Rolf P. Gieler Andrea Dimmig-Osburg Kunststoffe für den Bautenschutz und die Betoninstandsetzung Der Baustoff als Werks...
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Rolf P. Gieler Andrea Dimmig-Osburg Kunststoffe für den Bautenschutz und die Betoninstandsetzung Der Baustoff als Werkstoff
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Vorwort
Wie in nahezu allen Bereichen unseres Lebens, finden auch im Bauwesen neben den klassischen Baustoffen, wie Holz, Naturstein, Ziegel, Stahl, Glas, Beton, Kunststoffe zunehmend Anwendung. Dabei stellen sie nicht nur Ersatz für die genannten Materialien dar, sondern dienen auch zum Optimieren der Eigenschaften klassischer Baustoffe (z.B. kunststoffmodifizierte Zementmörtel) und erschließen neue Einsatzgebiete. Allgemein werden Materialien aus synthetischen – d.h. künstlich hergestellten – Makromolekülen als „Kunststoffe“ bezeichnet. (Dabei wird übergangen, daß die Natur ebenfalls Makromoleküle – u.a. Cellulose, Stärke, DNA – hervorbringt.) Indem zahlreiche kleine Einzelbausteine, die sog. Monomere, ähnlich einer Perlenkette aneinandergereiht werden, entstehen Makromoleküle („Polymere“). Infolge unzähliger Kombinationsmöglichkeiten der oft zu Ketten, aber auch zu verzweigten, baumähnlichen oder vernetzten Strukturen verknüpften Monomere, kann aus einer relativ geringen Anzahl chemisch unterschiedlicher Monomere eine große Anzahl an Kunststoffen mit unermesslich vielen Eigenschaften hergestellt werden. Bereits 4000 Jahre vor unserer Zeitrechnung verwendeten die Mesopotamier Asphalt zu Bauzwecken. Wasserbecken und –kanäle wurden mit dem schwarz-bräunlichen Polymer, einem natürlichen organischen Rohstoff, der aus Kohlenwasserstoffen besteht und bei Erhitzung weich wird, abgedichtet. Ägypter verwendeten aus Tierhäuten hergestellte Leime zum Furnieren. Diese Beispiele zeigen, daß der Einsatz von Polymeren im Bauwesen schon seit langer Zeit durchaus üblich ist. Selbstverständlich sind die heute eingesetzten den historischen Materialien weit überlegen und für eine wesentlich breitere Palette von Anwendungen gezielt hergestellt. Dennoch sind die heutigen Kunststoffe eine sehr junge, dafür aber extrem vielschichtige Baustoffgruppe, mit vielfältigen positiven und oft außergewöhnlichen Eigenschaften. Leider werden sie vielfach mit großer Skepsis betrachtet, die eigentlich nur der Unsicherheit im Umgang mit Kunststoffen geschuldet ist. Dieses Buch soll dazu beitragen, diese Zurückhaltung zu überwinden. Von den verschiedenen Arten der Polymere und ihren Bildungsreaktionen, Strukturen und grundsätzlichen chemischen und physikalischen Eigenschaften in den Kapiteln
vi 1 bis 9 (Dr. A. Dimmig-Osburg), bis hin zu detaillierten Betrachtungen der Anwendung der Kunststoffe für Werkstoffe im Bautenschutz und in der Betoninstandsetzung der Kapitel 10 bis 19 (Dr. R. P. Gieler) wird der Bogen gespannt. Ausführlich wird auf die baupraktischen Belange eingegangen, wie Planung, geeignete Auswahl der Kunststoff-Werkstoffe unter den Kriterien ihren Anwendung, sowie Details der Ausführung. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der immer wieder betrachtet wird, ist das Vermeiden von Bauschäden. Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Jochen Stark sei an dieser Stelle für die Anregung zu diesem Buch gedankt. Weiterhin gebührt Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Klopfer Dank für die kritische Durchsicht weiter Teile des Manuskripts. Nicht zuletzt danken die Autoren dem Verlag für die Umsetzung und den Familien für die Geduld während der Entstehungszeit. Weimar/Fulda, im August 2005
Rolf P. Gieler Andrea Dimmig-Osburg
Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeines ......................................................................................................1 1.1 Begriffsdefinition ...................................................................................2 1.2 Kurzzeichen und Begriffe......................................................................4 1.3 Ausgangsstoffe ......................................................................................6 1.4 Literatur .................................................................................................8 2 Bildungsreaktionen .........................................................................................9 2.1 Polymerisation .......................................................................................9 2.2 Polykondensation ................................................................................10 2.3 Polyaddition......................................................................................... 11 2.4 Literatur ...............................................................................................12 3 Strukturen......................................................................................................13 3.1 Innere Kräfte .......................................................................................13 3.2 Thermoplaste .......................................................................................13 3.3 Duroplaste ...........................................................................................15 3.4 Elaste ...................................................................................................16 3.5 Literatur ...............................................................................................16 4 Eigenschaften ................................................................................................17 4.1 Mechanisch-thermisches Verhalten .....................................................17 4.2 Mechanische Eigenschaften ................................................................24 4.3 Nichtmechanische Eigenschaften .......................................................32 4.4 Alterung ..............................................................................................42 4.5 Brandverhalten ....................................................................................47 4.6 Eigenschaften und Anwendungen einiger bautechnisch wichtiger Kunststoffe ....................................................50 4.7 Literatur ...............................................................................................53 5 Lieferformen..................................................................................................55 6 Reaktionsharze ..............................................................................................57 6.1 Begriffe ...............................................................................................57
viii 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6
Polymerisationsharze ...........................................................................57 Polyadditionsharze ..............................................................................62 Reaktionsharzmassen ..........................................................................65 Verarbeitung und Erhärtung ................................................................69 Literatur ...............................................................................................73
7 Dispersionen und Lösungen .........................................................................74 7.1 Begriffe ................................................................................................74 7.2 Grundstoffe ..........................................................................................77 7.3 Verarbeitung und Erhärtung ................................................................78 7.4 Literatur ...............................................................................................79 8
Anwendungen ...............................................................................................81 8.1 Klebstoffe ............................................................................................81 8.2 Spachtelmassen, Fugendichtungsmassen, Fugendichtstoffe ...............84 8.3 Mörtel und Beton mit Reaktionsharzen ...............................................85 8.4 Kunststoffmodifizierter Mörtel und Beton ..........................................87 8.5 Faserverstärkte Kunststoffe ...............................................................101 8.6 Schaumstoffe .....................................................................................103 8.7 Literatur .............................................................................................107
9 Identifizierung von Kunststoffen mit einfachen Bestimmungsmethoden...............................................................................108 10 Funktionen und Eigenschaften .................................................................. 111 10.1 Kohlenstoffdioxiddurchlässigkeit...................................................... 111 10.2 Verhalten gegenüber Wasser .............................................................. 118 10.2.1 Mechanismen des Wassertransports .................................... 118 10.2.2 Diffusion ............................................................................. 118 10.2.3 Kapillarität und Wasserdurchlässigkeit ...............................121 10.2.4 Speicherung ........................................................................125 10.2.5 Baupraktische Bedeutung des hygrischen Verhaltens .........127 10.3 Mechanische Eigenschaften ..............................................................129 10.3.1 Eigenspannungen ................................................................129 10.3.2 Verbundverhalten ................................................................130 10.3.3 Befahrbarkeit.......................................................................133 10.3.4 Griffigkeit ............................................................................136 10.3.5 Rutschsicherheit ..................................................................137 10.3.6 Verschleißwiderstand ..........................................................138 10.3.7 Schlag- und Stoßwiderstand ...............................................141 10.3.8 Rissüberbrückung ...............................................................141 10.4 Elektrische Eigenschaften .................................................................150
ix 10.4.1 10.4.2
10.5
10.6
10.7
10.8 10.9
Physikalische Grundlagen ...................................................150 Klassifizierung von Fußböden und Anforderungen an elektrische Kenngrößen ..................................................152 10.4.2.1 Elektrostatisch gefährdete Räume ......................152 10.4.2.2 Elektrostatisch gefährdete Bauteile ....................153 10.4.2.3 Regelwerke .........................................................154 10.4.3 Widerstandsmessungen .......................................................156 10.4.3.1 Isolationswiderstand ...........................................157 10.4.3.2 Durchgangswiderstand/Volumenwiderstand ......157 10.4.3.3 Oberflächenwiderstand .......................................157 10.4.3.4 Erdableitwiderstand ............................................158 10.4.3.5 Widerstand gegen einen erdungsfähigen Punkt ..159 Beständigkeit gegen flüssige Chemikalien ........................................161 10.5.1 Allgemeine Anforderungen .................................................161 10.5.2 Regelwerke und Prüfmethoden ...........................................163 10.5.3 Chemikalienbeständige Bindemittel ...................................170 10.5.4 Kunststoffbahnen ................................................................171 10.5.5 Revisionssysteme ................................................................173 Dekontaminierbarkeit ........................................................................173 10.6.1 Radioaktive Kontaminationen ............................................173 10.6.2 Graffiti .................................................................................176 Physiologisches Verhalten .................................................................177 10.7.1 Einsatz im Lebensmittelbereich ..........................................177 10.7.2 Einsatz im Trinkwasserbereich ...........................................178 10.7.3 Einsatz im Schwimm- und Badebecken .............................178 Pilz- und Algenresistenz ....................................................................178 Literatur .............................................................................................182
11 Beton- und Mörtelsysteme .........................................................................190 11.1 Beanspruchung und Anwendungsfälle ..............................................190 11.2 Ausführung und Qualitätssicherung ....................................................192 11.2.1 Kunststoffmodifizierter Zementmörtel bzw.-beton (PCC)..192 11.2.1.1 Vorbereiten und Vorbehandeln des Untergrundes.......................................................192 11.2.1.2 Korrosionsschutz der Bewehrung .......................193 11.2.1.3 Applikation und Nachbehandlung ......................193 11.2.2 Kunststoffmodifizierter Spritzmörtel bzw. -beton (SPCC) .195 11.2.2.1 Vorbereiten und Vorbehandeln des Untergrundes.......................................................195 11.2.2.2 Korrosionsschutz der Bewehrung .......................196 11.2.2.3 Applikation und Nachbehandlung ......................196 11.2.3 Reaktionsharzmörtel bzw. -beton (PC) ...............................198
x
11.3
11.2.3.1 Vorbereiten und Vorbehandeln des Untergrundes.......................................................201 11.2.3.2 Korrosionsschutz der Bewehrung .......................201 11.2.3.3 Applikation und Nachbehandlung ......................201 Literatur .............................................................................................203
12 Oberflächenschutzsysteme .........................................................................205 12.1 Begriffe und Regelwerke ...................................................................205 12.2 Eigenschaften ....................................................................................210 12.3 Systeme..............................................................................................210 12.3.1 Hydrophobierende Imprägnierung (OS 1 bzw. OS A) ........210 12.3.1.1 Eigenschaften......................................................210 12.3.1.2 Anwendungsbereich ...........................................212 12.3.1.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................213 12.3.1.4 Anforderungen an den Untergrund .....................213 12.3.2 Beschichtungen für nicht begeh- und befahrbare Flächen (ohne Kratz- und Ausgleichsspachtelung) (OS 2/OS B) ........................................................................213 12.3.2.1 Eigenschaften......................................................213 12.3.2.2 Anwendungsbereich ...........................................214 12.3.2.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................214 12.3.2.4 Anforderungen an den Untergrund .....................214 12.3.3 Versiegelung für befahrene Flächen (OS 3) ........................215 12.3.3.1 Eigenschaften......................................................215 12.3.3.2 Anwendungsbereich ...........................................215 12.3.3.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................215 12.3.3.4 Anforderungen an den Untergrund .....................216 12.3.4 Beschichtung für nicht begeh- und befahrbare Flächen (OS 4 bzw. OS C) ................................................................216 12.3.4.1 Eigenschaften......................................................216 12.3.4.2 Anwendungsbereich ...........................................216 12.3.4.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................216 12.3.4.4 Anforderungen an den Untergrund .....................217 12.3.5 Beschichtung mit geringer Rissüberbrückungsfähigkeit für nicht begeh- und befahrbare Flächen (mit Kratzbzw. Ausgleichsspachtelung) (OS 5 bzw. OS D) ................218 12.3.5.1 Eigenschaften......................................................218 12.3.5.2 Anwendungsbereich ...........................................218 12.3.5.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................218 12.3.5.4 Anforderungen an den Untergrund .....................219 12.3.6 Chemisch widerstandsfähige Beschichtung für mechanisch gering beanspruchte Flächen (OS 6) ...............221
xi
12.3.7
12.3.8
12.3.9
12.3.10
12.3.11
12.3.12
12.3.13
12.3.6.1 Eigenschaften......................................................221 12.3.6.2 Anwendungsbereich ...........................................221 12.3.6.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................221 12.3.6.4 Anforderungen an den Untergrund .....................222 Beschichtung unter (bituminösen) Dichtungsschichten für begeh- und befahrbare Flächen (OS 7/TL/TP-BEL-EP).....222 12.3.7.1 Eigenschaften......................................................222 12.3.7.2 Anwendungsbereich ...........................................222 12.3.7.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................223 12.3.7.4 Anforderungen an den Untergrund .....................224 Chemisch widerstandsfähige Beschichtung für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen (OS 8)................224 12.3.8.1 Eigenschaften......................................................224 12.3.8.2 Anwendungsbereich ...........................................224 12.3.8.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................224 12.3.8.4 Anforderungen an den Untergrund .....................225 Beschichtung mit erhöhter Rissüberbrückungsfähigkeit für nicht begeh- und befahrbare Flächen (mit Kratzbzw. Ausgleichsspachtelung) (OS 9 bzw. OS E) ................225 12.3.9.1 Eigenschaften......................................................225 12.3.9.2 Anwendungsbereich ...........................................226 12.3.9.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................226 12.3.9.4 Anforderungen an den Untergrund .....................227 Beschichtung als Dichtungsschicht mit hoher Rissüberbrückungsfähigkeit unter Schutz- und Deckschichten für begeh- und befahrbare Flächen (OS 10/TL/TP-BEL-B 3) ....................................................227 12.3.10.1 Eigenschaften......................................................227 12.3.10.2 Anwendungsbereich ...........................................228 12.3.10.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................228 12.3.10.4 Anforderungen an den Untergrund .....................228 Beschichtung mit erhöhter „dynamischer“ Rissüberbrückungsfähigkeit für begeh- und befahrbare Flächen (OS 11/OS F).......................................................................228 12.3.11.1 Eigenschaften......................................................228 12.3.11.2 Anwendungsbereich ...........................................229 12.3.11.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................229 12.3.11.4 Anforderungen an den Untergrund .....................230 Beschichtung mit Reaktionsharzbeton bzw. -mörtel für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen (OS 12) ................................................................................230 Beschichtung mit nicht dynamischer Rissüber-
xii
12.4
brückungsfähigkeit für begeh- und befahrbare, mechanisch belastete Flächen (OS 13) ...............................230 12.3.13.1 Eigenschaften......................................................230 12.3.13.2 Anwendungsbereich ...........................................231 12.3.13.3 Aufbau und Verarbeitung ....................................231 12.3.13.4 Anforderungen an den Untergrund ....................231 Literatur .............................................................................................232
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen .................234 13.1 Anforderungen an Betonflächen ........................................................234 13.1.1 Alter ............................................................................234 13.1.2 Gestaltung ...........................................................................235 13.1.3 Beschaffenheit .....................................................................236 13.1.3.1 Fehlstellen ...........................................................236 13.1.3.2 Trennend wirkende Substanzen ..........................237 13.1.3.3 Ebenheit ..............................................................244 13.1.3.4 Rauheit ................................................................245 13.1.3.5 Feuchte................................................................245 13.1.3.6 Oberflächenzugfestigkeit ....................................246 13.1.3.7 Druckfestigkeit ...................................................246 13.1.3.8 Chloridgehalt ......................................................247 13.1.3.9 Sulfatgehalt .........................................................247 13.2 Anforderungen an Stahlflächen (Bewehrung) ...................................248 13.2.1 Vorbereitungsgrad ...............................................................248 13.2.2 Rauheit ................................................................................248 13.3 Verfahren zum Vorbereiten der Betonfläche ......................................248 13.3.1 Schneiden ............................................................................250 13.3.2 Stemmen .............................................................................250 13.3.3 Schlagen (Stocken/Nadeln/Fräsen) .....................................251 13.3.4 Bürsten ................................................................................252 13.3.5 Schleifen .............................................................................253 13.3.6 Druckluftstrahlen ................................................................253 13.3.6.1 Druckluftstrahlen mit trockenen Strahlmitteln ...254 13.3.6.2 Druckluftstrahlen mit feuchten Strahlmitteln .....254 13.3.6.3 Vakuumstrahlen ..................................................255 13.3.6.4 (Hoch-) Druckwasserstrahlen .............................256 13.3.7 Schleuderstrahlen (Kugelstrahlen) ......................................259 13.3.8 Flammstrahlen.....................................................................259 13.3.9 Entstauben (Kehren/Abblasen/Absaugen) ..........................261 13.3.10 Trocknen .............................................................................262 13.4 Verfahren zum Vorbereiten der Bewehrung und anderer Stahlteile ..262 13.4.1 Schlagen (Nadelpistole) ......................................................262
xiii 13.4.2 13.4.3
13.5
13.6
Schleifen .............................................................................263 Druckluftstrahlen ................................................................263 13.4.3.1 Druckluftstrahlen mit trockenen Strahlmitteln ...263 13.4.3.2 Druckluftstrahlen mit feuchten Strahlmitteln .....263 13.4.3.3 Vakuumstrahlen ..................................................264 13.4.4 Druckwasserstrahlen ...........................................................264 13.4.5 Schleuderstrahlen ................................................................265 13.4.6 Entstauben ...........................................................................265 13.4.7 Trocknen .............................................................................265 Prüfmethoden ....................................................................................265 13.5.1 Eigenschaften der Betonflächen ..........................................266 13.5.1.1 Ritztiefe (Bewitterungszustand) .........................266 13.5.1.2 Druckfestigkeit ...................................................266 13.5.1.3 Carbonatisierungstiefe ........................................267 13.5.1.4 Chloridgehalt ......................................................268 13.5.1.5 Oberflächenzugfestigkeit ....................................268 13.5.1.6 Wassergehalt .......................................................269 13.5.1.7 Ebenheit ..............................................................271 13.5.1.8 Rauheit ................................................................272 13.5.2 Eigenschaften der Bewehrung ............................................272 13.5.2.1 Geometrische Lage .............................................272 13.5.2.2 Korrosion ............................................................272 13.5.2.3 Oberflächenvorbereitungsgrad............................274 Literatur .............................................................................................275
14 Aufbringen der Schutz- und Instandsetzungssysteme .............................277 14.1 Grundsätzliches .................................................................................277 14.2 Applikationsverfahren .......................................................................277 14.3 Einfluss des Applikationsverfahren auf die Eigenschaften der Beschichtung .....................................................................................281 14.3.1 Forderungen aus Regelwerken ............................................282 14.3.2 Grundlagen der Statistik für die Bewertung von Schichtdicken ......................................................................282 14.3.3 Definition der Grenzwerte von Schichtdicken nach Engelfried ..................................................................286 14.3.4 Bewertung der Applikationsverfahren ................................290 14.4 Literatur .............................................................................................291 15 Betoninstandsetzungssysteme ....................................................................292 15.1 Grundsätzliches .................................................................................292 15.2 Ursachen für Schäden ........................................................................292 15.3 Werkstoffe .........................................................................................294
xiv 15.4 15.5 15.6 15.7 15.8
15.9
Instandsetzungsprinzipien und Grundsatzlösungen ..........................296 Ausführung ........................................................................................297 Qualitätssicherungsmaßnahmen ........................................................302 Ausführungsbeispiele ........................................................................303 Oberflächenschutz denkmalgeschützterStahlbetonbauwerke ............305 15.8.1 Zustandserfassung und Schadensbeurteilung .....................306 15.8.2 Planung ...............................................................................307 15.8.3 Werkstoffe und Verfahren ...................................................307 15.8.4 Durchführung und Qualitätssicherung ................................308 Literatur .............................................................................................309
16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen .................................. 311 16.1 Beschichtungen mit Chemikalienbelastung ...................................... 311 16.2 Beschichtungen mit rissüberbrückenden Eigenschaften ....................................................................................321 16.3 Begangene und befahrene Beschichtungen .......................................322 16.3.1 Rutschhemmende Eigenschaften ........................................322 16.3.2 Erhöhte Griffigkeit ..............................................................324 16.4 Beschichtungen mit definierten elektrischen Eigenschaften ....................................................................................324 16.4.1 Hoher Isolationswiderstand ................................................325 16.4.2 Ableitfähigkeit elektrischer Ladungen ................................325 16.4.2.1 Grundsätzliches ..................................................325 16.4.2.2 Leitfähige Füllstoffe ...........................................327 16.4.2.3 Leitfähige Vliese .................................................329 16.4.2.4 Aufbauten und Applikation .................................330 16.5 Beschichtungen für Reinräume .........................................................331 16.5.1 Anforderungen an Reinräume und Reinraumoberflächen ..332 16.5.2 Werkstoffe, Beschichtungssysteme und Applikationstechnik ............................................................333 16.5.3 Besonderheiten der Ausführung ..........................................336 16.6 Beschichtungen für jungen (frischen) Beton .....................................337 16.6.1 Betontechnologische Voraussetzungen ...............................338 16.6.2 Werkstoff und Eigenschaften ..............................................338 16.6.3 Applikation .........................................................................339 16.7 Literatur .............................................................................................340 17 Abdichten von Fugen ..................................................................................343 17.1 Begriffe .............................................................................................343 17.1.1 Fugenarten...........................................................................343 17.1.2 Fugenabdichtungen .............................................................344 17.1.3 Dichtstoffe ...........................................................................346
xv 17.2 17.3
Konstruktive Fugendichtsysteme ......................................................346 Spritzbare Fugendichtstoffe...............................................................347 17.3.1 Begriffe und Anforderungen ...............................................347 17.3.2 Werkstoffe und Eigenschaften der Dichtstoffe ...................348 17.3.3 Bemessung ..........................................................................351 17.3.4 Einsatzgebiete .....................................................................353 17.3.5 Einbauen der Fugendichtstoffe ...........................................354 17.3.6 Qualitätssicherung...............................................................357 17.3.7 Beurteilung von Schäden ....................................................359 17.4 Abdichten von Fassaden mit geklebten ElastomerFugendichtbändern ............................................................................361 17.4.1 Arten und Anforderungen ...................................................361 17.4.2 Einsatzbereiche und Funktion .............................................362 17.4.3 Einbauen der Fugendichtbänder .........................................364 17.5 Abdichten mit Fugenbändern aus Elastomeren und Thermoplasten .365 17.5.1 Arten und Anforderungen ...................................................365 17.5.2 Einsatzbereiche und Funktion .............................................368 17.5.3 Bemessen und Einbauen der Fugendichtbänder .................368 17.6 Abdichten mit vorkomprimierten, imprägnierten SchaumstoffDichtbändern .....................................................................................369 17.7 Abdichten mit Klemmprofilen ...........................................................371 17.8 Abdichten mit Profilsystemen ...........................................................371 17.9 Verträglichkeit mit Baustoffen und Beschichtungssystemen ............373 17.9.1 Verträglichkeit mit Beschichtungssystemen .......................373 17.9.2 Verträglichkeit mit Baustoffen ............................................375 17.9.3 Überstreichbarkeit ...............................................................376 17.10 Fugensysteme im Gewässerschutz ....................................................376 17.10.1 Dehnfugen in Beschichtungssystemen ...............................376 17.10.2 Verkehrsflächen von Tankstellen.........................................377 17.11 Literatur .............................................................................................378 18 Injektionstechnologien ................................................................................383 18.1 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen .....................383 18.1.1 Untersuchungsmethoden .....................................................383 18.1.2 Ziele und Maßnahmen ........................................................386 18.1.3 Anforderungen an Füllstofe und Geräte .............................387 18.1.4 Schließen durch Tränken mit Reaktionsharzen...................390 18.1.5 Schließen und Abdichten durch Injizieren mit Reaktionsharzen ..................................................................390 18.1.6 Dehnfähiges Verbinden .......................................................395 18.1.7 Kraftschlüssiges Verbinden .................................................397 18.2 Anwendungsfälle für abdichtende Injektionen ..................................398
xvi 18.2.1 Nachträgliches Abdichten von Fugenprofilen .....................398 18.2.2 Injektionseinrichtungen.......................................................400 18.2.3 Flächiges Abdichten mit PUR .............................................400 18.2.4 Flächiges Abdichten mit Acrylat-Gel..................................401 18.3 Qualitätssicherung ............................................................................402 18.4 Literatur .............................................................................................402 19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen 19.1 Einführung .........................................................................................404 19.2 Ursachen der Korrosion von Metallen ..............................................405 19.2.1 Korrosionsmechanismen und Korrosionsarten ...................406 19.2.2 Prinzipien zur Verhinderung der Korrosion ........................410 19.2.3 Korrosionsschutz durch konstruktive Maßnahmen ............412 19.3 Korrosionsschutzbeschichtungen ......................................................418 19.3.1 Werkstoffe ...........................................................................418 19.3.2 Beschichtungsstoffe und -systeme ......................................421 19.3.3 Beschichtungs- und Korrosionsschäden .............................425 19.4 Kombinations-/(Duplex-)Systeme .....................................................431 19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung ...................................433 19.5.1 Verfahren zum Vorbereiten der Stahloberflächen ...............436 19.5.2 Applikationsverfahren.........................................................446 19.5.3 Qualitätssicherung; Ausführung und Überwachung ...........449 19.5.4 Beispiele ausgeführter Objekte ...........................................453 19.6 Literatur .............................................................................................455
1 Allgemeines
Im ausgehenden 19. Jahrhundert revolutionierten solche, aus natürlichen Rohstoffen synthetisierte makromolekularen Stoffe wie Kautschuk und Zelluloid das gesellschaftliche Leben. Damit begann die technische Entwicklung der Kunststoffe, die vor allem in der Mitte des 20. Jahrhunderts vehement vorangetrieben wurde. Trotz dieser, vergleichsweise zu anderen Bau- und Werkstoffen jungen Entwicklung, prägen Kunststoffe unseren Lebensraum in immer stärkerem Maße. Ungeachtet ihrer vielfältigen und oft einmaligen Eigenschaften haftet ihnen ein doch recht negatives Image an. Oftmals werden sie nur als kostengünstiger Notbehelf und Ersatz anderer, altbewährter Materialien und Naturprodukte angesehen. Hinzu kommen Bedenken, die den Gesundheits- und Umweltschutz bei der Herstellung, Nutzung und Entsorgung dieser Werkstoffe betreffen. Andererseits werden sie auch als Zeichen einer unverständlichen und zu komplizierten Technologie betrachtet. Trotzdem bleibt festzustellen, dass Kunststoffe wegen ihrer vielfältigen positiven und oft außergewöhnlichen Eigenschaften nicht nur im Bereich der Technik einen fest verankerten Platz einnehmen. Allein in den unterschiedlichsten Bereichen des Bauwesens werden circa 25–30% der in Deutschland produzierten Kunststoffe verarbeitet. Als Einsatzgebiete sind beispielsweise zu nennen: ◆ Ausbau – Dämmung (Wärmedämmverbundsysteme mit Polystyrol), – Abdichtung (Dachfolien aus PVC), – Installation (Kabelummantelung aus PVC, Badewannen aus Acrylat), – Bodenbeläge (Beläge aus PVC oder Polyamid), – Anstriche (Acrylat-, Copolymerisatdispersionen). ◆ Tragende Bauteile – Dächer (Sandwichplatten mit PUR-Schaum, Profilplatten aus Acrylat), – Wände (Lichtwände aus Acrylat, Fassadenplatten), – Traglufthallen (Kuppeln aus Polyester), – Silos (GFK), – Flüssigkeitsbehälter (Polyester, GFK),
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1 Allgemeines
◆ Instandsetzung und Bautenschutz – Oberflächenschutzsysteme (Acrylatdispersionen, PUR, EP, PMMA, UP), – kunststoffmodifizierte Mörtel (Dispersionen, redispergierbare Pulver), – Korrosionsschutz (Beschichtungen aus EP und PUR), – Denkmalpflege (Silikonharze, Acrylate, Dispersionen).
1.1 Begriffsdefinition Es besteht oft eine große Unsicherheit bei der Begriffsbestimmung von Kunststoffen bzw. Polymeren. In den nachfolgenden Ausführungen wird zwischen Kunststoff und Polymer inhaltlich nicht unterschieden. Kunststoffe sind organische, hoch- bzw. makromolekulare Stoffe (Polymere), die heute nahezu ausschließlich synthetisch hergestellt werden. Der Anteil an Kunststoffen, der durch die Umwandlung von Naturstoffen (z.B. Kautschuk aus dem Baumsaft des Kautschukbaums, Kunsthorn aus dem Kasein der Milch) hergestellt wird, spielt volkswirtschaftlich eine untergeordnete Rolle. „Kunststoffe“ ist ein Sammelbegriff und steht für die Stoffgruppen ◆ Thermoplaste, ◆ Duroplaste und ◆ Elaste, die sich in ihrem Verhalten gegenüber thermischen Einflüssen wesentlich unterscheiden. Diese Unterteilung berücksichtigt vor allem anwendungstechnische Aspekte, insbesondere die physikalischen Eigenheiten der einzelnen Kunststoffgruppen. Weitere Einteilungskriterien für Kunststoffe sind ◆ der chemische Aufbau (Angabe der verknüpfenden chemischen Elemente) – C-C-Polymere: Kunststoffe auf der Basis von Polyolefinen, Polyvinyl-Derivaten, Polybutadienen, Bitumen und Phenolharzen (z.B. Polyethylen, Polyvinylchlorid, Phenoplaste) – C-O-Polymere: Kunststoffe auf der Basis Cellulosehydraten, Celluloseestern (z.B. Celluloid, CelluloseacetatPolymer, Celluloseacetobutyrat-Polymer) – C-N-Polymere: Kunststoffe auf der Basis von Amidharzen, Proteinen, Polyamiden, Polyurethanen (z.B. Harnstoff-Polymere, Kunsthorn, PUR)
1.1 Begriffsdefinition
– C-S-Polymere:
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Kunststoffe auf der Basis von Polyethylentetrasulfid (z.B. Thioplaste) Kunststoffe auf der Basis von Polymethylsiloxan (z.B. Silikonharze, Silikonate)
– Si-O-Polymere: ◆ die Bildungsreaktion – Polymerisation: – Polykondensation:
Polymerisate (z.B. Polyester, Polyethylen, Polystyrol) Polykondensate (z.B. Melaminharz, Phenolharz, Polycarbonat) Polyaddukte (z.B. Epoxidharz, Polyurethan)
– Polyaddition: ◆ die Struktur – nicht vernetzte und vernetzte Kunststoffe – unstrukturierte, amorphe und strukturierte Kunststoffe
Dabei ist augenfällig, dass diese Einteilungen sich teils voneinander streng abgrenzen, aber sich auch durchdringen können. Als Grundstoffe für die Synthese der Kunststoffe werden weltweit vor allem Erdöl und Erdgas eingesetzt. Die Synthese von Ausgangsstoffen (Monomeren) für die Kunststoffproduktion aus Kohle spielt in Deutschland keine Rolle mehr. Die letzten Drehrohröfen zur Gewinnung von Calciumcarbid wurden Anfang der 90er-Jahre in den Buna-Werken (bei Schkopau) abgerissen. Hier wurde aus Calciumoxid und Koks Calciumcarbid synthetisiert, welches mit Wasser zu Acetylen (C2H2) als wichtigen Grundstoff u.a. für die unterschiedlichsten Kunststoffsynthesen umgesetzt wurde. CaO Calciumoxid
+ 3C Koks
fi CaC2 + CO2 Calciumcarbid Kohlendioxid
+ H2O fi C2H2 CaC2 Calciumcarbid Wasser Acetylen
+ CaO Kalk
Diese hochempfindliche Reaktion des Calciumcarbids mit Wasser wird sich allerdings zu Nutze gemacht bei der Bestimmung der Feuchtigkeit in unterschiedlichen Baustoffen. Darauf soll an anderer Stelle eingegangen werden. Nachfolgend werden die chemischen Hauptelemente, welche für den Aufbau der Kunststoffe bestimmend sind, aufgeführt: ◆ Kohlenstoff C, ◆ Wasserstoff H. Daneben sind für die chemische Struktur und die Eigenschaften der unterschiedlichen Kunststoffe weitere Elemente (sogenannte Heteroatome) von Bedeutung: ◆ Sauerstoff O, ◆ Stickstoff N, ◆ Chlor Cl,
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1 Allgemeines
◆ Fluor F, ◆ Schwefel S. Der innere Aufbau der Kunststoffe wird bestimmt einerseits durch hochfeste, atomgebundene Ketten, die auch einen räumlichen Vernetzungsgrad aufweisen können und andererseits tragen innere Kohäsionskräfte zum Zusammenhalt der Ketten bei. Aus diesem Aufbau heraus ergeben sich ganz typische Eigenschaften: ◆ Wegen der festen Atombindung ihrer kettenförmigen Struktureinheiten sind die Kunststoffe bei Raumtemperatur sehr beständig; vor allem bei chemischem Angriff, im Gegensatz zu den mineralischen und metallischen Werkstoffen. ◆ Die relativ schwachen Kohäsionsbindungskräfte (gleichförmiger, „unpolarer“ Kettenaufbau) bewirken die temperaturabhängigen Eigenschaften der Kunststoffe. Auf diese wesentlichen strukturellen Unterschiede und die daraus resultierenden Eigenschaften wird in den nachfolgenden Kapiteln eingegangen.
1.2 Kurzzeichen und Begriffe Für die Bezeichnung der verschiedenen Kunststoffe werden i.Allg. Kurzzeichen verwendet. Die nachfolgende Tabelle 1.1 enthält Kurzzeichen im Bauwesen häufig anzutreffender Kunststoffe. Nachstehend werden zum besseren Verständnis einige wichtige chemische Grundbegriffe erläutert. Kunststoffspezifische Definitionen werden auch im Textzusammenhang dargelegt. ◆ Aliphatische Kohlenwasserstoffe (KWS) gesättigte und ungesättigte Kohlenwasserstoffverbindungen, bei denen die Kohlenstoff(C)-Atome linear, d.h. nicht ringförmig angeordnet sind, Tab. 1.1: Kurzzeichen wichtiger Baukunststoffe Kurzzeichen
Kunststoff
Kurzzeichen
Kunststoff
ABS CR CP EP MF MMA MQ (SR) PA PAN PC PE
Acrylnitril/Butadien/Styrol Chloroprenkautschuk Cellulosepropionat Epoxidharz Melamin-Formaldehyd Methylmethacrylatharz Silikonkautschuk Polyamid Polyacrylnitril Polycarbonat Polyethylen
PF PIB PMMA PP PTFE PS PUR PVAC PVC SI UP
Phenolformaldehydharz Polyisobutylen Polymethylmethacrylat Polypropylen Polytetrafluorethylen Polystyren Polyurethan Polyvinylacetat Polyvinylchlorid Silikonharz (ungesättigtes) Polyester
1.2 Kurzzeichen und Begriffe
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◆ Alkohole Gruppenbezeichnung für Kohlenwasserstoffe, bei denen ein oder mehrere Wasserstoff(H)-Atome durch Hydroxyl(OH)-Gruppen substituiert sind, z.B. C2H5OH (Ethanol bzw. Ethylalkohol), ◆ Amorpher Zustand fester Aggregatzustand, bei dem die Moleküle regellos, ohne erkennbaren Ordnungszustand vorliegen, ◆ Aromatische Kohlenwasserstoffe durch delokalisierte Elektronenpaare mesomerer Zustand ringförmiger KWS (Benzen), ◆ Cyclische Kohlenwasserstoffe ringförmige gesättigte (z.B. Cyclohexan) und ungesättigte Kohlenwasserstoffverbindungen, z.B. Cyclohexen, ◆ Ether Gruppenbezeichnung für KWS, die durch Sauerstoffbrücken miteinander verbunden sind, z.B. C2H5-O-C2H5 (Diethylether), ◆ Ester Sammelbegriff für organische Verbindungen, die unter Wasserabspaltung aus der Reaktion von Alkoholen und organischen oder anorganischen Säuren entstehen, ◆ Funktionelle Gruppen Atomgruppierungen von Molekülen, die für charakteristische Eigenschaften verantwortlich sind, ◆ Gesättigte Kohlenwasserstoffe KWS mit Einfachbindungen zwischen den C-Atomen, sie sind beispielsweise mit der maximalen Anzahl von Wasserstoffatomen versehen (gesättigt), ◆ Glasübergangstemperatur Tg (Transformationstemperatur) oder Tg; Erweichungs- oder Einfriertemperatur (ET): Amorphe Stoffe (z.B. Gläser) sind im Erweichungsintervall (SchmelzpunktGlasübergangstemperatur) als zähe, unterkühlte Flüssigkeiten zu betrachten; unterhalb der Glasübergangstemperatur sind sie starr und spröde, ◆ Katalysator Stoff, der chemische Reaktionen auslöst, beschleunigt oder verlangsamt, ohne sich dabei wesentlich zu verändern oder ohne im Endprodukt einer chemischen Reaktion zu erscheinen, ◆ Kohlenwasserstoffe (KWS) Sammelbezeichnung für die ausschließlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff zusammengesetzten organischen Verbindungen, ◆ Makromolekül Molekül mit einem Molekulargewicht von mehr als 104 g/mol, ◆ Molekulargewicht (relatives Molekulargewicht) Summe der Atomgewichte der am Aufbau des Moleküls beteiligten Atome,
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1 Allgemeines
◆ Monomer (monomere Substanz) Molekül mit ungesättigten Bindungen oder funktionellen Gruppen, welches durch chemische Reaktion (Polymerisation, Polykondensation, Polyaddition) Makromoleküle aufbauen kann, ◆ Organische Verbindung KWS-Verbindung oder daraus ableitbare Verbindung; einzelne H-Atome können durch O, OH, N, S, P oder Halogene ersetzt sein, ◆ Polymer makromolekular aufgebauter Stoff, ◆ Polymerisationsgrad durchschnittliche Zahl der Grundmoleküle, die bei der Polymerisation zu größeren Molekülen vereinigt werden, ◆ Radikal kurzlebige, valenzmäßig ungesättigte und daher sehr reaktionsfähige anorganische oder organische Verbindung, ◆ Schmelztemperatur Tm Übergangstemperatur vom geordneten, festen in den ungeordneten, flüssigen Zustand; bei amorphen Stoffen tritt ein Schmelzintervall bzw. Erweichungsbereich auf, ◆ Ungesättigte Kohlenwasserstoffe KWS mit Mehrfachbindungen, die maximal mögliche Zahl von Wasserstoffatomen ist noch nicht an die Kohlenstoffatome gebunden, ◆ Valenz Angabe der Wertigkeit eines Atoms oder Molekülions, ◆ Verseifen Spaltung von Estern mit Hilfe von Laugen, Säuren oder Fermenten, wobei unter Wasseraufnahme Alkohole und Säuren entstehen, ◆ Weichmacher Organische Substanzen, die mit hochpolymeren Stoffen in physikalische Wechselwirkung treten und mit diesen ein homogenes System bilden; sie werden häufig zur Verringerung des Elastizitätsmoduls, der Härte und der Sprödigkeit von Thermoplasten verwendet, ◆ Zersetzungstemperatur TZ (ZT) Temperatur, bei der die Makromoleküle irreversibel zerstört werden.
1.3 Ausgangsstoffe Die aus Erdöl und Erdgas gewonnen Ausgangsstoffe für die Synthese von Kunststoffen werden auch als Monomere (monomer [griechisch] = in einzelnen kleinen Molekülen vorliegend) bezeichnet. Durch die Mannigfaltigkeit dieser Ausgangsmoleküle ist eine sehr große Vielfalt bei der Bildung und beim Aufbau der makromolekularen Kunststoffe (polymer [griechisch] = aus vielen niedermolekularen Einheiten bestehend) mit den unterschiedlichsten Eigen-
1.3 Ausgangsstoffe
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schaften gegeben, sodass durchaus von „Werkstoffen nach Maß“ gesprochen werden kann. Nachfolgend sind einige wichtige Monomere für die Kunststoffsynthesen aufgeführt. Die Monomere sind dadurch gekennzeichnet, dass sie entweder Mehrfachbindungen (meist Doppelbindungen) zwischen den Kohlenstoff(C)-Atomen, sogenannte ungesättigte Bindungen, oder reaktionsfähige Endgruppen, sogenannte funktionelle Gruppen, aufweisen. Die Anzahl der Monomere in einem Makromolekül (Polymer) wird als Polymerisationsgrad ausgedrückt. Der Polymerisationsgrad ist eine kennzeichnende Größe für Thermoplaste. Mit größer werdendem Polymerisationsgrad verbessern sich beispielsweise die mechanischen Kennwerte eines Kunststoffes, dagegen nehmen allerdings die Fließfähigkeit und auch die Spannungsrissbildung ab.
Abb. 1.1: Monomere (Beispiele)
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1 Allgemeines
Abb. 1.2: Qualitativer Einfluss des Polymerisationsgrades auf wichtige physikalische Eigenschaften
1.4 Literatur HELLERICH, W.; HARSCH, B.; HAENLE, S. Werkstoff-Führer Kunststoffe: Eigenschaften, Prüfungen, Kennwerte. Carl Hanser Verlag München Wien, 9. Auflage, 2004 SCHASCHKE, H.; HOFFMANN, M.; GÄRTNER, H. Chemie. Formeln & Gesetze. Compact Verlag München, Sonderausgabe, 1999 WESCHE, K. Baustoffe für tragende Bauteile, Bd. 4: Holz, Kunststoffe. Bauverlag GmbH Wiesbaden und Berlin, 3. Auflage, 1996 DIN EN ISO 1043 Kunststoffe – Kennbuchstaben und Kurzzeichen
2 Bildungsreaktionen
2.1 Polymerisation Unter Polymerisation wird die Verkopplung von reaktionsfreudigen Monomeren durch das Aufbrechen der Mehrfachbindungen (meist Doppelbindungen) und das damit mögliche „Aneinanderhängen“ der Einzelbausteine verstanden. Kennzeichnend für die Polymerisationsreaktionen ist, dass der Aufbau der Polymerisate ohne Abspaltung von Nebenprodukten erfolgt, aber in der Regel mit einer Wärmeentwicklung verbunden ist. Monomere + Initiator Æ Polymer + Wärme Die Polymerisation wird durch Temperatur, Druck und/oder Katalysatoren eingeleitet. Das makromolekulare Reaktionsprodukt hat chemisch die selbe Zusammensetzung wie die Ausgangsmonomere, nur ein vielfach höheres Molekulargewicht. Je nach der Zusammensetzung bzw. der Kombination der Ausgangsstoffe wird zwischen Homo- und Copolymeren unterschieden. Homo- oder Unipolymerisate entstehen aus gleichen Monomerbausteinen. Beispielhaft können die Reaktionen am chemischen Aufbau des strukturell einfachen Kunststoffes, des Polyethylens, dargestellt werden: ◆ Beim gasförmigen Ethylen (C2H4), welches ein Molekulargewicht von 28 g/mol besitzt, sind die beiden Kohlenstoffatome durch eine Doppelbindung (ungesättigte Bindung) verknüpft.
◆ Die Doppelbindung wird im Verlauf der chemischen Reaktion aufgebrochen und durch Absättigen der freien Valenzen entsteht das polymere, feste Polyethylen (CnH2n). Das Molekulargewicht liegt zwischen rd. 25000 g/mol bis 50000 g/mol:
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2 Bildungsreaktionen
Bei Copolymerisaten sind unterschiedliche Monomere am Aufbau der Kette beteiligt. Dadurch können gezielt die Eigenschaften eines Polymerisates verändert werden. Beispiel: Copolymere aus den Monomeren A und B –A–B–A–B–A–B–A–B– oder –(A–A–A)n–(B–B–B)m–(A–A–A)n– Durch Polymerisation werden vorwiegend thermoplastische Kunststoffe erzeugt.
2.2 Polykondensation Die Polykondensation ist eine Reaktion zwischen reaktionsfähigen Gruppen (bifunktionellen Gruppen) unterschiedlicher Ausgangsstoffe unter Abspaltung niedermolekularer Anteile, welche als Kondensat bezeichnet werden. Diese Kondensate müssen aus dem entstehenden Kunststoff abgeführt werden. Monomer 1 + Monomer 2 Æ Polymer + Kondensat ≠ + Wärme Bei den meisten Kondensationsreaktionen erfolgt die Reaktion zwischen Wasserstoff (–H) und Hydroxylgruppen (–OH) unter Bildung von Wasser, welches dann kondensiert (daher auch der Name dieser Polyreaktion). Die Polykondensation läuft schrittweise ab. Ein Abbruch ist bei verschiedenen Reaktionsschritten möglich, was wiederum wichtig für die Herstellung, Lagerung und Verarbeitung von härtbaren Polykondensaten ist. Das folgende Beispiel zeigt die Bildung eines Polyesters aus dem Monomer Oxiundekansäure: Monomer H–O–(CH2)10–COOH aktiviertes Monomer (–O–(CH2)10–CO–) + H + OH
2.3 Polyaddition
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Polymer + Kondensat n = Polymerisationsgrad H (–O–(CH2)10–CO–)n OH + (n–1) H2O Thermoplaste entstehen, wenn die Polykondensation zu linearen Ketten erfolgt. Duroplaste und Elaste sind das Ergebnis, wenn die Kondensationsreaktion an mehr als zwei Stellen ablaufen kann und so eine räumliche Vernetzung möglich ist.
2.3 Polyaddition Die Polyaddition ist ein Zusammenschluss (Addition) unterschiedlicher Monomere oder bereits größerer Moleküle, welche noch reaktionsfähige Gruppen enthalten, infolge Umlagerung von Wasserstoffatomen. Wie bei der Polymerisation entstehen keine Nebenprodukte. Monomer 1 + Monomer 2 Æ Polymer + Wärme Ein Beispiel für eine Polyadditionsreaktion ist die Bildung eines Polyurethans aus den Monomeren Diisocyanat (Monomer 1) und Glykol (Monomer 2): Monomer 1 O=C=N–R–N=C=O
(R: z.B. (CH2)6-Hexadiisocyanat)
Monomer 2 H–O–R¢–O–H
(R¢: z.B. (CH2)4-Butylenglykol)
Polymer O=C–N–R–N–C=O d d d d …–O–R¢–O H H O–R¢–O–… (z.B.: (C12H22O4N2)n) Die Wasserstoffatome der Monomere 2 lagern sich unter Aufspaltung der Doppelbindung C=N an die Stickstoffatome der Monomere 1. Werden sogenannte 2-wertige Alkohole (2 OH-Gruppen) mit Diisocyanat verknüpft, wie in dem aufgeführten Beispiel, entstehen thermoplastische, lineare Polyurethane. Bei der Reaktion mit 3-wertigen Alkoholen, also bei Monomeren mit 3 OH-Gruppen, entstehen duroplastische, räumlich eng vernetzte Polyurethane. Je nach Kombination von 2- und 3-wertigen Alkoholen entstehen mehr oder weniger vernetzte, elastische Polyurethane. Auch die Eigenschaften der Polyaddukte sind somit durch die Auswahl der Ausgangskomponenten weitgehend steuerbar.
12
2 Bildungsreaktionen
Je nach der Art der Ausgangsmonomere können lineare Thermoplaste, weitmaschig vernetzte Elaste oder engmaschig vernetzte Duroplaste bei der Polyaddition entstehen.
2.4 Literatur HELLERICH, W.; HARSCH, B.; HAENLE, S. Werkstoff-Führer Kunststoffe: Eigenschaften, Prüfungen, Kennwerte. Carl Hanser Verlag München Wien, 9. Auflage, 2004 WESCHE, K. Baustoffe für tragende Bauteile, Bd. 4: Holz, Kunststoffe. Bauverlag GmbH Wiesbaden und Berlin, 3. Auflage 1996
3 Strukturen
3.1 Innere Kräfte Die Kräfte innerhalb der Ketten- bzw. Makromoleküle werden als Hauptvalenzbindungen (Elektronenpaarbindungen) bezeichnet. Zwischen den Kettenmolekülen bestimmen Nebenvalenzbindungen, wie z.B. Van-der-Waals-Kräfte, polare Kräfte, Wasserstoffbrückenbindungen den Zusammenhalt der Polymere. Ebenso sind „mechanische Verschlingungen“ der Moleküle für Thermoplaste festigkeitsbestimmend. Je nach dem Verhältnis des Bindungsanteils aus atomarer Vernetzung zum Kohäsionsbindungsanteil ergeben sich die Kunststoffgruppen mit verschiedenen Eigenschaften. Für die Eigenschaften der einzelnen Kunststoffgruppen sind grundlegend: Thermoplaste – Kettenpolymere ◆ Van-der-Waals-Kräfte, bei unpolaren Kunststoffen erheblich, z.B. bei PE ◆ Polare Kräfte, z.B. bei PVC, PMMA, ◆ Wasserstoffbrückenbindung, z.B. bei PA, ◆ Größe der Makromoleküle (Verknäuelung). Elaste – locker dreidimensional vernetzte Polymere ◆ Hauptvalenzbindungen, ◆ Nebenvalenzbindungen, ➥ Das Verhältnis der Anteile der beiden Bindungsarten beeinflusst wesentlich die Elastizität. Duroplaste – dreidimensional vernetzte Polymere ◆ fast nur Hauptvalenzbindungen (Vernetzung).
3.2 Thermoplaste Thermoplaste sind hochmolekulare Stoffe, deren Kettenmoleküle aus bis zu 106 Atomen aufgebaut sein können. Die Molekülketten können eine streng lineare oder eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Verzweigung aufweisen.
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3 Strukturen
Prinzipieller Aufbau:
Die gestreckte mittlere Kettenlänge beträgt zwischen 10–10 mm bis 10–3 mm, die Dicke von Thermoplasten liegt in der Größenordnung von 0,3 · 10–6 mm. Es wird zwischen amorphen und teilkristallinen Thermoplasten unterschieden. Amorphe Thermoplaste bestehen aus langen Kettenmolekülen, die sich bei ihrer Bildung regellos ineinander verschlingen und verfilzen sowie keine chemische Bindung untereinander besitzen.
Diese Thermoplaste kristallisieren wegen des unsymmetrischen Aufbaus bzw. großer Seitengruppen nicht. Aufgrund ihrer inneren Struktur weisen amorphe Thermoplaste gute optische Eigenschaften auf, wenn sie nicht modifiziert oder gefüllt sind. Die Einsatztemperaturbereiche liegen unterhalb der Einfriertemperatur ET bzw. Glasübergangstemperatur Tg. Typische Verarbeitungsverfahren sind Spritzgießen, Extrudieren und Warmumformen. Schweißen ist bei vielen Thermoplasten ebenfalls möglich. Teilkristalline Thermoplaste weisen sowohl amorphe, also ungeordnete, als auch besonders geordnete, sogenannte kristalline Bereiche auf. Hier werden besonders hohe Nebenvalenzkräfte wirksam.
3.3 Duroplaste
15
Durch die Kristallisation sind diese Thermoplaste i.Allg. opak. Je höher der Anteil kristalliner Bereiche ist, desto schlechter sind die optischen Eigenschaften. Die Einsatztemperaturbereiche liegen zwischen der Einfriertemperatur und dem sogenannten Kristallitschmelzbereich. Wenngleich die Verarbeitungsmöglichkeiten denen der amorphen Thermoplasten entsprechen, weisen teilkristalline Thermoplaste aufgrund der höheren Raumordnung eine größere Verarbeitungsschwindung auf. Einen erheblichen Einfluss auf den Grad der Kristallisation haben die Herstellungsbedingungen, wie beispielsweise die Abkühlungsbedingungen (Werkzeugtemperatur).
3.3 Duroplaste Duroplaste sind engmaschig, räumlich chemisch vernetzte Polymere.
Aufgrund der räumlichen Vernetzung sind die Einsatztemperaturbereiche der Duroplaste höher als die der Thermoplaste. Die Verarbeitung der Duroplaste erfolgt meist durch Gießen, Laminieren, Pressen und Spritzgießen. Dabei findet die chemische Vernetzungsreaktion
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3 Strukturen
und die Formgebung statt. Im wesentlichen Unterschied zu den Thermoplasten sind Duroplaste nach dieser ersten Formgebung nur noch mittels spanabhebender Bearbeitung, Verklebung oder diverser anderer Fügetechniken in ihrer Form zu verändern. Wegen des fehlenden plastischen Bereiches ist das Fügen durch Schweißen nicht möglich.
3.4 Elaste Makromoleküle, die eine weitmaschig chemisch vernetzte Struktur aufweisen, werden als Elaste oder Elastomere bezeichnet. Die Glasübergangstemperatur dieser Stoffgruppe liegt i.Allg. unter 0°C.
Da die gummielastischen Eigenschaften wesentlich für die Anwendungspalette der Elaste sind, liegt ihr technischer Einsatztemperaturbereich – im Unterschied zu den zuvor genannten Polymeren – immer oberhalb des Glasüberganges. Aufgrund der räumlichen Vernetzung, wenngleich diese geringer ist als bei den Duroplasten, erfolgt die Formgebung bei der chemischen Reaktion. Ein thermisches Schweißen oder Warmumformen ist danach nicht mehr möglich.
3.5 Literatur HELLERICH, W.; HARSCH, B.; HAENLE, S. Werkstoff-Führer Kunststoffe: Eigenschaften, Prüfungen, Kennwerte. Carl Hanser Verlag München Wien, 9. Auflage, 2004 SAECHTLING, H. Kunststoff-Taschenbuch. Carl Hanser Verlag München Wien, 29. Ausgabe, 2004 WESCHE, K. Baustoffe für tragende Bauteile, Bd. 4: Holz, Kunststoffe. Bauverlag GmbH Wiesbaden und Berlin, 3. Auflage, 1996
4 Eigenschaften
4.1 Mechanisch-thermisches Verhalten Kennzeichnend für niedermolekulare Stoffe sind die drei physikalischen Zustandsbereiche fest, flüssig und gasförmig. Der Übergang zwischen diesen Phasen erfolgt bei einheitlichen Stoffen, beispielsweise Wasser, reversibel und bei genau definierten Temperaturen. Im Gegensatz dazu liegen bei Stoffgemischen mehr oder minder große Übergangsbereiche vor. Werden diese Zustandsbereiche mehrfach durchlaufen, können bei Stoffgemengen, wie z.B. Legierungen, Entmischungen auftreten. Dies führt natürlich zwangsläufig zu einer erheblichen Beeinflussung der Werkstoffeigenschaften. Wie alle hochpolymeren Stoffe können auch Kunststoffe keine gasförmige Phase aufweisen. Bei Temperaturen oberhalb der sogenannten Zersetzungstemperaturen zerfallen die Makromoleküle irreversibel in niedermolekulare, häufig nicht vorhersehbare und nicht definierbare Bruchstücke. Wenn deren
Abb. 4.1: Zustandsbereiche nieder- und hochmolekularer Stoffe
18
4 Eigenschaften
Abb. 4.2: Verformungsverhalten unvernetzter Polymere (qualitativ)
Molekulargewicht ausreichend gering ist, werden diese Fragmente in die Gasphase übergehen können. Aufgrund der relativ einfachen Bestimmung des Schubmoduls G im Torsionsschwingversuch wird die Temperaturabhängigkeit von Kunststoffen häufig in Form von Schubmodul-Temperatur-Kurven (G-T-Diagramme) dargestellt, wie dies aus den Abbildungen ersichtlich ist. Wesentlich für die temperaturabhängigen Eigenschaften der Stoffe ist deren Mikro-Brownsche Bewegung, d.h. die Schwingungsamplitude der Atome und Moleküle um ihre Ruhelage. Bei sehr niedrigen Temperaturen ist diese Eigenbewegung so gering, dass ein sogenannter Glaszustand vorliegt, bei dem diese Bewegung gewissermaßen „eingefroren“ ist. In diesem Zustand sind die Kunststoffe spröde und glasartig hart. Werden sie dann belastet, verformen sich die makromolekularen Stoffe energieelastisch. Dies bedeutet, dass die unter Belastung eintretende atomare Verschiebung der Atome und Molekülverbände nach ihrer Entlastung sich vollständig zurückbildet. Wird die Temperatur gesteigert, erhöht sich in Abhängigkeit von der Molekularstruktur die Mikro-Brownsche Bewegung. Während bei amorphen Polymeren der Glaszustand innerhalb einer engen Temperaturspanne zusammenbrechen kann, bleibt das Verformungsverhalten der teilkristallinen Kunststoffe auch oberhalb der Glasübergangstemperatur (auch Erweichungs- oder Einfriertemperatur) bis zum Erreichen der Kristallitschmelztemperatur (Aufweichung der sogenannten kristallinen Bereiche) energieelastisch. In Abhängigkeit von der inneren Struktur können unterhalb der Glasübergangstemperatur sekundäre Übergangsbereiche auftreten, zum Beispiel, wenn Seitengruppen frühzeitig eine gewisse Beweglichkeit aufzeigen. Nach dem Überschreiten des Glasbereiches stabilisieren sich die mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit beispielsweise von der Molekülgröße,
4.1 Mechanisch-thermisches Verhalten
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Abb. 4.3: Klassierung hochpolymerer Werkstoffe durch die Temperaturfunktion des Schubmoduls 햲 Duroplast, 햳 teilkristalliner Thermoplast, 햴 amorpher Thermoplast, 햵 Elastomer
der Molekülstruktur und dem Vernetzungsgrad. Es liegt entropie-elastisches Verhalten vor. Eine weitere Temperaturerhöhung führt bei den Thermoplasten zu einer Auflösung des Molekülverbandes, d.h. es können irreversible Verschiebungen des Molekülverbandes auftreten. Es tritt ein viskoses Fließen ein. Werden die jeweiligen Zersetzungstemperaturen erreicht, kommt es zur irreversiblen Spaltung, Zersetzung der makromolekularen Molekülverbände. Durch das Einbringen beispielsweise von Füllstoffen, Weichmachern oder Verstärkungsmaterialien können sowohl die Schubmoduln als auch solche charakteristischen Kennwerte wie der Elastizitätsmodul, die Zugfestigkeit und die Dehnung der Kunststoffe wesentlich beeinflusst werden. Eine weitere, durchaus gebräuchliche Möglichkeit zur Beurteilung der Temperaturabhängigkeit der Eigenschaften ist darum die Bestimmung der Kennwerte Zugfestigkeit, Dehnung und Elastizitätsmodul. Die Darstellung dieser Merkmale ist für die anwendungstechnische Beurteilung der Kunststoffe besonders sinnvoll. Während die Ermittlung der Druck- und Biegezugfestigkeit nur für einen Teil der Kunststoffe möglich ist, kann die Zugfestigkeit und damit gleichzeitig Dehnung und Elastizitätsmodul für alle Kunststoffe bestimmt werden. Somit sind vergleichende Aussagen erzielbar.
20
4 Eigenschaften
Abb. 4.4: Abhängigkeit des Schubmoduls verschiedener Kunststoffe von der Temperatur (Beispiel)
Thermoplaste Thermoplaste verspröden bei tiefen Temperaturen. Steigende Temperatur führt zum Abfall der Festigkeit, zu einer Zunahme der Dehnung und damit zum Sinken des Elastizitätsmoduls, d.h. die Steifigkeit des Werkstoffes sinkt. Bei den amorphen Thermoplasten befindet sich nach überschreiten der Glasübergangstemperatur ein Bereich mit teilweise elastischer, teilweise plastischer Verformbarkeit, der nach unten von der Glasübergangstemperatur Tg, nach oben von der Schmelztemperatur Tm eingegrenzt wird. Geringe Umformkräfte reichen nun aus, um große Formänderungen zu bewirken, die durch Abkühlung quasi eingefroren werden können. Weitere Erwärmung bewirkt eine so große thermische Beweglichkeit der Makromoleküle, dass die Ketten gegeneinander abgleiten, d.h. schmelzen können. Dieser Bereich, in dem das Urformen und teilweise auch Schweißen der Kunststoffe möglich ist, wird nach oben durch die Zersetzungstemperatur begrenzt. Bei teilkristallinen Thermoplasten liegen im Gebrauchstemperaturbereich sowohl (erweichte) amorphe als auch (steife) kristalline Bereiche vor. Erst durch das Aufschmelzen der kristallinen Bereiche bei Erreichen der Kristallitschmelztemperatur KSB ist ein Umformen möglich. Duroplaste Die chemische Vernetzung der Duroplaste verhindert, dass die „Molekülketten-Abschnitte“ durch Temperaturerhöhung und Lasteintrag aneinander vorbeigleiten können. Demzufolge ist diese Stoffgruppe nicht in der Lage zu erweichen und eine Schmelze zu bilden. Duroplaste können nicht umgeformt oder geschweißt werden. Im allgemeinen sind die Duroplaste über den gesam-
4.1 Mechanisch-thermisches Verhalten
Abb. 4.5: Festigkeits- und Formänderungsverhalten der amorphen Thermoplaste
Abb. 4.6: Festigkeits- und Formänderungsverhalten der teilkristallinen Thermoplaste
21
22
4 Eigenschaften
Abb. 4.7: Festigkeits- und Formänderungsverhalten der Duroplaste
ten Gebrauchstemperaturbereich mehr oder weniger spröde. Teilweise tritt kurz unterhalb der Zersetzungstemperatur durch die beginnende Auflösung des Molekülverbandes eine geringfügige Verminderung der Steifigkeit auf. Die Einsatztemperaturbereiche sind wegen der Vernetzung höher als bei den Thermoplasten. Elaste Da Elaste weitmaschig vernetzt sind, ist ein Aufschmelzen oder Schweißen dieser Kunststoffe ebenso wie bei den Duroplasten nicht möglich. Bestimmend für ihre Anwendungen ist, dass die nicht vernetzen Molekülstrukturen bereits bei sehr niedrigen Temperaturen aufgeweicht sind und so die typischen
Abb. 4.8: Festigkeits- und Formänderungsverhalten der Elaste
4.1 Mechanisch-thermisches Verhalten
23
gummielastischen Eigenschaften über den gesamten Gebrauchstemperaturbereich vorliegen. Nachfolgende Tabellen enthalten die Glasübergangstemperaturen und typische Gebrauchstemperaturen einiger ausgewählter Kunststoffe. Tab. 4.1: Glasübergangstemperatur (Einfriertemperatur) ausgewählter Kunststoffe [SCHOLZ] Kunststoff
Kurzzeichen
Glasübergangstemperatur [°C]
Polyethylen Polypropylen Polyisobutylen Polybuten Polyvinylchlorid, hart Polyvinylchlorid, weich Polymethylmethacrylat (Acrylglas) Polytetrafluorethylen Polyamid 6 Polyamid 66 Celluloseacetat Cellulosepropionat Polystyren Polycarbonat
PE PP PIB PB PVC – hart PVC – weich
–70 –10 –60 –24 65 –10
… … …
–100 –32 –74
… …
75 –100
PMMA PTFE PA 6 PA 66 CA CP PS PC
90 –20 40 50 55 55 80 150
…
110
… … …
85 105 110
Tab. 4.2: Grenztemperaturbereiche ausgewählter Kunststoffe (Gebrauchstemperaturen bei kurzund langzeitiger Belastung) [SCHOLZ] Kunststoff
Kurzzeichen
Polyethylen, weich Polyethylen, hart Polyoxymethylen Polypropylen Polybuten 1 Polyvinylchlorid Polystyren ABS-Pfropfpolymer Acrylglas Polytetrafluorethylen Polyamid 6 Polyamid 12 Polycarbonat Phenolharz Melaminharz Harnstoffharz Epoxidharz Polyurethanharz vernetzt Polyesterharz Siliconharz Celluloseacetat Celluloseacetobutyrat
PE – weich PE – hart POM PP PB PVC PS ABS PMMA PTFE PA 6 PA 12 PC PF MF UF EP PUR UP SI CA CAB
Glasübergangstemperatur [°C] 90 110 80 140 100 90 £ 80 £ 100 100 200 £ 180 80 160 120/160 120 100 130 130 110 200 80 100
… … … … … … … … … …
… … … … … … … … … …
75 95 60 100 90 60 £ 70 £ 85 90 150
135 80/140 80 70 80 100 80 140 70 90
24
4 Eigenschaften
4.2 Mechanische Eigenschaften Die technischen Eigenschaften der Kunststoffe sind so vielfältig und von so unzähligen Faktoren abhängig, das Bewusstsein darüber ist dagegen nur unzureichend ausgeprägt, dass zahlreiche Planungs- und Ausführungsfehler häufig vermeidbare Kosten verursachen. Dies führt allerdings zwangsläufig zu Unsicherheiten und zur Abwehr hinsichtlich des Einsatzes von Kunststoffen im Bauwesen. Zwei Gründe sind im Wesentlichen dafür verantwortlich, dass Kunststoffe für tragende Bauteile bisher im vergleichsweise geringem Umfang eingesetzt werden: ◆ Die technischen Eigenschaften der traditionelle Baustoffe werden üblicherweise mit sogenannten „Einpunkt“-Kennwerten, wie Festigkeit, Elastizitätsmodul, Kriechzahl und Korrosionswiderstand beschrieben. Da auch bei gängigen Gebrauchsbedingungen komplexe Zusammenhänge zwischen Spannung, Verformung, Zeit, Temperatur und nichtmechanischer (z.B. chemischer) Beanspruchung bestehen, sind weitreichende Kenntnisse über diese komplizierten Beziehungen für die Bemessung von Bauteilen unumgänglich. Kennwerttabellen und Angaben über zulässige Spannungen oder Verformungen, die meist im Ergebnis dieser „Einpunkt“-Versuche entstanden, sind für konkrete Bemessungsfälle in der Regel nicht ausreichend. ◆ Die Kenntnisse der Architekten und der Bauingenieure auf dem Gebiet der Kunststoffe sind meist außerordentlich gering. Dies hängt unmittelbar mit der Vielfalt der Kunststoffe und ihren Eigenschaften zusammen, welche die der gesamten übrigen Baustoffe bei weitem übertrifft. Festigkeiten Kurzzeitbeanspruchung. Bei der Prüfung in Raumklima und zügiger Beanspruchung, d.h. bei den gängigen Laborversuchen, werden von Kunststoffen Festigkeiten erreicht, die durchaus in der Größenordnung der üblichen Baustoffe liegen können. Auf Grund des starken Einflusses der Temperatur auf die Molekülbeweglichkeit ist eine deutliche Abhängigkeit der Festigkeit von der Temperatur vorhanden. Wenngleich auch die üblichen Baustoffe im Bereich der normalen Gebrauchstemperaturen, d.h. etwa zwischen –20°C und +80°C, temperaturbedingte Festigkeitsunterschiede aufzeigen, sind diese hinreichend gering, dass sie nicht gesondert betrachtet werden müssen. Dies ist bei üblichen Baukunststoffen angesichts oben dargestellter, großer Abweichungen nicht möglich. Für jeden Bemessungsfall ist daher die maximal zu erwartende Erwärmung oder auch Abkühlung des Bauteils abzuschätzen und zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu anderen Baustoffen ist zu beachten, dass ebenso innerhalb einer Kunststoffart erhebliche Unterschiede in der Wär-
4.2 Mechanische Eigenschaften
25
Abb. 4.9: Festigkeit einiger Kunststoffe und verschiedener Baustoffe bei Raumtemperatur Streckgrenze, 2 Druckfestigkeit
1
Abb. 4.10: Einfluss der Prüftemperatur auf die Festigkeit (Beispiele)
mestandfestigkeit vorliegen können. Spezielle Kunststoffe, die beispielsweise in der Elektro-, Geräte- und Luftfahrtindustrie angewendet werden, weisen eine sehr hohe Temperaturbeständigkeit auf (bis weit über 100°C unter Belastung; teilweise bis über 300°C unter Eigengewicht), sind allerdings aufgrund zu hoher Kosten und/oder komplizierter Verarbeitungstechnologie für das Bauwesen nicht geeignet. Die meisten Kunststoffe, dies gilt auch für den größten Teil der Thermoplaste, weisen makroskopisch ein sprödes Bruchverhalten auf. Von bauprakti-
26
4 Eigenschaften
Abb. 4.11: Einfluss der Prüftemperatur auf die Druckfestigkeit von Reaktionsharzmörteln
scher Relevanz ist insbesondere die erreichbare Schlagzähigkeit und Kerbschlagzähigkeit, vor allem bei unverstärkten Kunststoffen. Bei einigen Kunststoffen kommt es bereits bei geringfügigen Temperaturschwankungen zu erheblichen Änderungen dieser Eigenschaften.
