Parker harpuniert den >Killerhai< Ein Butler-Parker-Krimi mit Hochspannung und Humor von Günter Dönges
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Parker harpuniert den >Killerhai< Ein Butler-Parker-Krimi mit Hochspannung und Humor von Günter Dönges
»Ich bin erledigt und ruiniert«, sagte Robert Fulham mit weinerlicher Stimme, beugte sich vor und schaute angestrengt zu Boden. Er bot das Bild totaler Verzweiflung. »Wie schön«, fand Lady Simpson hingegen. Die stattlich aussehende Dame, die seit Jahren ihr Alter mit etwa sechzig angab, sah ihr Gegenüber interessiert und recht unbekümmert an. Sie war überhaupt nicht beeindruckt, was deutlich zu erkennen war. »Erzählen Sie, Fulham, genieren Sie sich nicht! Ich höre gern gute Geschichten. Und Ihre Geschichte scheint gut zu sein.« Im Hintergrund des Salons hüstelte Butler Parker diskret, aber mahnend, doch seiner Herrin machte das überhaupt nichts aus, denn sie pflegte stets das zu sagen, was sie meinte. Unnötige Rücksichtnahme war ihr zuwider. »Sie finden meine Lage schön, Mylady?« Robert Fulham, etwa fünfzig, korpulent und normalerweise sicher sehr energisch, sah Lady Simpson anklagend und verständnislos an. »Ich habe mich wahrscheinlich nicht richtig ausgedrückt, Mylady. Ich bin verzweifelt, erledigt und ruiniert!« »Nun, das hörten wir ja schon«, antwortete Lady Agatha ungeduldig.
»Kommen Sie endlich zur Sache!« »Kann ich noch einen Whisky haben?« bat Robert Fulham. »Okay, wenn es Ihnen hilft, Mr. Parker, bitte.« Lady Simpson wandte sich kurz zu Josuah Parker um, doch der war bereits in Aktion und servierte Fulham auf einem silbernen Tablett einen Whisky. Butler Josuah Parker war ein mittelgroßer Mann undefinierbaren Alters. Sein Gesicht erinnerte an das eines ausgefuchsten Pokerspielers, seine Bewegungen waren würdevoll und gemessen. Er war der Prototyp eines englischen hochherrschaftlichen Butlers, wie man ihn eigentlich nur noch im Film und auf dem Bildschirm sah. Parker trug einen schwarzen Zweireiher, einen Eckkragen und eine ebenfalls schwarze Krawatte. Hier im Haus hatte er sich weiße Zwirnshandschuhe übergestreift. Robert Fulham nahm das Glas entgegen und gönnte sich einen herzhaften Schluck. Er kippte den Inhalt in einer Art wilder Verzweiflung herunter. »Ihnen scheint es immerhin noch zu schmecken«, stichelte die ältere Dame. »Vergessen Sie über dem Whisky nicht Ihre Geschichte, junger Mann!«
»Sie wissen, Mylady, daß ich Versicherungsmakler bin«, schickte Robert Fulham voraus und bemühte sich um eine sachlich und neutral klingende Stimme. »Meine Firma beteiligt sich an Versicherungsabschlüssen, die ein Maklerbüro allein nicht übernehmen kann.« »Wieso eigentlich nicht?« fragte Lady Agatha, die sich in dieser Materie nicht auskannte. »Weil das Risiko zu groß wäre«, erklärte Fulham. »Nehmen wir einen Frachter, Mylady, mit einer besonders wertvollen Ladung, oder denken Sie an einen Öltanker. Im Fall eines Verlustes dieser Ladung oder des Tankers könnte eine Firma allein nicht die Versicherungssumme zahlen, sie würde das Betriebsvermögen und die Rücklagen bei weitem übersteigen.« »In solchen Fällen, Mylady, pflegen mehrere Versicherungsmakler sich Risiko und Gewinn zu teilen«, schaltete der Butler sich aus dem Hintergrund ein. »Sehr vernünftig.« Lady Agatha nickte zustimmend. »In meinem Fall haben die Verluste sich gehäuft«, sagte Robert Fulham. »Ich bin verzweifelt, erledigt und ...« «... ruiniert, Fulham, wiederholen Sie sich nicht ständig!« Die Stimme der passionierten Detektivin verriet ein gereiztes Grollen. »Sie haben also ein paar saftige Versicherungsschäden bezahlen müssen, wie?« »Zwei Tankeranteile, Mylady, drei Frachteranteile, von dem Wert der
jeweiligen Ladungen ganz zu schweigen.« »Noch einen Whisky für Mr. Fulham«, ordnete die resolute Dame an, doch Parker hatte das vorausgeahnt und servierte einen weiteren Drink, den Fulham dankbar annahm. Seine Hand zitterte, als er das Glas hob. »Sollte und müßte man unterstellen, Sir, daß außer Ihnen noch weitere Versicherungsmakler in finanziellen Schwierigkeiten gerieten?« fragte der Butler. »Darauf können Sie sich verlassen!« Fulham nickte. »Außer mir sind noch drei weitere Makler ruiniert.« »Und was erwarten Sie nun von mir, Fulham?« wollte die Detektivin wissen. »Sie denken doch hoffentlich nicht an Geld, oder? Sie sollten wissen, daß ich eine arme Frau bin.« Parkers diskretes Hüsteln im Hintergrund war nicht zu überhören. Keiner wußte besser als er, daß Lady Simpson geradezu schamlos untertrieb. Sie war eine der reichsten Frauen der Insel, mit dem Blut- und Geldadel Englands eng verschwistert und verschwägert und konnte sich jede noch so kostspielige Extravaganz leisten. Fulham schüttelte den Kopf. »Geld würde nicht helfen, Mylady«, sagte er. »Das höre ich sehr gern«, antwortete Agatha Simpson anerkennend. »Wir bitten Sie um Ihre kriminalistische Hilfe«, redete Robert Fulham weiter. »Meine Freunde und ich glauben nämlich,
daß Gangster diese Schiffe versenkt haben.« »Das ist ja wunderbar.« Lady Agatha stand überraschend schnell auf. »Mr. Parker, haben Sie das gehört? Ein neuer Fall! Junger Mann, Ihnen kann geholfen werden, dafür verbürge ich mich.« * Butler Parker vertrat sich wieder mal ein wenig die Füße, wie er es auszudrücken pflegte. Er hatte sein hochbeiniges Monstrum auf einem Parkplatz stehen lassen und lustwandelte gemessen durch die engen Straßen von Soho, die um diese Zeit erst richtig zum Leben erwachten. Die gleißenden, grellbunten Reklamen verliehen diesem alten Stadtteil von London einen Glanz besonderer Art. Touristen aus aller Herren Länder schlenderten herum und ließen die prickelnde Atmosphäre auf sich wirken. Sie roch nach Abenteuer, Nervenkitzel, Amüsement und Laster. Butler Parker steuerte einen Nachtclub an, der so etwas wie einen doppelten Boden besaß. Hinter der eigentlichen Bar gab es noch einen verbotenen Spielclub, den man allerdings erst nach mehreren Kontrollen betreten konnte. Nachdem Parker geläutet hatte die Bar gab sich als Privatclub aus, die nur für Mitglieder zugänglich war - öffnete sich eine kleine, viereckige Klappe im Türblatt. Ein derb geschnittenes Gesicht wurde sichtbar. Flinke Augen musterten den Butler abschätzend.
»Einen wunderschönen Abend erlaube ich mir zu wünschen«, grüßte Parker und lüftete seine schwarze Melone. »Würden Sie mich freundlicherweise einlassen?« »Nur für Mitglieder«, sagte der Türwächter knapp. »Und Sie kenn' ich nicht.« »Verständlich«, antwortete Parker gemessen. »Ich pflege diesen Club nur sporadisch zu besuchen.« »Ihr Name, Sir?« »Mein Name ist Parker, Josuah Parker.« »Warten Sie einen Moment, Sir.« Die Türklappe schloß sich. Der Türwächter blätterte nun wohl in den Mitgliederlisten und suchte nach Parkers Namen. Er tat es wirklich, wie der Butler Sekunden später feststellen konnte. Der große, muskulöse Mann hatte eine Liste in der Hand und schüttelte zweifelnd den Kopf. Er wandte Parker den Rücken zu und fuhr herum, als der Butler diskret hüstelte. »Wie... Wie sind denn Sie 'reingekommen?« fragte er dann. »Die Tür muß nicht korrekt geschlossen gewesen sein«, erwiderte Josuah Parker. »Ich schlage vor, dieses Thema jedoch nicht weiter zu vertiefen.« Parker verschwieg, daß er im öffnen verschlossener Türen ein wahrer Meister war. Unter seinen geschickten Händen bemühte sich förmlich jedes Schloß, alle Sperren und Sicherungen freudig zu öffnen. Dazu benutzte Parker ein kleines Spezialbesteck aus seiner > Bastelstube <.
Der Türwächter ging übrigens auf Parkers Vorschlag nicht ein. Er wollte das Thema weiter vertiefen und erst mal sicherheitshalber tätlich werden. Es war seine erklärte Absicht, den Butler wieder an die frische Abendluft zu setzen. Dazu streckte er seine Arme aus und wollte nach Parkers schwarzem Zweireiher greifen. »Aber nicht doch«, tadelte der Angegriffene sanft und höflich. »Ich neige dazu, so etwas als einen unfreundlichen Akt zu interpretieren.« Das war dem Türsteher aber völlig gleich. Er hatte ins Leere gegriffen und ärgerte sich. Er konnte zudem nicht verstehen, wieso seine Hände ihr Ziel nicht gefunden hatten. Parker war zur Seite ausgewichen. Und da der Türwächter sich ärgerte, stiegen seine Bemühungen. Er wollte Parker die Faust auf die Magenpartie setzen, holte blitzschnell aus und langte herzhaft zu. Bruchteile von Sekunden später nahm sein Gesicht eine kalkweiße Farbe an. Der Muskulöse stöhnte verhalten und schaute ungläubig auf seine rechte Faust. Er war nicht in der Lage, die verkrampften Finger zu strecken. Dann schoß eine böse Schmerzwelle in ihm hoch. Er stöhnte lauter und hatte das Gefühl, sich die Fingerknöchel gebrochen zu haben. Der Mann hatte dummerweise auf die Wölbung von Parkers Melone geschlagen. Parker hatte nämlich seine Kopfbedeckung genau im
richtigen Moment schützend vor den Magen gehalten. Diese Melone war mit Stahlblech ausgefüttert und so gut wie unverformbar. Die Knöchel des Mannes waren ordentlich zusammengestaucht worden. »Melden Sie mich Mr. Vickers«, bat Parker würdevoll. »Ich bin sicher, daß er mich empfangen wird.« »Mei... Meine Finger«, keuchte der Türsteher. Er hatte Tränen in den Augen. »Kühlende Umschläge sind in solchen Fällen eine wertvolle Hilfe«, riet Josuah Parker dem Mann. »Noch besser ist es jedoch, die Finger in Zukunft nicht automatisch zur Faust zu ballen und zuzuschlagen. Man erlebt oft die peinlichsten Überraschungen.« * Steve Vickers, etwa fünfunddreißig Jahre alt, kaum mittelgroß und schlank, verfügte über eine Stirnglatze, die seinem schmalen Gesicht mit den kühlen Augen ein windhundähnliches Aussehen verlieh. Er trug einen eleganten Smoking und rang sich ein Lächeln ab, als er auf Parker zukam. »Erfreut, Sie mal hier bei mir zu sehen«, sagte Vickers. »Hoffentlich bestehen Sie nicht darauf, daß auch ich lüge, Mr. Vickers«, antwortete Parker, »Ich muß gestehen, daß ich kaum so etwas wie Freude empfinde.« »Warum sind Sie dann nicht einfach weggeblieben?« fragte Steve
Vickers. »Ich hätte große Lust, Sie 'rauswerfen zu lassen.« »Ich bin sicher, daß Sie sich diesen Ihren Wunsch sehr gründlich überlegen werden«, entgegnete der Butler. »Und schicken Sie die beiden Leibwächter dort fort, Mr. Vickers, sie könnten unsere Plauderei empfindlich stören!« Parker deutete mit der Spitze seines Universal-Regenschirms auf zwei Männer, deren Smokingjacken fast aus den Nähten platzten. Die beiden Leibwächter hatten ihr Bodybuilding wohl ein wenig übertrieben und sich supergroße Muskelpakete angeschafft. »Was wollen Sie also?« Vickers wandte sich um und scheuchte seine Leute ein Stück zurück. »Ich möchte zuerst mal Platz nehmen«, sagte Parker. Er ging, ohne eine Antwort abzuwarten, auf eine Nische zu und setzte sich. Vickers folgte ihm notgedrungen und wahrscheinlich innerlich zähneknirschend. In der Vergangenheit hatte er einige böse Niederlagen einstecken müssen, die auf Parkers Konto gingen. Vickers hatte früher mal so etwas wie eine Bande aufgebaut, die jedoch liquidierte, Er hatte wohl eingesehen, daß dieses Leben für ihn zu gefährlich wurde, zumal Parker sich immer wieder störend einschaltete. »Ich habe nicht viel Zeit«, sagte Vickers, der jetzt ebenfalls Platz genommen hatte. »Wie sich das trifft.« Parker nickte andeutungsweise. »Auch ich möchte nur so lange wie nötig bleiben. Wie
macht sich Ihr Spielcasino, Mr. Vickers?« »Spielcasino? Wovon reden Sie eigentlich? Hier bei mir wird nicht gespielt.« »Auch nicht in den hinteren Räumen Ihres Etablissements, Mr. Vickers? Und auch nicht in den beiden an sich recht luxuriös eingerichteten Kellerräumen?« »Wollen Sie hier Ärger machen? « Vickers sah den Butler böse und nervös an. »Wer in Ihren Kreisen, Mr. Vickers, beschäftigt sich, neuerdings mit dem Versenken von Frachtern und kleinen bis mittelgroßen Tankern?« fragte Parker völlig überraschend in seiner gefürchteten, ungenierten Art. »Frachter und Tanker?« Vickers wirkte verblüfft und lachte dann leise und ungläubig. »Was ist denn das wieder für ein Trick, Mr. Parker? Tanker und Frachter! Wo soll denn da das Geschäft liegen? Daran wagt sich ja noch nicht mal die Dockratte, äh, ich meine... Ich will nichts gesagt haben, und Sie werden mir das nicht in die Schuhe schieben. Ich weiß von nichts, verstehen Sie, Mr. Parker?« »Sie waren mir eine ungemein wertvolle Hilfe«, bedankte der Butler sich und stand auf. »Ob Sie sich nun angeblich nur versprochen haben oder nicht, möchte ich nicht weiter untersuchen. Vorerst wenigstens nicht, um es genau zu sagen. Ich erlaube mir, Ihnen noch einen erfolgsträchtigen Abend zu wünschen. « »Verdammt, Mr. Parker, Sie wollen mir da was unterstellen, was ich ...«
»Noch eine abschließende Frage, Mr. Vickers«, unterbrach Parker höflich. »Wo könnte ich diese sogenannte Dockratte finden?« »Kein Kommentar!« Vickers schüttelte den Kopf. »Warum, Mr. Vickers, wollen Sie einem alten, müden und relativ verbrauchten Mann die Ermittlung erschweren?« fragte Parker. »Ich bin sicher, daß Sie menschlich an mir handeln werden.« Vickers nagte fast schon verzweifelt an seiner Unterlippe. Er saß in der Zwickmühle. Natürlich wußte er, daß Parker ihm große Schwierigkeiten bereiten konnte. Auf der anderen Seite fürchtete er aber auch die Brutalität der Dockratte, wie ein gewisser Gangster genannt wurde. »Fragen Sie bei Walt Litty nach ihm«, sagte er schließlich mit gepreßter Stimme. »Aber ich habe nichts gesagt. Ich weiß ja noch nicht mal, ob's eine Dockratte überhaupt gibt.« * »Endlich«, sagte Agatha Simpson vorwurfsvoll, als Butler Parker aus dem Privatclub kam und auf sein hochbeiniges Monstrum zuschritt. »Er hätte mich mitnehmen sollen, dann wären wir schon längst unterwegs, Kindchen.« Das >Kindchen< neben ihr war die fünfundzwanzigjährige, langbeinige und schlankgeschmeidige Kathy Porter. Sie hatte braun-rotes Haar in der Farbe reifer Kastanien und erinnerte auf den ersten Blick an ein scheues Reh. Kathy Porter war
Sekretärin und Gesellschafterin der Lady. Sie achtete wie Parker darauf, daß die ältere Dame sich nicht unnötig in Gefahr brachte, was wirklich nicht einfach war. Kathy saß neben Mylady auf dem Beifahrersitz eines robusten Landrover, den Agatha Simpson sich neuerdings zugelegt hatte, um beweglicher zu sein. »Die Ermittlungen sind nicht einfach, Mylady«, entschuldigte Kathy Porter den Butler, der mit seinem Wagen bereits losfuhr. »Bitte, Mylady, noch nicht folgen. Mr. Parker rechnet mit einer eventuellen Verfolgung.« »Schwierige Ermittlungen? Daß ich nicht lache, Kindchen!« Agatha Simpson schnaubte verächtlich. »Diesen Subjekten darf man nicht mit Höflichkeit kommen, aber das will Mr. Parker nicht einsehen.« »Manchmal, Mylady, führen Umwege schneller zum Ziel als direkte Wege.« »Ich höre wieder mal, daß Mr. Parker Sie angesteckt hat«, tadelte die Detektivin. »Dort scheinen die Verfolger bereits zu kommen, Mylady.« Kathy Porter deutete auf einen japanischen Wagen, der wie ein Torpedo aus einem Torbogen schoß und dann in die Straße kurvte. Er beeilte sich ganz offensichtlich, an Parkers hochbeiniges Monstrum Anschluß zu bekommen. »Haben Sie jetzt etwas dagegen, daß ich losfahre, Kindchen?« erkundigte Agatha Simpson sich ironisch während sie bereits kuppelte.
»Ich würde Ihnen niemals Vorschriften machen, Mylady«, sagte Kathy Porter lächelnd. »Sie bevormunden mich doch am laufenden Band«, behauptete die ältere Dame und ließ die Kupplung vehement kommen. Der an sich nicht gerade leichte Landrover machte einen neckischen Sprung nach vorn und entwickelte sportlichen Ehrgeiz. Er rammte um ein Haar einen anderen, am Straßenrand abgestellten Wagen, nahm dann Fahrt auf und raste viel zu schnell zur nächsten Straßenkreuzung, hinter der Parker und seine Verfolger bereits verschwunden waren. Kathy Porter hatte sich selbstverständlich angeschnallt, stemmte sicherheitshalber aber noch die Füße gegen das Bodenbrett. Sie wußte aus Erfahrung, daß ihre Chefin sich für eine erstklassige Fahrerin hielt, die von der Teilnahme an einer Rallye träumte. Natürlich überschätzte sich Lady Agatha auch darin. Von technischen Dingen hatte sie nicht die geringste Ahnung. Ihr Fahrstil war nur noch mit dem eines Crashfahrers zu vergleichen. Am Steuer eines schweren Panzers wäre sie am richtigen Platz gewesen, denn sie neigte dazu, Hindernisse nicht zu umfahren, sondern zu knacken. Kathy Porter war froh, abgelenkt zu werden. Unterhalb vom Armaturenbrett leuchtete eine rote Signallampe auf. Die junge Dame zog das Mikrofon aus der Halterung und meldete sich. »Hier Parker« meldete sich die Stimme des Butlers aus dem Lautsprecher. »Darf ich Mylady
bitten, vorerst noch nicht zur Attacke überzugehen? Aus taktischen Erwägungen sollten die Verfolger erst kurz vor Erreichen des Ziels an einer Weiterfahrt gehindert werden.« »Wohin fahren Sie, Mr. Parker?« erkundigte Kathy Porter sich. Die Verständigung zwischen den beiden Wagen war ausgezeichnet. »Zu den East India Docks«, meldete Parker. »Mein Besuch gut einem gewissen Mr. Walt Litty, der dort ein recht anrüchiges Lokal betreibt, das die Damen besser nicht aufsuchen sollten.« »Das hat er sich so gedacht!« Agatha Simpson schmunzelte grimmig. »Natürlich werde ich mir diese Bruchbude ansehen, Kindchen. Ich lasse mir doch meinen Spaß nicht verderben.« * Die beiden Männer im japanischen Wagen hatten genaue Anweisungen von ihrem Boß Vickers erhalten. Sie sollten Butler Parker verfolgen, stellen und dafür sorgen, daß er für einige Zeit Patient der Intensivstation eines Hospitals wurde. Damit wollte Steve Vickers, der Besitzer des privaten Nachtclubs jeder Komplikation aus dem Weg gehen. Er fürchtete einfach, daß früher oder später herauskommen würde, daß er den Butler zu Walt Litty geschickt hatte. Und er bedauerte nachträglich sehr, den Hinweis auf eine gewisse Dockratte gegeben zu haben. Er kannte diesen Mann und dessen Organisation. Unerwünschte Kontakte mit dieser Dockratte
erwiesen sich in der Regel als lebensgefährlich. Die beiden Männer im japanischen Wagen waren erfahrene Schläger, auf die Vickers sich bisher immer hatte verlassen können. Sie hießen John Lane und Pete Bromley und freuten sich über den Auftrag, denn sie hatten sich seit geraumer Zeit nicht mehr richtig betätigen können. Gut, ihnen war bekannt, daß Parker ein nicht zu unterschätzender Gegner war, doch darauf hatten sie sich bereits eingestellt. Für sie lag der Butler bereits im Rettungswagen und befand sich auf dem Weg ins nächste Hospital. »Ob er uns schon entdeckt hat?« fragte John Lane, der den Wagen steuerte. Lane war fünfundzwanzig, schlank und aggressiv. Er hatte stechende, fast schwarze Augen. »Natürlich weiß er, daß er verfolgt wird«, erwiderte Pete Bromley gelassen. Er war dreißig Jahre alt, untersetzt und stämmig. Er glich einem gutmütigen Bernhardiner, den man ohne weiteres streicheln konnte. »Dann kommt bestimmt bald so ein übler Trick von ihm«, meinte Lane. »Klar doch.« Bromley lächelte und nickte. »Aber darauf gehen wir nicht ein. In der nächsten Straße rammen wir ihn, John. Wir nehmen ihn auf die Hörner.« Um den japanischen Wagen brauchten die beiden Gangster sich keine Sorgen zu machen. Er war ohnehin gestohlen und hinterließ keine Spuren, mit denen die Polizei etwas anfangen konnte. John Lane gab etwas mehr Gas und holte auf. Beide Männer überprüften noch mal
ihre Sicherheitsgurte und machten sich bereit, das Rammen von Parkers hochbeinigem Vehikel einzuleiten. Die Gelegenheit dazu wurde von Minute zu Minute immer günstiger. Man hatte die City längst hinter sich gelassen und fuhr über die Commercial Road in Richtung East India Docks. Sobald Parker zu den Docks und Lagerschuppen abbog, sollte die Sache steigen. Um diese Zeit war hier draußen im Hafengelände nicht viel los. Beide Gangster waren von ihrer Einmaligkeit derart überzeugt, daß sie überhaupt nicht auf den Landrover achteten, der hinter ihnen fuhr. Das Gefährt sah auch nicht gerade auffällig aus. Es zeichnete sich durch Beulen, leichte Blechschäden und eine gewisse Schäbigkeit aus. Myladys Landrover hatte schon einige Stürme hinter sich und präsentierte sich dementsprechend. Als Lane Gas gab, um Parkers hochbeiniges Monstrum auf die Hörner zu nehmen, wurde der Landrover ebenfalls schneller. Genauer gesagt, er schien die Sporen bekommen zu haben. Er jagte immer näher heran und ... donnerte dann sehr ungeniert in den Kofferraum des japanischen Wagens. Die starke Stoßstange, zusätzlich verstärkt, riß eine tiefe Bresche in das Blech des gerammten Wagens und zeigte Neigung, selbst die Rücksitze des japanischen Wagens noch restlos zu deformieren. Lane und Bromley wurden völlig überrascht. Sie hingen benommen in ihren Sicherheitsgurten und
brauchten einige Sekunden, bis sie sich von ihrem Schock erholten. Dann aber stieg die kalte Wut in ihnen hoch. Sie lösten ihre Sicherheitsgurte, stiegen aus und waren bereit, den Fahrer des Landrover zusammenzuschlagen. Sie waren dann aber überrascht, als sie einer stattlichen Dame gegenüberstanden, die ein zerbeultes Tweedkostüm trug und sie grimmig ansah. »Sie Flegel«, grollte die Detektivin entrüstet. »Wie kommen Sie dazu, so plötzlich zu bremsen? Das war Vorsatz! Diese Lümmelei wird Sie teuer zu stehen kommen.« Die beiden Gangster waren zuerst mal fassungslos. Mit solch einem wortreichen Angriff hatten sie nicht gerechnet, auch nicht mit der Unverfrorenheit. Lane wußte schließlich ganz genau, daß er nicht gebremst hatte. »Haben Sie überhaupt einen Führerschein?« grollte die ältere Dame weiter. »Und wollen Sie sich nicht endlich entschuldigen? Das ist doch wohl das wenigste, was ich erwarten kann.« Die Lady war ehrlich entrüstet. Das zeigte sich eigentlich schon an den Schwingungen, in die ihr Pompadour geraten war, der am rechten Handgelenk hing. Dieser perlenbestickte Handbeutel enthielt Myladys >Glücksbringer< ein echtes Pferdehufeisen, das nur oberflächlich mit dünnem Schaumstoff umwickelt war. »Sie haben wohl nich' alle Tassen im Schrank, wie?« John Lanes Temperament brach sich Bahn. »Sie
