oft nicht notwendig. Gelenkkontusionen kommen vornehmlich an Ellen bogen, Hand- und Fingergelenken, Knie- und Sprungge lenk vor. Es kann ein Gelenkerguss vorliegen; die Bewe gung ist schmerzhaft, möglicherweise sind die Kapsel Bandstrukturen der Gelenkumgebung mittraumatisiert. Eine Punktion ist n ur bei erheblichen intraartikulären Flüssigkeitsansammlungen zur Entlastung und zum Ausschluss eines Hämarthros notwendig. Die Röntgen aufnahme muss vor allem an den Phalangen sorgfaltig auf kleine knöcherne Kapselausrisse kontrolliert wer den. Kühlung und Antiphlogistika sind auch hier indi ziert, doch b ietet sich an den Gelenken eventuell auch ein Tapeverband vornehmlich der Fingergelenke oder eine vorübergehende Ruhigstellung des Gelenks an. Die klinische Kontrolle nach 7-10 Tagen zeigt dann oft Be schwerdefreiheit.
1 0.6 D i sto rs i o n e n
Bei den Distorsionen steht nicht der traumatische An prall i m Vordergrund des Unfallmechanismus, sondern die Ü berdehnung des Gelenks durch eine Bewegung, die das aktive Ausmaß der üblichen Gelenkbeweglichkeit überschreitet. Bevorzugt betroffen sind die Fingergelen ke (Hyperextensionstraumen) , das Kniegelenk (kombi nierte Adduktions- oder Abduktions- und Rotations traumen) und das obere Sprunggelenk (Supinations traumen), seltener das Hand- oder Ellenbogengelenk ( Hyperextensionstraumen) . Bei den Ü berstreckungen der Fingergelenke ist das proximale I nterphalangealgelenk häufiger betroffen als das distale. Es i mponiert meist eine erhebliche Schwel lung. Ein Gelenkerguss ist klinisch schwer festzustel len, liegt aber sicher in den meisten Fällen vor. Häma tome deuten auf Einblutungen oder Einrisse der Ge lenkkapsel hin. Im Röntgenbild ist auf knöcherne Kap selausrisse zu achten. Ein Tapeverband des betroffenen Fingers, ggf. zusammen mit einem benachbarten Fin ger, reicht in der Regel zur Ruhigstellung auch bei klei nen knöchernen Verletzungen aus. N ach 2-3 Wochen soll die aktive Ü bung (z.B. Softball kneten) die Beweg lichkeit regenerieren, bis der Faustschluss wieder voll ständig möglich ist. Das Gelenkrelief bleibt oft etwas vergröbert. Distorsionen des Kn iegelenks sind in aller Regel Fol ge von Sportunfallen. Fußball und Ski stehen hier im Vordergrund. je nach Unfallmechanismus komm t es
1 0. 7 Frakturen im
neben der Kapseldehnung zu mehr anterolateralen (la terale Retinakulum- und Außenbanddehnung) oder an teromedialen Verletzungen ( mediale Retinakulum- und I nnenbanddehnung). Neben dem lokalen Druck schmerz und dem Dehnungsschmerz am femoralen und tibialen Bandansatz bei Abduktions- oder Adduktions stress liegt oft ein Gelenkerguss vor. Bei deutlich tan zender Patella ist die Kniegelenkpunktion indiziert, um einen H ämarthros zu diagnostizieren und auszuspülen. D ie Ruhigstellung erfolgt mit einem Tutor oder einer Orthese für 2-3 Wochen unter Entlastung oder Teilbe lastung. Wenn der Erguss nicht nachläuft, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Liegt ein H ämar thros vor und der Erguss rezidiviert, h ai1delt es sich meist um einen Kapsel- und Retinakulumeinriss. Eine M RT oder Arthroskopie ist zu überlegen, um Begleit verletzungen der Menisken auszuschließen. Der Tutor wird nach 3 Wochen abgenommen , entsprechende Or thesen bieten die Möglichkeit, die Bewegung auch schrittweise freizugeben. Distorsionen des oberen Sprunggelenks sind als Supi nationstraumen die häufigsten Gelenküberdehnungen. Klinisch imponieren Schwellungen rund um den Au ßenknöchel, Gelenkerguss, Hämatom und die Unmög lichkeit der Belastung. Der Druckschmerz lässt sich auf eines oder mehrere der Außenbänder bzw. ihre Ansatz punkte projizieren. Im Kindesalter sind die Ligamente selbst noch stabiler als ihre knöcherne Verankerung, so dass es statt der im Erwachsenenalter typischen Außen bandrupturen zu knöchernen Bandausrissen aus der Fi bulaspitze, seltener aus Talus oder Calcaneus kommt, die radiologisch zu verifizieren sind. Betroffen ist meist das Ligamentum fibulotalare anterius, manchmal auch das L. fibulocalcaneare, nur selten das L. fibulotalare posterius. Die sog. gehaltenen Röntgenaufnahmen in Supinationsstress sind obsolet. Eine Kernspintomogra phie kann die Verletzungen sehr schön zeigen , führt aber zu keiner konkreten therapeutischen Konsequenz. Eine operative Therapie ist grundsätzlich nicht indiziert. Leichtere Distorsionen können primär mit einem Tape verband versorgt werden. Bei deutlicher Schwellung/ H ämatom erfolgt die Ruhigstellung im Unterschenkel gips für 7 - 1 0 Tage unter Entlastung an Un terarmgeh stützen, dann kann bei rückläufiger Schwellung in einer Sprunggelenkorthese (z.B. Aircast®) unter zunehmen der Belastung mobilisiert werden. Die Orthese soll für weitere 3-4 Wochen ganztags (auch nachts, um unbe merkten Supinationsstress zu vermeiden) , danach noch beim Sport getragen werden, bis auch die subjektive Si cherheit vollständig wieder h erges tellt ist.
Kin desalter
1 0. 7 F ra kt u re n i m K i n d esa lte r 1 0. 7 . 1 G r u n d l a g e n der F ra kt u rbe h a n d l u n g im K i n d esa lter
Frakturen im Kindesalter werden nach Lokalisation, Vollständigkeit und Stabilität unterschieden. Klassifi ziert werden sie nach der AG-Klassifikation für Kinder frakturen, die die vorgenannten Unterscheidungsmerk male integriert. Die Knochen- ( l -4 für Oberarm, Unter arm, Oberschenkel und Unterschenkel) und Segment kodierung ( 1 -3 für proximale Epi-/Metaphyse, Schaft und distale Meta-/Epiphyse) erfolgt wie bei den Erwach senen. Von den Schaftfrakturen (D) werden die Brüche der Metaphysen (M) differenziert. Die Metaphyse ist als das Quadrat über der Wachstumsfuge definiert; es be zieht am U nterarm und Unterschenkel beide Knochen ein. Die Fuge trenn t wiederum die Metaphyse von der Epiphyse (E) ( > Abb. l O. Sa). Im Kindesalter werden sowohl dia- als auch meta physär unvollständige stabile Frakturen · beobachtet, die als Fissuren ( m onokortikale Infraktion), B iegungs frakturen ( Mikro frakturen mit Formveränderung) oder subperiostale Stauchungsfrakturen (Wulstfrakturen) durch das erhaltene Periost charakterisiert sind, keine relevante Achsdeviation aufzeigen und stabil sind. Die Grünholzfraktur, ebenfalls meta- und diaphysär zu be obachten und durch den typischen konkavseitigen Er halt von Periost ± kortikalen Anteil charakterisiert, so mit also auch unvollständig, ist dagegen nur "semista bil", da Dislokationen in einer Achse, aber keine Ver kürzungen oder komplexere Fehlstellungen in mehreren Ebenen möglich sind. Vollständige Brüche mit Konti nuitätsverlust der Knochen entsprechen den Frakturen des Erwachsenen. Bei den vollständigen Kontinuitäts durchtrennungen liegen Quer- oder Schräg-/Spiralfrak turen vor. Am U nterarm stellen die S ch a ftfrakturen ei nes Knochens mit proximaler oder distaler Luxation des anderen Knochens (Monteggia- oder Galeazzi-Fraktur) eine Besonderheit dar. Gelegentlich sind am Schaft Bie gungs - oder Drehkeile zu sehen; grundsätzlich sind mehrfragmentäre Frakturen die Ausnahme ( > Abb. 1 O.Sb und c). Prognostisch relevant ist nur die Unter scheidung in Frakturen mit 2 Fragmenten (Schwere grad I ) und solche m it > 2 Fragmenten ( Schweregrad 2). Epiphysär gibt es ebenfalls unvollständige (z.B. un vollstä ndiger Kondylus-radialis-Abriss) und vollständi ge Frakturen. Die Stabilität hängt vor allem von der Vollständigkeit der Fugenlösung oder der chondralen Kontinuitätsdurchtrennung ab. Differenziert werden die vier l;onnen nach Salter-Harris, die Übergangsfrakturen
297
298
1 0 Trauma i m Kindesa lter
H u merus
Femur
Radius/Ulna
Tibia/Fibula
E = Epiphyse 1 = Proximal
I
M = Metaphyse
I
D/1 Biegungs-
D/2 Grün holz-
fraktur
fraktur
D = Diaphyse
2 = Schaft
I
M = Metaphyse
I
3 = Distal E = Epiphyse
D/4 komplette Querfraktur
<
30°
a
D/5 komplette Schräg-/
D/6 Monteggia
D/7 Galeazzi
D/9 andere
Spiralfraktu r
Fraktur
Fraktur
Schaftfrakturen
>
30°
inkl. Toddler Fraktur
b
M/2 i nkom plette Fraktur
M/3 komplette
M/7 knöcherner
M/9 andere
(Stauch ungsbruch, Grünholz)
Fraktur
Bandausriss
metaphysäre
fr!
E/1 Salter-Ha rris
�
I
rff
ff1 E/2 Salter-Harris I I
�
Frakturen
E / 3 Salter-Harris 1 1 1
�
E/4 Salter-Harris
�
c
IV
E/5 Tillaux-
E/6 Tri-Plane-
E/7 knöcherner
E/8 Flake-
E/9 andere
Fraktur
Fraktur
Bandausriss
Fraktur
Epiphysen-
�
�
Th7
Abb. 1 0. 5 AO-Kiassifikation der Frakturen im Kindesalter (a-d).
\(
frakturen
d
1 0. 7
bei begonnenem Fugenschluss sowie die knöchernen Bandausrisse, osteochondrale flakes und sonstige un klassifizierbare Frakturen ( > Abb. l O.Sd) . Der Anteil offener Frakturen ist im Kindesalter gerin ger als bei Erwachsenen. Zudem lässt die Komplexität der Weichteilverletzung nicht auf die Komplexität der Fraktur schließen, da auch offene Frakturen bei Kindern in der Regel mit monotonen unkomplizierten Fraktur mustern einhergehen. Die Diagnostik besteht aus konventionellen Röntgen aufnahmen in zwei Ebenen, selten in einer ergänzenden schrägen Ebene. Das Ausmaß der Fehlstellung ist exakt zu messen, da man sie sonst leicht über- oder unter schätzt. H ierzu ist bei metaphysären Brüchen die Ein zeichnung des Epiphysen-Achsen-Winkels zur korrek ten Dislokationsbestimmung wichtig ( > Abb. I 0.6). Ist schon nach einer Ebene das Therapiekonzept im Sinne einer OP-Indikation klar und die Diagnostik sehr schmerzhaft, sollte die zweite Ebene intraoperativ nach geholt werden. Selten ist z.B. bei Sprunggelenkfrakturen ein CT erforderlich, um die Verletzung voll zu erfassen. Die Kernspintomographie hat in der Primärdiagnostik keine Bedeutung. Die Therapie folgt heute dem Prinzip der primär defi nitiven Frakturversorgung, d.h., dass die erste Maßnah me in Narkose - abgesehen von einer erforderlichen
Abb. 1 0.6
Fraktur der distalen Unterarmmetaphyse. exakte Dislo· kationsbestimmung mittels Epi physenachsenwinkel in beiden Ebe nen .
Frakturen im Kindesalter
Metallentfernung - auch die letzte sein soll. Nachreposi tionen oder sekundäre Osteosynthesen sollen die Aus nahme darstellen. Undislozierte Frakturen bedürfen le diglich der Ruhigstellung. Geringe Fehlstellungen, die das individuelle spontane Korrekturpotenzial des weite ren Wachstums nicht überschreiten, werden in gleicher Weise behandelt. Ist die Grenze der Spontankorrektur überschritten, ist die Reposition erforderlich. Wird hier eine stabile Situation erzielt, wird weiter konservativ mit Retention im Gips behandelt; ggf. ist eine Gipskeilung sekundär hilfreich. Grundsätzlich gilt die alte Regel, dass die beiden angrenzenden Gelenke mit ruhig gestellt wer den. Hiervon kann am distalen Unterarm und am dista len Unterschenkel bei älteren Patienten (etwa ab 8 Jah ren) abgewichen werden, während die jüngeren Kinder zu leicht aus den dann sehr kurzen Unterarm- oder Un terschenkelgipsen herausrutschen. Ist keine stabile Re position oder zuverlässige Retention zu erzielen, erfolgt in gleicher Narkose die kindgerechte, möglichst mini mal-invasive Osteosynthese. Bewegungs- und belas tungsstabile Versorgungen sind bei vergleichbarer Effi zienz (Aufwand/Resultat) bevorzugt einzusetzen. Epi-/metaphysär und bei kleinen Fragmenten kom men die Kirschner-Draht- oder die Zugschrauben-Os teosynthese zur Anwendung. Bei bestimmten meta physären Frakturen und vor allem diaphysär ist die elastisch-stabile intramedulläre Nagelung heute die Me thode der Wahl, in Einzelfallen ist ein Fixateur externe erforderlich ( :> Abb. 10_7). Nur in Ausnahmef
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300
1 0 Trauma im Kindesalter
Abb. 1 0.7 Ostensyntheseverfahren im Kindesalter. Kirsch ner- Draht-Osteosynthese (a); Schrauben-Osteosynthese (b); elastisch-stabile
intramedul läre Nagelung (ESI N ) (c); Fixateur externe (d).
ehe (Stellung? Sekundäre Dislokation?) und dann zur Prüfung der Konsolidation nach 3-5 Wochen. Der kli nisch druckschmerzfreie Kallus, ggf. in Zusammenschau mit dem Rön t genbild bestimmt über die Freigabe zur Bewegung bzw. Belastung. Nach Osteosynthesen folgt auf die Dokumentation des OP- E rgebn i sses erst eine Aufnahme zum Zeitpunkt der erwarteten Konsolidation und dann ggf. noch zur Metallentfernung. Bewegungsli m itierungen und/oder Sportverbote sind i m Kindesalter in der N a chbeha n dlu ng in aller Regel n i cht erforderlich. Wach s t u ms s tö ru ngen treten bei Schaftfrakturen als Verlängerungen oder Verkürzungen auf, wenn Trauma oder Therapie die Du r chbl u t un g der benachbarten Fuge beeinflusst und damit ein Mehrwachstum, einen vorü bergeh ende n Wachstumsstopp oder einen vorzeitigen Fugenschluss induziert haben. Meta- und epiphysär sind unfall- oder therapiebedingte direkte Verletzungen der Fugen, aber auch Durchblutungsveränderungen oder i ndirekte Einflüsse durch bestehende I nstabilitäten lrritat io n s da uer ) verantwortlich für (H eil u n gsdau er vollständige (Plus- oder Minuswachstum der gesamten Fuge mit Einfluss auf die Knochenlänge) oder pa rt ielle ,
Fugenschäden ( Plus- oder Minuswachstum eines Teils der Fuge mit Einfluss auf die Knochenachse). Kontrol len s ind bei entsprechend gefahrdeten Bruchregionen über zwei Jahre, ggf aber auch b is zum Wachstumsab schluss erforderlich. .
1 0.7.2 D i a p hysä re Fra kturen l a n ge r
R ö h r e n knochen An der Diaphyse werden Biegungsfrakturen (D 1 ) , Grün holzfrakturen (D2), vollständige Quer- (D4) oder Schräg-/Spiralfraktureil (DS), am U nterarm auch Mon teggia- (D6) und Galeazzi-Frakturen ( D 7 ) , zudem sons tige unklassifizierbare Brüche ( D9) unterschieden ( > Abb. J O . Sb ) .
Obera rmschaftfra ktu ren
=
Oberarmschaftfrakturen entstehen in der Regel durch di rekte Gewalteinwirkung, bei Ne uge bo renen geb u rt st rau -
1 0. 7 Frakturen im Kindesalter
matisch, bei Säuglingen und Kleinkindern ist an eine Kindesmisshandlung zu denken. Am proximalen diame taphysären Übergang kommen zudem gehäuft juvenile Knochenzysten vor, die nach Bagatelltraumen mit einer pathologischen Fraktur diagnostiziert werden. Schmerz hafte Bewegungseinschränkung, deutliche Schwellung mit Hämatom und ggf. sichtbare Achsdeviation oder Ver kürzung führen zur Röntgend iagno stik (2 Ebenen; a.p. und axial, alternativ Y-Aufnahme, nicht transthorakal). Undislozierte oder achsengerecht stehende Fraktu ren mit Verschiebungen ad latum, aber ausreichendem Fragmentkontakt werden konservativ behandelt. Ach senfehler korrigieren sich unterhalb des 10. Lebensjah res bis zu 20°, bei geburtstraumatischen B rüchen sogar bei deutli ch größerer Dislokation. D iese Achsenfehler stellen funktionell wegen der guten Kompensation i n der Schulter kein Problem dar, sind aber meist sichtbar und kosmetisch störend. Zur Immobilisation kommen Gilchrist-Verband, Desault-Verband ( > Abb. 10.8), ein Brace oder ein Oberarmgips mit Schulterkappe zur A n'wendung. Bei großer Kontaktfläche (Spiralbruch) ist die Stabilität schneller erreicht als bei Querfrakturen mit limitiertem Fragmentkontakt Röntgenkontrollen erfolgen nach Ruhigstellung an Tag 0 (Stellung nach Manipulation), an Tag 7 (sekundäre D islokation) und gipsfrei an Tag 28/35 ( Konsoli dierung Frei gabe) . Nach 4 Wochen spontaner, selbstbesti mmter Mobilisation besteht in der Regel keine Bewegungseinschränkung mehr im Schulter- oder Ellenbogengelenk, sodass sich Krankengymnastik erübrigt. D ie Prognose quoad junc tionem ist sehr gut. Verbliebene Achsenfehler werden b is zur vollständigen Korrektur in Abständen von 1'2 Jahr kontrolliert. Instabile Frakturen, st ark dislozierte Frakturen, se kundär d islozierte Frakturen, Kettenfrakturen mit gleichseitiger Unterarmfraktur und Polytraumen stellen OP-lndikationen dar. Bei geschlossener Reposition ei n er Oberarmschaftfraktur sollte grundsätzlich nicht oh n e Osteosynthese weiterbehandelt werden. Die elas tisch-stabile intramedulläre Nagelung (ESI N ) ist das Ve rfahren der WahL Die Nägel ( Durchmesser je Y:J des Markraums in Schaftmitte) werden von der distalen Hu merusmetaphyse aus einseitig radial oder beidseitig ra d ial und ulnar über Kortikalisperforation en in den Markraum eingeführt, über die Fraktur in das proxi male F ragment eingebracht und in der Spongiosa der proxi malen Metaphyse verankert. Die beiden gegenläufigen Spannungsbögen sollen auf Frakturhöhe die größte Dis tanz haben, damit die F ra ktur i ntern achsengerecht und bewegungsstabil geschient ist. H ierzu muss bei einseiti ger Implantation einer der Nägel im Markraum um 1 80° gedreht werden. L iegt die Fraktur im distalen Schaftdrit,
301
Abb. 1 0.8 Gi lchrist- oder Desault-Verband zur Ruhigstellung von
Oberarmfrakturen.
tel, stellt die absteigende Nagelung von proximal lateral (subdeltoidaler Zugang, 2 B o hrlöcher ein Nagel wird zur Verspannung ebenfalls im Markraum um 1 80° ge dreht) eine Alternative dar ( >- Abb. 1 0.9). Pathologische Frakturen und Frakturen mit primärer Radialisparese stellen eine relative Operationsindikation dar. D ie pathologischen Frakturen bei juven iler Kno chenzyste sind in der Regel nicht disloziert, die intrame dulläre Nagelung mit der anhaltenden Perforation der Zyste hat jedoch den Vorteil, Re-Frakturen vorzubeugen und die Zyste durch Druckentlastung und besseres Ein wandern von Osteoblasten zuverlässiger und ohne Spongio s aplastik zur Ausheilung zu bringen. Bei unfallbedingter Radialisparese muss der Nerv we gen der hohen Wahrscheinlichkeit einer spontanen Re generation nicht exploriert werden. Die Osteosynthese erlaubt jedoch die früh zeitige physiotherapeutische Be handlung. Ruhigstellungen sind entbehrlich und nur im Einzel fall aus Schmerzgründen passager (Tragetuch, Gilchrist) sinnvoll. Röntgenkon trollen erfolgen an Tag 0 intra oder postoperativ, dann an Tag 28 ( F reigabe zum Sport), an Tag 90 ( Plan ung der Metallent fernun g ) und nur bei den Knochenzysten weiter in Abständen von 3-6 M ona ten bis zur Zystenkonsolidierung. Physiotherapie ist au ßer bei d en Radialisparesen selten erforderlich. Das Ver fahren ist komplikationsarm, die Prognose gut. An den N ageleintrittsstellen ist auf den Verlauf der Nn. ulnaris und radialis zu achten. ,
U ntera rmschaftfra ktu re n Unterarmschaftfrakturen sind die häufigsten Schaftfrak turen im Kinde s al ter Indirekte Unfallmechanismen mit .
I
302
1 0 Trauma im Kindesalter
a
b
Abb. 1 0.9 Bilateral aszendierende (a) oder monolateral deszendierende ES IN am Oberarm (b).
Sturz auf den ausgestreckten Arm sind häufiger als di rekte Parrier-Traumen. Neben der sichtbaren Fehlstel lung imponiert klinisch die schmerzhafte Funktionsein schränkung. Die Röntgenaufnahme in zwei Ebenen mit angrenzenden Gelenken lässt Frakturtyp, Dislokation und Stabilität einschätzen. Radius-, Ulna- und Unter armfraktureil beider Knochen werden differenziert und die Grünholz- von den vollständigen Brüchen unter schieden. Bei isolierten Ulnafrakturen muss immer eine proximale Radiusluxation ausgeschlossen werden, da mit die Monteggia-Läsion nicht übersehen wird. Undislozierte Frakturen und Brüche mit Achsenfeh lern unter 1 0° werden im Oberarmgips für 4 Wochen ruhig gestellt. Jede andere Fraktur bedarf der Reposition in Narkose. Zwar lassen sich manche Unterarmbrüche gut reponieren und retinieren, doch ist das am Röntgen bild im Einzelfall nicht zu prognostizieren, sodass die Möglichkeit zur Osteosynthese in gleicher Narkose im mer gegeben sein muss. Bei Grünholzfrakturen muss die konkavseitig erhaltene Kortikalislamelle bei der Reposi tion durchbrachen werden, damit die Fraktur nicht in die Ausgangsstellung zurückfedert, sondern konvexsei tig unter Kompression gebracht werden kann. Das ver hindert die bekannte konvexseitige Konsolidierungsver zögerung mit der Gefahr der Re-Fraktur. Dabei darf aber das Perios t nicht zerrissen werden, da die Fraktur sonst instabil wird ( > Abb. 1 0 . 1 0). Der Oberarmgips muss gut anmodelliert werden, im Einzelfall kann eine Gips keilung nach einer Woche notwendig sein. Bei vollstän digen Frakturen von Radius oder Ulna entscheidet oft der Frakturverlauf über die Effektivität einer konserva t i ven Behandlung. Bei Querfrakturen ist die geringe Kon-
taktfläche der Unsicherheitsfaktor, bei Schrägfrakturen die Tendenz zur Valgus- (Radius) resp. Varusfehlstel lung (Ulna). Nach Reposition und Oberarmgipsanlage in Neutralstellung des Unterarms inkl. guter Aufspan nung der Membrana interossea durch den Druck beider Daumen muss noch in Narkose überprüft werden, ob tatsächlich eine suffiziente Retention erzielt wurde. Röntgenkontrollen erfolgen an Tag 0 nach Repositi on/Gipsanlage, an Tag 7 (sekundäre Dislokation) und gipsfrei an Tag 28 ( Konsolidierung, Freigabe). Nach Freigabe und spontaner Mobilisation wird 4 Wochen später vor allem die Wiederherstellung der Umwendbe wegungen geprüft. Wer nach Tag 7 noch so stark an der Stabilität seiner Maßnahme zweifelt, dass er eine weitere Stellungskontrolle anordnet, sollte über die Indikation zur Osteosynthese nachdenken. Frakturen beider Knochen auf gleicher Höhe sind in stabil. Stellt sich im Röntgenbild ein Kalibersprung eines Knochens auf Frakturhöhe dar, liegt ein Rotationsfehler vor. Auch unterschiedliche, vor allem aufeinander zu laufende Fehlstellungsrichtungen der beiden Unterarm knochen sind problematisch. Achsenfehler führen ab 1 5° in jedem Alter zu Einschränkungen der Pronation und/oder Supination. Ulnafrakturen mit proximaler Ra diusluxation (Monteggia-Fraktur) sind bei suboptimaler Reposition mit erheblichen Folgeproblemen behaftet. Bei allen diesen Konstellationen stellt sich ebenso wie bei Re-Frakturen, pathologischen Frakturen, Frakturen bei Polytrauma, offenen Brüchen, Mehrfragmentfraktu ren und Gefaß- Nerven-Yerletzungen die Indikation zur Osteosynthese. Methode der Wahl ist die intramedulläre Nagelung (ESIN) ( > Abb. 1 0. 1 1 ). In Radius und Ulna
1 0. 7 Frakturen im Kindesalter
Abb. 1 0 . 1 0 Grünholzfraktur des Unterarms mit Fehlstellung in einer Ebene und erhaltener konkavseitiger Kontur (a); Reposition und ach sengerechte Retention im Oberarmgipsverband (b).
