1953
Walter Hellmich Natur- und Heimatschutz
(Gesellschaft der Naturfreude)
Vorwort Zerstörungen ungeahnten Ausmaße...
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1953
Walter Hellmich Natur- und Heimatschutz
(Gesellschaft der Naturfreude)
Vorwort Zerstörungen ungeahnten Ausmaßes brachte uns der letzte Krieg. Sie betrafen unsere Städte und Dörfer, Wälder und Felder, Denkmäler der Geschichte und der Kunst in ähnlichem Maße wie die Schöpfungen unserer Natur. Wir verloren nicht nur wertvollstes Land: Der verbleibende Boden mußte noch Millionen aus ihrer Heimat Vertriebener aufnehmen. In den schweren Nachkriegsjahren waren Land-, Forstund Energiewirtschaft gezwungen, alle nur irgendwie verfügbaren Quellen des Vaterlandes zu erschließen. Reparationen und unvermeidliche Folgen der Besatzung verursachten neue Wunden. Keinem, weder dem, der zu Hause bleiben konnte, noch dem, der aus langem Kriege und der Gefangenschaft zurückkam oder als Vertriebener eine neue Heimat suchte, blieb die Erkenntnis erspart, daß die Bedrohung unserer Heimat, alles überlieferten Besitzes an Bauwerk und Natur, immer größeren Umfang angenommen hatte und daß diese Zerstörungen noch keineswegs beendet sind. Der Fortschritt der Technik und des Verkehrs sowie die Zunahme der Bevölkerung auf viel zu eng werdendem Boden verändern das Bild unserer Heimat noch immer. Die Bedrohung wird noch durch Vorgänge verstärkt, die nicht von uns ausgehen, sondern zu einem großen Teil von außen einwirken. Wenn wir allen jenen Kräften nicht energisch Einhalt gebieten, verlieren wir das Wertvollste, was unser Inneres befriedigt und erfreut, den .Urquell unseres Lebens. Es betrifft uns Deutsche besonders stark, da wohl kaum bei einem anderen Volke die Bindung an Geschichte und Natur so tief verankert ist wie bei uns. Jeder, der einmal im Ausland und fern der Heimat war, etwa jenseits des Ozeans, weiß, wie sehr oft in unseren Landsleuten die Sehnsucht nach der Heimat nagt. Wollen wir nicht alles
daransetzen, uns, die wir in der Heimat bleiben durften, diese Heimat zu erhalten und sie so zu gestalten, daß wir ihrer würdig sind? Dieses Bändchen wendet sich an die große Zahl der Kosmosleser, an eine Gemeinde von Menschen, die ihre Liebe zur Natur durch ihre Mitgliedschaft beim Kosmos dokumentieren. Was man liebt, sucht man zu erhalten. Mittel und Wege hierzu gibt es viele. Jeder soll dabei mithelfen und es nicht dem Staat oder den wenigen Menschen überlassen, die in uneigennütziger Weise in den Vereinen wirken. Um die Gefahren zu bekämpfen, müssen wir sie kennen. Dieses Bändchen soll deswegen die Vielfältigkeit des modernen, jeder Sentimentalität entbehrenden Naturschutzes darstellen und jedem zu denken geben, wo er mithelfen kann. Dem Einsatz jedes einzelnen wird — davon sind wir überzeugt — reicher Lohn und innere Befriedigung zuteil werden zu Gunsten unserer Heimat, die wir alle lieben. Aus der Geschichte des Natur- und Heimatschutzes Schon lange bevor die beiden letzten Kriege mit ihren Zerstörungen die Welt erschütterten, fanden sich Menschen, die zum Schütze von Heimat und Natur aufriefen. Die Gründe, die sie dazu ver-anlaßten, waren mannigfaltigster Art; die Quellen, aus denen sie schöpften, kamen zum größten Teil aus ihrem Ijinern. War die Urform der Heimat früher ein engbegrenzter Raum, zu dem durch Geburt und Gewöhnung enge seelische Beziehungen bestanden, so erweiterte sich durch Landflucht, durch zunehmenden Verkehr, durch fortschreitende Technik die Heimat; sie ging über das Dorf oder die kleine Stadt hinaus und umschloß dann das ganze Land. Damit wuchs aber zugleich die Sehnsucht nach dem verlorenen Intimen und die Erkenntnis des inneren Reichtums, den die engere Heimat bietet. War auch die
Bindung zur Heimat vielfach nicht mehr eine unmittelbare, ursprüngliche, so wurde sie doch durch die Werke jener Dichter und Maler verstärkt, die wir als Romantiker kennen. Sie gaben in ihrem Wirken wie selten vorher dem Empfinden des ganzen Volkes Ausdruck. Wir nennen nur Ludwig Tieck, Clemens Maria Brentano, Ludwig Achim von Arnim, die Brüder Grimm, Ludwig Uhland, Conrad Ferdinand Meyer, Gottfried Keller, Josef von Eichendorff, Caspar David Friedrich und Ludwig Richter. Hatte man früher Ruinen alter Burgen als „greuliche Wildnisse, von fast unausforschlichen, abscheulichen Orten und Raubnestern" beschrieben, so stellte man sie jetzt in Bildern dar und wanderte zu ihnen, um sich an ihrer abgelegenen Einsamkeit und am Zauber ihrer langen Geschichte zu erfreuen. Das erste deutsche Naturschutzgebiet — es wurde bereits 1836 begründet — war der Drachenfels im Siebengebirge. Der letzte Ritter dieser stolzen Burg hatte den malerischen Bergkegel zusammen mit der benachbarten Wolkenburg 1813 auf Abbruch verkauft. Mit der wachsenden Liebe zu den Stätten der Geschichte, die nur zu oft mit den Denkmalen der Natur verbunden waren, wuchs auch das wissenschaftliche Interesse. Es fand seinen ersten Niederschlag in einem Vortrag des großen Heimatfreundes Wilhelm Heinrich Rieh l, der 1858 in München zu einer Wissenschaft der Volkskunde aufrief. Das große Werk einer heimatlichen Landesbeschreibung, die König Max II. von Bayern durchführen ließ, war eine Folge dieser Anregungen. Schon zwei Jahre vorher hatte dieser König das Bayerische Nationalmuseum mit der Aufgabe gegründet, „der Charakterisierung der vergangenen Jahrhunderte des geistigen und materiellen Volkslebens und der herrschenden Zeitrichtungen" zu dienen. Alle Behörden
wurden aufgefordert, diesen Zweck zu unterstützen. Je stärker — seit etwa 100 Jahren — das ehemals harmonische Verhältnis, das zwischen den Zeugnissen menschlicher Geschichte und der Natur bestand, zerstört wurde, um so mehr traten Männer auf den Plan, die dieser wachsenden Disharmonie Einhalt zu gebieten versuchten. Innerhalb der Schule begannen heimatverbundene Lehrer schon in der Jugend Verständnis für die Heimat und alle Äußerungen des Volkes zu erwecken. Außerhalb der Schule begann man, eine ausgedehntere Heimatforschung zu betreiben, eine Aufgabe, der sich vor allem die „Historischen Vereine" widmeten. Mit der Besinnung der Städte auf ihre geschichtliche Vergangenheit schlössen sich Heimatvereine zusammen, die Zeugen der Vergangenheit und alles Brauchtum des Volkes zu erhalten trachteten. Zu diesem Zwecke begründeten sie vielfach Heimatmuseen, denen ein großer bildender Wert zukommt. Ein vielfältiges System von Organisationen entstand, das schließlich zu staatlichen Einrichtungen wie zur Gründung der Landesämter für Denkmalpflege führte. So entstand z. B. in Bayern aus der bereits 1835 gegründeten Generalinspektion der plastischen Denkmäler des Mittelalters das Generalkonservatorium der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns, das 1908 in „Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege" umbenannt wurde. Diese Pflege der historischen und prähistorischen Denkmale umfaßt ihre Erforschung und Erhaltung, insbesondere 1. die Inventarisierung der Denkmale, 2. die Erstattung von Gutachten bei Veräußerung, Belastung, Ausbesserung, Restauration, Veränderung, Beseitigung oder Zerstörung der Denkmale oder bei Veränderung ihrer Umgebung, 3. die Konservierung der Denkmale,
4. die Überwachung der Ausgrabungen und Funde, • 5. die Fürsorge für öffentliche Museen und Sammlungen, die nicht unter staatlicher Verwaltung stehen. Diesem Landesamt wurde 1930 durch Ministerialerlaß ein Referat für Heimatpflege zugeordnet. Ihm obliegt es, Heimatforschung und Heimatpflege, insbesondere Volkskunst und Volkskundeforschung, sowie große landes- und volkskundliche Unternehmungen zu fördern. Außerdem hat es die Orts- und Heimatmuseen zu betreuen. Das Referat steht in enger Fühlungnahme mit dem bayerischen Landesverein für Heimatpflege, der Landesstelle für Volkskunde und der Heimatbewegung. Parallel mit diesen Bestrebungen lief auch in anderen deutschen Ländern das Bedürfnis, Archive anzulegen, die als staatliche oder nichtstaatliche Einrichtungen gegründet wurden und der Unterstützung heimatgeschichtlicher Forschung dienen. Ihnen schlössen sich mehr oder weniger locker Kommissionen für Landes- und Musikgeschichte sowie Verbände für Flurnamen- und Familienforschung an. Aus der Geschichte dieser Organisationen und Einrichtungen .ragt die unermüdliche Tätigkeit eines Mannes heraus, der bereits 1878 zur Feder griff, um gegen die Entstellung der heimatlichen Land schaft, gegen mangelnde Ehrfurcht vor der Natur, gegen den Verfall des Handwerks, der Kunst und des Städtebaues anzukämpfen: Ernst Rudorf f (1840—1916). Ihm gelang es, 1904 den „Deutschen Bund Heimatschutz" zu gründen. Kam Rudorff von der Seite der Kunst, so lag Hugo Conwentz (1855—1922) vor allem an der Sicherung seines Interessengebietes; denn Conwentz, der mit 24 Jahren die Leitung des neubegründeten naturwissenschaftlichen Heimatmuseums in Danzig übernahm, war Botaniker. Er
verfaßte anläßlich eines Antrages, den der Breslauer Oberlehrer "Wilhelm Wetecamp im Jahre 1898 beim damaligen preußischen Abgeordnetenhaus zur Gründung von „Staatsparken" nach dem Muster der Nationalparke in den Vereinigten Staaten einbrachte, eine Denkschrift, die im Jahre 1904 unter dem Titel „Die Gefährdung der Naturdenkmäler und Vorschläge zu ihrer Erhaltung" erschien. Der darin aufgeführte Begriff „Naturdenkmal", der bereits von Alexander von Humboldt benutzt worden war, wurde von Conwentz in erweitertem Sinne gefaßt: Er rechnete nicht nur Tier- und Pflanzenarten, sondern ganze Ausschnitte aus der Landschaft dazu. Dieses Werk sowie viele andere vorbereitende Schritte führten im Jahre 1906 zur Gründung der „Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen", mit deren Leitung Conwentz beauftragt wurde. Die aus der Liebe zur Heimat und aus romantischem Urgründe schöpfende Bewegung des Heimatschutzes spaltete sich somit um die Wende des Jahrhunderts in zwei Äste auf, in die vorwiegend historische Seite, die sich der Baudenkmale und der Volkskunde annahm, und in die vorwiegend naturwissenschaftliche Seite, die sich der Erhaltung der Schönheiten und Denkmale der Natur widmete. Dem Muster Preußens folgten sehr bald die anderen Länder Deutschlands. Entweder schufen sie staatliche Organisationen des Naturschutzes oder Vereine und Fachausschüsse, die mit der Durchführung der Naturschutzarbeit betraut wurden. Etwa bis zum Tode von Conwentz bestand die Naturschutzarbeit vor allem in der Denkmalpflege, also etwa dem Schütze alter ehrwürdiger Bäume. Sehr bald aber entfaltete sie sich zu einem allgemeinen Landschaftsschutz, der im Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935 verankert wurde. In der Präambel dieses Gesetzes heißt es:
„Heute wie einst ist die Natur in Wald und Feld des deutschen Volkes Sehnsucht, Freude und Erholung, Die heimatlidie Landschaft ist gegen frühere Zeiten grundlegend verändert, ihr Pflanzenkleid durch intensive Land- und Forstwirtschaft, einseitige Flurbereinigung und Nadelholzkultur vielfach ein anderes geworden. Mit ihren natürlichen Lebensräumen schwand eine artenreiche, Wald und Feld belebende Tierwelt dahin." Der Gegenstand des Reichsnaturschutzgesetzes ist im § l festgelegt. Hiernach dient das Gesetz dem Schütze und der Pflege der heimatlichen Natur in allen ihren Erscheinungen. Der Naturschutz im Sinne dieses Gesetzes erstreckt sich auf: a) Pflanzen und nicht jagdbare Tiere, b) Naturdenkmale und ihre Umgebung, c) Naturschutzgebiete, d) sonstige Landschaftsteile in der freien Natur, deren Erhaltung wegen ihrer Seltenheit, Schönheit, Eigenart oder wegen ihrer wissenschaftlichen, heimatlichen, forst- oder jagdlichen Bedeutung im allgemeinen Interesse liegt. Naturdenkmale (§ 3) im Sinne dieses Gesetzes sind Einzelschöpfungen der Natur, deren Erhaltung wegen ihrer wissenschaftlichen, geschichtlichen, heimat- und volkskundlichen Bedeutung oder wegen ihrer sonstigen Eigenart im öffentlichen Interesse liegt (z. B. Felsen, erdgeschichtliche Aufschlüsse, Wanderblöcke, Gletscherspuren, Quellen, Wasserläufe, Wasserfälle, alte oder seltene Bäume). Naturschutzgebiete (§ 4) im Sinne dieses Gesetzes „sind bestimmt abgegrenzte Bezirke, in denen ein besonderer Schutz der Natur in ihrer Ganzheit (erdgeschichtlich bedeutsame Formen der Land-
schaft, natürliche Pflanzenvereine, natürliche Lebensgemeinschaften der Tierwelt) oder in einzelnen ihrer Teile (Vogelfreistätten, Vogelschutzgehölze, Pflanzenschonbezirke u. dgl.) aus wissenschaftlichen, geschichtlichen, heimat- oder volkskundlichen Gründen oder wegen ihrer landschaftlichen Schönheit oder Eigenart im öffentlichen Interesse liegt." Dem Schütze dieses Gesetzes wurden ferner unterstellt „sonstige Landschaftsteile in der freien Natur, die den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 nicht entsprechen, jedoch zur Zierde und Belebung des Landschaftsbildes beitragen. Der Schutz kann sich auch darauf erstrecken, das Landschaftsbild vor verunstaltenden Eingriffen zu bewahren." Der zweite Abschnitt des Gesetzes sah die Einrichtung von Naturschutzbehörden (§ 7) und von Naturschutzstellen (§ 8) vor. Die oberste Naturschutzbehörde für das ganze Reich war der Reichsforstmeister. Dieser obersten Naturschutzbehörde wurden höhere sowie untere Verwaltungsbehörden unterstellt. Zu ihrer fachliche» Beratung richtete jede Naturschutzbehörde eine Stelle für Naturschutz ein. Zu den allgemeinen Aufgaben des Naturschutzes gehörten unter anderen: a) Ermittlung, wissenschaftliche Erforschung, dauernde Beobachtung und Überwachung der im § l genannten Teile der heimatlichen Natur, b) Feststellung der Sicherungsmaßnahmen; Anregung der Beteiligten zum Schütze ihrer Naturdenkmale und sonstiger erhaltenswerter Bestandteile der heimatlichen Natur, c) Förderung des allgemeinen Verständnisses für den Naturschutzgedanken.
Endlich wurde eine Reichsstelle für Naturschutz geschaffen, welche die oberste Naturschutzbehörde in allen Angelegenheiten des Naturschutzes zu beraten und für die einheitliche Wirksamkeit der übrigen Naturschutzstellen zu sorgen hatte. Zu ihrer Aufgabe gehörten auch die Wahrnehmung der deutschen Interessen im internationalen Naturschutz sowie die Überwachung des Beringungswesens, soweit nichtjagdbare Vögel in Betracht kommen. Das Reichsnaturschutzgesetz erlaubte eine volle Berücksichtigung aller mit dem Naturschutz in Zusammenhang stehenden Fragen, wobei nicht nur Schutz im Sinne einer Denkmalpflege, sondern auch Schutz und Pflege der gesamten Landschaft einschließlich ihrer Gestaltung gesetzlich geregelt und ermöglicht wurde. Hier sei nur an die landschaftliche Ausgestaltung der Autobahnen erinnert, sowie an zwei Männer, an Alwin S elf er t und Hans Schwenkel, deren Namen immer mit der Gestaltung der heimatlichen Landschaft verbunden sein werden. Ihre Schriften haben zur Verbreitung des modernen Natur- und Landschaftsschutzgedankens weitgehend beigetragen. Mit dem Zusammenbruch nach dem Kriege, nach dem unersetzlichen Verlust von Volks- und Landschaftsgut, nach den unsagbaren Leiden und Sorgen, die fast jedem aufgebürdet waren, schien es zweifelhaft, ob sich Menschen zusammenfinden würden, die den Mut haben, dem Verfall und der Zerstörung unserer Heimat entgegenzuarbeiten. Vielleicht waren es die Not und noch schlimmere Gefahren, die nicht nur viele Alte wieder zusammenführten, sondern auch viele Junge auf den Plan riefen. Obwohl die durch das Reichsnaturschutzgesetz ermöglichte Einheitlichkeit einer strafferen Durchführung aller Heimat- und Naturschutzobliegenheiten nicht mehr gegeben war, so lebten doch bald die Vereine wieder auf.