alte Schachtel haben nicht aufgepaßt!« »Sagten Sie alte Schachtel?« »Uralte Schachtel«, steigerte John Lane leichtsinnigerweise. »Wären Sie'n Mann, würd' ich Ihnen eine verpassen!« »Zuerst bin ich an der Reihe«, erwiderte Lady Agatha und landete ihren Pompadour auf der rechten Gesichtshälfte des Gangsters. Dieser Schlag kam so überraschend, daß der Mann zu keiner Abwehrbewegung mehr fähig war. Er hatte das Gefühl, von einem auskeilenden Pferd erwischt worden zu sein. Er legte sich seitlich flach auf die Luft und verlor den Halt. Dann klatschte er auf die Fahrbahn und blieb regungslos hegen. Pete Bromley traute seinen Augen nicht. Dann, leider mit erheblicher Verspätung, ging ihm ein Licht auf. Er erinnerte sich dunkel einer gewissen, streitbaren Lady, von der sein Chef Vickers mal gesprochen hatte. Pete Bromley reagierte an sich richtig, aber eben zu spät. Er wollte nach seiner Schußwaffe langen, doch mehr als ein Versuch wurde nicht daraus. Hinter ihm erschien Kathy Porter, die bisher absichtlich nicht in Erscheinung getreten war. Mit ihrer linken Handkante schlug sie nachdrücklich gegen Bromleys Oberarm, der daraufhin nicht mehr in der Lage war, die Bewegung zu Ende zu führen. Bevor der Gangster sich neu orientieren konnte, fand der Pompadour der Lady Agatha ein neues Ziel. Pete Bromley vollführte einen mächtigen Sprung nach hinten,
absolvierte einen allerdings etwas mißglückten Salto und landete auf dem Bauch. Er zappelte noch ein wenig, wurde dann ruhiger und gönnte sich anschließend eine längere Pause. »Melden Sie Mr. Parker, daß er seine Ruhe haben wird«, sagte die ältere Dame zu Kathy Porter. »Finden Sie nicht auch, Kindchen, daß die Gangster nicht mehr das sind, was sie mal waren? Überhaupt kein Rückgrat, schlapp und verweichlicht. Nein, nein, in was für einer Zeit leben wir eigentlich!?« * Als Butler Parker die >Caverne< betrat, wie Littys Kneipe sich nannte, war er so etwas wie eine Sensation. Das hing schon mit seiner korrekten und konservativen Kleidung zusammen, die so gar nicht in diese Umgebung paßte. In der >Caverne< verkehrten fast ausschließlich papageienhaft bunt gekleidete Besucher, die an Exoten erinnerten. Es waren Zuhälter, Gangster und Ganoven, die während der Nacht die Hafengegend kontrollierten. Natürlich gab es auch biedere, aber handfeste Seeleute aus aller Herren Länder. Darauf legte Litty besonderen Wert, denn der Polizei gegenüber wollte er nicht als reiner Spelunkenwirt auftreten. Parker übersah die neugierigen Augen und überhörte Anzüglichkeiten und Frotzeleien. Er schritt würdevoll die Steintreppe hinab und wollte zum Tresen gehen. Er blieb allerdings stehen, als ein bewußt
ausgestrecktes Bein ihm den Weg versperrte. Es gehörte zu einem kleinen, tückisch aussehenden Mann, der sichtlich angetrunken war. Er grinste dem Butler unverschämt ins Gesicht. »Entspannung ist immer sehr empfehlenswert«, sagte Parker und lüftete höflich seine schwarze Melone. Er wollte über das ausgestreckte Bein hinwegsteigen und nahm die Provokation einfach nicht zur Kenntnis. Der Mann war mit dieser Lösung aber nicht einverstanden. Er wollte Streit haben. Er gehörte zu einer Runde von ebenfalls bereits angetrunkenen Männern, die gespannt darauf warteten, wie die Dinge sich entwickelten. Und sie entwickelten sich... Der Mann nahm sein ausgestrecktes Bein noch höher und grinste noch unverschämter. »Denken Sie tunlichst auch an Ihr zweites Bein«, riet Parker höflich. »Wenn ich mir erlauben darf...?« Mit dem Bambusgriff seines Universal-Regenschirms hakte er nach der Ferse des zweiten, noch angewinkelten Beines und zog es nach vorn. Der Mann war verblüfft, denn mit dieser Hilfe hatte er nicht gerechnet. Dann ärgerte er sich, da seine Freunde grinsten und lachten. Der Verulkte sprang auf und stand wütend vor Parker. »Los, entschuldige dich«, fuhr er den Butler an. »Mach's möglichst schnell, bevor ich zulange!« »Welche Form der Entschuldigung bevorzugen Sie?« erkundigte der Butler sich gemessen. »Ich möchte
Sie darauf aufmerksam machen, daß es viele Möglichkeiten gibt.« Solch ein Angebot hatte der Mann noch nie gehört. Er war im Grund ein kleiner Gauner, der nicht zum inneren Kreis von Walt Littys Freunden gehörte. Aber er wollte sich produzieren und an Profil gewinnen. Ihm war nicht entgangen, daß der Besitzer der >Caverne< ihn vom Tresen aus beobachtete. Er schlug also erst mal zu. Es blieb natürlich nur bei dem Versuch an sich, denn Parker konnte man auf solche Weise nicht überraschen oder gar treffen. Josuah Parker blockte den Fausthieb mit dem Schirmstock ab, was für den Schläger äußerst schmerzhaft war. Er keuchte, verfärbte sich und spürte es dann feucht in seinem Gesicht. Daraufhin hustete er ausgiebig, verlor jedes Interesse an Parker und sackte auf seinen Stuhl zurück. Er sah nur noch milchige Nebel vor seinen Augen, verschwommene Konturen und spürte dann eine peinliche Übelkeit in sich hochsteigen. Er hatte überhaupt nicht begriffen, daß Parker ihn chemisch behandelt hatte. Durch die winzig kleine Düse in der Zierperle seiner Krawattennadel hatte der Butler einen Spezialspray versprüht, der diesen Effekt auslöste. Durch den Druck auf eine bestimmte Stelle der schwarzen Krawatte trat der Zerstäuber prompt in Aktion. Es handelte sich um eine Konstruktion, die Parker in seiner privaten >Bastelstube< ersonnen hatte. Der Butler schritt inzwischen weiter und erreichte den Tresen. Er
nickte Walt Litty zu, der ihn aus zusammengekniffenen Augen musterte. Walt Litty war ein großer, fetter, ehemaliger Catcher, der sich schon vor Jahren aus seinem an sich ehrbaren Beruf zurückgezogen hatte. Er war sicher weit über zwei Zentner schwer und glich irgendwie einem tückischen Eber. Parker war ihm nicht unbekannt. Er winkte ab, als streitlustige Gäste sich an den Butler heranschieben wollten. Walt Litty legte keinen Wert darauf, daß seine Gäste angeschlagen unter den Tischen lagen, und Parker war die Garantie dafür, falls man ihn angriff. * »Kommen Sie nach hinten«, sagte Litty nervös. »Sie bringen meine Gäste auf die Palme, Mr. Parker.« »Das verstehe ich nicht«, wunderte Parker sich. »Meine Absichten sind lauter, wie ich versichern darf.« »Das nehme ich Ihnen nicht ab, Mr. Parker.« Litty gab sich höflich, wandte sich ab und ging voraus. Er führte seinen Besucher in ein kleines Hinterzimmer neben dem Tresen und wischte sich den ersten Schweiß von der Stirn. Der tückische Eber, an den er mehr denn je erinnerte, wußte diesen Besuch noch nicht zu deuten. »Ich werde Sie nicht lange belästigen«, schickte Josuah Parker voraus. »Mir geht es, wie Sie sich denken können, um eine Information.« »Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse.« »Ich suche die Dockratte, um genau zu sein.«
»Die Dockratte? Mann, woher soll ich wissen, wo die steckt? Gibt's die denn überhaupt noch?« »Sie wissen es, Mr. Litty, meine bescheidene Wenigkeit weiß es, die Dockratte nicht minder.« »Mit krummen Sachen geb' ich mich schon seit Jahren nicht mehr ab, Mr. Parker. Was wollen Sie denn von dieser Dockratte? Tun wir mal so, als würd' sie es geben.« »Es handelt sich um zwei kleine bis mittelgroße Tanker, dann um drei Frachter«, erwiderte Parker gemessen. »Aus unerfindlichen Gründen erlitten sie Schiffbruch und gingen zusammen mit ihrer Ladung unter. Die jeweiligen Mannschaften konnten sich erfreulicherweise in Sicherheit bringen.« »Und wann ist das alles passiert?« Der tückische Eber war sehr aufmerksam geworden. »Innerhalb der vergangenen zwei Monate, Mr. Litty. Nach den Aussagen der Geretteten scheinen Tanker und Frachter, sagen wir, torpediert worden zu sein.« »Torpediert?« Walt Litty sah den Butler fast anerkennend an. »Das is' ja'n Ding! Nee, davon hab' ich hier in meinem Lokal noch nichts gehört.« »Diese Untergänge ereigneten sich in der Irischen See, im Golf von Mexiko, vor der spanischen Küste und dann wieder in der Höhe von Venezuela.« »Und die Kähne sind einfach weggesackt?« »Sie sagen es, Mr. Litty! Wenn ich recht erinnere, befaßte sich die sogenannte Dockratte doch hin und
wieder mit gewissen Erpressungen, nicht wahr?« »Klopfen Sie ruhig auf den Busch, Mr. Parker, bei mir kommt nichts 'raus. Ich kenne die Dockratte nicht. Schön, ich habe mal von dem Namen gehört, aber mehr auch nicht. Ich habe... Zum Teufel, was ist denn jetzt schon wieder los?« Walt Litty war abgelenkt worden. Aus dem Kellerlokal war grölendes Lachen zu hören, abgelöst von Anzapfungen eindeutiger Art, die sich nur auf eine Frau beziehen konnten. Walt Litty stand auf und ging zur Tür, während Butler Parker sich nicht rührte. Ihm war klar, wer die Caverne betreten hatte: Lady Simpson. Die ältere Dame, unternehmungslustig wie immer, hatte sich natürlich wieder mal nicht an seinen Rat gehalten und stattete der Spelunke einen Besuch ab. Parker seufzte innerlich und machte sich bereit, zum geeigneten Zeitpunkt helfend einzugreifen. Für ihn stand fest, daß alle Zeichen auf einen Orkan deuteten. * Lady Agatha ließ sich im Gegensatz zu ihrem Butler liebend gern provozieren. Ja, im Grund wartete sie nur darauf, etwas unternehmen zu können. Sie marschierte durch die Tischreihen und musterte grimmig die Gäste in der Caverne. Der Pompadour an ihrem Handgelenk beschrieb bereits leichte Kreise und pendelte sich ein. Hinter ihr ging Kathy Porter.
Sie machte einen völlig verschüchterten Eindruck und schien vor Angst fast umzukommen. Sie hielt sich dicht an Agatha Simpson und suchte dort augenscheinlich Schutz. Sie fuhr zusammen, als einer der billigen Zuhälter sich zwischen Mylady und sie schob. Der junge Mann sah sie ausgesprochen frech an und griff nach ihrer Schulter. »Komm Süße«, sagte er. »Wie war's denn mit 'nem Schluck? Setz dich schon!« »Bitte«, hauchte Kathy Porter entsetzt und wandte den Kopf zur Seite. Sie wurde vor Verlegenheit blutrot im Gesicht. »Nehmen Sie Ihre dreckigen Finger von meiner Sekretärin!« Lady Agatha hatte den kleinen Zwischenfall bemerkt und drehte sich um. Der Zuhälter maß sie mit spöttischem Bück. »Verschwinde, alte Schachtel«, sagte er dann. »Dein Jahrgang ist hier nicht gefragt.« Das fanden auch zwei weitere junge Burschen, die Kathy abdrängen wollten. Natürlich fühlten sie sich auf vertrautem Boden sicher und überlegen. Sie hofften auf eine nette Abwechslung. Nun, sie wurden nicht enttäuscht... Der erste Zuhälter handelte sich von Mylady eine schallende Ohrfeige ein, die ihn über einen der kleinen runden Tische warf. Er rutschte wie auf Glatteis über die Tischplatte und landete krachend auf dem Boden. Erfreutes und lautes Johlen belohnte die ältere Dame für ihre Energieleistung. Gelächter brandete auf, dann entstand eine gewisse
Spannung. Der Geohrfeigte war inzwischen aufgestanden, schüttelte ein wenig benommen den Kopf und ... zeigte dann plötzlich ein offenes Messer. »Dafür schlitz' ich dir die Wäsche auf«, verkündete er gereizt, da die Kommentare nicht zu seinen Gunsten ausgefallen waren. Er sprang vor, fintierte und wollte tatsächlich Myladys Tweedkostüm auftrennen. Agatha Simpson ließ sich nicht täuschen. Sie ging auf die Finte überhaupt nicht ein, blieb stehen und trat dem Lümmel, wie sie ihn laut nannte, gegen das linke Schienbein. Daraufhin verfärbte sich der Mann, knickte ein und jammerte laut. Als der Pompadour sich dann noch auf seinen rechten Kinnwinkel setzte, trat er eine zweite Luftreise an und segelte über den Steinboden, der mit Sägemehl bedeckt war, bis hinüber zum Tresen. Es gab einen dumpfen Laut, als der Kopf des Mannes mit dem Holz kollidierte. »Frechling«, sagte die Detektivin entrüstet. »Sie haben es mit einer Dame zu tun, falls Ihnen das entgangen sein sollte.« Die beiden Freunde des Gefällten sahen sich veranlaßt, nun ebenfalls einzugreifen. Sie wollten die Sechzigjährige in die Zange nehmen und zudringlich werden. Für Kathy Porter interessierten sie sich im Augenblick nicht mehr. Lady Agatha hatte eine ihrer Hutnadeln in der Hand und stach damit herzhaft und freudig zu. Der Ganove brüllte und fühlte sich wie aufgespießt. Er hielt sich die linke
Hüfte, taumelte auf einen günstig stehenden Stuhl und kümmerte sich ab sofort nur noch um seine an sich harmlose Stichwunde, die allerdings teuflisch schmerzte. Myladys Hutnadeln waren nämlich von Parker präpariert. Die Spitzen dieser Nadeln - Mylady trug einige davon in ihrem abenteuerlich aussehenden Hut waren chemisch vorbehandelt; Mylady brauchte nur zu wählen. Der zweite Mann befand sich inzwischen hinter Agatha Simpson und wollte gegen alle Regeln des Anstands verstoßen: Es war seine erklärte Absicht, seine Faust in das Genick der Frau zu schlagen. Er holte kraftvoll aus und ... erlebte ebenfalls, eine peinliche Überraschung. Der Pompadour kreiste um Myladys Längsachse und zerknautschte seine Nase. Der Gangster taumelte zurück, setzte sich auf einen freien Stuhl und kümmerte sich ab sofort nicht mehr um Lady Simpson. Er befaßte sich nur noch mit seiner Nase und versuchte, sie vorsichtig wieder in die alte, ursprüngliche Lage zu bringen. Die Gäste in der Caverne waren mehr oder weniger fassungslos. So etwas war ihnen hier noch nie geboten worden. Sie wußten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Ihr tiefer Respekt der älteren Dame gegenüber war deutlich zu spüren. Walt Litty schaltete sich ein. Er machte einen tiefen Diener vor Lady Agatha und bat sie nach hinten ins Gästezimmer. Agatha Simpson nickte gewährend, blieb jedoch noch einen Moment stehen und schaute sich in der Runde um.
»Hoffentlich wissen Sie jetzt, wie man sich einer schwachen Frau gegenüber zu benehmen hat«, sagte sie dann mit tiefer, sonorer Stimme. »Ohne etwas Rücksicht geht es einfach nicht!« * »Ein sehr langweiliger Abend«, beschwerte Lady Simpson sich eine Stunde später. Man befand sich wieder in ihrem Stadthaus in Shepherd's Market, einem uralten Fachwerkbau, der an einem kleinen quadratischen Platz in der Nähe des Hyde Park lag. Inmitten der Millionenstadt London war diese Region eine Oase der Ruhe und des Friedens. »Mylady sind verärgert?« erkundigte Parker sich völlig überflüssigerweise. »Was haben wir denn erreicht?« gab sie zurück und sah ihn gereizt an. »Ich hatte mir von diesem Ausflug mehr versprochen, Mr. Parker. Was ist nur mit dieser Dockratte? Sie hat sich nicht blicken lassen.« »Aber sie dürfte inzwischen von den Herren Vickers und Litty ausgiebig informiert worden sein, Mylady«, erwiderte Parker höflich. »Das war der tiefere Sinn der beiden Besuche, wenn ich es so ausdrücken darf.« »Aha.« Sie schaute ihn zweifelnd an. »Ein Gangster wie die Dockratte, Mylady, wird sich mit einiger Sicherheit früher oder später melden.«
»Und warum sollte dieser Gangster das tun?« wollte die ältere Dame grimmig wissen. »Aus Überheblichkeit, Mylady, und auch aus einer gewissen Besorgnis heraus.« »Besorgnis, Mr. Parker?« »Ein Gangster wie die Dockratte, Mylady, übt stets dunkle Geschäfte aus -oder aber plant sie. Die Dockratte wird in Erfahrung bringen wollen, was Mylady wissen.« »Nun ja, das klingt einigermaßen überzeugend, Mr. Parker«, räumte Lady Agatha ein. »So ähnlich hatte ich mir das bereits vorgestellt. Man kennt ja diese Kreaturen.« »Möglicherweise ist bereits noch in dieser Nacht mit einem Besuch zu rechnen, Mylady.« »Hoffentlich«, seufzte Agatha Simpson, deren Bedarf an Abenteuern noch längst nicht gedeckt war. »Beschleunigen kann man solch einen Besuch wohl nicht, oder?« »Ich fürchte, Mylady, diese Frage verneinen zu müssen. Ratten pflegen sehr vorsichtig zu sein.« »Wird die Dockratte selbst kommen?« »Davon möchte ich ausgehen, Mylady. Wie ich bereits anzudeuten mir erlaubte, ist die Dockratte als überheblich zu bezeichnen.« »Hatten Sie schon mal Kontakt mit ihr?« »Vor Jahren, als ich noch nicht die Ehre hatte, Mylady dienen zu dürfen.« »Und wie ging dieser Kontakt aus?« »Unentschieden, um der Wahrheit die Ehre zu geben, Mylady. Meiner
bescheidenen Wenigkeit war es leider nicht vergönnt, die letzten Beweise zu beschaffen, der Dockratte wiederum gelang es nicht, meinem Leben ein Ende zu bereiten.« »Hoffentlich ist dieses Subjekt noch immer ordentlich wütend auf Sie, Mr. Parker.« »Dies, Mylady, ist als sicher zu unterstellen.« »Freuen wir uns also auf die nächsten Tage«, meinte Agatha Simpson hoffnungsfroh. »Nach welchen Mustern hat dieses Subjekt denn bisher gearbeitet?« »Es handelte sich um Erpressungen, wie ich Mylady bereits während der Rückfahrt andeutete. Für die reibungslosen Beund Verladearbeiten an den Docks ließ die besagte Dockratte sich sogenannte Betreuungsgelder von den Speditionsfirmen zahlen. Wer sich weigerte, diese Zahlungen zu leisten, Mylady, mußte mit empfindlichen Schwierigkeiten und Verlusten rechnen. Kostspielige Ladungen verdarben oder gingen zu Bruch und gelangten erst nach wochenlangen Irrwegen an den Empfänger - oder kamen nie an.« »Sie nehmen an, dieser Gangster könnte sich inzwischen auf das Versenken von Schiffen verlegt haben?« »Von solch einer Möglichkeit sollte man tunlichst ausgehen, Mylady«, lautete Parkers Antwort. »Die Dockratte könnte ihr Geschäft erheblich ausgeweitet haben.« *
Mitternacht war vorüber. Vor Lady Simpsons Fachwerkhaus erschien in langsamer Fahrt ein Rolls-Royce, der in diesem Stadtteil von London überhaupt nicht auffiel, der sogar hierher gehörte. Der Rolls stoppte hinter dem Platz und entließ zwei junge, sportlich aussehende Männer, die korrekt sitzende Smokings trugen. Sie unterhielten sich ungeniert miteinander und schlenderten dann wie selbstverständlich auf den U-förmigen Platz zu, als gehörten sie hierher. Im Wagen blieben der Fahrer zurück und ein Fahrgast, der im Fond saß. Dieser Mann war etwa fünfundfünfzig Jahre alt, rundlich, hatte eine Glatze und trug eine seriöse Brille. Er rauchte eine Zigarre und lehnte sich in die Wagenecke zurück. Er schlug den schweren, pelzgefütterten Mantel über die Beine und schloß die Augen. Dieser Mann hieß Glenn Blackfen und war die Dockratte. Er konnte sich jeden erdenklichen Luxus leisten, denn seine sogenannten Geschäfte gingen ausgezeichnet. Er verfügte über erstklassige Mitarbeiter, die ihm hündisch ergeben waren. Glenn Blackfen zahlte großzügig und sorgte durch ein raffiniertes System gegenseitiger Bespitzelung dafür, daß keiner seiner Leute zu mächtig wurde. Wer sich seinen Vorstellungen und Anordnungen widersetzte, verschwand schnell von der Bildfläche, trat angeblich eine längere Auslandsreise an und wurde dann nie wieder gesehen.
Die beiden Smokingträger hatten inzwischen Lady Simpsons Haus erreicht und beschäftigten sich angelegentlich mit dem an sich harmlos aussehenden Türschloß. Sie hatten die Absicht, sich ungebeten ins Haus zu stehlen. Die beiden jungen Mannen waren ausgesuchte Spezialisten mit großer Erfahrung. Solch ein Türschloß stellte für sie überhaupt kein Problem dar. Sie waren derart mit dem Schloß beschäftigt, daß ihnen ein gewisser Vorgang völlig entging. Hinter ihnen senkte sich vom Vordach aus ein Rollgitter geräuschlos nach unten und versperrte ihnen wenig später den Rückweg. Diese Absperrung dauerte nur einige Sekunden, war aber ungemein wirkungsvoll. Die beiden Smokingträger standen nun zwischen Tür und Rollgitter. Links und rechts von ihnen befanden sich die Mauern des kleinen Vorbaus. Ein perfekteres Gefängnis konnte man sich gar nicht vorstellen. Diese technische Delikatesse hatte Parker sich einfallen lassen. Zu oft schon in der Vergangenheit waren nachts Personen aufgetaucht, die unbedingt ins Haus wollten. Parker hatte sich daraufhin etwas einfallen lassen. Die Haustür war übrigens sicher wie die Panzertür eines Banktresors. Man hätte sie noch nicht mal mittels einer normalen Sprengladung öffnen können. Glenn Blackfen, die Dockratte, warf einen Blick auf seine teure Armbanduhr. Seiner Schätzung nach mußten die beiden Spezialisten inzwischen längst im Haus sein. Für solche Dinge hatten sie vorgegebene
Richtzeiten, die sie sonst immer einhielten. Es war so gewesen, wie Butler Parker es vorausgesagt hatte: Die Dockratte war von den beiden Gangstern Vickers und Litty informiert worden. Glenn Blackfen hatte daraufhin sofort geschaltet. Er schätzte es gar nicht, daß ausgerechnet Butler Parker sich nach ihm erkundigte. Er hielt den Mann für einen gefährlichen Amateurdetektiv, mit dem man sich besser nicht anlegte -oder den man diesmal möglichst schnell ausschaltete. Glenn Blackfen war nämlich damit beschäftigt, seine trüben Geschäfte auszuweiten. Störungen konnte und wollte er sich da nicht leisten. Weder Blackfen noch sein Fahrer merkten, daß sie seit einiger Zeit genau beobachtet wurden. Im Kelleraufgang eines nahen Hauses erschein eine schmale Gestalt, die ein schwarzes Trikot trug und so gut wie überhaupt nicht gesehen werden konnte. Sie verschmolz förmlich mit der Dunkelheit der Nacht. Diese Gestalt pirschte sich mit der Geschmeidigkeit eines Raubtiers an den Rolls-Royce heran und blieb dicht hinter dem spaltbreit geöffneten hinteren Wagenfenster stehen. Wenig später hätte ein scharfes, geübtes Ohr ein feines Knacken hören können, als würde eine Glasampulle zerbrochen. Der Arm der geschmeidigen Gestalt schob sich nach oben und warf etwas ins Wageninnere. Danach huschte die Gestalt schnell zurück zum Kelleraufgang und verschwand dort.