Abb. 1 0. 1 1 Vollständige, dislozierte, i nstabile Unterarmschaftfraktur (a); achsengerechte und bewegungsstabile intramedulläre Osteosyn these (ESIN) (b).
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1 0 Trauma im K indesalter
werden jeweils ein Nagel (Durchmesser etwa 'l'l des Ra dius-Markraums in Schaftmitte) eingebracht; über die Aufspannung der Membrana interossea erzielt man eine übungsstabile Osteosynthese. Der radiale Nagel wird von distal über ein laterales (auf den N. radialis superfi cialis achten) oder dorsales Bohrloch (Tuberculum Lis teri) eingeführt, der ulnare N agel von distal medial oder proximal lateraL Epi- und Apophysen werden geschont, die Eintrittsstellen liegen immer metaphysär. Die Nägel werden bis zur Fraktur geschoben, dann erfolgt die Re position, die durch die Nagelspitzen unterstützt werden kann. Meist wird erst der radiale, dann der ulnare Nagel im Gegenfragment platziert, da die radiale Manipulation schwieriger ist und von der größeren Bewegungsfreiheit bei noch instabiler Ulna profitiert. Ein Wechsel der Rei henfolge ist bei Problemen natürlich jederzeit möglich. Nun werden die Nägel in die Gegenmetaphyse vorge schoben; die Spitzen werden zur A ufspannung der Mon tage zur Membrana interossea hin gedreht und i n der Spongiosa verankert. Ist in seltenen Fällen eine geschlos sene Reposition eines Knochens nicht möglich, wird über der Fraktur eröffnet, ein Interponat entfernt und die Einführung des Nagels in das Gegenfragment direkt unterstützt. Bei Re-Frakturen kann es erforderlich sein , auf diesem Weg einen durch Kallus verlegten Markkanal aufzubahren. Bei der Monteggia- Fraktur kommt es nach achsengerechter Stabilisierung der Ulna in aller Regel zur Spontanreposition des luxierten Radius. Die intramedulläre Osteosynthese am U nterarm ist übungsstabil und bedarf keiner ergänzenden Ruhigstel lung. Dies gilt auch für stabilisierte isolierte Radius oder Ulna- und Monteggia-Frakturen. Die Bewegung ist primär freigegeben. Röntgenkontrollen sind an Tag 0 {intra- oder postoperativ), an Tag 28 (Freigabe zum Sport bei guter Kallusüberbrückung) und an Tag 90 ( Konsolidierung, Planung Metallentfernung) einzupla nen. Ausreichend gekürzte Nagelenden verhindern sub kut ane Reizzustände und Nagelperforationen. Bei dor saler Implantation des radialen Nagels ist darauf zu ach ten, dass das Nagelende nicht unter die Sehne des M. ex tensor pollicis longus rutscht und h ier eine sekundäre Sehnenruptur verursacht. Re-Frakturen werden bei ver frühter Metallentfernung beobachtet, weshalb die Me talle verbleiben sollen, bis der Knochen vollständig re
modelliert ist und sowohl Kortikalis als auch M arkraum im Röntgenbild differenziert werden können. Besonders nach offenen Repositionen oder offenen Frakturen der Ulna in Schaftmitte sind verzögerte Frakturheilungen beobachtet worden. Die Prognose ist in 95% sehr gut und gut, selten verbleiben Funktionseinschränkungen durch suboptimale Achsenkorrektur oder eine Vernar bung der Membrana interossea.
Mehrfragmentbrüche, die sich mittels intramedullä rer Nägel nicht ausreichend stabilisieren lassen, und hö hergradig offene Frakturen machen den Einsatz des Fi xateur externe e rford erlich. Ein kleines Rohrsystem oder ein H andfixateur sind ausreichend. Die Ausheilung kann im Fixateur erfolgen, selten sind bei Kindern die Metallentfernung und der Wechsel auf eine Gipsruhig stellung erforderlich.
O bersche n kelsch aftfra ktu ren Oberschenkelschaftfrakturen erfordern erhebliche Trau men, werden n ach Verkehrsunfällen, Stürzen aus größe rer Höhe, Sportunfällen, GeburtstraUinen oder Kindes misshandlung beobachtet und sind Bestandteil vieler Po lytraumen. Bei den Betroffenen handelt sich um Kleinkin der oder ältere Schulkinder jenseits des 1 0. Lebensjahres. Die Klinik wird von einer erheblichen Schwellung des Oberschenkels, einer sichtbaren Fehlstellung und Verkür zung sowie meist einer Fehlhaltung in A ußenrotation be stimmt. Nach der konventionellen radiologischen D iag nostik erfolgt wegen der starken Schmerzen oft sofort die Versorgung. Die konservativen Therapieoptionen (Becken-Bein G ips, Extension) führen zu langer Immobilisation und Betreuungsbedürftigkeit, sodass häusliche (Berufstätig keit der Eltern) und schulische Probleme (Schuljahres verlust) drohen. Das schlägt sich in der weitgehend ak zeptierten OP-Indikation jeglicher Oberschenkelschaft frakturen ab dem 3 . Lebensjahr und zunehmend auch darunter n ieder. Im 1. u nd 2. Lebensjahr stellt d ie kon servative Behandlung durch die kürzere Konsolidie rungszeit noch das Verfahren der ersten Wahl dar. Die sog. Overhead-Extension als Weichteilextension wird in Analgos e di er un g mit einem fertigen Pflaster Klebe-Extensionsverband realisiert. Über ein am Bett befestigtes Rollen-Umlenk-System erfolgt Längszug mit v,- 1/6 de s Körpergewichts. Das Becken soll gerade schwe ben . Täglich erfolgt die Spitzfuß- und Peronäuskontrolle ( Kompartmentrisiko durch Zug) . Nach 24-48 Stunden hat sich der Patient an die Situation adaptiert, hängt ent s pa n n t in der Extension und erlaubt eine radiologische Längen- und A chse nk o n t rolle Gewichtserhöhung zur Längenkorrektur oder ein Abspreizen der Beine zum Varusausgleich können jetzt noch erfolgen. Alternativ kann in Analgosedierung oder Narkose ein Becken Bein-Gips mit oder ohne initiale Reposition angelegt und die Beh a ndl un g dann frühzeitig ambulant durchge führt werden. Sekundäre Stellungskorrekturen sind jetzt aufwändiger. Die häusliche Pflege im Gips ist n icht un problematisch und die Bewegungsfreiheit des K i n de s .
1 0. 7 Frakturen im Kindesalter
Abb. 1 0 . 1 2 Overhead·Extension (a); Abduktion zur Stellungskorrektur (b); Becken-Bein-Gips (c)
stärker eingeschränkt ( > Abb. 1 0. 1 2). Je nach Alter ist die Konsolidierung nach 2-3 Wochen erreicht und die Extension oder der Gips kann abgenommen werden ( Röntgenkontrollen Tag 0 nach Intervention, ggf. Tag 3-4 bei Extension und Tag 1 4- 2 1 zur Freigabe). Nach Extension liegen meist oberflächliche Hautläsio nen vor, die schnell abheilen. Das Kind steigert die Be lastung selbst mit Krabbeln, Aufstehen und Laufen. Das Gangbild ist oft über einige Wochen auffällig, korrigiert sich aber zuverlässig ohne Physiotherapie. Beide Metho den gehen regelhaft mit gewissen Achsen- oder Längen fehlern einher. D ie Spontankorrektur ist bei den noch kleinen Patienten durchaus relevant, und am Ober schenkel sind durch die physiologische Veränderung der Schenkelhalsanteversion sogar Drehfehler in gewis sem Ausmaß zu kompensieren. Zu bedenken ist, dass die resultierende Fugenstimulation proportional zur S umme aller Remodellierungsvorgänge ist und somit das Risiko einer posttraumatischen Beinlängendifferenz bei entsprechendem Korrekturbedarf besteht. Kontrol len sind deshalb mindestens bis 2 Jahre nach dem Bruch indiziert. Oberschenkelschaftfrakturen ab dem 3. Lebensj ahr werden grundsätzlich und unabhängig vom weiteren Verletzungsmuster operativ versorgt. Verfahren der ers ten Wahl ist auch hier die intramedulläre Nagelung (ESIN), sofern nicht Mehrfragmentbrüche vorliegen. I m proximalen u n d mittleren Schaftdrittel erfolgt die Ver sorgung aufsteigend über einen medialen und einen la teralen Zugang zum distal-metaphysären Femur. Der Extensionstisch ist nur bei verkürzten Querfrakturen äl terer Kinder erforderlich. Wen n beide Nägel (Durch messer je YJ des Markraums in Schaftmittel korrekt vor der Fraktur platziert sind, erfolgt die Reposition manuell von extern und mit interner Hilfe durch die N agelspit zen . Bei irreponiblen Frakturen wird über dem Bruch von lateral eröffnet und die Reposition direkt kontrol-
liert. Dann werden die Nägel im proximalen Fragment vorgeschoben. Beim Vorschieben der Nägel ist darauf zu achten, dass die notwendigen Man ipulationen mit den I mplantaten die Nägel nicht umeinander winden (Kor kenzieher-Phänomen) und damit eine stabile Aufspan nung unmöglich machen. Proximal wird die Spitze des lateralen N agels zum Trochanter major, die des media len Nagels zum Schenkelhals gewendet und dort in der Spongiosa verankert. Der mediale Nagel m uss dabei die Anteversion des Schenkelhalses respektieren und darf in der streng axialen Durchleuchtung nicht die dorsale Schenkelhalskontur durchbohren (Spannungs- und Sta bilitätsverlust). Sind die Nägel auf Frakturhöhe gut auf gespannt, werden sie gekürzt und subkutan oder sogar subfaszial versenkt ( > Abb. l 0 . 1 3 ) . Spiralfrakturen u n d solche m i t einem Biegungs- oder Drehkeil, aber auch Frakturen mit Trümmerzonen las sen sich oft gut mit den Nägeln einstellen, verkürzen sich dann aber unter M uskelanspannung durch die schrägen Bruchflächen. Dabei werden die Nägel distal herausgedrückt, aber perforieren bei guter Platzierung niemals proximal. Um dies zu verhindern, können bei den entsprechenden Frakturen Verriegelungskappen über die Nagelenden aufgeschraubt und die axiale Stabi lität um einen zweistelligen Faktor erhöht werden ( > Abb. 1 0 . 1 4). Dadurch kann die ESIN-Methode auch bei diesen Frakturen zur A nwendung kommen. Liegt die Fraktur im distalen SchaftdritteL wird ab steigend über einen lateralen subtrochanteren Zugang mit einer I nzision, aber zwei Bohrlöchern und der Dre hung eines Nagels im Markraum um 1 80° vorgegangen. Die Verankerung der Nägel in der Spongiosa der dista len Metaphyse ist unproblematisch. Die Versorgung ist übungsstabil und bedarf keiner additiven Ruh igstellung. Die Mobilisation erfolgt - bei entsprechendem Alter - an Unterarmgehstützen. Bei Querfrakturen ist primär die durch die Schmerzgrenze
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1 0 Trauma im Kindesalter
Abb. 1 0. 1 3 Oberschenkelschaftfraktur (a); technisch korrekte intramedulläre Nagelung (ESIN) mit symmetrischer Implantation der Nägel, korrekter Kreuzung distal der Fraktur und optimaler Aufspannung auf Frakturhöhe (b); proxi male Nagelperforation ausgeschlossen (c).
Abb. 1 0. 1 4 ES IN bei kurzer Trümmerzone, zusätzliche Stabilisie rung mit Verriegelungsschraubkappen.
selbstbestimmte Belastung erlaubt. Bei allen anderen Frakturen ist bis zur überbrückenden Kallusbildung nach etwa 4 Wochen die vorsichtige Belastungssteige rung je nach Versorgungsstabilität und in Absprache mit dem Operateur anzuraten. Die angeleitete Gang schulung ist hier oft hilfreich. Röntgenkontrollen erfol gen an Tag 0 (intra- oder postoperativ), Tag 28 (Kallus überbrückung), ggf. Tag 56 (Sportfreigabe) und Tag 180 ( Metallentfernung planen). Danach sind klinische Kon trollen (Beinlänge) für zwei Jahre, bei älteren Kindern bis zum Wachstumsabschluss notwendig. Komplikationen resultieren aus zu dünnen, asymme trisch implantierten, umeinander gewundenen Nägeln, die keine ausreichende Stabilität gewährleisten. U nzu reichend gekürzte Nägel induzieren subkutane Serome, entzündliche Reizzustände und Nagelperforationen. Ist die Faszie nicht ausreichend gespalten, imponieren Fle xionshemmungen im Knie. Relevante Beinlängendiffe renzen kommen selten vor. Bei sehr instabilen Mehrfragmentfrakturen oder lan gen Spiralfrakturen, die mittels ESIN nicht suffizient sta bilisiert werden können, stellt der Fixateur externe die Alternative dar ( > Abb. 1 0 . 1 5). Die Schanzschrauben sollen exakt axial eingebracht werden, damit später eine Dynamisierung möglich ist. Der Fixateur ist primär be lastungsstabil. Im Kindesalter kann im Fixateur ohne Systemwechsel ausbehandelt werden, wenn er eine ad-
1 0.7 Frakturen im Kindesalter
Abb. 1 0 . 1 5 Oberschenkelschaftfraktur mit großem Biegungskeil und nur sehr geringem Kontakt der beiden Hauptfragmente (a); Ver
sorgung mittels Fixateur externe (b).
äquate Größe hat, also im Alltag nicht extrem stört. Bei suffizienter Kallusüberbrückung wird das System nach etwa 6 Wochen abgenommen (Röntgen Tag 0-Tag 28Tag 42). Komplikationen umfassen Pin-Infekte und Weichteilprobleme bei unzureichender H autinzision.
Unterschenkelschaftfraktu ren Bei den Unterschenkelschaftfrakturen stehen d irekte Traumen im Verkehr, Rotationstraumen beim Sport (Ski) oder bei Radspeichenverletzungen sowie Stürze auf dem Spielplatz im Vordergrund; auch die Kindes misshandlung hat hier ihren Platz. Schmerzhafte Bewe gungseinschränkung, Schwellung, Hämatom und sicht bare Achsenfehlstellung prägen die Klinik. Die konven tionelle Röntgenaufnahme in 2 Ebenen zeigt zu 'lJ
isolierte Tibiafrakturen der j üngeren Patienten, zu Y:J Unterschenkelbrüche älterer Kinder. Schräg- und Spi ralfrakturen sind entsprechend der Unfallmechanismen deutlich häufiger als Querbrüche. Am Unterschenkel steht die konservative Therapie noch im Vordergrund ( >- Abb. 1 0 . 1 6). Isolierte Tibia frakturen tendieren selten so stark in eine Varusfehlstel lung, dass dem - mit oder auch ohne Reposition - nicht durch einen gut anmodellierten Oberschenkel-Gipsver band in Verbindung mit einer optionalen sekundären Gipskeilung begegnet werden kann. Brüche beider Kno chen sind natürlich deutlich instabiler, dennoch können sie oft suffizient reponiert und im Gips retiniert werden, da die direkte subkutane Lage der Tibia die manuelle Stellungskorrektur erleichtert. Andererseits ist die asymmetrische (dorsale) muskuläre Weichteilanord nung zu bedenken. Bei der konservativen Therapie er folgt die Mobilisation an Unterarmgehstützen in Entlas tung. Nach vier Wochen kann ein Gehgips, bei älteren Patienten auch ein Sarmiento-Gips oder -Brace angelegt werden. Röntgenkontrollen sind an Tag 0 (Stellung nach Manipulation), gipsfrei an Tag 28 (Kallus, Gehgips, Sar miento-Gips) und etwa an Tag 49 (Konsolidierung, Frei gabe) notwendig. Nach der Gipsabnahme wird selbstbe stimmt mobilisiert, das Gangbild regeneriert in wenigen Wochen ohne Physiotherapie. Sekundäre Varus- oder Rekurvationsfehler gleichen sich unter dem 1 0. Lebensjahr bis zu 1 0° aus. Deuten sich höhergradige Achsenfehler an, ist die Osteosynthe se indiziert. Rotationsfehler sollten nicht bestehen blei ben. Längendifferenzen treten eher bei den älteren Kin dern auf, wenn die posttraumatische reaktive Mehr durchblutung der Fugen zu einem vorzeitigen Fugen schluss geführt hat. Erst bei mehr als 1 cm Differenz er folgt die Korrektur durch Sohlenerhöhung und die wei tere Kontrolle bis zum Wachstumsabschluss. Instabile, irreponible oder nicht retinierbare Fraktu ren (schräg, spiral, Mehrfragment), offene Frakturen, Kompartmentsyndrom, zusätzliche Femurfraktur, Re Frakturen, Polytraumen, bestehende Spastik und schwe re Schädel-Hirn-Traumen stellen OP-Indikationen dar. Alternativ kommen die intramedulläre Nagelung und der monolaterale Fixateur zur Anwendung. Für die Nagelung soll der Nageldurchmesser je Y:J des Tibia-Markraumdurchmessers in Schaftmitte entspre chen. Beidseits der Tuberositas tibiae werden über schrä ge Inzisionen die hier nicht zu steilen Bohrlöcher ange legt und die Nägel eingeführt. Die Nägel müssen an der Gegenkortikalis Kontakt aufnehmen. Nach Reposition und Vorschieben bis in die distale metaphysäre Spongio sa sollen die Spitzen vor der Verankerung möglichst nach dorsal gedreht werden, um die physiologische An-
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1 0 Trau m a im Kindesalter
Abb. 1 0. 1 6 Distale Tibiaschaftfraktur (a); konservative Therapie im Oberschenkelgips mit achsengerechter Stellung (b).
tekurvation der Tibia nachzuvollziehen ( > Abb. 1 0 . 1 7). Ein Problem kann die korrekte ovaläre Aufspannung der Nägel sein, wenn die N ägel ohne inneren Kortikaliskon takt durch die weite proximale Metaphyse laufen und keine Spannung aufnehmen. Ggf. sind neue, flachere Bohrlöcher anzulegen. Die Fibula bleibt bis auf Sonder f
Jahre oder bis zum Wachstumsabschluss empfohlen wird. Trüm merfrakturen, Mehrfragmentfrakturen und of
fene Brüche mit verschmutzten Weichteilverletzungen an den ESlN-Implantationsorten sind I ndikationen zur Verwendung eines externen Fixateurs. Die monolaterale axiale Pin-Platzierung von ventral ist an der Tibia ein fach und komplikationsarm. Bei erheblichem Weichteil trauma kann auch das sog. free pin placement erforder lich sein. Die M obilisation wird weitgehend vom Kind bestimmt; die Belastung ist grundsätzlich möglich und erlaubt. Röntgenaufnahmen werden an Tag 0 (nach Fi xation), Tag 28 (Kallus) und Tag 42/49 (Konsolidierung, Metallentfernung) angefertigt. Ein Systemwechsel zu ei ner sekundären intramedullären Nagelung ist nur bei Komplikationen oder völ l iger Ablehnung des Fixateurs durch Patient oder Eltern erforderlich, sonst kann im Fixateur ausbehandelt werden. Eine A l ternative stellt die Kombination der Nagelung mit einem begrenzten Fixateur (nur eine Schanzschraube/Fragment) dar, der Fixateur kann dann schon nach der Kal lus üb erb rück u ng entfernt werden ( >- Abb. I 0. 1 8) . Den möglichen Prob lemen der Bein l ä n gen d i ffe renz m uss wie bei der konser vativen oder der ES IN- ßehandlung durch entsprechen-
1 0.7 Frakturen
im
Kindesalter
Abb. 1 0 . 1 7 Instabile dislozierte Unterschenkelfraktur (a); achsengerechte intramedulläre Nagelung (ESIN) (b).
Abb. 1 0. 1 8 Instabile Unterschenkelfraktur mit Trümmerzone (a); kombinierte Versorgung mittels intramedullärer Nägel (ESIN) und limitier tem Fixateur externe (b); Entfernung des Fixateurs nach Kallusüberbrückung und Ausheilung mit ESIN alleine (c).
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1 0 Trauma i m Kindesalter
de Langzeitkontrollen über 2 Jahre oder bis zum Wachs tumsabschluss Rechnu ng getragen werden.
1 0.7.3 M eta p hysä re F ra kt u re n l a ng e r Rö h ren k n oc h e n In der Metaphyse i s t die D ifferenzierung in inkomplette (subperiostal, Grünholz, M2) und komplette Brüche (M3) relevant; Bandausrisse werden als M7, sonstige unklassifizierbare Frakturen als M9 eingeteilt ( >- Abb. 1 O.Sc) . Wegen der identischen Behandlungskriterien und vergleichbarer Prognose werden hier auch die Epi physenlösungen mit oder ohne metaphysären Keil (E l /2) besprochen.
S u b ka p ita l e H u merusfrakturen Die proximalen metaphysären, sog. subkapitalen Hu merusfrakturen machen fast die Hälfte aller Oberarm brüche aus und entstehen nach di rektem Sturz auf die Schulter oder indirekt bei rückwärtigem Sturz auf den gestreckten Arm. Geburtstraumatische Verletzungen sind in dieser Region ebenso möglich wie Apophysenab risse b ei Jugendl ichen . Die Klinik ist geprägt von der Schwellung und der schmerzhaften B ewegungse i n schränkung der Schulterregion, während die Fehlstel lung durch den kräftigen Weichteilmantel verdeckt wird. Die konventionelle Röntgendiagnostik erfolgt mit einer a.p. und einer axialen Aufnahme, alternativ mit einer Y Aufnahme. Das transthorakale Bild ist zu vermeiden. Diagnostiziert werden vor allem Epiphysenlösungen mit oder ohne metaphysären Keil sowie eingestauchte (stabi le) oder vollständige metaphysäre Frakturen. Die im dor salen Anteil dachfirstähnlich verlaufende Fuge darf nicht mit einer Frakturlinie verwechselt werden. Die proximale Humerusfuge zählt zu den hochaktiven und lang wachsenden Fugen. Sie ist für mehr als 80% des Humerus-Längenwachstums v era ntwortli ch . Das spontane Korrekturpotenzial ist somit in dies er Region hoch und kann entsprechend einkalkuliert werden. Zu dem ist die funktionelle Kompensation durch das Schul tergelenk sehr ausgeprägt. Unterhalb des 1 0. Lebensjah res werden Abkippungen bis 30°, bei V a lgu s fehlstell u n gen jedoch nur bis 1 0° zuverlässig ko rrigiert. Entspre chend werden alle eingestauchten, stabilen Frakturen sowie die vollständigen Frakturen einschließlich der Epiphyseolysen mit altersentsprechend akzeptablem Dislokationsausmaß und genügendem Fragmentkon takt konservativ behandelt. Hierzu stehen vornehmlich der Gilchrist- und der Desault-Verband zur Verfügung.
Nach 3-4 Wochen ist die Fraktur ausreichend mit Kal lus überbrückt und kann zur Bewegung freigegeben werden. Dabei müssen stabile Frakturen nicht radiolo gisch, sondern nur noch klinisch kontrolliert werden. Bei allen anderen Brüchen erfolgen Röntgenkontrollen an Tag 7 (sekundäre Dislokation) und Tag 2 1 /28 (Kallus, Freigabe). Funktionelle Kontrollen erübrigen sich bei guter spontaner Beweglichkeit; sonst ist nach 2 Wochen die Sportfreigabe zu prüfen. Belassene Fehlstellungen sollten bis zur Korrektur in Abständen von einem hal ben J a hr kontrolliert werden. Ei n vorze itiger partieller Fugenschluss mit dann relevantem Fehlwachstum durch die hohe Fugenaktivität stellt eine Ausnahme dar. Bei älteren Patienten oder größerer Dislokation ist die Reposition in Narkose erforderlich und sollte dann auch m i t e i ner Fixation einhe rgehen . Der Schaft ist nach kra nial und medial und somit in Ri chtu ng Ax:illa disloziert, der H umeruskopf abduziert und außenrotiert Die intra medulläre Nagelung (ESIN) ist heute wegen der Übungs stabilität den perkutanen Kirschner-Drähten vorzuzie hen. Es werden zwei Nägel ( Durchmes s er I;J des Mark raums in Schaftmitte) über die distale radiale Humerus metaphyse eingebracht; die Spitzen werden divergierend vor der Fraktur platziert. Dann erfolgen die Reposition ggf. auch unter Zuhilfenahme der Nagelenden und das Einschlagen der Nägel in den Humeruskopf. Die N ägel dürfen dabei die Epiphysenfuge überschreiten, wenn dies zur Stabilität der Versorgung erforderlich ist ( > Abb. 1 0. 1 9). Wachstumsstörungen sind in der Folge dieses Vorgehens nicht beobachtet worden. Die Stabili sierung erfolgt durch eine breite Verspreizung der bei den Nagelenden. Da der Humeruskopf physiologisch in einer Varusposition zum Schaft steht, ist unter sargfalti ger Durchleuchtung im gesamten Rotationsbereich der Schulter ei ne extraossäre Nagellage oder eine Perforati on eines N agel s in das Gelenk auszuschließen. Postope rativ ist umgehend die Mobilisation möglich. Nach vier Wochen kann bei guter Kallusüberbrückung wieder mit Sport begonnen werden, nach acht Wochen ist die Me tallentfernung zu planen. Ent s prechend erfolgen Rönt genkontrollen am Tag 0 (intra- oder postoperativ), am Tag 28 (Kallus) und am Tag 56 (Konsolidierung, Pla nung der Metallentfernung). Bei jetzt meist freier Funk tion kann die Behandlung beendet werden.