Ihrer Aktivität ist es vor allem zuzuschreiben, daß der im Naturschutzgesetz verankerte Grundstein erhalten blieb und daß sowohl im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland wie auch in den Verfassungen der Länder der Heimat- und Naturschutz erneut verankert wurde. So heißt es im Artikel 75 des Grundgesetzes vom 8. Mai 1948: „Der Bund hat das Recht, .. . Rahmenvorschriften zu erlassen über: ... 3. das Jagdwesen, den Naturschutz und die Landschaftspflege; . . ." und z. B. in der Verfassung des Freistaates Bayern vom 2. Dezember 1946 im Artikel 141: „(1) Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur, sowie die Landschaft genießen öffentlichen Schutz und die Pflege des Staates, der Gemeinden und der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Herabgewürdigte Denkmäler der Kunst und der Geschichte sind möglichst ihrer früheren Bestimmung wieder zuzuführen. Die Abwanderung deutschen Kunstbesitzes ins Ausland ist zu verhüten. (2) Der deutsche Wald, kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder und die einheimischen Tier- und Pflanzenarten sind möglichst zu schonen und zu erhalten. (3) Der Genuß der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldf rüchte in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet. Staat und Gemeinde sind berechtigt und verpflichtet, der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen und Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten freizuhalten und allenfalls durch Einschränkungen des Eigentumsrechts freizumachen sowie Wander-wege und Erholungsparks anzulegen." "Waren der Heimatschutz und die Naturdenkmalpflege
ursprünglich rein konservierend, so sind die Aufgaben jetzt wesentlich erweitert. Sie .sind erhaltender und gestaltender Art und kommen dadurch mit einer viel größeren Zahl von Gegenwirkungen in Konflikt. Diese Gegenwirkungen sind vielfältigster Art; sie zu erkennen, ist einer der wesentlichsten Punkte. Die Gefahren, die der Erhaltung unserer Landschaft und ihrer Lebewelt einschließlich des Menschen drohen, wirken von innen und von außen; sie unmittelbar zu bekämpfen, liegt zum Teil in unserer Macht, im Vermögen eines jeden; zum anderen Teil sind wir gezwungen, Wege zu finden, um durch mittelbare Maßnahmen einen drohenden Verfall aufzuhalten. Um allen Bestrebungen eine größere Stoßkraft zu geben, schloß sich ein Großteil der Vereine und Verbände, die sich dem Heimat- und Naturschutz widmen, im Jahre 1950 zum „Deutschen „Naturschutzring" zusammen, der zur Zeit von Professor Dr. Dr. H. Krieg, dem Direktor der Zoologischen Staatssammlung München und 1. Direktor der Wissenschaftlichen Sammlungen des Bayerischen Staates, geleitet wird. Dieser Naturschutzring, der dreiviertel Million Menschen zusammenfaßt, hat in vielen' brennenden Fragen bereits große Erfolge erzielt. Die Aufgaben Bei der Schilderung des Weges, den Heimat- und Naturschutz gehen mußten, bis sie im Gesetz und im Volk verankert waren, wurde bereits auf die Vielseitigkeit der Aufgaben hingewiesen. Sie lassen sich wohl am leichtesten in erhaltende und gestaltende Aufgaben trennen. Dabei werden wir auch der geschichtlichen Entwicklung am ehesten gerecht. Bei der Aufzählung der einzelnen Aufgabenbereiche wollen wir aber jederzeit der drohenden Gefahren gedenken bzw. aus der Erkenntnis der Gefahren die dringende Notwendigkeit des Schutzes
begründen. A) Erhaltender Heimat- und Naturschutz a) Pflanzenschutz Ist nach langem Hoffen und Warten endlich der Frühling ins Land gezogen, dann ziehen an Sonn- und Feiertagen Tausende und aber Tausende aus der Stadt hinaus aufs Land. Aus den großen Städten, in denen, Hunderttausende ohne freie Natur die Woche verbringen müssen, strömen sie zu Wald und Feld, zu Tal und Berg, wo sie die Natur mit singenden Vögeln und blühenden Pflanzen empfängt. Soll man es dem armen Städter verübeln, wenn er sich von dem nimmt, was die ihm so freigebig erscheinende Natur an Blumen anbietet, und wenn er diese Gaben heimträgt, damit der Tag in der Freiheit in ihm und in seiner engen Wohnung nachklingt? Wer sich die Mühe gemacht hat, am Abend eines schönen Sonntags am Bahnhof einer Großstadt zu stehen und die Sträuße verwelkter Blumen zu zählen, die in den Händen der Wochenendfahrer oder auf ihren Rucksäcken heimgetragen werden, der weiß, um welche Mengen es sich handelt. Auch das strengste Naturschutzgesetz wird es keinem verwehren, wildwachsende Pflanzen in mäßigem Umfang zu pflücken und sich einen Handstrauß als farbigen Abglanz eines schönen Tages heimzunehmen. Wie überall im Leben ist aber das Schönste auch immer das Seltenste und das Seltene das Begehrenswerteste. Sollst du dich allein an einem Strauße Türkenbund erfreuen, soll die Pracht der purpurrosa getönten, mit dunkelbraunen Flecken geschmückten Blütenblätter, die in den lichten Bergwäldern wie geheimnisvolle Kristalle leuchten, nicht auch von anderen gesehen werden? Oder willst du sie durch Abrupfen an ihrer Erhaltung und Vermehrung hindern? Freust du dich nicht, wenn du sie im nächsten
Jahre wieder blühen siehst? Daß die Gefahr der endgültigen Vernichtung des Schönsten und zugleich Harmlosesten in der heimatlichen Natur, das sich nicht wehren kann, der seltenen Blütenpflanzen, riesig groß ist, das lehren jene Gebiete, die jährlich Tausende anlocken, aber nicht unter Kontrolle oder Schutz stehen. Die Schönheit unserer Berge, das Reise- und Wanderziel ungezählter Menschen, besteht zu einem bedeutenden Teil in der Pracht ihres Pflanzen- und Blütenkleides. Die Höfats, ein Berg der Allgäuer Alpen in der Nähe von Oberstdorf, war berühmt wegen ihres Pflanzenreichtums und ihrer Blütenpracht; als nach dem ersten Weltkrieg die Wanderlust erneut erwachte und die Freude am Bergsteigen immer weitere Kreise erfaßte, wallten auch zu diesem Berge Tausende, obwohl seine Besteigung zu den gefährlichsten Bergunternehmungen im Oberst-dorfer Gebiet gehört, und innerhalb kurzer Zeit war dieser Berg ausgeplündert. Endlich nahmen sich beherzte und besorgte Männer des Berges an. Sie richteten eine Zeltwache während der Blütezeit ein und erreichten, daß dieser Berg jetzt wieder blüht wie ehedem, ein kostbares Schmuckstück des Allgäus. Diese Männer entstammten der Bergwacht, Freiwilligen, die sich zur Aufgabe gemacht haben, den Menschen vor dem Berg, zugleich aber auch den Berg vor dem Menschen zu retten. Sie führen Bergwachtstreifen durch, bei denen sie Menschen, die Pflanzen aus Naturschutzgebieten oder geschützte Pflanzen gepflückt haben, ermahnen und sie auf ihr gesetzwidriges Verhalten hinweisen. In der Zeit vom I.April 195] bis zum 31. März 1952 führte die Bayerische Bergwacht allein 2181 Naturschutzstreifen durch, auf denen 3761 Beanstandungen ausgesprochen wurden. Am Kreuzeck, dem Ausgangspunkt zu vielen Bergfahrten im
Werdenfelser Land, wurden an einem Sonntag die gesetzwidrig gepflückten oder abgerissenen Pflanzen abgenommen und zu einem Hügel zusammengetragen. Sie wogen mehrere Zentner. Schon daraus ist zu ersehen, welche Ausmaße der Pflanzenraub annimmt. Die Gefahr war besonders groß, als nach dem 2. Weltkrieg viele Heimatvertriebene, die ohne Arbeit waren und jede Tätigkeit ausüben mußten, sofern sie ihnen nur etwas Verdienst eintrug, auf das Sammeln von Pflanzen ausgingen und massenweise Blumen auf den Markt schleppten. Die Geldstrafen; die ihnen oder anderen Blumenräubern auferlegt wurden, waren nur ein Bruchteil des Verdienstes, den der Verkauf der Pflanzen einbrachte. Jeder Mensch wird einsehen, daß hier nur Schutz und Gesetz helfen. Die erste Pflanze, die unter Schutz gestellt wurde, war das Edel weiß. Dies geschah 1881 in Salzburg, 1892 in Tirol. Die ersten einschlägigen Bestimmungen erschienen bei uns etwa um die Jahrhundertwende in Bayern, und bereits 1914 waren hier gegen 80 mehr oder weniger voneinander abweichende ober-, distrikts- oder ortspolizeiliche Pflanzenschutzverordnungen erlassen worden, die nebeneinander bestanden. In Preußen begann der gesetzliche Artenschutz 1921. Eine allgemeine Regelung brachte erst das Reichsnaturschutzgesetz. In seinen Grundzügen gilt es noch heute. Allerdings sind den einzelnen Ländern Sonderregelungen gestattet. Die „Verordnung zum Schütze der wildwachsenden Pflanzen und der nichtjagdbaren wildlebenden Tiere" verbietet, „wildwachsende Pflanzen mißbräuchlich zu nutzen oder ihre Bestände zu verwüsten", ... Stauden, Uferpflanzen, Pilze zwecklos niederzuschlagen, die Pflanzendecke abzubrennen u. dgl. Eine offensichtlich übermäßige Entnahme von Blumen liegt vor, wenn die
entnommene Menge über einen mäßigen Handstrauß hinausgeht oder die in dem Erlaubnisschein (§ 9 Abs. 1) zugelassene Menge überschreitet. Die Vorschriften gelten nicht für den Fall, „daß Pflanzen- oder Pflanzenteile bei der ordnungsmäßigen Nutzung des Bodens, bei Kulturarbeiten oder bei der Unkraut- und Schädlingsbekämpfung vernichtet oder beschädigt werden, soweit nicht besondere Schutzvorschriften dem entgegenstehen." Um bedrohten Pflanzenarten, die sich durch ihre Seltenheit, durch ihre Schönheit oder durch ihre wissenschaftliche Bedeutung auszeichnen, besonderen Schutz zu gewähren, ist eine Reihe wildwachsender Pflanzen vollkommen geschützt worden. Sie dürfen weder beschädigt (also auch nicht gepflückt) noch von ihrem Standort entfernt werden. Neben einer Reihe von Farnen enthält die Liste (Anhang Liste 1) beispielsweise alle einheimischen Orchideen, eine Reihe von Primeln, viele Enzianarten, die beiden Arten unserer Alpenrose (Rhododendron), die weißen und die gelben Seerosen: Die häufig geäußerte Ansicht, man könne wenigstens je ein Stück dieser vollkommen geschützten Pflanzen pflücken und sich an den Hut stecken (was besonders Einheimische als ihr angestammtes Recht ansehen), ist irrig. Nicht ein einziges Stück darf entnommen werden. Neben den vollkommen geschützten Pflanzen kennt das Gesetz (§ 5) noch eine Reihe teilweise geschützter Pflanzen (Anh. Liste 2). Zu ihnen gehören beispielsweise das Maiglöckchen, die Christrose, die Schlüsselblume, alle rosetten- und polsterbildenden Arten von Leimkraut, Hauswurz, Steinbrech und Mannsschild. Bei diesen Pflanzen ist es verboten, „die unterirdischen Teile (Wurzelstöcke, Zwiebeln) oder Rosetten ... zu beschädigen oder von ihrem Standort zu entfernen."
Das Gesetz regelt auch den Handel mit geschützten Pflanzen (§ 6) sowie das Sammeln von Pflanzen (§ 9). So ist es verboten, „Pflanzen oder Pflanzenteile der nach § 4 geschützten Arten sowie die nach § 5 geschützten Pflanzenteile frisch oder trocken mitzuführen, zu versenden, feilzuhalten, ein- und auszuführen, sie anderen zu überlassen, zu erwerben, in Gewahrsam zu nehmen oder bei solchen Handlungen mitzuwirken." Wer (§ 7) „durch Anbau im Inland gewonnene Pflanzen oder Pflanzenteile der nach §§ 4 oder 5 geschützten oder der nach § 9 Abs. 2 dem Sammelverbot unterliegenden Arten zum Zwecke des Erwerbs anbietet oder befördert, hat ihre Herkunft nachzuweisen." Um aber auch die wildwachsenden Pflanzen nichtgeschützter Arten (Blumen, Heilkräuter, Farne u. dgl.) vor übermäßiger Entnahme zu schützen, sieht § 9 vor, daß jeder, der Pflanzen oder Teile von ihnen zum Zweck des Erwerbs sammelt, einen für das Kalenderjahr gültigen Erlaubnisschein mit sich führen muß, der von der zuständigen Naturschutz- oder Forstbehörde ausgestellt sein muß. Aus ihm muß hervorgehen, für welche Orte das Sam5. der Elster 6. des Feldsperlings . . 7. des Haussperlings sind alle einheimischen nichtjagdbaren Vogelarten geschützt. Es ist verboten, „l- Vögeln dieser Arten nachzustellen oder sie mutwillig zu beunruhigen, insbesondere sie zu fangen oder zu töten, 2. Eier, Nester oder andere Brutstätten geschützter Vögel zu beschädigen oder wegzunehmen." Nur in der Zeit vom 1. Oktober bis Ende Februar ist es erlaubt, Nester der Kleinvögel zu entfernen. Der
Eigentümer und der Nutzungsberechtigte sowie ihre Beauftragten dürfen auch zu anderen Zeiten Vogelnester an oder in Gebäuden beseitigen, sofern die Nester keine Jungvögel enthalten. §13 verbietet nicht nur, Vogelleim, Leimruten, Schlingen zum Vogelfang herzustellen und anzubieten, sondern auch sie aufzubewahren, zu befördern oder anderen zu überlassen, oder tote, verletzte oder kranke Vögel zur Nachtzeit an Leuchttürmen oder Leuchtfeuern aufzusammeln oder Kinder beim Beseitigen von Nestern (soweit dies überhaupt erlaubt ist) zu beteiligen. Vor allem aber verbietet die Verordnung, in der freien Natur „1. Hecken, Gebüsche, lebende Zäune und Feldgehölze zu roden, abzuschneiden, abzubrennen oder auf sonstige Weise zu beseitigen, 2. die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen, ungenutztem Gelände, an Hängen und Hecken abzubrennen, 3. Rohr- und Schilfbestände in der Zeit vom 15. März bis 30. September zu beseitigen." Das Verbot nach Abs. l gilt nicht für die ordnungsmäßige Nutzung, die den Bestand erhält. Bei Feldgehölzen ist nur plenterweise Nutzung (vgl. S. 53) gestattet. Das Zuschneiden lebender Zäune ist nur in der Zeit vom 30. September bis 15. März erlaubt. § 16 sieht besondere Maßnahmen gegen unbeaufsichtigte Katzen vor. Hiernach ist es Grundstückseigentümern, Nutzungsberechtigten oder deren Beauftragten gestattet, „fremde, unbeaufsichtigte Katzen, die während der Zeit vom 15. März bis 15. August und, solange der Schnee den Boden bedeckt, in Gärten, Obstgärten, Friedhöfen, Parken und ähnlichen Anlagen betroffen werden, unversehrt zu fangen und in Verwahr zu nehmen." Wenn der Eigentümer, der innerhalb eines
Tages zu benachrichten ist, die Katze nicht innerhalb dreier weiterer Tage abholt, ist sie der Ortspolizeibehörde abzuliefern, die sie auf Kosten des Eigentümers tötet oder sonst unschädlich macht. Zum Zwecke der Stubenvogelhaltung (§ 17) kann die höhere Naturschutzbehörde einzelnen Personen alljährlich gestatten, eine beschränkte Anzahl Vögel in bestimmten Bezirken zu fangen. Verbote helfen um so mehr, wenn sie durch vorsorgliche Maßnahmen unterstützt werden. Sind solche Maßnahmen im Gesetz schon vorgesehen, indem durch das Verbot, Hecken und Feldgehölze niederzuschlagen, versucht wird, die Nistplätze zu erhalten, so können darüber hinaus durch Anbringen geeigneter Nistkästen viele nützliche und uns Freude bringende Vögel zum Verweilen angelockt werden. Hier geben die Vogelwarten und Vogelschutzwarten (z. B. Radolfzell, GarmischPartenkirchen) bereitwilligst Auskunft und Ratschläge; vielfach halten sie auch Nistkästen und geeignetes Futter bereit. Die Vogelwarte Radolfzell (vormals Rossitten) hat zusammen mit der Staatlichen Vogelschutzwarte StuttgartLudwigsburg eine Reihe von Merkblättern herausgegeben, die dem Schutz der Spechte, der Mauersegler, der Schleiereule und unserer Raubvögel gewidmet sind. Hier sei ein Wort dem Steinadler gewidmet, der, wie der Kolkrabe einst weitverbreitet, jetzt in schwer zugängliche Teile unserer Alpen verdrängt ist. Dank dem Schutz, der ihm zuteil geworden ist (ganzjährige Schonzeit) horstet der Adler nun wieder zumindest in den Allgäuer, den Werdenfelser und den Berchtesgadener Bergen, wo wir seinen herrlichen Flug wieder beobachten können. Der Schaden, den er angeblich z. B. durch Wegnahme junger Lämmer verursachen soll, hat sich als außerordentlich gering herausgestellt, da er eher ein Aasfresser ist;
außerdem spielt er die Rolle einer Art von Gesundheitspolizei, da er durch Ausmerzung des kranken und konstitutionell geschwächten Wildes der weiteren Ausbreitung von Seuchen, z. B. beim Gamswild, vorbeugt. Der Verein zum Schütze der Alpenpflanzen und -tiere hat sich vor allem seines Schutzes angenommen. Die für nachweislich geschlagene Lämmer ausgesetzte Ersatzsumme hat er noch nie auszubezahlen brauchen. Zum Schütze der übrigen nichtjagdbaren wildlebenden Tiere ist verboten (§ 23), „1. sie ohne vernünftigen berechtigten Zweck in Massen zu fangen oder in Massen zu töten, 2. ohne Erlaubnis der obersten Naturschutzbehörde öffentliche Aufrufe oder Aufforderungen zum Bekämpfen oder Ausrotten solcher Tiere zu erlassen, abzudrucken oder zu verbreiten." In gleicherweise wie bei den Pflanzen dürfen auch gebietsfremdc oder ausländische nichtjagdbare Tiere nur mit Erlaubnis der obersten Naturschutzbehörde in der freien Natur ausgesetzt oder angesiedelt werden. Eine Reihe von Tierarten ist vollkommen geschützt (Anhang Liste 3). Hierzu gehören einige Säugetiere, wie der Igel und die Spitzmäuse, die als Ungeziefervertilger sehr nützlich sind, die Schläfer oder Bilche (die nur dann, wenn sie nachweislich großen Schaden anrichten, gefangen und getötet werden dürfen), fast alle Kriechtiere und Lurche (mit Ausnahme der Kreuzotter, des "Wasserund Grasfrosches) und eine Reihe von Insekten, unter ihnen die rote Waldameise. Diese Tiere dürfen weder mutwillig getötet noch gefangen, noch lebend oder tot — einschließlich der Eier, Larven, Puppen und Nester der geschützten Insektenarten — mitgeführt, versandt,
feilgehalten oder erworben werden. Das Verbot, die geschützten Tiere im ganzen oder in Teilen gewerblich zu ver arbeiten, erstreckt sich auch auf folgende Tierarten: „1. alle einheimischen Tagfalter (Rhopalocera) mit Ausnahme der weißflügeligen Weißlingsarten, 2. alle einheimischen Schwärmer (Sphingidae), Ordensbänder (Gattung Catocala) und Bärenspinner (Arctiidae), 3. alfe Rosen- und Goldkäfer (Gattungen Cetonia und Potosia}." Bedingten Schutz genießen Weinbergschnecken (Sammelverbot' in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Juli) und Maulwürfe. Hier wie auch beim Schutz der Vögel sehen wir, daß neben ästhetischen Gesichtspunkten, nämlich dem Wunsche, schöne, uns erfreuende und die Landschaft belebende Tiere zu erhalten, auch wirtschaftliche Überlegungen eine bedeutende Rolle spielen; denn wir versuchen, unsere Freunde zu erhalten, die uns durch den Verzehr von Insekten vor Schaden bewahren. Wir berühren damit das Problem der Schädlingsbekämpfung, das ebenfalls innig mit den Fragen des Naturschutzes verknüpf! ist. Die Erscheinung der Massenvermehrung eines Tieres, die Gradation, ist seit langem bekannt. Ihrer verheerenden Ausmaße wegen, die zu Millionenschäden führen, hat sie viele Forscher auf den Plan gerufen. Sie hat zu einer Spezialforschung geführt, der Gradologie, die besonders von der Seite der angewandten Entomologie gefördert wurde, um Klarheit in die Ursachen und verwik-kelten Vorgänge der gefürchteten Insektenkalamitäten zu bringen. Das normale Gleichgewicht, in dem sich eine Lebensgemeinschaft, eine Biozönose, etwa eines Waldes, befindet, wird plötzlich
durch die Massenvermehrung oder Ubervermehrung (Egression) eines ihrer Mitglieder gestört. Meist aber trägt die Steigerung der Bevölkerungsdichte zur Überbevölkerung den Keim des Zusammenbruches in sich. Plötzlich einsetzender Nahrungsmangel, Beengung des Lebensraumes, Verpilzungen und Parasiten verschiedenster Art führen eine Krise herbei und haben ein jähes Absinken der Populationsdichte zur Folge. Solche Gradationen kommen nicht nur bei Insekten, sondern auch bei anderen Tieren vor. So hatte sich plötzlich eine Brackwasserschnecke (Paludestrina jenkinoi), die neuerdings in das Süßwasser eindrang, vorübergehend so stark vermehrt, daß Boden und Vegetation der Gewässer schwarz von ihr waren und die übrigen im Wasser lebenden Schnecken schwer durch sie geschädigt wurden, bis diese Brackwasserschnecke fast ebenso rasch wieder verschwand, wie sie aufgetaucht war. Solche Extravaganzen sind vielfach charakteristisch für eine Art, die in einer neuen Lebensgemeinschaft noch keinen festen Platz gefunden hat. Sie sind aber auch ein mahnendes Beispiel für die Gefahr von Faunenverfälschungen. Die moderne Wissenschaft hat wohl neue Mittel entwickelt, die vor allem Insektenplagen gründlich und rasch beenden (z. B. DDT). Wir sind uns aber über die Nebenauswirkungen vielfach noch keineswegs im klaren; es besteht durchaus die Gefahr, daß gerade mit diesen Mitteln auch nützliche Tiere vernichtet werden, die in einer gesunden Lebensgemeinschaft für die Kleinhaltung der Schädlinge sorgen, und daß die fortschreitende Verarmung unserer einheimischen Tierwelt auf die indirekte Wirkung falsch angewandter Schädlingsbekämpfungsmittel zurückzuführen ist. Die beste Methode ist wohl die „biologische
Schädlingsbekämpfung", bei der nicht chemische Mittel, sondern die natürlichen Feinde gegen den Schädling eingesetzt werden. c) Naturdenkmale In seinem Buche „Natur als Volksgut und Menschheitsgut" hat Walther Schoenichen darauf hingewiesen, daß man in der Entwicklung des Naturschutzes, soweit dieser sich mit botanischen Fragen befaßt, eine dendrologische, floristische und vegetationskundliche Phase unterscheiden kann. Die erstgenannte widmete ihre Aufmerksamkeit vorzugsweise den Naturdenkmalen aus der Baumwelt, d. h. Baumgestalten, die sich durch ihr hohes Alter, ihre Schönheit oder ihre Bindung an Geschichte oder Sage besonders auszeichnen. Walther Schoenichen weist auch darauf hin, daß diese Einstellung zur Baumwelt an sich nichts Neues bedeutet, nachdem es im deutschen Raum seit Urzeiten geheiligte Haine und geweihte Bäume gab, unter denen das Volksthing tagte, Urteile gesprechen und Feste gefeiert wurden. Es gehört zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen, daß mein Vater, so oft wir zu einem in der Nähe meines Heimatortes gelegenen Berge spazierten, mich zu der alten, „tausendjährigen" Linde nahm, die auf dem Friedhof neben der alten Dorfkirche stand; in ihrem Schatten erzählte er mir von den alten Kurfürsten, die hier Gericht hielten oder sich von der Jagd auf uriges Wild erholten. Von Jahr zu Jahr verfolgten wir das Geschick des Baumes, der allen Stürmen und Gewalten zu trotzen schien. Das Gefühl der Verpflichtung im Volke erweckt zu haben, daß diese Zeugen der Natur ebenso zu erhalten sind wie die Zeugen der Kunst, ist zweifellos das Verdienst der ersten Naturschutzbestre-bungen in Deutschland. Dieses Bewußtsein der Verantwortung lebt noch heute in uns, und