Das Wageninnere des Rolls-Royce füllte sich schlagartig mit weißlichem Nebel, der die beiden Insassen veranlaßt», zuerst wenig, dann aber recht intensiv zu husten. Glenn Blackfen machte nur einen schwachen Versuch, aus dem Wagen zu kommen. Doch bevor er sich überhaupt aus seiner lässigbequemen Lage hochzudrücken vermochte, schwanden ihm bereits die Sinne. Er sackte wieder zurück, gähnte und räkelte sich dann bequem zurecht. Sein Fahrer kam ebenfalls nicht weit. Er hatte es zwar noch geschafft, die Türklinke zu ergreifen, doch dabei blieb es. Er machte es sich mit dem Oberkörper über dem Lenkrad bequem und schlief schnell ein. * »Bedürfen die Herren möglicherweise der Hilfe?« fragte eine würdevoll-zurückhaltende Stimme die beiden Gangster vor der Haustür. Die Vertreter der Dockratte wurden voll überrascht. Sie richteten sich auf und griffen automatisch nach ihren Schußwaffen. Dann wollten sie sich zurückziehen und erst mal Raum gewinnen. Doch das erwies sich zu ihrer peinlichen Überraschung als unmöglich. Erst jetzt bemerkten sie das Rollgitter, gegen das sie geprallt waren. »Mr. Blackfen erwartet Sie bereits«, redete die sonore Stimme weiter. »Sobald Sie Ihre diversen Schuß-, Stich- und Hiebwaffen abgeliefert haben, können Sie eintreten.«
Die beiden Gangster gerieten in Panik. Natürlich war ihnen klar, daß sie über einen versteckt angebrachten Lautsprecher angesprochen wurden, doch das war es nicht allein. Das Rollgitter machte sie nervös und ließ sie durchdrehen. Sie fühlten sich wie Ratten in der Falle. Sie warfen sich wütend gegen das Hindernis und rissen und zerrten verzweifelt an ihm, doch ohne jeden Erfolg. Das Rollgitter saß bombenfest und rührte sich nicht. Nachdem die beiden Gangster sich ausgetobt hatten, lehnten sie sich erschöpft gegen die Seitenwände des Vorbaus und legten eine kleine Atempause ein. »Ich darf Ihnen versichern«, ließ die sonore Männerstimme sich wieder vernehmen, »daß das Rollgitter von bester Qualität ist. Ohne fremde Hilfe werden Sie es nicht zu öffnen vermögen. Darf ich Sie nun bitten, Ihre Ausrüstungsgegenstände in den Briefkasten zu werfen? Wie bereits gesagt, Mr. Blackfen erwartet sie und dürfte inzwischen ein wenig ungeduldig geworden sein.« Während die Stimme noch zu hören war, klappte der untere Teil des Briefkastens, der in der Hauswand eingelassen war wie ein kleiner Müllschlucker auf. Die beiden Gangster sahen sich kurz an und nickten sich dann zu. Sie sahen ein, daß hier nichts mehr zu machen war. Sie warfen zwei Revolver, zwei Totschläger und zwei dolchartige Messer in den Briefkasten, der daraufhin automatisch zuklappte. Sekunden später klickte es, worauf die Haustür sich automatisch öffnete.
Die beiden Gangster betraten zögernd das Gebäude und standen dann in einer Art Vorflur. Sie fuhren nervös herum, als die schwere Haustür sich hinter ihnen schloß. Durch eine Glastür konnten die beiden Gangster in die Wohnhalle des Hauses bücken. Sie sahen jenseits der Tür einen Butler, der sich nur andeutungsweise verbeugte und dann nach links auf die geöffnete Tür zu einem Salon wies. Die beiden jungen Smokingträger witterten ihre Chance. Okay, sie waren zum Schein auf die Wünsche eingegangen, die man ihnen per Lautsprecher übermittelt hatte, doch jetzt waren sie an der Reihe, um diese Panne wieder auszubügeln. Sie hatten nämlich nicht alle Waffen abgeliefert ... Noch verfügte jeder von ihnen über eine kleine Automatik, die sie unterhalb ihrer Knie trugen. Blitzartig holten sie die Waffen hervor und begannen ihren Angriff. Sie warfen sich gemeinsam gegen die Glastür und wollten in die Wohnhalle stürmen, um es diesem Butler gründlich zu besorgen. Sie barsten fast vor Wut und mußten sich abreagieren. Doch sie erlebten, die nächste Überraschung. Sie warfen sich zwar gemeinsam gegen die leicht und zierlich aussehende Glastür, aber die rührte sich nicht. Sie bestand in Wirklichkeit aus schwerem Panzerglas in solidem Stahlrahmen. »Sie sollten sich um eine gewisse Seriosität bemühen«, hörten sie den Butler sagen. »Wenn Sie erlauben, werde ich Ihre möglicherweise
vorhandenen Bestrebungen ein wenig fördern und unterstützen.« Parker ließ in seiner linken, weiß behandschuhten Hand eine Art Fernsteuerung sehen, wie man sie für Fernsehgeräte verwendet. Er drückte auf einen der vielen Knöpfe, worauf die beiden Gangster wie durch Zauberei im wahrsten Sinn des Wortes plötzlich den Boden unter ihren Füßen verloren. Sie schrien gemeinsam und sausten durch eine sich öffnende Falltür in einen Keller, den vor ihnen bereits andere Gangster kennengelernt hatten. * »Okay, Lady, diese Runde geht an Sie«, sagte Dockratte Blackfen und nickte fast anerkennend. »Ich hatte wohl die faulen Tricks Ihres Butlers vergessen.« »Sie rechnen mit weiteren Runden?« erkundigte die ältere Dame sich. Agatha Simpson saß in einem hochlehnigen Ledersessel vor dem Kamin und sah den Mann interessiert an. »Das hier war nur'n Vorspiel«, erwiderte Blackfen. »Ich weiß jetzt, wo's lang geht.« »Sie glauben, ich würde Sie wieder freisetzen?« »Müssen Sie wohl, Lady.« Blackfen grinste. »Umbringen werden Sie mich nicht, das sitzt bei Ihnen nicht drin. Und wenn Sie mich festhalten, hänge ich Ihnen 'nen saftigen Prozeß an den Hals. Es gibt da nämlich einige Leute, die genau wissen, wohin ich gefahren bin.«
»Meinen Sie die beiden Lümmel, die Sie zur Haustür geschickt haben?« »Die haben Sie auch kassiert?« Blackfen bleckte die ein wenig schadhaften Zähne. »Es ließ sich nicht umgehen«, schaltete der Butler sich ein, der seiner Herrin ein Kreislaufbelebungsmittel reichte. Es handelte sich um einen erstklassigen französischen Cognac, den sie dazu benutzte. »Es gibt noch mehr Leute.« Blackfen winkte lässig ab. »Aber kommen Sie doch endlich mal zu Stuhle, Lady. Was wollen Sie von mir? Warum sind Sie hinter mir her?« »Haben diese Subjekte Vickers und Litty Sie verständigt?« »Ich würd' sie umbringen, wenn sie's nicht getan hätten.« »Ein Menschenleben zählt für Sie nicht?« »Lassen wir doch dieses verdammte Geplänkel, Lady. Sagen Sie mir endlich, warum Sie mich gekidnappt haben.« »Mylady interessieren sich für Ihre augenblicklichen Geschäfte, Mr. Blackfen«, schaltete der Butler sich ein. »Mylady vermutet, daß Sie sie ausweiten und sich jetzt zusätzlich noch mit dem Versenken von Tankern und Frachtern befassen.« Blackfen starrte den Butler überrascht an. Dann schaute er zu Agatha Simpson hinüber und brach in schallendes Gelächter aus. »Haben Sie nicht mehr alle Tassen im Schrank?« wollte er dann von Lady Agatha wissen. Danach hätte er sich wohl besser nicht erkundigt, wie
sich umgehend zeigte. Lady Simpson warf ihm ohne jede Vorwarnung ihren Pompadour an den Kopf. Sie besorgte das sehr kraftvoll und gekonnt. Blackfen, der damit nicht gerechnet hatte, mußte den im Pompadour befindlichen >Glücksbringer< voll nehmen. Sein Kopf flog zurück, der Mann gurgelte ein wenig und tastete dann nach seiner Nase. Er bekam in seiner Verwirrung nicht mit, daß Parker inzwischen hinter ihm stand und den Pompadour barg. »Verdammte Schachtel!« Blackfen fingerte an seiner Nase herum, federte aus dem Sessel und wollte sich auf die ältere Dame stürzen. Josuah Parker aber verhinderte das in seiner einmalig höflichen Art. »Nicht doch, Mr. Blackfen«, sagte er und drückte den Gangster mit den Händen auf die Sitzfläche zurück. Dabei erlitt die Dockratte einige Stauchungen im Rückgrat. »Sie sollten in der Wahl Ihrer Ausdrücke vielleicht ein wenig vorsichtiger sein, Mr. Blackfen«, sagte der Butler dazu. »Und es empfiehlt sich, nun Myladys Frage eindeutig zu beantworten.« »Ich ... Ich versenke keine Schiffe«, sagte die Dockratte dann und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wer hat Ihnen denn sowas eingeredet? Ich laß doch keine Schiffe in die Luft fliegen! Wer behauptet, daß ich sowas mache? Den Kerl bring' ich um!« »Sie können sich nicht vorstellen, wer Ihnen solche Dinge zutraut? « erkundigte Parker sich gemessen.
»Sie sind ahnungslos, wer so etwas von Ihnen behauptet haben könnte?« »Dave Ilford! Der ist es gewesen, nicht wahr? Nee, Sie brauchen mir nichts zu sagen, Sie brauchen's auch gar nicht abzustreiten, ich weiß Bescheid. Na, der kann sich auf was gefaßt machen! Wenn einer die verdammte Schweinerei begeht, Pötte absaufen zu lassen, dann Ilford.« »Und warum wären Sie dazu nicht fähig?« erkundigte Agatha Simpson sich skeptisch. »Lady, ich war mal Seemann«, lautete die überraschende Antwort. »Verstehen Sie, was ich meine? Ich war mal Seemann! Ich würd' keinen noch so kleinen Kahn auf Grund setzen und die Jungens dabei draufgehen lassen. Ich hab' andere Methoden, um an mein Stück Kuchen zu kommen. Nee, sowas würd' ich nicht machen.« »Was meinen Sie zu dieser Aussage, Mr. Parker?« Agatha Simpson wandte sich an ihren Butler. »Falls Mylady einverstanden sind, werde ich Myladys Gast zur Tür geleiten«, antwortete der Butler gemessen und steif. »Mr. Blackfen möchte vielleicht noch die Freuden dieser Nacht genießen.« * »Ihr Leichtsinn ist kaum noch zu überbieten, Mr. Parker«, sagte Agatha Simpson verärgert. »Doch, ich korrigiere mich, Ihre Vertrauensseligkeit ist noch größer.« »Mylady tadeln die Entlassung der Dockratte?«
»Was sonst?« Sie sah ihn grimmig an. »Solche Gangster läßt man nicht einfach laufen.« »Mr. Blackfen, Mylady, wird einer der eifrigsten Mitarbeiter in diesem Fall werden«, entgegnete der Butler würdevoll. »Er dürfte nach Lage der Dinge alles daran setzen, sich von dem geäußerten Verdacht reinzuwaschen.« »Sie trauen ihm diese Sache mit den Tankern und Frachtern also nicht zu?« »Nach Lage der Dinge möchte ich Mr. Blackfen in dieser Hinsicht für unbeteiligt und unschuldig halten, Mylady.« »Sie ahnungsloser Engel, Sie!« »Er war Seemann, Mylady, das verbindet.« »Er hat Ihnen etwas vorgemacht! Um ein Haar hätte er vielleicht sogar noch Krokodilstränen geweint. Sie sind einfach zu gutgläubig, Mr. Parker.« »Wer ist eigentlich dieser Dave Ilford?« schaltete Kathy Porter sich ein. Sie hatte das schwarze Trikot längst ausgezogen und trug ein einfaches, sehr sittsam wirkendes Kleid. Wie eine geschmeidige Pantherkatze sah sie nicht mehr aus. »Mr. Dave Ilford, Miß Porter, ist das, was man in eingeweihten Kreisen einen neuen Stern am Gangsterhimmel bezeichnet. Er versucht sich zu etablieren und zu profilieren, wie man hört. Seine Mittel dazu sind Brutalität und sogar Mord. Seine Methoden sind selbst in Gangsterkreisen mehr als umstritten.« »Kennen Sie ihn, Mr. Parker?« erkundigte Kathy Porter sich.
»Ich hatte bisher noch nicht das zweifelhafte Vergnügen, Miß Porter.« »Wissen Sie wenigstens, wo dieser Lümmel zu finden ist?« fragte die ältere Dame grollend. »Wenn schon nicht Blackfen, dann wenigstens Ilford. Ich werde meine Hände nicht in den Schoß legen.« »Mylady dürfen versichert sein, daß ich mich bemühen werde, Kontakte zu besagtem Mr. Ilford herzustellen«, versprach Josuah Parker. »Ich bitte darum, Mr. Parker«, erwiderte die Detektivin. »Aber ich wiederhole noch mal, der wirkliche Täter ist diese Dockratte. Das spüre ich in den Fingerspitzen.« »Wie Mylady wünschen.« Parker deutete eine knappe Verbeugung an. »Ein ziemlich ergebnisloser Tag«, räsonierte Lady Agatha und erhob sich aus ihrem Ledersessel vor dem Kamin. »Wir sind keinen Schritt weitergekommen.« Bevor Parker dazu Stellung nehmen konnte, klingelte es an der Haustür. Lady Simpsons Gesicht nahm sofort einen leicht freudigen Ausdruck an. Wahrscheinlich hoffte sie auf einen weiteren Zwischenfall. Ihr Bedarf an Abenteuern war noch längst nicht gedeckt. Parker verließ den Salon, schritt gemessen durch die Eingangshalle in den Vorflur und schaltete hier nach Öffnung eines Wandschränkchens die unter dem Vorbau montierte hauseigene Fernsehkamera ein. »Nun machen Sie schon auf«, sagte der untersetzte, bullig aussehende Mann vor der Haustür und sah genau in die Kamera, ein
sicheres Zeichen dafür, daß er von ihrer Existenz sehr genau wußte. Dieser Mann, an eine Bulldogge erinnernd, hatte ein fast rundes Gesicht und runde Basedowaugen. »Mylady werden entzückt sein«, sagte Josuah Parker. »Darf auch ich Ihnen meinen nächtlichen Gruß entbieten, Mr. McWarden?« Parker öffnete und Heß ChiefSuperintendent McWarden eintreten. Er war der eigenwillige und stets leicht unter Dampf stehende Chef einer Sonderabteilung des Yard. * »Sie kommen natürlich wieder mal zufällig vorbei, nicht wahr?« spottete die ältere Dame, nachdem McWarden im Salon war und sie begrüßt hatte. »Ich komme gezielt«, antwortete McWarden. »Und ich weiß noch nicht, ob ich mich wegen dieses späten Besuches entschuldigen soll oder muß.« »Entscheiden Sie sich später, junger Mann«, sagte Lady Simpson, worauf McWarden prompt ein saures Gesicht zog. Er haßte es, von Lady Agatha als >junger Mann< bezeichnet zu werden. Er war immerhin fünfzig. »Mir sind da eben einige Informationen zugetragen worden«, begann McWarden, nachdem er Platz genommen hatte. »Sie beschäftigen sich wieder mal mit einem Kriminalfall, Mylady?« »Hoffentlich können Sie mir noch mal verzeihen, McWarden«, gab die Dame des Hauses süffisant zurück.
»Sie müssen wieder mal ganz schön tätig gewesen sein. Mylady.« »Was die Leute so reden.« Agatha Simpson winkte desinteressiert ab. »Sie waren in zwei privaten Nachtclubs«, zählte der ChiefSuperintendent auf. »Sie waren bei Vickers und Litty, nicht wahr?« »Ich mußte mich etwas entspannen, lieber McWarden.« Sie schmunzelte. »Diese Entspannungen kenne ich, Mylady«, entgegnete McWarden. »Sie müssen ganz schön zugeschlagen haben, wie mir berichtet wurde.« »Es gab da einige Flegel, die mir zu aufdringlich wurden.« »Ich hörte so nebenbei, daß Sie sich für die Dockratte interessieren, Mylady?« »Ihre Spitzel sind auch nicht mehr das, was sie mal waren«, stellte Lady Agatha abfällig fest. »Es geht also um die beiden Tanker und die drei Frachter, wie?« Der Chief-Superintendent ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. Er nickte nur flüchtig, als Parker ihm einen Whisky servierte. »Mr. Parker, kennen wir diesen Fall?« Lady Simpson sah Butler Parker fragend an. Sie wußte nicht recht, wie sie sich verhalten sollte. »Zwei Frachter und drei Tanker?« fragte Parker höflich zurück. »Zwei Tanker und drei Frachter«, korrigierte McWarden. »Tun Sie doch bloß nicht so, als wüßten Sie nicht längst Bescheid! Mir machen Sie nichts vor.« »Da war doch was?« Lady Simpson dachte übertrieben angestrengt nach und sah erneut
ihren Butler an. »Hatte Mr. Fulham nicht davon erzählt? Oder werfe ich das mit einer anderen Geschichte durcheinander? Man wird alt, junger Mann. Eines Tages werden auch Sie das merken.« »Fulham hat Sie also um Hilfe gebeten.« McWarden nickte zufrieden. »Einige seiner Geschäftsfreunde hingegen waren bei mir, Freunde, die ebenfalls betroffen sind. Und ich denke, sie haben sich damit an die wirklich richtige Adresse gewandt.« »Daß das ein Irrtum war, werden diese Dummköpfe bald herausfinden«, erwiderte Lady Agatha ungeniert. »Solch ein Fall ist nichts für die Behörden.« »Sie geben also zu, daß Sie ...« »Warum rücken Sie nicht endlich mit Ihrem Angebot heraus, McWarden, daß man doch eigentlich zusammenarbeiten könnte?« fragte die ältere Dame spitz. »Reden Sie nicht um den heißen Brei herum!« »Nun ja, gegen eine Zusammenarbeit wäre nichts einzuwenden«, räumte McWarden ein. »Inoffiziell natürlich, damit ich nicht falsch verstanden werde.« »Sie sitzen also bereits auf dem Trockenen, wie?« stichelte Lady Agatha genußvoll. »Davon kann überhaupt keine Rede sein«, wehrte McWarden sich. »Lassen Sie es mich so ausdrücken: Meine Möglichkeiten sind leider beschränkt.« »Sie fordern mich geradezu zu einer spitzen Bemerkung heraus«, meinte die Detektivin. »Aber ich werde sie mir verkneifen.«
»Es würde Tage oder sogar Wochen dauern, bis ich eine Genehmigung bekäme, nach den Bermudas zu fliegen. Sie hingegen brauchten sich ja nur in eine Maschine zu setzen.« »Und was soll ich auf den Bermudas?« fragte Lady Agatha, deren Augen schon wieder unternehmungslustig glänzten. »Dort ist gerade wieder ein Frachter gesunken«, lautete McWardens lakonische Antwort. »Er ist aber erfreulicherweise auf einem Riff hängen geblieben und kann teilweise noch besichtigt werden.« »Mr. Parker, bestellen Sie die notwendigen Flugtickets«, sagte die energische Dame zu ihrem Butler. »Diesen Frachter werde ich mir aus der Nähe ansehen.« * Dave Ilford, der neue Stern am Gangsterhimmel, sah aus wie ein jugendlicher Filmheld. Er war groß, sportlich durchtrainiert und hatte ein gebräuntes, kühn geschnittenes Gesicht. Von seiner Brutalität war ihm nichts anzumerken. Sein Lächeln war strahlend wie das für eine Zahnpastareklame. Im Moment lächelte er allerdings nicht. Er befand sich in seinem Apartment, das über einem Supermarkt in der Nähe der East India Docks lag. Dieser Supermarkt gehörte ihm und war seine bürgerliche Tarnung nach außen hin. Dave Ilford hatte gerade eine Information erhalten, die ihm
überhaupt nicht schmeckte. Ein > Überlaufer<, der noch für Glenn Blackfen arbeitete, hatte gerade angerufen und berichtet, ein gewisser Butler Parker habe sich bei Blackfen nach ihm, Ilford, erkundigt. Die näheren Einzelheiten hatte ihm dieser Überläufer nicht berichten können, doch das war jetzt auch nicht sonderlich wichtig. Dave Ilford kannte den Ruf des Butlers. Und ihm war ebenfalls nicht unbekannt, wer eine gewisse Lady Simpson war. Ilford wußte zwar, daß dieses Duo amateurmäßig arbeitete, doch leider sehr effektiv. Es war also mit erheblichen Störungen zu rechnen, die er gerade jetzt nicht gebrauchen konnte. Zudem wußte er nicht, warum Parker sich für ihn interessierte. Wußte dieser Butler etwa, daß er, Ilford, in ein tolles Geschäft eingestiegen war? Im Gegensatz zu der Dockratte wollte Ilford noch intensiver in das Massengütertransportgeschäft einsteigen. Zur Zeit liefen da bereits einige erstklassig eingefädelte Geschäfte, die kurz vor dem Abschluß standen. Auch Ilford wollte erpressen. Sein Ziel waren die Reeder und ihre Schiffe. Gegen eine sogenannte Schutzgebühr wollte er sie dagegen >versichern<, daß ihre Schiffe irgendwann auf hoher See mit Maschinenschäden liegen blieben und herumtrieben. An Versenkungen war auch er nicht interessiert, das heißt, vorerst nicht. Sollte ein Reeder sich aber als zu schwerhörig erweisen, wollte Ilford auch solche Möglichkeiten in Betracht ziehen.
Ob dabei dann Menschen zu Tode kamen, war kein Thema für ihn. Ihn interessierte nur das Geld. Ilford hatte sich eine schlagkräftige, kleine Gang aufgebaut, die nur aus Spezialisten bestand. Sie stammten nicht aus London, sondern waren in Liverpool, Southampton und Cardiff rekrutiert worden. Sie taten Dienst in seinem Supermarkt und waren für das große Warenlager verantwortlich. Sie alle hatten eine intensive, kriminelle Vergangenheit, wurden von ihm erstklassig bezahlt und waren bereit, jeden Auftrag auszuführen. Ilford fragte sich nach dem Telefonanruf, ob einer der Reeder, den er in die Zange genommen hatte, sich wohl an den Butler gewandt haben könnte. Drei potentielle Kunden kamen dafür in Betracht, drei Reeder, denen er sein Angebot unterbreitet hatte. Hatten sie entgegen seiner eindringlichen Warnung doch den Mut gehabt, um Hilfe zu bitten? Natürlich war Ilford nicht so dumm gewesen, selbst in Erscheinung zu treten. Er hatte das per Telefon erledigt mit verstelltverzerrter Stimme. Man konnte ihm nichts anhängen. Wenn hier einer also Tips geliefert hatte, dann wohl nur die Dockratte Blackfen, die um ihr Monopol fürchtete. Sollte er sich mit seinem Konkurrenten Blackfen anlegen? Er hielt die Dockratte inzwischen für zahnlos. Sie hatte längst nicht mehr den Biß, den sie mal gehabt hatte. Sie hatte inzwischen zuviel Geld gemacht und war bequem geworden.
Dave Ilford stand vor einem der großen Panoramafenster seines modern eingerichteten Apartments und sah zum nahen Hafen hinüber. Gegen den nächtlichen Himmel waren im Widerschein der Lichter die Kräne, Lagerschuppen und Deckaufbauten der dort festgemachten Schiffe zu sehen. Ein romantisches Bild, für das dieser junge, ehrgeizige und hungrige Gangster jedoch kein Auge hatte. Er dachte an seine Geschäfte und an einen gewissen Butler Parker. Ihn und diese Lady Simpson mußte er ausschalten. Je schneller, desto besser. Sie durften erst gar keine Zeit finden, sich störend einzuschalten. Sie mußten so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwinden. Die ganze Geschichte mußte aber so angelegt werden, daß der Verdacht auf die Dockratte Blackfen gelenkt wurde. Besonders schwer konnte das nicht sein. Dave Ilford zuckte plötzlich wie unter einem Peitschenhieb zusammen und warf sich instinktiv zurück. Irgend etwas war gegen die große Scheibe geklatscht und hinterließ einen langen Sprung. Ilford rannte zur Tür und schaltete erst mal das Licht aus. Dann schalt er sich einen ausgemachten Trottel, sich so als Ziel dargeboten zu haben. Er pirschte zurück ans Fenster und schob die Tür auf, die hinaus auf die Terrasse führte. Nach einigem Suchen fand er den Gegenstand, der die Panoramascheibe leicht lädiert hatte. Es war eine bunte Glasmurmel, wie sie von Kindern benutzt wird. Sie war umwickelt mit einem Stück Papier, das er zurück in
das große Zimmer brachte, glättete und dann genauer untersuchte. Das Stück Papier enthielt einen knappen Text. Ein gewisser Butler Parker wünschte eine erfreulich gute Nacht und warnte abschließend vor Geschäften mit der Schiffahrt! * »Gut gemacht«, sagte die Dockratte zu ihrem Fahrer und nickte spöttisch. »Jetzt wird Ilford bald in Aktion treten, denke ich.« Der Fahrer war zurück in den Rolls gestiegen und fuhr an. Auf Blackfens Wunsch hin hatte er die Glasmurmel schwungvoll gegen die Panoramascheibe geschmettert. Zettel und Text stammten von Blackfen, dem daran gelegen war, dem Butler einen bösen Streich zu spielen. Ilford, der hungrige Gangster und Konkurrent, sollte sich ab sofort mit Butler Parker beschäftigen. Es gab da eigentlich nur zwei Möglichkeiten, wie er sich ausgerechnet hatte: Entweder holte Ilford sich eine blutige Nase, oder aber Parker trug den Schaden davon. In beiden Fällen konnte also er, Blackfen, einen Erfolg verbuchen! Es war nicht gerade leicht gewesen, in dieser Nacht eine Glasmurmel aufzutreiben. Sein Fahrer hatte es schließlich geschafft, nachdem er die Tür zu einem Spielwarenladen aufgestemmt hatte. Es hatte eine Glasmurmel sein müssen, denn Blackfen wußte von früher, daß der Butler liebend gern solche Geschosse benutzte.
