Karl-Heinz Keldungs Norbert Arbeiter
Leitfaden für Bausachverständige
Aus dem Programm Bauwesen
Schiedsgerichtsordnu...
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Karl-Heinz Keldungs Norbert Arbeiter
Leitfaden für Bausachverständige
Aus dem Programm Bauwesen
Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen von W. Heiermann, A. Kullack und W. Bayer Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten von R. Oswald und R. Abel Baukosten bei Neu- und Umbauten von K. D. Siemon
Leitfaden für Bausachverständige von K.-H. Keldungs und N. Arbeiter Bausanierung von M. Stahr (Hrsg.) Hochbaukosten – Flächen – Rauminhalte von P. J. Fröhlich Nachtragsmanagement in der Baupraxis von U. Elwert und A. Flassak
vieweg
Karl-Heinz Keldungs Norbert Arbeiter
Leitfaden für Bausachverständige Rechtsgrundlagen – Gutachten – Haftung 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2003 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage April 2007 Alle Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Günter Schulz / Karina Danulat Der Vieweg Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vieweg.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Technische Redaktion: Annette Prenzer Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-528-11750-4
V
Vorwort Der Bedeutung der Sachverständigentätigkeit – vor allem im gerichtlichen Verfahren – werden sich die Rechtssuchenden und deren Rechtsanwälte immer mehr bewusst. Immer mehr Seminarveranstalter nehmen Seminare zum Sachverständigenbeweis in ihr Programm auf. Im Rahmen dieser Seminare, aber auch im Gedankenaustausch zwischen Richtern und Rechtsanwälten wird geschildert, dass nicht wenige Sachverständige der Aufgabe des technischen Beraters des Gerichts trotz hoher beruflicher Qualifikation nicht gewachsen sind. Es fehlt vielfach das Verständnis für die Denkweise der Juristen. Immer wieder führen Ungeschicklichkeiten der Sachverständigen im Umgang mit den Rechtsanwälten zu erfolgreichen Befangenheitsanträgen. Die Praxis beweist immer wieder, dass es nicht genügt, ein besonders qualifizierter Architekt, Bauingenieur oder Handwerker zu sein, um auch ein guter Sachverständiger zu sein. Dieses Buch hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch die Erfahrungen eines seit Jahrzehnten forensisch tätigen Sachverständigen und eines erfahrenen Richters aus dem Bausenat eines Oberlandesgerichts den Sachverständigen Ratschläge zu erteilen, wie sie ihre Tätigkeit bei Gericht erfolgreich wahrzunehmen imstande sind. In der nunmehr vorliegenden 2. Auflage sind neuere Entscheidungen zum Sachverständigenbeweis verwertet worden. Verwertet wurden auch Erfahrungen von Baujuristen und Sachverständigen aus der täglichen Zusammenarbeit. Aufgrund der Neueinführung des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) wurde der Abschnitt VII (Sachverständigenentschädigung) völlig überarbeitet. Zwar ist die Abschaffung der Fertigstellungsbescheinigung im geplanten „Forderungssicherungsgesetz“ beabsichtigt. Da das „Forderungssicherungsgesetz“ bei Erscheinen der 2. Auflage aber noch nicht in Kraft getreten ist, finden sich in dieser Auflage noch Ausführungen zur Fertigstellungsbescheinigung. Düsseldorf, März 2007 Karl-Heinz Keldungs Norbert Arbeiter
VI
Vorwort
Vorwort zur 1. Auflage In unserer schnelllebigen, hochtechnisierten Zeit ist das Spezialwissen der unterschiedlichsten Berufsgruppen so differenziert geworden, dass der „normale“ Bürger kaum oder nicht mehr in der Lage ist, richtige Entscheidungen zu treffen, die außerhalb seiner eigenen beruflichen Ausbildung oder seines allgemeinen täglichen Wirkungsbereiches liegen. Dies gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Geschäftsleute, juristische Personen, Firmen, Versicherungen, Gerichte und/oder Institutionen und Einrichtungen, die für unterschiedlichste Entscheidungen entsprechende Informationen benötigen. Aber auch Parlamente des Bundes oder der Länder befragen zur Meinungs- oder Entscheidungsbildung Sachverständige oder lassen sich von Sachverständigenkommissionen beraten. Die Fragen, die von Sachverständigen zu beantworten sind, sind so zahlreich, dass diese nicht im Einzelnen aufgeführt werden können. Der Leitfaden ist ein Werk für die Baubereiche bzw. die Aufgaben der Sachverständigen für das Bauwesen. Durch die Kombination zwischen einem lange Jahre im Baubereich tätigen Sachverständigen und einem erfahrenen Richter aus einem Bausenat soll vor allem die Arbeit aus der Sicht des Leistenden (Sachverständiger) und des Leistungsempfängers (Richter) beleuchtet werden. Das Schwergewicht der Ausführungen wird vor allem auf die gerichtliche Tätigkeit gelegt, ohne die anderen den Sachverständigen betreffenden Bereiche zu vernachlässigen. Die Sachverständigen, die die in diesem Buch enthaltenen Grundsätze und Ratschläge beherzigen, sollten sicher ihre Tätigkeit als Sachverständige bewältigen können. Sinn eines Leitfadens ist es nicht, in breiter Darstellung alle Probleme umfassend zu behandeln, sondern dem Nutzer eine schnelle Hilfe bei der Bewältigung seiner Aufgaben zu geben. Deshalb wurde der Umfang des Buches bewusst übersichtlich gehalten. Düsseldorf, März 2003 Karl-Heinz Keldungs Norbert Arbeiter
VII
Inhaltsverzeichnis
I. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung .................................................. 1 1. Sachverständigen-Bezeichnungen ........................................................................ 1 a) Die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen .......................... 1 b) Die amtlich anerkannten Sachverständigen .................................................... 2 c) Akkreditierte und zertifizierte Sachverständige ............................................... 2 d) Die selbst ernannten Sachverständigen .......................................................... 2 2. Voraussetzungen zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen .................................................................................................. 3 a) Vorbildung des Sachverständigen ................................................................... 4 b) Technische Kenntnisse des Sachverständigen ................................................ 4 c) Juristische Grundkenntnisse ............................................................................ 4 3. Das Prüfungsverfahren .......................................................................................... 5 a) Antragsverfahren .............................................................................................. 5 b) Bestellungsgrundlage ....................................................................................... 8 4. Grundpflichten ....................................................................................................... 8 a) Pflichtenkatalog nach § 407 a ZPO .................................................................. 8 b) Pflichtenkatalog nach der Sachverständigenordnung .................................... 8 aa) Pflicht zur unparteiischen Aufgabenerfüllung ......................................... 8 bb) Pflicht zur gewissenhaften Gutachtenerstattung .................................... 9 cc) Pflicht zur Unabhängigkeit ....................................................................... 9 dd) Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstattung ......................................... 9 ee) Schweigepflicht ....................................................................................... 10 ff) Pflicht zur Erstattung von Gutachten ..................................................... 10 gg) Fortbildungspflicht .................................................................................. 10 5. Kosten der öffentlichen Bestellung und Vereidigung .......................................... 11 6. Vereidigungsformeln ............................................................................................ 11 7. Werbung der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen .............. 12
II. Die Gutachtenformen .................................................................................. 15 1. Der Gerichtsauftrag ............................................................................................. 15 2. Der Privatauftrag ................................................................................................. 15 3. Die Gutachtenarten ............................................................................................. 16 a) Das Gerichtsgutachten ................................................................................... 16 b ) Das Gutachten im selbständigen Beweisverfahren ...................................... 16 c) Das Obergutachten ........................................................................................ 16 d) Das Schiedsgutachten .................................................................................... 17
VIII
4.
5. 6.
7.
Inhaltsverzeichnis
e) Das Gutachten im Schiedsgerichtsverfahren ................................................ 17 f) Das Gemeinschaftsgutachten ........................................................................ 18 g) Das Versicherungsgutachten ......................................................................... 18 h) Das Wertgutachten ......................................................................................... 18 i) Das Ergänzungsgutachten ............................................................................. 18 Das schriftliche Gutachten .................................................................................. 19 a) Angaben zum Deckblatt (Kurzform mit den notwendigen Angaben) ........ 20 b) Das schriftliche Gutachten sollte nach folgendem Aufbau gegliedert sein ............................................................................................... 20 aa) Inhaltsverzeichnis .................................................................................. 20 bb) Vorgeschichte .......................................................................................... 21 cc) Wiedergabe der Beweisfragen ................................................................ 21 dd) Ortstermin (e) ......................................................................................... 21 ee) Unterlagen (die zur Erstellung des Gutachtens vorliegen) ................... 21 ff) Lagebeschreibung ................................................................................... 21 gg) Beantwortung der Fragen des Beweisbeschlusses ................................ 21 hh) Zusammenfassung ................................................................................. 22 ii) Fotos ........................................................................................................ 23 jj) Anlagen ................................................................................................... 23 kk) Sonstiges ................................................................................................. 23 Das Gerichtsgutachten ........................................................................................ 24 Das Privatgutachten ............................................................................................ 25 a) Das schriftliche Gutachten ............................................................................. 25 b) Der Gutachtenauftrag .................................................................................... 26 c) Die Beratung ................................................................................................... 28 d) Die private Beweissicherung .......................................................................... 28 Das Versicherungsgutachten .............................................................................. 30 a) Allgemeines .................................................................................................... 30 b) Ausschlüsse bei Haftpflichtschäden .............................................................. 32 aa) Erfüllungsansprüche ............................................................................... 32 bb) Erweiterte gesetzliche Ansprüche .......................................................... 32 cc) Vertragsstrafen ........................................................................................ 32 dd) Überschreitung der Bauzeit sowie von Fristen und Terminen .............. 32 ee) Überschreitung ermittelter Maße oder Kosten, fehlerhafte Maße oder Kostenermittlung ................................................................. 33 ff) Auslandsschäden .................................................................................... 33 gg) Auftragserteilung in eigenem Namen .................................................... 33 hh) Versicherungsnehmer, die im selben Vertrag mit versichert sind ......... 33 c) Die Ladung ..................................................................................................... 33 d) Das Gutachten ................................................................................................ 34
Inhaltsverzeichnis
IX
e) Brandschäden ................................................................................................. 34 f) Die Bauleistungsversicherung (auch Bauwesenversicherung genannt) ...... 35 g) Allgemeiner Hinweis ...................................................................................... 36
III. Die gerichtliche Tätigkeit ............................................................................. 37 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Einleitung ............................................................................................................. 37 Die Auswahl des Sachverständigen .................................................................... 38 Persönliche Gutachtenerstattung ....................................................................... 41 Pflicht zur Gutachtenerstattung .......................................................................... 42 Gutachtenverweigerung ...................................................................................... 42 Die Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen ............................................. 43 a) Die Leitung des Sachverständigen durch das Gericht .................................. 43 b) Unverständlicher Beweisbeschluss ............................................................... 43 c) Missverhältnis zwischen dem Wert des Streitgegenstandes und den Kosten durch sachverständige Aufklärung .................................................... 45 d) Folgen eines unterlassenen Hinweises auf die den eingezahlten Vorschuss übersteigende Rechnung des Sachverständigen ........................ 45 e) Prüfung des geltend gemachten Anspruchs ................................................ 46 7. Der Einweisungstermin ...................................................................................... 46 8. Die Vorbereitung des Gutachtens ....................................................................... 48 a) Anforderung von Unterlagen, die nicht Gegenstand der Gerichtsakte sind ............................................................................................ 48 b) Urkunden im Besitz eines Dritten ................................................................ 49 9. Die Ortsbesichtigung .......................................................................................... 50 a) Forderung zur Teilnahme des Richters an der Ortsbesichtigung ................. 50 b) Die Vorbereitung der Ortsbesichtigung ........................................................ 52 c) Inhalt des Einladungsschreibens ................................................................... 52 d) Keine Kontaktaufnahme mit den Parteien vor der Ortsbesichtigung .......... 53 e) Keine Ortsbesichtigung ohne die Parteien .................................................... 53 f) Bauteilöffnungen ............................................................................................ 54 g) Betreten des Grundstücks eines Dritten ....................................................... 56 h) Laboruntersuchungen/Messungen ............................................................... 56 i) Durchführung der Ortsbesichtigung ............................................................. 57 aa) Zeitpunkt des Beginns ............................................................................ 57 bb) Hausrecht ................................................................................................ 57 cc) Abarbeiten des Beweisbeschlusses ........................................................ 58 dd) Vorläufige Erklärungen oder Einschätzungen ....................................... 58 ee) Erklärungen der Parteien während der Ortsbesichtigung ..................... 59 ff) Verweigerung erforderlicher Mitarbeit durch den Hausrechtsinhaber ................................................................................. 59
X
Inhaltsverzeichnis
gg) Verlassen der Örtlichkeit vor Beendigung der Ortsbesichtigung durch eine Partei .................................................................................... 60 hh) Vergleichsgespräche .............................................................................. 60 ii) Feststellung neuer Mängel ..................................................................... 62 jj) Beendigung der Ortsbesichtigung ......................................................... 63 10. Das schriftliche Gutachten ................................................................................. 64 11. Die ergänzende schriftliche Stellungnahme ...................................................... 66 12. Die mündliche Anhörung des Sachverständigen ............................................... 68 a) Die Vorbereitung der mündlichen Anhörung ................................................ 70 b) Der Anhörungstermin .................................................................................... 71 13. Sachverständigenbeeidigung .............................................................................. 74 14. Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit .................................... 75 15. Beweis durch Augenschein unter Hinzuziehung eines Sachverständigen ................................................................................................ 76 16. Der Sachverständige im Schiedsgerichtsverfahren ............................................ 78 17. Sachverständiger Zeuge ...................................................................................... 79 18. Sonstige Pflichten ............................................................................................... 80 19. Entziehung des Sachverständigenauftrags ........................................................ 81 20. Verschwiegenheitspflicht ..................................................................................... 82 21. Aufbewahrungspflicht ......................................................................................... 82
IV. Das selbständige Beweisverfahren .............................................................. 83 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Voraussetzungen ................................................................................................. 83 Zuständigkeit ....................................................................................................... 84 Inhalt des Antrages .............................................................................................. 84 Auswahl des Sachverständigen ........................................................................... 84 Inhalt des Beweisbeschlusses ............................................................................. 85 Ortsbesichtigung ................................................................................................. 85 Auswirkung des selbständigen Beweisverfahrens auf den Lauf der Verjährung ..................................................................................................... 86 Rechte des Antragsgegners ................................................................................. 87 Das schriftliche Gutachten .................................................................................. 87 Ende des selbständigen Beweisverfahrens ......................................................... 88 Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit .................................... 89
V. Der Sachverständige bei der Abnahme ....................................................... 91 1. 2. 3. 4.
Der Abnahmebegriff ............................................................................................ 91 Funktion des Sachverständigen als Helfer des Bauherrn .................................. 91 Funktion des Sachverständigen als Helfer beider Parteien ............................... 91 Das Schiedsgutachten ......................................................................................... 92
Inhaltsverzeichnis
XI
5. Die Fertigstellungsbescheinigung ....................................................................... 93 a) Gesetzeszweck ............................................................................................... 93 b) Die Fertigstellungsbescheinigung als Abnahmefiktion ................................ 93 c) Die Auswahl des Sachverständigen .............................................................. 94 d) Die Pflichten des Sachverständigen ............................................................. 94 e) Die Ortsbesichtigung ..................................................................................... 95 f) Pflichten des Bestellers .................................................................................. 97 g) Beweiskraft der sachverständigen Feststellungen ........................................ 98 h) Aufmaß und Stundenlohnabrechnung ......................................................... 99 i) Inhalt der Fertigstellungsbescheinigung ..................................................... 100
VI. Die Auswirkungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auf das gesetzliche Werkvertragsrecht ...................................................... 103 1. Die wichtigsten Unterscheidungen ................................................................... 104 a) Der Mangelbegriff nach altem Recht ........................................................... 104 b) Der Mangelbegriff nach neuem Recht ......................................................... 104 2. Die Rechte des Bestellers .................................................................................. 105 a) Nacherfüllung ............................................................................................... 105 b) Selbstvornahme ............................................................................................ 106 c) Rücktritt ....................................................................................................... 106 d) Minderung .................................................................................................... 106 aa) altes Recht ............................................................................................. 106 bb) neues Recht ........................................................................................... 107 cc) Berechnung der Minderung (§ 638 Abs. 3 BGB n.F.) .......................... 107 e) Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen .......................... 108 aa) Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (§ 280 BGB n. F.) ............... 108 bb) Schadensersatz aus § 281 BGB ............................................................. 108 cc) Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 284 BGB n. F.) ........................ 109
VII. Die Sachverständigenvergütung (Entschädigung) ................................... 111 VIII. Die Haftung des Sachverständigen ........................................................ 137 1. 2. 3. 4.
Rechtliche Einordnung des Sachverständigenvertrages ................................... 137 Ansprüche Dritter .............................................................................................. 139 Das neue Haftungsrecht ................................................................................... 139 Haftung aus einer fehlerhaften Fertigstellungsbescheinigung ........................ 141
IX. Anhang ........................................................................................................ 143 A. Begriffsbestimmung ............................................................................................ 143 B. Weitere Begriffsbestimmungen ......................................................................... 145
XII
Inhaltsverzeichnis
C. Baustoffe ............................................................................................................. 153 1. Schadstoffe .................................................................................................... 153 2. Pilze ............................................................................................................... 156
Stichwortverzeichnis ........................................................................................ 161
XIII
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis aaO ABN Abs. ABU a. F. Aufl. BayObLG BauR BB Beschl. BGBl. BGB BGH BGHZ BT-Drucksache bzw. CEN CENELEC DB DIN DVGW EG EGBGB EN e.V. ff. geänd. GewO GefStoffVO ggfls. HD HOAI
am angegebenen Ort Allgemeine Bedingungen für die Bauwesenversicherung von Gebäudeneubauten durch Auftraggeber Absatz Allgemeine Bedingungen für die Bauwesenversicherung von Unternehmerleistungen alter Fassung Auflage Bayrisches Oberstes Landesgericht Baurecht (Zeitschrift) Der Betriebsberater (Zeitschrift) Beschluss Bundesgesetzblatt Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Entscheidungssammlung) Bundestagsdrucksache beziehungsweise Europäisches Komitee für Normung Europäisches Komitee für elektronische Normung Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsches Institut für Normung e.V. (Deutsche Industrie-Norm) Bestimmungen des Deutschen Vereins des Gas- und Wasser-Faches Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Europäische Norm eingetragener Verein fortfolgende geändert Gewerbeordnung Gefahrstoffverordnung gegebenenfalls Harmonisierungsdokument Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
XIV
IBR Ifs inkl. iVm. JurBüro JMBl. KMF KostRspr. MDR Nds. Rpfl. n. F. NJW NJW-RR NZBau OLG OLGR PCP Rpfleger Rdnr. Rz. SGO Bau SO Bau sog. StGB StPO TRSG
TÜV u. a. u. ä. VDE VersR vgl. VOB/B z. B. ZfBR
Abkürzungsverzeichnis
Immobilie & Baurecht (Zeitschrift) Institut für Sachverständigenwesen e.V. inklusive in Verbindung mit Juristisches Büro (Zeitschrift) Justizministerialblatt (Zeitschrift) Künstliche Mineralfasern Kostenrechtsprechung (Entscheidungssammlung) Monatsschrift für Deutsches Recht Niedersächsischer Rechtspfleger (Zeitschrift) neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungsreport Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Oberlandesgericht Oberlandesgerichts-Report (Zeitschrift) Pentachlorpenol Der Rechtspfleger (Zeitschrift) Randnummer Randziffer Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen Schiedsordnung für das Bauwesen sogenannt Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Technische Regeln für Gefahrstoffe z. B. TRSG 519 = Asbest-, Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten Technischer Überwachungsverein unter anderem und ähnliches Verband Deutscher Elektrotechniker Versicherungsrecht (Zeitschrift) vergleiche Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (früher Verdingungsordnung für Bauleistungen) Teil B zum Beispiel Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht
XV
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis Auernhammer
Wertermittlung nach der Zielbaummethode - Verfahren zur Bestimmung von Wertminderungen bei Mängeln und Schäden - Aachener Bausachverständigentage 1978
Bayerlein
Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 3.Aufl., München 2002
Bleutge
Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 3. Aufl., Essen 1994
Jasper
Kompakthandbuch Immobilien, Düsseldorf 2001
Karczewski
Der Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften in VersR 2001, 1070 ff.
Kniffka -
Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen Neuregelung des Bauvertragsrechts und seine Folgen in ZfBR 2000, 227 ff.
Meyer/Höver/Bach
Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 21. Aufl., Köln, Berlin, Bonn, München 2000
Meyer/Höver/Beul
Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritter und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, Haymanns, 23. Aufl., Köln, Berlin, München 2005
Motzke
Die Fertigstellungs- und Abnahmebescheinigung des Sachverständigen nach dem Beschleunigungsgesetz in: Der Sachverständige, Heft 7-8/2000
Oswald/Abel
Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten bei Gebäuden, 3. Aufl., Vieweg Verlag, Wiesbaden 2005
XVI
Literaturverzeichnis
Weglage/Pawliczek
Die Vergütung der Sachverständigen, Vieweg Verlag, Wiesbaden 2005
Zangenmeister
Nutzwertanalyse in der Systemtechnik - eine Methodik zur multidimensionalen Bewertung und Auswertung von Projektalternativen, München 1994
Zöller
Zivilprozessordnung, 25. Aufl., Köln 2005
1
I. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung 1. Sachverständigen-Bezeichnungen Es gibt sehr unterschiedliche Bezeichnungen für Sachverständige, insbesondere auch deshalb, weil die Bezeichnung „Sachverständiger“ in keiner Form geschützt ist. Jeder kann sich als Sachverständiger bezeichnen, wenn er über einen überdurchschnittlichen Sachverstand verfügt. Die Einschätzung hierzu ist bei Sachverständigen, die nicht öffentlich bestellt, amtlich anerkannt oder akkreditiert bzw. zertifiziert sind, sehr unterschiedlich. Dies ist auch erkennbar an relativ fantasievollen Bezeichnungen der Selbsternennung, wie z. B. „Spezial-Sachverständiger“, „diplomierter Bausachverständiger“, „Sachverständiger für alle Baufragen“ usw. Eingebürgert haben sich Bezeichnungen, wie „anerkannter“ Sachverständiger, „öffentlich bestellter“ Sachverständiger, „vereidigter“ Sachverständiger, „TÜV- Sachverständiger“ u. a. Derzeit kann man die einzelnen Gruppierungen der Sachverständigen wie folgt unterteilen: – – – –
die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen die amtlich anerkannten Sachverständigen die akkreditierten und zertifizierten Sachverständigen die selbst ernannten Sachverständigen.
Unterschieden wird hierbei wie folgt: a) Die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen – werden nach § 36 GewO zertifiziert – werden vereidigt mit der Eides- oder Bekräftigungsformel, dass ihre Gutachten unparteiisch, unabhängig, gewissenhaft, weisungsfrei und persönlich erstattet werden – können bundesweit tätig werden – haben ihre Sachkenntnis durch Ablegung einer Prüfung vor einer Prüfungskommission (z. B. der Baukammer) nachgewiesen – sind in Gerichtsverfahren bevorzugt zur Gutachtenerstattung heranzuziehen – sind nach § 407 ZPO gesetzlich verpflichtet, Gutachten für Gerichte zu erstatten
2
I. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung
– sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und machen sich bei einer Verschwiegenheitspflichtverletzung nach § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB strafbar – genießen nach § 132 a Abs. 1 Nr. 3 StGB für die Zeit ihrer öffentlichen Bestellung einen gesetzlich geregelten Bezeichnungsschutz – verlieren ihre öffentliche Bestellung durch Widerruf, wenn sie straffällig werden, gegen den Pflichtenkatalog verstoßen oder die Altersgrenze von 68 bzw. 70 Jahren überschritten haben – unterliegen während der Zeit ihrer öffentlichen Bestellung einem umfangreichen Pflichtenkatalog gem. § 407 a ZPO mit entsprechender Kontrolle durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts b) Die amtlich anerkannten Sachverständigen – werden aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen in begrenzten Bereichen hoheitlich tätig, in denen sie Sicherheitsprüfungen durchführen, z.B. nach § 2 Abs. 2 a Gerätesicherheitsgesetz zur Überprüfung von Aufzugsanlagen, Druckbehältern und Ähnlichem – sind Angestellte von staatlich beliehenen Organisationen (TÜV/DEKRA u. a.). Sie können bei einer amtlichen Anerkennung auch als Einzelsachverständige tätig sein – sind nicht mehr hoheitlich tätig, sondern Sachverständige ohne amtliche Anerkennung, wenn sie private oder gerichtliche Gutachtenaufträge durchführen. c)
Akkreditierte und zertifizierte Sachverständige
– werden bestimmt nach der EN-Norm 45 013 (auch DIN-Norm) – werden als akkreditierte Stellen, auch Personen, zertifiziert, die dann als Prüfer oder Sachverständige unter bestimmten Voraussetzungen und nach bestimmten Vorgaben tätig werden dürfen – werden im sogenannten „regulierten Bereich“ auf gesetzlicher Grundlage im hoheitlichen Prüfbereich tätig – werden im sogenannten „nichtregulierten Bereich“ ohne gesetzliche Grundlage im privaten Gutachtenbereich tätig. d) Die selbst ernannten Sachverständigen – sind nicht unter die vorgenannten Gruppen einzuordnen und benötigen in ihrer Tätigkeit keine staatliche Bestellung oder behördliche Zulassung – haben keine hoheitliche Anerkennung
2. Voraussetzungen zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen
3
– unterliegen keiner gesetzlichen Kontrolle einer Behörde – unterliegen keinem gesetzlich geregelten Pflichtenkatalog – unterliegen, wie jeder Gewerbetreibende oder Freiberufler, den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften. Der Begriff Sachverständiger ist wie bereits erwähnt nicht gesetzlich geschützt. Jeder kann sich demzufolge Sachverständiger nennen und diese Bezeichnung, gegebenenfalls geschmückt mit zusätzlichen, selbst erfundenen, nicht geschützten Titeln, bereichern. Seit einiger Zeit sind Bestrebungen im Gange, dass sich selbst ernannte Sachverständige in Verbänden organisieren. Die die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vertretenden Organisationen bemühen sich zur Zeit, eine Änderung der Sachverständigenordnung, insbesondere der Sachverständigenzertifizierung, herbeizuführen.
2. Voraussetzungen zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen Im Jahre 1985 wurde von folgenden Spitzenverbänden Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Breite Straße 29, 11052 Berlin Bundesarchitektenkammer, Askanischer Platz 4, 10963 Berlin Bundesingenieurkammer, Kochstraße 22, 10969 Berlin Zentralverband des Deutschen Handwerks, Mohrenstraße 20 - 21, 10117 Berlin und weiteren Spitzenverbänden für alle Angelegenheiten öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger das Institut für Sachverständigenwesen e.V. (IfS), Gereonstraße 50, 50670 Köln gegründet. Von dem IfS wurden die „gemeinsamen Grundsätze für die öffentliche Bestellung und Tätigkeit von Sachverständigen“ herausgegeben.
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I. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung
In weiteren Informationsschriften wurden die „fachliche Bestellungsvoraussetzung auf diversen Sachgebieten ...“ veröffentlicht. Wegen der Unterschiedlichkeit und der Vielzahl der Sachgebiete im Bauwesen wurden spezielle fachliche Bestellungsvoraussetzungen formuliert. Als allgemeine fachliche Bestellungsvoraussetzung gilt: a)
Vorbildung des Sachverständigen
Vorausgesetzt wird ein abgeschlossenes Studium an einer technischen Universität (Hochschule) oder Fachhochschule für das Bestellungs-Sachgebiet. Dies ist z. B. für das Sachgebiet „Schäden an Gebäuden“ das Studium der Fachrichtung Architektur oder Bauingenieurwesen. Weiterhin ist der Nachweis einer selbständigen und qualifizierten Tätigkeit zu erbringen, z. B. über Planung, Ausschreibung und Bauleitung. Hieraus muss erkennbar sein, dass die Praxiskenntnis für die Tätigkeit eines Sachverständigen ermittelt wurde. Innerhalb eines Zeitraumes von ca. 2 Jahren sollte - zumindest nebenberuflich - eine Sachverständigentätigkeit für das zu bestellende Sachgebiet nachgewiesen werden. Der Sachverständige hat durch selbst erstellte Gutachten nachzuweisen, dass er die Fähigkeit besitzt, Sachfragen seines Sachgebietes klar und verständlich wiederzugeben. b) Technische Kenntnisse des Sachverständigen Die Grundkenntnisse des Sachverständigen sind in der Regel nach dem erfolgreichen Abschluss eines Studiums des Sachgebietes an einer Universität oder Fachhochschule nachgewiesen. Überdurchschnittliche Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Sachgebiet sind Voraussetzung und in einer Prüfung vor einem Fachgremium nachzuweisen. Dies gilt auch für die notwendigen Kenntnisse der für das Sachgebiet geltenden Regelwerke, fachbezogene Physik und Chemie, Materialkenntnisse, Konstruktionen, Kalkulationen, Baustelleneinrichtungen, Prüfungsmethoden, Beurteilungsverfahren zur Mängelfeststellung, Ermittlung von Minderwerten und Quotelung der Verantwortlichkeit aus technischer Sicht. c)
Juristische Grundkenntnisse
Der Sachverständige muss Grundkenntnisse besitzen und nachweisen über privates und öffentliches Baurecht, die Zivilprozessordnung, das Versicherungsrecht, das Schiedsgutachterverfahren, die VOB und spezielle Rechtskenntnisse
3. Das Prüfungsverfahren
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für sein Sachgebiet besitzen, z. B. den Kaufvertrag, den Dienstvertrag und den Werkvertrag, sowie die Gesetze zum Wohnungseigentum. Anmerkung: Besitzt der Sachverständige für die Erstattung eines Gutachtens keine oder nur unzureichende Kenntnisse über Spezialgebiete, so ist dies dem Auftraggeber des Gutachtens mitzuteilen. Handelt es sich dabei nur um einen einzelnen untergeordneten Punkt im Rahmen eines umfangreichen Gutachtens, kann in Abstimmung mit dem Auftraggeber des Gutachtens ein Spezialist für diese Frage eingeschaltet werden. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen erfolgt für das Baugewerbe unter anderem durch Industrie- und Handelskammern, Architektenkammern, Ingenieurkammern, Handwerkskammern und Baukammern des jeweils zuständigen Kammerbereiches. Von diesen Institutionen werden die Zulassungsbedingungen formuliert und auf Antrag Interessenten zugestellt.
3. Das Prüfungsverfahren Prüfungs-Institutionen haben im allgemeinen gleiche Grundlagen, weichen jedoch in Einzelheiten geringfügig voneinander ab. Beispielhaft wird das Prüfungsverfahren vorliegend anhand der Baukammer Berlin dargestellt. In der Verfahrensordnung für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen durch die Baukammer Berlin vom 28.10.1996 heißt es: a) Antragsverfahren – Die Geschäftsstelle der Baukammer Berlin übergibt und übersendet an Interessenten das „Merkblatt für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen durch die Baukammer Berlin“ und die jeweiligen fachlichen Bestellungsvoraussetzungen (die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen sind bezogen auf die jeweiligen Sachgebiete). – Bei konkretem Interesse an einer öffentlichen Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger ist eine persönliche Beratung des Interessenten durch den Sachverständigenausschuss der Baukammer Berlin erforderlich, in der das Vorliegen der geforderten Voraussetzungen hinsichtlich Vorbildung, Beruf und Sachverständigenpraxis sowie bereits erstatteter Gutachten besprochen wird (die zuvor einzureichenden Gutachten, die von dem
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I. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung
Gutachterausschuss geprüft werden, sollten bereits die besonderen Fachkenntnisse des zu Prüfenden beinhalten, insbesondere bezogen auf das Sachgebiet). – Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wird das Sachgebiet festgelegt und dem Interessenten nach dem Gespräch das Formular für den „Antrag auf öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger durch die Baukammer Berlin“ ausgehändigt. – Nach Abgabe des Antrages bei der Baukammer Berlin und Überprüfung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen durch die Geschäftsstelle der Baukammer Berlin werden die Bestellungsvoraussetzungen gemäß § 3 der Sachverständigenordnung vom Sachverständigenausschuss in Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle der Baukammer Berlin überprüft. – Bei Vorliegen der Bestellungsvoraussetzungen werden die eingereichten Gutachten zusammen mit dem beruflichen Werdegang des Antragstellers einem Mitglied des Sachverständigenausschusses der Baukammer Berlin zu einer ersten Beurteilung vorgelegt, um die Fähigkeit des Antragstellers, sein Fachwissen in Gutachtenform so darzustellen, dass die Ergebnisse auch für Laien nachvollziehbar sind, zu überprüfen. Die Gutachten sollten übersichtlich gegliedert und auch für einen Laien verständlich sein, sowie das überdurchschnittliche Fachwissen des Erstellers erkennen lassen. Grundsätzlich dürfen nur Gutachten eingereicht werden, die von dem zu Prüfenden selbst erstellt wurden. – Bei positivem Ergebnis dieser Beurteilung werden die Gutachten zusammen mit dem beruflichen Werdegang des Antragstellers einem unabhängigen Fachgremium, das auch bei einer anderen Kammer angesiedelt sein kann, zur Überprüfung der besonderen Sachkunde des Antragstellers auf dem beantragten Sachgebiet vorgelegt. Bei negativem Ergebnis der Gutachtenbeurteilung wird darüber in einer Sitzung des Sachverständigenausschusses der Baukammer beraten und dem Vorstand der Baukammer Berlin empfohlen, den Antrag zurückzustellen oder abzulehnen. Bei einer Zurückstellung des Antrags kann in der Regel nach einem Zeitraum von 2 Jahren erneut ein Antrag zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung gestellt werden. Es wird dringend empfohlen, das Fachwissen sowie die Artikulation des Gutachtens durch Seminarbesuche und/oder autodidaktisch entsprechend zu verbessern.
3. Das Prüfungsverfahren
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– Parallel zu den vorgenannten Punkten werden von der Geschäftsstelle der Baukammer Berlin Auskünfte aus dem zentralen Schuldnerverzeichnis, dem Verzeichnis des Insolvenzgerichtes, über Referenzen über die persönliche und fachliche Eignung eingeholt sowie ein Führungszeugnis angefordert und ausgeweitet. Im Bedarfsfall holt die Baukammer Berlin über die zuständige Verwaltung eine unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister ein. Bei negativem Ergebnis dieser Auskünfte wird darüber in einer Sitzung des Sachverständigenausschusses der Baukammer Berlin beraten und dem Vorstand der Baukammer Berlin empfohlen, den Antrag zurückzustellen oder abzulehnen. – Die Mitglieder des Fachgremiums zur Überprüfung der besonderen Sachkunde des Antragstellers beurteilen die Gutachten auf ihre fachliche Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit. Bei einstimmig negativem Ergebnis der Gutachtenüberprüfung wird der Antrag vom Vorstand der Baukammer Berlin abgelehnt, bei positiven oder unterschiedlichen Voten wird der Antragsteller von der geschäftsführenden Kammer des Fachgremiums zu einem Fachgespräch eingeladen. „Das Fachgespräch“ ist einer „mündlichen Prüfung“ gleichzustellen. Dem Prüfling wird dabei auch ein schriftliches Gutachten seines Fachgebietes abverlangt. – Bei negativem Ergebnis der Überprüfung der besonderen Sachkunde durch das Fachgremium wird der Antrag vom Vorstand der Baukammer Berlin abgelehnt, bei positivem Ergebnis wird der Antrag mit allen Antragsunterlagen einschließlich der Ergebnisse der zwischenzeitlich eingeholten Einkünfte dem Sachverständigenausschuss der Baukammer Berlin zur Entscheidung vorgelegt. – Über den in den Sachverständigenausschuss der Baukammer Berlin eingebrachten Antrag wird in einer Sitzung beraten. Die Mitglieder des Ausschusses empfehlen dem Vorstand der Baukammer Berlin entweder die öffentliche Bestellung des Antragstellers oder die Zurückstellung oder Ablehnung des Antrages. – Der Antragsteller, den die Mitglieder des Sachverständigenausschusses der Baukammer Berlin für die öffentliche Bestellung empfohlen haben, wird durch den Präsidenten der Kammer oder seinen Vertreter gemäß § 5 der Sachverständigenverordnung vereidigt. Die öffentliche Bestellung kann mit
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I. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung
Auflagen, z. B. hinsichtlich der Weiterbildung des Sachverständigen, verbunden werden. – Die Bestellungsurkunde, der Ausweis und der Rundstempel werden dem Sachverständigen von der Geschäftsstelle der Baukammer Berlin ausgehändigt. – Die Bekanntmachung der öffentlichen Bestellung des Sachverständigen gemäß § 7 der Sachverständigenverordnung wird von der Geschäftsstelle der Baukammer Berlin veranlasst. b) Bestellungsgrundlage Die öffentliche Bestellung erfolgt ausschließlich auf der Grundlage des § 36 GewO und der jeweiligen landesgesetzlichen Zuständigkeitsordnung. Da es in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Sachverständigenverordnungen gibt, liegen die eigentlichen Richtlinien einer Mustersachverständigenordnung des Deutschen Industrie- und Handelstages zugrunde, an die die öffentliche Bestellung und Vereidigung durchführenden Institutionen jedoch nicht gebunden sind. Darin heißt es u. a.: Der Sachverständige muss mindestens das 30. Lebensjahr vollendet und darf noch nicht das 62. Lebensjahr vollendet haben. Mit dem 68. Lebensjahr erlischt die öffentliche Bestellung. Sie kann auf Antrag jedoch einmal befristet verlängert werden.
4. Grundpflichten a) Pflichtenkatalog nach § 407 a ZPO Auf den Pflichtenkatalog nach § 407 a ZPO wird im Abschnitt „Die gerichtliche Tätigkeit“ eingegangen. b) Pflichtenkatalog nach der Sachverständigenordnung aa) Pflicht zur unparteiischen Aufgabenerfüllung Der Sachverständige hat bei der Erbringung seiner Leistung stets darauf zu achten, dass er sich nicht dem Vorwurf der Besorgnis der Befangenheit aussetzt. Er hat bei der Vorbereitung seines Gutachtens strikte Neutralität zu wahren, muss die gestellten Fragen objektiv und unvoreingenommen beantworten und darf mit dem Auftraggeber nicht freundschaftlich verbunden sein oder ihm in feindlicher
4. Grundpflichten
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Haltung gegenüber stehen. Auf Gründe, die geeignet sind, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, hat er den Auftraggeber unverzüglich hinzuweisen. Zur Ablehnung eines Sachverständigen genügt bereits der Anschein der Parteilichkeit. Daher darf der Sachverständige keine Gutachten in eigener Sache oder für Objekte oder Leistungen seines Dienstherrn oder Arbeitgebers erstatten. Gegenstände, die der Sachverständige im Rahmen seiner Sachverständigentätigkeit begutachtet hat, darf er nur erwerben oder zum Erwerb vermitteln, wenn er nach Gutachtenerstattung vom Auftraggeber ausdrücklich darum gebeten wird. bb) Pflicht zur gewissenhaften Gutachtenerstattung Der Sachverständige hat seine Aufträge unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der Wissenschaft, Technik und Erfahrung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Sachverständigen zu erledigen. Die Gutachten sind systematisch aufzubauen, übersichtlich zu gliedern, nachvollziehbar zu begründen und auf das Wesentliche zu konzentrieren. Kommen für die Beantwortung der gestellten Fragen mehrere Lösungen ernsthaft in Betracht, so hat der Sachverständige diese darzulegen und den Grad der Wahrscheinlichkeit gegeneinander abzuwägen. cc) Pflicht zur Unabhängigkeit Bei der Erbringung von Leistungen darf der Sachverständige keiner Einflussnahme ausgesetzt sein, die geeignet ist, seine tatsächlichen Feststellungen, Bewertungen oder Schlussfolgerungen so zu beeinflussen, dass die erforderliche Objektivität und Glaubwürdigkeit seiner Aussage nicht mehr gewährleistet ist. Insbesondere hat der Sachverständige darauf zu achten, dass er seine gutachterlichen Leistungen ohne Rücksicht auf das Auftragsvolumen oder auf die geschäftlichen Beziehungen zu einem einzelnen Auftraggeber (wirtschaftliche Unabhängigkeit) und auf Ergebniswünsche der Auftraggeber (persönliche Unabhängigkeit) erbringt. dd) Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstattung Der Sachverständige hat auch im privaten Bereich die von ihm angeforderten Leistungen unter Anwendung der ihm zuerkannten Sachkunde in eigener Person zu erbringen. Er darf Hilfskräfte nur zur Vorbereitung des Gutachtens und nur insoweit beschäftigen, als er ihre Mitarbeit ordnungsgemäß überwachen kann. Erstatten aufgrund eines entsprechenden Auftrags mehrere Sachverständige ein Gemeinschaftsgutachten, muss zweifelsfrei erkennbar sein, welcher Sach-
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I. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung
verständige für welche Teile, Feststellungen und Schlussfolgerungen verantwortlich ist. Übernimmt ein Sachverständiger Teile eines anderen Gutachtens, Feststellungen von Hilfskräften oder Untersuchungsergebnisse von Dritten, muss er dies im Gutachten kenntlich machen. ee) Schweigepflicht Dem Sachverständigen ist es untersagt, bei der Ausübung seiner Tätigkeit erlangte Kenntnisse Dritten unbefugt mitzuteilen oder zum Schaden anderer oder zu seinem oder zum Nutzen anderer unbefugt zu verwerten. Die Betonung liegt auf dem Wort „unbefugt“. Erstattet der Sachverständige beispielsweise in öffentlicher Gerichtsverhandlung sein Gutachten, darf er darüber auch Personen, die dort nicht zugegen waren, berichten. Inhalt und Ergebnis eines Gutachtens darf er in neutraler Form wissenschaftlich verwerten, wenn Rückschlüsse auf die Person des Auftraggebers und das begutachtete Objekt ausgeschlossen sind. Stellt der Sachverständige jedoch z. B. bei einem Ortstermin fest, dass Gefahr in Verzug ist, z. B. dass für ein Bauteil Einsturzgefahr besteht, muss er auf die Gefahr hinweisen und diese gegebenenfalls den Behörden melden. ff) Pflicht zur Erstattung von Gutachten Die öffentliche Bestellung verpflichtet den Sachverständigen, Gutachten für jedermann zu erstatten. In den gerichtlichen Verfahrensordnungen ist diese Pflicht ausdrücklich normiert. Liegen Verweigerungsgründe vor, muss der Sachverständige einen Antrag auf Entbindung vom gerichtlichen Auftrag stellen. Bei einem Privatauftrag besteht keine Pflicht zur Übernahme von Gutachtenaufträgen. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann der Sachverständige die gerichtliche Gutachtenerstattung verweigern. Solche wichtigen Gründe sind beispielsweise Krankheit, Überlastung oder ständige geschäftliche Beziehungen zu einer Partei. gg) Fortbildungspflicht Der Sachverständige muss sich auf dem Sachgebiet, für das er öffentlich bestellt und vereidigt ist, ständig fortbilden. Darüber hinaus hat er auch einen ständigen Erfahrungsaustausch mit Kollegen und einschlägigen Institutionen zu pflegen. Nur so ist er in der Lage, seinen Gutachten den jeweiligen neuesten Stand von Wissenschaft, Technik und Erfahrung zugrunde zu legen.
5. Kosten der öffentlichen Bestellung und Vereidigung
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5. Kosten der öffentlichen Bestellung und Vereidigung Zur Zeit gibt es keine einheitlichen Gebühren oder Kostenordnungen für die durch die Kammer entstehenden Kosten. Die Baukammer Berlin hat deshalb eine „vorläufige Kostenordnung für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen durch die Baukammer Berlin“ erstellt. Die Baukammer Berlin erhebt für die Inanspruchnahme des Sachverständigenausschusses und der Verwaltungseinrichtung der Baukammer bis zur endgültigen Festsetzung einer entsprechenden Gebührenordnung vorläufig folgende Beträge: – für die Bearbeitung des Antrags, einschließlich der Bestellung, Ausfertigung des Ausweises und Bereitstellung des Stempels, sowie der Bekanntmachung im Amtsblatt einen Pauschalbetrag von 511,29 EUR. Dieser Betrag wird im Falle der Nichtbestellung nicht erstattet. – für die Inanspruchnahme eines Fachgremiums zur Überprüfung der besonderen Sachkunde erhebt die Baukammer Berlin einen Vorschuss in Höhe von 1.533,88 EUR. Die endgültige Abrechnung der Kosten für die Überprüfung der besonderen Sachkunde erfolgt nach Aufwand. – für die Durchführung des Verfahrens nach § 6 der Verfahrensverordnung für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen durch die Baukammer Berlin wird ein Pauschalbetrag von 255,65 EUR erhoben. Die genannten Beträge werden vorläufig erhoben. Nach Erlass der Gebührenordnung werden diese Beträge mit den dann festgesetzten Gebühren verrechnet. Die Kosten der Prüfungsinstitutionen sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt und betragen derzeit ca. 800 EUR plus/minus 25 % für die Bestellungsgebühr und 900 – 3.850 EUR für den Auslagenersatz.