S u pra kondyl ä re H u m erusfra kturen Suprakondyläre Humerusfrakturen sind die häufigsten Oberarmfrakturen im Ki ndesalter mit einem Prädilekti onsalter vo n 3- 1 0 Jahre n und einem deu t l ichen Maxi mum zwischen dem 5. und 7. Lebensjahr. Der direkte
1 0.7
Frakturen i m Kindesalter
31 1
Abb. 1 0. 1 9
Dislozierte su bkapitale Hu merusfraktur (a); geschlossene Reposition und bewegungsstabile intramedulläre Fixa tion (ESIN) (b, c).
Sturz auf den Ellenbogen oder auf die Hand bei gestreck tem Ellenbogen führt aufgrund der alterstypisch schwa chen knöchernen Struktur rund um die Fossa olecrani zu den Quer- bis Schrägbrüchen der d istalen H umerus metaphyse. Die Klinik reicht von Druckschmerz und Schonung bei undislozierten Frakturen bis hin zu massi ver Schwellung, ventralem H ämatom, sichtbarer Ver kürzung und Fehlstellung, drohender Fragmentperfora tion, Durchblutungsstörung mit kalter Hand und pri mären Paresen vor allem des N. medianus bei den voll ständig dislozierten Brüchen. Die konventionelle Röntgendiagnostik in zwei Ebenen ist zum Teil nicht op timal durchzuführen, reicht bei den schwer dislozierten Frakturen aber immer zur Stellung der OP-Indikation aus. Nichtdislozierte Brüche sind dagegen manchmal schwer und nur indirekt am ventral und/oder dorsal ab gehobenen Gelenkfett (fat pad) als Zeichen des Gelenk ergusses zu erkennen. Überwiegend liegen Extensions frakturen vor; selten ist das distale Fragment in Flexion gekippt. Die Typen I (undisloziert) und II (Dislokation nur in der seitlichen Ebene, geringe Antekurvation, un vollständige Fraktur) werden konservativ, die Typen I I I (vollständig, Fragmentkontakt) und IV (kein Fragment kontakt) operativ behandelt. Undislozierte Frakturen werden in einer überarm gipsschiene oder in der Blount'schen Schlinge für 3 Wo chen ruhig gestellt und dann nach klinischer Kontrolle (kein Druckschmerz über Fraktur) freigegeben. Die Typ- l i-Frakturen können entweder in Analgosedierung durch Flexion reponiert und in einer spitzwinkligen Oberarmgipsschiene ruhig gestellt werden, oder es wird ebenfalls eine Blount'sche Schlinge angelegt und d iese in den folgenden Tagen vorsichtig n achgezogen , bis der spitze Ellenbogenwinkel die Reposition gewährleistet. Dabei is t d ie Durchblutung sorgfaltig zu kontrollieren. D ie sei tliche Rön tgenaufnahme an Tag 7 soll die ausrei chende Reposition zei gen . Die Schl inge wird nach vier
Wochen abgenommen; dann wird nochmals in zwei Ebenen geröntgt und die Ruhigstellung bei entsprechen der Kallusbildung beendet. Drei Wochen später kann meist die freie und seitengleiche Bewegung dokumen tiert und die Behandlung abgeschlossen werden. Die Prognose ist somit gut. Selten ist die Abkippung der Typ-li-Brüche so stark oder lässt sich nicht redressieren, sodass eine Reposition in Narkose mit dann zu empfeh lender Fixation indiziert ist. Jede Fraktur vom Typ III und IV stellt eine OP-Indi kation dar, diese muss in Abhängigkeit von Durchblu tung, Nervenfunktion, Weichteilsituation und Schmerz dringlich bis notfallmäßig erfolgen. Methode der Wahl ist die geschlossene Reposition und die perkutane Kirschner-Draht-Osteosynthese in Rückenlage. Es wird I . unter Zug die Länge eingestellt, dann 2. in der a.p. Durchleuchtung die Seitverschiebung u nd 3 . in der seitlichen Projektion durch Pronation (seltener Supination) des U nterarms die Rotation des distalen Fragments korrigiert, bevor abschließend 4. durch Flexion des Ellenbogens unter Ausnutzung des meist erhaltenen dorsalen Periosts die Extensions stellung aufgehoben wird. Bei korrekter Reposition werden dann über den Condy lus radialis und den Epicondylus ulnaris gekreuzte Kirschner-Drähte der Stärke 1 ,4- 1 ,8 mm eingebracht. Diese sollen sich proximal der Fraktur kreuzen, die Fossa olecrani möglichst nicht durchlaufen und in der Gegen kortikalis verankert werden ( > Abb. 1 0. 20). Ulnar ist d er N. ulna ris gefahrdet und kann bei erheblicher Schwellung über eine kurze Inzision dargestellt und ge schützt werden. Als technische Variante gilt die Implan tation von zwei divergierenden K-Drähten nur von radi al. Bei korrekter Fixation werden die Drähte gekürzt und unter die Haut versenkt oder etwa 2 cm herausstehen lassen. Die Ruhigstellung erfolgt in der Oberarmgips schiene. Röntgenkontrollen am Tag 0 ( intra- oder post-
I
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1 0 Trauma i m Kindesalter
Abb. 1 0.20 Dislozierte suprakondyläre H umerusfraktur (a); geschlossene Reposition und perkutane gekreuzte Kirschner-Draht-Osteosyn
these (b)
operativ) und zwischen Tag 2 1 und 28 (Kallusüberbrü ckung, Metallentfernung planen) reichen aus. Nach der Metallentfernung wird spontan mobilisiert und nach vier Wochen das erzielte Bewegungsausmaß kontrolliert. Da bei den dislozierten Frakturen grundsätzlich auch Anteile der Gelenkkapsel und der Kollateralbänder ver letzt sein können und trotz guter knöcherner Heilung eine weichteilige Bewegungseinschränkung vorliegen kann, ist in Einzelfcillen die krankengymnastische Übungsbehandlung ab 8 Wochen post Trauma indiziert. Alternativ steht die deszendierende intramedulläre Nagelung (ESIN) zur Verfügung. Die angespitzten Nägel werden subdeltoidal am proximalen Humerus über eine Hautinzision, aber zwei Bohrlöcher eingebracht, in Aus richtung auf die beiden Kondylen vor der Fraktur plat ziert und nach korrekter Reposition tief in den Kondy len ggf. unter Überschreitung der Fuge verankert ( > Abb. 1 0.2 1 ) . Die Versorgung ist übungsstabil; eine Ruhigstellung ist entbehrlich; die M etallentfernung er folgt nach 2 Monaten. Eine weitere Alternative ist der Fixateur externe, der vor allem bei irreponiblen Frakturen oder sekundären Korrekturen h ilfreich ist. Je eine Schanzschraube wird in das proximale und distale Fragment eingebracht, die Re position kann jetzt im Joystick-Verfahren erfolgen; bei adäquater Fragmentposition werden die Schanzschrau ben extern verbunden und die Rotation mit einem schrägen radialen K-Draht verhindert ( > Abb. 1 0.22). Die Nachbehandlung erfolgt zeitlich wie bei der Kirsch ner-Draht-Osteosynthese, jedoch ohne Ruhigstellung. Offene Repositionen sind selten erforderlich und kön nen von dorsal, von radial und/oder ulnar oder von ven tral erfolgen . Meist macht ein l nterponat oder ein Ver haken der Fragmente nur eine begrenzte Manipulation erforderlich. Je ausgedehnter die Freilegung, umso
Abb. 1 0.21 Dislozierte suprakondyläre Humerusfraktur (a); alter native bewegungsstabile Osteosynthese mit deszendierenden intra medullären Nägeln (ESIN) (b).
schwieriger ist anschließend die Reposition der Frag mente ohne ihren stabilisierenden WeichteilmanteL Die Prognose der Typ- 1 1 1 - und -IV -Frakturen ist vor sichtig zu stellen; es handelt sich um schwere Verletzun gen in der Nähe eines komplexen Gelenks. In itiale
1 0.7 Frakturen im Kindesalter
Abb. 1 0.22 ln Fehlstellung mit Kirschner
Drähten fixierte suprakondyläre Humerus fraktur (a); korrekte Fixation mittels Fixa
teur externe (b; freundliche Ü berlassung dieses Falls von Dr. Theddy Slongo/Bern).
Durchblutungsstörungen durch Abknickung der A. bra chialis über der Kante des dislozierten proximalen Frag ments sind oft nach Reposition behoben, können aber auch wegen einer Intimaläsion oder einer Einklemmung in den Frakturspalt eine Revision erforderlich machen. Primäre Paresen bilden sich überwiegend spontan zu rück und werden unter elektrophysiologischer Diagnos tik nur bei ausbleibender Regeneration und erst nach 3-6 Monaten revidiert. Verbliebene Rotationsfehler führen wegen der dann sehr kleinen Kontaktfläche zur Instabilität und zur Abkippung in den Varus und ma chen bei entsprechendem Ausmaß wegen der kosmeti schen Auftalligkeit, aber auch einer Fehlbelastung im Einzelfall spätere Korrekturen erforderlich.
Oiekra nenfra ktu ren u n d R a d i ushalsfra kturen An der proximalen Unterarmmetaphyse kommen Olekranonfrakturen und Radiushalsfrakturen vor. Das
Olekranon frakturiert bei direktem Trauma oder im Rahmen komplexer Ellenbogenverletzungen und geht mit deutlicher Schwellung, Hämarthros und Bewe gungseinschränkung einher. Die Röntgenaufnahme des
Ellenbogens in zwei Ebenen zeigt die intra- oder extraar tikulären Frakturen. Bei Kleinkindern fehlt die Apophy se noch vollständig, das proximale Fragment ist sehr klein. Später darf die zum Teil mehrkernige Apophyse nicht mit einer Fraktur verwechselt werden. Undislozierte Frakturen werden konservativ für 4 Wochen im Oberarmgipsverband ruhig gestellt. Das Röntgenbild nach 7 Tagen soll eine sekundäre Dislokati on durch den Zug der Trizepssehne ausschließen; an Tag 28 wird die Konsolidierung gipsfrei geprüft und es erfolgt die Freigabe. Die Mobilisation erfolgt spontan. Wachstumsstörungen gibt es hier nicht. Bei dislozierten Frakturen muss intraartikulär die Ge lenkfläche wiederhergestellt werden; extraartikulär ist die Achse zur Verhinderung einer Pro- oder Supinationshem mung exakt zu korrigieren. Eine sehr proximale Monteg gia-Verletzung muss hier durch gute Dokumentation ei ner normalen Radiusposition ausgeschlossen werden. Al ternativen sind die Zuggurtung ( > Abb. 1 0.23) oder eine Zugschraube, bei kleinen Kindern auch nur parallele Kirschner-Drähte. Zuggurlungen bedürfen keiner Ruhig stellung; geröntgt wird an Tag 0 (intra- oder postoperativ), an Tag 28 (Freigabe für Sport) und vor der Metallentfer nung nach 6-8 Wochen. Die Beweglichkeit ist jetzt meist schon vollständig wiederhergestellt. Nach Zugschrauben-
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1 0 Trauma i m Kindesalter
Abb. 1 0.23 Dislozierte Olekranonfraktur (a); klassische
tung (b).
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Zuggur
Osteosynthesen ist eine Ruhigstellung für 4 Wochen sinn voll, dann beginnt bei ausreichender Kallusformation die Mobilisation; die Metallentfernung erfolgt ebenfalls nach 6-8 Wochen. Komplikationen entstehen aus verbliebenen Gelenkstufe n oder Achsdeviationen und sind durch kor rekte Operationstechnik zu vermeiden. Radiushalsfrakturen entstehen indirekt durch Sturz auf die Hand bei gestrecktem Ellenbogen oder im Rah men komplexer Ellenbogentraumen. Klinisch i mponie ren die radial betonte Schwellung am proximalen Unter arm, die Einschränkung von Pro- und Supination und der Gelenkerguss. Die konventionelle Röntgenaufnahme zeigt zu 7'3 eine metaphysäre Radiusfraktur, zu YJ eine Epiphyseolyse mit oder ohne metaphysäres Fragmen t . Der Epiphysenachsenwinkel soll zur korrekten Einschät zung eingezeichnet werden. Er hilft, die Typen I ( undis loziert), II ( Kippung bis 45°, bis 50% Fragmentkontakt) und l l l (Abkippung über 45°, weniger als 50% Fragment kontakt) zu unterscheiden. Obwohl der proximale Radi us nur zu < 20% am Radiuslängenwachstum beteiligt ist, können vor dem 10. Lebensjahr Abkippungen bis 45° durch eine rein epiphysäre Aufrichtung korrigiert wer den; danach liegt die Grenze bei 20°. Wichtig ist zudem das Risiko einer epiphysären Durchblutu ngsstörung, da
der Radiuskopf kein eigenes epiphysäres Blutgefaß hat, sondern ausschließlich periostal von der Metaphyse her vaskulari s i e rt wird. Der Unfall selbst, aber auch iatroge ne Manipulationen (insb. offene Repositionen) können bleibende Durchblutungsstörungen, Verplumpungen des Radiuskopfes und Kopfnekrosen auslösen. Unter 1 0 Jahren werden die Typen I und I I , danach n ur die Typen I und a usgesuchte, wenig dislozierte Fälle des Typs II konservativ mit einer Oberarmgipsschiene behandelt. Eingestauchte, stabile Frakturen bedürfen keiner Röntgenkontrolle, die anderen werden an Tag 7 (sekundäre D islokation) und Tag 28 (Kallus, Freigabe) geröntgt. Es folgt die Mobilisation, nur selten bei hart näckiger Bewegungseinschränkung und nach 6-8 Wo chen die Krankengymnastik. Viele Typ- I I -Verletzungen nach dem I 0. Lebensjahr und alle Typ-III-Verletzungen bedürfen der Reposition und Fixati on . Um die Durchblutung möglichst wenig zu kompromittieren, ist ein intramedulläres Vorgehen heu te Standard. Es wird ein Nagel der Stärke 2-2,5 mm am distalen Radius eingebracht, zur Fraktur vorgeschoben und mit der Spitze in der Ebene d e r größten Abkippung platziert. Bei Bedarf wird die Fraktur jetzt unter Zug, Va russtress und direktem Daumendruck partiell reponiert, bis der Nagel das Fragment fassen und unter Drehung i n d i e orthotope Position zurückführen kann. Im Einzelfall muss e i n p erkuta n eingestochener Kirschner-Draht den Radiuskopf hochschieben, bevor er durch den Nagel ge fasst werden kann ( > Abb. 1 0.24). Der Nagel muss meist epiphysär verankert werden; hierzu muss er wegen der sehr harten Knochenstruktur angespitzt sein. Eine Ruh igstellu ng ist nicht notwendig, die Nach be han dl ung ist funktionell. Röntgenkontrollen erfolge n an Tag 0 (i n tra- oder postoperativ), an Tag 2 1 /28 ( Kallusabstützung) und vor der Metallentfernung nach 6-8 Wochen. Bei iso lierten Radiushalsfrakturen ist wie nach konservativer Behandlung keine P hysiotherapie erforderlich. Komplikationen entstehen a us der I schämie des Radi uskopfes mit Verplumpungen, P seuda rth r osen, N ekro sen und Synostosen und sind abhängig vom Ausmaß der initialen Verletzung und dem operativen Aufwand. Resul ti ere n relevante Funktionseinschränkungen, sollen Korrekturen sehr zurückhaltend u nd zum Wachs tumsabschluss erfolgen. Selten ist eine Radiuskopf- Re sektion nicht zu umgehen.
Fra ktu ren der dista len U ntera rmmetap hyse In d er distalen Unterarmmetaphyse treten absolut die meisten Brüche im Kindesalter auf. Stürze auf d ie exten-
1 0.7 Frakturen im Ki ndesa lter
Abb. 1 0. 2 4 Dislozierte Radiusha lsfraktur,
intramedullärer Nagel vor der Fraktur (a); Repositionshi lfe durch eingestochenen K-Draht (b); Radiuskopf mit angespitztem E S I N gefasst (c) und in korrekte Position gedreht (d).
dierte Hand führen zu Schwellung, Druckschmerz und teilweise sichtbarer Fehlstellung (z.B. Bajonett), teilwei se ist die Klinik aber auch sehr moderat. Die Röntgen aufnahme lässt stabile subperiostale Stauchungsfraktu ren von den semistabilen Grünholzfrakturen und den instabilen Epiphyseolysen und vollständigen meta physären Frakturen differenzieren . Durch die hohe und lange Aktivität der distalen Radiusfuge besteht hier ein hohes KorrekturpotenziaL Abkippungen bis 30° richten sich unter dem l 0. bis 1 2. L ebensj ah r zuverlässig wieder auf. Will man bei entsprechend dislozierten Frakturen diesen Weg gehen, muss vorher im Gespräch der Kon sens mit Patient, Eltern und ggf. Nachbehandler herge stellt werden, denn für eine gewisse Zeit verbleibt eine sichtbare Achsendeviation. Subperiostale Stauchungsfrakturen werden je nach Patientengröße im Ober- oder U nterarmgips ruhig ge stellt und nach 3-4 Wochen nach einer klinischen Kon trolle freigegeben. Entscheidet man sich trotz einer ge wissen Dislokation (s. oben) für d ie reine Ruhigstellung, m üssen Röntgenkontrollen nach 7 und 28 Tagen Stel lung und Konsolidierung prüfen, bevor die Freigabe er folgt . Bei Epiphyseolysen und metaphysären Querfrak turen mit stärkerer Dislokation ist die Reposition in Narkose und anschließende Gipsfixation möglich, wenn die Fragmente gut arretieren und unter Durchleuchtung und H andgelen kbewegung nicht redislozieren. Rönt genkontro ll e n erfolgen wie zuvor dargelegt. Nach Frei gabe wird die F un kt i on am H andgelenk meist sehr rasch
wiederhergestellt u n d bedarf keiner längeren N achkon trolle. Belassene Fehlstellungen werden bis zur sicheren Korrektur klinisch und selektiv auch radiologisch nach verfolgt.
D islozierte schräge Frakturen, vollständige Frakturen mit deutlicher Verkürzung und vor allem sehr instabile Frakturen beider Unterarmknochen bedürfen nach der Reposition der Fixation. Ein oder zwei Kirschner-Drähte werden je nach Ausmaß der I nstabilität und Frakturpositi on transepiphysär oder metaphysär perkutan eingebracht und in der Gegenkortikalis verankert ( >- Abb. 1 0.25). Der oder die Drähte werden subkutan versenkt oder herausste hen lassen, eine zusätzliche U nterarmgipsschiene ist erfor derlich. Freigabe und Metallentfernung erfolgen nach ei ner radiologischen Konsolidierungskontrolle an Tag 28; die Nachbehandlung erfolgt wie bei der konservativen Therapie. Komplikationen stellen sekundär dislozierende Frak turen nach Reposition dar. H ier ist dann eine erneute N arkose erforderlich, oft ist die Stabilität primär falsch eingeschätzt worden. Posttraumatische Fugenschäden sind außerordentlich selten, dann aber wegen des Ver lusts der hohen Wachstumspotenz der distalen Radius folge mit Ulnavorschub und Handgelenkverkippungen relevant. H ier sind im Einzelfall Verlängerungen und Achsenkorrekturen erforderlich. Eine Sondersituation liegt am metadiaphysären Ü ber gang vor: Die Spontankorrektur ist n icht mehr so ausge prägt wie an der Metaphyse; die Patienten sind meist äl-
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1 0 Trauma i m Kindesalter
Abb. 1 0. 2 5 Distale metaphysäre Unterarmfraktur, gekreuzte transepiphysäre Kirschner-Draht-Osteosynthese (a); Versorgung nur mit einem Draht (b); Epiphyseolyse, mit zwei transepiphysären Drähten fixiert (c); etwas mehr proximale Fraktur, Drähte metaphysär eingebracht (d).
ter, die Fixation mit Kirschner-Drähten wegen des schon deutlich schmaleren Knochens schwer möglich, die Fraktur aber zu nahe an der potenziellen Eintritts stelle intramedullärer Nägel. H ier stellen der dorsolate rale Mini-Fixateur für 4-5 Wochen oder eine Kombina tion ( > Abb. 1 0.26) gute Alternativen dar.
Fra kturen in der prox i ma len Femurmetaphyse In der proximalen Femurmetaphyse sind die Schenkel h alsfrakturen des Kindesalters lokalisiert. Die sehr feste Spongiosa erfordert massive Traumen, entsprechend selten sind diese Verletzungen, sie werden vor allem nach Verkehrsunfällen beobachtet. Die schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Hüfte in Verkürzung und Außenrotation fällt klinisch auf. Radiologisch ist neben einer a.p. Aufnahme der H üfte eine axiale Aufnahme ( Lauenstein) des Schenkelhalses notwendig. Raritäten sind traumatische Epiphysenlösungen, die aufgrund der Anamnese von der "orthopädischen" Epiphyseolysis ca-
pitis femoris differenziert werden müssen. Je 40% der Frakturen verlaufen transzervikal oder zervikobasal, 8% intertrochantär. Eine konservative Behandlung kann nur im Becken Bein-Gips erfolgen. Bei undislozierten Frakturen wäre das grundsätzlich möglich. Das Risiko einer sekundären Dislokation ist jedoch aufgrund des meist senkrechten oder sehr schrägen Frakturverlaufs groß und der Kom fort der Becken-Bein-Gipsbehandlung gering, sodass am Schenkelhals die I ndikation zur Fixation sehr großzügig gestellt werden kann. Bei geschlossener Reposition muss die Gelenkkapsel zur Entlastung des Hämarthros immer sonographisch gesteuert punktiert werden. Gelingt geschlossen die kor rekte Reposition, ist eine perkutane Stabilisierung mög lich. Ist die proximale Wachstumsfuge noch offen, wer den Epiphyseolysen und transzervikale Brüche mi t 3-4 Kirschner-Drähten der Stärke I ,6-2,0 mm mit Ge winde fixiert; die Drähte müssen gut intraepiphysär lie gen, dürfen aber nicht in das Gelenk perforieren. Das ist sorgfältig unter Durchleuchtung und bei einer Durchbe wegung der H üfte sicherzustellen. Die Drähte werden
1 0.7 Frakturen im Kindesalter
Abb. 1 0.27 Traumatische Epiphyseolyse (a); Reposition und Fixa tion mit Kirschner-Drähten (b); Zugschrauben-Osteosynthese einer osteoporotischen zervikalen Schenkelhalsfraktu r nach Chemothera pie (c).
Abb. 1 0.26 Unterarmfraktur am Ü bergang der Diaphyse zur Meta· physe (a); Fixateur externe radial und deszendierende ES IN ulnar (b).
gekürzt und subkutan versenkt. Bei älteren Kindern und prämaturen Fugen kann die Zugschrauben-Osteosyn these mit 2-3 perkutan bzw. über eine begrenzte Inzisi on eingebrachten, durchbohrten, selbst bohrenden und selbst schneidenden Schrauben 6,5 mm gewählt werden; die Fuge bedarf hier nicht mehr der Schonung ( > Abb. 1 0.27). Bei basozervikalen, also mehr lateralen Brüchen mit der Möglichkeit der ausreichenden meta physären Schraubenverankerung ist diese Methode grundsätzlich erste Wahl. In allen Fällen kann bei suffi zienter Implantatlage auf einen Beckengips verzichtet werden. Das Bein wird auf einem Kissen oder einer Sc h ien e gelagert; die Mobilisation erfolgt zunächst pas siv, nach 2-3 Wochen bei älteren Kindern an Unterarm gehstlitzen unter Entlastung. Röntgenkontrollen sind an
Tag 0 (intra- oder postoperativ), Tag 28/35 (Kallusüber brückung, Belastungsbeginn) und Tag 60/90 (Metallent fernung pl an en ) erforderlich. Der Belastungsaufbau ab der 5./6. Woche bedarf hier sicher der krankengymnas tischen Unterstützung. Gelingt die geschlossene Reposition nicht, muss offen z.B. über einen anterolateralen Zugang nach Watson jones reponiert werden. Die intertrochantären Frakturen können mit intra medullären Nägeln vom distalen Femur aus gut übungs stabil versorgt werden. Dabei muss der mediale Nagel weit in den Schenkelhals vorgetrieben, der laterale im Trochanter major verankert werden. Bei einer solchen guten Verspreizung der Nägel ist schon initial die Mobi lisation in Entlastung an Gehstützen möglich. Die weite ren Kontrollen erfolgen wie bei den Kirschner-Drähten und Schrauben, die Metallentfernung tendenziell erst nach 6 Monaten. Die Komplikationen umfassen Wachstumsstörungen und verbliebene Varusfehler mit der Möglichkeit einer Beinlängendifferenz, selten Pseudarthrosen, aber häufi ger F em urkop fn ek ros en . Die B e inl änge wird klinisch kontrolliert und ab I cm Unterschied durch Sohlenerhö hung korrigiert. Das Kind wird bis zum Wachstumsab-
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1 0 Trauma im Kindesalter
schluss begleitet und kontrolliert, wegen der geringen Fugenpotenz ist ein Verlängerungsverfahren selten er forderlich. Femurkopfnekrosen werden mit der Fugen nähe der Fraktur, dem Ausmaß der Dislokation und der Zeitdauer bis zur Reposition und Gelenkentlastung häu figer. Ursächlich ist die delikate Gefäßanatomie mit der Gefahr der traumabedingten Kompression und Isch ämie. Die Kernspintomographie nach 4-6 und 8- 1 2 Wochen dient der frühen Erkennung einer Nekrose. Die Betreuung gehört dann in die H and eines erfahrenen Kinderorthopäden.