Dockratte Blackfen lehnte sich zurück und rauchte genußvoll seine Zigarre. Jetzt würden die Dinge ihren vorberechneten Lauf nehmen. Ilford würde nicht lange zögern, den Butler anzunehmen. Sein junger Konkurrent mußte nun der festen Ansicht sein, daß Parker sich auf seine Spur geheftet hatte. Blackfen dachte über die Schmach nach, die Parker ihm zugefügt hatte. Dieser Butler und seine Tricks! Es wurde allerhöchste Zeit, ihn für immer auszuschalten. Dieser trickreiche Mann und die alte Lady waren ja schon fast so etwas wie eine öffentliche Gefahr für die ganze Branche. Blackfen fragte sich, warum man sich nicht längst zusammengetan hatte, um dieses Duo zu erledigen. Gegen einen massierten Einsatz hatten Parker und die alte Lady keine Chance ... Nun ja, vielleicht war Ilford erfolgreich. Blackfen schloß die Augen und malte sich aus, wie sein junger Konkurrent jetzt aktiv wurde. Möglicherweise ging er noch in dieser Nacht zum Angriff über. * »Darf ich mir gestatten, Mylady eine geruhsame Nacht zu wünschen?« Parker hatte seine Herrin bis an den Fuß der Treppe gebracht, die ins Obergeschoß führte. »Danke, Mr. Parker!« Sie nickte gnädig. »Mit weiteren Besuchen ist wohl nicht zu rechnen, wie?« »Solch eine Möglichkeit, Mylady, möchte ich allerdings nicht ganz ausschalten.«
»Das hört sich aber recht gut an«, erwiderte sie erfreut. »Wer könnte denn Ihrer Meinung nach kommen?« »Ein gewisser Mr. Dave Ilford, Mylady.« »Wieso sollte er kommen?« »Dafür dürfte Mr. Blackfen inzwischen gesorgt haben, Mylady, falls ich ihn richtig einschätze.« »Die Dockratte, Mr. Parker? Sie glauben, er würde Ilford auf mich hetzen?« »Aus Gründen der Taktik und Rache, Mylady.« »Sehr hübsch.« Agatha Simpsons Augen funkelten. »Wird dieser Ilford so dumm sein und kommen?« »Nachdem, Mylady, was man so über ihn sagt, dürfte er nicht lange säumen.« »Sie haben doch alles zu seinem Empfang vorbereitet, wie?« »Die Weichen, Mylady, um es mal so auszudrücken, sind bereits entsprechend gestellt.« »Dann werde ich nicht zu Bett gehen, Mr. Parker. Verständigen Sie mich, wenn es soweit ist! Diesen Lümmel möchte ich mir gründlich aus der Nähe ansehen. Glauben Sie, daß er die Frachter und Tanker auf dem Gewissen hat? « »Mylady können ihn danach hoffentlich bald fragen.« »Und wie ich ihn fragen werde!« Parkers Herrin nickte nachdrücklich. »Ich werde sogar besonders höflich zu ihm sein.« * Der Morgen graute bereits schüchtern, als Ilford anrückte.
Immer wieder hatte er sich alles gründlich durch den Kopf gehen lassen und schließlich seinen Entschluß gefaßt. Parker und die Lady mußten möglichst schnell ausgeschaltet werden. Ilford wollte seine geldträchtigen Geschäfte nicht gefährden. Natürlich kam er nicht allein. Im Kastenaufbau des kleinen Lieferwagens saßen drei seiner >Mitarbeiter<, am Steuer ein vierter. Ilford hatte auf dem Beifahrersitz vorn Platz genommen und kämpfte gegen eine gewisse, ihm unverständliche Nervosität an. Diese Fahrt hinaus nach Shepherd's Market war ihm irgendwie unangenehm. Insgeheim gestand er sich ein, daß er sogar so etwas wie Angst hatte. Zuviel schon hatte er über diesen Butler gehört. Der Mann mußte unberechenbar sein. Höchste Vorsicht war also geboten, wenn man nicht blindlings in eine Falle laufen wollte... Kurz vor Erreichen von Shepherd's Market ließ Ilford halten und öffnete die Klappe in der Rückwand des Fahrerhauses. Er beugte sich vor und instruierte noch mal seine Angestellten. »Wir stürmen das Haus also nicht direkt«, schärfte er seinen Leuten ein. »Wir steigen in eines der benachbarten Häuser ein und drücken die Trennwand ein. Ist die Ladung dafür klar?« »Braucht nur noch gezündet zu werden«, sagte einer der drei Männer und nickte. »Hört man kaum, Boß. Habe ich genau berechnet.« »Mit dieser Überraschung rechnet Parker ganz bestimmt nicht.« Ilford
nickte. »Natürlich wird er annehmen, wenn überhaupt, daß wir's an der Haustür versuchen werden, oder vielleicht hinten am Haus. Sobald die Mauer eingedrückt ist, geht die Post ab, Jungens! Es muß alles blitzschnell klappen, er darf überhaupt keine Zeit finden, sich auf die neue Situation einzustellen.« »Ist die Type wirklich so gefährlich, Boß?« fragte einer der Männer ungläubig. »Noch gefährlicher«, bestätigte und steigerte Ilford. »Der Typ ist 'ne wandelnde Trickkiste, habe ich mir sagen lassen. Wir gehen deshalb auf nichts ein.« »Und wenn wir sie hochgenommen haben, den Butler und die Lady?« fragte der dritte Mann. »Laden wir sie zu 'ner Spazierfahrt in unserem Lieferwagen ein«, antwortete Ilford. »Irgendwo im Hafengebiet wird denen dann ein kleines Unglück passieren.« Ilford schloß die Klappe und nickte seinem Fahrer zu, der so etwas wie seine rechte Hand war. Der junge Mann -er mochte knapp fünfundzwanzig sein -hieß Jack Delmore. Er ließ den Lieferwagen wieder anrollen und sah seinen Boß dann kurz an. »Ist was?« fragte Ilford. »Dieser Butler ist also clever und raffiniert«, schickte Jack Delmore voraus. »Er klatscht Ihnen 'ne Glasmurmel mit 'nem Zettel gegen die Scheibe. Wollte er Sie damit auf die Palme bringen?« »Selbstverständlich, Jack. Ich kenne deine nächste Frage: Wartet er nicht auf uns?« »Genau danach wollt' ich fragen.«
»Natürlich wartet er auf uns, aber er kommt nie auf die Idee, daß wir durchs Nachbarhaus antanzen. Das ist ja mein Trick. Immer genau das tun, womit der Gegner nicht rechnet. Dieser Parker wird die Vorder- und Rückseite des Hauses abgesichert haben wie 'ne Bank, aber mit unserer Sprengung rechnet er nicht. Bevor die übrigen Nachbarn was gemerkt haben, sind wir längst über alle Berge.« Delmore lachte leise. »Auf sowas können nur Sie kommen, Boß. Diesmal scheint der Butler sich übernommen zu haben.« »Hat er sich, Delmore, hat er sich!« Ilfords Stimme klang optimistisch und sicher. »Und bevor wir diesen Butler abservieren, wird er uns noch sagen müssen, wer ihn auf meine Spur gebracht hat. Wetten, daß er schnell reden wird?« »Leihen Sie ihn mir nur für zehn Minuten, Boß bat Jack Delmore fast beschwörend. »Nur zehn Minuten, und er wird singen wie 'ne Nachtigall.« »Von mir aus kannst du ihn sogar 'ne halbe Stunde lang haben«, antwortete Dave Ilford großzügig. »Ich will wissen, wer von meinen Kunden ihn um Hilfe gebeten hat. Anschließend ist dann dieser faule Kunde an der Reihe. Die Leute müssen sich endlich daran gewöhnen, daß ich den Ton angebe!« * Parker schien keinen Schlaf zu brauchen.
Er befand sich im Souterrain des alten Fachwerkhauses und saß vor dem langen Arbeitstisch in seiner sogenannten > Bastelstube < Nachdem er ausgiebig Unterlagen studiert hatte, die von Robert Fulham zurückgelassen worden waren, lenkte er sich ein wenig ab, um besser und gründlicher nachdenken zu können. Mit außerordentlicher Geschicklichkeit und Wissen um die Dinge arbeitete er an einem völlig normal aussehenden Kugelsehreiber, der allerdings zur regulären Mine noch eine Spezialfüllung erhielt. Parker benutzte solche Gegenstände des alltäglichen Bedarfs, um sie umzufunktionieren und in kleine Abwehrwaffen zu verwandeln. Er wurde in seinem Tun unterbrochen, als auf der erstaunlich großen Schalttafel über dem Arbeitstisch plötzlich eine rote Signallampe aufflackerte. Der Butler wußte damit automatisch, daß Alarm gegeben wurde. Er orientierte sich kurz und wußte dann im Detail Bescheid. Im rechten Anbau von Myladys Fachwerkhaus waren ungebetene Besucher erschienen, die natürlich nicht ahnten, daß fast sämtliche Häuser, die den kleinen Platz umstanden, sich im Besitz der älteren Dame befanden. Butler Parker stand auf und schritt gelassen und ohne Eile hinüber in den angrenzenden Korridor, öffnete hier eine Stahltür und betrat einen völlig normal aussehenden Keller, der einen aufgeräumten Eindruck machte. Für den Butler stand es fest, daß ein gewisser Dave Ilford auf der Bildfläche erschienen war. Die
Dockratte hatte also genau das getan, womit er gerechnet hatte: Sie hatte Ilford auf irgendeine Weise informiert und ihn so auf Mylady angesetzt. Die Reaktionen der Gangster waren oft von einer schon langweiligen Gesetzmäßigkeit. Parker blieb vor einem Regal stehen, das eine Wandnische füllte. Er drückte auf einen verborgen angebrachten kleinen Knopf und trat zur Seite. Sekunden später schwang dieses Regal, das mit Konserven gefüllt war, vor und dann zur Seite. Es gab eine weitere Stahltür frei, die sich wenig später ebenfalls wie durch Zauberhand öffnete. Der Butler schritt durch diese Tür und wartete, bis die Tür sich wieder hinter ihm geschlossen hatte. Damit befand er sich bereits im rechten Nachbarhaus, dem heimlicher Besuch abgestattet werden sollte. Auch auf dieser Seite des Durchgangs gab es eine Mauernische mit einem Regal. Der Butler verließ diesen Kellerraum und erreichte auch hier einen Korridor. An der Treppe, die nach oben führte, blieb er stehen und horchte. Kein Zweifel, die Eindringlinge befanden sich bereits im Haus. Genauer gesagt, sie stiegen bereits über die Treppe ins Obergeschoß. Um wie viele Besucher es sich handelte, konnte Parker natürlich nicht sagen, aber darauf kam es auch gar nicht an. Auf einen Gangster mehr oder weniger brauchte er keine Rücksicht zu nehmen. Parker öffnete einen kleinen Wandkasten neben der Treppe. Der Laie hätte normale Sicherungen
gesehen und sich dabei nichts weiter gedacht. Aber der Butler ließ diese Attrappe zur Seite schwenken und drückte mit dem Zeigefinger zielsicher auf einen der vielen bunten Knöpfe, die zu sehen waren. * Sportlich, wie Dave Ilford sich gern gab, hatte er nach Öffnung der Hintertür des Hauses die Führung übernommen. Er hielt einen Revolver in der Hand, der mit einem modernen Schalldämpfer versehen war. Blitzschnell hatte er sich in den unteren Räumen vergewissert, daß die Bewohner eindeutig einen längeren Urlaub machten. Das Mobiliar und die schweren Sessel waren zugehängt worden. Es roch ein wenig nach Mottenpulver. Besser hätte es für den jungen Gangster gar nicht kommen können. So konnte man wenigstens ungestört schalten und walten und brauchte sich nicht mit aufgeschreckten Hausbewohnern abzugeben, wie er insgeheim angenommen hatte. Er winkte seine vier Begleiter zu sich heran und stieg über die breite Treppe nach oben. Die geplante Sprengung der Hauswand sollte nämlich im Obergeschoß erfolgen, da man so schneller an die Lady herankam. Normalerweise befanden sich Schlafräume eines Hauses ja stets im Obergeschoß. Dave Ilford marschierte also auf gar nicht mehr leisen Sohlen nach oben und blieb auf dem letzten Drittel stehen. Er wandte sich um und musterte seine Streitmacht. Sie war dichtauf gefolgt. Alles war in
bester Ordnung. Ilford geriet geradezu in euphorische Stimmung. Für ihn war dieser Coup bereits so gut wie abgehakt. Die kleine Sprengung war nur noch Routinesache. Er drehte sich um und stieg weiter nach oben, doch plötzlich erlebte er eine schreckliche Überraschung! Es gab nämlich keine Stufen mehr. Sie hatten sich flach gelegt und waren zu einer seifenglatten Rutschbahn geworden, die steil nach unten führte. Ilford hörte sich aufschreien, dann die Schreie seiner Leute, überholte seinen Vertrauten Delmore, stieß mit einem weiteren Gangster zusammen und blinzelte dann in ein grelles Licht Sekunden später war bereits alles erledigt. Zusammen mit seinen Leuten rutschte er in wenig graziöser Haltung durch eine breite Falltür in einen Keller. Die Gangster purzelten übereinander, behinderten sich gegenseitig, schlugen unnötigerweise um sich, fügten sich kleine Verletzungen bei und kamen erst nach einigen Sekunden zur Ruhe. Die Falltür über ihren Köpfen aber hatte sich inzwischen bereits wieder geschlossen. »Ruhe, Jungens«, verlangte Ilford und erhob sich. Er betastete sich sein aufgeschlagenes linkes Knie Und massierte sich seine schmerzende rechte Hüfte. »Sowas hab' ich mal in 'nem Stummfilm gesehen«, sagte Jack Delmore und fingerte nach einer Beule, die auf seinem Hinterkopf wuchs.
Die übrigen drei Gangster gaben ebenfalls einige Kommentare von sich, auf die Dave Ilford jedoch nicht einging. Er starrte hoch zur Falltür, die seiner Schätzung nach etwas drei Meter über ihm zu sehen war. »Und jetzt?« fragte Jack Delmore. »'ne perfektere Falle gibt's gar nicht, Boß.« »Dieses verdammte Miststück«, beschwerte Ilford sich und meinte eindeutig den Butler. »Wir sprengen die Falltür auf«, entschied Ilford, der bereits einen neuen Plan gefaßt hatte, wie es sich für den Boß einer Gang auch so gehörte. »Und gehen alle dabei drauf«, antwortete Jack Delmore. »Nee, Boß, so geht das nicht.« »In der Tat, meine Herren«, war in diesem Augenblick die höfliche Stimme des Butlers zu vernehmen, die aus einem vergitterten Luftschacht drang, in dem sich ein Lautsprecher befand. »Sprengstoff ist in dieser Lage nicht unbedingt empfehlenswert, wenn ich so sagen darf. Aber vielleicht finden Sie andere Lösungen. Nehmen Sie sich nur Zeit! Sie werden verstehen, daß ich mich jetzt entschuldige. Mylady erwartet pünktlich das Frühstück.« * »Der Tee, Mylady«, meldete Parker und betrat das kleine Frühstückszimmer seiner Herrin. »Sehr schön.« Lady Agatha nickte gewährend. »Was gibt es denn sonst, Mr. Parker?«
»Toast, Mylady, Eier mit Speck, kleine Bratwürste, geräucherter Fisch und Porridge, dazu Butter und schottische Marmelade.« »Nun ja«, seufzte die Detektivin auf. »Man muß sich eben in die Zucht nehmen können. Meine Diät verlangt leider Beschränkung.« »In der Tat, Mylady«, antwortete Parker, ohne eine Miene zu verziehen. Er servierte die >Diät<, wie Agatha Simpson es ausdrückte und goß den starken Tee ein. »Da wäre noch etwas, Mylady.« »Heiße Pfannkuchen?« erkundigte die Lady sich hoffnungsfroh. »Mr. Ilford und vier Begleiter«, sagte Parker lakonisch. »Wie war das?« Sie richtete sich steil auf. »Mylady sollten gegen Morgen besucht werden«, redete der Butler weiter. »In Anbetracht dieser frühen Stunde wagte ich es nicht, Myladys Ruhe zu stören.« »Moment mal, Mr. Parker. Wir haben Besuch bekommen?« »Mr. Ilford und vier Begleiter, Mylady.« Parker nickte bestätigend, um sich dann über die Einzelheiten zu verbreiten. Er faßte sich ungewöhnlich knapp und brauchte nur etwa fünf Minuten, bis er seinen Bericht erstattet hatte. »Sie hätten mich wecken sollen«, tadelte die Lady anschließend. »Sie haben diese Flegel über die Tricktreppe rutschen lassen?« »Dieser Transport hinunter in den Keller bot sich förmlich an, Mylady.« »Und was machen diese Subjekte jetzt?«
»Im Moment herrscht in besagtem Keller betretenes Schweigen, Mylady.« »Aber diese Kerle sind noch bewaffnet, wie?« »In der Tat, Mylady!« »Kann man den Keller unter Wasser setzen, Mr. Parker?« Sie funkelte Josuah Parker freudig an. »Dies ließe sich bewerkstelligen, Mylady.« »Und warum tun Sie's nicht?« »Ich wollte Mylady nicht vorgreifen. Zudem sollten Mylady entscheiden, ob man diese IlfordGang nicht Chief-Superintendent McWarden übereignet.« »Nach dem Bad.« Sie nickte. »Was wird man diesem Ilford und seinen Leuten anhängen können?« »Einbruch, Mylady, zudem verbotener Waffenbesitz. Diese Delikte dürften für einige Monate garantieren.« »Zu wenig«, fand die resolute Dame grimmig. »Nach der Haftverbüßung wird dieser Ilford natürlich wieder die Reeder erpressen, nicht wahr?« »Mit einiger Sicherheit, Mylady.« »Und wie können wir das verhindern? Ich hoffe, Sie haben sich inzwischen etwas einfallen lassen.« »In der Tat, Mylady. Mr. Ilford betreibt einen Supermarkt und wohnt in einem Apartment über seinen Geschäftsräumen. Vielleicht erwägen Mylady, dieser Wohnung einen Besuch abzustatten? Möglicherweise finden sich bei dieser Gelegenheit Beweisstücke, die die Machenschaften Mr. Ilfords offenbaren.«
»Zwei Seelen, ein Gedanke«, räumte die Detektivin großzügig ein. »Genau das wollte ich Ihnen gerade vorschlagen. Wir fahren nach diesem kleinen Frühstück, Mr. Parker. Glauben Sie übrigens, daß Ilford der Mann ist, den wir suchen?« »Ihm ist durchaus zuzutrauen, daß er Frachter und Tanker versenkt, Mylady.« »Sobald wir wieder zurück sind, werde ich ihn danach fragen«, entschied Agatha Simpson. »Sorgen sie dafür, daß ich mich dann mit ihm allein und unter vier Augen unterhalten kann! Sie verstehen?« »Durchaus, Mylady.« Parker nickte. »Sicherheitshalber erlaubte ich mir, den Flug nach den Bahamas ein wenig zu verschieben.« »Aufgeschoben ist nicht aufgehoben«, erwiderte sie. »Auf ein paar Stunden mehr oder weniger kommt es mir da nicht an. Hauptsache, ich bekomme diesen Frachter zu sehen.« Sie widmete sich wieder ihrem kleinen Frühstück, wie sie es untertreibend genannt hatte, und delektierte sich an den gebratenen Würstchen, die nicht gerade unterernährt aussahen. * Dave Ilford hatte jedes Zeitgefühl verloren. Ob er nun schon seit Stunden oder gar Tagen in diesem verdammten Keller saß, hätte er kaum sagen können. Er war inzwischen genau so mundfaul geworden wie sein Assistent Delmore und die übrigen drei Gangster. Sie hatten sich auf
dem nackten Kellerboden niedergelassen und lehnten gegen die Wände ihres Gefängnisses. Keiner von ihnen machte sich übrigens Gedanken darüber, wieso dieser Keller mit Kacheln ausgelegt war. Dave Ilford ärgerte sich auch kaum noch über seine Dummheit, in diese Falle getappt zu sein. Natürlich war ihm inzwischen klar geworden, daß der Zettel, den man samt Stein gegen die Scheibe seines Apartments geschleudert hatte, nur ein raffinierter Trick gewesen war. Ilford glaubte immer noch, daß der Butler ihn auf diese Weise hereingelegt hatte. Natürlich hatte der Gangsterboß Rache geschworen. Sie sollte diejenigen Reeder treffen, die da offensichtlich geredet und sich mit Parker in Verbindung gesetzt hatten. Einer dieser Leute mußte den Mut gefunden haben, von der geplanten Erpressung zu berichten. Ilford wollte später alle Reeder befragen, einen nach dem anderen. Und sie konnten sich bereits jetzt auf einiges gefaßt machen. »He, Boß, was ist denn das?« fragte Jack Delmore plötzlich. Ilfords rechte Hand, wie es in der Gang hieß, deutete auf den gefliesten Boden. Der Mann grinste dann. »Scheint einer undicht geworden zu sein.« Ilford musterte den nassen Fleck auf dem Boden. Dann sah er seine drei Angestellten kopfschüttelnd an. »Reißt euch zusammen, Jungens!« Sie waren nun ebenfalls auf den nassen Fleck aufmerksam geworden, sahen ihren Boß an und schüttelten nacheinander ihre Köpfe.
»Das hat nichts mit uns zu tun«, schaltete Jack Delmore sich ein. »Das Ding wird immer größer.« »Komisch.« Auch Ilford war auf dieses Phänomen bereits aufmerksam geworden. Der nasse Fleck vergrößerte sich zusehends und war bereits zu einer Pfütze geworden. Jack Delmore beugte sich hinunter und richtete sich dann ruckartig wieder auf. »Das ... Das kommt von unten 'rauf und durch«, sagte er dann zu Ilford. »Wieso von unten durch?« »Das sickert nach oben, Boß. Da muß irgendwo unter den Kacheln 'ne Wasserleitung undicht geworden sein.« »Tatsächlich, Jack.« Ilford sah die dicken Wasserblasen, die über den Fugen der Bodenfliesen sich bildeten, hörte jetzt ein Gluckern und feines Rauschen. »Rohrbruch«, meinte er. »Muß ein verdammt dickes Rohr sein, Boß.« »Wenn schon.« Ilford trat in Richtung Wand zurück, um keine nassen Schuhe zu bekommen. »Das Zeug kann nirgendwo ablaufen, Boß.« Jack Delmore dachte bereits weiter. »Das Wasser wird hier steigen.« »Und wir können nicht 'raus!« Jetzt hatte der Gangsterboß endlich begriffen. Er geriet in Panik. »Wir müssen hier 'raus!« »Schaffen wir nicht, Boß.« Delmore schüttelte den Kopf. »Dann müssen wir uns eben bemerkbar machen, Delmore. Los, Jungens, wir rufen auf Kommando. Und so laut wie möglich!«
Sie waren seiner Meinung, versammelten sich um ihn und warteten sein Kommando ab. Dann brüllten sie im Chor nach Hilfe, doch sie gewannen schnell den Eindruck, daß sie nicht gehört wurden. Die Falltür mußte sehr solide sein. Inzwischen stieg das Wasser bereits weiter, munter und schnell. Es hatte den ganzen Kellerboden bedeckt und floß bereits in die Schuhe der fünf Gangster. »'raus mit den Kanonen und die Falltür zerschießen«, befahl Dave Ilford jetzt. »Ohne Rücksicht auf Verluste, Jungens, schießt, was das Zeug hält.« Sie taten nichts lieber als das. Sie zogen ihre diversen Schußwaffen und richteten die Läufe nach oben. Dann begannen sie mit ihrem fulminanten Feuerwerk und schädigten ihre Trommelfelle. Der Krach im Keller war ohrenbetäubend. Doch das machte ihnen kaum etwas aus. Sie spürten nur das Wasser, das inzwischen noch munterer sprudelte und zu ihren Knien hochkroch. Und sie wartete darauf, daß die Holztür sich in Spänen auflöste. Doch genau das tat die Falltür nicht. Gewiß, sie schluckte alle Geschosse, zeigte auch Einschußlöcher, aber sie zerlegte sich keineswegs in ihre Einzelbestandteile. Sie blieb kompakt über ihnen im Rahmen hängen und rührte sich nicht. Nachdem die Gangster im wahrsten Sinne des Wortes ihr Blei und Pulver verschossen hatten, merkten sie, daß das Wasser ihre
Oberschenkel umspülte. Es war übrigens gut temperiert und verursachte mit Sicherheit keine schädigenden Auskühlungen. Die Gangster ließen resigniert ihre Waffen ins Wasser plumpsen und sahen ihren Boß dann abwartend an. Von ihm erwarteten sie eine Lösung dieses wässerigen Problems. »Das Wasser steigt immer weiter«, sagte Jack Delmore. »Ich bin ja nicht blind«, fauchte der Gangsterboß zurück. »Wir müssen warten, bis wir Wassertreten können, dann schwimmen wir mit hoch und sprengen die Falltür.« »Ich kann nicht schwimmen«, meldete einer der drei Gangster. »Ich auch nicht«, sagte ein zweiter Gangster. »Ich würd' dann absaufen.« »Wir strampeln euch mit hoch«, versicherte Ilford menschenfreundlich. »Und wie wollen wir sprengen?« erkundigte Delmore sich wütend. »Das sitzt doch überhaupt nicht drin. Dann gehen wir doch alle drauf.« »Sprengen oder absaufen«, sagte Ilford. »Warum sprengen wir nicht 'ne Wand ein?« erkundigte sich der dritte Angestellte. »Der Keller ist zu klein«, fand Delmore. »Wir gehen alle drauf. Der Plastiksprengstoff ist Spitze.« »Sprengen oder absaufen«, wiederholte Ilford noch mal. »Wir haben keine andere Chance.« »Dem möchte ich höflich, aber durchaus entschieden widersprechen«, war in diesem Moment Parkers Stimme zu vernehmen. »Ein Aufsprengen der
vermeintlich normalen Kellerwand würde durchaus einer Katastrophe gleichkommen, denn die Mauern bestehen aus Eisenbeton. Sie würden sich unbeeindruckt zeigen.« »Verdammt, Parker, wollen Sie uns absaufen lassen?« brüllte Dave Ilford, nachdem er sich von seiner Überraschung erholt hatte. »Das hängt leider von der Länge der Reparatur der Wasserleitung, aber auch von Ihrem werten Verhalten ab, Mr. Ilford.« »Sagen Sie schon endlich, was Sie wollen? Holen Sie uns hier 'raus! Sie müssen doch wissen, daß das Wasser uns bis zum Hals steht.« »Sie übertreiben ein wenig«, korrigierte der Butler in seiner höflichen Art über den Lautsprecher. »Das Wasser dürfte im Schnitt etwa Brusthöhe erreicht haben.« »Holen Sie uns hier 'raus«, brüllte nun Jack Delmore nach oben. »Was Sie hier tun, ist doch glatter Mord.« »Mylady wünschen Mr. Ilford zu sprechen«, antwortete Parkers Stimme gemessen. »Mylady benötigen einige Detailauskünfte über Papiere und Aufzeichnungen, die Mylady zugänglich gemacht wurden. Ich werde mir also erlauben, eine Art Strickleiter nach unten zu werfen, die allerdings nur eine einzige Person zu tragen in der Lage ist, wie ich warnend bemerken möchte. Es wäre also völlig sinnlos, wenn die Herren sich gleichzeitig bemühen wurden, nach oben zu steigen. Dies wird sich später in einer noch zu vereinbarenden Absprache und Reihenfolge arrangieren lassen.« *
Dave Ilford trug einen viel zu großen Bademantel und machte einen sehr frustrierten Eindruck, was wohl mit seiner Kleidung zusammenhing. Er schob sich an Parker vorbei in den Salon der älteren Dame und starrte Lady Simpson in einer Mischung aus Wut, Respekt und Ratlosigkeit an. »Stehen Sie gefälligst nicht so an der Tür herum«, raunzte die Sechzigjährige ihn an. »Nun kommen Sie schon, ich habe nicht viel Zeit. Die Bermudas warten auf mich.« »Lady, das werden Sie noch bereuen«, sagte Ilford. »Schnickschnack, Sie Lümmel«, grollte Lady Agatha zurück. »Verärgern Sie mich nicht! Nun kommen Sie schon hierher zu mir an den Tisch. Ich möchte, daß Sie mir diese Kürzel und Zahlen erklären, sie dürften Ihre ungesetzlichen Geschäfte betreffen.« »Wo ... Woher haben Sie diese Papiere?« fragte er dennoch. »Aus Ihrem Wandsafe, natürlich«, erwiderte Lady Agatha wegwerfend. »Kommen Sie mir jetzt bloß nicht mit der Behauptung, das sei Diebstahl, Sie Flegel!« »Der Wandsafe war so gut wie geöffnet«, schaltete der Butler sich ein. »Mylady konnten einen Diebstahl gerade verhindern, einen Diebstahl, der wohl offensichtlich auf das Konto eines gewissen Mr. Blackfen gehen dürfte.« »Die Dockratte!« »So wird Mr. Blackfen in Ihren Kreisen offensichtlich genannt.« Der Butler nickte.