6. Vereidigungsformeln Bei der religiösen Vereidigungsformel wird dem Sachverständigen vom Präsidenten oder einem Bevollmächtigten des benennenden Institutes folgender Wortlaut vorgesprochen: „Sie schwören, dass sie die Aufgaben eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unabhängig, weisungsfrei, persönlich, gewissenhaft und unparteiisch erfüllen
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I. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung
und die von ihnen angeforderten Gutachten entsprechend nach bestem Wissen und Gewissen erstatten.“ Der Sachverständige antwortet hierauf: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“ Bei der Eidesleistung hebt der Sachverständige seine rechte Hand. Gibt der Sachverständige an, dass er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten will, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Verpflichtete hinzuweisen. Die Bekräftigung wird in folgender Form von dem Präsidenten oder einem Beauftragten des benennenden Instituts vorgesprochen: „Sie bekräftigen im Bewusstsein ihrer Verantwortung, dass sie die Aufgabe eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unabhängig, weisungsfrei, persönlich, gewissenhaft und unparteiisch erfüllen und die von ihnen angeforderten Gutachten entsprechend nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werden.“ Der Sachverständige erwidert hierauf: „Ich bekräftige es.“ Wird eine befristete Bestellung erneuert oder das Fachgebiet einer Bestellung geändert oder erweitert, so genügt statt der Eidesleistung die Bezugnahme auf den früher geleisteten Eid. Die Vereidigung durch das benennende Institut ist eine allgemeine Vereidigung im Sinne des § 79 Abs. 3 StPO, § 410 Abs. 2 ZPO.
7. Werbung der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen
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7. Werbung der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen In der Regel wird von der Institution, bei der der Sachverständige vereidigt wurde, auch die Bekanntmachung im Amtsblatt veranlasst. Der Sachverständige ist berechtigt, in seinem gesamten Schriftverkehr das Fachgebiet seiner öffentlichen Bestellung und Vereidigung anzugeben, ferner den Hinweis „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ sowie die Bezeichnung der Institution seiner Bestellung und Vereidigung. Die Werbung des öffentlich bestellten oder vereidigten Sachverständigen muss seiner besonderen Stellung und Verantwortung gerecht werden. Die berufsrechtlichen Gesetze für die Werbung der Architekten, Ingenieure und Rechtsanwälte sind zu beachten. Es wird davon ausgegangen, dass zukünftig Änderungen eintreten können.
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II. Die Gutachtenformen
Bei der Beauftragung der Sachverständigen zur Erstellung eines Gutachtens sind zu unterscheiden:
1. Der Gerichtsauftrag Der Sachverständige kann durch die Amts-, Land- und Oberlandesgerichte beauftragt werden. In den neuen Bundesländern traten ab dem 3.10.1990 die Amtsgerichte an die Stelle der Kreisgerichte. Bei den Landgerichten sind die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, zuständig für die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit diese nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind. Bei den Oberlandesgerichten entscheiden Senate über die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. In einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken (z. B. Düsseldorf, Hamm und München) gibt es Senate mit einer Spezialzuständigkeit für Werkvertragsrecht. Die Bauprozesse konzentrieren sich bei diesen Senaten. In Ausnahmefällen können Bausachverständige auch durch die Staatsanwaltschaft zur Erstellung von Gutachten beauftragt werden, z. B. bei Brandschäden, Unfällen durch nicht standfeste Bauteile oder zur Beurteilung von Geräten und Maschinen. Beauftragen Gerichte oder die Staatsanwaltschaft Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens, erfolgt die Vergütung nach dem Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen (JVEG).
2. Der Privatauftrag Erfolgt die Beauftragung des Sachverständigen für die Erstellung eines Gutachtens durch private Personen, wie z .B. Verbraucher, Firmen, Versicherungen, Geld- oder sonstige Institutionen, ist zunächst die Art, der Umfang und die zu erbringende Gutachtenleistung im Einzelnen abzustimmen. Während im Gerichtsgutachten, wie auch bei einem selbständigen Beweisverfahren, die zu beantwortenden Fragen bzw. der Leistungsumfang des Gutachtens vorgegeben wird, ist dies bei Privatgutachten in der Regel nicht der Fall. Aus diesem Grunde sind exakte Aufgabenbereiche des Gutachtenauftrages zu vereinbaren. Dies gilt auch für die Honorierung des Sachverständigen. Es gibt keine Gebührenordnung für Sachverständige, die im Privatauftrag tätig werden. Eine Ausnah-
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II. Die Gutachtenformen
me hiervon ist die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Um späteren Streitigkeiten bzgl. der zu erstattenden Kosten aus dem Wege zu gehen, ist es deshalb erforderlich, vor Auftragsübernahme eine Kostenvereinbarung zu treffen, die nach Stundensätzen, zeitwertabhängigen Gesamtpauschalen oder Prozentualsätzen geregelt werden sollte. Hinzu kommen Kosten für Hilfskräfte und Nebenkosten, wie Fahrtkosten, Abwesenheitsgelder, Schreib-, Fotokopier- und Telefonkosten, sowie Übernachtungsaufwendungen, Mehrwertsteuer usw. Wurde keine Vereinbarung über das Honorar getroffen, wird das Honorar nach § 632 BGB als das übliche und angemessene Honorar ermittelt. Kann ein übliches und angemessenes Honorar nicht festgestellt werden, wird die Vergütung nach § 319 BGB ermittelt bzw. festgestellt, d. h. die Leistungen werden durch Dritte nach billigem Ermessen bestimmt. Schließt der Sachverständige für die Erstellung eines Gutachtens einen Privatauftrag ab, unterliegt die Haftung gegenüber dem Auftraggeber anderen Voraussetzungen als bei einem Gerichtsauftrag. Der Sachverständige trägt für Fehler in seinem Gutachten die volle Haftung.
3. Die Gutachtenarten a)
Das Gerichtsgutachten
Hierzu erfolgen Ausführungen im Abschnitt „Die gerichtliche Tätigkeit“ b ) Das Gutachten im selbständigen Beweisverfahren Hierzu erfolgen Ausführungen im Abschnitt „Das selbständige Beweisverfahren“ c)
Das Obergutachten
Ein solches wird in der Regel von den Gerichten dann gefordert, wenn das oder die in einem Rechtsstreit eingebrachten Gutachten nicht überzeugen, bzw. fehlerhaft sind oder rechtsentscheidende Aussagen nicht enthalten. Obergutachten können auch dann von dem Gericht in Auftrag gegeben werden, wenn das Gericht oder/und die Parteien übereinstimmend die Nichtverwertbarkeit des vorliegenden Gutachtens erkennen bzw. vortragen.
3. Die Gutachtenarten
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d) Das Schiedsgutachten Gemäß § 317 BGB kann einem Dritten die Bestimmung einer Leistung überlassen werden. Im Zweifel ist anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist (§ 317 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dritte sind in diesen Fällen häufig Sachverständige. Streiten die Parteien beispielsweise ausschließlich um das Vorhandensein eines Mangels, dessen Ursache und die Verantwortlichkeit, liegt es nahe, einen unter Umständen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden und stattdessen einem qualifizierten Sachverständigen die Streitregelung zu übertragen. Er wird dann mit der Erstellung eines Schiedsgutachtens beauftragt. Dieses Gutachten ist für die Parteien verbindlich und entscheidet den Streit, es sei denn, es ist offenbar unrichtig (§ 319 BGB). Offenbar unrichtig ist ein Schiedsgutachten, wenn sich der Fehler dem sachkundigen und unbefangenen Beobachter aufdrängt. Offenbar unrichtig ist ein Schiedsgutachten auch, wenn die Feststellungen des Schiedsgutachters nicht nachprüfbar sind oder die Ausführungen so lückenhaft sind, dass selbst ein Fachmann das Ergebnis der gutachterlichen Feststellungen nicht überprüfen kann. Ist das Gutachten nicht offenbar unrichtig, ist das Gericht bei einer späteren Auseinandersetzung an die Tatsachenfeststellungen des Schiedsgutachters gebunden. Für das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit trägt die Partei die Darlegungs- und Beweislast, die sich darauf beruft. Eine besondere Form des Schiedsgutachtens enthält § 18 Nr. 3 VOB/B. Danach kann jede Vertragspartei bei Meinungsverschiedenheiten über die Eigenschaft von Stoffen und Bauteilen, für die allgemein gültige Prüfverfahren bestehen, und über die Zulässigkeit oder Zuverlässigkeit der bei der Prüfung verwendeten Maschinen oder angewendeten Prüfungsverfahren nach vorheriger Benachrichtigung der anderen Vertragspartei die materialtechnische Untersuchung durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Materialprüfungsstelle vornehmen lassen. Die Feststellungen dieser Materialprüfungsstelle sind verbindlich. Die dadurch verursachten Kosten trägt der unterliegende Teil (§ 18 Nr. 3 Satz 2 VOB/B). e) Das Gutachten im Schiedsgerichtsverfahren Hierzu erfolgen Ausführungen im Abschnitt „Die gerichtliche Tätigkeit“.
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f)
II. Die Gutachtenformen
Das Gemeinschaftsgutachten
Ein Gemeinschaftsgutachten wird dann erstellt, wenn die Parteien Streitigkeiten zu verschiedenen Sachgebieten haben, die durch einen Sachverständigen allein nicht gelöst werden können. Es obliegt den Parteien, Sachverständige zu benennen. Es ist auch möglich, dass ein Sachverständiger benannt wird und dieser weitere Sachverständige beauftragt. Dieser Sachverständige bleibt jedoch dann federführend. Das Gemeinschaftsgutachten wird nach den Regeln des beschriebenen Privatgutachtens erstellt. g) Das Versicherungsgutachten Die Vielzahl der Versicherungsarten lässt es nicht zu, diese im Einzelnen aufzuführen. Für Gutachten des „Baubereiches“ sind jedoch zu benennen: – – – – –
die Berufshaftpflichtversicherung die Sachversicherung die Bauleistungs- oder Bauwesenversicherung die Produkthaftpflichtversicherung die Brand-/Feuer-/Wasser-/Sturmversicherung
h) Das Wertgutachten Insbesondere von Geldinstituten werden Gutachten in Auftrag gegeben für Wertschätzung, Finanzierungen von Produktentwicklungen u. ä. i)
Das Ergänzungsgutachten
Ist ein in Auftrag gegebenes Gutachten nicht geeignet, alle strittigen Fragen zwischen den Parteien zu klären, kann von den Auftraggebern ein Ergänzungsgutachten beauftragt werden. Dies geschieht in der Regel dann, wenn in dem vorangegangenen Gutachten z. B. zunächst lediglich Fakten und Ursachen festgestellt wurden. Die Parteien können anschließend den Sachverständigen beauftragen, Fragen zum Beispiel zu Sanierungsvorschlägen, Kosten der Sanierung oder einem Minderwert zu beantworten. Auch hier gelten die Grundsätze wie bei dem Privatgutachten.
4. Das schriftliche Gutachten
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Alle vorgenannten Gutachtenarten müssen bestimmte Bedingungen erfüllen, um diese optimal erstellen zu können. Dazu sind jeweils die vertraglichen Bedingungen zwischen den Parteien (z. B. Versicherer und Versicherungsnehmer) zu beachten. Die einzelnen Gutachtenarten unterscheiden sich deshalb erheblich voneinander.
4. Das schriftliche Gutachten Dem Sachverständigen muss immer bewusst sein, dass seine Aussage zum Sachverhalt ebenso präzise sein muss, wie die daraus abgeleiteten Bewertungen bzw. Schlussfolgerungen. Übernimmt der Sachverständige Aussagen der Parteivertreter, so kann er diese nur bei Übereinstimmung in sein Gutachten einfließen lassen. Er ist jedoch verpflichtet, diese Aussagen als ihm zugetragene Parteiinformation erkennbar zu machen oder diese Aussagen selbst zu überprüfen. Wenn in dem Gutachten nicht erkennbar ist, dass eine Schlussfolgerung auf von dem Sachverständigen nicht überprüfter Annahme beruht, handelt der Sachverständige grob fahrlässig und muss damit rechnen, mit einem evtl. daraus entstehenden Schaden in Anspruch genommen zu werden. Die von dem Sachverständigen selbst ermittelten Tatsachen werden im Gutachten beschrieben. Beim Gerichtsgutachten sind die Ableitungen zur Beantwortung der Beschlussfrage in ihrer Folgerung nachvollziehbar darzustellen. Der Sachverständige hat auch anzugeben, welche Methoden und Hilfsmittel er einsetzt und ob die von ihm durchgeführten Untersuchungen so weit durchgeführt wurden, dass Fehlerquellen auszuschließen sind. Es ist nicht auszuschließen, dass selbst bei gewissenhaftester Untersuchung und der daraus gezogenen Schlussfolgerung dem Sachverständigen ein Fehler unterläuft. Dies muss nicht zwangsläufig zu einer Haftung des Sachverständigen führen, etwa dann nicht wenn z. B. durch technischen Fortschritt Untersuchungsmethoden entwickelt werden, die exakter und genauer sind und deshalb eine exaktere Bewertung ermöglichen. Deshalb ist es auch wichtig, dass der Sachverständige in seinem Gutachten die eingesetzten technischen Mittel beschreibt. Schlussfolgerungen müssen im Gutachten Schritt für Schritt nachvollziehbar und widerspruchsfrei sein. Stellt der Sachverständige bei seinen Feststellungen oder Schlussfolgerungen Widersprüche fest, sollte er diese aufgreifen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Dies führt dann zu einer größeren Überzeugungskraft des Gutachtens.
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II. Die Gutachtenformen
Verbleibende Unsicherheiten sollten deutlich benannt werden. Hilfreich ist es auch, den Unsicherheitsgrad auf das Gesamtergebnis anzugeben. Sofern durch die Beschlussfrage bei einem Gerichtsgutachten die Möglichkeit zu alternativen Auslegungen besteht, können, müssen jedoch nicht, diese in das Gutachten mit einbezogen werden. Ratsam ist dann die Kontaktaufnahme mit dem Gericht, um diesem die Möglichkeit zu geben, eine eventuelle Alternativlösung mit in das Urteil einarbeiten zu können. Sollte der Sachverständige die Ursache eines Schadens nicht feststellen können, so ist er verpflichtet, dies deutlich und unmissverständlich im Gutachten darzulegen. Jeder Sachverständige wird im Laufe der Zeit einen bestimmten Stil seiner Gutachten entwickeln. Dabei sollte jedoch der Aufbau seines Gutachtens unter folgenden Begriffen erstellt werden: a) – – – – – – – – – – –
Angaben zum Deckblatt (Kurzform mit den notwendigen Angaben) Firma- oder Büroangaben des Sachverständigen Ausfertigung (in geforderter Anzahl nummeriert) Überschrift (Gutachten, gutachterliche Stellungnahme o. ä.) Benennung des Auftraggebers (Gericht/Staatsanwaltschaft) und dessen Geschäftsnummer Angaben zu den Parteien/Antragsteller sowie deren Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte (Rechtsanwälte) der/die ggf. dem Verfahren beigetretenen Streithelfer sowie deren Prozessoder Verfahrensbevollmächtigte (Rechtsanwälte) die Geschäftsnummer das Auftragsdatum (gem. Beschluss vom ...) die Daten der durchgeführten Orts- bzw. Besprechungstermine der Inhalt des Gutachtens in Stichwortform mit genauer Angabe zur Örtlichkeit das Datum der Gutachtenerstellung
b) Das schriftliche Gutachten sollte nach folgendem Aufbau gegliedert sein aa) Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis hat den Vorteil, dass insbesondere bei vielseitigen Gutachten die jeweiligen gesuchten Stellen schneller auffindbar sind.
4. Das schriftliche Gutachten
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bb) Vorgeschichte Die Vorgeschichte ist mit genauen vollständigen Angaben des Beweisbeschlusses und der Parteien darzustellen. cc) Wiedergabe der Beweisfragen Diese sollten wörtlich aus dem Beweisbeschluss übernommen werden. Damit wird einem Leser des Gutachtens auch Kenntnis über den ihm evtl. nicht vorliegenden Beweisbeschluss gegeben. dd) Ortstermin (e) Die Daten der Ortstermine sollten mit Angaben zur Ladung und während der/ des Ortstermine (s) anwesenden Personen (Anwesenheitsliste) angegeben werden. ee) Unterlagen (die zur Erstellung des Gutachtens vorliegen) – Gerichtsakte mit Blatt und ggf. Anlagenbezeichnungen – die mit Zustimmung der Parteien während des Ortstermins übergebenen bzw. übersandten Unterlagen – die örtlich gefertigten Aufzeichnungen, Skizzen und Fotos; ggf. mit Hinweis auf Tonträger, soweit diese eingesetzt werden – Hinweise auf die verwendete Fachliteratur, Bestimmungen, Richtlinien usw. ff) Lagebeschreibung Die Beschreibung des Objektes ist zur Verdeutlichung des Lesers des Gutachtens, der nicht am Ortstermin teilgenommen hat und dem die Örtlichkeit nicht bekannt ist, notwendig. gg) Beantwortung der Fragen des Beweisbeschlusses – Vorbemerkung: Anzugeben sind die eingesetzten Geräte, ggf. Angaben über die Durchführung mehrerer Ortstermine oder sonstige Hinweise, wie z. B. Blockbeschreibung für die Beantwortung mehrerer Beschlussfragen bzw. Aufteilung in Teilfragen, jeweils zu den einzelnen Beweisbeschlussfragen.
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II. Die Gutachtenformen
eststellungen: – die örtlichen F Feststellungen: Zu den örtlichen Feststellungen gehören Angaben der örtlich gefertigten Fotos, Skizzen, Eintragungen in Zeichnungsunterlagen, Untersuchungs- und Messergebnisse – Ursache: Die Mangelursachen sind in nachvollziehbarer Beschreibung unter Zugrundelegung der Feststellungen darzustellen – Auswertung: Die Auswertungen der örtlichen Feststellungen sind in nachvollziehbarer Folgerung aus Feststellungen und Ursachen darzustellen – Sanierung: Im Gutachten müssen Hinweise enthalten sein, dass ggfls. verschiedene Sanierungsarten möglich sind. Diese können, sofern sie dem Beweisbeschluss nicht widersprechen, ebenfalls benannt/beschrieben werden. Es ist jedoch darauf zu achten, dass das Gutachten übersichtlich und seine Kosten wirtschaftlich bleiben. – Kosten der Sanierung: Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Kosten für eine Sanierung im Gutachten zu benennen, z. B.
– als geschätzte Kosten, wobei der Abweichungsgrad jedoch mit angegeben werden sollte – genauere Kostenermittlung durch entsprechende Kalkulation – Verwendung von Unternehmerangeboten, die nach einem vom Sachverständigen erstellten Leistungsverzeichnis bei mindestens 3 geeigneten Unternehmen eingeholt werden – Ermittlung der Sanierungskosten unter Zugrundelegung der Herstellerkosten des zu begutachtenden Werkes u. a. – verbleibender Minderwert – Wertsteigerungen hh) Zusammenfassung – Wiedergabe des Gutachteninhalts für eine „erste Orientierung“, ggf. gegliedert in die einzelnen Beweisbeschlussfragen – Kostenzusammenstellung
4. Das schriftliche Gutachten
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Als Schlusssatz kann der Hinweis erfolgen, dass das Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen erstellt wurde. Zu vermeiden ist der Hinweis auf den geleisteten Eid, weil hierdurch die Haftung zuungunsten des Sachverständigen verändert werden kann. Angegeben werden kann auch die Anzahl der Gutachtenausfertigungen. Abzuschließen ist das Gutachten mit Ort und Datum, Unterschrift, ggf. über einer Namensangabe in Maschinenschrift und Stempel sowie Angaben weiterer am Gutachten beteiligter Sachbearbeiter. ii) Fotos Zur Dokumentierung der Feststellungen sollten dem Gutachten Fotos beigefügt werden, die evtl. auch zwischen den bezogenen Texten in das Gutachten eingearbeitet werden können. jj) Anlagen Hierzu gehören: – Zeichnungen oder sonstige Skizzen zur Verdeutlichung der beschriebenen Feststellungen – Fotokopien der im Gutachten verwendeten Vorschriften, Bestimmungen, Arbeitsrichtlinien, soweit erforderlich, u. ä. – Gutachten oder Teile von Gutachten der in das Verfahren mit einbezogenen Sachverständigen Soweit Unterlagen von einer Partei als Anlage dem Gutachten beigeheftet werden, ist das Einverständnis aller Parteien zur Verwertung dieser Unterlagen einzuholen. Zweckmäßig geschieht dies bei dem/einem Ortstermin. Es ist deutlich kenntlich zu machen, von welcher Partei diese Anlagen übergeben wurden. kk) Sonstiges Jedes Gutachten muss geheftet, die Seiten nummeriert sein. Die Form der Gutachtengestaltung kann das „Markenzeichen“ des Sachverständigen werden.
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II. Die Gutachtenformen
5. Das Gerichtsgutachten Es gibt keine gesetzliche Regelung, in welcher Form oder in welchem Aufbau ein Gutachten zu erstellen ist. Damit ein Gutachten für Außenstehende nachvollziehbar ist, sind jedoch gewisse Regeln einzuhalten. So muss jedes Gutachten auch für Dritte durch genaue Beschreibungen nachvollziehbar sein bzgl. – der Örtlichkeit – Detailangaben der durchgeführten Untersuchungen – Erläuterung technischer Ausdrücke Deshalb sollten Fachausdrücke, nachdem sie einmal eingehend erläutert wurden, beibehalten werden (z. B. Abdichtungen, Leimbinder, Stahlbeton-Skelettbau). Gegebenenfalls ist dies durch Zeichnungen, Fotos oder sonstige Darstellungen zu verdeutlichen. Bei gerichtlichen Gutachten wird der Sachverständige als Helfer des Gerichts zur Erstellung eines mündlichen oder schriftlichen Gutachtens beauftragt, um dem Gericht technische, konstruktive, physikalische, chemische und sonstige Abläufe im Bauwesen zu erläutern. Verbunden mit örtlichen Feststellungen und Untersuchungen trägt der Sachverständige damit zur richterlichen Meinungs- und Urteilsbildung bei. Aus diesem Grunde sind Gerichtsgutachten äußerst gewissenhaft zu erstellen. Grundsätzlich sollte der Sachverständige bei der Erstellung des Gerichtsgutachtens keine juristischen Ausführungen in seine Gutachten mit einarbeiten. Es kommt durchaus vor, dass innerhalb eines Beweisbeschlusses, mit dem der Sachverständige zur Erstellung eines Gutachtens beauftragt wird, Fragen enthalten sind, die zum Teil oder in vollem Umfang nur juristisch beantwortet werden können. Bei solchen Fragen kann der Sachverständige nur seine technischen Erläuterungen beitragen. Es ist ausschließlich Aufgabe des Gerichts, diese von dem Sachverständigen vorgetragenen Darstellungen auszuwerten. Ein Gutachten, in dem juristische Fragen beantwortet werden, kann zur völligen Unverwertbarkeit führen. Die während des Ortstermins durchgeführten Untersuchungen sind nachvollziehbar darzustellen und zu beschreiben. Ferner müssen die Feststellungen auf eigene von dem Sachverständigen durchgeführte Untersuchungen zurückzuführen sein. Mutmaßungen oder bloße Annahmen sind in das Gutachten nicht mit einzubringen.
6. Das Privatgutachten
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Das Gerichtsgutachten wird in der Regel für die Entscheidung bzw. das Urteil in einem Zivilprozess benötigt. Es ist deshalb besonders darauf zu achten, dass durch den Sachverständigen keine Partei begünstigt wird. Ausforschungen sind ebenfalls unzulässig. Nicht ausreichend substantiierte Fragen darf der Sachverständige nicht beantworten. Beispiele hierfür sind: „Welche Partei haftet für den Mangel?“ oder „Entsprechen alle Betonkonstruktionen den einschlägigen DIN-Vorschriften?“ oder „Sind wirtschaftlichere Ausführungen möglich?“ Weitere Darlegungen zum Gerichtsgutachten erfolgen im Abschnitt „Die gerichtliche Tätigkeit“.
6. Das Privatgutachten a) Das schriftliche Gutachten Jeder Auftraggeber erwartet von einem privat beauftragten Sachverständigen eine überdurchschnittliche Sachkunde, Unabhängigkeit, Integrität und bei Angriffen gegen das Gutachten ein entsprechendes „Stehvermögen“. Wird der Sachverständige beauftragt, ein schriftliches Gutachten zu erstellen, verlässt sich der Auftraggeber darauf, dass ein von ihm festgestellter Mangel durch den Sachverständigen richtig bewertet wird in Ursache, Sanierung und Kosten der Sanierung. Das Gutachten soll dem Auftraggeber zu der Entscheidung verhelfen, in welcher Form er gegen den Schaden oder Mangelverursacher vorgehen kann. Er erwartet ferner, dass der Sachverständige ihm evtl. vorhandene Mängel aufzeigt, die der Auftraggeber noch nicht erkannt hat. Unterläuft dem Sachverständigen im Gutachten ein Fehler oder hat er einen Mangel nicht richtig eingeschätzt, kann der Auftraggeber ihn im Rahmen des Werkvertrages für die ihm entstandenen Kosten haftbar machen. An dieser Stelle wird deshalb nochmals darauf hingewiesen, dass der Vertrag zwischen dem Auftraggeber und
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II. Die Gutachtenformen
dem Sachverständigen sehr genau umrissen sein sollte, damit Streitigkeiten bereits im Vorfeld verhindert werden. Sollte der Sachverständige erkennen, dass der Auftraggeber ein „Gefälligkeitsgutachten“ erwartet, ist es dringend geboten, diesen Auftrag abzulehnen. Kommt der Sachverständige jedoch erst während seiner Tätigkeit zu dieser Erkenntnis, sollte er ebenfalls den Auftrag abbrechen und zurückgeben. Auftraggeber sind mitunter sehr kritisch und sehen in dem fertig gestellten Werk Mängel, die jedoch nach Anwendung einschlägiger Regelwerke nicht als Mangel bewertet werden können. Hier ist es die Aufgabe des Sachverständigen, dem Auftraggeber Zusammenhänge zu erklären, bzw. ihm zulässige Abweichungen zu erläutern. Ähnlich ist es, wenn zwischen dem Ausführenden und dem Auftraggeber nicht ausreichend präzisierte Vereinbarungen getroffen wurden. Zur Vermeidung eines Streites könnte deshalb der Sachverständige in einem gemeinsamen Gespräch mit dem Auftraggeber und dem/oder den Ausführenden streitverhindernd vermitteln. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, muss er das Ergebnis seiner Feststellungen und die Auswertungen in seinem Gutachten aufführen. Dabei gilt es, offene Grenzen handwerklicher Möglichkeiten und qualifizierte Unterschiede aufzuzeigen. b) Der Gutachtenauftrag Bei einem Gutachtenauftrag ist die Ladung anderer Parteien nicht zwingend erforderlich. Je nach Art des Gutachtens kann es jedoch ratsam sein, die an einem „Verfahren beteiligten Parteien“ mit einzuladen, damit diese ihre Argumente auch vortragen können. Dem Auftraggeber eines Privatgutachtens kann die Anwesenheit der beteiligten Parteien den Vorteil verschaffen, seine Ansichten zum Schaden gegebenenfalls nochmals zu überdenken. Der Ortstermin wird in gleicher Form durchgeführt wie beim gerichtlichen Verfahren. Der Sachverständige hat die Aufgabe, örtliche Feststellungen zu treffen. Dies muss gewissenhaft geschehen, damit gegebenenfalls das Gutachten auch in einem Rechtsstreit eingeführt werden kann. Es ist auch möglich, dass der Sachverständige als so genannter „sachverständiger Zeuge“ vor einem Gericht befragt wird. Je genauer der Sachverständige seine Untersuchungen „vor Ort“ durchgeführt hat, desto besser lassen sich „im Nachhinein“ auch seine daraus entwickelten Folgerungen zum Schaden nachvollziehen.
6. Das Privatgutachten
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Werden während des Ortstermins zerstörende Maßnahmen erforderlich, muss sich der Sachverständige ebenso wie beim gerichtlichen Verfahren von dem Eigentümer des zu untersuchenden Werkes die Zustimmung zu einer solchen Untersuchung geben lassen. Zuvor ist jedoch auch zu klären, wie gegebenenfalls die Wiederherstellung des zerstörten bzw. teilzerstörten Werkes durchzuführen ist und wer die dafür erforderlichen Kosten trägt. Bei den Auswertungen muss der Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar seine Gedanken wiedergeben. Es muss für eine während des Ortstermins nicht anwesende Person der Ablauf bis zur Schadensbewertung eindeutig nachvollziehbar sein. Dies gilt auch für die Beschreibung zur Sanierung. Gegebenenfalls sind auch mehrere Sanierungsarten möglich. Dem Auftraggeber ist dann die Entscheidung über die gewünschte Sanierungsart abzuverlangen. Sofern der Sachverständige aufgefordert wird, auch Sanierungskosten zu benennen, kann er dies in Form von Schätzkosten tun. Dabei sind evtl. entstehende prozentuale Abweichungen mit zu benennen. Die sicherere Methode, Kosten der Sanierung zu ermitteln, ist es, Unternehmerangebote einzuholen. Dazu sind jedoch die gewünschten Sanierungen exakt, z. B. in einem Leistungsverzeichnis, zu beschreiben. Sollte der Sachverständige während eines Ortstermins feststellen, dass am Werk seines Auftraggebers noch nicht erkannte Mängel vorhanden sind, so ist er verpflichtet, diese seinem Auftraggeber mitzuteilen. Die Form des Gutachtens kann, wie unter dem vorstehenden Abschnitt beschrieben, aufgebaut werden. Es ist jedoch nicht erforderlich, die „Beweisbeschlussfragen“ wiederzugeben, sondern lediglich den von bzw. mit dem Auftraggeber formulierten Gutachtenauftrag. Der Sachverständige übergibt, bzw. versendet sein Gutachten mit der Rechnung. Sofern er einen Vorschuss erhalten hat, ist dieser im Rechnungsbetrag zu berücksichtigen. Sollte der Sachverständige auch als Berater oder als sachverständiger Zeuge vor einem Gericht angehört werden, ist es ratsam, eine „ausgleichende“ Zahlungsvereinbarung mit dem Auftraggeber festzulegen. Bei Erscheinen des Sachverständigen als „sachverständiger Zeuge“ vor Gericht wird der Sachverständige nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen (JVEG) als Zeuge entschädigt. Diese Entschädigung ist bei weitem nicht kostendeckend. Aus diesem Grund ist es ratsam, auch hierüber eine Vereinbarung mit dem Auftraggeber zu treffen.
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c)
II. Die Gutachtenformen
Die Beratung
Wird der Sachverständige durch den Auftraggeber beauftragt, ihn mündlich zu beraten, ergibt sich hieraus die Rechtsform eines Dienstvertrages. Im Rahmen dieser Beratung kann der Sachverständige auch Sanierungsvorschläge unterbreiten. Es ist die Aufgabe des Sachverständigen, den Auftraggeber in allen bautechnischen Fragen so weit zu beraten, dass dieser eigenständig seine Entscheidung treffen kann. Die Beratung kann bereits vor Beginn und/oder während und/oder nach Fertigstellung der Baumaßnahme erfolgen. Die Beratung ist auch während des Rechtsstreits zwischen dem Auftraggeber und dem/den Werkhersteller/n möglich. d) Die private Beweissicherung Wird der Sachverständige mit einer „privaten Beweissicherung“ beauftragt, so wird er in einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis tätig. Dabei hat er den Zustand einer Sache oder eines Mangels festzustellen und diese gegebenenfalls auszuwerten. Erstellt er hierüber ein schriftliches Gutachten und wird dieses bei einem evtl. Rechtsstreit als Privatgutachten in den Rechtsstreit eingeführt, wird dies in der Regel vom Gericht als Parteivortrag gewertet. Der Sachverständige ist deshalb verpflichtet, seine Feststellungen genau zu beschreiben und gegebenenfalls durch Farbfotos zu dokumentieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn Beweise verloren gehen können. Der Sachverständige sollte aus diesem Grunde mit dem Auftraggeber den ihm übertragenen Auftrag in allen Einzelheiten besprechen, das Gesprächsergebnis schriftlich festhalten und anschließend als schriftlichen Auftrag bestätigen lassen. In diesen Gutachterauftrag sind außerdem evtl. Besonderheiten mit einzubeziehen, z. B. – präzise Beschreibung der Aufgabenstellung – Zweck des Gutachtens (etwa zur Vorlage bei einer Versicherung, zum Zweck einer Haftungsregelung, bei Geldinstituten zum Zwecke der Beleihung u. ä.) – Mitwirkungspflichten des Auftraggebers, z. B. Erteilung von Auskünften, Überlassung von Unterlagen – Pflichten des Sachverständigen – Urheberrecht an Gutachten – Haftung bzw. Haftungseinschränkungen – Umfang und Höhe des Honorars – evtl. Vorauszahlungen
6. Das Privatgutachten
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Der Sachverständige sollte einen Auftrag nicht übernehmen, wenn er sich befangen fühlt, nicht ausreichend über die geforderten Sachkenntnisse verfügt oder aus sonstigen Gründen das Gutachten angreifbar wird. Der Auftraggeber bestellt ein Gutachten zur Abwehr oder Geltendmachung von Ansprüchen. Ist aus dem Gutachten erkennbar, dass es sich um ein „Gefälligkeitsgutachten“ handelt, wird dies in der Regel nicht verwertbar sein. „Ein Sachverständiger, der Gefälligkeitsgutachten erstattet, ruiniert seinen Ruf.“ Durch einen mündlichen bzw. schriftlichen Auftrag geht der Sachverständige einen Werkvertrag mit dem Auftraggeber ein und haftet in vollem Umfang für Mängel aus dem Gutachten. Der Auftraggeber verlässt sich auf die Sachkenntnis des Sachverständigen und könnte, sofern sich eine fehlerhafte Beweissicherung später herausstellt, den Sachverständigen für die ihm dadurch entstandenen Nachteile haftbar machen. Bei der privaten Beweissicherung ist die dem Sachverständigen übertragene Aufgabe deshalb exakt zu beschreiben. Im Gegensatz zu dem gerichtlichen Auftrag kann dem Sachverständigen auch eine „Ausforschung“ übertragen werden. Der Sachverständige hat dann die Aufgabe, dem Auftraggeber alle Mängel oder Fehler aufzuzeigen und, sofern ihm diese Aufgabe übertragen würde, auch zu bewerten. Sofern „zerstörende Untersuchungen“ erforderlich werden, um Mängel prüfen zu können, sind diese Maßnahmen möglichst schon in den Gutachtenauftrag mit einzubeziehen. Ebenso ist vor Beginn der Untersuchung mit dem Auftraggeber abzustimmen, wer die Wiederherstellung veranlasst und die Kosten übernimmt. Ratsam ist es, dass der Sachverständige z. B. Bauteilöffnungen nicht in seinem Namen in Auftrag gibt oder diese selbst durchführt. Bei Beschädigungen nicht betroffener Bauteile haftet der Sachverständige in vollem Umfang. Wenn der Sachverständige erkennen kann, dass eine Gewährleistung innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit endet, ist er gehalten, dem Auftraggeber mitzuteilen, dass die private Beweissicherung die Gewährleistung nicht hemmt. Dem Auftraggeber wäre dann zu empfehlen, den Gewährleistungsgeber zu veranlassen, dass dieser auf die Einrede der Verjährung für einen angemessenen Zeitraum verzichtet. Ist der Gewährleistungsgeber dazu nicht bereit, kann die Gewährleistung nur noch durch ein selbständiges Beweisverfahren gehemmt werden.
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II. Die Gutachtenformen
Bei der privaten Beweissicherung kann der Auftraggeber den Sachverständigen auch, sofern er zur vorherigen Beweissicherung beauftragt war, als „sachverständigen Zeugen“ in den Prozess „einführen“. Der sachverständige Zeuge kann von der Gegenpartei nicht abgelehnt werden. Stellt der Sachverständige während der privaten Beweissicherung fest, dass Mängel oder Schäden nicht in sein Sachgebiet fallen, hat er umgehend den Auftraggeber aufzuklären und kann vorschlagen, dass von diesem gegebenenfalls ein weiterer für die Feststellungen und Bewertungen geeigneter Sachverständiger einzuschalten ist. Entgegen der gerichtlichen Beauftragung kann der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige die Beauftragung eines Privatgutachtens ohne Nennung von Gründen ablehnen. Nimmt er den Auftrag an, so ist dieser als Werkvertrag anzusehen. Wird der Sachverständige dagegen mit einer Betreuung oder einer Beratung beauftragt, so handelt es sich in der Regel um einen Dienstvertrag.
7. Das Versicherungsgutachten a) Allgemeines Der Leistungsbereich der Versicherer ist so umfassend, dass dieser nicht im Einzelnen aufgeführt werden kann. Aus der Vielzahl der möglichen Versicherungsarten sind zunächst die Bereiche der Haftpflichtversicherung und Sachversicherung hervorzuheben. Entsprechend den Versicherungsverträgen hat der Versicherer die Aufgabe, unberechtigte Forderungen Dritter abzuwehren und den Versicherungsnehmer in einem Rechtsstreit zu unterstützen. Haftet der Versicherungsnehmer nach den Vereinbarungen des Versicherungsvertrages, so hat der Versicherer auch ein eigenes Interesse, die Schadenskosten in wirtschaftlichem Umfang zu regulieren. Um die Aufgabe aber erfüllen zu können, benötigt der Versicherer geeignete Sachverständige. Der Sachverständige kann seine Aufgabe als Berater des Versicherers nur dann gut lösen, wenn ihm auch die Versicherungsvertragsgrundlagen bekannt sind. Es ist deshalb für den Sachverständigen wichtig, sich entsprechende Vertragsunterlagen zu beschaffen. In der Regel greifen die Versicherungsgesellschaften auf Sachverständige zurück, die sich „bewährt“ haben, d. h. dass die Gutachten:
7. Das Versicherungsgutachten
– – – – –
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kurzfristig erstellt werden klar und deutlich gegliedert sind die Örtlichkeit anschaulich beschreiben die Schadensursache beschreiben die Verantwortungsbereiche aus technischer Sicht darstellen
und Angaben enthalten zu – – – – – – – – – – – –
Auftraggeber und Parteien Schadens- und Versicherungsscheinnummer Ursachen zur Schadensbehebung/Wiederherstellung wirtschaftliche Schadensbehebung zu den Kosten der Schadensbeseitigung zur Bewertung des Zugewinns „neu für alt“ zu „Sowiesokosten“ zur Wertminderung bei nicht behebbaren Schäden zur Feststellung evtl. Nebenkosten zur Haftung der Beteiligten zur Mithaftung Dritter
Wichtig ist auch eine möglichst frühe Besichtigung der Schadensörtlichkeit, insbesondere im Bereich der Sachversicherung. Bei Feuerschäden ist es naheliegend, dass möglichst schnell die Beweissicherung des Schadensumfangs durchgeführt werden muss. Dazu sind dokumentierende Farbfotos zu fertigen, aus denen der Schadensumfang auch im Detail erkennbar ist. Gutachten sollten darüber hinaus, sofern dies möglich ist, alle Angaben über Daten enthalten, die zur Beurteilung des Versicherungsschutzes herangezogen werden können. Beispiel: „Wird mit der Errichtung eines Gebäudes begonnen, bevor die Baugenehmigung vorliegt, und enthält diese später Auflagen, gegen die bereits errichtete Bauteilausführungen verstoßen, wird in der Regel von den Versicherern kein Versicherungsschutz gewährt“.
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II. Die Gutachtenformen
Es ist deshalb wichtig, dass der Sachverständige die einschlägigen Ausschlussbestimmungen der Versicherungsverträge kennt. Zur Zeit werden insbesondere in Architekten- und Ingenieurverträgen erhebliche Veränderungen in den Versicherungsverträgen vorgenommen/vereinbart.
b) Ausschlüsse bei Haftpflichtschäden In den allgemeinen Haftpflichtversicherungsverträgen für Architekten und Ingenieure werden im Allgemeinen ausgeschlossen: aa) Erfüllungsansprüche Dies sind Leistungen, die Gegenstand eines Vertrages sind, wenn beispielsweise ein Schaden durch einen Fehler in der Tragwerksplanung entsteht und eine neue statische Berechnung für eine Schadensbeseitigung erforderlich wird. bb) Erweiterte gesetzliche Ansprüche Solche Ansprüche können auftreten, wenn der Versicherungsnehmer eine Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist vereinbart oder der Beginn der Verjährungsfrist hinausgeschoben wird. In diesen Fällen bleibt der Versicherer nur innerhalb der gesetzlichen Grenzen zur Erfüllung der Ansprüche verpflichtet. cc) Vertragsstrafen Sie schließen den Versicherungsschutz aus, wenn beispielsweise eine Vereinbarung von Vertragsstrafen in Verbindung mit Fristen und Terminen getroffen wird. dd) Überschreitung der Bauzeit sowie von Fristen und Terminen Ein solcher Vertragsausschluss wird nur dann wirksam, wenn der Versicherungsnehmer mit seinem Auftraggeber die Fertigstellung eines Werkes fest vereinbart, nicht jedoch, wenn die Bauzeitverzögerung z. B. durch den Versicherungsnehmer verschuldet wurde.
7. Das Versicherungsgutachten
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ee) Überschreitung ermittelter Maße oder Kosten, fehlerhafte Maße oder Kostenermittlung Diese beiden Ausschlüsse gehören inhaltlich zusammen. Sie sind verbindliche Vereinbarungen mit dem Auftraggeber über Kosten. Der Versicherer will damit der Manipulationsgefahr im kalkulatorischen Bereich entgegentreten. ff) Auslandsschäden Der Versicherer gewährt in der Regel nur Versicherungsschutz für Schäden, die der Versicherungsnehmer in Deutschland verursacht. Hier sind jedoch Bestrebungen im Gange, dass Versicherer Schäden auch europaweit (EG-Risiken) abdecken. Diese müssen zur Zeit noch besonders vereinbart werden. gg) Auftragserteilung in eigenem Namen Dieser Ausschluss gilt für Haftpflichtschäden, wenn der Versicherungsnehmer für sich selbst und in eigenem Namen Aufträge erteilt. Gleiches gilt für Haftpflichtschäden von Angehörigen des Versicherungsnehmers, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben und im Versicherungsvertrag mit versichert sind. hh) Versicherungsnehmer, die im selben Vertrag mit versichert sind Das sind alle in einem Vertrag benannten natürlichen oder juristischen Personen, eigene Firmen und sonstige, die zu dem Versicherten in wirtschaftlicher Abhängigkeit stehen. Durch den derzeitigen starken Wettbewerb der Versicherer ist es möglich, dass einzelne vorgenannte Ausschlüsse gestrichen werden. Möglicherweise sind auch weitere Ausschlüsse in den Verträgen festgeschrieben. Aus diesem Grunde ist es ratsam, sich als Sachverständiger mit den allgemeinen und den individuellen Versicherungsbedingungen vertraut zu machen. c)
Die Ladung
Je nach Art des zu fertigenden Gutachtens müssen alle betroffenen Parteien über den durchzuführenden Ortstermin informiert werden. Sofern eine Partei den Termin nicht wahrnehmen kann, sollte ein neuer Termin vereinbart werden. Die notwendigen Voraussetzungen für die Besichtigung der zu begutachtenden Bauteile sind zuvor abzustimmen.
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II. Die Gutachtenformen
d) Das Gutachten Soweit zum Schadenshergang, zur Schadensanalyse und zur Schadensursache im Gutachten Stellung genommen wird, gelten die Grundsätze wie bei den Privatgutachten. Von Bedeutung ist bei Versicherungsgutachten auch die Frage nach dem Haftenden. So kann der Versicherer gegebenenfalls bei mehreren Haftenden Regress nehmen, wenn er von dem Geschädigten (Anspruchsteller) gesamtschuldnerisch in Haftung genommen wird. Die Ermittlung der Haftungsanteile kann in einem Gutachten nur nach technischer Bewertung vorgeschlagen werden. Für eine endgültige Bewertung sind juristische Gesichtspunkte ausschlaggebend. Diese werden jedoch im allgemeinen bei Versicherungsgutachten durch Juristen des Versicherers eingeschätzt bzw. festgelegt. Versicherer sind Wirtschaftsunternehmen, die mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens überhöhte oder nicht berechtigte Kostenforderungen der Anspruchsteller abwehren müssen. Aus diesem Grunde sind evtl. von den Anspruchstellern vorgelegte Kostennachweise (z. B. Angebote/Rechnungen u. ä.) zu prüfen und gegebenenfalls nachzukalkulieren. Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen zu Baukosten, die zur Beantwortung von Kostenfragen herangezogen werden. e) Brandschäden Brandschäden fallen in den Bereich der Sachversicherung. Bei einem Brandgutachten ist es allgemein üblich, dass zwei Sachverständige gemeinsam ein Gutachten erarbeiten, wobei der eine Sachverständige den/die Anspruchsteller, der andere Sachverständige die Versicherer/Versicherungsnehmer vertritt. In einem Brandgutachten ist zunächst zu unterscheiden, ob zwischen dem Versicherer und den Versicherten ein Vertrag mit Neuwert oder Zeitwert vereinbart wurde. Soweit der Neuwert in dem Versicherungsvertrag vereinbart wurde, werden alle Kosten ersetzt, soweit diese zur Wiederherstellung des durch den Brand zerstörten Gebäudes erforderlich wurden. Auch solche Kosten, die zur Verhinderung einer Schadensvergrößerung beitragen (z. B. Löscharbeiten, sowie Aufräumungsarbeiten und Nebenkosten), werden mit ersetzt. Anders verhält es sich bei dem Vertrag nach Zeitwert. Dort werden die wertsteigernden (neu für alt) Wiederherstellungskosten, die Aufräum- und sonstigen Nebenkosten nur anteilsmäßig von dem Versicherer ersetzt. Sofern bei der Ursachenfeststellung auch der Verursacher des Brandschadens ermittelt werden kann, wird der Versicherer diesen in Regress nehmen. Hieraus
7. Das Versicherungsgutachten
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könnte ein Haftpflichtschaden werden, wenn beispielsweise ein Brandschaden durch Unachtsamkeit bei Schweißarbeiten entsteht. In einem Brandgutachten sind folgende Angaben erforderlich: – – – – – – – – –
Auftraggeber und Parteien Schadens- und Versicherungsscheinnummer Grund und Zweck des Gutachtens Grundlagen des Gutachtens örtliche Feststellungen Ursachenermittlung Folgerungen Bewertungen (Kostenermittlung, ggf. Zeitwertermittlung) Schlussbemerkung.