Abb. 4.12: Schlagzähigkeit einiger Kunststoffe
Langzeitbeanspruchung. Für Zeitstandversuche werden häufig die Kennwerte Zugfestigkeit und Dehnung herangezogen. Wird der Abfall der Festigkeit im Laufe der Beanspruchungsdauer logarithmisch dargestellt, ergibt sich für die meisten Kunststoffe ein annähernd linearer Verlauf. Auch nach jahrelanger Dauerbeanspruchung sind bei den experimentellen Kurven keine Grenzwerte erkennbar, die es ermöglichen, eine theoretische Spannung abzuleiten, welche unbegrenzt lange ertragen werden kann. Daher muss die Dauerstandfestigkeit als Zeitstandfestigkeit unter festgelegten Umweltbedingungen angegeben werden. Obwohl diese Zeit für tragende Bauteile als zu gering anzusehen ist, wird das Verhalten bei 1000-stündiger Belastung allgemein als Beurteilungsmaßstab angewendet. Dies trägt insbesondere dazu bei, dass eine große Unsicherheit über das Verhalten dieser Baustoffe nach 10 oder gar 50 Jahren herrscht. Trotzdem kann, im Vergleich zur Kurzzeitfestig-
4.2 Mechanische Eigenschaften
27
Abb. 4.13: Zeitstandzugfestigkeit einiger Kunststoffen
Abb. 4.14: Prinzipieller Einfluss von Temperatur und Zeit auf das Formänderungsverhalten von Kunststoffen
keit, bei niedrigen Dauerspannungen mit den bei traditionellen Baustoffen üblichen Lebensdauern gerechnet werden. Voraussetzung ist allerdings, dass keine besonderen Alterungserscheinungen oder chemische Angriffe zu erwarten sind.
28
4 Eigenschaften
Abb. 4.15: Elastizitätsmodul einiger Kunststoffe und verschiedener Baustoffe bei Raumtemperatur
Ein weiteres Problem besteht darin, dass bereits bei geringfügig zu erwartenden Belastungsbedingungen oder Veränderungen der Kunststoffzusammensetzungen die aufwendigen Zeitstandversuche wiederholt und nicht bereits ermittelte Ergebnisse ohne weiteres übertragen werden dürfen. Da aber bei den meisten Kunststoffen der Einfluss der Zeit auf Festigkeit und Dehnung ähnlich dem der Temperatur ist, kann bei Ermüdungsversuchen ein Teil der Zeit durch höhere Temperaturen ersetzt werden. Verformungsverhalten Kurzzeitbeanspruchung: Reine Kunststoffe, d.h. ohne Farb- und Füllstoffe, weisen bereits bei Raumtemperatur einen vergleichsweise geringen Elastizitätsmodul auf. Durch mineralische Füll- und Verstärkungsstoffe (z.B. Quarzsand, Glasfasern) können je nach Füllgrad erhebliche Steigerungen erzielt werden.
Abb. 4.16: Spannungs-DehnungsLinien von Thermoplasten in Abhängigkeit von der Temperatur (qualitativ)
4.2 Mechanische Eigenschaften
29
Die meisten Kunststoffe weisen ein sprödes Bruchverhalten auf. Dies bedeutet das Fehlen eines horizontalen bzw. abfallenden Astes der SpannungsDehnungs-Linie. Daher können bei diesen Kunststoffen örtliche Spannungsspitzen nicht durch Fließen oder Mikrorissbildungen abgebaut werden. Wenngleich durch Kriecherscheinungen im Laufe der Zeit Spannungsumlagerungen auftreten, können rasche Laststeigerungen im Bereich von Lasteinleitungsstellen, Kanten, Kerben usw. zu plötzlich auftretenden Rissschäden führen. Dies muss durch geeignete konstruktive Maßnahmen berücksichtigt werden. Bei kurzzeitiger, nicht zu hoher Belastung, kann das Verformungsverhalten vieler Kunststoffe als vollelastisch – und zwar als spontanelastisch im Sinne von Hook – angesehen werden. Ist dagegen die Belastung hoch, treten in verhältnismäßig geringem Maße echte plastische Verstreckungen oder bei Reaktionsharzbeton pseudoplastische Verformungen durch Mikrorissbildungen auf, wie dies vom Zementbeton bekannt ist. Dadurch wird die SpannungsDehnungs-Linie leicht gekrümmt. Temperatureinfluss: Bei Kunststoffen wird die gesamte Spannungs-Dehnungs-Linie durch Temperaturänderungen beeinflusst. Dies ist natürlich besonders bei den Thermoplasten ausgeprägt. Zur Charakterisierung der Temperaturabhängigkeit des Verformungsverhaltens werden im besonderen Schubmodul-Temperatur-Diagramme erstellt. Die nachfolgende Abbildung zeigt einige charakteristische Kurven für Thermoplaste und Duroplaste. Innerhalb der einzelnen Kunststoffarten können große Differenzen auftreten, die auf Unterschiede in der Molekülgröße (Polymerisationsgrad), der Vernetzungsdichte (Vernetzungsgrad), der Kristallinität, dem Anteil an Copolymerisat oder Weichmacher u.a. zurückzuführen sind. Literaturangaben können für Entwurfsentscheidungen nur Anhaltspunkte liefern. Genauere Planungen bedürfen der Angaben der Hersteller oder spezifischer Materialprüfungen.
Abb. 4.17: Abhängigkeit des Schubmoduls einiger Kunststoffe von der Temperatur
30
4 Eigenschaften
Abb. 4.18: Einfluss des Vernetzungsgrades am Beispiel eines Phenolformaldehydharzes (PF). Härtung: 1 h, 175°C, 1 – Härter 10%, 2 – Härter 4%, 3 – Härter 2%
Abb. 4.19: Einfluss der Erhärtungsbedingungen am Beispiel eines EP-Systems. Härtung: 7 d, 1 – 5°C, 2 – 23°C, 3 – 23°C + 14 d/80°C
Prüfungen bei Raumtemperatur lassen häufig den Einfluss unzureichender Aushärtung bei Duroplasten (z.B. infolge falschen Mischungsverhältnisses zwischen Harz und Härter oder infolge zu niedriger Aushärtungstemperatur) nicht erkennen. Bei dadurch verursachter zu geringer Vernetzungsdichte wird vor allem das Verhalten in der Wärme nachteilig beeinflusst.
Abb. 4.20: Kriechkurven von UP-Mörtel und Zementbeton Klima 20°C/65% relative Luftfeuchtigkeit. 1 – UP-Mörtel, sK = 20,0 N/mm2, Belastungsalter 2d; 2 – PZ-Beton, sK = 19,5 N/mm2, Belastungsalter 90 d; 3 – PZ-Beton, sK = 12,0 N/mm2, Belastungsalter 3d; Festigkeitsklassen: UP-Mörtel ca. C60/75; PZ-Beton C35/45
4.2 Mechanische Eigenschaften
31
Zeiteinfluss: Die Kriechzahlen von mineralisch gefüllten oder verstärkten Duromeren bewegen sich bei Raumtemperatur und im Bereich der zulässigen Spannungen in der Größenordnung, die bei Zementbetonen auftritt. Mit im Bauwesen üblicher Genauigkeit können Endkriechmaße angeben werden. Bei erhöhten Temperaturen (z.B. durch Sonneneinstrahlung) und bei Medieneinwirkung (z.B. natürliche Bewitterung) können die zeitabhängigen Verformungen und die Relaxationswerte relativ hoch werden. Bei filmbildenden Beschichtungen und bei nicht lastabtragenden Mörtelbeschichtungen ist dieses Verhalten von Vorteil, da beispielsweise temperaturbedingte Zwängungsspannungen abgebaut werden. Auch hier muss festgestellt werden, dass nicht verallgemeinert werden darf.
Abb. 4.21: Kriechverhalten am Beispiel eines ungefüllten UP-Harzes in Abhängigkeit von der Temperatur
Abb. 4.22: Kriechverhalten einiger Kunststoffe in Abhängigkeit von Spannung und Umgebungseinflüssen
32
4 Eigenschaften
Abb. 4.23: Querdehnzahl einiger Kunststoffe in Abhängigkeit von der Temperatur
Querdehnzahl: Die Querdehnzahl der Kunststoffe hängt wie der Schubmodul und der Elastizitätsmodul stark vom Bewegungszustand der Makromoleküle ab. Die Werte liegen im energieelastischen Bereich bei 0,3 bis 0,4, oberhalb der Glasübergangstemperatur nähern sie sich dem Wert 0,5. Durch die Verwendung von Füll- und Verstärkungsstoffen kann die Querdehnzahl auf Werte um 0,2 gesenkt werden.
4.3 Nichtmechanische Eigenschaften Dichte Die Moleküle der Kunststoffe sind im Wesentlichen aus leichten Elementen (Kohlenstoff, Wasserstoff) aufgebaut. Dies ist Hauptursache dafür, dass ihre Dichte im Vergleich zu anderen Bau- und Werkstoffen gering ist und in der Größenordnung zwischen 800 und 1500 kg/m3 liegt. Die Dichte von Polytetrafluorethylen (PTFE) kann sogar in der Größenordnung von 2200 kg/m3 liegen, also durchaus vergleichbar mit Beton. Kunststoffe sind quasi porenfrei, damit entspricht die Rohdichte der Reindichte. Durch die Verwendung von Füll- und Verstärkungsstoffen kann die Dichte auf Werte über 2000 kg/m3 ansteigen. Andererseits können einige Kunststoffe geschäumt werden, was wiederum eine erhebliche Senkung der Rohdichte und spezielle Eigenschaften mit sich bringt. Die Dichte der Kunststoffe hängt nicht nur von den chemischen Elementen ab, aus denen sie aufgebaut sind. Am Beispiel des Polyethylens zeigt sich, dass durch die Auswahl der Herstellungsbedingungen die Dichte eines Kunststoffes und somit daraus resultierende Eigenschaften gezielt beeinflusst werden können.
4.3 Nichtmechanische Eigenschaften
33
Abb. 4.24: Dichte einiger Kunststoffe und verschiedener Baustoffe
PE-LD (low density) verzweigt PE-LLD (linear low density) linear PE-HD (high density) linear
914 ... 940 kg/m3 918 ... 943 kg/m3 940 ... 960 kg/m3
PE-HD und PE-LD können gemischt werden. Thermische Längenänderung Aufgrund ihrer inneren Struktur erfahren Kunststoffe bei Temperaturerhöhung eine vergleichsweise große Volumenausdehnung. Demgemäß sind die linearen Wärmedehnzahlen bzw. linearen Längenausdehnungskoeffizienten reiner Kunststoffe etwa 5- bis 20-mal so hoch als diejenigen von Stahl und Beton. Deren thermische Längenänderung liegt in der gleichen Größenord-
Abb. 4.25: Linearer längenausdehnungsskoeffizient einiger Kunststoffe und verschiedener Baustoffe
34
4 Eigenschaften
nung. Nach DIN 1045 darf für beide Baustoffe mit einer linearen Wärmedehnzahl aT von 10 · 10–6 1/K gerechnet werden. Somit ergibt sich bei einer Temperaturdifferenz von 15 K eine thermische Längenänderung von eT = 10 ◊ 10–6 ◊ 15 = 0,15 mm/m. In Verbindung zu anderen Baustoffen müssen mögliche Zwängspannungen konstruktive Berücksichtigung finden. Durch die Auswahl für die jeweilige Anwendung geeigneter Füll- und Verstärkungsstoffe kann die Wärmedehnzahl erheblich reduziert und ggf. an einen Untergrund angepasst werden. Wärmeleitfähigkeit Wie die nachfolgende Abbildung zeigt, ist die Wärmeleitfähigkeit von Kunststoffen relativ niedrig. Sie ändert sich im Bereich von 20°C bis 100°C meist nur wenig (eine Ausnahme ist das Polyethylen). Die Wärmeleitfähigkeit wird durch Verstrecken in Orientierungsrichtung erhöht und senkrecht dazu er-
Abb. 4.26: Wärmeleitfähigkeit einiger Kunststoffe und verschiedener Baustoffe
Abb. 4.27: Wärmeleitfähigkeit geschäumter Kunststoffe
4.3 Nichtmechanische Eigenschaften
35
niedrigt. Bei ungefüllten Stoffen liegt sie in der Größenordnung von Bauholz. Durch mineralische (Glas, Quarzmehl) und/oder metallische Füllstoffe (Stahlfasern) wird sie erhöht. Bei geschäumten Kunststoffen verringert sich die Wärmeleitfähigkeit mit abnehmender Rohdichte. Sie ist wesentlich abhängig von der Kunststoffart, der Zellenstruktur und dem Zellengas des jeweiligen Schaumstoffes. Geschäumte Kunststoffe, beispielsweise geschäumtes Polystyren, werden mit Erfolg für Wärmedämmungen (z.B. Wärmedämmverbundsysteme) oder wärmedämmende Verpackungen bzw. Transportbehälter (z.B. Transport von Flüssiggas) angewendet. Formbeständigkeit in der Wärme Zuvor wurde bereits auf die Beeinflussung der Festigkeit und des Verformungsverhaltens der Kunststoffe durch Temperaturänderungen eingegangen. Eindeutige Grenzwerte für zulässige Temperaturbereiche mechanisch gering belasteter Bauteile lassen sich aus den dort beschriebenen Abhängigkeiten nicht gewinnen. Zahlreiche Daten über die Wärmebeständigkeit von Kunststoffen sind in der Literatur angeführt, welche nach verschiedenen Messverfahren ermittelt wurden, z.B. Formbeständigkeit in der Wärme nach Martens (DIN 53 462), Bestimmung der Formbeständigkeitstemperatur (DIN 53 461), Bestimmung der Vicat-Erweichungstemperatur von nichthärtbaren Kunststoffen (DIN EN ISO 306), Verhalten bei Temperatureinwirkung (DIN 53 446), Bestimmung
Abb. 4.28: Vergleich von Formbeständigkeits- und Gebrauchstemperaturen verschiedener Kunststoffe
36
4 Eigenschaften
der Formbeständigkeit in der Wärme von harten Schaumstoffen bei Biegeund Druckbeanspruchung (DIN 53424), Gebrauchstemperaturgrenzen verschiedenster Art sowie Zersetzungstemperaturen. Die Normen DIN 53462, DIN 53461 und DIN 53446 wurden mittlerweile zurück gezogen, anderen kamen hinzu, beispielsweise DIN EN ISO 75 Kunststoffe – Bestimmung der Formbeständigkeitstemperatur. Die durch verschiedene Prüfverfahren ermittelten Kennwerte der Formbeständigkeit in der Wärme lassen allerdings keine Aussage über die maximale Gebrauchstemperatur der Kunststoffe zu. Ebenso sind diese Kennwerte nur vergleichbar, wenn sie nach dem gleichen Verfahren bestimmt wurden. Da die Beanspruchungsarten so unterschiedlich sind, ist eine Umrechnung der nach verschiedenen Methoden ermittelten Kennwerte nicht statthaft. Ebenso ist zu bedenken, dass durch diese Prüfungen trotzdem die tatsächlichen Verhältnisse an einem Bauteil nicht erfasst werden können. Chemische Widerstandsfähigkeit Die Widerstandsfähigkeit von Kunststoffen gegen die unterschiedlichsten chemischen Angriffe ist vergleichsweise zu anderen Werkstoffe hoch. Im Bauwesen relevant sind die Einwirkungen von diversen Wässern sowie von verdünnten Säuren und Basen, welche von den üblicherweise eingesetzten Kunststoffen problemlos widerstanden werden.
0
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
PFa
1400– 1900
50– 1500
+
–
+
–
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
20
+
0
–0 –0 0
–0 +0 –0 –
–
–
–0 +
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
0
0
+0 –
–
+0 –
+0 +
0
+
+
2200
0
+
+
–0
1260
<100
+
0
–
+ beständig, 0 bedingt beständig, – nicht beständig, a Pressmasse.
–
fette Öle
+0 +
–
PUR
Öle
Mineralöle
+
+
Gemische
+0 +0 +0 +
Benzzen
–
–
Benzin
+
+
PTFE
Treibstoffe
Alkane
+
< 20
Ether
Flusssäure
< 10
1250
Ketone
oxidierend
1200
PF
Ester
stark
EP
Alkohole
mg
stark
kg/m3
Poly- 1200 ester
Laugen Lösungsmittel
schwach
WasserSäuren aufnahme DIN 53473
Kunststoff
Dichte
schwach
Tab. 4.3: Chemische Widerstandsfähigkeit einiger Kunststoffe (Richtwerte für den Dauergebrauch bei 20°C) [DOLEZEL]
4.3 Nichtmechanische Eigenschaften
37
Das Verhalten der Kunststoffe gegen die unterschiedlichsten Medien ist vor allem von ihrem chemischen Aufbau und ihrer inneren Struktur abhängig. Im Allgemeinen sind die vernetzten Duroplaste beständiger als die Thermoplaste. Durch Erhöhung des kristallinen Anteils kann der Widerstand gegen Quellen in einem Medium erhöht werden, ebenso durch Erhöhung des Molekulargewichtes. Neben Fertigungseinflüssen begünstigen Beimengungen wie Weichmacher, monomere Anteile und Füllstoffe meist den chemischen Angriff. Aufgrund ihrer chemischen Verwandtschaft ist der schädigende Einfluss von Lösungsmitteln und Treibstoffen besonders kritisch. Die Widerstandsfähigkeit der Kunststoffe ist von der Art des angreifenden Mediums, der Temperatur, der Einwirkungszeit aber auch von beispielsweise gleichzeitig vorhandenen Spannungen abhängig. Diese Spannungen können Eigen- und Betriebsspannungen sein und beim Vorhandensein von Chemikalien zu Spannungsrissbildungen führen. So empfiehlt es sich, bei bestimmten Anwendungen entsprechende Eignungsprüfungen durchzuführen. Trotzdem können Angaben in der Literatur, welche in der Regel aus Einlagerungsversuchen ohne mechanische Belastungen resultieren, wichtige Anhaltspunkte für die Eignung eines Kunststoffes liefern. Versuche bei anderen Temperaturen oder unter Belastungen können zu durchaus davon abweichenden Ergebnissen führen. Ebenso können bereits geringfügige Abweichungen in der Zusammensetzung der Komponenten andere Resultate liefern. Im Zweifelsfall und für besondere Anwendungen sollten entsprechende Beständigkeitsuntersuchungen durchgeführt werden. Nachfolgende Tabelle enthält Richtwerte zur Einschätzung der chemischen Beständigkeit von Werkstoffen, die im Apparatebau Anwendung finden. Tab. 4.4: Beurteilungsmaßstab für die chemische Tauglichkeit von Werkstoffen im Apparatebau (28 d Einlagerung; Probekörper 100 ¥ 20 ¥ 2 mm3) [SAECHTLING]
a
Eigenschaften
Einheit
widerstandsfähig
bedingt widerstandsfähig
nicht widerstandsfähig
Dimensionsänderung Gewichtsänderung Gewichtsänderung Zugfestigkeit Bruchdehnung Schlagzähigkeit
% mg % N/mm2 %
Kerbschlagzähigkeit Grenzbiegespannung Kugeleindruckhärte
kJ/m2 N/mm2 N/mm2
<1 < 100 < 1,8 ≥ 80%a 125–50%a 0–1 Probe gebrochen > 75%a ≥ 80%a 125–75%a
1–3 101–400 1,81–6 79–60%a 49–30/150– 26%* 2–3 Proben gebrochen 74–50 %a 79–60 %a 74–50 %a
>3 > 400 >6 < 60%a < 30/>150%a 4–5 Proben gebrochen < 50%a < 60%a < 50%a
Prozentwerte beziehen sich auf die im Anlieferungszustand ermittelten Werte, welche 100% entsprechen.
38
4 Eigenschaften
Biologische Beständigkeit Kunststoffe werden in der Regel durch Pflanzen und Tiere nicht angegriffen, wenngleich Nagetiere für einige vor allem Weichmacher enthaltende Kunststoffe eine gewisse Vorliebe zeigen. Schäden sind vorrangig an erdverlegten Folien oder Rohrleitungen zu verzeichnen. Mikroorganismen können durchaus ursächlich an der Korrosion von Baustoffen beteiligt sein, wie das in Abwasseranlagen durch Schwefelsäure erzeugende sogenannte Thiobazillen der Fall ist. Dies kann den pH-Wert an der Kanalinnenseite auf eine Wert von 1 oder darunter senken, was einen erheblichen Säureangriff darstellt. Das Ausscheiden von mineralischen oder organischen Säuren durch bestimmte Mikroorganismen kann letztendlich zu einer Korrosion der Kunststoffe führen. Voraussetzung für eine Besiedelung mit Bakterien und Schimmelpilzen sowie ggf. auch Algen ist Wasser. In feuchter Umgebung können beispielsweise Bakterien und Schimmelpilze bestimmte niedermolekulare Bestandteile diverser Kunststoffe abbauen und zur Ernährung verwenden. Dabei sind besonders Weichmacher enthaltende Thermoplaste kritisch (z.B. Weich-PVC). Da im Kunststoff meist nur geringe Mengen an Hilfsstoffen (beispielsweise Stabilisatoren, Gleitmittel, Antioxidantien, Färbemittel, Beschleuniger) enthalten sind, führt ein diesbezüglicher biologischer Angriff kaum zum Verlust der mechanischen Eigenschaften. Da die Problematik der Entsorgung nicht mehr gebrauchsfähiger Kunststoffe eine zunehmende Bedeutung besitzt, sind biologisch abbaubare Kunststoffe von besonderem Interesse. Wesentliche Voraussetzung für den Abbau ist auch hier das Vorhandensein von Wasser. Zu den abbaubaren Kunststoffen gehören beispielsweise ◆ Biopol ein aus pflanzlichen Rohstoffen gewonnener linearer Polyester, welcher für Implantate geeignet ist, ◆ Compounds aus Polysacchariden und Stärke mit nicht biologisch abbaubaren Polymeren z.B. unter Verwendung von ca. 90% PE werden diese u. a. für Verpackungen eingesetzt, ◆ unter hohem Druck und Feuchte oder mit Pflanzenfasern verpresste Kartoffelstärke als Verpackungsmaterial, welches PS-Chips ersetzt, ◆ in wässriger Lösung abbaubare Polymere für wasserlösliche Verpackungen, z.B. aus Polyvinylalkohol. Diffusionsverhalten Unter Diffusion wird die Durchmischung von verschiedenen miteinander in Berührung befindlichen gasförmigen, flüssigen oder festen Stoffen verstanden.
4.3 Nichtmechanische Eigenschaften
39
Diese Vermischung kommt durch die Relativbewegung der Ionen, Atome, Moleküle und Kolloidteilchen zustande, wird durch Temperaturunterschiede (Thermodiffusion), Druckunterschiede (Druckdiffusion) oder äußere Feldkräfte hervorgerufen. Die übliche Diffusion führt zum Abbau eines Konzentrationsgefälles, während die anderen Effekte eine Konzentrationsdifferenz aufbauen. Neben Diffusionserscheinungen in Gasen und Flüssigkeiten sind auch solche in Feststoffen bekannt. Von Einfluss auf die Diffusionsgeschwindigkeit sind die Arten des molekularen Transportes (Gasdiffusion, Lösungsdiffusion) und die Molekülgrößen. Wenngleich Kunststoffe gegen den freien Durchtritt von Flüssigkeiten und Gasen undurchlässig sind, so können doch kleine Moleküle zwischen den Polymerketten hindurchwandern. Durchlässigkeitswerte für verschiedene Gase, beispielsweise Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf können gemessen werden. Besonders relevant ist das Diffusionsverhalten etwa bei Dampfsperren, Anstrichen, Beschichtungen, Wärmdämmstoffen. Ebenso bei geschlossenzelligen Schaumstoffen kann sich bei bauphysikalisch ungünstiger Konstruktion infolge Diffusion und Kondensation das Porenvolumen mit Wasser füllen, was zu einer erheblichen Verschlechterung der Dämmeigenschaften führt. Von besonderem Interesse ist die Beurteilung von Kunststoffen hinsichtlich der Diffusion von Wasserdampf und Kohlendioxid. Hierfür werden relative Werte herangezogen, d.h. die Messwerte werden auf die normale Umgebungsluft bezogen. Die (experimentell bestimmte) Diffusionswiderstandszahl µ sagt aus, um welchen Faktor undurchlässiger ein Festkörper ist als Luft unter gleichen Bedingungen. Die durch eine Schicht (Film, Anstrich, Folie, Mörtel) je Zeiteinheit transportierte Gasmenge ist proportional dem Produkt von Diffusionswiderstandszahl und Schichtdicke. sD = µ ◊ s
[sD] = m
Die äquivalente Luftschichtdicke sD ist die Dicke einer hypothetischen Luftschicht, die gegen Kohlendioxid oder Wasserdampf ebenso dicht wäre wie die zu beurteilende Schicht. Wenngleich für den Betonbau in erster Linie die Diffusion von Wasserdampf und Kohlendioxid interessieren, sind weiterhin der Einfluss von Sauerstoff, Schwefeldioxid und die Stahlkorrosion fördernden Ionen wie Chlorid von Interesse. Zu beachten ist bei der Anwendung von Diffusionswiderstandszahlen, dass die Werte wesentlich von der Kunstharzmodifikation (Molekulargewicht, Vernetzungsgrad u.a.), dem Füllgrad des polymeren Bindemittels, den Härtungs-/Reaktionsbedingungen und auch vom Prüfverfahren abhängen. Über die Veränderung von µ-Werten durch unterschiedlichste Alterungsprozesse liegen kaum Erkenntnisse vor. Die rein rechnerische Anwendung von µ-Werten ist aus diesen Gründen umstritten.
40
4 Eigenschaften
Die nachfolgende Tabelle enthält einige Diffusionswiderstandswerte für Kohlendioxid und Wasserdampf. Bei Beschichtungen auf Beton sollen die diffusionsäquivalenten Luftschichtdicken für Kohlendioxid größer sein als 50 m, damit die Beschichtungen als die Karbonatisierung bremsend eingeordnet werden können; die diffusionsäquivalenten Luftschichtdicken für Wasserdampf dagegen sollen kleiner sein als 4 m, dann gilt das System als wasserdampfdiffusionsoffen. Ob ein Material diffusionsoffen ist oder nicht, hängt also nicht nur von der Diffusionswiderstandszahl µ sondern in erheblichem Maße von seiner Schichtdicke ab.
Tab. 4.5: Diffusionswiderstandszahlen (zwischen 100% und 50% relativer Luftfeuchtigkeit) [u.a. WESCHE, SASSE] Stoffsystem
µCO2
µH2O
Kalkputz Kalkzementputz Zementputz Zementputz, kunststoffvergütet Beton C 20/25 C 30/35 C 35/45 Beton C 20/25 ... C 35/45; DIN 1045 Leichter Normalbeton LC 50/55 zementgebundene Spachtelmasse, mit Acryldispersion modifiziert zementgebundene Spachtelmasse, mit 2K-Epoxidharz modifiziert Polymerisatlösung, hoch gefüllt lösungsmittelhaltige Acryl-Silanfarben, pigmentiert lösungsmittelhaltige Acrylharzfarben Polymerisatdispersion, hoch gefüllt Dispersionssilikat, gefüllt Polymerisatdispersion, gefüllt Polymerisatdispersion, pigmentiert, ungefüllt Reinacrylat-Dispersionsfarben, pigmentiert Acrylatlösung, pigmentiert Epoxid-System, gefüllt lösemittelhaltige 2K-Epoxidlacke Hypalonlösung, pigmentiert, ungefüllt Teer-Epoxid, nicht pigmentiert, ungefüllt 1-K-PUR, ungefüllt PUR-Lackfarben, pigmentiert und unpigmentiert
30 70 50…200 1200 150 210 260 200…500 200
10 15 20…40 50 30 75 150 40…70 50
20…1000
50…300
2000…5000 2600 2000…1000000 1000000…8000000 4500 20000 100000 2000000 100000…4000000 2000000 5000000 5000000…>10000000 6000000 11000000 70000000 1000000… > 10000000 1000000…4000000
100000…200000 1000 200…0000 5000…20000 200 200 1500 2000 200…1000 15000 30000 5000…200000 40000 120000 50000 1000…40000
Reaktionsharzmörtel (EP, PMMA, PUR) PE-Folien, Dicke ≥ 0,1 mm PVC-Folien, Dicke ≥ 0,1 mm ECB-Dachbahnen PVC-P-Dachbahnen PIB-Dachbahnen
50000…200000 100000 20000/50000 50000/90000 10000/30000 400000/1750000
4.3 Nichtmechanische Eigenschaften
41
Nachfolgend ein Beispiel zur Ermittlung der diffusionsäquivalenten Luftschichtdicken eines 2-schichtigen Betonanstrichsystems: Kohlendioxid µCO2/sD CO2 Beton s = 1 cm = 0,01 m
Wasserdampf µH2O/sD H2O
µCO2 = 300 µH2O = 100 sD = 300 ◊ 0,01 m = 3 m sD = 100 ◊ 0,01 m = 1 m
Betonanstrichsystem: Zwischenanstrich s = 150 µm = 0,00015 m
µCO2 = 1800000 sD = 1800000 · 0,00015 m = 270 m
µH2O = 800 sD = 800 · 0,00015 = 0,12 m
zwei Deckanstriche s = 170 µm = 0,00017 m
µCO2 = 3000000 sD = 3000000 · 0,00017 m = 510 m sD CO2 = 270 m + 510 m = 780 m
µH2O = 1000 sD = 1000 · 0,00017 m = 0,17 m sD H2O = 0,12 m + 0,17 m = 0,29 m
Bewertung:
sD CO2 > 50 m
sD H2O < 4 m
Anstrich ist karbonatisierungsbremsend
Anstrich ist wasserdampfdiffusionsoffen
Elektrische Eigenschaften Kunststoffe sind hervorragende Isolatoren, sind kriechstromfest und weisen ein günstiges dielektrisches Verhalten auf. Diese Eigenschaften sind für viele Anwendungen im Bereich der Elektrotechnik besonders günstig. Einige Anwendungen in der Bautechnik beruhen ebenfalls auf diesen Eigenschaften, z.B. Radome (Antennenschutzhallen) oder Korrosionsschutzanstriche im Stahlbau. Allerdings neigen Kunststoffoberflächen infolge des hohen Isolationswiderstandes zur elektrostatischen Aufladung. Durch mechanische Reibung auf der Oberfläche entstandene Ladungen können sich nicht durch Stromfluss im Körperinnern ausgleichen, was zu einer spontanen Entladung durch Funkenüberschlag zu einem anderen Festkörper führen kann. Unfallgefahren durch Zündung explosionsgefährdeter Atmosphären (Gase, Dämpfe, Stäube), z.B. in Lackierereien, Chemiebetrieben oder -labors, Getreidemühlen, Bergwerken, Operationssälen u.a. sind die Folge. Ebenso können empfindliche elektrische und elektronische Geräte durch die sehr hohen Spannungsdifferenzen in ihrer Funktion gestört werden. Bei Oberflächenswiderständen unterhalb von 1010 Ohm finden kaum noch Aufladungen statt. Daher sollten in kritischen Anwendungsbereichen
42
4 Eigenschaften
Tab. 4.6: Grenzwerte der Ableitwiderstände für einige Anwendungsbereiche [ETTEL] Anwendungsbereich
Mindestwert (W )
Höchstwert (W )
Lösungsmittel-Lager Lager für verpackte Sprengstoffe Lager für offene Sprengstoffe Elektronikindustrie Operationsräume
104 104 104 104 5 · 104
108 108 106 107 107
Tab. 4.7: Elektrische Widerstandswerte ausgewählter Bodenbeläge [ETTEL] Bodenbelag
Ableitwiderstand (W )
PVC-Bahn PVC leitfähig Linoleum Gummibelag, leitfähig Reaktionsharz-Spachtelbeläge UP-Beschichtungen, glasfaserverstärkt Reaktionsharz-Spachtelbeläge, leitfähig UP-Beschichtungen, glasfaserverstärkt, antistatisch säurebeständige Steine und Platten keramische Spaltplatten, leitfähig Asphalt Normalbeton, Dicke 3 cm
109…1011 104…105 108…1012 104…06 108…09 1012…1014 104…106 108…010 109…1012 105…106 1012 107
nur kunstharzgebundene Anstriche oder Estriche verwendet werden, deren Oberflächen- und Durchgangswiderstände durch Füllen mit leitfähigen Materialien (z.B. Graphit, Kohlenstofffasern) auf unkritische Werte reduziert wurden.
4.4 Alterung Die DIN 50 035 definiert die Alterung als „Gesamtheit aller im Laufe der Zeit in einem Material irreversibel ablaufenden chemischen und physikalischen Vorgänge“. Bei den Baustoffen interessiert in erster Linie die Verschlechterung mechanischer Eigenschaften, welche durch die Auswirkungen einer atmosphärischen Außenbewitterung hervorgerufen wird; von Bedeutung sind aber auch Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes wie Verfärbungen, Glanzänderungen, optische Trübungen usw. Ursachen Es ist durchaus sinnvoll zwischen inneren und äußeren Ursachen der Alterung zu unterscheiden.
4.4 Alterung
43
Zu den inneren Ursachen der Eigenschaftsänderungen zählen ◆ unvollständige Polymerisation, Polykondensation oder Polyaddition bei Verarbeitungs- und Anwendungsfehlern, z.B. falsche Mischungszusammensetzung, unzulässige Witterungseinflüsse, vorzeitige und/oder unzulässige chemische Beanspruchung, ◆ Eigenspannungen, z.B. Abkühlungsverformungen bei der Herstellung oder „eingefrorene“ molekulare Orientierungen, große Erwärmung bei der Aushärtung, unzulässige Bauteildicken, ◆ niedermolekulare Beimengungen, z.B. Flammschutzmittel und Weichmacher. Innerhalb der gleichen Kunststoffart können diese Parameter erhebliche Unterschiede in der Beständigkeit gegen diverse Alterungsparameter hervorrufen. Äußere Ursachen der Alterung bestehen im Wesentlichen in einer Energiezufuhr in das molekulare Gefüge. Die Bindungsmechanismen im Makromolekül können durch Infrarotstrahlung (Wärme), Ultraviolettstrahlung oder ionisierende Strahlung verändert werden, z.B. durch Kettenspaltung oder Vernetzungsreaktionen. Im Bauwesen ist das Sonnenlicht mit einem wirksamen UVAnteil im Bereich von 280 bis 400 nm Wellenlänge die wichtigste Einflussgröße ebenso der Anteil an IR-Strahlung. Die täglichen und jahreszeitlich bedingten Temperaturwechsel (vor allem plötzliche Abkühlung durch Regen) führen zu Spannungen im Bauteilquerschnitt und zwischen Strukturbestandteilen, die beträchtliche Größen annehmen können und in Wechselwirkung mit der UV-Strahlung und anderen Parametern das Alterungsverhalten beeinflussen. Zugbelastungen unter Bewitterung beschleunigen oder ermöglichen erst bei zahlreichen Kunststoffen zerstörende Alterungsprozesse. Da die Alterung für die Einschätzung der Zuverlässigkeit und der Gebrauchstauglichkeit von Kunststofferzeugnissen bedeutsam ist, müssen die Aspekte der Alterung immer berücksichtigt werden. Einerseits ist die Alterung von Kunststoffen nicht nur auf eine einzige Ursache zurückzuführen. Andererseits ergeben sich die alterungsbedingten Veränderungen der Materialeigenschaften nicht einfach aus der Summe der Einzelwirkungen. Es können beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen synergistische und antagonistische Effekte auftreten, welche bis heute noch nicht umfassend erkannt sind. Die Prüfung von Kunststoffen auf Alterung unter natürlichen und künstlichen Umgebungsbedingungen erfolgt nach allgemein anerkannten Prüfvorschriften oder unter praxisrelevanten Lagerungsbedingungen. Ebenso kann die Prüfung auf Alterungsbeständigkeit als echte Gebrauchstauglichkeitsprüfung unter den entsprechenden Anwendungsbedingungen oder als Funktionsprüfung nach festgelegten Prüfbedingungen erfolgen.
44
4 Eigenschaften
Mechanismen Durch Zufuhr von Energie bei der Bewitterung (Strahlung, Temperatur) kann es bei nicht völlig ausgehärteten Kunststoffen, vor allem bei den mehrkomponentigen Reaktionsharzen, zu nachträglichen Vernetzungen kommen, die sich in der Regel in einer Erhöhung der mechanischen Eigenschaften und der chemischen Widerstandsfähigkeit ausdrücken. Allerdings kann eine so erzielte Festigkeit, was meist mit einem Verlust der Flexibilität verbunden ist, durchaus auch unerwünscht sein. Durch gezielte Temperprozesse ausgelöst, können nachteilige Alterungsvorgänge anfänglich ausgeglichen oder überdeckt werden, was bei Alterungsprüfungen zu beachten ist. Eine Spaltung von Makromolekülen in Bruchstücke unterschiedlichster Art führt zu einer Reduzierung des mittleren Molekulargewichtes und zu diversen Eigenschaftsänderungen. Werden durch die Einwirkung energiereichen kurzwelligen Lichtes Hauptvalenzbindungen aufgebrochen, sodass die langen Kettenmoleküle in kürzere Teile aufgespalten werden, wird dies als Photolyse bezeichnet. Dabei treten äußerlich sichtbare Verfärbungen und eine Glanzverringerung auf. Unter Photooxidation wird eine Photolyse unter Mitwirkung des natürlichen Luftsauerstoffs verstanden. Dieser Prozess findet unter normaler Sonneneinstrahlung statt, bei der ein Teil der energiereichen UV-Strahlung durch Luftbestandteile gefiltert wird. Eine besondere Art der Photooxidation stellt die Autoxidation dar. Dieser autokatalytische Vorgang wird durch Energiezufuhr lediglich angeregt. Der Ablauf erfolgt durch Sauerstoffeinwirkung, der zum Abbau der Makromoleküle führt, im Sinne einer Kettenreaktion. Unter bestimmten Bedingungen kommt es zum Abbruch der autokatalytischen Reaktion. Das bedeutet, dass die technisch wichtigen Eigenschaften nicht wie bei der Photolyse gegen Null abfallen müssen. Für die Baupraxis und die Versuchstechnik liegt die Schwierigkeit vor, dass der Vorgang längere Zeiträume (z.T. Jahre) unmerklich verläuft und sich dann erst beschleunigt. Nachkristallisationen, Agglomerationen niedermolekularer Anteile, Weichmacherverluste und Erosion durch mechanische Vorgänge gehören zu den physikalischen Alterungsvorgängen. Eigenschaftsänderungen Die Folgen der chemischen und physikalischen Änderungen der Polymere durch Witterungseinflüsse sind i.d.R. nachteilige Beeinflussungen der bautechnisch wichtigen Eigenschaften, dazu gehören Versprödung und Farbänderungen. Die Gebrauchseigenschaften der Kunststoffe werden durch eine Bewitterung häufig so stark verändert, dass während der Nutzung nach Jahren ein Versagen auftreten kann. Die verschiedenen Faktoren der Alterung überlagern sich gegenseitig. Aufgrund der sehr komplexen Zusammenhänge zwi-
4.4 Alterung
45
Abb. 4.29: Prinzipielle Darstellung der Änderung von Materialeigenschaften eines Kunststoffes durch Alterungseinflüsse
Abb. 4.30: Prinzipielle Darstellung der Änderung von Materialeigenschaften verschiedener Kunststoffe durch Alterungseinflüsse
schen den Ursachen der Alterungsvorgänge und den resultierenden physikalisch-chemischen Vorgängen haben die zeitabhängigen Alterungsfunktionen je nach betrachteter Eigenschaft (Festigkeit, elastische oder plastische Verformung, Zähigkeit, nichtmechanische Eigenschaften) ein qualitativ und quantitativ unterschiedliches Ergebnis, was auch für die einzelnen Kunststofftypen und ihre Modifikationen gilt. Wegen der geringen Eindringtiefe von UV-Strahlen in nicht transparente Kunststoffe ändern sich die bautechnisch wichtigen Eigenschaften häufig nicht, wenngleich Verfärbungen nicht auszuschließen sind. Kommt allerdings noch Erosion beispielsweise durch Wind, Regen und Nutzungsbeanspruchungen hinzu, ist ein Verlust der Nutzungseigenschaften nicht auszuschließen (z.B. PUR-Ortsschaum), da die oberflächennahe Schicht permanent abgetragen bzw. beansprucht wird. Bei transparenten Kunststoffen kann eine Oberflächenalterung die Wirksamkeit geringfügig bis deutlich (in Abhängigkeit von der Eindringtiefe) verschlechtern. Die Lebensdauer von Anstrichen hängt im wesentlichen von der Alterungsbeständigkeit des Bindemittels ab. Wichtige Effekte sind dabei Farb-
46
4 Eigenschaften
Abb. 4.31: Schematische Darstellung der Einwirkung von Strahlung in deckende, lasierende sowie transparente Anstriche und Beschichtungen
änderungen, Glanzverlust, Zunahme der Rauheit, Verlust der Lichtdurchlässigkeit, Versprödung und Abwitterung (Kreiden). Wegen der Vielfalt der Einfluss- und Zielgrößen ist es nicht möglich, für die einzelnen Kunststoffe eine Alterungsbeständigkeit anzugeben. Für viele Anwendungen sind spezifische Prüfungen durchzuführen. Die nachfolgende Tabelle hat orientierenden Charakter zur Alterungsbeständigkeit verschiedener Kunststoffe.
Tab. 4.8: Beständigkeit von Kunststoffen gegen energiereiche Strahlung bei 20°C [SAECHTLING]
a b
Kunststoffe
Bestrahlung unter Sauerstoffausschluss
Bestrahlung in Luft
Thermoplastea
Abbau – A GasHalbwertsVernetzung – V entwicklung dosis (mm3/kg ◊ Gy) (k ◊ Gy)
Halbwertsdosis bei 500 Gy/h (k ◊ Gy)
Halbwertsdosis bei 50 Gy/h (k ◊ Gy)
PE-LD PE-HD PP PS Hart-PVC Weich-PVC PMMA PA
V V V V V V A V
180 25–95 10–25 590
130 10–40 6–15 560
85
47
Duroplasteb
Typ
UP 15% Glasfaser + 56% anorganische Füllstoffe
L1405
7 6 0,05 10–30 3 2
400–1300 60–300 30 10000 9000 2000 200 140–430
bei 13 Gy/h > 30000
> 1000
EP, ungefüllt
25000
EP, 50% Aluminiumoxid
50000
Reißdehnung. Biegezugfestigkeit.
4.5 Brandverhalten
47
Tab. 4.9: Vergleich der Beständigkeit verschiedener Kunststoffe (nicht stabilisiert und stabilisiert) [WESCHE] Kunststoff
Beständigkeit nicht stabilisiert
stabilisiert
Polyethylen weich (LDPE) Polyethylen hart (HDPE) Polypropylen (PP) Polytetrafluorethylen (PTFE) Polyvinylchlorid hart (PVC-hart) Polyvinylchlorid weich (PVC-weich) Polymethylmethacrylat (PMMA) Polyurethan (PUR) Polycarbonat (PC) Epoxidharze (EP) Polyester, glasfaserverstärkt (U)
3 3 3 1 2 3 1 3 2 2 1–2
1–2 1–2 2 – 1–2 2 – – – – –
Naturkautschuk (NR) Polychloroprenkautschuk (CR) Polysulfidkautschuk (SR) Silikonkautschuk (Si) Acrylatkautschuk Ethylen-Propylen-Kautschuk (EPDM) Chlorsulfoniertes Polyethylen
2–3 2 2 1–2 1 1–2 1
– – – – – – –
Beständigkeitsgrade: 1 ∫ sehr gut beständig; 2 ∫ durchschnittlich beständig; 3 ∫ schlecht beständig.
Erhöhung der Alterungsbeständigkeit Zur Verbesserung der Alterungsbeständigkeit werden den für eine Witterungsbeanspruchung vorgesehenen Polymeren in geringen Mengen bestimmte niedermolekulare Stoffe, die gezielt als Wärme-, Licht- oder UV-Stabilisatoren wirken, zugesetzt. Diese werden als Antioxidantien, Antiozonantien, Alterungsschutzmittel usw. bezeichnet. Eine besondere Gruppe stellen die Inhibitoren dar, welche die chemischen Reaktionen (beispielsweise die Autoxidation – Autokatalyse) hemmen oder unterbinden. Damit kann nur eine Verlängerung der Induktionsperiode erreicht werden und keine absolute Beständigkeit gegen Alterung.
4.5 Brandverhalten Unter dem Brandverhalten von Kunststoffen werden alle physikalischen und chemischen Veränderungen verstanden, wenn Kunststoffteile dem Feuer ausgesetzt sind und unkontrolliert brennen. Werden Kunststoffteile hingegen einer kontrollierten Beflammung ausgesetzt, dann wird dies als Brennverhalten bezeichnet.
48
4 Eigenschaften
Als Entflammbarkeit eines Kunststoffes wird seine Fähigkeit bezeichnet, unter festgelegten Prüfbedingungen unter Einwirkung einer Flamme zu brennen. Unter Entzündbarkeit wird die Eigenschaft von Stoffen bezeichnet, unter festgelegten Prüfbedingungen entzündet werden zu können. Polyolefine wie Polyethylen PE und Polypropylen PP unterhalten eine einmal gestartete Verbrennung von selbst, während Polycarbonate und insbesondere Polymere mit höherem Halogengehalt wie PVC und PTFE selbstverlöschend sind. Die Fähigkeit von ungefüllten Kunststoffen zu brennen bedingt, dass im Bauwesen besondere Vorschriften für den Brandschutz bestehen. Erhitzen sich Kunststoffe über die Zersetzungstemperatur hinaus, spalten sich niedermolekulare gasförmige Bruchstücke der Makromoleküle ab. Diese bilden in der Regel mit dem Luftsauerstoff entflammbare Gemische. Welche Bruchstücke aus den Makromolekülen entstehen, hängt von der Temperatur, der Dauer der Temperatureinwirkung und von der Zusammensetzung der Gasphase ab. Ebenso hängt die Brandgefahr sehr komplex von der Wanddicke und der Gestalt, der Anzahl und Anordnung brennbarer Gegenstände und anderen Gebrauchsumständen ab. Das Brandverhalten eines Stoffes ist ein vielschichtiger Begriff, welcher für die bauliche Sicherheit wesentliche Größen umfasst: ◆ Entflammbarkeit, ◆ Fähigkeit zur Hitzeentwicklung, ◆ Beitrag zur Hitzeentwicklung, ◆ Rauchentwicklung, ◆ Entwicklung toxischer Brandgase. Das stoffliche Brandverhalten wird von der chemischen Struktur der Polymere und von niedermolekularen Additiven sowie anorganischen Füll- und Verstärkungsstoffen bestimmt. Die von einem Brand ausgehenden Gefahren umfassen: ◆ Rauchbildung (Sichtbehinderung in Fluchtwegen und für die Feuerwehr, Panikwirkung, Erstickungsgefahr); weitaus wichtigste Gefahr! ◆ Hitzewirkung (Verbrennungsgefahr, Einsturzgefahr), ◆ Entwicklung toxischer Brandgase (Vergiftungsgefahr). Die Baustoffe werden eingeteilt in nicht brennbare Stoffe (Klasse A) und brennbare Stoffe (Klasse B). Für die unterschiedlichsten Bauteile wird gefordert, dass die Baustoffe der Klasse A angehören, beispielsweise für tragende und aussteifende Querschnittsteile, Dächer und Fassaden bei Hochhäusern, Lüftungskanäle. Kunststoffe können in diese Klasse nur dann eingeordnet werden, wenn sie auf das Volumen bezogen einen sehr hohen Anteil an anorganischen Füll- oder Verstärkungsstoffen aufweisen, wie dies bei Kunstharzmörteln und Anstrichen durchaus realisiert werden kann.
4.5 Brandverhalten
49
Unbrennbare Polymere, wie sie u.a. in der Raumfahrt und speziellen Anwendungen im Maschinenbau und in der Elektrotechnik angewendet werden, sind aus Verarbeitungs- und Kostengründen im Bauwesen derzeitig nicht anwendbar. Die brennbaren Baustoffe werden in drei Untergruppen gegliedert: ◆ Klasse B1: schwer entflammbar, ◆ Klasse B2: normal entflammbar, ◆ Klasse B3: leicht entflammbar. Im eingebauten Zustand leicht entflammbare Stoffe dürfen in Deutschland nicht genutzt werden. Unter Anwendung der DIN 4102 gelten bei Einhaltung von Mindestdicken ohne Nachweis als schwer entflammbar: ◆ PVC hart (Rohre und Formstücke) und als normal entflammbar: ◆ PE, ◆ GF-UP, ◆ PMMA, ◆ sowie die gängigen Hartschaumstoffe. Alle nicht in DIN 4102 Teil 4 aufgeführten Baustoffe der Klassen A, B1 und B2 müssen bauaufsichtliche Prüfbescheide besitzen. Die im Betonbau verwendeten Kunstharze leisten wegen ihrer Einbaubedingungen bzw. ihres geringen Anteils in überwiegend anorganischen Stoffsystemen keinen Beitrag zur Flammausbreitung und einen völlig untergeordneten zur Hitzeentwicklung. Durch den Zusatz von Flammschutzmitteln kann die Brennbarkeit von Kunststoffen merklich reduziert werden. Flammschutzmittel machen Kunststoffe flammfest, indem sie die Entflammung verhindern, die Entzündung behindern und die Verbrennung erschweren. Dies kann auf physikalischen oder chemischen Prozessen beruhen. Die Zusätze bewirken: ◆ Kühlung z.B. durch Verdampfen von Aluminiumhydroxid, ◆ Schutzschichtbildung aus unbrennbaren Gasen, die den Sauerstoffzutritt und die Wärmeübertragung behindern z.B. Halogene, ◆ Verdünnung der zündfähigen Masse durch anorganische Füllstoffe, ◆ Absättigung der bei der Zersetzung entstehenden brennbaren Radikale, dadurch Verhinderung der exothermen Oxidation, ◆ Ausbildung einer Kohleschicht auf der Oberfläche, die wärmedämmend wirkt und den Luftzutritt behindert. Zum Erzielen des flammwidrigen Verhaltens werden Polymeren bereits bei der Herstellung Flammschutzmittel zugefügt, wobei diese Additive mit den
50
4 Eigenschaften
Abb. 4.32: Rauchdichte verschiedener Hartschaumstoffe, ermittelt im Normversuch
sonstigen Eigenschaften des Kunststoffes (Härtung, optische und toxikologische Eigenschaften) harmonieren müssen. Neben der Möglichkeit, dass Flammschutzmittel infolge Diffusion „ausschwitzen“ können, muss zudem berücksichtigt werden, dass sich die meisten Flammschutzmittel negativ auf die mechanischen und teilweise auch auf die nichtmechanischen Eigenschaften auswirken können. Eine geforderte Brandsicherheit kann u.U. nur mit geringerer Festigkeit und verschlechtertem Alterungsverhalten des Kunststoffes realisiert werden. Neben Kohlendioxid und Wasser enthalten die Verbrennungsprodukte (Rauchgase) bei Kunststoffbränden, vor allem bei Schwelbränden (unzureichendes Sauerstoffangebot, geringe Temperatur), giftiges Kohlenmonoxid und je nach Kunststoffart und Brandverlauf auch andere toxisch wirkende Gase und zahlreiche unvorhersehbare Polymerbruchstücke. Die Analyse von Brandgasen stellt auch in der heutigen Zeit, trotz herausragender Analysentechniken, ein nahezu unüberwindliches Problem dar. Die für Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen im Betonbau eingesetzten Kunstharze enthalten keine korrosionsfördernden Mengen an Chlor. Vorsicht ist dagegen bei der Verwendung von PVC-Anstrichen und Polychloropren-Abdichtungen geboten, welche im Brandfall die aggressiven Gase Chlor und Chlorwasserstoff freisetzen.
4.6 Eigenschaften und Anwendungen einiger bautechnisch wichtiger Kunststoffe In den nachfolgenden Tabellen sind Eigenschaften und Anwendungen wichtiger Baukunststoffe zusammengestellt.
c
b
a
hart Schaum
hart Schaum
hart weich
ohne mechanische Beanspruchung. unverstärkt. Pressmasse.
Si MF PFc
PTFE PA UPb EPb) PUR
PMMA PS
PP PIB PVC
940…970 910…930 910 930 1390 1200…1390 1200 1060 15…65 2200 1100 1200 13,0 1200 32…300 1250 1500…2000 1400…2000
PE
hart weich
Dichte kg/m3
KunststoffKurzbezeichnung
100…120 85 130 60…120 60 55 75 50…70 70…90 250 80 bis 120 bis 200 100 80…120 200 100 100…150
max. Gebrauchstemperatur a °C
Tabelle 4.10: Kennwerte einiger wichtiger Baukunststoffe Wärmeleitzahl W/m K Zugfestigkeit N/mm2
30,0 – – – 80,0 – 120,0 100,0 0,08…0,05 – – 120…190 90,0…17,0 – 1,2…7,0 –
Druckfestigkeit N/mm2
Richtwerte bei Raumtemperatur
– 0,419 25,0 200 0,326 11,0 160 0,157 34,0 Folien mit gummi-elastischem Verhalten 80 0,157 45,0…60,0 200 0,163…0,233 13,0…30,0 80 0,174 74,0 70 0,203 55,0 – 0,031 0,2…1,3 70…180 0,233 13,0…27,0 90 0,302 35,0…75,0 140 0,163 40,0…80,0 75 – 40,0…80,0 160 0,35 20,0…56,0 – 0,026…0,037 0,2…2,0 – – 1,5 55 0,465 15,0…55,0 15…50 0,523 15,0…45,0
Wärmedehnzahl ∑10-6 1/K
3000 30 3000 3200 – 400 2000 4000 4000 900 – – 5000…2000 4000…15000
1000 200 1400
E-Modul N/mm2
4.6 Eigenschaften und Anwendungen einiger bautechnisch wichtiger Kunststoffe 51
52
4 Eigenschaften
Tab. 4.11: Anwendungen bautechnisch wichtiger Kunststoffe Kunststoffgruppe
Herstellung durch
Kunststoff
Thermoplaste
Polymerisation
Polyethylen
hart weich
Polypropylen Polyisobutylen Polyvinylchlorid hart weich Polymethylmethacrylat Polyvinylacetat
b
PE
Trinkwasserrohre Wetterschutzfolien relativ temperaturstabile Formteile Folien, Dichtungsbahnen Rohre, Profile Bodenbeläge, Folien, Schaumstoff Lichtwände, -decken, -kuppeln, Fassadenteile, Anstriche und Imprägnierungen, Kleber Dispersionen, Bindemittel für Spachtelmassen, Anstrichmittel, Klebstoffe Schaumstoff Gleitlager, Dichtungsmaterial Formstücke für Armaturen, Beschläge, Fasern Bindemittel für Estrich und Beschichtungsmassen, Klebstoffe, Schaumstoffe
PP PIB PVC PMMA
PVAC
PS PTFE
Polyaddition
PUR
Polyurethan
Alkyl-Polysulfid Polymerisation Polychlorbutadien
CR
Polykondensation
UF
Aminoplaste Harnstoff-Formaldehydharze Melaminharze
Fugenabdichtungen, Beschichtungen, Auskleidungen Auflager, Fugenabdichtungen, Dichtungsbahnen Bindemittel für Pressmassen und Holzwerkstoffe, Holzleime,
MF
Schaumstoffe. Dekorationsplatten
Phenolharze P F ungesättigte Polyestera UP
Schaumstoffe, Wandbekleidungen Bindemittel für Rektionsharzbeton und -estrich, Kleber, Imprägnierungen, Harz für GFK wie UP Silikonharze: Imprägnierungen, Lacke, Anstriche, Silikonkautschuk: Dichtungen Silikonöl: Imprägnierungen
Epoxidharzb Silikone
a
Anwendungsbeispiele
Polyaddition + Polystyren PolykondenPolytetrafluorethylen sation Polyamide PA
Elastomere
Duroplaste
Kurzbezeichnung
EP SI
2-K-Harz: Aushärtung durch vernetzende Polymerisation. 2-K-Harz: Aushärtung durch Polyaddition.