Fraktu ren in der dista len Fem u rmetaphyse In der distalen Femurmetaphyse kommen unvollständi ge eingestauchte stabile Frakturen, vollständige instabile Frakturen und Epiphyseolysen vor. Sie entstehen beim Sport, bei Verkehrsunfällen, beim Sturz vom Wickel tisch, durch Misshandlung und bei behinderten Kindern im Rahmen der Krankengymnastik. Die stabilen Brüche sind meist nur durch die Schonhaltung und Belastungs vermeidung symptomatisch; die instabilen Brüche füh ren dagegen zu erheblichen Schwellungen, Hämarthros und sichtbaren Fehlstellungen. Die konventionelle Röntgenaufnahme in zwei Ebenen ist ausreichend. Undislozierte oder minimal verschobene Brüche wer den konservativ in einem Oberschenkelgips behandelt. Die radiologische Stellungskontrolle an Tag 7 ist nur bei vollständigen Frakturen erforderlich, nach 28 Tagen zeigt sich in der gipsfreien Aufnahme gewöhnlich aus reichend Kallus, sodass Kleinkinder freigegeben wer den, bei älteren wird ein Gehgips angelegt. Erst jetzt ist die Mobilisierung möglich, da das Gehen an Unterarm gehstützen mit dem Oberschenkelgips kaum zu realisie-
ren ist. Nach 7 Wochen (Röntgen Tag 49) können auch die Gehgipse abgenommen werden. Eine gewisse Ge lenksteife kann vorliegen, Krankengymnastik ist im Ein zelfall zu überlegen. Die Kontrolle wird bei freier Funkti on und seitengleicher Beinlänge beendet. Dislozierte Frakturen und Epiphyseolysen bedürfen der Reposition und Fixation. Transepiphysäre, beidseits kondylär eingebrachte gekreuzte Kirschner-Drähte der Stärke 1 ,6-2,0 mm kommen zur Anwendung, die Gips ruhigstellung ist ergänzend notwendig. Eine alternative absteigende Drahtung von der Metaphyse in die Epiphy se verhindert die transartikuläre Metaillage. Die Nach sorge erfolgt wie bei der konservativen Behandlung, er gänzt durch die Metallentfernung vor der Gehgipsanlage. Epiphyseolysen mit großem metaphysärem Fragment können metaphysär über einen begrenzten medialen oder lateralen Zugang (je nach Lage des Fragments) mit 1 -2 durchbohrten Schrauben versorgt werden ( >- Abb. 1 0.28). Die Osteosynthese ist übungsstabil, die Mobilisation erfolgt in Entlastung an U nterarmgehstüt zen, die Belastung beginnt bei entsprechender Kallus formation ab der 4. Woche, die Metalle werden nach 2-3 Monaten entfernt. Metaphysäre Querfrakturen können auch mit einer absteigenden intramedullären Nagelung übungsstabil versorgt werden; die subtrochantär im plantierten Nägel werden in der Metaphyse und ggf. in den Kondylen verankert und erlauben bei guter Lage so gar einen frühen Belastungsaufbau, da die axiale Belas tung bei der Querfraktur zur kallusfördernden Kom pression führt. In seltenen Fällen mit schwieriger Frag mentfixation oder einer Trümmerzone ist ein lateraler Fixateur indiziert. Der Anteil posttraumatischer Wachstumsstörungen ist am distalen Femur relevant. Partielle Fugenver schlüsse führen zu 0-Bein, X-Bein oder sichtbarer Re-
Abb. 1 0.28 Epiphyseolyse mit metaphysärem Keil (Aitken 1) am distalen Femur (a); Versorgung mit zwei Zugschrauben (b).
1 0. 7 Frakturen i m Kindesalter
kurvation, vollständige Fugenverschlüsse zu deutlichen Verkürzungen mit Beinlängendifferenz. Entsprechend sind Langzeitkontrollen bis mindestens 2 Jahre nach dem Unfall immer erforderlich. Im Einzelfall sind Ver längerungen oder Sprengungen von knöchernen Fugen brücken indiziert.
Frakturen der prox i malen Ti bia A n der proximalen Tibia werden Subperiostale Stau chungsfrakturen, unvollständige Biegungsfrakturen so wie undislozierte und dislozierte vollständige meta physäre Quer- und Schrägfrakturen beobachtet. Neben dem Hämatom und der Schwellung imponiert klinisch die Schonung und Entlastung des Beines. Die Röntgen aufnahme in zwei Ebenen stellt die Verletzung ausrei chend dar. Subperiostale und undislozierte Querfraktu ren werden im Oberschenkelgipsverband ruhig gestellt, dislozierte Frakturen lassen sich meist gut einrichten und erhalten ebenfalls eine Ruhigstellung im Oberschen kelgips. Röntgenaufnahmen sind bei den subperiostalen Frakturen nie, bei den vollständigen Brüchen ggf. nach der Manipulation (Tag 0), dann an Tag 7 (Stellung) und Tag 28/35 (Kallus, Belastung, Freigabe) erforderlich. Eine Besonderheit stellen die Biegungsfrakturen dar. Sie klaffen medial und haben lateral durch das erhaltene Periost und die intakte Fibula eine suffiziente Zuggur tung. Auch wenn es meist kleine Kinder sind und die Fehlstellung sehr gering ausgeprägt imponiert, muss hier bündig reponiert und zuverlässig retiniert werden. Anderenfalls führt die verzögerte mediale Konsolidie rung über eine anhaltende Fugenstimulation zum Genu valgum ( > Abb. 1 0.29). In Narkose gilt es, die mediale Kontur unter Kompression zu bringen. Ob dies mit ei ner Reposition allein, mit einer Gipsanlage in Varus stress, mit einer ergänzenden intraoperativen Gipskei lung oder durch eine Eröffnung und Entfernung des oft eingeschlagenen Periosts erzielt wird, bleibt dem Einzel fall überlassen. Gegebenenfalls muss sogar eine Ostco synthese durch einen medioventralen Fixateur externe erfolgen. Ziel ist immer die achsengerechte Ausheilung ohne mediale Fugenstimulation. Röntgenkontrollen sind an Tag 0 (nach Manipulation), an Tag 7 [Stellung (außer bei Fixateur)] und an Tag 28 ( Konsolidierung, Freigabe, Metallentfernung) notwendig. Anschließend erfolgt die spontane Mobilisation, das Gangbild hinkt oft etwas nach, korrigiert sich aber zuverlässig und bedarf meist keiner physiotherapeutischen Betreuung. Trotz aller Maßnahmen verbleibt ein gewisses Risiko des Val gusfehlwachstums, weshalb klinische Nachkontrollen über mehrere Jahre anzuraten sind.
Abb. 1 0.29 Proximale, metaphysäre, medial leicht klaffende Tibia fraktur (a); fast achsengerechte Ausheilung, Frakturspalt medial noch g ut sichtbar (b).
Fra kturen in der d i sta len Tibia metaphyse Im Bereich der distalen Tibiametaphyse führen Scher-, Pronations-, Supinations- und direkte Traumen zu me taphysären Stauchungs-, Biegungs-, vollständigen Quer und Schrägbrüchen sowie Epiphyseolysen mit und ohne metaphysärem Yolkmann-Dreieck. Ski-, Fußball- und I nliner-Stürze, Verkehrsunfalle und Radspeichenverlet zungen liegen den Brüchen zugrunde. Die konventionel le Röntgenaufnahme in 2 Ebenen reicht zur Diagnostik aus. Die begrenzten Korrekturmöglichkeiten der dista len Tibiafuge erlauben bis zum 1 0. Lebensjahr das Belas sen von maximal 20° Fehlstellung, danach soll anato misch reponiert werden ( > Abb. 1 0.30). Die subperiostalen Stauchungsfrakturen der meist kleinen Kinder werden im Oberschenkelgips ruhig ge stellt und nach 3-4 Wochen nach klinischer Kontrolle freigegeben. Alle anderen undislozierten Brüche müssen
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1 0 Trauma im Kindesalter
Abb. 1 0.30
Distale Tibiafraktur (a); konservative Behandlung bei akzeptabler Dislokation (b).
nach Gipsanlage radiologisch genauso kontrolliert wer den wie die reponierten Frakturen. Die Biegungs- sowie die vollständigen Quer- und Schrägfrakturen mit und ohne Fibulafraktur zeigen oft eine Varus- oder Val gus fehlstellung und eine zusätzliche Rekurvation. Während sich der Achsenfehler in der Frontalebene oft gut ein richten lässt, ist die Rekurvation schwerer zu reponie ren. Eine Spitzfußstellung bis zu zoo ist unterstützend erlaubt. Nach Anlage des Unterschenkel- oder Ober schenkelgipses (kleine Kinder rutschen aus dem Unter schenkelgips heraus) darf höchstens noch eine Gipskei lung notwendig sei n. Ist keine zuverlässige Retention möglich, empfiehlt sich die perkutane gekreuzte Kirsch ner-Draht-Osteosynthese. Die Drähte werden von medi al eingebracht, aufsteigend vom Innenknöchel aus und absteigend von der Metaphyse aus in Richtung auf die lateral e Epiphyse. Die ergän zende Gipsruhigstellung ist erforderlich. Alternativ kann die absteigende intrame dulläre Nagelung diskutiert werden, die den Gipsver band erübrigen würde. Die M obilisation e rfo lgt bei allen diesen Frakturen bei entsprechendem Alter an Unter armgehstützen; Kleinkinder haben funktionell einen Liege- oder "Rutsch"-Gips. Röntgenaufnahmen werden an Tag 0 (nur nach Manipulation), an Tag 7 (Stellung außer bei Osteosynthese), an Tag 28 ( Kallus, Freigabe Kleinkinder, ggf. Metallentfernung K-Drähte, Gehgips
ältere Kinder) und an Tag 42/49 (Freigabe ältere Kinder, Metallentfernung intramedulläre Nägel) angefertigt. Physiotherapeutische Mobilisation erübrigt sich meist. Reine Epiphyseolysen können reponiert und im Un ters chenkelgips retiniert werden; bei geringstem Zweifel empfiehlt sich jedoch die Kirschner-Draht-Fixation. Liegt ein dorsales metaphysäres sog. Volkmann-Dreieck vo r kann die Fixation nach der Reposition auch mit ei ner von ventral eingebrachten, durchbohrten Zug schraube erfolgen ( >- Abb. 1 0. 3 1 ) . Nachdem die nach dorsal abgekippte Epiphyse durch Zug am Fuß und Druck auf die Tibiavorderkante nach vorne geholt ist, kann über eine Stichinzision der Führungsdraht fugen parallel platziert und die Schraube (3,0-4,0 mm) einge bracht werden. Bei guter Stabilisierung wird gipsfrei an Unt erarmgehstü tzen und in Entlastung nachbehandelt Die Röntgenkontrollen erfolgen wie oben aufgeführt. Komplikationen resultieren aus belassenen Fehlstel lungen und aus Wachstumsstörungen. Während erste res durch die verfügbaren Osteosynthesemethoden ver mieden werden kann und aus einer Unterschätzung der Fraktursituation resultiert, sind für die Wachstumsstö rung das Trauma selbst, aber auch das Ausmaß der iatrogenen Manipulation verantwortlich. Kontrollen sollten über zwei Jahre oder bis zum Wachstumsab schluss erfolgen. ,
1 0.7 Frakturen im Ki ndesalter
~
Abb. 10.31 Epiphyseolyse mit dorsalem metaphysärem Keil (Ait ken 1) an der distalen Tibia (a); Fixation mit einer von ventral einge brachten Zugschraube (b).
� �
undisloziert
hängend
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disloziert
Abb. 1 0.32 Schema der undislozierten, hängenden und dislozier ten Kondylusfraktur.
1 0.7.4 E p i p h ysäre Fra kt u ren l a nger
R ö h re n k nochen Die typischen epiphysären Frakturen des Kindes werden als Salter-Harris Typ III und IV (E 3/4) klassifiziert, die Übergangsfrakturen v.a. der distalen Tibia als E 5/6, Avulsionen wie der Ausriss der Eminentia intercondylica tibiae als E7, daneben osteochondrale jlakes als ES und sonstige unklassifizierbare Brüche als E9 ( > Abb. l O.Sd).
Fra ktu r des Condylus h u meri Eine typische Epiphysenfraktur im Sinne einer epimeta physären Salter-Harris-Fraktur Typ IV stellt die Fraktur des Condylus humeri dar. Es handelt sich um die häufigs te Gelenkfraktur im Kindesalter. Ganz überwiegend ist der radiale Kondylus betroffen, nur selten der ulnare oder bei Adoleszenten beide als Y -Fraktur. Nach direk tem Trauma oder Sturz auf die Hand bei gestrecktem Arm kommt es zur einseitig betonten Schwellung des El lenbogens mit Hämatom, Gelenkerguss und deutlich ein geschränkter Beweglichkeit. Die Röntgenaufnahme des Ellenbogens in zwei Ebenen zeigt im a.p. Bild eine Frak turlinie, die wenige Millimeter kranial und parallel zur Fuge bis in die M itte des H umerus verläuft und dann me dial des Capitulum in die Epiphyse hineinzieht. Ob sie die Gelenkfläche erreicht, kann in Anbetracht der überwie gend chondralen Epiphyse nur indirekt aus der Dislokati on geschlossen werden. I m seitlichen Bild liegt der meta physäre Anteil dorsal und stellt sich deutlicher dar. Un terschieden werden undislozierte, hängende (metaphysär geringe Autklappung, aber epiphysär keine eindeutige Dislokation) und dislozierte Brüche ( > Abb. 1 0.32).
Abb. 1 0.33 Undislozierte Kondylusfraktur (a); unveränderte Stel lung nach 4 Tagen (b)
Undislozierte und hängende Frakturen werden im Oberarmgips ruhig gestellt und nach 4-7 Tagen radiolo gisch kontrolliert ( > Abb. 1 0.33). Bei unveränderter Frakturstellung verbleibt die Immobilisation für weitere 3 Wochen, bei sekundärer Dislokation erfolgt die Ostco synthese ( > Abb. 1 0.34). Röntgenkontrollen werden folglich an Tag 4/7 und Tag 28 ( Konsolidierung, Freiga be) erforderlich, danach wird die spontane Mobilisation für 3-4 Wochen abgewartet. Nur selten ist dann wegen größerer Bewegungseinschränkungen eine kranken gymnastische Anleitung notwendig.
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1 0 Trauma i m Kindesalter
Abb. 1 0.34 U ndislozierte Kondylusfraktur (a); sekundäre Dislokation bei der Kontrolle nach 4 Tagen (b); Zugschrauben-Osteosyn these (c).
Primär oder sekundär dislozierte Frakturen bedürfen der offenen Reposition und Fixation. Ist der metaphysä re Anteil groß genug, wird die Zugschrauben-Osteosyn these bevorzugt, da sie eine stabilere Fixation erzielt und die reaktive Fugenstimulation dadurch reduziert. Der Zugang erfolgt dorsoradial über dem distalen Humerus. Nach Reposition und korrekter Wiederherstellung der Gelenkfläche wird der Führungsdraht von dorsoradial nach ventral platziert und die Zugschraube 3,0-4,0 mm eingebracht, die an der Fossa olecrani vorbei zur gegen seitigen Kortikalis verlaufen muss und die Capitulumfu ge nicht kreuzen darf. Selten wird bei älteren Kindern und sehr großem Fragment eine zweite quere epiphysä re Schraube oder ein Kirschner-Draht zur Verhinderung einer Fragmentrotation erforderlich. Bei sehr kleinen Kindern und ( fast) fehlendem metaphysärem Fragment werden zwei divergierende Kirschner-Drähte benutzt, die die Fuge kreuzen dürfen, aber auch die Gegenkarti kalis fassen müssen. Die Drahtenden werden umgebo gen und versenkt. Eine Ruhigstellung im Oberarmgips ist für 4 Wochen erforderlich. Operierte Frakturen wer den an Tag 0 (intra- oder postoperativ), an Tag 28 (Kon solidierung, Freigabe, Metallentfernung K-Drähte) und ggf. an Tag 56 (vor Metallentfernung Schraube) ge röntgt. Die weitere Nachbetreuung entspricht der bei konservativer Therapie. Hauptkomplikation ist das Übersehen einer sekun dären Dislokation des Fragments, weil daraus eine lange Heilungszeit mit anhaltender Fugenstimulation und Cu bitus varus oder sogar eine Pseudarthrose resultieren kann ( > Abb. 1 0.35). Grundsätzlich ist das Risiko des Cubitus varus umso geringer, je stabiler die Fixation ist. Die Prognose ist bei Beachtung dieses Aspekts bezüglich der Funktion gut. In Einzelfällen führt eine Vergröbe rung des radialen Kondylus zu der nur kosmetischen
Auffalligkeit eines sog. Pseudocubitus varus bei korrek ter Knochenachse.
Abriss des Epicondylus u l naris Streng genommen stellt der Abriss des Epicondylus ul naris keine epiphysäre, sondern eine apophysäre extra artikuläre Verletzung dar. Er tritt häufig in Verbindung mit einer Ellenbogenluxation auf und muss nach der manchmal spontanen - Reposition der Luxation aktiv am Röntgenbild gesucht werden. Der Ellenbogen ist ul nar betont geschwollen und schmerzhaft. Die konventi onelle Röntgenaufnahme des Ellenbogens in zwei Ebe nen zeigt den kleinen Knochenkern des Epikondylus z.T. diskret vom Humerus abgesetzt, teils durch den Muskelzug erheblich distrahiert und nach luxationsbe dingten Zerreißungen der Gelenkkapsel auch in das Ge lenk eingeschlagen. Nur gering oder nicht dislozierte Frakturen können konservativ im Oberarmgipsverband behandelt werden. Nach 3-4 Wochen ist der Epikondylus refixiert und der Ellenbogen kann freigegeben werden. Nur wenn 4-6 Wochen später noch relevante Funktionseinschränkun gen bestehen, die dann eher auf die Luxation als auf den Epikondylusabriss zurückzuführen sind, ist Physiothe rapie indiziert. Die dislozierten Epikondylen bedürfen der offenen Re position über einen ulnaren Zugang zum distalen Hume rus. Der N. ulnaris wird dargestellt, das Fragment repo niert und mit einer durchbohrten Zugschraube 3,0 mm (alternativ bei kleinem Fragment zwei Kirschner-Dräh ten) fixiert ( > Abb. I 0.36). je dislozierter das Fragment, desto größer das initiale Trauma und damit auch die Ge lenkkapselverletzung, sodass nach zwei Wochen aus der
1 0. 7 Frakturen im Kindesalter
Ausrissfra ktur der E minentia i ntercondyl ica tibiae
Abb. 1 0.35
Konservativ behandelte dislozierte Kondylusfraktur mit verzögerter Heilung und erheblicher Hypertrophie des Kondylus (a); dislozierte Kondylusfraktur mit Verschiebung des Fragments nach kranial und Entwicklung einer Pseudarthrose (b).
Schiene heraus mit einer vorsichtigen Bewegungsthera pie begonnen werden muss, um einer langanhaltenden Gelenksteife vorzubeugen. Röntgenkontrollen werden an Tag 0 (intra- oder postoperativ) und an Tag 28 (Konsoli dierung, Freigabe) notwendig; die Metallentfernung der Drähte erfolgt nach 4 Wochen, der Schraube nach 6-8 Wochen. Die Dauer der Physiotherapie und der kli nischen Nachkontrollen wird von der Ellenbogenfunkti on bestimmt.
Der knöcherne vordere Kreuzbandausriss oder die Aus rissfraktur der Eminentia intercondylica tibiae stellt ei ne epiphysäre Avulsionsverletzung dar. Die H äufigkeit nimmt mit den Rasanzsportarten zu; es sind nicht mehr nur die Jugendlichen betroffen. Die Klinik wird be stimmt von einem ausgeprägten H ämarthros und deut licher Funktionseinschränkung. Das Röntgenbild der proximalen Tibia in zwei Ebenen zeigt das kleine inter kondyläre Fragment, dessen Dislokation im seitlichen Bild beurteilt werden muss. Es werden undislozierte, aufgeklappte und vollständig dislozierte Ausrisse diffe renziert. Wenig oder nicht dislozierte Fragmente können nach P unktion und Ausspülung des Hämarthros in Narkose durch H yperextension des Knies retiniert bzw. reponiert und dann auch in dieser Position mittels eines Gipstu tors ruhig gestellt werden. Die axiale Belastung ist in Ab hängigkeit von den lokalen Schmerzen erlaubt. Rönt genbilder werden an Tag 0 (nach Gipsanlage), an Tag 7 ( Dislokation) und gipsfrei an Tag 28 (Konsolidierung) angefertigt. Nach Freigabe wird die Flexionsfähigkeit des Knies schrittweise selbst oder unter Anleitung wie derhergestellt, im Einzelfall ist eine Knieorthese hilf reich. Primär oder sekundär deutlich dislozierte Fragmente müssen refixiert werden. Dies erfolgt arthroskopisch (gleichzeitige Beurteilung von Menisken, Knorpel und Bändern möglich) oder über einen anteromedialen Zu gang. Über zwei parallele intraepiphysäre Bohrkanäle wird eine resorbierbare Cerclage um den Kreuzbandan satz herumgeführt und über der Tuberositas verknotet ( > Abb. 1 0.37). So entfallt die Metallentfernung. Die Ruhigstellung kann für wenige Tage im Tutor, aber auch schon primär in einer Knieorthese mit begrenztem Beu geausmaß erfolgen. Belastung ist erlaubt; Röntgenkon trollen erfolgen an Tag 0 (intra- oder postoperativ) und an Tag 28 (Konsolidierung). Nach 6-8 Wochen sollte die volle Beweglichkeit unter physiotherapeutischer Beglei tung erreicht sein. Komplikationen stellen verbliebene Bandinstabilitä teil und übersehene Begleitverletzungen (Menisken) dar, die auch die Prognose bestimmen. Im Einzelfall wird eine arthroskopische oder kernspintomographi sche Sekundärdiagnostik notwendig sein. Die Nach kontrollen sollen erst bei Funktionsfreiheit beendet werden.
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1 0 Trauma im Kindesalter
Abb. 1 0.36 E llenbogenluxation mit stark disloziertem, kleinem Epikondylus (a); Refi xation mit Kirschner-Drähten (b); intraarti kuär eingeschlagener, großer Epikondylus (c); Zugschrauben-Osteosynthese (d).
Abb. 1 0.37 Arthroskopisch dargestellter
Eminentia-intercondylaris-Abriss mit hoch gestelltem Fragment (a); Fragment repo niert und POS-Kordel um das Kreuzband herumgezogen (b); korrekt reponiertes Fragment (c)
F ra kt u ren i n der d ista l e n Tibiaepi physe Die zweithäufigste Lokalisation epiphysärer Frakturen ist die distale Tibiaepiphyse. Nach Supinations- oder Pronationstraumen mit oder ohne einer zusätzlichen Rotationskomponente werden l nnenknöchel- und sog. Übergangsfrakturen (Fuge partiell geschlossen) beob achtet. Die Klinik ist von der erheblichen Schwellung, dem Hämarthros und der Belastungsunfähigkeit be stimmt. Diagnostisch reichen konventionelle Röntgen-
aufnahmen meist aus; in Einzelfällen kann die dreidi mensionale Orientierung bei den Ü bergangsfrakturen ein CT hilfreich erscheinen lassen ( >- Abb. 1 0.38). Bei den Innenknöchelfrakturen sind Salter- Harris-Fraktu ren Typ 1 1 1 und Typ IV zu beobachten, bei den Über gangsfrakturen differenziert man die rein epiphysären lateralen t wo-plane Jractures (Tillaux - F raktur, knöcher ner Ausriss der Syndesmose) von den epimetaphysären tri-pla ne fractu res mit dorsalem Volkmann - Dreieck
1 0.7 Frakturen im Kindesalter
Abb. 1 0.38 Konventionelles Röntgenbild mit kaum sichtbarer epi physärer, aber deutlicher metaphysärer Frakturlinie (a); CT mit klarer Dislokation im Sinne einer tri-plane fracture (b).