Sofern bei der Ursachenermittlung Dritte als Verursacher haften, sind die ermittelten Fakten aus Sachverständigensicht in das Gutachten mit aufzunehmen. Vermutungen dürfen nicht oder nur mit entsprechend deutlichem Hinweis geäußert werden. f)
Die Bauleistungsversicherung (auch Bauwesenversicherung genannt)
Durch eine Bauleistungsversicherung können vom Baubeginn bis zur Abnahme die Bauleistungen gegen unvorhergesehene Beschädigungen oder Zerstörungen versichert werden. Dabei kann Versicherungsnehmer sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer sein. Bei den Allgemeinen Bedingungen für die Bauwesenversicherung von Gebäudeneubauten durch Auftraggeber (ABN) sind Gegenstand der Versicherung die Bauleistungen, die Baustoffe und die Bauteile sowie einzubauende übliche Einrichtungsgegenstände. Diese Versicherung greift ein, wenn der Auftraggeber eine untergegangene Leistung vergüten muss, weil er dafür nach § 7 VOB/B die Gefahr trägt. Bei den Allgemeinen Bedingungen für die Bauwesenversicherung von Unternehmerleistungen (ABU) sind Gegenstand der Versicherung die Bauleistungen, Baustoffe, Bauteile und Bauhilfsstoffe. Hier greift die Versicherung ein, wenn dem Auftragnehmer ein Schaden infolge einer Beschädigung oder Zerstörung entsteht. Vielfach bezieht der Auftraggeber den Auftragnehmer durch Umlageklauseln anteilig in seine Versicherungsprämie ein. Grundsätzlich gilt, dass nach Abnahme bzw. Bezug des Gebäudes die Eintrittspflicht des Bauleistungsversicherers endet.
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II. Die Gutachtenformen
Gutachten für Bauleistungsversicherungen werden in „Kurzform“ erstellt. Darzustellen ist: – – – – – – –
Auftraggeber und Parteien Schadens- und Versicherungsscheinnummer der Sachverhalt des Schadens, ggfls. auch eines Unfalls örtliche Feststellungen die Voraussetzung des Versicherungsschutzes die Kosten zur Beseitigung des Schadens in detaillierter Aufstellung Zusammenfassung
Zur Schadensbeseitigung sind die an dem Bau beteiligten Firmen zu beauftragen, wobei die Einheitspreise ohne Wagnis und Gewinn in Ansatz gebracht werden. Auch hier können im sog. Sachverständigenverfahren von den jeweiligen Parteien, dem Anspruchsteller bzw. dem Versicherer, je ein Sachverständiger beauftragt werden, die dann gemeinsam den Umfang des Schadens und die Kosten zur Schadensbeseitigung feststellen. g) Allgemeiner Hinweis Generell gilt auch bei Versicherungsgutachten, dass in diesen, wie bei den Privatgutachten, – der Auftraggeber – die Auftragserteilung – der Auftragsumfang usw. benannt werden. Des Weiteren sind auf dem Deckblatt oder als Erstinformation im Versicherungsgutachten anzugeben: – – – – – – – –
Anspruchsteller Versicherungsnehmer Schadens- und Versicherungsscheinnummer Datum des Gutachtenauftrages Ortstermin (e) anwesende Personen Gegenstand des Gutachtens und bei Brandgutachten auf der ersten Seite der Neu- und Zeitwert.
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III. Die gerichtliche Tätigkeit 1. Einleitung Für die Rechtsuchenden ist der Sachverständige ein Beweismittel wie der Zeugenbeweis. Das wird schon dadurch deutlich, dass § 402 ZPO klarstellt, dass für den Beweis durch Sachverständige die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend gelten. Der Sachverständige hat über diese Stellung hinaus jedoch eine Funktion, die ihn von dem Zeugen unterscheidet. Während der Zeuge ausschließlich über Wahrgenommenes zu berichten hat, ist der Sachverständige der technische Berater des Gerichts. Er ersetzt den fehlenden technischen Sachverstand der Richter. Der Richter bedient sich zur Beurteilung technischer Zusammenhänge eines Experten, der für diese Beurteilung spezialisiert ist. Verfügt der Richter selbst über die notwendige Sachkunde, bedarf es der Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht, auch wenn die Parteien dies beantragen. In der technischen Beratung erschöpft sich aber auch die Tätigkeit des Sachverständigen. Es ist nicht seine Aufgabe, juristische Fragen zu lösen. Dafür ist der Richter Spezialist. Dennoch ist immer wieder festzustellen, dass Sachverständige sich auch juristisch äußern. Das gilt vor allem bei Fragen zur Minderung der Vergütung und bei baubetrieblichen Gutachten. Abgesehen davon, dass derartige Darlegungen vielfach falsch sind oder dazu führen, dass die Beweisfragen nur unzulänglich beantwortet werden, gibt es auch überhaupt keinen Bedarf für juristische Darlegungen von Sachverständigen. In juristischen Fragen ist der Sachverständige Amateur, der Richter Profi. Ein Profi bedarf zur Bewältigung der ihm übertragenen Aufgabe aber nicht der „Hilfe“ eines Amateurs. Die besondere Stellung des Sachverständigen als technischer Berater des technisch nicht versierten Richters hat zur Konsequenz, dass der Sachverständige gehalten ist, sich in Verfahrensfragen wie ein Richter zu verhalten. Der Sachverständige hat das von ihm geforderte Gutachten unparteiisch zu erstatten (§ 410 Abs. 1 ZPO). Er darf keine Feststellungen treffen, ohne beiden Parteien Gelegenheit zu geben, an diesen Feststellungen teilzunehmen. Der Sachverständige kann zudem aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden (§ 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diese Nähe zum Gericht hat nicht selten zur Folge, dass Richter gutachterliche Äußerungen von Sachverständigen ungeprüft übernehmen.
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
Das Vertrauen in die Fähigkeit eines Sachverständigen entbindet das Gericht jedoch nicht von seiner Aufgabe, auch Äußerungen zu technischen Zusammenhängen kritisch zu hinterfragen. Auch der erfahrene technische Berater kann ungenügende Feststellungen treffen, Festgestelltes unzulänglich bewerten oder sich missverständlich ausdrücken. Bei manchen Sachverständigen führt die Nähe zu Vertretern des eigenen Berufsstandes auch dazu, dass die Werkleistung nicht so kritisch untersucht wird wie es zur sachgerechten Beurteilung des Falles eigentlich erforderlich wäre. Der Sachverständige muss sich deshalb jederzeit im Klaren darüber sein, dass unsorgfältige Arbeit oder von Sympathie oder Antipathie beeinflusste Darlegungen dazu führen können, dass der Richter zu einem falschen Ergebnis und damit zu einem ungerechten Urteil kommt. Das würde dem von ihm geleisteten Eid widersprechen. Im Lichte dieser Prämisse ist die Tätigkeit des Sachverständigen vor Gericht zu beurteilen.
2. Die Auswahl des Sachverständigen Die Auswahl des Sachverständigen steht im Ermessen des Gerichts. Dieses Ermessen findet seine Grenze jedoch innerhalb der Fachrichtung des auszuwählenden Sachverständigen, d. h. es stellt einen Verfahrensfehler dar, wenn der Sachverständige einem Fachgebiet angehört, das zur Beantwortung der Beweisfrage nicht geeignet ist. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht gezwungen ist, bei der Beurteilung von handwerklichen Leistungen einen Sachverständigen aus der entsprechenden Fachrichtung zu beauftragen. Vielmehr kann es auch einen Architekten beauftragen, wenn er für Schäden an Gebäuden öffentlich bestellt und vereidigt ist, da die Architekten über die entsprechende Sachkunde verfügen müssen, um im Rahmen der Bauaufsicht handwerkliche Leistungen beaufsichtigen zu können. Das enthebt das Gericht nicht von seiner Aufgabe zu prüfen, für welches Fachgebiet der Architekt öffentlich bestellt und vereidigt worden ist. Öffentlich bestellte Sachverständige sollen bevorzugt herangezogen werden, da sie in aller Regel neben der besonderen Sachkunde auch forensische Erfahrung besitzen und zur Gutachtenerstattung verpflichtet sind (§ 407 ZPO). Das Ermessen des Gerichts bei der Auswahl des Sachverständigen findet seine Grenze, wenn sich die Parteien auf eine bestimmte Person als Sachverständigen geeinigt haben. In diesem Fall hat das Gericht gemäß § 404 Abs. 4 ZPO dieser Einigung Folge zu leisten.
2. Die Auswahl des Sachverständigen
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Um Streit über die Qualitäten eines Sachverständigen zu vermeiden oder in den Fällen, in denen bundesweit nur wenige Sachverständige über das notwendige Fachwissen verfügen, kann das Gericht die Parteien auffordern, Personen zu bezeichnen, die geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden (§ 404 Abs. 3 ZPO). Allerdings kommt es in derartigen Fällen nicht selten vor, dass Parteien den Vorschlag der jeweils anderen Partei ablehnen. Stellt sich innerhalb einer mündlichen Verhandlung die Frage der Beauftragung eines Sachverständigen, empfiehlt es sich, eine Einigung der Parteien über einen vom Gericht vorgeschlagenen Sachverständigen schon zu diesem Zeitpunkt zu erzielen, da in derartigen Fällen die notwendige Akzeptanz der gutachterlichen Feststellungen zu erwarten ist. Einigen sich die Parteien nicht auf einen Sachverständigen und schlagen sie auch keine geeigneten Personen vor, ist es wie dargelegt Aufgabe des Gerichts, den Sachverständigen auszuwählen. Das Gericht sollte dabei vorzugsweise Sachverständige auswählen, deren Fähigkeiten ihm aufgrund geleisteter bisheriger Gutachtenerstattungen bekannt sind. Dabei sollte der Sachverständige in der Vergangenheit nicht nur bewiesen haben, dass er über das notwendige Fachwissen verfügt, sondern er sollte auch gezeigt haben, dass er bei einer Befragung durch das Gericht und/oder die Parteien in der Lage ist, das von ihm gefundene Ergebnis zu verteidigen. Ein Sachverständiger, der bei seiner mündlichen Anhörung argumentativ nicht geeignet ist, seine getroffenen Feststellungen zu verteidigen, verunsichert das Gericht und die Parteien und entwertet damit seine schriftlichen Feststellungen, auch wenn sie wissenschaftlich fundiert sind. Der auszuwählende Sachverständige sollte in der Vergangenheit auch bewiesen haben, dass er in der Lage ist, sein Gutachten innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erstatten. Lange Prozesse kosten die Parteien Zeit, Geld und Nerven. Auch für die Rechtsanwälte stellen sie eine Belastung dar, da sie gezwungen sind, sich neu in die Materie einzuarbeiten, wenn zwischen mündlicher Verhandlung, Ortstermin und schriftlichem Gutachten zu viel Zeit vergeht. Dass sie zusätzlich auch gezwungen sind, ihre Mandanten ständig vertrösten zu müssen, liegt auf der Hand. Schließlich schaden lange Prozesse auch dem Ansehen der Justiz, da für den Rechtsuchenden vielfach nicht erkennbar ist, warum das Gericht innerhalb einer überschaubaren Zeit nicht zu einem Ergebnis kommt. Ein Sachverständiger, der mit den Vorbereitungen der Gutachtenerstellung nicht sofort beginnen kann, sollte das Gericht auf die zu erwartende Verzögerung
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
hinweisen. Einem Sachverständigen, der monatelang zeitlich nicht in der Lage ist, ein Gutachten zu erstellen, sollte der Auftrag wieder entzogen werden, es sei denn, er verfügt über ein so besonderes Fachwissen, dass die Suche nach einem gleichwertigen anderen Gutachter auch Monate in Anspruch nehmen würde. Abstand nehmen sollte das Gericht auch von der Beauftragung von Sachverständigen, die in der Vergangenheit bewiesen haben, dass ihnen die notwendige Sensibilität für diese Tätigkeit fehlt. Richter, die - was leider viel zu selten vorkommt - an Ortsterminen von Sachverständigen teilnehmen, sind mitunter entsetzt, in welchem Tonfall sich Sachverständige bei derartiger Gelegenheit äußern. Äußerungen wie „eine so schlechte handwerkliche Leistung habe ich noch nie gesehen“ oder die Antwort an eine Partei „Junge, erzähl' mir nichts“ begründen die Besorgnis der Befangenheit. Eine erfolgreiche Ablehnung eines Sachverständigen hat aber in der Regel zur Folge, dass sich der Prozess erheblich verzögert, da dann ein neuer Sachverständiger beauftragt werden muss. Auch wenn Sachverständige wiederholt eine mangelhafte Leistung eines bestimmten Handwerkers begutachtet haben, müssen sie sich immer wieder bewusst machen, dass sie sich unparteiisch zu verhalten haben. Ein Sachverständiger, der diese Gewähr nicht jederzeit bietet, ist ungeeignet. Ein dem Richter bisher unbekannter oder nur dem Namen nach bekannter Sachverständiger sollte erstmalig in einem Prozess beauftragt werden, in dem damit zu rechnen ist, dass mindestens eine Partei die mündliche Anhörung des Sachverständigen beantragt. So erhält das Gericht Gelegenheit, den Sachverständigen kennen zu lernen und festzustellen, ob er für den Einsatz bei Gericht uneingeschränkt geeignet ist. Von der Beauftragung eines Sachverständigen, der sich in einem vorangegangenen selbständigen Beweisverfahren die Kritik der Parteien zugezogen hat, sollte das Gericht Abstand nehmen, selbst wenn es der Auffassung ist, dass die Kritik unberechtigt ist, da die Beauftragung neuen Ärger hervorrufen wird und die Parteien alles daransetzen werden, die Ablösung des Sachverständigen zu erreichen. Dies sollte dem Sachverständigen erspart werden. Außerdem kostet der damit verbundene Schriftwechsel unnötige Zeit. Vor allem junge Richter lassen sich einen Sachverständigen vielfach durch die zuständige Industrie- und Handelskammer, Architekten-/Ingenieurkammer oder Handwerkskammer benennen. Dabei unterliegen sie nicht selten dem Irrtum, dass diese Institutionen besonders qualifizierte Sachverständige aus-
3. Persönliche Gutachtenerstattung
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wählen. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr sind diese Institutionen gehalten, unabhängig von den Fähigkeiten allen vereidigten Sachverständigen die Gelegenheit zu geben, bei Gericht tätig zu werden. Von den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern werden deshalb alle Sachverständigen gleich behandelt. Aus den dargelegten Gründen ist Mitgliedern von Spezialsenaten oder Spezialkammern zu empfehlen, Buch über die Qualitäten von Sachverständigen zu führen, um für die jeweilige Beweisfrage schnell geeignete Sachverständige zu finden.
3. Persönliche Gutachtenerstattung Der vom Gericht beauftragte Sachverständige hat das Gutachten selbst zu erstatten. Er darf den Gutachtenauftrag nicht innerhalb seines Büros oder an andere weitergeben (§ 407 a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Andernfalls würde das, was das Gericht bewogen hat, ihn als geeigneten Sachverständigen für die Beantwortung der Beweisfrage auszuwählen, ad absurdum geführt. Allerdings ist der Sachverständige berechtigt, für unterstützende Dienste Gehilfen einzusetzen. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn sie nach Weisung und unter Aufsicht des Sachverständigen eingesetzt werden. Der Ansicht des OLG Koblenz (vgl. IBR 2002, 586), es genüge, wenn der Sachverständige in derartigen Fällen das Gutachten mit „einverstanden aufgrund eigener Sachkunde und Urteilsfindung“ unterschreibe, kann nicht zugestimmt werden. Nach einer Entscheidung des Kammergerichts (vgl, IBR 2005, 612) verliert der gerichtlich beauftragte Sachverständige seinen Entschädigungsanspruch, wenn er nicht nur Hilfs- und Vorarbeiten, sondern die vollständige Begutachtung an einen Dritten delegiert und damit das Gutachten unverwertbar macht. Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass der Sachverständige nicht in der Lage ist, die Beweisfrage allein zu beantworten. Bei Bausachverständigen kann unter Umständen zur Beantwortung der Beweisfrage die Zuziehung eines Statikers erforderlich sein. Eine derart erforderliche Einbeziehung weiterer Sachverständiger ist zulässig, jedoch nur wenn dies mit dem Gericht abgestimmt worden ist (§ 407 a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Denn das Gericht und die Parteien müssen erkennen können, in welchem Umfang sachverständige Feststellungen eigenem Wissen des Sachverständigen entspringen und in welchem Umfang er auf das Fachwissen eines anderen zurückgreifen musste. Im Übrigen bedeutet die Hinzuzie-
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
hung eines weiteren Sachverständigen auch einen weiteren Kostenfaktor, über den die Parteien informiert werden müssen.
4. Pflicht zur Gutachtenerstattung Gemäß § 407 Abs. 1 ZPO hat der zum Sachverständigen Ernannte der Ernennung Folge zu leisten, wenn er zur Erstattung von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt ist oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb ausübt (z. B. Kaufleute, Architekten) oder wenn er zur Ausübung derselben öffentlich bestellt oder ermächtigt ist (z. B. Ärzte, Professoren). Zur Erstattung des Gutachtens ist auch derjenige verpflichtet, der sich hierzu vor Gericht bereit erklärt hat (§ 407 Abs. 2 ZPO). Wenn ein Sachverständiger sich weigert, ein Gutachten zu erstatten, obwohl er dazu verpflichtet ist, werden ihm die dadurch verursachten Kosten auferlegt (§ 409 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt (§ 409 Abs. 1 Satz 2 ZPO), das bei wiederholtem Ungehorsam noch einmal festgesetzt werden kann (§ 409 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Es bedarf keiner weiteren Darlegungen dazu, dass ein solcher Sachverständiger für die Zukunft nicht mehr damit rechnen kann, von dem betroffenen Gericht noch einmal beauftragt zu werden.
5. Gutachtenverweigerung Dieselben Gründe, die einen Zeugen berechtigen, das Zeugnis zu verweigern, berechtigen einen Sachverständigen zur Verweigerung des Gutachtens (§ 408 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bezogen auf die Tätigkeit des Bausachverständigen gilt dies, wenn er Ehegatte einer Partei ist, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht, wenn er Lebenspartner einer Partei ist, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht und wenn er Verlobter einer Partei ist. Ferner sind diejenigen Sachverständigen zur Verweigerung des Gutachtens berechtigt, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt (Eltern, Kinder) oder verschwägert sind, in der Seitenlinie (Geschwister) bis zum 3. Grad verwandt oder bis zum 2. Grad verschwägert sind oder waren. Adoption begründet Verwandtschaft. Das Gutachten kann der Sachverständige auch verweigern über Fragen, deren Beantwortung ihm oder den oben bezeichneten Personen einen unmittelbaren
6. Die Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen
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vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde, weiter über Fragen, deren Beantwortung dem Sachverständigen oder einer der oben bezeichneten Personen zur Unehre gereichen oder der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, schließlich über Fragen, die der Sachverständige nicht beantworten könnte, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren. Der Sachverständige ist ferner zur Verweigerung des Gutachtens berechtigt, wenn das Beweisthema Gegenstand einer richterlichen Entscheidung war, an der er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat. Bei einer Ablehnung ist die Akte unter Angabe der Begründung unverzüglich an das Gericht zurückzusenden.
6. Die Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen § 404 a ZPO, der das Verhältnis Gericht/Sachverständiger behandelt, enthält als amtliche Überschrift die Bezeichnung „Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen“ und verdeutlicht damit, dass das Gericht bei der Erhebung des Sachverständigenbeweises Herr des Verfahrens bleibt. Die Vorschrift bezeichnet das Verhältnis Gericht/Sachverständiger jedoch nur unzureichend, insbesondere ist nicht geregelt, wie sich der Sachverständige verhalten soll, wenn er Schwierigkeiten mit der ihm gestellten Aufgabe hat. a) Die Leitung des Sachverständigen durch das Gericht Gemäß § 404 a Abs. 1 ZPO hat das Gericht die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen. Diese Vorschrift macht deutlich, dass der Sachverständige nur Gehilfe des Gerichts auf dem Wege zu einer sachgerechten Entscheidung ist. Ist sich der Sachverständige, was vielfach leider nicht der Fall ist, jederzeit dieser Aufgabe bewusst, muss er sich klar machen, was das Gericht beantwortet haben will. Vielen Sachverständigen ist nicht bewusst, wie es zu einem Beweisbeschluss kommt. b) Unverständlicher Beweisbeschluss In einem Zivilprozess hat eine Klage Aussicht auf Erfolg, wenn sie schlüssig ist, d. h. der vorgetragene Sachverhalt ergibt einen Anspruch, der, wenn der Vortrag unbestritten bleibt, dem Kläger zuerkannt wird. Bestreitet der Beklagte jedoch den vorgetragenen Sachverhalt mit erheblichem Vorbringen, also einem Vorbrin-
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
gen, dessen Richtigkeit vorausgesetzt, die Klage zu Fall bringen würde, ist der Sachverhalt aufklärungsbedürftig. Das Gericht muss über die Richtigkeit des Sachvortrags der Parteien Beweis erheben. Da die Rechtsanwälte ebenso wie die Richter - von Ausnahmen abgesehen - technische Laien sind, werden mitunter Behauptungen vorgetragen, die von Technikern aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse nicht nachvollzogen werden können. Der Richter als Laie erkennt aber die Ungenauigkeiten nicht, sondern ist gehalten, den streitigen Sachverhalt eines Prozesses vom unstreitigen zu trennen, da nur ein streitiger Sachverhalt aufzuklären ist. Je schlechter der anwaltliche Sachvortrag ist, umso größer ist die Gefahr, dass ein Beweisbeschluss unklar formuliert ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Laien (= Rechtsanwälte) geneigt sind, technisch schwierige Komplexe vereinfacht darzustellen, um sie anderen Laien (= Richtern) verständlich zu machen. Führt diese vereinfachte Darstellung zu unlogischen Fragestellungen, so besteht die Gefahr, dass der Experte (= Sachverständiger) den Beweisbeschluss und damit die ihm gestellte Aufgabe nicht versteht. In derartigen Fällen muss der Sachverständige unverzüglich mit dem Gericht Kontakt aufnehmen und dem Gericht verdeutlichen, warum er die Beweisfrage nicht versteht (§ 407 a Abs. 3 Satz 1 ZPO). Das Gericht kann ihm dann die Beweisfrage erläutern und falls dem betroffenen Richter dies nicht gelingt, die Parteien darauf hinweisen, dass der Sachverständige die Fragestellung für ergänzungsbedürftig hält. Die Parteien werden in einer solchen Situation in die Lage versetzt, ihren Vortrag rechtzeitig zu präzisieren. Einen kapitalen Fehler des Sachverständigen stellt es dar, wenn er ohne Rücksprache mit dem Gericht oder - gegebenenfalls beim Ortstermin - mit den Parteien versucht, die Beweisfrage auszulegen, da dann die Gefahr besteht, dass er den streitigen Sachverhalt anders gewichtet als das Gericht und die Parteien. Führt die gestellte Beweisfrage dazu, dass der Sachverständige, würde er sie buchstabengetreu beantworten, einen gewaltigen und für die Parteien unzumutbaren Aufwand betreiben müsste, ist es für ihn unumgänglich, das Gericht über die Konsequenzen der angeordneten Beweiserhebung aufzuklären. Hätte beispielsweise die Beweisfrage, ob Balkone undicht sind, zur Folge, dass 50 Balkone untersucht und vielleicht sogar geöffnet werden müssten, so wäre dies ein in der Regel auch von den Parteien nicht gewünschter Aufwand. In derartigen Fällen ist es angezeigt, nur einige Balkone zu untersuchen und die Parteien fragen zu lassen, ob sie bereit sind, das gefundene Ergebnis stellvertretend für alle Balkone zu akzeptieren. Der Sachverständige sollte deshalb mit dem Gericht Rücksprache nehmen, ob tatsächlich alle 50 Balkone untersucht werden sollen oder stellvertretend für alle nur einige wenige.
6. Die Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen
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Hat es der Sachverständige versäumt, dieses Problem rechtzeitig mit dem Gericht zu klären, kann dies auch durch Rücksprache mit den Parteien bei der von ihm anberaumten Ortsbesichtigung geklärt werden. Er sollte im Gutachten dies aber unbedingt erwähnen, damit das Gericht in der Lage ist festzustellen, was er aufgeklärt hat. c)
Missverhältnis zwischen dem Wert des Streitgegenstandes und den Kosten durch sachverständige Aufklärung
Mitunter sind sich sowohl die Parteien als auch das Gericht nicht im Klaren darüber, welche finanziellen Folgen eine Beweisanordnung hat. Deshalb werden die Sachverständigen bei der Beauftragung gebeten zu prüfen, welche Kosten voraussichtlich für das Gutachten entstehen werden (§ 407 a Abs. 3 Satz 2 ZPO). Stellt der Sachverständige bei dieser Prüfung fest, dass die voraussichtlichen Kosten erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder den durch einen Vorschuss gedeckten Betrag erheblich übersteigen, ist er gehalten, dem Gericht (nicht den Parteien) die ermittelte Höhe der Kosten mitzuteilen und von einer Begutachtung vorerst abzusehen. Dies gilt auch dann, wenn er im Laufe seiner weiteren Tätigkeit erkennen kann, dass höhere Kosten entstehen werden als zunächst angenommen. Dahinter steckt die Überlegung, dass den Parteien noch einmal die Möglichkeit gegeben werden soll zu prüfen, ob sie wirklich mit dem erforderlichen Aufwand den Prozess führen wollen. Von einer weiteren Bearbeitung des Auftrages ist zunächst abzusehen. Das Gericht fordert dann die mit der Vorschusspflicht belastete Partei auf, einen weiteren Vorschuss einzuzahlen. d) Folgen eines unterlassenen Hinweises auf die den eingezahlten Vorschuss übersteigende Rechnung des Sachverständigen Umstritten ist, welche Konsequenzen es für den Sachverständigen hat, wenn er eine den Vorschuss deutlich übersteigende Abrechnung einreicht, ohne zuvor das Gericht auf diese höheren Kosten hingewiesen zu haben. Bayerlein (Praxishandbuch Sachverständigenrecht, § 41 Rdnr. 87-88) vertritt die Auffassung, dass eine Kürzung oder sogar der Wegfall der Entschädigung des Sachverständigen gerechtfertigt ist, wenn die abgerechnete Entschädigung den eingezahlten Vorschuss um mehr als 20-25 % übersteigt (so wohl auch Zöller /Greger, ZPO, 25. Aufl., § 413 Rdnr. 6 und OLG Celle NJW-RR 1997, 1295). Die herrschende Auffassung hält dagegen eine Kürzung des Honorars nur dann für
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
gerechtfertigt, wenn die Erfüllung der Mitteilungspflicht zu einer Entziehung oder Reduzierung des Gutachtenauftrags geführt hätte oder eine solche Möglichkeit im Nachhinein nicht ausgeschlossen werden könnte (vgl. OLG Koblenz ZfS 2001, 134; OLG Hamburg JurBüro 1981, 410; BayObLG NJW-RR 1998, 1294, 1295; OLG Düsseldorf JurBüro 1970, 887; JurBüro 1988, 1400, 1401; OLGR 1994, 252 und BauRB 2003, 83). Wie bereits dargelegt soll den Parteien durch die Mitteilung des Sachverständigen über Kostensteigerungen die Möglichkeit gegeben werden, darüber zu entscheiden, ob und wie sie den Rechtsstreit fortsetzen wollen. Dabei ist nicht allein der Streitwert des Prozesses für die Überlegungen maßgebend. Denn auch über den eigentlichen Streitgegenstand hinausgehende wirtschaftliche oder auch ideelle Interessen der Parteien können ihre Entscheidung zur Durchführung einer nicht reduzierten Beweisaufnahme beeinflussen. Es ist deshalb rückblickend zu erwägen, bis zu welchem Betrag die Parteien nach Abwägung aller Umstände mit einer nicht reduzierten Beweisaufnahme einverstanden gewesen wären. e)
Prüfung des geltend gemachten Anspruchs
Soll der Sachverständige gemäß dem Beweisbeschluss die Höhe etwaiger Mängelbeseitigungskosten ermitteln, muss er beim Studium der Akte klären, welcher Anspruch bezüglich der Mängel geltend gemacht wird. Die Aufklärung eines endgültig zuzusprechenden Schadensersatzanspruches erfordert einen viel höheren Aufwand als der später abzurechnende Kostenvorschussanspruch. Beim Kostenvorschussanspruch kann die Schätzung der Höhe der Mängelbeseitigungskosten deshalb gröber sein. Sind in der dem Sachverständigen zur Verfügung gestellten Gerichtsakte weitere Gutachten enthalten, darf der Sachverständige diese nur dann mit verwerten oder bei seinen Auswertungen berücksichtigen, wenn er durch das Gericht dazu ermächtigt wurde.
7. Der Einweisungstermin Unter der Überschrift „Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen“ regelt § 404 a Abs. 5 ZPO, dass dann, wenn ein besonderer Termin zur Einweisung des Sachverständigen stattfindet, den Parteien die Teilnahme an diesem Termin zu gestatten ist. Diese Vorschrift hat in Bauprozessen jedoch keine praktische Be-
7. Der Einweisungstermin
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deutung, da die Gerichte die Bausachverständigen in aller Regel nicht so leiten wie dies § 404 a ZPO ermöglicht. Es kommt jedoch nicht selten vor, dass Bausachverständige so genannte Einweisungstermine durchführen. Das kommt vor allem bei Großprojekten vor oder aber bei einer Sachaufklärung, die mit Langzeitmessungen verbunden ist. Soll ein Sachverständiger beispielsweise feststellen, ob sich ein Gebäude durch Sonneneinstrahlung in für die Benutzung unerträglicher Weise aufheizt, ist es angezeigt, vor der Durchführung von Messungen mit den Parteien zu klären, in welchen Teilen des Gebäudes gemessen, unter welchen Bedingungen gemessen und wie lange gemessen werden soll. Auch bei der Erforderlichkeit von Laborversuchen ist es angezeigt, in einem Einweisungstermin die Parameter festzuhalten, unter denen der Versuch durchgeführt werden soll. Beabsichtigt der Sachverständige, einen solchen Einweisungstermin durchzuführen, ist es unbedingt erforderlich, das Gericht davon in Kenntnis zu setzen, damit der Spruchkörper oder ein Mitglied des Spruchkörpers oder der Einzelrichter an diesem Termin teilnehmen und Einfluss auf die Untersuchungsbedingungen nehmen kann. Leider weisen manche Sachverständige, die solche Einweisungstermine vornehmen, die Gerichte bei Terminsnachrichten nicht ausreichend darauf hin, was sie mit diesem Termin bezwecken, was zur Folge hat, dass die Brisanz dieses Termins verkannt wird und das Gericht diesem Termin deshalb fernbleibt. In einem vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fall mussten nach Fertigstellung des Gutachtens weitere Messungen durchgeführt werden, weil dem Gutachten nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen war, auf was sich die Parteien im Einweisungstermin geeinigt hatten. Mitunter entsteht in derartigen Terminen auch neuer Streit zwischen den Parteien, der vom Sachverständigen nicht zu schlichten ist. In derartigen Fällen bedarf es dann der Einschaltung des Gerichts und eines Erörterungstermins, um die Untersuchungsbedingungen festzulegen. Eine damit regelmäßig verbundene Zeitverzögerung erübrigt sich, wenn das Gericht rechtzeitig von einem Einweisungstermin und dem Sinn dieses Einweisungstermins unterrichtet wird.
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
8. Die Vorbereitung des Gutachtens a)
Anforderung von Unterlagen, die nicht Gegenstand der Gerichtsakte sind
Zur Erstellung des Gutachtens wird dem Sachverständigen die Gerichtsakte einschließlich aller Beiakten übersandt. Vielfach handelt es sich dabei um Pläne oder Schriftverkehr zwischen den Parteien. Bei der Lektüre des Gutachtens ist der Sachverständige in der Lage festzustellen, ob er das Gutachten mit dem ihm übersandten Material erstellen kann oder nicht. Ist dies nicht der Fall, weil etwa Pläne nicht zur Akte gelangt sind oder in Schriftsätzen angekündigte Unterlagen den Schriftsätzen nicht beigefügt waren, so kann der Sachverständige die entsprechende Partei auffordern, die von ihm benötigten Unterlagen zur Akte zu reichen. Er sollte dies jedoch in Anwaltsprozessen dringend über den Anwalt tun, da der Rechtsanwalt entscheidet, welche Pläne oder andere Unterlagen zur Akte gereicht werden. Fordert der Sachverständige unter Umgehung des Anwalts direkt von einer Partei Unterlagen an, verärgert er den Anwalt, da dann ohne seine Kenntnis (und ohne sein Einverständnis) Unterlagen zur Akte gelangen. Zwar mag es zur Vervollständigung des Bildes eines Rechtsstreits wünschenswert erscheinen, alle den Rechtsstreit betreffenden Unterlagen zur Akte zu erhalten. Der Sachverständige sollte sich jedoch bewusst machen, dass es im Zivilprozess keine Amtsermittlung gibt und die Parteien vom Gericht den Sachverhalt beurteilt haben wollen, den sie dem Gericht vorgetragen haben. Auf diese Weise reicht eine Partei Schreiben, die für sie nachteilig sind, nicht zur Akte. Dies ist Aufgabe des Prozessgegners. Außerdem gibt es Unterlagen, die sowohl Vorteilhaftes als auch Nachteiliges für eine Partei enthalten, etwa Bautagebücher. In derartigen Fällen muss der Anwalt sorgfältig prüfen, ob er diese Unterlagen zur Akte reicht, da er mit deren Überreichung seine eigene Klage zu Fall bringen kann. Unbedingt erforderlich ist es auch, dass der Anwalt der Partei, die nicht zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert wird, von dieser Aufforderung Kenntnis erlangt, damit er weiß, was der Sachverständige zur Grundlage seines Gutachtens macht. Fordert ein Sachverständiger von einer Partei Unterlagen an, ohne die Gegenpartei davon in Kenntnis zu setzen, erweckt er den Eindruck, der anderen Partei etwas vorenthalten zu wollen und liefert sich damit dem Vorwurf der Befangenheit aus. Weigert sich eine Partei, aus welchen Gründen auch immer, vom Sachverständigen für die Gutachtenerstellung benötigte Unterlagen diesem zu übersenden,
8. Die Vorbereitung des Gutachtens
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muss der Sachverständige unverzüglich das Gericht hiervon in Kenntnis setzen und ihm die Konsequenzen der fehlenden Unterlagen verdeutlichen. Das Gericht kann dann mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln (manchmal reicht ein Telefonat) Druck auf die sich weigernde Partei ausüben und ihr gemäß § 356 ZPO eine Beibringungsfrist zur Vorlage der Unterlagen setzen, bei deren fruchtlosem Ablauf das Beweismittel nur noch benutzt werden kann, wenn das Verfahren dadurch nicht verzögert wird. Sind die Parteien nicht in der Lage, vom Sachverständigen benötigte Unterlagen zu beschaffen, und zwar Unterlagen, die auch nicht über das Gericht angefordert werden können, so hat der Sachverständige, wenn dazu das Einverständnis einer Partei erforderlich ist, sich von der betroffenen Partei zur Einsicht in behördliche Akten bevollmächtigen zu lassen. Die gegnerische Partei ist über dieses Vorhaben zu informieren. b) Urkunden im Besitz eines Dritten Durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 (BGBl. I 1887, geänd. 3138) sind mit Wirkung zum 1. Januar 2002 umfassende Änderungen des deutschen Zivilprozessrechts in Kraft getreten. Hierzu gehört auch die Änderung des § 142 ZPO. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht anordnen, dass ein Dritter die in seinem Besitz befindlichen Urkunden oder sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, zur Akte reicht (§ 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dritte sind nur dann nicht zur Vorlage verpflichtet, wenn ihnen dies nicht zumutbar ist oder sie ein Zeugnisverweigerungsrecht besitzen (§ 142 Abs. 2 ZPO). Zu diesen Unterlagen können auch Unterlagen gehören, die der Sachverständige zur Erstellung seines Gutachtens benötigt. Erlangt der Sachverständige bei der Vorbereitung seines Gutachtens Kenntnis davon, dass sich eine von ihm benötigte Unterlage nicht im Besitz der Parteien befindet, sondern im Besitz eines Dritten (z. B. Architekt, Erwerber einer Eigentumswohnung), so hat er die Möglichkeit, die Parteien zu bitten, die Unterlage bei dem Dritten anzufordern. Ist aber zu erwarten, dass die Bitte um Vorlage der Unterlage zu Schwierigkeiten führen könnte, sollte sich der Sachverständige an das Gericht wenden. Das Gericht hat dann die Möglichkeit, den Dritten aufzufordern, diese Unterlage zur Akte zu reichen und dem gegebenenfalls durch die Verhängung eines Ordnungsgeldes Nachdruck zu verleihen (§§ 142 Abs. 2 Satz 2, 390 ZPO).
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
9. Die Ortsbesichtigung In Bauprozessen ist die von dem beauftragten Sachverständigen durchgeführte Besichtigung der örtlichen Gegebenheiten vielfach der Zeitpunkt, an dem sich ein Bauprozess entscheidet. Hängt das Obsiegen oder Unterliegen in einem Bauprozess von sachverständigen Feststellungen ab, so entscheidet das, was der Sachverständige vor Ort feststellt, meist den Prozess. Bei seiner Ortsbesichtigung legt der Sachverständige die Grundlagen für sein späteres Gutachten. Die Gewissenhaftigkeit und das Können eines Sachverständigen bei der Aufnahme der örtlichen Feststellungen entscheiden darüber, was als Ergebnis des Gutachtens dem Gericht mitgeteilt wird. Was der Sachverständige bei der Ortsbesichtigung festzustellen unterlässt, lässt sich in aller Regel später durch noch so gute theoretische Ausführungen nicht mehr ergänzen. a)
Forderung zur Teilnahme des Richters an der Ortsbesichtigung
Dies machen sich die Richter viel zu wenig klar. Anders ist nicht zu erklären, warum die überwiegende Mehrheit der mit Bauprozessen befassten Richter den Ortsbesichtigungen keine Beachtung schenken und auf Mitteilungen der Sachverständigen über die beabsichtigte Durchführung einer Ortsbesichtigung nicht reagiert. Vielfach wird dies mit Zeitmangel begründet. Zu einer solchen Begründung greifen aber nur Richter, die an Ortsbesichtigungen von Sachverständigen bisher nicht teilgenommen und die Vorzüge einer Teilnahme des Richters an der Ortsbesichtigung des Sachverständigen nicht kennen gelernt haben. Wenn Richter aus Zeitmangel nicht an Ortsbesichtigungen der Sachverständigen teilnehmen können, warum finden dann die in aller Regel zeitlich stärker eingebundenen Rechtsanwälte die Zeit für eine Teilnahme an diesen Ortsbesichtigungen? Die an einer solchen Teilnahme nicht interessierten Richter müssen sich auch fragen lassen, warum sie den Rechtsanwälten bei einem derartigen Verhalten einen Wissensvorsprung verschaffen, den sie allenfalls bei einer späteren Anhörung des Sachverständigen mühevoll ausgleichen können. An dieser Stelle muss man sich noch einmal klar machen, dass der Sachverständige das fehlende technische Wissen des Richters ersetzt. Gibt es eine bessere Möglichkeit, dem Richter dieses Wissen zu vermitteln als unmittelbar vor Ort? Nicht ohne Grund wird in der Schule die Richtigkeit von physikalischen Gesetzen oder chemischen Reaktionen anhand von Versuchen dargestellt. Der Richter, der einen Mangel selbst gesehen hat, ist viel eher in der Lage, ein Sachverständigengutachten zu würdigen als ein Richter, der lediglich nach Aktenlage ein Gut-
9. Die Ortsbesichtigung
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achten nachvollziehen muss. Dies gilt erst recht dann, wenn Gegenstand eines Gutachtens auch die Beurteilung optischer Beeinträchtigungen ist. Der unmittelbar gewonnene Eindruck ist auch durch noch so gute Fotos im Gutachten nicht zu ersetzen. Beispielhaft seien weitere Vorzüge der Teilnahme des Richters an der Ortsbesichtigung des Sachverständigen erwähnt: – Nicht selten wird erst durch die Kenntnis der örtlichen Verhältnisse erkennbar, dass ein Beweisbeschluss unklar gefasst worden ist. Der vor Ort anwesende Richter ist dann in der Lage, Unklarheiten zu beseitigen, da er besser als die anderen Beteiligten beurteilen kann, wie es zu den entsprechenden Formulierungen des Beweisbeschlusses gekommen ist. – Vielfach führt das Zusammentreffen der Parteien und Rechtsanwälte bei der Ortsbesichtigung zu Emotionsausbrüchen, denen der Sachverständige mitunter nicht gewachsen ist. Ein anwesender Richter ist viel eher als der Sachverständige in der Lage, die Wogen zu glätten, wobei er den Sachverständigen, wenn er das in die Hand nimmt, auch „aus der Schusslinie“ holt. – Anregungen von Parteien, Untersuchungen anzustellen, die der Sachverständige zur Beantwortung der Beweisfrage nicht für nötig hält, sind besser zu diskutieren, wenn der Richter, der letztendlich die Entscheidung fällt, sich in diese Diskussion einschalten kann. – Mitunter behaupten Parteien oder Rechtsanwälte wahrheitswidrig, der Sachverständige habe während der Ortsbesichtigung Erklärungen abgegeben, die im Widerspruch zu seinem schriftlichen Gutachten stünden. Ein solcher Vortrag, der nur mühsam aufzuklären ist, ist ausgeschlossen, wenn ein Richter bei der Ortsbesichtigung anwesend war. – Im Angesicht der örtlichen Verhältnisse lassen sich Vergleichsgespräche vielfach besser führen als im Gerichtssaal, in dem die örtlichen Verhältnisse am Streitobjekt nicht so präsent sind wie unmittelbar vor Ort. Der Richter, der sich dies vor Augen geführt und auch mal praktiziert hat, wird feststellen, dass er durch die Teilnahme an Ortsbesichtigungen nicht Zeit verliert, sondern gewinnt.
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
b) Die Vorbereitung der Ortsbesichtigung Der Sachverständige hat die Parteien und Rechtsanwälte rechtzeitig zu einem Ortstermin zu laden. Die Ladungsfrist sollte mindestens 14 Tage betragen, während der Ferienzeiten ggfls. länger, um allen Parteien die Möglichkeit zu geben, an dem Termin teilnehmen zu können. Es ist möglich, bei Dringlichkeit, z. B. bei Gefahr im Verzug, mit allen Beteiligten einen kurzfristigen Termin telefonisch zu vereinbaren. Eine Durchschrift dieser Ladung erhält das Gericht. Zum Nachweis dieser Terminsvereinbarung sollte dieser schriftlich bestätigt werden. c)
Inhalt des Einladungsschreibens
Im Einladungsschreiben sind folgende Angaben notwendig: – Prozessbevollmächtigte Dabei ist der Hinweis notwendig, dass die Rechtsanwälte die Parteien vom Ortstermin zu benachrichtigen haben. – Parteien, sofern sie nicht anwaltlich vertreten sind – Das Gericht mit Geschäfts-Nummer – Ort, Treffpunkt und Uhrzeit des Termins – Hinweise an die Parteien (ggfls. über die Prozessbevollmächtigten), dass Gelegenheit gegeben wird, die zu besichtigenden Bau- und/oder Gebäudeteile in Augenschein nehmen zu können – Hinweise auf Terminverlegung, Fristsetzung für evtl. Anträge. Stellt eine Partei einen begründeten Antrag um Terminverlegung, ist der Termin aufzuheben, alle Beteiligten schriftlich zu benachrichtigen und ein neuer Termin zu bestimmen. Ist erkennbar, dass eine Partei durch die Terminsaufhebung erhebliche Vorteile erlangen kann, sollte die weitere Terminierung mit dem Gericht abgestimmt werden. Hat eine Partei beispielsweise Interesse daran, den Prozess zu verzögern, so erhält sie durch die Terminsaufhebung Vorteile, die andere Partei Nachteile. Um sich nicht dem Vorwurf der Befangenheit zugunsten der verzögernden Partei auszusetzen, ist es deshalb für den Sachverständigen ratsam, das Gericht einzuschalten. – Hinweise auf die Folgen eines Ausbleibens der Partei, etwa dass der Ortstermin auch bei Nichterscheinen einer Partei durchgeführt werden kann.