»Und er hat mir auch diese ganze Geschichte hier verpaßt, wie?« »Könnten Sie sich etwas deutlicher ausdrücken?« »Der Stein, der Wisch mit Ihren Grüßen. Oder wissen Sie nichts davon?« »Aus mir bekommen Sie kein Wort heraus«, behauptete Ilford. »Mr. Parker, bringen Sie ihn zurück in den Naßraum«, ordnete die Detektivin an. Ilford fuhr herum und ging zum Angriff über. Er war sportlich, durchtrainiert und rechnete sich durchaus eine Chance gegen diese Dame und ihren Butler aus. Gut, er war unbewaffnet, doch er kannte sich in einigen Künsten wie Judo und Karate aus. Ilford ging also den Butler an und ... wurde von einer Art Komet gestoppt, der durch die Luft flog und auf seiner Nase landete. Es handelte sich um Myladys Pompadour, dessen >Glücksbringer< wieder mal seine volle Wirkung tat. Ilford fand keine Zeit, nach seiner Nase zu fingern. Er setzte sich erst mal benommen auf den Teppich und schielte dann die Lady an. »Kommen wir endlich zur Sache«, hörte er Agatha Simpson sagen. »Bisher habe ich nur Spaß gemacht, Sie ungehobelter Lümmel, aber ab sofort werde ich wohl doch andere Saiten aufziehen müssen! Und bedecken Sie gefälligst Ihre Blößen, Sie Exhibitionist! So besonders schön sind Sie nun auch wieder nicht...« Wie in Trance schlug Ilford die Enden des zu großen Bademantels über seine Beine und schämte sich. Dann war er bereit, Mylady mit Rat
und Tat zur Seite zu stehen, was seine Geheimaufzeichnungen anbetraf. * »Ein Wasserrohrbruch«, wunderte Chief-Superintendent McWarden sich und lächelte spöttisch. »Was es nicht so alles gibt.« »Je moderner die Technik, Sir, desto verwundbarer ist sie«, konstatierte Butler Parker. »Sie sollten sich nicht über einen Wasserrohrbruch wundern, McWarden, sondern Sie sollten sich darüber freuen, daß ich Ihnen eine Gangsterbande überlassen habe«, grollte die ältere Dame. »Sie hätten diesen Ilford und seine Leute doch niemals ausgehoben.« »Das möchte ich nicht sagen, Mylady«, widersprach der ChiefSuperintendent gereizt. »Ilford und seine Bande wären von uns früher oder später auch ausgehoben worden.« »Später, junger Mann, später«, gab die resolute Dame ironisch zurück. »Ich kann ja verstehen, daß Sie eifersüchtig sind.« »Ich bin überhaupt nicht eifersüchtig, Mylady«, behauptete McWarden. »Leider gibt es in meiner Dienststelle keine Wasserrohre, die brechen können. Das wollte ich damit sagen.« Daß McWarden sich ärgerte, sah man ihm deutlich an. Er war von Josuah Parker benachrichtigt worden, und seine Leute hatten die pitschnassen Gangster gerade aus dem Keller gefischt, um sie zum Verhör zu bringen. Darüber hinaus
befand McWarden sich jetzt im Besitz von bereits entschlüsselten Unterlagen des Gangsterbosses. Er hatte sie flüchtig durchgesehen und sofort erkannt, daß sie vollkommen ausreichten, um Ilford den Prozeß zu machen. Aus diesen Geschäftsunterlagen ging hervor, welche Reeder er hatte erpressen wollen und welche Reeder ihm bereits Schutzgebühren gezahlt hatten. »Diese Dockratte Blackfen, McWarden, werde ich Ihnen auch noch frei Haus liefern«, redete Lady Simpson weiter, stichelnd und genußvoll. »Sie sehen wieder mal, daß eine Zusammenarbeit mit mir sich immer lohnt.« »Ihre Methoden, Mylady, sind ungesetzlich«, gab McWarden zurück. »Ich nehme Ihnen einfach nicht ab, daß dieser Ilford freiwillig seinen Code entschlüsselt hat.« »Sehr freiwillig sogar«, sagte Lady Agatha. »Fragen Sie doch Mr. Parker. Er wird Ihnen das bestätigen.« »Mr. Ilford zeigte sich ungewöhnlich kooperationsbereit«, erklärte Parker gemessen. »Ich möchte fast sagen, daß er einen geradezu wütenden Eifer zeigte, Mylady Auskunft über seine Geschäfte zu geben.« »Weil Sie ihn wohl sonst zurück in den Keller geschickt hätten, wie?« »Solch eine Möglichkeit deutete sich allerdings an«, räumte der Butler ein. »In erster Linie aber war es Myladys Verhandlungsgeschick, Mr. Ilford zur Mitarbeit zu bringen.« »Das habe ich an Ilfords schiefer Nase gesehen.« McWarden ärgerte
sich noch immer. »Rechnen Sie damit, daß Ilford Sie verklagen wird, Mylady.« »Kaum«, meinte die Detektivin und lächelte wissend. »Mr. Parker und ich haben das mit Ilford durchgesprochen.« »Gut, daß ich nicht alles weiß«, seufzte McWarden auf. »Aber immerhin, damit dürfte dieser Fall ausgestanden sein.« »Von welchem Fall reden Sie, junger Mann?« wollte Lady Agatha wissen. »Ich rede von den beiden Tankern und den drei Frachtern. Ich rede von den Versicherungsmaklern.« »Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe, McWarden!« Lady Simpson schüttelte den Kopf. »Ilford hat mit der Versenkung der Tanker und Frachter überhaupt nichts zu tun.« »Dies, Sir, dürfte auch für die Dockratte Blackfen gelten«, warf der Butler ein. »Einer dieser beiden Gangster hat die Versenkungen auf dem Gewissen«, erklärte ChiefSuperintendent McWarden. »Ich tippe auf Ilford. Nun, Mr. Parker, wie ist denn Ihre Meinung, wenn man fragen darf?« »Ich würde mir niemals gestatten, Sir, Mylady vorzugreifen«, antwortete Parker. »Weder diese Dockratte Blackfen noch Ilford sind die Subjekte, die wir suchen«, entschied Agatha Simpson. »Sie triumphieren wieder mal erheblich zu früh, McWarden.« »Es ist Ilford«, behauptete der Chief-Superintendent noch mal hartnäckig. »Von der Zerstörung der
Maschinenanlagen auf Tankern und Frachtern bis hin zu ihrer Versenkung ist nur ein kleiner Schritt. Dieser Schluß bietet sich doch förmlich an, oder nicht? Ich werde Ihnen mal etwas sagen, Mylady, Ihren Flug zu den Bahamas können Sie sich sparen. In vierundzwanzig Stunden wird Ilford ein umfassendes Geständnis abgelegt haben. Und dann werde ich mir diese Dockratte Blackfen vornehmen. Sie können sich eine längere Ruhepause gönnen, Mylady. Jetzt werde ich mit meinen Leuten reinen Tisch machen!« * Glenn Blackfen, die Dockratte, wie er genannt wurde, befand sich in einer Art Hochstimmung. Natürlich war ihm bereits zugetragen worden, daß sein junger und ehrgeiziger Konkurrent Ilford hinter Schloß und Riegel saß. Blackfens Rechnung war damit voll aufgegangen. Ilford hatte sich mit dem Butler und Lady Simpson angelegt und dabei natürlich den kürzeren gezogen. Damit waren endlich wieder Jahre der Ruhe garantiert. Er, Blackfen, brauchte sich nicht mehr mit einem Newcomer herumzuschlagen. Ilford würde für ein paar Jahre sitzen müssen. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis aber wollte Blackfen dann dafür sorgen, daß einem Mann wie Ilford gleich sämtliche Zähne gezogen wurden. Eine zweite Konkurrenz wollte die Dockratte gleich im Ansatz zerschlagen.
Blackfen dachte natürlich über das nach, was er von Parker gehört hatte. Es ging also um Tanker und Frachter, die versenkt worden waren. Wenn ein Parker sich um solche Schiffsverluste kümmerte, mußte das seinen ganz bestimmten Grund haben, dann war nämlich damit zu rechnen, daß diese Untergänge manipuliert worden waren. Blackfen hatte seine beiden jungen Männer bereits losgeschickt, um Informationen zu sammeln. Blackfen, der sonst erstklassig darüber unterrichtet war, was im Hafen und an den Docks passierte, wußte nichts von gezielten Versenkungen. Er hatte sich bereits gefragt, ob sich da etwa ein weiterer, neuer Konkurrent auf getan hatte, der in aller Stille arbeitete. Blackfen hatte sich gegenüber eingeräumt, daß er in letzter Zeit die Zügel hatte schleifen lassen. Das mußte ab sofort wieder anders werden. Er durfte kein Fett ansetzen, sonst war er erledigt. Die beiden jungen Männer, die im Smoking vor Lady Simpsons Haus erschienen waren und anschließend einen Keller besichtigen durften, kamen bereits von ihrer Informationsfahrt zurück. Sie hießen Roy und Don, waren ehrgeizig und mokierten sich seit geraumer Zeit über ihren Chef Blackfen. Sie hielten seine Methoden für zu lasch und waren der Ansicht, daß man das Geschäft noch erheblich ausbauen konnte. Im Grund warteten sie nur auf die passende Gelegenheit, Blackfen auszuschalten und sich an die Spitze des Unternehmens zu setzen. Blackfen
gegenüber gaben sie sich natürlich loyal und ehrlich. »Was 'rausbekommen?« fragte Blackfen interessiert. »Nichts, aber auch gar nichts«, antwortete Roy, der den Wortführer spielte. »Die Abgänge sind natürlich bekannt, müssen aber normal sein.« »Das gibt's doch nicht!« Blackfen schüttelte den Kopf. »Wenn Parker sich darum kümmert, kann da was nicht stimmen.« »Versicherungsschwindel scheint auch nicht vorzuliegen«, sagte jetzt Don fast bedauernd. »Die vier Frachter und beiden Tanker waren gute Kähne und bringen über die Versicherungen kaum ein Zusatzgeschäft. »Vier Frachter?« »Der vierte ist vor den Bermudas auf 'nem Riff hängen geblieben, Chef. Dieser Fall ist brandneu und wurde gerade erst bekannt.« »Was ist faul an diesen Geschichten?« fragte Blackfen sich halblaut und nahm eine kleine Wanderung durch sein Büro auf. »Und es muß da was faul sein! Moment mal, gehören die Tanker und Frachter einer bestimmten Reederei oder Gruppe an?« »Auch nicht, Chef.« Roy schüttelte den Kopf. »Jeder Kahn gehört 'ner anderen Reederei an. Da gibt's keine Zusammenhänge. « »Was meint ihr zu dieser Sache?« Blackfen blieb stehen und sah seine beiden engsten Mitarbeiter prüfendab-wartend an. »Das muß Ilford eingefädelt haben«, meinte Don. »Der bekam den Hals ja nicht voll.« »Glaube ich auch«, fügte Roy hinzu. »Aber wir können uns ja mal
mit ein paar Jungens von den Besatzungen unterhalten, Chef. Vielleicht bringt das was.« »In Ordnung.« Blackfen war einverstanden. »Macht das umgehend. Ich will wissen, warum dieser Butler sich so für die Abgänge interessiert. Das kann kein Trick sein, an dieser Sache ist was dran. Irgendeiner funkt da in unser Geschäft 'rein, und das muß umgehend abgestellt werden. Die Docks gehören mir allein!« »Ein äußerst hoher Anspruch«, war in diesem Moment Parkers Stimme zu vernehmen. Blackfen und seine beiden Vertrauten hörten zwar die Stimme, waren jedoch derart überrascht, daß sie keine Bewegung auszuführen vermochten. Erst mit einigen Sekunden Verzögerung drehten sie sich langsam zur Tür herum. »Einen wunderschönen guten Morgen«, sagte Parker und lüftete seine schwarze Melone. »Die Tür war übrigens nicht verschlossen, um das gleich zu sagen. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, Mr. Blackfen, die Tür irregulär geöffnet zu haben.« »Wo ... Woher wissen Sie, wo ich wohne?« fragte Blackfen. »Sie haben Freunde, die keine sind«, erwiderte Parker gemessen. »Darüber sollten Sie sich mal Gedanken machen. Und Sie, meine Herren, sollten nicht zu ihren Waffen greifen, ich würde das mit Sicherheit mißverstehen und Gegenmaßnahmen ergreifen, die Ihnen sicher nicht angenehm sein dürften.« Roy und Don fühlten sich ertappt und ließen ihre Arme vorerst sinken.
»Laßt das«, schaltete die Dockratte sich ein und schüttelte den Kopf in Richtung Roy und Don, um sich dann wieder dem Butler zuzuwenden. »Von welchen Freunden reden Sie?« »Von Freunden, die Sie erst vor ganz kurzer Zeit informierten und Sie auf meine bescheidene Wenigkeit aufmerksam machten«, lautete Parkers vage Antwort. »Aber bleiben wir bei den rätselhaften Versenkungen, Mr. Blackfen. Ich glaube nicht, daß Mr. Ilford dafür verantwortlich zeichnete. Ich fürchte vielmehr, daß Ihnen wohl doch eine Konkurrenz erwachsen sein dürfte, die Sie nicht auf die sprichwörtlich leichte Schulter nehmen sollten.« »Von wem, zum Henker, reden Sie eigentlich?« »Von Freunden, die keine sind, von Freunden, die ein Doppelspiel spielen, weil sie Spielernaturen sind!« »Spielernaturen?« Blackfen wurde hellhörig. Er dachte automatisch an einen ganz bestimmten Mann, den er bisher als Freund betrachtet hatte. »Sie sollten sich noch rechtzeitig aus dem sogenannten Geschäft zurückziehen«, riet Butler Parker höflich. »Ist Ihnen eigentlich noch nie in den Sinn gekommen, daß die Jungwölfe in einem Wolfsrudel nur darauf warten, über ihren Rudelführer herzufallen? Haben Sie eigentlich keine Angst vor Ihren Jungwölfen?« Roy und Don fanden diese Anspielung mehr als deutlich und unfein. Sie langten blitzschnell zu ihren Waffen, doch sie kamen nicht dazu, sie auch entsprechend einzusetzen.
Butler Parker schien gewußt zu haben, was ihm zugedacht war. Er handelte dementsprechend. Vor den drei Gangstern schoß nämlich eine Art Blitzbombe hoch, die Blackfen, Roy und Don völlig blendete. Dieser Lichtblitz war derart stark, daß die Burschen wie versteinert stehen blieben und nichts anderes sahen als sehr grellbunte Kreise und Lichtwirbel. Als sie wieder imstande waren, etwas von ihrer Umgebung mitzubekommen, schauten sie sich nach Parker um, doch der war natürlich verschwunden. »Los, ihm nach«, kommandierte Blackfen unnötigerweise. Roy und Don jagten bereits auf die inzwischen wieder geschlossene Tür zu und nahmen die Verfolgung auf. * Die Treppe war steil und schmal. Sie durchlief ein ebenfalls schmales Treppenhaus, das sich wie ein Schornstein an einen ehemaligen Lagerschuppen anlehnte, dessen höchstes Stockwerk Blackfen sich als riesiges Apartment ausgebaut hatte. Hier oben hatte er sich bisher immer sicher gefühlt, von hier aus hatte er seine Aktivitäten auf den Docks bestens kontrolliert Roy und Don befanden sich inzwischen auf dieser steilen Treppe und hüpften nach unten. Zum Auftrag, den Blackfen ihnen erteilt hatte, kam noch die Betroffenheit über das, was Parker ihrem Chef gerade eingeträufelt hatte. Demnach sollte Blackfen auf seine beiden Vertrauten
aufpassen, wenn er nicht gefressen und zerrissen werden wollte. Roy und Don hatten also größtes Interesse daran, diesen Butler zu stellen und auszuschalten. Er durfte einfach keine Gelegenheit mehr finden, die Dockratte nachdenklich zu machen. Roy rannte voraus, nahm immer ein paar Stufen auf einmal und zeigte sich ungemein sportlich. Don war ihm allerdings dicht auf den Fersen. Auch er hörte eilige Schritte unten im Treppenhaus, die auf den Butler hindeuteten. Ja, und dann passierte es! Roy hatte wieder mal einen gewaltigen Sprung nach unten gemacht, kam auf dem linken Fuß auf und ... stieß einen wilden Schrei aus. Sein Fuß rutschte aus, fand keinen Halt, glitt ab wie auf Schmierseife und riß seinen Körper aus dem Gleichgewicht. Roy verwandelte sich in eine menschliche Kugel und donnerte über die Stufen haltlos nach unten. Inzwischen brüllte auch Gangster Don. Auch er hatte den Halt verloren, weil er auf einer Art Schmierfilm ausgeglitten war. Auch er war ein rollendes Etwas aus Fleisch, Muskeln und Knochen geworden und bemühte sich, seinen Vorläufer zu überholen. Nach einer wilden Partie abwärts landeten beide Kugeln auf einem breiteren Treppenabsatz und blieben völlig benommen hegen. Sie brauchten einige Zeit, bis sie ihre Glieder wieder strecken konnten. An eine weitere Verfolgung des Butlers war natürlich nicht mehr zu denken. Die beiden Gangster Roy
und Don stöhnten, betasteten ihre Extremitäten und fanden zu ihrer Erleichterung heraus, daß nichts gebrochen war. Dafür aber hatten die Prellungen und Verstauchungen es durchaus in sich. Die Vertrauten der Dockratte mühten sich ab, wieder in das Apartment ihres Chefs zu kommen. Blackfen erwartete sie bereits oben auf dem Treppenabsatz. Er sah sie ziemlich kühl an. »Ihr entwickelt viel Pech in letzter Zeit«, sagte er dann anzüglich. »Das Schwein!« Roy schleppte sich ins Apartment. »Die Stufen«, beschwerte sich Don wehleidig. »Er hat sie eingeschmiert, Chef.« »Damit mußtet ihr rechnen.« Blackfen grinste fast vergnügt. »Ihr beiden Jungwölfe scheint doch noch nicht so erwachsen zu sein, wie?« »Wie is' das gemeint, Chef?« fragte Roy. »Ihr müßt noch 'ne Menge lernen, bevor ihr mich 'rausbeißen könnt, Jungens.« »Wer will Sie 'rausbeißen, Chef?« fragte Roy und stöhnte. »Sie hören doch hoffentlich nicht auf das Gequatsche von diesem Butler?« sagte Don und massierte sich vorsichtig sein Steißbein. »Lassen wir das.« Blackfen lächelte undurchsichtig. »Wer ist eurer Meinung nach mit Spielernatur gemeint? Habt ihr da irgendeine Vorstellung?« »Klar, Chef.« Roy nickte und war froh, daß das Thema gewechselt wurde. »Damit kann nur Steve Vickers gemeint sein.«
»Wer sonst hat 'nen Spielclub von Ihren näheren Freunden?« fügte Don hinzu. »Damit kann nur Vickers gemeint sein. Und dem traue ich auch jede Schweinerei zu. Vielleicht hat der Appetit auf die Docks bekommen, Chef?« * »Sie treiben Ihre Rücksichtnahme wieder mal auf die Spitze«, ärgerte Lady Simpson sich. »Warum haben Sie die Dockratte ungeschoren gelassen? Sie wissen doch, daß Blackfen ein gemeiner Gangster ist« »Gewiß, Mylady.« Parker saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und fuhr zurück in die City. »Im Endeffekt, wenn ich es so ausdrücken darf, wird Mr. Blackfen in jedem Fall das Handwerk gelegt werden.« »Sie glauben, daß er sich mit diesem Steve Vickers anlegen wird?« »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Mylady. Noch in dieser Nacht wird es zwischen beiden Gangstern zu gewissen Unstimmigkeiten kommen.« »Blackfen wird Ihnen nicht auf den Leim gehen, Mr. Parker, dazu ist er viel zu gerissen.« »Diese erwähnte Gerissenheit, Mylady, endet in dem Augenblick, in dem das latente Mißtrauen der Gangster geweckt wird. Dieses Mißtrauen wird sich inzwischen auch auf Mr. Blackfens Vertraute erstrecken. Er dürfte den Herren Roy und Don ebenfalls nicht mehr über den sprichwörtlichen Weg trauen.«
»Ich lasse mich überraschen, Mr. Parker.« Agatha Simpson zog ein grimmiges Gesicht. »Und ich werde mir das aus der Nähe ansehen.« »Mylady wünschen in der kommenden Nacht eine kleine Ausfahrt?« »Richtig. Und zwar hin zu Vickers Nachtclub! Mal sehen, ob Ihre Rechnung aufgeht. Ich sage Ihnen gleich, daß Sie sich wundern werden.« »Wie Mylady meinen.« »Sie hoffen also, daß die beiden Gangster sich gegenseitig die Köpfe einschlagen, nicht wahr?« »Darauf erlaube ich mir zu setzen, Mylady.« »Ich habe, natürlich nichts dagegen, daß Ihre Rechnung aufgeht Mr. Parker, damit wir uns nicht mißverstehen. Aber was tun wir bis gegen Abend? Ich möchte mich nicht langweilen.« »Für den Flug hinüber zu den Bahamas sind vielleicht noch gewisse Vorbereitungen zu treffen, Mylady.« »Papperlapapp, Mr. Parker! Für diese Reise nehmen wir nur ein paar Kleinigkeiten mit. Es wird also keine Vorbereitungen geben.« »Haben Mylady besondere Wünsche?« »Ich möchte etwas unternehmen, Mr. Parker. Hören Sie, könnte man nicht diesen Steve Vickers etwas anheizen?« »Ein sehr guter Vorschlag, Mylady, wenn ich mir diesen Hinweis erlauben darf.« *
Die beiden Schläger und Leibwächter von Steve Vickers fuhren nervös zusammen, als sie sich Lady Simpson gegenübersahen. Sie hatten inzwischen ihre Erfahrungen mit der energischen Dame gemacht und erinnerten sich noch deutlich daran, wie sie von ihr behandelt worden waren. »Lady Simpson wünschen Mr. Vickers zu sprechen«, sagte Parker und lüftete seine schwarze Melone. Er stand zusammen mit seiner Herrin vor der Tür zu Vickers' Privatclub, der um diese Tageszeit - es ging auf Mittag zu -natürlich noch geschlossen war. Die Privaträume des Spielclubbesitzers aber waren nur auf dem Umweg über diese Tür zu erreichen. Und sie wurde im Moment von den beiden Schlägern John Lane und Pete Bromley bewacht. »Nun rühren Sie sich schon«, raunzte Agatha Simpson durch das geöffnete Viereck in der schweren Tür. »Schlafen Sie nicht ein!« Die beiden Schläger, deren japanischer Wagen von der Detektivin fast zu Schrott gefahren war, staunten die muntere Lady entgeistert an. Soviel Frechheit hatten sie eigentlich noch nie erlebt. »Moment«, sagte John Lane. »Wir... Wir rufen sofort an«, versprach Pete Bromley und wollte das kleine Sichtfenster in der Tür wieder schließen, doch Parker schob die Stahlspitze seines UniversalRegenschirms zwischen Rahmen und Viereck. »Mann, nehmen Sie den Schirm weg«, zischte John Lane und riß das kleine Viereck noch mal weit auf. Er
sprach wie ein Filmgangster und meinte es auch sicher so. »Eine Lady Simpson läßt man nicht vor einer Tür stehen, man bittet sie umgehend herein«, tadelte Josuah Parker. »Mir scheint, Sie müssen noch viel lernen.« Um diesen Lernprozeß zu beschleunigen, hatte der Butler bereits Sekunden vorher durch den noch schmalen Schütz des Sichtfensters einen seiner Patentkugelschreiber nach innen in den Vorflur geworfen. Er war dort zwar weich gelandet, aber das änderte überhaupt nichts an seiner Wirkungsweise. Während Josuah Parker noch seinen Tadel aussprach, breitete sich hinter der schweren Tür dichter Nebel aus, durch den ein mittelschwerer Hustenanfall in Stereo zu vernehmen war: Die beiden Gangster röchelten um die Wette und bekamen überhaupt nicht mit, daß Josuah Parker sich wieder mal als Türöffner betätigte. Nachdem er das Schloß geöffnet hatte, öffnete er schwungvoll die Tür, was einen weiteren Effekt hervorrief. Ihm schien der Nebel im Vorraum nichts auszumachen, doch das hing mit Sicherheit mit der torpedoförmig aussehenden Zigarre zusammen, die von seinen Lippen gehalten wurde. Diese Zigarre war natürlich nicht echt. Sie war als eine Art Atemmundstück in der Lage, die Hustenreiz auslösenden Dämpfe zu absorbieren. Als Lady Simpson den Vorraum betrat, schien auch sie solch eine Zigarre zu rauchen. Sie hielt sich
allerdings zusätzlich noch die Nase zu, als sie durch den Vorraum hinüber in das angrenzende Treppenhaus marschierte. »Wollen Sie diese beiden Subjekte nicht unschädlich machen?« fragte sie, als sie Parker die >Zigarre< zurückgab, der sie in seinem altertümlich aussehenden Etui verschwinden ließ. »Die beiden Herren werden mit Sicherheit nachkommen«, antwortete der Butler würdevoll. »Sollten sie dann immer noch die Neigung zu Gewalttätigkeiten zeigen, Mylady, werde ich mich erkühnen, die geeigneten Gegenmaßnahmen zu treffen.« * Steve Vickers war nicht allein und daher auch mehr als peinlich berührt, als die ältere Dame so urplötzlich vor seinem Bett stand. Während Vickers' Begleiterin einen spitzen Schrei ausstieß und dann unter der Decke verschwand, richtete der Nachtclubbesitzer sich auf. »Wie... Wie kommen denn Sie ...« Mehr brachte er nicht hervor, denn inzwischen hatte er auch Butler Parker gesehen. »Um diese Zeit frönen Sie der Lust?« fragte die Detektivin resolut und schüttelte den Kopf. »Erheben Sie sich gefälligst, wenn ich mit Ihnen rede!« »Das ... Das läßt sich nicht gut machen«, antwortete Vickers verlegen. »Ich bin nicht vollständig bekleidet. Sie sind Lady Simpson, nicht wahr?« Es machte ihr einen fast schon diebischen Spaß, den sonst so
selbstsicheren Vickers in noch ärgere Verlegenheit zu bringen. Sie bückte sich nach der Decke und riß sie mit einem Ruck zurück bis ans Fußende. Vickers' Begleiterin stieß einen weiteren spitzen Schrei aus, hüpfte von dem Lager und rannte ins angrenzende Badezimmer, dessen Tür halb geöffnet war. Das Mädchen schloß sich ein, wie deutlich zu hören war. Steve Vickers hatte seine Chance nicht genutzt. Er lag nackt und bloß vor der älteren Dame, die ihn mit besonders kritischen Bücken verfolgte. Vickers schlug die Beine übereinander und streckte seine Hände nach unten. »Sie setzen ja schon Fett an, junger Mann«, fand Lady Agatha und schüttelte verweisend den Kopf. »Vor allen Dingen an den Hüften, würde ich sagen. Besonders attraktiv sehen Sie gerade nicht aus.« »Was ... Was wollen Sie eigentlich hier?« knirschte Vickers und beugte sich zur Decke hinunter, um sie über seinen entblößten Körper zu ziehen. »Wer hat Ihnen eigentlich erlaubt...« »Werden Sie nicht frech, junger Mann«, fuhr Lady Simpson dem Spielclubbesitzer energisch in die Parade. »Stimmt es wirklich, daß Sie sich neuerdings auch mit der Versenkung von Tankern und Frachtern befassen?« »Wer... Wer behauptet denn sowas?« Vickers hatte endlich die Decke erwischt und riß sie hoch bis zum Hals. »Die Dockrat...« »Mylady«, mahnte der Butler verschämt, seine Herrin unterbrechend. »Diesen Hinweis sollten Sie besser
nicht geben, zumal er aus nichtkompetentem und unglaubwürdigem Mund stammen dürfte.« »Ach nee, die Dockratte also!« Vickers schluckte den Köder ohne Schwierigkeit. »Das Schwein will wohl von sich ablenken, wie?« »Das würde ich allerdings auch sagen«, fand Parker in seiner höflichen Art, die ihn stets auszeichnete. »Sie sollten auf solche Gerüchte möglichst nichts geben. Mylady ist gekommen, um andere Dinge in Erfahrung zu bringen.« »Ich werde kein Wort sagen, verlassen Sie sich darauf! Ich verbrenne mir nicht den Mund.« »Sie werden kein Wort sagen, junger Mann?« Agatha Simpson sah den Ganoven abschätzend an. »Was ... Was haben Sie vor?« fragte Vickers, der unter diesem Blick prompt nervös wurde. Dann aber wurde er abgelenkt. Seine Augen irrten umher und konzentrierten sich auf die Tür, die wohl hinter Lady Simpson und Butler Parker geöffnet worden war. Dann schnellte Vickers vor. »Los, Jungens«, schrie er. »Macht sie fertig! Macht sie restlos fertig!« »Flossen hoch«, befahl sofort danach eine drohende Stimme. »Nehmt die Flossen hoch, Leute, sonst knallt's!« Parker wandte sich langsam um und nickte den beiden Schlägern zu. Sowohl John Lane als auch Pete Bromley hielten Schußwaffen in Händen. Die Läufe waren selbstverständlich auf Parker und Lady Agatha gerichtet.