Undislozierte Frakturen werden konservativ für 4 Wochen im Unterschenkelgipsverband behandelt und an Unterarmgehstützen mobilisiert. Röntgenkontrollen sind an Tag 7 (Dislokation) und Tag 28 (Konsolidie rung) erforderlich. Jetzt kann die Belastung schrittweise gesteigert werden. Krankengymnastik ist meist nicht er forderlich. Die größere Zahl der Brüche ist disloziert und bedarf der Osteosynthese. Bis auf wenige, sehr distale Innen knöchelfrakturen, die nur mit schräg aufsteigenden Kirschner-Drähten fixiert werden können, sind quere fugenparallele epiphysäre Zugschrauben das Verfahren der Wahl. Die sagittal in Projektion auf die Taluskante verlaufenden Innenknöchelbrüche werden über eine mediale Inzision reponiert und m it einer durchbohrten Zugschraube verschraubt. Two-plane fractures lassen sich auch durch eine medial eingebrachte Schraube indi rekt fassen und heranziehen, müssen aber hierzu manchmal über einen ventrolateralen Zugang reponiert werden. Die Verschraubung kann deshalb besser "di rekt" über diesen Zugang erfolgen; die Schraube verläuft dann von ventrolateral nach dorsomedial. Tri-plane fractures haben einen epiphysären und einen meta physären (Volkmann-Dreieck) Anteil. Zuerst wird epi physär die Gelenkfläche über einen ventrolateralen Zu gang reponiert und mit der Schraube retiniert, dann wird das meist dorsal liegende metaphysäre Fragment
über eine von vorn eingebrachte Schraube refixiert ( >- Abb. 10.39). Bei den Übergangsfrakturen ist per de finitionem das Wachstum abgeschlossen, sodass die Schrauben auch die Fuge kreuzen dürfen. Selten bedür fen begleitende Fibulafrakturen einer Osteosynthese durch eine Drittelrohrplatte. Die ergänzende Gipsruhigstellung ist eher von den Begleitverletzungen der Fibula und deren Stabilisierung abhängig. Die verschraubte Tibiafraktur ist bewegungs stabil und kann auch ohne Ruhigstellung in Entlastung an Unterarmgehstützen mobilisiert werden. Pro- und Supinationsstress sind allerdings zu vermeiden. Rönt genkontrollen sind an Tag 0 (intra- oder postoperativ), Tag 28 (Konsolidierung, Belastungsbeginn) und evtl. Tag 56 (vor Metallentfernung) indiziert. Die Bewegung sollte sich zwischen der vierten und achten Woche weit gehend normalisiert haben. Komplikationen resultieren aus Wachstumsstörun gen oder vorzeitigem Fugenverschluss nach den Innen knöchelfrakturen, aus Gelenkstufen (Präarthrose) bei den Übergangsfrakturen. Kontrollen erfolgen bis zur Wiederherstellung der Sprunggelenkfunktion. Kommt es durch einen medialen Fugenverschluss zur Varusfehl stellung im oberen Sprunggelenk, sind Korrekturosteo tomien ggf. mit Sprengung der knöchernen Fugenbrü cke im Einzelfall erforderlich.
1 0.7.5 Sonstige Frakt u re n u nd Luxatio n e n Fra kt u ren a n H ä nden u nd Fü ßen Nach Stürzen, Quetschungen oder Schlägen sind lokaler Druckschmerz, periartikuläre oder Handrückenschwel lungen mit Hämatom und Funktionseinschränkungen wegweisend. Die Röntgenaufnahme in zwei Ebenen muss auf den klinisch relevanten Skelettabschnitt fokus sieren, um subtile Verletzungen zu erkennen. An der Handwurzel werden selten Skaphoidfraktu ren beobachtet, die den typischen Druckschmerz in der Tabatiere haben. Ist die initiale Röntgenaufnahme nicht eindeutig, wird für 1 0- 14 Tage im Unterarmgips mit Daumeneinschluss immobilisiert. Dehnungen und Zer rungen sind dann ausgeheilt. Halten die Beschwerden an, schließen sich jetzt Funktionsaufnahmen oder ein CT an, um dann die Ruhigstellung für insgesamt 6 Wo chen fortzuführen. Röntgenkontrollen erfolgen somit an Tag 14 und Tag 42. Pseudarthrosen sind im Kindesalter nicht zu befürchten. Selten ergibt sich bei jugendlichen die Indikation zur Osteosynthese.
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1 0 Tra u m a im K i ndesa lter
Abb. 1 0.39 Two-plane fracture
,---
mit Zugschrauben-Osteosynthese (a); tri-plane fracture mit zwei Zugschrauben (b).
Am Metakarpale I mit seiner basalen Epiphyse treten vornehmlich in dieser Region eingestauchte oder voll ständige, wenig dislozierte Frakturen ( < zoo sagittal) auf, die im Unterarmgips mit Daumeneinschluss für 2-3 Wochen fixiert und dann freigegeben werden. In der Frontalebene oder aber sagittal mehr als 20° dislozierte Epiphyseolysen oder metaphysäre Frakturen werden re paniert und bedürfen wegen ihrer Instabilität meist ei ner Kirschner-Draht-Osteosynthese (0,8-1 ,2 mm ge kreuzt von distal nach proximal) sowie einer Gipsruhig stellung für 3 -4 Wochen. An den Metakarpalia II-V liegen die Epiphysen dis tal und auch die Verletzungen meist subkapitaL Die Therapiekriterien gelten in Analogie zum Metakarpale I , doch lassen sich die dislozierten subkapitalen Frakturen vor allem am Metakarpale V mit einem dünnen intra medullären Nagel ( 1 ,0- 1 ,5 mm), vom proximalen Meta karpale aus eingebracht, übungsstabil reponieren und fixieren und können funktionell nachbehandelt werden ( > Abb. 10.40). Die Knöchelreihe muss klinisch kor rekt stehen! Die seltenen Schaftfrakturen der Mittelhand stellen sich oft als Spiralfrakturen dar. Undisloziert er folgt die Ruhigstellung für 3-4 Wochen im U nterarm gips, der bis zu den lnterphalangealgelenken reichen muss. Bei Dislokation stehen interfragmentäre Mini Schrauben, M ini-Platten oder aber auch dünne intrame dulläre Nägel zur Verfügung. Während Schrauben und
Platten eine ergänzende Ruhigstellung für 4 Wochen be nötigen, ist dies bei den Nägeln entbehrlich. An den Fingern sind alle Epiphysen basal; hier findet sich auch der Großteil der Frakturen. Das Regime ent spricht weitgehend dem der Mittelhandfrakturen. Zeigt sich ein Rotationsfehler durch Superduktion des be nachbarten Fingers, ist immer die Reposition erforder lich. Für die Osteosynthese sind die intramedullären Nägel jetzt nicht mehr adäquat, Kirschner-Drähte kom men bevorzugt zum Einsatz und müssen, je distaler die Fraktur und je kleiner das Kind, umso eher transartiku lär mit passagerer Arthrodese platziert werden. Die Gipsruhigstellung muss immer die benachbarten oder sogar alle Langfinger einschließen. Bei älteren Kindern können die Versargongen ebenso wie die Metallentfer nungen (bei K-Drähten nach 4 Wochen) in Leitungsan ästhesie erfolgen. Eine Besonderheit stellen die kleinen knöchernen Kapsel-, Band-, Sehnen- oder palmaren Plattenausrisse und die Nagelkranzfrakturen dar. On disloziert reicht hier immer eine Ruhigstellung mit Tape oder Gips für 2 Wochen. Epiphysäre Kollateralbandaus risse älterer Patienten führen im Einzelfall zur Gelenkin kongruenz oder -instabilität und werden mit feinen K Drähten, Kanülen oder Nähten refixiert. Strecksehnen ausrisse werden in der Stack'schen Schiene oder offen mit einer Lengemann-Naht refixiert. Die Nagelkranz frakturen sind ßegleitverletzungen von Quetschtraumen
1 0. 7 Frakturen im Kindesalter
Abb. 1 0.40 Abgekippte subkapitale Metakarpale-V-Fraktur (a); bewegungsstabile intramedulläre F ixation (b).
und sind bei stattgehabter Weichteilheilung auch konso lidiert. Ist bei einer subtotalen Fingerkuppenamputation ein Knochenfragment mit abgetrennt, wird es über die Weichteiladaptation reponiert und nicht separat fixiert. Bei allen Mittelhand- und Fingerfrakturen wird an Tag 0 ( intra- oder postoperativ), an Tag 7 (Stellung nur wenn keine Fixation erfolgt ist), gipsfrei an Tag 2 1 /28 (Freigabe, Metallentfernung K-Drähte) und um den Tag 42 (Metallentfernung intramedulläre Nä gel) geröntgt. Die sichtbare Kallusbildung ist hier oft nur gering, die ergänzende klinische Druckschmerzfreiheit unterstützt die Entscheidung zur Metallentfernung und Freigabe. Eine kurzfristige klinische Nachkontrolle lässt oft bei vollständigem Faustschluss und freier Funktion die Behandlung abschließen. Die Nachbehandlung ist von der funktionellen Restitution abhängig und soll erst bei einwandfreier Handfunktion beendet werden. Phy siotherapie ist oft hilfreich. Wachstumsstörungen durch vollständigen oder partiellen Fugenverschluss müssen ebenso wie verbliebene Achsenfehler langfristig kontrol liert und ggf. um den Wachstumsabschluss korrigiert werden. Am Fußskelett führen Stürze aus größerer Höhe, Q uetsc h u ngen Tritte und Sporttraumen zu Schwellung, ,
Hämatom und Belastungsschmerz. Neben der Röntgen aufnahme in zwei Ebenen ist an der Fußwurzel ein CT i ndiziert, wenn komplexe Verletzungen vorzuliegen scheinen. Calcaneus-, Talus- und Navicularefrakturen werden konservativ behandelt, wenn die Kontur erhal ten und die Gelenkflächen nicht betroffen sind. Sonst sind Repositionen, ggf. spongiöse Unterfütterungen und Fixationen mit Kirschner-Drähten, Schrauben oder spe ziellen Platten notwendig. Alle diese konservativ oder operativ behandelten Brüche werden für 6 Wochen im U nterschenkelgips ruhig gestellt. Entsprechend wird an Tag 0 (nach Manipulation), gipsfrei an Tag 42 (Freigabe, M etallentfernung K-Drähte) und nach 3-6 Monaten ( Metallentfernung Schrauben, Platten) geröntgt. Der Kallus kommt wie an der Hand spät und kann auch nach 6 Wochen noch rudimentär sein, sodass die klinische Kontrolle eine wichtige Ergänzung darstellt. Die Belas tung wird vorsichtig, weitgehend patientenbestimmt, aber mit physiotherapeutischer Unterstützung aufge baut. Bei wiederhergestellter Funktion kann die Nach betreuung abgeschlossen werden, wenn keine Gelenkin kongruenzen vorliegen, die einer längeren Überwa chung bedürfen. Selten drohen Nekrosen von Talus oder Naviculare und machen kernspintomographische Folge untersuchungen und langfristige Entlastungen erforder lich. Am Mittelfuß sind subkapitale Frakturen häufiger als basale oder Schaftfrakturen. Undisloziert erfolgt konservative Therapie im Unterschenkelgips für 4 Wo chen mit abschließender klinischer Konsolidierungs kontrolle. Fehlstellungen korrigieren sich kaum und bedürfen der Reposition und dann meist auch Fixation mit intramedullären Nägeln (von der Basis aus) oder Kirseimer-Drähten (vom Kopf aus). An der Basis des M etakarpale V ist die längs verlaufende Apophyse nicht als Fraktur zu werten, die quer verlaufende Fraktur nicht zu übersehen und im Gips ruhig zu stellen, bei re levanter Dislokation jedoch mit Kirschner-Drähten oder einer Zuggurtung zu fixieren. Röntgenkontrollen erfolgen an Tag 0 ( nach M anipulation), an Tag 7 ( Dislo kation bei konservativer Behandlung) und an Tag 28 ( Konsolidierung, Metallentfernung Kirschner- Drähte, Freigabe), ggf. noch um den Tag 42-56 (Metallentfer nung intramedulläre Nägel). Nach Ausheilung und bei freier Funktion erfolgt der Abschluss der Betreuung. Auf eine korrekte Wiederherstellung des Fußgewölbes ist zu achten. Zehenfrakturen werden mit Pflasterzügeln stabili siert, manchmal hierzu an den benachbarten Zeh fixiert und bedürfen nur selten einer Gipsschiene. Nur die sel tenen Epiphysenfrakturen der Großzehe müssen radio logisch kontrolliert und ggf. operativ fixiert werden.
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1 0 Tra uma im Kindesalter
Klav i k u lafra ktu ren Die Klavikulafraktur kommt geburtstraumatisch in bis zu 6% der Fälle vor; später ist sie die vierthäufigste Frak tur nach Stürzen aller Art und ist zu 90% in der Mitte und nur etwa zu je 5% medial oder lateral gebrochen. Schonhaltung, Schwellung und lokaler Druckschmerz sowie beim Säugling zusätzlich ein asymmetrischer Mo ra-Reflex weisen auf die Verletzung hin. Das a.p. Rönt genbild diagnostiziert ausreichend. Konfektionierte oder aus wattegefüllten Schlauchverbänden angefertigte Rucksackverbände für 3 Wochen mit einem ein- bis zweimaligen Nachziehen in den ersten Tagen sind die Therapie der Wahl; beim Säugling muss nur der Ärmel am Hemd fixiert werden, um schmerzhafte Bewegungen zu vermeiden. Der leicht tastbare kugelige Kallus zeigt klinisch die Heilung und wird im folgenden Halbjahr re modelliert. Nachkontrollen sind entbehrlich. Selten er gibt sich aus der drohenden Perforation eines Frag ments, einer Stückfraktur mit deutlicher Verkürzung der Schulterpartie, einer Gefäß- oder Nervenkompressi on, einer nach hinten (mediastinal) dislozierten media len Epiphyseolyse oder einem ausgeprägten lateralen Klavikulahochstand die Notwendigkeit der aktiven In tervention mit offener Reposition und Naht des Periosts, ggf. transossären resorbierbaren Nähten oder einer in tramedullären Schienung ( > Abb. 1 0.41 ). H ier erfolgt
Abb. 1 0.41
Seltene Klavikula-Stückfraktur mit drohender Haut perforation (a); intramedulläre FiKation von dorsolateral (b).
immer die ergänzende Ruhigstellung mit Rucksack oder Gilchrist-Verband.
Seltene Frakturen Die im Kindesalter seltenen Patellafrakturen entstehen nach massivem direktem Trauma und führen zu präpa tellarer Schwellung, Hämatom, Beugehemmung und Streckunfähigkeit Im konventionellen Röntgenbild und der tangentialen Aufnahme ist die Patella bipartita mit separaten Knochenkernen von den Frakturen zu difl'e renzieren. Undislozierte Längs- und Querfrakturen so wie nicht aus dem Verbund herausgelöste Kantenahbrü che werden konservativ in 1 5° Flexion im Tutor ruhig gestellt; die Belastung ist möglich. Dislozierte periphere Fragmente werden mit Schrauben fixiert. Beim unteren Polausriss wird die Patellarsehne mit Nähten transossär refixiert; die dislozierte Querfraktur benötigt eine Zug gurtung. Tutor oder Knieorthese verhindern die Flexion bis zur Heilung. Röntgenkontrollen erfolgen an Tag 0 {intra- oder postoperativ), an Tag 28/35 (Konsolidie rung, Freigabe) und vor der Metallentfernung um den Tag 90. Forcierte Streckmanöver jugendlicher führen zum Abriss der Tuberositas-tibiae-Apophyse mit Unmög lichkeit der Kniestreckung und erheblicher Schwellung über der proximalen Tibia. Die Zugschrauben-Fixation von ventral ist fast immer notwendig und wird durch eine Ruhigstellung im Tutor oder in der Orthese ergänzt. Nach 5 Wochen ist bei radiologisch gesicherter Konsoli dierung die Mobilisation möglich; die Metallentfernung erfolgt nach 3 Monaten. Bei jüngeren Pa tienten ist die Tuberositas noch Teil der proximalen Tibiaepiphyse. Hierauf ist bei der Versorgung und der Nachkontrolle (Gefahr der Wachstumsstörung) Rücksicht zu nehmen. Beckenfrakturen sind selten. Apophysenabrisse sind Folge forcierter Sportaktivität Alle anderen Verletzun gen erfordern massive Traumen im Verkehr oder bei Stürzen und benötigen nach der orientierenden Becken übersichtsaufnahme ein CT zur Therapieplanung. Die Therapieentscheidung wird von den häufigen Begleit verletzungen im kleinen Becken stark beeinflusst. Apo physenabrisse, Lockerungen einer lleosakralfuge und wenig dislozierte Frakturen der Ossa ileum, ischium und pubis sowie gering dehiszente Symphysensprengungen werden mit Bettruhe, Analgesie und spontaner Mobili sation nach Maßgabe der Beschwerden behandelt. Auch isolierte dislozierte Schambeinast- oder Beckenschaufel frakturen sind gut konservativ zu behandeln. Instabile Beckenringfrakturen dagegen werden mit einem su praazetabulären Fixateur ex terne, im Einzelfall auch mit
1 0.7 Frakturen im Kindesalter
Rekonstruktionsplatten (z.B. Acetabulum) und Schrau ben (z.B. Ileosakralfuge) fixiert. Wichtig sind die Wie derherstellung der Beckeneingangsebene bei Mädchen und die Rekonstruktion der H üftpfanne mit der epi physären Y-Fuge. Die Nachbehandlung erfolgt mög lichst mit Bettruhe, selten im Beckengips. Die Behand lung erfolgt sehr individuell. Nachkontrollen sind eher großzügig und langfristig zu empfehlen. Wirbelfrakturen treten nach Stürzen aus großer Hö he, Kindesmisshandlung sowie nach Verkehrs- und Sportunfallen auf und sind kaum ohne CT oder MRT zu beurteilen. Am Atlas werden Zerreißungen des Liga mentum transversum beobachtet und ebenso mit Halo Fixateur oder Minervagips ruhig gestellt wie die Epiphy seolysen der Dens-axis-Basis. Selten ist an C2 die Schrauben-Osteosynthese indiziert. Auch an C3-C7 werden die meisten Verletzungen konservativ im Halo oder Minervagips behandelt; im Einzelfall kann eine dorsale Stabilisierung notwendig sein. Thorakal und lumbal sind die meisten Frakturen stabil ( Kompressi onsfrakturen mit Höhenminderung < \Ii Wirbelkörper höhe) und werden mit Bettruhe, Analgesie und kran kengymnastischer Muskelkräftigung therapiert. Die Wirbelkörper richten sich wieder auf; eine bleibende Kyphose ist selten. Größere Höhenminderungen, Flexi onsfrakturen mit ausgedehnter dorsaler Zerreißung der Ligamente und Berstungsfrakturen werden altersabhän gig mit Cerclage oder Fixateur interne versorgt. H ier gilt die Frage immer einer möglichen spinalen Beteiligung mit Paraplegie und daraus resultierenden Folgeproble men orthopädischer und mologiseher Art.
Luxationen Luxationen sind Verletzungen älterer Kinder, da in jün gerem Alter die Kapsel-Band-Strukturen so stabil sind, dass bei entsprechendem Trauma eher eine gelenknahe Fraktur entsteht. Typisch ist die suprakondyläre Hume rusfraktur des Kleinkindes statt der Ellenbogenluxation des Adoleszenten. Traumatische Schulterluxationen nach Sturz auf den gestreckten Arm sind bevorzugt in Narkose oder Analgosedierung zu reponieren, damit der Repositionsmechanismus den periartikulären Schaden nicht vergrößert. Radiologisch werden knöcherne Be gleitverle t zu n gen ausgeschlossen. Nach Ruhigstellung im Gilchrist für 2 Wochen soll mit krankengymnastisch angeleiteter Bewegung begonnen werden. Der gezielte Muskelaufbau stabilisiert das Gelenk. Re-Luxationen sind selten, müssen dann aber zur kernspintomographi schen Abklärung prädisponierender primärer oder se kundärer Gelenkirregularitäten führen.
Die Ellenbogenluxation ist im Kindesalter die häu figste Luxation eines großen Gelenks. Der Humerus lu xiert meist nach vorne. Die Reposition unter Zug am Unterarm erfolgt in Narkose, um den Processus corono ideus zu schonen. Anschließend muss aktiv nach knö chernen Begleitverletzungen gesucht werden. Am häu figsten reißt der Epicondylus ulnaris ab und muss offen reponiert und refixiert werden. Es kommen jedoch auch Radiushalsfrakturen, Olekranonfrakturen und Condy lus-humeri-Frakturen vor. Nach einer einfachen Luxati on ist die Ruhigstellung für nicht mehr als eine Woche notwendig; dann beginnt die aktive Mobilisation, damit die immer stark gedehnte und partiell zerrissene Ge lenkkapsel während der Heilung nicht zu sehr narbig schrumpft und eine anhaltende weichteilige Bewegungs einschränkung bedingt. Bei den angesprochenen Be gleitfrakturen bestimmt natürlich deren Heilung die Mobilisation. Im Zweifelsfall ist hier der übungsstabilen Versorgung der Vorzug zu geben. Luxationen der Fingergelenke kommen vereinzelt bei Rangeleien älterer Kinder vor und lassen sich in Oberst'scher Leitungsanästhesie reponieren. Ein Tape verband stabilisiert das Gelenk für eine Woche, dann kann wieder aktiv bewegt und die Funktion wiederher gestellt werden. PateUaluxationen sind häufig, entstehen oft beim Sport oder Tanzen durch direktes mediales Trauma oder die Kombination von Valgusstress mit einer Au ßenrotation des Unterschenkels. Die Röntgendiagnostik in zwei Ebenen plus tangentialer Patellaaufnahme zum Ausschluss knöcherner Begleitverletzungen stellt nicht selten eine Prädisposition (Patellaform, Gleitlager o.a.) dar. Die Reposition erfolgt spontan oder durch eine vor sichtige (Hyper-)Extension im Kniegelenk. Ein deutli cher Kniegelenkerguss wird punktiert und ist oft blutig, da es zu Einrissen des medialen Retinaculums und zu ( osteo-)chondralen jlakes an der medialen Patellarück seite oder an der lateralen Femurkondyle kommen kann. Rezidiviert der Hämarthros innerhalb weniger Tage, ist die kernspintomographische Diagnostik oder direkt die arthroskopische Evaluation zur Entfernung kleiner oder Refixation größerer jlakes indiziert. Nach initialer Ruhigstellung im Tutor oder mit einer Orthese ist die frühfunktionelle Nachbehandlung mit gezieltem Training des M. quadriceps wichtig, um Re-Luxationen zu vermeiden. Erst die rezidivierende Luxation macht im Kindesalter ausschließlich weichteilige Korrektur eingriffe erforderlich.
329
330
1 0 T ra u m a im Ki ndesalter
1 0.8 Ba uchtra umen D ie in unseren Breiten i n aller Regel stumpfen Bauch traumen entstehen im Säuglings- und Kleinkindesalter durch häusliche Stürze, Stürze am Spielplatz oder im Rahmen einer Kindesmisshandlung. Im Schulalter und bei den Adoleszenten rückt die aktive und/oder passive Teilnahme am Straßenverkehr kausal zunehmend in den Vordergrund. Dabei sind die intraabdominellen Or gane durch die Rippenbögen noch weniger geschützt und exponierter als beim Erwachsenen. Faustschläge i n den Oberbauch, Stürze auf harte Gegenstände, Stürze auf den Roller- oder Fahrradlenker oder Strangulationen durch nicht altersadäquate Rückhaltesysteme in Kraft fahrzeugen gefahrden die parenchymatösen Organe ebenso wie den Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt
1 0.8.1 B a uchwa nd ko ntus ion
Die isolierte Bauchwandkontusion ist eine Ausschluss diagnose. Bei entsprechendem Unfallmechanismus und Vorliegen typischer Kontusionsmarken wird immer die Sonographische und ggf. computertomographische Un tersuchung zur Evaluation der intraabdominellen Orga ne erfolgen. Nur wenn diese negativ sind, bei der Be stimmung der Laborwerte keine Erhöhung der Leber oder der Pankreaswerte auffallen und der Urinstatus keine Hämaturie zeigt, kann von einer isolierten Bauch wandkontusion ausgegangen werden. Diese ist sicher schmerzhaft, führt ggf. auch zu einer Schonatmung und bedarf einer suffizienten Analgesie, während man den Grad der Immobilisierung durchaus den Kindern über lassen kann.