4.7 Literatur
53
Kunststoffe haben zwischenzeitlich im Betonbau ein großes Anwendungsgebiet erlangt, wie aus nachfolgender Tabelle ersichtlich ist. Tab. 4.12: Anwendungsgebiete für Kunststoffe im Betonbau Schutz vor Oberflächen (allgemein) – Imprägnieren – Versiegeln – Beschichten (Oberflächenschutzbeschichtung, rissüberbrückende Beschichtungen, Mörtel) – Abdichtungen (Wasserbauwerke, Brücken, Schornsteine) Instandsetzungen (unterschiedliche Zwecke, Baustoffe und Verfahren) – Ausbessern örtlicher Schäden – Ersatz von Konstruktionsbeton – Verpressen von Rissen – Schließen, Abdichten von Rissen (starr, dehnfähig) Verstärken – Querschnittsergänzungen – Verkleben (Bewehrungsbleche) – EP-geschützte Bewehrungsstähle – GFK-Bewehrungen Kleber, z.B. für Segmentbauart Haftbrücken (Alt-Neubetron, Beton-Kunstharzmörtel)
4.7 Literatur ETTEL, W.-P.; DIECKE, W.; WOLF, H.-D. Bautenschutztaschenbuch, Verlag für Bauwesen Berlin und München, 1992 DOLEZEL, B.; VON MEYSENBURG, C.-M. Die Beständigkeit von Kunststoffen und Gummi, Carl Hanser Verlag München Wien, 1978 ENGELFRIED, R. Diffusionswiderstandszahlen für Kohlendioxid und Wasser und deren praktische Anwendung, in: Farbe und Lack, 89. Jg., 7, 1983, S. 513–518 HIMMLER, K. Kunststoffe im Bauwesen, Werner Verlag Düsseldorf, 1981 KLOPFER, H. Imprägnierungen, Anstriche und Beschichtungen für Beton, Sonderdruck aus: Zement Taschenbuch, Bauverlag Wiesbaden – Berlin, 48. Ausgabe MENGES, G. Werkstoffkunde Kunststoffe, Heyne Verlag München, 5. Auflage, 2004 SAECHTLING, H. Kunststoff-Taschenbuch, Carl Hanser Verlag München Wien, 29. Ausgabe, 2004 SASSE, H. R. Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen unter Verwendung von Kunststoffen, Sachstandsbericht, Beuth Verlag GmbH Berlin und Köln, 1994 SCHMIEDEL, H. Handbuch der Kunststoffprüfung, Carl Hanser Verlag München, 1992
54
4 Eigenschaften
SCHOLZ, W. Baustoffkenntnis. Werner-Verlag GmbH Düsseldorf, 15. Auflage, 2003 TROITZSCH, J. Brandverhalten von Kunststoffen. Carl Hanser Verlag München, 1981 WESCHE, K. Baustoffe für tragende Bauteile, Bd. 4: Holz, Kunststoffe. Bauverlag GmbH Wiesbaden und Berlin, 3. Auflage, 1996 Normen und Richtlinien DIN 1045 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton DIN 4102 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen DIN 50035 Begriffe auf dem Gebiet der Alterung von Materialien DIN 53424 Prüfung von harten Schaumstoffen; Bestimmung der Formbeständigkeit in der Wärme bei Biegebeanspruchung und bei Druckbeanspruchung DIN 53446 Prüfung von Kunststoffen; Verhalten bei Temperatureinwirkung DIN 53461 Prüfung von Kunststoffen; Bestimmung der Formbeständigkeitstemperatur DIN 53462 Prüfung von Kunststoffen; Bestimmung der Formbeständigkeit in der Wärme nach MARTENS DIN 53473 Prüfung von Kunststoffen; Bestimmung der Wasseraufnahme nach Lagerung an feuchter Luft DIN EN ISO 75 Kunststoffe – Bestimmung der Formbeständigkeitstemperatur DIN EN ISO 306 Kunststoffe – Thermoplaste – Bestimmung der Vicat-Erweichungstemperatur (VST)
5 Lieferformen
Hinsichtlich der Lieferform kann unterschieden werden ◆ nach den Kunststoffen, die als Reaktionsharze vor Ort die chemische Reaktion (Aushärtung) durchlaufen und ◆ nach fertigen Kunststoffen, die im Chemiewerk hergestellt werden. „Vor Ort“-Kunststoffe „Vor Ort“ entstehen die Kunststoffprodukte durch chemische Reaktion zweier oder mehrerer Komponenten, der Reaktionsharzkomponente und der Reaktionsmittelkomponente. Unter Betrachtung der chemischen Härtungsreaktion wird differenziert zwischen ◆ Polymerisationsharzen, die erste Komponente bildet das flüssige Momomer, welches durch die zweite, den Initiator, zur Polymerisation angeregt wird und ◆ Polyadditionsharzen, hier reagieren zwei verschiedene Monomertypen. Die Reaktionsprodukte dieser Harze sind nahezu ausschließlich Duromere und Elastomere, welche im Bauwesen als Binde- und Klebemittel sowie Fugen-, Oberflächenschutz- und Rissverfüllmaterial dienen. Von besonderer Bedeutung sind im Bauwesen Polyesterharze (UP), Polymethylmethacrylatharze (PMMA), Epoxidharze (EP) und Polyurethanharze (PUR). „Fabrik“-Kunststoffe Diese Kunststoffe können eingeteilt werden ◆ in feste Kunststofferzeugnisse, wie Halbzeuge (z.B. Folien, Profile) und Formteile (z.B. Fensterbänke)
56
5 Lieferformen
und ◆ in Dispersionen und Lösungen. In der Dispersion liegen thermoplastische Polymere entweder in Form von kleinen kugelförmigen plastischen Tröpfchen vor (Emulsion) oder in Form von kleinen festen Teilchen (Suspension). Die Erhärtung erfolgt vor Ort durch physikalische Trocknung bei Verdunsten oder Aufsaugen des Verteilungs- bzw. Dispersionsmittel. Eine Ausnahme stellen die wasseremulgierbaren EP-Systeme dar, deren Härtung sowohl chemischer als auch physikalischer Natur ist. Zwischen den Polymerpartikeln wirken Kohäsionskräfte. Die Dispersionen und Lösungen dienen im Bauwesen zur „Modifizierung“ von Zementmörteln und -betonen sowie für Oberflächenschutzmaßnahmen. In den nachfolgenden Abschnitten wird auf die Reaktionsharze sowie auf die Dispersionen und Lösungen näher eingegangen.
6 Reaktionsharze
6.1 Begriffe Die DIN 16 945 „Reaktionsharze, Reaktionsmittel und Reaktionsharzmassen“ definiert: „Reaktionsharze sind flüssige oder verflüssigbare Harze, die für sich oder mit Reaktionsmitteln (Härter, Beschleuniger u.a.) ohne Abspaltung flüchtiger Komponenten durch Polyaddition bzw. Polymerisation härten. Anmerkung: Man spricht bei diesen Reaktionsharzen auch z.B. von Gießharzen, Laminierharzen, Imprägnierharzen, Tränkharzen, Träufelharzen.“ Für die Anwendung vor Ort kommen nur solche Harze in Betracht, die bei der chemischen Härtung keine Nebenprodukte abspalten. Jegliche Art von Nebenprodukten würde zu Einbußen in den kohäsiven Materialeigenschaften oder im Verbund zu anderen Werkstoffen führen, da sie unter den üblichen Verarbeitungsbedingungen nicht oder nicht kontrolliert abgeleitet werden könnten.
6.2 Polymerisationsharze Zu den Polymerisationsharzen gehören die Polyester und die Methacrylatharze. Ungesättigte Polyester (UP) Die Herstellung bzw. Härtung erfolgt in zwei Stufen: 1. Durch Polykondensation (Veresterung) wird das eigentliche, ungesättigte Polyester (Grundharz), welches durch –C=C– Doppelbindungen charakterisiert ist, aus Diolen und Dicarbonsäuren hergestellt. 2. UP wird bei der Copolymerisation von ungesättigtem Polyester mit Styren (alt: Styrol) räumlich vernetzt und dadurch ausgehärtet. In der nachfolgenden Abbildung ist die chemische Reaktion zwischen dem ungesättigten Harz und Styren prinzipiell dargestellt.
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6 Reaktionsharze
Abb. 6.1: Prinzipielle Darstellung der Härtungsreaktion der UP
Die UP-Ausgangskomponente besitzt einen einprägsamen süßlichen Geruch. Die Dämpfe können die Haut und die Atemwege schmerzhaft reizen. Wie bei den anderen Reaktionsharzen auch muss bei der Verarbeitung auf eine gute Lüftung bzw. die Anwendung entsprechender Arbeitsschutzausrüstung geachtet werden. Diese –C=C-Doppelbindungen werden als ungesättigt bezeichnet, weil sie unter bestimmten Bedingungen noch reaktionsfähig, also noch nicht „gesättigt“ sind. Infolge des „Öffnens“ der Doppelbindungen kommt es zur Vernetzung der Polyestermoleküle mit Styren. Der Vernetzungsvorgang wird durch die Zugabe von monomerem Styren erleichtert, in welchem die ungesättigten Polyestermoleküle zunächst gelöst sind. Dies erscheint widersinnig, aber für den Ablauf der Reaktion in einer akzeptablen Zeitspanne ist die Zugabe von Initiatoren und Beschleunigern unumgänglich. Die Polymerisation vor Ort wird durch die Zugabe eines Initiators als sogenannte Härterkomponente angeregt. Als Initiatoren eignen sich am besten Peroxide. Damit der Initiator in die für die Reaktion notwendigen Radikale zerfällt, welche die Polymerisation einleiten, muss er angeregt werden. Die Anregung oder Beschleunigung wird z.B. von organischen Metallverbindungen (Aktivatoren) hervorgerufen. Die Verarbeitungseigenschaften, die Härtungsgeschwindigkeit und teilweise die Eigenschaften des erhärteten Kunststoffes (z.B. die Farbechtheit) hängen von der Auswahl des Initiators ab. Die Verarbeitungszeit kann in Abhängigkeit von der gewählten InititatorBeschleuniger-Kombination und -Menge zwischen ca. 1 Minute und ca. 2 Stunden variiert werden. Dies hat für die Verarbeitung und Anwendung solcher Systeme erhebliche Vorteile. In Abhängigkeit von der Wahl der Ausgangskomponenten können bei Raumtemperatur weiche Polymerisate oder relativ wärmestandfeste Polymere entstehen. Ungesättigte Polyester werden in mindestens zwei Komponenten geliefert, wobei eine den Initiator und die andere den Beschleuniger/Aktivator enthält. Treffen durch das Vermischen beide Komponenten aufeinander, so startet die Polymerisationsreaktion, welche dann nicht mehr unterbrochen werden kann.
6.2 Polymerisationsharze
59
Tab. 6.1: Kalthärtungssysteme für Polyesterharze [SASSE] Initiator
Beschleuniger
Eigenschaften
Benzoylperoxid (Bp) preisgünstig und relativ gefahrenlos zu handhaben
Aromatische Amine: Dimethyl-p-toluidin (DMpT) Dimethylanilin (DMA) und Diethylanilin (DEA) – gelblich
Verarbeitungszeiten in der Reihenfolge DMpT, DMA, DEA; schnelle Aushärtung verbunden mit hoher Erwärmung; Aushärtung bis herab zu Temperaturen von ±0°C bei DMpT (bis –20°C bei Sondertypen); wenig empfindlich gegen geringe Feuchtigkeit bei der Verarbeitung (nicht völlig trockene Zuschläge); gelblicher Farbton und Vergilbung bei Bewitterung;
Ketonperoxide: Kobaltnaphthenat oder Cyclohexanonperoxid (CHP) -oktoat (blauviolette Farbe) Methylethylketonperoxid (MEKP) Acethylacetonperoxid (AAP)
Kobaltbeschleuniger plus Aminbeschleuniger (DMA)
nur kurze Verarbeitungszeiten bei AAP; langsame Aushärtung bei CHP und MEKP; minimale Härtungstemperaturen; empfindlich gegen Feuchtigkeit bei der Verarbeitung; fast farblos, kaum Verfärbung bei Bewitterung; schnell reagierendes System für kontinuierliche Misch- und Dosierungsanlagen; Entformzeiten unter 10 Minuten
Abb. 6.2: Festigkeitsentwicklung von UP-Mörteln in Abhängigkeit von der Menge an Initiator und Beschleuniger; Beispiel: Cyclohexanonperoxid und Kobaltbeschleuniger
UP zeichnen sich durch große Schwindmaße aus. Diese können bis zu 8 Vol.-% betragen, aber durch die Zugabe von Füllstoffen wesentlich reduziert werden. Während der Aushärtung sind UP empfindlich gegen Feuchtigkeit. Aus diesem Grunde sind trockene Zuschläge und ein relativ trockener Untergrund für optimale Eigenschaften unumgänglich. Die Verseifungsempfindlichkeit auf alkalischem Betonuntergrund schränkt den Einsatz von UP im Betonbau oft ein. Dieses Problem wird umgangen, indem zum Beispiel EP-Grundierungen verwendet werden. Ausgehär-
60
6 Reaktionsharze
tet sind UP gegen Wasser, saure Medien, Treibmittel, Mineralöl und auch Laugen sehr beständig. Da der Polymerisationsvorgang durch Luftsauerstoff gehemmt wird, können klebrige Beschichtungsoberflächen entstehen. Durch geeignete Zusätze (z.B. Paraffin) kann diesem Effekt entgegen gewirkt werden. Für eine nachfolgende Beschichtung ist es unumgänglich, dass die Oberfläche angeschliffen wird. Das auf der Oberfläche befindliche Paraffin würde zwangsläufig zu Störungen des Verbundes führen. Acrylatharze (AY, MMA) Im Sprachgebrauch werden vielfach Acrylate, Acrylatharze, Acrylharze, Methacrylat und PMMA unabhängig von der tatsächlichen Zusammensetzung als eine Sorte Reaktionsharz bezeichnet. Diese hat jedoch einen sehr großen Einfluss auf die mechanischen und thermomechanischen Eigenschaften. Da auch Copolymerisate hergestellt werden, finden sich unter dem Begriff Acrylatharze zahlreiche Modifikationen, die nicht aus dieser Bezeichnung erkennbar sind. Diese unklaren Bezeichnungsweisen führen häufig zu Problemen bei der Zuordnung von Kennwerten (beispielsweise Wärmebeständigkeit und Diffusionsverhalten). Die chemische Resistenz und gute UV-Beständigkeit dieser Polymerisate gründen sich auf die sterische Schutzwirkung der seitenständigen Methyl (CH3)-Gruppe. Allerdings führt die Notwendigkeit der Verwendung von Peroxiden als Initatoren für die Kalthärtung zu einer Verminderung der sonst sehr guten Lichtechtheit (Vergilbungsfreiheit). Da reines Polymethylmethacrylat für die Anwendung als Bindemittel von Beschichtungen zu spröde ist, wird es mit geeigneten Copolymeren flexibilisiert. Die Tabelle 6.2 der homologen Methacryl- und Acrylsäureester veranschaulicht diesen Sachverhalt. Die Härtung von Reaktionsharzen auf Acrylsäureesterbasis (PMMA) erfolgt katalytisch über Peroxide (Polymerisationsinitiator) zu Thermoplasten oder Duromeren. Die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung des monomeren Methylmethacrylats wird durch einen Aktivator/Initiator aktiviert und so die Polymerisation ausgelöst. Somit muss Methylmethacrylat als 2-Komponenten-Werkstoff verarbeitet werden.
Abb. 6.3: Allgemeine Struktur der Polymethacrylate
6.2 Polymerisationsharze
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Tab. 6.2: Glastemperaturen für Homopolymerisate [SEIDLER] Gruppe R
Polyacrylat TG [°C]
MethylEthyln-Propyli-Propyln-Butyli-Butylt-ButylCyclohexyl-
8 –22 –45 –5 –56 –40 41 15
Polymethacrylat TG [°C] 105 65 35 81 20 53 107 83
Gebräuchlich sind folgende Lieferformen: 1. Komponente A: Gemisch bzw. Lösung aus PMMA und MMA mit gelöstem Aktivator Komponente B: Initiator 2. Komponente A: Gemisch aus MMA und Aktivator, flüssig Komponente B: Pulver aus PMMA und Initiator Nach dem Vermischen der Komponenten ist MMA drucklos vergießbar (z.B. als Versiegelung) oder auch mit Zuschlägen (z.B. als Mörtel) verarbeitbar. Da im monomeren MMA üblicherweise bereits PMMA gelöst ist, kommt es zu einer räumlichen, also duromeren Vernetzung. Methylmethacrylat ist ausgesprochen reaktiv, d.h. die Verarbeitungszeiten sind mit 10 bis 30 min vergleichsweise gering. Von Vorteil ist, dass Sondertypen auch bei sehr niedrigen Temperaturen (z.B. –20°C) verarbeitet werden können und erhärten. Da die Grundstoffe des PMMA sehr dünnflüssig sind, können auf dieser Basis Imprägnierungen, Versiegelungen und Beschichtungen ohne Lösungsmittel hergestellt werden. Beim Verarbeiten/Aushärten ist auch beim PMMA ein Volumenschwund von bis zu 12% zu beachten. Aufgrund der geringen Viskosität (ca. 5000 bis 30 mPa ⋅ s) ist ein hoher Füllgrad möglich, der eine erhebliche Reduktion des Volumenschwundes bewirkt. Während der Aushärtung ist PMMA feuchtigkeitsanfällig, sonst weist es eine gute Beständigkeit gegen Säuren, Laugen, Öle, Fette und Treibstoffe auf. Wie bei den UP werden die Ausgangskomponenten mit Additiven (gebräuchlich ist Paraffin) versetzt, damit die Härtungsstörung durch Luftsauerstoff vermieden wird. Nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Verbundstörung bei einer nachfolgenden Beschichtung, wenn auf ein Anschleifen verzichtet wurde.
62
6 Reaktionsharze
Abb. 6.4: Ablösen einer EP-Beschichtung von einer PMMA-Beschichtung nach kurzzeitiger Nutzung durch gummibereifte Hubfahrzeuge
6.3 Polyadditionsharze Epoxidharze (EP) Die Epoxidharze sind meist Umsetzungsprodukte von mehrfunktionellen Hydrolyseverbindungen, z.B. Bisphenol A mit Epichlorhydrin, und durch ihre namensgebende, reaktive Epoxidgruppe gekennzeichnet:
Bei der Aushärtung der Epoxidharze erfolgt eine Reaktion zwischen Epoxidund Polycarbonsäureanhydriden oder Polyaminen (meist). Im Ergebnis liegen mehr oder weniger steife Duroplaste vor. Im Bauwesen ist es gebräuchlich, folgende Begriffe zu verwenden: ◆ Stammkomponente/Komponente A Epoxidharz, ◆ Härter/Komponente B Polyamine, Polyamidoamide, Polycarbonsäureanhydride. Die Eigenschaften des erhärteten Polymers hängen wesentlich von der Auswahl der Härterkomponente ab. Dies betrifft sowohl die Reaktionsgeschwin-
6.3 Polyadditionsharze
63
Abb. 6.5: Prinzipielle Darstellung der Aushärtung von Epoxidharzen
digkeit als auch die Wasserverträglichkeit, chemische Beständigkeit, optische und mechanische Kennwerte. Je nach Molekülgröße des Epoxidharzes ist dieses fest (Festharz) oder flüssig (Flüssigharz). Bei Verwendung von Festharzen müssen diese für die Kalthärtung in Lösungsmitteln gelöst werden, um eine flüssige Komponente zu erhalten. Ebenso ist eine Erwärmung für die Verflüssigung möglich, allerdings ist dies bei der Verarbeitung vor Ort technologisch problematisch. Zur Steuerung der Reaktionsgeschwindigkeit können Beschleuniger eingesetzt werden. Zur Einstellung der Verarbeitungsviskosität werden Verdünner verwendet. Diese werden in reaktive Verdünner und flüchtige Verdünnungsmittel eingeteilt. Reaktive Verdünner vernetzen bei der Erhärtung, werden also in die chemische Struktur eingebaut. Reaktivverdünner, dazu gehören beispielsweise Butylglycidether, Kresylglycidether und Benzoylalkohol, werden nur in kleinen Mengen verwendet (i.d.R. nicht mehr als 15% bezogen auf das Harz), da sie sonst wie Weichmacher wirken. Flüchtige Verdünnungsmittel (Lösungsmittel) sollten bei dickschichtigen Systemen nicht verwendet werden. Können sie nicht entweichen, führt dies zu Blasen oder erweichten Stellen. Ebenso könnten die mechanischen Kennwerte oder die chemische Widerstandsfähigkeit gemindert werden. Im Vergleich zu UP und PMMA weisen EP nur geringen Reaktionsschwund auf, welcher sich noch durch die Auswahl geeigneter Füllstoffe reduzieren lässt. Modifizierte, niedrigviskose Epoxidharze eignen sich für die Anwendung als Imprägnierungen, da sie gut in poröse Untergründe eindringen. Epoxidharze lassen sich sehr gut verwenden als Bindemittel für Polymerbeton, zum Beschichten, zur Rissverpressung und zum Kleben. EP-Harze sind alkaliver-
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6 Reaktionsharze
träglich. Eine moderne, anwendungs- und umweltfreundliche Entwicklung stellen die wasseremulgierbaren EP-Systeme dar. Polyurethane PUR Bei den Polyurethanen lagern (Di- bzw. Poly-)Isocyanate Reaktionspartner mit jeglicher Art von „aktivem“ Wasserstoff H (meist Polyole) additiv an. Es sind mindestens zweiwertige Substanzen notwendig. Die Reaktionsprodukte reichen von weichen Elastomeren bis hin zu zähharten Duromeren. Durch die Wahl geeigneter Ausgangskomponenten ist eine große Vielfalt der entstehenden Polyurethane möglich: ◆ Thermoplaste entstehen aus Diisocyanaten und zweiwertigen (zwei OHGruppen) Alkoholen, z.B. Ethylenglykol, ◆ weitmaschig vernetzte Elaste entstehen aus Diisocyanaten und zweiwertigen Alkoholen mit wenigen dreiwertigen (drei OH-Gruppen) Alkoholen, ◆ Duroplaste entstehen mit Diisocyanat und überwiegend dreiwertigen Alkoholen. Elastische und duroplastische Polyurethane gibt es auch als Schäume. Es werden i.d.R. folgende Begriffe verwendet: ◆ Stammkomponente/Komponente A Polyol ◆ Härter/Komponente B Isocyanate. Äußerst wichtig für die Anwendung von PUR ist das Wissen um seine Reaktion mit Wasser (H–OH): Diisocyanat reagiert mit Wasser unter Bildung von CO2. Diese Eigenschaft wird gezielt ausgenutzt für die Anwendungen als ◆ elastisches Rissverpressmaterial (Luft ist kompressibel) und ◆ Schaumstoff (Ortsschäume).
Abb. 6.6: Prinzipielle Darstellung der Aushärtung von Polyurethanen
6.4 Reaktionsharzmassen
65
Für Beschichtungsarbeiten ist die Feuchtigkeitsempfindlichkeit der Isocyanate ein Nachteil, da bereits Wassergehalte der Zuschläge von 0,5 bis 1% zur Blasenbildung führen können. Ebenso muss der Untergrund trocken sein. Von besonderer technischer Bedeutung ist die Reaktion mit Wasser, weil sie den Einsatz von einkomponentigen Polyurethanen erlaubt. Das für die Reaktion erforderliche Wasser entstammt der Luft sowie dem Untergrund. Bei dünnschichtigem Auftrag kann das entstehende CO2 ohne nachteilige Blasenbildung entweichen.
6.4 Reaktionsharzmassen Nach DIN 16 945 sind Reaktionsharzmassen folgendermaßen definiert: „Reaktionsharzmassen sind verarbeitungsfertige Mischungen eines Reaktionsharzes mit den erforderlichen Reaktionsmitteln (Härter, Beschleuniger u.a.) mit oder ohne Füllstoffe, gegebenenfalls mit Lösungsmittel. Anmerkung: Je nach Verarbeitung und Anwendung spricht man bei diesen Reaktionsharzmassen auch z.B. von Gießharzmassen, Laminierharzmassen, Imprägnierharzmassen, Tränkharzmassen, Träufelharzmassen.“ Füll- und Hilfsstoffe Zuschläge Einerseits werden Zuschläge verwendet, um den Reaktionsharz-Werkstoff preiswerter zu machen, andererseits dienen sie dem Erzielen bestimmter Eigenschaften, wie z.B. Schichtdicke, Verschleißwiderstand, Schwindmaß, Temperaturdehnung. Trockene Zuschläge sind zwingend erforderlich, um eine gute Verklebung des Kunstharzes mit dem Zuschlag zu ermöglichen. Der Kornaufbau wird so gewählt, dass nur geringe Bindemittelanteile erforderlich sind, die Verarbeitbarkeit aber noch gegeben ist und keine Entmischungen auftreten. Allerdings sind durch die hervorragenden Adhäsionsei-
Tab. 6.3: Bindemittel-Zuschlag-Verhältnisse von Reaktionsharzmassen Art
Mischungsverhältnis in Masseteilen Bindemittel : Zuschlag
Spachtel Mörtel Beton
ca. 1:0,5 bis 1:1,5 ca. 1:5 bis 1:7 ca. 1:10 bis 1 :13
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6 Reaktionsharze
Tab. 6.4: Füll- und Zusatzstoffe für Kunststoffe
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empfohlen für (Thermo-, Duroplaste)
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Wärmeleiitfähigkeit
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Schlagzähigkeit
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Steifigkeit
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Aluminium-Pulver Baumwollfasern Bronze-Pulver Calciumcarbonat Calciummethasilicat Calciumsilicat Cellulose Glasfasern Glimmer Graphit Holzmehl Jute Kaolin Kaolin (calziniert) Kohlenstoffasern Kunstseide Polyacrylnitrilfasern Polyamidfasern PTFE-Fasern Ruß Sisalfasern Talkum
Formbeständigkeit (Wärme)
Verbesserte Eigenschaft
Chemikalienbeständigkeit
Füll-, Zusatzstoff
D D D D/T D D D/T D/T D/T D/T D D D/T D/T D D D/T D/T D/T D D/T D/T
genschaften der Reaktionsharze auch Ein-Korn-Werkstoffe möglich, die bei hoher Festigkeit und minimalem Bindemittelanteil dann allerdings nicht dicht sein können. Der Größtkorndurchmesser liegt bei einem Drittel der späteren Schichtdicke. Das Einsatzgebiet der Quarze als Füllstoffe umfasst die Zugabe von Quarzmehlen für Dünnbeschichtungen, aber auch die Zugabe von Fraktionen bis 8 mm für Reaktionsharzmörtel. Wie hoch der Füllgrad ist, hängt neben den gewünschten anwendungstechnischen Eigenschaften im Wesentlichen von der Viskosität des Reaktionsharzs ab.
6.4 Reaktionsharzmassen
67
Extender Extenderstoffe, wie z. B. Teerpech, dienen: ◆ der Materialstreckung der teuren Harze und ◆ der Erzielung bestimmter Eigenschaften, wie z. B. Schlagzähigkeit, Hydrophobie, Flexibilität, Haftung. Maximal 50 % der Harzmasse dürfen durch Extender ersetzt werden. Thixotropiermittel Thixotropiermittel, auch als Stellmittel bezeichnet, sind im Allgemeinen auf der Basis von Kieselgur zusammengesetzt. Angewendet werden sie zur Einstellung bestimmter Verarbeitungseigenschaften (Standfestigkeit) und als Antiabsetzmittel. Bei der Beschichtung vertikaler oder „über Kopf“ Flächen ist die Zugabe von Stellmitteln zur Verhinderung des Ablaufs notwendig. Pigmente Unter Pigment (lat. pigmentum = Malerfarbe) wird ein im Anwendungsmedium praktisch unlöslicher, anorganischer oder organischer, bunter oder nicht bunter farbgebender Stoff verstanden. In erster Linie dienen sie der Farbgebung des sonst durchscheinenden Bindemittels, d.h. zur weitgehenden Abhaltung des Lichtes, insbesondere der UV-Strahlung, die auf fast alle Polymer-Bindemittel schädigend wirkt (Alterung). Helle Pigmentierung bewirkt eine geringere Strahlungsabsorption und somit eine geringere Aufheizung. Starke Farbunterschiede führen Temperaturspannungen im Bauwerk herbei und sind zu vermeiden. Diese Eigenschaften sind insbesondere für Instandsetzungsarbeiten (Oberflächenschutzsysteme) und Anstriche bzw. farbigen Gestaltungen an Fassaden zu beachten. Die für Korrosionsschutzbeschichtungen von Stahl wichtigen aktiven Korrosionsschutzpigmente sind zumeist Phosphatverbindungen (z.B. Zinkphosphat). Bei ihrer Anwendung tritt eine Veränderung der Stahloberfläche ein, die eine Korrosion verhindert. Anorganische Pigmente dienen gleichzeitig als Füllstoffe.
Tab. 6.5: Wichtige Farbmittel für Kunststoffe anorganische Pigmente
weiß gelb rot grün schwarz
Kreide, Schwerspat, Lithopone, Titanoxid Cadmiumgelb, Eisenoxidgelb Cadmiumrot, Eisenoxidrot Cadmiumoxidgrün Ruß
organische Pigmente
gelb rot blau grün
Chromphthalgelb (Azofarbstoff) Chromphthalrot (Azofarbstoff) Heliogenblau (Phthalozyanin) Heliogengrün (Phthalozyanin)
Substanz
organische Substanzen (Kunstharze)
Mineralien (Quarzmehl, Eisenglimmer, Kies, Sand, Basalt) auch andere sind möglich (Glas-, Textilfasern)
Mineralien (Titandioxid, Eisenoxid, Chromoxid) Ruß Zinkstaub, Zinkphosphat organische Pigmente (Dosierung beachten!)
Hochsieder, Netzmittel, Bakterizide, Fungizide, Insektizide, Stellmittel, Verlaufmittel
Benzin, Xylen Wasser
Komponente
Bindemittel
Füllstoffe
Pigmente
Hilfsstoffe
Lösungsmittel Dispersionsmittel
relativ hohe Dauerhaftigkeit chemische Widerstandsfähigkeit Haftvermögen zu Untergrund und Zuschlägen porenfreie, jedoch quellfähige, amorphe Struktur meist durchsichtig Deformationsverhalten: –20°C bis +80°C; sprödhart/plastoelastisch
– flüssig – z.T. leicht entzündlich
– flüssig oder pulverförmig – beeinflussen das übrige Erscheinungsbild des Werkstoffes nicht
– feinkörnige Feststoffteilchen 0,1 bis 1 µm – unlöslich in Bindemittel und Lösungsmittel
– dmax = 1/3 der späteren Schichtdicke – Verträglichkeit mit dem Bindemittel – feuergetrocknet (meist)
– – – – – –
Eigenschaften
Tab. 6.6: Zusammensetzung von Reaktionsharzmassen – Übersicht
bindet die Bestandteile erzeugt Haftfestigkeit (Adhäsion/Kohäsion) beeinflusst Dichtigkeit bestimmt mechanische Eigenschaften bestimmt Schwindmaß (Reduzierung durch Zuschläge)
schützen Bindemittel vor Mikrobenbefall fördern die Benetzung des Untergrundes Thixotropiermittel fördern den Verlauf des frischen Films – erzeugen Dünnflüssigkeit – verbessern Vermischbarkeit der Reaktionsharzmasse – verbessern Haftung zum Untergrund
– – – –
– geben Farbigkeit – schützen Bindemittel vor UV-Licht – Aktivpigmente geben chemischen Korrosionsschutz
steigern Schichtdicke pro Arbeitsgang verbessern mechanische Widerstandsfähigkeit reduzieren Schwindmaß reduzieren temperaturabhängige Eigenschaften (thermische Längenänderung) – Kostensenkung
– – – –
– – – – –
Aufgabe der Komponente im Werkstoff
68 6 Reaktionsharze
6.5 Verarbeitung und Erhärtung
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6.5 Verarbeitung und Erhärtung Beurteilung der Verarbeitbarkeit Die Verarbeitbarkeit wird für die ungefüllten Harze und ggf. fließfähigen Spachtelmassen nach ihrer Viskosität, für gefüllte Harzmassen nach deren Konsistenz beurteilt. Die Viskosität ist das Maß für das Fließverhalten, bei deren Erhöhung das Harz zähflüssiger wird. Für anwendungstechnische Zwecke wird die Viskosität mit dem Auslaufbecher nach der DIN EN ISO 2431 bestimmt. Die Auslaufzeit aus dem Auslaufbecher mit einem Volumen von 100 ml und einer Auslaufdüse von 4 mm sollte zwischen 25 und 150 s betragen. Für die Entwicklung bzw. Anpassung von Rezepturen ist dies ein sehr einfaches, aber aussagefähiges Verfahren. Die Konsistenz wird wie bei mineralischen Mörteln von flüssig bis steif durch das Ausbreitmaß bestimmt. Das Fließverhalten der Reaktionsharze bzw. Reaktionsharzmassen ist erheblich von der Temperatur abhängig, d.h. bei steigender Temperatur werden sie dünnflüssiger. Die Lagerung, aber auch die Verarbeitung bei zu hoher Temperatur kann zur Entmischung der Reaktionsharzmassen führen. Während bei zu geringen Temperaturen die Massen sehr zähflüssig bis steif werden können, was wiederum die Verarbeiter veranlasst, Lösungsmittel zu verwenden. Beim Mischen der Komponenten sollte die Materialtemperatur zwischen 15°C und 20°C betragen. Verarbeitungszeit Die Reaktivität und damit die Verarbeitungsdauer der durch Mischen der Komponenten hergestellten Reaktionsharzmassen ist durch die „Topfzeit“ gekennzeichnet. Als Topfzeit wird nach DIN EN ISO 9514 die maximale Zeitspanne bezeichnet, innerhalb der ein in mehreren Komponenten gelieferter Beschichtungsstoff nach dem Mischen verarbeitet werden sollte. Für die Charakterisierung von Reaktionsharzsystemen wird die Topfzeit im Labor an 100 g-Ansätzen bestimmt. Auf der Baustelle hingegen sind für die fachgerechte Verarbeitung von Reaktionsharzmassen die Gebindeverarbeitungszeiten relevant. Nach Ablauf der Topfzeit darf ein Gebinde nicht weiter verarbeitet werden. In der Regel ist bei einer Temperaturerhöhung auf 40°C nur ein geringfügiges Gelieren der Reaktionsharzmasse zu bemerken, sodass eine weitere Verarbeitung möglich scheint. Die innere Struktur der Polymere hat sich aber zu diesem Zeitpunkt schon soweit ausgebildet, dass eine weitere Bearbeitung der Masse durch Rühren, Spachteln etc. diese innere Struktur schädigt. Dies kann erhebliche Einbußen in den mechanischen Kennwerten, in der Beständigkeit oder auch Haftfestigkeit der erhärteten Werkstoffe mit sich bringen.
70
6 Reaktionsharze
Abb. 6.7: Ermittlung der Topfzeit von Reaktionsharzmassen
Härtungsgeschwindigkeit Bei den durch Polyaddition härtenden EP- und PUR-Systemen ist es falsch, durch Änderung der Härtermenge die Reaktionszeit, die Konsistenz oder die Endfestigkeit beeinflussen zu wollen. Da bei diesen Reaktionen verschiedene Monomertypen miteinander aushärten, ist das genaue Einhalten des Mischungsverhältnisses von ausschlaggebender Bedeutung für die Güte des Endproduktes. Die Aushärtungsgeschwindigkeit der durch Polymerisation härtenden UPund PMMA-Systeme ist in gewissem Maße mit der Menge des Initiators beeinflussbar. Die schnellste Erhärtung, damit auch die geringste Topfzeit, erzielen PMMA-Systeme. Temperatur Der Temperatureinfluss auf die Erhärtungsgeschwindigkeit ist von maßgeblicher Bedeutung. Wie für die meisten chemischen Reaktionen gilt auch hier: ◆ Temperaturerhöhung wirkt beschleunigend, ◆ Temperaturerniedrigung verzögert die Aushärtung. Folgende Faustregeln stellen Anhaltswerte dar: ◆ Eine Erhöhung der Temperatur um 10°C bedeutet eine Verdoppelung der Reaktionsgeschwindigkeit und damit eine Halbierung der Topfzeit. ◆ Eine Erniedrigung der Temperatur um 10°C bedeutet demgemäß eine Halbierung der Reaktionsgeschwindigkeit und damit eine Verdoppelung der Topfzeit. Durch Zuschläge oder Lösungsmittel werden diese Regeln gedämpft. Hinsichtlich des Temperatureinflusses sind zwei Faktoren besonders zu berücksichtigen:
6.5 Verarbeitung und Erhärtung
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1. Reaktionswärme Je größer die angemischte Gebindemenge ist, desto größer ist die freiwerdende reaktionsbedingte Temperatur. Es empfiehlt sich, die von den Herstellern vorgegebenen Gebindemengen nicht zu überschreiten. 2. Bauteiltemperatur Da jede chemische Reaktion eine Mindesttemperatur voraussetzt, ist zu berücksichtigen, dass die Temperatur der Bauteile von einer Reaktionsharzmasse schnell angenommen wird. Der Richtwert von 8°C darf nur dann unterschritten werden, wenn dies vom Hersteller der Reaktionsharzmasse ausdrücklich angegeben wird. Durch plötzliches Abkühlen tritt ein Stillstand der chemischen Reaktion ein. Dies kann beispielsweise im Winterhalbjahr durch geöffnete Fenster und Türen oder zu geringe Bauteiltemperaturen der Fall sein. Bei den Polyadditionsharzen (EP, PUR) kommt die chemische Reaktion durch Temperaturerhöhung wieder in Gang. Trotzdem ist hier mit einem Verlust eigenschaftsbestimmender Kennwerte zu rechnen, da sich meist ein geringerer Vernetzungsgrad einstellt. Bei den Polymerisationsharzen (UP, PMMA) kommt es zu keiner nachträglichen Härtung. Die Initiatoren werden beim Starten der Reaktion, also unmittelbar beim Mischprozess bzw. während der Topfzeit verbraucht und stehen für eine nachträglicher Erhärtung als Starter der Reaktion nicht mehr zur Verfügung. Eine Erwärmung des Betonuntergrundes kann bei einer erhärtenden Beschichtung zur Blasenbildung führen. Ursachen hierfür sind expandierende, eingeschlossene Luft oder aufsteigender Wasserdampf. Zur Vermeidung von Blasen empfiehlt sich einerseits die Anwendung von Stachelwalzen, andererseits müssen Beschichtungen immer bei gleichbleibenden oder fallenden Temperaturen aufgebracht werden. Feuchtigkeit Um den Einfluss von Feuchtigkeit bei der Erhärtung zu minimieren, gelten folgende Regeln: ◆ Es sind die Herstellerangaben zur relativen Luftfeuchtigkeit beachten (i.d.R. kleiner als 80%, bei 2-K-PUR kleiner als 70%). ◆ Die Herstellerangaben zur Begrenzung der Untergrundfeuchtigkeit müssen eingehalten werden. Meist wird ein Grenzwert von 4% gefordert. ◆ Es darf nur feuergetrockneter Quarzsand als Zuschlag verwendet werden; andere trockene Zuschläge sind auch möglich. Nicht in jedem Fall können Füllstoffe feuergetrocknet werden. ◆ Die Bauteiltemperatur muss bei Beschichtungsarbeiten mindestens 3 K über der Taupunkttemperatur liegen. Tau stört den Verbund, aber auch die Aushärtung der Reaktionsharzmasse.
72
6 Reaktionsharze
Abb. 6.8: Blasenbildung durch Osmose ausgelöst durch zu geringe Standzeiten bei Verwendung einer lösungsmittelhaltigen Grundierung; prinzipielle Darstellung
Abb. 6.9: Blasenbildung durch Osmose ausgelöst durch Feuchtigkeit im Untergrund
Lösungsmittel Lösungsmittelhaltige Reaktionsharze und Reaktionsharzmassen sind i.d.R. geringer viskos als lösungsmittelfreie Systeme. Lösungsmittelhaltige Grundierungen können viel besser in die Kapillaren des Untergrundes eindringen und besitzen eine längere Verarbeitungszeit. Wenn die Lösungsmittel während der Erhärtung nicht verdunsten können, sind Blasenbildung, Beeinträchtigung der Festigkeit und der chemischen Beständigkeit der ausgehärteten Massen die möglichen Folgen. Ebenso können Lösungsmittel in frischen Mischungen zum Absetzen der Feststoffe führen. Entmischt sich der Werkstoff ebenfalls nach dem Aufbringen auf eine Oberfläche, kann dies die Gebrauchseigenschaften (z. B. Verschleißwiderstand) nachteilig beeinflussen. Beim Arbeiten mit Lösungsmitteln muss auf eine gute Be- und Entlüftung geachtet werden.
6.6 Literatur
73
Volumenschrumpf Ein Volumenschrumpf bei der Aushärtung ist einerseits durch das Material bedingt – Polymerisationsharze schrumpfen mehr als Polyadditionsharze – und andererseits thermisch bedingt durch abklingende Reaktionswärme. Je höher der Bindemittelgehalt einer Reaktionsharzmasse, desto größer ist ihr Volumenschrumpf.
6.6 Literatur Ausbildungsbeirat Verarbeiten von Kunststoffen im Betonbau beim Deutschen BetonVerein e. V., SIVV-Lehrgangs-Handbuch, Eigenverlag, 5. Auflage, 2005 BECHER; BRAUN Kunststoff-Handbuch, Bd. 10: Duroplaste. Carl Hanser Verlag München, 1988 SASSE, H. R. Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen unter Verwendung von Kunststoffen, Sachstandsbericht. Beuth Verlag GmbH Berlin und Köln, 1994 SCHUHMANN, H. Handbuch Betonschutz durch Beschichtungen. Expert Verlag, 1992 SEIDLER, P. Handbuch Industriefußböden. Expert Verlag, 1994 STENNER, R. Beschichtungsstoffe für Beton. VDI Berichte, Nr. 384, 1980 Normen und Richtlinien DIN 16 945 Reaktionsharze, Reaktionsmittel und Reaktionsharzmassen DIN 55943 Farbmittel – Begriffe DIN EN ISO 2431 Bestimmung der Auslaufzeit mit Auslaufbechern DIN EN ISO 9514 Beschichtungsstoffe – Bestimmung der Topfzeit von flüssigen Systemen – Vorbereitung und Konditionierung von Proben und Richtlinien für die Prüfung DAfStb – Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen. Oktober 2001 Der Bundesminister für Verkehr Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen ZTV-SIB. Verkehrsblatt-Verlag Dortmund, 1990
7 Dispersionen und Lösungen
7.1 Begriffe Unter Dispersionen und Lösungen werden Mischungen von festen oder flüssigen Stoffen in einem flüssigen Verteilungsmittel verstanden. Der Feststoffgehalt von im Bauwesen üblichen ungefüllten Dispersionen und Lösungen beträgt zwischen 35% und 55%. Dispersionen In einer Dispersion liegen thermoplastische Polymere entweder in Form von kleinen kugelförmigen plastischen Tröpfchen vor (Emulsion) oder in Form von kleinen festen Teilchen (Suspension). Das Dispersionsmittel (meist Wasser) verhindert dabei die vorzeitige Zusammenballung und Verklebung der Teilchen. Um die Dispersion stabil zu halten (Lagerstabilität) und die spätere Filmbildung/Aushärtung zu ermöglichen, enthalten diese Dispersionen Zusatzmittel in Form von Emulgatoren, Entschäumern, Schutzkolloiden und Filmbildungshilfsmitteln. Eine nicht nur für das Bauwesen interessante Entwicklung stellen die redispergierbaren Pulver dar. Durch Verwendung geeigneter Additive werden diese aus Dispersionen gewonnen. Das feinteilige Polymer wird mit einem wasserlöslichen Schutzkolloid (z.B. Polyvinylalkohol) umhüllt. Die Herstellung des Pulvers erfolgt mittels Sprühtrocknung unter Zugabe von sogenannten Sprühhilfsmitteln und Antiblockmitteln. Bei diesem Prozess lagern sich die Polymerteilchen zu größeren, kugelförmigen Teilchen zusammen. Redis-
Abb. 7.1: Stabilisierung von Dispersionsteilchen durch Tenside oder Makromoleküle, die als sterische Barriere wirken
7.1 Begriffe
75
Abb. 7.2: Redispersion eines Pulvers; oben links: Pulverkorn; oben rechts: gebrochenes Pulverkorn; unten links: sich auflösendes Pulverkorn; unten rechts: Redispersion
pergierbare Pulver sollen im Idealfall nach der Zugabe von Wasser die ursprüngliche Dispersion bilden. Die redispergierbaren Pulver werden z.B. für die Modifizierung von Mörtel/Estrich verwendet, indem sie dem trockenen Zement-Zuschlag-Gemisch bereits im Werk zugegeben werden. Sogenannte reaktive Emulsionen bilden die wasseremulgierbaren Epoxidharze. Die üblichen EP-Systeme aus Harz und Härter werden nach dem Mischen sofort appliziert und das Bindemittel härtet aus. In den Tröpfchen der EP-Emulsionen hingegen befinden sich sowohl Harz als auch Härter, deren chemische Reaktion unmittelbar nach dem Mischen beginnt. Aus diesem Grunde können EP-Emulsionen nicht gelagert werden, sondern müssen nach dem Herstellen der Emulsion unmittelbar verarbeitet werden. Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten zur Herstellung von EP-Emulsionen: 1. Harz und Härter werden intensiv gemischt und anschließend wird das Gemisch in Wasser emulgiert. 2. Es werden eine Harz-Emulsion und eine Härter-Lösung erzeugt und diese dann gemischt. Da EP-Harze von Natur aus nicht emulgierfähig sind, werden spezielle Emulgatoren benötigt.
76
7 Dispersionen und Lösungen
Abb. 7.3: Verfilmung von Dispersionen und Lösungen
Lösungen Eine Lösung ist die molekulare Verteilung des Kunststoffes in einem Lösungsmittel. Lösungen werden in der Baupraxis immer weniger eingesetzt. Hintergrund hierfür sind die bekannten Gefahren für Gesundheit und Umwelt durch die Lösungsmittel. Trotzdem haben Kunststoff-Lösungen noch ihre Berechtigung. Durch die molekulare Verteilung der Polymere entstehen nach dem Entweichen des Lösungsmittels extrem dichte und beständige Filme, die denen der Dispersionen häufig in ihren Gebrauchseigenschaften überlegen sind. Ein weiterer Vorteil von Lösungen ist, dass beim Überarbeiten von Anstrichen beispielsweise ein Anlösen durch das Lösungsmittel erfolgt, was wiederum einen guten Verbund der unterschiedlichen Schichten mit sich bringt. Durch das Verdunsten des Dispersionsmittels bzw. des Lösungsmittels kommt es zu einer physikalischen Trocknung/Filmbildung. Ein thermoplastischer Kunststoff wird gebildet, die Kettenmoleküle lagern sich aneinander und verknäulen. Das Verdunsten des Dispersionsmittels/Lösungsmittels bzw. kapillare Saugen des Untergrundes führt zu einer Erhöhung der Konzentration der Polymerteilchen, welche sich dadurch immer dichter aneinander lagern. Ab einer bestimmten Teilchendichte versagen bei den Dispersionen die stabilisierenden Kräfte der Schutzkolloide und Emulgatoren, sodass die Dispersion bricht. Die Polymerteilchen fließen ineinander und bilden einen Film, vorausgesetzt, die Mindestfilmbildungstemperatur wurde nicht unterschritten. Äußerlich ist dieser Prozess daran zu erkennen, dass die weißliche Dispersion in den transparenten Film übergeht. Nicht vollständig durchgetrocknete Filme weisen eine weißlich-trübe Farbe auf.
7.2 Grundstoffe
77
Durch die chemische Reaktion der EP-Emulsionen bilden sich dreidimensional vernetzte Filme, welche über eine ausgesprochen hohe mechanische, thermische und chemische Beständigkeit verfügen. Aufgrund ihrer komplizierten Handhabung spielen sie im Bauwesen eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz dazu sind die Filme der üblichen Dispersionen und Lösungen gegen Lösungsmittel und teilweise auch gegen Wasser, thermische und mechanische Einwirkungen weniger beständig.
7.2 Grundstoffe Acrylate Acrylate sind, wie schon zuvor beschrieben, Polymerisationsprodukte. Sie zeichnen sich durch eine gute Alkali- und UV-Beständigkeit aus. Daher sind Acrylharzlösungen für Schutzanstriche an witterungsbeanspruchten Flächen das am häufigsten eingesetzte Bindemittel. Acrylat-Dispersionen setzten sich wegen ihrer guten Anwendungseigenschaften und Umweltverträglichkeit im Bauwesen immer mehr durch, wenngleich ihre Beständigkeit geringer ist als die der Lösungen. Sie sind u.a. gekennzeichnet durch gute Dichtigkeit gegen CO2 (Karbonatisierungsschutz), geringen Wasserdampfdurchlasswiderstand (insbesondere die Dispersionen) und gute Chemikalienbeständigkeit. Acrylate sind häufig Bestandteil von Mischungspolymerisaten, z.B. Styren/Acrylat. Mischungspolymerisate Misch- oder Copolymerisate werden durch Polymerisation von verschiedenen Monomeren dargestellt. Copolymere des Vinylacetats, Vinylpropionat-Vinylchlorid-Mischpolymerisate sowie Dispersionssysteme auf der Basis von Styren/Acrylat, Styren/ Butadien finden breite Anwendung. Dabei werden die Komponenten nach den bewirkenden Eigenschaften ausgewählt. Mischpolymerisate werden sowohl in Dispersionen als auch in Form von Lösungen verwendet. Für Beschichtungen in Räumen und bei normalem Witterungseinfluss sind Dispersionen ausreichend, bei erhöhter Feuchtigkeit oder bei mechanischer Belastung sind Lösungen günstiger. Für den Einsatz auf zementgebundenem Untergrund ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Mischpolymerisate alkalibeständig, also verseifbar sind. Silikone Silikone ist der Überbegriff für nieder- bis hochmolekulare Stoffe auf SiliciumBasis. Dazu gehören Silane, Siloxane, Silikonharze, Silikonate. Sie sind gekennzeichnet durch eine hohe Verträglichkeit mit mineralischen Untergründen und durch eine gute UV-Beständigkeit. Aufgrund der ausgeprägten
78
7 Dispersionen und Lösungen
Tab. 7.1: Häufig verwendete Monomere und deren wichtigste Wirkung als Polymerisatbestandteil Monomere
Wirkung
Vinylacetat
haftungsverbessernd verseifbar
Vinylpropionat
hart schwer verseifbar
Vinylchlorid
kreidend weichmachend unverseifbar haftungsverbessernd
Butadien
kreidend weichmachend unverseifbar
Styren
kreidend hydrophobierend unverseifbar
Acrylat
weichmachend nicht kreidend haftungsverbessernd unverseifbar
hydrophobierenden Wirkung werden Silikone im Bautenschutz als Imprägniermittel verwendet.
7.3 Verarbeitung und Erhärtung Da Kunststoffdispersionen und -lösungen, mit Ausnahme der EP-Emulsionen, einkomponentig sind, stellen sie an die Verarbeitungstechnik nicht so hohe Anforderungen wie die zweikomponentigen Reaktionsharze. Bei der Verarbeitung von Dispersionen und Lösungen ist im Wesentlichen zu beachten: ◆ Einhalten der Mindestfilmbildungstemperatur (i.d.R. größer + 5°C); Die Verarbeitung bei zu geringen Temperaturen führt zu einer mangelnden, im extremen Fall zu gar keiner Filmbildung; dies macht sich in einem Kreiden des Anstrichs oder geringeren Beständigkeit bemerkbar. ◆ Verdunstungsmöglichkeiten der Verteilungsmittel (Lüftung, Luftfeuchtigkeit, Schichtdicke); Zum einen muss das Verteilungsmittel entweichen können, was einen ausreichend trockenen Untergrund (wichtig für die Adhäsion) und eine ausreichend geringe Luftfeuchtigkeit (< 80%) betrifft. Die Einhaltung der Schicht-
7.3 Verarbeitung und Erhärtung
79
dicke ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Zu große Schichtdicken können dazu führen, dass es zu einer Verdichtung an der Oberfläche des Filmes durch Verdunsten kommt, Verteilungsmittel in den unteren Bereichen nicht mehr durch diesen bereits dichten Filmbereich entweichen kann. Die Folge können Blasen und Schwächen im Verbund zum Untergrund sein, mitunter auch erweichte Stellen. ◆ kein ungeschütztes Auftragen bei Sonne, Regen und Wind Das Auftragen bei Regen verbietet sich selbstredend. Starke Sonneneinstrahlung und Wind können zu der bereits beschriebenen Verdichtung im oberen Filmbereich führen, mit den damit verbundenen Qualitätseinschränkungen. Werden diese wichtigen Verarbeitungsregeln nicht eingehalten, sind Schäden zu erwarten. Kunststoffdispersionen werden als Bindemittel für Dispersionsfarben und -lacke, Kleber, Spachtelmassen und als Modifizierungsmittel in zementgebundenen Baustoffen eingesetzt. Zur Anwendung in und auf Zement ist nicht jede Kunststoffdispersion geeignet. Diese Dispersionen müssen sich durch besonders gute Verträglichkeit mit dem Zement, d.h. eine gute Verseifungsbeständigkeit auszeichnen. Sie dürfen nachteilige Nebenreaktionen, z.B. Abbindebeschleunigungen oder -verzögerungen, nicht hervorrufen und sollten die Verarbeitbarkeit der damit hergestellten Mörtel verbessern. In Mischungen mit Zementmörtel übernimmt der Kunststoffzusatz häufig die Rolle eines zusätzlichen Bindemittels. Die Modifizierung von Zementmörteln mit Kunststoffen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Kunststofflösungen werden als Bindemittel für die Erzielung dünner Schichten eingesetzt, d.h. für Beschichtungsstoffe. Im Vergleich zu den Kunststoffdispersionen sind diese Beschichtungen meist wasserbeständiger und gasdichter. Durch die bei der Erhärtung frei werdenden Lösungsmitteldämpfe, ist in geschlossenen Räumen auf eine gute Lüftung zu achten (Gesundheitsgefährdung, Explosions- und Brandgefahr).
7.4 Literatur ETTEL, W.-P. Kunstharze und Kunststoffdispersionen für Mörtel und Betone. Beton-Verlag GmbH, 1998 KONIETZKO, A. Polymerspezifische Auswirkungen auf das Tragverhalten modifizierter zementgebundener Betone (PCC). Dissertation, Braunschweig, 1988
80
7 Dispersionen und Lösungen
OHAMA, Y. Handbook of Polymer-Modified Concrete and Mortars. Properties and Process Technology, Noyes Publication, 1995 SEIDLER, P. Handbuch Industriefußböden. Expert Verlag, 1994
8 Anwendungen
8.1 Klebstoffe Klebstoffe sind traditionelle Werkstoffe, die vom Menschen seit ca. 7000 Jahren genutzt werden. So wurden die ersten Kleber wenig innovativ aus der natürlichen Umwelt angewendet, beispielsweise Birkenharz und Naturasphalt. Als erster vom Menschen entwickelter Klebstoff gilt „Se Gin“, ein durch Kochen von Tierhäuten gewonnener Gelatineleim. Wenngleich Leime aus natürlichen Rohstoffen derzeit eine Renaissance erleben, sind für viele Anwendungen hochleistungsfähige, petrochemische Klebstoffe unumgänglich. Grundsätzliche Voraussetzung für einen guten Klebeverbund sind ◆ eine optimale Benetzung des Werkstoffes mit dem Kleber, ◆ eine saubere Klebefläche. Klebstoffe/Kleber sind in der Lage, Fügeteile durch Haftung auf der Oberfläche der Werkstoffe (Adhäsion) und durch innere Festigkeit (Kohäsion) zu verbinden. Adhäsion kommt zustande, wenn Stoffe sich auf eine Entfernung von wenigen Angström (10–10 m) nähern. Die Wechselwirkung zwischen den Stoffen auf einer so geringen Distanz führt meist zu einer Anziehung, je nach Struktur der Oberfläche kann auch ein mechanisches Verkrallen stattfinden. Jegliche Art von an der Oberfläche haftenden Partikeln setzt die Klebkraft herab. Nur wenn der Kleber eine ausreichende Eigenfestigkeit (Kohäsion) besitzt, kann der Verbund auch kraftschlüssig sein. Kleber ist ein Oberbegriff für die unterschiedlichsten Kleberarten, die nach physikalischen, chemischen oder verarbeitungstechnischen Aspekten benannt werden, beispielsweise Leim, Kleister, Dispersionskleber, Lösungsmittelkleber, Reaktionsklebstoff und Kontaktklebstoff. In den Klebstoff-Bezeichnungen sind oft ◆ die Kennzeichnung der Grundstoffe (z.B. Stärkekleister, Kunstharzklebstoff, Hautleim), ◆ die Verarbeitungsbedingungen (z.B. Kaltleim, Heißsiegelkleber, Schmelzkleber, Montageleim),
82
8 Anwendungen
◆ der Verwendungszweck (z.B. Papierkleber, Holzleim, Metallkleber, Tapetenkleister, Gummikleber), ◆ die Lieferform (z.B. flüssiger Kleber, Leimlösung, Leimpulver, Tafelleim, Leimgallerte, Kitt, Klebeband, Klebefolie) zu finden. Nach der Art der Erhärtung können Kleber unterteilt werden ◆ in physikalisch abbindende (Leime, Kleister, Lösungsmittelkleber, Dispersionskleber, Plastisolkleber, Schmelzkleber) und ◆ in chemisch abbindende Kleber (z.B. Cyanacrylatkleber, EP-Kleber). Die physikalisch abbindenden Kleber ändern ihren Aggregatzustand von flüssig nach fest. Entweder über das Verdunsten des Verteilungs-/Lösungsmittels (Lösungsmittelkleber, Kleister) oder durch Abkühlung (Schmelzkleber). Diese Kleber sind meist einkomponentig. Die chemisch abbindenden Kleber sind ein- oder mehrkomponentig. Beispielsweise härten zweikomponentige EP-Kleber durch Polyaddition, Cyanacrylate und Methacrylate durch Polymerisation, Systeme auf der Basis von Amino- oder Phenoplasten härten durch Polykondensation. Leim und Leimlösungen Unter Leim wird wasserlöslicher Klebstoff auf organischer Basis verstanden. Eine Ausnahme bildet Wasserglasleim. Durch Verdunstung oder „Wegschlagen“ des Wassers erfolgt die physikalische Härtung. Leime auf der Basis von Eiweiß sind beispielsweise Glutinleim (Knochen-, Hautleim) und Kaseinleim. Stärke-, Dextrin-, Methylcellulose- und Sulfitablaugenleim (Malerleim) sind Klebstoffe auf der Basis von Kohlehydraten. Dispersionsklebstoffe Bei dieser Klebstoff-Gruppe sind Thermoplaste, Homo- und Copolymere, in Wasser dispergiert. Diese Klebstoffe werden vorwiegend für das Verbinden saugfähiger Materialien verwendet. Die Dispersionsklebstoffe härten physikalisch durch Verdunsten oder Abwandern des Dispersionswassers, zum Teil auch durch chemische Reaktion (EP-Emulsionen) aus. Beispiele sind Polyvinylacetat, synthetischer Kautschuk, Polyvinylester, Bitumen-Emulsionen. Pulverförmige Baukleber können aus hydraulischem Bindemittel und redispergierbaren Pulvern bestehen, z.B. Polyvinylacetat. Durch das relativ langsame Aushärten des hydraulischen Bindemittels erreichen sie eine hohe Festigkeit und eine gute Haftung auf porösem Untergrund. Geeignete Kunst-
8.1 Klebstoffe
83
stoffe können der Kleberschicht eine gewisse Flexibilität verleihen (z.B. Fliesenkleber). Lösungsmittelhaltige Klebstoffe Bei diesen Klebstoffen sind Kunststoffe in organischen Lösungsmitteln (Aceton, Methylenchlorid, Testbenzin) gelöst, welche sich bei der Erhärtung verflüchtigen. Ebenso kann mit der Erhärtung eine chemische Reaktion verknüpft sein. Durch die Lösungsmittel werden mitunter die Fügeflächen angelöst oder oberflächlich gequollen. Durch Anpressen lässt sich so eine besonders feste Verbindung herstellen. Dieses Verfahren wird beispielsweise beim Verbinden von PVC-Muffenrohren mit anlösendem Tetrahydrofuran-Klebstoff angewandt. Solche Rohrkleber werden auch in Form plastischer Klebstoffe (hochgefüllte Lösungen, Kitte) eingesetzt. Beim sogenannten Quellschweißen werden die Überlappungsflächen von beispielsweise PIB-Dichtungsbahnen mit einem geeignetem Lösungsmittel eingestrichen. Das Bindemittel der Bahnen wird angelöst bzw. quillt und bildet den Klebefilm. Unter Druck entsteht beim Verdunsten des Lösungsmittels eine homogene, feste Klebeverbindung. Kontaktklebstoffe Diese Lösemittelklebstoffe enthalten kautschukartige Feststoffe (z.B. PIB). Kontaktklebstoffe werden auf beide Fügeflächen aufgetragen, welche nach Verdunsten des Lösungsmittels kurzzeitig aber möglichst fest aufeinander gepresst werden. Sie werden für das Verlegen von Bodenbelägen und das Verkleben von Schichtstoffplatten verwendet. Haftklebstoffe Diese Klebstoffe sind lösungsmittelhaltig. Beim Verdunsten des Lösungsmittels stellen sie eine haftende Verbindung her, die allerdings klebrig bleibt. Diese Klebeflächen lassen sich wieder lösen. Klebestreifen, Isolierbänder, Haft-Notizblätter usw. werden mit solchen Klebern ausgestattet. Als Bindemittel kommen etwa Polyvinylether und Polyisobutylen zur Anwendung. Reaktionsklebstoffe Diese Klebstoff-Gruppe härtet durch chemische Reaktion. Eine Gruppe bilden die Polykondensationsharze auf der Basis von Formaldehyd. Als 2-K-Kleber werden für Stein-, Beton- und Metallverklebungen PUR, UP, EP und Methacrylate verwendet. Während für die Verklebung von Steinen stark gefüllte Klebepasten besonders geeignet sind, haben sich für die Metallverklebungen dünnflüssige Klebstoffe mit Schichtdicken von 0,1 bis 0,3 mm bewährt.
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8 Anwendungen
Schmelzklebstoffe Diese Gruppe der Klebstoffe ist bei Raumtemperatur fest oder pastös, teilweise werden sie in Form von Folien verwendet. Damit sie ihre Klebkraft entwickeln können, müssen sie geschmolzen werden. Nichthärtende Schmelzkleber gibt es auf der Basis von Bitumen oder aus Polyvinylbutaral (PVB), PVAC und PIB. Härtende Schmelzkleber, die chemisch und physikalisch fest werden, werden aus Epoxidharzen, Melaminharzen oder Phenolharzen hergestellt.
8.2 Spachtelmassen, Fugendichtungsmassen, Fugendichtstoffe Spachtelmassen Nach der DIN 55945 werden unter Spachtelmassen hochgefüllte und pigmentierte Beschichtungsstoffe verstanden, die vorwiegend zum Füllen von Poren und zum Ausgleichen von Unebenheiten von Untergründen verwendet werden. Je nach Bindemittel und Füllgrad können Spachtelmassen zieh-, streichoder spritzbar eingestellt sein. Spachtelmassen werden unterschieden nach ◆ dem Auftragsverfahren (z.B. Ziehspachtel, Streichspachtel, Spritzspachtel), ◆ dem Bindemittel (z.B. Kunstharzspachtel, Dispersionsspachtel, hydraulischer Spachtel) oder ◆ den Anwendungszweck (z.B. Holzspachtel, Metallspachtel, Karosseriespachtel, Wandspachtel, Fassadenspachtel, Reparaturspachtel, Ausgleichsspachtel, Nivelliermasse). Als Bindemittel für Spachtelmassen werden Alkydharze, Epoxidharze, Polyesterharze, Polyurethane, Kunststoffdispersionen, trocknende Öle, Leim, Gips und Zement verwendet. Außerdem sind Füllstoffe und Pigmente enthalten. Spachtelmassen sollten gut haften und Unebenheiten ohne Schrumpfen und Rissbildung ausfüllen. Fugendichtungsmassen, Fugendichtstoffe Hier wird zwischen härtenden, plastisch bleibenden und elastisch bleibenden Materialien unterschieden. Dichtstoffe sind dauernd plastisch bleibende Stoffe, die als Bindemittel Bitumen, Steinkohlenteerpech, Kunststoff oder Mischungen aus diesen enthalten, und bei Temperaturen um 20°C ohne Verwendung einer Wärmequelle verarbeitbar sind. Sie werden als Kitte oder Bänder verwendet.
8.3 Mörtel und Beton mit Reaktionsharzen
85
Tab. 8.1: Fugendichtungsmassen [HIMMLER] Werkstoff
Dehnverhalten/Härte
Anwendungshinweise
Bituminöse Massen
plastisch
Heißvergussmasse für starre Fugen im Straßen- und Tiefbau
mit Elastomeren vergütete bituminöse Massen
plastisch
Heißvergußmassen für starre Fugen im Straßen- und Tiefbau
Ölkitte
plastisch, verhärtend
für Glas- bzw. Fensterabdichtungen
Öl-Kautschuk-Kitte
plasto-elastisch
für Glas- bzw. Fensterabdichtungen
Acrylmassen
plastisch bis elastoplastisch, weich
für starre Fugen mit geringer Dehnung
Acrylgummipasten
plasto-elastisch für Abdichtungen im Hochbau mittelweich bis stramm
Butylkautschuk
plasto-elastisch
für Abdichtungen im Hochbau mit geringer Dehnung
Polyisobutylenmastix
plasto-elastisch
Polyurethanmassen
elastisch weich bis mittelhart stramm
für Abdichtungen im Hochbau mit geringer Dehnung ein- und zweikomponentig für Abdichtungen mit größeren Dehnungen im Hoch- und Tiefbau
Polysulfidmassen
elastisch mittelhart bis weich
ein- und zweikomponentig für Abdichtungen mit größeren Dehnungen im Hoch- und Tiefbau
Silikonkautschukmassen
elastisch bis elastoplastisch weich bis sehr weich
ein- und zweikomponentig für Abdichtungen mit größeren Dehnungen im Hoch- und Tiefbau; Anschlussfugen im Sanitärbereich, Versiegelungen bei Verglasungen
Fugendichtungsmassen können ein- oder zweikomponentig sein. Den größten Marktanteil haben Silikon-Dichtungsmassen, gefolgt von den Dichtungsmassen auf der Basis von Polysulfid, Acryl, Polyurethan, Butyl und Polyisobutylen. Die Hauptanwendungen sind Glasbau und Baufugen. Sie müssen eine ausreichende Haftung an den Fugenflanken zur Aufnahme der auftretenden Dehn-, Stauch- und Scherbewegungen ohne Verlust der dichtenden Funktion haben. Die Dichtungsstoffe müssen verträglich mit dem zu dichtenden Baustoff und nachfolgenden Beschichtungsstoffen sein. So ist zum Beispiel sauer härtender Silikonkautschuk nicht geeignet im Zusammenhang mit Beton, während neutral oder basisch härtende Silikonkautschukmassen verträglich sind.