wir haben Beispiele genug, wo sich kleine Gemeinden mit allen Mitteln dafür einsetzen, diese Kleinode zu erhalten. So veranstaltete die Gemeinde Holzhausen, die zwischen dem Starnberger See und den Isarauen liegt, im Jahre 1951 eine Festwoche mit musikalischen Darbietungen und Kunstausstellungen, aus deren Erlös so viel Gewinn gezogen wurde, daß „ihr Baum" erhalten blieb. Liegt nicht ein großer Reiz der süddeutschen Landschaft gerade in diesen alten Bäumen, die auf freiem Felde die kleinen Kapellen umstehen oder auf der Höhe den Platz beschatten, von dem aus der Blick weit ins Land schweift? Und tragen diese alten Bäume, die in Norddeutschland die einsamen Höfe verschönern, nicht weitgehend dazu bei, den Eindruck des Schutzes, den das Haus gewährt, zu erhöhen? Sehr bald erstreckte sich der Schutz nicht nur auf Bäume, die ihres Alters und ihrer Geschichte wegen im Volke tief verwurzelt sind, sondern auch auf Baumgestalten, die wegen ihrer abweichenden Form oder wegen des Einflusses der mannigfaltigsten Umweltbedingungen (Wetterbäume, Gabel- und Harfenfichten, Windfahnen-, Verbiß- und Kuppelbäume) auffielen. In vielen Ländern, Provinzen und Bezirken erschienen Baumbücher, die diese Seltenheiten festhielten. Vielfach kommt solchen Bäumen auch eine hohe wissenschaftliche Bedeutung zu, indem sie als Grenzbäume der Verbreitung Marksteine für die Floristik darstellen. Naturdenkmale sind aber nicht nur Bäume, sondern auch geographische und geologische Einzelerscheinungen. So ist etwa das Gebiet der Isarauen in der Nähe von Wolfratshausen in Oberbayern ein Naturdenkmal ersten Ranges. Es handelt sich um ein Gebiet in aller Wildheit, das noch unverkennbar den Charakter einer Nacheiszeitlandschaft trägt. Wasserbauten an der
oberen Isar bedrohen mit den sich auf das Loisachbett auswirkenden Folgeerscheinungen dieses einzigartige Naturdenkmal auf das schwerste. Naturdenkmale sind auch Zeugenberge, die Gipfel erloschener Vulkane, alte Kraterseen wie die Eifelmaare, Gletscherschliffe, geologische Aufschlüsse, die uns einen Einblick in das Jahrmillionen umfassende Wirken der Natur geben. Auch sie zu erhalten, liegt im Aufgabenbereich des Naturschutzes. In vorbildlicher Weise hat z. B. der Landesverein Sächsischer Heimatschutz ein prachtvolles Buch herausgegeben, in dem alle erdgeschichtlichen Urkunden aus dem Sachsenlande in 180 ausgezeichneten Abbildungen wiedergegeben und mit gutem Text erläutert sind (Wagner, 1930). Alle Aufnahmen standen als Hochglanzabzüge, Vergrößerungen oder Diapositive zur Verfügung, so daß diese Bilder im Schul- und Universitätsunterricht verwendet werden konnten und auch dort für die Erhaltung dieser Naturdenkmale warben. Das Naturschutzgesetz widmet sich in seinem 4. Abschnitt den Naturdenkmalen und Naturschutzgebieten und sieht vor, daß bei der unteren Naturschutzbehörde (§ 12) eine amtliche Liste der Naturschutzdenkmale, ein „Naturdenkmalbuch", nach vorgeschriebenem Muster geführt wird. „Durch Eintragung in die Liste erhalten die darin bezeichneten Gegenstände und Bodenteile den Schutz des Gesetzes." § 13 lautet: „Die Eintragung eines Naturdenkmales, gegebenenfalls samt der zu seiner Sicherung notwendigen Umgebung, in das Naturdenkmalbudi verfügt die untere Naturschutzbehörde auf Vorschlag oder nach Anhörung der zuständigen Natursdiutzstelle. Die Verfügung bedarf der Zustimmung der höheren Naturschutzbehörde." Um eventuelle spätere Schwierigkeiten von vornherein
auszuschalten, sind vor der Neueintragung von Naturdenkmalen auch die fachlich beteiligten Stellen, wie die Wasserwirtschaftsämter, die Straßenund Flußbauämter, die Forst- und Jagdbehörden, du Flurbereinigungsämter, die Ortsplanungsstellen und die Siedlungsbehörden, zu hören und die von der Eintragung Betroffenen zu benachrichtigen; diesen werden gleichzeitig die zur einstweiligen Sicherstellung erforderlichen Auflagen, die nach § 17 Abs. 3 des Gesetzes geregelt sind, bekanntgegeben. Eine Beschwerde ist zulässig; jedoch kann die Durchführung der Auflagen erzwungen werden. d) Naturschutzgebiete und Naturschutzparke Die Erfahrungen beim Pflanzen- und Tierschutz haben sehr bald gezeigt, daß der gesetzmäßig geregelte Schutz einzelner Pflanzenoder Tierarten fast nie ausreicht, um sie vor der Vernichtung zu bewahren. Aller Schutz nützt nichts, wenn der betreffenden Art die Lebensbedingungen entzogen werden. Parallel mit dieser Erkenntnis liefen die Fortschritte in der Wissenschaft. Wir haben gelernt, „ökologisch" zu denken, d. h. Tier und Pflanze nicht nur als Einzelwesen zu betrachten, sondern sie als lebendige Organismen in ihrer toten und lebenden Umwelt zu verstehen. Aus der reinen Floristik, die nur die geographische Verbreitung einer Pflanze untersuchte, entwickelte sich die Pflanzensoziologie, aus der Faunistik die Tiersoziologie. Wir haben gelernt, Lebensgemeinschaften zu erkennen und voneinander zu unterscheiden; wir haben gesehen, daß diese „Biozönosen" bestimmten Gesetzen unterliegen und daß sie — solange sie ungestört bleiben — ein harmonisches Gleichgewicht bewahren. Alle Teile sind mehr oder weniger fest gekoppelt, sie bilden „Assoziationen", in denen jedem Glied der
Gemeinschaft eine bestimmte Aufgabe zufällt. Wir haben auch gelernt, daß viele dieser Assoziationen kein ewiges Alter haben, sondern daß mit der Veränderung auch nur eines Faktors Verschiebungen eintreten, die das Gesamtbild verändern, so daß aus der einen die andere Lebensgemeinschaft erwächst: Es kommt zur Entwicklung von Folgegesellschaften, „Sukzessionen". Am besten sehen wir dies — um nur ein Beispiel zu nennen — an den Verlandungs-gürteln unserer Teiche und Seen, in denen sich eine Reihe von Assoziationen räumlich vom Wasser zum Lande folgen, die sich mit fortschreitender Verlandung auch zeitlich ablösen. Betrachten wir nun das Bild unserer Heimat, so erkennen wir, daß mit der Intensivierung aller Wirtschaft und Siedlung die natürlichen Lebensgemeinschaften immer mehr auf schmälste Bereiche zurückgedrängt werden. Die offenen Landschaften sind zu kultivierten Wiesen und Feldern geworden, auf denen höchstens ein Fruchtwechsel stattfindet, die natürlichen Wälder vielfach zu Stangenfabriken, in denen nur noch eine Baumart kultiviert wird. Ein brasilianischer Kollege, der kürzlich mit dem Flugzeug über Frankfurt nach München kam, charakterisierte die Veränderung unserer Landschaft, wie sie sich ihm aus der Vogelperspektive bot, mit dem treffenden Ausspruch: „Aber wo ist denn in Deutschland noch für die Tiere Platz?" Besorgte Menschen betrieben deswegen sehr bald nicht nur den Schutz einzelner Arten, sondern versuchten, auch deren Lebensräume zu erhalten, vor allem aber die wenigen „Urlandschaften", die wir noch besitzen. Sie erklärten sie zu Naturschutzgebieten. Hier sollte also nicht etwa nur eine einzelne Art, etwa die Polarbirke in einem Moor als seltenes Eiszeitrelikt, sondern der ganze Raum mit seiner pflanzlichen und tierischen
Lebewelt geschützt werden. So wurde beispielsweise in der Mark Brandenburg sehr bald das ansehnliche Moorreservat Plagefenn geschaffen, das vorzugsweise Zwecken der Forschung dienstbar sein sollte, und Bayern schuf die wertvollen Schutzgebiete im Bayerischen Wald, am Arber, am Rachel, am Zwieseler Waldhaus, die großräumigen Schutzflächen im Königseegebiet, im Vorkarwendel, sowie in den Ammergauer Bergen. Allmählich wurden auf diese Weise Hunderte von größeren und kleineren Reservaten geschaffen, wobei die Vereine durch Ankauf größerer und kleinerer Flächen Bedeutendes zur Erhaltung natürlicher Lebensräume beitrugen und sie fremden und unerwünschten Eingriffen entzogen. Es fehlte aber noch immer eine einheitliche Regelung. Auch diese brachte erst das Reichsnaturschutzgesetz. Als Naturschutzgebiete im Sinne dieses Gesetzes sind bestimmt abgegrenzte Bezirke zu verstehen, in denen ein besonderer Schutz der Natur in ihrer Ganzheit oder in einzelnen ihrer Erscheinungen aus wissenschaftlichen, geschichtlichen, heimatoder volkskundlichen oder aus ästRetischen Gründen im öffentlichen Interesse liegt. Ihr Schutz ist in denselben Paragraphen verankert, in denen auch der Schutz der Naturdenkmale festgelegt ist. An die Stelle des Reichsnaturschutzbuches ist das Landesnaturschutzbuch getreten. Durch Eintragung in dieses Buch erhalten die darin bezeichneten und auf beigefügten Karten umgrenzten Flächen den Schutz des Gesetzes. Handelt es sich darum, aus wissenschaftlichen Gründen den völlig ungestörten Ablauf bestimmter Naturerscheinungen zu beobachten oder einen bestimmten Urzustand zu erhalten, dann können Naturschutzgebiete zu „Banngebieten" oder „Totalreservaten" erklärt werden, in
denen jeder Eingriff von seilen des Menschen untersagt ist. Vielfach hat sich aber gezeigt, daß gewisse pflegerische und hegerische Maßnahmen von seiten der Forstwirtschaft wie der Jagd unumgänglich sind. Selbst auf konservierende Maßnahmen kann zuweilen nicht verzichtet werden, vor allem dann, wenn etwa von der Kulturlandschaft, die das Banngebiet umgibt, unvorhergesehene oder unerwünschte Störungen ausgehen. Im allgemeinen aber bleiben im Naturschutzgebiet die bis zu seiner Einrichtung üblichen Nutzungsmaßnahmen von Forst, Jagd, Landwirtschaft erhalten, falls nicht besondere Bestimmungen erlassen werden. Dagegen ist es „verboten, in einem eingetragenen Naturschutzgebiet ... ohne Genehmigung ... Veränderungen vorzunehmen" [§ 16, (2)]. Hier muß auch die zähe, vorbildliche und erfolgreiche Arbeit des Vereins Naturschutzpark e. V., Stuttgart, hervorgehoben werden. Der Verein wurde bereits im Jahre 1909 besonders durch die Initiative von Walther Keller und Euchar Nehm an n, den Gründern und Verlegern des Kosmos, sowie ihrem Mitarbeiter Dr. Gurt Floericke gegründet. Es gelang damals in letzter Stunde, einen der schönsten Punkte unserer norddeutschen Heimat, den Wilseder Berg, vor der Bebauung mit Hotelbauten und Wochenendhäusern zu schützen. Die Männer des Vereins gingen von dem richtigen Grundsatz aus, daß auf lange Sicht gesehen, nur dann ein wirksamer Schutz gewährleistet ist, wenn die Gebiete käuflich erworben werden. So gelang es dem Verein, dessen Mitglieder sich aus allen Schichten des Volkes zusammensetzen, große Heide- und Waldgebiete, alte Niedersachsenhöfe und Steinsetzungen in einem Ausmaß von 200 km2 unter Schutz zu stellen. Nach dem Vorbild der amerikanischen Nationalparke
sollten in verschiedenen Teilen der Heimat nach erdkundlichen Gesichtspunkten ähnliche Parke geschaffen werden. 1912 wurden Gebiete in den Hohen Tauern Salzburgs erworben und damit der Naturschutzpark in den Alpen geschaffen. Er umfaßt heute allein 5000ha. Der Zweck und die Zielrichtung des Vereins ist in § 2 seiner Satzung charakterisiert: „Der Verein geht von der Erkenntnis aus, daß die geistige und körperliche Lebensfähigkeit der Menschen und Völker unmittelbar davon abhängt, wie weit die heimatliche Umwelt den Zusammenhang mit echter Nahrhaftigkeit bewahrt hat. Der Verein macht es sich zur Aufgabe, ursprüngliche und eindrucksvolle Landschaften mit ihrer naturgegebenen Tierund Pflanzengemeinschaft gegen die verhängnisvollen Eingriffe der fortschreitenden Zivilisation zu verteidigen, und zwar einerseits durch Aufklärung über die volksbiologisch bedrohlichen Folgen und andererseits durch Schaffung und Verwaltung von beispielgebenden großen Naturfreistätten." Diese Aufgaben zu erfüllen, erfordert gerade heute einen harten und unermüdlichen Kampf Hier ist es vor allem der Energie des Vorsitzenden, Hans Do-mizlaff, zu danken, daß das so mühsam Gerettete erhalten blieb und gegen alle Unvernunft, gegen Unverstand und Eigennutz weiter geschützt wird. e) Nationalparke Die Erfahrungen, die bei der Einrichtung und Verwaltung der Naturschutzgebiete in den letzten 50 Jahren gesammelt werden konnten, zeigten sehr bald, daß der Zweck eines Naturschutzgebietes, wie wir ihn oben umrissen, vor allem dann wirklich erfüllt wird, wenn das Naturschutzgebiet eine gewisse Mindestgröße besitzt. Je kleiner ein solches Gebiet ist, um so leichter wird der
ursprüngliche Zustand durch Kulturmaßnahmen von außen her bedi'ohc. Bach- und Flußregulierungen, Senkungen des Grundwasserspiegels, veränderte Bewirtschaftungsmaßnahmen und fortschreitende Besiedlung beeinflussen das befriedete Gebiet zuweilen so stark, daß sich ein weiterer Schutz erübrigt. Von jeher bestand deswegen der Wunsch, die Naturschutzgebiete möglichst weit zu umgrenzen und sie zu „Nationalparken" zu erheben. Der erste große Staatspark wurde am 29. Juni 1864 durch eine Unterschrift des Präsidenten der Vereinigten Staaten, Abraham Lincoln, unter eine Urkunde gegründet, durch die der Staat Kalifornien ermächtigt wurde, das Gebiet des Yosemite-Tales zum Staatspark zu erklären. Ein etwa 12 km langer ehemaliger Gletschertrog wird hier von steilen granitenen Wänden umschlossen, die von hohen Bergkuppen umrahmt werden, von denen gewaltige Wasserfälle über die Steilmauern herunterstürzen. Zum ersten Male wurde hier ein großräumiges, geschlossenes Landschaftsgebiet ausschließlich aus idealistischen Gesichtspunkten jeder wirtschaftlichen Nutzung entzogen, zugleich aber auch zum Erholungsgebiet des Volkes bestimmt. Diesem ersten staatlichen Park folgte sehr bald (1. März 1872) die Gründung des Yellowstone-Gebietes als Nationalpark der Vereinigten Staaten, der auch jetzt noch mit einer Fläche von 8880 km2 der größte Nationalpark der USA ist. Heute (1940) verwaltet in den Vereinigten Staaten der „National Park Service" 203 Gebiete mit 88 522,647 km2, von denen 26 Nationalparke sind, die etwas über 45 000 km2 umschließen. Sie wurden geschaffen, um 1. Gebiete, die sich durch ungewöhnliche Eigenart auszeichnen, für immer zu erhalten und um sie 2. allen Bürgern der Staaten zugänglich zu machen, unter
Ausschluß einer Ausbeutung für private Zwecke. Neben strengen Regelungen der Jagd und der Forstwirtschaft, neben der besonders sorgfältig durchgeführten Feuerüberwachung und neben der Möglichkeit, bedrohten Tieren hier besonderen Schutz angedeihen zu lassen, haben sie vor allem den Vorzug, daß in ihnen Millionen von Menschen zur Achtung vor der Natur und zu einem Vertrautsein mit Fragen der „Conservation of Natural Resources" erzogen werden können. Die Besuchsziffern erreichen in der Tat eine beträchtliche Höhe und steigen noch fortwährend an. Waren es 1920 rund 900 000 Menschen, die als Gäste der Nationalparke gezählt wurden, so stieg diese Zahl bis zu Beginn des Krieges auf 8000000, 1947 auf 11024068, 1948 auf 11 307 826 (nach P r o p h e t, in S m i t h, 1950). Das Budget, das . vom National Park Service jährlich als Verwaltungssumme verrechnet wird, erreichte 1949 den Betrag von 13 129000,— Dollar. Um der gewaltigen Menge von Menschen Unterkunftsmöglichkeiten zu schaffen, wurden große Hotels und riesige Camps eingerichtet, in denen für Zeltund Feuerplätze sowie für hygienische Maßnahmen gesorgt wurde. Auch in den übrigen Erdteilen wurden im Laufe der Zeit große Nationalparke eingerichtet, von denen hier der Bamingi-National-park in Westäquatorial-Afrika als größter mit 30 000 km2, der Krüger-Nationalpark mit 22 015 km2 in Südafrika, das Kronotzki-Schutzgebiet auf Kamtschatka mit 10 000 km2, der Nationalpark in Südargentinien mit 7850 km2 und der SoundsNationalpark auf Neuseeland mit 5123 km2 genannt seien. Auf der „London Convention for Africa" im Jahre 1933 wurde als Nationalpark ein Gebiet definiert, das 1. unter staatlicher Aufsicht steht, festgelegte Grenzen hat und nur durch die zuständige gesetzgebende Behörde
eingeschränkt werden darf, 2. für die Vermehrung, den Schutz und die Erhaltung der wildlebenden Tiere und Pflanzen und für die Erhaltung von Naturerscheinungen von ästhetischem, geologischem, vorgeschichtlichem, geschichtlichem oder anderem Interesse zum Wohl, zum Nutzen und zum Genuß der allgemeinen Öffentlichkeit sichergestellt ist und 3. in dem Jagen, Töten und Fangen von Tieren und Zerstören oder Sammeln von Pflanzen verboten ist, außer unter Leitung oder Aufsicht der Parkbehörden. Im Rahmen der oben gegebenen Bestimmungen sind der Öffentlichkeit zur Beobachtung von Pflanzen- und Tierwelt die erforderlichen Möglichkeiten zu schaffen. Wenn auch die Kleinräumigkeit Europas und seine dichte Besiedlung und intensive Bodennutzung nie die Schaffung wirklich großräumiger Parke erlaubt, so haben doch die verschiedensten Länder zum Teil noch im letzten Augenblick versucht, auch auf ihrem Boden Nationalparke einzurichten. Hier sei nur an die Nationalparke Schwedens und Norwegens erinnert, von denen der AbiskoNationalpark wohl der bekannteste ist, sowie an die Nationalparke Italiens (Abruzzen, Gran Paradiso) und der Schweiz. Der „Schweizerische Nationalpark" im Engadin kann wohl in vieler Beziehung als ein Muster gelten; er ist für die Schweizer eine Art „Nationalheiligtum" geworden, um dessen Existenz und Erhaltung um so heftiger gekämpft wird, seitdem auch für dieses Gebiet internationale Wasser- und Kraftwerkbauten geplant werden. Die starke Zunahme des Fremdenverkehrs und der damit zu-. sammenhängenden Industrie, Wege- und Bahnbauten veranlaß-ten bereits vor dem 1. Weltkrieg einsichtige Schweizer Biologen wie Paul S a r a s i n, Carl Schroeter und andere, in der Schweiz nach einem möglichst
weitgehend unberührten Gebiet zu suchen, in dem durch strenge Schutzmaßnahmen die Ursprünglichkeit und der Reichtum der Tier- und Pflanzenwelt erhalten werden sollten. Die Wahl fiel keineswegs auf ein zentral gelegenes oder durch besonders anziehend wirkende Großartigkeit ausgezeichnetes Gebiet, sondern auf ein Areal im Bereich der Engadiner Dolomiten, das exzentrisch an die italienische Grenze anschließt und sich durch große Ursprünglichkeit auszeichnet. Mit den Gemeinden im Unter- und Oberengadin wurde ein einseitig kündbares Dienstbarkeitsabkommen getroffen, nach dem das Gelände in einem Umfang von 180km2 als Pachtland auf 99 Jahre gegen eine jährliche Entschädigungssumme überlassen wurde. Im Jahre 1909 wurde der Grundstein zu dem heutigen Wild- und Pflanzenreservat gelegt; der Schaffung des eigentlichen Parkes ging die Gründung des Schweizerischen Bundes für Naturschutz voraus. Eine siebengliedrige eidgenössische Nationalpark-Kommission, bestehend aus Vertretern der Eidgenossenschaft (3), des Schweizer Bundes für Naturschutz (2) und der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (2) besorgt die Oberaufsicht und Verwaltung. Mit der unmittelbaren Aufsicht wurden die in Schanf, Punt la Drossa und Scharl stationierten Grenzwächter sowie besondere Parkwächter betraut. Der 1. Artikel der Parkordnung besagt, daß die gesamte Tier-und Pflanzenwelt ihrer freien natürlichen Entwicklung überlassen und vor jedem nicht im Sinne des Parkes liegenden menschlichen Einfluß geschützt und daß der Park der wissenschaftlichen Beobachtung und Erforschung unterstellt wird. Eine Reihe schweizerischer Naturforscher arbeitet jährlich in einem hierfür geschaffenen Parklaboratorium und im Parkgelände, und als Frucht
ihrer Arbeit liegt bereits eine stattliche Zahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen über die Tier- und Pflanzenwelt des Parkes vor. Aus ihnen ist ersichtlich, daß sich seit Gründung des Totalreservates bereits starke Bestandsverschiebungen vollzogen haben, so daß. die Resultate der zuerst veröffentlichten Arbeiten dem heutigen Bilde bereits nicht mehr entsprechen. Hier wird gleichsam ein Naturexperiment im großen durchgeführt, aus dessen Ergebnissen wichtige allgemeinere Rückschlüsse für die Bewirtschaftung des Waldes wie für die Hege des Wildes gezogen werden können. Uns Deutsche, für die der Streit um die Existenz und Begehbarkeit der Wildschutzgebiete noch immer heftig brennt, dürfte wohl besonders interessieren, daß der Besuch des Parkes wohl für jeder- , mann (außer für Kinder ohne Begleitung von Erwachsenen und für Schulen und Jugendverbindungen ohne verantwortlichen Führer) frei ist, daß aber nur wenige und genau angegebene Wege und Übergänge begangen werden dürfen. Nur ein einziger Gipfel, der Piz Quatervals, darf in Verbindung mit einem Übergang bestiegen werden. Wie wir auf zwei Kundfahrten des Bundes Naturschutz in Bayern durch den Nationalpark erleben durften, wird diese Einschränkung fast ausnahmslos und bereitwilligst von allen Schweizern, die den Park besuchen, respektiert, eine Tatsache, die sich viele Deutsche zu Herzen nehmen dürften und die zeigt, daß der Naturschutzgedanke im Schweizer Volk tief verankert ist. Bis zu Beginn des letzten Krieges war in Deutschland bei der Einrichtung der Naturschutzgebiete von der Verleihung des Ehrentitels „Nationalpark" noch Abstand genommen worden, da wirklich weiträumige Bezirke von Urlandschaft kaum zur Verfügung standen. Nach dem Kriege setzte sich H.