9. Die Ortsbesichtigung
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Je nach Auftrag sind zu berücksichtigen: – ausreichende Zeitangaben, damit auch jede Partei die Ladung rechtzeitig erhält – eventuelle Angaben über Einsatz von Geräten, Gerüsten oder sonstigen Einrichtungen – Bereithaltung von Unterlagen, wie Zeichnungen, Berechnungen u. ä. Der Nachweis der Ladungen an die Prozessbevollmächtigten bzw. Parteien ist zwingend notwendig (Einschreiben-Rückschein o. ä.). d) Keine Kontaktaufnahme mit den Parteien vor der Ortsbesichtigung Der Sachverständige sollte unbedingt vermeiden, vor Beginn der Ortsbesichtigung mit einer Partei Verbindung aufzunehmen (außer telefonischer Kontaktaufnahme zur Terminfestlegung) oder mit einer Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten gemeinsam bei einem Ortstermin zu erscheinen, da dies den Vorwurf der Befangenheit des Sachverständigen durch die andere Partei begründen könnte. e) Keine Ortsbesichtigung ohne die Parteien Ohne die Anwesenheit der Parteien sollte der Ortstermin in keinem Fall durchgeführt werden, selbst wenn sie anwaltlich vertreten sind, da die Parteien ein Anwesenheitsrecht haben und der Sachverständige vielfach Informationen benötigt, die ihm nur die Parteien geben können. Nur dann, wenn die Teilnahme einer Partei mit einem unzumutbaren zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden ist, sollte auf die Teilnahme verzichtet werden. Es gibt Situationen, bei denen sich am Ende einer Ortsbesichtigung ergibt, dass der Sachverständige den Zustand des Streitobjekts bei anderen Witterungsverhältnissen noch einmal in Augenschein nehmen muss. In diesen Situationen regen die Anwälte in einzelnen Fällen an, dass der Sachverständige diese Feststellungen allein trifft, weil sie sich und ihrer Partei einen weiteren Termin ersparen wollen. Dieser Anregung sollte der Sachverständige nur nachkommen, wenn er beide Anwälte persönlich kennt und daraus die Gewissheit hat, dass die Anwälte diese Situation nicht ausnutzen, um neuen Streit zu verursachen. Bittet ein Rechtsanwalt um Terminverlegung, sollte der Sachverständige dem nachkommen, selbst wenn alle anderen Beteiligten den Termin wahrnehmen können, da von Rechtsanwälten, die nicht an der Ortsbesichtigung teilgenom-
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
men haben, obwohl sie dies wünschten, in der Folgezeit jedenfalls dann Schwierigkeiten zu erwarten sind, wenn das Gutachten ganz oder teilweise zum Nachteil ihrer Mandanten ausgeht. f)
Bauteilöffnungen
Hält der Sachverständige aufgrund des Aktenstudiums Bauteilöffnungen für erforderlich, sollte er veranlassen, dass diese von der Partei, die befugt ist, solche Bauteilöffnungen vorzunehmen, durchgeführt werden, da dann die Verantwortung für die mit der Bauteilöffnung verbundene Beschädigung bei der Partei selbst liegt. Dies setzt allerdings voraus, dass der Sachverständige der Partei genaue Anweisungen erteilt, in welchem Umfang er Bauteilöffnungen benötigt. Es empfiehlt sich, dass der Sachverständige an der Bauteilöffnung teilnimmt, um den Parteien die Möglichkeit der Manipulation zu nehmen. Der Sachverständige muss auch darauf achten, dass bei Bauteilöffnungen oder zerstörenden Maßnahmen keine Veränderungen entstehen, die eine Beweisführung verfälschen oder unmöglich machen. Wenn der Sachverständige an der Bauteilöffnung nicht teilgenommen, aber genaue Anweisungen für eine Bauteilöffnung erteilt hat, geschieht es trotzdem nicht selten, dass die von ihm vor Ort vorgefundenen Verhältnisse nicht dem entsprechen, was er sich vorgestellt hat. In gewissem Umfang sollte der Sachverständige auf eine solche Sachlage vorbereitet sein und jedenfalls so viel Werkzeug zur Ortsbesichtigung mitbringen, dass er kleinere ergänzende Arbeiten durchführen kann (z. B. Messgeräte, Zeichenunterlagen/Markierungsmaterial). Das ist natürlich jeweils abhängig von den zu untersuchenden Bauteilen. Ist dies aus zeitlichen Gründen oder wegen nicht ausreichenden Materials nicht möglich, so muss der Sachverständige die Ortsbesichtigung abbrechen und einen neuen Termin anberaumen, wobei er, soweit erforderlich, Schutzmaßnahmen veranlassen muss (etwa bei teilweise abgedeckten Dächern). Bei Bauteilöffnungen am Eigentum Dritter kommt auch eine Beauftragung durch den Sachverständigen in Betracht. Ebenso kommt es nicht selten vor, dass es den Parteien lieber ist, dass der Sachverständige die Bauteilöffnung beauftragt. In derartigen Fällen hat der Sachverständige zunächst drei Kostenvoranschläge von Fachfirmen einzuholen und nach Eingang und Prüfung dem Gericht mitzuteilen. Das Gericht wird dann die Kostenvoranschläge den Parteien zu deren Entscheidung vorlegen.
9. Die Ortsbesichtigung
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Nach einer Entscheidung des OLG Koblenz (vgl. BauR 2002, 828) werden Aufwendungen für Hilfskräfte dem Sachverständigen nur erstattet, soweit er sie bereits getragen hat. Ist der Sachverständige dagegen lediglich einer entsprechenden Verbindlichkeit ausgesetzt, besteht weder ein Entschädigungsanspruch noch ein Freistellungsanspruch gegen die Staatskasse. Der erforderliche Aufwand zur Beauftragung, Einweisung und Überwachung der Hilfskräfte wird dem Sachverständigen ebenfalls erstattet. Der Sachverständige sollte sich klar machen, dass er nach dieser Entscheidung wegen der Kosten in Vorlage treten muss und einen weiteren Vorschuss anfordern, falls der bisherige Vorschuss zur Deckung dieser Kosten nicht ausreicht. Mitunter sind die Parteien mit Bauteilöffnungen nicht einverstanden und teilen dies dem Sachverständigen bereits vor der Ortsbesichtigung mit. Dies sollte der Sachverständige zum Anlass nehmen, der Partei - unter Übersendung einer Abschrift für die Gegenseite - mitzuteilen, warum er die Bauteilöffnung für erforderlich hält und warum er ohne eine Bauteilöffnung nicht die Feststellungen treffen kann, die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind. Hält die Partei an ihrer Weigerung fest, hat der Sachverständige unverzüglich das Gericht zu informieren und abzuwarten, was das Gericht als Folge dieser Weigerung veranlasst. Umstritten ist, ob das Gericht gemäß § 404 a ZPO verpflichtet ist, den Sachverständigen gegen dessen Willen anzuweisen, die zur Herstellung von Bauteilöffnungen erforderlichen Werkverträge abzuschließen. Das OLG Düsseldorf (vgl. BauR 1997, 697) und das OLG Celle (vgl. BauR 2005, 1358) vertreten die Auffassung, dass die sich aus § 404 a ZPO ergebende Verpflichtung zur Leitung des Sachverständigen sich nicht auf Grund und Inhalt des Gutachtenauftrags beschränkt, sondern vielmehr auch die Art und Weise seines etwa bei der Untersuchung des Beweisgegenstandes gebotenen Vorgehens umfasst. Das OLG Brandenburg (vgl. BauR 1996, 432) und das OLG Bamberg (vgl. BauR 2002, 829) halten es dagegen für bedenklich, den Sachverständigen gegen seinen Willen zu zwingen, für die Bauteilöffnung erforderliche Werkverträge im eigenen Namen abzuschließen. Dem kann jedoch dann nicht gefolgt werden, wenn die Parteien die erforderlichen Kosten für die Werkverträge bereits auf Gerichtskonten eingezahlt haben. Dieser Streit beweist aber einmal mehr, dass der Sachverständige das Risiko auf die Parteien verlagern sollte, wenn die Bauteilöffnungen ihr Eigentum betreffen.
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
Der Sachverständige muss darauf achten, dass bei Bauteilöffnungen oder zerstörenden Maßnahmen keine Veränderungen entstehen, die eine Beweisführung verfälschen oder unmöglich machen. Um eventuelle Veränderungen an den Konstruktionen nachvollziehen zu können, ist es erforderlich, den Veränderungsverlauf durch Farbfotos oder sonstige Nachweise zu dokumentieren. g) Betreten des Grundstücks eines Dritten Stellt der Sachverständige bei der Vorbereitung der Ortsbesichtigung fest, dass es unerlässlich sein wird, das Grundstück eines Dritten, etwa eines Nachbarn, zu betreten, so sollte er dies den Parteien rechtzeitig ankündigen und sie bitten, dafür Sorge zu tragen, dass der Dritte das Betreten seines Grundstückes erlaubt. Weigert sich der Dritte, ist der Sachverständige nicht berechtigt, das Grundstück zu betreten und von dort aus Feststellungen zu treffen. Zwar hat die Novellierung des Zivilprozessrechts wie dargelegt auch Möglichkeiten geschaffen, gegen Dritte vorzugehen. Dies betrifft jedoch nicht den Bereich der Wohnung (§ 144 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Gelingt es den Parteien nicht, die Zustimmung des Dritten herbeizuführen, sollte der Sachverständige dies dem Gericht mitteilen und anregen, dass das Gericht noch einmal einen Vorstoß zur Überzeugung des Dritten unternimmt. In Ausnahmefällen gibt es jedoch die Möglichkeit, mit einer einstweiligen Verfügung gegen den Nachbarn vorzugehen. Soll beispielsweise in einem selbständigen Beweisverfahren festgestellt werden, ob durch vom Nachbarn vorgenommene Abgrabungen die Gefahr besteht, dass das Grundstück des Antragstellers abrutscht, so kann sich ein Anspruch des Antragstellers, dem Sachverständigen zur Durchführung der erforderlichen Untersuchungen das Betreten des Grundstücks des Nachbarn zu ermöglichen, aus § 809 BGB ergeben (vgl. OLG Karlsruhe BauR 2002, 1437). Dieser Besichtigungsanspruch kann im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. h) Laboruntersuchungen/Messungen Hält der Sachverständige aufwändige Untersuchungen, z. B. Laboruntersuchungen, für erforderlich, die dazu führen, dass der Vorschuss nicht ausreicht, muss er das Gericht informieren, da das Gericht bei der Anordnung des Vorschusses ausschließlich von dem bis dahin voraussichtlich entstehenden Aufwand ausgeht.
9. Die Ortsbesichtigung
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Wenn der Sachverständige Messungen durchführt, so sind diese von ihm für alle Parteivertreter erkennbar und nachvollziehbar durchzuführen. i)
Durchführung der Ortsbesichtigung
(bei jeder Industrie- und Handelskammer gibt es Merkblätter zur Durchführung einer Ortsbesichtigung) Eine Ortsbesichtigung ist nicht öffentlich. Zugelassen sind nur die Parteien, ihre Vertreter und Rechtsanwälte sowie andere Prozessbeteiligte, etwa Streithelfer. Zugelassen sind auch solche Personen, die die Parteien für Hilfsdienste stellen. aa) Zeitpunkt des Beginns Die Ortsbesichtigung des Sachverständigen beginnt mit der Feststellung der anwesenden Personen, die ihr Erscheinen tunlichst in einem vom Sachverständigen vorbereiteten Protokoll durch ihre Unterschrift bestätigen sollten. Keinesfalls darf der Sachverständige mit der Ortsbesichtigung beginnen, wenn eine Partei nicht anwesend ist, da in Abwesenheit einer Partei getroffene Feststellungen den Vorwurf der Befangenheit begründen können. Zwar ist es zulässig, Feststellungen in Abwesenheit von Rechtsanwälten zu treffen, falls diese jedoch ihr Erscheinen angekündigt haben, sollte bis zu ihrem Erscheinen gewartet werden, es sei denn sie haben sich - etwa telefonisch - bereit erklärt, mit der Ortsbesichtigung ohne sie zu beginnen. In sonstigen Fällen ist eine Wartezeit von ca. 15 Minuten angemessen. Dies gilt besonders dann, wenn Teilnehmer weite Anfahrwege haben. bb) Hausrecht Die Partei, die über das Hausrecht verfügt, darf der anderen Partei und deren Anwalt nicht die Teilnahme an der Ortsbesichtigung verwehren. Weigert sie sich, der gegnerischen Partei und/oder deren Anwalt den Zutritt zu den Räumlichkeiten, in denen die Ortsbesichtigung stattfindet, zu gewähren, muss der Sachverständige sie eindeutig auf das Anwesenheitsrecht der gegnerischen Partei und deren Anwalts hinweisen. Bleibt die Partei bei ihrer Weigerung, kann die Ortsbesichtigung nicht stattfinden. Der Sachverständige hat dann unverzüglich das Gericht über dieses Verhalten zu unterrichten und abzuwarten, was das Gericht in der Folgezeit veranlasst.
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
Es kommt auch schon einmal vor, dass sich die Partei, die über das Hausrecht verfügt, über das Verhalten eines Mitarbeiters der gegnerischen Partei geärgert hat und diesem Mitarbeiter, wenn die gegnerische Partei ihn zur Ortsbesichtigung mitbringt, den Zutritt zu den Räumlichkeiten verweigert. Einer solchen Person kann der Zutritt zu den Räumlichkeiten verweigert werden. Sind die Partei und ihr Anwalt ohne die Teilnahme dieser Person jedoch nicht in der Lage, sachgerechte Erklärungen abzugeben, weil nur sie das Bauvorhaben kennt, muss dieser Person die Teilnahme gestattet werden. Der Sachverständige sollte schon im Interesse eines ungestörten Verlaufs der Ortsbesichtigung aber eingehend mit der betroffenen Partei klären, ob die unerwünschte Person tatsächlich unbedingt teilnehmen muss. Falls die Fronten hart bleiben, sollte der Sachverständige klären, ob dieser Person wenigstens zur Klärung einzelner Fragen der Zutritt zu den Räumlichkeiten gewährt wird. Wird auch dies nicht zugelassen und besteht die Partei, die sie zur Ortsbesichtigung mitgebracht hat, auf ihrer Teilnahme, weil sie sich ansonsten nicht erklären kann, kann die Ortsbesichtigung nicht stattfinden. Das Gericht ist darüber unverzüglich zu informieren. cc) Abarbeiten des Beweisbeschlusses Es ist angezeigt, bei der Ortsbesichtigung den Beweisbeschluss Punkt für Punkt abzuarbeiten. Der Sachverständige sollte den von ihm beabsichtigten Verlauf der Ortsbesichtigung mit den Beteiligten besprechen. Nicht selten gewichten Parteien die Mängel anders als das Gericht und bitten den Sachverständigen anders vorzugehen. Das ist zwar zulässig, kann jedoch dazu führen, dass die Abarbeitung von Teilen des Beweisbeschlusses versehentlich unterlassen wird. Weicht der Sachverständige aus sachlichen Erwägungen von der Reihenfolge des Beweisbeschlusses ab, sollte er bei Abfassung des schriftlichen Gutachtens jedoch wieder zu dieser Ordnung zurückkehren, da das Gericht die Ordnung wieder erkennen möchte, für die es sich entschieden hat. dd) Vorläufige Erklärungen oder Einschätzungen Der Sachverständige ist bei der Ortsbesichtigung gehalten, sich soweit wie möglich der Erklärungen zu enthalten, da Erklärungen und vorläufige Einschätzungen vor Ort unweigerlich zu Diskussionen zwischen den Parteien oder zwischen den Parteien/Anwälten und dem Sachverständigen führen. Dies gilt vor allem für Situationen, in denen Privatgutachter, die der Sachverständige nicht persönlich kennt, für eine Partei an der Ortsbesichtigung teilnehmen. Ist der Privatgutachter ihm seit langem vertraut und beginnt dieser mit einer Diskussion,
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kann es jedoch angezeigt sein, direkt zu reagieren und möglichst schnell eine übereinstimmende Einschätzung der Sachlage herbeizuführen, da sich dann vielfach spätere ergänzende Stellungnahmen erübrigen. ee) Erklärungen der Parteien während der Ortsbesichtigung Erklärungen der Parteien während des Ortstermins im Zusammenhang mit der Durchführung der Bauleistung sollte der Sachverständige unbedingt zu Protokoll nehmen, da es sich vielfach um wichtige Ergänzungen, manchmal auch Korrekturen des bisherigen Sachvortrages, handelt. Geschieht dies nicht, gehen derartige Erklärungen entweder vollständig verloren oder sind später nur mühsam zu rekonstruieren. Soweit der Sachverständige den Vortrag einer Partei, z. B. über verwendete Baustoffe, übernehmen will, hat er sich von der anderen Partei die Verwendbarkeit dieser Aussage bestätigen zu lassen. Erfolgt eine Bestätigung nicht, sind die Angaben bei der Gutachtenerstellung nicht zu berücksichtigen oder müssen im Gutachten entsprechend dargestellt werden. Dies gilt auch für Unterlagen, z. B. Zeichnungen, Berechnungen, Schriftstücke u. ä. Wenn während des Ortstermins von einer Partei ein Mangel vorgetragen wird, der nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses ist, kann der Sachverständige, wenn die andere Partei einer Aufnahme ins Gutachten widerspricht, eine entsprechende Protokollierung vornehmen. Wird dann vom Gericht ein Ergänzungsbeweisbeschluss erlassen, können die Aufzeichnungen verwertet werden. So wird ein weiterer Ortstermin vermieden, was zu einer wirtschaftlichen Beweisführung beiträgt. ff) Verweigerung erforderlicher Mitarbeit durch den Hausrechtsinhaber Mitunter verweigern Parteien während einer Ortsbesichtigung ihre Mithilfe bei der Klärung des Vorhandenseins von Mängeln, etwa indem sie den Sachverständigen Räumlichkeiten nicht betreten lassen oder ihm Werkzeug, das er benötigt und nicht mit sich führt, nicht ausgehändigt wird. In einer solchen Situation sollte der Sachverständige, möglichst im Gespräch mit dem Anwalt der Partei, klar machen, welche Konsequenzen eine derartige Verweigerungshaltung für den Fortgang der Sachaufklärung hat. Ist ein Anwalt nicht anwesend, sollte der Sachverständige dies - in angemessenem Ton - der Partei klar machen. Hält die Partei an ihrer Verweigerungshaltung fest, hat der Sachverständige nur die Wahl, den Termin fortzusetzen, ihm mögliche Feststellungen zu treffen und
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das Gericht anschließend zu informieren, in welchem Umfang eine Partei Feststellungen nicht ermöglicht hat, oder die Ortsbesichtigung abzubrechen, das Gericht über den Grund des Abbruchs zu informieren und abzuwarten, ob ihm eine spätere Ortsbesichtigung ermöglicht wird. gg) Verlassen der Örtlichkeit vor Beendigung der Ortsbesichtigung durch eine Partei Verlässt eine Partei oder ihr Anwalt vor Beendigung der Ortsbesichtigung die Örtlichkeit, muss der Sachverständige klären, ob sie damit einverstanden ist, dass er weitere Feststellungen in ihrer Abwesenheit trifft und dies zu Protokoll nehmen. Ist dies nicht der Fall, muss er die Ortsbesichtigung abbrechen und das Gericht informieren. Verlässt eine Partei oder ein Anwalt im Zorn über das Verhalten des Sachverständigen oder der gegnerischen Partei die Örtlichkeit und gibt dem Sachverständigen überhaupt keine Gelegenheit zu klären, ob er Feststellungen in ihrer Abwesenheit treffen kann, muss er die Ortsbesichtigung in jedem Fall abbrechen, und zwar auch dann, wenn eine neue Ortsbesichtigung mit nicht unerheblichem Aufwand (z. B. erneute Bauteilöffnung) verbunden ist. Dies gilt erst recht für den Fall, dass die Partei, die über das Hausrecht verfügt, aus Verärgerung über das Verhalten der anderen Partei und/ oder deren Anwalts von ihrem Hausrecht Gebrauch macht und ein Hausverbot ausspricht. In Einzelfällen sind sachverständige Feststellungen von bestimmten Situationen abhängig (z. B. Witterungsbedingungen, Grundwasserspiegel u.ä.), die sich kurzzeitig verändern. In Abstimmung mit den Parteien kann der Sachverständige ohne schriftliche Ladung, die sonst zeitverzögernd wirkt, Feststellungen vor Ort treffen. Verweigern die Parteien eine solche Feststellung, darf der Sachverständige sie nicht durchführen. hh) Vergleichsgespräche Heftig umstritten ist die Frage, ob ein Bausachverständiger bei Ortsbesichtigungen die Gelegenheit zu Vergleichsgesprächen suchen soll. Die Frage ist, wie sich denken lässt, nicht einfach mit ja oder nein zu beantworten. Keinesfalls sollte der Sachverständige dies ohne die Anwälte beider Parteien versuchen. Die Chancen eines Prozesses kann eine Partei, ohne mit ihrem Anwalt Rücksprache genommen zu haben, in der Regel nicht einschätzen. Es wäre für eine Partei fahrlässig, ohne ihren Anwalt bindende Erklärungen abzugeben, auch wenn ihr dies im Augenblick noch so überzeugend erscheinen
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mag. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Bauprozess in den meisten Fällen nicht nur aus einer von einem Sachverständigen zu beurteilenden Frage besteht, sondern er ist häufig eine Mischung aus Rechtsfragen, durch Zeugenbeweis und durch Sachverständigenbeweis aufzuklärende Fragen. Wie ein Gericht eine Rechtsfrage beurteilt, weiß der Sachverständige ebenso wenig wie es die Glaubwürdigkeit von Zeugen beurteilt. Der Anwalt einer Partei, der den ganzen Prozess im Blick hat, kann dies viel besser beurteilen, zumal ihm das Gericht seine Einschätzung der Rechtslage in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt haben dürfte/sollte. Ist nur ein Anwalt bei der Ortsbesichtigung zugegen, würde der von diesem Anwalt vertretenen Partei möglicherweise durch einen Vergleichsvorschlag ein ihr nicht zustehender Vorteil zuteil, da der Anwalt viel schneller als die nicht anwaltlich vertretene Partei beurteilen kann, in welchem Umfang ein Vergleichsvorschlag angesichts der Gesamtlage des Prozesses günstig ist oder nicht. Beginnt ein Sachverständiger in Abwesenheit eines Anwalts Vergleichsgespräche und scheitern diese, macht er sich den abwesenden Anwalt zum Gegner, da dieser sich hintergangen fühlen dürfte. Vergleichsgesprächen auf Anregung des Sachverständigen zugänglich sind auch nicht sehr komplexe Schadensbereiche, wie etwa Fehler bei der Tragwerksplanung oder Prozesse mit mehreren Parteien auf einer Seite, die aus unterschiedlichen Gründen haften, etwa Handwerker, Architekt, Statiker. Bei derartigen Prozessen ist die Rechtslage in der Regel schwierig und zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung möglicherweise noch nicht hinreichend überschaubar. Angezeigt können Vergleichsgespräche jedoch sein, wenn sich der Prozess in der Beantwortung der Beweisfrage durch den Sachverständigen erschöpft und ohne eine gütliche Einigung weitere umfangreiche Aufklärung betrieben werden müsste. Angezeigt sind in jedem Fall Vergleichgespräche auch, wenn kleinere Teilkomplexe einer Sachaufklärung einen Aufwand erfordern, der in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem steht, was die Parteien letztlich entschieden haben wollen. Hat beispielsweise die Ortsbesichtigung eine Feststellung eines erheblichen Teils der Mängel ermöglicht und erfordert die Aufklärung eines weiteren Mangels nicht unerhebliche weitere Untersuchungen, kann es aus Zeit- und Kostengründen angezeigt sein, bezüglich des nicht aufgeklärten Mangels eine gütliche Teillösung anzustreben. Ein Sachverständiger, der sich dies zutraut und zu einem erfolgreichen Abschluss bringt, dürfte sich des Danks der Parteien und des Gerichts sicher sein.
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Der Sachverständige, der Vergleichsgespräche beginnt, sollte sich jedoch bewusst sein, dass er sich auf ein Gleis begibt, auf dem ihm nicht nur Wohlwollen begegnet und er es mit Personen zu tun hat, die auf diesem Gebiet geschulter sind als er selbst. Zeigt sich bei einer Vergleichsanregung bereits von Seiten eines der Anwälte Widerstand, sollte er das Gespräch in dieser Richtung nicht fortsetzen. Zeigt dagegen eine Partei Widerstand, sollte er abwarten, wie sich der Anwalt der Partei verhält. Lässt er durch seine Mimik Zustimmung erkennen, sollte der Sachverständige die Ortsbesichtigung kurz unterbrechen, um den Parteien und ihren Anwälten Gelegenheit zu geben, den Vorschlag des Sachverständigen zu erörtern. ii) Feststellung neuer Mängel Ebenso heftig umstritten ist die Frage, wie sich ein Sachverständiger verhalten soll, wenn er andere Mängel feststellt als sie Gegenstand des Beweisbeschlusses und damit des Vortrages der Parteien sind. Dabei hat zu einer nicht unwesentlichen Verunsicherung unter den Bausachverständigen beigetragen, dass einige Richter die Auffassung vertreten, ein Sachverständiger könne sich dem Vorwurf der Befangenheit aussetzen, wenn er Dinge den Parteien zur Kenntnis gelangen lässt, über die sie bisher nicht gestritten haben. Grundsätzlich ist dabei folgendes zu berücksichtigen: Den Parteien sind die Ursachen für Mangelerscheinungen jedenfalls dann in der Regel nicht bekannt, wenn sie nicht bereits vor Prozessbeginn einen Gutachter eingeschaltet haben, der die Mängel untersucht hat. Nicht selten sind die vorgetragenen Schlussfolgerungen aus dem Schadensbild falsch. Manchmal führen auch mehrere Ursachen zu einem Schaden, ohne dass den Parteien dies bewusst ist. In anderen Fällen bedingt der Zeitablauf zwischen Klageerhebung und Ortsbesichtigung, dass sich die Folgen eines Baumangels entwickeln und Schäden, die in ihrem Ausmaß zunächst nicht erkennbar waren, offenbaren sich bei der Ortsbesichtigung in einem anderen Zustand als von den Parteien vorgetragen. Ein Schaden, der dem ersten Eindruck nach seine Ursache in einer bestimmten mangelhaften Handwerksleistung zu haben scheint, kann bei genauerer Untersuchung seine Ursache in einer ganz anderen Handwerksleistung haben. Auf diese Dinge muss der Sachverständige das Gericht hinweisen, da es sonst falsche Schlüsse zieht. Von diesen Fällen zu unterscheiden sind Mängel, die der Sachverständige beiläufig feststellt, die aber weder einen Bezug zum Sachvortrag der Parteien haben noch die Ursache für einen Schaden sein können, über den die Parteien streiten. Bei derartigen Mängeln kann folgender Grundsatz aufgestellt werden:
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Je schwerwiegender der Mangel für die Funktionsfähigkeit des Gebäudes ist, umso eher ist es angezeigt, die Parteien auf diesen Mangel hinzuweisen. Jedenfalls gilt dies für alle meldepflichtigen Schäden (z. B. Hausschwamm). Stellt der Sachverständige bei der Ortsbesichtigung kleinere Mängel fest, die für die Funktion des Gebäudeteiles ohne Bedeutung sind, aber von der betroffenen Partei hätten festgestellt werden können, braucht er darauf nicht einzugehen, da angenommen werden kann, dass die Parteien über diesen Mangel nicht streiten wollen. Handelt es sich dagegen um schwere Mängel, die auf Dauer zu einer schwerwiegenden Funktionsbeeinträchtigung des Gebäudeteils führen können und ist dieser Mangel erst nach genaueren Untersuchungen erkennbar, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien über diesen Mangel nicht streiten wollen. Es ist dann angezeigt, diesen Mangel zu Protokoll zu nehmen. Sind die Anwälte bei dieser Ortsbesichtigung anwesend, kann der Sachverständige davon ausgehen, dass sie aus dieser Feststellung Konsequenzen ziehen werden. Sind Rechtsanwälte nicht anwesend, ist es angezeigt, diesen von dem Sachverständigen festgestellten Mangel dem Gericht anzuzeigen und abzuwarten, welche Konsequenzen Gericht und Parteien aus dieser Mitteilung ziehen. Eine solche Anzeige empfiehlt sich auch aus prozessökonomischen Gründen, da dieser neue Mangel gegebenenfalls in den laufenden Prozess eingeführt werden kann und so ein neuer Prozess um diesen Mangel vermieden werden kann. Dabei sollte auch die zur Mangelbeseitigung verpflichtete Partei bedenken, dass sich eine schnelle Sanierung häufig viel kostengünstiger durchführen lässt als wenn nach einem weiteren Prozess saniert werden muss. Bedeutet ein vom Sachverständigen bei der Ortsbesichtigung festgestellter Mangel eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (z. B. fehlende Standsicherheit einer Mauer), so ist der Sachverständige zum Zwecke der Gefahrenabwehr sogar verpflichtet, die Parteien oder das Gericht auf das von ihm Festgestellte hinzuweisen. Dem Vorwurf der Befangenheit kann sich der Sachverständige in derartigen Fällen nur dann aussetzen, wenn er mit dieser Mitteilung den Eindruck erweckt, einer Partei einen Vorteil verschaffen zu wollen. Das ist aber in der Regel nicht der Fall. jj) Beendigung der Ortsbesichtigung Bei Beendigung der Ortsbesichtigung sollte der Sachverständige die Parteien darüber informieren, ob er seine Feststellungen abgeschlossen hat oder ob es
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einer weiteren Ortsbesichtigung bedarf, da die Parteien auch wissen sollen, wann der Sachverständige die für sein Gutachten notwendigen Feststellungen abgeschlossen hat. Bedarf es einer weiteren Ortsbesichtigung und zeigt der Sachverständige dies den Parteien nicht an, droht die Gefahr eines unnötigen Schriftverkehrs der Parteien mit dem Gericht. Mitunter ist den Parteien der Beweisbeschluss des Gerichts bei der Ortsbesichtigung nicht mehr präsent, dann haben sie in dieser Situation noch einmal Gelegenheit, sich zu verdeutlichen, dass der Sachverständige seine Sachaufklärung beendet hat. Nicht selten stellen die Parteien erst während einer Ortsbesichtigung durch den Sachverständigen fest, dass das Gericht einen Sachverhalt, den sie für bedeutsam hielten, - etwa aus Rechtsgründen - nicht für aufklärungsbedürftig gehalten hat. Auch das kann dann mit der Mitteilung, dass die Sachaufklärung abgeschlossen ist, verdeutlicht werden. Es bleibt dann den Parteien und ihren Rechtsanwälten überlassen, daraus Konsequenzen zu ziehen.
10. Das schriftliche Gutachten Aufbau und Diktion des gerichtlichen Gutachtens sind an anderer Stelle dargestellt worden. Hier genügt eine Beschränkung aus der Sicht des Leistungsempfängers (des Richters). Das Gericht soll sein Urteil so abfassen, dass die unterliegende Partei von der Richtigkeit der Entscheidung überzeugt wird (die obsiegende Partei interessiert nicht, warum sie gewinnt, sie ist ohnehin davon überzeugt, dass sie im Recht ist). In einem Bauprozess muss das Gericht demnach eine Partei überzeugen, dass ein Mangel, von dessen Vorhandensein sie überzeugt war, nicht vorhanden ist, oder es muss eine Partei bei Vorhandensein eines Mangels davon überzeugt werden, dass sie einen Fehler begangen hat oder für einen Fehler eines anderen einzustehen hat. Das ist schon keine leichte Aufgabe, wenn sich das Gericht auf seinem ureigenen, dem juristischen Gebiet, bewegt. Es ist aber um vieles schwerer, wenn es auf einem Gebiet argumentieren muss, auf dem es Laie ist, nämlich dem technischen Gebiet. Ein auch in dieser Hinsicht überzeugendes Urteil setzt voraus, dass das Gericht den technischen Sachverhalt verstanden hat und das, was der Sachverständige festgestellt hat, der Partei als richtige Erkenntnis vermitteln kann. Das heißt, ein Laie (Richter) muss einem technischen Profi (Architekt, Sonderfachmann, Handwerker, Bauträger usw.) erläutern, dass er einen Fehler auf seinem Fachgebiet begangen hat. Eine solche Erläuterung hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht die Ausführungen des Sachverständigen ebenso
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verstanden hat und jederzeit nachvollziehen konnte wie der betroffene Profi. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass sich ein Sachverständiger bei Erstellung seines Gutachtens auf seinem Fachgebiet bewegt, während sich der mit Bauprozessen befasste Richter auf verschiedene Fachgebiete begeben muss. Während beispielsweise ein Fliesenlegermeister als Sachverständiger nur auf diesem Gebiet von einem Gericht Aufträge erhält, muss sich ein Gericht an einem Tag mit dem Fliesenlegerhandwerk, an einem anderen Tag mit dem Dachdeckerhandwerk und wiederum an einem anderen Tag mit dem Maurerhandwerk befassen. Auf allen Gebieten aber wird von ihm erwartet, dass es sein Urteil so überzeugend begründet, dass auch die Ausführungen auf technischem Gebiet von der unterliegenden Partei akzeptiert werden. Dieser Aufgabe kann das Gericht nicht gerecht werden, wenn ihm die Bausachverständigen den Sachverhalt nicht so aufbereiten, dass es an einem Tag das Fliesenlegerhandwerk, an einem anderen Tag das Dachdeckerhandwerk und wiederum an einem anderen Tag das Maurerhandwerk beurteilen kann. Der Sachverständige muss auch die riesige Bandbreite der in Bauprozessen tätigen Richter beachten. Die Bandbreite reicht von einem Bausenat, dessen Mitglieder seit Jahren nichts anderes machen als Bauprozesse zu entscheiden, bis zum jungen Proberichter, der neben Prozessen in völlig anderen Bereichen auch Bauprozesse zu entscheiden hat. Während allen Mitgliedern eines Bausenats alle Erscheinungen drückenden Wassers geläufig sein sollten, ist jungen Richtern mitunter nicht einmal der Unterschied zwischen drückendem und nicht drückendem Wasser oder der Unterschied zwischen einer weißen und einer schwarzen Wanne bekannt. Vom jungen, in Bauprozessen unerfahrenen Richter wird aber ebenso wie vom erfahrenen Mitglied eines Bausenats erwartet, dass das Urteil so abgefasst wird, dass es die unterliegende Partei überzeugt. Schon bestehende Unsicherheiten in der Beurteilung von technischen Sachverhalten werden vielfach noch dadurch verstärkt, dass sich die Rechtsanwälte nicht immer präzise ausdrücken. So ist zu erklären, warum es aus der Sicht der Sachverständigen zu ungenauen oder manchmal sogar unverständlichen Beweisbeschlüssen kommt. Stellt ein Sachverständiger beim Studium der Akte und dem sich aus der Akte ergebenden Beweisbeschluss fest, dass das Gericht in der bisherigen Beurteilung des Sachverhalts nicht sattelfest ist, empfiehlt es sich, dem Gutachten Begriffsdefinitionen voranzustellen. Ein Richter, dem dieser Begriff nie erläutert worden ist, kann sich beispielsweise unter Schichtenwasser nichts vorstellen. Begriffe, die am Anfang des Gutachtens erläutert worden sind,
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weisen dem Laien den Weg durch das gesamte Gutachten. Erforderlich ist auch, dass der Sachverständige Begriffe, die er einmal zur Beurteilung des Sachverhalts gewählt hat, beibehält und nicht während des Gutachtens anders bezeichnet. Auffällig ist, wie selten Darstellungen in Gutachten mit Skizzen unterlegt werden. Während in technischen Fachbüchern viele Skizzen zur Darstellung verwandt werden und Bausachverständige bei Vortragsveranstaltungen vielfach Folien einsetzen, werden in Gutachten für Gerichte Skizzen nur selten verwandt, obwohl eine skizzenhafte Darstellung manchen Sachverständigen erkennbar weniger Schwierigkeiten bereitet als die sprachlich präzise Darstellung der Materie. Manchmal wird den Richtern das vom Sachverständigen beurteilte Problem erst deutlich, wenn er es bei seiner Anhörung im Gericht zeichnerisch darstellt. Die Kunst des guten Bausachverständigen besteht darin, dass er einem Laien einen technisch schwierigen Sachverhalt nachvollziehbar darlegen kann, ohne dass die wissenschaftliche Genauigkeit darunter leidet.
11. Die ergänzende schriftliche Stellungnahme Nach Fertigstellung seines schriftlichen Gutachtens übersendet der Sachverständige dem Gericht das Gutachten mit den von diesem gewünschten Ausfertigungen. Das Gericht übersendet den Parteien das Gutachten und räumt ihnen eine angemessene Frist ein, innerhalb derer sie Gelegenheit erhalten, zum Gutachten und dessen Ergebnis Stellung zu nehmen. Eine derartige Stellungnahme durch einen Rechtsanwalt setzt in aller Regel voraus, dass er das Gutachten und dessen Ergebnis mit seinem Mandanten bespricht. Nicht selten wird das Gutachten angegriffen, obwohl es überzeugend ist, nämlich allein deshalb, weil einer Partei das Ergebnis nicht passt. Berechtigte Angriffe auf ein Sachverständigengutachten haben ihre Grundlage vor allem in ungenauen und lückenhaften Formulierungen, weitschweifigen neben der Sache liegenden Ausführungen sowie vorschnell wirkenden, allzu plakativen Formulierungen. Aus der Stellungnahme der Parteien ergeben sich drei Anregungen an das Gericht: – Ergibt sich aus dem schriftlichen Gutachten, dass der Sachverständige der Fragestellung nicht gewachsen zu sein scheint, wird die Beauftragung eines
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anderen Sachverständigen beantragt, weil nicht erwartet wird, dass die fehlende Überzeugungskraft durch ergänzende Ausführungen hergestellt wird. – Geht es lediglich um noch fehlende kleinere Ergänzungen, von denen erwartet werden kann, dass sie durch die Beantwortung einzelner Fragen hergestellt werden können, wird eine ergänzende schriftliche Stellungnahme beantragt. – Ist anzunehmen, dass auch größere Ergänzungen und umfangreichere Erläuterungen notwendig sind, ohne dass es eines neuen oder weiteren Gutachtens bedarf, wird die mündliche Anhörung des Sachverständigen beantragt. Es wird in diesem Zusammenhang davor gewarnt anzunehmen, in allen Fällen eines Antrags auf ergänzende schriftliche Stellungnahme oder mündliche Anhörung habe das bisherige Gutachten die Erwartungen nicht erfüllt. In vielen Fällen kommt es zu derartigen Anträgen, weil eine Partei nach Vorlage des Gutachtens noch nicht einzusehen vermag, dass ihre bisherige Prozessstrategie nicht zu dem gewünschten Ergebnis führt oder weil der Anwalt meint, er müsse seiner Partei durch derartige Anträge doch noch eine kleine Chance erhalten, das durch das Gutachten zu erwartende Prozessergebnis zu verhindern. Bitten des Gerichts um ergänzende schriftliche Stellungnahmen kommen so gut wie nicht vor. Wenn das Gericht also ergänzende schriftliche Stellungnahmen anfordert, ist dies nahezu immer auf eine Bitte einer der Parteien zurückzuführen. Hält das Gericht Ergänzungen für notwendig, wird nahezu immer der Sachverständige zur mündlichen Verhandlung geladen und gebeten, sein Gutachten zu ergänzen. Davon wird in aller Regel nur dann Abstand genommen, wenn die mündliche Anhörung mit einer weiten Anreise des Sachverständigen verbunden ist. Ergänzende schriftliche Stellungnahmen sind dann angezeigt, wenn erwartet werden kann, dass mit der ergänzenden Stellungnahme die Tätigkeit des Sachverständigen abgeschlossen ist. Ist damit zu rechnen, dass trotz einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme des Sachverständigen auch noch eine mündliche Anhörung durchgeführt werden muss, sollte das Gericht von der Einholung einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme absehen und gleich die mündliche Anhörung durchführen. Das kann das Gericht, auch wenn eine mündliche Anhörung des Sachverständigen von den Parteien bisher nicht beantragt worden ist, sondern nur eine ergänzende schriftliche Stellungnahme, da die mündliche Gutachtenerstattung, wie § 411 ZPO zeigt, der vom Gesetzgeber vorgesehene
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Regelfall ist. Die Durchführung beider Gutachtenergänzungen bedeutet nur einen unnötigen finanziellen und zeitlichen Aufwand. Bei der ergänzenden schriftlichen Stellungnahme stellt der Rechtsanwalt in einem Schriftsatz konkrete Fragen, um deren Beantwortung er den Sachverständigen bitten lässt. Das Gericht übersendet dem Sachverständigen eine Abschrift dieses Schriftsatzes und bittet ihn innerhalb einer bestimmten Frist um die Beantwortung der Fragen. Auffallend ist bei der Beantwortung der Fragen eine nicht selten vorzufindende Schärfe in der Formulierung. Offensichtlich empfinden es manche Sachverständige als Kränkung, dass sie gebeten werden, ihr Gutachten zu ergänzen. Allerdings ist die Schärfe häufig auch eine Reaktion auf eine Schärfe in den Formulierungen des anwaltlichen Schriftsatzes. Der Sachverständige sollte sich aber, auch wenn er sich zu Unrecht attackiert fühlt, klar sein, dass er auch bei der Beantwortung anwaltlicher Fragen für das Gericht tätig wird (den Auftrag zur Gutachtenergänzung erhält er vom Gericht) und aus Verärgerung hervorgerufene Formulierungsschärfen in der Regel das Gegenteil dessen bewirken, was sich der Verfasser vorstellt. Arrogante und unsachliche Formulierungen führen nicht dazu, dass ein Rechtsanwalt vom Angriff auf das Gutachten oder die Gutachtenergänzung absieht, sondern ermutigen ihn eher, weiteres zu unternehmen, weil er den Beweis mangelnder Souveränität des Sachverständigen geliefert bekommen hat und erwarten kann, ihn bei geschickten weiteren Attacken möglicherweise erfolgreich als befangen ablehnen zu können. Hat der Rechtsanwalt seinen Gutachtenangriff nicht in einen so klaren Fragenkatalog gebracht, dass eine Beantwortung ohne Mühe möglich ist, kann auch das Gericht dem Sachverständigen entsprechende Fragen stellen, die es dem Schriftsatz glaubt entnehmen zu können. Das führt jedoch mitunter dazu, dass der Rechtsanwalt eine weitere ergänzende Stellungnahme beantragt, wenn er glaubt, sein Angriff auf das Gutachten habe sich durch die vom Gericht gestellten Fragen nicht erledigt.