8.3 Mörtel und Beton mit Reaktionsharzen Bei einem Reaktionsharzmörtel oder -beton wird der Zementleim quasi vollständig durch flüssige Reaktionsharze ersetzt, welche nach der Zugabe von
86
8 Anwendungen
Abb. 8.1: Härtungsverlauf von Zement- und Reaktionsharzbeton (qualitativ)
Reaktionsmitteln (Härter, Initiatoren) durch Polyaddition oder Polymerisation aushärten. Als Bindemittel kommen am häufigsten UP-, EP-, MMA- und PUR-Harze zur Anwendung. Die Herstellung erfolgt für die Produktion von Fertigteilen (z.B. Gerinne) in Werken oder auch auf der Baustelle als Reparatur-, Estrich- und Beschichtungsmörtel. Vorteile der Reaktionsharzmörtel und -betone sind hohe Früh- und Endfestigkeiten, hohe Haftzugfestigkeit auf vielen Untergründen, hohe Schlagzähigkeit und Abriebbeständigkeit, Witterungsbeständigkeit und chemische Widerstandsfähigkeit, keine oder geringfügige Wasseraufnahme, elektrische Isolation ebenso dekorative Gestaltungsmöglichkeiten. Die Verträglichkeit im Verbund zu einem anderen Bau- oder Werkstoff ist immer zu bedenken. Dies betrifft vor allem die Berücksichtigung der oft unterschiedlichen thermischen Längenänderungen, was bei wechselnder Temperatur zu erheblichen Scherspannungen in der Verbundzone mit anschließenden Ablösungen/Abplatzungen führen kann. Durch einen entsprechenden Füllstoffanteil kann diese Längenänderung an den Untergrund angepasst werden (siehe Reaktionsharzmassen). Tab. 8.2: Eigenschaften von Reaktionsharzmörtel und -beton
Größtkorn
[mm]
Harzgehalt
[kg/m3]
Rohdichte
[kg/dm3]
Mörtel
Beton
2 bis 4
8 bis 16
16 bis 32
250 bis 600
150 bis 300
100 bis 200
1,7 bis 2,3
2,1 bis 2,4
2,2 bis 2,45
Biegezugfestigkeit [N/mm2]
10 bis 85
Druckfestigkeit
[N/mm2]
40 bis 120
E-Modul
[N/mm2]
2000 bis 38000
Wärmedehnzahl
[10–6
1/K]
2 bis 40
10 bis 20
lineares Schrumpfmaß beim Erhärten [mm/m]
5 bis 12
2 bis 5
8.4 Kunststoffmodifizierter Mörtel und Beton
87
Als Zuschläge werden meist feuergetrocknete Quarzsande, Quarzmehl, aber auch Elektrokorund, Flugasche und Trass verwendet. Wie bei Zementmörtel und -beton sollte die Sieblinie des Zuschlages so gestaltet werden, dass eine optimale Packung erzielt wird. Als höchste Gebrauchstemperaturen gelten für EP-, UP- und PMMA-Mörtel 120°C, für PUR-Mörtel höchstens 100°C. Kurzzeitige Temperaturerhöhungen darüber hinaus sind ohne Beeinträchtigungen der Kennwerte teilweise möglich. Besonders nachteilig sind solch extrem hohe Temperaturen, wie auch sehr niedrige, für den Haftverbund zu andersartigen Bau- und Werkstoffen. Mit einem Verlust der Adhäsion ist hier zu rechnen. Die dauerhafte Einwirkung von heißen Flüssigkeiten (z.B. heißes Wasser) wird von den genannten Bindemitteln i.d.R. bis zu einer Temperatur von 80°C ertragen.
8.4 Kunststoffmodifizierter Mörtel und Beton Die in der Fachliteratur gebräuchlichen Bezeichnungen für Mörtel bzw. Beton, modifiziert mit Kunststoffdispersionen oder redispergierbaren Kunststoffpulvern, sind ◆ PCM – Polymer Cement Mortar oder ◆ PCC – Polymer Cement Concrete. Die deutschen Regelwerke unterscheiden nicht zwischen PCM und PCC: Ein kunststoffmodifizierter Mörtel/Beton PCC ist ein Zementmörtel/-beton mit einem Größtkorn von meist 4 mm und Kunststoffzusatz. Welche Funktion der Kunststoff übernehmen soll, ob er als Verarbeitungshilfe, Verbundhilfe oder als Bindemittel dient, ist aus einer solchen Begriffsdefinition nicht zu entnehmen. Die Modifizierung erfolgt auf 2 grundsätzlichen Wegen: ◆ die Anmachflüssigkeit ist das Gemisch aus Kunststoffdispersion und Wasser, ◆ der Trockenmörtel ist das Gemenge aus Zement, Zuschlag und redispergierbarem Kunststoffpulver. Die Verwendung von Trockenmörteln mit Kunststoffpulvern ist für die Verarbeitung auf der Baustelle unbedingt von Vorteil. Die Möglichkeit von Mischungsfehlern ist weitgehend eingeschränkt. Die Anwendung von Kunststoffdispersionen, insbesondere von Epoxidharz-Emulsionen (ECC, Epoxy Cement Concrete) bleibt deshalb auf Sonderfälle beschränkt. Dispersionen bzw. redispergierbare Pulver für PCC bestehen vor allem aus Vinylacetat-Co- und Terpolymeren, Reinacrylaten, Styren-Acrylsäureester-Copolymerisaten, Styren-Butadien-Copolymerisaten, Vinylpropionat-Copolyisatmeren und Polyvinyliden-Vinylchlorid-Copolymerisaten.
88
8 Anwendungen
Die Dispersionen bzw. redispergierbaren Kunststoffpulver müssen folgende wesentlichen Eigenschaften besitzen: ◆ ausreichende chemische Beständigkeit im basischen Milieu (verseifungsstabil), ◆ kein Koagulieren beim Anrühren des Mörtels, ◆ keine wesentliche Beeinflussung der Zementhydratation, ◆ aus Gründen des Korrosionsschutzes beim Stahlbeton keine wasserlöslichen Chloride, ◆ kein Reemulgieren bei späterer Wasserbelastung. Der Gehalt an modifizierendem Kunststoff wird mit dem Polymer/ZementWert (p/z-Wert) ausgedrückt, analog zum w/z-Wert. Für PCC werden die Kunststoffe in der Größenordnung von 5 % bis 30 % bezogen auf das Zementgewicht zugesetzt. Bei Zugaben unterhalb von 5 % sollte nicht von PCC gesprochen werden. Die Verwendung von beispielsweise Polycarboxylaten in dieser Größenordnung erfolgt lediglich im Sinne eines Betonzusatzmittles (Fießmittel). Die Ziele der Modifikation sind zum Beispiel bessere Verarbeitbarkeit (Verarbeitungshilfe), höhere Zug- und Haftfestigkeit (Verbundhilfe), verbesserte Chemikalienbeständigkeit, günstiges Verschleißverhalten. Während beim Reaktionsharzbeton der Kunststoff alleiniges Bindemittel ist, entsteht beim kunststoffmodifiziertem Mörtel/Beton im Idealfall eine gemeinschaftliche Bindemittelwirkung von Zement und Kunststoff. Es hat sich gezeigt, dass in diesem Fall die Effizienz der Kunststoffmodifizierung für alle oben genannten Funktionen am höchsten ist. Im Wesentlichen werden vier mögliche Gefügeausbildungen diskutiert: ◆ Im Zementstein ist der Kunststoff verteilt, ohne dass sich ein adhäsiver Verbund zwischen den Phasen einstellt. Somit wirkt der Kunststoff im Sinne eines Leichtzuschlages oder von Luftporen festigkeitsmindernd. ◆ Im Zementstein ist der Kunststoff verteilt und ein adhäsiver Verbund zwischen den Phasen existiert. Dadurch ist vor allem eine Steigerung der Zugund Biegezugfestigkeit möglich. ◆ Ein optimales Gefüge liegt vor, wenn der Zementstein von einer zusammenhängenden Kunststoffmatrix durchdrungen wird und beide einen guten Verbund aufweisen. Bei Gehalten von >5 % ist diese Struktur zu realisieren. ◆ Wird mit extrem hohen Kunststoffgehalten gearbeitet, liegt der Zementstein verteilt in der Kunststoffmatrix vor. Es kann hier nicht mehr von einem vorwiegend zementgebundenen System gesprochen werden. Eine Zuordnung als PCC ist demnach nicht sinnvoll. Als Dichtungsschlämmen, welche zu einem großen Teil flexibel sind, werden diese Systeme mit Erfolg angewendet. Die Filmbildung der Dispersionen in der zementgebundenen Matrix bewirkt eine zusätzliche Bindemittelwirkung. Dies bedeutet, dass die Bedingungen der Herstellung und Erhärtung der PCC die Filmbildung ermöglichen müssen. Es muss die Möglichkeit der Austrocknung gegeben sein, eine Lagerung unter
8.4 Kunststoffmodifizierter Mörtel und Beton
89
Abb. 8.2: Strukturausbildungen von ECC (20 % Epoxidharz; verschiedene Härter); links: Netzwerkstruktur des EP; rechts: ungleichmäßige EP-Verteilung, kugelförmige Harzdomänen durch zu hohe EP-Reaktivität
Abb. 8.3: Strukturausbildungen von PCC (10 % Kunststoffe; thermoplastisch); oben: Styren-Butadien-Copolymerisat; Filmbildung unten: StyrenAcrylsäureester-Copolymerisat; feinste Verteilung des Kunststoffes; keine Filmbildung
90
8 Anwendungen
Wasser wirkt dem entgegen, außerdem darf die Mindestfilmbildungstemperatur nicht unterschritten werden. Dies ist bei der Dispersion Abb. 8.3 unten der Fall. Von besonderem Einfluss auf die Ausbildung eines optimalen Gefüges und die Eigenschaften sind: ◆ der Kunststoffgehalt und die Kunststoffart, ◆ die Nachbehandlungs- bzw. Aushärtungsbedingungen, ◆ die Temperatur und Feuchtigkeit bei der Nutzung, ◆ das Filmbildungsvermögen der Dispersion, ◆ das Entstehen von Luftporen, ◆ die Beeinflussung des Hydratationsablaufes des Zementes. Folgende Frisch- und Festmörteleigenschaften werden allgemein durch die Zugabe von Dispersionen bzw. redispergierbaren Pulvern beeinflusst. Frischmörteleigenschaften ◆ Konsistenz In Abhängigkeit von der Art und der Menge des Kunststoffes wirken diese i.d.R. verflüssigend. Ebenso kann die mögliche Verarbeitbarkeitsdauer in Abhängigkeit von der Kunststoffart und -menge, aber auch in Abhängigkeit von der Zementsorte bei Verwendung des gleichen Kunststoffes sich erheblich von der nichtmodifizierter Mörtel analoger Mischungszusammensetzung unterscheiden. Insbesondere modifizierte Mörtel mit EP-Systemen erfahren aufgrund ihrer Klebewirkung Einschränkungen.
Abb. 8.4: Ausbreitmaße verschiedener PCC; Variation: Art, Gehalt des Kunstoffes und Zement; w/z = 0,40
8.4 Kunststoffmodifizierter Mörtel und Beton
91
Die teilweise durch die Modifizierung hervorgerufene erhebliche Verflüssigung ermöglicht die Senkung des w/z-Wertes. Im Ergebnis dessen werden Festigkeitsminderungen (vor allem Druckfestigkeit) ausgeglichen, dichtere und dauerhaftere Mörtel/Betone resultieren. ◆ Wasserrückhaltevermögen Die Zugabe von Kunststoffen führt im Allgemeinen zu einer Erhöhung des Wasserrückhaltevermögens. Trotzdem darf auch für PCC die Nachbehandlung nicht vernachlässigt werden. Da die meisten Kunststoffe eine mehr oder weniger nachhaltige Verzögerung der Hydratation verursachen, würde eine Vernachlässigung der Nachbehandlung die Ausbildung optimaler Eigenschaften beeinträchtigen. ◆ Bluten Der Zusammenhalt der Mörtel/Betone wird bei einem relevanten w/z-Wert (Ausbreitmaß) durch die Modifizierung verbessert, das Bluten reduziert. Problematisch sind mitunter die Verarbeitungseigenschaften der ECC. ◆ Luftgehalt Durch die in den Dispersionen enthaltenen Schutzkolloide und Emulgatoren wird durch den Mischprozeß Luft im PCC zurückgehalten. Die Zugabe von Entschäumern kann dem entgegen wirken. Ist die Mischung eines PCC durch hohe Kunststoffgehalte unverhältnismäßig flüssig, so wird der Luftgehalt sinken, allerdings neigen diese PCC dann auch zum Bluten.
Abb. 8.5: Wasserrückhaltevermögen verschiedener PCC; Variation: Art, Gehalt des Kunststoffes und Zement; w/z = 0,40
92
8 Anwendungen
Abb. 8.6: Luftgehalt verschiedener „Frisch-PCC“; Variation: Art, Gehalt des Kunststoffes und Zement; w/z = 0,38
◆ Frischmörtelhaftung Die Haftung der Frischmörtel/-betone auf einem Altbeton oder auch anders geartetem Untergrund steigt im Allgemeinen mit zunehmendem Kunststoffgehalt. Die Dispersionen selbst weisen sehr gute Klebeeigenschaften auf, was sich in den Eigenschaften der PCC wiederfindet. ◆ Hydratationsbeeinflussung Ob die Kunststoffe selbst oder die Hilfsstoffe der Dispersionen und redispergierbaren Pulver die Hydratation der PCC verzögern, ist noch nicht ausreichend geklärt. Es könnten sowohl die chemischen Wechselwirkungen zu den Zementbestandteilen, aber auch nur die veränderten Stofftransportvorgänge und die veränderte Obeflächenspannung in der Mischung dafür verantwortlich sein. Die Modifizierung kann sowohl zu einer Hydratationsverzögerung, aber auch zu einer Reduzierung des Hydratationsgrades führen. Für die Untersuchung des Hydratatiosverlaufes können sowohl die Differential Calorimetrische Analyse (DCA), Phasenuntersuchungen mittels Röntgendiffraktometrie (XRD) als auch Elektronenmikroskopie herangezogen werden. DCA Im ersten Stadium der Hydratation kommt es zu einem Maximum der Wärmefreisetzung. In der darauf folgenden Ruhephase wird ein Minimum der Wärmefreisetzung erreicht. Die dritte Phase der Zementhydratation wird als Beschleunigungsphase bezeichnet, die mehrere Stunden anhält. Das vierte als Übergangs- oder Verzögerungsphase bezeichnete Stadium ist durch ein weite-
8.4 Kunststoffmodifizierter Mörtel und Beton
93
Tab. 8.3: Hydratationsbeeinflussung verschiedener PCC, untersucht mittels DCA; w/z = 0,5; p/z = 0,15; CEM I 42,5 R Mörtel
4 Phasen der Hydratation Anfangspeak [J/gh / h]
Minimum [J/gh / h]
Maximum [J/gh / h]
Wärme nach 72 Stunden [J/g]
CEM I 42,5 R 0-Probe PCC 2 PCC 3 PCC 4
74,1/0,08 63,3/0,15 64,4/0,06 39,3/0,15
3,0/1,93 1,9/2,48 2,8/2,32 1,5/3,40
19,2/7,71 13,4/10,20 11,9/8,88 9,7/11,00
331,4 280,9 312,0 266,7
CEM I 42,5 R-HS 0-Probe PCC 2 PCC 3 PCC 4
51,0/0,10 35,5/0,09 49,8/0,10 48,6/0,09
2,5/2,17 1,8/2,86 2,1/2,86 1,7/3,28
19,9/8,58 7,6/11,70 13,3/11,90 11,8/11,80
334,2 235,0 309,7 294,8
CEM III/A 42,5 0-Probe PCC 2 PCC 3 PCC 4
32,7/0,10 17,0/0,13 37,6/0,10 34,2/0,08
0,9/2,07 1,6/2,42 1,6/2,48 0,8/3,34
9,3/10,8 6,5/12,30 7,0/12,30 6,2/15,40
219,0 208,3 221,5 184,8
res Maximum gekennzeichnet. Das letzte Stadium der Hydratation ist durch nur noch geringfügige Wärmefreisetzung gekennzeichnet. Durch die Lage und Größe der Maxima und Minima können Rückschlüsse auf die Beeinflussung der Hydratationsablaufes und des Hydratationsgrades gezogen werden. Festmörteleigenschaften ◆ Druckfestigkeit Auf Grund der geringeren Druckfestigkeit der thermoplastischen Kunststoffe, bei den geeigneten EP-Systemen ist die Druckfestigkeit höher, sinkt die Druckfestigkeit der PCC. Da eine Verflüssigung des Frischmörtels/-betons die Regel ist, kann der w/z-Wert unter Behalt guter Verarbeitungseigenschaften gesenkt werden, wodurch ein Ausgleich erzielt werden kann. ◆ Zugfestigkeit, Biegezugfestigkeit Diese Kennwerte erfahren durch den Kunststoffzusatz meist eine Steigerung. Es wird davon ausgegangen, dass die Verstreckung der Kunststoffe durch diese Beanspruchung zu einer Erhöhung der Rissöffnungsenergie führt, wodurch es zu einer Erhöhung des Festigkeitskennwertes kommt. Im Vergleich der Lagerungsarten ist festzustellen, dass eine trockene Lagerung, welche ungünstig für die Zementhydratation ist, sich günstig auf die Filmbildung auswirkt.
94
8 Anwendungen
Abb. 8.7: Druckfestigkeit verschiedener PCC; Variation: Art, Gehalt des Kunststoffes und Zement, w/z = 0,40; Lagerung unter Wasser
Abb. 8.8: Druckfestigkeit verschiedener PCC; Variation: Art, Gehalt des Kunststoffes und Zement; w/z = 0,40; Lagerung 20°C, 65 % rel. Luftfeuchtigkeit
8.4 Kunststoffmodifizierter Mörtel und Beton
95
Abb. 8.9: Biegezugfestigkeit verschiedener PCC; Variation: Art, Gehalt des Kunststoffes und Zement; w/z = 0,40; Lagerung unter Wasser
Abb. 8.10: Biegezugfestigkeit verschiedener PCC; Variation: Art, Gehalt des Kunststoffes und Zement; w/z = 0,40; Lagerung 20°C, 65 % rel. Luftfeuchtigkeit
Eine Kombination der Lagerungen, also auch eine gute Nachbehandlung, optimiert die Leistungsfähigkeit der PCC. ◆ Elastizitätsmodul Bedingt durch die höhere Bruchdehnung und teilweise geringere Festigkeit von PCC erniedrigt sich zwangsläufig der Elastizitätmodul. Eine höhere Elas-
96
8 Anwendungen
tizität wirkt sich besonders im Verbund (beispielsweise Altbeton) positiv aus. Verbundspannungen können so in gewissen Grenzen ertragen werden. Je flexibler der Kunststoff, je höher sein Gehalt (p/z maximal 0,2) und je besser die Filmbildung in der zementgebundenen Matrix ausgeprägt ist, desto stärker wird sich dies auf die elastischen Eigenschaften des PCC auswirken. ◆ Haftfestigkeit Wie für das Haftvermögen von Frischmörtel/-beton führt die Kunststoffzugabe zu einer Steigerung der Adhäsion. Besonders kritisch für den Haftverbund der im Wesentlichen in der Betoninstandsetzung angewandten PCC sind Klimawechsel. Eine besonders hohe Beanspruchung stellen Wechsel der Temperatur und der Feuchte/Nässe dar. Spannungen bei nicht angepassten Systemen führen zu Ablösungen in der Verbundzone. ◆ Kapillarer Flüssigkeitstransport Durch die Kunststoffmodifizierung wird entweder keine Beeinflussung der kapillaren Stofftransportvorgänge oder sogar ihre mitunter drastische Reduzierung erreicht. Ist der Porenraum optimal, der Kunststoff feinst verteilt und hydrophob, kann die größte Verringerung der Wasseraufnahme erreicht werden. Ein Vergröbern des Porenraumes durch einen zu hohen Lufteintrag kann bei geringfügiger oder keiner Hydrophobie des Kunststoffes auch die Wasseraufnahme erhöhen. Die Dichtheit gegen andere Flüssigkeiten hängt ebenso von der Porengrößenverteilung wie von der diesbezüglichen Widerstandsfähigkeit sowohl des Kunststoffes als auch der zementgebundenen PCC-Bestandteile ab.
Abb. 8.11: Wasseraufnahmekoeffizient verschiedener PCC; Variation: Art, Gehalt des Kunststoffes und Zement; w/z = 0,38
8.4 Kunststoffmodifizierter Mörtel und Beton
97
◆ Schwinden Das Schwindverhalten der PCC steht im engen Zusammenhang mit dem Wasserrückhaltevermögen und der Beeinflussung der Hydratation. Im Allgemeinen kann von einer Verzögerung der Schwindprozesse ausgegangen werden. Neben der Art und Menge des Kunststoffes sind hier insbesondere
Abb. 8.12: Porengrößenverteilung verschiedener PCC; Variation Art des Kunststoffes; CEM I 42,5 R-HS; Lagerung: 1 d feucht, 6 d unter Wasser, 83 d 20°C/65 % rel. LF
Abb. 8.13: Porengrößenverteilung verschiedener PCC; Variation Art des Kunststoffes; CEM IIIA 42,5; Lagerung: 1 d feucht, 6 d unter Wasser, 83 d 20°C/65 % rel. LF
98
8 Anwendungen
die Lagerungsbedingungen zu betrachten. Vergleichbare nicht modifizierte Mörtel/Betone weisen oft nach Monaten oder Jahren analoge Schwindmaße auf. ◆ Kriechen Die Eigenschaft der Kunststoffe, vergleichsweise ein starkes Kriechen aufzuweisen, findet sich in den Kriechmaßen der PCC wieder. In Abhängigkeit
Abb. 8.14: Frost-Tausalz-Widerstand eines PCC; CEM I R-HS; p/z = 0,15; w/z: 0,35–0,40–0,50
8.4 Kunststoffmodifizierter Mörtel und Beton
99
vom Kunststoff und dessen Gehalt werden PCC größere Kriechverformungen haben. ◆ Thermische Längenänderung Obwohl diese Längenänderung der Kunststoff beträchtlich größer ist als die von Mörtel oder Beton, erhöht sich die lineare Längenänderung der PCC
Abb. 8.15: Frost-Tausalz-Widerstand der 0-Proben zu Abb.8.14; w/z: 0,35–0,40–0,50
100
8 Anwendungen
nur geringfügig. Bei einem relativ hohem Kunststoffgehalt von 15 % bezogen auf die Zementmenge beträgt der Anteil im Mörtel weniger als 4 %, in einem Beton wäre der Gehalt noch niedriger. Der lineare Wärmeausdehnungskoeffizient von PCC beträgt £ 14 · 10–6 1/K. ◆ Dauerhaftigkeit Neben der Auswirkung auf die zuvor angeführten Kennwerte, ist auch ein Einfluss der Kunststoffmodifizierung auf die Beständigkeit gegen die unterschiedlichsten Einflüsse zu erwarten. Dieser Aspekt sei nachfolgend gestreift. Frostbeständigkeit. Die Dauerhaftigkeit von Mörtel und Beton gegen FrostTausalz-Einwirkungen hängt wesentlich vom Porengefüge aber auch von den kapillaren Stofftransportvorgängen ab. Wie bereits beschrieben, werden diese Eigenschaften von geeigneten Kunststoffen positiv beeinflusst. Schwefelsäurebeständigkeit. Hier wird eine Aussage sowohl gegen den Einfluss von Sulfaten als auch gegen saures Medium getroffen. Eine Prüfung, die z.B. für den Einsatz von PCC im Sielbau notwendig ist. Für eine gute Beständigkeit treffen grundsätzlich die gleichen Prämissen wie bei der Frostbeständigkeit zu. Kommt es auf Aussagen zur Dauerhaftigkeit/Beständigkeit von PCC an, sollten immer entsprechende Eignungsprüfungen durchgeführt werden.
Abb. 8.16: Beständigkeit von PCC gegenSchwefelsäure pH = 2; oben links: Masseverlust; oben rechts: Schädigungstiefe; links: Resttragefähigkeit (Verhältnis der Druckfestigkeit in Säure und zeitgleich in Wasser gelagerter Proben)
8.5 Faserverstärkte Kunststoffe
101
8.5 Faserverstärkte Kunststoffe Durch die Einlagerung von Fasern oder Geweben lassen sich die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen mitunter erheblich verbessern. Von bautechnischem Interesse und Bedeutung ist insbesondere die Glasfaserverstärkung von Polyesterharzen, daneben von Epoxidharzen (Glasfaserverstärkte Kunststoffe GFK). Die Fasern bewirken neben der Steigerung der Zugfestigkeit und des EModuls eine Herabsetzung der Schrumpfens, des Kriechens, der Temperaturempfindlichkeit und der Brennbarkeit. Der Anteil der Glasfasern in GFK beträgt zwischen 20 und 75%. Beispiele für GFK sind: ◆ platten- und schalenförmige Dachkonstruktionen, ◆ Lichtwände und Kuppeln, ◆ Fassadenelemente, ◆ Silos, ◆ Flüssigkeitsbehälter, Tanks, ◆ Rohrinliner, Großrohre, ◆ Schwimmbecken, ◆ Betonschalungen, ◆ Gewächshäuser, ◆ Bewehrungsstäbe, ◆ Zwischenlagen zur Erhöhung der Tragfähigkeit und Rissüberbrückung in der Betoninstandsetzung u.v.a. Zur Herstellung von GFK werden Glasfasern in sehr unterschiedlichen Formen verwendet: ◆ Rovings (Glasseidenstränge mit 100 bis 200 Einzelfäden zu 5 bis 13 µm Dicke), ◆ Glasseidengewebe (verschiedene Gewebebindungsarten), ◆ Glasseidenwirrmatten, Vliese, ◆ Glasstapelfasergewebe. Zum Schutz gegen die Einwirkung von Chemikalien und Witterungseinflüssen werden GFK mit einer sogenannten Gelcoat-Schicht versehen. Es werden verschiedene Verfahren für die Formgebung von GFK angewendet, beispielsweise: ◆ Handauflegeverfahren und Handlaminieren Dabei wird nach dem Auftragen des Gelcoats auf die mit Trennmittel versehene Form (z.B. aus Holz, Blech, Kunststoff) von Hand Gewebe, Matte, Stapelfasern aufgelegt. Darauf wird das Laminierharz mit Pinsel oder Rolle aufgetragen und verteilt.
102
8 Anwendungen
Abb. 8.17: Spannungs-Dehnungslinien von glasfaserverstärktem Polyester
Tab. 8.4: Mechanische Kennwerte von GFK und CFK bei Raumtemperatur und kurzzeitiger Beanspruchung (Richtwerte) [WESCHE] Harz
UP
EP
Verstärkung
Dichte
Zugfestigkeit [N/mm2]
Schlagzähigkeit [kJ/m2]
E-Modul
Art
Menge [%]
[g/cm3]
[N/mm2]
Glasmatte
Glasgewebe Glasrovings Glasgewebe
35 40 50 55 70 60
1,4 1,5 1,6 1,7 1,9 1,8
120 140 180 270 800 330
60 80 160 180 390 130
8000 9000 11000 16000 38000 18000
Carbonrovings Aramidrovings
70 65
1,5 1,4
1600 1800
50 500
140000 85000
◆ Faserspritzverfahren Es werden gleichzeitig Harz und Kurzfasern auf eine einteilige Form gespritzt. ◆ Wickelverfahren Mit Harz getränkte Faserstränge oder Gewebebänder werden in Lagen auf einen zylindrischen Kern zur Herstellung von Rohren gewickelt.
8.6 Schaumstoffe
103
8.6 Schaumstoffe Unter dem Aspekt der Kolloidchemie sind Schäume Gebilde aus gasgefüllten, kugel- oder polyederförmigen Zellen (Poren), welche durch flüssige, halbflüssige, hochviskose oder feste Zellstege begrenzt werden. Bei einer gleichmäßigen, dispersen Verteilung des Gases und dessen Volumenkonzentration von kleiner als 74 % sind die Gasblasen aufgrund der Oberflächenspannung kugelförmig. Wird die Grenze der dichtesten Kugelpackung überschritten, werden die Blasen zu polyedrischen Lamellen komprimiert. Die begrenzenden, über Knotenpunkte verbundenen Zellstege (Häutchen mit einer Dicke von ca. 4–600 nm) bilden ein zusammenhängendes Gerüst. Nach der DIN 7726 sind Schaumstoffe die Bezeichnung für Werkstoffe mit über ihre ganze Masse verteilten offenen und/oder geschlossenen Zellen und einer Rohdichte, die niedriger ist als die der Gerüstsubstanz. Als Gerüstsubstanz können sowohl Kunststoffe als auch anorganische Stoffe (beispielsweise Schaumglas, Blähton, Schaummörtel) wirken. Geschlossenzelliger Schaum liegt dann vor, wenn sich zwischen den Zellstegen Schaumlamellen bilden. Offenzelliger Schaum entsteht, wenn die Schaumlamellen zerstört werden oder diese am Ende der Schaumbildung in die Zellstege zurückfließen. Die Stabilität eines Schaumes hängt also davon ab, ob es gelingt, seine Selbstzerstörung zu verhindern. Die Fixierung eines Schaumes erfolgt entweder über die Verfestigung der aufbauenden Substanz oder temporär durch oberflächenaktive Stoffe (Tenside bei Flüssigkeiten). Normalerweise ist die Wasseraufnahme geschlossenzelliger Schäume etwa Null, offenzelliger Schaum dagegen weist eine hohe Wasseraufnahme auf, aber auch eine geringe Dampfdiffusionswiderstandszahl µ. Infolge Diffusion und Taupunktunterschreitung können sich im Laufe der Zeit allerdings geschlossenzellige Schaumstoffe ebenso teilweise mit Wasser füllen. Die Schaumerzeugung erfolgt auf zwei grundsätzlichen Wegen: ◆ chemisch Treibgas aus der chemischen Reaktion (PUR-Weichschaum), Treibgas aus der chemischen Zersetzung des Treibmittels (PE, PVC) ◆ physikalisch Aufblähen durch Änderung des physikalischen Zustandes des Treibmittels (PF, PS, PUR-Hartschaum), Einmischen mit Gasen in die Grundmasse (PF). Schaumstoffe werden im Bauwesen hauptsächlich zur Behinderung des Wärmedurchtritts durch Bauteile (isolierende Wirkung der Luft) und zur Verringerung der Trittschallausbreitung eingesetzt.
104
8 Anwendungen
Nach zuvor genannter DIN sind folgende Gruppeneinteilungen üblich zur Charakterisierung des Verformungs- und Bruchverhaltens: ◆ Harter Schaumstoff Druckfestigkeit >0,8 N/mm2; bei Erreichen von Grenzlasten sprödes Zerbrechen des Zellgefüges, ◆ Halbharter Schaumstoff Druckfestigkeit oder Druckspannung bei 10 % Stauchung 0,15–0,8 N/mm2, ◆ Weicher Schaumstoff Druckspannung bei 10 % Stauchung <0,15 N/mm2, keine Zerstörung des Zellgefüges, ausschließlich elastische und plastische Verformung, ◆ Elastischer Schaumstoff federt auch bei großen Stauchungen (bis 50 %) nach kurzer Zeit in den Ausgangszustand zurück, die bleibende Verformung darf nicht mehr als 2 % des Ausgangsvolumens aufweisen, ◆ Integralschaum (Strukturschaumstoff) starke Dichteunterschiede zwischen Randzonen und Kern, Randzonen können nahezu frei von Poren sein. Je nach den Gesichtspunkten der Betrachtung von Schaumstoffen gibt es weitere Einteilungskriterien: ◆ nach der Gerüstsubstanz PUR, PS, PVC, ◆ nach der Werkstoffklasse der Gerüstsubstanzen elastomere, thermoelastische oder thermoplastische etc., ◆ nach Art, Größe und Form der Zellen offenzellig, geschlossenzellig, gemischtzellig; grob- und feinzellig; Kugelund Wabenschaumstoffe; doppelschichtig (echt) und einschichtig (unecht), ◆ nach der Dichte leicht: <100 kg/m3; schwer: >100 kg/m3, ◆ nach der Dichteverteilung Struktur- oder Integralschaumstoff (mit fester Außenhaut und zelligem Kern) ◆ in syntaktische Schaumstoffe Einarbeitung von Hohlkügelchen in eine Werkstoffmatrix. Im Gegensatz zum Struktur- oder Integralschaum, wird für die Herstellung von EPS-Partikelschaum (EPS steht für expandierbares PS) in PerlpolymerKugeln ein niedrigsiedender Kohlenwasserstoff (z.B. Pentan) als Treibmittel einpolymerisiert. Die Herstellung von Partikelschaum-Teilen/Blöcken erfolgt in mehreren Schritten bei erhöhten Temperaturen. Einerseits werden die Perlpolymer-Kugeln durch das entweichende Treibgas aufgeschäumt, andererseits versintert der Schaumstoff über die Berührungsflächen der aufgeschäumten Partikel im Formwerkzeug. Die größte technische Bedeutung haben derzeit PUR-Schaumstoffe, gefolgt von den PS-Schaumstoffen. Weiter Schaumkunststoffe werden auf der
a Praxiswerte. n.b. – nicht bekannt.
15–30 0,06–0,25 0,4–1,2 3–12 0,030–0,037 90–10 70–80 B1 20–70 0,2–3 22; 29
kg/m3 N/mm2 N/mm2 N/mm2 W/m K
°C °C Klasse
– Vol.-% Vol.-%
Partikelschaum
Schäumverfahren:
Rohdichte Druckfestigkeit Scherfestigkeit Biege-E-Modul Wärmeleitfähigkeit, trocken, 10°C max. Gebrauchskurzzeit. temperatur langzeit. Brennbarkeit nach DIN 4102 Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl µ Wasseraufnahme 7d ª3a a
PS
Rohstoffgruppe:
100–130 2 7
90–100 80–85 B1
28–35 0,2–0,4 0,9 n.b. 0,030–0,039
150–300 1,5 n.b.
32–60 > 0,5 1,2 > 15
Extruderschaum ohne mit mhaut Schäum
Tab. 8.5: Wichtige Kennwerte von Schaumkunststoffen [WESCHE]
150–450 < 0,5 2; 6
80 60 B1
30–100 0,3–1,2 0,5–1,2 16–35 0,03–0,04
PVC hochdruckgeschäumt
30–130 0,5–4 7; 20
150 80 B2, B1
20–100 0,1–0,9 0,1–1,0 2–20 0,015–0,030
blockgeschäumt
PUR
30–100 n.b. n.b.
120 80 B2
20–75 0,1–0,6 0,05–0,7 1 0,02–0,04
30–300 7–10 13; 22
250 130 B1
30–100 0,2–0,9 0,1–0,5 6–27 0,02–0,03
PF blockgeOrtsschaum schäumt
4–10 1–> 20 6
100 90 B2
5–15 0,01–0,05 n.b. n.b. 0,03
UF Ortsschaum
8.6 Schaumstoffe 105
106
8 Anwendungen
Tab. 8.6: Anwendungstypen, Kurzzeichen und Rohdichten von Schaumkunststoffen [WESCHE] Typ Verwendung im Bauwerk (Kurzzeichen)
a b c
Mindestrohdichte (trocken) [kg/m2] PF
PS Partikel
PS Extruder
PUR
Mindestfestigkeit [N/mm2]
W
Wärmedämmstoffe, 30 nicht druckbelastet z.B. in Wänden u. belüfteten Dächern
15
25
30
0,10 a, b, c
WD
35 Wärmedämmstoffe, druckbelastet z.B. unter druckverteilenden Böden (ohne Trittschallforderung) und in Flachdächern unter der Dachhaut
20
25
30
0,10 a
WS
Wärmedämmstoffe, mit erhöhter Belastbarkeit für Sondergebiete z.B. Parkdecks
35
30
30
30
0,15 a
T
Trittschalldämmstoffe, druckbelastet z.B. Wohnungstrenndecken
keine Anforderungen
0,02 c
Druckfestigkeit oder Druckspannung bei 10% Stauchung, je nach Bruchverhalten. für PS-Partikelschaum gilt a nicht. Zugfestigkeit, gilt nur für Partikelschaum.
Basis von Styren-Copolymeren, PVC hart und weich, Polycarbonaten, Polyolefinen, Polyisocyanuraten, Polymethacrylimiden, Polyamiden, ABS, Phenol- und Harnstoffharzen hergestellt. Wichtige Kriterien für die Beurteilung von Schaumstoffen sind Druck-, Scher-, Biegeverhalten sowie Zug- und Reißfestigkeit, ebenso Dampfdurchlässigkeit und Alterungsbeständigkeit. Im Bauwesen eingesetzte Schaumstoffe müssen mindestens normal entflammbar sein (Klasse B2 nach der DIN 4102), was durch diverse Additive erreicht wird. Dies trifft auch für allseitig umschlossene Dämmschichten zu. Wärmedämmstoffe müssen durch geeignete Prüfungen in die Wärmeleitfähigkeitsgruppen 020, 030, 035 oder 040, PF-Schaum auch in die Gruppe 045 eingeordnet und entsprechend gekennzeichnet sein. Trittschalldämmstoffe sind in die Wärmeleitfähigkeitsgruppen 040 und 045 einzuordnen. Wegen der Abhängigkeit zwischen der Dicke unter Belastung dB, Steifigkeit und Wärmedämmwert sind nicht alle Kombinationen möglich. In der Kennzeichnung ist darum der Wärmedurchlasswiderstand 1/l anzugeben. Die DIN 18164 legt bestimmte Rohdichteklassen und Festigkeiten für unterschiedliche Anwendungszwecke fest.
8.7 Literatur
107
8.7 Literatur DAfStb – Richtlinien Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen. Oktober 2001 DIMMIG, A. Einflüsse von Polymeren auf die Mikrostruktur und die Dauerhaftigkeit kunststoffmodifizierter Mörtel (PCC). Dissertation. Weimar, 2002 DIN 7726 Schaumstoffe; Begriffe und Einteilung DIN 18164 Schaumkusntstoffe als Dämmstoffe für das Bauwesen DIN 55945 Lacke und Anstrichstoffe – Fachausdrücke und Definitionen für Beschichtungsstoffe und Beschichtungen DIN EN 923 Klebstoffe – Benennungen und Definitionen ETTEL, W.-P.; DIECKE, W.; WOLF, H.-D. Bautenschutztaschenbuch. Verlag für Bauwesen Berlin und München, 1992 ETTEL, W.-P. Kunstharze und Kunststoffdispersionen für Mörtel und Betone. Beton-Verlag GmbH, 1998 HELLERICH, W.; HARSCH, B.; HAENLE, S. Werkstoff-Führer Kunststoffe: Eigenschaften, Prüfungen, Kennwerte. Carl Hanser Verlag München Wien, 9. Auflage, 2004 HIMMLER, K. Kunststoffe im Bauwesen. Werner Verlag Düsseldorf, 1981 CD Römpp Chemie Lexikon – Version 1.0. Georg Thieme Verlag Stuttgart/New York, 1995 SAECHTLING, H. Kunststoff-Taschenbuch. Carl Hanser Verlag München Wien, 29. Ausgabe, 2004 SASSE, H. R. u.a. Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen unter Verwendung von Kunststoffen, Sachstandsbericht. Beuth Verlag GmbH Berlin und Köln, 1994 SCHOLZ, W. Baustoffkenntnis. Wener-Verlag GmbH Düsseldorf, 15. Auflage, 2003 SCHORN, H. Betone mit Kunststoffen. Ernst & Sohn Berlin, 1990
9 Identifizierung von Kunststoffen mit einfachen Bestimmungsmethoden
Die vielfältigen, im Bauwesen eingesetzten Kunststoffe mittels einfacher Methoden identifizieren zu wollen, stellt eine unmögliche Aufgabe dar. Die Ermittlung von Kunststoffkombinationen, Polymerisationsgrad, Additiven, Füllstoffen und Pigmenten setzt nicht nur eine entsprechende Ausbildung und Erfahrung voraus, sondern auch eine diesbezügliche Ausrüstung für die unterschiedlichsten, notwendigen Analysen. Dazu gehören beispielsweise Infrarotspektroskopie, Massenspektroskopie und Differentialthermoanalyse. Mit einfachen Methoden ist es oft nur möglich, die grundsätzliche Kunststoffgruppe und bestimmte Eigenschaften, wie das Verhalten gegen Temperatur, das Brandverhalten, das Löseverhalten und die Zersetzungsprodukte im groben Rahmen zu charakterisieren. Für Aussagen hinsichtlich der Eignung von Kunststoffen, für die Beurteilung der Verträglichkeit und möglichen Fügetechnik mit einem bereits vorhandenem Kunststoff sind solche Methoden durchaus brauchbar. In vielen Handbüchern sind hilfreiche Indentifikationstabellen zu finden. Es ist aber zu bedenken, dass Zusätze und bestimmte Kunststoff-Kombinationen die Ergebnisse verfälschen können. Nachfolgend sind einige wenige, ohne Aufwand durchführbare Tests aufgelistet. 1. Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln Die möglichst fein zerteilte Probe (max. 1 g) wird in ein Reagenzglas gegeben und mit den Lösungsmitteln abgedeckt. Die Reagenzgläser werden anschließend mit Stopfen fest verschlossen. Die Proben werden ohne Erwärmung mehrere Stunden (mind. 2) bis Tage beobachtet und von Zeit zu Zeit geschüttelt. 2. Prüfung auf thermoplastisches und duroplastisches Verhalten Eine kleine Probe ist in ein Glühröhrchen mit den Maßen l = 100 mm und d = 10 mm einzubringen, mit schwacher Flamme langsam zu erwärmen und das Schmelzverhalten zu beobachten. Nach ca. 1 Minute treten Zersetzungsschwaden auf. Es ist solange Wärme zuzuführen, bis die Zersetzungsschwaden das offene Ende des Glühröhrchens erreichen. Mit schwach angefeuchtetem Indikatorpapier (z.B. Unitest für pH-Wert-Bereiche von 1 bis 10; Lackmuspapier), das quer über das freie Ende des Glühröhrchens ge-
u–q u–q l q q u u u u u
TL
Löslichkeit in
Lösungsmittel: TL: Toluen MC: Methylenchlorid EA: Ethylacetat AC: Aceton
Erläuterungen: Löslichkeit: u: unlöslich q: quellbar l: löslich
PE PP PS PVC-hart PVC-weich PTFE PETP CA PUR (linear) EP
Kunststoff
u–q u–q l q q u q l–u u q
EA u–q u l q q u u l u q
AC n n n ss ss ss n s a a oder n
Reaktion der Schwaden
Reaktion der Schwaden: a: alkalisch n: neutral s: sauer ss: stark sauer
I I II III III V IIx II II II
Schmelzverhalten
Kunststoffe: PE: Polyethylen PP: Polypropylen PS: Polystyren PVC: Polyvinylchlorid PTFE: Polytetrafluorethylen
Schmelzverhalten: I: Schmelze ohne Zersetzen II: Schmelze mit Zersetzen III: Zersetzen ohne Zersetzen V: kaum Veränderung x: starkes Sublimat
u–q u–q l q q u q q l q
MC
Tab. 9.1: Identifikation von Kunststoffen
paraffinartig wie PE mit fruchtigem Beigeruch süßlich, leucht-gasähnlich stechend, brenzlig wie PVC-hart und mild fruchtig bei Rotglut stechend schwach fruchtig, brenzlig stechend, verbranntes Papier erstickend stechend fruchtig oder fischig oder phenolartig
Geruch der Schwaden
PETP: Polyethylentherephthalat CA: Celluloseacetat PUR: Polyurethan EP: Epoxidharz
Brennverhalten: 0: keine Entzündung I: brennt in der Flamme II a: brennt weiter, tropft nicht II b: brennt weiter, tropft +: stark rußend
II b II b II a+ I I–II 0 II b+ II b II b II
Brennverhalten
9 Identifizierung von Kunststoffen mit einfachen Bestimmungsmethoden 109
110
9 Identifizierung von Kunststoffen mit einfachen Bestimmungsmethoden
halten wird, ist es möglich, die chemische Reaktion der Zersetzungsgase zu charakterisieren. 3. Brandverhalten und Geruchsprüfung Die Kunststoffprobe wird mit der Pinzette, Spatel oder Tiegelzange in die Flamme gehalten. Falls eine Entzündung der Probe erfolgt, ist dies an einer Veränderung der Flammfärbung zu erkennen. Die Probe wird anschließend aus der Flamme genommen und beobachtet, ob die Probe weiterbrennt oder die Flamme sofort verlischt, ob sich eine abtropfende Schmelze bildet oder nicht. Brennende Proben werden ausgelöscht. Nach dem Verlöschen der Probe kann durch vorsichtiges Riechen an den Brandschwaden der für viele Kunststoffe charakteristische Geruch bestimmt werden. Insbesondere für die Geruchsprüfung ist die Verwendung von bekannten Vergleichsproben sinnvoll. Unter Hinzunahme der Tabelle, kann eine Kunststoffprobe letztendlich nach dem Ausschlussprinzip identifiziert werden. Wie bereits bemerkt, können bestimmte Zusammensetzungen die Aussagen verfälschen.
Literaturverzeichnis DOLEZEL, B.; VON MEYSENBURG, C.-M. Die Beständigkeit von Kunststoffen und Gummi. Carl Hanser Verlag München,1978 ETTEL, W.-P. Kunstharze und Kunststoffdispersionen für Mörtel und Betone. Beton-Verlag GmbH, 1998 SAECHTLING Kunststoff Taschenbuch. Carl Hanser Verlag München Wien, 29. Ausgabe, 2004 STARK, J.; KRUG, H. Baustoffpraktikum. Band 3: Spezielle Untersuchungen und Querschnittsversuche. Schriftenreihe des F.A. Finger-Institutes für Baustoffkunde der Bauhaus-Universität Weimar, Universitätsverlag, 1999
10 Funktionen und Eigenschaften
Obwohl den Regelwerken entsprechend hergestellte und der Atmosphäre mit geringen bis mäßigen Verunreinigungen ausgesetzte Betonbauteile grundsätzlich dauerhaft sind, treten in der Praxis zahlreiche Anwendungsfälle für den Schutz von Betonoberflächen auf (vgl. Tab. 10.1). Dabei sind neben ästhetischen vor allem technische Gründe, wie Schützen des Bauteils bei besonderen witterungs- und nutzungsbedingten Beanspruchungen, aber auch Erhöhen oder Wiederherstellen der Gebrauchseigenschaften, zu nennen. In den meisten Fällen werden für den Schutz und die Instandsetzung von Beton polymergebundene oder –modifizierte Werkstoffe, in Form von sogenannten Imprägnierungen, Versiegelungen oder Beschichtungen eingesetzt. Beschichtungsstoffe auf mineralischen Untergründen und Beton für Fassaden werden nach EN 1062-1 nach technischen Kriterien eingeteilt. Folgende Merkmale finden dabei Berücksichtigung: ◆ Wetterbeständigkeit, ◆ Haftung, ◆ Glanz, ◆ Schichtdicke, ◆ Struktur, ◆ UV-Beständigkeit, ◆ Wasserdampf-Durchlässigkeit, ◆ Kohlenstoffdioxid-Durchlässigkeit, ◆ Pilz- und Algenresistenz, ◆ Rissüberbrückung. Einige wesentliche Eigenschaften von Beschichtungen, die zur Erfüllung der Funktionen erforderlich sind, werden im Folgenden beschrieben. Typische Aufbauten von Beschichtungssystem und deren Verarbeitung werden in Kap. 12, 13 und 14 beschrieben.
10.1 Kohlenstoffdioxiddurchlässigkeit Eine ausreichende Betondeckung stellt bei bewehrten Betonbauteilen sicher, dass die für den Korrosionsschutz der Stähle erforderliche Alkalität in der
112
10 Funktionen und Eigenschaften
Tab. 10.1: Gründe für Maßnahmen zum Schutz der Oberflächen bei Beton und Beispiele nach [KLOPFER].
a
Typ a
Zweck
B, L
Verbessern der optischen Wirkung
bei lokalen Nachbesserungen, Flecken
B
Farbgestaltung, Markierungen, Hinweise
im Hochbau an Fassaden, Verkehrsregelung, Gefahrenabwehr
B, I, L
Vermindern von Verschmutzung, biologischem Bewuchs, Durchfeuchtung mit Dunkeleffekt
Fassaden, Repräsentationsbauwerke
B, BR
Stoppen der Carbonatisierung
bei geringer Überdeckung der Stähle oder erhöhter gasförmiger Säureeinwirkung
B, BR, L
Stoppen des atmosphärischen Säureabtrags
zur Relieferhaltung von bewitterten Betonoberflächen
B, V
Rückhalten von Wasser im jungen Beton
anstelle von Feuchthaltung, z.B. beim Kaminbau, Kühlturmbau Fertigteilherstellung
V, B, L
Kompensieren geringer Betondeckung von Stahleinlagen
Nachbesserungsmaßnahme
V
Reduzieren des Abriebs
lndustriefußböden, Betonfahrbahnen, Silos
B, V, BR
Verbessern des Widerstandes gegen Frost- und Frost-Taumittel-Angriff
an Verkehrsflächen, z.B. Autobahnen, Rampen, im Wasserbau
B, BR
Erreichen der Desinfizierbarkeit bzw. Dekontaminierbarkeit
in Krankenhäusern, Trinkwasserbehältern
BR
Abdichten
in Behältern, Gewässerschutz bei der Industrie, Kernkraftwerken
B BR V I L
Anwendungsbeispiele
Beschichtung, Beschichtung, rissüberbrückend, Versiegelung (Rili SIB 2001; Imprägnierung), Imprägnierung (Rili SIB 2001: Hydrophobierung), Lasuranstrich.
Umgebung der Stahloberfläche langfristig erhalten bleibt [KLOPFER, STARK/WICHT]. Falls die planmäßige Betondeckung nicht eingehalten werden kann oder die Beanspruchung der Bauteile unerwartet hoch ist, ist ein Schutz vor zu raschem Carbonatisierungsfortschritt erforderlich. Dazu ist zu verhindern, dass Kohlenstoffdioxid (CO2) in den Untergrund gelangt. Dies erfolgt z.B. durch Beschichtungen, die CO2 einen genügend großen Diffusionswiderstand entgegensetzen. Das Verhalten von Beschichtungen gegenüber CO2-Diffusion und der Einfluss auf die Carbonatisierungsverzögerung wurde in den letzten 3 Jahrzehnten intensiv untersucht. Der Diffusionswiderstand gegen CO2 eines Beschichtungsfilms wird auch als äquivalente Luftschichtdicke sD (CO2) bezeichnet, die angibt, wie dick eine Schicht ruhender Luft sein müsste, um dem diffundierenden Kohlenstoffdioxid den gleichen Widerstand entgegenzusetzen wie der Beschichtungsfilm mit der Schichtdicke s.
10.1 Kohlenstoffdioxiddurchlässigkeit
113
Abb. 10.1: Karbonatisierungsfortschritt unbeschichteten Betons unterschiedlicher Festigkeit [nach KLOPFER]
sD(CO2) = s · m(CO2)
(10.1)
mit sD(CO2) [m] s [m] m(CO2) [–]
äquivalente Luftschichtdicke für CO2 Trockenschichtdicke des Beschichtungsfilms Diffusionswiderstandszahl der Beschichtung für CO2
Die kennzeichnende Größe für den trockenen Beschichtungsfilm ist die Diffusionswiderstandszahl µ (CO2), die im Laborversuch, z.B. durch gravimetrische Verfahren [ENGELFRIED], ermittelt werden kann. Die Bestimmung ist in DIN EN 1062-6 geregelt. In der Literatur wurden zahlreiche Werte für die Größenordnung veröffentlicht. Beispiele der Diffusionswiderstandszahl für verschiedene Baustoffe und Beschichtungen sind Tabelle 10.2 zu entnehmen. Ergebnisse aus umfangreichen Messungen an mineralischen Baustoffen sowie an Spachtelmassen, Imprägnierungen (früher: Versiegelungen) und Beschichtungen wurden von ENGELFRIED bewertet. ◆ Bei Baustoffen (Gips-, Kalk-, Kalkzement- und Zementputz, Beton) ist die Diffusionswiderstandszahl grundsätzlich geringer als bei den Beschichtungen. Ursache dafür ist ausschließlich die offene Porenstruktur der Baustoffe. ◆ Zementgebundene Spachtelmassen, die kunststoffmodifiziert sind, weisen meist eine relativ hohe Durchlässigkeit für Kohlenstoffdioxid auf. Dagegen ist der Diffusionswiderstand von kunststoffgebundenen Spachtelmassen (z.B. Epoxidharzspachtel) deutlich höher.
114
10 Funktionen und Eigenschaften
◆ Sogenannte Dispersionssilikatfarben und Fassadenfüllfarben besitzen vergleichsweise niedrige Diffusionswiderstände gegen CO2. ◆ Die Diffusionswiderstandszahlen von sogenannten Siloxanfarben, deren Bindemittel aus einem hohen Anteil aus Acrylharz und einem geringen Anteil aus Siloxan besteht, streuen erheblich (103…106). Als Ursache wird eine gelegentliche Unverträglichkeit der Bindemittel vermutet. ◆ Beschichtungen auf Acrylharzbasis, gelöst oder als Dispersion, weisen in der Regel Diffusionswiderstandszahlen von 106 auf. Die Durchlässigkeit für CO2 hängt signifikant von der PVK ab. Die PVK (Pigment-Volumenkonzentration) beeinflusst die CO2-Durchlässigkeit von Beschichtungen erheblich. Bei einer PVK von 30% bis 40% erreicht der Diffusionswiderstand ein Maximum und fällt mit zunehmendem Füllgrad der Beschichtungen erheblich ab (Abb. 10.5). Ähnliches gilt für die H2O-Diffusion, Abb. 10.7. ◆ Epoxid- und Polyurethanbeschichtungen sind dichter gegenüber Kohlenstoffdioxiddiffusion als Beschichtungen auf Acrylharzbasis. Aufgrund der chemischen Vernetzung weisen diese Stoffe offensichtlich ein dichteres Gefüge auf. Die höhere Dichtigkeit ist jedoch für die Praxis nicht relevant. ◆ Durch Hydrophobieren von Putz und Beton mit Acrylharz- oder Siliconharzlösungen mit geringem Festkörperanteil erhöht sich der Diffusionswiderstand des behandelten Baustoffes nicht. Bei Einsatz von Hydrophobierlösungen mit höherem Festkörperanteil nimmt der Diffusionswiderstand gegenüber dem unbehandelten Baustoff zu. ◆ Die Diffusionswiderstand für Wasserdampf ist bei allen untersuchten Stoffen deutlich geringer als für Kohlenstoffdioxid. Dies wird auf unterschiedliche Einflüsse der Transportmechanismen bei den betrachteten Gasen zurückgeführt. Zum anderen ist davon auszugehen, dass das etwas kleinere und
Abb. 10.2: Abhängigkeit des Carbonatisierungsfortschrittes von der äquivalenten Luftschichtdicke für CO2 einer Beschichtung [KLOPFER]
Tab. 10.2: Diffusionswiderstandszahlen verschiedener Baustoffe und Beschichtungen [ENGELFRIED] Bezeichnung
Baustoffe Zementputz Normalbeton C 30/37
Schichtµ (CO2) dicke [µm] [-]
µ (H2O) [-]
sD (CO2) [m]
sD (H2O) [m]
sD,BD (CO2) [m]
10.000
70
20
0,7
0,2
0,2
10.000
200 … 500
40 … 70
2…5
0,4 … 0,7
0,7 … 1,7
25
130
0,4
0,2
0,013
Spachtel, Mörtel ZM-Schlämme 1.500 mit AY-Dispersion Feinmörtel mit AY-Dispersionszusatz
10.000
1.200
250
12
2,5
4
Grobmörtel mit AY-Dispersionzusatz
10.000
80
75
0,8
0,75
0,27
Feinmörtel mit EP-Zusatz
500
215.000
2.400
108
1,2
36
Feinmörtel mit EP-Dispersionszusatz
500
910
165
0,5
0,08
0,15
100
2750 … 19.800
150 … 6.300
0,28 … 1,98 0,02 … 0,63 0,1 … 0,7
Acrylat, lösemittelhaltig
100
2.500.000
15.000
250
Acrylat, Dispersion
150
Acrylat, Dispersion, rissüberbrückend
300
Acrylat mit Siloxan, pigmentiert, lösemittelhaltig
100 … 120 2000 … 1.700.000
Epoxidharz, lösemittelfrei, unpigmentiert
100
Epoxidharz, lösemittelfrei, pigmentiert
100
Beschichtungen Dispersionssilikat
1,5
83
2.000.000 … 500 … 15.000 300 … 600 4.000.000
0,08 … 2,3
100 … 200
600.000
400
180
0,1
60
200…12.500
0,2 … 204
0,02 … 1,5
0,1 … 68
10.000.000 100.000
100
10,0
333
4.500.000 … 40.000 7.500.000
450 … 750
4,0
150 … 250
Epoxid-Polyurethan 200
480.000
4.300
96
0,86
32
1k-PUR, lösemittelhaltig, pigmentiert
150
1.300.000
1.000
195
0,15
65
1k-PUR, lösemittelhaltig, unpigmentiert
150
71.000.000
43.000
10.650
6,45
3.550
2k-PUR, lösemittelhaltig, pigmentiert, rissüberbrückend
200
790.000
520
158
0,1
53
116
10 Funktionen und Eigenschaften
Abb. 10.3: Einfluss unterschiedlicher Oberflächenschutzsysteme auf den Karbonatisierungsfortschritt bei trockenen und feuchten Lagerungsbedingungen (nachENGELFRIED/ TÖLLE])
leichtere Wassermolekül in größerer Zahl diffundiert, weil es im Polymer „löslich“ ist, als das schwerere und „unlösliche“ Kohlenstoffdioxidmolekül. Dichtigkeit der Beschichtung gegenüber CO2 ist nicht erforderlich. Eine Beschichtung kann als carbonatisierungsbremsend bezeichnet werden, wenn die äquivalente Luftschichtdicke (vgl. Gl. 10.1) für Kohlenstoffdioxid sD ≥ 50 m [KLOPFER, RILI-SIB] beträgt (vgl. auch Abb. 10.2). Der Grenzwert für sD entspricht ungefähr dem Diffusionswiderstand eines 10 cm dicken Normalbetons (C 30/37). Damit eine Beschichtung in der Praxis flächendeckend carbonatisierungsbremsend wirkt, ist ein fehlstellenfreier Film erforderlich. Beschichtungen auf Beton müssen daher mindestens eine Schichtdicke von 100 µm aufweisen, um einen geschlossenen Film zu erzeugen. Obwohl bei hohen Diffusionswiderstandszahlen die erforderliche Schichtdicke rechnerisch geringer ist, muss aufgrund von Schichtdickenschwankungen, Schichtdickenabbau durch Witterungseinflüsse und Alterung die zuvor genannte Untergrenze der Schichtdicke eingehalten werden. Abbildung 10.3 zeigt den Einfluss unterschiedlicher Oberflächenschutzsysteme auf den Carbonatisierungsfortschritt bei unterschiedlichen Lagerungsbedingungen. Daraus geht hervor, dass ungeeignete System, die aufgrund ihrer Porenstruktur erheblich durchlässig für Kohlenstoffdioxid sind, keine carbonatisierungsbremsende Wirkung aufweisen. Gerade durch den Effekt des Trockenhaltens des Betons und die dadurch nicht durch Wasser verschlossenen Poren wird die Carbonatisierungsgeschwindigkeit im Vergleich zum unbeschichteten Beton auch bei beregneten Proben sogar vergrößert. Dieser Ef-
10.1 Kohlenstoffdioxiddurchlässigkeit
117
fekt tritt ebenfalls bei ausschließlich mit siliziumorganischen Werkstoffen hydrophobierend behandelten Betonflächen auf. Der Diffusionswiderstand einer Beschichtung nimmt infolge Alterung nicht nur durch die eventuell verminderte Schichtdicke ab. Auch die Diffusionswiderstandszahl scheint sich ungünstig zu verändern (Abb. 10.4). Diese Zusammenhänge sind bislang jedoch noch weitgehend unerforscht. Erste Ergebnisse aus systematischen Untersuchungen stellt ENGELFRIED in seiner Dissertation vor.
Abb. 10.4: Der zeitliche Verlauf der Carbonatisierung von beschichtetem Beton im Vergleich zu nicht beschichtetem Beton unter Berücksichtigung der Kreidung [KLOPFER]
Abb. 10.5: Diffusionswiderstandszahlen (CO2-Diffusion) einer üblichen Dispersionsbeschichtung für Betonoberflächen in Abhängigkeit von der Pigment-Volumenkonzentration (PVK) nach ENGELFRIED
118
10 Funktionen und Eigenschaften
10.2 Verhalten gegenüber Wasser 10.2.1 Mechanismen des Wassertransports Eine Übersicht bekannter Mechanismen des Wassertransports zeigt Tabelle 10.3. Nach einem Modell von ROSE laufen verschiedene Transportmechanismen von der Wasserdampfdiffusion bis zur Kapillarität in Abhängigkeit vom Wassergehalt in porösen Baustoffen z.T. gleichzeitig ab. Im folgenden werden die Transportmechanismen von besonderer baupraktischer Bedeutung, Diffusion und Kapillarität, näher betrachtet.
10.2.2 Diffusion Grundsätzlich sind alle Beschichtungen aus organischen Polymeren durchlässig für Wassermoleküle (H2O) infolge des Transportmechanismus der Diffusion. Dabei ist die Diffusionsart Lösungsdiffusion von überwiegender Bedeutung [KLOPFER]. Die kennzeichnende Größe für das Diffusionsverhalten eines Beschichtungsfilms ist die Diffusionswiderstandszahl µ (H2O). Die Diffusionswiderstandszahl wird gravimetrisch, z.B. gemäß EN 1062-2, die als DIN EN ISO 7783-2 veröffentlicht wurde, bzw. EN ISO 12572 (früher: DIN 52615) oder DIN 53122, bestimmt. Rili SIB fordert das sogenannte Feuchtbereichs- oder Wet-Cup-Verfahren, wobei der Wasserfilm einem Feuchtegefälle von ca. 100% auf 50% relativer Feuchte bei einer Temperatur von 23°C unterliegt. Einige Beispiele für die Größenordnung der Diffusionswiderstandszahl sind Tabelle 10.2 zu entnehmen. Der Diffusionswiderstand gegen Wasser eines Beschichtungsfilms wird als äquivalente Luftschichtdicke sD (H2O) bezeichnet, die angibt, wie dick eine Schicht ruhender Luft sein müsste, um dem diffundierenden Wasser den gleichen Widerstand entgegenzusetzen wie der Beschichtungsfilm mit der Schichtdicke s. sD(H2O) = s · m(H2O)
(10.2)
mit sD (H2O) [m] s [m] µ (H2O) [–]
äquivalente Luftschichtdicke für H2O Trockenschichtdicke des Beschichtungsfilms Diffusionswiderstandszahl der Beschichtung für H2O
Abbildung 10.6 [KLOPFER, RICKEN] zeigt den Verlauf der Diffusionswiderstandszahlen von Acrylatbeschichtungen im Vergleich zu alkalischem Beton in Abhängigkeit von der relativen Feuchte der umgebenden Luft. Festzustellen ist, dass mit Zunahme der relativen Feuchte die Diffusionswiderstandszahlen bei deutlich baustoffabhängiger prozentualer Verringerung abnehmen. Das bedeutet, dass der Diffusionswiderstand bei hohen Luftfeuchten grundsätzlich
10.2 Verhalten gegenüber Wasser
119
Tab. 10.3: Die verschiedenen Mechanismen des Wassertransports in vergleichender Gegenüberstellung [KLOPFER] Mechanismus
Merkmale
Beispiele
Lösungsdiffusion
Wassermoleküle quasi oder echt gelöst in Flüssigkeit oder Gel. Moleküle des durchwanderten Körpers müssen relativ beweglich sein, z.B. quellbar, aber nicht kristallin. Gesetz: FICK’sches Gesetz
Quellbare, organische Polymere, z.B. Gummi, Bitumen, Kunststoffe und Beschichtungen auf Basis organischer Polymerer Flüssigkeiten.