»Ach, Sie sind es«, sagte Butler Parker. »Sie stören jetzt, kommen Sie später wieder, möglichst dann, wenn Sie gerufen werden!« »Hast du sie nicht mehr alle?« fragte John Lane und streckte seine waffenbewehrte Hand vor. »Das hier ist 'ne Kanone, Opa! Ob du's glaubst oder nicht, damit kann man schießen.« »Und auch treffen«, fügte Schläger Bromley hinzu. »Und nach so 'nem Treffer, Alter, gibt's böse Löcher, die verdammt bluten. Und Schmerzen hat man dann auch. Is' das klar?« »Ihre Sprache ist das, was man als albern und kindisch bezeichnen muß«, erwiderte Josuah Parker verweisend. »Ich sagte bereits, daß Sie im Moment stören.« »Jungens, löchert sie an!« Vickers' Stimme überschlug sich. »Worauf wartet ihr noch?« Nein, sie hatten wirklich keine Hemmungen, auf Lady Agatha und Butler Parker zu schießen. Sie krümmten ihre Zeigefinger und ... waren reichlich überrascht, als sich nichts tat. Die Waffen blieben stumm. »Richtig, ich vergaß Ihnen zu sagen, daß ich so frei war, die Revolver zu entladen«, erklärte Parker. »Ich bin sicher, daß Sie mir zu einem späteren Zeitpunkt nicht nur verzeihen werden, sondern daß sich in Ihnen auch eine gewisse Dankbarkeit freisetzen wird. Körperverletzung oder gar Mord wird hart bestraft.« John Lane und Pete Bromley warfen ihre nutzlosen Schießeisen weg und stürzten sich auf den Butler.
Im Moment wollten sie weder verzeihen noch dankbar sein. * »Sie mit Ihrer Humanitätsduselei«, räsonierte Agathe Simpson eine halbe Stunde später. Sie saß im Fond von Parkers hochbeinigem Wagen und grollte. »Sie haben diese Subjekte viel zu höflich behandelt. Die paar Nasenstüber waren ja noch nicht mal der Rede wert, Mr. Parker.« »Mylady kennen meinen friedfertigen Charakter«, entschuldigte Parker sich gemessen. »Zudem war ich der Meinung, daß Mylady eine ausreichende Bestrafung vorgenommen haben.« »Die Ohrfeigen«, meinte sie verärgert. »Sie haben mir noch nicht mal Zeit gelassen, mich ein wenig in Stimmung zu bringen.« »Dann wären die Herren vielleicht nicht mehr in der Lage, Mylady, sich in der kommenden Nacht mit der Dockratte auseinanderzusetzen.« »Nun ja, unter dieser Voraussetzung, Mr. Parker, werde ich Ihnen noch mal verzeihen«, meinte Lady Simpson. »Und was tun wir jetzt?« »Darf ich mir erlauben, Mylady einen Vorschlag zu unterbreiten?« »Zieren Sie sich nicht, Mr. Parker! Hoffentlich ist dieser Vorschlag auch brauchbar.« »Wären Mylady unter Umständen daran interessiert, Mr. Walt Litty einen Besuch abzustatten?« »Ist das dieser ehemalige Catcher?« Myladys Stimme klang deutlich interessiert.
»Und jetziger Kneipenwirt.« Parker nickte andeutungsweise. »Er wäre unter Umständen in der Lage, einige Augenzeugen zu besorgen, Augenzeugen einiger Versenkungen, um es genau auszudrücken.« »Sie sind ja direkt ein Gedankenleser«, behauptete Lady Simpson umgehend. »Genau diesen Besuch wollte ich Ihnen gerade vorschlagen.« »Mit etwas Glück, Mylady, könnte man bei Litty vielleicht schon einige dieser Seeleute treffen.« »Wie kommen Sie denn darauf?« staunte Lady Agatha. »Mr. Litty erhielt durch meine bescheidene Wenigkeit einen vagen Hinweis auf die Versenkungen«, redete Parker weiter. »Wie ich den Mann einschätze, dürfte er hier neue Geschäftsmöglichkeiten wittern.« »Worauf warten Sie noch?« raunzte sie erfreut. »Warum fahren wir nicht schon in Richtung der Docks? Sie vertrödeln immer zuviel Zeit.« »Wie Mylady meinen.« Parker deutete ein Nicken an und brauchte die Fahrtrichtung natürlich nicht zu ändern. Er fuhr bereits hinaus zu den East India Docks und brauchte nur noch etwa fünfzehn Minuten, bis die >Caverne< erreicht war. Die Kellerkneipe war ebenfalls noch geschlossen, doch damit hatte Parker gerechnet. Er geleitete seine resolute Dame durch einen schmalen Torweg in einen Hinterhof und deutete mit der Spitze seines Schirms auf eine Kellertreppe, die von Mülltonnen fast verborgen war. »Der Haupteingang tagsüber«, sagte er erklärend. »Mylady sollten
sich auf eine eventuell ablehnende Stimmung vorbereiten.« »Das höre ich gern.« Sie nickte erfreut. »Hoffentlich werde ich nicht enttäuscht.« Parker ging voraus, stieg über die verschmutzte Steintreppe ins Souterrain und wartete hier, bis die Lady nachgekommen war. Er drückte eine Tür auf, durchquerte eine Art Waschküche und klopfte dann mit dem bleigefütterten Bambusgriff seines UniversalRegenschirms gegen die Füllung einer Stahltür. Er tat das in einem ganz bestimmten Rhythmus. Die Eisentür wurde daraufhin ohne weiteres geöffnet. Die Türwache machte sich noch nicht mal die Mühe, einen prüfenden Blick nach draußen zu werfen. Schließlich war nur eingeweihten Stammgästen dieses Klopfsignal bekannt. »Einen ausgesprochen wunderschönen Tag erlaube ich mir zu wünschen«, sagte Parker und nickte dem Türsteher zu, der ihn entgeistert anstierte und dann erst mehrmals schluckte. Solch einen Stammgast hatte der große, schwere Mann bisher noch nie gesehen. Und schon gar nicht die Frau in der Begleitung dieses Mannes, die sich durch die Tür schob. »Stop«, sagte er, nachdem er endlich wieder zu sich gefunden hatte. »Sie sind hier auf dem falschen Dampfer. Hier findet 'ne private Party statt. Verschwindet!« »Wie reden Sie Lümmel eigentlich mit einer älteren Dame?« fragte Lady Simpson gereizt. »Sie wollen sich wohl eine Ohrfeige einhandeln, wie?«
Das schien er wirklich zu wollen, denn er war so leichtsinnig, nach Myladys Oberarm zu greifen, um die Frau dann zurück durch die Tür zu schieben. Sekunden später schob er schon nicht mehr. Er saß auf seinem Gesäß und stierte benommen auf den nackten Zementboden. Er erinnerte sich vage daran, von einem auskeilenden Pferd getreten worden zu sein. * »Wie kommen denn Sie hier 'rein?« fragte Walt Litty, der ehemalige Catcher. Der schwere Mann, der stets wie ein gereizter Stier aussah, musterte seine Gäste in einer Mischung aus Überraschung und Ärger. Es war ganz offensichtlich, daß ihm dieser Besuch überhaupt nicht paßte. »In Ihren Kreisen, Mr. Litty, scheint man sich auf diese Standardfrage geeinigt zu haben«, antwortete Josuah Parker und lüftete höflich die schwarze Melone. »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen«, antwortete Litty und schaltete sofort auf Vorsicht um. »Aber hier geht 'ne kleine, private Feier über die Bühne, um das mal gleich zu sagen.« »Ein festlicher Rahmen, eine festliche Stimmung«, lobte der Butler und beäugte die Kellerkneipe. Litty hatte zu seiner angeblich privaten Party etwa ein Dutzend hart aussehender Männer eingeladen, die alle in der Seefahrt tätig waren, wie schon allein ihre Kleidung bewies.
»Das sind doch sicher die unglücklichen Opfer der Schiffsversenkungen«, tippte Lady Simpson an. »Das heißt, hier dürfte es sich wohl um einige besonders hart Betroffene handeln, nicht wahr?« »Warum gehen Sie nicht?« seufzte Litty. »Ich halte es für meine Pflicht, diesen netten Leuten eine Runde zu spendieren«, fand Lady Agatha und nickte den Seeleuten freundlich zu. Sie wußten nicht, wie sie sich verhalten, sollten, starrten die ältere Dame abwartend an und sahen wie auf Kommando zu Litty hinüber, der erneut seufzte und dann resigniert die Schultern hob. »Ich will keinen Krach mit Ihnen haben, Lady«, sagte er. »Ich werde also 'ne Lokalrunde servieren.« »Sie sind ein kluger Mann, mein Bester.« Agatha Simpson zwinkerte dem gereizten Stier zu »Ich glaube, Sie haben ein sicheres Gefühl dafür, wo Ihre Grenzen liegen.« »Mit Ihnen leg' ich mich nicht an, Lady.« Litty verdrehte die Augen und bewegte seinen massigen Körper zum Tresen. Parker folgte ihm, während Agatha Simpson sich unter die Seeleute mischte und ein munteres Gespräch mit ihnen begann. »Ich bin außerordentlich froh und glücklich, Mr. Litty, mit Ihnen ein paar private Worte wechseln zu können«, sagte Parker, während Litty diverse Biergläser füllte. »Sie vielleicht, Mr. Parker, ich bin nicht froh.«
»Mylady sagte es bereits überdeutlich, Mr. Litty, Sie scheinen Ihre Grenzen genau zu kennen.« »Worauf wollen Sie hinaus, Mr. Parker?« »Tun Sie es nicht«, bat Parker höflich. »Was soll ich nicht tun, verdammt!« »Schalten Sie sich in gewisse Vorgänge nicht ein, Mr. Litty. Sie werden außer Ärger nichts einbringen.« »Ich verstehe kein Wort, Mr. Parker. Könnten Sie sich deutlicher ausdrücken?« »Sie dürften inzwischen wissen, daß Ilford und seine Leute von den zuständigen Behörden festgenommen wurden. Sie rechnen damit, daß der Dockratte ähnliches passieren wird. Sie spielen mit dem Gedanken, ein dadurch entstehendes , kriminelles Vakuum zu füllen.« »Niemals, Mr. Parker, niemals!« Litty sah den Butler treuherzig an. »Wie beruhigend und schön für Sie, Mr. Litty«, entgegnete Parker. »Sie würden nämlich mit Sicherheit nur draufzahlen. Ich halte es allerdings für außerordentlich verdienstvoll, daß Sie die betroffenen Seeleute zu einer kleinen Besprechung eingeladen haben. Chief-Superintendent McWarden wird diese ebenfalls mit Respekt vermerken.« »Das wurden Sie ihm gegenüber erwähnen?« »Der Chief-Superintendent wird es erfahren, Mr. Litty, mein Wort darauf! Dadurch erwirken Sie bei ihm eine Art Bonus, den Sie eines
Tages möglicherweise bitter nötig haben.« »Im Grund habe ich die Jungens ja für Sie eingeladen, Mr. Parker«, sagte Litty dann. »Ich hab' nämlich geahnt, daß Sie kommen würden. Und was meine Grenzen betrifft, nee, die überschreit' ich niemals. Ich bin doch nicht wahnsinnig. Mir reicht das, was ich habe!« »Sie sind fast schon so etwas wie ein Philosoph, Mr. Litty«, urteilte Parker würdevoll. »Erhalten Sie sich diese Weisheit!« * Die Dockratten kamen schon sehr früh. Butler Parker und Lady Simpson hatten einen günstigen Logenplatz, von dem aus sie die Ereignisse gut überblicken konnten. Der Butler hatte gegenüber dem privaten Club des Steve Vickers kurzfristig und mit einer ansehnlichen Summe eine Art Massagestudio gemietet und die weiblichen Angestellten für diesen Abend nach Hause geschickt. Von den beiden Fenstern aus ließen sich die Straße und die seitliche, schmale Gasse einsehen. Es ging auf zwanzig Uhr zu, als einige Taxis erschienen, aus denen etwa zehn stämmige Soho-Besucher ausstiegen. Sie schauten sich kurz und prüfend nach allen Seiten um, um dann in die schmale Gasse einzusickern. Sie wollten offensichtlich nicht den Haupteingang zum Club benutzen, sondern durch eine Hintertür eindringen.
»Wünschen Mylady das Opernglas?« erkundigte Parker sich höflich. »Könnte nicht schaden, Mr. Parker.« Sie nickte gnädig. »Und reichen Sie mir etwas für meinen Kreislauf.« Parker holt den lederumspannten, flachen Taschenbehälter aus der Innentasche seines schwarzen Zweireihers, schraubte den Verschluß ab und benutzte ihn als Becher. Dann servierte er seiner Herrin den gewohnten erstklassigen französischen Cognac, den sie sichtlich genoß. Sie beugte sich etwas vor, nahm das Opernglas hoch und konzentrierte sich auf die Vorstellung, die Parker ihr garantiert hatte. Die Männer aus den Taxis hatten inzwischen den Hintereingang erreicht und auch schon geöffnet. Die Dockratte hatte alles an Spezialisten aufgeboten, was ihr zur Verfügung stand. »Haben Sie Vickers vorgewarnt?« erkundigte die ältere Dame sich bei Parker. »Selbstverständlich, Mylady«, antwortete Josuah Parker. »Mir ging es darum, die Gewichte möglichst gleichwertig zu verteilen.« »Dann müßte sich ja bald einiges tun, denke ich.« »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Mylady.« »Es beginnt!« Sie nickte grimmigzufrieden und beobachtete eine erste Gestalt, die samt der Tür in die Gasse katapultiert wurde. Kurz danach erschien eine zweite Gestalt, die waagerecht in der Luft lag, ein Stück frei segelte und dann eine Art
Bruchlandung an der gegenüberhegenden Hauswand der Gasse machte. »Sehr hübsch«, fand Lady Agatha und nickte zustimmend. »Die Dinge scheinen sich zu entwickeln.« »Der Privatclub wird nicht mehr das sein, was er mal war«, deutete Parker an. »Wegen mir sollen sie ihn kurz und kleinschlagen«, erwiderte Lady Simpson. »Schade, daß man sich daran nicht beteiligen kann, Mr. Parker!« »Dieses Risiko, Mylady, wäre zu groß gewesen«, entgegnete der Butler höflich. »Unter Umständen könnte sogar geschossen werden. Gangster sind in dieser Beziehung leider unberechenbar.« Inzwischen segelten weitere Gestalten aus der Hintertür, überwanden in kurzem Steigeflug die Gasse und krachten an die gegenüberhegende Hauswand. Die betreffenden Flieger warteten dann ein wenig, sammelten sich und stolperten oder humpelten zurück zum Kriegsschauplatz in Vickers' Club. Eine gewisse Hartnäckigkeit und Moral war diesen Kämpfern nicht abzusprechen. Sie gaben ihr Bestes, wie deutlich zu sehen war. »Hoffentlich kommt McWarden nicht zu früh«, sorgte sich die Detektivin. »Mit Sicherheit nicht, Mylady«, antwortete Parker. »Der ChiefSuperintendent hat einige seiner Leute hier postiert, die den richtigen Zeitpunkt wählen werden.« »O, sehen Sie doch, sehr nett!« Agatha Simpson hatte sich ablenken lassen und verfolgte den
Formationsflug zweier Gestalten, die nach dem Verlassen der Hintertür elegant einkurvten und Kurs auf die Durchgangsstraße nahmen. »Eine bemerkenswerte Flugfigur«, urteilte Parker, als die beiden Gleitflieger eine zweite Richtungsänderung vornahmen, um dann krachend in der Schaufensterscheibe einer Pizzeria zu landen... * »Sie haben ziemlich lange auf sich warten lassen, junger Mann«, raunzte Lady Simpson den ChiefSuperintendent an, der gerade von Parker gemeldet worden war. Man befand sich wieder im Stadthaus der Lady und richtete sich auf einen erholsamen Abend ein. »Ich wollte nicht stören«, entschuldigte sich McWarden. »Sie wollten mich absichtlich auf die Folter spannen«, behauptete Agatha Simpson. »Nun berichten Sie schon, sonst bekommen Sie keinen Portwein.« »Das wäre ja schrecklich, Mylady.« McWarden fühlte sich wunderbar, wie ihm deutlich anzusehen war. Er hatte Erfolg auf der ganzen Linie gehabt. Parker servierte den bereitgestellten Portwein, und McWarden nahm in einem der großen Ledersessel vor dem Kamin Platz. Er übersah bewußt die leicht gereizten, auffordernden Blicke der Hausherrin, nahm einen vorsichtigen Schluck und nickte dann anerkennend.