12. Die mündliche Anhörung des Sachverständigen Die Anhörung des Sachverständigen im Gericht ist die unangenehmste Situation, in die ein Bausachverständiger innerhalb eines gerichtlichen Auftrages gerät. Denn bei dieser Anhörung werden von ihm Ausführungen innerhalb einer Atmosphäre erwartet, in der sich andere zu Hause fühlen. Bei der Ortsbesichtigung
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hält sich der Sachverständige da auf, wo er sich auskennt und wohl fühlt, am Bauwerk. Er nimmt Erscheinungen in Augenschein, die er schon vielfach gesehen und beurteilt hat ( wie viele feuchte Keller sieht ein Bausachverständiger wohl im Rahmen einer langjährigen Gutachtertätigkeit?). Ist das Bauwerk sogar teilweise freigelegt, ähnelt es einer Baustelle. Der Sachverständige befindet sich mithin auf seinem ureigenen erlernten Betätigungsfeld. Auch wenn ein Richter an der Ortsbesichtigung teilnimmt, bleibt der Sachverständige der Herr des Geschehens. Das schriftliche Gutachten und schriftliche Gutachtenergänzungen setzt er innerhalb seines Büros ab mit allen Annehmlichkeiten, die ihm dort zur Verfügung stehen. Mündliche Erläuterungen muss er dagegen im Gericht abgeben. Das ist ein Bereich, in dem sich andere – Gericht und Rechtsanwälte – wohl fühlen. Richter, die mal als Zeugen vernommen wurden, können beurteilen, ein wie großer Unterschied bei Gericht darin besteht, fragen zu dürfen oder Fragen beantworten zu müssen. Der Nachteil, den Gericht und Rechtsanwälte als technische Laien gegenüber dem Sachverständigen haben, wird ausgeglichen durch Kenntnisse der Vernehmungstechnik und Psychologie. Herr des Geschehens ist der Richter und in Fällen, in denen Sachverständige dies verkennen, werden sie entweder durch den Richter oder die Rechtsanwälte daran erinnert. Dennoch gibt es keinen Grund, vor einem Gerichtstermin Angst zu haben. Auch bei dieser Tätigkeit bleibt der Sachverständige der technische Berater des Gerichts. Das Gericht braucht ihn, um den Prozess zur Entscheidungsreife zu führen. Hat der Sachverständige das Gericht nicht im Vorfeld der Anhörung verärgert, wird er bei der Anhörung auf wohlwollende Richter treffen. Selten kommt Schärfe bei einer Befragung durch das Gericht auf. Ein vom Gericht im Sitzungssaal attackierter Sachverständiger wird verunsichert und vielleicht verärgert reagieren. Dabei verliert er die Souveränität, die er benötigt, um die gestellten Fragen angemessen zu beantworten. Das ist eine Situation, die das Gericht gerade vermeiden will. Vor und während einer Anhörung vor Gericht sollte sich der Sachverständige vergegenwärtigen, dass die Anhörung mit der Qualität dessen, was er als Gutachten abgeliefert hat, in nicht wenigen Fällen nichts zu tun hat. Das soll anhand der Situation eines Rechtsanwaltes verdeutlicht werden. Stellen wir uns vor, ein Rechtsanwalt vertritt einen Handwerker, der durch mangelhafte Arbeit einen Schaden verursacht, der für ihn, falls sich der Vorwurf bestätigt, erhebliche finanzielle Konsequenzen haben wird. In der anwaltlichen
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Beratung überzeugt der Handwerker den Anwalt, dass er korrekt gearbeitet und mit der Entstehung des Schadens nichts zu tun hat. Entsprechend trägt der Anwalt im Prozess vor. Die Untersuchung des Bauwerks durch den Sachverständigen bestätigt aber, dass der erhobene Vorwurf begründet ist. Der Handwerker will dies jedoch nicht einsehen, stellt neue Behauptungen auf und erklärt dem technisch nicht versierten Anwalt, warum das Gutachten falsch ist. Auch nach einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme ist der Handwerker nicht davon zu überzeugen, dass er etwas falsch gemacht hat. Wenn der Anwalt nicht einen unzufriedenen Mandanten haben und sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, dass er nicht mit genügend Engagement seinen Beruf ausübt, muss er noch einmal tätig werden, und zwar auch dann, wenn er längst erkannt hat, dass der Prozess für seinen Mandanten verloren ist. Ist das Gutachten des Sachverständigen überzeugend, bleibt ihm nur eine Möglichkeit, das Blatt zu wenden. Er muss versuchen, den Sachverständigen in Widersprüche zu verstricken. Das kann er aber nur, wenn er mit unpräzisen Fragen dem Sachverständigen unpräzise Antworten entlockt. Wird er bei der Befragung heftiger, ist dies vielfach nicht auf unqualifizierte oder unbefriedigende Antworten des Sachverständigen zurückzuführen, sondern Folge der Erkenntnis, dass sein Tun keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Der Sachverständige kann gewiss sein, dass jedenfalls dem erfahrenen Richter diese Situation bewusst ist und er eingreift, falls er den Eindruck hat, dass der Anwalt „über das Ziel hinausschießt“. Macht sich der Sachverständige dieses „Rollenspiel“ klar, kann er gelassener in einen Anhörungstermin gehen. a)
Die Vorbereitung der mündlichen Anhörung
Da die mündliche Anhörung in der Regel nach dem Termin liegt, in dem das schriftliche Gutachten abgefasst wurde, sind die Gerichte gehalten, dem Sachverständigen die Gerichtsakte noch einmal rechtzeitig vor dem Termin zuzuleiten, damit der Sachverständige zum Einen noch einmal feststellen kann, welcher Sachvortrag dazu geführt hat, dass er ein Gutachten erstellen musste und der Akte auch entnehmen kann, was dazu geführt hat oder haben mag, dass eine mündliche Erläuterung für erforderlich gehalten wird. Anders als bei der ergänzenden schriftlichen Stellungnahme wird dem Sachverständigen kein Fragenkatalog zugeleitet, d.h. der Sachverständige kann allenfalls mittelbar (durch das Studium der Akte) erkennen, was auf ihn zukommt. Das ist für ihn keine angenehme Situation, lässt sich jedoch nicht anders bewerkstelligen, da jedenfalls dann, wenn Gericht und Anwalt das Bedürfnis auf mündliche Erläuterung haben, nicht absehbar ist, welchen Umfang
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die Anhörung nehmen wird. Ist die Anordnung der mündlichen Anhörung nicht auf eine Initiative des Gerichts zurückzuführen, sondern ausschließlich auf eine Initiative des Anwalts- was der Sachverständige aber nicht weiß -, ist der Gegenstand der Anhörung den anwaltlichen Schriftsätzen nach Vorlage des Gutachtens zu entnehmen, denn das Gericht ist zur Anordnung der mündlichen Anhörung auf die Anregung eines Anwalts nur verpflichtet, wenn dem Schriftsatz zu entnehmen ist, welche Fragen an den Sachverständigen gestellt werden sollen bzw. welche Ergänzungen der bisherigen Darlegungen begehrt werden. Bereits eindeutig beantwortete oder beweisunerhebliche Fragen geben dem Gericht dagegen keine Veranlassung, eine mündliche Anhörung des Sachverständigen zu veranlassen (vgl. OLG Oldenburg MDR 1998, 17; OLG Hamm MDR 1985, 593). Allerdings weiß der Sachverständige nicht, was beweisunerheblich ist. Wird seine Anhörung jedoch angeordnet, muss er davon ausgehen, dass ihm beweiserhebliche Fragen gestellt werden, auch wenn er sie selbst nicht für beweiserheblich hält. Wird dem Sachverständigen vom Gericht die Gerichtsakte nicht zugeleitet, sollte er, falls er sie benötigt, sich darum kümmern, dass ihm die Akte noch einmal zugeleitet wird, da ihm ohne Lektüre der Akte der Sinn mancher Frage nicht einleuchten wird. Falls dies, aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich ist, sollte der Sachverständige die Gelegenheit der Terminsabsprache mit dem Gericht dazu nutzen, den Richter zu fragen, in welche Richtung die Anhörung geht, damit er sich gewissenhaft auf die Anhörung vorbereiten kann. b) Der Anhörungstermin Zu Beginn des Anhörungstermins weiß der Sachverständige noch nicht, ob das Gericht seine Ausführungen verstanden hat und bereit ist, seine Ausführungen zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen. Diese Situation, die zweifellos geeignet ist, den Sachverständigen etwas zu verunsichern, ist aber schnell beendet. Bereits nach seiner Vernehmung zur Person gewinnt der Sachverständige Klarheit über den Erfolg seines Gutachtens. – Bittet das Gericht den Sachverständigen, noch einmal grundsätzlich die Problematik zu erörtern, muss angenommen werden, dass es die schriftlichen Darlegungen in wesentlichen Teilen nicht nachvollziehen konnte. Dies bedeutet für den Sachverständigen einen nicht unerheblichen Überzeugungsaufwand, wobei sich die durch ein Gutachten belastete Partei in ihrer - schlechten - Meinung von dem Gutachten bestätigt fühlt, wenn das
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Gericht umfangreiche Erläuterungen wünscht. – Hat das Gericht nur eine oder zwei ergänzende Fragen, hat es die schriftlichen Darlegungen des Sachverständigen nachvollziehen können und ist bereit, sie zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen. Die zusätzlichen Fragen beziehen sich dann in der Regel auf kleinere Missverständnisse oder sind Folge eines Angriffs einer Partei. – Hat das Gericht keine Frage, kann der Sachverständige davon ausgehen, dass das Gutachten das Gericht in seinen Kernaussagen überzeugt hat und das Gericht bereit ist, das Ergebnis des Gutachtens uneingeschränkt zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen. Die Anhörung ist dann ausschließlich darauf zurückzuführen, dass eine Partei mit dem Gutachten, Teilen des Gutachtens oder dem Ergebnis nicht einverstanden ist. Ist aber das Gutachten für das Gericht überzeugend, hat der Sachverständige seine Aufgabe erfüllt und kann sich gelassen den Fragen des Anwalts oder der Partei stellen. In dieser Situation kann er sich darauf verlassen, dass das Gericht bei unsachlichen Attacken oder allzu nervigen Fragen „seine schützende Hand über ihn halten“ wird und alles tun wird, den Anhörungstermin nicht so eskalieren zu lassen, dass der Sachverständige seine Souveränität und damit seine Überzeugungskraft verliert. Der Sachverständige muss sich jederzeit vor Augen führen, dass das Gericht ihn zur Lösung seiner Aufgabe braucht und deshalb auch jederzeit bereit ist, ihn vor unsachlichen Angriffen zu bewahren. Er hat deshalb seinerseits auch alles zu tun, um sich das nach einem überzeugenden Gutachten erworbene Wohlwollen zu erhalten. Es verbietet sich, Fragen des Gerichts patzig, genervt oder arrogant zu beantworten. Eine überhebliche Behandlung des Gerichts kann schnell dazu führen, dass sich die Stimmung umkehrt.Ein zur Arroganz neigender Sachverständiger muss sich auch klar machen, dass es sich die Juristen im Gericht nicht bieten lassen, „vorgeführt zu werden“. Die Verärgerung darüber kann zu Schulterschlüssen zwischen Gericht und Anwalt führen und den Sachverständigen dann in eine unangenehme Lage bringen. Zwar kann es im Einzelfall angezeigt sein, einem zu nervig fragenden Anwalt mal mit einer spitzen Bemerkung zu antworten, vor allem dann, wenn der Anwalt die Ausführungen des Sachverständigen bewusst missverstehen will. Der Sachverständige darf jedoch den Bogen nicht überspannen, weil die Anwälte sich in der Regel gut zu wehren wissen und auch das Gericht jederzeit respektiert, dass der Anwalt bemüht ist, seinen Job optimal zu erfüllen, wobei
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gerade die Anwesenheit seines Mandanten ihn manchmal zwingt zu insistieren, obwohl er selbst von der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen überzeugt ist. Aufgabe des Richters ist es, den Sachverständigen vor unzulässigen Fragen von Parteien und Anwälten zu schützen. Unzulässig sind Ausforschungsfragen, Suggestivfragen und Wiederholungsfragen. Auch Rechtsfragen an den Sachverständigen sind nicht zulässig. Manchmal ist nicht genau festzustellen, ob es sich um eine Ausforschungsfrage handelt oder um eine Einleitungsfrage zum Verständnis des behandelten Komplexes. Hier muss das Gericht im Zweifel zugunsten des Fragenden entscheiden. Wie ausgeführt sind Rechtsfragen an den Sachverständigen unzulässig. Er sollte sich aber auch selbst jeder Rechtsausführung enthalten. Sachverständige liefern den Gerichten die notwendigen Parameter, die diese benötigen, um den Parteien Ansprüche zuzuerkennen oder nicht. Der Sachverständige schildert dem Gericht beispielsweise den für eine Mängelbeseitigung erheblichen materiellen Aufwand. Ob dieser Aufwand unverhältnismäßig ist oder nicht, entscheidet nicht der Sachverständige, sondern das Gericht. Schwierig wird die Situation bei einem Anhörungstermin für den Sachverständigen, wenn eine oder sogar mehrere Parteien Privatgutachter zum Anhörungstermin mitbringen. Soweit der Sachverständige sich darauf vorbereiten kann, weil dies angekündigt wird und sich Gutachten dieser anderen Sachverständigen bereits in der Gerichtsakte befinden, ist die Lage für den Sachverständigen einschätzbar. Er kann sich auf die Angriffe der Privatgutachter gegen sein Gutachten vorbereiten. Unüberschaubar und überhaupt nicht einzuschätzen ist die Lage für ihn jedoch, wenn Privatgutachter in dem Verfahren – jedenfalls soweit für den Sachverständigen erkennbar – noch nicht tätig waren und ohne vorherige Ankündigung von den Parteien zum Termin mitgebracht werden. In dieser Situation muss der Sachverständige nicht nur Laien (Richtern und Rechtsanwälten) durch ergänzende Ausführungen die nötige Klarheit zum Verständnis seines Gutachtens verschaffen, sondern auch mögliche Einwendungen eines Kollegen seines Fachgebietes widerlegen. Dabei kann es im Einzelfall sogar sein, dass der Privatgutachter - beispielsweise aufgrund eines Forschungsauftrages - über überlegene wissenschaftliche Erkenntnisse auf einem Spezialgebiet verfügt. Das ist jedoch kein Grund, den Sachverständigen verzagen zu lassen. Wenn er bei der Ortsbesichtigung sorgfältig gearbeitet hat, zuverlässige Feststellungen getroffen und daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen hat, können auch noch so gute theoretische
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Überlegungen die Richtigkeit der Feststellungen nicht in Frage stellen. Stellt der Sachverständige jedoch bei der Befragung durch den Privatgutachter fest, dass er entgegen seiner Auffassung noch nicht alle Untersuchungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat oder möglicherweise einen Einzelaspekt falsch eingeschätzt hat, so muss er unbedingt den Fehler einräumen bzw. ergänzende Untersuchungen anregen. Ein Sachverständiger, der trotz besserer Erkenntnis auf einem falschen Standpunkt beharrt und dann möglicherweise von einem Privatgutachter „vorgeführt wird“, gefährdet seine Karriere. Das Gericht muss bei dem Anhörungstermin dafür Sorge tragen, dass der Privatgutachter nur in dem Umfang tätig wird, in dem seine Anwesenheit zugelassen ist, nämlich als sachkundiger Fragesteller. Allerdings muss dem Privatgutachter Gelegenheit gegeben werden, durch die Darstellung einer These den Sinn einer Frage zu erläutern. Stellt der Sachverständige beim Diktat seiner ergänzenden mündlichen Ausführungen fest, dass der diktierende Richter Begriffe ungenau ins Protokoll aufnimmt, sollte er unbedingt korrigierend eingreifen, da ansonsten seine Darlegungen für Dritte nicht verständlich sind. Stellt beispielsweise ein Berufungsgericht fest, dass sich Darlegungen aus dem schriftlichen Gutachten nicht mit den ergänzenden mündlichen Ausführungen des Sachverständigen decken, werden Widersprüche vermutet, die tatsächlich gar nicht vorhanden sind, sondern auf einem Fehler des erstinstanzlichen Richters beruhen.
13. Sachverständigenbeeidigung Gemäß § 410 Abs. 1 Satz 1 ZPO wird der Sachverständige vor oder nach Erstattung des Gutachtens beeidigt. § 410 begründet keine Pflicht zur Beeidigung, sondern regelt nur das „Wie“ (vgl. BGH NJW 1998, 3355). Die Eidesnorm geht dahin, dass der Sachverständige das von ihm geforderte Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werde oder erstattet habe. Ist der Sachverständige für die Erstattung von Gutachten der betreffenden Art im Allgemeinen vereidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid; sie kann auch in einem schriftlichen Gutachten erklärt werden. Bei der mündlichen Anhörung des Sachverständigen geht die Belehrung durch das Gericht dahin, dass der Sachverständige sein Gutachten unter Bezugnahme auf seinen allgemein geleisteten Eid zu erstatten hat.
14. Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit
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14. Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Es genügt jede Tatsache, die ein auch nur subjektives Misstrauen der Partei in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen kann (vgl. BGH NJW 1975, 1363). Auf das Misstrauen des Anwalts einer Partei kommt es nicht an. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass ein Sachverständiger, der während der Tätigkeit für das Gericht beide Parteien gleichberechtigt behandelt, Einwendungen, auch wenn sie ihm noch so unberechtigt erscheinen mögen, nicht abqualifiziert, ständig bemüht ist, ein Arbeitsergebnis zu erzielen, das den Umständen des Falles gerecht wird und bereit ist, Positionen auf Einwendungen oder Anregungen hin zu überdenken, nicht Gefahr läuft, als befangen abgelehnt zu werden. Leider wird in manchen Diskussionen das Gespenst einer erfolgreichen Befangenheitsablehnung zu deutlich „an die Wand gemalt“. Ein Sachverständiger, der sich jederzeit des Umstandes bewusst ist, dass er als Gehilfe des Gerichts tätig wird und danach handelt, läuft nicht Gefahr, erfolgreich als befangen abgelehnt zu werden. Ein Ablehnungsgrund kann nicht daraus hergeleitet werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist (§ 406 Abs. 1 Satz 2 ZPO), er kann ferner nicht daraus hergeleitet werden, dass der Sachverständige in der Vorinstanz bereits ein Gutachten erstattet hat (ständige Rechtsprechung, zuletzt OLG München VersR 1994, 704). Ein Selbstablehnungsrecht des Sachverständigen gibt es nicht. Der Sachverständige, der bei der Beauftragung durch das Gericht oder beim Studium der Gerichtsakte feststellt, dass - etwa wegen seiner persönlichen Beziehung zu einer Partei - ein Befangenheitsgrund vorliegen könnte, sollte das Gericht umgehend informieren und um die Beauftragung eines anderen Gutachters bitten, um sich im Laufe des Verfahrens das peinliche Procedere einer erfolgreichen Ablehnung zu ersparen. Die Tatsache, dass ein Sachverständiger in der Vergangenheit schon mal für eine Partei tätig war, etwa in seiner Funktion als Architekt, Handwerker oder Privatgutachter, rechtfertigt nicht den Vorwurf möglicher Befangenheit. Anders verhält es sich jedoch, wenn ein Sachverständiger regelmäßig für eine Partei tätig ist. Davon sollte er das Gericht unverzüglich in Kenntnis setzen.
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
Exkurs: Im Rahmen der Beauftragung als Privatgutachter muss der Sachverständige seinem Auftraggeber diesem unbekannte Umstände mitteilen, die zu einer Interessenkollision führen können. Offenbart der Sachverständige solche bereits bei Auftragserteilung vorliegende oder später eintretenden Umstände nicht, kann der Auftraggeber im Wege des Schadensersatzes die Erstattung des Sachverständigenhonorars verlangen (vgl. OLG Stuttgart OLGR 2000, 283). Gemäß § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht, von dem der Sachverständige ernannt worden ist, spätestens binnen 2 Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung, zu stellen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Das ist in allen Fällen der Fall, in denen sich der Ablehnungsgrund aus der Tätigkeit des Sachverständigen während der Erstellung des Gutachtens ergibt. Der Ablehnungsgrund ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden. Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch Beschluss. Wird der Antrag für unbegründet erklärt, findet gegen den Beschluss sofortige Beschwerde statt. Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel statt. Auch der Sachverständige hat nicht das Recht, einen Ablehnungsbeschluss, der eine Ablehnung für begründet erklärt, anzufechten.
15. Beweis durch Augenschein unter Hinzuziehung eines Sachverständigen Der Beweis durch Augenschein soll dem Gericht die Überzeugung von der Richtigkeit streitiger Behauptungen durch eigene gegenständliche Wahrnehmung vermitteln (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 371 Rdnr. 1). Während Zeugen und Sachverständige dem Gericht etwas vermitteln, was sie wahrgenommen haben und sich das Gericht von der Richtigkeit dieser fremden Wahrnehmung überzeugen muss, ist die Einnahme des Augenscheins das Beweismittel, das dem Gericht einen unmittelbaren Eindruck von dem von den Parteien bezeichneten Streitobjekt vermittelt. Es ist gerade in Bauprozessen ein geeignetes Beweismittel, da in diesen Prozessen vielfach das Streitobjekt - die mangelhafte Bauleistung - in Augenschein genommen werden kann. Das Gericht kann sich selbst davon überzeugen, ob ein Mangel vorhanden ist oder nicht.
15. Beweis durch Augenschein unter Hinzuziehung eines Sachverständigen
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Führen die Parteien keine Einigung darüber herbei, wer den Mangel - sollte er vorhanden sein - zu vertreten hat, kann das Gericht zur Augenscheinseinnahme gemäß § 372 ZPO einen Sachverständigen hinzuziehen, der diese dann noch offene Frage beantwortet. Von dieser Beweismöglichkeit wird in der Praxis viel zu selten Gebrauch gemacht, was wiederum - wie beim Fernbleiben der Richter bei der Ortsbesichtigung des Sachverständigen - mit zu großem Zeitaufwand erklärt wird. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass es in Bauprozessen tätige Richter gibt, die noch nie eine Augenscheinseinnahme durchgeführt haben. Die Augenscheinseinnahme unter Hinzuziehung eines Sachverständigen hat neben der bereits geschilderten Unmittelbarkeit des gewonnenen Eindrucks den Vorteil, dass es meist schriftlicher gutachterlicher Äußerungen nicht bedarf, sondern der Sachverständige dem sich selbst einen Eindruck verschaffenden Gericht mündlich den technischen Zusammenhang erläutern kann. Da auch die Parteien und Anwälte bei dieser Art der Beweisaufnahme anwesend sind, können sie, falls ihnen dies nicht unmittelbar einleuchtet, dem Sachverständigen ergänzende Fragen stellen, die dieser dann gleich am Objekt beantworten kann. Durch eine solche Beweisaufnahme sind auch Gutachtenergänzungen, wie sie als Folge eines schriftlichen Gutachtens häufig auftreten, nicht mehr erforderlich. Das Gericht braucht - wenn der Termin umfassend vorbereitet worden ist - keinen neuen Verhandlungstermin anzusetzen, sondern kann am Ende des Beweisaufnahmetermins die Parteien die Anträge stellen lassen. Der Aufwand des Sachverständigen ist vergleichsweise gering, der Einsatz des Sachverständigen dadurch für die Parteien auch kostengünstiger. Zudem ist der Prozess schneller entscheidungsreif. Da die Augenscheinseinnahme unter Hinzuziehung eines Sachverständigen möglichst in einem Termin durchgeführt werden soll und der Prozess am Ende des Termins entscheidungsreif sein soll, muss der Sachverständige sich gründlich auf diesen Termin vorbereiten. Auch hierzu ist ein gründliches Aktenstudium erforderlich. Dieses Aktenstudium ermöglicht ihm eine Einschätzung, was er gegebenenfalls zu diesem Termin mitzubringen hat. Der Akte kann er auch entnehmen, ob das Gericht die Sachlage richtig eingeschätzt hat. Denkbar ist, dass Parteien und Gericht davon ausgehen, dass der streitige Mangel in Augenschein genommen werden kann, während der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, dass eine Augenscheinseinnahme nicht oder noch nicht möglich ist. Hiervon sollte er das Gericht unverzüglich in Kenntnis setzen, damit der
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
Termin nicht ohne Ergebnis bleibt und später wiederholt werden muss. Zur Klarstellung muss noch einmal verdeutlicht werden, dass es sich bei diesem Termin anders als bei der Ortsbesichtigung des Sachverständigen um einen Gerichtstermin handelt, der Termin also öffentlich ist. Die Verfahrensleitung bleibt in der Hand des Gerichts. Der Sachverständige fungiert hier auch nach außen lediglich als Gehilfe.
16. Der Sachverständige im Schiedsgerichtsverfahren Das Schiedsgerichtsverfahren ist ein privates Gerichtsverfahren, in dem nach einer zwischen den Parteien vereinbarten Schiedsgerichtsordnung (etwa die Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen – SGO Bau – oder die Schiedsordnung für das Bauwesen – SO Bau) von privaten Schiedsrichtern Recht gesprochen wird. Grundlage dieses privaten Schiedsgerichtsverfahrens ist eine von den betroffenen Parteien geschlossene Schiedsgerichtsvereinbarung, in der die Parteien die Vereinbarung treffen, dass ihr Streit nicht von einem staatlichen Gericht entschieden werden soll, sondern von von ihnen selbst ausgewählten Schiedsrichtern. Gemäß § 1025 Abs. 1 ZPO sind auf dieses Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden, wenn sich der Ort des Schiedsgerichtsverfahrens in Deutschland befindet. Im Schiedsgerichtsverfahren werden, von geringfügigen Ausnahmen abgesehen, Richter und Rechtsanwälte als Schiedsrichter tätig, was bedeutet, dass die Schiedsrichter ebenso wie die staatlichen Richter der Hilfe technischer Berater bedürfen. Deshalb ist in § 1049 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelt, dass das Schiedsgericht, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben, einen oder mehrere Sachverständige zur Erstattung eines Gutachtens über bestimmte vom Schiedsgericht festzulegende Fragen bestellen kann. Das Schiedsgericht kann auch eine Partei auffordern, dem Sachverständigen jede sachdienliche Auskunft zu erteilen oder alle für das Verfahren erheblichen Schriftstücke oder Sachen zur Besichtigung vorzulegen oder zugänglich zu machen (§ 1049 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so hat der Sachverständige, wenn eine Partei dies beantragt oder das Schiedsgericht es für erforderlich hält, nach Erstattung seines schriftlichen oder mündlichen Gutachtens an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen (§ 1049 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Sachverständige, der einen Gutachtenauftrag von einem Schiedsgericht annimmt ist also unter bestimmten Voraussetzungen zur Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung
17. Sachverständiger Zeuge
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verpflichtet. Bei der Verhandlung können die Parteien dem Sachverständigen Fragen stellen (§ 1049 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Der Sachverständige kann im Schiedsgerichtsverfahren ebenso als befangen abgelehnt werden wie im staatlichen Gerichtsverfahren (§§ 1036 Abs. 1, 1049 Abs. 3 ZPO). Das Schiedsgericht hat keine Zwangsgewalt. Demzufolge stehen ihm auch keine Zwangsmittel gegen Sachverständige zur Verfügung. Das Schiedsgericht kann jedoch die Unterstützung der staatlichen Gerichte bei einer Beweisaufnahme beantragen, wenn es sonst seine Rechtsprechungsaufgabe nicht wahrnehmen kann. So kann beispielsweise das staatliche Gericht für das Schiedsgericht einen freiwillig zum Schiedsgerichtstermin nicht erschienenen Sachverständigen vernehmen. Bei einer solchen Vernehmung haben sowohl die Schiedsrichter als auch die Parteien des Schiedsgerichtsverfahrens ein Anwesenheitsrecht. Im Gegensatz zur Tätigkeit für das staatliche Gericht ist der Sachverständige bei der Berechnung seiner Vergütung für seine Tätigkeit für das Schiedsgericht nicht an die Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) gebunden.
17. Sachverständiger Zeuge Der sachverständige Zeuge gibt Auskunft über von ihm wahrgenommene vergangene Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war. Er ist echter Zeuge, d. h. lediglich zu Wahrnehmungen zu vernehmen, die er aufgrund seiner besonderen Sachkunde gemacht hat (z. B. sachverständige Wahrnehmungen über einen baulichen Zustand, der in der wahrgenommenen Form nicht mehr vorhanden ist). Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich danach, ob er ausschließlich als Zeuge vernommen wird. Dann erhält er eine Entschädigung als Zeuge. Werden von ihm während der Vernehmung sachverständige Darlegungen erbeten, die zwar mit seiner Wahrnehmung in Zusammenhang stehen, aber nicht Teil der Wahrnehmung waren, äußert er sich als Sachverständiger und ist als Sachverständiger zu entlohnen.
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
18. Sonstige Pflichten Nach Ablauf der Frist zur Erstattung des Gutachtens hat der Sachverständige die Gerichtsakte unverzüglich an das Gericht zurückzusenden. Er hat dem Gericht außerdem das Gutachten in den gewünschten Ausfertigungen vorzulegen. Auf Verlangen des Gerichts hat der Sachverständige auch herbeigezogene Unterlagen oder Bearbeitungsergebnisse dem Gericht herauszugeben, es sei denn, es stehen Rechte Dritter dem entgegen (§ 407 a Abs. 4 ZPO). Kommt der Sachverständige dieser Pflicht nicht nach, ordnet das Gericht die Herausgabe an. Gibt der Sachverständige die Gerichtsakte oder sonstige Unterlagen nicht heraus, obwohl er dazu verpflichtet ist, werden ihm die dadurch verursachten Kosten auferlegt (§ 409 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt, das im Falle wiederholten Ungehorsams noch einmal festgesetzt werden kann. Bei wiederholtem Ungehorsam kann der Sachverständige auch seine Bestellung verlieren. Ein Ärgernis für die Gerichte und Rechtsuchenden ist die Tatsache, dass viele Sachverständige die Fristsetzung des Gerichts im Gutachtenauftrag schlicht missachten. Sie denken nicht nur nicht daran, die Frist einzuhalten, sondern halten es auch nicht für nötig, das Gericht davon in Kenntnis zu setzen, dass sie nicht in der Lage sind, die Frist einzuhalten. Dabei gehen sie offenbar davon aus, dass die Gerichte das Interesse an dem Prozess verloren haben, wenn die Gerichtsakte dem Sachverständigen übersandt worden ist. Dabei sind sie sich offensichtlich nicht im Klaren darüber, dass ein sorgfältig arbeitender Richter sich bemüht, eine Zeitschiene einzuhalten. Ein Richter, der beispielsweise einem Sachverständigen mitteilt, dass er davon ausgeht, dass das Gutachten bis zum 31.8. vorgelegt werden kann, plant die mündliche Verhandlung dieser Sache für November/ Dezember und blockiert für sie einen Termin. Teilt der Sachverständige rechtzeitig mit, dass er den Termin nicht halten kann, ist die geplante Zeitschiene nicht einzuhalten und es wird ein Termin für das Frühjahr des nächsten Jahres blokkiert. Meldet sich der Sachverständige aber nicht, missachtet die Fristsetzung und reagiert - was leider viel zu oft vorkommt - auch nicht auf das erste gerichtliche Erinnerungsschreiben, kann der Richter Termine nicht planen. Die Sache kommt dann „irgendwann hintendran“. Unzumutbar ist auch, dass Sachverständige auf Anrufe eines Richters nicht persönlich reagieren, sondern den Kontakt mit dem Richter über ihre Sekretärinnen abwickeln. Mit der Sekretärin können aber nicht Einzelheiten der Gutachtenbeauftragung besprochen werden. Sekretärinnen können auch nicht beurteilen, wie lange der Sachverständige noch für die Gutachtenbearbeitung benötigt. Mit
19. Entziehung des Sachverständigenauftrags
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Vertröstungen ist dem Richter jedoch nicht gedient. Gemäß § 411 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann das Gericht gegen den Sachverständigen, der die vom Gericht festgesetzte Frist für die Vorlage eines schriftlichen Gutachtens versäumt hat, ein Ordnungsgeld verhängen. Dies muss dem Sachverständigen allerdings vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Mag die Höhe eines festgesetzten Ordnungsgeldes den Sachverständigen auch nicht beeindrucken und ihm den Zeitgewinn „wert sein“, so muss er doch bedenken, dass ein so unzuverlässiger, seine Aufgabe als Gehilfe des Gerichts nicht recht würdigender Sachverständiger Gefahr läuft, „aus dem Geschäft zu kommen“. Ein die Interessen der Rechtsuchenden „mit Füßen tretender“ Sachverständiger ist unabhängig von seiner Qualifikation für die Rechtsuchenden nicht zumutbar. Ein Sachverständiger, der vor Durchführung der Ortsbesichtigung auf unabsehbare Zeit erkrankt, sollte den Gutachtenauftrag zurückgeben, da sich die Gutachtenbearbeitung und damit auch die Entscheidung des Rechtsstreits durch eine längere Erkrankung zu sehr verzögern. Da der Sachverständige vor der Ortsbesichtigung noch nicht viel Zeit in die Gutachtenbearbeitung investiert hat, ist den Parteien trotz der bis dahin entstandenen Kosten mit der Beauftragung eines neuen Gutachters mehr gedient. Hat eine Ortsbesichtigung dagegen schon stattgefunden und der Sachverständige schon mit der Ausarbeitung des Gutachtens begonnen, ist den Parteien aus Kostengesichtspunkten trotz des Zeitverlustes mehr damit gedient, auf die Genesung des Sachverständigen zu warten. Mit der Beauftragung eines neuen Sachverständigen könnte in einem solchen Fall mehr Zeit verloren gehen als mit dem Warten auf die Genesung.
19. Entziehung des Sachverständigenauftrags Erweist sich der Sachverständige als unzuverlässig, indem er den notwendigen Kontakt mit dem Gericht nicht beibehält, das Gutachten nicht erstellt, Akten nicht herausgibt o. ä., kann ihm das Gericht den Auftrag unter Versagung einer Entschädigung entziehen und einen neuen Sachverständigen beauftragen. Hierzu bedarf es einer Änderung des Beweisbeschlusses (§ 360 ZPO). Gibt der Sachverständige, dem der Auftrag entzogen worden ist, die Gerichtsakte nicht zurück, kann ihm das Gericht zusätzlich die mit der Herbeischaffung der Akte verbundenen Kosten auferlegen.
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III. Die gerichtliche Tätigkeit
20. Verschwiegenheitspflicht Sachverständige sind bezüglich aller Umstände, die sie im Zusammenhang mit ihrer Gutachtentätigkeit für das Gericht erfahren haben, zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das gilt jedoch nicht für die Teile seiner Tätigkeit, die in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind. Verstößt der Sachverständige gegen seine Verpflichtung zur Verschwiegenheit, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Öffentlich bestellte Sachverständige machen sich gemäß § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB strafbar, wenn sie gegen ihre Verpflichtung zur Verschwiegenheit verstoßen haben.
21. Aufbewahrungspflicht Gemäß § 13 Abs. 2 der Mustersachverständigenverordnung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages müssen von einer Industrie- und Handelskammer öffentlich bestellte Sachverständige ein vollständiges Exemplar des Gerichtsgutachtens sowie sonstiger Unterlagen 10 Jahre aufbewahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem das Gutachten entstanden ist. Für von einer Handwerkskammer öffentlich bestellte Sachverständige gilt gemäß § 14 Abs. 2 der Mustersachverständigenverordnung des Deutschen Handwerkskammertages eine Frist von 7 Jahren. Zum eigenen Schutz sollte der Sachverständige die Gutachten jedoch länger aufheben. Die über die oben bezeichneten Fristen hinausgehende Aufbewahrungszeit steht in seinem Ermessen.
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IV. Das selbständige Beweisverfahren 1. Voraussetzungen Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden. Das gilt immer dann, wenn der Gegner zustimmt oder wenn zu besorgen ist, dass ein Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird (§ 485 Abs. 1 ZPO). Es kann Beweis erhoben werden über einen Mangel, seine Ursache, den Beseitigungsaufwand und die Verantwortlichkeit für den Mangel (vgl. Zöller/ Herget, ZPO, 25. Aufl., § 485 Rdnr. 5 mit Literaturhinweisen). Absatz 1 dieser Vorschrift ist anwendbar bei einem Beweissicherungsbedürfnis, Absatz 2 betrifft dagegen ein selbständiges Beweisverfahren durch Erhebung des Sachverständigenbeweises. Gemäß § 485 Abs. 2 ZPO kann eine Partei, wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass 1. der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache, 2.die Ursache des Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels, 3. der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann (§ 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Das ist jedoch nicht der einzige Fall des Vorhandenseins eines rechtlichen Interesses, sondern in einem derartigen Fall ist das rechtliche Interesse in jedem Fall gegeben. Beruft sich der Antragsteller auf diese Variante des rechtlichen Interesses, muss er darlegen, dass zu erwarten ist, dass sich der Antragsgegner der Überzeugungskraft des Gutachtens bei vernünftiger Betrachtungsweise beugen und einen Rechtsstreit über den vom Sachverständigen festgestellten Mangel nicht durchführen wird. Es ist jedoch nicht erforderlich, die Verhandlungs- und Vergleichsbereitschaft des Antragsgegners für den Fall einer ihm nachteiligen Beurteilung bereits im Antrag darzulegen (vgl. Zöller/ Herget § 485 Rdnr. 7 a).
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IV. Das selbständige Beweisverfahren
2. Zuständigkeit Ist ein Rechtsstreit anhängig, so ist der Antrag bei dem Prozessgericht zu stellen (§ 486 Abs. 1 ZPO). Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, so ist der Antrag bei dem Gericht zu stellen, das nach dem Vortrag des Antragstellers zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre (§ 486 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Zuständig ist mithin das „künftige“ Prozessgericht. In dringenden Fällen kann der Antrag auch bei dem Amtsgericht gestellt werden, in dessen Bezirk die zu vernehmende oder zu begutachtende Person sich aufhält oder die in Augenschein zu nehmende oder zu begutachtende Sache sich befindet (§ 486 Abs. 3 ZPO).
3. Inhalt des Antrages Gemäß § 487 ZPO muss der Antrag enthalten: 1. die Bezeichnung des Gegners; 2. die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll; 3. die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 ZPO zulässigen Beweismittel; 4.die Glaubhaftmachung der Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens und die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen.
4. Auswahl des Sachverständigen Anders als im früheren Beweissicherungsverfahren hat der Antragsteller den Sachverständigen nicht mehr namentlich zu benennen, sondern nur noch anzugeben, dass er die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens begehrt. Das Gericht kann nunmehr den Sachverständigen selbst auswählen (§§ 492, 404 Abs. 1 ZPO), während früher die Auffassung vertreten wurde, dass das Gericht an den namentlich vom Antragsteller benannten Sachverständigen und damit an die von diesem getroffene Auswahl gebunden war. Gleichwohl ist der Antragsteller nicht gehindert, einen Sachverständigen, den er für ausreichend qualifiziert hält, die Beweisfragen zutreffend zu beantworten, zu benennen. Hierbei handelt es sich aber nur um eine Anregung (vgl. Bayerlein, Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 3. Aufl., § 21 Rdnr. 20).
5. Inhalt des Beweisbeschlusses
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5. Inhalt des Beweisbeschlusses Im Gegensatz zum streitigen Verfahren ist der Beweisbeschluss im selbständigen Beweisverfahren nicht das Ergebnis einer Prüfung des streiterheblichen Sachverhalts durch das Gericht, sondern das Ergebnis eines Antrages der antragstellenden Partei. Die Partei bittet das Gericht, von ihm an das Gericht herangetragene Streitfragen von einem Sachverständigen beantworten zu lassen. Es empfiehlt sich deshalb auch, die Streitpunkte in Frageform zu fassen. Da das Gericht - von Ausnahmen abgesehen - Änderungen an dem Antrag bei Abfassung des Beweisbeschlusses nicht vornimmt, bekommt der Sachverständige den Fragenkatalog vorgelegt, den er im Interesse des Antragstellers beantworten soll. Unverständliches oder nicht ohne weiteres Nachvollziehbares kann er mit dem Gericht nicht klären, da die Antragsbegründung im selbständigen Beweisverfahren in der Regel kurz ist und das Gericht nur einen den Antrag rechtfertigenden minimalen Ausschnitt dessen erhält, was als Sachverhalt dem Antrag zugrunde liegt. Anders als im streitigen Verfahren ist der Sachverständige auch nicht der technische Berater des Gerichts, also die Person, die Wissenslücken des Gerichts schließen muss, sondern er erfüllt einen Auftrag, den eine Partei über das Gericht an ihn heranträgt. Dennoch gelten für den Sachverständigen die Verhaltensmaßregeln, die auch für das streitige Verfahren gelten. Das wird deutlich aus § 492 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift erfolgt die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften, d.h. die Regeln über den Sachverständigenbeweis gelten auch für das selbständige Beweisverfahren.
6. Ortsbesichtigung Zur Ortsbesichtigung des Sachverständigen ist der Antragsgegner so rechtzeitig zu laden, dass er bei diesem Termin seine Rechte wahrnehmen kann (§ 491 Abs. 1 ZPO). Zwar hat die unterlassene Ladung nicht zur Folge, dass die Beweisaufnahme nicht durchgeführt werden kann, die unterlassene Ladung des Antragsgegners kann für den Antragsteller jedoch bittere Konsequenzen haben. War der Antragsgegner nämlich nicht geladen und ist er zum Beweisaufnahmetermin nicht erschienen, kann das Beweisergebnis vom Antragsteller nicht benutzt werden (§ 493 Abs. 2 ZPO). Eine unterlassene Ladung des Gegners entwertet mithin das Verfahren. Während das frühere Beweissicherungsverfahren ausschließlich dazu diente, Beweise zu sichern, dient das Ergebnis des selbständigen Beweis-
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IV. Das selbständige Beweisverfahren
verfahrens der Vereinfachung des Hauptsacheverfahrens. Bei Identität der Prozessparteien ist das Beweisergebnis des selbständigen Beweisverfahrens so zu behandeln als wäre der Beweis im Hauptsacheprozess erhoben worden. Darin liegt neben der Streitvermeidung der Wert des Verfahrens.
7. Auswirkung des selbständigen Beweisverfahrens auf den Lauf der Verjährung Das selbständige Beweisverfahren hat wie das Beweissicherungsverfahren zunächst einmal Einfluss auf den Lauf der Verjährungsfrist. Während bis zum 31.12.2001 der Lauf der Verjährungsfrist durch die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens unterbrochen wurde (§ 209 Abs. 2 BGB a. F. analog), wird seit der durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 (BGBl. I 3138) hervorgerufenen Neuregelung (§ 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB n. F.) der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt. Exkurs: Im Falle der Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist nach Beendigung der Unterbrechung neu zu laufen. Der bisher abgelaufene Teil der Verjährungsfrist zählt nicht mehr mit. Im Falle der Hemmung wird die Frist angehalten. Die Verjährungsfrist läuft nicht, solange Hemmung vorliegt. Nach Ablauf der Hemmung läuft die Frist weiter. Der bisher abgelaufene Teil der Verjährungsfrist zählt mit. Neben diesen Unterbrechungs- und Hemmungstatbeständen wird durch das selbständige Beweisverfahren ermöglicht, dass sich anders als im Hauptsacheprozess die Sachaufklärung auf das Vorhandensein von Mängeln konzentriert. Die sachverständige Beurteilung ist nicht Teil eines Prozesses, sondern der alleinige Inhalt des Verfahrens.Ist das Gutachten überzeugend genug, kann bei verständigen Parteien durch die Beantwortung der Streitfrage des selbständigen Beweisverfahrens ein Rechtsstreit vermieden werden. Sind die Parteien entgegen der Erwartung des Antragstellers bei Antragstellung nicht in der Lage, sich auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens gütlich zu einigen, so kann das Beweisergebnis, wenn das Verfahren korrekt gelaufen ist, jedenfalls im nachfolgenden Rechtsstreit verwertet werden, ohne dass es neuer Beweiserhebung bedarf.
8. Rechte des Antragsgegners
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8. Rechte des Antragsgegners Umstritten ist, in welchem Umfang der Antragsgegner berechtigt ist, auf die Beweiserhebung durch die Geltendmachung eigener Rechte Einfluss zu nehmen. Unzulässig sind Anträge des Antragsgegners, wenn sie ein anderes Beweisthema zum Gegenstand haben oder sich gegen Dritte richten, das Beweisthema erweiternde Anträge sind dagegen zulässig, wenn sie in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der Fragestellung des ursprünglichen Beweisthemas stehen, vom gleichen Sachverständigen beantwortet werden können und die Einbeziehung in die Beweisaufnahme zu keiner wesentlichen Verzögerung führt (vgl. OLG Nürnberg NJW-RR 2001, 459; OLG Düsseldorf BauR 1995, 430; 2004, 1657; OLG Jena MDR 1997, 1160; OLG Hamburg MDR 2001, 1012; OLG Rostock BauR 2001, 1141; a.A. OLG München BauR 1993, 365, das keine Anträge des Antragsgegners zulässt). Da die Vermeidung eines Rechtstreits das Ziel des selbständigen Beweisverfahrens ist, verbietet sich eine so restriktive Auslegung wie sie das OLG München vornimmt. Allerdings widerspricht es dem Sinn des selbständigen Beweisverfahrens, wenn dem Antragsgegner die Möglichkeit gegeben wird, verfahrensverzögernde Anträge zu stellen. Die Ortsbesichtigung des Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren muss deshalb die zeitliche Grenze für die Zulässigkeit von Anträgen des Antragsgegners sein (vgl. OLG Jena aaO.)