Wasserdampfdiffusion (Gasdiffusion)
Wassermoleküle im Gaszustand in der Luft von Poren. Durchgehender Porenräume erforderlich. Gesetz: FICK’sches Gesetz und Gasgesetze
Gase Poren relativ trockener poröser Stoffe, z.B. Holz, Gips, Ziegel. Beschichtungen auf Basis Wasserglas, Zement und Kalk.
Oberflächendiffusion
Wassermoleküle diffundieren in dünner Schicht auf Porenwandungen. Durchgehende Porenräume erforderlich. Stets mit Dampfdiffusion gekoppelt. Gesetz: unbekannt.
Poröse Stoffe mit großer innerer Oberfläche in mäßig feuchtem Zustand, z.B. Sandstein, gebrannter Ton, Papier.
Kapillarität
Flüssiges Wasser fließt in Poren eines Körpers unter der Wirkung seiner Oberflächenspannung. Poren des Körpers durchgehend und wasserbenetzbar. Gesetz: unbekannt
Wasserbenetzbare, poröse Stoffe, z.B. Gips, Ziegel, Kalkstein, wenn diese in relativ trockenem Zustand mit flüssigem Wasser in Berührung kommen.
Fließen, Sickern
Flüssiges Wasser fließt in Poren infolge von Druckunterschieden, Oberflächenspannung ist ausgeschaltet. Gesetz: DARCY’sches Gesetz
Grobporige Stoffe oder grobporige Bezirke in Baustoffen bei teilweiser oder völliger, sowie feinporige Stoffe bei völliger Wassersättigung.
Elektrokinese
Flüssiges Wasser strömt unter der Wirkung eines elektrischen Feldes in Poren. Gesetz: Abgewandeltes DARCY’sches Gesetz.
Feinporige Stoffe oder wasserquellbare organische Polymere, z.B. Schluff- und Sandböden, Sandsteine, Beschichtungen.
geringer ist als bei niedrigen. Hierdurch wird mehr Wasser pro Zeiteinheit transportiert. Bei mineralischen porösen Baustoffen, z.B. Beton, ist die Anlagerung des Wassers an die Porenwände Ursache für die Reduzierung der Diffusionswiderstandszahl. Bei geringen Porenradien treten bei höheren Luftfeuchten eher sogenannte Wasserinseln auf, die den Wassertransport an diesen Engstellen beschleunigen. Bei organischen Polymerbeschichtungen nimmt die Diffusionswiderstandszahl aufgrund der Lösungsdiffusion annähernd linear über den gesamten Feuchtebereich ab. Bei Beschichtungen hängen die Diffusionswiderstandszahlen erheblich von der Art des Bindemittels und zudem von der Art der Pigmente und Füllstoffe sowie dem Füllgrad (PVK) ab.
120
10 Funktionen und Eigenschaften
Abb. 10.6: Diffusionswiderstandszahlen von a) Beton, b) kunststoffvergütetem Zementputz und c) Acrylatbeschichtungen als Funktion der relativen Luftfeuchte [KLOPFER, RICKEN]
Damit infolge Wasserdampfdiffusion keine Feuchteschäden an beschichteten (Beton-)Bauteilen entstehen, sind die Randbedingungen bei der Festlegung der zulässigen Grenzwerte für die diffusionsäquivalente Luftschichtdicke zu berücksichtigen. Rili SIB fordert bezüglich der H2O-Diffusion für Oberflächenschutzsysteme, die an Fassaden und anderen nicht befahrenen Flächen eingesetzt werden (OS 2, OS 4 und OS 5), Diffusionswiderstände unter 4 m. DIN EN ISO 7783-2 unterteilt Beschichtungen bezüglich des Diffusionsverhaltens in 3 Klassen: ◆ Klasse I (hoch): sd < 0,14 m ◆ Klasse II (mittel): 0,14 m < sd < 1,4 m ◆ Klasse II (hoch): sd > 1,4 m
10.2 Verhalten gegenüber Wasser
121
Abb. 10.7: Diffusionswiderstandszahlen (H2O-Diffusion) einer üblichen Dispersionsbeschichtung für Betonoberflächen in Abhängigkeit von der PVK (nach ENGELFRIED)
10.2.3 Kapillarität und Wasserdurchlässigkeit Im Gegensatz zu mineralischen Baustoffen besitzen Beschichtungen aus organischen Polymeren nach dem Erhärten keine Poren. Daher nehmen sie kapillar praktisch kein Wasser auf und schützen Bauteile dadurch auch vor der Aufnahme wasserlöslicher Stoffe, z.B. Chloriden. Werden mit Polymerbeschichtungen versehene poröse mineralische Baustoffe in flüssiges Wasser getaucht, sind dennoch Masseänderungen infolge Wasseraufnahme und Wasserdurchlässigkeit über die Zeit feststellbar. Diese Masseänderung wird im Gegensatz zur kapillaren Wasseraufnahme kapillar saugender Baustoffe als Wasserdurchlässigkeit bezeichnet. Hinweis: Der Begriff Pore darf nicht mit dem Begriff Fehlstelle gleichgesetzt werden. Poren sind Hohlräume, die zur regulären Struktur eines Baustoffes, z.B. Porenbeton und überkritisch gefüllter Beschichtungen, zählen. Als Fehlstellen werden bei unterkritisch gefüllten Beschichtungen vereinzelt auftretende eingeschlossene Luftblasen bezeichnet. Diese stellen eine Ausnahme dar und sind daher nicht typisch für das Stoffverhalten. In Analogie zur kapillaren Wasseraufnahme gem. DIN EN ISO 15148 wird die Wasserdurchlässigkeitsrate durch Eintauchen einer (beschichteten) Probe wenige Millimeter tief in Wasser und Wägen der Probe in bestimmten Zeitabständen ermittelt. Aus den Messergebnissen wird die Wasserdurchlässigkeitsrate w nach folgender Gleichung berechnet:
122
10 Funktionen und Eigenschaften
Abb. 10.8: Beziehungen zwischen der Oberflächenspannung, dem Randwinkel und weiteren Kapillareigenschaften nach KLOPFER
Abb. 10.9: Kapillar-Aszension und Kapillar-Depression sowie Randwinkel J
m=w·÷ `t
(10.3)
mit m [kg/m2] t [h] w [kg/m2 h0,5]
flächenbezogene Wasseraufnahme und Wasserdurchlässigkeit Zeit Wasserdurchlässigkeitsrate
Da die Masseänderung einem Wurzel-Zeitgesetz folgt, besitzt die Wasserdurchlässigkeitsrate w die Einheit kg/(m2 · h0,5). In DIN 4108 und DIN EN 1062-3 wird das kapillare Verhalten von Baustoffen in Abhängigkeit vom Wasseraufnahmekoeffizienten bzw. der Wasserdurchlässigkeitsrate gemäß Abb. 10.10 klassifiziert. Aufgrund verschiedener bauphysikalischer Betrach-
10.2 Verhalten gegenüber Wasser
123
Abb. 10.10: Verschiedene Klassifizierungen der kapillaren Saugfähigkeit bzw. der Wasserdurchlässigkeit nach der Größe des Wasseraufnahmekoeffizienten bzw. der Wasserdurchlässigkeitsrate
tungen, die hier nicht näher erläutert werden, schlägt KLOPFER eine neue Klassifizierung vor. Bei geringem Druck (z.B. Wasser auf horizontalen Oberflächen) und bei periodischer Wassereinwirkung (Regen) soll kein flüssiges Wasser in das Bauteil eindringen können. Die wasserabweisende Wirkung wird bereits von einer nicht filmbildenden Hydrophobierung durch die Änderung des Randwinkels (vgl. Abb. 10.9) ermöglicht. Durch Hydrophobieren anschließend beschichteter kapillar saugender Bauteile werden Folgeschäden, z.B. Verseifungs- oder Hydrophobierungsreaktionen der organischen Polymerbeschichtungen, weitgehend verhindert (vgl. Abb. 10.11).
Tab. 10.4: Kapillarer Wasseraufnahmekoeffizient bzw. Wasserdurchlässigkeitsrate verschiedener Baustoffe und Beschichtungen. Baustoff
kapillarer Wasseraufnahmekoeffizient bzw. Wasserdurchlässigkeitsrate [kg/m2 h0,5]
Beton Beton, hydrophobiert Dispersionsbeschichtung Reaktionsharzbeschichtung
0,1 … 0,5 0,05 < 0,01 < 0,001
124
10 Funktionen und Eigenschaften
a) Ausgangssituation
b) Wasserabgabe infolge Kapillarität (schneller Transportmechanismus)
c) Wasserabgabe infolge Diffusion (langsamer Transportmechanismus)
d) Ablösen der starren Deckbeschichtung (z.B. gelöstes AY-Beschichtung) bei fehlender Hydrophobierung des Untergrundes Abb. 10.11: Wirkung einer hydrophobierenden Grundierung unter einer starren Beschichtung, z.B. auf Acrylatbasis (s = 100 µm), auf einem mineralischen Untergrund nach KLOPFER
10.2 Verhalten gegenüber Wasser
125
10.2.4 Speicherung Alle (Bau-)Stoffe, außer Metall, Glas und einige weitere Stoffe, besitzen aufgrund der praktisch immer auftretenden Wassereinwirkung einen natürlichen Wassergehalt, der die Stoffeigenschaften merklich beeinflussen kann. Als natürlicher Wassergehalt wird die Wassermenge definiert, die den Gleichgewichtszustand zur Intensität der Wassereinwirkung aus einer natürlichen Umgebung darstellt. Der Intensität der Wassereinwirkung entspricht die „relative Luftfeuchte“, die zwischen 0% bei trockener, wasserfreier Luft und 100% bei vollständig wasserdampfgesättigter Luft, bei der flüssiges Wasser kondensiert, betragen kann (Abb. 10.12). Wasser kann an die Oberfläche oder in das Innere eines festen Körpers aufgenommen werden: a) Mineralische Stoffe lagern Wasser in der Regel ausnahmslos an der inneren (z.B. Beton und Zementmörtel) oder äußeren (z.B. Glas, Metall) Oberfläche an. b) Wasserquellbare Stoffe, zu denen nahezu alle Kunststoffe zählen, nehmen Wasser in ihr Inneres auf. Dabei wird das Wasser quasi gelöst. Abbildung 10.13 zeigt für verschiedene Baustoffe den Wassergehalt in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte. Die dargestellten Kurven werden Sorptionsisotherme genannt. Mögliche Wassergehalte von Polymerbeschichtungen im Vergleich zu alkalischem und carbonatisiertem Beton zeigt Abb. 10.14. Im Gegensatz zu Beton können Beschichtungen aus organischen Polymeren wenig Wasser speichern. Nur bei Polymerbeschichtungen kann die hygroskopische Gleichge-
Abb. 10.12: Wasserdampfgehalt der Luft in Abhängigkeit von der Temperatur und der relativen Luftfeuchte
126
10 Funktionen und Eigenschaften
Abb. 10.13: Sorptionsisotherme a) verschiedener Beschichtungen und b) alkalischer Betone [KLOPFER]
Abb. 10.14: Mögliche Wassergehalte von Polymerbeschichtungen im Vergleich zu alkalischem und karbonatisierten Beton [KLOPFER]
wichtsfeuchte u100 angegeben werden, da deren Sorptionsisotherme nicht wie die des mineralischen Baustoffs Beton bei der relativen Feuchte j = 100% eine vertikale Tangente besitzen. Während der Filmbildungsphase mit Wasser benetzte Dispersionsbeschichtungen können aufgrund noch aktiver Schutzkolloide (siehe auch Kapitel 7) durch Wasseraufnahme erheblich quellen. Infolge der Längenänderung
10.2 Verhalten gegenüber Wasser
127
Abb. 10.15: Kurz nach dem Applizieren aufgrund noch aktiver Schutzkolloide gequollene Dispersionsbeschichtung an einer Fassade nach Niederschlägen
der Beschichtung und partiell erst geringen Haftens kann sich dabei der Beschichtungsfilm vom Untergrund blasenartig abheben (vgl. Abb. 10.15).
10.2.5 Baupraktische Bedeutung des hygrischen Verhaltens Häufig wird die Gefahr der Feuchteschäden durch Beschichtungen überschätzt bzw. Schäden an beschichteten Flächen fälschlich dem Diffusionsverhalten der Beschichtung zugeschrieben. Durch neue numerische Berechnungsverfahren können jedoch heute selbst instationäre Verhältnisse mit unterschiedlichen Randbedingungen in guter Annäherung simuliert werden. Dadurch konnte z.B. folgendes gezeigt werden [KLOPFER]. a) Beschichtete Betonaußenwand im Tagesrhythmus des Außenklimas Der Tagesrhythmus der Umgebungsbedingungen (Temperatur und rel. Luftfeuchte) beeinflusst den Verlauf des Wassergehaltes lediglich in einer oberflächennahe Zone an der Außenseite einer Betonaußenwand. Oberflächenschutzsysteme, z.B. lösemittelhaltige bzw. dispergierte Betonbeschichtungen, auf der äußeren Betonoberfläche reduzierten den Schwankungsbereich der Betonfeuchte und wirken sich bei konstantem Innenklima von 20°C und 50% r.L. nicht ungünstig auf den Wassergehalt des Querschnitts aus. b) Beschichtete Betonaußenwand zwischen Raumklima im Jahresverlauf des Außenklimas Die Feuchteverteilungen in einer Betonschale, die z.B. die Außenwand eines beheizten Gebäudes mit Wohnklima darstellt und auf deren äußere
128
10 Funktionen und Eigenschaften
Oberfläche Freiluftklima einwirkt, verändert sich im Jahresverlauf wesentlich an der raumseitigen Oberfläche, während an der Außenoberfläche nur eine geringe Schwankung des Wassergehalts auftritt. Außenbeschichtungen beeinflussen die Betonfeuchte nur gering; jedoch steigt mit zunehmender Dichtigkeit der Außenbeschichtung gegen Wasserdampfdiffusion die Feuchte des darunterliegenden Betons geringfügig an. c) Betonwand mit Beschichtung an der Außenseite zwischen Innenklima mit konstant hoher Feuchte und Außenklima Die Berechnung der Betonfeuchte in einem Wandquerschnitt (z.B. Kühlturmschale), bei dem innen konstant 100% r. L. herrschen und der an der Außenseite beschichtet ist, zeigt, dass auch im dritten Jahr nach dem Aufbringen der Außenbeschichtung auch bei extrem dampfdichter Beschichtung noch unbedenkliche Feuchtegehalte im Bereich der beschichteten Oberfläche vorliegen. Jedoch bei Außenbeschichtungen mit äquivalenten Luftschichtdicken ab 1 m sammelt sich unter der Außenbeschichtung Feuchtigkeit an. Im stationären Zustand, der bei den betrachteten Bedingungen nach ca. 10 Jahren eintritt, führen äquivalente Luftschichtdicken von mehr als 2 m zu hohen Betonfeuchten unter der Außenbeschichtung. Die Betonfeuchte nimmt schon bei Oberflächenschutzsystemen mit kleinen sd-Werten an der Außenseite deutlich zu. Aus den Simulationsrechnungen ist zu folgern, dass Betonquerschnitte unter den angegebenen Bedingungen außenseitig mehrere Jahre lang nach dem Aufbringen auch von sehr wasserdampfdichten Außenbeschichtungen nicht gefährdet sind. Langfristig gesehen sind dagegen, wenn die Betonwand innenseitig keine dampfbremsende Beschichtung erhält, ausschließlich relativ wasserdampfdurchlässige Außenbeschichtungen zulässig. Ansonsten besteht die Gefahr von Frostschäden in der äußeren Betonrandzone oder von Verbundschwächen zwischen Beschichtung und Beton durch die Einwirkung der Alkalität des Betons auf die Verbundfläche durch Quellen der Beschichtung. d) Beschichteter Betonboden in einer mäßig beheizten Halle An einer Bodenplatte wurde die Feuchteverteilung untersucht, die sich im Anschluss an das Betonieren der Bodenplatte einstellt. An der begangenen Oberfläche ist die Betonplatte mit einer relativ wasserdampfdichten Epoxidharzbeschichtung versehen, die kurz nach dem Betonieren aufgebracht wurde. Der anfänglich wassergesättigte Beton trocknet unter diesen Bedingungen innerhalb von nur etwa 5 Jahren nach oben weitgehend aus, obwohl dort die recht dampfdichte Beschichtung vorliegt. An der Unterseite der Stahlbetonplatte stellt sich eine mäßig hohe Betonfeuchte ein, trotz einer unterhalb einer Polyethylenfolie vorliegenden Kiesschicht mit 100% r. L. Das Beispiel zeigt, dass auch ein sehr junger und noch feuchter Beton, der auf Erdreich aufliegt, nach dem Beschichten mit einer relativ wasserdampfdichten Beschichtung bei oberhalb vorherrschendem Raumklima kontinuierlich austrocknet.
10.3 Mechanische Eigenschaften
129
e) Beschichtete Betonplatte zwischen Außenklima und Erdreich Bei der Berechnung des Feuchtehaushalts einer Betonplatte ohne und mit aufgebrachter Beschichtung, die unterseitig an Erdreich und oberseitig an Freiluftklima grenzt, wurde an der Unterseite der Bodenplatte eine 1 m dicke Erdschicht mitbetrachtet. Im Laufe der Jahre wird die obere Erdschicht immer trockener, ebenso die Stahlbetonplatte, obwohl bei dem berechneten Fall die Betonoberfläche mit einer recht dampfdichten Beschichtung bedeckt ist. Im stationäre Zustand, der sich nach längerer Zeit (etwa 10 Jahre) in der Betonplatte und dem Erdreich einstellt, ist der Unterschied der Feuchtegehalte einer unbeschichteten zu einer sehr dampfdicht beschichteten Betonoberfläche bemerkenswert gering. Außerdem ist in beiden Fällen die sich einstellende Betonfeuchte kleiner als der Ausgangswert, der 80% rel. Luftfeuchte entsprach. Die Beispiele der beschichteten Bodenplatten zeigen, dass Bodenbeschichtungen nach dem Beschichten eine Zeit lang an der Verbundfläche durch Feuchte beeinflusst werden. Die Beschichtungen müssen für diese Belastung auf jeden Fall geeignet sein. Mittel- und langfristig trocknet der Beton unterhalb der Beschichtung immer aus, wenn nicht ungünstige Randbedingungen, z.B. anstehendes Grundwasser, dies verhindern. Typische Schäden an Kunststoffbeschichtungen (Ablösungen, Blasen, Risse, Verfärbungen) sind daher bei genauer Untersuchung oft nicht durch rückseitige Durchfeuchtung verursacht, sondern oft auf andere Ursachen zurückzuführen. Auf einen älteren Betonboden aufgebrachte Beschichtungen sind selbst im Freien nicht durch Feuchte im Betonuntergrund gefährdet.
10.3 Mechanische Eigenschaften 10.3.1 Eigenspannungen Beschichtungsstoffe werden in flüssigem Zustand z.B. mit dem Pinsel, mit der Rolle oder mit Spritzgeräten auf den Untergrund aufgetragen. Anschließend erhärten sie durch physikalisch oder chemische Vorgänge zu einer festen Beschichtung. Bei der Filmbildung tritt meist ein Volumenverlust durch Schrumpfen oder Schwinden der Bindemittel auf, der durch Zuschläge und Füllstoffe minimiert werden kann. Durch die chemische Reaktion kann sich die Beschichtung zusätzlich erwärmen. Diese Einflüsse führen zu thermischen und hygrischen Eigenspannungen, die die Eigenfestigkeit des Baustoffs überschreiten können, so dass Risse und Verbundschwächen zum Untergrund auftreten. Die Spannungen, die z.B. in einen Mörtel in einer Ausbruchstelle auftreten können, werden vereinfacht durch die folgende Gl. 10.4 qualitativ beschrieben.
130
10 Funktionen und Eigenschaften
E es a · DJ b ≥ 8 83 + 84 1 – n 1 + js 1 + jJ
冢
冣
(10.4)
In der Gleichung bedeuten:
b E n es js a DJ jJ
[N/mm2] [N/mm2] [–] [–] [–] [K–1] [K] [–]
Eigenfestigkeit Elastizitätsmodul Querkontraktionszahl Schwinddehnung Beiwert für den zeitlichen Verlauf des Schwindens thermischer Längenänderungskoeffizient Temperaturänderung Beiwert für den zeitlichen Verlauf der Temperaturdehnung
Aus diesem Grunde werden Werkstoffe, wie z.B. kunststoffmodifizierte Zementmörtel oder polymergebundene Mörtel, vom Materialhersteller so formuliert, dass die erhärtungsbedingten Spannungen gering bleiben. Zum einen sollten der Elastizitätsmodul und die Schwindverformungen des applizierten Werkstoffes minimiert werden und zum anderen sollte der thermische Längenänderungskoeffizient in der Größenordnung des Koeffizienten des Untergrundes liegen. Auch im Gebrauchszustand müssen Mörtel oder Beschichtungen möglichst spannungsarm auf Temperatur- und Feuchtewechsel reagieren. In Gl. 10.4 geht man von der Idealvorstellung des rein elastischen Verhaltens aus. In der Praxis ist dieses bei polymergebundenen Werkstoffen jedoch von ausgeprägtem plastischem Verhalten deutlich überlagert. Dies ist für den praktischen Einsatz, z.B. von Beschichtungen unumgänglich. Am leichtesten können Spannungen durch plastifizierende Zusatzbindemittel (Weichmacher), d.h. durch Kriechen, abgebaut werden.
10.3.2 Verbundverhalten Vollflächiges Haften einer Beschichtung auf dem Untergrund ist für die Funktionsfähigkeit bedeutend. Bei mechanischer Beanspruchung, z.B. durch Flurförderfahrzeuge oder infolge thermisch-hygrischer Einflüsse, können sonst an Stellen ohne Verbund zum Untergrund unzulässige Scherspannungen auftreten, die eventuell ein weiteres Enthaften der Beschichtung zur Folge haben. Auch im Falle der Gefahr von Osmose spielt der Verbund der Beschichtung zum Untergrund und der Schichten des Beschichtungsaufbaus untereinander eine erhebliche Rolle [LITTMANN]. Der Verbund (Adhäsion) zwischen Untergrund und Beschichtung wird neben einer ausreichenden Rauhtiefe und einer ausreichenden Oberflächenzugfestigkeit der zu beschichtenden Oberfläche durch Aufbringen bindemittelreicher Grundierungen vor dem Beschichten gefördert. Diese benetzen die Betonoberfläche bestens, dringen in Poren des Untergrundes ein und bilden praktisch keine Schichtdicke.
10.3 Mechanische Eigenschaften a
131 c
b
Abb. 10.16: Unterschiedliche Haftzuggerät: a) mit Handkurbel betrieben, b) elektrische betrieben (Foto: Form und Test) und c) mit Steuergerät und Hydraulikzylinder auf Dreibein-Stativ (Foto: ERICKSEN)
Durch geeignete Prüfungen kann der Verbund von Beschichtungen untereinander bzw. zum Untergrund ermittelt werden. Die Haftzugfestigkeit ist ein Maß für den Widerstand, den ein Beschichtungsfilm oder eine oberflächennahe Baustoffschicht auf Grund ihres Haftvermögens einer mechanischen Trennung vom Untergrund entgegensetzt. Die Messung der Haftzugfestigkeit erfolgt in der Regel durch den Abreißversuch, z.B. mit Hilfe eines aufgeklebten Stahlstempels, der mit elektrisch oder elektrohydraulischem Zugprüfgerät mit gleichmäßiger Kraftsteigerung senkrecht zum Untergrund abgezogen wird. Der zu prüfende Bereich wird zunächst mit einer Kernbohrmaschine angebohrt. (Alternativ wird die Beschichtung um den später aufgeklebten Zugkörper herum mit dem Messer bis zum Untergrund eingeschnitten.) Die Prüfstelle muss anschließend getrocknet werden. Danach kann der Haftzugstempel unter Verwendung eines geeigneten Klebers aufgeklebt werden. Nach vorgegebener Aushärte-zeit des Klebers wird der Zugkörper mit dem Zugzylinder gekoppelt und vertikal zur Abdichtungsebene mit einer kontinuierlich zunehmenden Kraft belastet. Die Kraftsteigerung mittels Haftzugprüfgerät erfolgt bis zum Bruch (Abreißen des Stempels). Nach dem Bruch wird die Bruchfläche visuell geprüft. Dabei ist zwischen adhäsivem Bruch zwischen Beschichtung und Untergrund sowie kohäsivem Bruch in der Beschichtung oder im Untergrund zu unterscheiden.
132
10 Funktionen und Eigenschaften
Mit dem Abreißversuch wird auch die Festigkeit einer Oberfläche (Oberflächenzugfestigkeit) ermittelt. Diese Prüfmethode kann zur Qualitätssicherung verwendet werden, um z.B. die Untergrundvorbereitung zu beurteilen. Beide Prüfverfahren sind in den Regelwerken ZTV-ING, Teil 3 Massivbau, Abschnitt 4 Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (früher: ZTV-SIB 90) und Rili SIB beschrieben. Die Prüfmethode kann zwischen etwa +5°C und +25°C erfolgen. Unterhalb von +5°C wird die Aushärtung des Klebers unsicher, oberhalb +25°C wird die „Weichheit“ der Beschichtung infolge des thermischen Verhaltens zum ausschlaggebenden Merkmal. Je nach Typ der Beschichtung ist die Haftzugfestigkeit temperaturabhängig, daher ist bei jeder Prüfung nach dem Bruch die Untergrundtemperatur zu bestimmen. Die Prüfmethode kann auf horizontalen, geneigten und vertikalen Untergründen angewendet werden. Durch Temperaturwechsel ist der Verbund zwischen Untergrund und Industriebodenbelägen, die im Freien verlegt werden und die regelmäßig durch Heißdampf bei Reinigungsvorgängen beaufschlagt werden, erheblich beansprucht. Die thermische Längenänderung aller Flüssigkunststoffe liegt deutlich über der des Betonuntergrundes. Bei Durchschreiten des Glasumwandlungsbereiches nimmt der Elastizitätsmodul bei niedrigeren Temperaturen zu. Die dabei entstehenden Eigenspannungen der Beschichtung muss der Betonuntergrund in Form von Scherspannungen aufnehmen. Dabei gilt als Stabilitätsbedingung folgende Ungleichung: 2s = t < bs = n · bA
(10.5)
2EB · EU 834 DJ · (aB – aU) < n · bA EB · EU
(10.6)
Hierin bedeuten: EB bzw. EU DJ aB aU bA n
bs
Elastizitätsmodul der Beschichtung bzw. des Untergrundes Temperaturdifferenz thermische Längenänderung der Beschichtung thermische Längenänderung des Untergrundes (Beton, Estrich) Oberflächenzugfestigkeit des Untergrunds nach dem Vorbereiten Faktor für die Oberflächenqualität des Betons nach dem Vorbereiten (n = 2, 3, 5, …) Scherfestigkeit des Untergrunds nach dem Vorbereiten
Zahlenbeispiel Betonuntergrund:
EU = 3600 Nmm–2 aU = 12 · 10–6 K–1 bA = 2,5 Nmm–2 n = 3 nach der Untergrundvorbereitung
10.3 Mechanische Eigenschaften
Beschichtung:
133
EB = 18000 Nmm–2 aU = 22 · 10–6 K–1
Temperaturänderung: DJ = 30 K 2 · 18000 · 3600 Stabilitätsbedingung: 9992 · 30 (22 – 12) · 10–6 < 3 · 2,5 18000 + 3600 7,2 < 7,5 Das Beispiel zeigt, dass die Stabilitätsbedingung zwar gerade erfüllt ist, bei größeren Temperaturänderungen bzw. bei geringerer Oberflächenzugfestigkeit des Untergrundes Schäden zu erwarten sind. Beschichtungen für Temperaturwechselbeanspruchung sind daher so zu formulieren, dass thermische Längenänderung und der Elastizitätsmodul möglichst niedrig sind. Durch Relaxieren der Beschichtung müssen daher sich bildende Spannungen zusätzlich abgebaut werden können.
10.3.3 Befahrbarkeit Beanspruchung durch Fahrzeuge kann zu Schäden an Beschichtungen führen. Bei mehrschichtigen Systemen mit weicher Zwischenschicht und harter Deckschicht können Risse in der Deckschicht infolge unzulässig hoher mechanischer Belastung auftreten. Nach Angaben der FMPA Stuttgart treten bei einer angenommenen Radlast von 30 kN die in Abb. 10.17 aufgezeigten Pressungen auf der Oberfläche des Bodens auf. Mechanische Beanspruchun-
Abb. 10.17: Bodenpressung einer Radlast von 30 kN bei Einsatz unterschiedlicher Bereifungsarten
134
10 Funktionen und Eigenschaften
Tab. 10.5: Gruppen mechanischer Beanspruchungen nach DIN 18560-2
a
Beanspruchungsgruppe
Flurförderfahrzeuge, Bereifungsart a
Beanspruchung durch Arbeitsabläufe und Fußgängerverkehr (Beispiele)
I (schwer) 35 N/mm2 bis 100 N/mm2
Stahl und Polyamid
Bearbeiten, Schleifen und Kollern von Metallteilen, Absetzten von Gütern mit Metallgabeln, Fußgängerverkehr mit mehr als 1000 Pers./Tag
II (mittel) 5 N/mm2
Urethan-Elastomer und Gummi
Schleifen und Kollern von Holz, Papierrollen und Kunststoffteilen, Fußgängerverkehr von 100 bis 1000 Pers./Tag
III (leicht) 1 N/mm2 bis 3 N/mm2
Elastik und Luftreifen
Montage auf Tischen, Fußgängerverkehr bis 100 Pers./Tag
Gilt nur für saubere Bereifung. Eingedrückte harte Stoffe und Schmutz auf Reifen erhöhen die Beanspruchung.
gen werden in DIN 18560-2, Tabelle 1, in drei Gruppen eingeteilt, vgl. Tabelle 10.3. In keinem der einschlägigen Regelwerke für Oberflächenschutzsysteme Rili SIB und ZTV-ING, Teil 3 Massivbau, Abschnitt 4 Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (früher: ZTV-SIB) werden Forderungen aus Beanspruchungen durch Befahren der Bodenbeschichtungen aufgeführt. Nach den Bau- und Prüfgrundsätzen (BPG) für Beschichtungen im Gewässerschutz kann jedoch die Befahrbarkeit eines Beschichtungssystems nach einem Verfahren der FMPA Baden-Württemberg geprüft werden. Dabei wird das Befahren mit Gabelstaplern und Hubwagen durch Überfahren beschichteter Kreisringe entweder mit einem Rad aus Vulkolan (PUR-Basis, vollgummiartig) bzw. einem Rad aus Polyamid (hart, kleine Auflagefläche) in einer speziellen Prüfeinrichtung simuliert. Die Befahrbarkeit gilt als gegeben, wenn nach einer festgelegten Anzahl von Überfahrungen unter definierten Versuchsbedingungen keine erkennbaren Schäden an der Beschichtung auftreten. Brems- und Zentrifugalkräfte in Kurven stellen die maßgeblichen Verkehrslasten dar [KLOPFER]. Erste Überlegungen zeigen [HOMANN], dass zwischen einschichtigen und zweischichtigen Beschichtungen zu unterscheiden ist.
Abb. 10.18: Vereinfachte Darstellung der Verkehrsbelastung einer einschichtigen Bodenbeschichtung [HOMANN]
10.3 Mechanische Eigenschaften
135
a) Bei einschichtigen Beschichtungen ist die Scherfestigkeit des oberflächennahen Untergrundes entscheidend für die Funktionsfähigkeit der Beschichtung. Nimmt man beispielsweise eine an einem Rad eines Gabelstaplers mit einer Aufstandsfläche von 25 · 100 mm2 wirkende Bremskraft von 5000 N an, resultiert daraus an der Haftfläche im Beton die Scherkraft von 5000 N t = 0052 = 2 Nmm–2 25 · 100 mm
(10.7)
Nach [Homann] beträgt die aufnehmbare Scherspannung eines Betons der Festigkeitsklasse C 30/37 8 N/mm2 und die einer Epoxidharz-PolyurethanBeschichtung mit einem Verhältnis EP: PUR von 1:2 über 5 N/mm2. Die Belastungen aus Staplerverkehr werden demnach ohne Schwierigkeiten von homogenen Beschichtungen ertragen. Beton einer geeigneten Festigkeitsklasse in Verbindung mit gründlichem Vorbereiten, z.B. durch Strahlen mit körnigem Strahlmittel, und Auftragen einer Grundierung besitzt in der Regel die erforderliche Scherfestigkeit. b) Besteht die Beschichtung aus einer flexiblen Zwischenschicht und einer starren Deckschicht, so wird die Bremskraft allein durch die Deckschicht aufgenommen (vgl. Abb. 10.19). Die längenbezogene Zugkraft eines mittleren Gabelstaplers aus dem Lastfall Bremsen hat HOMANN rechnerisch abgeschätzt zu ≤ 50 N/mm. Danach ergibt sich die aufzunehmende Zugkraft in der Deckbeschichtung bei einer Breite der Kontaktfläche eines Rades von 100 mm aus 5000 N ZB = 95 = 50 Nmm–1 100 mm
(10.8)
Messungen an freien Beschichtungsfilmen zeigen, dass die aufnehmbare Zugkraft einer 2 mm dicken EP- bzw. EP/PUR-Beschichtung ohne Gewebeeinlage nicht ausreicht, die Bremslasten aufzunehmen (Tab. 10.6). Um das Einreißen der Deckbeschichtung zu verhindern sind daher Einlagen aus Glasfasergewebe erforderlich.
Abb. 10.19: Vereinfachte Darstellung der Verkehrsbelastung einer zweischichtigen Bodenbeschichtung nach Homann
136
10 Funktionen und Eigenschaften
Tab. 10.6: Aufnehmbare Zugkraft 2 mm dicker Beschichtungen unterschiedlicher Bindemittel ohne und mit Einlage bei 20°C nach HOMANN Bindemittelvariante und Beschichtungsaufbau
F/b [N/mm]
EP EP:PUR 1:1 EP:PUR 1:2 EP:PUR 1:1 mit Einlage EP:PUR 1:2 mit Einlage
47 40 16 115 97
10.3.4 Griffigkeit Die Bezeichnung Griffigkeit, auch Kraftschlussvermögen oder Gleitwiderstand genannt, wird für die Eigenschaft von Fahrbahnoberflächen verwendet, die die Größe der maximal vom Reifen auf die Fahrbahnoberfläche abstützbaren Antriebs-, Brems- und Seitenkräfte bestimmt. Die stoffliche Beschaffenheit und die geometrische Eingestaltung der Oberfläche beeinflussen die Griffigkeit. Die Griffigkeit trockener, nicht grob verschmutzter Fahrbahnoberflächen ist gemeinhin hoch und gering geschwindigkeitsabhängig. Bei nassen Fahrbahnoberflächen sinkt die Griffigkeit mit zunehmender Geschwindigkeit mehr oder minder stark ab. Die Griffigkeit wird durch Bestimmen des Reibungswiderstandes gemessen. Dazu stehen zwei unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Zum einen wird besonders in Deutschland das Verfahren der Messung von Gleitbeiwerten am blockierten Schlepprad [Merkblatt über Straßengriffigkeit und Verkehrssicherheit bei Nässe] angewandt. Zum anderen kann die Griffigkeit mit handlichen Pendelgeräten nach der Arbeitsanweisung für kombinierte Griffigkeits- und Rauheitsmessungen mit dem Pendelgerät und dem Ausflussmesser der Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen [Arbeitsanweisung für kombinierte Griffigkeits- und Rauheitsmessungen mit dem Pendelgerät und dem Ausflussmesser] bzw. EN 13036-4 ermittelt werden.
Abb. 10.20: Schematische Darstellung des Pendelgerätes nach der Arbeitsanweisung für kombinierte Griffigkeits- und Rauheitsmessungen der Forschungsgesellschaft für Straßenwesen (A Gleitkörper, B Pendelarm, C Schleppzeiger, D Maßstab für Reiblänge)
10.3 Mechanische Eigenschaften
137
10.3.5 Rutschsicherheit In Arbeitsräumen und -bereichen ist die rutschhemmende Wirkung von Fußböden aus Gründen der Verhinderung von Unfällen von großer Bedeutung. In Deutschland wurde vom Fachausschuss „Bauliche Einrichtung“ der Zentralstelle für Unfallverhütung und Arbeitsmedizin (ZefU) im Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVGB) das Merkblatt ZH 1/571 (BGR 181) herausgegeben. Nach dem in dem genannten Merkblatt beschriebenen Verfahren und nach DIN 51130 wird die Rutschhemmung durch Begehen einer geneigten Ebene mit einem festgelegten Prüfschuh ermittelt. Die Prüfebene wird dabei mit einem definierten Öl benetzt. Festgestellt wird der Neigungswinkel der Prüfebene gegen die Horizontale, bei der die Prüfperson beginnt zu rutschen. Entsprechend diesem ermittelten Neigungswinkel wird die rutschhemmende Wirkung bewertet (Tab. 10.7). Die Rutschhemmung kann nach dem Verfahren gemäß DIN 51130 nicht an eingebauten Beschichtungen, sondern ausschließlich an Proben im Labor ermittelt werden. Daher wird die geforderte Rutschhemmung durch Einhalten der entsprechenden Herstellerangaben (Einstreumedium, Korngrößenverteilung, einzustreuende Menge und Zeitpunkt des Einstreuens) für das Erzielen einer bestimmten Oberflächenrauheit erreicht. Prüfungen am Einbauort einer rutschhemmenden Beschichtung können mit dem Gleitreibungsmessgerät „Floor-Slide-Control FSC 2000“ durchgeführt werden [MAGNER]. Die dabei ermittelten Werte sind nicht mit den Bewertungsgruppen des Merkblattes BGR 181 vergleichbar. Tab. 10.7: Bewertungsgruppe der Rutschhemmung in Abhängigkeit vom korrigierten mittleren Gesamtakzeptanzwinkel Korrigierter mittlerer Gesamtakzeptanzwinkel
Bewertungsgruppe der Rutschhemmung
3 … 10 > 10 … 19 > 19 … 27 > 27 … 35 > 35
R9 R10 R11 R12 R13
Tab. 10.8: Bezeichnung des Verdrängungsraumes in Abhängigkeit vom Mindestvolumen [BGR 181] Bezeichnung des Verdrängungsraumes
Mindestvolumen des Verdrängungsraumes (cm3/dm2)
V4 V6 V8 V10
4 6 8 10
138
10 Funktionen und Eigenschaften
Die Rutschgefahr steigt mit Zunahme gleitfördernder Stoffe, die auf die Bodenoberfläche gelangen können. Daher ist für die Rutschsicherheit einer Bodenbeschichtung zudem der Verdrängungsraum der rauen Oberfläche maßgebend. Der Verdrängungsraum wird als der zur Gehebene offene Hohlraum unterhalb der Gehebene definiert. Die in BGR 181 aufgeführten Mindestvolumen des Verdrängungsraumes sind auf Tabelle 10.8 wiedergegeben.
10.3.6 Verschleißwiderstand In der Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton werden an Beschichtungssysteme für Bodenbereiche (OS 11 und OS 13) Anforderungen an die Verschleißfestigkeit gestellt. Durch Prüfverfahren zum Ermitteln des Verschleißwiderstandes soll das Begehen durch Personen simuliert werden, um die Größenordnung des dabei entstehenden Abriebs zu ermitteln. Von Bedeutung ist die Kenntnis der Abriebneigung zudem zur Beurteilung der Staubemission eines Untergrundes. In der Praxis können z.B. bei sprödharten EP-Beschichtungen jährliche Abriebsraten von 100 µm in Verkaufsmärkten und 300 µm in Kassenbereichen betragen [HILLEMEIER et al.]. Zum Ermitteln des Verschleißwiderstandes sind unterschiedliche Verfahren üblich: a) An Beton- und Estrichböden wird das Abriebverhalten durch das in DIN 52108 geregelte Schleifscheibenverfahren nach Böhme festgestellt. Dabei wird das Volumen des Abriebs auf eine Prüffläche von 50 cm2 bezogen. b) Kunstharzbeschichtungen werden bezüglich des Abriebverhaltens gemäß DIN 53754 nach dem Reibradverfahren mit dem Taber Abraser nach ASTM D 4060 geprüft. Die Prüffläche wird dabei von einem Reibrollenpaar mit einer Masse von je 1000 g beansprucht. Die Abriebmenge wird gravimetrische nach 1000 Umdrehungen bei einer Frequenz von 1 Hz ermittelt. c) Bei der kombinierten Griffigkeits- und Verschleißfestigkeitsprüfung werden Oberflächenschutzsysteme für begeh- und befahrbare Flächen mit mindestens erhöhter Rissüberbrückungsfähigkeit auf handelsübliche Faserzementplatten (200/ 200/5) mm2 appliziert. Je Aufbau werden mindestens 2 Faserzementplatten verwendet. Zunächst wird beim Prüfen der Probe mit Deckversiegelung die Griffigkeit in der in Abschnitt 10.3.4 beschriebenen Weise mit dem Pendelgerät bestimmt. Die anschließende Prüfung der Verschleißfestigkeit erfolgt in Anlehnung an DIN EN 660-1. Die Oberfläche wird durch gleichzeitige Dreh- und Gleitbewegung mechanisch beansprucht, wodurch kleine Teilchen losgetrennt werden. Die Faserzementplatten werden in ein Prüfgerät mit horizontal-beweglichem Rolltisch eingespannt und auf einem Drehteller gelagert, der 4 Umdrehungen in der Minute ausführt. Auf die Proben wird ein Pendel (Masse 17 kg) mit
10.3 Mechanische Eigenschaften
139
zylinderförmig gewölbter Unterseite aufgesetzt. Diese ist mit einer Wellenprofil-Gummisohle bespannt. Nach 1000 und nach 2000 Doppelhüben wird der Masseverlust bestimmt und die Probekörper werden visuell beurteilt. Maßgeblich dabei ist, ob die Versiegelung nur abgerieben ist, oder die Körner der Abstreuung aus der Verschleißschicht herausgehoben sind. Abschließend wird die Griffigkeit nochmals bestimmt. Bei chemisch widerstandsfähigen Beschichtungen für befahrene, mechanisch stark belastete Flächen (OS 8) forderte Rili SIB Teil 2:1990 von der nicht abgestreuten Beschichtung einen Verschleißwiderstand entsprechend einer Abriebmenge unter 100 mg. Erfahrungsgemäß betragen die Abriebmengen bei PUR-Beschichtungen ca. 10 mg bis 30 mg, bei EP-Beschichtungen 50 mg bis 100 mg. Für OS 11 und OS 13 fordert Rili SIB: 2001, dass Körner, die zu 50% ihrer Oberfläche eingebunden sind, nach der kombinierten Griffigkeits- und Verschleißprüfung sich nicht aus der Beschichtung herausgelöst haben. Kunststoffzusätze in ZM-gebundenen Baustoffen erhöhen den Verschleißwiderstand. Der Abrieb, der zudem besonders mit Zunahme ◆ des Anteils an Grobkorn im Zuschlag, ◆ der Härte der Zuschläge und ◆ der Glätte der Oberfläche abnimmt, ist im Allgemeinen bei mit Reaktionsharz gebundenen Baustoffen geringer als bei mit Zement gebundenen. Bei bindemittelreichen Reaktionsharzbeschichtungen ist außerdem der E- Modul des Bindemittels von Bedeutung. Niedriger E-Modul bei hoher Zugfestigkeit fördert die Abriebbeständigkeit. Tab. 10.9: Verfahren zur Verschleißprüfung an Oberflächenschutzsystemen nach Rili SIB Oberflächenschutzsystem
Anwendungsbereich
Prüfverfahren
Prüfvorschrift
Anforderung
Verschleiß Schleifscheibe nach BÖHME (DIN 52108)
DIN 52108
Abriebmenge nach 16 Prüfperioden um 25% vermindert, jedoch < 8 cm3/50 cm2
a) Griffigkeit b) Verschleiß Taber-Abraser (Reibradverfahren)
a) Arbeitsanweisung b) DIN 53754
a) SRT b ≥ 60 SKT c b) Abriebmenge £ 100 mg nach 1000 Umdrehungen
Richtlinie SIB des DAfStb 1990/1992 OS 3 Versiegelung für befahrene Flächen
– überwiegend nicht frei bewittert – befahrbar – mechanisch gering belastet
OS 8 Chemisch wider- – chemisch wistandsfähige derstandsfähig Beschichtung für – befahrbar befahrbare, – mechanisch mechanisch stark stark belastet belastete Flächen
140
10 Funktionen und Eigenschaften
Tab. 10.9: (Fortsetzung) Oberflächenschutzsystem
Anwendungsbereich
Prüfverfahren
Prüfvorschrift
Anforderung
a) Griffigkeit b) Verschleißprüfung
a) Arbeitsanweisunga b) DIN 53754
a) SRTb ≥ 60 SKTc b) Abriebmenge £ 8 cm3/50 cm2 Quarzkörner der Abstreuung dürfen durch die Verschleißprüfung nicht aus der Verschleißschicht herausgehoben sein
Schleifscheibe nach BÖHME
DIN 53754
Abriebmenge £ 8 cm3/50 cm2
a) Griffigkeit b) Verschleißprüfung
a) Arbeitsanweisunga b) DIN EN 660-1
a) SRTb ≥ 60 SKTc b) Abrieb (Masseverlust) Körner der Abstreuung, die zu 50% eingebunden sind dürfen nicht herausgelöst sein
a) Griffigkeit b) Verschleißprüfung
a) Arbeitsanweisunga b) DIN EN 660-1
a) SRTb ≥ 50 SKTc b) Abrieb (Masseverlust) Körner der Abstreuung, die zu 50% eingebunden sind dürfen nicht herausgelöst sein
Richtlinie SIB des DAfStb 1990/1992 OS 11 Beschichtung für – befahrbar befahrbare Flä– mechanisch chen mit minstark belastet destens erhöhter – rissgefährdet Rissüberbrückung
OS 12 Beschichtung mit Reaktionsharzbeton bzw. -mörtel für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen
– befahrbar – mechanisch stark belastet
Richtlinie SIB des DAfStb 2001 OS 11 (F) – befahrbar Beschichtung für – mechanisch befahrbare Flästark belastet chen mit minrissgefährdet destens erhöhter Rissüberbrückung
OS 13 Beschichtung – befahrbar mit nicht dynami- – mechanisch scher Rissüberbelastet brückungsfähigrissgefährdet keit für begehund befahrbare, mechanisch belastete Flächen a
Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen e.V. (Herausgeber): Arbeitsanweisung für kombinierte Griffigkeits- und Rauheitsmessungen mit dem Pendelgerät und dem Ausflussmesser, Ausgabe 1972. b SRT: Skid Resistance Tester (SRT-Gerät). c SKT: Skalenteile.
10.3 Mechanische Eigenschaften
141
10.3.7 Schlag- und Stoßwiderstand Da Bodenbeschichtungen Schlägen und Stößen ausgesetzt sind, z.B. durch herabfallende Gegenstände oder durch unvorsichtig abgesenkte Staplergabeln, kann die Schlag- und Stoßfestigkeit von Bedeutung sein. Der Schlagwiderstand wird ermittelt nach EN ISO 6272, indem die Schlagbelastung durch das Herabfallen einer Kugel mit der Masse 1 kg aus 40 cm Höhe simuliert wird. Die Schlagenergie ist dabei größer als 4 Nm. Eine Beschichtung gilt als schlag- und stoßfest, wenn nach o.g. Belastung keine erkennbaren Schäden in der Beschichtung entstehen.
10.3.8 Rissüberbrückung Auf zu Rissen neigenden Untergründen (z.B. Beton, Estrich, Putz) werden dehnfähige Werkstoffe mit rissüberbrückenden Eigenschaften eingesetzt, um das Eindringen schädlicher Substanzen in das zu schützende Bauteil zu verhindern oder um das Bauteil aus Gründen des Umweltschutzes abzudichten. Temperaturabhängige Rissbreitenänderungen können durch tägliche oder langzeitige (jahreszeitliche) Temperaturänderungen hervorgerufen werden. Lastabhängige Rissbreitenänderungen resultieren z.B. aus Maschinenvibrationen, Schienen- und Straßenverkehr. Durch Feuchteunterschiede treten in Betonbauteilen jedoch in der Regel geringe und vernachlässigbare Rissbreitenänderungen auf. Das Verhalten von Beschichtungen über einem sich bewegenden Riss (Abb. 10.21) lässt sich bis heute nur anhand vereinfachender Annahmen annäherungsweise berechnen. KLOPFER geht in seinem Berechnungsmodell von elastischem Verhalten des tatsächlich viskoelastischen Beschichtungssystems und von einer langsamen Bewegung des Spaltes, also quasistatischen Bedingungen, aus. Betrachtet wird ein zweischichtiges Beschichtungssystem (vgl. Abb. 10.22) mit einer dehnelastischen Deckschicht, die lediglich die auf-
Abb. 10.21: Bewegungen eines Rissspalts: a) Breitenänderung, b) Scherung, c) Höhenversatz
142
10 Funktionen und Eigenschaften
Abb. 10.22: Zweischichten-Modell einer rissüberbrückenden Beschichtung nach KLOPFER
tretenden Dehnungen aufnimmt, und einer schubelastischen Zwischenschicht, die ausschließlich Schubverformungen unterliegt. Die maximale Rissbreite errechnet sich nach folgender Gleichung [KLOPFER]: Dw = eR ·
冑
9 E·d 9 G/h
(10.9)
In der Gleichung bedeuten:
eR Dw E G d h
[–] [mm] [N/mm2] [N/mm2] [mm] [mm]
Reißdehnung der Deckschicht Änderung der Rissbreite Elastizitätsmodul der Deckschicht Schubmodul der Zwischenschicht Dicke der Deckschicht Dicke der Zwischenschicht
Das Modell gilt auch für einschichtige homogene Beschichtungen mit der Schichtdicke d. In diesem Fall vereinfacht sich Gl. 10-9 zu Dw = d · eR .
(10.10)
Um den Einfluss von in die Deckschicht eingelegtem Gewebe zu berücksichtigen, muss Gl. 10.9 modifiziert werden. Dabei wird angenommen, dass sich zwischen den o.g. Schichten eine dehnelastische gewebeverstärkte Schicht mit der Dicke d* und dem E-Modul E* befindet. Gewebeschicht und Deckschicht werden als integriertes Deckschichtsystem betrachtet. Dadurch wird für beide Schichten ein gemeinsamer E-Modul verwendet: 3 = E · d + E* · d E 004 d2 mit der Dicke der Deckschicht d2 = d + d* .
(10.11)
(10.12)
10.3 Mechanische Eigenschaften
143
Die weitere Bemessung erfolgt mit den gemeinsamen Kenngrößen analog dem nicht gewebeverstärkten zweischichtigen Modell (Gl. 10.9). Aufgrund der genannten idealisierten Voraussetzung des elastischen Verhaltens können die tatsächlich plastisch reagierenden Beschichtungen mit Hilfe der Gleichungen 10.9 bis 10.12 nicht ausreichend sicher dimensioniert werden. Ein rechnerischer Ansatz zur Berücksichtigung des viskoelastischen Verhaltens der polymergebundenen Beschichtungen wird in [GIELER] vorgestellt. Dabei wird das zeitabhängige Verhalten durch die Relaxation, das heißt der zeitabhängige Abbau der Spannungen bei gleichbleibender Dehnung, berücksichtigt. Mit Hilfe des in dort genannten numerischen Rechenverfahrens stellt [HOMANN] unter Berücksichtigung des in Versuchen ermittelten tatsächlichen Beschichtungsverhaltens fest, dass bei Polymerbeschichtungen die Spannungen über dem infolge Temperaturänderung bewegten Riss in sehr kurzer Zeit auf eine untere Grenzspannung relaxieren und sich bei weiteren Rissbewegungen in eingeschwungenem Zustand befinden. In Rili SIB: 2001 werden Rissüberbrückungsklassen IT, IIT+V und A2 (Tabelle 10.10) definiert, wobei die Rissüberbrückungsfähigkeit als gering, erhöht und statisch bezeichnet wird. Der Index T bzw. V gibt an, dass die Beanspruchung aus temperaturabhängigen bzw. lastabhängigen Rissbreitenveränderungen, besteht. Für Fassadenbeschichtungen wurden in den vergangenen 25 Jahren zahlreiche unterschiedliche Prüfverfahren entwickelt [GIELER]. Die „Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ des DAfStb nennt Mindestanforderungen für die rissüberbrückenden Eigenschaften von bestimmten Oberflächenschutzsystemen und Parameter für Laborprüfungen. BeschichTab. 10.10: Bezeichnung der Rissüberbrückungsklasse und -fähigkeit sowie Rissarten und -verhalten nach [Rili SIB: 2001] Rissüberbrückungsklasse
Rissüberbrückungsfähigkeit
Rissart und -verhalten
Beschichtungssystem
IT
gering
vorhandene und nachträglich entstehende oberflächennahe (Schwind-) Risse mit max. temperaturabhängigen Rissbreitenänderung von 50 µm (max. Rissbreite 150 µm)
OS 5
IIT+V
erhöht
vorhandene und nachträglich entstehende (Trenn-)Rissen mit max. temperaturabhängigen Rissbreitenänderung von 200 µm, zusätzlich Lastbeanspruchung (max. Rissbreite 300 µm)
OS 9, OS 11
A2
statisch
vorhandene und nachträglich entstehende Risse, Rissbreite max 0,1 mm
OS 13
144
10 Funktionen und Eigenschaften
Abb. 10.23: Probenträger zur Untersuchung ein- und zweischichtiger applizierter Beschichtungen im zügigen Zugversuch und bei periodischer Beanspruchung (1 Anschluss an den Kraftaufnehmer der Werkstoffprüfmaschine, 2 gelenkig gelagerte Achse, 3 gelagerte Gleitachse, 4 Justiereinrichtung, 5 Anschlag für Wegaufnehmer, 6 Anschluss zur beweglichen Traverse, 7 Gewindebohrung zur Probenbefestigung, 8 Fuge) [GIELER]
1 Anschluss an den Hydraulikzylinder der Werkstoffprüfmaschine und Bewegungsrichtung, 2 Gleitlager, 3 beweglicher Probentisch, 4 fixierter Probentisch, 5 Schwelle zum Fixieren des Probekörpers, 6 Verschraubung zum Fixieren des Probekörpers, 7 Probekörper, klein, z.B. für Fassadenbeschichtungen (Prüffläche: 200 mm ¥ 120 mm), 8 Probekörper, groß, z.B. für Bodenbeschichtungen (Prüffläche: 600 mm ¥ 330 mm)
Abb. 10.24: Probenträger zur Untersuchung ein- und zweischichtiger applizierter Beschichtungen im zügigen Zugversuch und bei periodischer Beanspruchung an der Universität Dortmund [HOMANN]
10.3 Mechanische Eigenschaften
145
tungen für Auffangwannen wassergefährdender Flüssigkeiten werden nach einem vom DIBt festgelegten Modus geprüft. Die in den Regelwerken Rili SIB, ZTV-ING und DIN EN 1062-7 festgelegten Prüfbedingungen berücksichtigen neben den temperaturabhängigen auch die lastabhängigen Rissbewegungen, die z.B. infolge von Schienen- oder Straßenverkehr auftreten können. Zur Beurteilung des Materialverhaltens wichtige und zur Bemessung notwendige Kennwerte (Kraft-Verformungsverhalten, Elastizitäts-, Schubmodul, Relaxationszeit, Querdehnzahl) der Beschichtungsmaterialien werden an freien Filmen bestimmt [GIELER, HOMANN]. Das Verhalten eines Beschichtungssystems wird möglichst praxisnah an auf ein Substrat aufgetragenen Aufbauten untersucht. Dabei sind hinsichtlich der Beanspruchung der applizierten Beschichtungen grundsätzlich zwei Prüfmethoden zu unterscheiden: ◆ Zum einen gibt es die Möglichkeit, die applizierte Beschichtung im Zugversuch durch zügiges Aufweiten des Spaltes eines vor oder nach dem Auftragen der Beschichtung erzeugten Risses kontinuierlich bis zum Versagen der Beschichtung zu dehnen. ◆ Zum anderen können Beschichtungen auf künstlich erzeugten Rissen mit sich periodisch (z. B. sinusförmig) ändernder Spaltbreite untersucht werden [GIELER, HOMANN]. Der Riss im Untergrund wird vorzugsweise nach dem Applizieren und Erhärten der Beschichtung direkt vor Versuchsbeginn erzeugt. Diese Vorgehensweise erfolgt analog der Praxis, da häufig der zu schützende Untergrund mit starren Materialien (Spachteln) egalisiert wird. Zuvor vorhandene Risse im Untergrund werden bei diesem Arbeitsgang zunächst von der Egalisierungsschicht verschlossen, bilden sich aber nach dem Aufbringen der Beschichtung infolge der Längenänderungen des Bauteils auch in der spröden Spachtelschicht aus. Bei einem Vergleich der Ergebnisse aus Versuchen an Bodenbeschichtungen mit zügiger Rissspaltaufweitung mit Ergebnissen aus Versuchen mit periodischer Änderung der Rissspaltbreite stellt HOMANN fest: a) Einschichtige Beschichtungen ohne verstärkende Einlage überbrücken bei periodischer Beanspruchung grundsätzlich um den Faktor 10 geringere Rissspaltbreiten als bei zügiger Rissspaltaufweitung. b) Bei zweischichtigen Bodenbeschichtungen ohne Einlage werden bei periodischer Beanspruchung ca. halb so große Rissspaltbreiten wie bei zügiger Rissspaltaufweitung überbrückt. c) Bei einschichtigen Beschichtungen mit Glasgewebeeinlage ist das Verhältnis der überbrückbaren Rissspaltbreite aus beiden Prüfmethoden schichtdickenabhängig. Mit zunehmender Schichtdicke nimmt die überbrückbare Spaltbreite beim periodischen Versuch im Vergleich zum Versuch mit zügiger Spaltaufweitung zu. Die Ursache liegt in der linearen Abhängigkeit der
146
10 Funktionen und Eigenschaften
Abb. 10.25: Rissüberbrückende Beschichtung: Versuch zum Prüfen der Rissüberbrückungsfähigkeit bei dynamischer Beanspruchung
Abb. 10.26: Rissüberbrückende Beschichtung: Einreißen der Beschichtung an der Unterseite über dem Riss
überbrückbaren Spaltbreite von der Schichtdicke bei periodischer Spaltbreitenänderung und der Wurzelgesetzmäßigkeit – vgl. Gl. (10.9) – bei zügiger Aufweitung des Rissspalts. d) Die überbrückbare Rissbreite wird durch das Einlegen von Gewebe in Bodenbeschichtungen bei dehnfähigen Beschichtungen deutlicher vermindert als bei weniger dehnfähigen (Abb. 10.27). Die Fähigkeit eines Beschichtungssystems, Risse überbrücken zu können, ist, wie Versuche belegen [GIELER, HOMANN] ganz wesentlich von der Schichtdicke abhängig (Abb. 10.27). Daher ist sie ausreichend hoch zu wählen und durch Egalisieren des Untergrundes gleichmäßig zu halten. Das Verhalten der applizierten Beschichtung und die entsprechende Einteilung in eine Rissüberbrückungsklasse wird aus Kraft-Verformungsdiagrammen und/oder aus etwaigen visuell erkennbaren Veränderungen an der Probe abgeleitet. Beschichtungssysteme, die lastabhängigen Rissbewegungen ausgesetzt sind, werden während der Prüfung durch Überlagern einer sinusförmigen Belastung während der maximalen und minimalen Rissöffnung zusätzlich beansprucht (vgl. Abb. 10.28). Nach dem Versuch wird die Schicht-
10.3 Mechanische Eigenschaften
147
a
b
Abb. 10.27: Überbrückbare Rissspaltbreite einer einschichtigen Bodenbeschichtung (EP-PUR) a) ohne Einlage und b) mit Einlage in Abhängigkeit von der Schichtdicke bei unterschiedlichen Prüftemperaturen (20°C, 0°C, –20°C) [HOMANN]
148
10 Funktionen und Eigenschaften
Abb. 10.28: Rissbreitenänderung als Funktion der Zeit aus Temperaturbeanspruchung (Trapezfunktion) und aus zusätzlicher Verkehrslast (Sinusfunktion) [Rili SIB Teil 4: 2001]
dicke der Probe im Rissbereich ermittelt. DIN EN 1062-7 setzt voraus, dass zwischen Methode A (zügige Rissspaltaufweitung) und Methode B (periodische Spaltbreitenänderung) keine Korrelation besteht. Nach DIN EN 1062-7 können die Temperaturen vereinbart werden. Empfohlen wird eine Prüftemperatur von –10°C. Andere denkbare Prüftemperaturen sind 10°C, 0°C, –20°C, –30°C und –40°C. Die Prüftemperatur soll in Klammern gesetzt der Klassenbezeichnung hinzugefügt werden, z.B. „B3 (–20°C)“. Die Prüfbedingungen nach [Rili SIB Teil 4: 2001] und [DIN EN 1062-7] zeigen die Tabelle 10.11, Tabelle 10.12 und Tabelle 10.13. In Rili SIB (Ausgabe 2001) sind die Rissüberbrückungsklassen gegenüber der früheren Ausgabe neu geregelt. Die Klassen 0 (sehr gering), III (hoch)
Tab. 10.11: Klasseneinteilung und Prüfbedingung nach Rili SIB Teil 4, 2001 Klasse
Temperaturbeanspruchung
Lastbeanspruchung
wT, o [mm]
wT, u [mm]
DwT [mm]
RW [-]
f [Hz]
DwV [mm]
RW [-]
f [Hz]
–
–
IT
gering
0,15
0,10
0,05
1000
0,03
–
IIT IIT+V
erhöht
0,30 0,30
0,10 0,10
0,20 0,20
1000 1000
0,03 0,03
– – – ± 0,05 100.000 5
A2
statisch
Wmax = 0,1 mm, RÖ = 0,05 mm/min
Prüftemperatur: –20°C, außer A2 (–10°C) Erläuterung: wT,o größte Rissbreite RW Anzahl Rissbreitenänderungen kleinste Rissbreite f Frequenz wT,u lastabhängige Rissbreitenänderung. w statische Rissbreite nach DwV dyn. Versuch
10.3 Mechanische Eigenschaften
149
Tab. 10.12: Klasseneinteilung und Prüfbedingung für die Prüfung bei einem zügig sich öffnenden Riss („statische Rissüberbrückung“, Methode A) nach DIN EN 1062-7: 2004-08 Klasse
überbrückbare Rissbreite [mm]
Rissöffnungsgeschwindigkeit [mm/min]
A1 A2 A3 A4 A5
> 100 > 250 > 500 > 1250 > 2500
– 0,05 0,05 0,5 0,5
Tab. 10.13: Klasseneinteilung und Prüfbedingung für die Prüfung bei einem periodisch bewegten Riss („dynamische Rissüberbrückung“, Methode B) nach DIN EN 1062-7: 2004-08 Klasse
Temperaturbeanspruchung
Lastbeanspruchung
wo [mm]
wu [mm]
w [mm]
RW [–]
f [Hz]
wL [mm]
RW [–]
f [Hz]
B0
0,15
0,10
0,05
100
0,03
–
–
–
B1
0,15
0,10
0,05
1000
0,03
–
–
–
B2
B2.1 B2.2
0,30 0,30
0,10 0,10
0,20 0,20
1000 1000
0,03 0,03
– ± 0,05
– 20000
– 1
B3
B3.1 B3.2
0,50 0,50
0,20 0,20
0,30 0,30
1000 1000
0,03 0,03
– ± 0,05
– 20000
– 1
Erläuterung:
w0 größte Rissbreite wu kleinste Rissbreite w Rissbreitenänderung
RW Anzahl Rissbreitenänderungen f Frequenz wL lastabhängige Rissbreitenänderung.