Krieg, vor allem nach seiner Wahl zum 1. Präsidenten des Deutschen Naturschutzringes, energisch für die Schaffung eines Nationalparkes in den bayerischen Alpen ein. Durch die Spende des Hohen Kommissars M c C l o y in Höhe von 25 000 DM, die nach dem Willen des Stifters zu den Vorarbeiten für die Schaffung eines Nationalparkes benutzt werden sollen, ist die Erreichung des Zieles nähergerückt. Die Wahl fiel auf das Königseegebiet in den Berchtesgade-ner Alpen, die bereits seit langem Naturschutzgebiet sind. Neben einer strengeren Durchführung der Naturschutzbestimmungen, ohne wesentliche Einschränkung der bisherigen Nutzung, sollen die Hunderttausende, die jährlich den Königsee, St. Bartholomä, die Röth und das Steinerne Meer besuchen, gleichsam am guten Beispiel für die Idee des Naturschutzes gewonnen werden; denn mit der Freude an der Natur wird auch die Achtung vor der Schönheit der Natur wachsen. f) Pflege des Landscbaftsbildes Das Naturschutzgesetz sieht nicht nur den Schutz von einzelnen Pflanzen, Tieren und Naturdenkmalen sowie die Einrichtung von Naturschutzgebieten vor, sondern auch den Schutz sonstiger Landschaftsteile in der freien Natur (§ 5), „die . .. zur Zierde und Belebung des Landschaftsbildes beitragen oder im Interesse der Tierwelt, besonders der Singvögel und der Niederjagd, Erhaltung verdienen (z. B. Bäume, Baum- und Gebüschgruppen, Raine, Alleen, Landwehren, Wallhecken und sonstige Hecken, sowie auch Parke und Friedhöfe). Der Schutz kann sich auch darauf erstrecken, das Landschaftsbild vor verunstaltenden Eingriffen zu bewahren." Im Sinne dieses Paragraphen können die Naturschutzbehörden entsprechende Anordnungen treffen.
Sie „können sich auf die Landschaft selbst beziehen, soweit es sich darum handelt, verunstaltende, die Natur schädigende oder den Naturgenuß beeinträchtigende Änderungen von ihr fernzuhalten. Sie können sich auch auf die Beseitigung von Verunstaltungen erstrecken, wenn dies den Betroffenen zuzumuten oder ohne größere Aufwendungen möglich ist" (§ 19). Um in Zukunft von vornherein unerwünschte Veränderungen in der freien Landschaft zu vermeiden, sind alle Staats- und Kommunalbehörden verpflichtet, „vor Genehmigung von Maßnahmen oder Planungen", die zu Störungen des Landschaftsbildes führen können, „die zuständigen Naturschutzbehörden rechtzeitig zu beteiligen" (§ 20). Das Naturschutzgesetz geht damit weit über die ursprünglich rein konservierende Zielsetzung hinaus: Das gesamte Landschaftsbild wird in den Arbeitsbereich des Naturschutzes eingeschlossen, wobei nicht nur erhalten, sondern bewußt gestaltet wird. In diesem Zusammenhang ist besonders der Name des württembergischen Landesbeauftragten Hans Schwenkel zu nennen, dessen Buch über die Grundzüge der Landschaftspflege (1938) die Vielseitigkeit der Aufgaben und die Zielsetzung an Hand von Text und aufschlußreichen Bildern ausgezeichnet umreißt. B) Gestaltender Naturschutz Von Gegnern des Naturschutzes ist ihm vielfach vorgeworfen worden, er sei museal eingestellt. Er beabsichtige, mitten in der modernen Welt entgegen den Anforderungen der "Wirtschaft, der Industrie, des Fremdenverkehrs große Teile kostbaren Heimatbodens brach liegen zu lassen und aus sentimentalen oder romantischen Ideen heraus aus unserer Heimat ein Natur-
Freilichtmuseum gestalten zu wollen. Dem Naturschutz von heute ist keineswegs ein solcher Vorwurf zu machen. Die Aufnahme der allgemeinen Landschaftspflege und der Landschaftsgestaltung in den Rahmen des Naturschutzgesetzes zeigt wohl deutlich, wie universell hier gedacht und geplant werden soll. Der Naturschutz wendet sich zwar mit allen Mitteln gegen die Verarmung und Ausplünderung, gegen die Verrummelung und Erkrankung unserer heimatlichen Landschaft, aber er will darüber hinaus unter Anwendung volkswirtschaftlich zu begründender Maßnahmen eine biologisch gesunde, nach ästhetischen Gesichtspunkten ausgewogene und auf die Dauer zu nutzende Kulturlandschaft schaffen. Die zwischen die Nutzlandschaft eingeschalteten Urlandschaftsgebiete sind nicht nur Schaustücke, sondern Reserven und Kraftquellen, ohne die das Leben der Umwelt gefährdet ist. Wissenschaft und Technik müssen hier zusammenarbeiten, um das harmonische Bild zu schaffen, das auch unser Auge und unsere Seele befriedigt. Hier liegt im modernen Naturschutz auch ein gut Teil Weltanschauung verankert. Wie vielseitig die Aufgaben und Ziele gesteckt sind, soll mit den folgenden Ausführungen angedeutet werden. a) Verkehrsanlagen Der natürlichste Weg war von jeher der Fußweg, der, vom Menschen oder Tier getreten, sich dem Gelände anpaßt, Hindernissen ausweicht und auch in der Ebene nie schnurgerade verläuft. Das Gegenteil ist zweifellos der Schienenstrang, der aus Gründen der Ersparnis an Kosten und Zeit am wenigsten Rücksicht auf die natürlichen Bodenformen nimmt, der auf Dämmen Senken überbrückt, Berge durchfährt und in öder Langeweile kerzengerade und kilometerweit das flache Land durchschneidet. Die meisten Bahnanlagen sind während der Vorherrschaft und
Überschätzung der Technik entstanden. Heute bemühen sich die Bahnverwaltungen, durch Bepflanzung der Bahndämme das häßliche Bild zu mildern und durch Ausschmückung der Bahnhöfe mit Blumenbeeten und Anlagen das Auge zu erfreuen. Unsere Heimat ist so dicht mit Gleisnetzen überzogen, daß kaum mehr mit Neuanlagen zu rechnen ist. Anders ist es mit dem Straßennetz. In dicht besiedelten Wirtschaftsund Industriezentren reichen selbst die Autobahnen kaum mehr aus, den ins Ungeheure angewachsenen Verkehr zu bewältigen. Vielfach helfen Straßenerweiterungen, zumeist aber müssen Entlastungs- oder Umgehungsstraßen projektiert werden. Die beim Bau der Autobahnen aufgestellten Grundsätze, die sich bei dem Versuche, die Schönheit alter Wege mit den Erfordernissen des technischen Fortschritts zu verbinden, sehr bewährt haben, müssen auch in Zukunft strengstens beachtet werden. Schwenkel hat sie in seinem Buche über Landschaftpflege in zwölf Punkten zusammengefaßt, von denen die wichtigsten hier genannt sein sollen. Jede gute Straße soll nicht nur Verkehrsfläche, sondern ein harmonisches Glied der Landschaft sein. Sie soll sich den Schwingungen des Bodens und seines Bewuchses anpassen, soll tiefere Einschnitte und höhere Dämme vermeiden und eine flüssige Kurve ziehen. Der Fahrende soll die Landschaft miterleben und den Gefahren der Langeweile entgehen können. Der Querschnitt des Straßenkörpers ist nicht mehr ein Trapez mit anschließenden Gräben und mit steilen Einschnitten und Dammböschungen, sondern er soll aus einer Fahrfläche bestehen, die mit eineni Randstreifen zur gewachsenen Landschaft hinüberleitet. Alles unnötig Trennende ist wegzulassen, dafür hat eine möglichst abwechslungsreiche Bepflanzung der Zwischen- und Randstreifen mit heimi-
schen Sträuchern und Baumgruppen den Fahrweg zu beleben. Der Einbindung in die Landschaft hilft auch die sorgfältige Abhebung des Rasens und Mutterbodens beim Bau und deren Wiederverwendung auf den Mittel- und Randstreifen sowie auf die kurvenmäßig gut ausgeglichenen Böschungen. Nicht nur die großen Brükkenbauten, sondern alle baulichen Einzelheiten, wie Stützund Schutzmauern, Randsteine, Wasserdurchlässe, Brüstungsmauern, Geländer und Zäune, sollen handwerklich, heimisch, materialgerecht und nach abgewogenen Raumverhältnissen ausgeführt werden. Aussichtsplätze sind freizuhalten, Rastplätze an geeigneten Stellen einzuschieben. Besondere Gestaltungsgesetze gelten für die Gebirgsstraßen, die Landschaft und Hang möglichst wenig verwunden sollen. Ein besonders schwieriges Kapitel ist die Ausgestaltung der Tankstellen, die häufig genug noch an Bilder aus Wildwest erinnern und in der Landschaft wie häßliche Fremdkörper liegen. In ihrer Nähe ist alle Reklame genau so zu vermeiden wie an der Straße selbst. An alten Alleen ist der meist prachtvolle Baumwuchs möglichst zu erhalten. Die Straße wirkt dann besonders geschlossen, wenn die Bäume bei Vorhandensein eines Grabens nicht an seiner Straßen-, sondern an der Feldseite gepflanzt sind. Bei Straßen, die das Landschaftsbild zerschneiden, mildern locker gesetzte Baumgruppen die Willkür, wogegen Baumreihen sie verstärken. Die steigende Geschwindigkeit der Flugzeuge verlangt eine immer größere Ausdehnung der Rollbahnen, womit der Flugplatz mit allen seinen Nebengebäuden immer beträchtlicheren Raum beansprucht und aus Stadtnähe immer weiter abrücken muß. Auch er muß, wenn irgend möglich, unter Berücksichtigung aller technischen
Sicherheitsmaßnahmen harmonisch ins Landschaftsbild eingefügt werden. Eine besonders betrübliche Zeiterscheinung ist die ständig wachsende Zahl der Bergbahnen, Schwebebahnen, Ski- und Sessellifte. Jeder Gebirgsort will seine Bergbahn und wenigstens einen Skilift haben. Selbst vor einem der großartigsten Berge der Alpen, dem Matterhorn, wird nicht zurückgeschreckt; auch er soll seine Bergbahn erhalten, trotz flammender Protestrufe aller alpinen Vereine und Gesellschaften. Zwar ist einzusehen, daß die Existenz einer Bergbahn den Fremdenverkehr fördert und daß jenen Menschen der Genuß des Gipfels, der Aussicht und des Klimareizes gegönnt ist, den sie sich aus Gesundheitsgründen oder Zeitmangel nicht auf andere Weise erringen können. Abgesehen von der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die erforderlichen Kahlschläge, durch Gebäude, Pfeiler und Seile sowie durch den unvermeidlichen Betriebslärm führen diese Bergbahnen aber zu einem Massenbesuch, der zur Unberührtheit und Ruhe des Gebirges, wie sie der Bergsteiger sucht, in schroffstem Gegensatz steht. So hat die 1951 eröffnete Wallbergbahn schon bald im ersten Jahr 200 000 Fahrgäste befördert und im Sommer 1953 dürfte leicht eine halbe Million Menschen auf diesem Wege den Wallberg besucht haben. Andererseits haben die Bergbahnen den Vorteil, daß sie zu einer lokalen Zusammenballung des Verkehrs führen und die Anstiege durch die Wälder und Matten sowie entferntere Steige und Gipfel verwaisen lassen. Mit bewegten Worten klagte mir die Pächterin des Pürschlinghauses nahe Oberammergau ihr Leid; während an einem herrlichen Wintersonntag Tausende von Karten an den Skiliften Oberammergaus verkauft wurden, kamen zum nahegelegenen Pürschlinghaus und zum Teufelstättkopf 13 Skiläufer, so
daß man meinen möchte, der Skiläufer von früher stürbe zugunsten des Pistenfahrers langsam aus. Vielleicht gelingt es in Zukunft, neuere Planungen von Bergbahnen auf bestimmte Gebiete zu konzentrieren, die jetzt an sich schon verloren sind, und dafür andere in ihrer Unberührtheit zu erhalten. Natürlich ist darüber hinaus die Art der Anlage von wesentlichster Bedeutung; auch hier gilt Schonung des Landschaftsbildes als erster Grundsatz. h) Wasserbau Für die Gesunderhaltung einer Landschaft ist wohl nichts wichtiger als ein geordneter Wasserhaushalt. Fließende wie stehende Gewässer sind ein Teil des natürlichen Wasserkreislaufes; der Grundwasservorrat des Bodens entscheidet über seinen Bewuchs und seine Ausnutzbarkeit. Jeder menschliche Eingriff gleicht daher einem Angriff auf die Grundlagen des Lebens und gefährdet unsere Existenz, wenn nicht mit größter Sorgfalt verfahren wird. Nirgends offenbaren sich die „Sünden" der Menschen an der Landschaft stärker als hier. Vertrocknete Fluren, Staubstürme, ausgedörrte und verwüstete Gebirge, plötzliches Ausbleiben oder Verderben des Grundwassers, verunreinigte und stinkende Flüsse sind die Folgen falscher Wasserbewirtschaftung und beeinflussen das Leben ganzer Völker. Bücher wie A. Metternich, jDie Wüste droht", oder Erich Hornsmann, „ . . . sonst droht Untergang", schildern eine graue hoffnungslose Zukunft. Die Naturkatastrophen, von denen wir fast täglich in der Zeitung lesen oder in den Wochenschauen unserer Lichtspieltheater sehen, berühren aber nicht nur ferne Länder, die uns nichts anzugehen scheinen, sie betreffen uns alle, und sie kündigen sich auch in unserer engsten Heimat an. Wenn ihre Ausmaße auch noch nicht so groß sind, so fällt doch der Grundwasserspiegel ständig;
Staubstürme führen den kostbaren Mutterboden hinweg, und Bodenerosionen nehmen in erschreckendem Maße zu. Inwieweit diese Gefahren durch große säkulare Klimaänderungen hervorgerufen sind, ist noch nicht endgültig entschieden. Daß sich allerdings Veränderungen laufend vollziehen, ist wohl an keiner Tatsache deutlicher zu erkennen als an dem geradezu katastrophalen Rückgang der Gletscher. Schmidt-Thom^ hat in einer Arbeit über den Einfluß der Alpengletscher auf den Wasserhaushalt der südlichen Flüsse (1950) berechnet, daß die Alpengletscher in 100 Jahren verschwunden sind, wenn der Rückgang so weitergeht wie in den letzten 30 Jahren, daß sie aber bereits in 50 verschwinden, wenn sich ihr Rückgang in der Schnelligkeit der letzten 10 Jahre vollzieht. Die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt Süddeutschlands sind noch nicht zu übersehen. Und betrachtet man die Tiefe des Mutterbodens etwa auf der oberbayerischen Hochebene, so versteht man den Ausspruch eines Nordamerikaners: die Wüste sei nicht Hunderte von Meilen von uns entfernt, sondern 5—10 Zentimeter. An vielem Unheil ist aber zweifellos die falsche Wasserbewirtschaftung der letzten Jahrhunderte schuld. Durch übertriebene Begradigungen und Meliorationen, durch Kanalisierungen und falsche Wasserführung haben wir zur Beschleunigung des Wasserabflusses und zur Senkung des Grundwasserspiegels beigetragen. Heute müssen wir versuchen, das Wasser zu halten, wo es nur zu halten ist, und Wasserreserven zu schaffen oder aber sie zum mindesten nicht zu zerstören. Wir dürfen uns nicht durch kurzfristige Erfolge täuschen lassen. Die Natur arbeitet langsam, und Sünden, die leicht begangen, sind oft nicht wieder gutzumachen. Zum Wasserbau sind zu rechnen: Quellfassungen und
Brunnen, Bachund Flußregulierungen, Gebirgsbachverbauungen, Kraftwerke und ihre Zuleitungen, Rohrleitungen, Kanalisierungen, Wehranlagen, Uferbefestigungen an Seen und Kanälen, Stauanlagen und Talsperren, Speicherbecken, Hochbehälter, Pumpstationen und Fischteiche. Außer dem fließenden Wasser spielen im Wasserhaushalt eine Rolle: Tau, Tümpel, Teiche, Seen, Moore und Wälder. Schon heute beklagen sich die Bauern vielfach über das Ausbleiben des Taues. Schon darin ist ein alarmierendes Anzeichen einer fortschreitenden Austrocknung zu erblicken. Welche große Rolle der Tau in wasserarmen und wasserlosen Gegenden spielt, konnte ich selbst am Beispiel der Atacama-Wüste erleben. Hier hatte allein der Tau auf dem steril erscheinenden Wüstenboden Teppiche schönsten Pflanzenschmuckes hervorgezaubert. Bach- und Flußregulierungen haben den Zweck, die Ufer vor Abschwemmungen zu bewahren, Wohnstätten, Wiesen und Felder vor Überschwemmungen zu schützen und unter Umständen die Vorflut für etwaige Entwässerungen zu schaffen. Im Rahmen der Arbeitsbeschaffung wurde hier in vergangenen Jahren oft des Guten zu viel getan. Aus den heimeligen, mit Buschwerk und Bäumen umstandenen Bachläufen mit ihren vielen Stillwasserbuchten, die den Fischen willkommen sind, wurden gerade, die Landschaft willkürlich durchschneidende Kanäle ohne jeden Bewuchs. Sie waren auf dem Reißbrett des WasserbauIngenieurs entworfen worden. Allzuoft führten sie zu einer vorher nicht zu übersehenden Änderung des Grundwasserspiegels. Bei jedem Wasserbau ist deswegen niemals nur- der betreffende Landschaftsausschnitt, sondern der gesamte
Flußlauf von der Quelle bis zur Einmündung und darüber hinaus die nähere Umgeeignet ist. Auf engstem Raum sind hier zwei völlig verschiedene Lebensräume entstanden, deren Unterschied sich deutlich in der Lebewelt widerspiegelt (W. Engelhardt, 1951). In den umliegenden Feldern und Wiesen beginnt dagegen der Grundwasserspiegel weit über das gewünschte Maß abzusinken. Die schwersten Eingriffe in das ursprüngliche Landschaftsbild stellen zweifellos die Kraftwerkbauten dar. Bei Anzapfung von Seen führen sie oft zu jahreszeitlichen oder stetigen Wasserspiegelsenkungen und damit zu nicht wieder gutzumachenden Beeinträchtigungen des Uferbildes. Charakteristische Landschaftsteile, wie Schluchten, Flußdurchbrüche und Tallandschaften, versinken für immer in den Fluten; weite Strecken von Flußläufen werden trok-kengelegt und ihre Auwaldungen zerstört. Unter allen Umständen ist deswegen zu versuchen, das Wasser im natürlichen Flußbett zu halten und hier die erforderlichen Stauwehre und Ausgleichbecken einzubauen. Zweifellos können die für Kraftwerke aufgestauten Wassermassen auch zur Verschönerung und Belebung des Landschaftsbildes beitragen, sofern nur die gleichen Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die wir schon beim Straßenbau als notwendig geschildert hatten. Am schwierigsten ist das Problem der Rohrleitungen zu lösen, die oft Hänge zerschneiden und Kahlschlage erfordern. Vor allem fallen sie mit ihren häßlichen Zementsockeln aus ihrer Umgebung heraus. Unter den stehenden Gewässern kommt selbst den kleinen Teichen und Weihern eine große landschaftsbiologische und ästhetische Bedeutung zu. Sie sind Wasserhalte- und Verdunstungsflächen, die mit ihrer
meist reichen Tierwelt sowie dem Gebüsch- und Baumbestand ihrer Ufer das Bild der Heimat beleben. Legt man sie trocken, so wird zwar Land gewonnen; es ist aber meist schlecht, da der Untergrund versauert und und verhärtet ist. Außerdem beraubt man sich vieler Helfer, die hier ihren ständigen Wohnort haben oder sich hier vermehren und als Vertilger von Schadinsekten großen Nutzen' bringen. Wie bedeutend allein die Zahl der Laichgäste in einem solchen Tümpel ist, konnte ich am Beispiel eines kleinen oberbayerischen Weihers erfahren, der wegen der Erweiterung einer Siedlung abgelassen und zugeschüttet wurde. In kurzer Zeit konnte ich hier während des Ausfließens knapp ein halbes Tausend Frösche und Schwanzlurche aus dem Schlamm herauslesen, die sämtlich dem Tode des Austrocknens ausgeliefert gewesen wären (H eil mich, 1938). Wie stark auch unsere größeren Seen bedroht sind, zeigt wohl am deutlichsten das Beispiel des Zürichsees. Zürich selbst, vor einem Jahrhundert noch eine Stadt von 25 000, heute von 350 000 Einwohnern, hat seine besiedelte Fläche um das 60fache ausgedehnt; alle anderen Ortschaften rund um den See sind ebenfalls bedeutend gewachsen, so daß kaum noch ein Uferstreifen freigeblieben ist. Der einst klare Gebirgssee, den die Biologen als oligotrophen See bezeichnen, droht sich in kürzester Zeit in einen trüben (eutrophen) See zu verwandeln. Die Auswirkungen auf die Fischerei, auf die Lebewelt des Sees und auf die hygienischen Bedingungen des stehenden Wassers und des Ausflusses (Limmath) sind kaum abzusehen und zu einem schwer zu lösenden Problem geworden. Mit besonderer Hartnäckigkeit haben sich Unternehmer und „Landeskultivierung" in den letzten Jahren der Moore angenommen. Sie galten als Ödland und Brennstoff lief