»Ausgezeichnet«, meinte er andächtig. »Sie sind nicht als Portweinkoster hier, McWarden, sondern um mir etwas zu berichten«, grollte Lady Simpson. »Was ist nun geschehen?« »Die Dockratten sitzen, Mylady«, antwortete McWarden. »Blackfens Organisation ist damit geplatzt und erledigt.« »Meinen Sie mit den Dockratten auch Blackfen selbst?« wollte die Detektivin wissen. »Auch ihn.« McWarden nickte. »Er und seine beiden Vertrauten haben zwar Freistellung gegen Kaution beantragt, aber damit werden sie nicht durchkommen.« »Und was ist aus Vickers geworden?« »Sein Nachtclub besteht nur noch aus Kleinholz«, berichtete ChiefSuperintendent McWarden weiter, um dann erst wieder einen genußvollen Schluck aus dem Portweinglas zu nehmen. »Die beiden Spielräume existieren ebenfalls nicht mehr. Die Dockratten haben erstklassige Arbeit geleistet, kann man nicht anders sagen.« »Irgendwann werden Sie einen Orden bekommen, McWarden«, stichelte Lady Simpson. »Ihre Erfolge häufen sich ja förmlich.« »Drei Gangsterbanden innerhalb weniger Stunden.« McWarden nickte. »Ich weiß natürlich, wem ich das zu verdanken habe.« »Das möchte ich mir auch ausgebeten haben«, erklärte Parkers Herrin nachdrücklich. »Ich werde mich eines Tages dafür revanchieren, Mylady, keine Sorge.«
»Ich lasse mich überraschen, junger Mann. Wissen Sie nun, wer die Tanker und Frachter versenkt hat?« »Das ist jetzt nur noch eine Frage der Verhöre. Ich glaube, alle drei Banden sind darin verwickelt.« »Möglich.« Mehr sagte Lady Agatha dazu nicht. Und genau das ließ McWarden stutzen. Er beugte sich vor. »Sie glauben es nicht, oder?« fragte er. »Haben Sie bereits Zeit gefunden, Sir, gewisse Seeleute zu verhören?« »Das wird jetzt intensiv nachgeholt.« »W i r haben sie bereits verhört«, sagte Agatha Simpson spitz. »Ach nee.« McWarden beugte sich noch weiter vor und vergaß den wunderbaren Portwein. »Und was haben Sie herausgefunden? Ich darf Sie daran erinnern, daß wir zusammenarbeiten wollten.« »Berichten Sie, Mr. Parker!« Lady Agatha ließ sich zurücksinken und lächelte grimmig. »Mr. Walt Litty, der Ihnen ja nicht unbekannt sein dürfte, Sir, Mr. Walt Litty also war so liebenswürdig, einige dieser Seeleute zu einem Gespräch einzuladen.« »Litty? Dieser ehemalige Catcher, der nach Strich und Faden schmuggelt?« McWarden zog eine saure Miene. »Eines Tages werde ich ihn auch noch schnappen.« »Befassen Sie sich lieber mit wirklichen Gangstern, McWarden«, grollte Lady Agatha sofort. »Lassen Sie diesen unschuldigen Burschen gefälligst in Ruhe!«
»Unschuldig? Sie gestatten, Mylady, daß ich lache. Er ist einer der raffiniertesten Schmuggler.« »Der aber dafür gesorgt hat, daß Mr. Parker und ich uns mit einigen wichtigen Zeugen unterhalten konnten, vergessen Sie das nicht! Sie hätten doch bestimmt wieder Wochen gebraucht, bis Ihre Männer diese Seeleute zusammengetrommelt hätten.« »Äh, was haben die Zeugen ausgesagt?« fragte McWarden, schnell das heikle Thema wechselnd. »Sind die Tanker und Frachter nun tatsächlich torpediert worden, wie es in den Berichten heißt?« * »Von einer Torpedierung im klassischen Sinne sollte man wohl nicht ausgehen«, stellte Josuah Parker fest. »Blasenbahnen wurden von keinem Zeugen beobachtet, Sir.« »Sondern sie haben was gesehen?« McWarden lehnte sich ein wenig zurück. »Die Detonationen fanden allerdings außenbords statt«, berichtete der Butler weiter. »Mylady und meine bescheidene Wenigkeit haben dieser Tatsache besondere Aufmerksamkeit geschenkt« »Detonationen außenbords.« McWarden wußte damit nicht viel anzufangen. »Ist das näher beschrieben worden?« »In einigen Fällen durchaus«, redete Parker gemessen weiter. »Diese Beobachtungen bezogen sich auf je einen Frachter, der in der Irischen See und vor der spanischen Küste zum Sinken gebracht wurde.
Außenbords, Sir, müssen Sprengladungen gezündet worden sein.« »Froschmänner, wenn Sie mich fragen, McWarden«, schaltete Agatha Simpson sich jetzt ein. »Es können nur Froschmänner gewesen sein.« »Froschmänner auf offener See?« In McWardens Stimme lag Zweifel. »Sie sind natürlich von einem kleinen U-Boot aus abgesetzt worden, junger Mann.« Sie sah ihn gereizt an. »Haben Sie denn keine Phantasie? Diese Gangster hatten sie offensichtlich.« »So etwas kommt doch nur in James-Bond-Filmen vor, Mylady«, widersprach McWarden sehr leichtsinnig, worauf er sich einen empörten Bück einhandelte. »Diese Gangster lernen doch aus solchen Filmen«, raunzte die die Detektivin auch prompt. »Meiner Ansicht nach haben die Froschmänner Haftminen außenbords angebracht.« »Und wie denken Sie darüber, Mr. Parker?« McWarden wandte sich dem Butler zu. »Dies ist eine Möglichkeit, die man nicht ausschließen sollte«, lautete Parkers vage und vorsichtige Antwort. »Ich möchte mich allerdings nicht festlegen.« »Aber wo liegt der Sinn solcher Versenkungen?« fragte McWarden. »Versicherungsschwindel ist doch auszuschließen. Die Tanker und Frachter waren keine verrotteten Seelenverkäufer, das hat meine Dienststelle inzwischen festgestellt. Es handelte sich um tadellose,
moderne Schiffe, die noch jahrelang ihren Dienst verrichten konnten. Die betreffenden Eigner kommen in keinem Fall an zusätzliche Gelder heran, auch wenn die Versicherungen zahlen.« »Erpressungen«, behauptete die ältere Dame. »Denken Sie an die Dockratte und an diesen Ilford! Fragen Sie die Reeder, ob sie gewisse Zahlungen nicht geleistet haben! Da liegt des Rätsels Lösung. Für mich ist dieser Fall klar.« »Nun ja, die Verhöre werden die Lösung bestimmt bringen.« McWarden erhob sich. »Sprengungen außenbords, nicht zu glauben... Und das immerhin auf hoher See.« »Oder zumindest weitab von der Küste«, präzisierte der Butler. »Die Detonationen rissen große Löcher in die Schiffswände und führten zum Sinken.« »Nun ja, für Sie, Mylady, ist damit die Sache erledigt«, behauptete McWarden. »Wollen Sie wirklich noch 'rüber zu den Bermudas? Inzwischen sitzen ja alle Gangster, die für diese Dinge in Betracht kommen.« »Diesen Flug lasse ich mir nicht nehmen«, antwortete Lady Agatha grimmig. »Ich möchte mir das Sprengloch im vierten Frachter genau ansehen.« »Darf ich Sie dann um ein paar Fotos bitten? Ich hätte sie schneller als auf dem Dienstweg.« »Was wären Sie ohne mich!« Die Lady sah ihn geringschätzig an. »Warum lösen Sie Ihre Dienststelle nicht auf und kommen zu mir, McWarden? Sie könnten noch eine
Menge lernen, finden Sie nicht auch?« »Bestimmt, Mylady«, räumte McWarden ein, der an den Fotos interessiert war und sich daher jeder ironischen Antwort enthielt. »Vielleicht komme ich eines Tages noch mal auf Ihr Angebot zurück.« »Nehmen Sie nicht immer alles gleich so wörtlich«, schränkte die Lady sofort ein. »Mein Angebot war nur ein kleiner Scherz, damit keine Mißverständnisse aufkommen!« * »Die Bermudas, Mylady«, sagte Butler Parker und deutete durch das kleine rechteckige Fenster des Jet nach unten. »Dreiundfünfzig Quadratkilometer groß mit etwa sechzigtausend Einwohnern, Hauptstadt Hamilton. Angebaut werden Kartoffeln, Mais, Tabak, Kaffee und Baumwolle. Die Haupteinnahmen resultieren aus dem Fremdenverkehr, den während der Wintermonate in den USA hauptsächlich die Amerikaner bestreiten. Die Bermudas besitzen die Selbstverwaltung, gehören jedoch der britischen Völkerfamilie an, wenn ich es so ausdrücken darf. Die Bermudas, Mylady, setzen sich aus insgesamt dreihundert großen, kleinen und kleinsten Inseln zusammen und erleben im Augenblick eine Art literarischen Boom. Sie sind zum Synonym für Geheimnis und außerirdisches Wirken geworden.« »Sie haben das ja alles recht gut auswendig gelernt«, konterte Parkers
Herrin. »Ich fand die Angaben in einem Reiseprospekt, Mylady.« »Sieht alles recht akzeptabel aus«, fand die ältere Dame und schaute nach unten. »Mit England ist das natürlich nicht zu vergleichen, Mr. Parker, das möchte ich sofort klarstellen.« »In der Tat, Mylady! Mylady sollten sich vielleicht anschnallen, die Maschine setzt zur Landung an.« »Dreihundert große, kleine und kleinste Inseln.« Agatha Simpson wiederholte diese Angaben und schnallte sich an. »Hoffentlich weiß Kathy inzwischen, wo der Frachter liegt?« »Mit Sicherheit, Mylady.« Parker hatte Myladys Gesellschafterin und Sekretärin bereits vorausgeschickt, um gewisse Vorbereitungen treffen zu lassen. Kathy Porter war mit einem Tag Vorsprung hierher geflogen und würde sie am Flughafen von Hamilton in Empfang nehmen. Und sie war da! Kathy Porter stand in der kleinen Empfangshalle und eilte auf Lady Simpson und Butler Parker zu. Sie trug einen leichten Hosenanzug und sah darin sehr attraktiv aus. Schön, Sie zu sehen, Kindchen«, meinte Agatha Simpson und zog Kathy Porter kurz an sich. »Hoffentlich muß ich nicht zu lange bleiben.« »Ein paar Tage werden es schon werden, Mylady«, antwortete Kathy Porter lächelnd. »Aber ich habe ein sehr ruhiges und hübsches Hotel gefunden. Es liegt am Strand.«
»Und wo liegt der Frachter, auf den es mir ankommt?« »Es ist ziemlich kompliziert, Mylady, um dorthin zu kommen. Man muß entweder ein Boot chartern oder ein kleines Wasserflugzeug.« »Du lieber Himmel!« Lady Agatha sah Kathy sofort mißbilligend an. »Der Frachter liegt also weit draußen auf See?« »In der Nähe einer kleinen Insel, Mylady.« »Und wie komme ich ins Hotel?« »Ich habe einen Land-Rover gemietet, Mylady.« »Das hört sich schon wieder besser an. Nun, Kindchen, was haben Sie bisher herausgefunden?« »Ein Teil der Mannschaft hält sich noch hier in Hamilton auf, Mylady. Ebenfalls ein Agent der Reederei. Man will nämlich versuchen, einen Teil der Ladung zu bergen.« »Lohnt sich denn das?« »Der Agent der Reederei ist dieser Ansicht, Mylady. Ich habe bereits Ihr Kommen angekündigt. Er steht zu Ihrer Verfügung.« »Nun ja, fahren wir erst mal ins Hotel, Kindchen. Sonst irgendwelche Neuigkeiten?« »Nein, Mylady. Das heißt die Seeleute, die ich gesprochen habe, sagen übereinstimmend aus, daß der Frachter nicht torpediert worden ist.« »Froschmänner«, erklärte Agatha Simpson und sah ihren Butler streng an. »Hoffentlich schließen Sie sich endlich meiner Ansicht an, Mr. Parker.« »Ich werde mich bemühen, Mylady. Wenn ich mich jetzt um das Gepäck kümmern dürfte?« Er
wartete diese Erlaubnis natürlich nicht ab, sondern schritt gemessen hinüber zum Gepäckverteiler und barg die wenigen Koffer, die für diese Flugreise mitgenommen wurden. Es handelte sich außerdem um zwei Reisetaschen und einen Kleidersack. Parker brauchte erstaunlich viel Zeit, bis er die wenigen Dinge endlich an sich gebracht hatte. Er schien sich absichtlich viel Zeit zu nehmen und beobachtete dabei die übrigen Flugreisenden, die mit dem Jet gekommen waren. Anschließend begab er sich würdevoll hinüber zum Chefsteward der Maschine und stellte sich als Butler der Lady Simpson vor. Er führte eine kurze Unterhaltung mit diesem Mann und durfte dann einen Bück in die Liste der Passagiere tun. * »Ich werde mich der Landessitte anpassen und kurz Siesta halten«, sagte Lady Agatha im Hotel. »Soviel Postkartenschönheit geht mir auf die Nerven.« »Mylady mögen die Bermudas nicht?« erkundigte Parker sich höflich. »Diese Inseln sind etwas für Snobs«, urteilte sie. »Englischer Nebel ist mir lieber. Diese unentwegt strahlende Sonne, diese Palmen, dieses penetrant blaue Meer und diese Blumenpracht, da muß man ja trübsinnig werden!« »Wann wünschen Mylady geweckt zu werden?« »Sobald diese scheußliche Sonne tiefer steht, Mr. Parker. Sollte sich
allerdings etwas Dramatisches ereignen, möchte ich sofort verständigt werden.« »Mylady können sich auf meine bescheidene Wenigkeit fest verlassen.« »Was ich mir auch ausgebeten haben möchte. Übrigens, wieso haben Sie sich für die Passagierliste interessiert?« »Mylady sind nur schwer hinter das sprichwörtliche Licht zu führen«, antwortete Parker und deutete eine schuldhafte Verbeugung an. »Ich habe meine Augen überall«, sagte sie in ihrer üblichen Übertreibung. »Aber weichen Sie nicht aus! Was haben Sie festgestellt?« »Ich war so frei, mich für einen Vertreter jener Reederei zu interessieren, Mylady, der der Frachter gehört. Es handelt sich um einen gewissen Mr. Frank Slaughter.« »Aha. Und was bedeutet das?« »Dazu wäre zur Zeit noch nichts zu sagen, Mylady, dies muß erst die nahe Zukunft bringen.« »Schön, Mr. Parker! Lassen Sie diesen Mann möglichst nicht aus den Augen!« Parker antwortete mit einer knappen Verbeugung und verließ dann die kleine Hotelsuite. Er schritt über den Korridor hinüber zu Kathy Porters Zimmer, klopfte an, hörte ihr >Herein< und öffnete die Tür. »Mylady macht einen sehr ausgeglichenen Eindruck«, sagte Kathy Porter lächelnd. »Mylady freut sich auf weitere Abenteuer«, antwortete der Butler«,
Sie konnten die Frachtpapiere einsehen, Miß Porter, um die ich Sie telegrafisch bat?« »Ich besitze sogar genaue Kopien«, sagte sie. »Ich glaube, Mr. Parker, daß Sie auf der richtigen Spur sind.« »Man wird sehen, Miß Porter, bitte keine Vorschußlorbeeren.« »Wenn man von den beiden Tankern mal absieht, Mr. Parker, befand sich an Bord aller vier Frachter Ladegut einer ganz bestimmten Firma.« »Deren Name wie lautet, Miß Porter?« »Es handelt sich um die Firma >United Electronics<«, Mr. Parker. Diese Firma befindet sich in Mittelengland, in der Nähe von Birmingham. Sie stellt Einzelteile und Bauteile für die Radio- und Fernsehindustrie her.« »Wie hoch ist die Ladung dieser Firma versichert?« »Mit fast vierzigtausend Pfund, Mr. Parker. Während Ihres Flugs habe ich bereits mit Mr. Fulham in London telefoniert. Die übrigen drei Ladeanteile auf den drei anderen Frachtern waren ähnlich hoch. Sie differieren von Fall zu Fall nur um etwa ein- bis zweitausend Pfund.« »Und wie heißen die Abnehmer?« »Mr. Fulham wird ein Fernschreiben schicken, Mr. Parker. Ich erwarte es noch heute in der Bank of Bermudas.« »Außerordentlich gute Arbeit«, lobte Parker. »Was vermuten Sie eigentlich?« wollte Kathy Porter wissen. »Ich habe da so meine Vorstellungen,
aber ich möchte von Ihnen hören, womit Sie rechnen.« »Bisher hat man sich nur um die jeweiligen Tanker und Frachter gekümmert und hier Zusammenhänge gesucht, mir hingegen scheint, daß man sich mehr um die Ladung der Frachter kümmern sollte, die ja ebenfalls versichert wurde.« »Versicherungsbetrug, Mr. Parker?« »Davon erlaube ich mir auszugehen, Miß Porter.« »Dann nehmen Sie also an, daß eine Firma wie die >United Electronics< wertlose Fracht hoch versichern ließ, um dann anschließend die Frachter versenken zu lassen? Das wäre ja ungeheuerlich!« »Dies ist in der Tat die Richtung meiner Vorstellungen«, antwortete Parker. »Meiner bescheidenen Ansicht nach kann es kein Zufall sein, daß ausgerechnet auf allen vier Frachtern je eine wertvolle Ladung der erwähnten Firma vorbanden war.« »Aber die beiden Frachter, Mr. Parker? Die haben mit der >United Electronics< doch überhaupt nichts zu tun.« »Dies, Miß Porter, Heß auch meine bescheidene Wenigkeit stutzen«, räumte der Butler ein. »Aber könnten die Versenkungen dieser beiden Tanker nicht eine Art Ablenkungs- und Tarnmanöver gewesen sein?« »Aber wie, Mr. Parker, sind Tanker und Frachter versenkt worden? Von Froschmännern oder U-Booten kann doch keine Rede
sein! Das halte ich für ausgeschlossen.« »In der Tat, das wäre ein Aufwand, der in keiner Relation zum erwarteten Versicherungsgewinn steht.« »Haben Sie schon eine Theorie, wie die Schiffe denn sonst versenkt worden sind?« »Mylady erwähnten Haftminen, wenn auch in einem anderen Zusammenhang.« »Das wäre möglich?« »Technisch durchaus. Ein erfahrener Elektroniker könnte einen entsprechenden Mechanismus leicht konstruieren. Möglicherweise aber haben die Zeugen sich auch getäuscht, und die Sprengladungen zündeten vom Schiffsinneren aus. Das würde dann bedeuten, daß...« »... die Sprengladungen sich in den Containern der >United Electronics < befanden, nicht wahr?« Sie hatte ihn spontan unterbrochen und sah Parker erwartungsvoll an. »Sie sagen es, Miß Porter«, bestätigte der Butler. »Doch erst eine eingehende Untersuchung des Wracks durfte da Klarheit bringen. Die nähere Betrachtung der Container garantiert einige Überraschungen.« »Angenommen, diese Firma steht hinter den Versenkungen, Mr. Parker, hat sie dann mit der Dockratte oder vielleicht mit Ilford zusammengearbeitet?« »Dies, Miß Porter, nehme ich nicht an.« Parker schüttelte den Kopf. »Hier scheint es sich um eine private Unternehmung zu handeln. Hoffentlich trifft das bewußte Fernschreiben bald ein.«
Die interessante Unterhaltung wurde jäh unterbrochen, als plötzlich eine Handgranate durch das geöffnete Balkonfenster flog und zischend auf dem Teppich hegen blieb. Butler Parker fand diese ungewöhnliche Zuneigung gar nicht angenehm! * »Kindchen, ich bin nicht besonders zimperlich«, sagte Lady Simpson eine Viertelstunde später. »Aber sind Sie sicher, das richtige Hotel gewählt zu haben? Hier herrscht ja eine Unruhe! Es ist einfach nicht zu glauben!« »Sie hing mit einer Handgranate zusammen, Mylady«, gab Kathy Porter Auskunft. »Wie war das? Eine Handgranate?« Agatha Simpsons Augen funkelten sofort unternehmungslustig. »Wie aufregend, wie schön! Wem galt sie?« »Mr. Parker und mir, Mylady.« »Was Sie nicht sagen, Kindchen! Erzählen Sie schon!« »Sie flog plötzlich durch das geöffnete Balkonfenster, Mylady. Mr. Parker riß mich mit sich ins Badezimmer und konnte gerade noch die Tür zuwerfen, bevor sie detonierte.« »Dann sind wir auf der richtigen Spur.« Lady Agatha nickte grimmig. »Wie gut, daß ich darauf bestanden habe, die Bermudas zu besuchen.« »Uns ist nichts passiert«, versicherte Kathy Porter. »Natürlich nicht«, antwortete die resolute Dame. »Sie hatten ja Mr.
Parker bei sich. In gewissen Situationen ist dieser Mann durchaus zu gebrauchen.« »Aber Mylady!« Kathy Porter mußte unwillkürlich lächeln. »Gut, ich sorge mich also nachträglich«, räumte Lady Agatha ein. »Aber wir wollen doch nichts dramatisieren. Wo steckt Mr. Parker jetzt?« »Er ist zur Bank of Bermudas gegangen, um dort ein Fernschreiben abzuholen.« »Er hat also wieder mal so seine Geheimnisse, Kindchen, nicht wahr?« »Mr. Parker bittet darum, Mylady möge sich für den Ausflug hinaus zum Wrack bereithalten. Mr. Parker schlägt vor, ein Boot zu benutzen.« »Wie lange wird diese Fahrt dauern, Kindchen?« »Etwa fünfundvierzig Minuten, Mylady. Es wird von Insel zu Insel gehen.« »Das hört sich aber ziemlich langweilig an, Kindchen«, fand die ältere Dame. »An Bord der kleinen Yacht, Mylady, befindet sich eine komplette Ausrüstung für Sportfischer.« »Sie wollen mir doch nicht etwa zumuten, auf Fischfang zu gehen, oder?« »Auch dann nicht, Mylady, wenn es sich um den Killerhai handelt?« »Sie machen mich neugierig, Kindchen.« »Ein Riesenhai, Mylady, der seit einigen Wochen diese Gewässer sehr unsicher macht. Es muß sich um ein außergewöhnliches Exemplar handeln.«
»Nun ja, Miß Porter, das klingt ja schon bedeutend besser. Ich lasse mich überraschen. Hoffentlich hat Mr. Parker dafür gesorgt, daß ich diese Bestie sichte.« Der gerade erwähnte Mr. Parker erschien wenig später in der Hotelsuite und verbreitete sich ausgiebig über den Killerhai, von dem auch schon Kathy Porter gesprochen hatte. »Wovon wollen Sie ablenken, Mr. Parker?« erkundigte die Detektivin sich plötzlich. »Mich führen Sie nicht hinters Licht. Was machten Sie auf der Bank of Bermudas?« »Es ging um ein Fernschreiben, Mylady«, erwiderte der Butler. »Wenn Mylady Wert darauf legen, werde ich die Vorgeschichte, die zu diesem Fernschreiben führte, kurz zusammenfassen.« »Fassen Sie kurz zusammen!« Lady Agatha ließ sich gemütlich in einem der Strohsessel nieder. Sie wußte aus Erfahrung, daß Parkers Geschichten selten kurz waren. »Und wie lautet nun die Auskunft über diese Firma?« fragte sie schließlich. »Die >United Electronics<, Mylady, sind eine durchaus ehrenwerte Firma, wie per Fernschreiben mitgeteilt wurde«, berichtete der Butler weiter. »Diese Auskünfte stammen von der Londoner Handelskammer, die diskrete Erkundigungen einzog. Die beiden Besitzer heißen Maudley und Summers, deren Geschäfte in letzter Zeit allerdings zu stagnieren scheinen. Die japanische Konkurrenz in Sachen Elektronik ist für die Firma fast überstark geworden.«
»Sie glauben also, daß Maudley und Summers Versicherungsschwindel treiben?« »Mit solch einer Möglichkeit sollte man rechnen, Mylady. Darum würde ich Mylady auch empfehlen, sich die Container der Firma auf dem Frachter anzusehen.« »Worauf Sie sich verlassen können, Mr. Parker. Moment, da ist noch etwas. An welche Firmen sollten denn diese Container gehen?« »Mylady achten in der Tat auf jede Nuance«, sagte Parker. »An welche also?« wiederholte sie die Frage. »An Firmen im Ausland, die Neugründungen zu sein scheinen und über die die Handelskammer in London so gut wie nichts weiß, Mylady. Dies dürfte den gerade geäußerten Verdacht nur noch verstärken.« »Worauf warten wir noch?« Agatha Simpson stand schwungvoll auf. »Sehen wir uns also die Container an. Und hoffen wir, daß der Killerhai mir über den Weg läuft, Mr. Parker. Ich brauche einige Aktivitäten, damit mein Kreislauf in Schwung bleibt.« * »Darf ich mich Ihnen anschließen?« fragte der junge Mann, der etwa fünfunddreißig Jahre alt war. »Mein Name ist Slaughter, Frank Slaughter. Ich bin Unfallinspektor der Latin-Line. Ich hörte gerade, daß Sie sich die >Little Jupiter< ansehen wollen.« »Sind Sie nicht zusammen mit uns in Hamilton angekommen, junger
Mann?« fragte Lady Simpson und musterte den Mann. »Ich möchte wetten, Sie auf dem Flugplatz gesehen zu haben.« »Sie müssen mich sogar gesehen haben«, antwortete Frank Slaughter lachend und zeigte ein blendend weißes Gebiß. »Ich habe schon versucht, ein Boot zu chartern, aber ich habe nichts Passendes gefunden.« »Steigen Sie über, junger Mann!« Agatha Simpson war einverstanden. »Sie untersuchen für Ihre Reederei das Schiffswrack? « »So ist es, Mylady«, erwiderte Slaughter und sprang vom Bootssteg aus an Bord der Motorjacht. »Sie kennen mich?« »Ich habe mich diskret nach Ihnen erkundigt, Mylady«, lautete die arglose und offensichtlich ehrliche Antwort. »Ich wollte wissen, wer sich für das Wrack interessiert.« »Miß Porter, Mr. Parker«, stellte die ältere Dame ihre beiden Begleiter vor. »Sie wissen also, wie der Frachter zum Wrack wurde?« »Ich kenne vorerst nur die Berichte des Kapitäns und der Schiffsoffiziere«, gab Slaughter zurück. »Sie alle sprechen übereinstimmend von einer Art Detonation außenbords.« »Als sei ein Torpedo eingeschlagen?« fragte Parker. »Nein, nein, so nicht, Sir«, gab Slaughter zurück. »Blasenbahnen wurden nicht festgestellt.« »Froschmänner«, behauptete die Detektivin prompt. »Davon lasse ich mich nicht abbringen. Nun, wir werden uns das aus nächster Nähe
ansehen. Ich sehe, Sie sind entsprechend ausgerüstet.« »Natürlich, Mylady, Filmkamera, Fotoapparate und Tape-Recorder, um sofort einen ersten Bericht auf Band zu sprechen.« Frank Slaughter deutete auf seine Fototaschen und auf einen kleinen Aluminiumkoffer. »Hoffentlich haben Sie auch eine Harpune«, meinte Lady Agatha mit gutmütigem Spott. »Hier in den Gewässern soll sich ein Killerhai herumtreiben.« »Habe ich schon gehört, Mylady. Ich bin nicht versessen darauf, das Biest zu sehen. Gegen Haie habe ich etwas, bin sozusagen allergisch.« »Ich werde Ihnen vielleicht zeigen können, wie man diese Burschen aus dem Wasser holt«, hoffte die ältere Dame, die an dem jungen Mann offensichtlich Gefallen fand. Sie sah ihm interessiert nach, als er mit seiner Ausrüstung nach vorn zum Bug der jetzt ablegenden Jacht ging. Dann wandte sie sich an Kathy Porter und zwinkerte ihr eindeutig zu. »Mylady?« fragte Kathy Porter ahnungslos. »Wäre das nichts für Sie, Kindchen?« fragte Lady Agatha rund heraus, wie sie es stets war. »Was haben Sie gegen einen kleinen Urlaubsflirt? Dieser junge Mann sieht doch ganz passabel aus, oder?« »Er lacht mir etwas zu aufgesetzt, Mylady.« Kathy Porter verzog das Gesicht. »Was für Ansprüche«, seufzte Lady Agatha. »Ein paar Jahre jünger, Kindchen, und ich würde keinen Moment zögern, mir diesen Goldfisch an Land zu ziehen.«
»Ein in der Tat bemerkenswerter junger Mann«, fand Parker, der sich jetzt einschaltete. »Seine Fotoausrüstung ist beachtlich.« Frank Slaughter hatte seine Umhängetaschen abgestellt und geöffnet. Er holte eine moderne Kamera hervor und richtete sie ein. Dann befaßte er sich mit einer Spiegelreflexkamera und setzte ein Teleobjektiv auf. Kathy wandte sich ab und ging nach hinten zum Heck der kleinen Motorjacht. Sie schmunzelte, setzte sich in einen der Drehstühle, die mit Sicherheitsgurten versehen waren und sah hinaus auf das tiefblaue Wasser und die Küste, die langsam im Dunst der Nachmittagssonne verschwand. Es dauerte nicht lange, bis die ersten kleinen Inseln in Sicht kamen. Kathy Porter fühlte sich fast in die Südsee versetzt. Weiße Strände gab es hier, Palmen, die sich im sanften, stetigen Wind bogen, Atolle, gegen die eine leichte Brandung rauschte, kurz, ein schöneres und friedlicheres Bild hätte man sich gar nicht vorstellen können. Von Gangstertum und Verbrechen war weit und breit nichts zu sehen oder gar zu spüren. Agatha Simpson erschien neben Kathy und ließ sich in einem zweiten Drehstuhl nieder. Sie beschäftigte sich leicht verärgert mit einer kurzen Sportangel und hielt dabei Ausschau nach dem berüchtigten Killerhai. Sie hielt es für selbstverständlich, daß dieses Raubtier der Meere sich umgehend zeigte, um dann von ihr gefangen zu werden. Der Killerhai aber ließ sich nicht blicken. Noch nicht!