Tab. 10.14: Vorschläge a) für die Wahl der Prüftemperatur und b) für die erforderliche Anzahl der Lastwechsel bei Prüfungen der Rissüberbrückungsfähigkeit von Bodenbeschichtungen [KLOPFER] a) Lage des beschichteten Bauteils im Freien im Erdreich in unbeheizten Räumen in beheizten Räumen
Prüftemperatur [°C] –20 +5 +12 +18
b) Ursache der Rissspaltbreitenänderung Austrocknungsschwinden Temperaturänderung der Außen- und Raumluft intensiver Fahrverkehr
hl der Lastwechsel Anzah 1 1.000 100.000
150
10 Funktionen und Eigenschaften
und IV (sehr hoch) entfallen. Die Klasse A2 (statisch) wird nach Methode A, Verfahren C.2 ermittelt und aus DIN EN 1062-7 in Rili SIB aufgenommen. KLOPFER schlägt für Bodenbeschichtungen vor, die Prüftemperaturen an die Umgebungsbedingungen und die Anzahl der Lastwechsel an die Ursache der Breitenänderungen des Rissspalts anzupassen (vgl. Tab. 10.14).
10.4 Elektrische Eigenschaften In Industrie- und Gewerbebetrieben, aber auch in Forschungseinrichtungen, sind oft Böden mit speziellen elektrischen Eigenschaften erforderlich, u.a. in Reinräumen, in denen elektrische Entladungen empfindliche Bauteile, wie z.B. Mikrochips, hergestellt werden, oder in Lagerräumen für explosionsgefährdete Flüssigkeiten. In diesen Fällen sollen elektrische Aufladungen und in deren Folge gefährliche oder zerstörend wirkende Spannungsentladungen vermieden werden. Daneben sind auch Böden mit hohem Isolationswiderstand gefordert, um gefährliche Körperströme, z.B. durch Starkstrom, zu vermeiden.
10.4.1 Physikalische Grundlagen In der Elektrotechnik werden Werkstoffe bezüglich ihrer Stromleitungseigenschaften als ◆ elektrisch leitfähig (Leiter) und ◆ elektrisch nicht leitfähig (Nichtleiter) unterschieden. Die elektrische Leitfähigkeit entspricht dem reziproken Wert des spezifischen elektrischen Widerstands. a) Der spezifische Widerstand eines Leiters, z.B. eines Drahtes,
r [W mm2 m–1] gibt an, welchen elektrischen Widerstand ein 1 m langes Stück des Leiters mit einem Querschnitt von 1 mm2 besitzt. b) Auch der elektrischen Widerstand eines Nichtleiters besitzen einen endlich hohen und daher messbaren Wert. Nichtleiter werden allerdings praktisch nicht in der geometrischen Form eines Drahtes eingesetzt. Daher ist der spezifische Widerstand r als der elektrische Widerstand eines Würfels von 1 cm bzw. 1 m Kantenlänge definiert. Die Einheit des spezifischen Widerstandes von Nichtleitern lautet somit
r [W m2 m–1] bzw. [W m]. c) Das elektrostatische Verhalten von Werkstoffen wird zudem mittels ihrer elektrischen Aufladbarkeit beurteilt. Wie der spezifische Widerstand hängt
10.4 Elektrische Eigenschaften
151
die Aufladbarkeit von der Dichte der Elektronen ab, die in einem Werkstoff zur Verfügung stehen. Charakteristische Größe sind der sogenannten Oberflächenwiderstand RS [W] oder die Aufladespannung (Körperspannung), die an einer Person, z.B. beim Begehen eines Fußbodens auftritt, U [kV]. Die Wertebereiche für elektrisch leitfähige/nicht leitfähige sowie für aufladbare/nicht aufladbare Werkstoffe zeigt Abb. 10.29. Wenn sich zwei Stoffe, von denen mindestens einer ein schlechter Leiter ist, in Folge eines bestimmten Anpressdruckes berühren, lagern sich an deren Grenzflächen Elektronen aus der einen an der andere Oberfläche an (triboelektrischer Effekt, Abb. 10.30). Durch spontanes mechanisches Trennen der Stoffe, z.B. beim Begehen von Böden oder beim Reiben, Zerkleinern und Ausschütten von festen Gegenständen, beim Strömen, Ausschütten und Versprühen von Flüssigkeiten sowie beim Strömen von Gasen, die geringe Mengen von feinverteilten Feststoffen enthalten, wird die eine Fläche durch Überschuss an Elektronen negativ und die andere Fläche durch Elektronenmangel positiv geladen. Ein Elektronenüberschuss wird demnach als negative, ein Elektronenmangel als positive elektrostatische Aufladung bezeichnet. Elektrostatische Aufladung ist demnach die Anhäufung von ruhenden Ladungen gleichen Vorzeichens auf einem Körper.
Abb. 10.29: Wertebereiche für elektrische Eigenschaften gemäß BGR 132 (früher ZH 1/200)
152
10 Funktionen und Eigenschaften
Abb. 10.30: Elektrische Feldlinien während eines uneinheitlichen Trennprozesses
Die maßgebliche Größe in der Elektrostatik ist dementsprechend die Ladung. Ladungen befinden sich auf Trägern. Sie werden transportiert und sammeln sich an bis sie abfließen können. Ist ein Ladungsträger isoliert, kann die angesammelte Ladung nicht abfließen und verstärkt sich, bis es durch einen Funken zum Ladungsausgleich kommt. Elektrische Zündfunken infolge Ladungstrennung beim Begehen von Fußböden stellen aufgrund der geringen Stromstärken zunächst keine Gefahr für Menschen dar. Gefahren für Leib und Leben sind aber dann gegeben, wenn Zündfunken dazu führen, dass sich explosionsgefährdete Stoffe oder Stoffgemische entzünden. Das Gefährdungspotential einer spontanen Entladung ist sowohl beim Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten, explosionsgefährdeten Stoffen, brennbaren Stäuben als auch bei elektrostatisch empfindlichen elektronischen Einrichtungen und Bauteilen zu vermeiden. Elektrisch ableitfähige Böden bzw. Bodenbeläge und auch Wandflächen stellen einen wesentlichen Teil der Sicherheitsanforderungen für Mensch und Betriebseinrichtung dar. Chemische, mechanische und thermische Beanspruchungen bestimmen die Art des Werkstoffes.
10.4.2 Klassifizierung von Fußböden und Anforderungen an elektrische Kenngrößen 10.4.2.1 Elektrostatisch gefährdete Räume Die BGR 132 (früher ZH 1/200), die das maßgebliche Regelwerk für explosionsgefährdete Bereiche darstellt, unterscheidet vom Grundsatz her in ◆ Räume mit Explosivstoffen, in denen der Erdableitwiderstand RE eines Fußbodens im Bereich zwischen 104 W und 106 W (Messung nach DIN EN 1081) liegen muss und ◆ Räume mit Explosionsgefährdung, in denen der Erdableitwiderstand RE eines Fußbodens im Bereich zwischen 104 W und 108 W ( Messung nach DIN EN 1081) betragen muss.
10.4 Elektrische Eigenschaften
153
Tab. 10.15: Anforderungen an elektrische Eigenschaften von Fußböden Raumnutzung bzw. Gefährdungspotential
Widerstand [W]
Regelwerk
Bereiche mit Explosionsgefährdung (z.B. Lösemittel, Treibstoffe, Stäube)
RE > 104/< 108
Rili-SIB Teil 2:1990 u. BGR 132, Anmerkung a
Bereiche mit Explosivstoffen
RE > 104/< 106 RE < 107 (4 Wochen nach Einbau) RE < 108 (nach 4 Jahren) R2 < 108 R1 < 108 R3 < 109
Rili-SIB Teil 2 u. BGR 132
medizinisch genutzte Räume, z.B. OP-Säle
Auffangräume gemäß E DIN 28052-6:1998-09
BGR 132
Anmerkungb DIN EN 1081 DIN EN 1081
Anmerkungen: a Der Erdableitwiderstand R gemäß Rili-SIB Teil 2 entspricht bei Elektrodenanschluss und Anschluss E gegen Schutzerde der Messanordnung der Widerstandsmessung R2 nach DIN EN 1081. In der Neufassung der Rili SIB (2001) aufgrund des Entfalls von OS 8 nicht mehr geregelt. b Die Grenzwerte sind luftfeuchteabhängig, aus diesem Grunde werden sie je nach Feuchtegehalt abgestuft: rel. Luftfeuchte Widerstand [%] [W] £ 50 1 · 108 > 50 bis 70 1 · 107 > 70 1 · 106.
10.4.2.2 Elektrostatisch gefährdete Bauteile Bereiche von Gebäuden, in denen mit ungeschützten elektronischen Baugruppen und/oder empfindlichen elektronischen Geräten gearbeitet wird, stellen ein weiteres Anwendungsgebiet für elektrisch leitfähige Fußböden dar. Eine sehr kleine elektrostatische Entladung (ESD, engl.: Electro Static Discharge) reicht bereits aus, um auf elektronischen Bauteilen und integrierte Schaltungen auf einer mikroskopisch kleinen Ebene Schäden auszulösen. Anforderungen an den Erdableitwiderstand und/oder die maximal zulässige Körperspannung werden in der Regel vom Betreiber, z.B. von Computerherstellern oder Fernmeldeämtern festgelegt, da sie von der Empfindlichkeit der speziellen Produkte abhängig sind. Häufig wird auch eine Untergrenze für den elektrischen Widerstand von Fußböden angegeben. Damit sollen Störströme über den Fußboden und infolgedessen verursachte Funktionsstörungen bzw. Defekte an elektrischen Geräten verhindert werden. Statische elektrische Spannungen können je nach Isolationsgrad des Industriefußbodens und der herrschenden relativen Luftfeuchte Werte von über 20.000 Volt annehmen, wobei geringere relative Luftfeuchten in „trockenen“ Räumen hierbei wesentlich kritischer sind. Elektrostatische Ladungen unter einer Spannung von 3000 V sind vom Menschen nicht wahrnehmbar. Für elektrostatisch gefährdete Bauelemente (EGB, engl.: ESD-Sensitive-Devices) ist bei solchen Spannungen der kriti-
154
10 Funktionen und Eigenschaften
sche Wert allerdings bereits weit überschritten. Um einen Schaden auszulösen, ist dabei kein physischer Kontakt notwendig, da ein elektrostatisches Feld einer Person bereits Ladungen induzieren kann. ESD-Arbeitsplätze werden, um elektrostatische Aufladungen zu vermeiden, nicht nur bezogen auf den Fußboden und seine Eigenschaften besonders zusammengesetzt; vielmehr werden alle Gegenstände, die mit den Bauteilen in direkte und indirekte Berührung kommen können, nach besonderen ESD-tauglichen Kriterien ausgesucht und für Personen Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Hochsensible Bereiche, d.h. die eigentlichen Produktionsbereiche, werden zusätzlich als ESDSchutzzonen (engl.: EPA = ESD-Protected-Area) ausgewiesen. In bestimmten Räumen von Krankenhäusern, z.B. in Operationssälen mit Hochfrequenz-Chirurgie bestehen aufgrund des Einsatzes empfindlicher elektrischer Geräte ebenfalls Anforderungen an die elektrischen Eigenschaften von Fußböden. Festlegungen für die elektrische Ableitfähigkeit in Regelwerken, wie in der DIN VDE 0107 oder der BGR 132, dienen hier zusätzlich dem Schutz des Patienten. 10.4.2.3 Regelwerke Verschiedene elektrische Kenngrößen in einschlägigen Regelwerken des Bauwesens charakterisieren das Verhalten von Fußböden (und anderen Flächen, z.B. Wänden) bei elektrostatischen Aufladungen. Beschreibung des elektrostatischen Verhaltens von Fußböden, Anforderungen an die elektrischen Eigenschaften und Prüfverfahren regeln vorwiegend die nachfolgenden Normen (Tab. 10.16). a) DIN EN 1081:1998-04 (ersetzt DIN 51953:1975-08) DIN EN 1081 beschreibt ein Prüfverfahren für fertig eingebaute elastische Bodenbeläge und Beschichtungen in explosionsgefährdeten Räumen, bei dem der Erdableitwiderstand R2 mit einer unterseitig feucht gehaltenen Elektrode gemessen wird. Fußböden mit einem Erdableitwiderstand R2 £ 106 W gelten als elektrisch ableitfähig. In dieser Norm werden zudem der Durchgangswiderstand R1 sowie der Oberflächenwiderstand R3 geregelt. Der Schutz von elektrostatisch gefährdeten Bauteilen wird in diesem Regelwerk nicht behandelt. b) DIN EN 1815:1998-01 Das Verhalten von Bodenbelägen ist gemäß DIN EN 1815 über die elektrostatische Aufladung bzw. die Körperspannung U gekennzeichnet, die an einer Prüfperson in einem Begehversuch unter definierten Randbedingungen gemessen wird. Die Körperspannung der Prüfperson wird als Funktion der Zeit aufgezeichnet, ausgewertet und beurteilt. Dieses Messprinzip, das – wie die o.g. Messung nach DIN 51 953 – seit ca. zwei Jahrzehnten praktiziert wird, ermöglicht eine vergleichende Beurteilung von Fußböden.
10.4 Elektrische Eigenschaften
155
c) E DIN 54 346:1993-10 Dieses Regelwerk nimmt eine Dreiklassen-Einteilung vor. Prüfverfahren sind in der Norm selbst nicht beschrieben. Bodenbeläge/Beschichtungen der Klasse 1 müssen antistatisch sein, d.h. die Körperspannung U einer Prüfperson im Begehversuch darf 2 kV nicht überschreiten. Bodenbeläge/Beschichtungen der Klasse 2 müssen ableitfähig sein. Dies bedeutet, dass der Erdableitwiderstand RE im verlegten Zustand höchstens 109 W betragen darf. Damit sind Beläge und Beschichtungen der Klasse 2 auch antistatisch, d.h. sie erfüllen die Anforderungen der Klasse 1. Bodenbeläge/Beschichtungen der Klasse 3 müssen besonders ableitfähig sein, d.h. der Erdableitwiderstand RE darf im verlegten Zustand bei einer Messspannung von 100 V höchstens 108 W betragen. Damit sind Beläge und Beschichtungen der Klasse 3 auch antistatisch (Klasse 1) und sie erfüllen auch die Anforderung der Klasse 2. d) DIN IEC 61340-4-1 :1997-04 Der Anwendungsbereich dieser Norm berücksichtigt alle Arten von Fußböden, wobei das elektrostatische Verhalten eines Fußbodens anhand von Widerstandsmessungen und/oder Messungen der Aufladefähigkeit bestimmt wird. Im Gegensatz zu DIN EN 1081 werden die Widerstandsmessungen mit einer oder mehreren „trockenen“ Messsonden durchgeführt, bei denen der Kontakt zu dem Prüfgegenstand über elektrisch leitfähiges Silikongummi hergestellt wird. Die anzulegende Messspannung ist in Abhängigkeit von dem zu erwartenden elektrischen Widerstand des Prüfgegenstandes zu wählen, d.h. bei Widerständen bis 105 W beträgt die Messspannung 10 V, bei höheren Widerständen bis 1010 W ist eine Messspannung von 100 V anzulegen. Außer der Bestimmung des Widerstandes gegen Schutzerde RE und des Widerstandes gegen einen erdungsfähigen Punkt RG, welche im Bauwesen die größere Bedeutung haben, sieht die Norm auch noch Messverfahren für den Volumenwiderstand RV (Abb. 10.31) und den Oberflächenwiderstand RS (Abb. 10.32) vor.
Abb. 10.31: Messen des Volumenwiderstands (Labor)
156
10 Funktionen und Eigenschaften
Tab. 10.16: Klassifizierung von Fußböden nach DIN IEC 61340-4-1:1997-04 Klassifizierung
Beschreibung
Messgröße
Wertebereich
ECF
Elektrostatisch leitender Fußboden (Electrostatic conductive floor)
Fußboden, der einen ausreiWiderstand chend niedrigen Widerstand RE oder RG hat, um Ladungen schnell abzuleiten, wenn er geerdet ist.
R £ 106 W
DIF
Ableitfähiger Fußboden (Dissipative floor)
Fußboden, der eine Ladungs ableitung ermöglicht, wenn er geerdet ist.
Widerstand RE oder RG
106 W £ R £ 109 W
ASF
Astatischer Fußboden (Astatic floor)
Fußboden, der die Ladungserzeugung durch Kontakttrennung oder Reiben mit einem anderen Werkstoff herabsetzt. Ein solcher Fußboden ist nicht unbedingt elektrisch leitend oder ableitfähig.
Spannung U
U £ 2 kV
Bei der Klassifikation von Fußböden (Tab. 10.16) wird unterschieden in ◆ ECF (Electrostatic conductive floor) – Elektrostatisch leitende Fußböden ECF sind in der Lage, elektrische Ladungen schnell abzuleiten. Die Voraussetzung hierfür ist, dass der Fußboden geerdet oder mit einem beliebig niedrigen Potential verbunden ist. Der Widerstand von ECF (in der überwiegenden Anzahl der bauüblichen Anwendungen RE oder RG) muss kleiner 106 W betragen. Böden, die diesen Anforderungen entsprechen, dienen dem Schutz von elektrostatisch sensiblen Bauelementen. ◆ DIF (Dissipative floor) – Ableitfähige Fußböden DIF ermöglichen eine Ableitung elektrischer Ladungen. Die Voraussetzung hierfür ist ebenfalls, dass der Fußboden geerdet oder mit einem beliebig niedrigen Potenzial verbunden ist. Der Widerstand von DIF (in der überwiegenden Anzahl der bauüblichen Anwendungen RE oder RG) muss zwischen 106 W und 109 W betragen. In der Regel schützen diese Böden auch Personen im Sinne von VDE 0100–410. ◆ ASF (Astatic floor) – Astatische Fußböden ASF setzen die Ladungserzeugung, die durch Kontakttrennung oder Reiben z.B. beim Begehen von Fußböden auftritt, herab. ASF müssen nicht zwangsläufig ableitfähig oder elektrostatisch leitend sein, d.h. die Anforderungen für ECF bzw. DIF müssen von einem astatischen Fußboden nicht erfüllt sein. Die maximale Aufladespannung bei ASF muss kleiner 2 kV betragen.
10.4.3 Widerstandsmessungen Durch Widerstandsmessungen sind Materialien für ableitfähige Bodenbeläge bezüglich ihrer elektrischen Eigenschaften zu bewerten. Die in unterschiedli-
10.4 Elektrische Eigenschaften
157
chen Regelwerken festgelegten Begriffe und Messverfahren werden nachfolgend beschrieben. 10.4.3.1 Isolationswiderstand DIN VDE 0100 T 410/A 1 fordert überall dort, wo Menschen in Kontakt mit stromführenden Teilen treten können, zum Schutz gegen gefährliche Körperströme (elektrischen Schlag) Fußböden und Wände, die elektrisch ausreichend isolierend sind. Messungen hierzu sind in der Nähe von berührbaren fremden leitfähigen Teilen durchzuführen. Die Regelungen gelten für Wechselstromnetze, können bei Gleichspannungsstromnetzen jedoch analog angewendet werden. Die Norm gilt i.d.R. nicht für sogenannte Gewässerschutz-Beschichtungen nach den Bau und Prüfgrundsätzen, da in Anlagen zum Lagern wassergefährdender Stoffe keine elektrischen Anlagen installiert sind. Zu beachten ist, dass die genannte Norm aus Gründen des Personenschutzes einen Mindestwiderstand Rx fordert. Dieser beträgt – für Nennspannungen bis 500 V (AC): Rx ≥ 5 · 104 W – für Nennspannungen über 500 V (AC): Rx ≥ 1 · 105 W 10.4.3.2 Durchgangswiderstand/Volumenwiderstand Der Durchgangswiderstand R1 nach DIN EN 1081:1998-04 wird gemessen an einer Probe zwischen einer Dreifußelektrode auf der Oberfläche eines Bodenbelags (oder einer Beschichtung) und einer Elektrode auf der unmittelbar gegenüberliegenden Unterseite. Als Durchgangswiderstand nach DIN IEC 60093:1993-12/VDE 0303 Teil 30 bzw. Volumenwiderstand RV nach DIN IEC 61340-4-1:1997-04 wird das Verhältnis zwischen der Gleichspannung, die zwischen zwei Elektroden angelegt ist, die sich auf der Oberfläche des Werkstoffs befinden, und der Stromstärke zwischen den Elektroden in einer gegebenen Zeit nach dem Anlegen der Spannung, wobei mögliche Polarisationserscheinungen an den Elektroden vernachlässigt werden, (Abstand 300 mm) (Abb. 10.31) bezeichnet. 10.4.3.3 Oberflächenwiderstand Der elektrische Widerstand R3 wird nach DIN EN 1081:1998-04 gemessen an einem verlegten Bodenbelag zwischen zwei Elektroden, die in einem Abstand von 100 mm aufgesetzt sind. Der Oberflächenwiderstand RS nach DIN IEC 60093:1993-12 VDE 0303 Teil 30 bzw. nach DIN IEC 61340-4-1:1997-04 entspricht dem Verhältnis zwischen der Gleichspannung, die zwischen zwei Elektroden angelegt ist, die sich im von Abstand 300 mm auf der Oberfläche des Werkstoffs befinden, und der Stromstärke zwischen den Elektroden in einer gegebenen Zeit nach dem Anlegen der Spannung, wobei mögliche Polarisationserscheinungen an den Elektroden vernachlässigt werden (Abb. 10.32).
158
10 Funktionen und Eigenschaften
a
b
Abb. 10.32: Messen des Oberflächenwiderstands a) im Labor, b) am eingebauten Boden
Begünstigt durch Feuchte und Verunreinigung fließen bei dieser Messung die Elektronen im Allgemeinen an der Oberfläche der Reaktionsharzbeschichtungen. Sind der Beschichtung Karbonfasern mit überwiegend vertikaler Ausrichtung zugesetzt, erfolgt die Ableitung elektrostatischer Aufladungen vermehrt nur vertikal. Bei Messungen am freien Film der Beschichtung im Labor werden ungünstigere Werte für den Oberflächenwiderstand ermittelt als in der Praxis auf verlegten Böden. Dies wird dadurch erklärt, dass bei diesen Beschichtungen der Elektronenstrom nicht direkt über die Oberfläche erfolgt, sondern von den Elektroden (Dreifuß oder Zylinder) jeweils durch die Beschichtung über die Leitschicht verläuft. 10.4.3.4 Erdableitwiderstand Erdableitwiderstand R2 nach DIN EN 1081:1998-04 bzw. Widerstand gegen Schutzerde RE nach DIN IEC 61340-4-1:1997-04 (Abb. 10.33) entspricht dem elektrischen Widerstand, gemessen an einem verlegten Bodenbelag (oder einer Beschichtung) zwischen der auf die Oberfläche gedrückten Dreifußelektrode und Erde (Schutzerde).
10.4 Elektrische Eigenschaften
159
Abb. 10.33: Messen des Widerstand gegen Schutzerde RE bzw. R2 am eingebauten Boden
10.4.3.5 Widerstand gegen einen erdungsfähigen Punkt Der Widerstand gegen einen erdungsfähigen Punkt RG nach DIN IEC 613404-1:1997-04 wird gemessen zwischen einer einzelnen Elektrode, die auf der Fläche eines Probekörpers oder eines verlegten Fußbodens angebracht ist, und einem erdungsfähigen Punkt (Abb. 10.34). Nach der früher gültigen Norm DIN 51953, auf die sich die meisten Regelwerke bei der Beschreibung Durchführung der Ableitfähigkeitsmessung auch heute noch beziehen, erfolgte die Widerstandsmessung mit Hilfe einer kreisrunden Elektrode mit einer Auflagekraft von 10 N mit einem Durchmesser von 50 mm auf angefeuchtetem Vliespapier. Da dies nicht dem Entstehungsund Gefährdungsprinzip der Elektrostatik entspricht, erfolgen Messungen inzwischen – besonders in einer EPA (ESD-Protected-Area; ESD Electrostatic Discharge) – praxisgerechter. Sowohl bei den Dreifußelektroden (Abb. 10.35) als auch der neuen singulären Elektrode nach DIN IEC 61340-4-1 wird nicht mehr mit angefeuchtetem Vlies sondern mit trockener, leitfähiger Gummikontaktfläche mit definierter Shore-A Härte geprüft. Zusätzlich dient eine im Gegensatz zur früheren Norm erhöhte Auflagekraft von 300 N bzw. 750 N (bei der Dreifußelektrode) oder eine höhere Elektrodenmasse entsprechend einer Auflagekraft von 25 N bzw. 50 N (bei IEC 61340-5-1) zur weiteren Verbesserung des Kontakts. Selbst ausgezeichnet ableitende Beschichtungssysteme erfüllen die Anforderung an die Ableitfähigkeit zum Teil lokal bei den Einzelmessungen nicht, wenn mit einer Einzelelektrode gemessen wird. Ohne visuell erkennbare Mängel bei der Systemapplikation treten gelegentlich bei der Messungen „Ausreißer“ auf, Diese sind ursächlich im lokalen vertikalen Fehlkontakt der Kohlenstofffasern bei Reaktionsharzbeschichtungen begründbar. Elektrodenanordnung mit Dreifußkontakt vergrößert die Messfläche, so dass sich die Anzahl der gesondert zu betrachtenden Messpunkte verringert.
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10 Funktionen und Eigenschaften
a
b
Abb. 10.34: Messen des elektrischen Widerstandes gegen einen erdungsfähigen Punkt RG a) im Labor und b) am eingebauten Boden
Abb. 10.35: Dreifußelektrode gemäß DIN EN 1081:1998-04
10.5 Beständigkeit gegen flüssige Chemikalien
161
Bei der Überprüfung von Bodenbelägen wird hauptsächlich der Erdableitwiderstand, selten der Oberflächenwiderstand gemessen. Die Messung wird in Anlehnung an DIN EN 1081 durchgeführt.
10.5 Beständigkeit gegen flüssige Chemikalien Polymergebundene Werkstoffe, die als Reaktionsharze in Beschichtungssystemen und weiteren Werkstoffen, wie z.B. Fugenbändern, Fugendichtstoffen, Kunststoffbahnen, oder in Bauteilen, wie Entwässerungsrinnen, zum Schutz gegen wassergefährdende Flüssigkeiten zum Einsatz gelangen, müssen ein breites Spektrum unterschiedlicher Anforderungen erfüllen. Zu den grundlegenden Aufgaben dieser Werkstoffe zählen häufig: ◆ der Oberflächenschutz von Beton- und Metalluntergründen in Behältern, Becken sowie Boden-, Rinnen- und Sumpfflächen vor Zerstörung durch Chemikalienangriff und ◆ Schutz des Grundwassers vor den wassergefährdenden Stoffen. Für die Bauprodukte sind z.T. bauaufsichtliche Zulassungen erforderlich.
10.5.1 Allgemeine Anforderungen Im Bereich des Lagerns, Abfüllens und Umschlagens wassergefährdender Stoffe können Dichtflächen als primäre oder sekundäre Schutzmaßnahmen dienen: ◆ Primäre Schutzmaßnahmen sind Abdichtungsmittel von Dichtflächen im Bereich des Abfüllens und Umschlagens wassergefährdender Stoffe. ◆ Sekundäre Schutzmaßnahmen sind Abdichtungsmittel von Dichtflächen im Bereich des Lagerns wassergefährdender Stoffe, die erst dann in Funktion treten, wenn primäre Schutzmaßnahmen versagen. (Lagerbehälter – einschließlich Rohrzuführungen, Sicherheitseinrichtungen usw. – werden bereits so dimensioniert und konzipiert, dass das Lagermedium in der Regel nicht austritt und die Dichtfläche nicht beansprucht wird. Trotzdem ist nicht vollständig auszuschließen, dass Leckagen, Überfüllungen oder Unfälle, wie z.B. Umgebungsbrände, den Austritt der Lagerflüssigkeit herbeiführen. Daher dienen Dichtflächen (Auffangräume), die ausgetretenes Lagermedium zurückhalten, dazu, Verunreinigung von Boden und Grundwasser selbst in den genannten Situationen zu verhindern.) Daher ergeben sich je nach Anwendung unterschiedliche Anforderungen an Dichtflächen. Die nationalen gesetzlichen Regelungen sind zu beachten. Um nach deutschem Recht dem Besorgnisgrundsatz nach § 19 g WHG zu genü-
162
10 Funktionen und Eigenschaften
gen, ist die Art der Abdichtung von Bodenflächen vom Umfang der Besorgnis, d.h. von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und dem Ausmaß der zu befürchtenden Unfallfolgen (Unfall gleich Austritt von Lagerflüssigkeit) abhängig. Das Risiko wird durch die Faktoren ◆ Wassergefährdungsklasse (WGK) des Mediums und ◆ Volumen der Anlage beeinflusst. Um beide Faktoren zu berücksichtigen, werden Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe in bestimmte Gefährdungsstufen eingeteilt, denen bestimmte Sicherheitsmaßnahmen zugeordnet werden. Folgende Eigenschaften müssen Abdichtungsmittel von Dichtflächen aufweisen: ◆ Undurchlässigkeit gegenüber den verwendeten wassergefährdenden Stoffen; wobei diese bei nichtmetallischen porösen Werkstoffen als gegeben gilt, wenn innerhalb der Zeit bis zum Erkennen von Schäden und Beseitigen ausgetretener Stoffe höchstens zwei Drittel der Dicke der Abdichtung durchdrungen wird, ◆ Beständigkeit gegen die wassergefährdenden Stoffe; dabei werden drei Beanspruchungsstufen unterschieden: – gering – kurzzeitige Beanspruchung, Beaufschlagungsdauer <8 h – mittel – begrenzte Beanspruchung, Beaufschlagungsdauer zwischen 8 h und 72 h – hoch – langzeitige Beanspruchung, Beaufschlagungsdauer zwischen 72 h und 3 Monaten ◆ Rissüberbrückungsfähigkeit (Dehnfähigkeit des Abdichtungsmittels), sofern der Untergrund bzw. das Abdichtungssystem selbst nicht so bemessen ist, dass keine Risse auftreten können, ◆ Haftung auf dem Untergrund, ◆ Alterungsbeständigkeit, ◆ Witterungsbeständigkeit, sofern sie im Freien verwendet werden sollen, ◆ Brandverhalten (mindestens normal entflammbar; Baustoffklasse B 2 nach DIN 4102-2), ◆ Ableitfähigkeit elektrostatischer Aufladungen (bei der Lagerung brennbarer Flüssigkeiten der Gefahrklassen A I, A II und B). ◆ Für begangene und befahrene Dichtflächen, z.B. Abfüllflächen ergeben sich Anforderungen zur Rutschhemmung gemäß BGR 181 und ◆ zum Nachweis der Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Beanspruchungen. Dazu gehören auch z.B. Stoßbelastungen oder das Absetzen von Fässern. ◆ Für bestimmte Anwendungsfälle, die die Eignung eines Abdichtungssystems beeinflussen können, müssen zusätzlich werkstoffspezifische Prüfungen durchgeführt werden, wie z.B. zur
10.5 Beständigkeit gegen flüssige Chemikalien
163
◆ Physiologischen Unbedenklichkeit ◆ Dekontaminierbarkeit. ◆ Optisch ansprechendes Aussehen ist in besonderen Fällen gefordert.
10.5.2 Regelwerke und Prüfmethoden Die Beständigkeit von Oberflächenschutzsystemen gegenüber der Einwirkung von Chemikalien wird in nachfolgend genannten Regelwerken nach unterschiedliche Verfahren geprüft und bewertet. a) DIN EN ISO 2812-1:1994-10 Lacke und Anstrichstoffe – Bestimmung der Beständigkeit gegen Flüssigkeiten – Teil 1: Allgemeine Verfahren. Nach drei verschiedenen Verfahren werden beschichtete Platten oder Stäbe geprüft: – Tauchverfahren (Einlagerungstest) mit Einphasen- oder Zweiphasenflüssigkeit – Beaufschlagung auf Filterscheibe und Abdecken mit Uhrglas – Tropf-/Fleckverfahren: Beaufschlagung mit einzelnen Tropfen Beurteilt werden Blasenbildung und sichtbare Veränderungen. b) DIN EN ISO 2812-2:1995-01 Lacke und Anstrichstoffe – Bestimmung der Beständigkeit gegen Flüssigkeiten – Teil 2: Verfahren mit Eintauchen in Wasser. Der in Wasser eingelagerte beschichtete Probekörper wird alle drei Tage bezüglich Blasenbildung und sichtbare Veränderungen beurteilt. Nach Ablauf der Prüfdauer werden Haftungsverlust, Rostflecken, Farbveränderung und Versprödung untersucht. c) DIN 28052-6:2001-8 Chemischer Apparatebau – Oberflächenschutz mit nichtmetallischen Werkstoffen für Bauteile aus Beton in verfahrenstechnischen Anlagen – Teil 6: Eignungsnachweis und Prüfungen. Um die Beständigkeit gegen das Einwirken von flüssigen Chemikalien zu ermitteln, werden auf Beschichtungsuntergrund (Beton) applizierte Oberflächenschutzsysteme über eine festgelegte Zeitdauer mit der jeweiligen Flüssigkeit gemäß DIN 28052-1 beansprucht. Die einwirkenden Chemikalien werden in Gruppen eingeteilt. Die Einwirkintensität bzw. -dauer wird in 6 Klassen von „keine Einwirkung“ (Klasse 0) über „Spritzer“ (Klasse 1) und „Störfall“ (Klasse 3) bis zu „ständige Belastung in Behältern“ (Klasse 6) unterteilt. An den Beschichtungsproben werden die Veränderungen der Oberflächenbeschaffenheit (Risse oder Fehlstellen), der Härte und der Haftung auf dem Untergrund überprüft. Beurteilungskriterium ist die Änderung der Härte der beaufschlagten Beschichtung, die innerhalb von 24 Stunden nicht geringer als 50% der ursprünglichen Härte betragen darf, damit die Beschichtung als chemikalienbeständig gilt. Bei höheren Härteänderungen wird die
164
10 Funktionen und Eigenschaften
Beschichtung bis ca. zur halben Schichtdicke abgeschliffen und die Härte erneut gemessen. Die Beschichtung wird bezüglich des Prüfmediums als geeignet bezeichnet, wenn die Härte maximal bis unter 30% unter die Ausgangshärte abfällt. Wenn die Normenfamilie DIN 28052 eingeführt ist, wird sie in Deutschland die BPG des DIBt ersetzen. d) DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik): Bau- und Prüfgrundsätze (BPG) für Beschichtungen von Auffangräumen und Zulassungsgrundsätze (ZG) für Beschichtungssystseme für Beton in LAU-Anlagen. Die einzelnen Anforderungen und Prüfungen für Beschichtungen von Auffangwannen und -räumen aus Beton im Bereich des Lagerns wassergefährdender Flüssigkeiten sind gegenwärtig in den Zulassungsgrundsätzen (ZG) „Beschichtungen“ detailliert genannt. Falls der Anwendungsbereiches der Beschichtungssysteme auf Abfüll- und Umschlagflächen erweitert wird, ist im Wesentlichen der Nachweis der Befahrbarkeit und die Angabe der Rutschhemmung nach BGR 181 erforderlich. Nach den ZG für Beschichtungen kann die Eignung der direkten Befahrbarkeit eines Beschichtungssystems geprüft werden. Dabei soll berücksichtigt werden, dass in Kleinmengen- oder Fasslagern Gabelstapler oder Hubwagen verkehren. Die Prüfung erfolgt an beschichteten Kreisringen in einer Verschleißmaschine bei der FMPA Baden-Württemberg, siehe Abschnitt 10.3.3. Die grundsätzlichen Anforderungen an eine Beschichtung gemäß Wasserhaushaltsgesetz (WHG) lauten: – Undurchlässigkeit, Rissüberbrückung, – chemische Beständigkeit, – Haftung, – Alterungsbeständigkeit, – Brandverhalten, – Ableitfähigkeit bei brennbaren Flüssigkeiten, – Witterungsbeständigkeit. Die chemische Beständigkeit wird an Prüfplatten mit künstlich erzeugtem Riss (mind. 0,5 mm Rissbreite) überprüft, auf denen der gesamte Beschichtungsaufbau von der Grundierung bis zur Deckschicht aufgebracht wird. Diese wird bei 20°C bis 23°C mit den Prüfflüssigkeiten unter Überdruck von 0,1 MPa durch Einsatz von 2 Zylindern von 10 cm Durchmesser für die Dauer von 42 Tagen beaufschlagt (vgl. Abb. 10.36). Die Zulassungsgrundsätze definieren 14 Prüfklassen (Tab. 10.17) mit verschiedenen Chemikaliengemischen, die jeweils repräsentativ für die Stoffgruppe als Chemikalientest durchgeführt werden. Als beständig gilt ein Beschichtungsaufbau, wenn während der gesamten Prüfdauer keine Flüssigkeit durch die Beschichtung dringt und die Beschichtung sich nicht unzulässig erweicht, auflöst oder ablöst. e) DAfStb – Richtlinie für Schutz und Instandhaltung von Betonbauteilen (2001). Teil 2 Bauprodukte und Anwendung, Teil 4 Prüfverfahren.
10.5 Beständigkeit gegen flüssige Chemikalien
165
Abb. 10.36: Prüfen der chemischen Beständigkeit, Drucktopf
Die Prüfung der Chemikalienbeständigkeit ist für Oberflächenschutzsysteme gemäß OS 11 gefordert, nach DIN 53168, Verfahren B (Einlagerungsversuch) zu prüfen sind. Statt Stahlplatten werden Faserzementplatten mit den Abmessungen 10 cm · 7 cm · 0,5 cm verwendet. Als Prüfflüssigkeiten für die drei Monate dauernde Einlagerung dienen in der Regel die Flüssigkeiten des DIBt. Beurteilt werden visuelle Veränderungen, wie z.B. das Auftreten von Blasen oder Rissen. Eine Beschichtung gilt als beständig, wenn keine Blasen auftreten bzw. der Härteabfall kleiner 20% bleibt. In der neuen Ausgabe der Rili SIB (2001) sind OS 6 und OS 8 entfallen, da diese Beschichtungen in DIN 28052 bzw. in einer zukünftigen EN geregelt werden. f) ZTV-ING, Teil 3 Massivbau, Abschnitt 4 Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen Oberflächenschutzsysteme gemäß OS-A bis OS-F müssen außer Beständigkeit in alkalischer Umgebung (0,1 n KOH) keine spezielle Chemikalienbeständigkeit aufweisen. g) ASTM D 534-87:1987-02 Standard Test Method for resistance of plastics to chemical reagents Durchgeführt werden Einlagerungstests mit Prüfkörpern (Scheiben, ∆ 50,8 mm, 3,175 mm Schichtdicke) in der Prüfflüssigkeit bei Normklima (23°C, 50% rel. Luftfeuchte) für die Dauer von mindestens 40 Stunden. Mit den angegebenen 50 Standard-Prüfflüssigkeiten werden die Hauptkategorien chemischer Stoffe, Lösungen und gebräuchlicher Industrieprodukte
166
10 Funktionen und Eigenschaften
Tab. 10.17: Mediengruppen für Abdichtungsmittel von Auffangräumen und Flächen gem. BPG (1993) Nr. Gruppe
Prüfflüssigkeit
1
Ottokraftstoffe nach DIN 51 600 und DIN EN 228
47,5 Vol.-% Toluol 30,4 Vol.-% Isooktan 17,1 Vol.-% n-Heptan 3,0 Vol.-% Methanol 2,0 Vol.-% tert. Butanol
2
Flugkraftstoffe a
1. 50 Vol.-% Isooktan, 50 Vol.-% Toluol 2. Flugkraftstoff 100 LL (Aviation Gasoline 100 LL) Nato-Code F-18 3. Düsenkraftstoff Jet A-1 (Turbo Fuel A-1) NatoCode F-34/F35
3
-
Heizöl EL (nach DIN 51603-1) Prüfgemisch A 20/NP II der Fa. J. Haltermann, Dieselkraftstoff (nach DIN EN 590) Ferdinandstraße 55/57 ungebrauchte Verbrennungsmotorenöle 20095 Hamburg ungebrauchte Kraftfahrzeug-Getriebeöle Gemische aus gesättigten und aromatischen Kohlenwasserstoffen mit einem Aromatengehalt von ≤ 20 Gew.-% und einem Flammpunkt > 55°C
4
alle Kohlenwasserstoffe einschl. 2 und 3 außer 4a und 4b, sowie gebrauchte Motoren- und Getriebeöle 4a Benzol und benzolhaltige Gemische (einschl. 2–b)
4b Rohöle
5
ein- und mehrwertige Alkohole (bis max. 48 Vol.-% Methanol), Glykolether
5a alle Alkohole und Glykolether (einschl. 5)
60 Vol.-% Toluol 30 Vol.-% Xylol 10 Vol.-% Methylnaphthalin 30 Vol.-% Benzol 30 Vol.-% Toluol 30 Vol.-% Xylol 10 Vol.-% Methylnaphthalin gemäß TRbF 401/2, Abs. 3.1.8, Tab. I – Rohöle –; jedoch ohne Unterschichtung mit Natriumchloridlösung 48 Vol.-% Methanol 48 Vol.-% Isopropanol 4 Vol.-% Wasser Methanol
Halogenkohlenwasserstoffe ≥ C2 (einschl. 6b) 6a alle Halogenkohlenwasserstoffe (einschl. 6 und 6b) 6b aromatische Halogenkohlenwasserstoffe
Trichlorethylen
6
Trichlorethylen (Für Kunststoffbahnen ist jede Gruppe gesondert nachzuweisen) Dichlormethan (Für Kunststoffbahnen ist jede Gruppe gesondert nachzuweisen) Monochlorbenzol (Für Kunststoffbahnen ist jede Gruppe gesondert nachzuweisen)
6
alle aliphatischen Halogenkohlenwasserstoffe ≥ C2 6a Halogenkohlenwasserstoffe = C1 6b aromatische Halogenkohlenwasserstoffe 7
alle organischen Ester und Ketone (einschl. 7a) 7a aromatische Ester und Ketone
Dichlormethan (Methylenchlorid) Monochlorbenzol
50 Vol.-% Ethylacetat 50 Vol.-% Methylisobutylketon 50 Vol.-% Salicylsäuremethylester 50 Vol.-% Acetophenon
10.5 Beständigkeit gegen flüssige Chemikalien
167
Tab. 10.17 (Fortsetzung) Nr. Gruppe
Prüfflüssigkeit
8
wässrige Lösungen aliphatischer Aldehyde bis 40% 8a aliphatische Aldehyde sowie deren wässrige Lösungen (einschl. 8)
Handelsübliche wässrige Formaldehydlösung (35%–40%) 50 Vol.-% n-Butyraldehyd (Butanal) 50 Vol.-% n-Heptaldehyd (Heptanal)
9
wässrige Essigsäure (10%)
wässrige Lösungen organischer Säuren (Carbonsäuren) bis 10% sowie deren Salze (in wässriger Lösung)a 9.a organische Säuren (Carbonsäuren, außer Ameisensäure) sowie deren Salze (in wässriger Lösung) *)
a
50 Vol.-% Essigsäure 50 Vol.-% Propionsäure
10. Mineralsäuren bis 20% sowie sauer hydrolysierende, anorganische Salze in wässriger Lösung (pH < 6), außer Flusssäure und oxidierend wirkende Säuren und deren Salze a
Schwefelsäure (20%)
11. anorganische Laugen sowie alkalisch hydrolysierende, anorganische Salze in wässriger Lösung (pH > 8), ausgenommen Ammoniaklösungen und oxidierend wirkende Lösungen von Salzen (z.B. Hypochlorit)a
Natronlauge (20%)
12. wässrige Lösungen anorganischer nicht oxidierender Salze mit einem pH-Wert zwischen 6 und 8 a
wässrige Natriumchloridlösung (20%)
13. Amine sowie deren Salze (in wässriger Lösung)
35 Vol.-% Triethanolamin 30 Vol.-% n-Butylamin 35 Vol.-% N, N-Dimethylanilin
14. wässrige Lösungen organischer Tenside a
1. 3% Protectol KLC 50 2% Marlophen NP 9,5 95 % Wasser 2. 3 % Texapon N 28 % Marlipal 0 13/80 95 % Wasser
15 cyclische und acyclische Ether (einschl. 15a) 15a acyclische Ether
Tetrahydrofuran (THF) Diethylether
siehe Anmerkung Anmerkung: Gruppe 2: Die Prüfungen sind mit allen Prüfflüssigkeiten durchzuführen. Bei Prüfung mit nur einer Prüfflüssigkeit gilt die Eignung nur für dieses Medium als erbracht. Gruppen 9–12: Soweit höhere Konzentrationen als die in den Gruppen angegeben zugelassen werden sollen, ist hinsichtlich der praktischen Prüfung wie folgt zu verfahren: (1) Sofern die Prüfungen mit den Gruppen 9 und 9a bestanden wurden, gilt zusätzlich die Eignung für alle Konzentrationen organischer Säuren (Carbonsäuren) in wässriger Lösung, außer für Ameisensäure >10%. (2) Bei Mineralsäuren der Gruppe 10 ist im Rahmen der Verwendbarkeitsprüfung zum einen mit der zugehörigen Prüfflüssigkeit der Gruppe und zum anderen mit der vom Antragsteller gewünschten höchsten Konzentration der Mineralsäure zu prüfen. Da-
168
10 Funktionen und Eigenschaften
Tab. 10.17 (Fortsetzung)
Gruppe 14:
durch ist diese Mineralsäure bis zu der geprüften höchsten Konzentration, alle anderen zur Gruppe gehörenden Mineralsäuren jedoch nur bis zu der Konzentrationsgrenze der Prüfflüssigkeit der Gruppe abgedeckt. (3) Soweit Prüfungen mit den Prüfflüssigkeiten der Gruppen 10 und 11 positiv ausgegangen sind, gilt der Nachweis der Eignung auch für die Gruppe 12 als erbracht. Die Prüfung ist mit beiden Prüfflüssigkeiten durchzuführen. Zur Herstellung der beiden Prüfflüssigkeiten sind folgende Stoffe zu verwenden: – „Protectol KLC 50“ ist ein Produkt der Firma BASF AG (Ludwigshafen). Es handelt sich um eine Lösung von 50 Gew. % Dimethyl-n-(C12 /C14 )-alkyl-benzyl-ammoniumchlorid [(H3 C)2 N((CH2 )n -CH3 )(CH2 -C6 H5 )] Cl (n = 11/13) in 50 Gew. % Wasser. – „Marlophen NP 9,5“ ist ein Produkt der Firma Hüls AG (Marl). Es handelt sich um eine Flüssigkeit, die sich aus ca. 99 Gew. % Isononylphenol-Polyglykolether C9 H19 C6 H4 -O(CH2 CH2 O)n H und ca. 1 Gew. % Wasser zusammensetzt. – „Texapon N 28“ ist ein Produkt der Firma Henkel KGaA (Düsseldorf). Es handelt sich um eine Lösung von Natriumlaurylethersulfat [C12 H25 -O-[(CH2 )n -O]m -SO3 ] Na und Natriumchlorid in Wasser. Die Viskosität von „Texapon N 28“ beträgt ca. 2800 m Pa s. – „Marlipal O 13/80“ ist ein Produkt der Firma Hüls AG (Marl). Es handelt sich um eine Flüssigkeit, die ca. 99 Gew. % eines Fettalkohol-Polyglykolethers R-O(CH2 CH2 O)n H (Ethoxylierungsgrad n = ca. 8; als Mittelwert) nebst geringer Mengen von polymerisiertem Ethylenoxid (≤ 1 Gew. %) sowie Spuren von Wasser (ca. 0,2 Gew. %) enthält.
abgedeckt (Säuren, Laugen, Lösemittel, Öle, Alkohole, Ether, Salzlösungen etc.). Die Beurteilung kann nach zwei verschiedenen Verfahren erfolgen: Verfahren I: Masse- und Abmessungsänderung Die Beurteilung erfolgt durch die visuellen Vergleich des äußeren Erscheinens (Glanzverlust, Zersetzung, Entfärbung, Quellung, Blasenbildung, Rissbildung) und durch Angabe der prozentualen Masse- und Längen- bzw. Dickenänderung. Verfahren II: Änderung der mechanischen Eigenschaften Verglichen werden eingelagerte mit unbelasteten Prüfkörpern bezüglich Druck- und Biegezugfestigkeit oder anderen für das Material typischen mechanischen Eigenschaften (Flexibilität etc.). h) DECHEMA Richtlinienblatt: Chemische Beständigkeit von Beschichtungs-, Verlege- und Verfugemassen Probekörper (Zylinder mit 2,5 cm Höhe und Durchmesser) werden in den Prüfflüssigkeiten eingelagert und nach 2, 8, 24 und 42 Tagen untersucht. Die chemische Beständigkeit wird anhand folgender Kriterien beurteilt: Änderung des Aussehens (Risse, Glanz, Quellung, Schrumpfung, Verfärbung), der Masse, der Abmessungen und der Druckfestigkeit der Probekörper. Die Bewertung erfolgt in Anlehnung an die Dechema-Wertstofftabellen in 4 Stufen, wobei für die Zuordnung zu einer Stufe alle Kriterien erfüllt sein müssen (siehe Tab. 10.18).
10.5 Beständigkeit gegen flüssige Chemikalien
169
Tab. 10.18: Bewertungsstufen der Chemikalienbeständigkeit Änderung
beständig
ziemlich beständig
nicht besonders beständig
nicht beständig
Oberfläche
unverändert
gering verändert
mäßig verändert, Haarrisse
stark verändert, Risse
Masse
< 2%
< 2%
< 5%
> 5%
Druckfestigkeit
< 10%
< 20%
< 40%
> 40%
Bewertungskriterium für die chemische Beständigkeit von Kunststoffen sind den Erläuterungen für die Benutzung der Dechema-Wertstofftabellen zu entnehmen: Bewertung Masseänderung – widerstandsfähig –0,6% bis 3,6% – bedingt widerstandsfähig –2,0% bis –0,5% oder 3,7% bis 10% – nicht widerstandsfähig < –2,0% oder >10% i) DIN 18541 Fugenbänder aus thermoplastischen Kunststoffen zur Abdichtung von Fugen in Ortbeton; Anforderungen, Prüfung, Überwachung. Werkstoffe von Fugenbändern werden nach DIN 18541, die den derzeitigen Stand der Technik für Bauwerksabdichtungen aus thermoplastischen Kunststoffen wiedergibt, und DIN 7865-1 für Elastomer-Fugenbänder bewertet. Zusätzlich sind folgende Kriterien zu prüfen: – die Medienbeständigkeit, – die Umläufigkeit und – das Stauch- und Dehnverhalten. Die Widerstandsfähigkeit von Fugenbändern gegenüber Scherbewegungen der Fugenflanken wird als gering eingeschätzt, sodass derartige Scherbewegungen vorzugsweise durch konstruktive Maßnahmen zu verhindern sind. j) DIBt ZG für Kunststoffbahnen Die Medienbeständigkeit wird nach den Zulassungsgrundsätzen (ZG) für Kunststoffbahnen mit einer Prüfung nach 28-tägiger Einlagerung nachgewiesen. k) DIBt ZG Fugendichtstoffe Als Grundlage zur Bewertung der Eignung von Fugendichtstoffen werden Zulassungsgrundsätze für Fugendichtungssysteme in LAU-Anlagen herangezogen. Dabei sind Prüfungen bezüglich der Medienbeständigkeit und des Stauch- und Dehnverhaltens je nach Anwendungsfall zu ergänzen. Im Wesentlichen werden zwei Typen von Belastungen im Rahmen der Prüfungen gemäß den aufgeführten Regelwerken durchgeführt: – Einlagerung – Beaufschlagung.
170
10 Funktionen und Eigenschaften
Die Beurteilung erfolgt hauptsächlich anhand visuell erkennbarer Veränderungen wie Risse, Blasen, Verfärbungen, Schrumpfen oder Quellen. Die Überprüfung von mechanischen Eigenschaften wie Druckfestigkeit oder Härte wird nicht immer verlangt. Nach dem Stand der Technik gilt bei Einlagerungsversuchen eine Beschichtung dann als chemisch beständig, wenn bei 42 Tagen Einwirkzeit die Gesamtänderung der Masse weniger als 2% beträgt. Die Masseänderung sollte ohne steigende Tendenz sein, sich also einem Grenzwert nähern. Bei Beaufschlagungsversuchen wird die Härte als Beurteilungskriterium gemessen. Eine Beschichtung gilt als chemikalienbeständig, wenn ein Härteabfall von weniger als 20% erfolgt. Aufgrund des Variantenreichtums an Chemikalien wurden in EN 1504-2 Klassen für die chemische Beständigkeit, die auf den Beanspruchungsstufen der DIN 28052-1 basieren, eingeführt. Die Chemikalienbeständigkeit ist vor allem bei Beschichtungen, die zum Gewässerschutz dienen, also bei Bauteilen aus Beton in Anlagen, in denen aggressive und/oder wassergefährdende Flüssigkeiten lagern oder in denen man mit diesen umgeht, erforderlich. Dabei soll das Oberflächenschutzsystem – das Bauwerk vor der schädigenden Wirkung durch aggressive Stoffe schützen, – Gewässer, insbesondere Grundwasser, vor Verunreinigung durch wassergefährdende Stoffe schützen, – das Füllgut vor Verunreinigung durch lösliche Bestandteile aus dem Beton schützen, – besondere technische Eigenschaften der Oberfläche erzielen (z.B. elektrische Ableitfähigkeit). Der Umgang mit aggressiven und/oder wassergefährdenden Stoffen ist in Deutschland im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) geregelt. Für die Beständigkeit ist die Art der Belastung der Beschichtung ausschlaggebend. Diese ist abhängig von der Art der einwirkenden Stoffe, der Art und Häufigkeit der Flüssigkeitsbeanspruchung, der Temperatur und der Temperaturwechsel, der Einwirkung von Lasten und von Witterungseinflüssen. DIN 28052-1 teilt die Beanspruchung in Beanspruchungsstufen von 0 bis 6 ein.
10.5.3 Chemikalienbeständige Bindemittel Die in chemikalienbeständigen Werkstoffen eingesetzten Bindemittel bestehen in der Regel aus chemisch vernetzenden (kalthärtenden) Reaktionsharzen. Vor dem Verarbeiten werden zwei oder mehrere Bindemittel-Komponenten gemischt, die nach dem Applizieren durch chemische Reaktion erhärten. Je nach Anwendungsfall können den Komponenten Zuschläge und andere Zusatzstoffe werkmäßig beigemischt sein oder getrennt geliefert werden. Unmittelbar nach dem Mischen setzt die chemische Reaktion der Vernetzung ein,
10.5 Beständigkeit gegen flüssige Chemikalien
171
wodurch die Verarbeitungszeit (Topfzeit) begrenzt wird. Die Reaktionsgeschwindigkeit hängt hauptsächlich von der Temperatur des Werkstoffs, des Untergrund und der Umgebungsluft ab. Alle zeitlichen Abläufe beim Beschichten müssen auf Verarbeitungszeit abgestimmt werden. Hohe Temperaturen beschleunigen, niedrige Temperaturen verzögern den Erhärtungsverlauf. Um den Verbund zwischen den einzelnen Schichten eines mehrschichtigen Systems sicherzustellen, darf die maximale Wartezeit zwischen dem Auftragen der einzelnen Schichten nicht überschritten werden. Die Eigenschaften der erhärteten Reaktionsharze werden vor allem bestimmt von den Ausgangsstoffen und deren Mischung (Mischungsverhältnis) sowie den äußeren Bedingungen bei der Verarbeitung (Witterung). Die meisten Werkstoffe können bei einer mittleren Aushärtungstemperatur von etwa 20°C erst nach ca. einer Woche voll beansprucht werden. Zum Einsatz gelangen überwiegend die anschließend genannten Reaktionsharze, wie deren wesentliche baupraktische Eigenschaften in Kapitel 6 beschrieben werden. Weitere Eigenschaften und Erläuterungen zur chemischen Reaktion und zur Beständigkeit sind im Abschnitt 4.3 beschrieben. Polymerisate a) Acrylatharze (PMMA) b) Ungesättigte Polyesterharze (UP) c) Vinylesterharze (VE) Polyaddukte a) Epoxidharze (EP) b) Polyurethanharze (PUR) Polykondensate a) Phenolharze (PF) b) Furanharze (FU) Die nachfolgende Tabelle 10.19 gibt eine vergleichende Übersicht über die wichtigsten Kennwerte der im chemikalienbeständigen Reaktionsharze.
10.5.4 Kunststoffbahnen Auch mit Kunststoffbahnen lassen sich Auffangwannen und -räume abdichten. Diese erfordern im Gegensatz zu Beschichtungen nicht notwendigerweise massive Untergründe. Bahnen werden vor Ort zu großflächigen Abdichtungen zusammengefügt. Die Kunststoffbahnen bestehen überwiegend aus homogenem Polyethylen (PE-HD). Dabei ist vor allem die Qualität der Fügenaht für die Funktion von Bedeutung. Neben den vorgenannten Kriterien sind folgende Merkmale zu prüfen:
172
10 Funktionen und Eigenschaften
Tab. 10.19: Übersicht über wesentliche Kennwerte chemikalienbeständiger Reaktionsharze vor und nach dem Erhärten [HOPP] Eigenschaft
a) vor/bei Härtung Viskosität (mPas) bei 23°C Dichte (g/cm3) Farbe Härtungstemperatur (°C), mind. Härtungszeit (Stunden) mind. Feuchtigkeitsempfindlichkeit b) nach Härtung Zugfestigkeit (MPa) Reißdehnung (%) Elastizitätsmodul (MPa)
EP
FU/PF
500…2000 200…800
PUR
PMMA
100…1000 100…500
UP
VE
400…1100 400…600
1,1
1,2
1,1
1,0
1,1
1,1
hell
dunkel
hell
hell
hell
Hell
5…10
5…10
5… 0
–30…–10
5…10
5 … 10
10…24
10…24
8…16
3…6
10…24
10 … 24
gering
gering
hoch
hoch
hoch
Hoch
40…80
20…40
10…30
20…40
70…80
75…85
4…15
1…2
10…200
3…10
2,5…5
3…7
1000… 3500
4000… 8000
500… 1500
1000… 3000
3000… 4000
3300… 4000
Linearer Schrumpf (%)
0,2…0,3
0,5…2
0,2…0,3
0,5…2
2…3
1,5…3
Glasübergangstemperatur (°C)
30…120
>180
–30…50
–10…110
70…120
125…165
Temperaturbeständigkeit (°C)
100…140
130…180
70…110
70…110
100…150
120…190
◆ Allgemeine Werkstoffeigenschaften entsprechend einschlägiger Regelwerke, ◆ Dicke der Bahn, ◆ Beschaffenheit der Bahnenoberfläche und der Fügenähte, ◆ Verhalten bei Zugbeanspruchung, ◆ ggf. Verhalten gegen Alkalität (bei Verlegung auf Beton), ◆ Eignung der Verklebung (z.B. am oberen Rand des Auffangraumes). Bei Verlegung der Bahnen im Erdreich sind weitere Eigenschaften erforderlich: ◆ Beständigkeit gegenüber Nagetieren, ◆ Beständigkeit gegenüber Mikroorganismen, ◆ Wurzelfestigkeit. Die chemische Widerstandsfähigkeit der Kunststoff-Bahnen wird durch Messen der Änderung der mechanischen Kennwerte (z.B. Masseänderung und Änderung von Reißfestigkeit und Reißdehnung) jeweils vor und nach der Einwirkung der entsprechenden Medien bzw. Lagerflüssigkeiten an Proben mit und ohne Fügenähte geprüft.
10.6 Dekontaminierbarkeit
173
Sogenannten Sperrschichtbahnen, sind so aufgebaut, dass zwischen zwei Kunststoffschichten (häufig PE) eine metallische Sperrschicht eingeklebt ist, die zeitlich begrenzt jeglichen Durchtritt chemischer Stoffe verhindert. Insbesondere beim Lagern von CKW dienen Sperrschichtbahnen als Alternative zu anderen Abdichtungsmitteln.
10.5.5 Revisionssysteme Unter der Abdichtung liegende Kontrollröhrchen bzw. zwischen zwei Abdichtungslagen eingebaute Abstandhalter, die einen Hohlraum schaffen, ermöglichen als zusätzliche Schutzmaßnahme eine kontinuierliche Überwachung der oberen Abdichtungslage. Durch entsprechende Warnsystemen (Leckanzeigegerät), die z.B. Änderungen des Gasdrucks des Zwischenraums melden, ist sofortiges Einleiten von Gegenmaßnahmen bei drohender Bodenverunreinigung möglich. Der Hohlraum kann z.B. mit einem sogenannten Abstandsgewebe, das in eine abdichtende Auskleidung in Laminiertechnik eingebaut wird, hergestellt werden. Als Laminierharze werden spezielle Polyester (UP) und Vinylester (VUP) eingesetzt.
10.6 Dekontaminierbarkeit Als Dekontaminieren wird das Entfernen oder Verringern einer ◆ radioaktiven und/oder ◆ biologischen und/oder ◆ chemischen Kontamination (Verunreinigung, contaminare (lat.): verunreinigen) von oder auf ◆ Personen, ◆ Organismen und ◆ Sachen verstanden. Als Dekontaminierbarkeit bezeichnet man meist die Fähigkeit von Werkstoffoberflächen, radioaktive Verunreinigungen durch Reinigungsverfahren entfernen zu können. Jedoch werden u.a. bei Beschichtungen in Reinräumen auch Verunreinigungen mit anderen Stoffen berücksichtigt. Auch Grafittis können als Kontaminationen angesehen werden.