1 0.8.2 Pa renchymatöse O rga nverletzungen
Milz, Niere, Leber und Pankreas sind in dieser Reihen folge von Organverletzungen betroffen. Bei entspre chender Unfallkonstellation stellt die Sonographie die erste orientierende Untersuchung dar, sucht nach freier Flüssigkeit und stellt intraparenchymatöse und subkap suläre Hämatome sowie Organeinrisse und Zerstörun gen der Organkontinuität dar. Der Hb-Wert kann initial durchaus im Normbereich liegen, solange die Volumen substitution noch nicht zur Verdünnung geführt hat. Die Transaminasen reagieren sehr empfindlich auf eine Leberkontusion; bei Pankreaskontusionen sind Amylase und Lipase relevant. Die Co mp u terto m ograp h ie lässt ei-
Abb. 1 0.42 Oberbauch-CT mit multifragmentärer Milzzerreißung.
ne sehr exakte Abschätzung des Verletzungsausmaßes und eine Graduierung zu und sollte aus der Zusammen schau von Klinik, Sonographie und Labor großzügig in diziert werden ( > Abb. 1 0.42). Die konservative Therapie steht eindeutig im Vorder grund. Solange die Kreislaufsituation durchaus Katechol amin unterstützt und unter Transfusion von nicht mehr als 40 ml!kg KG Erythrozytenkonzentrat in den ersten 24 Stunden stabil bleibt, muss keine Laparotomie erfol gen. Die Patienten werden intensivmedizinisch über wacht, Hb und Laborchemie werden alle 6-8 Stunden kontrolliert und die Sonographie bettseilig wiederholt. Es kommt bei größeren Blutungen auch durch die begleiten de reaktive Darmparalyse zu einer Zunahme des Bauch umfangs, dessen Messung aber heute entbehrlich ist, da kritische Zustandsveränderungen anhand der Monitor und Untersuchungsparameter erkannt werden sollten. Die Option eines radiologisch-interventionellen Blutungs stopps sollte bedacht werden. Bei Nierenbeckenverletzun gen ist die Einlage eines Doppel-J-Katheters möglich. Eine Laparotomie ist bei instabilen Kreislaufverhält nissen oder Zeichen der Peritonitis indiziert und sollte immer den Organerhalt als oberstes Ziel haben. Be grenzte Segmentresektionen, Übernähungen, Gefäßliga turen oder -umstechungen, die lokale Applikation ge rinnungsfördernder Materialien, die Zieldrainage bis hin zur Tamponade mit second Iook sind immer einer Splenektomie, Nephrektomie, Leber- oder Pankreasteil resektion vorzuziehen. Die Stabilisierung erfolgt in wenigen Tagen und führt dann zur Verlegung auf die Allgemeinstation und zur Mobilisierung, der Nahrungsaufbau richtet sich nach der begleitenden Darmparalyse. Bettruhe ist nicht erfor derlich. Sportliche Aktivitäten sind für 4 Wochen zu un terlassen. Eine sonographische Abschlusskontrolle vor der Wiederaufnahme des Sports ist ambulant empfeh lenswert.
1 0.9 Thoraxtraumen
Die Prognose nach konservativer Therapie ist gut. In großen Studien werden sekundäre Milzrupturen nur sel ten gesehen; auch Leberrupturen machen nur ausnahms weise einen Sekundäreingriff erforderlich. Pankreasver letzungen führen wegen der Gefahr der Ausbildung einer Pankreaspseudozyste am häufigsten zu späteren Inter ventionen. Nierenverletzungen können zum schleichen den und symptomlosen Funktionsverlust führen, aber durch infektiöse Probleme auch eine nuklearmedizini sche Diagnostik und Spätnephrektomie induzieren.
1 0.8.3 Gast ro i ntest i n a l e Organverletzungen
Traumatische Magen-, Duodenal- und Dünndarmrup turen kommen eher im Rahmen von Gurtverletzungen vor. Im Gegensatz zur Verletzung der parenchymatösen Organe ist hier die Laparotomie unumgänglich. Weg weisend sind die klinischen Zeichen der Peritonitis. Die Diagnose wird ganz konventionell mit der Abdomen Übersichtsaufnahme gestellt. Je früher die Intervention erfolgt, desto geringer ist die Komplikationsrate. Neben Übernähungen ist im Einzelfall eine kurze Segmentre sektion mit primärer Anastomose notwendig und mög lich. Einzig das obstruierende Duodenaiwancl-Hämatom ist einem konservativen Management mit Magensonde und Nahrungskarenz zugängig.
Abb. 1 0.43 Thorax-Cl mit Rippenfraktur dorsal, Hämatothorax und Lungenkontusion rechts. LITERATU R Beaty JH, Kasser JR (2006) Rockwood and Wilkins' Fractures i n Children. 61" ed . Philadelphia: LWW Dietz H-G (2007) Thoraxtraumen im Kindesa lter. i n : Gahr Ralf H (Hrsg.) Handbuch der Thorax-Traumatologie. Hamburg: Einhorn-Presse Verlag Dietz H-G, Joppich I, Marzi I, et al. (200 1 ) Die Behandlung der Femurfrakturen im Ki ndesalter. Unfallchirurg 1 04: 788-790 Dietz H-G, Schm ittenbecher PP, Slongo T, Wilkins KE (2006) Elastic stable intramedullary nailing (ESIN) in children. AO Manual of fracture management. Stuttgart: Thieme Hasler C( von Laer
L (200 1 )
Prevention of growth disturbance
after fractures of the lateral humeral condyle in children. J Pediatr Orthop B 1 0: 1 23-1 30 Lascombes P, Haumont T, Journeau P (2006) Use and abuse of flexible intramedul lary nailing in children and adolescents. J Pediatr Orthop 26: 827-834
1 0.9 Tho raxtra u m e n Auch die thorakalen Traumen sind i n Europa überwie gend stumpfer Natur. Die Elastizität des knöchernen TI1orax führt dazu, dass Rippenfrakturen selten sind. So mit schließt das Fehlen knöcherner Verletzungen eine intrathorakale Verletzung definitiv nicht aus, umgekehrt ist die Rippenserienfraktur ein Zeichen für die Heftigkeit des Traumas. H ämato- und Pneumathoraces sind kli nisch und radiologisch zu diagnostizieren und mit einer ausreichend großlumigen Thoraxdrainage zu behan deln. Im Zentrum der thorakalen Traumen steht aber die Lungenkontusion, die im konventionellen Röntgen bild erkannt, aber im CT in ihrer Ausdehnung deutlich besser eingeschätzt werden kann ( > Abb. 1 0.43 ). Die Beatmung ist oft erforderlich und sollte nicht zu früh be endet werden, da es nach einer kurzfristigen Besserung noch einmal zu einem Rebound kommen kann. Verlet zungen von Herz, großen Gefäßen, Ösophagus oder Tra chea sind absolute Raritäten.
M a rzi I (2006) Kindertraumatologie. Darmstadt Steinkopff Peterson HA (2007) Epiphyseal growth plate fractures. Berlin: Springer Schm ittenbecher PP (2005) What must we respect in articular fractures i n childhood? lnjury 36: S-A3 5-S-A43 Schmittenbecher PP, Blum J, David S., et al. (2004) Die Behand lung von Humerusschaftfrakturen und subkapitalen Hurnerus frakturen im Kindesalter. Unfallchirurg1 07: 8-1 4 Schneider J, Staubli G, Kubat St, Altermatt St (2007) Ta pin or not to pin treating displaced distal forearm fractures in child ren. Eur J Trauma 33: 61 9-625 Stylianos S (2002) Compliance with evidence-based guidelines in chi ldren with isolated spieen or liver injury: a prospective study. J Pediatr Surg 37: 453-456 von Laer L, Kraus R, Linhart WE (2007) Frakturen und Luxatio nen im Wachstumsalter. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme Weinberg A-M, Tscherne H (2006) Unfallchirurgie im Kindesal ter. Berlin: Springer Weinberg A-M, Kasten P, Castellani
C, et al.(2001 ) Wh ich axial
deviation results in limitations of pro- and supi nation fol lowing diaphyseal lower arm fractures i n childhood. Eur 27: 309-3 1 6
J Trauma
331
I
333
Register
Reg ister Analbougierung
Symbole
46,XX-DSD
Analfissuren
239
46,XY-DSD 239 99 111 Tc-Erythrozyten-Szintigraphie, Meckel Divertikel
1 27
Divertikel
1 27
Analfisteln
1 98
- TI1erapie
1 98
A
Abdomendistension Abdominalhernie
1 33
- äußere
1 56
- innere
1 63
- Symptome
Abdominaloperationen, neonatale - allgemeine Überlegungen - Aufklärung der Eltern - Duodenalatresie
- TI1erapie
83
83
Anorchie
91
- Duplikaturen des Magen-DarmTrakts
- G allengangfehlbildungen
110
- hypertrophe Pylorusstenose - Kolonatresie/Kolonstenose - Malrotation
88 99
- Mekoniumileus 98 - Mesenterialzysten 1 03, I 04 - Nahrungsaufbau 83 - nekrotisierende Enterokolitis - Pancreas anulare
1 04
Advancement, frontoorbitales
15
Aganglionose. siehe H i rschsprung-Krankheit 286, 287
Akrozephalosyndaktylie-Syndrom. siehe Apert-Syndrom - Tilerapie
14
- Definition
- Klassifikation
I 84
1 84
- soziale Kontinenz - Symptomatik - T herapie
1 84 I9I
- Kontinenzprognose - ohne Fistel 1 86 - s.a. Fisteln
I 88
200
I 84
I9I
- - postoperative I 90 1 84 - Vorkommen
7, 1 8 , 20, 26 53
50
Atemnotsyndrom - Symptome
1 85
68
Ausscheidungsurographie
296
2 14
autosomal-dominante polyzystische
294
207, 208
Nephropathie (ADPN)
autosomal - rezessive polyzystische Nephro
50, 221
pathie (ARPN)
49
93, 99
207
B
- Dünndarmatresie 94 - Indikationen 99, 1 06, 1 0 7 - Prolaps I06
Balanitis - Definition
- TI1erapie
- Rückverlagerung 1 00, 1 06 - Stenose I 06 AG-Klassifikation der Frakturen im
223 224
- xerotica obliterans
223
Balanoposthitis - Definition
298
Apert-Syndrom - kl i nisches Bild
53, 64
Atherom. siehe epidermale Zyste
295
- Unverträglichkeit
- TI1erapie
12
223 224
Bandausrisse
13
310
Bannayan-Riley-Ruvalcaba-Syndrom
Appendektomie
Batterieingestion
52
Bauchdeckenabszess. Appendizitiskomplikation 1 24
I 03
Bauchhoden
1 23
1 65 l71
- Laparoskopie
Bauchschmerzen, Appendizitis
Appendicitis, perforata Appendix - anatomische Lage
255
I 37
Barretl-Ösophagus baltered child 36
1 23
- offene 1 22 - Operationsverfahren im Vergleich
I 22
1 18
- Entzündungsursachen - Karzinoid
92, 94
Atemnot, U rsachen
- Ursachen
Kindesalter
1 19 1 18
Aspirationspneumonie, Ursachen
A norektopexie, posteriore sagittale
- - häufigste
- Diagnostik 188 - Fehlbildungsspektrum
121
Arnold-Chiari-Malformation
- Laparoskopie 1 22 - - Vorteile 1 22
1 84
1 I8 1 18
Apple-peei-Atresie
191
- Kloakenekstrophie 194 anorektale Fisteln 187
- Komplikationen
I9I
- Analbougierung
1 84
- Indikationen
I 97
Analabszesse Analatresien
1 18
Appetitlosigkeit, Appendizitis
- Entlassung 1 7, 59
Alpha-Fetoprotein
1 17
- Tilerapie
- Antibiotikaprophylaxe, perioperative 1 23
I 2, 13
Akrozephalus
1 23 1 18
- Analatresien
- Indikationen
1 19
121
- Untersuchung des Kleinkindes
Anus praeter
97
- Symptome - - häufigste
167
A n tirefluxplastik
- Zwerchfelldefekt 84 abstehende Ohren, Ohrknorpeldeformi·
- Schmerzlokalisation
- - führendes 25
- Bisswunden
89
täten 20 Abwehrspannung, Appendizitis adrenogenitales Syndrom 239
277
- Stadien
- Fremdkörperverletzungen - septische Wunden 295
- postoperativer Verlauf 83 - Relaxatio diaphragmatica 87
Akrosyndaktylie
- Operationsindikation
Antibiotika
I 07
- Morbus Hirschsprung
1 19
- perforata 1 27 - postoperative Tilerapie
239
277
Antazida 138 Antepositio ani
94
1 2 1 , 1 43 117
anorektale Fehlbildungen - Kloake
1 00
- Volvulus
200
277
A n kyloglosson
92
- Differenzialdiagnosen - histologische Formen - Komplikationen 1 23 - Laborbefunde 1 1 9
aneurysmatische Knochenzyste - Diagnostik 277 - Prognose 279
1 17
- klinische Untersuchung
1 85
Androgenresistenz, komplette
! 56
- Dünndarmatresie
1 23
1 99
Analvenenthrombose - TI1erapie 20 I
59
1 20
- Definition
Analmembran Analprolaps
1 17
- Bildgebung
Analgetika, WHO-Gruppen
99 "'Tc-Szintigraphie, Meckel'sches
ß -hCG
- Ätiologie
191
1 97
1 17
- Schmerzleitung Append izitis
I I8
- Altersverteilung - Anam nese I I9
I I7
1 17
Bauchtraumen 1 22
- Bauchwandkontusion
118
330
- Organverletzungen - - gastrointestinale - - parenchymatöse - - - Prognose
331 330
33 1
- - - Versorgung 330 - Pathomechanismen 330
Bauchwanddefekte. siehe Gastroschisis, Laparoschisis, Omphalozele
Bauchwandhernie
1 63
�-------
334
Register
Bauchwandkontusion
330
- - anatomisch
Beare-Stevenson-Cutis-gyrataSyndrom
- - Stocker
12 328
Beckenringfrakturen Biegungsfraktur
- Therapie
300
Bilirubinsteine Bindegewebsnävi
263
Choledochuszysten
Bishop-Koop-Enterostomie
99
- Beschreibung
Bisswunden
- Diagnostik 295
- Gesicht
- Tollwutimpfung
295
Blasenekstrophie
- Prävalenz
1 90
Blasenkontrolle, Entwicklung Blasentagebuch 236 Blount'sche Schlinge
- Therapie - U rsachen
- Symptome
1 39
247
20 l
141
141
Blutungen - H i rnparenchym
201
- physiologische
Cholezystektomie
141
Darmwandödem
- Komplikationen
141
Darmtraining Dellwarzen.
- subarachnoidale
Chorda
34, 35
Bochdalek'sche Hernie
84, 85
Darmerkrankungen
Bowel Management.
siehe Darmtraining
1 49
Brachyzephalus 14 Bridenileus 1 23 , 1 3 5
- Diagnostik
- Meckel-Divertikel 126 Bronchoskopie, Indikationen
I SO
- medikamentöse Therapie
Bruchhüllen
1 56
- Morbus Crohn 1 49 - s.a. Colitis ulcerosa 1 49 - Therapie 151
Bruchinhalt Bruchpforte
1 56 1 56, ! 57
- Unterscheidungsmerkmale Chwalle'sche Membran 206
Bruchsack
50
Brustwandfehlbildungen
- Begleitfehlbildungen - kongenitaler 68
- Kielbrust
- - Diagnostik
Brunnel'sches Zeichen
230
77
- Trichterbrust
c
Cafe- au-Lait -Flecken
captured /ung Caroli-Syndrom
- - 1l1erapie
1 52
72 1 1 1, 1 13
Carpenler-Syndrom CCAM
13
- Ätiologie/Pathogenese - Diagnostik 63, 64 - Klassifikation
- Diagnostik - Klassifikation
52
44, 53 52
- Unterarmschaftfraktur 3 0 1 - Unterschenkelschaftfraktur 307 Indikationen 66 direkte Nuklid-MCU Disorders
220
ofSex Development (DSD)
238 - geschlechtschromosomale
- Kniegelenk
clean intermittent catheterization (CIC) 1 94 - Beschreibung
300
296
- Diagnostik 296, 297 - Fi ngergelenke 296
44, 52 52
9 1 , 92
300
- Oberarmschaftfraktur 300 - Oberschenkelschaftfrakt u r 304
Distorsionen
68
- Begleitfehlbildungen 62
68
86, I 0 I
Cleft-Syndrom
237
digitale Substraktionsangiographie,
I SO
68
- sekundärer
1 65
- Klassifikation
69
- - Ursachen
61
165
- normaler
diaphysäre Frakturen
69
- - Symptome
73
- gestörter
Diamond-shaped- Anastomose
Chylothorax
1 56
30 1 , 3 1 0 1 57, 1 6 1 , 1 65
Detrusorhyperrellexie
149
- Ätiologie 1 50 - Colitis, nicht-klassifizierbare
1 96
1 37
- Phasen 1 65 - Störungen 1 69
92
chronisch-entzündliche
Bowel Management - A nalatresie 191 - Kloakenekstrophie
141
Invagination
siehe
263, 264
Descensus testis
226
95
1 35
Desault-Verband
141
95
siehe
Dermaidzyste
1 42
Christmas-tree-Atresie
7
1 96
DeMeester-Score
141
Cholezystolithotomie
34
D
Dandy-Walker-Zyste
Darminvagination.
- Prognose
1 84
17
- - s.a. Malrotation
141
- - Vorteile
34
- intraventrikuläre
322
Currarino-Syndrom, Analatresie
- pathologische
- Iaparoskopische
blutiger Stuhl, Ursachen
Cubitus varus
Darmdrehung
141
1 40
- - postoperative
201 202
12
1 40
- Therapie
1 97
74
Czeiei-Syndrom
1 40
1 40
Cholesterinsteine
311
SI
1 99
Crouzon-Syndrom CI-I ndex
1 39
- Steinätiologie
235
Blue Rubber Bleb Nevus Syndrome blutiger Stuhl
Crohnfistel
- postoperative Therapie
1 85, 1 86
- operative Therapie
Crohn-Erkrankung
1 12
- operative Therapie
229
34
I SO
Crohncol itis
1 13
- Labordiagnostik 1 40 - medikamentöse Therapie
229 - Selbsthilfegruppen
329
Cortison, Ösophagusverätzungen
- Differenzialdiagnosen
- Prognose
- Diagnostik
Contusio cerebri, Definition
1 12
- begünstigende Faktoren - Bildgebung 1 40
- Diagnostik 228 - Klinik 228
265
322, 323
- Versorgung
Cholelithiasis
227
Blasenhalsfistel
Condylomata acuminala
- Therapie 1 1 2, 1 1 3 - Typen 1 12
Blase, embryologische Entwicklung 205
siehe Gehirnerschütte-
Condylus-humeri -Frakturen
1 12
- Symptome 295
1 52
rung
1 12
- Pathogenese 111 - postoperativer Verlauf
295
- Tetanusschutz
Commotio cerebri.
44
111
- Karzinomrisiko
295 295
I SO
- Symptome
LI!
Choledochozele
53
- chirurgische ·n1erapie
63
63
Charge-Assoziationen
140
53
53
Colitis ulcerosa
64
- Symptomatik
308, 3 1 9
- Symptome
63
- Nachbetreuung 328
Beinlängendifferenz
- A ntibiose
- operative Korrektur
- Komplikationen
Beckenfrakturen
- Beschreibung - Extremitäten
- Komplikationen, postoperative
63
63
296
- Sprunggelenk 297 - 1l1erapie 297 DMSA-Szintigraphie Doppelniere - Defin it ion
209
- kl i n isches Bild - Prognose
21 0
- ·n1erapie
210
209
220
239
335
Register Doppelnieren
Enuresis
206
Double-bubble-Zeichen
Douglas-Abszess
68
DreiecksschädeL siehe Trigonozephalus
droppingjlower
209
Druckschmerzfreiheit
327 1 78
Ductus omphaloentericus - persistierender 1 78 - - Diagnostik 1 79
- Diagnostik - E in te il u ng
46, 1 38, 1 39, 1 42
237 236
- angeborene ösophagotracheale - - Diagnostik 237
- - Prognose 4 7 - - Symptome 47
262
- Symptome 92 - Therap i e 93
- rektourethrale - - rektobulbäre
232
- TI1erapie
94
34
intercondylica tibiae 1 50
Dünndarm-Crohn - Diagnostik
1 02
- Tibia
- Symptome
I 02
324
- tubuläre
I01
- Definition
- Differenzialdiagnosen
91
- Therapie
eruptives Angiom 247 Escharatomie - In d i kat ion 272 - Schnittführung 273
9 1 , 92
ESIN
91
Duodenostomie
227
Pilomatrixom
91 91
- Ursachen
306
- Oberschenkelschaftfraktur - Radiushalsfrakturen 3 I 5 - S pi ralfrak tur 305
- Dünndarm 101 - Kolon 1 02
- Lokalisation I0I - Magen 1 0 1 - Ösophagus 48, I 00
- Tibiafrakturen
1 03 - Rektum D u rc h w anderungsperi t o ni t i s
1 33
Dysostosis craniofacialis. siehe CrouzonSyndrom
Dysphagie, Öso ph agu sa t res ie
46
E
305, 306
Einmalkatheterismus
237
siehe ESIN
ELBW -Kinder
47
Ell en b ogenlu x ati o ne n
324, 329
321
- Diagnostik
299
- epiphysäre
321
325
- H umerus
301
F
252
310
- Nachbeh a n d l u n g
300
- Oberarm 300, 30 I - Oberschenkel 304-306 3 1 3, 3 1 4
- - Versorgung - Radiushals
194
30 I
314
- Ruhigstellung
30 I
- Schlüsselbein
328
- Schweregrade 297 - seltene 328, 329
1 94
1 84
- Tibia
1 86
Feigwarzen. siehe Condylomata acuminata Femu rfrakturen - d is tal e M e tap hyse 3 1 8 - proximale Metaphyse 3 1 6 F e m ur ko p fne k ro sen 3 1 8 Feuermal
310
- m e tap hys ä re
- Olekranon
Ferguso n - H ämorrhoidektomie
297-300
- pathologische 3 0 I - - Prognose 30 I
- anorektale - - Analatresien 1 84 - - Begl eitfeh l bil dun gen 1 86 - - funktionelle Ergebnisse nac h
- - männliche
1 69
- Femurmetaphyse
- Unterarmschaftfrakturen
- - weibliche
ch ro n isch - entzü n dli c he D a rmer k ra n kungen I SO 147 - F re mdkörpe r i n ges t io n e nd o skop i sc h re t ro g rad e C h o l a ngi o pan k rea ti kographic 1 4 0
297
- Condylus humeri
- Fuß
- Unterschenkelschaftfrakturen 307, 309 extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO), I ndikat i o nen 64, 85
324 - Ko m pl i k a ti o nen
E n d os ko p i e
Frakturen - AO- Klassifikation
- G rundlagen der ·n1erapie - Hände 325
Korrektur
285
Folsäurestoffwechel, Neuralrohrdefekte 17
318 - - proxi m al e 3 1 6
320
- - Kloake 191 - - K lo ake n eks trophie
323
329
Fixateur interne
flottierender Doppelfinger
- U n terarmfrakturen am metadiaphysären Übergang 3 1 7
Eminentia in t e rco ndy li c a t ibiae - Ausrissfraktur 323
Eminen tia- i n t ercond ylaris- Abriss
317
- Unterarmschaftfrakturen 304 - Unterschenkelfraktur 308
- - distale
Fehlbildungen
elastisch-stabile intramedulläre Nagelung.