9. Das schriftliche Gutachten Im Bauprozess beschränkt sich der durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufzuklärende Streitstoff nicht selten auf einige wenige Beweiserhebungen, was darauf zurückzuführen ist, dass manche Mängel nicht streitig, Mängel manchmal während des Prozesses behoben worden sind und andere Mängel betreffende Fragen durch andere Beweismittel aufgeklärt werden können. Das ist im selbständigen Beweisverfahren anders, da hier noch nicht abzusehen ist, wie sich der Antragsgegner einlassen wird. Deshalb ist der vom Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren abzuarbeitende Fragenkatalog häufig wesentlich umfangreicher als im streitigen Verfahren. Die Gutachtenbearbeitung erfordert deshalb eine disziplinierte und vor allem geordnete Vorgehensweise, wobei sich der Sachverständige strikt an die Ordnung des Beweisbeschlusses halten sollte, auch wenn sie ihm nicht in allen Punkten sachgerecht erscheinen sollte. Nimmt der Sachverständige eine andere Ordnung vor und bestätigt er einen Teil der Mängel, einen anderen nicht, besteht die Gefahr, dass der Antragsteller als Verwerter des Gutachtens nicht zweifels-
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IV. Das selbständige Beweisverfahren
frei erkennt, in welchem Umfang sein Antrag Erfolg hatte. Dies führt zu Gutachtenergänzungen, die unnötig sind. Mehr noch als das Gutachten im Streitverfahren ist das Gutachten im selbständigen Beweisverfahren der Kritik ausgesetzt. Während das Gutachten im streitigen Verfahren am Ende eines Streites steht - die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist meist der letzte Teil einer Beweisaufnahme -, beginnt in den Fällen, in denen das selbständige Beweisverfahren nicht eine Vermeidung eines Rechtsstreits zur Folge hatte und der Antragsteller dieses Gutachten im Hauptsacheverfahren als Beweismittel einsetzt, der Streit mit der Vorlage des Gutachtens. Der Beklagte hat nur eine Chance, bei einem für ihn nachteiligen Gutachten zu obsiegen, wenn er das Gutachten von Anfang an zum zentralen Punkt seiner Angriffe macht. Der Kläger hat eine Chance, die weitere Einholung eines Gutachtens zu vermeiden nur dann, wenn das Gutachten überzeugend und nicht angreifbar ist. Dessen muss sich der Sachverständige bei Abfassung seines Gutachtens bewusst sein. Auch im selbständigen Beweisverfahren gibt es Anträge auf Gutachtenergänzung. Im Gegensatz zum streitigen Verfahren gehen sie aber ausschließlich von den Parteien aus, da das Gericht nur Mittler ist. Seit mehreren Jahren streitig ist die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Gutachtenergänzung beantragt werden kann. Einig ist man sich darin, dass die Gutachtenergänzung nur bis zum Ende des selbständigen Beweisverfahrens beantragt werden kann. Wann aber endet das selbständige Beweisverfahren? Der Bauprozess endet mit dem Urteil des erkennenden Gerichts. Nach diesem Zeitpunkt ist eine Gutachtenergänzung nicht mehr möglich. Auch nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung ist eine Gutachtenergänzung nur unter den Voraussetzungen eines Wiedereintritts in die mündliche Verhandlung gemäß § 256 ZPO möglich. Derartig feststehende Termine gibt es im selbständigen Beweisverfahren jedoch nicht.
10. Ende des selbständigen Beweisverfahrens Mit Urteil vom 20.2.2002 (vgl. BauR 2002, 1115) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass das selbständige Beweisverfahren mit dem Zugang des Sachverständigengutachtens an die Parteien endet, sofern die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Erhalt des Gutachtens das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen nicht gestellt haben. Was aber ist ein angemessener Zeitraum? Dies ist abhängig vom Umfang, Gehalt und Schwierigkeitsgrad einer sorgfältigen Prüfung des Gutachtens (vgl. OLG Celle MDR 2001,
11. Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit
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108). Nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf (vgl. NJW-RR 2001, 141 = NZBau 2000, 385) ist ein Zeitraum bis zu 3 Monaten angemessen, wenn ein Privatgutachter zur Überprüfung des Gutachtens eingesetzt wird. In Einzelfällen haben Gerichte auch noch längere Fristen für angemessen gehalten. Innerhalb einer Frist von 3 Monaten muss ein Sachverständiger jedoch damit rechnen, um eine Gutachtenergänzung gebeten zu werden.
11. Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit Auch im selbständigen Beweisverfahren kann der Sachverständige als befangen abgelehnt werden. Ergeben sich die Gründe für eine mögliche Befangenheit aus seiner Tätigkeit im selbständigen Beweisverfahren, muss das Ablehnungsgesuch auch im selbständigen Beweisverfahren gestellt werden. Im Hauptsacheverfahren kann eine Befangenheitsablehnung nicht auf Gründe gestützt werden, die ihre Ursache im selbständigen Beweisverfahren haben (vgl. OLG Düsseldorf BauR 2001, 835).
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V. Der Sachverständige bei der Abnahme 1. Der Abnahmebegriff Unter Abnahme des „vertragsgemäß hergestellten Werkes“ ist die körperliche Hinnahme im Wege der Besitzübertragung verbunden mit der Billigung des Werkes als in der Hauptsache vertragsgemäße Leistung zu verstehen (vgl. BGHZ 48, 257, 262; BGH NJW 1993, 1972). Da die Werkleistung nur in der Hauptsache vertragsgemäß sein muss, um abnahmereif erstellt zu sein, stehen kleinere Mängel oder noch fehlende kleinere Restarbeiten einer Abnahme nicht entgegen. Die Frage, was ein kleinerer Mangel oder was eine kleinere Restarbeit ist, ist zwischen den Vertragspartnern häufig umstritten. Die Erklärung, ob der Unternehmer eine Leistung in der Hauptsache vertragsgemäß erbracht hat, setzt in Einzelfällen auch eine Funktionsprüfung voraus.
2. Funktion des Sachverständigen als Helfer des Bauherrn Steht dem Besteller eine solche Funktionsprüfung nicht zur Verfügung und kann er mangels entsprechender technischer Kenntnisse nicht beurteilen, ob eine Leistung in der Hauptsache vertragsgemäß erbracht worden ist, so vergewissert er sich sachkundigen Rates. Er bittet einen Bausachverständigen, ihm bei der Prüfung der Werkleistung behilflich zu sein, um anschließend mit gutem Gewissen erklären zu können, dass die Leistung in der Hauptsache vertragsgemäß erbracht worden ist. Der Sachverständige kann dem Besteller auch erklären, ob eine Sache mangelhaft ist und nachgebessert werden muss oder ob eine Beeinträchtigung nur eine hinzunehmende Unregelmäßigkeit ist (zum Begriff siehe Oswald/Abel, Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten bei Gebäuden, 3. Aufl.). Der Sachverständige fungiert hier als technischer Berater des Bauherrn.
3. Funktion des Sachverständigen als Helfer beider Parteien Eine andere Funktion nimmt er wahr, wenn er von beiden Partnern gebeten wird, die Vertragsmäßigkeit eines Bauwerks zu beurteilen. In manchen Bauträgerverträgen regeln die Vertragspartner, dass Meinungsverschiedenheiten bei der Abnahme durch die Hinzuziehung eines Bausachverständigen geklärt werden sollen. In der Regel wird ein solcher Bausachverständiger vom Bau-
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V. Der Sachverständige bei der Abnahme
träger beauftragt, bei der Abnahme mitzuwirken. Trotz dieser Form der Auftragsvergabe wird der Bausachverständige für den Bauträger und den Erwerber tätig, da sich die Parteien aus Kostengründen auf die Hinzuziehung nur eines Sachverständigen geeinigt haben, der bei Meinungsverschiedenheiten um seinen Rat gebeten werden soll. Nicht selten verkennen Bausachverständige diese Funktion und geben - einseitig - zugunsten des Bauträgers Erklärungen ab, weil sie von diesem den Auftrag erhalten haben und nicht hinreichend über ihre Funktion aufgeklärt worden sind. Der Sachverständige, der gebeten wird, bei einer Abnahme mitzuwirken, sollte deshalb zunächst klären, welche Aufgabe von ihm erwartet wird. Falls er von einem Bauträger beauftragt wird, kann er mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass er nicht nur für den Bauträger tätig werden soll. Die Geschäftsführer von Bauträgergesellschaften verfügen in der Regel über genügend Sachkunde, um beurteilen zu können, ob eine Werkleistung in der Hauptsache vertragsgemäß ist. Sie benötigen keinen technischen Berater. Sie setzen Bausachverständige zur Streitvermeidung mit dem Erwerber ein. Behauptet der Geschäftsführer einer Bauträgergesellschaft oder sein Vertreter, dass der Sachverständige nur in seinem Interesse tätig werden soll, sollte sich der Sachverständige den Vertrag vorlegen lassen und die entsprechende Abnahmeregelung prüfen.
4. Das Schiedsgutachten Von diesen Fällen unterscheiden sich Regelungen in Bauträgerverträgen, wonach ein bestimmter Sachverständiger Meinungsverschiedenheiten von Bauträger und Erwerber über Mängel durch ein Schiedsgutachten klären soll. Während in den vorgenannten Fällen die Erklärungen des Sachverständigen die Vertragspartner nicht binden, sondern nur anregen, eine bestimmte Übereinkunft zu erzielen, hat das Schiedsgutachten Bindungswirkung für die Parteien, es sei denn es ist offensichtlich unrichtig. Diese Regelung hilft, wenn zuverlässige und qualifizierte Sachverständige beauftragt werden, langjährige Bauprozesse zu vermeiden. Die Kosten des Schiedsgutachtens trägt in der Regel die Partei, zu deren Nachteil das Schiedsgutachten ausgeht, was auch interessengerecht ist, da die Partei, zu deren Nachteil das Gutachten ausgeht, entweder die Abnahme zu Unrecht verweigert hat und sich deshalb mit der entsprechenden Erklärung in Verzug befindet, oder zu Unrecht behauptet hat, ihre Vergütung sei fällig, weil sie die Werkleistung abnahmereif erstellt hat.
5. Die Fertigstellungsbescheinigung
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5. Die Fertigstellungsbescheinigung a) Gesetzeszweck Durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.3.2000 (BGBl. I S. 330) hat der Gesetzgeber eine Form der fiktiven Abnahme geschaffen, in der Bausachverständige in einem ganz anderen Umfang bei der Abnahme tätig werden. Das ist die Abnahme durch Erteilung einer Fertigstellungsbescheinigung gemäß § 641 a BGB. Mit dieser gesetzlichen Regelung verband der Gesetzgeber die Absicht, dem Auftragnehmer ein Mittel an die Hand zu geben, um ihn davor zu schützen, in langjährigen Prozessen jeden vom Auftraggeber behaupteten Mangel zu widerlegen (vgl. BT-Drucksache 14/1246 S. 7-8). Vielmehr soll der Auftragnehmer mit einer von einem Sachverständigen ausgestellten Fertigstellungsbescheinigung die Möglichkeit haben, im Urkundenprozess seine Vergütung zügig durchzusetzen. b) Die Fertigstellungsbescheinigung als Abnahmefiktion Da die Fertigstellungsbescheinigung der Abnahme gleich steht, also die Erklärung des Bestellers, das Werk sei in der Hauptsache vertragsgerecht erstellt, ersetzt, hat die Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung für den Besteller einschneidende Konsequenzen. Die Vergütung des Unternehmers wird fällig, die Leistungsgefahr geht auf den Besteller über, die Beweislast kehrt sich um, die Verjährungsfrist für Mängel beginnt zu laufen. Diese Wirkungen, die der Besteller durch die eigene Erklärung der Abnahme hinzunehmen bereit ist, werden im Falle des § 641 a BGB durch einen Dritten, nämlich einen Bausachverständigen, hergestellt. Die Fertigstellungsbescheinigung kann jedoch, wie § 641 a Abs. 1 BGB zu entnehmen ist, nur erteilt werden, wenn das Werk frei von Mängeln ist. Es macht deshalb nur Sinn, dieses Verfahren anzustreben, wenn alle Mängel beseitigt sind. Wie das Verfahren im Einzelnen abzulaufen hat und was der beauftragte Gutachter zu beachten hat, wird nachfolgend dargestellt. Gemäß § 641 a BGB steht es der Abnahme gleich, wenn dem Unternehmer von einem Gutachter eine Bescheinigung darüber erteilt wird, dass 1. das versprochene Werk oder ein Teil desselben hergestellt ist und 2. das Werk frei von Mängeln ist, die der Besteller gegenüber dem Gutachter
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V. Der Sachverständige bei der Abnahme
behauptet hat oder die für den Gutachter bei einer Besichtigung feststellbar sind (Fertigstellungsbescheinigung). Gutachter im Sinne des § 641 a BGB kann sein 1. ein Sachverständiger, auf den sich Unternehmer und Besteller verständigt haben, oder 2. ein auf Antrag des Unternehmers durch eine Industrie- und Handelskammer, eine Handwerkskammer, eine Architektenkammer oder eine Ingenieurkammer bestimmter öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. c)
Die Auswahl des Sachverständigen
Nach § 641 a Abs. 2 Nr. 1 BGB genügt es, dass sich die Parteien auf einen Sachverständigen einigen. Auf seine Qualifikation kommt es dann nicht an. Einigen sich die Parteien nicht, was häufig vorkommen wird, muss der Auftragnehmer bei den unter 2. angegebenen Kammern einen Antrag auf Bestimmung eines Sachverständigen stellen. Sinn dieser Regelung ist es zu erreichen, dass bei der Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung auch die Interessen des Bestellers gewahrt sein sollen. Ein unabhängiger, der zuständigen Kammer als qualifiziert bekannter Sachverständiger soll gewährleisten, dass nicht vorschnell zu Lasten des Bestellers die Abnahmewirkungen herbeigeführt werden können (vgl. BT-Drucksache 14/1246 S. 9). Ein solcher von einer der oben bezeichneten Kammern bestimmter Sachverständiger erhält dann vom Unternehmer den Auftrag zur Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung (§ 641 a Abs. 2 Satz 2 BGB). Dies beinhaltet für den Unternehmer ein finanzielles Risiko, da er im Falle einer vom Sachverständigen verweigerten Fertigstellungsbescheinigung die gewünschte Abnahmewirkung nicht erreicht und außerdem die durch die Einschaltung des Sachverständigen verursachten Kosten zu tragen hat. d) Die Pflichten des Sachverständigen Damit infolge der Auftragserteilung keine Missverständnisse aufkommen, ist gesetzlich geregelt (§ 641 a Abs. 2 Satz 3 BGB), dass der Sachverständige dem Unternehmer und dem Besteller des zu begutachtenden Werkes gegenüber verpflichtet ist, die Bescheinigung unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Obwohl also der Besteller möglicherweise gar kein Interesse
5. Die Fertigstellungsbescheinigung
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an der Tätigkeit des Sachverständigen hat, hat der Sachverständige bei der Prüfung, ob eine Fertigstellungsbescheinigung erteilt werden kann, auch seine Interessen wahrzunehmen. e) Die Ortsbesichtigung Der Gutachter muss mindestens einen Besichtigungstermin abhalten. Eine Einladung hierzu unter Angabe des Anlasses muss dem Besteller mindestens zwei Wochen vorher zugehen (§ 641 a Abs. 3 Satz 1 BGB). Der Sachverständige muss deshalb zu Beginn des Besichtigungstermins prüfen, ob die Ladungsfrist eingehalten wurde. Ist dies nicht geschehen, muss der Sachverständige den Besichtigungstermin abbrechen. Allerdings dürfte eine Durchführung des Besichtigungstermins zulässig sein, wenn der Besteller zu Protokoll erklärt, dass er mit der Durchführung des Besichtigungstermins einverstanden ist, obwohl er nicht rechtzeitig geladen worden ist. Nicht gesetzlich geregelt ist, wie der Sachverständige den Besichtigungstermin vorzubereiten hat. Da § 641 a Abs. 1 Nr. 2 BGB regelt, dass der Sachverständige eine Bescheinigung darüber erteilt, dass das Werk frei von Mängeln ist, die der Besteller gegenüber dem Gutachter behauptet hat, ist es unerlässlich, dass der Sachverständige vor dem Besichtigungstermin Kontakt mit dem Besteller aufnimmt und klärt, warum der Besteller die Abnahme verweigert. Dass ein Unternehmer dieses Verfahren in Gang setzt, obwohl der Besteller bereit ist, die Werkleistung abzunehmen, kann ernsthaft nicht in Erwägung gezogen werden. Der Sachverständige hat ferner im Vorfeld der Ortsbesichtigung den schriftlichen Vertrag zwischen den Vertragsparteien vom Unternehmer anzufordern. Ob das Werk frei von Mängeln ist, beurteilt der Sachverständige gemäß § 641 Abs. 3 Satz 2 BGB nach dem schriftlichen Vertrag. Dem ist zu entnehmen, dass bei mündlich geschlossenen Werkverträgen das Verfahren zur Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung nicht in Betracht kommt. Dem ist aber ferner auch zu entnehmen, dass der Sachverständige Vertragsauslegung betreiben muss. Der Sachverständige ist demnach gezwungen, den technischen Bereich zu verlassen und juristische Arbeit zu leisten. Das, was nicht wenigen gerichtlich tätigen Sachverständigen immer wieder verdeutlicht werden muss, nämlich sich darauf zu konzentrieren, ihre technische Aufgabe zu lösen und die Lösung juristischer Probleme dem Gericht zu überlassen, erfährt hier eine Durchbrechung. Nunmehr wird plötzlich vom Sachverständigen verlangt, juristische Arbeit zu leisten. Welche aufgrund seiner Ausbildung unlösbare Aufgabe von ihm verlangt wird,
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V. Der Sachverständige bei der Abnahme
macht die Neuregelung des Mangelbegriffs aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes deutlich. Gemäß § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB n. F. ist das Werk frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Der Sachverständige muss anhand des schriftlichen Vertrages zunächst einmal klären, welche Beschaffenheit der Werkleistung die Parteien vereinbart haben. Ist dies dem Vertrag nicht zu entnehmen, sind vom Sachverständigen die allgemein anerkannten Regeln der Technik zugrunde zu legen (§ 641 a Abs. 3 Satz 4 BGB). In § 633 BGB n. F. taucht der Begriff „allgemein anerkannte Regel der Technik“ für den Fall nicht vereinbarter Beschaffenheit aber nicht auf. Der Gesetzgeber konnte sich bei der gesetzlichen Neuregelung nicht entschließen, den Begriff „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ ins Gesetz aufzunehmen, weil die Einhaltung anerkannter Regeln der Technik nicht unbedingt die Mangelfreiheit einer Werkleistung garantiert (vgl. Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts - Stand 9.5.2001 - S. 267). Bei der Fertigstellungsbescheinigung soll dagegen die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik genügen? Ist der Sachverständige nach Prüfung des schriftlichen Vertrages in der Lage, beurteilen zu können, von welchem Mangelbegriff er auszugehen hat, muss er wie eingangs dargelegt Kontakt mit dem Besteller aufnehmen um festzustellen, warum der Besteller die Abnahme verweigert. Es liegt nahe, in den Fällen, in denen der Sachverständige von der zuständigen Kammer auf Antrag des Unternehmers bestimmt worden ist, den Besteller anzuschreiben, sich vorzustellen, die Funktion zu erläutern, auf die Auftragserteilung durch den Unternehmer hinzuweisen und den Besteller aufzufordern, binnen einer bestimmten Frist, die Mängel vorzutragen, die aus seiner Sicht einer Abnahme entgegenstehen. Motzke (Die Fertigstellungs- und Abrechnungsbescheinigung des Sachverständigen nach dem Beschleunigungsgesetz in Der Sachverständige Heft 7-8/2000) hält eine Frist von einem Monat für angemessen, was großzügig erscheint, da der Besteller zum Zeitpunkt des Fristbeginns bereits weiß, was ihn veranlasst hat, die Abnahme zu verweigern. Nach Eingang der vom Besteller vorgetragenen Mängelrügen - von denen er dem Unternehmer eine Abschrift zuleiten sollte - sollte der Sachverständige dem Unternehmer Gelegenheit geben, zu den Mängelrügen Stellung zu nehmen. Von diesem Schreiben sollte der Besteller eine Abschrift erhalten. Nach Eingang dieser Stellungnahme erscheint die Anberaumung des Besichtigungstermins angezeigt. Stellt der Sachverständige nach der Kontaktaufnahme mit dem Besteller fest, dass der vom Besteller vorgetragene Mangel nur mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand zu prüfen ist, sollte er sich bei dem Unternehmer als seinem Auftraggeber vergewissern, wie es weitergehen soll, um festzustellen, ob der Unter-
5. Die Fertigstellungsbescheinigung
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nehmer bereit ist, diesen teuren Weg zu gehen, um die Abnahmewirkung herbeizuführen. Stellt er den Kostenaufwand erst während der ersten Untersuchung fest, sollte er die Besichtigung abbrechen, wenn er keinen Kontakt zu dem Unternehmer herstellen kann oder der Unternehmer ohne genauere Erläuterungen nicht in der Lage ist, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. f)
Pflichten des Bestellers
Gemäß § 641 a Abs. 4 Satz 1 BGB ist der Besteller verpflichtet, eine Untersuchung des Werkes oder von Teilen desselben durch den Sachverständigen zu gestatten. Verweigert der Besteller die Untersuchung, wird vermutet, dass das zu untersuchende Werk vertragsgemäß hergestellt worden ist; die Bescheinigung ist dann zu erteilen (§ 641 a Abs. 4 Satz 2 BGB). Dies bedeutet, dass der Besteller die Abnahmewirkung nur vermeiden kann, wenn er die Besichtigung des Werkes zulässt. Bei Beginn des Besichtigungstermins ist ein klärendes Einleitungsgespräch zwischen dem Sachverständigen, dem Unternehmer und dem Besteller erforderlich, in dem der Sachverständige anhand des schriftlichen Vertrages erläutert, von welchen Grundlagen er ausgeht. In dieser Situation haben Unternehmer und Besteller Gelegenheit, dem Sachverständigen eventuelle Vertragsänderungen mitzuteilen. Änderungen des Vertrages sind vom Sachverständigen nur zu berücksichtigen, wenn sie schriftlich vereinbart sind oder von den Vertragspartnern übereinstimmend gegenüber dem Gutachter vorgebracht werden (§ 641 a Abs. 3 Satz 3 BGB). Das kann für den Sachverständigen zu einer unangenehmen Situation führen, da hier Streit über die Änderung des Vertrages entstehen kann. Es ist demjenigen, der eine Vertragsänderung beweisen kann, schwer verständlich, dass sie unberücksichtigt zu bleiben hat, weil sie nicht schriftlich vereinbart worden ist und der andere Vertragspartner sie gegenüber dem Sachverständigen leugnet. Der Sachverständige muss je nach der jeweiligen Situation viel Fingerspitzengefühl entwickeln, um das Verfahren fortsetzen zu können. Einigen sich die Parteien nicht, Vertragsänderungen als einvernehmlich zu bezeichnen, hat sie der Sachverständige nicht zu berücksichtigen. Nach der Klärung der Untersuchungsgrundlagen sollte der Sachverständige die Mängelrügen des Bestellers vorlesen, wobei er, falls dies geschehen ist, auf die dem Unternehmer zugegangene Abschrift verweisen kann. Sodann sollte er die Stellungnahme des Unternehmers verlesen, wobei ebenfalls auf die übersandte Abschrift Bezug genommen werden kann. Sodann sollte der Sachverständige
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V. Der Sachverständige bei der Abnahme
beiden Parteien Gelegenheit geben, ergänzende Ausführungen zu machen und dann mit der Besichtigung beginnen. Da die Fertigstellungsbescheinigung nur zu erteilen ist, wenn das Werk frei von Mängeln ist, ist zu fragen, wie zu verfahren ist, wenn der Gutachter bereits bei Beginn des Besichtigungstermins einen Mangel vorgefunden hat. Ist der Termin dann abzubrechen und die Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung zu verweigern oder ist er fortzusetzen, um gegebenenfalls weitere Mängel aufzunehmen? Diese Frage beantwortet der Gesetzgeber nicht. Vernünftigerweise kann aber auch bei einem bereits festgestellten Mangel nur die Fortsetzung des Besichtigungstermins in Betracht kommen. Auch wenn die Erteilung einer Fertigstellungsbescheinigung nicht in Betracht kommt, erhalten die Vertragsparteien durch die Untersuchung des Sachverständigen Klarheit darüber, welche Mängel an dem Werk vorhanden sind. Handelt es sich um kleinere Mängel, so ist die Erteilung einer Fertigstellungsbescheinigung wegen fehlender Mangelfreiheit ausgeschlossen, gleichwohl kann die Sache als in der Hauptsache vertragsgemäß und der Besteller zur Abnahme verpflichtet sein. Dem Unternehmer ist dann zwar die Möglichkeit genommen, mit Hilfe der Fertigstellungsbescheinigung im Urkundenprozess seine Vergütung geltend zu machen, er kann sie jedoch mit Erfolg im Werklohnprozess einklagen, da der Besteller auch bei Vorliegen kleinerer Mängel zur Abnahme verpflichtet ist. Bricht der Sachverständige dagegen den Besichtigungstermin ab, so wird lediglich zugunsten des Bestellers festgestellt, dass die Werkleistung in einem Punkt mangelhaft ist. Ansonsten bleibt trotz aufgewendeter Kosten für den Sachverständigen alles offen. g) Beweiskraft der sachverständigen Feststellungen Im Unterschied zum selbständigen Beweisverfahren haben die Feststellungen des Sachverständigen im Verfahren zur Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung keine Beweiskraft für den Werklohnprozess. Über vom Besteller geltend gemachte Mängel muss das Gericht trotz Vorliegens sachverständiger Feststellungen Beweis erheben. Die Feststellungen des Sachverständigen sind für die Beweiswürdigung jedoch nicht ohne Bedeutung. Außerdem ist anzunehmen, dass es ein Besteller, dem es nicht allein darum geht, die Zahlung zu verzögern, einen Werklohnprozess vermeiden wird, wenn ihm von einem Sachverständigen klar gemacht wird, dass die von ihm gerügten Mängel unbedeutend sind. Die Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung ist nicht allein davon abhängig, ob der Besteller Mängel gerügt hat. Selbst dann, wenn die Besichtigung ergibt,
5. Die Fertigstellungsbescheinigung
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dass die vom Besteller gerügten Mängel nicht vorhanden sind, kommt die Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung nicht in Betracht, wenn der Gutachter bei der Besichtigung Mängel vorfindet, die bisher nicht gerügt worden sind (§ 641 a Abs. 1 Nr. 2 BGB). Während also im Bauprozess die Begutachtung abhängig vom Prozessvortrag ist, hat die Besichtigung im Verfahren zur Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung eine objektive Komponente. Selbst wenn der Besteller keine Einwendungen mehr hat - die Sache aus seiner Sicht somit mindestens in der Hauptsache vertragsgemäß ist - erreicht der Unternehmer die gewünschte Fertigstellungsbescheinigung nicht, wenn der Gutachter einen Mangel vorfindet. Hat der Gutachter die vom Besteller gerügten Mängel „abgearbeitet“ und selbst keine Mängel festgestellt, ist es erforderlich, den Vertragsparteien zu verdeutlichen, dass er die Besichtigung beendet, es somit nach diesem Besichtigungstermin keinen weiteren Besichtigungstermin mehr geben wird. Der Zeitpunkt der Besichtigung und seine zeitliche Eingrenzung ist deshalb von Bedeutung, weil vom Besteller nach Abschluss der Besichtigung geltend gemachte Mängel bei der Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung außer Betracht bleiben (§ 641 a Abs. 3 Satz 5 BGB). h) Aufmaß und Stundenlohnabrechnung Über die beschriebene Abnahmefiktion hinaus hat die Fertigstellungsbescheinigung eine weitergehende Bedeutung. Mit ihr kann der Unternehmer im Urkundenprozess nicht nur die Mangelfreiheit seiner Werkleistung vortragen. Er kann darüber hinaus mit der Fertigstellungsbescheinigung auch die Richtigkeit eines Aufmaßes oder einer Stundenlohnabrechnung beweisen. Es wird nämlich vermutet, dass ein Aufmaß oder eine Stundenlohnabrechnung, die der Unternehmer seiner Rechnung zugrunde gelegt hat, zutreffen, wenn der Gutachter dies in der Fertigstellungsbescheinigung bestätigt (§ 641 a Abs. 1 Satz 4 BGB). Dies hat zur Folge, dass der Unternehmer mit der Fertigstellungsbescheinigung nicht nur die Fälligkeitsvoraussetzung für seine Vergütungsforderung schafft, sondern in der Verbindung von schriftlichem Vertrag, Aufmaß und Stundenlohnabrechnung auch die Höhe seiner Vergütungsforderung beweist. Bezogen auf das Aufmaß ist dies zum einen eine sinnvolle Regelung, da relativ zeitnah zur Ausführung der Werkleistung die Richtigkeit des Aufmaßes überprüft werden kann, zum anderen stellt dies den Sachverständigen nicht vor unlösbare Probleme, da von ihm hier nichts anderes erwartet wird als das, was er in
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V. Der Sachverständige bei der Abnahme
Abrechnungsprozessen regelmäßig zu leisten hat. Mit dieser Regelung wird dem zahlungsunwilligen Besteller die Möglichkeit genommen, mit einem Bestreiten der Richtigkeit des Aufmaßes die Zahlung hinauszögern zu können. Die inzwischen durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. BauR 2001, 784) überholte Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte (z. B. OLG Düsseldorf BauR 1997, 1052) zum Verlust von Einwendungen gegen die Richtigkeit einer Schlussrechnung nach Ablauf der zweimonatigen Prüfungsfrist des § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ist darauf zurückzuführen, dass in der Praxis einige Besteller trotz langer Prüfungsmöglichkeit Einwendungen gegen die Richtigkeit eines Aufmaßes nicht sofort, sondern erst in einem Bauprozess vorbringen und dabei darauf hoffen, dass nach längerem Zeitablauf die Richtigkeit eines Aufmaßes nicht mehr genau festgestellt werden kann, was regelmäßig zu Lasten des Auftragnehmers geht. Dem sollte mit der angegebenen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte entgegengewirkt werden. Diese vom Bundesgerichtshof nicht ausreichend berücksichtigte Problematik hat auch der Gesetzgeber erkannt und diese gesetzliche Neuregelung geschaffen. Nahezu unlösbar erscheint dagegen die Aufgabe des Sachverständigen, die Richtigkeit einer der Rechnung des Unternehmers beigefügten Stundenlohnabrechnung festzustellen. Wie Kniffka (Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen -- Neuregelung des Bauvertragsrechts und seine Folgen in ZfBR 2000, 227, 234) richtig bemerkt hat, kann der Gutachter allenfalls prüfen, ob die abgerechneten Leistungen erbracht worden sind und ob die darin angesetzten Stunden angemessen sind. Die entscheidende Frage, ob die abgerechneten Stunden tatsächlich erbracht worden sind, kann der Gutachter dagegen nicht bestätigen. Der Sachverständige, dem eine Rechnung mit Stundenlohnabrechnung vorgelegt wird, kann seine Aufgabe auch unter Ausschöpfung aller ihm zur Verfügung stehenden Mittel nicht erfüllen.
i)
Inhalt der Fertigstellungsbescheinigung
Nach Durchführung der Besichtigung stellt der Sachverständige die Fertigstellungsbescheinigung aus, wobei es sowohl für die Fertigstellungsbescheinigung als auch für das Negativattest Muster gibt. Dem Besteller ist vom Gutachter eine Abschrift der Fertigstellungsbescheinigung zu erteilen (§ 641 a Abs. 5 Satz 1 BGB), was der Sachverständige nicht vernachlässigen sollte, da in Ansehung von Fristen, Zinsen und Gefahrübergang die Wirkungen der Bescheinigung erst mit ihrem Zugang beim Besteller eintreten (§ 641 a Abs. 5 Satz 2 BGB). Zwar ist es für den Besteller reizvoll, auch ein Attest in die Hand zu
5. Die Fertigstellungsbescheinigung
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bekommen, das dem Unternehmer bescheinigt, dass sein Werk mit Mängeln behaftet ist. Eine Abschrift des Negativattestes braucht der Sachverständige dem Besteller jedoch nicht auszuhändigen, da er vom Unternehmer beauftragt und bezahlt wird und nicht einzusehen ist, warum der Unternehmer auf seine Kosten die Beweislage für den Besteller verbessern soll. Im Gegensatz zum Bauprozess und zum selbständigen Beweisverfahren gibt es für den Gutachter keine Möglichkeit, ergänzende Feststellungen zu treffen. Die Aussage in der Fertigstellungsbescheinigung muss vollständig und richtig sein. Um es drastisch auszudrücken, sie muss „wasserdicht“ sein. Unklarheiten und Lücken, die einem Sachverständigen bei einem Gerichtsgutachten unterlaufen können, darf es beim Verfahren über die Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung nicht geben. Allerdings bieten die Feststellungen in der Fertigstellungsbescheinigung, da sie in der Regel nur eine Zusammenfassung sind, auch nicht so viele Angriffspunkte wie ein Gerichtsgutachten. Der Gutachter, der zu Unrecht eine Fertigstellungsbescheinigung erteilt, läuft aber Gefahr, vom Besteller auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, wenn dieser keine Möglichkeit mehr hat, gegen den Unternehmer vorzugehen. Wegen ihrer vielen Schwächen ist diese gesetzliche Vorschrift von allen Seiten zu Recht kritisiert worden. Die Kritik, vor allem in den Reihen von Bausachverständigen, war so laut, dass die Vorschrift kaum angewendet wird (im Jahre 2001 ist bei der Industrie- und Handelskammer einer westdeutschen Großstadt kein einziger Antrag auf Bestimmung eines Sachverständigen für die Fertigstellungsbescheinigung gestellt worden). Verteufeln sollte man die Vorschrift jedoch nicht. Denn ihr eigentlicher Wert liegt in der Möglichkeit der außergerichtlichen Streitschlichtung durch den Sachverständigen. Hat ein Unternehmer das Verfahren auf Erteilung einer Fertigstellungsbescheinigung eingeleitet und scheitert die Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung, weil der Gutachter Mängel vorfindet, so erhalten die Parteien aber jedenfalls zeitnah zur Erstellung der Werkleistung ein sachverständiges Zeugnis darüber, inwieweit die Werkleistung mangelhaft ist und können eine Regelung über die streitigen Punkte herbeiführen. Auch die Art der Nachbesserung kann mit dem Sachverständigen besprochen werden. So kann ein langwieriger Bauprozess verhindert werden. Zugleich kann auch ein Streit über das Aufmaß beigelegt werden. Dieser Aspekt des § 641 a BGB ist viel realistischer als ein Urkundenprozess unter Vorlage einer Fertigstellungsbescheinigung. Im Rahmen der Streitschlichtung könnte dann auch eine Regelung über die Vergütung des Sachverständigen und die Kostentragung getroffen werden. Nur auf diese
102
V. Der Sachverständige bei der Abnahme
Weise kann der Unternehmer bei Nichterteilung der Fertigstellungsbescheinigung jedenfalls einen Teil der Kosten auf den Besteller abwälzen. Die Möglichkeit, bei Nichterteilung der Fertigstellungsbescheinigung wegen des Vorhandenseins von Mängeln wenigstens eine Bescheinigung über die Richtigkeit des Aufmaßes zu erhalten, sieht das Gesetz nicht vor. Auch eine solche Teillösung ist nur im Wege des Vergleiches möglich.
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VI. Die Auswirkungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auf das gesetzliche Werkvertragsrecht Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) sind mit Wirkung zum 01.01.2002 tiefgreifende Änderungen des gesetzlichen Schuldrechts in Kraft getreten. Neben einer Fülle anderer Neuregelungen ist das gesetzliche Werkvertragsrecht geändert worden. Weggefallen sind Unterscheidungen zwischen einer Verletzung von Hauptpflichten und Nebenpflichten. Rechtskonstruktionen wie der positiven Vertragsverletzung und der culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluss) bedarf es nicht mehr. Pflichtverletzungen sind nunmehr einheitlich im Gesetz geregelt. Der Mangelbegriff wurde neu definiert, eine Unterscheidung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Mangel- und Mangelfolgeschäden gibt es nicht mehr. Weggefallen ist auch der Begriff „zugesicherte Eigenschaft“. Der Kostenvorschussanspruch ist jetzt gesetzlich geregelt (§ 637 Abs. 3 BGB n.F.). Man spricht nicht mehr von Nachbesserung, sondern von Nacherfüllung. Anlass für diese Gesetzesreform war die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie), die bis zum 31.12.2001 in deutsches Recht umzusetzen war. Die gesetzlichen Regelungen gelten gem. Art. 229 § 5 EGBGB für nach dem 01.01.2002 entstandene Schuldverhältnisse. Für vor diesem Zeitpunkt entstandene Schuldverhältnisse gilt dagegen das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung. Für die Bausachverständigen gilt es deshalb zu beachten, dass sie sich mit unterschiedlichen Mangelbegriffen befassen müssen. Ein wesentlicher Teil der Gerichtsaufträge wird aus Schuldverhältnissen aus der Zeit vor dem 01.01.2002 stammen, so dass insoweit noch altes Recht gilt. Werden die Sachverständigen dagegen schon während der Bauphase um Rat gebeten, haben sie es mit Bauverträgen aus der Zeit nach dem 01.01.2002 zu tun, so dass neues Recht anzuwenden ist.
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VI. Die Auswirkungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes
1. Die wichtigsten Unterscheidungen Die wichtigsten Unterscheidungen werden nachstehend dargestellt: a)
Der Mangelbegriff nach altem Recht
§ 633 Abs. 1 BGB a. F. (gültig bis zum 31.12.2001) „Der Unternehmer ist verpflichtet, das Werk so herzustellen, dass es die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern.“ b) Der Mangelbegriff nach neuem Recht § 633 Abs. 2 BGB n. F. (gültig ab dem 01.01.2002) „Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, 1. wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst 2. für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.“ Nach dem neuen Recht kommt es mithin entscheidend darauf an, was die Parteien als Beschaffenheit der Sache vereinbart haben. Um überhaupt feststellen zu können, ob ein Mangel vorliegt, muss zunächst geklärt werden, was die Parteien hinsichtlich der Beschaffenheit des Werks vertraglich vereinbart haben. Lässt sich dies klären und ist festzustellen, dass die ausgeführte von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht, liegt ein Mangel vor. Haben die Parteien eine bestimmte Beschaffenheit nicht vereinbart, liegt ein Mangel vor, wenn sich das Werk für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht eignet oder dem Werk eine Beschaffenheit fehlt, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes deshalb erwarten kann. Für den Bausachverständigen wäre die Mangelfeststellung sicherlich leichter, wenn er wie beim VOB-Bauvertrag auf einen bewährten Begriff wie „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ zurückgreifen könnte. Der
2. Die Rechte des Bestellers
105
Gesetzgeber hat davon jedoch erneut Abstand genommen. § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB n.F. bedeutet im Grunde aber nichts anderes als dass der Unternehmer ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk schuldet (vgl. hierzu auch BGH BauR 2000, 411). Das neue Werkvertragsrecht spricht nicht mehr von Gewährleistungsansprüchen, sondern von Mängelansprüchen (§ 634 a BGB).
2. Die Rechte des Bestellers Die Rechte des Bestellers bei Mängeln sind in § 634 BGB n.F. aufgeführt: „Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
1. nach § 635 Nacherfüllung verlangen, 2. nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, 3. nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und 4. nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311 a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.“ a) Nacherfüllung Der Besteller kann Nacherfüllung verlangen (§ 635 BGB) a) Der Unternehmer hat ein Wahlrecht zwischen der Mangelbeseitigung und der Neuherstellung (§ 635 Abs. 1 BGB). b) Der Unternehmer muss die Kosten der Nacherfüllung tragen (§ 635 Abs. 2 BGB). c) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. d) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, kann er Rückgewähr des alten Werkes verlangen.
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VI. Die Auswirkungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes
b) Selbstvornahme Der Besteller kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn er dem Unternehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (Kostenerstattungsanspruch, § 637 Abs. 1 BGB n.F.). Die Fristsetzung ist entbehrlich a) wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, b) wenn das Leistungsinteresse des Gläubigers an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden ist, c) wenn besondere Umstände die sofortige Ersatzvornahme rechtfertigen, d) wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist oder dem Besteller unzumutbar ist. Der in der Rechtsprechung entwickelte Kostenvorschussanspruch ist nunmehr gesetzlich geregelt (§ 637 Abs. 3 BGB n.F.). c)
Rücktritt
Der Besteller kann vom Vertrag zurücktreten (was bei Bauverträgen wegen der Verpflichtung zum Rückbau äußerst selten vorkommen dürfte). d) Minderung Der Auftraggeber kann Minderung verlangen (§ 638 BGB n.F.). aa) altes Recht § 634 Abs. 1 BGB a.F. lautete bezogen auf die Minderung: „Nach dem Ablauf der Frist kann der Besteller Rückgängigmachung des Vertrages (Wandelung) oder Herabsetzung der Vergütung (Minderung) verlangen, wenn nicht der Mangel rechtzeitig beseitigt worden ist; der Anspruch auf Beseitigung des Mangels ist ausgeschlossen. Auf die Minderung finden die für den Kauf geltenden Vorschriften der §§ 465 - 467, 469 - 475 entsprechende Anwendung.“
2. Die Rechte des Bestellers
107
Für die Berechnung der Minderung enthielt § 472 Abs. 1 BGB, der gem. § 634 Abs. 4 BGB entsprechend anwendbar war, folgende Regelung: „Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Wert der Sache in mangelfreiem Zustande zum wirklichen Wert gestanden haben würde“. bb) neues Recht § 638 BGB n.F. enthält dagegen folgende Regelung: „Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.“. Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unternehmers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden. cc) Berechnung der Minderung (§ 638 Abs. 3 BGB n.F.) „Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werks in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Hat der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Unternehmer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.“ Im Unterschied zum bisherigen Recht ist nicht mehr auf den Zeitpunkt der Abnahme, sondern auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. In der Praxis dürfte dies aber kaum von Bedeutung sein. Bei der Berechnung kommt es auf Nachbesserungs- oder Nacherfüllungskosten nicht an. § 638 BGB stellt nunmehr ausdrücklich klar, dass es sich bei der Minderung um ein Gestaltungsrecht handelt und die Minderung durch einseitige Erklärung gegenüber dem Unternehmer herbeigeführt werden muss. An dieser Stelle muss auf die vielfach beobachtete Praxis von Sachverständigen, ungefragt zur Minderung Stellung zu nehmen, hingewiesen werden. Wie die vorstehenden Darlegungen zeigen, ist die Minderung ein Gestaltungsakt („durch
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VI. Die Auswirkungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes
Erklärung gegenüber dem Unternehmer“). Ist dieser Gestaltungsakt nicht ausgeübt worden, gibt es keine Minderung. Demzufolge sind Ausführungen zur Minderung in Sachverständigengutachten überflüssig. Ebenso verhält es sich bei § 13 Nr. 6 VOB, der wie folgt lautet: „Ist die Beseitigung des Mangels für den Auftraggeber unzumutbar oder ist sie unmöglich oder würde sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern und wird sie deshalb vom Auftragnehmer verweigert, so kann der Auftraggeber durch Erklärung gegenüber dem Auftragnehmer die Vergütung mindern (§ 638 BGB).“ Es gibt demgemäß keine Minderung, wenn der Auftragnehmer die Beseitigung des Mangels nicht durchführt und der Auftraggeber nicht die Minderung erklärt. Wenn das Gericht den Sachverständigen im Beweisbeschluss nicht bittet, die Minderung zu berechnen, gibt es für den Sachverständigen keine Veranlassung, zu Minderwerten Stellung zu nehmen, da dann angenommen werden kann, dass entsprechende Gestaltungsakte nicht erfolgt sind. e)
Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen
Der Auftraggeber kann Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. aa) Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (§ 280 BGB n. F.) Das ist die neue Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche aus Schuldverhältnissen. Dabei wird nicht mehr zwischen der Verletzung einer Hauptpflicht oder einer Nebenpflicht unterschieden. § 280 BGB n.F. bedeutet Schadensersatz neben der Leistung, d.h. der Gläubiger will die Leistung behalten und Ersatz zusätzlicher Schäden. Bei der Architektenleistung stellen die Bauwerksschäden beispielsweise den zusätzlichen Schaden dar. bb) Schadensersatz aus § 281 BGB Im Falle des § 281 BGB n.F. lehnt der Gläubiger die Leistung des Schuldners ab und verlangt nur noch Schadensersatz in Geld.
2. Die Rechte des Bestellers
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cc) Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 284 BGB n. F.) Anstelle des Schadensersatzes kann der Besteller Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat. An dieser Stelle sei noch einmal verdeutlicht, dass Wert darauf gelegt wird, dass der Sachverständige die Mängelansprüche kennt, da er wissen muss, welche Mängelansprüche es gibt und welchen Mängelanspruch der Besteller/Auftraggeber in dem konkreten Prozess geltend macht. Dem Sachverständigen ist es jedoch, auch wenn er weiß, worum es rechtlich geht, verwehrt, Rechtsausführungen zu machen.