10.6.1 Radioaktive Kontaminationen Innerhalb des Kontrollbereiches kerntechnischer Anlagen und in radiochemischen Laboratorien werden die Oberflächen von Bauteilen aus Beton, Estrich
174
10 Funktionen und Eigenschaften
und Stahl mit speziellen Kunststoffbeschichtungen oder Belägen aus Gummi und PVC geschützt, um radioaktive Kontaminationen des Untergrundes zu vermeiden. Beim Umgang mit radioaktiven Stoffen ist nahezu unumgänglich, dass die Beschichtungen und Beläge selbst unterschiedlich intensive radioaktive oberflächennahe Kontamination erfahren. Wenn diese zulässige Aktivitätswerte überschreiten, sind sie unverzüglich durch geeignete chemische und physikalische Reinigungsverfahren möglichst ohne Schädigung der Oberfläche zu entfernen. Die beschichteten Oberflächen müssen neben der Dekontaminierbarkeit demnach folgende Eigenschaften aufweisen: ◆ Beständigkeit gegenüber einer definierten Strahlendosis, ◆ chemische Beständigkeit gegenüber Dekontaminationsmitteln. Bei radioaktiven Kontamination bis in tiefere Schichten sind die Schutzschichten jedoch auszubauen. Dabei anfallende radioaktiven Abfälle müssen mit großem Aufwand in eine endlagerfähige Form gebracht und als radioaktiver Abfall in ein dafür zulässiges Endlager überführt werden. Da beim Dekontaminieren unterschiedlich aggressive Reinigungsmittel, ggf. mit mechanischer Unterstützung, eingesetzt werden, müssen die Oberflächenschutzschichten Anforderungen an die Chemikalienbeständigkeit und die Verschleißfestigkeit erfüllen. Ungeeignete Materialien neigen infolge der Reinigungsbeanspruchung zur Zunahme der Rauheit der Oberfläche und der Sprödigkeit, so dass die Dekontaminierbarkeit nachlässt. Eventuell vorhandene Fugen sind fehlstellenfrei mit dekontaminierbaren Werkstoffen zu verschließen. Die Dekontaminierbarkeit von Beschichtungen, Belägen und Fugenmassen ist gemäß DIN 25415-1, stark belastete Fußbodenbeschichtungen zusätzlich bezüglich Dekontaminierbarkeit nach Bestrahlung sowie Abriebund Chemikalienbeständigkeit entsprechend DIN 55991-1 zu prüfen. Stark belastete Bodenbeschichtungen für den Kontrollbereich kerntechnischer Anlagen, die auf mineralischen zementgebundenen Untergründen (Beton, Putz, Estrich) eingesetzt werden, sind seit 1982 zusätzlich Prüfungen nach DIN 55991-1 zu unterziehen. Bei Prüfungen zur Dekontaminierbarkeit werden Prüfkörper einer Gamma-Bestrahlung nach DIN 53781 ausgesetzt, wobei als Strahlenquelle z.B. Co-60 mit einer mittleren Quantenenergie von 1,17 bis 1,33 MeV dient. Die Prüfkörper werden mit einer Energiedosisleistung von 900 bis 1000 Gy/h stufenweise bis zu Energiedosen von 0,3, 3,0, 6,5, und 10 MGy bestrahlt. Anschließend werden die Prüfkörper entsprechend DIN 25415-1 mit Radionukliden Cs-137 und Co-60, die in Lösungen eingesetzt werden, kontaminiert. Danach werden die Probenflächen mit Dekontaminationsmitteln gereinigt und anschließend die Reinigungswirkung geprüft sowie eventuelle Veränderungen der Beschichtung festgestellt. In den Anfängen der Nukleartechnik wurden physikalisch trocknende Werkstoffe auf Basis von Chlor- bzw. Cyclokautschuk, PVC-Mischpolymeriesaaten usw. eingesetzt. Da diese den vorgenannten Anforderungen nicht ent-
110.6 Dekontaminierbarkeit
175
sprachen, gelangten kurze Zeit später chemisch härtende Beschichtungen auf Basis von Epoxiden und Polyurethanen zum Einsatz, die gute Ergebnisse bei Dekontaminierungsprüfungen aufweisen. Vorzugsweise wurden lösemittelhaltige und -freie Systeme auf EP-Basis appliziert. Polyurethansysteme erfordern eine sorgfältige Ausführung, um porenfreie Oberflächen zu erzielen. Inzwischen existieren ebenfalls für den Einsatzzweck geeignete Systeme auf Basis wasseremulgierbarer zweikomponentiger Epoxidharze. Diese weisen in ausgehärtetem Zustand einen guten Verbund zu den üblichen Substraten und zu alten Beschichtungen auf, so dass sie sich für Ausbesserungen eignen. Beschichtungen als Oberflächenschutz des Bodens bieten in Kontroll- sowie Überwachungsbereichen gegenüber anderen Belägen folgende Vorteile: ◆ hohe Abriebfestigkeit ◆ Befahrbarkeit durch Gabelstapler ◆ nahtloses und damit flüssigkeitsdichtes Anschließen an Einbauten, wie z.B. Maschinenfundamente und Rohrleitungen. Nachteile von Beschichtungen sind ◆ eventuelle Beschädigungen durch mechanische Belastung, ◆ schlechte Dekontaminierbarkeit an abgenutzten Oberflächen, Tab. 10.20: Prüfungen zur Dekontaminierbarkeit an Bodenbeschichtungen für kerntechnische Anlagen nach DIN 55991-1 Eigenschaft
Anforderung bei Einsatz auf ZM-gebundenem Untergrund
Prüfung nach Norm
Beständigkeit gegen ionisierende Strahlung
ausschließlich Veränderung von Farbe und/oder Glanz zulässig
DIN 53781
sehr gut
DIN 25415-1
sehr gut mäßig
DIN 53233 und DIN 25415-1
Dekontaminierbarkeit ◆ Ohne vorherige Beanspruchung ◆ nach Bestrahlung ◆ nach Abriebprüfung Beständigkeit gegen Chemikalien ◆ ohne vorherige Beanspruchung ◆ nach Bestrahlung
ausschließlich Veränderung von DIN 2812-1 Farbe und/oder Glanz zulässig ausschließlich Veränderung von Farbe und/oder Glanz zulässig
Beständigkeit gegen trockene Hitze
DIN 3248
Beständigkeit gegen Kondenswasser
keine sichtbaren Veränderungen DIN 50017
Haftzugfestigkeit ohne vorherige Beanspruchung
> 2,5 N/mm2
Überarbeitbarkeit
> 2,5 N/mm2
DIN 4624
176
10 Funktionen und Eigenschaften
◆ aufwendiges Entfernen schlecht dekontaminierbarer Beschichtungen, ◆ z.T. aufwendiges Ausbessern beschädigter Bereiche. Günstig für die Dekontaminierbarkeit der Beschichtung wirken sich aus: ◆ geringe Oberflächenad- und -absorption, ◆ geringe Quellbarkeit, ◆ geringe Wasseraufnahmefähigkeit, ◆ hohe Chemikalienbeständigkeit (Dekontaminationsmittel sowie weitere Säuren, Laugen, Lösemittel), ◆ porenarme, glatte Schichten mit dichtem Filmgefüge, ◆ geeignete Bindemittel, ◆ Zusätze von Weichmachern, Verlaufmitteln nicht zu hoch, ◆ niedrige Anteile an hygroskopischen Füllstoffen, ◆ Verarbeitung: optimale Härter- bzw. Vulkanisationsmittelmenge, ◆ niedrige Anteile an Füll- und/oder Pigmentanteile. Erhöhen der Pigmentvolumenkonzentration vermindert die Dekontaminierbarkeit z.T. erheblich. Wenn insbesondere hygroskopische Pigment- oder Füllstoffteilchen an der Oberfläche vom Bindemittel nicht vollständig umhüllt sind, können Radionuklide an diesen Partikeln so fest haften, dass sie nicht zu entfernen sind. Gummi- bzw. PVC Beläge werden meist in Laboratorien, Büros, Infrastruktureinrichtungen usw. verlegt, da diese eine gute Trittschalldämmung, Verschleißfestigkeit sowie dauerhafte Elastizität bieten. Durch Verschweißen können die einzelnen Bahnen der Beläge flüssigkeitsdicht verbunden werden. Dabei sind Fehlstellen zu vermeiden. Kontaminationen im Bereich nicht fehlstellenfrei verschweißter Fugen sind nur mit hohem Aufwand zu entfernen. Gummibeläge besitzen gegenüber PVC-Belägen ausschlaggebende Vorteile, wie günstiges Brandverhalten und hohe Chemikalienbeständigkeit. Im Falle eines Brandes entstehen keine ätzenden und für Menschen gesundheitsschädlichen Salzsäuredämpfe. Gummibeläge werden durch chemische Reaktionen (Vernetzen) von Polymeren, Vulkanisationsmitteln und aktiven Füllstoffen wie Ruß, Graphit, Kieselsäure hergestellt. Dabei ist darauf zu achten, dass der Anteil hygroskopischer Füllstoffe in der Rezeptur möglichst gering bleibt.
10.6.2 Graffiti Um Graffiti mit verringertem Aufwand entfernen zu können, ist z.B. eine porenfreie, geschlossene Oberfläche oder eine abweisende Wirkung durch ständig aus der (Antigraffiti-)Beschichtung austretende Stoffe (z.B. Wachse) nützlich.
10.7 Physiologisches Verhalten
177
Folgende Systeme stehen zur Verfügung: ◆ hydrophobierende, z.T. filmbildende Imprägnierung, z.B. auf AcrylatWachs-Basis oder Siloxan-Acrylharz-Naturwachsbasis, als temporärer Graffitischutz für saugfähige und trockene mineralische, nicht begangene oder befahrene Untergründe, wie Beton, anorganische Putze, Klinker, Natur- und Betonwerksteine, ◆ wasserdampfdurchlässige Polyurethan-Beschichtungen als permanenter Schutz gegen Graffiti, ◆ gering wasserdampfdurchlässige Polyurethan-/Epoxidharzbeschichtungen als permanenter Graffitischutz. Temporäre Systeme (Opferschichten) werden beim Entfernen der Grafitti ebenfalls abgetragen, so dass sie anschließend wieder aufzutragen sind. Permanente Systeme können mehrfach gereinigt werden. Daher müssen sie eine entsprechende Widerstandsfähigkeit und Abriebfestigkeit gegen mechanische Belastung aufweisen. Zudem müssen die Systeme an den Oberflächen weitgehend porenfrei ausreagieren. Zum Reinigen sind in der Regel vom Hersteller angegebenen Reinigungsmittel einzusetzen.
10.7 Physiologisches Verhalten Die Wissenschaft und Lehre von den natürlichen Lebensvorgängen der Organismen wird als Physiologie bezeichnet. Unterschiedliche Regelwerke beschreiben Anforderungen und Prüfungen zum physiologischen Verhalten von Kunststoffen. Nachzuweisen ist bei bestimmten Anwendungen die physiologische Unbedenklichkeit der Kunststoffe. Darunter versteht man, dass die Kunststoffe keine Bestandteile absondern, die sich ungünstig auf Mensch und Umwelt auswirken.
10.7.1 Einsatz im Lebensmittelbereich Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz sowie die Bedarfsgegenständeverordnung legen die Anforderungen an Kunststoffe im Lebensmittelbereich fest. Ein Bedarfsgegenstand gilt als eine Sache, die in Kontakt mit einem Lebensmittel oder dem menschlichen Körper tritt. Eine sogenannte Positivliste in der Bedarfsgegenständeverordnung listet Ausgangsstoffe zum Herstellen von Bedarfsgegenständen auf. Beschichtungen in Lebensmittelbehältern und Verpackungen müssen der 47. Mitteilung des Bundesgesundheitsamtes entsprechen. Wenn die in dieser Richtlinie aufgeführten Stoffe allein oder in Kombination eingesetzt werden, sind die daraus aufgebauten Anstrich- und Beschichtungsstoffe bei ausreichendem Trocknen bzw. Vernetzen physiologisch unbedenklich.
178
10 Funktionen und Eigenschaften
Das Migrationsverhalten von Bedarfsgegenständen wird geprüft, indem mit sogenannten Simulanz-Lösemitteln die Menge an extrahierten Inhaltsstoffen bestimmt wird. Diese dürfen festgelegte Grenzwerte nicht überschreiten.
10.7.2 Einsatz im Trinkwasserbereich Beschichtungen in Trinkwasserbehältern müssen den KTW-Empfehlungen genügen. Die Prüfung erfolgt durch Analyse nach Behandlung der Kunststoffbeschichtungen mit kaltem, warmen und heißem Wasser. Um Mikroorganismen auf Kunststoffoberflächen gering zu halten, sind die Anforderung des DVGW-Arbeitsblattes zu beachten.
10.7.3 Einsatz im Schwimm- und Badebecken Die Eignung von Kunststoffen im Schwimm- und Badebeckenbereich ist durch die KSW-Empfehlungen geregelt. Eingeschlossen sind dabei die Prüfungen gemäß KTW-Empfehlung und DVGW-Arbeitsblatt W 270. Zudem ist die Chlorzehrung zu bestimmen. Damit wird der Verbrauch an Desinfektionsmittel im Schwimmbadwasser ermittelt.
10.8 Pilz- und Algenresistenz Unter besonderen Randbedingungen werden beschichtete Oberflächen von unterschiedlichen Mikroorganismen, wie Pilzen und Algen sowie Flechten und Moosen, besiedelt. ◆ Pilze vermehren sich durch ungeschlechtliche Zellen, so genannte Sporen, sowie Myzele (Wurzelgeflechte) und benötigen als niedere Pflanzenart zum Wachsen keine Lichtenergie. Aus organischen Stoffen, wie z.B. Stärke und Zucker, entnehmen Pilze Kohlenstoff. Bemerkbar sind die durch Verfärbungen, wie z.B. Bläuepilze bei Weichholz oder durch sog. „Pilzrasen“ wie bei den Schwärzepilzen, die auf den entsprechenden Nährböden wachsen. Pilze schädigen die von ihnen befallenen Untergründe, so dass Haftungsverluste bei Beschichtungen und Putzen, bei länger dauerndem starken Befall sogar Zerstörungen der betreffenden Untergründe auftreten können. Deshalb ist notwendig, bestimmte Beschichtungsstoffe mit einem Zusatz geeigneter Biozide (Fungizide) in ausreichender Menge auszurüsten, um Pilzwachstum und die Verbreitung von Pilzsporen langzeitig wirksam zu verhindern bzw. zu unterdrücken. ◆ Algen benötigen als einzellige Organismen mit einem Zellkern von ca. 3 µm bis 10 µm Größe keine organischen Substanzen, jedoch Wasser, Kohlendio-
10.8 Pilz- und Algenresistenz
179
xid und Licht für das Wachstum. Als Nahrung entnehmen sie der Luft Kohlenstoff durch Photosynthese. D.h. durch die Einwirkung von Sonnenlicht wandeln sie unter Mitwirkung des grünen Farbstoffs Chlorophyll („Assimilation“) CO2 und H2O in die als Nahrung erforderlichen Kohlenhydrate um. Da Mikroorganismen in jedem Fall Wasser benötigen, wachsen sie bevorzugt auf solchen Oberflächen, die ständig oder temporär befeuchtet sind. Dies können z.B. Flächen im Inneren von Gebäuden, die aufgrund unzureichender Wärmedämmung oder Kältebrücken zu Tauwasserausfall neigen, oder Außenflächen von Gebäuden sein. Begünstigt wachsen Pilze und Algen daher auf Nord- und Westseiten, an Sockelbereichen und in Schattenzonen sowie an Fassaden, die bedingt durch die nächtliche Wärmeabstrahlung zu Tauwasserausfall auf den Oberflächen führen (Wärmedämmverbundsysteme). Auch die Lage des Objektes zu nahen Gewässern, Biotopen, Bäumen und Sträuchern wirkt sich auf das Wachstum günstig aus. Mikrobieller Bewuchs ist auch z.B. auf Oberflächen organischer Polymere, z.B. Verkehrsschilder oder Stromkästen aus Kunststoff, anzutreffen, wenn die genannten Randbedingungen vorliegen. Mikroorganismen, wie Algen und Pilze, beeinflussen die besiedelten Oberflächen chemisch und physikalisch. Daher sind mittel- bis langfristig neben der ästhetischen Beeinflussung durch Verfärben auch Schädigungen der Oberflächen nicht auszuschließen. Zudem indiziert Bewuchs durch Algen und Pilze in der Regel eine erhöhte Belastung der Baustoffoberfläche durch Feuchte. Staub besitzt zu feuchten Oberflächen eine höhere Affinität als zu trockenen, so dass Verschmutzungen infolge von Staubablagerungen insbesondere an horizontal orientierten Flächen vermehrt auftreten können. Da diese wiederum Feuchte absorbieren, trocknen diese Bereiche langsamer aus als unverschmutzte Bauteiloberflächen. Außerdem enthalten Staubschichten wichtige Nährstoffe für das Algen- und Pilzwachstum. Folgende Faktoren fördern das Algen- und Pilzwachstum: ◆ Wasser ◆ Licht (für Algen) ◆ CO2 ◆ anorganische Nährstoffe ◆ Wärme (Temperaturen zwischen 0°C und 40°C) ◆ pH-Wert (neutral bis gering alkalisch). Pilz- und Algenwachstum lassen sich durch unterschiedliche Maßnahmen vermeiden. Hierbei ist vor allem wichtig den Zutritt von Feuchtigkeit zu verhindern. Dies kann bereits durch konstruktive Maßnahmen, wie ausreichenden Dachüberstand, gezielte Wasserableitung, Verhindern des Bildens von Kondensat, wasserabweisende Beschichtungen, glatte Bauteiloberflächen und Maßnahmen zum Schutz vor Spritzwasser erfolgen. Um Beschichtungen auf wässriger Basis vor dem Befall von Mikroorganismen wie Algen und Pilzen zu schützen, rüstet man sie biozid (algizid
180
10 Funktionen und Eigenschaften
und/oder fungizid) aus. Unter biozidem Ausrüsten von Beschichtungsstoffen ist die Zugabe eines oder mehrerer Wirkstoffe zum flüssigen Material zu verstehen, um einen Befall durch Mikroorganismen während der Lagerung (Gebindekonservierung) oder der fertigen Beschichtung (Filmkonservierung) zu verhindern. Zu den Bioziden gehören Algizide, Bakterizide, Fungizide (von lateinisch fungus = Pilz und caedere = töten, vernichten), Herbizide, Insektizide u.a. Deren Einsatzmengen sind üblicherweise vergleichsweise gering und betragen zwischen 0,1 M-% und 0,5 M-%, bezogen auf den applikationsfertigen Beschichtungsstoff. Durch die begrenzte Wasserlöslichkeit der Wirkstoffe wird die Bauteiloberfläche über einen vergleichsweise langen Zeitraum für Algen und Pilze toxisch eingestellt. In besonderen Fällen, wie z.B. in tropischen Gebieten, wo Mikroorganismen besonders günstige Wachstumsbedingungen aufgrund permanent hoher Luftfeuchtigkeit und relativ hoher Temperaturen vorfinden, oder bei Objekten in Waldnähe oder bei angrenzendem Baumbestand, muss die Konzentration des Algizids bzw. Fungizids erhöht werden. Auf Innenraumoberflächen ist eine entsprechende Ausrüstung der Beschichtung mit einem Fungizid-Zusatz nur dann erforderlich, wenn Feuchträume beschichtet werden. Aufgrund gesetzlicher Vorschriften und im Zuge eines geschärften Umweltbewusstseins sind die heutzutage eingesetzten Wirkstoffe schwermetallfrei und weisen nur eine sehr geringe Humantoxizität auf. Auch speziell formulierte Beschichtungen, die besondere Wirkungen an der Bauteiloberfläche bewirken, können das Wachstum der Mikroorganismen verhindern. Einige der folgenden Effekte werden bereits in der Praxis zum Teil erfolgreich genutzt. ◆ Oxidation durch Anatas-Pigmente (Nanotechnologie). Bei Exposition mit ultraviolettem (UV) Licht absorbieren photokatalytische Substanzen wie Titanoxid (TiO2) in der Kristallform Anatas – nicht jedoch die Rutil-Form – in hohem Maße UV-Strahlung und bilden infolge ihrer solarkatalytischen Wirkung in Anwesenheit von Wasser, Sauerstoff und UV-Licht freie Hydroxylradikale. Diese zersetzen organische Partikel – auch Algen und Pilzsporen – und verringern die Adhäsion von Schmutz (sowohl organische als auch anorganische Stoffe) auf Oberflächen. ◆ Gesteigerte Wärmeabsorption durch Spezialpigmente. Durch verstärkte Absorption von Wärme (nicht mit Wärmespeicherung zu verwechseln) durch besondere Beschichtungen wird die außenseitige Oberfläche bei Sonneneinstrahlung derart erwärmt, dass infolge fehlenden Wassers das Wachstum von Pilzen und Algen verhindert wird. ◆ Verringerung der langwelligen Wärmeabstrahlung (nachts). Infrarot-selektiv wirksame Fassadenbeschichtungen (Infrarot-Beschichtungen) lassen selbst gedämmte Fassaden an den Außenoberflächen nachts weniger abkühlen. Dadurch verringert sich die Bildung von Tauwasser, das u.a. die Lebensgrundlage von Algen und Pilzen darstellt.
10.8 Pilz- und Algenresistenz a)
b)
181 c)
Abb. 10.37: Verhalten von Wasser auf unterschiedlichen Untergründen: a) benetzend, b) nahezu abweisend, c) abperlend und Schmutz abwaschend (Lotus-Effekt).
◆ Beschleunigung des Wasserabflusses (Lotusblüteneffekt). Hydrophobieren senkt die Wasseraufnahme von Oberflächen. Super-hydrophobe, mikrostrukturierte Beschichtungen halten durch ihre selbstreinigende Eigenschaft („Lotusblüten”-Effekt) die Fassade bei Beregnung sauber und trocken und nehmen den Mikroorganismen einen wichtigen Teil ihrer Lebensbedingungen. Bereits in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde beobachtet, dass bestimmte Pflanzenoberflächen, z.B. Kohlblätter, Kapuzinerkresse und besonders die Blätter der indischen Lotusblume, von Wasser nicht benetzt werden und zugleich auch vollkommen schmutzabweisend sind. Auf der Oberfläche der Blätter entdeckte feinste Erhebungen, durch die Wasser besonders gut abperlt und dabei auch eventuell vorhandenen Schmutz mitreißt, erkannte der Botaniker Wilhelm Barthlott als Ursache und nannte dies den „Lotus-Effekt”. Durch den bis dato unbekannten physikalischer Effekt der „Mikrorauhigkeit“ in elektronenmikroskopischer Dimension (Abb. 10.37) ist die Kontaktfläche mit Schmutzpartikeln und Wassertropfen so gering, dass selbst weitgehend wasserabweisende Substanzen durch Wassertropfen abgewaschen werden. ◆ Erhöhen der Wärmespeicherfähigkeit durch Spezialpigmente. Latentwärmespeicher, deren Füllung mit speziellen Wachsen im Phasenübergang von fest zu flüssig Energie speichert, die zeitversetzt wieder abgegeben wird, verringern die Tauwasserbildung auf Fassaden. Dadurch kühlen Fassadenflächen während der Nacht weniger aus. Die Beschichtung wirkt wie eine viel dickere (wärmespeicherfähige) Schicht.
182
10 Funktionen und Eigenschaften
10.9 Literatur Kohlenstoffdioxiddurchlässigkeit Bücher und Aufsätze KLOPFER, H. Die Carbonatisierung von Sichtbeton und ihre Bekämpfung. Bautenschutz + Bausanierung, 1 (1978), 86–97. ENGELFRIED, R; TÖLLE, A. Einfluß der Feuchte und des Schwefeldioxidgehaltes der Luft auf die Carbonatisation des Betons. Betonwerk und Fertigteil-Technik, (1985) 11. ENGELFRIED, R. Carbonatisierung von Beton, ihre Bedeutung und ihre Beeinflussung durch Beschichtungen. defazet Deutsche Farben Zeitschrift 31 (1977) 9, 353–359. STARK, J.; WICHT, B. Dauerhaftigkeit von Beton. Birkhäuser Verlag, Basel 2000. ENGELFRIED, R. Über den Einfluß der Schichtdicke und der Alterung auf die Wirksamkeit von Oberflächenschutzsystemen für Betonbauteile. Dissertation Shaker Verlag, Dortmund 2000.
Regelwerke DIN EN 1062-6:2002-10 Beschichtungsstoffe – Beschichtungsstoffe und Beschichtungssysteme für mineralische Untergründe und Beton im Außenbereich – Teil 6: Bestimmung der KohlenstoffdioxidDiffusionsstromdichte (Permeabilität)
Verhalten gegenüber Wasser Bücher und Aufsätze ENGELFRIED, R. Diffusionswiderstandszahlen für Kohlendioxid und Wasser und deren praktische Anwendung. farbe + lack 89 (1983) 7, 513–518. KLOPFER, H. Wassertransport durch Diffusion in Feststoffen. Bauverlag Wiesbaden, Berlin, 1974. KLOPFER, H. Zur Verteilung des Wassers in Gehaltes in Betonquerschnitten mit und ohne Beschichtung unter verschiedenen Klimabedingungen. boden-wand-decke, (1991) 5. KLOPFER, H. Bauphysikalische Betrachtung der Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen für Betonflächen. DAB (1990) 1, 99–112. KLOPFER, H. Die Verteilung des Wassergehaltes in beschichtetem und unbeschichtetem Beton. In Industriefußböden ‘91. Tagungsband des 2. Internationalen Kolloquiums an der Technischen Akademie Esslingen Ostfildern 1991, 51–65. RICKEN, D. Ein einfaches Verfahren für die eindimensionale, instationäre Wasserdampfdiffusion in mehrschichtigen Bauteilen. Diss. Universität Dortmund, 1989.
10.9 Literatur
183
ROSE, D. A. Water Movement in unsaturated porous materials. Rilem Bulletin, No. 29, Dicembre 1965, 119–123.
Regelwerke DIN 53122-1:2001-08 Prüfung von Kunststoff-Folien, Elastomerfolien, Papier, Pappe und anderen Flächengebilden – Bestimmung der Wasserdampfdurchlässigkeit – Teil 1: Gravimetrisches Verfahren. DIN EN ISO 7783-1:1999-06 Beschichtungsstoffe – Bestimmung der Wasserdampf-Diffusionsstromdichte – Teil 1: Schalenverfahren für freie Filme (ISO 7783-1:1996, einschließlich Technische Korrektur 1:1998). DIN EN ISO 7783-2:1999-04 Lacke und Anstrichstoffe – Beschichtungsstoffe und Beschichtungssysteme für mineralische Untergründe und Beton im Außenbereich – Teil 2: Bestimmung und Einteilung der Wasserdampf-Diffusionsstromdichte (Permeabilität). DIN EN ISO 12572:2001-09 Wärme- und feuchtetechnisches Verhalten von Baustoffen und Bauprodukten – Bestimmung der Wasserdampfdurchlässigkeit. DIN EN ISO 15148:2003-03 Wärme- und feuchtetechnisches Verhalten von Baustoffen und Bauprodukten – Bestimmung des Wasseraufnahmekoeffizienten bei teilweisem Eintauchen. DIN V 4108-4:2004-07 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 4: Wärme- und feuchteschutztechnische Bemessungswerte (Vornorm) DIN EN 1062-3:1999-02 Lacke und Anstrichstoffe – Beschichtungsstoffe und Beschichtungssysteme für mineralische Untergründe und Beton im Außenbereich – Teil 3: Bestimmung und Einteilung der Durchlässigkeitsrate für flüssiges Wasser (Permeabilität).
Mechanische Eigenschaften Bücher und Aufsätze GIELER, R. P. Rissüberbrückende Beschichtungen für Betonflächen. In: Bühler, H.-E. (Hrsg.): Moderne Säureschutz-Systeme. Vulkan-Verlag, Essen 1991. HILLEMEIER, B. et al. Instandsetzen und Erhalten von Betonbauwerken. Beton-Kalender 1999 Ernst und Sohn Verlag, Berlin, 1999. HOHMANN, M. Überlegungen und Versuche zur Rißüberbrückungsfähigkeit und Bemessung von Beschichtungssystemen für Industriefußböden. Dissertation, Dortmund 1997. KLOPFER, H. Eine Theorie der Rissüberbrückung durch Beschichtungen. Bautenschutz + Bausanierung, 5 (1982) 2, 59–66 (Teil 1); 5 (1982) 3, 86–92 (Teil 2). KLOPFER, H. Rißüberbrückende Industriebodenbeschichtungen. Industrieböden. Tagungsband des Internationalen Kolloquiums an der Technischen Akademie Esslingen Ostfildern 1999, 47–54.
184
10 Funktionen und Eigenschaften
LITTMANN, K. Osmose-Theorie der Bildung von Blasen unter Beschichtungen. Internationale Zeitschrift für Bauinstandsetzen und Denkmalpflege, Aedificatio Publishers, 5 (1999) 6, 573–588.
Regelwerke DEUTSCHER AUSSCHUSS FÜR STAHLBETON (Herausgeber) Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, Beuth Verlag GmbH, Berlin 1990/1992. (Rili SIB 1990/1992). Teil 1: Allgemeine Regelungen und Planungsgrundsätze. Teil 2: Bauplanung und Bauausführung. Teil 3: Qualitätssicherung der Bauausführung. Teil 4: Lieferbedingungen und einheitliche Grundsätze für Ausführungsanweisungen. DEUTSCHER AUSSCHUSS FÜR STAHLBETON (Herausgeber) DAfStb-Richtlinie – Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (InstandsetzungsRichtlinie), Beuth Verlag GmbH, Berlin 2001. (Rili SIB 2001) Teil 1: Allgemeine Regelungen und Planungsgrundsätze Teil 2: Bauprodukte und Anwendung Teil 3: Anforderungen an die Betriebe und Überwachung der Ausführung Teil 4: Prüfverfahren Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING), Ausgabe 2003-03. Veröffentlicht in: VkBl (2003). DIN 18560-2:2004-04 Estriche im Bauwesen – Teil 2: Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche). Deutsches Institut für Bautechnik – DIBt (Herausgeber) Bau- und Prüfgrundsätze Beschichtungen von Auffangräumen, Zulassungsgrundsätze Beschichtungssysteme für Beton in LAU-Anlagen, Ausgabe 2000-09. Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 11 u. Heft 12. Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen (Herausgeber) Arbeitsanweisung für kombinierte Griffigkeits- und Rauheitsmessungen, Köln 1972. Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen e.V. (Herausgeber) Merkblatt über Straßengriffigkeit und Verkehrssicherheit bei Nässe. Ausgabe 1968. Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen e.V. (Herausgeber) Arbeitsanweisung für kombinierte Griffigkeits- und Rauheitsmessungen mit dem Pendelgerät und dem Ausflussmesser, Ausgabe 1972. BGR 181:1993-10 (bisher ZH 1/571) Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr. Fachausschuss „Bauliche Einrichtungen“ der BGZ, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Herausgeber), zu beziehen über Carl Heymanns Verlag, Köln. DIN 51130:2004-06 Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr, Begehungsverfahren – Schiefe Ebene. DIN 52108:2002-07 Prüfung anorganischer nichtmetallischer Werkstoffe – Verschleißprüfung mit der Schleifscheibe nach Böhme – Schleifscheiben-Verfahren. DIN EN 13892-3:2004-07 Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen – Teil 3: Bestimmung des Verschleißwiderstandes nach Böhme.
10.9 Literatur
185
DIN 53233:2003-06 Beschichtungsstoffe – Bestimmung des Abriebverhaltens von dekontaminierbaren Beschichtungen – Fallrohr-Verfahren. DIN 53754:1977-06 Prüfung von Kunststoffen; Bestimmung des Abriebs nach dem Reibradverfahren. ASTM D 4060:2001 Standard Test Method for Abrasion Resistance of Organic Coatings by the Taber Abraser. DIN EN 660-1:1999-06 Elastische Bodenbeläge – Ermittlung des Verschleißverhaltens – Teil 1: Stuttgarter Prüfung. DIN EN 660-1/A1:2003-06 Elastische Bodenbeläge – Ermittlung des Verschleißverhaltens – Teil 1: Stuttgarter Prüfung; Änderung A1. DIN EN ISO 6272-1:2004-08 Beschichtungsstoffe – Prüfung der Widerstandsfähigkeit bei schlagartiger Verformung (Schlagprüfung) – Teil 1: Prüfung durch fallendes Gewichtsstück, große Prüffläche. DIN EN 1062-7:2004-08 Beschichtungsstoffe – Beschichtungsstoffe und Beschichtungssysteme für mineralische Substrate und Beton im Außenbereich – Teil 7: Bestimmung der rissüberbrückenden Eigenschaften.
Elektrische Eigenschaften Bücher und Aufsätze BERGER, W., VELTE, D. Aktueller Stand elektrisch ableitfähiger Bodenbeläge. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler, Technische Akademie Esslingen 1999. DEPKE, F. M. Antistatische Beschichtungen. In: Industriefußböden 1991, Internationales Kolloquium 15.–17. Januar 1991, Herausgeber P. Seidler, Technische Akademie Esslingen 1991. HELLER, P. Anforderungen und Bauweisen für elektrisch leitfähige Fußböden. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler, Technische Akademie Esslingen 1999. MAGNER, J. Ableitfähige Fußbodenbeschichtungen. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler, Technische Akademie Esslingen 1999. SAGER, H. Ableitfähige Beschichtungen zur Vermeidung von Zündgefahren in Folge elektrostatischer Aufladung, Industriebau (1993) 1, 1426-1432.
Regelwerke BGR 132:2003-03 (bisher ZH 1/200) Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen. Fachausschuss „Chemie” der BGZ, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Herausgeber), zu beziehen über Carl Heymanns Verlag, Köln.
186
10 Funktionen und Eigenschaften
DIN EN 1081:1998-04 Elastische Bodenbeläge, Bestimmung des elektrischen Widerstands. DIN VDE 0107 Starkstromanlagen in Krankenhäusern und medizinisch genutzten Räumen DIN EN 1815:1998-01 Elastische und textile Bodenbeläge – Beurteilung des elektrostatischen Verhaltens. E DIN 54346:1993-10 Klassifikation des elektrischen und elektrostatischen Verhaltens von Bodenbelägen und Bodenbeschichtungen. DIN IEC 61340-4-1:1997-04 Elektrostatik – Teil 4: Festgelegte Messverfahren für spezifische Anwendungen; Hauptabschnitt 1: Elektrostatisches Verhalten von Bodenbelägen und verlegten Fußböden (IEC 61340-4-1:1995). DIN VDE 0100-410:1997-01 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V – Teil 4: Schutzmaßnahmen; Kapitel 41: Schutz gegen elektrischen Schlag DIN IEC 60093:1993-12 Prüfverfahren für Elektroisolierstoffe; Spezifischer Durchgangswiderstand und spezifischer Oberflächenwiderstand von festen, elektrisch isolierenden Werkstoffen. DIN EN 61340-5-1:2001-08 Elektrostatik – Teil 5-1: Schutz von elektronischen Bauelementen gegen elektrostatische Phänomene; Allgemeine Anforderungen.
Beständigkeit gegen flüssige Chemikalien Bücher und Aufsätze HOPP, A. Entwicklung hochchemikalienbeständiger Beschichtungssysteme zum Schutz gegen wassergefährdende Flüssigkeiten in der Praxis. In: P. Seidler (Herausgeber): Industrieböden ’99 TAE Technische Akademie Esslingen 1999. HILLEMEIER, B. et al. Instandsetzen und Erhalten von Betonbauwerken. Beton-Kalender 1999 Berlin: Ernst und Sohn Verlag, 1999
Gesetze, Regelwerke Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.08.2002. BGBL I S. 3245. Deutsches Institut für Bautechnik – DIBt (Herausgeber) Bau- und Prüfgrundsätze für Beschichtungen für Beton-, Putz- und Estrichflächen von Auffangwannen und Auffangräumen für Heizöl EL und Dieselkraftstoff, ungebrauchte Verbrennungsmotoren- und Kraftfahrzeuggetriebeöle sowie Gemische aus gesättigten und aromatischen Kohlenwasserstoffen mit einem Aromatengehalt von > 20 Gew.-% und einem Flammpunkt von > 55°C, Ausgabe September 2000. Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 11. Zulassungsgrundsätze für Beschichtungssysteme für Auffangwannen, Auffangräume und Flächen aus Beton in Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Flüssigkeiten. Ausgabe 2000-09, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 12.
10.9 Literatur
187
Zulassungsgrundsätze für Kunststoffbahnen als Abdichtungsmittel von Auffangwannen, Auffangräumen, Auffangvorrichtungen und Flächen für die Lagerung, das Abfüllen und das Umschlagen wassergefährdender Stoffe. Ausgabe 2000-09, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 13. Zulassungsgrundsätze für Beschichtungsstoffe zur Herstellung von Innenbeschichtungen von Stahlbehältern zur Lagerung wassergefährdender Flüssigkeiten. Ausgabe 2002-04, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 14. Zulassungsgrundsätze für Gummierungen als Auskleidung von Stahlbehältern zur Lagerung wassergefährdender nichtbrennbarer Flüssigkeiten. Ausgabe 2000-09, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 15. Zulassungsgrundsätze Fugenabdichtungssysteme in LAU-Anlagen, Teil 1 – Fugendichtstoffe. Ausgabe 2001-05, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 16/1. Zulassungsgrundsätze Fugenabdichtungssysteme in LAU-Anlagen, Teil 2 – Fugenbänder. Ausgabe 2001-05, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 16/2. Zulassungsgrundsätze für Sicherheitseinrichtungen von Behältern und Rohrleitungen. Ausgabe 1996-01, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 6.1. DIN 4102-2:1977-09 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen. BGR 181:1993-10 (bisher ZH 1/571) s.o. DIN EN ISO 2812-1:1994-10 Lacke und Anstrichstoffe – Bestimmung der Beständigkeit gegen Flüssigkeiten – Teil 1: Allgemeine Verfahren. DIN EN ISO 2812-2:1995-01 Lacke und Anstrichstoffe – Bestimmung der Beständigkeit gegen Flüssigkeiten – Teil 2: Verfahren mit Eintauchen in Wasser. DIN 28052-1:2001-07 Chemischer Apparatebau – Oberflächenschutz mit nichtmetallischen Werkstoffen für Bauteile aus Beton in verfahrenstechnischen Anlagen – Teil 1: Begriffe, Auswahlkriterien. DIN 28052-6:2001-08 Chemischer Apparatebau – Oberflächenschutz mit nichtmetallischen Werkstoffen für Bauteile aus Beton in verfahrenstechnischen Anlagen – Teil 6: Eignungsnachweis und Prüfungen. DEUTSCHER AUSSCHUSS FÜR STAHLBETON (Herausgeber) DAfStb-Richtlinie – Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (InstandsetzungsRichtlinie) (Rili SIB 2001), Beuth Verlag GmbH, Berlin 2001. Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING), Ausgabe 2003-03. ASTM D 534-87:1987-02 Standard Test Method for resistance of plastics to chemical reagents. DECHEMA Richtlinienblatt: Chemische Beständigkeit von Beschichtungs-, Verlegeund Verfugemassen. E DIN EN 1504-2:2000-06 Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken – Definitionen, Anforderungen, Qualitätsüberwachung und Beurteilung der Konformität – Teil 2: Oberflächenschutz; Deutsche Fassung prEN 1504-2:2000.
188
10 Funktionen und Eigenschaften
Dekontaminierbarkeit Bücher und Aufsätze KUNZE, S. Auswahlkriterien und Anforderungen für Fußböden in kerntechnischen Anlagen. In: Industriefußböden 1987, Internationales Kolloquium 13.–15. Januar 1987, Herausgeber P. Seidler, TAE Esslingen 1987. nn. Strahlenbelastung möglich. Über die Dekontaminierbarkeit, Strahlen- und Chemikalienbeständigkeit von wasseremulgierbaren Zweikomponenten-Epoxidharzbeschichtungen. Das Deutsche Malerblatt (1996) 7.
Gesetze, Regelwerke DIN 25415-1:1988-08 Dekontamination von radioaktiv kontaminierten Oberflächen; Verfahren zur Prüfung und Bewertung der Dekontaminierbarkeit. DIN 55991-1:2003-07 Beschichtungsstoffe – Beschichtungen für kerntechnische Anlagen – Teil 1: Anforderungen und Prüfverfahren. DIN 55991-2:1992-02 Beschichtungsstoffe; Beschichtungen für kerntechnische Anlagen; Identitätsprüfung von Beschichtungsstoffen. DIN 55991-3:2003-07 Beschichtungsstoffe – Beschichtungen für kerntechnische Anlagen – Teil 3: Planung und Ausführung von Beschichtungsarbeiten. DIN 53233:2003-06 Beschichtungsstoffe – Bestimmung des Abriebverhaltens von dekontaminierbaren Beschichtungen – Fallrohr-Verfahren. DIN 53781:2003-07 Beschichtungsstoffe– Verfahren zur Prüfung der Beständigkeit von Beschichtungen gegen ionisierende Strahlung in kerntechnischen Anlagen. DIN 55670:1994-05 Lacke und ähnliche Beschichtungsstoffe; Prüfung von Lackierungen, Anstrichen und ähnlichen Beschichtungen auf Poren und Risse mit Hochspannung. DIN EN ISO 3248:2000-09 Beschichtungsstoffe – Bestimmung der Auswirkung von Wärme (ISO 3248:1998); Deutsche Fassung EN ISO 3248:2000. DIN 50017:1982-10 Klimate und ihre technische Anwendung; Kondenswasser-Prüfklimate. DIN EN ISO 4624:2003-08 Beschichtungsstoffe – Abreißversuch zur Beurteilung der Haftfestigkeit (ISO 4624: 2002).
Physiologisches Verhalten Gesetze, Regelwerke Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz – LMBG), Stand 1.1.1997
10.9 Literatur
189
47. Mitteilung des Bundesgesundheitsamtes; XL. Lacke und Anstrichstoffe für Lebensmittelbehälter und Lebensmittelverpackungen. Bekanntmachung des BGA Bundesgesundheitsblatt 28.06.1968. Die gesundheitliche Beurteilung von Kunststoffen und deren nicht-metallischen Werkstoffen des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes für den Trinkwasserbereich. Bundesgesundheitsblatt, 20. Jahrgang 1977, Seite 124 ff (KTW-Empfehlung). DVGW-Arbeitsblatt W 270 Vermehrung von Mikroorganismen auf Materialien für den Trinkwasserbereich. Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes zur Eignungsprüfung von Kunststoffmaterialien im Schwimm- und Badebeckenbereich. (KSW-Empfehlungen).
Pilz- und Algenresistenz Bücher und Aufsätze HLADIK M. Algen, Pilze und ähnliches an Fassaden. BauMagazin, (2002) 2. BAGDA, E. Algen und Pilze an Fassaden. Farbe & Lack, (2002) 6. KLOPFER, H. Aktuelle Themen der hygrischen Bauphysik. Bauphysik-Kalender 2005. KÜNZEL H. M., KRUS M., SEDLBAUER K. Algen auf Außenwänden – Bauphysik als Ursache? Bauphysik als Lösung! Tagungsband zum 3. Dahlberg-Kolloquium Mikroorganismen und Bauwerksinstandsetzung, 13.–14. Sep. 2001, Wismar, S. 75–84.
Gesetze, Regelwerke Richtlinie zur Bestimmung der Beständigkeit von Beschichtungsstoffen gegen Algenbefall – VdL-Richtlinie Algenbefall, Ausgabe November 1998. Richtlinie zur Bestimmung der Beständigkeit von Beschichtungsstoffen gegen Pilzbefall – VdL-Richtlinie Pilzbefall, Ausgabe November 1998. Biozidprodukte-Richtlinie – Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 16.02.1998 über das Inverkehrbringen von Biozidprodukten.
11 Beton- und Mörtelsysteme
Im Kapitel 8 werden die Ausgangsstoffe und Eigenschaften der frischen und erhärteten Werkstoffe für kunststoffmodifizierte zementgebundene sowie für polymergebundene Betone und Mörtel ausführlich dargestellt. Diese Stoffe werden eingesetzt, um im Rahmen von Instandsetzungsmaßnahmen schadhafte Betonsubstanz partiell oder großflächig zu ersetzen. Kunststoffe werden dabei eingesetzt, um ◆ zementgebundene Werkstoffe zu modifizieren, mit dem Ziel, die Eigenschaften des frischen und des ausgehärteten Produktes zu optimieren, oder ◆ als Bindemittel dem Material wesentliche Eigenschaften zu verleihen.
11.1 Beanspruchung und Anwendungsfälle In Deutschland sind Beton- und Mörtelsysteme zum Instandsetzen von Betonbauteilen in Rili SIB und in ZTV ING international in der z.T. gegenwärtig erst als Entwurf vorliegenden EN 1504 geregelt. Unterschieden werden neben hier nicht behandelten Werkstoffen, wie Beton nach DIN 1045, Spritzbeton nach DIN 18551 und Zementmörtel, ◆ PCC
Polymer Cement Concrete, kunststoffmodifizierter Instandsetzungsbeton/-mörtel (PCC I für waagerechte und schwach geneigte Flächen und PCC II für beliebige Orientierung, z.B. Wand, Decke), ◆ SPCC Sprayable Polymer Cement Concrete, im Spritzverfahren aufzubringender kunststoffmodifizierter Instandsetzungsbeton/-mörtel, ◆ PC Polymer Concrete, reaktionsharzgebundener Instandsetzungsbeton/-mörtel (PC I für waagerechte und schwach geneigte Flächen und PC II für beliebige Orientierung, z.B. Wand, Decke). Diese Werkstoffe werden häufig mit weiteren Werkstoffen (Komponenten) eines aufeinander abgestimmten Systems (Abb. 11.1) eingesetzt, wie: ◆ Beschichtungsstoffe zum Korrosionsschutz der Bewehrung, ◆ Werkstoffe zum Verbessern des Verbundes zwischen Beton/Mörtel und Untergrund (sog. „Haftbrücke“),
11.1 Beanspruchung und Anwendungsfälle
191
Abb. 11.1: Instandsetzungsmörtel und zugehörige Systemkomponenten (Korrosionsschutzbeschichtung, Haftbrücke und Egalisierungssmörtel)
◆ Werkstoffe zum Ausgleichen (Egalisieren) von Unebenheiten des Untergrundes und zum Füllen von Poren und Lunkern in der Oberfläche des Instandsetzungsbetons/-mörtels und des instandzusetzenden Betons (sog. „Feinspachtel“, „Kratzspachtel“, „Ausgleichsspachtel“). Nach Rili SIB (2001) werden die stoff- und systembezogenen Forderungen an die Betone und Mörtel durch sogenannte Beanspruchbarkeitsklassen (in Rili SIB 1990/1992: Beanspruchungklassen) definiert, siehe Tabelle 11.1. Neben den üblichen Instandsetzungsbetonen und -mörteln sind ebenfalls SPCC- und PC-Systeme aufgenommen. Der für standsicherheitsrelevante Anwendungen Tab. 11.1: Anforderungen an Betone und Mörtel der Beanspruchbarkeitsklassen M1, M2 und M3 nach Rili SIB (2001) Anforderung
Beanspruchbarkeitsklasse M1
M2
M3
Eignung zum Ausfüllen von Fehlstellen im Betonuntergrund
x
x
x
Ausreichende Festigkeit als Untergrund für die vorgesehenen Oberflächenschutzsysteme
x
x
x
Korrosionsschutz durch die Prinzipien W, C oder K
x
x
x
Carbonatisierungstiefe zementgebundener Mörtel und Betone (c90 £ 2 mm)
x
x
einwandfreie Applikation und Erhärten bei dynamischer Beanspruchung
x
x
Eignung für Anwendung an senkrechten Flächen und über Kopf (außer PCC I und PCI)
x
x
erhöhte Anforderungen im Hinblick auf die Berücksichtigung bei Nachweisen der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit, wie – Festigkeits- und Verformungseigenschaften (einschl. Kriechen und Schwinden) – Verbund mit vorbehandeltem Bewehrungsstahl – erhöhte Haftung am Betonuntergrund – Brandverhalten
x
x x x x
192
11 Beton- und Mörtelsysteme
benötigte Mörtel M3 wurde detaillierter beschrieben. Die in Rili SIB Teil 2 (1990) aufgeführte Klasse M4 ist entfallen und in Teilbereichen durch Betone/ Mörtel der Klassen M2/PC I und M2/PC II ersetzbar. Zudem wurden die Festlegungen der Rili SIB und der ZTV ING harmonisiert. Mörtel bzw. Betone mit der Stoffbezeichnung PCC, SPCC und PC werden ausschließlich der Beanspruchbarkeitsklasse M2 zugeordnet.
11.2 Ausführung und Qualitätssicherung 11.2.1 Kunststoffmodifizierter Zementmörtel bzw. -beton (PCC) Bei Maßnahmen zum Schutz und zur Instandsetzung von Beton werden besonders häufig kunststoffmodifizierte Zementmörtel (PCC) eingesetzt, da diese sich sowohl beim Reprofilieren großvolumiger partieller Schadstellen aber auch bei großflächigem dünnschichtigem Einsatz bewährt haben. Die Werkstoffe werden je nach Zusammensetzung als Haftbrücken, Reparaturbzw. Reprofilierungsmörtel oder Feinmörtel (Spachtel) eingesetzt. Durch die Zugabe von Kunststoffen (vgl. Abschnitt 8.4) werden wichtige Eigenschaften der zementgebundenen Werkstoffe deutlich verbessert. Im einzelnen sind zu nennen: ◆ die Verarbeitbarkeit, ◆ das Wasserrückhaltevermögen, ◆ die Verringerung der Neigung zu Rissen beim Erhärten, ◆ die Haftung am Untergrund. Während zu Beginn der Entwicklung von Betoninstandsetzungssystemen die Kunststoffe als flüssige Dispersion zugegeben wurden, ist heute in der Regel der Kunststoffanteil redispergierbar im trockenen Mörtel enthalten. Der Vorteil besteht darin, dass Mischfehler verringert werden, da beim Mischen („Anmachen“) des Werktrockenmörtels lediglich Wasser im vorgeschriebenen Verhältnis zugegeben werden muss. Die Rili SIB regelt die Art der zu verwendenden Zemente (CEM I nach DIN EN 197-1 oder DIN 1164) und begrenzt den Kunststoffgehalt bei Mörteln, die gemäß Instandsetzungsprinzip „R“ (Realkalisierung, vgl. Abschnitt 15.4) eingesetzt werden auf maximal 10% bezogen auf die Masse des Zementes, um hohes alkalisches Potential sicherzustellen. 11.2.1.1 Vorbereiten und Vorbehandeln des Untergrundes Der Untergrund ist bei Einsatz kunststoffmodifizierter Betone und Mörtel gemäß Kapitel 13 vorzubereiten. Korrodierte Bewehrung ist entsprechend den dort genannten Regeln freizulegen und vorzubereiten. Falls die Bewehrung
11.2 Ausführung und Qualitätssicherung
193
mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehen wird, muss durch ordnungsgemäßes Freistemmen sichergestellt sein, dass die Stähle fehlstellenfrei, d. h. gegebenenfalls auch an der Bauteiloberfläche abgewandten Seite („Rückseite“), beschichtet werden können und der Mörtel hohlraumfrei einzubringen ist. Bevor meist zum System gehörende zementgebundene Haftschlämmen aufgetragen werden, sind die Betonflächen vorzunässen, damit den Schlämmen nicht unzulässig viel Wasser durch die kapillare Wirkung des Untergrundes entzogen wird. Bei bestimmten Systemen kann das Aufbringen einer Haftbrücke entfallen. In diesen Fällen ist der Untergrund vorzunässen, so dass er vor dem Aufbringen des Mörtels „mattfeucht“ erscheint. 11.2.1.2 Korrosionsschutz der Bewehrung Wenn die Instandsetzungsprinzipien R (Aufbringen einer ausreichend dicken Schicht eines geeigneten alkalischen Mörtels) und/oder W (Beschichten der Bauteiloberfläche) allein nicht zum sicheren Schutz der freiliegenden Bewehrung führen, ist diese mit einer zum System gehörenden Korrosionsschutzbeschichtung auf Epoxidharzbasis oder als zementöses Produkt in zwei Schichten zu beschichten. Die Betonoberflächen sind bis zu einem Sa 21/2 entsprechenden Oberflächenvorbereitungsgrad in Anlehnung an DIN EN ISO 12944-4 vorzubereiten (vgl. Abb. 15.6). 11.2.1.3 Applikation und Nachbehandlung Entsprechend dem Volumen und der Tiefe der Ausbruchstelle ist ein Reprofilierungsmörtel bzw. -beton mit geeigneter Korngröße zu wählen. Der Durchmesser des größten Zuschlagkorns muss weniger als 1/3 der geringsten Schichtdicke betragen. Das Mischen der PCC erfolgt mit maschinellen Rührwerkzeugen oder mit Zwangsmischern. Sie werden anschließend in die direkt zuvor in den Altbeton eingebürstete Haftbrücke („frisch in frisch“) oder auf den vorgenässten Untergrund eingebracht. Der in der Regel von Hand eingebaute Mörtel ist ausreichend zu verdichten, damit in partiellen Ausbruchstellen freiliegende Bewehrung hohlraumfrei von Mörtel umgeben ist. Bei Ausbrüchen von mehreren Zentimeter (über ca. 5 cm) Tiefe ist der Mörtel in mehreren Lagen mit Wartezeiten entsprechend dem Aushärteverhalten einzubauen (Abb. 15.9). Um den Mörtel ordnungsgemäß einzubauen, können Hilfsschalungen (Abb. 11.4) erforderlich sein. Bei großflächigem Einbau auf waagerechten oder schwach geneigten Flächen werden dickere Mörtelschichten häufig unmittelbar nach dem Einbau maschinell verdichtet. Zu den Mörteln eines Betoninstandsetzungssystems gehören in der Regel Feinmörtel, die nach partiellem oder großflächigem Einbau des Reparaturmörtels vollflächig meist von Hand mit der Traufel auf die Oberfläche aufge-
194
11 Beton- und Mörtelsysteme
zogen wird, um Poren und Lunker zu schließen. Aufgrund des optimalen Benetzungsverhaltens infolge der niedrigen Konsistenz werden bei den Egalisierungsmörteln oft keine Haftschlämmen benötigt. Neben den zementgebundenen kunststoffmodifizierten Feinmörteln werden auch spezielle Werkstoffe auf Basis von wässrigen Dispersionen mit weichen, gummiartigen Kunststoff-Füllstoffen eingesetzt, die mit der Bürste aufgetragen Poren und Lunker verschließen. Falls die vorhandene Schalbrett-Struktur der instandzusetzenden Bauteile, z.B. bei unter Denkmalschutz stehenden Objekten, erhalten bleiben soll, sind unterschiedliche Lösungen üblich, siehe auch Abschnitt 15.7. Dabei kann u.a. ◆ das Aufziehen eines Egalisierungsmörtels entfallen, ◆ besonderer Feinmörtel mit der Bürste aufgebracht werden, ◆ in den frischen, mit der Traufel aufgezogen Feinmörtel Kunststoff-Reliefs mit Schalbrett-Struktur eingedrückt werden. Die modifizierenden Kunststoffdispersionen und eventuelle weitere Zusatzmittel beeinflussen das sogenannte Wasserrückhaltevermögen positiv und sorgen damit dafür, dass dem Bindemittel Zement das zum Hydratisieren erforderliche Wasser eher zur Verfügung gestellt wird als bei nicht vergüteten reinen Zementmörteln. Dennoch wird durch Wind und Sonneneinstrahlung das Verdunsten des Wassers vor allem der dünnschichtigen und großflächig aufgebrachten Feinmörteln erheblich beschleunigt und damit die Gefahr von Rissen und nicht aushydratisierten Mörteln besonders groß. Aufgrund der Umgebungsbedingungen ist daher meist ein Nachbehandeln durch Feuchthalten, Verschatten und Schützen vor Wind erforderlich. Da fast immer anschließend weitere Beschichtungen (Oberflächenschutzsysteme) appliziert werden, dürfen keine Nachbehandlungsmittel aufgesprüht werden, die den Verbund zwischen Egalisierungsmörtel und Beschichtung verschlechtern. Jedoch sind z.T. zum System gehörende Grundierungen als Nachbehandlungsmittel üblich.
Abb. 11.2: Prüfen der Festigkeitseigenschaften eines kunststoffmodifizierten Egalisierungsmörtels mit dem Messer
11.2 Ausführung und Qualitätssicherung
195
11.2.2 Kunststoffmodifizierter Spritzmörtel bzw. -beton (SPCC) Spritzbare Betonersatzsysteme, sogenannte SPCC, bestehen meist aus den Komponenten Spritzmörtel und eventuell einer Korrosionsschutzbeschichtung. Wie bei Spritzbeton nach DIN 18551 ist üblicherweise keine Haftbrücke zum Verbessern der Verbundwirkung erforderlich. SPCC-Systeme bieten gegenüber PCC vor allem bei der Reparatur großflächiger Schäden und bei großflächig zu erhöhender Betondeckung aufgrund des zügigeren Arbeitsfortschrittes Vorteile. Im Gegensatz zu Spritzbeton kann SPCC auch in Schichtdicken unterhalb von 3 Zentimetern, jedoch wie dieser nicht auf waagerechten und gering gegen die Waagerechte geneigten Flächen eingesetzt werden. Die Eigenschaften der frischen und ausgehärteten SPCC entspricht den in Abschnitt 8.4 beschriebenen PCC. Kunststoffmodifizierter Spritzbeton, dessen Größtkorndurchmesser gemäß Rili SIB maximal 8 mm beträgt, wird vor allem bei großflächigen und tiefen Betonausbrüchen eingesetzt. 11.2.2.1 Vorbereiten und Vorbehandeln des Untergrundes Die Maßnahmen zum Vorbereiten der mit SPCC zu versehenden Betonoberfläche entsprechen den im Abschnitt 11.2.1.1 beschriebenen Arbeiten. Der
Abb. 11.3: Schulen der Düsenführer: Spritzkasten mit Bewehrung
196
11 Beton- und Mörtelsysteme
Abb. 11.4: Einbringen des zementgebundenen kunststoffmodifizierten Spritzmörtels (SPCC) in eine vorbereitete Schadstelle unter Verwendung einer Hilfsschalung
Untergrund muss anschließend fest in die Zementmatrix eingebettete grobe Zuschläge aufweisen. Gerüste müssen so aufgestellt werden, dass ein Abstand zwischen der Spritzdüse und der Aufprallfläche des SPCC bei Applikation im Trockenspritzverfahren von ca. 80 cm und bei Applikation im Nassspritzverfahren von ca. 50 cm verbleibt. Einen Tag vor Beginn der Arbeiten muss der Untergrund gründlich vorgenässt werden, um später einen Entzug von Wasser aus dem frischen SPCC zu verhindern. Bei Applikation des SPCC soll der Untergrund „mattfeucht“ sein. 11.2.2.2 Korrosionsschutz der Bewehrung Die freiliegende Bewehrung ist wie bei Einsatz eines PCC-Systems vor Korrosion zu schützen, vgl. Abschnitt 11.2.1.2. 11.2.2.3 Applikation und Nachbehandlung Die üblichen Applikationsverfahren (Spritz- und Fördertechnik) entsprechen weitgehend den bei Auftragen von Spritzbeton (vgl. Abb. 11.5 und Abb. 11.6). SPCC wird häufiger im Nass- als im Trockenspritzverfahren aufgebracht. Zudem sind dünnere Schichten zulässig als bei Spritzbeton nach DIN 18551. Die verwendeten Geräte müssen vom Hersteller der Werkstoffe zugelassen sein.
11.2 Ausführung und Qualitätssicherung
197
Tab. 11.2: Vergleich der Spritzverfahren für SPCC [SCHRÖDER] Vorteile des Trockenspritzverfahrens
Vorteile des Nassspritzverfahrens
niedriger W/Z-Wert, dadurch – höhere Festigkeit und – geringere Schwindneigung
gleichmäßiger und definierter W/Z-Wert, dadurch – gleichmäßige Eigenschaften
einfache Handhabung, da Mischen mit Anmachwasser bzw. –flüssigkeit entfällt
geringer Rückprall
große Distanz zwischen Spritzgerät und Aufprallfläche möglich
geringe Umweltbeeinflussung infolge geringen Staubanfalls
Arbeitsunterbrechungen sind problemlos möglich feinkörnige und gleichmäßige Oberflächentextur hohe Verdichtung des SPCC
dünne Schichten möglich (≥ ca. 5 mm)
einfaches Säubern der Geräte Vornässen über Spritzdüse möglich
Abb. 11.5: Förder- und Spritzverfahren für kunststoffmodifizierten Spritzbeton und -mörtel (SPCC)
Die Oberfläche des aufgespritzten SPCC darf nur nachbearbeitet (z.B. Glätten durch Abreiben mit einem Reibebrett) werden, wenn mindestens eine vorher aufgebrachte SPCC-Schicht so weit erhärtet ist, dass sie nicht durch das Bearbeiten verschoben werden kann. Die Bedeutung der Nachbehandlung bei großflächig aufgetragenem SPCC entspricht der bei PCC (Egalisierungsmörtel). Die Durchführung erfolgt bei SPCC analog PCC. Das korrekte Einbauen des SPCC verlangt vor allem bei eng liegender Bewehrung vergleichsweise viel Erfahrung vom Düsenführer. Daher können ausschließlich besonders geschulte Personen SPCC bei wenig Rückprall (vom Untergrund zurückgepralltes Material, das nicht weiter verarbeitet werden darf) so verarbeiten, dass keine Hohlräume hinter Bewehrungsstählen und Spritzschatten entstehen. Der Nachweis der Qualifizierung des Personals erfolgt durch eine spezielle Prüfung den sogenannten Düsenführer-Schein.
198
11 Beton- und Mörtelsysteme
a
b
c
Abb. 11.6: Prinzip unterschiedlicher Spritzverfahren für SPCC: a) Trockenspritzverfahren mit Dünnstromförderung, b) Nassspritzverfahren mit Dünnstromförderung (pneumatisch), c) Nassspritzverfahren mit Dichtstromförderung (hydraulisch)
11.2.3 Reaktionsharzmörtel bzw. -beton (PC) Wenn das Ersetzen fehlenden oder schadhaften Betons mit zementgebundenen (hydraulisch erhärtenden) Mörteln oder Betonen nicht sinnvoll ist oder deren Eigenschaften den Anforderungen nicht genügen, werden Systeme mit Reaktionsharz als Bindemittel (PC) eingesetzt. PC bieten Vorteile gegenüber PCC, wenn ◆ sehr hohe chemische Widerstandsfähigkeit, ◆ hohe mechanische Abriebfestigkeit ◆ sehr schnelles Aushärten und ◆ geringe Schichtdicke bei großflächigem Auftrag gefordert werden. Eigenschaften der frischen und erhärteten PC werden im Abschnitt 8.3 detailliert beschrieben.