3 1 2, 3 1 3
Fowler-Stephens-Operation
- Humerusfrakturen 3 1 0, 3 1 1 , 3 1 2 - Oberarmschaftfrakturen 3 0 I , 302
92
Duplikaturen, gast r oin test ina l e - Definition 1 00
-
Üb e rgang
- 1l1erapie 228, 229 E pi thel i oma calcificans Mal herbe. siehe
- D iagno st i k , prä natal e
198
300
- Humerusfrakturen
I 02
- Begleitfehlbildungen
Fistelotomie, Analfisteln
- Mehrfragmentfraktur 306 - Unterarmfrakturen am metadiaphysären
- TI1erapie
Duodenalatresie
1 85
1 86
Fixateur externe
323
Epiphyse 297 Epispadie-Ekstrophie-Komplex
- zystische I 0 I , I 02 Dünndarmvolvulus 97
1 85
- rektovestibuläre
- Condylus h umeri 32 1 - Klassifikation 3 2 1
D ünn d arm d upl ika t ur
1 85
1 85
- - rektoprostatische
37
epiphysäre Frakturen - Ausrissfraktur der Eminentia
92
1 84, 1 86, 1 87
- rektoperineale
- - Korbhenkelform
Epiduralhämatom
93
1 98
Fisteln
232
- Therap i e
47
- - Therapie
Fistelektomie, Analfisteln
263
Epididymitis
92
47
47
- - Inzidenz
16
Epidermalnävi
329
Fistel
- - medikamentöse
- Prognose
92
- postoperativer Verlauf
- Ursachen
- Prognose - TI1erapie
327
Fingergelenkluxationen
234
236
epidermale Zyste
Dünndarmatresie - Beschreibung
- Kennzeichen
Enzephalozele
1 79
Dumping-Syndrom
- Nachbehandlung
236
- Differenzialdiagnose
72
326
Fingerfrakturen
Epicondylus ulnaris - Ab riss 322
1 79
- - Symptome - - Therapie
234
- Diagnostik
1 19
Down-Syndrom
Fibrinolyse, Indikationen
- Defi n it io n
90
201
3I 9 - - proximale 3 1 9 - Tibiaepiphyse, distale 324 - U nterarm 3 1 4-3 1 6 - Untera rm m eta p h ys e, distale - Unterschenkel 307-309 - Versorgung 299 - - distale
- Wachstumsstörungen
300
314
336
Register
free pin placement
308
Fremdkörperingestion 5 1 , 1 45 - Behandlungsindikation 1 46, 147
1 48
296
296
frontoorbitales Advancement
15
1 38
- Hämangiome 245 - kaposiformes Hämangioendotheliom
- Tufted Hemangioma
138
Funikulolyse
171
G Galeazzi-Fraktur
297, 300
Gallenblasen-Sludge
Gallengangfehlbildungen-Choledochuszy-
1 1 1-1 13
- Anatomie d er Leb erpfo rte - Diagnostik I I0 - Pathogenese
1 10
111
- postoperativer Verlauf - Prognose
111
111
247 247
250
24 7
297
Hämatochezie
201 34
Gehirnerschütterung, Definition 34 Genitale, Fehlbildungen, Einteilung nach
- subdurales 34, 35 Hämatothorax 70, 3 3 1
Prader 238 Geschlechtsentwicklung, Störungen der. sie-
Hämorrhoidektomie nach Ferguson
Geschlechtszuweisung
Hämorrhoiden
gianl omphalocele
1 75
G i lchrist-Verband
Gallengangsatresie
Hämarthros Hämatom - epidurales
he Disorders ofSex Development (DSD)
141
Hämangiomatose
- Ditrerenzialdiagnose
251
- nach Nissen
245
- benigne neonatale
248
245
248
- Verlauf
Gefäßtumoren
Fundoplicatio
sten
- "n1erapie
255
252
Therapie
51
Fremdkörperverletzungen
- partielle
- Rückbildungsstadien - segmentales 246
252 255
Gefaßmalformationen, angeborene,
147
Fremdkörperingestioneil
247, 2 5 1
250
- rapid involuting congenital hemangioma 247
254 252
- - Diagnostik - venöse
1 46
- Antibiose
- Diagnostik
- kombinierte
- standardisiertes Vorgehen - Therapie
- Prognose
253
- Klassifikation
1 46
- Symptome
- nichtdeterminiertes
- arteriovenöse - kapilläre
1 45
- Beschreibung - Diagnostik
Gefäßmalformationen
1 66
200
200
- Diagnose
200
- i nnere 200 - pa t holog i sc he Mechanismen
33, 35
- Therapie
Gonadendysgenesie - gemischte
239
Handfehlbildungen, angeborene
- komplette
239
- Kl assifikation
GPOH - M ET
31
- - Swanson
283
Grisel-Syndrom
26
Gallensteine
Grünholzfraktur
300, 302
- Definition
297
- Pollex flexus congenitus
- Unterarm
303
- Polydaktylie 284 - Sch n ürring-Komplex
- Spontanauflösung - Zusammensetzung Ganglioneuroblastom - Diagnostik - - CT 60
- Versorgung
141 1 40 60
60
- - Röntgenaufnahme Ganglioneurom 29, 60 - Diagnostik 60 - Symptome
60
- thorakales
61
60
- Behandlungskonzepte - beidseitig 79
1 37
- Komplikationen
1 38, 1 39
- konservative Therapie
1 37,
Haller-Index 74 Halo-Nävus 262
- Operationsverfahren
138 1 39
- Prognose - 1l1erapie - Ätiologie
- Pathophysiologie
- Diagnostik
1 35, 1 36
- postoperative Ergebnisse
23
- Symptome
1 36 87, 1 3 6
Gastroschisis
9 2 , 1 73 1 73
- Sonogramm
1 75
- 1l1erapie - - postpartale
1 76
24
24
23
- Differenzialdiagnose 23
- abortives
- lokalisiertes
224 205
214
H arnwegsinfektion - rezidivierende 2 1 0, 2 1 7
- s.a. vesikou reterorenaler Reflux
213
23
- D e rm a i d z ys t en 263 - ep i de rmal e Zysten 263 - neurogene
264
- Pilomatrixom
263
246
He rn ia i ngu i n a l i s . siehe Leistenhernie Hernia um b i l ica li s . siehe Nabelhernie
248 246
209
- s.a. Nävi. Siehe Heller'sche Myotomie 50 H e m it h yreoid e k t um ie 3 1 Hepatoportoenterostomie nach Kasai
247
- Komplikationen
Harnleiter 2 1 2 - Doppelbildung
23
- "n1erapie 23 Hämangiom - Diagnostik
236
237
Hauttumoren
23
- K om p l i ka t ion e n
- 1l1erapie
Hauttransplantation 2 7 1 - N achbehandlung 2 7 3
24
- klin ische Befunde
1 39
237
- psychogene 235 - strukturell bedingte
- Sonographie
Halszyste, mediane
- operative Verfahren 46 - Ö sophagusatresie 46
234
Harnwege, ableitende - embryologische Entwicklung
23
- Diagnostik
79
79
Harnröhren mündung
- intraoperatives Bild
1 38
- Operationsindikation
- Defi nition
- P rognose
79
- Ätiologie
287
- funktionelle
Halsfisteln, laterale
1 37
287
285
- Di trerenzialdiagnose 236
- - U rsachen 79 - Definition 79 - einseitig
285
Harninkonti nenz - Definition 234
79
H
- diagnostisches Instrumentarium
- Ursachen
- Syndaktylie
- physiologische pubertäre - Ursachen 79
1 35
- Diagnostik
302
- Klassifizierung nach Tanner - Laborwerte 79
gastroösophagealer Reflux - Definition
- - Temtamy 283 - Operationstechniken
Gynäkomastie
200
200
- Symptome 1 1 0 - Therapie 1 10 - Pathogenese 139, 1 40 - s.a. Cholelithiasis 1 39
200
20 1
- äußere
30 1 , 3 1 0
Glasgow Coma Scale
G l e ith o d en
239
Hämorrhoidalpolsterthrombose
1 10
Register Hernie
H odennekrose
- Bestandteile 1 56 - Definition ! 56
H odensonographie, Indikation Hodenszintigraphie, Indikation
Hernien
23 1
- Einteilung 1 56 - epigastrische
Hodentorsion - Prognose 232
- - Diagnose
- TI1erapie
1 63
- - TI1erapie
Horner-Syndrom
- Formen
1 56
- - Symptome
- subkapitale
- - Therapie 1 64 - s.a. Leistenhernie, Narbenhernie, Zwerch-
- - Symptome
1 63
H i atushernie
1 3 6, 1 38 66, 67
h intere HarnröhrenklappeiL siehe Urethralklappenkrankheil Hirnödem, posttraumatisches H irnparenchymblutung
- Entlastung
1 93
- Inzidenz
- Diagnostik - - Röntgen-Kontrastun tersuchung - diagnostische Trias
108
- Komplikationen
- Einteilung 1 07 - frühsymptomatischer Verlauf 1 07 I I0 - Operationskomplikationen - Operationsverfahren I I0
- - laparoskopisch assistiert - - nach de Ia Torre 1 09
- Prognose
- - operative Maßnahmen
1 08
1 07, 1 08
- Definition - Diagnostik - Formen
7
- - ä t iologische Einteilung
- posthämorrhagischer
Hodenektopie - Ätiologie - Diagnostik
1 69
- Formen 1 66 - H ormontherapie
1 67
jejunalatresien
20
1 68
1 69
94
- U rsachen
12
juvenile Knochenzyste - Diagnostik - Klinik
38
- Defin i tion
224
- I nzidenz
224
274 275
274
- Prognose
62
Hypertrichose, Spina bifida Hypospadie 1 68, 224
57, 58
- Differenzialdiagnose
7
- Diagnostik 226 - Formen 225
- Prognose 1 73 - sekund�irer 167 - l lJerap ieplanung
II
277
- prozentuale Verteilung - TI1erapie 275
Hygroma colli 258 Hymenalatresie 237
1 67
1 29
jejunale I n terposition
- zystisches 1 70
131
1 31
245
9-10
Hygrom
- körperl iche A u fHlligkeiten - operat ive ·n1ernpie 1 70
- primärer
- Ursachen
- lllerapie
Ursachen
1 67
129
Involution
Hydrozephalus interner,
165
- Einteilung
- Klinik
1 65
1 65
- Definition
9
11
- shuntpflichtiger
1 65, 166, 167
130
- Repositionsmanöver - Symptome 1 29 - TI1erapie 1 30
7
- - TI1erapiekomplikationen - Prognose
1 30
- postoperative Maßnahmen
7
7-9
onen 64, 85 Hodenatrophie
1 70
1 29
- Komplikationen 132 - Operationsindikation 131
- Komplikationen II - Operationsindikation
173
37
1 29
- l nzidenz
7-9
H is-Winkel 1 35, 1 36 Hochfrequenz-Oszillation ( I-I FO), Indikati-
Hodenbiopsie, Indikationen
299
- Dilferenzialdiagnosen
7
- klinisches Bild
37
Invagination
Hydrozephalus
- interner
37
Intrazerebralhämatom, Tilerapie
161
- Diagnostik
38
36
intramedulläre Nagelung
- Drai nage 10 - externer 7
- - nach Swenson I 08, 1 09 - postoperativer Verl a u f 1 1 0
Hodenhochstand
- Zielbereich
1 62
161
- Defin i tion
I 08, 1 09 1 09
- Messung, invasive
1 62
- TI1erapie
- - Maßnahmen bei therapierefraktärer Erhöhung 37 - - therapeutische Maßnahmen
161
- Symptome - testis 1 58
34
- erhöhter 2 13
161
- Pathogenese
I 07
- verzögerte Verlaufs form
Development (DSD)
- Diagnostik 161 - funiculi 1 58, 1 6 1
107
1 32
intrakranielle Verletzungen intrakranieller Druck (ICP)
H ydrozele
34
1 34
- Ursachen
310 1 92
1 33, 1 34
I n fraktion 300 Intersexualität. siehe Disorders ofSex
31 1
Hydronephrose, Ursachen
37
H i rschsprung-Kran kl1ei t
- - nach Duhamel - - nach Rehbein
310
Hydrokaipos
1 32
- - Therapie
311
310
1 34
- postoperative Tilerapie 1 35 - Symptomatik 1 32, 1 33
311
H u merusfuge
36
131
- mechanischer
311
- - Versorgung
high-output cardiac failure
- Beschreibung
- Definition
- - OP-Indikationen - - Prognose 3 1 2
160
ICP-Messung, invasive
- Diagnostik
- - Versorgung 3 1 0 - suprakondy1äre 3 1 0
- - Kontrollen
- - Therapie Herniotomie
- - nach Soave
310
- - Klassifikation - - kl inisches Bild
1 63
224
- Appendektomiekomplikation 1 24 - chronisch-rezidivierender 135
310
- - Diagnostik
1 57
- supraumbilikale 162 - - Komplikationen 1 63
- - nach Snodgrass 227 - Operationsziele 226
Ileus - Akuttherapie
310
- - Diagnostik - - Kontrollen
1 64
1 63
226
224
Ileo-Aszendopexie
H ühnerbrust. siehe Kielbrust
- - Diagnostik 1 64 - - Komplikationen
fellhernie
60
58, 60
H umerusfrakturen
1 63
- Korrektur
231
Hodgkin-Lymphom 59 - risikoadaptierte TI1erapie
- innere
231
- Ursachen 225 Hypospadie penis
- - Prognose 1 63 - - Symptome 1 63 1 63
- kl i n isches Bild
162
337
18
275
K Kahnbrust. siehe Kielbrust KahnschädeL siehe Skaphozephalus kaposiformes 1-lämangioendotheliom Kasabach-Merrit-Syndrom
251
25 1
=
Register
338
Katecholamine, Indikationen
I 02, I 03
- zystische
1 04
Laryngotracheoskopie
kaudales Regressionssyndrom, Analatresie 1 84
- - Symptome
Kawasaki-Syndrom
- Operationsergebnisse
Keimzelltumor
28
59
Kephalhämatom
38
Kibitzei-Nävus
- retrosternal
54
- transpleural
54
Kielbrust
- Indikationen
- Beschreibung
- Prophylaxe
55
- Diagnostik
1 30, 1 5 1
- Risiken
78
- Pathogenese 78 - Symptome 78
Leiomyomatose
Kindesmisshandlung - s.a. Schädel-H i rn-Traumata - Schädel - H i rn-Trauma 3 5
1 -3
- Einklemmung
99
- l nzidenz
1 00
Kolostomie, Analatresie
1 88, 1 8 9
- abdominelles
- Symptome
- Komplikationen
- Therapie
- Schema
kongenitale Ös oph agus s te n os e ,
- Tibiafrakturen
Klavikula-Stückfraktur Klinefelter-Syndrom
Kloakenekstrophie
194- 1 96
- Begleitfehlbildungen
1 95
- klinisches Bild 195 - operative Korrektur
1 94
229 1 95
- Verlauf
1 96
Kloakenfehlbildung - Diagnostik
191
1 92- 1 93
- Komplikationen
1 94
- operative Korrektur
1 93
- PSARVUP 1 93 - Symptomatik 1 92 Knochenzyste, juvenile Knochenzysten - aneurysmatische -juvenile
277
274
- Diagnostik
99
- komplette
1 00
- Prognose - Risiken
- Symptome - Therapie - Ursache
1 02 1 02
I 02
- - Diagnostik
1 02
- - Symptome
102
- - Therapie
- Symptomatik - Tl1erapie
1 03
65 65
64
65
63, 65,
Lobektomie, I nd i kationen
- Komplikationen 16 - Pathogenese 12
Jung to head ratio (LH R)
- Therapie
- Diagnostik
79
Kryptektomie, Analfisteln 1 98 Kryptorchismus 1 65, 1 67, 1 68
- 1l1erapie 72 - - Stufenkonzept
Kurzdarmsyndrom
Lungenfeh lbildungen, angeborene
94, 97, I 02, I 06, I 07,
Labiensynechie Laparoschisis
- 1l1 erapie
72
- lobäres Emphysem 62 - Lu ngensequestration 62
L
- Prognose
66
84
Lungenempyem
1 4- 1 6
- M ittellappensyndrom
1 73 1 75
I 73
- lobä res Emphysem
64
- Lungensequestration - M i t tellappensyndrom
I 75
65 67
- zystisch-adenomatoide M a l formation
I 74
(CCA M )
173
62
Lungcnhypoplasie, Zwerch felldefekt Lungenkontusion - Diagnostik
66
- Komplikationen
I 75- I 77
- Tl1erapie
I 76
laryngeotracheale Spa l t e . siehe Cleft-Syn drom Laryngoskopie, I n d ikationen
33 I
Lungensequestration
I 77
I 77
- - postpartale
62
- zystisch- adeno m at o ide Malformation Lun ge n fe hlbi ldungen , kongenitale 85
238
- postoperativer Verlauf
Kolonduplikatur - tubuläre
Kraniosynostosen
- Ätiologie
65
64
- Nachbetreuung
- klinisches Bild I 75 - Nachsorge I 78
99
- der Appendix
- Diagnostik
- Diagnostik
99
lobäres Emphysem, Röntgenaufnahme lobäres Emphysem, kongenitales - Ä tiologie/Pathogenese 64
- D i ag n ost i k 12-14 - klinisches Bild I 2- 1 4
- l nzidenz
99
I0
I0
- Komplikationen
- Definition
I 00
10
I0
Kraniostenose 12 - Diagnostik 1 4
- Begleitfehlbildungen
I 00
305
Kraniektomie, bilaterale parasagittale
- Aufklärung
Kolonatresien
296
Korkenzieher-Phänomen
1 64 30 I
- atriale Ableitung
- Ventilsysteme Liquorzyste I I
I 5, 1 6 1 95
264
Liquordrainage
- periphere Ableitung
296 331
- Versorgung
1 95, I 96
- Fehlbildungssspektrum - Inzidenz 194
- Therapie
- Lungen-
224
264
264
- Optionen
Krampfaderbruch. siehe Varikozele
1 94
- verdeckte
2 96
- Diagnostik 252, 255
Lipom
Liposarkom
bäres Emphysem, kongenitales Kontusionen
Klippei-Feii-Syndrom 26 Klippe!-Trenaunay-Syndrom Kloake, persistierende 1 86
- Diagnostik
mation. siehe CCAM
328 239
1 66
Lichen sclerosus Lipoblastom
48
kongenitales lobäres Emphysem. siehe lo-
328
! 58 ! 59
Leistenhoden
kongenitale zystisch-adenomatoide Malfor
320
Klavikulafrakturen
- Ät iologie
3I6
322
321
Klassifikation
326
1 73
1 57
1 60
Kondylus-humeri- Frakturen
- Humerusfrakturen
- metaphysäre Unterarmfrakturen
! 58
- mit Hodenhochstand
- peri-/postoperative Komplikationen
307
86, 1 77, 1 78
Kirschner- Draht -Osteosynthese 299 - Epicondylus-ulnaris-Abriss 324 - Fingerfrakturen 326 - Metakarpale-Frakturen
1 58
I 58, I 60
- Pathogenese
304
Kompartmentsyndrom
3 1 1 , 3 1 2, 3 1 3
1 58
- Di fferenzialdiagnose
Kompartmentrisiko 32
1 57
- Diagnostik
I 00
- und NEC
Kinderchirurgie, Besonderheiten
I I I,
50
Leistenhernie
1 00
- Therapie
I I0
Lebert ransplantation, Indikationen 1 13
1 07 99
- Prognose
79
- Operationsindikation
I9
II
Leberpforte, Anatomie der ! I I Leberstanzbiopsie, Indikationen
Kolonstenose
77
78
- Nachbetreuung
54-55
Kolon-Kontrasteinlauf
262
- Diagnostik
Koloninterposition
44
Latexallergie - Neuralrohrdefekte
I 02
50
67
66
Lungensequestrationen - Ä t iologie und Pathogenese - ext ralobäre
66
- - Rönt gen a u fnah me
67
65
84
62
339
Register - - Ultraschall
67
- P rognose
96
- intralobäre
66
- s.a. Volvulus
- Symptome
66
- T herapie
Luxationen
- Typ I
325, 329
- Ellenbogen
324 27
- - klinisches Bild - - Prognose 29
McBurney-Punkt 1 19 Meatotomie, Indikation
29
Meckel-Divertikel
- akute reaktive
27
- - klinisches Bild
- Definition 28
Lymphadenitis colli
27
rung
29 29
Lymphadenopathie, chronische - Diagnostik - Ursachen
28
28
Lymphangiom - Beschreibung
6 1 -62 61
- postoperative Komplikationen
62
- zystisches
I 03
- Klassifikation - lllerapie
1 25
257 258
M afucci-Syndrom 255 MAG-3-N ierenszintigraphie
2 1 4, 220
Magen -Darm-Blutungen, Differenzialdiagnose
201
- Klassifikation
Magen-Darm- Passage, obere Magenduplikatur - Diag no stik
I0I
- Komplikationen
- Tibia - - distale
59, 60 58
101
59
- Frakturen
Magen schlauc h pl as tik 55, 56 Maldescensus testis 1 67
212
onen
- Lokal isationsfrequenz - s.a. Hodenhochsland
1 67 1 65
191
215
94 95 - Pathogenese 95
- postoperat iver Verlauf
96
213
pische
304 308 209
98
- Ätiologie
62
67
- Diagnostik - - CT
68
68
- Komplikationen - Therapie 98
67
68
68
Mollusca contagiosa 99
99
Monteggia-Fraktur 304
265 297, 300, 302,
Morbus Bean 255 Morbus Crohn 197
- Überlebensprognose 99 - und Mukoviszidose 98
201
68
- Symptome
98
melanozytäre Nävi - erworbene 26 1
327
Mittellappensyndrom
98
26 1
74
Mittellappenresektion, thorakosko-
- Mukoviszidose 98 - pos t o p era tiver Verlauf
- Histologie
316
Minimal lnvasive Repair of Pectus excava tum (MIRPE)
- klinische Zeichen
Meläna
1 80
Mini-Fixateur
Mittelfußfrakturen
Mekoniumpropfsyndrom M el a ena spuria 20 I
- Diagnostik
213
- Schwe regra d e 2 1 3 - Therapie 2 1 5
- T hera pi e
214
Miktionszystourogramm, Indikati-
- Versorgung 306 Meier-Weigert'sche Regel
56
236
Miktionszystourethrographie
- Klassifikation 2 1 3 - primär obstruktiver (POM)
- Diagnostik
152
1 68
Miklionsprotokoll
1 07
Mehrfragmentfrakturen
Mage n i n t erpo sitio n 56 - Operat ionsergebnisse 56 - technische Aspekte
Mikrophallus
58
3 1 4, 3 1 5
297
Metronidazol, I ndikationen
Megakolon, toxisches
Mekoniumileus
319
- Unterarmmetaphyse, distale Metaphyse 297, 3 1 0
58
- Definition
313 314
319
- - proximale
Mehrfragmentbrüche
Magenin te rposi t i o n
Malrotation - Defi n i t ion
1 37
310
- Olekranonfraktur - Radiushalsfraktur
59
- Ursachen
I0I - Symptome I0I - TI1 er a p ie Magenhochzug. siehe
Mal011e-Stoma
60
6 1 , 62
- Prognose
326
310
- Humerusfraktur
17
- Keimzelltumor
Megaureter - Definition
1 04
1 04
- - subkapitale 3 1 0 - - suprakondyläre 3 1 0
- Raumforderungen
M
1 03
- lllerapie I 04 Metakarpale-Frakturen, Versorgung
- Lymphangiom
- Anatomie 69
- Beschreibung
- Symptome
Mediastinum
- Ursachen 27 Lymphom 59, 60 Lymphoszintigraphie, Indikationen
19
Mesenterialzysten - Diagnostik 1 03 - postoperativer Verlauf
58
- Thymom 59 - T-Zell-Lymphom
27
- Therapie
18
- Femurmetaphyse - - proximale 3 1 6
- Abklärung, Kriterien
- s.a. Lymphadenitis, Lymphadeno-
19
- Symptome 1 26 - Teerstuhl 20 I
- Symptomatik
29
- Prognose
metaphysäre Frakturen
- Lymphom
254
18
- Operationsindikation 127 - operative Verfahren 1 27 - postoperative lberapie 1 28
Lymphknotenschwellungen
pathie
127
- Differenzialdiagnosen 1 27 - Histologie 1 26 - intraoperatives Präparat 1 79
- Diagnostik
- postoperative Komplikationen
91
92
- klinisches Bild
- Ganglioneuroblastom - Ganglioneurom 60
254
Membranatresien - lllerapie
- Diagnostik
Mediastinaltumoren - Definition 58
lymphatische Malformationen - Diagnostik
1 24, 178
Meckel-Gruber-Syndrom
- Symptome 62 - 1l1erapie 62
262
261
Meningomyelozele 1 03 Meningozele 1 6, 1 8
226
- Komplikationen 1 26, 1 2 8 - Lokalisation 125
27
28
- klinische Präsentation
74
1 24, 1 78
- Inzidenz
- MRT 28 - Operationsin d ikation
- Typen
79
- diagnostischer Stufenplan
- I ndikationen zur histologischen Abklä-
260, 2 6 1
- Sonderformen
95, 96
Mastektomie, Indikationen
28
260
- Melanomrisiko
Marfan-Syndrom, Trichterbrust
- akute infektiöse
- - Therapie
- - Eigenschaften
95, 96
- Typ I l
Lymphadenitis
96
- kongenitale
95
98
- anatomischer Befall - ch i rurgische Therapie I SO - Symptome
1 49 1 52
Morbus Hirschsprung. siehe H irschsprung Krankl1eit Morbus Recklinghausen. siehe Neurofibro matose Typ I
340
Register
Mora-Reflex
- orthopädische Betreuung
328
Mukosektomie, Indikationen M ukoviszidose - Mekoniumileus
1 02, 1 03
- Prognose - Therapie
m u lt i ple endokrine Neoplasie ( M EN)
- MEN-2 31
- - Therapie nach Risikostufen
Myelomeningozele - Diagnostik - gedeckte
32
18
N Nabelbruch 1 62 Nabelerkrankungen. siehe Ductus omphalo entericus, persistierender; Meckel-Diverti kel Nabelhernie
1 57
- Prognose
I 62
- Symptome
Naevus fla mmeus
252
Naevus sebaceus
205, 206 205
29 3
Nagelkranzfraktur