eranten (Torf). Rücksichtslos wurden sie abgeholzt und entwässert. Vielfach blieben die „Meliorationen" in den Anfängen stecken, da das Betriebskapital ausging oder die Zwecklosigkeit des Unternehmens eingesehen wurde. Das Moor aber war bereits unwiederbringlich verloren. Unsere Moore sind aber nicht nur Reservate seltener Pflanzen, wie etwa der als Eiszeitrelikt anzusprechenden Polarbirke; sie sind auch nicht nur Urlandschaften, sondern ähnlich den Wäldern, nur noch in weit größerem Maße, wertvollste Wasserspeicher. Selbst in langandauernden Trockenzeiten halten sie die Feuchtigkeit, kommen dann aber wieder Regenperioden, so saugen sie sich erneut voll wie ein Schwamm. Auch hier zeigten Beobachtungen in der Schweiz, wie wertvoll die Moore besonders in Dürrezeiten für Klima und Landwirtschaft sind. Im Jahre 1947, einem der trockensten Jahre der letzten Zeit, bildeten sich über den unberührten Mooren am Gebirgsrand täglich Gewitter, deren Regengüsse der Landschaft das tagsüber verdunstete Wasser wieder zuführten, wogegen über den kultivierten Mooren sich nur eine geringe Haufenbewölkung einstellte, die der Abendwind vertrieb. Dadurch wurde dem Lande laufend Feuchtigkeit entzogen. Das Ergebnis war, daß am Rande der nicht kultivierten Moore eine überdurchschnittlich reiche Ernte eingebracht wurde, wogegen in den meliorierten Gebieten überhaupt nichts geerntet wurde. Aus dem Studium der Pflanzengesellschaften haben wir gelernt, daß diese gute Anzeiger der Bodenqualität und des örtlichen Kli44 mas sind. Die Stellen, an denen sich heute noch Moore befinden, sind vielfach an sich klimatisch nicht zur Kultivierung geeignet; sie liegen oft vor dem Gebirge, in
Mulden oder Talkesseln, in denen sich die Kaltluftseen bilden. Ob der Ertrag, den die Siedler einmal in derartigen kultivierten Mooren ernten, die unvergleichlich hohen Kosten lohnt, wird sich erst in Jahrzehnten zeigen. Vielfach ist es auch mit der einmaligen Kultivierung nicht getan, da sich die Böden durch die Trockenlegung verändern und der Grundwasserspiegel sinkt. Viel später erwachsen dann große Unkosten, da die Böden verbessert werden müssen. Der Wind treibt die kostbar errungene Muttererde davon, wie wir es jetzt jedes Jahr im Dachauer Moos erleben. Hier müssen bereits Baum- und Buschhecken künstlich wieder gepflanzt werden, um den Wind zu bre dien und die Verdunstungsgeschwindigkeit zu verringern. Diesen übertriebenen Moorkultivierungen steht die altüberlieferte bäuerliche Moorwirtschaft gegenüber, die vom Naturschutz durchaus nicht abgelehnt wird. Sie führt im Gegenteil — so lange sie sich auf die Ausbeutung in wenigen langsam vorgetriebenen Torfstichen beschränkt — zu einer laufenden Regeneration des Moores, ohne die ein Hochmoor schließlich überaltern würde. Im Laufe der Jahrzehnte wachsen so die Torfmoosrasen wieder in die Gräben hinein und helfen, die Vegetationsdecke wieder zu schließen. Diese nur kleinräumig ausgebeuteten Moore zeichnen sich sogar durch eine besonders reiche Tierwelt aus, und die vom Alter gebräunten, oft windschiefen Torfhütten der Bauern tragen dazu bei, den malerischen und ernsten Charakter unserer Voralpenmoore nur noch zu verschönen und ihre Eigenart zu erhöhen. Wir können und wollen nur hoffen, daß die Mahnungen des Naturschutzes, mit dem kostbaren Wasser hauszuhalten, auch bei allen Technikern und Landeskultivierern auf fruchtbaren Boden fallen. Anderenfalls wird der sog. „Fortschritt", dem aus den oft
nur angeblichen Notwendigkeiten der Gegenwart heraus unter allen Umständen gedient werden soll, von der Natur zunichte gemacht werden. c) Bergbau Die Beeinflussung des Landschaftsbildes durch den~Bergbau kann zuweilen so groß sein, daß er den gesamten Charakter einer Landschaft bestimmt. Wir brauchen nur an die großen Bergbau-Gebiete im Rheinund Ruhrland zu denken, wo sich riesige Abraumhalden zwischen Förderschächte und Hochöfen zwängen, oder an die Tagbau-Landschaften im Braunkohlengebiet südlich Leipzig, wo tiefe Wunden in den Boden gerissen wurden und sich unabsehbare Halden auftürmen. Zum Bergbau in unserer Betrachtung gehören alle Eingriffe des Menschen in die Erdrinde zum Zwecke der Gewinnung von Rohstoffen, wie Lehm und Sand, Kies, Kalk und Mergel, von Schotter und Werksteinen, von Salzen, Kohlen und Erzen. Beim Abbau großer Mengen wie in den Steinkohlengruben oder beim Braunkohlen-Tagbau wird sich weder die Platzwahl noch die Unterbringung des Abraums von landschaftsgestaltenden Gesichtspunkten abhängig machen lassen. Anders ist es mit der Versorgung und Behandlung der Halden, bei denen eine entsprechende Abstufung und Bepflanzung das häßliche Bild mildern kann. Bei der Platzwahl für kleinere Anlagen zur Gewinnung von Gesteinen, Schotter, Sanden oder dgl. sind viel strengere Maßstäbe anzuwenden. Hier ist die Frage der Empfindlichkeit der Landschaft gegenüber den zu erwartenden Eingriffen sorgfältig zu prüfen, vor allem dann, wenn Gebiete bedroht sind, die als solche bereits unter Naturschutz stehen. Hier sei nur an die kaum tragbare Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch den Abbau
46 der sog. Kögel im Murnauer Moos erinnert, wodurch eine der großartigsten Talöffnungen der bayerischen Alpen in ihrer Vielgestaltigkeit empfindlich beeinträchtigt wird. Besonders störend können außerdem die oft unvermeidlichen Seilbahnen wirken, die das abgebaute Material zuweilen kilometerweit zur Aufbereitungsoder Verarbeitungsstelle transportieren. Zweifellos ist nicht abzuleugnen, daß große Steinbrüche, die wie natürliche Felswände wirken, auch den Charakter der Großartigkeit in eine sonst liebliche Landschaft tragen können oder daß kleinere aufgelassene Brüche zuweilen zur Vielgestaltigkeit der Landschaft führen und durch die Pflanzen- und Tiere, die sich hier im Ödland angesiedelt haben, bereichernd wirken. Sie können sogar zu kleinen Naturschutzgebieten inmitten der Nutzlandschaft erhoben werden. Bei der Neuanlage von Steinbrüchen oder Schotterentnahmestellen ist zu versuchen, den Bruch, wenn irgend möglich, versteckt anzulegen und die Zu- und Abfahrtsstraßen im Bogen in den Hangeinschnitt einzuführen und mit Bäumen und Hecken zu bepflanzen, so daß die in die Erde gerissenen Wunden möglichst wenig sichtbar werden. Der Mutterboden ist jeweils sorgfältig abzutragen und zur Überdeckung des Abraums wieder zu verwenden. Landschaftlich hervorstechende oder geologisch besonders interessante Berge, wie erloschene Vulkane, durch Erosion herausgearbeitete Schlote aus Basalt oder Phonolith, Zeugenberge oder bizarre Felsnadeln und -mauern, sind, wenn irgend möglich, überhaupt nicht anzutasten; dasselbe gilt für charakteristische Einzelformen wie Drumlins oder Osarks in den Eiszeitlandschaften oder für Schanzen und Wälle aus der Vor- und Frühgeschichte. So bedurfte es großer
Anstrengungen, im bayerischen Wald den Pfahl zu retten, der ebenfalls seines harten Gesteins wegen von rücksichtslosen Ausbeutern zur Schottergewinnung abgebaut werden sollte. Ein besonderes Problem bilden die Abgase und die Stauberzeugung der großen Werke. Hier sei nur an den feinen Kalkstaub der Kalk- und Zementwerke etwa im oberen Donautal oder im Oberrheingebiet erinnert, die weite Teile der Landschaft mit häßlichem Staub bedecken und deren Rauch- und Staubentwicklung die Sonne trübt. Hohe Schornsteine, wie etwa die Halsbrücker Esse im sächsischen Bergbaugebiet, helfen zwar der unmittelbaren Umgebung, sie verhindern aber nicht die Ausschüttung von Staub und Ruß, die sich endlich doch irgendwo niederschlagen müssen. 47 Hier sei auch kurz der Einwirkungen des letzten Krieges gedacht. Noch immer sind im deutschen Landschaftsbild die Wunden nicht geheilt, die durch die Anlage von Befestigungen und durch deren Sprengung (z. B. Westwall), durch Panzer- und Schützengräben oder durch die Einschlaglöcher von Granaten und Bomben gesetzt wurden. Mitten in den Feldern, an Waldwegen, in Weinbergen stehen und liegen noch die zerfetzten Betonblöcke. Durch geschickte Umpflanzung hat man hier und da versucht, sie zu verdecken. Langsam greift aber auch hier die Natur heilend ein. Manches Bombenloch, das noch nicht zugeschüttet werden konnte, enthält jetzt einen Grundwassertümpel, der sich mit Wasserpflanzen und Wassertieren gefüllt hat. Manchem Buben haben diese Bombentrichter schon zu naturwissenschaftlichen Entdeckerfreuden verhelfen. d) Landwirtschaft
Nirgends scheinen sich bei oberflächlicher Betrachtungdie Belange des Naturschutzes und die Forderungen einer modernen, durch die Notlage unserer Zeit zur Ausnutzung aller Möglichkeiten gezwungenen Wirtschaft stärker zu reiben als auf dem Gebiete der Landwirtschaft. Viele Bauern wurden verhetzt; sie sahen in den Bestrebungen des Naturschutzes eine rückschrittliche Entwicklung und in seinen Verfechtern Nichtskönner, die aus lauter Wichtigtuerei in Dinge hineinreden wollten, von denen sie nichts verstanden. Zweifelsohne gehört es zu den schwierigsten und zugleich dringlichsten Aufgaben eines biologisch begründeten Naturschutzes, die Bauern zu überzeugen, daß ihnen hier aus einem reichen Schatz wissenschaftlicher und praktischer Erfahrungen, die nicht nur auf dem engsten Heimatboden gewonnen wurden, geholfen werden soll. Die im Kriege und in der Nachkriegszeit erzwungene Steigerung der Erzeugung, die Einsparung von Arbeitskräften, die in den letzten Jahrzehnten veränderten Wirtschaftsmethoden, z. B. der Übergang zur künstlichen Düngung, die Verbesserung der Böden durch veränderte Wasserführung, der Anbau neuer Feldfrüchte, die Benutzung von Maschinen und Traktoren, Güterzusammenlegungen und Güteraufteilungen, Vergrößerung der bebauten Fläche durch Kultur von Ödland oder Waldabtreibung, all dieses hat dazu geführt, die schöne und harmonische Flur, die der Bauer im Laufe der Jahrhunderte geschaffen hatte, zu verändern. Die alte Flur war dem Boden und seinem Gelände angepaßt Quellen, Bäche, Teiche und Moore, Hecken, Ufergebüsche, einzelnstehende Bäume und kleine Gehölze belebten harmonisch das bewirtschaftete Land und ließen es als ein Stück Natur erscheinen. Für einen Teil der modern bewirtschafteten Flächen, die auf weite Strecken
hin einförmig und mit einer Frucht bepflanzt das Land überziehen, paßt die Bezeichnung „Kultursteppe" ausgezeichnet, da sie den natürlichen Steppen des Ostens im Anblick gleichen. In der Tat dringen auf ihnen auch viele charakteristische Tierarten aus dem Osten gegen Westen vor; sie dokumentieren am deutlichsten die Veränderungen, die sich hier — gewollt oder ungewollt — im Landschaftsbild vollzogen haben und noch vollziehen. Wind und Trockenheit können sich auf diesen Flächen viel stärker auswirken und den Prozeß der fortschreitenden Austrocknung und „Versteppung" beschleunigen. Allenthalben zeigen sich schon Bodenerosionen, wie wir sie bisher in größeren und größten Ausmaßen besonders aus den Vereinigten Staaten kennen. Selbstverständlich erfordert der alte Streubesitz vieler Landwirte, wie wir ihn noch in weiten Gebieten unserer Heimat antreffen, einen größeren Kraft- und Zeitaufwand bei der Bewirtschaftung, der mit einem entsprechend geringeren Nutzen gepaart ist; die kleinen Acker- und Wiesenflächen erlauben beispielsweise keineswegs den heute üblichen und notwendigen Einsatz von Maschinen. Es ist klar, daß hier nur Umlegungen helfen können, die neben einer besseren Erschließung und Ausnutzung des Feldanteils auch zu besseren Weganlagen und zu Bodenverbesserungen führen. Die „Flurbereinigungen" dürfen aber nicht in veralteter Weise nur nach vermessungstechnischen Gesichtspunkten oder nach den einseitigen Wünschen der Landwirtschaft durchgeführt werden. Die offene Flur nimmt etwa zwei Drittel des heimatlichen Bodens ein; sie ist nicht nur Wirtschaftsgebiet, sondern zugleich ein klimatischer Raum, der das Gesamtklima beeinflußt. Außerdem dient sie den in Industrie und Handwerk, im Büro und in der Erziehung tätigen Menschen als Erlebnis- und Erholungsraum. Die
Reste von natürlichen Erscheinungen in der Landschaft dürfen bei der Flurbereinigung nicht ausgetilgt, die heimischen Pflanzen und Tiere nicht ausgerottet werden. Die umgelegte Flur soll nicht nur zweckmäßig, nicht nur geordnet, sondern auch schön, biologisch gesund und an Einzelerscheinungen reicher sein. Die vorhandenen Naturund Kulturdenkmale sind nicht nur zu schonen; auch heute schon ist für werdende neue Denkmale zu sorgen, die einmal als Ersatz für alte dahinschwindende Denkmale eintreten können. Landschaftsbestandteile, wie Hecken, Knicks, Gehölze, kleine Altwässer und Weiher, sind zu erhalten oder zu schaffen. Die bereits genannten Forderungen für den Straßen- und Wasserbau sind zu beachten. Als erste Voraussetzung für den praktischen Erfolg ist zu fordern, daß bei allen Umlegungen auch sachverständige Vertreter der unteren Naturschutzbehörden hinzugezogen werden und daß sie die beteiligten Landwirte und Techniker auf die Gesichtspunkte und Notwendigkeiten einer wirtschaftlichen Landschaftspflege hinweisen. So sind die Bauern vor allem von der Wichtigkeit der Hecken und kleinen Gehölze zu überzeugen. Die Hecken beeinflussen das örtliche Wetter und das Klima auf kleinstem Räume: Sie dienen dem Windschutz und der Verminderung der Austrocknungs- und Frostgefahr; sie verhindern die Abblasung des Mutterbodens und steigern die Taubildung in Trockenzeiten. Auch bieten sie Kleinsäugern und Vögeln als wichtigen Schädlingsbekämpfern Wohn-und Niststätten. Viele Tiere, meist nützliche, wie Igel, Wiesel, Spitzmaus, Eidechsen, Schlangen, Kröten, Spinnen und "Hummeln, finden hier innerhalb der Nutzlandschaft ihre oft letzte unentbehrliche Heimstätte und Zuflucht, die blühenden Sträucher und Krauter
vermehren die Bienenweide in gleicher Weise wie die Palmkätzchen, die um Altwässer und Gräben stehen. Einzeln stehende Bäume oder Baumgruppen sind auf Wiesen an heißen Tagen willkommene Schattenplätze für das Vieh; kleine Gehölze dienen dem Hoch- und Niederwild als Einstandplätze. Für die Hecken sind besondere Schutzbestimmungen erlassen worden: Sie dürfen in bestimmten Zeiten (vom 15. 3. bis 30.9.) weder gerodet noch abgeschnitten oder gebrannt werden. Die durch Selbstanflug entstandenen Wildhecken in Nordwestdeutschland, die Wallhecken oder Knicks, stehen im ganzen Gebiet unter besonderem Schutz. In welligem Gelände sind die Abgrenzungen der Felder, die Konturen und die Ackerfurchen, 'möglichst dem Gelände anzupassen und parallel mit den Höhenlinien, nicht senkrecht zu ihnen zu führen. Hierdurch wird nicht nur das Landschaftsbild verschönt, sondern auch der Bodenabschwemmung entgegengearbeitet. Es ist hier nicht der Platz, auf den großen Fragenkomplex rein landwirtschaftlicher Probleme einzugehen, wie etwa auf die gesteigerte Bodennutzung durch neue Bewirtschaftungssysteme sowie durch Fruchtwechsel, oder auf Fragen der Bodenforschung selbst. Es sei hier nur daran erinnert, wie stark sich die Verwendung von Kunstdünnger auf die Zusammensetzung der Pflanzenge-
Waldabtreibung und Überbeweidung durch Ziegen und Schafe. Münster im Münstertal Aufn. Dr. W. Hellmich meinschaften unserer Wiesen und Matten auswirkt. So sind die Matten unserer Alpentäler dort, wo Kunstdünger verwendet wird, fast gänzlich des schönen Blumenflors beraubt,- der diese Wiesen im Frühjahr so besonders verschönte. Nur an den Rändern oder unter Hecken und Zäunen, wo der Dünger nicht hinkam, blühen noch Krokus, Enzian, Primel und Orchideen. Endlich sei noch der Gefahren übertriebener Beweidung, im besonderen der starken Beeinträchtigung unserer Almen durch die Schafbeweidung der letzten Jahre, gedacht. In der Notzeit des Krieges nahm die Schafzucht einen gewaltigen Aufschwung. Tausende von Schafen wurden aus den Tälern auf die Berge getrieben, wo sie durch Tritt und Fraß das Pflanzenkleid in erschreckendem Maße zerstörten. Nach dem Kriege und dem Schließen der Grenzen verschlimmerten sich diese Zustände noch dadurch, daß die Schafherden, die sonst über die bayerischen Berge nach Österreich getrieben wurden, wo die Bauern alte Weiderechte besaßen, nun in unsern
Bergen verblieben und hier dicht zusammengedrängt unsere Almen abweideten. Während das Rind und die Pferde sich beim Weiden meist ziemlich verstreuen, wandern die Schafe meist geschlossen über die beweidete Fläche und walzen damit wie eine Lawine die Matte ab. Durch die starke Anhäufung der Exkremente und des Urins wird der Boden nicht verbessert, sondern so stark verändert, daß er vom Wild gemieden wird, wie wir es beispielsweise jahrelang am Lausbühel im Friedergebiet (Ammergauer Berge) beobachten konnten. Im Allgäu, wo die üppige Entwicklung der Pflanzendecke auf den weichen LiasFleckenmergeln einen besonderen Anreiz für die starke Beweidung gibt, verursachten die Schafe bereits ausgesprochene Bodenerosionen, so daß nicht nur die Weiden selbst, sondern auch die darunter liegenden Hänge bedroht sind und die Waldgrenze herabgedrückt wird. Die hohen Niederschläge im Hochallgäu greifen an den steileren Hängen überall ein, wo die Bodendecke einmal aufgerissen ist. Ganze Platten der Vegetationsdecke geraten in Bewegung und werden mit Stein- und Schuttströmen in die Tiefe verfrachtet. Durch das Fehlen der Bäume in diesen Murgängen wird die Steinschlag- und Lawinengefahr erhöht. Der scharfe Tritt und der kurze Verbiß verändern außerdem die artliche Zusammensetzung der Weide, die über eine Milchgrasweide schließlich zur Rasenschmielenweide verarmt (Huber 1951). Während im Landkreis Sonthofen die Zahl der Schafe von 772 im Jahre 1937 fast stetig auf 5539 im Jahre 1948 stieg, zeigte sie 1949 mit 4844 erstmalig eine sinkende Tendenz; heute müssen wir noch immer mit einer Gesamtzahl von etwa 12000 Schafen rechnen, die auf den schmalen Streifen der deutschen Alpen aufgetrieben
werden. Bilder nackter Felsfluren, wie wir sie aus dem Karst und aus den Mittelmeerländern kennen, stehen hier drohend und warnend vor unseren Augen. Besonders bedauerlich ist die verheerende Wirkung der Überweidung in Naturschutzgebieten wie etwa in den Berchtesgadener Alpen, wo die Schafe darüber hinaus noch eine zusätzliche Gefahr darstellen. Sie tragen hier zur weiteren Ausbreitung der Gamsräude bei, die nicht nur die bereits stark mitgenommenen Gemsbestände, sondern auch die mühsam aufgezogene Steinwildkolonie bedroht. In jüngster Zeit werden hier Gegenmittel (chemische Bäder) ausprobiert. e) Forstwirtschaft Der Wald ist für uns Deutsche nicht nur Wirtschaftsgut und eine der bedeutendsten Einnahmequellen, sondern in hervorragendem Maße Kulturgut. Der Wald ist wie kein anderer Teil unserer Heimat innig mit der deutschen Art und Seele verknüpft; seine Bedeutung spiegelt sich wider in Märchen, Sage und Dichtung, und in der Heimaterinnerung der Ausgewanderten steht die Sehnsucht nach dem deutschen Wald an erster Stelle. Der Wald ist aber zugleich die unserem Klima entsprechende Pflanzendecke. Er schützt als Wasserspeicher unsere Heimaterde vor Versteppung und Verkarstung und gibt der Landschaft das natürliche Gleichgewicht. Bedeckte aber der Wald vor rund 150 Jahren noch etwa 40 Prozent unseres Vaterlandes, so nimmt er heute nur mehr die Hälfte dieser Fläche ein; außerdem änderte sich durch übertriebene Nutzung und falsche Bewirtschaftung seine artliche Zusammensetzung. Aus den natürlichen Pflanzengemeinschaften des Waldes wurden Holzfabriken, in denen raschwüchsige Arten, vor allem Nadelbäume, bevorzugt und der artenreiche Unterwuchs
verbannt wurden. Die Forstwirtschaft, die mit gleichaltrigen reinen Nadelholzwäldern den größten Gewinn zu erzielen hoffte und vorübergehend auch erzielte, mußte aber sehr bald die Gefahren und Nachteile selbst einsehen. Die reinen Nadelholzbestände und „Monokulturen", in denen die Bäume ausgerichtet standen wie die Rekruten, sind durch Schädlingsfraß, durch Feuer, Wind- und Schneedruck viel stärker gefährdet als die natürlichen, dem jeweiligen Untergrund angepaßten Mischwälder, in denen auch das bunte, mannigfaltige Leben im Boden selbst reich und gesund bleibt. Den „Kahlschlägen", in denen große Teile des Waldes wie mit der Sense niedergeschlagen wurden, steht die moderne Bewirtschaftung des Dauerwaldes gegenüber, den wir „Femel-" oder „Plenterwald" nennen. In ihm erfolgt die Nutzung nach und nach, indem die jeweils ältesten und kräftigsten Bäume herausgeschlagen werden und die entstehenden Lücken sich wieder schließen. Alle Altersklassen von Bäumen stehen hier nebeneinander, der Wald kann von Licht durchflutet werden, und der Boden kann sich mit einer buntdurchmischten Pflanzendecke überziehen. Die Ergebnisse pflanzensoziologischer Forschungen paaren sich hier mit forstwirtschaftlichen Erfahrungen, und die Bevorzugung des Plenter- und Mischwaldes deckt sich zugleich mit den Wünschen des Naturschutzes, der ein buntes, harmonisch ausgeglichenes Waldbild ersehnt, das sich aus heimischen Arten zusammensetzt und dem Reichtum der ursprünglichen Wälder entspricht. Vergleichen wir nun diese Forderungen und Wünsche mit dem tatsächlichen Zustand, so müssen wir feststellen, daß dieser Idealzustand trotz größten Bemühungen der Forstämter und der zuständigen Behörden noch lange nicht erreicht ist und daß die großen Lücken, die der Krieg