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VII. Die Sachverständigen-Vergütung (Entschädigung) Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich nach dem Gesetz über die V ergütung von Sachverständigen, Vergütung Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, eugen und Dritten Zeuginnen, Z Zeugen (J ustizvergütungs- und -entschädigungsgesetz – JVEG) (Justizvergütungs-
Inhaltsübersicht Abschnitt 1 orschrif ten Vorschrif orschriften Allgemeine V § § § §
1 2 3 4
Geltungsbereich und Anspruchsberechtigte Geltendmachung und Erlöschen des Anspruchs, Verjährung Vorschuss Gerichtliche Festsetzung und Beschwerde
Abschnitt 2 orschrif ten Gemeinsame V Vorschrif orschriften § 5 Fahrkostenersatz § 6 Entschädigung für Aufwand § 7 Ersatz für sonstige Aufwendungen
Abschnitt 3 Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern § 8 Grundsatz der Vergütung § 9 Honorar für die Leistung der Sachverständigen und Dolmetscher § 10 Honorar für besondere Leistungen
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§ § § §
11 12 13 14
VII. Die Sachverständigenvergütung
Honorar für Übersetzungen Ersatz für besondere Aufwendungen Besondere Vergütung Vereinbarung der Vergütung
Abschnitt 4 Entschädigung von ehrenamtlichen Richtern
Abschnitt 5 eugen und Dritten Zeugen Entschädigung von Z Die Abschnitte 4 (§§ 15–18) und 5 (§§ 19–23) regeln die Entschädigung von ehrenvonamtlichen Richter, von Zeugen und Dritten
Abschnitt 6 ten Schlussvorschriften Schlussvorschrif § 24 Übergangsvorschrift § 25 Übergangsvorschrift aus Anlass des Inkrafttretens dieses Gesetzes Anlage 1 ( zu § 9 Abs. 1) Anlage 2 (zu § 10 Abs. 1) - entfällt
VII. Die Sachverständigenvergütung
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Abschnitt 1 orschrif ten Vorschrif orschriften Allgemeine V § 1 Geltungsbereich und Anspruchsberechtigte (1) Dieses Gesetz regelt 1. die Vergütung der Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetscher, Übersetzerinnen und Übersetzer, die von dem Gericht, der Staatsanwaltschaft, der Finanzbehörde in den Fällen, in denen diese das Ermittlungsverfahren selbstständig durchführt, der Verwaltungsbehörde im Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten oder dem Gerichtsvollzieher herangezogen werden; 2. die Entschädigung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter … 3. die Entschädigung der Zeuginnen, Zeugen und Dritten … Eine Vergütung oder Entschädigung wird nur nach diesem Gesetz gewährt. Der Anspruch auf Vergütung nach Satz 1 Nr. 1 steht demjenigen zu, der beauftragt worden ist; dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter einer Unternehmung die Leistung erbringt, der Auftrag jedoch der Unternehmung erteilt worden ist. (2) Dieses Gesetz gilt auch, wenn Behörden oder sonstige öffentliche Stellen von den in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 genannten Stellen zu Sachverständigenleistungen herangezogen werden. Für Angehörige einer Behörde oder einer sonstigen öffentlichen Stelle, die weder Ehrenbeamte noch ehrenamtlich tätig sind, gilt dieses Gesetz nicht, wenn sie ein Gutachten in Erfüllung ihrer Dienstaufgaben erstatten, vertreten oder erläutern. Dieses Gesetz gilt für einen Sachverständigen der vor einem deutschen Gericht tätig ist, also auch für ausländische Sachverständige.
§ 2 Geltendmachung und Erlöschen des Anspruchs, Verjährung (1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird. Die Frist beginnt 1. im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
114
VII. Die Sachverständigenvergütung
2. im Falle der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung dem zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. [1] Weglage/Pawliczek § 1 1.1.1
(2)War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden. (3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden, Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klagererhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücktsichtigtt. (4)Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend. Dieser einheitlichen gesetzlichen Dreimonatsfrist geht weder eine Fristsetzung des Gerichts noch eine Belehrung über die Folgen der Fristversäuming voraus. Nach Ablauf der Dreimonatsfrist ist der Anspruch nicht mehr durchsetzbar. [2] Weglage/Pawliczek § 2 Num, 1; Meyer/Höver/Beul, § 2 Rz. 2.3
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VII. Die Sachverständigenvergütung
§ 3 Vorschuss Auf Antrag ist ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn dem Berechtigten erhebliche Fahrtkosten oder sonstige Aufwendungen entstanden sind oder voraussichtlich entstehen werden oder wenn die zu erwartende Vergütung für bereits erbrachte Teilleistungen einen Betrag von 2 000 Euro übersteigt. Bei diesem Vorschussanspruch wird nicht nur auf die Fahrtkosten abgestellt, sondern auch sonstige Aufwendungen, wie z.B. Kosten für Hilfskräfte, Materialuntersuchungen u.Ä. [3] Weglage/Pawliczek § 2 Num, 1; Meyer/Höver/Beul, § 3 Rz. 3.3
§ 4 Gerichtliche Festsetzung und Beschwerde (1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Zuständig ist 1. das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder 2. das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungs-verfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei erfolgt oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; 3. das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollsteckung das Vollstreckungsgericht. (2)Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren er-folgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt hat, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung
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VII. Die Sachverständigenvergütung
gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten. (3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtigte und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. (4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar. (5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwer-degericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend. (6) Anträge und Erklärungen können zu Protokoll der Geschäftstelle abgegeben oder schriftlich eingereicht werden; die §§ 129a und 130a der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird. (7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden. (8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. (9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.
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VII. Die Sachverständigenvergütung
Abschnitt 2 Gemeinsame V orschrif ten Vorschrif orschriften § 5 Fahrtkostenersatz (1) Bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln werden die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt. (2)Bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs werden zur Abgeltung der Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Bei der Benutzung durch mehrere Personen kann die Pauschale nur einmal geltend gemacht werden. Bei der Benutzung eines Kraftfahrzeugs, das nicht zu den Fahrzeugen nach Absatz 1 oder Satz 1 zählt, werden die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zu 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt; zusätzlich werden die durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs aus Anlass der Reise angefallenen regelmäßigen baren Auslagen, insbesondere die Parkentgelte, ersetzt, soweit sie der Berechtigte zu tragen hat. (3) Höhere als die in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Fahrtkosten werden er-setzt, soweit dadurch Mehrbeträge an Vergütung erspart werden oder höhere Fahrtkosten wegen besonderer Umstände notwendig sind. (4)Für Reisen während der Terminsdauer werden die Fahrtkosten nur insoweit ersetzt, als dadurch Mehrbeträge an Vergütung erspart werden, die beim Verbleiben an der Terminsstelle gewährt werden müssten. (5)Wird die Reise zum Ort des Termins von einem anderen als dem in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichneten oder der zuständigen Stelle unverzüglich angezeigten Ort angetreten oder wird zu einem anderen als zu diesem Ort zurückgefahren, werden Mehrkosten nach billigem Ermessen nur dann ersetzt, wenn der Berechtigte zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt war.
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VII. Die Sachverständigenvergütung
§ 6 Entschädigung für Aufwand (1) Wer innerhalb der Gemeinde, in der der Termin stattfindet, weder wohnt noch berufstätig ist, erhält für die Zeit, während der er aus Anlass der Wahrnehmung des Temins von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt abwesend sein muss, ein Tagegeld, dessen Höhe sich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes bestimmt. Das sind bei einer Abwesenheit von 24 Stunden 24 Euro, bei einer Abwesenheit von 14 bis 24 Stunden 12 Euro und bei einer Abwesenheit von 8 bis 14 Stunden 6 Euro. Danach erhält ein Sachverständiger ohne Belegnachweis ein Übernachtungsgeld von 20 Euro und bei nachgewiesenen Übernachtungskopsten bis zu 30 Euro. Die Kosten für das Frühstück fallen nicht in den Übernachtungskosten. Sie sind im Inland mit einer Pauschale von 4,60 Euro abzuziehen (§ 10 Abs. 3 BRKG). (2)Ist eine auswärtige Übernachtung notwendig, wird ein Übernachtungsgeld nach den Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes gewährt.
§ 7 Ersatz für sonstige Aufwendungen (1) Auch die in den §§ 5, 6 und 12 nicht besonders genannten baren Auslagen werden ersetzt, soweit sie notwendig sind. Dies gilt insbesondere für die Kosten notwendiger Vertretungen und notwendiger Begleitpersonen. (2)Für die Anfertigung von Ablichtungen werden 0,50 Euro je Seite für die ersten 50 Seiten und 0,15 Euro für jede weitere Seite, für die Anfertigung von Farbkopien 2 Euro je Seite ersetzt. Diese Pauschalbeträge werden unabhängig davon ersetzt, welche Kosten tatsächlich entstanden sind. Die Höhe der Pauschale ist in derselben Angelegenheit einheitlich zu berechnen. Die Pauschale wird für Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten gewährt, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Vorbereitung oder Bearbeitung der Angelegenheit geboten war, sowie für Ablichtungen, die nach Aufforderung durch die heranziehende Stelle angefertigt worden sind. (3) Für die Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien anstelle der in Absatz 2 genannten Ablichtungen werden 2,50 Euro je Datei ersetzt.
VII. Die Sachverständigenvergütung
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Abschnitt 3 Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern § 8 Grundsatz der Vergütung (1) Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhalten als Vergütung 1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11) 2. Fahrtkostenersatz (§ 5) 3. Entschädigung für Aufwand (§ 6) sowie 4. Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12). (2)Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags. (3) Soweit vergütungspflichtige Leistungen oder Aufwendungen auf die gleichzeitige Erledigung mehrerer Angelegenheiten entfallen, ist die Vergütung nach der Anzahl der Angelegenheiten aufzuteilen. (4)Den Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, kann unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere ihres regelmäßigen Erwerbseinkommens, nach billigem Ermessen eine höhere als die in Absatz 1 bestimmte Vergütung gewährt werden. Nicht erstattungsfähig sind Schreiben und Tätigkeiten zur Weiterverfolgung des Vergütungsanspruchs und Zeit, die der Sachverständige aufwendet, um zu einem Ablehungsgrund einer Partei Stellung zu nehmen. [4] Weglage/Pawliczek § 8 Num. 2.7 mit Rechtssprechungsnachweisen
§ 9 Honorar für die Leistung der Sachverständigen (1) Der Sachverständige erhält für jede Stunde ein Honorar
120
VII. Die Sachverständigenvergütung
in der Honorargruppe
in der Höhe von ... Euro
1
50
2
55
3
60
4
65
5
70
6
75
7
80
8
85
9
90
10
95
Die Zuordnung der Leistungen zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach der Anlage 1. Wird die Leistung auf einem Sachgebiet erbracht, das in keiner Honorargruppe genannt wird, ist sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen. Erfolgt die Leistung auf mehreren Sachgebieten und sind die Sachgebiete verschiedenen Honorargruppen zugeordnet, bemisst sich das Honorar einheitlich für die gesamte erforder-liche Zeit nach der höchsten dieser Honorargruppen; jedoch gilt Satz 3 entsprechend, wenn dies mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen würde. § 4 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Beschwerde auch zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt. Die Beschwerde ist nur zulässig, solange der Anspruch auf Vergütung noch nicht geltend ge-macht worden ist.
§ 10 Honorar für besondere Leistungen (1) Soweit ein Sachverständiger oder ein sachverständiger Zeuge Leistungen erbringt, die in der Anlage 2 bezeichnet sind, bemisst sich das Honorar oder die Entschädigung nach dieser Anlage . (2)(Absatz 2 nicht aufgeführt) (3) Soweit für die Erbringung einer Leistung nach Absatz 1 oder Absatz 2 zusätzliche Zeit erforderlich ist, erhält der Berechtigte ein Honorar nach der Honorargruppe 1.
121
VII. Die Sachverständigenvergütung
§ 11 Honorar für Übersetzungen entfällt
§ 12 Ersatz für besondere Aufwendungen (1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten. Es werden jedoch gesondert ersetzt 1. die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte, sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge; 2. für die zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderlichen Lichtbilder oder an deren Stelle tretenden Farbausdrucke 2 Euro für den ersten Abzug oder Ausdruck und 0,50 Euro für jeden weiteren Abzug oder Ausdruck; 3. für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens 0,75 Euro je angefangene 1000 Anschläge; ist die Zahl der Anschläge nicht bekannt, ist diese zu schätzen; 4. die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes unerhoben bleibt. (2)Ein auf die Hilfskräfte (Absatz 1 Satz 2 Nr. 1) entfallender Teil der Gemeinkosten wird durch einen Zuschlag von 15 Prozent auf den Betrag abgegolten, der als notwendige Aufwendung für die Hilfskräfte zu ersetzen ist, es sei denn, die Hinzuziehung der Hilfskräfte hat keine oder nur unwesentlich erhöhte Gemeinkosten veranlasst.
§ 13 Besondere Vergütung (1) Haben sich die Parteinen dem Gericht gegenüber mit einer bestimmten oder abweichend von der gesetzlichen Regelung zu bemessenden Vergütung einverstanden erklärt, ist diese Vergütung zu gewähren, wenn ein ausreichender Betrag an die Staatskasse gezahlt ist. Das Geld muss in diesen Fällen bereits bei der Staatskasse eingegangen sein. (2) Die Erklärung nur einer Partei genügt, soweit sie sich auf den Stundensatz nach § 9
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VII. Die Sachverständigenvergütung
bezieht und das Gericht zustimmt. Die Zustimmung soll nur erteilt werden, wenn das Eineinhalbfache des nach den §§ 9 bis 11 zulässigen Honorars nicht überschritten wird. Vor der Zustimmung hat das Gericht die andere Partei zu hören. Die Zustimmung und die Ablehnung der Zustimmung sind unanfechtbar.
§ 14 Vereinbarung der Vergütung Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.
Abschnitt 4 Entschädigung von ehrenamtlichen Richtern §§ 15 bis 18 – entfallen
Abschnitt 5 eugen und Dritten Zeugen Entschädigung von Z §§ 19 bis 23 – entfallen
Abschnitt 6 ten Schlussvorschriften Schlussvorschrif §§ 24 und 25 – entfallen
123
VII. Die Sachverständigenvergütung
Anlage 1 (zu § 9 Abs. 1) Sachgebiet
Honorargruppe
Honorargruppe
Heizungs-, Klima und Lüftungstechnik
4
Holz/Holzbau
4
Honorare (Architekten und Ingenieure
7
Immissionen
5
Ingenieurbau
4
Innenausbau
5
Kältetechnik
6
Mieten und Pachten
5
Möbel
3
5
Sanitärtechnik
5
9
Schäden an Gebäuden
6
Schweißtechnik
3
Sprengtechnik
2
Stahlbau
4
Statik im Bauwesen
4
Straßenbau
5
Tiefbau
4
Unternehmensbewertung
10
Abbruch
5
Abfallstoffe
5
Abrechnung im Hochund Ingenierbau
6
Akustik, Lärmschutz
5
Altbausanierung
5
Altlasten
3
Bauphysik
5
Baustoffe
5
Bauwerksabdichtung
6
Beton-, Sathlbeton- und Spannbetonbau Betriebsunterbrechungsund Verlagerungsschäden Bewertung von Immobillien Brandschutz und Brandursachen Büroeinrichtungen und -organisation
6
Dachkonstruktionen
5
Erd- und Grundbau
3
Fenster, Türen, Tore
5
Fliesen und Baukeramik
5
Fußböden
4
Garten- und Landschaftsgestaltung/Garten- und Landschaftsbau
Sachgebiet
5 5
3
Vermessungstechnik
1
Wärme- und Kälteschutz
6
Wasserversorgung und Abwässer
3
124
VII. Die Sachverständigenvergütung
Das JJustizvergütungsustizvergütungs- und -entschädigungsgesetz kann in folgende A bAbschnitte unterteilt werden: Abschnitt 1 orschrif ten Vorschrif orschriften Allgemeine V § 1 Geltungsbereich und Anspruchsberechtigte § 2 Geltendmachung und Erlöschen des Anspruchs, Verjährung § 3 Vorschuss § 4 Gerichtliche Festsetzung und Beschwerde
Abschnitt 2 Gemeinsame V orschrif ten Vorschrif orschriften § 5 Fahrkostenersatz § 6 Entschädigung für Aufwand § 7 Ersatz für sonstige Aufwendungen
Abschnitt 3 Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern, Übersetzern § 8 Grundsatz der Vergütung § 9 Honorar für die Leistung der Sachverständigen und Dolmetscher § 10 Honorar für besondere Leistungen § 11 Honorar für Übersetzungen § 12 Ersatz für besondere Aufwendungen
125
VII. Die Sachverständigenvergütung
§ 13 Besondere Vergütung § 14 Vereinbarung der Vergütung
Abschnitt 4 Entschädigung von ehrenamtlichen Richtern § 15 Grundsatz der Entschädigung § 16 Entschädigung für Zeitversäumnis § 17 Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung § 18 Entschädigung für Verdienstausfall
Abschnitt 5 eugen und Dritten Zeugen Entschädigung von Z § 19 Grundsatz der Entschädigung § 20 Entschädigung für Zeitversäumnis § 21 Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung § 22 Entschädigung für Verdienstausfall § 23 Entschädigung Dritter
Abschnitt 6 ten Schlussvorschriften Schlussvorschrif § 24 Übergangsvorschrift § 25 Übergangsvorschrift aus Anlass des Inkrafttretens dieses Gesetzes
126
VII. Die Sachverständigenvergütung
Obwohl das JVEG am 1. Juli 2004 in Kraft getreten ist, wird die Vergütung der Sachverständigen bei den zuständigen Abrechnungsstellen bisher noch nicht einheitlich durchgeführt. Dies liegt u.a. daran, dass die Grundlage zur Abrechnung (zu Artikel 2, Abschnitt 3, § 9, Absatz 1) in 57 Sachgebiete aufgeteilt ist, obwohl zuständige Kammern Sachverständige in über 700 Sachgebieten vereidigen. Die vorgenannten 57 Sachgebiete sind in insgesamt 10 sogenannte Honorargruppen unterteilt, die in Abständen von jeweils 5,00 EUR gestaffelt sind, wobei die unterste – Honorargruppe 1 (z.B. Vermessungstechnik) mit einem Stundensatz von 50,00 EUR beginnt und die – Honorargruppe 10 (Unternehmensbewertung) mit einem Stundensatz von 95,00 EUR endet. Hierzu werden einige nicht verständliche Abrechnungs-Korrekturen beschrieben, wobei nachfolgend lediglich die JVEG-§§ aufgeführt werden, die für Bausachverständige zur Anrechnung gelangen.
Abschnitt 2 Gemeinsame V orschrif ten Vorschrif orschriften §
5 Fahrkostenersatz
Fährt der Sachverständige mit seinem eigenen PKW, kann er 0,30 EUR je km abrechnen. Berücksichtigt man hierbei die gesamt anfallenden Kosten eines PKW’s, der in der Regel auch für den Transport von Messgeräten eingesetzt wird, so ist der abrechenbare Betrag von 0,30 EUR nicht realisierbar. Bei einem Mittelklassewagen liegen die eigenen Nutzungskosten bei mindestens 0,45 EUR/km–0,50 EUR/km. Es bleibt deshalb zu überlegen, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Hier hat der Sachverständige die Möglichkeit, z.B. die 1. Klasse der Bundesbahn zu benutzen und abzurechnen. Dazu gehören auch die Kosten, die beispielsweise anfallen, wenn man von einem Bahnhof zum jeweiligen Zielort fährt, wie z.B. Taxi, Bahn, Bus o.ä. Bei weiter entfernt liegenden Zielorten wird auch die Nutzung mehrerer Fahrtkosten (z.B. die eines Flugzeug) anerkannt, weil dadurch ggf. eine Übernachtung entfallen könnte. Grundsätzlich ist bei eigenem PKW-Gebrauch auch darauf zu achten, dass der
VII. Die Sachverständigenvergütung
127
kürzeste Fahrweg zu wählen ist, wobei kleinere Umwege dann in Kauf genommen und vergütet werden, wenn dadurch Zeiteinsparungen möglich sind. Bei Bahnfahrten werden außerdem ersetzt: – 1. Klasse und Platzkarten – Nutzung eines Schlafwagens, wenn damit die Gesamtkosten des Gutachtens auf mindestens den gleichen Betrag gemindert werden. – Zuschlagspflichtige Verkehrsmittelkosten – Beförderungskosten des Reisegepäcks einschließlich einer Gepäckversicherung. – Bei Nutzung einer Bahnkarte werden Kosten nur in der Höhe des vollen Fahrpreises übernommen. § 6 Entschädigung für Aufwand §§
7 + 12
Ersatz für sonstige Aufwendungen
Nach Absatz 1 können Kosten notwendiger Vertretungen und notwendigen Begleitpersonals ersetzt werden, wobei die jeweilige Notwendigkeit nachzuweisen ist. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Sachverständige sein Büro als Einzelperson führt und deshalb auf einen Vertreter angewiesen ist. Aus den Kosten des Vertreters darf jedoch kein Einkommenszuwachs entstehen oder wenn eine Vertretung notwendig ist und die Vertreterkosten von den zeitbezogenen Sachverständigenkosten nicht gedeckt werden können. Ersetzt werden Kosten für Begleitpersonen, wenn diese notwendig sind, wie beispielsweise während des Ortstermins durch ein umfangreiches Aufmaß oder bei Hilfe zur Erstellung des Gutachtens, soweit diese nicht durch andere JVEG-§§ abgedeckt sind. Ebenfalls ersetzt werden Auslagen, die der Sachverständige für die Erstellung des Gutachtens benötigt, wie beispielsweise – Gebühren von Akteneinsichten des Bauaufsichtsamtes, – Beschaffung von Unterlagen durch Dritte, – Fertigen von Zeichnungen u.ä. Des Weiteren können Kosten aus Porto, Telefongebühren u.a. bis zur Mehrwertsteuer als zusätzliche Kosten abgesetzt werden. Sind Begleitpersonen Mitarbeiter des Sachverständigen-Büros, können die tatsächlich aufgewandten Kosten inkl. Nebenkosten abgerechnet werden. Diese liegen in der Regel zwischen 20,00 EUR/Std. bis 35,00 EUR/Std (ggf. ist ein Nachweis erforderlich).
128
VII. Die Sachverständigenvergütung
Nachweis-M uster Nachweis-Muster Monatsgehalt (inkl. Arbeitgeberanteil und Sonstiges)
2 500.00 EUR
Zuschlag für Urlaub (ggf. auch sonstige Ausfallzeiten wie Sonderurlaub u.Ä.) angenommen 5 Wochen bei 52 Kalenderwochen ca. 10 %
250.00 EUR
Zuschlag für Urlaubs- und Weihnachtsgeld 1 Monatsgehalt : pro Jahr = 2.500,00 EUR/Mon. : 12 Monate
208.33 EUR
Zwischensumme Monatskosten zum Stundenaufwand Arbeitszeit pro Monat = 170 Stunden (dieser kann varieren) Stundensatz 2.958,33 EUR : 170 (Std./Mon.) + 15 % Geschäftsanteil – § 12 (2) – Zusammen je Stunde
2 958.33 EUR
17.40 EUR 2.61 EUR 20.01 EUR
Vorgenannte Werte sind durch die tatsächlichen Werte zu ersetzen. Wenn Nebenkosten als Pauschalbetrag angegeben werden, wird bei einzelnen Abrechnungsstellen der Gerichte, z.B. Verpackungsmaterial für den Versand des Gutachtens nicht anerkannt mit der Begründung, dass diese Kosten durch den Stundensatz abgedeckt sind. Deshalb ist der Begriff „Materialkosten“ zu allgemein. Vergütbare Kosten aus besonderen „Materialkosten“ werden bei genauer Berechnung erstattet.
Abschnitt 3 Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern § 8 Grundsatz der Vergütung § 9 Honorar für die Leistung der Sachverständigen und Dolmetscher entfällt
VII. Die Sachverständigenvergütung
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§ 10 Honorar für besondere Leistungen entfällt § 11 Honorar für Übersetzungen entfällt § 12 Ersatz für besondere Aufwendungen – siehe auch § 7 – Verbrauchte Stoffe und Werkzeuge, die z.B. bei Ortsterminen eingesetzt werden, sind zu erstatten. Dies gilt dann, wenn Stoffe oder Werkzeuge nur zum einmaligen Gebrauch verwendbar sind, z.B. Rauchpatronen, nicht wieder verwendbare Schutzfolien, Materialien für Plomben u.Ä. Erforderliche Farbfotos sind mit 2,00 EUR für den ersten Abzug bzw. Ausdruck zu erstatten. Jeder weitere Abzug bzw. Ausdruck ist mit 0,50 EUR zu erstatten. Dabei beinhaltet der erste Abzug die Beschaffung und Entwicklung des Filmmaterials sowie den Einsatz von Hilfskräften, z.B. für Laufwege. Abgerechnet werden alle für die Erstellung notwendigen Farbfotos, auch wenn diese nur z.T. dem Gutachten beigelegt werden. Bei den weiteren Abzügen werden nur die dem Gutachten beigehefteten Farbfotos erstattet. Bei Fotokopien werden die ersten 50 Fotokopien mit je 0,50 EUR, alle weiteren mit 0,15 EUR erstattet. Dies gilt auch für Fotokopien, z.B. aus Aktenauszügen und für alle Seiten der zusätzlichen Gutachten-Ausfertigungen. Farbkopien werden mit 2,00 EUR je Seite erstattet. Für die Reinschrift des Gutachtens (Originale) gilt, dass je angefangene 1.000 Anschläge mit 0,75 EUR erstattet werden, wobei Leertasten und Schriftzeichen mitgezählt werden. Hieraus ergibt sich z.B. bei einer beschriebenen Seite mit 2.300 Anschlägen 3.000 Anschläge (aufgerundet) x 0,75 EUR/Tsd. = 2,25 EUR. Mit diesem Betrag kann eine kostendeckende Vergütung nicht mehr erwirtschaftet werden, insbesondere auch dann, wenn von Kostenbeamten nicht berücksichtigt wird, dass die angefangenen 1.000 Anschläge voll aufgerundet werden, d.h.
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VII. Die Sachverständigenvergütung
dass sehr häufig bei der Vergütung nur die tatsächlichen Anschläge anerkannt werden. Generell kann die Zahl der Anschläge geschätzt werden, wobei auch solche Seiten zu berücksichtigen sind, die mit Fotos, Zeichnungen o.Ä. ausgefüllt wurden. Der Sachverständige kann nur Kostenersatz für die Gutachtenseiten verlangen, die von dem Gericht beauftragt werden. Das von dem Sachverständigen zu archivierende Gutachten kann nicht in Rechnung gestellt werden, wobei jedoch bei vielen Gerichten großzügig verfahren wird und auch das zu archivierende Gutachten mit erstattet wird. Allgemeine Geschäfts-/Bürokosten wie Miete und Mietnebenkosten werden nicht ersetzt. Nach einschlägiger Rechtsprechung sind diese bereits im Stundensatz enthalten. Ebenfalls nicht ersetzt werden – die Beschaffung von Fachliteratur, sofern diese nicht speziell für ein Gutachten erforderlich ist und nicht bei anderer Gutachten-Erstellung ebenfalls herangezogen werden kann, – Reinschriften für Fotoseiten, auch wenn diese nur mit kurzer Beschriftung versehen sind, können ebenfalls mit je 1.000 angefangenen Anschlägen berechnet werden. Unterschiedlich wird von den Abrechnungsstellen das Einkleben von Fotos bewertet, wenn dafür Stundensätze von Hilfskräften (z.B. Sekretärinnen) in Rechnung gestellt werden. Unter Zugrundelegung von § 12 Absatz 1 Nr. 1 können Sekretärinnen als Hilfskräfte mit deren Stundensatz abgerechnet werden für folgende Schreibarbeiten: – Schriftwechsel für Terminsbenachrichtigung, – Aktenanforderung und -versand – Ladungen zum Ortstermin – Schreiben eines Protokolls der Ortsbesichtigung wobei dem Sachverständigen nicht ersetzt wird: – Papierverbrauch – Anschreiben und Sachverständigen-Rechnung
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VII. Die Sachverständigenvergütung
§ 13 Besondere Vergütung Vor Beginn der Sachverständigen-Tätigkeit kann der Stundensatz mit dem Gericht und mit den Parteien – dabei genügt auch die Zustimmung einer Partei – ein von dem nach § 9 vorgegebener abweichender Stundensatz vereinbart werden. Es kann auch vereinbart werden, dass eine Pauschalvergütung, die das Eineinhalbfache der unter den §§ 9 bis 11 zulässigen Stundensätze nicht überschreiten darf, festgelegt wird. Dieser ist auch, wenn sich herausstellt, dass nicht erkannte Kosten anfallen, nicht korrigierbar und kann nicht überschritten werden.
§ 14 Vereinbarung der Vergütung entfällt
Abschnitt 4 Entschädigung von ehrenamtlichen Richtern entfällt
Abschnitt 5 eugen und Dritten Zeugen Entschädigung von Z entfällt
Abschnitt 6 ten Schlussvorschriften Schlussvorschrif § 24 Übergangsvorschrift Wurde ein Sachverständiger vor Inkrafttreten des JVEG beauftragt, ist er verpflichtet, eine Kostenaufstellung entsprechend dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) zu erstellen. Inkraft getreten ist das JVEG am 1. Juli 2004.
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VII. Die Sachverständigenvergütung
§ 25 Übergangsvorschrift aus Anlass des Inkrafttretens dieses Gesetzes entfällt Privatauftrag Die Vergütung bei einem Privat-Auftrag kann der Sachverständige mit dem Auftraggeber/den Auftraggebern frei vereinbaren. Hierbei kommt es zu einem Werkvertrag. Das Honorar sollte schriftlich vereinbart werden, wobei der jeweilige Arbeitsumfang sowie die Art des Gutachtens möglichst exakt beschrieben sein sollte. Soweit Gebührensätze nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, wie beispielsweise die Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure (HOAI) gilt die freie Vereinbarung des Honorars mit den Auftraggebern. Dies gilt für Stundensätze, Pauschal-Honorierung und Prozent-/oder Promillesätze (bei Wert-Gutachten) oder Festlegung nach dem Streitwert. Sofern nach der HOAI abgerechnet werden soll, ist dies entsprechend in einem Vertrag festzulegen. Ferner ist vertraglich zu vereinbaren, welche Stundensätze beispielsweise für Hilfskräfte vereinbart werden. Bei Stundensätzen ist es ratsam, auch Zeittakte zu vereinbaren, wie beispielsweise, dass viertel-, halb- oder vollstündlich mit je angefangener Zeit abgerechnet wird. Als zusätzliche abzurechnende Leistungen sind auch zu vereinbaren: – Schreibkosten je Seite oder pauschal – Fotokopien je Seite oder pauschal – Fahrtkosten nach je km für PKW, Bahn- und/oder Flugkosten – Abwesenheits- und/oder Übernachtungskosten – Porto, Telefon-, Telefax- und sonstige Auslagen und Materialkosten – Höhe der Mehrwertsteuer Werden vorgenannte Nebenkosten und Mehrwertsteuer nicht vertraglich vereinbart, gelten diese als mit eingeschlossen und können später nicht mehr dem Honorar zugeschlagen werden. Weiterhin sollte vereinbart werden, wann Vorschuss oder Teilzahlungen von den Auftraggebern zu leisten sind. Beauftragt der Sachverständige für die Erstellung seines Gutachtens Spezialisten, wie Sonderingenieure, Spezialinstitute o.Ä., sind diese ebenfalls im Vertrag zu erwähnen einschließlich der dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten.
VII. Die Sachverständigenvergütung
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Hat der Sachverständige Bedenken, dass seine Honorarrechnung nicht oder nur teilweise bezahlt wird, kann er die Herausgabe des Gutachtens verweigern. Es ist ratsam, auch hierfür eine Klausel in den Vertrag mit einzuschließen. Des Weiteren sollte in dem Vertrag mit eingeschlossen werden, zu welchem Zeitpunkt die Untersuchungen durchgeführt werden und wann das Gutachten fertig gestellt wird, wobei verbindliche Zeiten nur mit folgenden Einschränkungen benannt werden sollten: – Hinweise auf unverschuldete Ausfälle, – Behinderungen und Unterbrechungen, die von Dritten verschuldet werden und – die Einhaltung eines fest genannten Gutachten-Fertigstellungstermins verzögern. Sollte ein mündlicher, möglichst durch Zeugen beweisbarer, oder schriftlicher Vertrag nicht abgeschlossen oder Honorar- und Nebenkostenvereinbarungen nicht besprochen werden, ist damit dem Sachverständigen der Honoraranspruch nicht zu versagen. Durch eine nachweisbare Beauftragung des Sachverständigen kann eine übliche Vergütung als vereinbart ausgelegt werden. In Streitfällen kann durch Anhörung von Berufsverbänden oder die Industrieund Handels-, Architekten-, Ingenieur- oder Handwerkskammer die Üblichkeit erfragt werden. Führt dies nicht zu einer Einigung, setzt ein Gericht die Höhe der Vergütung nach billigem Ermessen fest. Hinweis: Zu seiner Entscheidung vom 26.10.2000 (BauR 2001, 249) hat der Bundesgerichtshof den Begriff „Üblichkeit“ wie folgt definiert: „Üblichkeit im Sinne des § 632, Absatz 2, BGB, ist die Vergütung, die zurzeit des Vertragtragsabschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werk-leistung gewährt zu werden pflegt.“
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VII. Die Sachverständigenvergütung
Musterrechnung Landgericht Düsseldorf 6. Zivilkammer Neubrückstraße 3
den ……….
40213 Düsseldorf
R e c h n u n g Nr Nr.. - St.-Nr. Gesch.-Nr esch.-Nr.. 6 OH 136/06 – Icks ./. Üpsilon Beweis-Gutachten gemäß Beschluss vom ………. Fragen zu … Ort und Straße Für meine Gutachtertätigkeit erlaube ich mir folgende Kosten zu berechnen: A. Zeitaufwand (§§ 8, 9) Einlesen in die Akte Diktat der schriftlichen Ladung zum Ortstermin vom ………. Ortstermin am ………. inkl. Terminvorbereitung und Fahrzeit Fertigen von Skizzen, Auswerten und Einordnen der Fotos Ausarbeitung des Gutachtens inkl. Korrektur usw. aufgerundet nach § 8, Abs. 2 (JVEG) Honorargruppe 6 (Schäden an Gebäuden) 19.00 Stunden à 75.00 EUR
1.25 Stunden 0.50 Stunden 9.50 Stunden 1.75 Stunden 5.75 Stunden 18.75 Stunden 19.00 Stunden
425.00 EUR
B. Auslagen und Aufwendungen (§§ 5-7, 12) Aufwendungen für Hilfskräfte (gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1) für Aktenversand und Einkleben von Fotos/Fotoabzügen 2,25 Stunden à 32,00 EUR zuzügl. 15 % Gemeinkosten (gem. § 12 Abs. 2) 82.80 EUR Reisekosten mit PKW (gem. § 5 Abs. 2 S. 1) 2 x 75 km = 150 km à 0,30 EUR 45.00 EUR Tagegeld (gem. § 6 Abs. 1, § 4 Abs. 5 S 1 Nr. 5 S. 2 EstG) Abwesenheit inkl. Fahrzeit (ab 8.00 Uhr / an 17.00 Uhr = 9,00 Stunden) 6.00 EUR Übertrag:
133.80 EUR
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VII. Die Sachverständigenvergütung
Blatt 2 zur Rechnung Nr. ………. vom ………. an das Landgericht Düsseldorf, 6. Zivilkammer, zu Gesch.-Nr. 6 OH 136/06 Übertrag:
133.80 EUR
DIN A4-Originale: 30 Seiten Gutachten 8 Fotoseiten 1 Seite Anlage 1 (Anwesenheitsliste) 1 Seite Einladung 1 Seite Korrespondenz 41 Seiten = ca. 52.650 Anschläge : 1.000 DIN A4-Fotokopien: 30 Seiten Gutachten x 5 Exempl. 8 Fotoseiten x 5 Exempl. 1 Seite Anlage 1 x 5 Exempl. 1 Seite Einladung x 5 Exempl. 2 Seiten Korrespondenz 6 Seiten aus der Gerichtsakte
à 0.75 EUR
= = = = = =
davon 50 Fotokopien 158 Fotokopien 10 Farbfotos (gem. § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2) davon 8 Farbfotos x 5 Exempl. = 40 Farbfotos DIN A3-Originale: 3 Seiten Anlage 2.1 - 2.3 (Skizzen)
39.48 EUR
150 Fotok. 40 Fotok. 5 Fotok. 5 Fotok. 2 Fotok. 6 Fotok. 208 Fotok. à 0.50 EUR à 0.15 EUR à 2.00 EUR à 0.50 EUR
25.00 EUR 23.70 EUR 20.00 EUR 20.00 EUR
à 4.00 EUR
12.00 EUR
DIN A3-Farb-Fotokopien 3 Seiten Anlage 2.1 - 2.3 x 5 Exempl. = 15 Farbfotok. à 2.00 EUR Nebenkosten für Telefongebühren, Büro- und Portokosten inkl. Rückgabe der Akte mit Gutachten pauschal
30.00 EUR 26.02 EUR 330.00 EUR
C. Gesamtvergütung A. Zeitaufwand B. Ersatz für Aufwendungen + 19 % Mehrwertsteuer
1 425.00 EUR 330.00 EUR 1 755.00 EUR 333.45 EUR 2 088.45 EUR
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VIII. Die Haftung des Sachverständigen Bei der Frage, in welcher Weise der Sachverständige für ein falsches Gutachten haftet, ist zu unterscheiden zwischen der Tätigkeit als Privatgutachter und als Gerichtsgutachter.
1. Rechtliche Einordnung des Sachverständigenvertrages Die Beauftragung mit der Erstellung eines Privatgutachtens stellt einen Werkvertrag zwischen dem Gutachter und dem Auftraggeber dar (vgl. BGH BB 1974, 578). Ein objektiv falsches Gutachten stellt eine Schlechtleistung dar, für die der Sachverständige nach den Regeln des Werkvertrages haftet, wobei hier ein Eingehen auf die Rechtslage vor und nach dem 1.1.2002 nicht erforderlich ist (hierzu im Einzelnen s. Bayerlein, Praxishandbuch Sachverständigenrecht, § 33). Der Privatgutachter hat ebenso wie der Architekt für eine falsche Planung für ein falsches Gutachten einzustehen, wobei er für das Fehlverhalten von Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB einzustehen hat. Wird die Fehlerhaftigkeit eines Gutachtens rechtzeitig erkannt, wird in erster Linie ein Minderungsanspruch des Bestellers im Hinblick auf das Honorar des Sachverständigen in Betracht kommen, der bei völliger Unbrauchbarkeit des Gutachtens zu einer Honorarreduzierung auf Null führen kann. Die Frage des weitergehenden Schadensersatzes stellt sich dann, wenn als Folge eines falschen Gutachtens ein Bauwerk mangelhaft erstellt wird. Ist im Falle des rechtzeitigen Erkennens eines falschen Gutachtens noch eine Nachbesserung bis zur Neuerstellung möglich, so gibt es diese Möglichkeit, wenn das Gutachten Grundlage für Bauwerksleistungen war und als Folge des mangelhaften Gutachtens Bauwerksmängel aufgetreten sind, nicht mehr. Hat der Sachverständige beispielsweise ein falsches Gründungsgutachten erstellt, ist dies in der Regel nach Vorlage des Gutachtens noch nicht feststellbar. Vielmehr ergibt sich die Unrichtigkeit eines Gründungsgutachtens erst nach Errichtung des Bauwerks oder Teilen desselben. Hier liegt der Schaden des Bestellers nicht nur in dem unbrauchbaren Gutachten, sondern darüber hinaus in den durch die falsche Errichtung verursachten Schäden, wobei die Kausalität zwischen falschem Gutachten und falscher Errichtung nicht immer leicht festzustellen ist. Von großer Bedeutung ist hierbei die Verjährungsfrage. Die Verjährungsfrist bei Planungsleistungen für ein Bauwerk beträgt fünf Jahre (§ 638 BGB a. F.; § 634 a
.138
VIII. Die Haftung des Sachverständigen
Abs. 1 Nr. 2 BGB n. F.), da sich die Planungsleistungen in einem Bauwerk verkörpern (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH BauR 1999, 670). Nichts anderes gilt für Gutachten, die in Vorbereitung einer Planungsleistung erstellt werden. Holt der planende Architekt ein Gründungsgutachten ein, um festzustellen, welche Gründungsart erforderlich ist, verkörpert sich das Ergebnis des Gründungsgutachtens dann in dem Bauwerk, wenn die Gründung auf der Grundlage des Gründungsgutachtens erfolgt ist. Entstehen durch ein falsches Gutachten Schäden, obwohl es nicht zur Errichtung des Bauwerks gekommen ist, kann trotzdem eine fünfjährige Verjährungsfrist greifen. In einem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall hatte ein Privatgutachter eine Entwässerungsplanung erstellt, nach der die Entwässerung durch die Anlegung von Rigolen erfolgen sollte. Nachdem die Rigolen erstellt worden waren, stellte sich heraus, dass diese Entwässerungsplanung nicht geeignet war und es wurde eine Brunnenlösung erstellt. Den Schaden für die unnütz erstellten Rigolen hatte der Privatgutachter zu tragen. Das OLG Düsseldorf stellte eine fünfjährige Verjährungsfrist fest, weil die von dem Gutachter erstellte Entwässerungsplanung in das Bauwerk eingehen sollte (vgl. BauR 2003, 127 = NJW-RR 2003, 14). Die Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme, also der Entgegennahme des Gutachtens verbunden mit der Erklärung, dass das Gutachten als vertragsgemäß anerkannt wird. Diese Erklärung erfolgt in der Regel stillschweigend. Erstellt der Sachverständige ein Bewertungsgutachten (= feststellendes Gutachten), erbringt er also die Leistung, die er ansonsten für das Gericht erbringt, für einen Privatmann, beträgt die Verjährungsfrist nach neuem Recht 3 Jahre (§ 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB n. F.), nach altem Recht 6 Monate (§ 638 BGB a. F.). Bei diesen Gutachten ist allerdings die Frage der Fehlerhaftigkeit nur schwer zu beurteilen. In aller Regel ist ein falsches Privatgutachten von einem Laien nur als falsches Gutachten zu entlarven, wenn dies in einem anderen Gutachten festgestellt wird. Dann muss aber zweifelsfrei feststehen, dass das andere Gutachten richtig ist. Selbst wenn ein Gericht dem anderen Gutachten – dem Gerichtsgutachten – folgt, bedeutet dies nicht, dass das Privatgutachten, das die Aussagekraft des Gerichtsgutachtens nicht entkräften konnte, objektiv falsch ist.
2. Ansprüche Dritter
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2. Ansprüche Dritter Gegenüber Ansprüchen Dritter haftet der Privatgutachter, wenn festgestellt werden kann, dass der Gutachterauftrag Schutzpflichten gegenüber Dritten begründen sollte, d.h. erstellt ein Gutachter im Auftrage einer Person ein Gutachten, von dem bestimmungsgemäß gegenüber Dritten Gebrauch gemacht werden soll und wird erwartet, dass Dritte wegen dessen besonderer Sachkunde auf die Richtigkeit der Angaben des Gutachters vertrauen, so kommt eine Haftung des Gutachters in Betracht (vgl. BGH BauR 2001, 426 und IBR 2002, 557). Gutachten, von denen bestimmungsgemäß gegenüber Dritten Gebrauch gemacht wird, sind beispielsweise Verkehrswertgutachten oder Gutachten über Altlasten, wenn das Grundstück später verkauft werden soll. Erstellt ein Gutachter ein Verkehrswertgutachten und erleidet ein Erwerber aufgrund einer schuldhaft unrichtigen Bewertung des Gutachters einen Schaden, so kommt eine Haftung des Gutachters wegen des dem Dritten entstandenen Schadens in Betracht. In die Schutzwirkung eines Vertrages, durch den eine Behörde im Rahmen der ihr im öffentlichen Interesse obliegenden Verwaltungsaufgaben einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, ist der von der dadurch vorbereiteten Verwaltungsentscheidung möglicherweise betroffene Dritte grundsätzlich nicht einbezogen (vgl. BGH IBR 2001, 502). Im Gegensatz zum Privatgutachter wird der für das Gericht tätige Sachverständige nicht aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages beauftragt, sondern er wird vom Gericht ernannt. Es wird mithin ein öffentlich-rechtliches, vom Verfahrensrecht bestimmtes Verhältnis begründet (vgl. BGH NJW 1965, 289). Die Regeln über den Werkvertrag finden deshalb auf dieses Rechtsverhältnis keine Anwendung.
3.