N agelkranzfrakturen I57
262
259
- nichtmelanozytäre
262
Navicularefrakturen
327
Non-Hodgkin-Lymphom 68
- Folgen
104
I 05
I 04
- konservative Therapie
- Laborparameter
I 04
- Operationsindikation - operative "Therapie
106
I 06
- postoperativer Verlauf - Risiken -
1 06
- Spätfolgen
I 07
- Symptome
1 04
- Th era pi e
lung
I 06
- kons e rva t iv e Th era p ieo pt ionen
- Folsäurestoffwechel
17
17 - gen e tisch e Faktoren - klinisches Bild 1 7 , 1 8
305
- Kompli kat i on e n
20
304
69
Ohr, normale Anatomie
21
22
22
21
- operaralive Vers orgu n g - - Komplikationen
43, 44
- E inteilung 43 - Ko m p l i ka t i on e n
44
46
22
- - Versorgung
44
- - Versorgung - m o n tre a l 47
45, 46
- l a ngs t reck i gc
304
305
- - präoperativ
- D i a gn o stik
44
- kurzstreckige
Octreotid, Indikationen
- Diagnostik
304
305, 306
- Befunde - - po sto pera ti v
43-47, 1 3 8
- Begleitfehlbildungen - Definition 43 - Di ffe renzi a l di agn ose n
306
Ohrknorpeldeformitäten 17
58
304
Oberst'sche Leitungsanästhesie
N e ural r oh rde fekte
49 50
Ösophagusatresie
30 1
50
50
49
- 'Jl1erapie
- Kompartmentrisiko
- Kontrollen
49-50
- Symptome
Oberschenkelschaftfrakturen
- Versorgung
17
- D iag n ost i k
- S tadien
30 I
- Komplikationen
49
- Diagnostik
300
obere E i nflussstauung, Ursachen
52
onen 49 Ösophagostomie, kolla re , Indikation
- Komplikationen
- Pathomechanismen
Nephroblastom 1 68 Neuralrohr, n orm a l e embryonale Entwick-
49
- Differenzialdiagnose
- Overhead-Extension
1 06
kungen 1 50 Ösophagogram m
- Definition 300
30 I
- Nachbehandlung
I 06
segme ntal e
51
301
- - Prognose
- Klassifikation nach Bell
98
0
- - Versorgung
231
171
Ösophagusachalasie
- Pathomechanismen - undislozierte
99
13
ösophagostenose, kongenitale, Komplikati-
Notfalllaparotomie, Indikationen
- Kontrollen
lOS
- - Ultraschall
59, 72
Noonan-Syndrom
- - Versorgung
- - Röntgen
1 76
- Stenose 48 Ösophagoskopie, Indikationen
85
N otfallthorakotomie, I ndikationen
I 04
207
- Achalasie
- Ätiologie
- Beschreibung
- - postpartale Opitz-Syndrom
Orchiektomie 1 72 Ösophagitis, endoskopische Stadien 137 Ösophagogastroduodenoskopie 1 27, 1 3 7
206
209
Oberarmschaftfrakturen - instabile, dislozierte
I 04
1 78
- bei chronisch-entzündlichen Darmerkran-
Nävu s Spilus 262 nekrotisierende Enterokolitis
- Diagnostik
205
207
NO-Beatmung, I ndikationen
Näv i - kinderchirurgische Aspekte
1 75
1 79
Orchidopexie
206
207
N ierenzysten
326
173
Orchidolyse 1 7 1 Orchidopathie, sympathische
N ierendegeneration, m ulti zy st isc he
- Einteilung nach Potter 207 - Einteilung nach Zerres/Waldherr
263
- melanozytäre
- embryologische Entwicklung
- Diagnostik
- I nzidenz
- Therapie
209
- Lage- und Fusionsanomalien
- Ätiologie
1 62
Narbenhernie
Nieren
N ierenerkrankungen, zystische
1 62
157, 1 62
- Nachsorge 1 78 - postoperativer Verlauf
214
N ierendysplasie, kongen itale
1 62
1 74
- gedeckte
- kl inisches Bild
209
1 75
1 73
- Diagnostik 1 94
208 Nierendysplasie, zystische
162
- Pathogenese
- Definition
264
- Doppelbildung
1 75
- B egleitfeh lbi l dun gen
61
61
- Doppelbildung
1 74
- Aufklärung
neurogene Blasenstörung Niere
1 8, 1 9
286
1 74
- Ät iologie
61
- Sonographie
- Therapie
Omphalozele
- Typ I - - D iagnosekriterien Neurofibrome
19
- Inzidenz
Oligosyndaktylie
61
- - Ursachen
9, 1 6
19
- klinisches Bild
OK- 432 - Therapie 258 Olekranonfrakturen 329
61
- Di ag n o st i k - Therapie
- - genetische Diagnostik
formi t ä t en
17
Neurofibromatose
98
21
- - nach Mustarde 2 1 Ohrknorpeldysplasien. siehe Ohrknorpelde-
1 9-20
Neurofibrom
- und Mekoniumileus
- operative Versorgung
20
19
20
- s.a. Spina bifida
99
- Rektumprolaps 1 99 - Schweißtest 98
- offene
- präpartale Versorgung
293
- M o rb i d i t ä t
46
- M o rt a l i tät 47 - o pe ra ti v e K o rrek t u r - Prognose 46
44-46
- Risikostratif1zierung 47 - - Mo n trea l 4 7 - - W a te rs to n 4 7 - Sy m p t o m e 43 Ösophagus-Ciearance 1 36 Ös o ph ag u sd u p l i ka t u r 4 8
45
341
Register - Diagnostik
I 00
- Sonographische Merkmale
- Komplikationen - Lokalisation
- Therapie - Torsion
101
I 00
- operative Versorgung - Symptome 1 00 Ösophagusersatz
- Koloninterposition
heiten
51
- Therapie 52 Ösophaguskarzinom, Risikofaktoren Ösophagusmanometrie 1 37
Ösophagusstenose 1 37 Ösophagusstenose, kongenitale - Diagnostik
48
- - Ösophagogram m
- Prognose
48
- Beschreibung
- ll1erapie
50
- Schweregrade
- Symptome 50 - Therapie 50, 5 1 Osteomyelitis, akute hämatogene 279
28 1
279
10 I
1 12
223 224 255
1 42
Parrier-Traumen
302
Patchinfektionen
86
Patellafrakturen
328
Patellaluxationen
siehe
1 33 224
Ovarektomie
- Therapie
1 45
- 'l 11erapie
1 45
Ovarialtumoren - Operationsindikation - postoperative ·n1erapie - s.a. Ovarialzysten 142 - Symptome
1 99
144
145
1 97
Peritonitis 3 3 1 Pfeiffer-Syndrom
90
Polysyndaktylie
286
polyzystische Nephropathie - autosomal-dominante (ADPN) 208 - autosomal-rezessive ( A RPN) 207 282 282 283
- Therapie
282
222
36
1 2, 1 3, 26
- Röntgenbild 15 - 'l11erapie 14
Pouchitis
215
1 52
Präputiumschürze
224
51
51 230
1 52
Proktokolektomie, Indikationen Proleus-Syndrom 255 Prune-Belly-Syndrom Pseudarthrose
69-7 1
! 52
1 65, 2 1 3
299 322
Pseudohermaph roditismus femininus Pseudohermaphroditismus masculinus 239 pulmonale Fehlbildungen. bildungen
293
- Pneumothorax
posteriore U rethralklappen,
Pseudocubitus varus
263
Plagiozcphalus
1 89
Proktokolektomie
246, 248
Pingpong-I m pression
(PSARP)
Prehn'sches Zeichen Prokinerika 1 38
Pleura-/'l l1oraxerkrankungen, erworbene - Pleuraempyem 7 1 -73 144
285
Polyhydramnion
- Indikationen
1 2, 1 3
PHACES-Syndrom
Platzwunden
Ovarialzysten - Klassifikation 142 - neonatale 1 43
285, 287
284
Prednison - Dosierung
1 98
Pilomatrixom
143
- Operat ionsindikation
- Anal-/Rektumprolaps - Analabszesse 1 97
Phimose, Defi n ition pH-M etrie 1 37
1 44
- Definition
Definition
- blutiger Stuhl 2 0 1 - Hämorrhoiden 200 perineale Fistel 1 88
1 45
Ovarialtorsion
68
- Analfissuren
Ovarialteratome 1 42, 144 - postoperative ll1erapie 1 45
Polydaktylie
- assoziierte Syndrome
posteriore sagittale Ano-Rekto-Vagino UretiHo-Piastik (PSARVUP) 1 93
- Analfisteln
- Kirscl111er-Draht 299 - Zugschrauben 299
Pohland-Syndrom 286 Polyalveolarsyndrom 65
Pendelperistaltik
perianale Erkrankungen
299
70 69
posteriore sagittale Anorektoplastik
Indikationen
- intramedulläre Nagelung
71
70
PELVIS-Syndrom 246, 248 Pendelhoden 1 67
- Indikationen 302 - intramedulläre 304 Osteosyntheseverfahren
300
70
- Sonogramm 283 - Symptome 282
Perfusions-V entilations-Szintigraphie,
300
69
- Komplikationen
- Prognose
77
Trichterbrust
85, 33 1
Poplitealzyste
Osteosynthese
- Fixateur externe
- Formen
63
70
- Diagnostik - MRT 283
329
Pectus arcuatum
Penisschaftdeviation
280
Pneumothorax
- Therapie
Pectus excavatum.
279
- Differenzialdiagnosen 280 - Erregerspektrum 279
- Therapie
90
222
Parovarialzysten 50
I OS
Pneumaperitoneum
- Therapie - Ursachen
Parkes-Weber-Syndrom
- Diagnostik 50 - Prognose 5 1
- Prognose
- normale Drehung
- Symptome
Ösophagusverätzungen
63, 64
lOS
63
- Symptome
91
- Definition
Pneumatosis intestinalis
- Nachbehandlung
Paraphimose
48 48
- Symptome
90
Pankreatitis, Ursachen
49
- Diagnostik
90
- Differenzialdiagnosen - Prognose 9 I - Symptome 90 - ll1erapie Pankreas
72
pleurapulmonales Blastom
- Diagnostik
Pankreaspseudozyste
47
- Symptome - Therapie
- Diagnostik
89
- pathologische Drehung s.a. ParKreas anulare 90
48
- Differenzialdiagnose - I nzidenz
1 35
51
72
- Symptomatik
Pneumonektomie, I ndikationen
- Begleitfehlbildungen - Beschreibung 89
52
71
Pneumatozele
I SO
Pancreas anulare
Ösophagusfremdkörper
Ösophagussphinkter, Anatomie
3
l-3
Pancolitis
72
71
- Prognose
pädiatrische Chirurgie, Besonder-
54, 55
- Pathogenese - Phasen
pädiatrische Chirurgie, Be
- Mageninterposition 56 - Magenschlauchplastik 55, 56
- Diagnostik
304, 305
1 2, 1 3, 1 4
p
- Indikationen 46, 49, S I , 54 - jejunale Interposition 57-58
- Leitsymptome
1 43
Oxyzephalus
Pleuradrainage, Indikationen Pleuraempyem - I nzidenz 7 1
Overhead-Extension
100
1 43
1 44
siehe Lungenfehl
Purpura Schoenlein-Henoch, Teer stuhl
201
Pyelographie, I ndikationen Pyeloplastik
212
240
211
342
Register
Pyloromyotomie
89
- m i n i mal-invasive - nach Bianchi
- Diagnostik
89
88
- klinisches Bild
- nach Weber- Ramstedt - Wundverschluss
88
- Prognose
54
87
Pylorusstenose, hypertrophe
Schlitzventrikel
schnellender Daumen
Retentio testis
88
- Definition
Schnittwunden
1 65
88
- s.a. Hodenhochstand
- postoperativer Verlauf
89
Rhabdomyosarkom Rickham-Reservoir
88
- Symptomatik
88
287
Schräg-/Spiralfraktur
300
10
Schrauben-Osteosynthese
Rippenknorpelresektion
Schulterluxationen
73
- Therapie
88
Röntgen-MCU
1 93
Röntgen-Miktionszystourethrographie, Indikation
Quetschwunden
292
R Rachischisis.
siehe Spina bifida
Radialisparese 30 1 Radiusfrakturen, Valgusfehlstellung - Klassifikation - Versorgung
302
- kl i nisches Bild - Therapie 25
24
137 1 85
- Operationstechnik 1 90 - posteriore sagittale A norektoplastik (PSARP) 1 89 Rektomanometrie, I ndikationen rektoperineale Fistel
1 07
1 84, 1 85, 1 86
Rektopexie, posteriore präsakrale rektoprostatische Fistel
1 85
- Operationstechnik
189
rektourethrale Fistel
1 85, 1 88
1 86, 1 90
Rektumbiopsie, Indikationen Rektumduplikatur
1 03
- Differenzialdiagnose
I 03
1 03
I 03
Rektumprolaps
1 99
26
1 86, 1 90
Rektusdiastase
1 64
33-36
200
- Prävalenz
32
- Prognose
13
38-39
- - Therapie
107
- Diagnostik 1 65 - Di fferenzialdiagnose
1 65
1 65
Relaxatio diaphragmatica
1 36
- Prophylaxe
14
325
Skrotum, akutes
229
- Diagnostik 230 - Differenzialdiagnosen - Klinik
230
230
- Therapie
231
- Ursachen
37
12, 13 14
14
- Therapie
34
255
11
- Röntgenbild
34
34
229
Smegmaretentionszysten
223
Somatostatin, I n dikationen
69
Sonnenuntergangsphänomen, Ursache
7
- Säuglings- und Kleinkindesalter, Besonderheiten 32
soziale Kontinenz - Analatresien 1 9 1
- Subduralhämatom
Spaltbildung, laryngeotracheale. siehe CleftSyndrom
- Schweregrade
33
- Kloakenekstrophie
34
36-38
- Therapieziele
36
Schädelindex 14 Schädelprellung, Definition Schaftfrakturen
Spalthautdeckung 34
297
- Versorgung
316
Schiefhals. siehe Tortikollis
- - ll1erapie 31
- Diagnostik
1 6- 1 7
16 1 6, 1 8
- - kl inisches Bild - ·n1erapie
19
18
16
Spiralfrakturen
305
spitze Kondylome. siehe Condylomata acuminata
30
31
Spitz-Nävus
262
Spitzsclüidcl. siehe Oxyzcphalus
32 30
- Dignititätsbeurteilung
47
18
- Entstehung
- U rsachen
32
Schilddrüsenknoten - benigner
69, 70
16
- Definition - D iagnostik
- occulta
- medulläres s.a. multiple endokrine Neopla-
- ·1 herapie
272
Spannungspneumothorax Speiseröhre
- l n zidenz
32
- Risikofaktoren
1 96
- angeborene Engstellung - - s.a. Ö sophagusstenose, kongenitale Spina bifida
Schenkelhalsfrakturen - Komplikationen 3 1 7
- Prognose
1 64
SIDS
66
86
Skaphozephalus
- Risiko intrakranieller Verletzung, Kriterien
Sequestergefuße, Darstellung Serothorax
Skaphoidfrakturen
- Raumforderungen
sie
1 64
87
- Diagnostik
294
295
Shuntinfektion
12
34
1 33
septische Wunden
Servelle-Matorell-Syndrom
- medulläres
1 99
- Beschreibung
32 1
Schilddrüsenkarzinom
Rektumstenose
- Therapie
1 87
- Blutungen
1 38
- Antibiose
SchiefschädeL siehe Plagiozephalus
1 99
- Diagnosestellung
- Symptome
Sakrumagenesie
- Therapie
rektovestibuläre Fistel 1 86, 1 88 - Operationstechnik 1 90
- Definition
1 87
- Kindesmisshandlung
1 36
Refluxszintigraphie rektobulbäre Fistel
13
- Messgrößen und Zielbereiche 37 - prähospitale Beurteilung 34-35
1 36
- ph ysiologischer
- Ursachen
sakraler Quotient
- Epiduralhämatom
233
reactive oxygen species
- Therapie
Toupet
Schädel - Hirn-Trauma
24
Reflux - pathologischer
- Symptome
sentinel loop
- Klassifikation
- Differenzialdiagnosen
Rektu m atresie
s
- schematische Darstellung
24
87
Selbstkatheterismus (CIC) 1 96 Semifundopl icatio nach TI1al oder
Schädeldeformitäten
314
Ranula - Definition
33
38
Schwaiger-Plastik
231
Sandifer-Syndrom
314
- Folgen
300
329
Rotationsanomalien. siehe Malrotation Rovsing-Zeichen 1 19
Salter-Harris-Klassifikation
314
- Röntgenkontrollen
Schürteltrauma
220
Saethre-Chotzen-Syndrom
314
Radiushalsfrakturen
292
64
Pyokolpos
Q
II
288
Schnürring-Komplex
1 65
30
10
Schlitzventrikel-Syndrom
8
- Klinik und Diagnostik - Sonogramm
88
88
Resistenzindex
30
- Prävalenz 30 - Sonographische Malignitätskriterien - TI1erapie 3 1
87
- postoperativer Verlauf
89
Pyloroplastik, Indikationen - Beschreibung
- Feinnadelbiopsie, Stellenwert
87
- Differenzialdiagnosen
30
Spontanpneumothorax
71
Sprachstörungen, Ursachen
25
343
Register sternale Osteotomie Stichwunden Storchenbiss
- Diagnostik
73
252
Stoßwellenlithotripsie
- ! nzidenz
141
Strangulationsileus 1 78 Strecksehnenausrisse 326 Strikturoplastik Subduralhämatom
252
- Prognose
26 26
- Ursachen
35
U nterarmschaftfrakturen
Sudden infant Death Syndrome. siehe SIDS
toxisches Kolon
Swyer-Syndrom
toxisches Megakolon
239
Symbrachydaktylie
- assoziierte Syndrome - bei Spalthand - Formen
(TERPT)
- Operationsindikation - Operationsprinzip - sekundäre
285
286
Syringomyelie
Talgdrüsennävus
263
Tamoxifen, Indikationen
Tapering
79
Teratome
Tethered cord, Symptome Tethered-cord-Syndrom
- - Rehbein
18
- Besonderheiten, altersbedingte - Diagnostik 268 - Nachbehandlung
267
273
- Nachsorge 273 - Neuner- Regel 269 - Pathophysiologie 266 - Schweregrade TI1 era p ie
- - Analgosedierung 270 - - Hauttransplantation 2 7 1 - - Verb a n d st ec h n i k 2 70
'llwrakotomie, I ndikationen
TI1oraxdrainage, Indikationen ·nwraxtraumen 3 3 1 Thymushyperplasie Thymustumor
59
59
Tibiafrakt u r
- distale Epiphyse 324 - distale M e t ap hys e 3 1 9, 320 320. 325
319
295
25 25
21I
2I I
205
- Ätiologie
17
212
215
216
- Diagnostik
216
- Prognose 2 I 7 - Symptome 2 1 6
325
1 7, 44
- TI1erapie
Trisomie 2 1 44, 1 07, 1 10 - Analatresie 1 84
2I 7
Urethralplastik Urharngang.
Tu berosi tas-tibiae- Apophyse,
226
siehe Urachus
Urotherapie
234, 237
U rsodeoxycholsäure, Wirkung
328
!!I
250 V
Tumormarker
- ß-hCG 59 - Alpha-Feteprotein
v.-Waardenburg-Syndrom VACTERL-Syndrom 44
59
siehe Akrozephalus 68 324, 325
u U l l rich -'T'urner- Syndrom U l nafrakturen
212
Urethralklappenkrankl!eit
73
1 2, 1 3
Trisomie 1 3
TurmschädeL
- Prognose - Symptome
Ureterknospe
Trisomie 1 8
/ wo-planefracture
307, 325
Tollwu t i m pfung
86
21 I
210
- Klappentypen
tri-plane fracture 56, 63
210
U reteropyeloplastik
I4
Tu rne r -Sy n d ro m
- tri-plane 325 - / wo-plane 325 - Versorg u ng
77
- lnzidenz
- TI1erapie
Tu fted H em an g i om a
Tibiafrakturen
- Komplikationen
- ll1erapie
Abriss
308
- proximale
77
- Vakuum -Saugglocke
- Varianten
210
- Diagnostik
73
77
Tri gono zep ha l u s
1 79
- Ätiologie
- - späte 77 - Symptome 74
267
Urachussinus
- Definition
- peri-/postoperatives Management 76, 77 - postoperative Komplikationen 77 - - frühe
I 79
Ureterabgangsstenose
75, 76
- Nachbetreuung
I 79
Urachusfistel
Ureter(abgangs)stenose, Ätiologie
- Magnetimplantation
thermische Verletzungen
I8I 1 79
Urachusdivertikel
74
- - Nuss 74 75, 76 - - Ravitch
20, 1 96
1 80
1 80
- Therapie
- Typen
1 80
I 80
- Symptome
294
- Korrektur
- Therapie 59 Tetanusschutz 292, 294, 295
I 79
- Komplikationen
329
- Diagnostik 74 - Historisches 73
59
307
- sonegraphische Darstellung Urachusanomalien - D iagnostik
296
- Ätiologie
287
59
-
292
33 I
- TI10rax-
20 I
- Diagnostik
- persistierender 296
Trichterbrust
Tendovaginitis stenosans
- Definit ion
296 297
- septische Wunden
93, 94
Teerstuhl
Tortikollis - Ä t i o l ogie
- Distorsion
- Luxationen
307
- Therapie 307 Urachus 1 79
295
- Frakturen
- Kontusion
T
307, 308
- Pathomechanismen
330
- frische W unden
20, 26
302
U nterschenkelschaftfrakturen - Komplikationen 308 - Kontrollen
- Fremdkörperverletzungen
285
304
- - Versorgung 46
1 09
- Bisswunden
286
30 I
302, 304
- OP-I ndikationen
- Bauch-
315
- undislozierte
1 07
Trauma
286
- Kontrollen - Re-Frakturen
trans-endorektaler Pul!-through
287
286
285
- komplexe
1 93
1 52
tracheal plug 86 Tracheomalazie, Ö sophagusatresie
286
Syndaktylie
- Diagnostik 30 I - Fehlstellungen 302
28
totale urogenitale Mobilisierung
37
- Definition
- Komplikationen 3 1 5 - metadiaphysärer Ü bergang - Versorgung 302
25
- Therapie
1 68
U n terarmfrakturen, metaphysäre - Diagnostik 3 1 5
27
- klinisches Bild 25 - Komplikationen 27
1 52
Sturge-Weber-Syndrom - 'Therapie
Ulrich-Turner-Syndrom
26
- diagnostischer Algorithmus - Erscheinungsformen 25
292
302
- M o n teggia- Fraktur
- Varusfehlstellung
302 302
239
vaginal switch
17
193
Vaginalersatzplastik, Kloakenfehlbildung 1 93 Vagina-Urethra- Zystoskopie vanishing testis 1 72 Varikozele 1 58, 1 59 - Definition 232 - Diagnostik 233 - I nzidenz 232
1 93
206
344
Reg ister
- Komplikationen 234 - Pathophysiologie 233 - Prognose 234 - Schweregrade 233 - Therapie 233 - Ursachen 232 Ventrikel- Hirn-Index, Sonographische Bestimmung 8 ventrikuloperitonealer Shunt, Komplikati onen 1 1 Ventrikulostomie 1 0 Verbrennungen. siehe thermische Verlet zungen Verbrühungen. siehe thermische Verletzungen V errucae vulgaris 265 verruköse Hautveränderungen - Condylomata acuminata 265 - Mollusca contagiosa 265 - Verrucae vulgaris 265 Verschlusshydrozephalus, Therapie 1 0 vesikointestinale Fissur, Definition 1 7 3 vesikointestinale Fissur 1 74. siehe Kloakenekstrophie Vesikostomie, I ndikation 1 93 vesikoureterorenaler Reflux - Ätiologie 2 1 8 - Definition 2 1 7 - Diagnostik 2 1 9 - lnzidenz 2 1 8 - Klinik 2 1 9 - Langzeitprophylaxe 22 1 - Prognose 222 - Schweregrade 2 1 8 - Therapie 220 vestibuläre Fistel, operative Korrektur 1 9 1 Vielfingrigkeit. siehe Polydaktylie Volkmann-Dreieck 320, 324, 325 Volvulus 93, 1 64 - Definition 97 - Diagnostik 97 - - Röntgenaufnahme 97
- Dünndarm- 97 - klinische Zeichen 97 - Prognose 97 - Risiken 97 - Therapie 97 Vulvavagin itis 238 w
Wachstumsstörungen, Frakturen Wasserbruch. siehe Hydrozele Watson-Jones- Reposition 3 1 7 weiße Lunge 7 1 Whitaker-Test 2 1 5 Wilms-Tumor 1 68 Wirbelfrakturen 329 Wolkenschädel 1 4 Wunden 292-295 - Diagnostik 292 - Versorgung - - Biss- 295 - - Platz- 293-294 - - Quetsch- 292 - - Schnitt- 292 - - septischer 294 - - Stich- 292 Wurmfortsatz. siehe Appendix
300
y
Y-Frakturen 32 1 Y-Roux-Anastomose
111
z
Zehenfrakturen 327 zentralvenöser Druck (ZVD), Zielbereich 37 zerebraler Perfusionsdruck (CPP) - Maßnahmen zur Erhöhung 37 - Zielbereich 37 Zirkumzision - Indikation 223 - Komplikationen 224 Zuelzer-Wilson-Syndrom I 07
Zugschrauben-Osteosynthese 299 - Epicondylus-ulnaris-Abriss 324 - Kondylus-humeri-Frakturen 322 - Olekranonfrakturen 3 1 4 - Schenkelhalsfrakturen 3 I 7 - Tibiafrakturen 3 2 1 , 326 Zwerchfelldefekte - Begleitfehlbildungen 84 - Beschreibung 84 - Diagnostik 84 - - Röntgen-Thorax 85 - Differenzialdiagnosen 85 - Inzidenz 84 - kl inisches Bild 84 - minimal-invasive Korrektur 86 - operative Versorgung 85 - Organreposition 86 - postoperativer Verlauf 86 - pränatale Diagnostik 84 - - klinisches Bild 85 - - Ultraschall 84, 85 - Prognose 87 - prognostische Indikatoren 84 - Risiken 86 - s.a. Relaxatio diaphragmatica 87 - Therapie - - Patchversorgung 86 Zwerchfellhernie 1 38 - Einteilung 1 56 - kongenitale 136 Zystomanometrie, Indikation 2 1 7, 23 1 Zystoskopie, lndikation 220