und die Erfordernisse der Nachkriegszeit in unsere Wälder schlugen, bei weitem noch nicht geschlossen sind. Außer den Reparationsleistungen mußte allein schon wegen des Mangels an Heizmaterial viel mehr Holz eingeschlagen werden, als in normalen Zeiten benötigt wurde. Große Brände und Windbrüche vernichteten zum Teil riesige Waldstrecken. Die Aufbereitung des zerstörten Waldes geschah zudem oft genug nicht durch Fachkräfte: Die Wurzelstöcke wurden vielfach durch Sprengung gerodet, wodurch der Waldboden übermäßig aufgelockert, in seiner natürlichen Schichtung gestört und anschließend ausgedörrt wurde. Der Borkenkäferbefall nahm ungeahnte Ausmaße an, da die Vermehrung der Käfer noch durch trockene Jahre begünstigt wurde. So erlebten wir in einem großen Windbruch nahe München 1947 statt zweier drei Generationsfolgen in einem Jahre, die zu einer katastrophalen Massenvermehrung führten. In Baumkulturen gingen Zehntausende von jungen Bäumchen durch Austrocknung, Wildverbiß, Plünderung oder mutwillige Zerstörung ein, viele Kulturen gingen überhaupt nicht an. Als größter Feind des Waldes zeigte sich wieder einmal der Mensch, der mit dem kostbaren Gute verantwortungslos umging und alle pflegliche Behandlung, die die Forstleute dem Walde angedeihen ließen, zunichte machte. Wenn sich auch der Zustand unserer Wälder langsam wieder bessert, so sind noch immer große Aufgaben zu lösen, und es müssen viele Millionen Mark allein zu ihrer Wiederaufforstung ausgegeben werden. Die pflegliche Behandlung erfordert die Beachtung vieler Gesichtspunkte. Sind beispielsweise zur Ablösung der alten Bewirtschaftung Kahlschläge unvermeidlich, so brauchen sie nicht unbedingt in geraden Streifen
durchgeführt zu werden. Besonders schöne und gesunde Bäume sind als Überhälter zu schonen; sie dienen sowohl der Aussamung als auch der landschaftlichen Belebung. Den Rändern des Waldes ist besonderes Augenmerk zu widmen; zum Schütze des Waldinnern vor Hitze, Wind, Schnee und Mensch ist der Waldtrauf möglichst zu schließen. Auch der Verlauf der Waldränder und die Verteilung der Waldmassen ist für die Schönheit des Landschaftsbildes von großer Bedeutung. Nach diesen Grundsätzen bewirtschaftet übrigens seit Jahren der Verein Naturschutzpark seinen ausgedehnten Waldbesitz in der Lüneburger Heide. Neben den großen Staatsforsten gibt es in Deutschland noch unzählige kleine Privatwaldungen, wie z. B. die kleinen Bauernwälder. Sie sollten als wichtiger Teil des großen Ganzen nicht minder pfleglich bewirtschaftet werden. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. So hat sich innerhalb des Deutschen Heimatbundes ein „Ausschuß zur Rettung des Laubwaldes" gebildet, der sich mit einer Reihe von Flugschriften gegen die Verfichtung und Ver-kieferung des Waldes wendet und den Wald über die Jagd gestellt wissen möchte. Auch die „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald" setzt sich mit allen Mitteln für das Schicksal des deutschen Waldes ein. Die Sorge um die Erhaltung des Waldes betrifft aber jeden Einzelnen. An erster Stelle steht wohl die Beachtung des Verbotes, im Walde Feuer zu machen oder zu rauchen. Leichtsinnig weggeworfene brennende Zigaretten haben schon Millionenschäden verursacht. Wie unabsehbar und schwer heilbar solche Schäden sind, zeigen vor allem die Brände in unseren Bergen, wo die Steilheit des Geländes und die Gefahr der Bodenabschwemmung eine Wiederaufforstung oder einen natürlichen Bewuchs fast unmöglich machen. Ein warnendes Musterbeispiel bilden
die Brandstellen an der Arnspitze, wo die Hitze des Brandes das Kalkgestein tief auflockerte. Ein Jahrzehnte zurückliegender benachbarter Waldbrand zeigt nicht etwa Anfänge einer neuen Begrünung, sondern ist noch viel stärker ausgeapert und des Pflanzenkleides beraubt als der erst neuerlich abgebrannte Hang. Durch die völlige Vernichtung der Latschenfelder wird zugleich die Lawinengefahr beträchtlich erhöht, wodurch die tiefer stehenden Wälder und selbst die Siedlungen bedroht sind. Der Wald schenkt uns endlich mit seinen Pilzen und Beeren Freude und Bereicherung unseres Tisches. Die Bedeutung des Waldes als Nahrungsquelle ist nicht zu unterschätzen. Sie bleibt aber nur erhalten, wenn auch hier jeder Raubbau vermieden und mit den Gaben des Waldes pfleglich umgegangen wird. f) Jagd und Fischerei Zum deutschen Wald gehört das deutsche Wild. Reh und Hase, Rot-, Garns- und Schwarzwild beleben zu unserer Freude das Landschaftsbild; sie sind inmitten aller Industrie und Zivilisation der lebendige Ausdruck eines erhalten gebliebenen Restes von Urnatur. Das Wild ist aber zugleich ein wichtiger Faktor unserer Volkswirtschaft. Vor dem Kriege trug es zur Ernährung jährlich 4 Millionen Kilogramm bei, und die Jagdwirtschaft erzielte insgesamt einen Umsatz von 120 Millionen Reichsmark. Das ehemalige Reichsjagdgesetz, das auf der alten und berühmten Tradition des deutschen Weidwerks fußte und erstmalig die wichtigsten einheitlichen Bestimmungen für das ehemalige Reichsgebiet enthielt, wurde von der überwiegenden Mehrzahl der deutschen Jäger anerkannt und vom Auslande als vorbildlich gelobt. Weit über das bisherige Maß hinaus befaßte sich das Gesetz nicht nur mit der Jagd, sondern in
umfassender und vollkommener Weise auch mit dem Schutz der freilebenden jagdbaren Tierwelt, indem es über die Jagd die Hege stellte und eine geregelte, maßvolle und weidgerechte Nutzung der Wildbestände anstrebte. Die ersten Nachkriegsjahre brachten mit allen ihren Folgeerscheinungen Unordnung in den Wildbestand unserer Heimat. Manche Wildarten wurden stark dezimiert oder in bestimmten Gebieten restlos ausgerottet, andere dagegen, wie etwa das Schwarzwild, nahmen gebietsweise in einem Ausmaß überhand, daß die verursachten Schäden für Landwirtschaf t und Forst nicht mehr tragbar waren. Der alte, aus längst vergangenen Zeiten überkommene und fast erloschene Haß der Bauern gegen Wild und Jäger drohte wieder aufzuflammen. Das Verbot des Waffenbesitzes hinderte den Jäger, regelnd einzugreifen oder die überhandnehmende Wilderei abzustellen. Heute beginnen sich mit der teilweisen Rückgabe der Jagdhoheit im Westen die Verhältnisse wieder zu normalisieren. Nach dem neuen Bundesjagdgesetz, das am 1. Oktober 1952 in Kraft trat, enthält das Jagdrecht „die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende jagdbare Tiere (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich als Jagdbeute anzueignen. Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes; sie muß so durchgeführt werden, daß Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft und in der Fischerei möglichst vermieden werden. Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten" (§ l, l—3). Für die Besatzungsangehörigen wurden durch die Hohen Kommissare die entsprechenden Verordnungen erlassen. Inwieweit die Ausrottung der ostdeutschen Wisente und Elche und die Großwildlosigkeit weiter Ostzonengebiete
wieder gutzumachen sind, wird die Zukunft zeigen. Das Jagen ist heute kein Herrensport mehr wie in längst vergangenen Zeiten, sondern eine sehr ernste ethische Aufgabe, für die die Jungjäger durch entsprechende Kurse gründlich vorbereitet werden. Das Jagdgesetz selbst ist gleichsam ein Teilstück der Gesetzgebung für den gesamten Naturschutz. Die allgemeinen Bestimmungen über die Erhaltung der einheimischen Tierwelt gelten selbstverständlich auch für den Bereich der Jagd. Das Faunenbild soll nicht verfälscht werden, nur ehemals einheimisches Wild darf wieder eingebürgert werden. Wie schwer dies zuweilen ist, zeigen die Versuche, das Steinwild in unseren Bergen (Berchtesgadener Alpen) wieder heimisch zu machen. Gefährdeten Tieren, wie etwa dem Adler, ist ganzjährige Schonzeit zuzubilligen. Erfolge dieser Schonung sehen wir am Kolkraben, der, vor kurzem noch in unwirtlichste Berggefilde verdrängt, in bestimmten Gebieten heute wieder erfreulich häufig ist. Ein noch ungelöstes Problem ist die Frage der Wiedereinführung der Wildschutzgebiete. Diese vor dem Kriege geschaffenen, durch bestimmte Tafeln gekennzeichneten Schutzgebiete durften entweder gar nicht, nur auf bestimmten Wegen oder auf diesen nur zu einer bestimmten Zeit begangen werden. Diese Einschränkungen stehen in Bayern in Widerspruch zur Verfassung, die im Artikel 141, Abs. 3, das Betreten von Wald und Bergweide jedermann gestattet (vgl. S. 11). Sicherlich war vor dem Kriege des Guten zu viel getan. Andererseits führt eine zu starke Begehung eines wildreichen Gebietes entweder zur Vertreibung des Wildes oder aber zu dessen weitgehender Domestikation, die schwerwiegende Gefahren in sich birgt. Die Eingatterung hilft weder dem Bergsteiger, weil hierdurch
erneut unbetretbare Gebiete geschaffen werden, noch dem Wild, da dessen Qualität durch Inzuchtgefahr, Mangel an Bewegungsfreiheit und zu geringes Nahrungsangebot gemindert wird. Bei einer Beschränkung der Wildschutzgebiete auf geringere Ausdehnung und deren Verlegung in nur wenig besuchte Gebiete ohne besondere Anziehungspunkte und Kletterberge dürfte wohl auch vom Bergsteiger so viel Rücksichtnahme erwartet werden, daß er diese Gebiete als Schon- und Schutzgebiete anerkennt. Letzten Endes geschieht diese Maßnahme ja auch in seinem Interesse, da auch er sich an Garns und Hirsch, an Auer- und Birkwild und an dem herrlichen Fluge des Adlers erfreuen will. Wir dürfen hier nur an das Beispiel erinnern, das uns die Schweiz gewiesen hat (vgl. S. 32); außerdem steht dem westdeutschen Bergsteiger der gesamte Alpenraum wieder uneingeschränkt zur Verfügung, so daß man ihm wohl so viel Verstand und Takt zutrauen darf, in seiner eigenen Heimat Gebiete zum Schütze des freilebenden Wildes aussparen zu helfen. Nicht nur dem Jäger, jedem Einzelnen obliegt die Pflicht, durch sein Verhalten dem Wilde die ihm gebührende Lebensmöglichkeit und Ruhe zu gönnen. Zu diesem rechten Verhalten in der Natur gehört die Vermeidung von unnötigem Lärm, von Schreien und Johlen im Wald und am Berg sowie die Verhinderung von Steinschlag im felsigen Gelände. Im Winter vermeidet man auf Skitouren, das durch Schnee und Nahrungsknappheit an sich schon gefährdete Wild durch Aufspüren oder Nachjagen zu hetzen. Der Hund gehört in Haus und Hof; in der freien Natur gehört er an die Leine. In den Vorkriegsjahren wurden jährlich rund 100000 wildernde Hunde statistisch erfaßt, rund 500000 wildernde Katzen mußten in der
gleichen Zeit jährlich erschossen werden (Haltenorth, 1952). Zufällig beim Wandern entdeckte Schlingen und Fallen sind dem zuständigen Jäger, Forst- oder Polizeibeamten zu melden. Auf dem Gebiete der Fischerei gelten im wesentlichen noch die Vorkriegsbestimmungen. Ein neues Fischereigesetz ist in Bearbeitung. Auch hier haben Raubbau und Nachkriegsfolgen zu einer beträchtlichen Dezimierung der Fischbestände beigetragen. Außerdem haben die wachsende Bevölkerungsdichte und die immer intensivere Industrialisierung zu einer starken Veränderung unserer fließenden und stehenden Gewässer geführt, die weittragende Rückwirkungen auf unsere Fischwelt auslöste. Sowohl bei uns als auch in allen zivilisierten Ländern der Erde dürfte es kaum noch einen See oder größeren Fluß geben, dessen Wasserhaushalt nicht in irgendeiner Weise durch den Menschen verändert worden ist. Die Zusammenballung großer Menschenmassen in den Großstädten und die sich immer mehr ausdehnenden Fabrikanlagen führten zu einem wachsenden Bedarf an Trink- und Brauchwasser. Andererseits ließen die sich immer mehr durchsetzenden hygienischen Verbesserungen und die damit verbundene Verbreitung von Spülklosetts und Bädern sowie die fortschreitende Kanalisierung auch die Abwassermengen immer gewaltiger ansteigen. Die natürliche Selbstreinigung der Gewässer reichte nicht mehr aus, die wachsenden Mengen von anfallenden Schmutzstoffen aufzuarbeiten. Sowohl Seen als auch Flüsse begannen in steigendem Maße zu „erkranken". Die technischen und chemischen Untersuchungen konnten die Ursachen dieser Erkrankung, die sich in Trübung und Verfärbung des Wassers und in rapid abnehmenden Fangerträgen an Edelfischen auswirkte,
allein nicht mehr klären. Auch hier zeigte sich, daß erst die biologische Analyse es ermöglichte, die tieferen Gründe und Zusammenhänge aufzudecken. Genaue Untersuchungen über die Lebensgewohnheiten und Ansprüche unserer Fische und ihrer Brut mußten in Angriff genommen, die Fortpflanzungsbedingungen der Makround Mikroorganismen studiert sowie Zusammensetzung und Wanderungen des Plankton aufgeklärt werden. Die Ergebnisse dieser biologischen Forschungen müssen bei allen Veränderungen unserer Wasserläufe und -becken beachtet werden. So läßt sich in begradigten Flußläufen „eine Schädigung der Fischerei nur dann vermeiden, wenn bei Uf erverbauung durch Anlage von Stillwassern hinter den Buhnen Laichplätze für die Fische geschaffen werden. Bei der Umwandlung eines bisher schnell fließenden Flusses in ein System von Staustufen kann ohne genaue Kenntnis der Biologie der Süßwasserfische ein Einsetzen neuer Arten nicht erfolgreich durchgeführt werden. Die Fischpässe sind nur auf Grund gewisser biologischer Voraussetzungen wirksam. Wasserblüten in Trinkwasserspeichern und die Veralgung von Badebecken sind nur zu beseitigen, wenn man die Biologie der Mikroorganismen, die sie veranlassen, kennt. Ohne Kenntnis der Zusammenhänge der biologischen Selbstreinigung sind biologische Kläranlagen nicht erfolgreich zu betreiben, kann nicht entschieden werden, ob ein Vorfluter nur mit mechanischer Klärung des betreffenden Abwassers fertig wird" (Lieb-mann, 1951). .Vielfach hat sich aber auch gezeigt, daß der Ertragsrückgang nicht nur auf die Veränderung des jeweiligen Lebensraumes, sondern allein schon auf falsche Fangmethoden zurückzuführen ist. Von großer Bedeutung
ist beispielsweise die Maschenweite der von den Fischern verwendeten Netze. Ist die Maschenweite zu klein, so werden nicht nur erwachsene Tiere, sondern auch der Nachwuchs herausgefangen, der damit nicht zur Vermehrung kommt. Dasselbe gilt für die von den Anglern zu beachtenden Mindestgrößen. Hier sind selbst noch die gesetzlichen Vorschriften zu überprüfen. Für den Lachs, um nur ein Beispiel zu nennen, sind als Mindestmaß in Württemberg und Baden 50 cm, in Nordrhein-Westfalen gar schon 35 cm erlaubt, wogegen in Bayern als Mindestmaß 60 cm gefordert wird. Tatsächlich wird der Lachs in der Regel frühestens bei 60 cm Länge geschlechtsreif, so daß also auch hier der Lachsnachwuchs herausgefangen wird, ohne daß er zur Fortpflanzung gekommen wäre (Schindler, 1953). Endlich ist auch die Menge der aus einem Gewässer entnommenen Fische nicht gleichgültig. Der jeweilige Besatz ist in ein harmonisches Gleichgewicht zur Größe des Gewässers und zum Angebot an Nahrung zu bringen. Raubfische sind entsprechend kurz zu halten. Fangmethoden, die der gesamten Lebewelt eines Gewässers gefährlich werden, wie die Verwendung von Giften oder von Dynamit, sind selbstverständlich strengstens abzulehnen. g) Energiewirtschaft Auf die starke Beeinträchtigung des ursprünglichen Landschaftsbildes durch Kraftwerkbauten war bereits hingewiesen worden. Die fortschreitende Industrialisierung und Elektrifizierung fordern diese Bauten. Sie sind in der Platzwahl von dem natürlichen Angebot abhängig, z. B. von Wasserfällen, Talschluchten, Seen mit anschließendem starkem Gefalle des Ausflusses. Die Stellen des Verbrauchs — Großstädte, Industriewerke, Bahnen — liegen aber oft in weiter Entfernung. Die gewonnene Energie muß also über Land geleitet werden.
Die idealste Lösung, die Verkabelung, ist nur selten durchführbar; sie ist — abgesehen von den technischen Schwierigkeiten — außerdem äußerst kostspielig. Als Folge davon sehen wir die hohen Masten in der Landschaft aufragen, die mit ihren Stromleitungen ein gut Teil der „Verdrahtung" unserer Heimat ausmachen. Schaltstationen, große und kleine Umspannwerke, beanspruchen weiteren Raum und können ebenfalls äußerst beeinträchtigend wirken. Wenn wir diese landschaftsfremden Gebilde nun auch leider ertragen müssen, so läßt sich doch eine Reihe von Grundforderungen stellen, deren Berücksichtigung mildernd wirkt. Die Stützen, Isolatoren und Querträger müssen technisch ausgeglichen und möglichst einwandfrei konstruiert sein, die Leitungen sollten in der Landschaft so geführt werden, daß besondere Anziehungspunkte umgangen werden oder daß sie nicht im Blickpunkt von schönen Landschaftsausschnitten liegen. Bei weitsichtiger Planung lassen sich Einzelleitungen vielleicht von vornherein zusammenlegen. Besonders störend wirken diese Fernleitungen, wenn sie an Baumgruppen oder schönen Einzelbäumen vorbeigeführt werden und häßliches Ausasten unvermeidlich wird. Dasselbe gilt für Telegraphen- und Fernsprechleitungen. Die noch immer wachsende Motorisierung vergrößert stetig den Bedarf an Treibstoffen. Neue Werke werden aus dem Boden wachsen, um den riesigen Bedarf zu decken. Wir wollen nur hoffen, daß bei der Ausgestaltung der neuen Werke und bei der Verteilung der Energie über das Land verantwortungsbewußte Männer tätig sind, die es verstehen, die Forschungsergebnisse der exakten Naturwissenschaften mit den Erkenntnissen der biologischen Forschung in Einklang zu bringen. h) Land- und Stadtplanung
Die unerhörten technischen Fortschritte der letzten hundert Jahre veränderten das Bild der heimatlichen Landschaft und gaben ihr ein neues Gepräge. Immer stärker wurde die biologische Wissenschaft auf den Plan gerufen, um dem Leben und seinen Anforderungen den nötigen Raum zu -erhalten und seine Entfaltungsmöglichkeit zu gewährleisten. Gleichzeitig wächst unaufhaltsam die Bevölkerungsdichte. Alle diese Menschen, durch das Schicksal bunt durcheinander gewürfelt, wollen untergebracht sein und wollen ihren Lebensunterhalt verdienen. Um dem Chaos zu entgehen, mußten Planungsbehörden gegründet werden. Daß ihre Arbeit außerordentlich schwer ist, wird jeder einsehen; ob die bisher eingeschlagenen Methoden immer die richtigen waren, muß die Zukunft zeigen. Am schwierigsten bleibt zweifellos die Beschaffung von Siedelland für den bäuerlichen Zuzug. Dieser Bevölkerungsdruck, verbunden mit dem gesteigerten Bedarf an Lebensmitteln, führte zu den schon oben geschilderten Kultivierungsarbeiten. Im Gegensatz zu den schönen malerischen Bildern unserer alten, in sich geschlossenen Kleinstädte und Dörfer entstanden die Streusiedlungen, die, auf dem Reißbrett geplant, in die meliorierten Flächen eingegliedert wurden. Hier gleicht ein Gut dem anderen; die vorausgehende Rodung hat allen Baum- und Heckenwuchs entfernt; Wind und Wetter können sich austoben. Wird der Boden den neuen Ansprüchen gewachsen sein und die Hoffnungen erfüllen, die der Siedler in seine Saat setzt? An anderen Stellen mußten sich neue Bauern in ein wohlgefügtes Ganze einschieben; sie mußten, von Haus und Hof vertrieben, von vorn anfangen und sich auf neue Arbeitsmethoden, den Anbau neuer Feldfrüchte oder auf früher nicht betriebene Viehzucht umstellen.