Das neue Haftungsrecht
Bezüglich der Haftung des Gerichtsgutachters ist zu unterscheiden zwischen der Rechtslage vor und nach dem 1.8.2002. Durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 (BGBl. I S. 2674) ist die Haftung des Gerichtssachverständigen neu geregelt worden. Für Verfahren vor dem Inkrafttreten der Neuregelung kamen als Anspruchsgrundlage nur die Vorschriften über die unerlaubte Handlung (§§ 823 ff. BGB) in Betracht. Da es sich bei durch Bausachverständige verursachte Schäden weitge-
.140
VIII. Die Haftung des Sachverständigen
hend um Vermögensschäden handelt, war Anspruchsgrundlage § 823 Abs. 2 BGB iVm. der Verletzung eines sog. Schutzgesetzes. Ein Schutzgesetz ist ein Gesetz, das Rechte von Personen schützt, ohne dass sich aus ihm eine Anspruchsgrundlage ergibt. Anspruchsgrundlage ist dann § 823 Abs. 2 BGB verbunden mit der Feststellung, dass das Schutzgesetz verletzt worden ist. Für gerichtlich tätige Sachverständige sind Schutzgesetze die Eidesdelikte.Nimmt ein Sachverständiger seine gutachterlichen Feststellungen auf seinen Eid, kommt der Straftatbestand des fahrlässigen Falscheides gemäß § 163 StGB in Betracht, wenn der Sachverständige das Gutachten schuldhaft falsch erstellt hat, wobei fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt im Überlegen, die ihm nach den Umständen und seinen persönlichen Fähigkeiten zuzumuten ist, außer Acht lässt (einfache Fahrlässigkeit). Eine Fahrlässigkeit kommt beim gerichtlichen Sachverständigen indessen nur in Betracht bei einer mangelhaften Vorbereitung oder erkennbar schweren Versäumnissen bei der Aufnahme der Feststellungen vor Ort, da der Sachverständige bei Erstattung des Gutachtens nur seine subjektive Überzeugung äußert und ihm deshalb nicht bewusst ist, dass das Beschworene objektiv falsch ist. Eine Haftung des Sachverständigen, der ein objektiv falsches Gerichtsgutachten erstellt hat, kommt deshalb nach altem Recht nur in Betracht, wenn er bei der Eidesleistung (die Bezugnahme auf den allgemein geleisteten steht der Eidesleistung gleich) infolge mangelnder Sorgfalt nicht erkannt hat, dass seine Ausführungen falsch sind, das Gericht dem falschen Gutachten gefolgt ist, einer Partei daraus ein Vermögensschaden entstanden ist und der Geschädigte nachweisen kann, dass das Gericht bei einem anderen – richtigen – Gutachten anders entschieden hätte. Die Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB findet auch auf einfache Fahrlässigkeit Anwendung. Für nach dem Inkrafttreten der Neuregelung aufgrund des obengenannten Gesetzes erteilte Gerichtsaufträge findet § 839 a BGB Anwendung. Nach § 839 a BGB ist ein vom Gericht ernannter Sachverständiger zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet hat und einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung, die auf diesem Gutachten beruht, ein Schaden entstanden ist. Der Sachverständige haftet entgegen der bisherigen Rechtslage nicht mehr für einfache Fahrlässigkeit, sondern nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit aber liegt erst vor, wenn die verkehrsübliche Sorgfalt in besonders grobem Maße verletzt wird, also selbst einfachste, jedem einleuchtende Überlegungen nicht angestellt werden. Bedeutsam ist auch, dass eine Haftung nur in Betracht kommt, wenn die Entscheidung auf dem Gutachten beruht. Fälle ande-
4. Haftung aus einer fehlerhaften Fertigstellungsbescheinigung
141
rer Erledigung, insbesondere ein Vergleich zwischen den Parteien aufgrund eines unrichtigen Urteils, fallen nicht hierunter (vgl. Karczewski, der Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften in VersR 2001, 1070 ff.). In § 839 Abs. 2 BGB ist außerdem klargestellt, dass § 839 Abs. 3 BGB entsprechend Anwendung findet. Gemäß § 839 Abs. 3 BGB tritt eine Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Geschädigte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der gerichtliche Sachverständige nach neuem Recht nur haftet, wenn er wenigstens grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt hat, das Gericht seine Entscheidung auf dieses unrichtige Gutachten gestützt hat und der Geschädigte trotz Einlegung eines Rechtsmittels den Schaden nicht abwenden konnte.
4.
Haftung aus einer fehlerhaften Fertigstellungsbescheinigung
Bei der Haftung aus einer fehlerhaften Fertigstellungsbescheinigung ist zu unterscheiden zwischen der Haftung gegenüber dem Unternehmer und der Haftung gegenüber dem Besteller. Da der Sachverständige vom Unternehmer den Auftrag erhält, das Verfahren über die Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung durchzuführen, erhält er den Auftrag auf Erstellung eines Privatgutachtens. Er haftet dem Unternehmer daher bei einer zu Unrecht abgelehnten Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung nach den Regeln über den Werkvertrag. Mit dem Besteller kommt ein Vertrag jedoch nicht zustande. Dem Besteller kann jedoch durch eine zu Unrecht erteilte Fertigstellungsbescheinigung ein Vermögensschaden entstehen. Hier kommt eine Haftung des Sachverständigen nur in Betracht, wenn man den Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Gutachter im Hinblick auf den Besteller als Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ansieht. Dafür spricht, dass der Gutachter im Rahmen des Verfahrens auf Erteilung der Fertigstellungsbescheinigung dem Besteller gegenüber verpflichtet ist, die Bescheinigung unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen, der Gesetzgeber also nicht nur die Rechte des Unternehmers erweitern, sondern dabei auch den Schutz des Bestellers berücksichtigt wissen will.
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IX. Anhang A. Begriffsbestimmung I.
Technische Spezifikationen (Anhang zu Teil A der Vergabe- und Vertragsordnung (VOB))
1. „Technische Spezifikationen“ „Technische Spezifikationen“ sind sämtliche, insbesondere in den Verdingungsunterlagen enthaltenen, technischen Anforderungen an eine Bauleistung, ein Material, ein Erzeugnis oder eine Lieferung, mit deren Hilfe die Bauleistung, das Material, das Erzeugnis oder die Lieferung so bezeichnet werden können, dass sie ihren durch den öffentlichen Auftraggeber festgelegten Verwendungszweck erfüllen. Zu diesen technischen Anforderungen gehören Qualitätsstufen, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit und Abmessungen, ebenso die Vorschriften für Materialien, Erzeugnisse oder Lieferungen hinsichtlich Qualitätssicherung, Terminologie, Bildzeichen, Prüfungen und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung. Außerdem gehören dazu auch die Vorschriften für die Planung und die Berechnung von baulichen Anlagen, die Bedingungen für die Prüfung, Inspektion und Abnahme von baulichen Anlagen, die Konstruktionsmethoden oder Verfahren und alle anderen technischen Anforderungen, die der öffentliche Auftraggeber bezüglich fertiger baulicher Anlagen oder der dazu notwendigen Materialien oder Teile durch allgemeine oder spezielle Vorschriften anzugeben in der Lage ist. 2.
„Norm“
Das ist eine technische Spezifikation, die von einer anerkannten Normenorganisation zur wiederholten oder ständigen Anwendung angenommen wurde, deren Einhaltung grundsätzlich nicht zwingend vorgeschrieben ist. 3.
„Europäische Norm“
Das ist die von dem Europäischen Komitee für Normung (CEN) oder dem Europäischen Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC) gemäß deren gemeinsamen Regeln als europäische Norm (EN) oder Harmonisierungsdokument (HD) angenommene Norm.
144
IX. Anhang
4. „Europäische technische Zulassung“ Das ist eine positive technische Beurteilung der Brauchbarkeit eines Produkts hinsichtlich der Erfüllung der wesentlichen Anforderungen an bauliche Anlagen; sie erfolgt aufgrund der spezifischen Merkmale des Produkts und der festgelegten Anwendungs- und Verwendungsbedingungen. Die Europäische technische Zulassung wird von einer zu diesem Zweck vom Mitgliedsstaat zugelassenen Organisation ausgestellt. 5. „Gemeinsame technische Spezifikation“ Das ist eine technische Spezifikation, die nach einem von den Mitgliedsstaaten anerkannten Verfahren erarbeitet wurde, um die einheitliche Anwendung in allen Mitgliedsstaaten sicherzustellen, und die im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht wurde. 6. „Wesentliche Anforderungen“ Das sind Anforderungen die die Sicherheit, die Gesundheit und andere für die Allgemeinheit wichtige Aspekte betreffen, denen die baulichen Anlagen genügen müssen. 7. Mangels europäischer Normen, europäischer technischer Zulassungen oder gemeinsamer technischer Spezifikationen a) werden die technischen Spezifikationen unter Bezugnahme auf die einzelstaatlichen technischen Spezifikationen festgelegt, die anerkanntermaßen den wesentlichen Anforderungen der Gemeinschaftsrichtlinien zur technischen Harmonisierung entsprechen, wobei die Anerkennung der Entsprechung nach den Verfahren dieser Richtlinien und insbesondere nach den in der Richtlinie des Rates 89/106/EWG vom 21. Dezember 1988 über Bauprodukte vorgesehenen Verfahren erfolgt; b) können die technischen Spezifikationen unter Bezugnahme auf die einzelstaatlichen technischen Spezifikationen betreffend Planung, Berechnung und Verwirklichung von Bauvorhaben und den Einsatz von Produkten festgelegt werden;
B. Weitere Begriffsbestimmungen
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c) können die technischen Spezifikationen unter Bezugnahme auf sonstige Dokumente festgelegt werden. In einem solchen Fall ist unter Beachtung der nachstehenden Normenrangfolge zurückzugreifen auf – die innerstaatlichen Normen, mit denen vom Land des Auftraggebers akzeptierte internationale Normen umgesetzt werden; – sonstige innerstaatliche Normen und innerstaatliche technische Zulassungen des Landes des Auftraggebers; – alle weiteren Normen.
B. Weitere Begriffsbestimmungen 1.
Allgemein anerkannte Regeln der Technik
Die allgemein anerkannten Regeln der Technik sind Regeln, die von einer hinreichend großen Zahl kompetenter Fachleute des betreffenden Sachgebiets deshalb getragen und akzeptiert werden, weil ein Konsens darüber besteht, dass die Regel richtig, zur Zweckerreichung geeignet und das mit der Regelbefolgung erzielbare Ergebnis brauchbar und in der Praxis bewährt ist. Der Begriff der Praxisbewährung beinhaltet eine zusammenfassende, empirisch begründete Aussage kompetenter Fachleute dazu, ob sich ein Bauprodukt oder eine Bauweise für den bestimmungsgemäßen Verwendungszweck bei Anwendung/Herstellung in der von den Produktherstellern dafür vorgesehenen Verarbeitung unter zu erwartenden Praxisbedingungen über einen längeren Zeitraum und eine ausreichend hohe Zahl von Anwendungsfällen als zuverlässig und erfolgreich einsetzbar erwiesen haben. Anerkannte Regeln der Baukunst/Bautechnik enthalten beispielsweise die DINNormen des Deutschen Instituts für Normung e.V., die Bestimmungen des deutschen Ausschusses für Stahlbeton, die Bestimmungen des Verbandes deutscher Elektrotechniker (VDE), die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, die Bestimmungen des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und die von den Bauaufsichtsbehörden eingeführten technischen Baubestimmungen des Deutschen Instituts für Normung e.V.
146
IX. Anhang
Der Begriff der anerkannten Regeln der Technik ist umfassender als die allgemeinen technischen Vorschriften (DIN-Normen). Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass DIN-Normen die Vermutung für sich haben, die allgemein anerkannten Regeln der Technik wiederzugeben. Es spricht auch eine Vermutung dafür, dass im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Missachtung von allgemein anerkannten Regeln der Technik entstandene Schäden auf die Verletzung dieser Regeln zurückzuführen sind. Der Unternehmer hat vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung stets die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten, wobei entscheidend auf den Zeitpunkt der Abnahme abzustellen ist. Dies gilt sowohl für den BGB-Werkvertrag als auch für den VOB-Bauvertrag. § 13 Nr. 1 VOB/B schreibt ausdrücklich vor, dass die Werkleistung des Unternehmers zum Zeitpunkt der Abnahme den anerkannten Regeln der Technik zu entsprechen hat. Auch beim BGB-Werkvertrag wird stillschweigend die Verpflichtung vereinbart, nach den anerkannten Regeln der Technik zu bauen. Wer neue, vom Stand der Technik abweichende Wege beschreiten will, muss als Fachunternehmer prüfen, ob er den gestellten Anforderungen gerecht wird und den Auftraggeber hierüber aufklären. Abzug „neu für alt“ Leistet der Schädiger für eine ältere Sache Schadensersatz, kommt ein Abzug „neu für alt“ in Betracht. Der Geschädigte bekommt für eine ältere Sache eine neue Sache. Die Versicherungen greifen auf diesen Gesichtspunkt gern zurück, weil sie dann weniger als Versicherungsleistung zu zahlen haben. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass ein Abzug „neu für alt“ nicht in Betracht kommt, wenn der Unternehmer die Mängelbeseitigung verzögert und der Besteller deshalb über einen längeren Zeitraum mit einem Mangel leben muss (vgl. OLG Karlsruhe, BauR 2002, 93). DIN-Normen DIN-Normen sind die Normen, die vom Deutschen Institut für Normung in seinen Ausschüssen aufgestellt und von ihm unter dem Verbandszeichen DIN herausgegeben werden. Sie bilden das „Deutsche Normenwerk“. Nicht immer sind die DIN-Normen und die allgemeinen technischen Vertragsbedingungen der VOB/C mit den anerkannten Regeln der Technik identisch, da sich diese anerkannten Regeln der Technik ständig weiter entwickeln und die geschriebenen Normen nicht selten erst nach langjähriger Beratung und Erörte-
B. Weitere Begriffsbestimmungen
147
rung in den Fachkreisen an diese Entwicklung angepasst werden. In der Regel kann man aber davon ausgehen, dass die DIN-Normen den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Teil C der VOB umfasst eine Vielzahl von DIN-Normen, die nach einzelnen Handwerkszweigen und technischen Tätigkeitsbereichen im Rahmen der Bauausführung aufgegliedert sind. Die Hinweise für die Leistungsbeschreibung haben erhebliche Bedeutung für die ordnungsgemäße und vollständige Erstellung einer Leistungsbeschreibung oder eines Leistungsverzeichnisses. Von besonderer Bedeutung sind auch die Vorschriften über Nebenleistungen und besondere Leistungen, aus denen abzulesen ist, ob eine Leistung gesondert vergütungspflichtig ist oder nicht. Schließlich führen die Aufmaß- und Abrechnungsbestimmungen der DIN-Normen bei richtiger Anwendung häufig zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten über die abzurechnenden Mengen. Hat ein Unternehmer bei der Ausführung der Werkleistung die für sein Gewerk gültige DIN-Norm beachtet, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine vertragsgerechte Ausführung der Werkleistung, denn es besteht eine tatsächliche, allerdings jederzeit widerlegbare Vermutung dafür, dass die DIN-Normen die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben (vgl. BGH BauR 1970, 177). Die DIN-Normen enthalten verschiedentlich auch den Auftragnehmer treffende Hinweis- und Mitteilungspflichten. Berechnung des Minderwerts Wird der Sachverständige beauftragt, den Minderwert aus einem Mangel am Gebäude oder einem Bauteil festzustellen, kann dies nur aus technischer Sicht geschehen. Ein Minderwert ergibt sich, wenn 1. Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung 2. Unverhältnismäßigkeit des Mangelbeseitigungsaufwandes anzunehmen ist.
148
IX. Anhang
Bei Unmöglichkeit oder Unverhältnismäßigkeit besteht wie dargelegt kein Nachbesserungs- oder Nacherfüllungsanspruch. Der Auftraggeber kann in diesen Fällen nur Minderung verlangen. Unmöglichkeit ist z. B. gegeben, wenn die vereinbarte Geschosshöhe eines Gebäudes deutlich unterschritten wird, die Gebrauchstauglichkeit aber noch gegeben ist. Die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit einer Mangelbeseitigung ist eine juristische Frage. Der Sachverständige kann jedoch für die juristische Entscheidung einen Mangel am Gebäude oder einem Gebäudeteil aus technischer Sicht bewerten. Dazu sind unterschiedliche Verfahren anwendbar. Entsprechend diverser Normen, insbesondere der DIN 18 202, können Abweichungen der vereinbarten Herstellung des Werkes zugrunde gelegt werden. Hieraus und im Zusammenhang mit anderen Mängeln ist zu unterscheiden zwischen „optischen“ Abweichungen und „funktionalen“ Abweichungen. Bei einer Bewertung ist zunächst die vereinbarte Sollbeschaffenheit festzulegen, wie sie sich aus den Plänen, Leistungsbeschreibungen, Vergleichsobjekten u.ä. ergibt. Diese Sollbeschaffenheit ist mit den anerkannten Regeln der Technik zu vergleichen. Ist die Sollbeschaffenheit festgestellt, muss sie der Istbeschaffenheit gegenübergestellt werden. Ergibt sich hieraus eine Abweichung, ist zu unterscheiden zwischen konstruktiven und optischen Mängeln. In Oswald /Abel (Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten bei Gebäuden) werden die Arbeitsschritte zur Beurteilung des Minderwertes am Beispiel einer Putzdickenbeschichtung dargestellt:
149
B. Weitere Begriffsbestimmungen
Mangelfreie Bauleistung
Hauptziel
(z. B. Außenputz)
Gewicht
100 Technische Funktionen
Opische Funktionen
70
30
Zielkategorien
Gewicht
usw. Sonstige Schutzfunktionen
Eignung für Oberflächenschicht
60
10 usw.
0 Ende
Dicke des Putzes
Wasseraufnahme
Merkmal
20
40
Gewicht
Schlagregenschutz
Einzelziel
Gewicht
usw. 10 Probebohrungen; Stichmaß mm
Untersuchungs-/Messmethode Skalierung
∅ 11 mm; min: 8 mm
Ist-Ergebnis
∅ 15 mm; min: 10 mm (DIN 18550)
Soll-Forderung
Soll-Ist-Vergleich nicht erfüllt
erfüllt
Grundbewertung
Putzdicke mangelhaft
Ende
Liegt ein Mangel vor?
0 1
Unterer Grenzwert ∅ 10 mm; min: 7 mm Bewertungsmatrix hinnehmbar
nicht hinnehmbar
Minderung
Nachbesserung
Bewertungsvorgang; z. B. Bewertungsfunktion, z. B. 60 % 80 % von 20 % = 12 % Minderwert durch Dickenunterschreitung 12 % Herstellungspreises
Bewertung Hinnehmbarkeit
Ermittlung Minderwert Ergebnis
150
IX. Anhang
Im gleichen Werk wird auch ein Beispiel der Bewertungstabelle des Natursteinverbandes wiedergegeben: Gewichtungsbeispiele
NatursteinInnenarbeiten
Nutzen:
Teilwert a)
Teilwert b)
Teilwert c) Aussehen
Teilwert d)
Teilwert e)
Teilwert f)
Teilwert g)
Teilwert h) Summen:
Gewichtung in % vom Gesamtwert G ebrauch, z. B. Abriebfestigkeit, Pflegeverhalten, Belastbarkeit, Lebensdauer F unktion, z. B. als: Schall- und Wärmedämmer, Heizfläche bei beheiztem Belag, Gleithammer, Lastverteiler Sonstiges Gewichtung in % vom Gesamtwert Stein: Anomalien, Farbe, Design, Mustertreue O berfläche: Schliff, Glanz, Unversehrtheit Fugenbild: Anordnung, Breite, Farbe, Zustand der Fugenoberfläche Maßhaltigkeit: aus Fertigung und Verlegeleistung: Grenzabmaße, Ebenheit, Überzähne Sonstiges
Gewichtung durch den Sachverständigen
%-Berechnung der Minderung des mangelhaften Teils
a) Vorzeigebereich
b) Normalbereich
c) nachgeordneter Bereich
30 %
50 %
70 %
%
%
15 %
25 %
35 %
%
%
15 %
25 %
35 %
%
%
%
%
Teilbereichsminderung in %
70 %
50 %
7,5 %
%
%
20 %
12,5 %
7,5 %
%
%
20 %
12,5 %
7,5 %
%
%
15 %
12,5 %
7,5 %
%
%
15 %
12,5 %
7,5 %
%
%
100 %
100 %
100 %
100 %
% Minderung in %: %
B. Weitere Begriffsbestimmungen
151
Von der AIB-Bau (Oswald/Dahmen) wurden für die Wertermittlung der Gebrauchstauglichkeit bzw. optischen Beeinträchtigung Ermittlungsvorgaben veröffentlicht. Erweitert wurden die Bewertungen mit der Matrix zur Bewertung von Mängeln auf der Basis einer Prozentskala. Weitergehende Wertermittlungsmethoden wurden veröffentlicht von: C. H. Zangenmeister, Nutzwertanalyse in der Systemtechnik - eine Methodik zur multidimensionalen Bewertung und Auswertung von Projektalternativen München 1994 H.E. Auernhammer, Wertermittlung nach der Zielbaummethode - Verfahren zur Bestimmung von Wertminderungen bei Mängeln und Schäden (Aachener Bausachverständigen-Tage 1978). Aus der Summe der Einzelbewertungen ergibt sich bei der grafischen Darstellung eine vom Soll-Zustand bis zum Ist-Zustand aufgegliederte Ermittlung, die sich vom Soll-Zustand als Spitze bis zum Ist-Zustand als Basiswert baumartig darstellt. Zugrunde gelegt werden dabei folgende Richtwerte: 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
= = = = = = = = = = =
mangelfrei fast nicht beeinträchtigt etwas beeinträchtigt noch befriedigend weniger befriedigend unbefriedigend mangelhaft sehr mangelhaft unzulänglich ungenügend, aber noch nutzbar unbrauchbar, nicht verwertbar
Bei Oswald/Abel wurde für die Beurteilung eines Abstellraums im Keller folgende Tabelle aufgestellt:
152
IX. Anhang
Abweichungszahlen ai
Belastbarkeit
65
0
0
Verarbeitung
10
2
2
15
1
1,5
Oberflächenbeschaffenheit
5
4
2
äußerliche Struktur
3
10
3
2
8
1,6
Maßgenauigkeit
Farbbeschaffenheit
Nutzen
Gewichtungszahlen gi in %
Aussehen
Geltungswert
Gebrauchswert
Beurteilungskriterium für Abstellraum eines Kellers
Wertminderungsgi ⋅ ai 10
zahlen mi =
Es ist durchaus möglich, auch eigene Verfahrensweisen zu entwickeln. Dabei sind die jeweiligen Gewichtungen nachvollziehbar Schritt für Schritt zu dokumentieren. Einzugliedern sind dabei die Bauteile in ihrer Wertigkeit von 100% Funktions-/Gebrauchs-Anteil bis 100% optischer Anteil. Bei den meisten Bauteilen gilt eine Einstufung für beide vorgenannten Bewertungsgrundlagen. So hat beispielsweise ein Außenputz sowohl eine optische als auch eine funktionale Aufgabe zu erfüllen. Bei der weiteren Gliederung sind die jeweiligen Wertigkeiten festzulegen. Dies kann z. B. bei dem bereits erwähnten Außenputz, der fachgerecht, aber unsauber aufgebracht wurde, im funktionalen Bereich zu keiner weiteren Minderwert-Ermittlung führen, während bei der optischen Bewertung unter auffällige, weniger auffällige oder nicht mehr sichtbare Bereiche zu gliedern ist. Ist der in Prozentwerten ermittelte Minderwert festgestellt, wird dieser mit dem Bauteilwert multipliziert. Merkantiler Minderwert Die Gebrauchsfähigkeit einer Bauleistung ist beeinträchtigt, wenn infolge der Mangelhaftigkeit der Werkleistung oder des Fehlens zugesicherter Eigenschaften der Wert oder die Tauglichkeit der Leistung zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufgehoben oder gemindert ist. Dabei kommt es nicht nur auf die technische Gebrauchsminderung an, sondern auch auf einen etwa verbleibenden Minderwert der Leistung im kaufmännischen Sinne (merkantiler Minderwert). Die Annahme eines merkantilen Minderwerts beruht auf der Erfahrung, dass eine einmal mit Mängeln behaftet gewesene Sache trotz sorgfältiger und voll-
C. Baustoffe
153
ständiger Nachbesserung im Geschäftsverkehr vielfach niedriger bewertet wird (vgl. BGH DB 1961, 1515). Dabei wird unterstellt, dass bei einem großen Teil des Publikums wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb besteht. Dies mindert den Verkaufswert eines Bauwerks auf dem Immobilienmarkt und reduziert den Mietpreis bei Vermietung des Objekts und die Beleihungsmöglichkeiten. Das gilt erst recht für die Fälle, in denen eine Nachbesserung wegen des damit verbundenen unverhältnismäßigen Aufwandes unterbleibt. In diesen Fällen geht der Erwerber mit der Erwartung in die Verkaufsverhandlungen, dass er ein mit einem Mangel behaftetes Bauwerk erwirbt und wird dies in die Preisverhandlungen einbringen. Bei der Minderung der Vergütung eines Unternehmers ist deshalb auch ein verbleibender merkantiler Minderwert zu berücksichtigen. „Sowiesokosten“ Sowieso- oder Ohnehinkosten sind solche Kosten, die der Auftraggeber bei von vornherein ordnungsgemäßer Erbringung der Bauleistung ohnehin hätte bezahlen müssen (z. B. Einbau stärkerer Heizkörper, Einbau stärkerer Fensterrahmen). Diese Kosten muss sich der Auftraggeber innerhalb seiner Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen. Bei der Berechnung der Sowieso- oder Ohnehinkosten ist zu beachten, dass bei der Ermittlung dieser Kosten der Preisstand zum Zeitpunkt der Erstellung der Bauleistung maßgebend ist, während der entscheidende Zeitpunkt bei der Schadensberechnung in Prozessen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist.
C. Baustoffe 1.
Schadstoffe
Im April 1995 wurde in der TRGS 905 ein Verzeichnis krebserregender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe festgeschrieben und im Juni 1995 durch den Bundesminister für Arbeit und Soziales unter § 52 Abs. 3 GefStoffV veröffentlicht. Danach sind bei der Be- und/oder Verarbeitung bestimmter Stoffe Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen. Aus diesem Grund wird nachfolgend ein Auszug aus den bisher bekannten Gefahrstoffen aufgeführt, die auch in den Sachverständigen-Arbeitsbereich fallen. Diese Aufstellung ist jedoch nicht vollständig, sie wird unter den TRGS fortgeschrieben.
154
IX. Anhang
Abbeizmittel Zur Entfernung alter Anstriche werden u. a. Abbeizfluide benutzt, die wegen ihrer Eigenschaft des schnellen Verdunstens eingedickt werden. Bearbeitete Flächen werden mit Reinigungsbenzin oder Nitroverdünner nachbehandelt. Achtung: Explosions- oder/und Brandgefahr Anstrich-Fungizide Das sind pilzzerstörende oder pilzwachstumsmindernde Anstriche aus Kresol-, Phenol-, Quecksilbersalz- oder sonstiger Salzbasis. Achtung: Einzelne im Handel befindliche Anstrich-Fungizide können Gesundheitsschäden hervorrufen. Deshalb sind Herstellerhinweise genau zu beachten. Asbest Das ist ein feinstfaseriges Naturprodukt mit sehr hohem Schmelzpunkt. – Terpentinasbest ca. 1.500 C° – Hornblendeasbest ca. 1.150 C° Asbest wurde in unterschiedlichsten Materialien zur Stabilisierung, zum Brandschutz u.ä. verarbeitet. Achtung: Die Asbestverarbeitung ist in Deutschland verboten. Bestehende Asbestbauteile müssen entsprechend der Gefahrstoffverordnung bzw. TRGS 519 bearbeitet bzw. entsorgt werden. Die feinen Fasern können beim Atmen in die Lunge gelangen und dort karzinogene Krankheiten der Atmungsorgane hervorrufen. Dioxin Dioxin tritt in unterschiedlichsten Formen auf und entsteht z. B. bei Brandschäden. Besonders gefährlich ist das Tetra Chlor Di-benzo Dioxin, bekannt als „Sevesogift“.
C. Baustoffe
155
Achtung: Bei Brandschäden, insbesondere bei Industrieanlagen mit Abfallstoffgemischen sind Laboruntersuchungen von Rußniederschlägen erforderlich, bevor mit den Abräumarbeiten ohne ausreichende Schutzvorkehrungen begonnen werden kann. Holzschutzmittel Die ehemaligen Holzschutzmittel Hexachlorhexan waren unter den Handelsnamen Lindan und Pentachlorpenol (PCP) auf dem Markt. Holzschutzmittel mit diesen Bestandteilen sind seit 1986 innerhalb von geschlossenen Räumen nicht mehr zulässig, jedoch noch in Holzkonstruktionen von Bauten, die vor 1986 errichtet wurden, enthalten. Achtung: PCP gilt als krebserzeugend. Es sind deshalb entsprechende Sicherungsmaßnahmen bei der Bearbeitung alter Hölzer erforderlich. Formaldehyde Das sind organische Verbindungen, die in Lacken, in Leimharzen und Kunststoffen enthalten sind und können nach der Verarbeitung insbesondere bei Wärme ausgasen. Achtung: Beim Einatmen können Allergien entstehen, kurzzeitig können Schleimhaut- oder Augenreizungen auftreten. Mineralfasern Mineralfasern, auch künstliche Mineralfasern (KMF) genannt, bestehen aus feinsten anorganischen Fasern, die unter der Bezeichnung Glas- oder Steinwolle als Wärme-, Schall- und Brandschutz verarbeitet werden. Seit dem Jahr 2000 gelten besondere Anforderungen (siehe Gefahrenstoffverordnung). Achtung: Die entsprechend der Gefahrenstoffverordnung gefertigten KMF-Produkte können mit geringen Schutzmaßnahmen verarbeitet bzw. entsorgt werden. Die KMF-Produkte, welche die Anforderungen der Gefahrenstoffverordnung nicht erfüllen, werden als krebsgefährdend eingestuft. Die Entsorgung ist nach TRGS 521 durchzuführen.
156
IX. Anhang
Styrol Styrol wird aus Benzol und Äthylen hergestellt. Dies ist wiederum der Ausgangsstoff für Polystyrol, spritzfeste Anstriche und Isolierlacke. Achtung: Nach Brandschäden müssen die Ruße auf Rückstände von Giftstoffen durch Speziallaboratorien untersucht werden. Teer Der Begriff „Teer“ wurde in der DIN 1995 neu festgelegt. Die bisherige Bezeichnung Straßenteere wurde geändert in Straßenpeche oder Kaltteere in Kaltpechlösungen etc. Teere bzw. Peche waren ursprünglich Abfallprodukte bei der Verkokung von Steinkohle. Anfang des 20. Jahrhunderts erkannte man jedoch die hervorragende Eigenschaft der Wasserundurchlässigkeit und nutzte Pech für Bautenabdichtungen u. a. im Straßenbau. Zwischenzeitlich werden Teere und Peche „der alten Generation“ durch aus Erdöl gewonnene Bitumen-Asphalte ersetzt. Achtung: Teer bzw. Teerpech gilt nach der MAK-Liste (maximale Arbeitsplatzkonzentrationen) von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als krebsgefährdend.
2.
Pilze
Aus der Vielzahl von Pilzarten (geschätzt werden über 100.000 Arten) wird nachfolgend ausschließlich auf die innerhalb von Aufenthaltsräumen entstehenden und für Menschen möglicherweise krankheitserregenden Pilzarten eingegangen (genannt wird wegen der Vielzahl nur ein geringer Anteil der bekannten Pilzarten) Pilzsporen, die vergleichsweise als Samen angesehen werden können, treiben unsichtbar in der Luft. Finden diese einen entsprechenden Lebensraum, wie beispielsweise feuchte Wände, Decken o. ä. und dementsprechend auch günstige Umweltbedingungen, keinem sie aus. Auf dem lebensfähigen Untergrund entstehen Hyphen, ähnlich einem Wurzelwerk, die, wenn diese zu einem dich-
C. Baustoffe
157
ten Geflecht zusammengewachsen sind, als Myzel bezeichnet werden. Aus diesen Myzels entstehen die Fruchtkörper, die wiederum Sporen produzieren. Der Lebensraum für die Pilzentwicklung entsteht bei Nährboden, deren Feuchtigkeitsgehalt mindestens 20 Masseprozente besitzt. Weiter muss die umgebende Lufttemperatur + 3 C° bis + 35 C°. betragen. Ein alkalisches Milieu ist in der Regel pilzbildungsmindernd. Gesundheitsschädigend können folgende Pilzarten sein: (nach Pegasus Labor GmbH, Oberkasseler Straße 31, 40545 Düsseldorf) Acremonium Feuchteanspruch hoch; Indikator für Feuchteschäden; Vorkommen: Tapete, Holz; kann Allergien hervorrufen; produziert das Toxin Trichothecene; kann produzieren mycetomas, Infektionen an Cornea und Nägel Alternaria Feuchteanspruch mittel - hoch; Vorkommen: Teppichböden, Textilien, Fensterrahmen; die Sporen können sich in Nase, Mund und oberen Atemwegen anlagern und somit zu Atembeschwerden führen. Aspergillus restrictus Feuchteanspruch gering; Indikator für geringe Feuchteschäden; Vorkommen: Tapete, Papier (Zellulose), Holzmöbel; Sporen werden leicht luftgetragen; nur selten krankheitserregend Aspergillus versicolor Feuchteanspruch gering - mittel; Indikator für Feuchteschäden im nahen Umkreis; Vorkommen: Putz, Tapete, Holz; Sporen werden leicht luftgetragen; kann Mykotoxine bilden, die Magen- und Darmstörungen auslösen können; nur selten krankheitserregend Aureobasidium pullulans Feuchteanspruch hoch; Vorkommen: Badezimmer, Silikonabdichtungen, Fensterrahmen; keine Informationen bzgl. Gesundheitsbelastungen
158
IX. Anhang
Chaetomium spp. Feuchteanspruch hoch; Indikator für Feuchteschäden; Vorkommen: Tapete, Papier (Zellulose), Holz, Paper in sheetrock (Dämmung), muffiger Geruch; kann Allergien auslösen Doratomyces spp. Feuchteanspruch hoch; Vorkommen: Holzspanplatten; Sporen werden leicht luftgetragen; keine Informationen bzgl. Gesundheitsbelastungen Eurotium spp. Feuchteanspruch gering; Vorkommen: Tapete, Leder; Sporen werden leicht luftgetragen; kann Toxine (Ochratoxin A) und andere Stoffwechselprodukte bilden; keine Informationen bzgl. Gesundheitsbelastungen Penicillium spp. Feuchteanspruch mittel - hoch; Vorkommen: diverse Materialien (Teppich, Tapete, Farbe, zellulosehaltige Materialien); Sporen werden leicht luftgetragen; steht im Verdacht Allergien auszulösen; Ekzeme, Asthma, Rhinitis Phialophora spp. Feuchteanspruch hoch; Indikator für Feuchteschäden; Vorkommen: in feuchter Umgebung wie Badezimmer; er verträgt viel Nässe, wodurch er die Konkurrenz anderer fäulniserregender Pilze überleben kann; das Vorhandensein dieses Pilzes in Innenräumen deutet auf einen früheren oder noch vorhandenen Feuchtigkeitsschaden hin; keine Informationen bzgl. Gesundheitsbelastungen Phoma spp. Feuchteanspruch hoch; Vorkommen: Tapete, Farbe, Gummi; gewöhnliches Innenluft-Allergen, kann Phaeohyphomycose auslösen
C. Baustoffe
159
Scopulariopsis spp. Feuchteanspruch mittel - hoch; Indikator für Feuchteschäden; Vorkommen: Putz, Estrich, Baumaterialien, Hausstaub; kann schwache Allergie auslösen; keine weiteren Informationen bzgl. Gesundheitsbelastungen Trichoderma spp. Feuchteanspruch hoch; Indikator für Feuchteschäden; Vorkommen; Holz, Tapeten, zellulosehaltige Materialien; kann allergieauslösend wirken; produziert toxische Stoffwechselprodukte Tritirachium (Engyodontium) Album Feuchteanspruch hoch; Indikator für Feuchteschäden; Vorkommen: Putz, Estrich; kann allergieauslösend wirken
Bei erheblichem Pilzbefall ist es deshalb ratsam, geeignete Labors oder Institute mit entsprechenden Untersuchungen zu beauftragen. Selbst wenn Feuchtigkeitsschäden beseitigt und die Fruchtkörper der Pilze abgestorben sind, können in tieferliegenden Bauteilen (z. B. innerhalb von Wärmedämmungen) Sporen oder Hyphen eingelagert sein, die bei Wiedereintritt ausreichender Feuchtigkeit und einem geeigneten Wärmeumfeld neues Wachstum beginnen.
161
Stichwortverzeichnis
A Abbeizmittel 154 Ablehnung - des Sachverständigen 75 - wegen Befangenheit 89
Ablehnungsgrund 119 Abnahmebegriff 91 Abnahmefiktion 93 Abrechnungsstelle - zuständige 126
Abwesenheit 118 Akten - behördliche 49
Amtsgericht 115 Angaben zum Deckblatt 20 Anhörung - Vorbereitung 68 - in Streitfällen 133
Anhörungstermin 71 Anlagen 23 Anspruch 46 - auf Entschädigung 114 - auf Erstattung 114 - auf Vergütung 114 - Dritter 139
Antragsgegner - Rechte 87
Asbest 154 Aufbewahrungspflicht 82 Aufgabenerfüllung - Pflicht zur unparteiischen 8
Auftraggeber 132 Aufwendung 134 - sonstige 115
Auslage 134 - bare 118
Auslandsaufenthalt 119 Auswahl - des Sachverständigen 38
Auswertung 22
B Bauleistungsversicherung 35 Bauteilöffnungen 54 - am Eigentum Dritter 54
Bauwesenversicherung 35 Beförderungsmittel 117 Belegnachweis 118 Beratung 28 Beschluss - gerichtlicher 115 - unanfechtbarer 114
Beschwerde 116 Beschwerdegegenstand 116, 120 Beschwerdegericht 116 Besteller - Pflicht 97 - Rechte 105
Bestellung - öffentliche 1
Bestellungsgrundlage 8 Beweis - durch Augenschein 76
Beweisbeschluss 21, 85 - abarbeiten 58 - unverständlicher 43
Beweiskraft - der sachverständigen Feststellungen 98
162
Beweissicherung - private 28
Beweisverfahren - selbständiges 83 - selbständiges (Ende) 88 - Voraussetzungen 83
Bewertungsgutachten 138 Brandschaden 34 Bundesreisekostengesetz 118
D Dioxin 154 Dreimonatsfrist 114
E Eidesleistung 140 Einkommensteuergesetz 118 Einladungsschreiben 52 Einleitungsgespräch 97 Einschätzung - vorläufige 58
Eintragung - in Zeichnungsunterlagen 22
Einweisungstermin 46 Entschädigung 113 - Dritter 113 - für Aufwand 118 - Zeuginnen/Zeugen 113
Ergänzungsgutachten 18 Erhebung - der öffentlichen Klage 115
Erklärung 116 - vorläufige 58
Erkrankung 81 Ermittlungsverfahren 113 Ersatz - für Aufwendungen 135 - für besondere Aufwendungen 129 - für sonstige Aufwendungen 127
Stichwortverzeichnis
F Fahrlässigkeit 140 - grobe und Vorsatz 140
Fahrtkosten - erhebliche 115
Fahrtkostenersatz 117, 126 Fertigstellungsbescheinigung 93, 100, 141 Feststellung - örtliche 22
Finanzbehörde 113, 115 Formaldehyd 155 Fotos 22, 23 Frist 82, 96 Fristsetzung - des Gerichts 80
G Gefahr im Verzug 52 Gemeinkosten 121 Gemeinschaftsgutachten 18 Gericht 113 - deutsches 113
Gerichtsauftrag 15 Gerichtsgutachten 16, 24 Gerichtskostengesetz 114 Gerichtsvollzieher 115 Gesamtvergütung 135 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten 116 Gesetzeszweck 93 Grundkenntnisse - juristische 4
Grundlage - zur Abrechnung 126
Grundsatz - der Vergütung 119
Grundstück - Betreten des Grundstücks eines Dritten 56
Gutachten 34 - im selbständigen Beweisverfahren 16 - Pflicht zur Erstattung von 10
163
Stichwortverzeichnis
- schriftliches 19, 64, 87 - Erstattung 121 - schriftliches 121 - Verweigerung der Herausgabe 133 - Vorbereitung 121 - zu archivierendes 130
Gutachten-Fertigstellungstermin 133 Gutachtenarten 16 Gutachtenauftrag 26 Gutachtenerstattung - persönliche 41 - Pflicht zur 42 - Pflicht zur persönlichen 9
Gutachtenformen 15 Gutachtenverweigerung 42
Honorargruppe 120 - Ziffer 1-10 123
Honorargruppe 1 126 Honorargruppe 10 126
I Inhaltsverzeichnis 20 Interessenkollision 76
J Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz ( JVEG) 111, 124, 126 - Abschnitte 124
K Klage
H Haftpflichtschaden - Ausschluss bei 32
Haftung - aus einer fehlerhaften Fertigstellungsbescheinigung 141 - Sachverständige 137
Haftungsrecht - neues 139
- öffentliche 115
Kosten - der öffentlichen Bestellung und Vereidigung 11 - für Hilfskräfte 115 - für Materialuntersuchungen 115 - nicht erstattungsfähige 119
Kostenaufwand 97 Kostenschuldner 116
Handlung - unerlaubte 139
Hausrecht 57 Hausrechtsinhaber - Verweigerung der erforderlichen Mitarbeit 59
Hemmung 86 Heranziehung 115 Hilfskraft 121 HOAI 132 Holzschutzmittel 155 Honorar - nach Stundensätzen 119
Honoraranspruch 133 - des Sachverständigen 133
L Ladungsfrist 52 Lagebeschreibung 21 Leistungsempfängers - Sicht des 64
Leitung des Sachverständigen - durch das Gericht 43
M Mängel - Feststellung neuer 62
Mangelbegriff - nach altem Recht 104 - nach neuem Recht 104
164
Materialkosten 128 Mehrwertsteuer 132, 135 Merkblatt für die öffentliche Bestellung 5 Messergebnis 22 Minderung 106 - Berechnung 107
Minderwert - Berechnung 147 - merkantiler 152
Mineralfaser 155 Musterrechnung 134 Mustersachverständigenverordnung 82
N Nacherfüllung 105 Nachweis-Muster 128 Nebenkosten 132 - als Pauschalbetrag 128
Nutzungskosten - eigene 126
Stichwortverzeichnis
P Pauschalvergütung 131 Pflichtenkatalog - nach der Sachverständigenordnung 8
Pilze 156 Polizei 115 Privatauftrag 15, 132 Privatgutachten 25 Prüfungsverfahren 5
R Recht - neues 107 - Verletzung 116
Referenzen - über die persönliche und fachliche Eignung 7
Regel der Technik - allgemein anerkannte 96, 145
Richter - ehrenamtlicher 115
O Obergutachten 16 Oberlandesgericht 116 Ordnungsgeld 49, 81 Ortsbesichtigung 50, 85, 95 - Beendigung 63 - Durchführung der 57 - Erklärung der Parteien 59 - keine Kontaktaufnahme mit den Parteien vor der 53 - keine ohne die Parteien 53 - Teilnahme des Richters an der 50 - Verlassen durch eine Partei 60 - Vorbereitung der 52
Ortstermin 21
Rücktritt 106
S Sachgebiet 120, 123 Sachverständige - akkreditierte und zertifizierte 1, 2 - amtlich anerkannte 1, 2 - Auswahl 94 - Haftung 137 - mündliche Anhörung 68 - öffentlich bestellte und vereidigte 1 - Pflichten 94 - selbst ernannte 1, 2 - technische Kenntnisse 4 - Voraussetzungen zur öffentlichen Bestellung 3 - Voraussetzungen zur öffentlichen Vereidigung 3
165
Stichwortverzeichnis
- Vorbildung 4
Sachverständigen-Bezeichnung 1 Sachverständigen-Tätigkeit 131 Sachverständigenauftrag - Entziehung 81
T Tagegeld 118 Technische Spezifikationen 143 Teer 156 Teilleistung 115
Sachverständigenausschuss - der Baukammer Berlin 5
Sachverständigenbeeidigung 74 Sachverständiger 119 - Funktion (als Helfer beider Parteien) 91 - Funktion (als Helfer des Bauherrn) 91 - ausländischer 113
Sanierung 22 - Kosten der 22
Schadensersatz - Aufwendungen 108
Schadstoffe 153 Schiedsgerichtsverfahren 17, 78 Schiedsgutachten 17, 92 Schuldnerverzeichnis - Auskünfte aus dem zentralen 7
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 103 Schutzgesetz 140 Schweigepflicht 10 Selbstvornahme 106 Skizzen 22 Sowiesokosten 153 Spezialist 132 Staatsanwaltschaft 113, 115 Staatskasse 115 Stellungnahme - schriftliche 66
Strafverfolgungsbehörde 115 Streitgegenstand 45 Streitschlichtung - außergerichtliche 101
Stundenlohnabrechnung 99 Stundensatz - vereinbarter 120
U Übernachtungskosten 118 Üblichkeit 133 Umsatzsteuer 121 Umstände 117 Unterbrechung 86 Unterlagen 21, 48 - Herausgabe 80 - herbeigezogene 80
Unternehmensbewertung 126 Untersuchungsergebnis 22 Urkunde - im Besitz eines Dritten 49
Urkundenprozess 101 Ursache 22
V Vereidigung - öffentliche 1
Vereidigungsformeln 11 Vereinbarung - der Vergütung 122
Verfügung - einstweilige gegen den Nachbarn 56
Vergleichsgespräche 60 Vergütung - abweichende 121 - Festsetzung 114
Verjährung 86 - gehemmte 114
Verjährungsfrist 86, 137 Vermessungstechnik 126 Vernehmung 114
166
Verschwiegenheitspflicht 82 Versicherungsgutachten 18, 30 Verwaltungsbehörde 113, 115 Verzeichnis - des Insolvenzgerichtes 7
Vollstreckungsgericht 115 Vorbereitung - des Gutachtens 48
Vorgeschichte 21 Vorschuss 45 - angemessener 115
Vorschussanspruch 115
W Wahrnehmung - Anlass 118
Werbung - der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen 13
Werkleistung - Beschaffenheit 96
Werkvertrag. 132 Werkvertragsrecht 103 Wertgutachten 18 Wiedereinsetzung - auf Antrag 114
Wiedergabe der Beweisfragen 21
Z Zeit - zusätzliche 120
Zeitaufwand 134, 135 Zeuge - sachverständiger 79, 120
Zivilprozessordnung 116 Zusammenarbeit - mit dem Sachverständigen 43
Zusammenfassung 22 Zwangsvollsteckung 115