* Die >Little Jupiter<, ein Frachter von etwa 8000 Tonnen, hing in bereits gefährlicher Schräglage auf einem Unterwasserriff und war bis zur Hälfte bereits unter Wasser. Nur das Vorschiff ragte noch heraus. Frank Slaughter, der Schadensinspektor der Reederei, filmte und fotografierte, während die kleine Motorjacht, von Parker gesteuert, sich vorsichtig und langsam dem Wrack näherte. Überall gab es hier gefährliche Untiefen. »Hoffentlich kommen Sie an die Container dieser Firma heran, Mr. Parker«, sagte Agatha Simpson, die neben dem Butler erschienen war. »Mylady dürfen versichert sein, daß ich mich bemühen werde«, gab Parker zurück. »Sie wollen doch nicht allein gehen?« »Mr. Slaughter war so freundlich, mir bereits seine Begleitung anzubieten, Mylady.« »Auch ich werde selbstverständlich mitkommen«, entschied die ehrgeizige Dame. »Ich will mir das Leck im Schiffsrumpf ansehen.« »Dies, Mylady, kann unter Umständen sehr gefährlich sein.« »Papperlapapp, Mr. Parker!« Sie schüttelte energisch ihren Kopf. »Eine Lady Simpson ist vor einer Gefahr noch niemals ausgewichen. Gerade Sie sollten das wissen!« »Könnte man nicht noch etwas näher 'rangehen?« rief Slaughter vom Bug her.
»Ich werde das Anlegemanöver sofort einleiten, Mr. Slaughter«, antwortete Parker. »Ich werde dazu die Leeseite benutzen.« »Wen?« fragte Slaughter zurück. »Die Leeseite, Sir.« Parker bugsierte die kleine Motorjacht durch einen natürlichen Kanal in die windgeschützte Bucht und stellte den Motor ab. Dann nahm er den langen Enterhaken und wartete, bis die kleine Jacht sich an das Wrack herangeschoben hatte. Er benutzte den Enterhaken, um einen engen Kontakt zwischen dem Frachter und der Motorjacht herzustellen, machte das Boot fest und nickte einladend seiner Herrin zu. »Wenn Mylady gestatten, werde ich vorausgehen«, sagte er. »Der Weg hinauf zum Bug wird ein wenig steil sein.« »Nun steigen Sie schon über«, grollte die ältere Dame ungeduldig. »Ich will endlich wissen, was sich in den Containern der Elektronik-Firma befindet.« Parker stieg mit der Selbstverständlichkeit eines erfahrenen Seemanns auf den Frachter über, hatte dann jedoch einige Mühe, die stattliche Sechzigerin an Bord zu hieven. Es zeigte sich, daß sie nicht gerade als Leichtgewicht einzustufen war. Ein wenig keuchend brachte Lady Agatha das Manöver hinter sich und hielt sich an der Reling fest, die fast einer Leiter glich, weil sie so steil nach oben in die Luft ragte und wartete, bis Parker wieder die Führung übernommen hatte. Kathy blieb auf der Motorjacht zurück und reichte Slaughter den
Aluminiumkoffer und die Fototaschen. Sie sollte dafür sorgen, daß im Fall einer Panne ein schnelles Ablegen gewährleistet blieb. Agatha Simpson begann inzwischen mit der >Gipfelbesteigung< des Schiffsbugs. Es zeigte sich, daß sie doch erstaunlich beweglich war. Die steile Schräglage meisterte sie überraschend gut, wenngleich Parker, der hinter ihr ging, immer wieder diskret so etwas wie Schubhilfe leistete. In der Höhe, einer aufgerissenen Ladeluke legte die ältere Dame eine Pause ein. Sie deutete nach unten. »Kümmern Sie sich um die bewußten Container«, sagte sie zu Parker und Slaughter. »Ich werde nach dem Leck Ausschau halten.« Butler Parker wollte die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen. Er nickte dem Schadensinspektor der Reederei zu und schob sich dann geschickt durch die aufgerissene Ladeluke in das Schiffsinnere. Da die Ladung verrutscht war, fand er guten Halt, doch die Aussicht, die bestimmten Container zu finden, war mehr als gering. Slaughter blieb dicht hinter dem Butler, hielt eine Taschenlampe in der Hand und suchte mit dem starken Lichtstrahl Kisten, Behälter und Kleincontainer ab, die wild durcheinanderlagen und teilweise aufgeplatzt waren. Das eingedrungene Wasser im Schiffsrumpf plätscherte und schwabbelte um die Ladung und Trümmer herum. Hier im Laderaum herrschte ein beachtliches Chaos.
»Das darf doch nicht wahr sein«, sagte Slaughter plötzlich und leuchtete einen aufgeplatzten Container mittlerer Größe an. »Sehen Sie doch Mr. Parker. Ist es das, wonach Sie suchen?« »United Electronics«, las Parker halblaut. »Ausgezeichnet, Mr. Slaughter, dies würde ich als einen Glückstreffer bezeichnen!« * »Nun spannen Sie mich nicht auf die Folter«, raunzte Parkers Herrin, als die beiden Männer wieder auf dem schräg stehenden Bug des Frachters waren. »Mylady müssen mit einer echten Überraschung rechnen«, erwiderte der Butler. »In den. Containern der bewußten Firma befindet sich tatsächlich die deklarierte Ladung: Elektronische Einzelteile, Bauteile und Geräte.« »Das ist aber doch ...« »Sie haben an Versicherungsschwindel geglaubt, Mylady?« fragte Slaughter. »Natürlich, junger Mann. Ich habe in den Containern wertlosen Kram vermutet, der allerdings hoch versichert worden ist. Was sagen denn Sie dazu, Mr. Parker?« »Mit dieser neuen Situation, Mylady, werde ich mich erst vertraut machen müssen.« »Sie sind die ganze Zeit über auf dem Holzweg gewesen, gestehen Sie es schon ein!« »Meiner bescheidenen Wenigkeit muß ein Denkfehler unterlaufen sein, Mylady, wie ich einräumen möchte.«
»Also, mir tut das direkt gut«, triumphierte die Detektivin. »Der unfehlbare Mr. Parker erleidet endlich mal eine Niederlage. Ich werde diesen Tag in meinem Kalender rot ankreuzen.« »Es gäbe da allerdings eine Möglichkeit, die ebenfalls in Betracht zu ziehen wäre«, ließ Parker sich vernehmen. »Reden Sie sich nicht heraus«, stichelte Lady Agatha genußvoll. »Laut Auskunft der Londoner Handelskammer gehen die Geschäfte der >United Electronic wegen der japanischen Konkurrenz äußerst schlecht«, redete Parker weiter. »Wenn die Herren der Firma nun also ihre Ware an Scheinadressen versenden und dafür sorgen, daß diese Ware durch Schiffsversenkungen niemals ankommt, so kann diese Firma immer noch die hohen Versicherungssummen einstreichen. Mit einem ansehnlichen Gewinn ist also zu rechnen, ohne daß Ware im normalen Sinn umgesetzt werden muß.« »Verflixt!« Agatha Simpson stutzte. »Die betreffende Firma, Mylady, kann auf diese Art und Weise ihre Lager räumen und viel Geld dafür erhalten.« »Donnerwetter, Mr. Parker, das wäre allerdings ein raffinierter Trick!« Mylady hatte sofort verstanden. »Bisher wären das rund hundertsechzigtausend Pfund, Mylady«, erinnerte der Butler. »Ein ansehnlicher Betrag.« »Und vier Frachter«, erinnerte die Detektivin.
»Aber die beiden Tanker, Mr. Parker, von denen Sie gesprochen haben?« Slaughter hatte aufmerksam zugehört, schien jetzt aber ein Haar in der Suppe gefunden zu haben. »Die Versenkung der beiden kleinen Tanker war als Ablenkungsmanöver gedacht. Man wird sich mit der >United Electronic< noch intensiv befassen müssen. Die Herren Maudley und Summers scheinen trickreiche Versicherungsbetrüger zu sein.« »Das sind sie auch!« Slaughter lächelte spöttisch und zeigte Lady Simpson und dem Butler plötzlich einen Revolver, dessen Lauf auf seine beiden Begleiter gerichtet war. »Bleiben Sie stehen, sonst schieße ich gnadenlos.« »Junger Mann, was soll das?« Agatha Simpson sah Slaughter entrüstet an. »Sind Sie Mr. Maudley oder Mr. Summers?« erkundigte Parker sich ungerührt und höflich. »Maudley«, erwiderte der angebliche Schadensinspektor der Reederei. »Summers hält in England die Stellung. Stop, Miß Porter, keine Dummheiten! Steigen Sie über, kommen Sie hierher!« »Bitte, Miß Porter, tun Sie, was Mr. Maudley verlangt«, ließ der Butler sich vernehmen. Kathy nickte, bewegte sich sehr vorsichtig, verließ die kleine Motorjacht und sprang dann hinüber auf das Wrack. Sie schob sich an Maudley vorbei und gesellte sich zu Lady Agatha und Butler Parker. »So ist es schön.« Maudley war zufrieden und stahl sich tiefer nach unten in Richtung Motorjacht. Dann
blieb an der eingetauchten Reling des Frachters stehen. »Sie haben die Sache vollkommen durchschaut, Parker«, rief er dann und lächelte kühl. »Wir sind auf unseren Erzeugnissen sitzen geblieben. Wir haben kaum noch was verkauft. Unsere Lager waren vollgestopft und brachten keinen Penny herein. Die Konkurrenz hat uns überall unterboten.« »Hatten Sie die Idee mit dem Versicherungsschwindel, Mr. Maudley?« »Ist sie nicht genial?« Maudley lächelte nicht mehr. Sein Gesicht war zu einer Maske geworden. »Wir haben das Zeug in Container gepackt und an Scheinadressen abgeschickt. Sie ahnen ja nicht, wie schnell und prompt die Versicherungen gezahlt haben. Plötzlich waren unsere Waren wieder ihr verdammt gutes Geld wert.« »Aber wie versenkten Sie die Frachter und Tanker?« »Haftladungen, Parker! Und keine Froschmänner, Mylady! Als Elektroniker haben Summers und ich die Haftladungen mit Zeitzündern hergestellt und dann nach Belieben angebracht. Die Frachter und Tanker liefen ja immer wieder Zwischenhäfen an. Das Anbringen der Ladungen war 'ne Kleinigkeit. Und noch etwas, wir haben immer dafür gesorgt, daß kein Mensch zu Schaden kam.« »Die Versenkung der beiden Kleintanker war also tatsächlich nur ein Ablenkungsmanöver? « »Richtig, wir mußten ja alle Spuren verwischen, es durften nicht nur Tanker sein. Die Polizei sollte
annehmen, irgendeine Bande hätte sich auf Versenkungen spezialisiert.« »Darf ich noch mal wiederholen, daß ich Ihren Trick für fast genial halte?« schickte der Butler voraus. »Eine Kontrolle der Container hätte immer gezeigt, daß die deklarierte Ware tatsächlich vorhanden war.« »Auf diesen Trick sind mein Partner und ich auch stolz. So, jetzt wird's aber Zeit, daß ich mich absetze. Gleich wird sich hier einiges tun.« »Sie spielen offensichtlich auf den Aluminiumkoffer an, den Sie unter Deck zurückgelassen haben, nicht wahr?« »Er ist randvoll mit Plastiksprengstoff gefüllt. Tut mir leid, aber in diesem Fall wird es wohl ein paar Tote geben. Sie wissen einfach zuviel und könnten uns die weiteren Geschäfte verderben.« »Sie Lümmel«, grollte die ältere Dame. »Sie planen weitere Versenkungen?« wollte Parker wissen, während Maudley auf die kleine Motorjacht überstieg. »Natürlich«, rief Maudley. »Wir haben' noch eine Menge Ware auf Lager, die zu Geld gemacht werden muß.« Er hob seinen Revolver und jagte dann mit der Motorjacht los, um einen Sicherheitsabstand zu gewinnen. »Lassen Sie sich gefälligst was einfallen«, raunzte die Lady ihren Butler an. »Ich habe keine Lust, so ohne jede Vorbereitung in die Luft zu fliegen!« *
Nach einer gewaltigen Detonation hatte der Frachter sich hoch aufgebäumt und war dann endgültig abgerutscht. Er lag bis auf ein paar Aufbauten völlig unter Wasser. Durch die Luft waren Trümmer gesegelt und ins Wasser geklatscht. Der Wind zerteilte bereits die dunkle Explosionswolke. Agatha Simpson, Kathy Porter und Butler Parker standen quasi bis zu den Hälsen im Wasser. Sie hatten das Wrack noch rechtzeitig verlassen und sich auf ein schmales Riff gerettet. »Dieses scheußliche Subjekt will uns tatsächlich umbringen«, stellte Mylady fest und deutete auf die Motorjacht, die in voller Fahrt heranpreschte. »Mr. Parker, ich verlange, daß Sie dagegen etwas unternehmen.« »Ich möchte nicht verhehlen, Mylady, daß ich die augenblickliche Situation für ziemlich ernst halte«, erwiderte Parker. »Die kriminelle Energie dieses Mr. Maudley ist beachtlich.« »Wir müssen 'raus ins offene Wasser schwimmen«, sagte Kathy Porter hastig. »Wahrscheinlich übersieht er dann das Riff hier, auf dem wir stehen.« »Eine sehr gute Idee«, lobte Parker. »Darf ich mir erlauben, Mylady ein wenig behilflich zu sein?« Das Trio stieß sich vom Riff ab und schwamm ins offene Meer hinaus, während die Motorjacht nach wie vor in wilder Fahrt auf sie zuhielt.
Agatha Simpson schnappte nach Luft, spuckte Wasser, strampelte wie eine füllige Seekuh und hielt sich dann an Parker fest, der sich verzweifelt anstrengen mußte, um nicht unter Wasser gedrückt zu werden. Sekunden später passierte genau das, was Kathy gehofft hatte Maudley übersah in seinem wilden Tötungseifer das Riff und ... raste voll in die messerscharfe Korallenbank. Das Motorboot wurde aufgeschlitzt, aus dem Wasser getragen und zerschmettert. Die Trümmer überschlugen sich in der Luft, und ein menschlicher Körper landete im aufklatschenden Wasser jenseits des Riffs im offenen Wasser. »Vielleicht sollte man schleunigst zurück zum Riff schwimmen«, ließ Parker sich vernehmen. »Falls meine Augen mich nicht trügen, Mylady, scheint dort ein relativ großer Hai unterwegs zu sein.« »Der Killerhai?« Myladys Stimme war ein wenig nervös. »Möglicherweise, Mylady«, antwortete der Butler. »Aber zur Zeit dürfte er noch mit Mr. Maudley beschäftigt sein.« * »Ein Meisterwerk ist das aber gerade nicht«, räsonierte die ältere Dame und betrachtete mißtrauisch das Floß, das von Parker gebaut worden war. Es bestand aus Palmstämmen, die der Butler zusammengeschnürt hatte. Nach dem endgültigen Absacken des Frachters war allerlei Treibgut an den Strand
gespült und von Parker geborgen worden. Seiner bescheidenen Ansicht nach reichte das Floß aus, um das einsame Eiland zu verlassen. Zudem hatte er für einigen Komfort gesorgt, um Mylady die Floßreise so angenehm wie nur möglich zu machen. Zu diesen Bequemlichkeiten gehörte ein Schaukelstuhl, der aus unerfindlichen Gründen an Land gespült und von Butler Parker natürlich umgehend geborgen worden war. Er befand sich jetzt auf dem Floß und beherbergte Agatha Simpson. Im Schatten dieses Schaukelstuhls saß Kathy Porter auf den nassen Stämmen und lächelte fröhlich in sich hinein. Die Kabbeleien zwischen Butler Parker und Lady Agatha waren ihr nur zu bekannt. Sie hätte sie vermißt, wenn sie darauf hätte verzichten müssen. »Mit meinem Kreislauf ist auch einiges nicht in Ordnung«, redete Lady Simpson weiter. »Er scheint vor dem Zusammenbruch zu stehen. Bei dieser schrecklichen Hitze ist das ja auch kein Wunder.« »Ich werde mir erlauben, Mylady sofort zu laben.« Parker ließ sich auch jetzt keineswegs aus der Ruhe bringen. Er griff zur flachen, lederbespannten Taschenflasche und füllte einen Kreislaufbeschleuniger ab, den die Lady wenig später sichtlich genoß. »Diese Sonne«, mäkelte die ältere Dame bereits weiter. »Warum spannen Sie nicht Ihren Regenschirm auf, Mr. Parker? Nehmen Sie überhaupt keine Rücksicht auf mich?«
»Ich fürchte, Mylady werden noch ein wenig auf diesen Sonnenschutz verzichten müssen«, antwortete Parker, der seit einigen Sekunden angestrengt und interessiert die Wasseroberfläche beobachtete. »Falls meine bescheidenen Befürchtungen nämlich zutreffen, nähert sich ein Hai.« »Wie war das?« Lady Agatha sprang aus dem Schaukelstuhl und brachte das leichte, recht improvisiert aussehende Floß in gefährliche Schwankungen. »Möglicherweise der Killerhai, Mylady, der diese Gewässer unsicher machen soll. Mylady wollen gütigst die doch erstaunliche große Rückenflosse zur Kenntnis nehmen.« Parker hatte noch untertrieben. Die Dreiecksflosse, die aus dem Wasser ragte, erinnerte fast schon an das Segel eines kleinen Bootes. Sie kreiste um das Floß herum, hinterließ eine breite Blasenbahn im Wasser und schoß dann mit schier unglaublicher Geschwindigkeit auf das Floß zu. »Ich hoffe, Sie wissen, was jetzt zu tun ist, Mr, Parker«, sagte die Detektivin streng und ließ sich wieder behutsam im Schaukelstuhl nieder. »Enttäuschen Sie mich nicht!« Kathy Porter spürte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Sie klammerte sich am Schaukelstuhl fest und fuhr zurück, als vorn am Fluß das gewaltige Maul des Haifisches sich öffnete. Sekundenbruchteile später schnappte das Gebiß zu und riß splitterndes Holz aus den Balken.
Parker hatte auf einen kleinen, oben am Griff versteckt angebrachten Knopf gedrückt. Unten aus der Stahlzwinge schoß jetzt ein dolchartiges, langes und spitzes Messer hervor. Parker holte weit aus und harpunierte den Hai. Er richtete nicht viel aus. Die scharfe Spitze ritzte nur sehr oberflächlich die Haut der Bestie, die daraufhin nur noch gieriger und wütender wurde. Der Killerhai schob sich ein kleines Stück zurück, riß erneut das Maul auf und griff zum zweiten Mal an. Parker hatte seine Taktik bereits geändert. Mit der improvisierten Harpune war hier nichts zu erreichen. Diese Waffe nahm der Killerhai überhaupt nicht zur Kenntnis. Butler Parker benutzte jetzt eine geballte Ladung, von deren Wirkung er im Moment allerdings kaum eine Vorstellung hatte: Er hatte sämtliche PatentKugelschreiber aus den diversen Taschen seiner Weste geholt, die jeweiligen Ladungen durch Eindrücken der Stifte scharf gemacht, und schleuderte nun ein gutes Dutzend dieser angeblichen Schreibgeräte in den Rachen des Hais. Der schluckte überrascht. Zuerst tat sich nichts, doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Zuerst quollen grauweiße Rauchwolken aus dem Rachen des Raubfisches, dann waren tief im Körper der Bestie dumpfe Detonationen zu hören, die den Hai sichtlich durchschüttelten. Er sprang aus dem Wasser wie ein übergroßer
»Erstaunlich«, sagte Butler Parker, der tief beeindruckt war. »Ich weigere mich, das zu glauben«, meinte Kathy Porter. »Ich habe nur eine einzige Sorge«, ließ Lady Agatha sich vernehmen. »Mylady?« Parker beugte sich höflich vor. »Hoffentlich bleibt der Killerhai zwischen den Palmen liegen und verschwindet nicht auf der anderen Seite wieder im Wasser.« »Eine schreckliche Vorstellung, Mylady.« »Eben. Wie sollten wir dann beweisen, daß wir auch diesen Killerhai erwischt haben? Maudley allein zählt doch schon nicht mehr. Der war gegen diese Bestie doch nur ein kleiner Fisch.« »In der Tat, Mylady!« Parker deutete eine kleine Verbeugung an. »Darf ich mir in diesem Zusammenhang einen Vorschlag zu machen erlauben?« »Jetzt bin ich aber gespannt!« Sie sah ihn mißtrauisch an. »In Anbetracht des Erlebten, Mylady, sollte vielleicht unser aller Kreislauf ein wenig belebt werden.« »Schwache Nerven, wie?« Sie lächelte gönnerhaft. »Einverstanden, Mr. Parker! Für Sie aber nur einen kleinen Schluck, sonst werden Sie mir zu übermütig ...«
fliegender Fisch, klatschte zurück auf die Oberfläche und dampfte im wahrsten Sinn des Wortes aus allen Kiemen. »Sehr eindrucksvoll«, lobte die ältere Dame und nickte wohlwollend. Der Killerhai nahm dieses Lob jedoch nicht zur Kenntnis. Er stieg noch mal aus dem Wasser, vollführte eine Art halbe Schraube, krachte zurück und biß dann wütend ins Wasser, das um ihn herum förmlich zu kochen schien. »Ausgezeichnet«, ließ die Detektivin sich vernehmen. »Was haben Sie ihm alles gegeben, Mr. Parker?« »Zwei kleine Lichtbomben, Mylady, zwei kleinere Thermitladungen, zwei Rauchbomben und etwas Lachgas.« Der Killerhai lachte zwar nicht, doch er hatte die Nase sichtlich voll. Er hatte seine Geschwindigkeit noch gesteigert und jagte jetzt auf das Riff zu, das bereits den Frachter festhielt. Der Hai kurvte aber im letzten Moment durch den natürlich schmalen Kanal, erreichte die Lagune und ... preschte dann hinauf zum Strand. Sekunden später war der Killerhai zwischen den dort stehenden Palmen verschwunden. Er hinterließ nur eine tiefe Spur im Sand und eine grauweiße Rauchwolke. ENDE
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Günter Dönges schrieb für Sie wieder einen Nr. 173
Parker hebt die >Maulwürfe< aus Sie hatten sich darauf spezialisiert, Prozesse platzen zu lassen. Sie nannten sich die –Maulwürfe- ließen sich für viel Geld engagieren und wirkten im Untergrund. Zeugen und Geschworene verschwanden von der Bildfläche oder konnten sich plötzlich an nichts mehr erinnern. Butler Parker machte sich zusammen mit Lady Agatha daran, diese >Maulwürfe< auszuheben, sie gerieten dabei in mehr als peinliche Situationen und mußten um ihr Leben kämpfen. Man wollte sie nämlich für immer begraben, wogegen sie dann einiges unternahmen. Günter Dönges legt einen neuen Parker-Krimi vor, der Gänsehaut garantiert, der aber auch die Lachmuskeln strapaziert. Sein skurriles Duo Butler Parker - Lady Agatha muß man einfach erleben, um zu erfahren, daß Krimis nicht immer >blutig< sein müssen.