Aber auch die Stadt bietet kaum zu bewältigende Aufgaben. Viele Städte waren zerbombt; Kultur-, Geschäfts- und Wohnviertel waren und sind noch zum Teil zerstört. Die Ämter für Denkmalpflege standen vor der schwierigen Aufgabe, ihre niedergebrannten oder zerbombten Denkmale entweder gänzlich aufzugeben oder sie zunächst nur notdürftig vor dem vollkommenen Untergang zu retten oder aber sie nach modernen Gesichtspunkten zu renovieren. Die Anforderungen an historischen Takt sind groß; die Eingliederung in die entstehenden modernen Stadtviertel ist oft recht schwierig. Die Wohnungsämter der Großstädte kämpfen einen schier end-und aussichtslosen Kampf, Altansässige, zurückkehrende Evakuierte und Neuankömmlinge in dem viel zu geringen Wohnraum gerecht unterzubringen. Neue Wohnhaustypen werden geschaffen, der Siedlungskaserne muß aus vielerlei Gründen der Zweckmäßigkeit der Vorrang gegeben werden. Immer weiter drohen sich die Städte auszudehnen. An die alten geschlossenen Wohnviertel schließen sich moderne an. Ihre Häuser sollen möglichst frei im grünen Rasen stehen, die hohen Gitter um die lichtlosen Vorgärten alten Stils sollen wegfallen. Immer dringlicher wird die Lösung des Problems, ob die Menschenmassen in Kleinsiedlungen unterzubringen sind, die große Flächen an den Stadträndern verschlingen und neue Verkehrsprobleme entstehen lassen, oder ob zum Hochhaus übergegangen werden soll, in dem nach raffiniert ausgedachtem System Wohnungen, Lifts, Kaufläden, Wäschereien, Kindergärten, Kaffees, Gaststätten und Kinos unter einem Dach einzubauen sind. Zwischen die riesigen Wohnblöcke, die Tausende von Menschen aufnehmen sollen, wären Spielplätze und Parks als „Großstadtlungen" einzuschalten. Die großen
Verkehrswege, Zubringer- und Umgehungsstraßen sind weise zu projektieren. An die planenden Behörden und Unternehmer sind alle Forderungen zu stellen, die darin gipfeln, dem Menschen endlich ein ertragbares modernes Wohnen zu gestatten und ihm dabei noch ein Stück Natur zu erhalten oder rasch erreichbar zu machen. Wohnraumbedarf und Wohnungsangebot decken sich bei weitem nicht. Aus den schlimmsten Zeiten stammen noch die Schwarzbauten, die Elendsbaracken, die kümmerlichen Hütten, die sich an den Stadträndern häuften und deren Bewohner sie zum Teil aus Trägheit, zum Teil aus bitterster Not noch nicht aufgegeben haben. Sie verwandeln die Stadtränder zum Teil zu unsagbar häßlichen Bildern. i) Erholung und Erbauung Für uns Deutsche steht an erster Stelle die Erholung in der Natur; kaum ein Volk wandert so gern wie wir. Eine der ersten Aufgaben des Naturschutzes war es ja, diese Natur in all ihrem Reichtum für das Auge und für die Seele des Menschen zu erhalten. Eine Reihe von Gestaltungsaufgaben schließt sich hier an, die im wesentlichen mit der Wochenendbewegung, mit dem immer intensiver betriebenen Sommer- und Wintersport, mit der Reiselust und dem Erholungsbedürfnis der großen Massen in engem Zusammenhang stehen. Die Sportplätze sollen keine abgetretenen Schmutzflächen mit öden Bretterwandungen zwischen grauen Häuserwänden sein, sondern sich harmonisch in das Landschaftsbild eingliedern, möglichst im Grünen liegen und von ansprechenden, schattenspendenden Baumgruppen umstanden sein. Aus den Städten sollen Wanderwege ins Freie führen, die möglichst Abstand von den Autostraßen halten. In geschickter Weise sollen sie zu Aussichtspunkten oder biologisch und erdgeschichtlich
interessanten Stellen leiten und zugleich als Naturlehrpfade angelegt sein. Zur Entlastung der Hauptstraßen von den Radfahrern sind eigene Radfahrwege zu schaffen. Die Seeufer sind möglichst frei zu halten. Für die Badelustigen sind an geeigneten See- und Flußufern Badeanstalten zu errichten, die nicht als häßliche Bretterbuden die Landschaft verunzieren, sondern sich harmonisch einfügen, ohne das Gesamtbild zu stören. Durch die breite Kreise erfassende Motorisierung hat auch das Zelten einen größeren Umfang angenommen. Auf dem Motorrad und im Wagen läßt sich leicht eine große Menge von Gepäck transportieren. Um das wilde Zelten einzudämmen, sind Camping-Plätze zu schaffen, an denen Vorsorge für das Aufstellen von Zelten, für Brunnen, Feuerstellen, Abfallsammelplätze und Abortanlagen zu treffen ist. Bekannte Ausflugsziele sollen von den Zeltenden reingehalten werden und dürfen nicht mit Parkplätzen und Tankstellen verschandelt werden. Die Sehnsucht des Städters, sich auf dem Lande eine wenn auch noch so kleine Dauerwohnstätte zu schaffen, wo er sich von der Großstadt erholen und seinen Kindern ein Stück Natur zu eigen geben kann, ist durchaus verständlich. Leider führt aber die Erfüllung dieses Wunsches sehr oft zu einer Verriegelong der schönsten Landschaftsteile für die anderen, die sich kein Wochenendhaus leisten können. Zäune und Stacheldraht, Verbotsschilder und Privatwege verrammeln den Zugang zum See oder Fluß; die Häuser selbst, oft schlecht genug gebaut, zerreißen die Geschlossenheit des Landschaftsbildes. Unser Gebirge war von jeher für Erholungssuchende und Sportler ein Anziehungspunkt ersten Ranges. Heute, nur wenige Jahre nach dem Kriege, werden die Berge wieder
von Tausenden aus dem In- und Ausland aufgesucht. Neben den Stammgästen, die lange Zeit bleiben, finden sich kaum zählbare Massen Durchreisender ein, die zu Fuß, mit dem Rad, als Anhalter, mit dem Wagen oder mit dem Omnibus nur für Stunden oder nur für eine Nacht einkehren. An die Sommersaison schließt sich im Gebirge neuerdings die Wintersaison an, die für die Fremdenorte zuweilen noch einträglicher ist als die warme Jahreszeit. Mit dem gewaltigen Aufschwung des Skisportes werden neue Anforderungen gestellt. Die Sprungschanzen werden immer höher, die reinen Abfahrtshänge immer stärker bevölkert; Ski- und Sessellifte führen täglich Hunderte und Tausende auf die Höhe. Alle diese Einrichtungen, die der Erholung und dem Sporte dienen, sollen die gleichen Forderungen erfüllen, die wir schon so oft nannten: sie sollen die Landschaft nicht zerreißen, sondern sich harmonisch eingliedern: Sie sollen materialecht und gediegen sein, sich jeweils dem örtlichen Baustil anpassen, ohne kitschig zu wirken. Ehrfurcht. Ihre Umgebung soll ihrer würdig sein, Kultur und Natur sollen in engem Einklang stehen. Selbstverständlich soll bei jeder Neugestaltung auch das Althergebrachte, das Brauchtum, nicht vernachlässigt werden. Stätten der Erbauung, Kirchen, Kapellen, Marterln, Bergkreuze schmücken die Landschaft und geben ihr besondere Reize. Sie regen zum Nachdenken über unsere eigene Bedeutungslosigkeit an und erwecken Ehrfurcht. Ihre Umgebung soll ihrer würdig sein, Kultur und Natur sollen in engem Einklang stehen. k) Reinhaltung und Verschönerung des Landschaftsbildes Trotz allem Bemühen des Naturschutzes begegnen wir in
Stadt und Land noch einer großen Zahl von Verunstaltungen, die nicht aus den bisher geschilderten Erfordernissen der Wirtschaft oder Technik erwachsen, sondern ohne zwingende Gründe das Landschaftsbild schänden. Hier sei vor allem der Außenreklame gedacht, die an Wegen, Straßen und Autobahnen in riesigen Lettern Gasthöfe oder Waren anpreist und die vor allem die Brandmauern zu wahren Klagemauern stempelt. Erfreulicherweise ist es jetzt in Deutschland gelungen, diese verunstaltende Reklame — nicht zuletzt durch den kräftigen Nachdruck des Deutschen Naturschutzringes — weitgehend einzuschränken. Trotzdem dürfte auch jetzt noch ein Feldzug gegen die Unmengen bemalten Blechs und Holzes angebracht sein, die sich noch immer an Bäumen, in Wäldern, auf Wiesen und an Straßenmasten findet. Für einsam gelegene Gasthöfe oder Erholungsstätten lassen sich anständige Hinweisschilder auch in der Natur geschmackvoll und technisch einwandfrei anbringen. Unter allen Umständen ist aber zu vermeiden, lebende Bäume mit Schildern zu verunzieren. Um Bemalungen durch Schmierfinken vorzubeugen, wählt man besser einen schwarzen Grund und läßt die Schrift weiß erscheinen. Zu den Schandflecken in der Natur gehören weiterhin die Müll- und Schuttplätze, die vor allem dann entstehen, wenn von der Gemeinde nicht für eine regelmäßige Abfuhr gesorgt wird und der Hauseigentümer sich auf seine eigene Weise des Abfalls entledigt. An einer unserer schönsten Straßen entlang einem See werfen trotz allen Verwarnungen viele Grundstückseigentümer noch immer ihren Schutt in den gegenüberliegenden herrlichen Buchenwald; Papier- und Speisereste, zertrümmerte Klosettschüsseln und abgenutzte Matratzenfedern mischen
sich hier mit verrosteten Ofenrohren und entstellen den Wald aufs grausamste. W. Schoenichen hat in seinem kleinen „Sünden- und Sittenbuch für Jedermann" gute, mit scharfer Satire gewürzte Lehren für den „Umgang mit Mutter Grün" gegeben (1951). In Text und Bildern sind alle jene Unsitten angeprangert, die zu einer „Verrum-melung" und Verunstaltung der Natur führen, angefangen vom Nameneinschnitzen und vom Beschmieren von Bäumen, Wegweisern, Kapellen, vom Wegwerfen der Abfälle und Speisereste bis zum Blumen- und Pflanzenraub, vom Postkartenkitsch bis zum Stocknagelkult, von künstlichen Wasserfällen bis zum beutehungrigen Photographen, der seine Opfer gegen besonders romantisch wirkende Landschaftsausschnitte oder Kitschgemälde stellt. Wie oft wird ein Geschenk der Technik zur Unsitte in der Natur! Ich erlebte auf einem Alpengipfel, wie zwei junge Menschen in die Ferne und in den Himmel träumten und sich dabei aus einem kleinen Kofferapparat ein Symphoniekonzert der Philharmoniker anhörten. Die Größe und Schönheit der Natur verband sich hier mit der Erhabenheit der Musik. Wie entsetzlich aber, wenn keine Grenze gefunden wird und Jazz oder Sportberichte in aller Lautstärke und ohne Rücksicht auf den friedlichen Nachbar die Landschaft durchbrausen oder wenn das donnernde Geräusch von Motorbooten oder Krafträdern die Stille des Sees oder des Waldes zerstört. Auch hier erwartet der Naturschutz von jedem Einzelnen das richtige Verhalten und Taktgefühl. Endlich sei der vielen „Verschönerungen" gedacht, die aus einer hoffentlich endgültig vergangenen Zeit stammen und die der Anlockung der Fremden dienen sollten, aber nur Unwahrheit und Kitsch in die Natur trugen. Es sei nur an Geländer gedacht, die verschlungene Äste darstellen
wollten, aber aus Eisen gegossen waren, an künstliche Springbrunnen und Tropfsteinhöhlen, an Zinnenmauern, künstliche Burgruinen und an goldene Badenixen, die in der Tiefe klarer Seen ruhen. Oft genug stand hier der Naturschutz schon auf dem Kriegsfuß mit den sog. „Verschönerungsvereinen", die zwar das Gute wollten, es aber nicht konnten. Hier ist es ebenfalls Aufgabe des Naturschutzes, auch im Kleinen gestaltend einzugreifen und in Gärten, Kurparks, auf Friedhöfen, an Aussichtsund Rastplätzen Lösungen anzustreben, die sich harmonisch einfügen, ästhetisch befriedigen und das Orts- und Landschaftsbild bereichern. Die Mittel und Wege Der Staat Das Naturschutzrecht war zur Zeit seines Erlasses Reichsrecht, Nach Beendigung der Kampfhandlungen im Jahre 1945 wurden durch Befehle der Besatzungsmacht die ehemaligen Behörden und Dienststellen des Deutschen Reiches aufgelöst. Unter Vorbehalt der übergeordneten Machtbefugnis der Militärregierung erhielten die Länder volle gesetzgebende, richterliche und vollziehende Gewalt, soweit deren Ausübung nicht mit früher oder zukünftig getroffenen Maßnahmen des Kontrollrates für Deutschland oder einer von dieser errichteten zentralen deutschen Behörde in Widerspruch steht. Nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 8. Mai 1949 ist der Bund zuständig, Rahmenvorschriften für den Naturschutz und die Landschaftspflege zu erlassen. Das Naturschutzrecht ist auch nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes Landesrecht geblieben. Die Aufgaben der obersten Naturschutzbehörde sind deswegen nicht durch eine Bundeseinrichtung, sondern durch Behörden der Länder wahrzunehmen. In Bayern ist das Staatsministerium des
Innern die zuständige Behörde, in Hessen das Ministerium für Wirtschaft, in allen übrigen Ländern jeweils das Kultusministerium, und in Hamburg und Bremen sind Senatoren mit der Wahrnehmung der Naturschutzobliegenheiten betraut. Der obersten Naturschutzbehörde stehen als Berater Landesbeauftragte zur Seite. Innerhalb der Regierung als höherer Naturschutzbehörde ist der Regierungspräsident mit der Wahrnehmung der Naturschutzaufgaben betraut; ihm stehen Regierungsbeauftragte zur Seite. Als untere Naturschutzbehörden sind die Kreisverwaltungsbehörden oder die Landratsämter bestellt. Sie werden durch ehrenamtliche Kreisbeauftragte in ihrer Arbeit unterstützt. Neue Landesgesetze auf dem Gebiete des Natur- und Landschaftsschutzes sind bisher nicht ergangen. Das ehemalige Reichsnaturschutzgesetz ist unter Auslassung einiger für die Zeit seines Erlasses bezeichnender Eigentümlichkeiten in der Art eines Rahmengesetzes noch heute gültig. Die Durchführungsverordnungen und Naturschutzverordnungen zum Reichsnaturschutzgesetz wurden durch neue Verordnungen abgeändert und den jeweiligen landschaftlichen Verhältnissen angepaßt. Der früheren „Reichsstelle für Naturschutz" kann vom Bund in Naturschutzfragen keine vollziehende Befugnis zugestanden werden. Sie ist als „Bundesstelle für Naturschutz und Landschaftspflege" jetzt in Bonn untergebracht. Sie dient den Naturschutzbeauftragten als Berater in allen Fragen des erweiterten Naturschutzes. Außerdem gibt sie die „Zeitschrift für Naturschutz und Landschaftspflege" heraus. Die 1920 aus den Reihen des Alpenvereins gegründete „Bergwacht" ist jetzt dem Bayerischen Roten Kreuz angeschlossen. Sie hat sich mit ihren freiwilligen Helfern nicht nur als Retter von Menschenleben, sondern auch als
Schützer der Natur, im besonderen der Pflanzen unserer Berge, hervorragend bewährt. Auch Württemberg besitzt eine Bergwachtabteilung. Die Aufgabe der Naturschutzbehörden besteht zunächst darin, die Einhaltung der im Naturschutzgesetz enthaltenen Bestimmungen zu überwachen, weiterhin neue Verordnungen zu erlassen, die aber nie über den Rahmen des bestehenden Gesetzes hinausgehen können, neue Naturschutzgebiete einzurichten oder geeignete Objekte zu Naturdenkmalen oder Landschaftsschutzgebieten zu erklären. Eine weitere Aufgabe des Staates besteht darin, durch Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung exakte Unterlagen für strittige Fragen des Naturschutzes zu schaffen. Eine Reihe wissenschaftlicher Institute der Universitäten und Technischen Hochschulen sowie biologische, landwirtschaftliche und forstliche Versuchsanstalten widmen sich neben ihrer Lehr- und Beratungstätigkeit wissenschaftlichen Untersuchungen, die mit Rücksicht auf den Naturschutz für die Praxis und die Wirtschaft von größtem Wert sind. Neben der außerordentlich großen Bedeutung, die dem Naturschutz auf dem Gebiete der gesamten Wirtschaft zukommt, ist der Natur- und Heimatschutz aber auch eine ausgesprochen kulturelle Angelegenheit. Daß die Denkmale unserer Geschichte und Kultur erhalten werden müssen, wird jeder vernünftige Mensch anerkennen. Eine Reihe staatlicher Institute ist damit beauftragt. Wie stark aber unsere Natur bedroht ist und wie sehr wir täglich dabei sind, die Voraussetzungen zu zerstören, mit denen wir mit unserer ganzen Kultur nur existieren können, davon haben nur die Wenigsten eine Ahnung. Auch unter den Gebildeten gibt es noch weite Kreise, die gerne über
den Naturschutz die Nase rümpfen. Diese Leute darüber aufzuklären, daß die Natur nicht mit sich spaßen läßt, sondern daß sie — oft versteckt und langsam genug — sich schließlich furchtbar an uns rächen wird, ist ohne Zweifel auch eine Aufgabe des Staates. Für die angehenden Techniker, Hoch- und Tiefbauingenieure, für die Wasserbauer, die Biologen und Ärzte, die jungen Landwirte und Forstleute stehen dem Staate die Universitäten und Technischen Hochschulen zur Verfügung. An jeder dieser hohen Schulen müßte der Besuch einer Vorlesung über Naturschutz im Rahmen des Studium Generale zur Pflicht erhoben werden. An einer Reihe deutscher Hochschulen ist diese Forderung bereits erfüllt. Für die allgemeine Erwachsenenbildung steht die Volkshochschule zur Verfügung. Von allergrößter Wichtigkeit ist es aber ohne Zweifel, die heranwachsende Jugend zumindest innerhalb des naturwissenschaftlichen Unterrichtes mit der dringenden Notwendigkeit des Naturschutzes vertraut zu machen und sie zur Ehrfurcht vor den Geschöpfen der lebendigen Natur zu erziehen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Staat oft genug noch Sorge dafür zu tragen haben, daß die Lehrkräfte selbst über die nötigen Kenntnisse und die erforderliche Einsicht verfügen. Vielfach werden hierzu nur besondere Lehrgänge verhelfen, etwa in der Form, wie sie der Bund Naturschutz in Bayern in seiner „Lehr- und Forschungsstätte für Naturschutz" in Wartaweil am Ammersee durchführt. Die staatlichen Behörden erhalten hier in den an sich privaten Vereinen einen Helfer und Mitstreiter ersten Ranges. Die Vereine und der Deutsche Naturschutzring Wir hatten bei der Schilderung des "Weges, den die Idee des Natur- und Heimatschutzes seit ihren ersten Anfängen zurückgelegt hat, sehr bald gesehen, daß die private
Initiative eine bedeutende Rolle zu spielen begann. In gleicher Weise, wie innerhalb des Heimatschutzes Historische Vereine, Heimatvereine, Vereine für Orts- und Volkskunde sich der Denkmale und der Erhaltung der Volkskultur annahmen und die staatlichen Ämter unterstützten, schlössen sich auch bald Liebhaber der Natur zu Naturforschenden Gesellschaften, zu Bünden und Vereinigungen zusammen, die den Schutz der Natur zu ihrem Ziele wählten. Ihre Hauptaufgabe besteht zunächst darin, für eine Verbreitung des Naturschutzgedankens in der breiten Masse zu sorgen. Sie versuchen dieses Ziel durch Vorträge, Führungen und größere Exkursionen im In- und Ausland zu erreichen und halten die Verbindung mit ihren Mitgliedern durch Zeitschriften und Vereinsnachrichten aufrecht. Die Veröffentlichung solcher „Blätter" ist von größtem Werte, da sie für die Mitglieder die Freude am Einsatz für die Idee verstärken, Anregungen bringen, dem Erfahrungsaustausch dienen und viele Einzelheiten von archivarischem Wert enthalten. Der Zusammenschluß von Naturschützern zu Vereinen hat weiterhin den Vorteil, daß durch die Einnahme von Mitgliedsgeldern und die Anhäufung wenn auch kleiner Vermögen die Möglichkeit gegeben ist, besonders schützenswerte Gegenstände oder kleinere Gebiete durch Ankauf vor dem Untergang zu retten. Privater Ausbeutung kann damit ein Riegel vorgeschoben werden. Wenn es sich auch oft nur um Gebiete geringen Umfanges handelt, deren dauernder Schutz damit nicht unbedingt gewährleistet ist, so können doch aus diesen kleinen Anfängen größere Schutzgebiete erwachsen. Die vorbildliche Leistung des Vereins Naturschutzpark in Stuttgart hatten wir ja bereits erwähnt. Die Vereine bilden außerdem die Vermittler vom Einzelnen und seiner Anregung zur staatlichen Initiative.
Vielfach ist eine große Erfahrung erforderlich, um den richtigen Weg zur Befriedung eines zukünftigen Naturdenkmals oder zur Verhinderung eines Eingriffes zu gehen, eine Erfahrung, die vom Einzelnen nicht erwartet werden kann. Hier können dann die Ausschußmitglieder und Fachleute des Vereins beratend und fördernd eingreifen. Das Bedürfnis, eine-Sache zu schützen, erwächst aus der Beschäftigung mit ihr. Der beste Weg der Werbung für den Naturschutz war deswegen schon immer, die Liebe zur Natur zu vertiefen, möglichst vielen Menschen hierzu Gelegenheit zu geben und ihnen die Augen für die Wunder des Lebens zu öffnen. Steht dem Staate hierzu z. B. das Mittel des modernen naturwissenschaftlichen Museums zur Verfügung, so kann dies der Verein neben seinen Führungen und Exkursionen durch Kurse in der freien Natur erreichen. Hier ist der Verein Naturschutzpark mit den neuen deutschen Naturschutzparks in der Lüneburger Heide und in den Hohen Tauern und dann der „Bund Naturschutz in Bayern" zu nennen, der unter Aufopferung großer Mittel zwei biologische Stationen unterhält. Die „Biologische Station Seeon" ist im früheren Limnologischen Institut Prof. Dr. Wolterecks nördlich des Chiemsees in einer reizvollen Landschaft untergebracht, die mit ihren kleinen Seen verschiedensten Ursprungs einen Einblick in die Auswirkungen der Eiszeit gestattet. Die „Lehr- und Forschungsstätte für Naturschutz in Wartaweil am Ammersee (Stiftung Habersack)" verdankt ihre Entstehung dem großzügigen Entgegenkommen von General Ha-bersack und seiner Witwe, die das große Seegrundstück mit seinem natürlichen Park und ihr Haus dem Bunde Naturschutz durch Erbvertrag zu schenken gedenkt. Die weiträumige Landschaft des Ammersees, vor
allem seines Südufers, ermöglicht den Einblick in ein Gebiet, das durch menschlichen Eingriff weitgehend verändert ist, in großartiger Weise den Vorgang einer rasch fortschreitenden Verlandung zeigt und eine Vogelstätte ersten Ranges birgt. Die Station, bei deren Einrichtung und Führung sich vor allem die Zoologische Sammlung des Bayerischen Staates in München beteiligt, erlaubt die Bearbeitung vieler biologischer Probleme, die eng mit dem Naturschutz verknüpft sind, sowie die Abhaltung von Kursen, die vor allem von Lehrern der höheren Schulen und der Volksschulen besucht werden. Unter den Vereinen sind die „Schutzgemeinschaft deutsches Wild" und der „Verein zum Schütze der Alpenpflanzen und -tiere" zu nennen, die sich alpinen Naturschutzfragen widmen. Letzterer veröffentlicht ein mustergültiges Jahrbuch, das selbst wissenschaftliche Aufsätze hohen Ranges enthält und den Mitgliedern für einen geringen Jahresbeitrag überlassen wird. Endlich gibt es noch eine große Zahl von Vereinen, die zwar ihre Sonderziele haben, die den Naturschutz aber in ihren Interessenkreis einbeziehen und mehr oder weniger tatkräftig in seinem Sinne arbeiten. Hier sei nur an den Deutschen Alpenverein, an das Deutsche Jugendherbergswerk oder an die vielen Wandervereine, vor allem den Schwäbischen Albverein, gedacht. Eine große Reihe dieser Vereine, Bünde und Verbände schlössen sich im Deutschen Naturschutzring zusammen (Liste 4). Ohne in ihrer Selbständigkeit irgendwie berührt zu werden, bezwecken sie mit diesem Zusammenschluß eine Art von Schutz- und Trutzbündnis zur intensiveren Vertretung des Naturschutzgedankens. Der Arbeitskreis des Ringes besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten, drei Präsidialmitgliedern und einem Geschäftsführer, die
ihre Tätigkeit ehrenamtlich durchführen; die Verwaltungsausgaben werden durch freiwillige Zuschüsse der angeschlossenen Verbände gedeckt. Für alle Fragen, die mit dem Schütze unserer heimatlichen Gewässer in Zusammenhang stehen, wurde als parallele Organisation im Jahre 1951 die „Vereinigung Deutscher Gewässerschutz" gegründet. Der Einzelne Allen Bemühungen des Staates und der Vereine wird aber erst dann ein durchgreifender Erfolg beschieden sein, wenn die Kenntnis um die bittere Notwendigkeit eines Naturschutzes wirklich Gemeinbesitz aller Schichten des Volkes wird und wenn sich jeder Einzelne dessen bewußt ist, was er zerstören und was er erhalten kann. Ist das Gesetz und seine Durchführung eine Obliegenheit des Staates, so ist es Pflicht des Einzelnen, durch seine Einstellung und sein Verhalten an der Erhaltung unseres kostbaren Besitzes mitzuhelfen. Hier liegt das ethische Moment des Naturschutzes verankert. Wir dürfen in den gesetzlichen Verordnungen keine Verbote, sondern Hilfsund Schutzmaßnahmen für das bedrohte Leben erblicken, in den Naturschutzgebieten nicht Sperrzonen für einen kleinen Kreis Interessierter, sondern höchstpersönliches Eigentum, das für uns selbst, zu unserer Freude und Erbauung und zur Erreichung gemeinnütziger Zwecke eingerichtet ist. Vom Verhalten eines jeden hängt es ab, ob die uns umgebende „Natur als Volksgut und als Menschheitsgut" erhalten bleibt. Jeder Einzelne sollte aus dem Gefühl der Ehrfurcht sich mitverantwortlich fühlen, uns selbst, unseren Kindern und Kindeskindern das uns anvertraute Gut, das wir zu beherrschen glauben, zu erhalten. Wir sollten — jeder von uns — nun endlich Schluß machen mit dem törichten Pflanzenraub, mit dem sinnlosen Töten harmloser Tiere, mit der Verunreinigung
unserer schönsten Landschaften, mit dem Schreien und Lärmen in Gottes freier Natur, mit dem leichtsinnigen Feuermachen und den vielen Wanderunsitten, welche die Natur entweihen und entheiligen. Uns steht die gesamte Natur offener als je; wir können alle ihre Wunder genießen; so wollen wir sie auch schützen und erhalten. Und willst du über diese Einstellung hinaus noch ein Übriges tun, dann schließe dich deinem zuständigen Naturschutzbunde an, hilf mit deinem Scherflein, dir lieb gewordene Ausschnitte der Natur zu erhalten und die Männer zu unterstützen, die größtenteils ehrenamtlich, ohne jeden persönlichen Vorteil, sich für die Erreichung der hier gesteckten Ziele einsetzen, an denen du selbst von deiner Warte aus nur schwer mitarbeiten kannst. Der internationale Naturschutz Sünden an der Natur wurden zu allen Zeiten und von allen Völkern begangen. Wo einst reiche Fluren den Boden bedeckten, breiten sich heute Wüsten und Steppen aus, wo einst dichte Wälder rauschten, überzieht eine kümmerliche Vegetation die sonnengebrannten Felshänge, kaum, daß sie noch einigen Ziegen Nahrung gewähren; wo einst Millionen von Bisons weideten, herrscht heute Leere. Heute beginnen wir die Sünden und ihre Auswirkungen zu erkennen. Kaum ein Land der Erde kann heute seine Schätze an lebenden und toten Gütern der Natur noch blindlings ausbeuten. Je zivilisierter ein Land, je menschenreicher, um so dringlicher erschallt der Ruf nach Vernunft, nach Schutz und nach Pflege der anvertrauten Güter. Selbst in den weiten Steppen Afrikas oder Südamerikas, auf den Inseln Westindiens oder in den unermeßlich scheinenden Urwäldern des Kongo oder des Amazonas mußten die Regierungen Naturschutzmaßnahmen treffen. Auch hier versuchen staatliche Organisationen und private Verbände
nebeneinander das gemeinsame Ziel zu erreichen. In gleicher Weise aber, wie sich die drohenden Gefahren nicht an die Grenzen der Länder halten, werden auch die Schutzmaßnahmen einer gemeinsamen Lenkung und Abstimmung bedürfen. Die Austrocknung des Bodens scheint nicht nur einige wenige Landstriche, sondern die ganze Erde zu bedrohen. Viele Regierungen haben strenge Maßnahmen gegen diese Gefahr ergriffen. So hat — um nur einige Beispiele zu nennen — Italien ein eigenes Ministerium geschaffen, das im Kampfe gegen die fortschreitende Austrocknung und die damit zusammenhängende Erosion die Wiederaufforstung des Appenin und Siziliens betreibt. Die Vereinigten Staaten haben „Soll Conservation-" und „Soil Erosion-Services", Institutionen zur Erhaltung des Mutterbodens und zur Bekämpfung der Bodenerosion, gegründet. Die SowjetUnion erreichte durch die im Gange befindliche Aufstauung der Wolga, des Dnjepr und des Don sowie durch die Anlage von 44000 Teichen in den Dürregebieten Veränderungen im Landschaftsbild, im Bestand der Arten, der Biologie der Tiere und im Klima, Veränderungen, die sich zweifelsohne auf die Nachbarländer auswirken werden. Sicherlich wird bald die Zeit kommen, in der größere wie kleinere Maßnahmen des Naturschutzes in den verschiedenen Ländern aufeinander abgestimmt werden müssen. Denken wir hier nur einmal an ein Gesetz zum Schütze unserer Singvögel. Was nutzt es, wenn wir unter großen Kosten bei frühzeitigem Wintereinbruch Schwalben einfangen und mit Flugzeugen über die Alpen bringen, wenn sie anschließend am warmen Südrand der Alpen und in der Po-Ebene sofort von Vogelfängern weggefangen werden? In den großen Schilfwäldern des Mincio rund um Mantua werden die hier eingefallenen
und ermüdeten Schwalben in der Nacht bei Fackellicht zu Tausenden gleichsam von den Halmen gepflückt, und noch heute sind die Tische auf dem Marktplatz von Verona vollbeladen mit toten Singvögeln jeder Art. Im Bezirke Bergamo sind auch heute noch 1500 Vogelherde verstreut; 2000 Familien leben hier nach italienischen Angaben allein von der Vogeljagd. Endlich sei noch auf das Problem der ungeheuren Vermehrung der Menschheit hingewiesen. Trotz der Dezimierung durch Krieg und Unterernährung hat sich die Bevölkerung Westeuropas um elf Millionen hungriger Menschen vermehrt. Auf jeden Europäer kommt heute nur noch ein Drittel Hektar anbaufähigen Bodens; für einen angemessenen Lebens- und Ernährungsstandard müßte das Dreifache vorhanden sein. Das Ventil der Auswanderung ist in seinem Nutzeffekt sehr zweifelhaft geworden; denn wohin man auch Menschen verpflanzen möchte, so sitzen an den in Frage kommenden Stellen meist schon so viele, daß es sich kaum noch lohnt. Dank den unerhörten Fortschritten der Medizin, die heute Seuchen mit größtem Erfolg bekämpft und meist schon im Keim erstickt, sterben heute in den dicht besiedelten Gebieten der Erde, vor allem Asiens, weit weniger Menschen als früher. Parallel hierzu verläuft eine Verschiebung der Altersklassen der Menschheit. Waren z. B. in den Vereinigten Staaten im Jahre 1900 nur 4,1 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre oder älter, so stieg diese Zahl 1940 auf 6,8 Prozent; für 1955 wird sie auf 8,1 Prozent geschätzt. Werden die natürlichen Schätze der Erde ausreichen, alle diese Menschen mit ihren immer höher geschraubten Vorstellungen und Ansprüchen zu ernähren, zu kleiden, ihnen warme Wohnungen in der kalten Jahreszeit und einen ausreichenden Lebensstandard zu gewährleisten? Einsichtige Menschen haben schon längst eingesehen, daß
wir einmal gezwungen sein werden, hier weit über die Wünsche eines Volkes hinweg zu planen und zu handeln. Alle Technik wird uns nichts helfen, wenn es uns nicht gelingt, mit den Gaben der Natur weise umzugehen, Raubbau auf der ganzen Erde auszuschließen und gemeinsam zu planen und zu gestalten. Ein glücklicher Anfang ist zweifelsohne das Wiederaufleben der Tätigkeit der „Union Internationale pour la Protection de la Nature", einer Organisation, die auf den Erfahrungen der einzelnen Völker aufbaut und allen Bestrebungen des Naturschutzes internationale Hilfe angedeihen läßt. Beschränken wir unsern Blick einmal nur auf Gebiete, die uns nicht nur materielle Güter schenken, sondern vor allem ihrer einmaligen Schönheit und Größe wegen zur Erholungs- und Genesungslandschaft und zum sportlichen Tummelplatz der ganzen Welt geworden sind, so liegt uns Europäern der Schutz keines Gebietes wohl so am Herzen wie der Schutz unserer Alpen. Mag die Gründung eines „Vorbereitenden Ausschusses einer Internationalen Alpenkommission", die am 5. Mai 1952 in Rottach am Tegernsee vollzogen wurde, ein günstiges Vorzeichen im Kleinen sein für die Zusammenarbeit aller Völker im Großen, uns eine schöne Welt zu erhalten und zu gestalten, in der allem gesundem Leben Freiheit, Raum und Möglichkeit zu friedlicher Entfaltung gegeben ist. Liste l Vollkommen geschützte Pflanzenarten 1. Straußfarn (Struthiopteris germanica) _ .• > 2. Hirschzunge (Scolopendrium vulgäre) 3. Königsfarn (Osmunda regalis) 4. Federgras (Stipa pennata)
5. Türkenbund oder Goldwurz (Lilium Martagon) 6. Schachblume (Fritillaria meleagris) 7. Schwertel oder Siegwurz (Gladiolus), alle einheimischen Arten 8. Orchideen (Orchidaceae), alle einheimischen Arten: Alle Knabenkräuter, Frauenschuh, totes und weißes Waldvögelein, Kohlröserl oder Brändlein (Nigritella nigra); Fliegen-, Bienen-, Hummel- und Spinnenblume; Riemenzunge usw. 9. Pfingst- oder Felsennelke (Dianthus caesius) 10. Narzissen-Anemone oder Berghähnlein (Anemone narcissiflora) 11. Alpen-Anemone, Teufelsbart oder Petersbart (Anemone alpina), einschließlich ihrer gelben Abart A. sulphurea 12. Großes Windröschen (Anemone sllvestris) 13. Akelei (Aquilegia), alle einheimischen Arten 14. Kuhschelle oder Osterblume (Pulsatilla), alle einheimischen Arten 15. Frühlings-Adonis oder Teufelsauge (Adonis vernalis) 16. Weiße und gelbe Seerosen (Nymphaea und Nuphar), alle einheimischen Arten 17. Diptam (Dictamnus albus) 18. Seidelbast oder Steinröschen' (Daphne), alle einheimischen Arten 19. Stranddistel oder Seestrand-Mannstreu und Blaudistel oder Alpen-Mannstreu (Eryngium maritimum und E. alpinum) 20. Alpenveilchen (Cyclamen europaeum) 21. Aurikel, Gamsbleaml, Platenigl (Primula
auricula) und alle rotblühenden Arten der Gattung Primula 22. Gelber Fingerhut (Digitalis ambigua und D. lutea) 23. Enzian (Gentiana) folgender Arten: Stengelloser Enzian (Gentiana acaulis), mit den beiden Unterarten G. Clusii und G. Kochiana Gefranster Enzian (Gentiana ciliata) Lungen-Enzian (Gentiana pneumonanthe) Gelber Enzian (Gentiana lutea) Ungarischer Enzian (Gentiana purpurea) Punkt-Enzian (Gentiana punctata) • •'•> Schlauch-Enzian (Gentiana utriculosa) 24. Edelweiß (Leontopodium alpinum) 25. Edelrauten (Artemisia), alle Hochgebirgsarten 26. Alpenrose (Rhododendron), alle heimischen Arten 27. Blaue Schwertlilie (Iris sibirica) Liste 2 Teilweise geschützte Pflanzenarten 1. Maiglöckchen (Convallaria majalis) 2. Zweiblättriger Blaustern (Scilla bifolia) 3. Traubenhyazinthe (Muscari), alle einheimischen Arten 4. Gemeines Schneeglöckchen (Galantbus nivalis) 5. Großes Schneeglöckchen, Märzglöckchen, Märzenbecher (Leucoium vernum) 6. Grüne und Schwarze Nieswurz oder Christrose, Schneerose (Helle-borus viridis und H. niger) 7. Alle rosetten- und polsterbildende Arten der Gattungen: Leimkraut (Silene) Hauswurz (Sempervivum) Steinbrech (Saxifraga) Mannsschild (Andrasace) 8. Schlüsselblume, Himmelsschlüssel, Primel (Primula), alle nicht in der 1. Liste genannten Arten
Liste 3 Geschützte Tierarten I. Säugetiere 1. Igel (Erinaceus europaeus) 2. die Spitzmäuse (Soricidae), alle Arten, mit Ausnahme der Wasserspitzmaus (Neomys fodiens) ' 3. die Fledermäuse (Chiroptera), alle Arten 4. Siebenschläfer (Glis glis) 5. Haselmaus (Muscardinus avellanarius) 6. Baumschläfer (Dryomys nitedula' 7. Gartenschläfer (Eliomys quercinus) II. Kriechtiere, Reptilien 8. Sumpf-Schildkröte (Emys orbicularis) 9. Mauer-Eidechse (Lacerta m. muralis) , 10. Smaragd-Eidechse (Lacerta v. viridis) 11. Zaun-Eidechse (Lacerta a. agilis) 12. Berg-Eidechse (Lacerta vivipara) 13. Blindschleiche (Anguis fragilis) 14. Ringelnatter (Natrix n. natrix u. N. n. helvetica) 15. Würfelnatter (Natrix tessellata) 16. Schlingnatter oder Glatte Natter (Coronella a. austriaca) 17. Aesculapnatter (Elaphe l. longissima) III. Lurche, Amphibien 18. Feuersalamander (Salamandra s. salamandra u. S. s. quadrivirgata) 19. Alpensalamander (Salamandra atra) 20. Kröten und Unken, alle Arten der Gattungen Bufo, Alytes, Pelobates und Bombina
21. Laubfrosch (Hyla arborea) 22. Frösche, mit Ausnahme des Wasser- oder Teichfrosches (Rana escu-lenta) und des Gras- oder Taufrosches (Rana t. temporaria) IV. Kerbtiere, Insekten 23. Segelfalter (Papilio podalirius) . 24. Apollofalter (Parnassius-A.nen) 25. Hirschkäfer (Lucanus cervus) 26. Rote Waldameise (Formica rufa) 27. Wiener Nachtpfauenauge (Saturnia pyri) 28. Alpenbock (Rosalia alpina) 29. Puppenräuber (Calosoma sycophanta) 30. Pechschwarzer Wasserkäfer (Hydrous piceus)
Liste 4 Die im Deutschen Naturschutzring zusammengeschlossenen Verbände und Vereine. Stand vom 1. September 1952 Arbeitsgemeinschaft deutscher Landes- und Bezirksbeauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege, Egestorf Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen, Gelle Arbeitsgemeinschaft der Westdeutschen Vogelschutzwarten, Ludwigsburg Ausschuß zur Rettung des Laubwaldes im Deutschen Heimatbund, Hilchenbach Badischer Landesverein für Naturkunde und Naturschutz, Freiburg/Br. Bayerische Botanische Gesellschaft e. V., München Bayerisches Rotes Kreuz, Bergwacht, München Bergwacht-Abteilung Württemberg e. V., Stuttgart-Möhringen Biologische Gesellschaft für Aquarien- und Terrarienkunde, Essen Biologische Gesellschaft für das rheinisch-westfälische Industriegebiet, Essen-Werden Bremer Naturschutz-Gesellschaft e. V., Bremen Bund für Vogelschutz e. V., Giengen Bund Naturschutz in Bayern e. V., München Deutsche Botanische Gesellschaft e. V., Berlin-Dahlem Deutsche Dendrologische Gesellschaft, Darmstadt Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege e. V., Essen Deutsche Ornithologen-Gesellschaft e. V., Möggingen Deutscher Alpenverein, München Deutscher Falkenorden, Berghausen . Deutscher Jagdschutzverband, Bonn Deutscher Pappelverein e. V., Bonn
Deutsches Jugendherbergswerk Fichtelgebirgsverein e. V., Hof Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft, Stolzenau Hannoverscher Wander- und Gebirgsverein e. V., Hannover Isis Gesellschaft für biologische Aquarien- und Terrarienkunde e. V., München Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V., GarmischPartenkirchen Landesbund für Vogelschutz, Freiburg Landesfischereiverband e. V., München Mellumrat, Oldenburg Münchner Entomologische Gesellschaft e. V., München Nassauischer Verein für Naturkunde e. V., Wiesbaden Natur und Heimat e. V., Lübeck Naturforschende Gesellschaft, Augsburg Naturhistorische Gesellschaft Hannover, Hannover Naturhistorischer Verein der Rheinlande und Westfalen, Bonn Naturwacht e. V. Hamburg, Hamburg-Wohldorf Naturwissenschaftlicher Verein Karlsruhe e. V., Karlsruhe Naturwissenschaftlicher Verein Krefeld e. V., Krefeld Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein, Kiel Niedersächsischer Heimatbund Hannover e. V., Hannover Nord- und Westdeutscher Tierschutzbund, Hamburg Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur- und Heimatkunde, Oldenburg Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Hauptverband e. V., Koblenz Schutzgemeinschaft Deutsches Wild, München Schutzgemeinschaft für Hariksee, Schwalmtal und Netteseen, Brüggen
Schwäbischer Albverein e. V., Stuttgart Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine e. V., Stuttgart Verband Deutscher Sportfischer e. V., Hamburg Verein „Hannoversche Tier- und Naturfreunde", Hannover Verein Jordsand, Hamburg-Flottbek Verein für Naturkunde e. V., München Verein für Naturkunde Mannheim, Mannheim Verein Naturschutzpark e. V. Stuttgart, Stuttgart Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg, Stuttgart Vogelkundliche Beobachtungsstation „Untermain", Frankfurt-Fechenheim Vogelschutzstation Lüneburg-Kalkberg, LüneburgKalkberg Vogelwarte Helgoland, Wilhelmshaven Vogelwarte Radolfzell, Möggingen Volksbund Naturschutz e. V., Berlin Westfälischer Naturwissenschaftlicher Verein e. V., Münster/Westf. Literaturverzeichnis H. Conwentz, Die Gefährdung der Naturdenkmäler und Vorschläge zu Ihrer Erhaltung. 4. Aufl. Berlin 1911. W. Engelhardt, Faunistisch-ökologische Untersuchungen an Wasserinsekten an den südlichen Zuflüssen des Ammersees. Mitt. Münch. Entom. Ges. 41, 1951. T h. Haltenorth, Schützt die freilebende Tierwelt. Kosmos 47, 1951. W. H e 11 m i c h , Über die Besiedlungsdichte
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