11.2 Ausführung und Qualitätssicherung
199
Abb. 11.7: Nassspritzgerät zum Verarbeiten von SPCC (Putzmeister)
Abb. 11.8: Trockenspritzgerät zum Verarbeiten von SPCC (Aliva)
200
11 Beton- und Mörtelsysteme
Abb. 11.9: Im Nassspritzverfahren aufgebrachte Oberfläche eines SPCC nach dem Abziehen mit dem Reibbrett
Tab. 11.3: Vor- und Nachteile von reaktionsharzgebundenen Mörteln und Betonen (PC) gegenüber kunststoffmodifizierten zementgebundenen Werkstoffen (PCC) nach SCHRÖDER Vorteile des PC gegenüber PCC
Nachteile des PC gegenüber PCC
geringere Schichtdicke möglich
Mischfehler bei Verarbeitung nicht erkennbar
kein „Verdursten“ beim Erhärten
Verarbeitung und Erhärtung erst bei Temperaturen über 8°C möglich
keine Nachbehandlung erforderlich
Verarbeitbarkeit temperaturabhängig
schnelles Aushärten
trockener Untergrund erforderlich
geringes Schrumpfen durch chem. Reaktion
Überwachung der Taupunkttemperatur erforderlich
hohe Beständigkeit gegenüber Chemikalien
maximale Wartezeiten sind einzuhalten
hohe mechanische Festigkeit
Abstreuen bei mehrlagigem Aufbau erforderlich
hoher Abriebwiderstand
nicht spritzbar
hoher Widerstand gegenüber Schlag- und Stoßbelastung
Reinigung der Geräte mit Lösemittel
hohe Dichtheit gegenüber Flüssigkeiten
hohe thermische Längenänderung
hohe Dichtheit gegenüber Schadgasen
temperaturabhängige Kennwerte des Festmörtels
hoher Carbonatisierungswiderstand
hoher Wasserdampfdiffusionswiderstand
hohe Haftzugfestigkeit auf Stahl- und Betonuntergrund
physiologisch bedenkliches Bindemittel
Verkleben von Gefügerissen im Untergrund
brennbar hohe Materialkosten
11.2 Ausführung und Qualitätssicherung
201
11.2.3.1 Vorbereiten und Vorbehandeln des Untergrundes Infolge der Beanspruchung und damit der hohen Spannungen in der Verbundebene ist der Untergrund optimal durch geeignete Verfahren vorzubereiten. Der Nachweis erfolgt durch Prüfen der Oberflächenzugfestigkeit, die gemäß Rili SIB im Mittel mindestens 2 N/mm2 bei einem kleinsten zulässigen Einzelwert von 1,5 N/mm2 erreichen muss. Der Untergrund muss die in Kapitel 13 beschriebenen Eigenschaften aufweisen. Entscheidend für einen ausreichenden Verbund zwischen PC und Untergrund ist eine trockene Verbundfläche des Substrates. Um einen ausreichenden Verbund zwischen PC-Mörtel und Substrat sicherzustellen, wird meist das gleiche Bindemittel wie das des Mörtels oder Betons, die so genannte Haftbrücke, ungefüllt vorgelegt. An vertikalen und stark geneigten Flächen wird die Haftbrücke mit einem sogenannten Stellmittel thixotropiert, um ein Ablaufen infolge Schwerkraft zu vermeiden. Haftbrücken müssen so aufgebracht werden, dass sie den Betonuntergrund gut benetzen. Ausreichende Benetzung ist an der Verfärbung der durch die nicht thixotropierte Haftbrücke scheinenden Oberfläche des Betons erkennbar. (Hinweis: Die so genannte „Verfärbung“ des Untergrundes wird durch den erhöhten Glanz, verursacht durch das meist nahezu transparente Bindemittel, ähnlich einer durch Regen benetzten Fassade hervorgerufen. Die glänzende Oberfläche erscheint infolge der Lichtbrechung dunkler als die matte; eine tatsächliche Farbänderung des Untergrundes tritt nicht auf.) In bestimmten Fällen kann das Aufbringen der Haftbrücke entfallen. Dies gilt z.B. für selbstverlaufende Mörtel auf horizontalen (Boden-)Flächen, wenn Bindemittel im Überschuss vorhanden ist und ebenfalls an senkrechten Flächen und bei Verarbeitung an Untersichten für thixotrop eingestellt EPMörtel. Bei zuletzt genannten Flächen wird das Verbleiben des frischen Mörtels in der Reparaturstelle durch Auftragen und Absanden einer EP-Grundierung, die anschließend zunächst erhärtet, erleichtert. 11.2.3.2 Korrosionsschutz der Bewehrung Bei Epoxidharz-gebundenen Instandsetzungsmörteln ist aufgrund der fehlenden Alkalität das Beschichten der freiliegenden Bewehrungsstähle mit einer Korrosionsschutzbeschichtung auf EP-Basis sinnvoll, obwohl der Mörtel praktisch eine Barriere für korrosionsfördernde Substanzen darstellt. 11.2.3.3 Applikation und Nachbehandlung Die Temperatur der Betonoberfläche muss mindestens 8°C und 3 Kelvin mehr als die Tautemperatur der umgebenden Luft (vgl. Abb. 10.12) betragen. Um Mischfehler zu vermeiden, die während des Verarbeitens nicht festgestellt
202
11 Beton- und Mörtelsysteme
werden, sind jeweils ganze Gebinde-Einheiten (Stammkomponente und Härter im korrekten Mischungsverhältnis), sogenannte 2k-Gebinde, zu mischen. Dazu sind geeignete Zwangsmischer zu verwenden. EP-Mörtel bzw. EP-Beton wird üblicherweise in die kurzzeitig zuvor aufgebrachte, nicht erkennbar reagierte Haftbrücke eingebaut. Bei Arbeitsunterbrechungen muss bereits aufgetragene Haftbrücke mit gewaschenem und ofengetrocknetem Quarzsand abgestreut werden. Bei Fortsetzen des Mörteleinbaus ist auf diesen Flächen erneut eine Haftbrücke vorzulegen. Polymergebundene Mörtel oder Betone werden meist von Hand unter Verwendung von Spachtel, Kelle oder Traufel einschichtig aufgetragen. Falls weitere Schichten, z.B. Beschichtungen als Oberflächenschutzsystem, aufzubringen sind, sollten die PC-Oberflächen unverzüglich nach dem Einbauen mit geeignetem Quarzsand abgestreut werden. Im Falle von großflächigen Maßnahmen und kurzen Aushärtezeiten werden PC mit Oberflächenrüttlern oder Flügelglättern maschinell verdichtet und geglättet. Falls Poren in der Beton- bzw. Mörteloberfläche verschlossen werden sollen, kann die Fläche mit einer Versiegelung, bestehend aus einem lösemittelfreien Reaktionsharzbindemittel, versehen werden. Um die Griffigkeit zu erhöhen, wird vor dem Aufbringen der Versiegelung die frische Mörtelschicht mit einem geeigneten Abstreumittel abgestreut. Entsprechend der erforderlichen minimalen Schichtdicke sind unterschiedliche Mischungsverhältnisse zwischen Reaktionsharzbindemittel und Zuschlag gebräuchlich und sinnvoll, um die u.a. für den Verbund zum Untergrund relevanten Eigenschaften (E-Modul, thermischer Längenänderungskoeffizient, Schrumpfmaß) und damit Eigenspannungen zu optimieren. Die Zuschläge sind so zu wählen, dass die Mindestschichtdicke ca. dem dreifachen Durchmesser die größten Zuschlagkorns entspricht. Die Reaktionsharzmörtel und -betone werden zum einen von Hand eingebaut und verdichtet oder zwischen Abziehleisten (Einbauziehkästen) verteilt, mit Leisten abgezogen und die Oberfläche mit motorischen Flügelglättern (Abb. 11.10) bzw. Glättteller (Abb. 11.11) verdichtet, geebnet und geglättet. Um den Höhenverlust durch das Verdichten auszugleichen, sind die Oberkanten der Abziehleisten ca. 20% höher als die Schichtdicke der fertig eingebauten, erhärteten Schicht zu wählen. Eine Nachbehandlung im Sinne von PCC- oder SPCC-Werkstoffen ist nicht erforderlich, jedoch ist der eingebaute Reaktionsharz-Mörtel bzw. -Beton bis zum Erreichen einer klebefreien Oberfläche vor dem Einfluss eines durch Wasser unzulässig feuchten Untergrundes zu schützen, da die meist feuchteempfindlichen Epoxidharze zu Verbundschwächen neigen.
11.3 Literatur
203
Abb. 11.10: Flügelglätter
Abb. 11.11: Glättteller
Abb. 11.12: Aufbau eines PC-Mörtels
11.3 Literatur SCHRÖDER, M. et.al. Schutz und Instandsetzung von Stahlbeton. Kontakt und Studium, Band 552, ExpertVerlag 1999. Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (Herausgeber) Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen. Beuth Verlag GmbH, Berlin 1990/1992. (Rili SIB 1990/1992) Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (Herausgeber) DAfStb-Richtlinie – Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (InstandsetzungsRichtlinie), Beuth Verlag GmbH, Berlin 2001. (Rili SIB 2001)
204
11 Beton- und Mörtelsysteme
Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING), Ausgabe 2003-03. Veröffentlicht in: VkBl (2003). DIN 18551:1992-03 Spritzbeton; Herstellung und Güteüberwachung DIN 1045-2:2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton – Teil 2: Beton; Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität.
12 Oberflächenschutzsysteme
12.1 Begriffe und Regelwerke Die Begriffe Imprägnierung, Grundierung, Versiegelung und Beschichtung werden bislang im Allgemeinen, wie folgt, definiert (vgl. KLOPFER und Rili SIB 1990/1992). a) Imprägnierung. Durch auf die Betonoberfläche aufgebrachte hydrophobierend wirkende pigment- und füllstofffreie siliziumorganische Stoffe (Silan, Siloxan, Silikon), in organischem Lösemittel gelöst, unverdünnt oder auch wässrig, wird die Oberflächenspannung der Oberfläche erhöht, da die Wände der Betonporen im oberflächennahen Bereich mit einem mikroskopisch dünnen Film belegt werden. Dadurch wird das kapillare Saugvermögen des Betons für flüssiges Wasser zeitlich befristet verhindert. Die Weite der Poren verringert sich bei gelösten Stoffen nicht ausschlaggebend, die tiefer in den Untergrund eindringen als wässrige, die die Porendurchmesser mehr herabsetzen. b) Grundierung. Da Grundierungen dickere Schichten auf den Porenwänden bilden als Imprägnierungen, verfestigen sie die oberflächennahe Betonzone. Grundierungen besitzen gemeinhin hydrophobierende Eigenschaften. Grundierte Untergründe fördern das Benetzungsverhalten nachfolgender Beschichtungen und damit den Verbund zwischen Beschichtung und Untergrund, eventuell auch durch Abstreuen mit Quarzsand. Grundierungen verhindern während des Applizierens entstehende Fehlstellen (Poren, Blasen) durch aufsteigende Luft aus dem Untergrund. Sie sperren Alkalien und Feuchtigkeit aus dem Untergrund ab, so dass das Verbundverhalten verseifungsgefährdeter Beschichtungen im Gebrauchszustand verbessert wird. Außerdem verhindern sie das Absaugen der Beschichtung in den Untergrund durch unterbundene Kapillarwirkung und verbessern somit die Gleichmäßigkeit der optischen Wirkung. c) Versiegelung. Durch mehrmaliges Grundieren entstehen Versiegelungen, welche die Porenöffnungen oberflächennah verschließen. d) Beschichtung. Geschlossene, die Betonoberfläche bedeckende und fest haftende Filme mit Schichtdicken zwischen 0,1 mm bis zu mehreren Millimetern werden als Beschichtungen bezeichnet. Überwiegend werden vor dem Beschichten hydrophobierende Imprägnierung und/oder Grundierun-
206
12 Oberflächenschutzsysteme
gen aufgetragen. Bei Aufbauten, z. B. aus Grundierung, Zwischenschichten und Deckschicht, mit aufeinander abgestimmten Werkstoffen spricht man auch von einem Beschichtungssystem. Unterschiedliche Regelwerke für Maßnahmen zum Schützen und Instandsetzen von Betonbauteilen/-werken sind in Deutschland (Abb. 12.1) und anderen Ländern Europas eingeführt. Die Vielzahl der Varianten von Beschichtungssystemen und Maßnahmen zum Schutz von Betonoberflächen wurden in der Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, herausgegeben in den Jahren 1990 und 1992 vom Deutschen Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb), im folgenden abgekürzt mit „Rili SIB“, in 12 verschiedene Oberflächenschutzsysteme (OS 1 bis OS 12) eingeteilt. Aus der überarbeiteten Fassung der Rili SIB haben die Autoren einige OS herausgenommen und ein weiteres System als OS 13 aufgenommen. Mit nahezu gleichen Festlegungen werden 6 Systeme (OS A bis OS F) in den vom Bundesminister für Verkehr herausgegebenen ZTV ING, Teil 3, Abschnitt 4 (früher ZTV SIB) und 2 Systeme in ZTV-BEL-B beschrieben. Tabelle 12.1 gibt einen Überblick. Die Technischen Liefer- (TL) bzw. Prüfbedingungen (TP) der früheren ZTV SIB und ZTV RISS werden mit Rili SIB harmonisiert. ENV 1504-9 sowie die Neufassung der Rili SIB unterscheiden drei Verfahren zum Oberflächenschutz, vgl. Abb. 12.2: Auftragen einer hydrophobierenden Imprägnierung (Hydrophobierung), einer versiegelnden Imprägnierung (Imprägnierung), die auch als Grundierung unter nachfolgenden Schichten dienen kann, und einer Oberflächenbeschichtung (Beschichtung). Dabei entspricht die hydrophobierende Imprägnierung der zuvor erläuterten und in Rili SIB definierten Imprägnierung, die versiegelnde Imprägnierung der ebenfalls in Rili SIB aufgeführten Versiegelung. Die Technischen Lieferbedingungen (TL) und Technischen Prüfvorschriften (TP) des Bundesministers für Verkehr (BMV) wurden in die Rili SIB inte-
Abb. 12.1: Regelwerke für Oberflächenschutzsysteme in Deutschland
12.1 Begriffe und Regelwerke
207
a
b
c
Abb. 12.2: Definition der Begriffe a) Hydrophobierung, b) Imprägnierung bzw. Grundierung und c) Beschichtung (vgl. ENV 1504-9 und Rili SIB)
griert. Die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien (ZTV) werden künftig dennoch erscheinen und baurechtlich relevant sein, wenn sie im Bauvertrag – in der Regel bei Verkehrsbauwerken der öffentlichen Hand – vereinbart werden. Bezüglich der Oberflächenschutzsysteme flossen folgende Änderungen in die überarbeitete Neufassung der Rili SIB ein: a) Den jüngsten Stand der Technik stellen die im Jahre 1996 überarbeiten TL/TP-OS dar. Daher wurden die Oberflächenschutzsysteme OS-A bis OS-F mit den jeweiligen Anforderungen in die Rili SIB für die bisherigen Systeme OS 1, 2, 4, 5, 9 und 11 übernommen. b) Bei Beschichtungen unter bituminösen Dichtungsschichten bei Brücken und ähnlichen Bauwerken (OS 7) wird nun auf die TL/TP-BEL-EP, bei Beschichtungen als Dichtungsschicht unter bituminösen oder anderen Schutz- und Deckschichten mit sehr hoher Rissüberbrückung (OS 10) auf die TL/TP-BEL-B Teil 3 verwiesen. c) Aus der Tabelle der Oberflächenschutzsysteme wurden in der Neufassung der Rili SIB folgende Systeme gestrichen: c1) Versiegelung für befahrene Flächen (OS 3). Das Erfüllen der Hauptanforderungen – Steigern des Verschleißwiderstandes und – Verfestigen des Betonuntergrundes
208
12 Oberflächenschutzsysteme
Tab. 12.1: Oberflächenschutzsysteme, deren Beschaffenheit und Eigenschaften weitgehend in der Richtlinie SIB des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (2001) sowie in ZTV ING Teil 3, Abschnitt 4 (früher ZTV SIB) und ZTV-BEL-B festgelegt sind Kurzbezeichnung
Kurzbeschreibung
Mindestschichtdicke e
OS 1/ OS A
Hydrophobierende Imprägnierung
nicht Silan, filmbildend Siloxan
Bedingter Schutz vor kapillarer Wasseraufnahme (Feuchteschutz) bei vertikalen und geneigten, frei bewitterten Betonbauteilen. Nicht wirksam bei drückendem Wasser.
OS 2/ OS B
Beschichtung für nicht begeh- und befahrbare Flächen (ohne Kratz- und Ausgleichspachtelung)
50 µm
Polymerdispersion (z. B. AY), Mischpolymerisat (gelöst), Polyurethan
Vorbeugender Schutz von freibewitterten Betonbauteilen mit ausreichendem Wasserabfluss (senkrechte Flächen, Untersichten) auch im Sprühbereich von Auftausalzen. Bedingt geeignet als Beschichtungssystem zum Instandsetzen.
OS 4/ OS C
Beschichtung mit erhöhter Dichtheit für nicht begeh- und befahrbare Flächen (mit Kratz- bzw. Ausgleichsspachtelung)
100 µm
Polymerdispersion (z. B. AY), Mischpolymerisat (gelöst, z. B. PUR-AY), Polyurethan
Schutz und Instandsetzung (gemäß Korrosionsschutzprinzipien W und C) von rissfreien, freibewitterten Betonbauteilen (z. B. Fassaden, Ingenieurbauwerke) auch im Sprühbereich von Auftausalzen, wenn die Eignung nachgewiesen wird.
OS 5a/ OS D II
Beschichtung mit geringer Rissüberbrückungsfähigkeit für nicht begeh- und befahrbare Flächen (mit Kratz- bzw. Ausgleichsspachtelung)
300 µm
Polymerdisper- Wie OS 4, jedoch rissüberbrüsion (z. B. AY) ckend bei oberflächennahen Rissen (z. B. netzartige „Haarrisse“) Polymerdisper- im Untergrund. sion/ZementGemisch
OS 5b/ OS D I
2000 µm
Hauptbindemittel
Anwendungsbereich
OS 7b/ TL/TPBEL-EP
Beschichtung unter (bituminösen) Dichtungsschichten für begeh- und befahrbare Flächen
1 mm
EP
Grundierungen, Versiegelungen und Kratzspachtelungen als Teil der Abdichtung unter bituminö sen Belägen auf Beton bei Brücken und ähnlichen Bauwerken.
OS 9/ OS E
Beschichtung mit erhöhter Rissüberbrückungsfähigkeit für nicht begeh- und befahrbare Flächen (mit Kratz- bzw. Ausgleichsspachtelung)
1 mm
PUR, modifizierte EP, Polymerdispersion, 2-K Polymethylmethacrylat
Freibewitterte Betonbauteile mit oberflächennahen Rissen und/ oder Trennrissen von Ingenieurbauwerken, auch spritzwasserund tausalzbeaufschlagte Flächen, wenn die Eignung nachgewiesen wird.
12.1 Begriffe und Regelwerke
209
Tab. 12.1 (Fortsetzung) Kurzbezeichnung
Kurzbeschreibung
Mindestschichtdicke e
Hauptbindemittel
Anwendungsbereich
OS 10b/ Beschichtung als Dich- 2 mm TL/TPtungsschicht mit hoher BEL-B3 Rissüberbrückungsfähigkeit unter (bituminösen oder anderen) Schutz- und Deckschichten für begehund befahrbare Flächen
PUR u. a.
Abdichtung von Betonbauteilen mit Trennrissen und planmäßiger mechanischer Beanspruchung, z.B. Brücken, Trog- und Tunnelsohlen u. ä. Bauwerken wie Parkdecks
OS 11/ OS F
Beschichtung mit er3-5 mm höhter „dynamischer“ Rissüberbrückungsfähigkeit für begeh- und befahrbare Flächen
PUR, modifizierte EP, 2-K Polymethylmethacrylat
Freibewitterte Betonbauteile mit oberflächennahen Rissen und/ oder Trennrissen und planmäßiger mechanischer Beanspruchung, wie Parkdecks oder Brückenkappena
OS 13
Beschichtung mit nicht „dynamischer“ Rissüberbrückungsfähigkeit für begeh- und befahrbare, mechanisch belastete Flächen
PUR, modifizierte EP, 2-K Polymethylmethacrylat
Mechanisch und chemisch beanspruchte, überdachte Betonbauteile mit oberflächennahen Ris sen auch im Einwirkungsbereich von Auftausalzen, z. B. geschlossene Parkgaragen und Tiefgaragen.
2-4 mm
in der Neufassung der Rili SIB (2001) nicht mehr als OS geregelt:
a
OS 3 d
Versiegelung für befahrbare Flächen
OS 6 d
50 µm
EP, AY, PUR
Fußböden und Fahrbahnen für überwiegend nicht freibewitterte Flächen bei geringer mechanischer Belastung.
Chemisch widerstands- 500 µm fähige Beschichtung für mechanisch gering beanspruchte Flächen gemäß DIN 28052
EP, PUR
Decken, Wände und mechanisch gering belastete Bodenflächen mit Flüssigkeits- und Chemikalienbeaufschlagung
OS 8 d
Chemisch widerstands- 1 mm fähige Beschichtung für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen zukünftig in EN geregelt
EP
Alle mechanisch und chemisch beanspruchten Betonflächen, z.B. Fahrbahnen, Industrieböden, Behälter- und Rohrinnenwandungen a
OS 12 d
Reaktionsharzbeton 5 mm bzw. -mörtel für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen (M2/PC I)
EP
Industrieböden und Betonfahrbahnen
(Nicht für Beanspruchungsgruppe I – schwer – nach DIN 18 560-7) entspricht ZTV-BEL-B 1/ 2 (TL/TP BEL-EP) c entspricht ZTV-BEL-B 3 d Bezeichnung in erster Fassung der RiLi SIB e maßgeblich sind die Angaben der Hersteller (Ausführungsanweisung) b
210
12 Oberflächenschutzsysteme
kann nicht reproduzierbar nachgewiesen werden, da die Ergebnisse erheblich von den Eigenschaften des entsprechenden Referenzbetons abhängen. Das Imprägnieren mit dünnflüssigen, füllstofffreien Reaktionsharzsystemen zum Verfestigen poröser, mineralischer Untergründe mit ungenügender Festigkeit und zum Verhindern des Staubens infolge Abrieb wird von den Autoren der neuen Rili SIB dennoch als eine sinnvolle Maßnahme angesehen. c2) Chemisch widerstandsfähige Beschichtung für mechanisch gering beanspruchte Flächen (OS 6). Dieses Beschichtungssystem ist in DIN 28052-3 geregelt. c3) Chemisch widerstandsfähige Beschichtung für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen (OS 8). Dabei handelt es sich um Standard-Fußbodenbeschichtungssysteme, die zukünftig in einer EN des TC 303 geregelt werden. Bis zum Erscheinen des neuen Regelwerks gilt eine Übergangsregelung, um die bisherigen Regelungen der Richtlinie Rili SIB (1990/1992) für dieses System anwenden zu können. c4) Beschichtung mit Reaktionsharzbeton bzw. -mörtel für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen (OS 12). Das System wird beim Betonersatz als Reaktionsharzmörtel beschrieben. d) Als neues System wird OS 13 aufgenommen, das die mechanischen und chemischen Anforderungen des bisherigen Oberflächenschutzsystems OS 8 erfüllt sowie rissüberbrückende Eigenschaften besitzt.
12.2 Eigenschaften Die charakteristischen Eigenschaften der in unterschiedlichen Regelwerken genannten Oberflächenschutzsysteme sind auf Tabelle 12.2 zusammengefasst. Im nachfolgenden werden die Eigenschaften der Oberflächenschutzsysteme erläutert. Die verschiedenen Systeme werden in der Reihenfolge der bisher in Rili SIB aufgeführten Oberflächenschutzsysteme genannt.
12.3 Systeme 12.3.1 Hydrophobierende Imprägnierung (OS 1 bzw. OS A) 12.3.1.1 Eigenschaften Hydrophobierende Imprägnierungen verbessern den Frost- und Frost-Tausalzwiderstand des Betons. Da infolge verringerter kapillarer Wasseraufnahme ebenfalls der Transport von im Wasser gelösten Schadstoffen, z.B. Chloride, herabgesetzt wird, besteht geringere Gefahr chloridinduzierter Korrosion der Bewehrungsstähle als bei Bauteilen mit nicht hydrophobierten Oberflächen.
12.3 Systeme
211
212
12 Oberflächenschutzsysteme
Da durch Niederschlagswasser befeuchtete Oberflächen rasch abtrocknen, wird Bewuchs durch Algen, Moose und Flechten verhindert. Außerdem verschmutzen hydrophobierte bewitterte Betonoberflächen in geringerem Maße als nicht hydrophobierte Oberflächen, da Schmutzablagerungen durch Regenwasser entfernt werden. Zu beachten ist jedoch, dass die hydrophobierende Wirkung an der Bauteiloberfläche, erkennbar an einem Abperleffekt flüssigen Wassers, im Laufe der Zeit nachlässt. Der Wassertransport durch Diffusion wird nicht behindert, so dass hydrophobierte Bauteile im Laufe der Zeit bis zur der Umgebung entsprechenden Ausgleichsfeuchte austrocknen. Da Betonporen durch diese Maßnahme nicht verschlossen werden und zu dem weitgehend nicht durch Wasser verstopft sind, carbonatisiert hydrophobierter Beton im Vergleich zu unbehandeltem, Niederschlägen ausgesetztem beschleunigt. 12.3.1.2 Anwendungsbereich Hydrophobierende Imprägnierungen schützen frei bewitterte Betonflächen durch Verringern der kapillaren Wasseraufnahme vergleichsweise kurzzeitig an der Oberfläche des Bauteils anstehenden flüssigen Wassers (Regen, Spritzwasser) und damit auch vor der Aufnahme von Schadstoffen. Daher ist ihr Einsatz vor allem an vertikalen und geneigten Bauteilen, die durch Tausalze beaufschlagt werden, wie z.B. Straßenbrücken, sinnvoll. Hydrophobierungen sind bei drückendem Wasser nicht wirksam. Hydrophobieren der Oberflächen unter starren Beschichtungen bewirkt einen besseren Schutz vor Haftungsverlust der Beschichtung. An Fehlstellen im Beschichtungsfilm, z.B. Rissen, verhindern sie das rasche Eindringen von
12.3 Systeme
213
Wasser. Dadurch bleibt die Verbundfläche zwischen Untergrund und Beschichtung vor ungünstiger Wassereinwirkung geschützt. Ohne zusätzliche Beschichtung sollten Hydrophobierungen nicht eingesetzt werden, wenn die Gefahr eines zu raschen Carbonatisierungsfortschrittes und des damit verbundenen Verlustes des Korrosionsschutzes der der Bewehrung besteht. In jüngerer Zeit entwickelte Systeme mit langzeitiger Wirkung werden vor allem zum Verhindern des Aufnehmens von Schadstoffen, wie Chloriden, für besonders gefährdete Bauteile vorgesehen. 12.3.1.3 Aufbau und Verarbeitung Die Wirkstoffe werden in einem, besser in zwei Arbeitsgängen aufgetragen. Je nach Saugfähigkeit des Untergrundes beträgt der Verbrauch dabei jeweils 300 bis 800 g/m2. Die Applikation erfolgt durch Auftragen mit Bürsten und Rollen sowie im Spritz-, Flut- oder Tauchverfahren. Bevorzugt ist Sprühen bei geringem Druck unter 2 bar mit Airless- oder geeigneten Spritzgeräten. An senkrechten Flächen soll das Material von unten nach oben aufgetragen werden. Die Windgeschwindigkeit während des Applizierens soll 5 m/s nicht überschreiten. 12.3.1.4 Anforderungen an den Untergrund Der Untergrund muss frei von Schmutz, Staub, Ausblühungen und trocken (je nach Herstellerangabe Ausgleichsfeuchte zwischen 2 Masse-% und 4 Masse%, bei Emulsionen auch maximal bis ca. 5 Masse-%) sein. Der Untergrund wird bei Bedarf mit Hochdruck-Wasserstrahlgeräten, eventuell unter Zusatz oberflächenaktiver Reinigungsmittel und heißem Wasser gereinigt. Hinsichtlich des erforderlichen Betonalters und eventueller Auswirkungen auf die Hydratation des Zementes bei jungem Beton sind die Angaben der Hersteller zu beachten. Die Anforderungen an die Oberflächentemperatur lauten: 8°C £ J ≥ 25°C und ≥ 3 K über Tautemperatur der umgebenden Luft.
12.3.2 Beschichtungen für nicht begeh- und befahrbare Flächen (ohne Kratz- und Ausgleichsspachtelung) (OS 2/OS B) 12.3.2.1 Eigenschaften Die meist auf Acrylatbasis, gelöst oder als Dispersion, hergestellten Beschichtungen (Versiegelungen) verhindern analog zu hydrophobierenden Imprägnierungen, jedoch über einen deutlich längeren Zeitraum, ebenfalls das kapillare Aufnehmen von Wasser und der darin gelösten Schadstoffe. An Fehlstellen des nicht zwangsläufig geschlossenen Films wird die kapillare Aufnahme nicht
214
12 Oberflächenschutzsysteme
drückenden Wassers durch eine zuvor aufgetragene hydrophobierende Imprägnierung (OS 1/OS A) weitgehend herabgesetzt. Dies verhindert partielle Feuchteschäden und erhöht die Dauerhaftigkeit der Schutzmaßnahme. Gefordert wird in bezug auf Wasserdampfdiffusion eine äquivalente Luftschichtdicke des porenfreien Films sD(H2O) £ 4 m, um bei ungünstigen bauphysikalischen Randbedingungen Schäden durch Wasserdampfdiffusion abzuwenden. Das Carbonatisieren des Betons soll durch eine äquivalente Luftschichtdicke für Kohlenstoffdioxid sD(CO2) ≥ 50 m ausreichend behindert werden. Da Versiegelungen jedoch keinen geschlossenen Film bilden müssen, ist deren Wirkung als Carbonatisationsbremse eingeschränkt. Durch den Einsatz von Acrylat als Bindemittel ist ein Vergilben der versiegelten Oberfläche nicht gegeben. 12.3.2.2 Anwendungsbereich Versiegelungen dienen dem vorbeugenden Schutz freibewitterter Betonflächen, die nicht befahren werden können, wie z.B. senkrechte, geneigte und über Kopf befindliche Flächen, z.B. Wände und Untersichten. Durch entsprechende Pigmentierung lasierend wirkende oder deckende Versiegelungen werden überwiegend auf jungen Betonflächen zum Erzielen einer gleichmäßigen optischen Wirkung eingesetzt. 12.3.2.3 Aufbau und Verarbeitung Zunächst werden in der Regel eine hydrophobierende Imprägnierung entsprechend OS 1/OS A und ggf. eine nicht pigmentierte farblose Grundierung aufgetragen. Dies soll zum einen die Saugfähigkeit des Untergrundes hinsichtlich der kapillaren Wasseraufnahme verringern, ihn verfestigen sowie den Verbund der Versiegelung zum Untergrund verbessern. Bei Einsatz einer SI/AY-Werkstoffkombination mit hydrophobierenden Eigenschaften kann die hydrophobierende Imprägnierung entfallen. Anschließend werden die Versiegelungswerkstoffe in mindestens zwei Arbeitsgängen appliziert. Bei einer geforderten Schichtdicke der erhärteten Versiegelung von mindestens 80 µm beträgt der Praxisverbrauch in Abhängigkeit von Dichte und Festkörpergehalt 200 g/m2 bis 400 g/m2. 12.3.2.4 Anforderungen an den Untergrund Der oft durch Strahlen mit festem Strahlmittel vorbereitete Untergrund muss vor dem Applizieren der Werkstoffe eine Oberflächenzugfestigkeit von mindestens 0,5 N/mm2 (Mittelwert größer als 0,8 N/mm2) aufweisen und sauber sein. Rili SIB lässt eine Untergrundfeuchte von „trocken“ bis „feucht“ zu, Hersteller geben meist eine Ausgleichsfeuchte der oberflächennahen Betonzone bis zu einer Tiefe von ca. 1,0 cm von höchstens 4 Masse-% an. Die Ober-
12.3 Systeme
215
flächentemperatur während des Applizierens soll mindestens 8°C und höchstens 30°C für einkomponentige gelöste bzw. zwischen 10°C und 40°C für wasserdispergierbare Werkstoffe betragen und 3 K über der Tautemperatur der umgebenden Luft liegen.
12.3.3 Versiegelung für befahrene Flächen (OS 3) (Aus der Tabelle der Oberflächenschutzsysteme in der Neufassung der Rili SIB gestrichen.) 12.3.3.1 Eigenschaften Versiegelungen auf befahrenen Flächen verfestigen den Untergrund, steigern dadurch den Verschleißwiderstand bei mechanischer Beanspruchung und unterbinden Staubbildung. Diese Eigenschaften konnten jedoch bis zum Überarbeiten der Rili SIB nicht reproduzierbar nachgewiesen werden, daher wurde dieses System in der Neufassung gestrichen. Um mineralische, poröse Untergründe, die über keine ausreichende Festigkeit verfügen, zu verfestigen und erhöhten Abrieb und daraus resultierenden Staub zu verhindern, stellt das Imprägnieren mit dünnflüssigen, ungefüllten Reaktionsharzen dennoch eine sinnvolle Maßnahme dar. Wie bei Systemen gemäß OS 2/OS B verringert das Versiegeln von Bodenflächen die kapillare Wasseraufnahme, sodass auch das Eindringen von im Wasser gelösten Schadstoffen erheblich reduziert wird. Bei erhöhter mechanischer und chemischer Belastung ist die Wirkung der Maßnahme jedoch nicht von Dauer. Mit nicht pigmentierten Versiegelungen bleibt ein eventuell vorhandenes ungleichmäßiges optisches Aussehen des Untergrundes weiterhin erkennbar. 12.3.3.2 Anwendungsbereich Typische Einsatzgebiete sind waagerechte und gering geneigte überwiegend nicht frei bewitterte Bodenflächen mit geringer mechanischer Belastung (Fahrbahnen, Stellflächen und Rampen in Parkhäusern, Böden in Industrieund Gewerbebauten). 12.3.3.3 Aufbau und Verarbeitung In Abhängigkeit vom Saugvermögen des Untergrundes werden Versiegelungen, meist auf der Bindemittelbasis Epoxidharz, Polyurethan oder Acrylharz, lösemittelhaltig oder lösemittelfrei, außer Polyurethan auch als wässrige Emulsionen oder Dispersionen, ein- oder mehrschichtig mindestens 80 µm dick aufgetragen. Ein fehlstellenfreier Film ist bei vergleichsweise dünnen Schichten unter 100 µm nicht grundsätzlich zu erwarten.
216
12 Oberflächenschutzsysteme
12.3.3.4 Anforderungen an den Untergrund Die Zugfestigkeit der ggf. vorbereiteten Oberflächen soll mindesten 1,0 N/mm2 betragen. Die Untergrundfeuchte soll die von Hersteller der Werkstoffe vorgeschriebenen Werte von meist maximal 4 Masse-% nicht überschreiten. Die Temperatur des Untergrundes soll zwischen 8°C und 30°C betragen und mindestens 3 K über der Tautemperatur der umgebenden Luft liegen.
12.3.4 Beschichtung für nicht begeh- und befahrbare Flächen (OS 4 bzw. OS C) 12.3.4.1 Eigenschaften Wie bei Versiegelungen für nicht befahrbare Flächen (OS 2) wird auch für dieses Oberflächenschutzsystem häufig als Bindemittel „reines“ Acrylharz (AY), jedoch pigmentiert, eingesetzt. Infolge des Egalisierens vor dem Auftragen der hauptsächlich wirksamen Schicht werden Poren im Untergrund geschlossen und dadurch eine weitgehend gleichmäßige dicke und fehlstellenfreie Beschichtung gewährt. Demgemäss erhöht sich die Zuverlässigkeit, dass die unter Abschnitt 12.3.2.1 zur Versiegelung (OS 2) genannten Eigenschaften, die auch für die Beschichtung entsprechend OS 4 zutreffen, erreicht werden. 12.3.4.2 Anwendungsbereich Das Oberflächenschutzsystem wird meist an senkrechten, freibewitterten und nicht gerissenen Betonflächen eingesetzt. Das Standardsystem an Fassaden, Ingenieurbauwerken und anderen nicht begeh- und befahrbaren, zudem mechanisch unbelasteten Flächen wurde bereits früh in der Betoninstandsetzung verwendet. Das System ist Bestandteil der Regelmaßnahmen für Instandsetzungen nach den Korrosionsschutzprinzipien „W“ und „C“ der Rili SIB. Auch tausalzbeaufschlagte Flächen, wie beispielsweise Schrammborde auf Straßenbrücken, stellen Einsatzgebiete für das System dar. Oft fungieren diese Systeme als Lösung bei profilierten und durch Schalbretter strukturierte Oberflächen. Diese müssen dann allerdings frei von Rissen sein, so dass rissüberbrückende Systeme nicht zwingend erforderlich erscheinen. 12.3.4.3 Aufbau und Verarbeitung Der vorbereitete Untergrund wird durch Auftragen einer meist kunststoffvergüteten, mineralische gebundenen Spachtelmasse (vgl. Abb. 12.3) egalisiert. Poren und Lunker werden dabei geschlossen. Die Brettschalstruktur des Untergrundes kann weitgehend erhalten bleiben, indem anstelle des Egalisierungsspachtels eine kunststoffmodifizierte Schlämme aufgebürstet wird. Bei
12.3 Systeme
217
Abb. 12.3: Regelaufbau OS 4/OS C
Tausalzbelastung sollte anschließend eine hydrophobierende Imprägnierung gemäß OS 1 in zwei Arbeitsgängen aufgetragen werden. Gegebenenfalls wird anschließend eine unpigmentierte, ungefüllte Grundierung mit dem Ziel, die Saugfähigkeit des Untergrundes zu vermindern und diesen zu verfestigen aufgebracht. Anschließend erfolgt das Applizieren der Deckbeschichtung durch Streichen, Rollen oder Spritzen. Dies erfolgt in zwei Arbeitsgängen, um einen fehlstellenfreien Film von mindestens 100 µm zu erreichen. Über Verbrauchsmessungen wird die Schichtdicke des trockenen Films bestimmt. 12.3.4.4 Anforderungen an den Untergrund Um eine ausreichende Haftung des Oberflächenschutzsystems zu erreichen, ist der Untergrund durch Strahlen vorzubereiten. Gebräuchliche Verfahren sind Druckluftstrahlen mit trockenem oder feuchtem Strahlmittel, um einerseits einen feinrauen Untergrund zu erzielt. Außerdem soll eventuell vorhandene Zementhaut, die als spröde Trennschicht den Verbund zwischen Untergrund und Oberflächenschutzsystem stören kann, entfernt werden. Poren und Lunker sind im Zuge des Vorbereitens zu öffnen, um Fehlstellen infolge expandierender Luft aus dem Untergrund zu vermeiden. Die Oberflächenzugfestigkeit der vorbereiteten Betonfläche muss im Mittel mindestens 1,3 N/mm2 betragen. Zu beachten ist, dass mineralische Mörtel ein Vornässen erfordern, um die Poren des Untergrundes mit Wasser zu füllen. Dadurch ist die Gefahr eines unzulässig raschen Verlustes des Anmachwassers aus dem Feinmörtel infolge kapillaren Saugens des Untergrundes zu verringern. Der Egalisierungsmörtel bzw. Feinspachtel kann von Hand oder maschinell mit einer Putzmaschine aufgesprüht werden. Jedoch müssen zunächst Poren und Lunker mit der Traufel durch Aufziehen einer Kratzspachtelung geschlossen werden. Die aufgesprühte Feinmörtelschicht kann entweder manuell glatt abgezogen werden oder spritzrau belassen bleiben.
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12 Oberflächenschutzsysteme
12.3.5 Beschichtung mit geringer Rissüberbrückungsfähigkeit für nicht begeh- und befahrbare Flächen (mit Kratzbzw. Ausgleichsspachtelung) (OS 5 bzw. OS D) 12.3.5.1 Eigenschaften Die in Rili SIB und ZTV ING geforderten Eigenschaften für OS 4/OS C gelten ebenfalls. Zusätzlich müssen in der Betonrandzone auftretende „Haar“-Risse überbrückt werden. Die Rissüberbrückungsfähigkeit umfasst Risse einer maximalen Breite von 0,15 mm und temperaturbedingten Breitenänderungen von höchstens 50 µm. 12.3.5.2 Anwendungsbereich Das Oberflächenschutzsystem (siehe Abb. 12.4) wird an Fassaden und Ingenieurbauwerken, z.B. Brücken, eingesetzt, wenn außer den Forderungen an OS 4/OS C eine geringe Rissüberbrückungsfähigkeit der Beschichtung verlangt wird. Das System ist, wie OS 4, Bestandteil der Regelmaßnahmen für Instandsetzungen nach den Korrosionsschutzprinzipien „W“ und „C“ der Rili SIB, wenn oberflächennahe Risse – mit Eignungsnachweis auch Trennrisse – vorliegen. 12.3.5.3 Aufbau und Verarbeitung Die dehnfähigen Beschichtungen bestehen zum einen aus Dispersionen mit AY-Copolymeren und weitere (Co-)Polymeren als Bindemittel oder aus Zementschlämmen mit einem hohen Anteil eines dehnfähigen Bindemittels. a) Aufbau OS 5a bzw. OS DII Um gleichmäßig dicke Schichten der Deckbeschichtung aufbringen zu können, ist die Egalisierung des Untergrundes durch Spachteln unerlässlich [GIELER, ENGELFRIED]. Dazu werden in der Regel kunststoffmodifizierte Zementfeinmörtel von Hand auf die ggf. reprofilierte Oberfläche aufgezogen, die Fehlstellen, Lunker und Poren schließen und Grate einbetten. Nach ausreichendem Erhärten und Trocknen der Egalisierungsschicht wird der Untergrund meist mit einer unpigmentierten und eventuell hydrophobierend wirkenden Grundierung verfestigt. Danach wird die Deckschicht in zwei bis vier Arbeitsgängen mit insgesamt mindestens 300 µm Trockenschichtdicke aufgetragen. Beim Beschichten ist sorgfältig auf die bereits genannten klimatischen Randbedingungen zu achten. Insbesondere ist unbeabsichtigte Kondensatbildung auf dem zu beschichtenden Untergrund durch Einhalten des Tautemperaturabstandes zu verhindern, um spätere Schäden, wie großflächiges Ablösen der dehnfähigen Deckbeschichtung, zu vermeiden. Dispersionsbeschichtungen neigen bei langzeitiger Belastung mit flüssigem Wasser wesentlich stärker als lösemittelhaltige Beschichtungen zum Quel-
12.3 Systeme
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Abb. 12.4: Regelaufbau OS 5a (OS DII)/OS 5b (OS DI)
len und damit eventuell zum Haftungsverlust. Daher ist vor allem an Untersichten darauf zu achten, dass Undichtigkeiten (z.B. Risse in Balkonplatten) nicht zu durchfeuchtetem Untergrund führen [SCHRÖDER]. Infolge der geforderten Dehnfähigkeit können die hier behandelten Dispersionsbeschichtungen anfällig sein für Verschmutzung, die auf eine gewisse Klebrigkeit der Oberfläche zurückzuführen ist. Dadurch können Staubpartikel aus der umgebenden Luft besser anhaften als auf starren Beschichtungen. Einsetzen geeigneter Deckschichten, z.B. aus UV-vernetzenden Acrylatdispersionen, mit geringer Verschmutzungsneigung vermeidet den beschriebenen Effekt jedoch weitgehend. b) Aufbau OS 5b bzw. OS II Auch bei diesem Aufbau ist, analog Aufbau gemäß a), zunächst das Auftragen eines Kratz- oder Egalisierungsspachtels vorzunehmen. Danach wird eine zementöse Dichtungsschlämme mit vergleichsweise hohem Anteil einer flexibilisierenden Polymerdispersion aufgebracht. Die Trockenschichtdicke muss in der Regel mindestens 2 mm betragen. Da Dichtungsschlämmen aufgrund der Polymerdispersion zu erheblicher Verschmutzung neigen, ist in bestimmten Fällen das Auftragen einer zusätzlichen, zum System gehörende dehnfähigen, rissüberbrückenden Deckschicht anzuraten. 12.3.5.4 Anforderungen an den Untergrund An den zu beschichtenden Untergrund werden die gleichen Anforderungen gestellt, wie beim Beschichten eines starren Systems gemäß OS 4/OS C. Die zu erreichenden Werte der Oberflächenzugfestigkeit für die Aufbauvarianten ohne Feinspachtel sind nach Rili SIB jedoch geringer als bei der nicht rissüberbrückenden Beschichtung (vgl. Tab. 12.4).
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12 Oberflächenschutzsysteme
Tabelle 12.4: Anforderungen an den zu beschichtenden Untergrund (Oberflächenzugfestigkeit) und an die Haftzugfestigkeit von Oberflächenschutzsystemen [Rili SIB (2001) und ZTV-ING Teil 3, Abschnitt 4 (früher ZTV SIB)]. Kurzbeschreibung schichtung
Kurzbezeichnung
Untergrund
Be-
Oberflächenzugfestigkeit
Haftzugfestigkeit
kleinster Mittelwert kleinster Mittelwert zul. Einzelzul. EinzelN/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 OS 1/OS A
Hydrophobierende Imprägnierung
–
–
–
–
OS 2/OS B
Beschichtung für nicht begehund befahrbare Flächen (ohne Kratz- und Ausgleichspachtelung)
1,0
1,5
0,5
0,8
OS 4/OS C
Beschichtung mit erhöhter Dichtheit für nicht begeh- und befahrbare Flächen (mit Kratz- bzw. Ausgleichsspachtelung)
0,8
1,3
0,5
0,8
OS 5a/ OS D II
Beschichtung mit geringer Rissüberbrückungsfähigkeit für nicht begeh- und befahbare Flächen (mit Kratz- bzw. Ausgleichsspachtelung)
0,6/0,8 a
1,0/ 1,3 a 0,5/0,8 b
0,8/1,3 b
0,6/0,8 a
1,0/ 1,3 a 0,5/0,8 b
0,8/1,3 b
OS 7/TL/ TP-BEL-EP
Beschichtung unter (bituminösen) Dichtungsschichten für begeh- und befahrbare Flächen
k.A.
1,5
1,0
1,5
OS 9/OS E
Beschichtung mit erhöhter Rissüberbrückungsfähigkeit für nicht begeh- und befahrbare Flächen (mit Kratz- bzw. Ausgleichsspachtelung)
0,8
1,3
0,8
1,3
OS 10/TL/ TP-BEL-B3
Beschichtung als Dichtungsschicht mit hoher Rissüberbrückungsfähigkeit unter (bituminösen oder anderen) Schutz- und Deckschichten für begeh- und befahrbare Flächen
k.A.
1,5
1,0
1,5
OS 11/OS F
Beschichtung mit erhöhter 1,0 mischer“ Rissüberbrückungsfähigkeit für begehund befahrbare Flächen
1,5
1,0
1,5
OS 13
Beschichtung mit nicht „dynamischer“ Rissüberbrückungsfähigkeit für begeh- und befahrbare, mechanisch belastete Flächen
1,5
1,0
1,5
OS 5b/ OS D I
1,0
Bei allen Systemen (nicht OS 1) gilt: Gitterschnitt-Kennwert Gt = 2 a für Systeme mit Feinspachtel; b für Systeme mit Feinspachtel, wenn der Bruch im oder unterhalb des Feinspachtels eintritt; k.A. keine Angabe im Regelwerk.
12.3 Systeme
221
12.3.6 Chemisch widerstandsfähige Beschichtung für mechanisch gering beanspruchte Flächen (OS 6) (Aus der Tabelle der Oberflächenschutzsysteme in der Neufassung der Rili-SIB gestrichen.) 12.3.6.1 Eigenschaften Die an das Beschichtungssystem gestellten Forderungen gleichen den Forderungen an die Versiegelung für befahrbare Oberflächen (OS 3). Aufgrund der wesentlich höheren Schichtdicke können jedoch entsprechend höhere Belastungen aufgenommen werden. So zeichnet sich das System besonders z.B. bezüglich Frost- und Frosttausalzbelastung und Chemikalienbeständigkeit aus. Kohlendioxid- und Wasserdampfdiffusion werden erheblich reduziert. Die geforderten Eigenschaften dieser Systeme werden in DIN 28052-6 geregelt. 12.3.6.2 Anwendungsbereich Einsatzgebiete dieses Oberflächenschutzsystems sind chemisch beanspruchte Decken-, Wand- und mechanisch gering beanspruchte Bodenflächen in Industrie-, Versorgungs- und Gewerbebauten, z.B. Kraftwerke, Kläranlagen, Behälter, Werkstätten, Reinräume verschiedener Industriebranchen [GIELER]. 12.3.6.3 Aufbau und Verarbeitung Zunächst sind die Oberflächen mit einem lösemittelfreien, niedrigviskosen und unpigmentierten zweikomponentigem Reaktionsharz bei einem mittleren Verbrauch von ca. 300 g/m2 bis 400 g/m2, meist auf Epoxidharzbasis, zu grundieren. Die nicht ausgehärtete frische Grundierung ist mit Quarzsand der Körnung 0,2 mm bis 0,7 mm bei einem Verbrauch von höchstens 1,0 kg/m2 abzustreuen. Anschließend sind Poren, Lunker und Fehlstellen mit einem Reaktionsharz-Feinspachtel zu füllen. An senkrechten Flächen und Untersichten wird der Spachtelmasse thixotropierendes Stellmittel beigemischt, um ein Ablaufen im nicht ausgehärteten Zustand zu verhindern. Bei Bedarf kann die frische Spachtelschicht mit Quarzsand abgestreut werden (Körnung 0,1 mm bis 0,5 mm oder 0,2 mm bis 0,7 mm), wenn die vom Hersteller des Systems vorgegebenen Zeitabstände zum folgenden Arbeitsgang nicht eingehalten werden können. Als Deckbeschichtung werden eine oder mehrere Schichten eines hochvernetzenden, pigmentierten Reaktionsharzsystems (lösemittelhaltig, lösemittelfrei oder emulgiert) aufgetragen. Die Trockenschichtdicke muss mindestens 500 µm betragen. Um die Rutschsicherheit zu erhöhen, wird die letzte Schicht der zuvor genannten Deckbeschichtung mit trockenem Quarzsand der Körnung
222
12 Oberflächenschutzsysteme
0,2 mm/0,7 mm bzw. 0,7 mm/1,2 mm abgestreut und nach dem Abfegen überschüssigen Sandes eine Deckversiegelung aufgetragen. Die Deckversiegelung beeinflusst die Reinigungsfähigkeit bzw. Dekontaminierbarkeit des Oberflächenschutzsystems positiv. Weitere Aufbauvarianten werden in DIN 280522 genannt. 12.3.6.4 Anforderungen an den Untergrund An den Untergrund werden grundsätzlich die gleichen Anforderungen gestellt, wie an Systeme gemäß OS 3, jedoch mit höheren Forderungen für die Oberflächenzugfestigkeit (kleinster zulässiger Einzelwert: 1,0 N/mm2, Mittelwert: ≥1,5 N/mm2).
12.3.7 Beschichtung unter (bituminösen) Dichtungsschichten für begeh- und befahrbare Flächen (OS 7/TL/TP-BEL-EP) 12.3.7.1 Eigenschaften Als charakterisierende Eigenschaften dieser Systeme ist der Schutz des Betons vor in Wasser gelösten schädlichen Stoffen durch Verschließen von oberflächennahen Poren zu nennen. 12.3.7.2 Anwendungsbereich Die unter der Bezeichnung für dieses Oberflächenschutzsystem zusammengefassten Maßnahmen (Grundierung, Versiegelung, Kratzspachtelung, vgl. Abb. 12.5) sind Teil der Abdichtung von Brückenbauwerken. Sie werden durchgeführt, um den Untergrund für nachfolgend aufzutragende Abdichtungsschichten zu verfestigen, zu egalisieren, und um dessen Poren zu verschließen. Folgende Varianten werden je nach Erfordernis eingesetzt: a) Grundieren erfolgt bei großflächigen Instandsetzungsmaßnahmen, wobei in der Regel anschließend ein Betonersatzsystem (PCC) eingesetzt wird.
Abb. 12.5: Regelaufbau OS 7 (TL/TP-BEL-EP)
12.3 Systeme
223
b) Bei Rautiefen bis ca. 1,5 mm wird die abzudichtende Oberfläche versiegelt. c) Bei rauem Untergrund mit Vertiefungen über ca. 1,5 mm und bis ca. 5 mm wird eine Kratzspachtelung aufgetragen. 12.3.7.3 Aufbau und Verarbeitung Als Bindemittel für diese Systeme ist ausschließlich Epoxidharz vorgesehen. a) Grundierung. Ein lösemittelfreies Epoxidharz wird meist in einem Arbeitsgang bei einem Verbrauch von ca. 300 g/m2 bis 500 g/m2 flutend aufgetragen d.h., der angemischte Beschichtungsstoff wird auf den vorbereiteten Untergrund gegossen und mit einem weichen Gummischieber gleichmäßig verteilt. Nach Ausnutzen der kapillaren Saugwirkung des Betons wird die noch flüssige Beschichtung nach ca. 5 bis 10 Minuten mit Fellwalzen verteilt, um Stoffansammlungen in Vertiefungen zu vermeiden. Anschließend wird ofengetrockneter Quarzsand der Körnung 0,2 mm bis 0,7 mm nicht im Überschuss (ca. 500 g/m2 bis 800 g/m2) aufgestreut. b) Versiegelung. Zunächst erfolgt das Auftragen einer Grundierung gemäß a), wobei jedoch mit Quarzsand der Körnung 0,7 mm bis 1,2 mm im Überschuss abgestreut wird. Nach dem Erhärten der Grundierung und dem Entfernen überschüssigen Quarzsandes wird im zweiten Arbeitsgang ein lösemittelfreies Epoxidharz bei einem Verbrauch von ca. 600 g/m2 bis 800 g/m2 durch Rollen gleichmäßig aufgebracht. Dabei ist der Abstreusand ausreichend zu benetzten, so dass bei gleichmäßig rauer Oberfläche ein porenfreier Beschichtungsfilm mit einer Schichtdicke zwischen 1 mm und 2 mm entsteht. Die Versiegelungsschicht wird nicht abgestreut. c) Kratzspachtelung. Zunächst erfolgt das Auftragen einer Grundierung gemäß a), jedoch ohne Abstreuen mit Quarzsand. In die frische, nicht erhärtete Grundierung wird ein Kratzspachtel aufgetragen. Dieser ist aus lösemittelfreiem Epoxidharz und Quarzsand im Mischungsverhältnis 1 Masseteil Epoxidharz : 3 bis 4 Masseteilen ofengetrocknetem Quarzsand einer abgestuften Sieblinie herzustellen. Der Quarzsand ist werkmäßig abgepackten Gebinden zu entnehmen. Anschließend wird analog dem Grundieren ofengetrockneter Quarzsand der Körnung 0,2 mm bis 0,7 mm im Überschuss aufgestreut. Lokal darf die Spachtelschicht bis 5 mm betragen. Falls anschließend eine großflächige Grundierung vorgesehen ist, wird diese zunächst abgestreut. Falls eine wasserundurchlässige Schicht gefordert ist, wird die Oberfläche grundsätzlich versiegelt. Die Wasserundurchlässigkeit (Dichtheit bzw. Fehlstellenfreiheit) wird durch den elektrischen Widerstand nachgewiesen, der über 500 MW betragen muss. Diese Prüfung wird jedoch aufgrund von Laborversuchen bei den in der Praxis vorliegenden feuchten Untergründen als nicht geeignet angesehen.
224
12 Oberflächenschutzsysteme
12.3.7.4 Anforderungen an den Untergrund Der zu beschichtende vorbereitete Untergrund muss eine Oberflächenzugfestigkeit von im Mittel mindestens 1,5 N/mm2 aufweisen. Die Rautiefe des Untergrundes darf durch das Vorbereiten nicht mehr als erforderlich erhöht werden.
12.3.8 Chemisch widerstandsfähige Beschichtung für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen (OS 8) (Aus der Tabelle der Oberflächenschutzsysteme in der Neufassung der Rili-SIB gestrichen.) 12.3.8.1 Eigenschaften Das System erfüllt grundsätzlich die gleichen Anforderungen, wie OS 6, jedoch sind aufgrund der dickeren Schichten höhere Belastungen möglich. Zusätzlich können die Systeme für weitere Anforderungen, wie Dekontaminierbarkeit, elektrische Ableitfähigkeit, Griffigkeit, Rutschsicherheit, physiologische Unbedenklichkeit, rückwärtige Wassereinwirkung, ausgelegt sein. 12.3.8.2 Anwendungsbereich Die Systemvarianten werden für mechanisch und chemisch beanspruchte, ggf. auch freibewitterte Betonflächen, z.B. Fahrbahnen, Behälter- und Rohrinnenwandungen, Industrieböden, jedoch nicht für Beanspruchungsgruppe I (schwer) nach DIN 18560-7, eingesetzt. Außerdem sind die Systeme der Variante gemäß Abschnitt 12.3.8.3 Buchstabe b) im Gewässerschutz geeignet, wenn oberflächennahe Risse mit einer Breite bis zu 0,2 mm bei 23°C überbrückt werden. Diese Systeme sollen zukünftig in einer EN geregelt werden. Bis zur Herausgabe des neuen Regelwerks gelten für Fußbodenbeschichtungen aufgrund einer Übergangsregelung die Festlegungen der alten Rili SIB. 12.3.8.3 Aufbau und Verarbeitung Als Bindemittel wird überwiegend Epoxidharz eingesetzt. Je nach den aus der Nutzung entstehenden Anforderungen werden 3 Aufbauvarianten (Abb. 12.6) appliziert. a) Nach dem Auftragen einer Grundierung aus einem niedrigviskosen, lösemittelfreien, nicht gefüllten Epoxidharz und Abstreuen mit ofengetrocknetem Quarzsand (Körnung 0,7 mm bis 1,2 mm) wird eine pigmentierte Deckbeschichtung, ggf. in mehreren Arbeitsgängen, mit einer Trockenschichtdicke von mindestens 1 mm aufgebracht. b) Eine Grundierung gemäß Buchstabe a) wird mit einem mit Quarzsand gefüllten Verlaufmörtel, Schichtdicke nach dem Erhärten ca. 2 mm bis 3 mm,
12.3 Systeme
225
Abb. 12.6: Regelaufbau OS 8
beschichtet. Der Verlaufmörtel wird aus 1 Masseteil eines lösemittelfreien, ggf. pigmentierten Epoxidharzes und 0,5 bis 0,8 Masseteilen eines trockenen Quarzsandes der Körnung 0,1 mm bis 0,3 mm gemischt. Der Verbrauch zum Erzielen der genannten Schichtdicke beträgt ca. 1,5 kg/m2. Die rutschhemmende Wirkung wird durch Einstreuen mineralischer Mittel, wie Quarzsand, Schlacken, Korund oder Siliziumkarbid, in die Beschichtung direkt nach dem Auftragen erreicht. Entsprechend der geforderten Rauheit bzw. rutschhemmenden Klasse werden Kornform und -größe gewählt. c) Um eine rutschhemmende, leicht zu reinigende Oberfläche zu erzielen, wird der Aufbau gemäß Buchstabe b) mit einer zusätzlichen Schicht aus einem lösemittelfreien, pigmentierten Epoxidharz versiegelt. Dazu ist in der Regel erforderlich, den Verlaufmörtel unmittelbar nach dem Auftragen wie zuvor genannt abzustreuen, um den Verbund zwischen Versiegelung und Verlaufmörtel sicherzustellen. 12.3.8.4 Anforderungen an den Untergrund Aufgrund der höheren Beanspruchung der Systeme sind auch die Anforderungen an den Untergrund gegenüber Systemen nach OS 6 höher. Daher muss die Untergrundvorbereitung durch Strahlen gründlich erfolgen, um eine mittlere Oberflächenzugfestigkeit von 2,0 N/mm2 zu erreichen. Zugelassen sind gemäß Rili SIB Einzelwerte von mindestens 1,5 N/mm2. Der Untergrund muss gemäß Rili SIB „trocken“ bis höchstens „feucht“ sein. Nachweislich geeignete Systeme dürfen auch auf nassen, d.h. wassergesättigten, Untergrund appliziert werden.
12.3.9 Beschichtung mit erhöhter Rissüberbrückungsfähigkeit für nicht begeh- und befahrbare Flächen (mit Kratzbzw. Ausgleichsspachtelung) (OS 9 bzw. OS E) 12.3.9.1 Eigenschaften Über die von OS 6 geforderten Eigenschaften hinaus muss das System (Abb. 12.7) vorhandene und nach dem Beschichten neu entstehende oberflächen-
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12 Oberflächenschutzsysteme
Abb. 12.7: Regelaufbau OS 9 (OS E)
nahe und trennende Risse, deren Breitenänderung sowohl infolge temperaturals auch lastabhängigen Bewegungen auftreten können, überbrücken. Dazu sind vergleichsweise hohe Schichtdicken von mindestens 1 mm erforderlich. Die weiteren auch von der Schichtdicke abhängigen Eigenschaften, wie Widerstand gegenüber Kohlendioxid- und Wasserdampfdiffusion, sind entsprechend hoch. 12.3.9.2 Anwendungsbereich Typische Einsatzgebiete dieses Systems sind nicht begeh- und befahrbare freibewitterte Flächen von Ingenieurbauwerken, die rissgefährdet sind, und auch im Spritzwasserbereich liegen können und damit tausalzbeaufschlagt sind: Widerlager, Stützwände. An Fassaden werden die Systeme meist auf den Bereich der Risse begrenzt. 12.3.9.3 Aufbau und Verarbeitung Die zu beschichtende vorbereitete Oberfläche wird zunächst durch eine Kratzspachtelung egalisiert, wobei Lunker, Poren und Fehlstellen gefüllt und Grate sowie Rautiefen ausgeglichen werden. Verwendet werden dazu kunststoffmodifizierte Zement- oder Epoxidharz-Feinmörtel. Anschließend wird die egalisierte Oberfläche mit einer nicht pigmentierten und ungefüllten Grundierung, meist auf Basis eines Epoxidharzes, verfestigt, ggf. wird die frische Grundierung abgestreut. Anschließend wird der lösemittelfreie, pigmentierte Beschichtungswerkstoff in mindestens 2 Arbeitsgängen appliziert. Eingesetzt werden als Bindemittel häufig Polyurethane (PUR), eventuell als EP-PURCopolymerisat, aber auch Polymerdispersionen oder zweikomponentige Polymethylmethacrylate. Die Trockenschichtdicke muss mindestens 1 mm betragen. Der dazu erforderliche Verbrauch beträgt ca. 1,3 kg/m2 bis 1,5 kg/m2. Werden Werkstoffe eingesetzt, die sehr rasch erhärten, ist eventuell kein Egalisieren der Oberfläche erforderlich. In diesem Fall erfolgt die Applikation mit einer speziellen Spritzanlage zum Verarbeiten von zweikomponentigen
12.3 Systeme
227
Werkstoffen (Zweikomponentenanlage) quasi in einem Arbeitsgang durch kurzzeitig nacheinander erfolgende Spritzgänge. Bei der Ausführung ist besonders darauf zu achten, dass eine in der erforderlichen Dicke gleichmäßige Schicht erzielt wird, damit die rissüberbrückenden Eigenschaften der Beschichtung an allen Stellen der beschichteten Fläche erreicht werden. Bei vergilbungsanfälligen Beschichtungen wird zuletzt eine pigmentierte Versiegelung als Schutz vor UV-Strahlen aufgetragen. Dabei kommen z.B. UV-härtende AY-PUR-Kombinationen zum Einsatz. 12.3.9.4 Anforderungen an den Untergrund Die Anforderungen an den zu beschichtenden Untergrund entsprechen denen eines OS 6.
12.3.10 Beschichtung als Dichtungsschicht mit hoher Rissüberbrückungsfähigkeit unter Schutz- und Deckschichten für begeh- und befahrbare Flächen (OS 10/TL/TP-BEL-B 3) 12.3.10.1 Eigenschaften Die Beschichtungen verhindern das kapillare Saugen des Untergrundes und damit, dass in Wasser gelöste Schadstoffe vom Bauteil aufgenommen werden. Dazu ist erforderlich, dass vorhandene und nach dem Beschichten (neu) entstehende Trennrisse mit temperatur- und lastabhängigen Breitenänderungen überbrückt werden. Da beim Herstellen des Gesamtaufbaus heiße Asphaltmasse direkt auf die Beschichtung (Abb. 12.8) aufgebracht wird, muss das System kurzzeitig hitzebeständig bis 250°C sein. Außerdem müssen Schubkräfte aus Verkehr, die von der Gussasphaltschicht übertragen werden, aufgenommen werden.
Abb. 12.8: Regelaufbau OS 10 (TL/TPBEL-B 3)
228
12 Oberflächenschutzsysteme
12.3.10.2 Anwendungsbereich Mit dem Oberflächenschutzsystem werden Betonbauteile unter befahrenen, bituminösen Gussasphalt und anderen Deckschichten bei Brücken, Trog- und Tunnelsohlen, Parkhäusern u.ä. Bauwerken abgedichtet. Im Gegensatz zu Abdichtungen aus verschweißten bituminösen Bahnen kann das System, das auch als Flüssigfolie bezeichnet wird, nahtlos über die abzudichtende Oberfläche aufgespritzt werden. Dabei werden Anschlüsse an Einbauten, z.B. Einläufe der Entwässerung, Kehlen, Kanten, Ecken und vertikale Flächen ebenfalls erfasst. 12.3.10.3 Aufbau und Verarbeitung Zunächst wird die abzudichtende Oberfläche gemäß OS 7 mit einer Kratzspachtelung versehen, um Poren, Lunker und Fehlstellen zu füllen und einen definierten Untergrund zu erhalten. Danach werden die auf der Bindemittelbasis Polyurethan hergestellten Werkstoffe durch Spritzen, häufig im Heißspritzverfahren, in mindestens zwei Lagen aufgetragen. Die Schichtdicke sollte zwischen mindestens 2 mm und höchstens 6 mm liegen, wobei große lokale Schichtdickenschwankungen möglichst zu vermeiden sind. Der Verbrauch an Werkstoff beträgt ca. 3,0 kg/m2 bis 3,5 kg/m2. Falls vom Hersteller des Systems vorgesehen, wird ein Haftvermittler aufgebracht, bevor eine Schutzschicht aus Gussasphalt eingebaut wird. Die Deckschicht kann aus Gussasphalt, Asphaltbeton, Splittmastixasphalt, Verbundsteinpflaster oder anderen Schichten bestehen. 12.3.10.4 Anforderungen an den Untergrund Da zunächst Maßnahmen nach OS 7 erfolgen, ist der Untergrund so vorzubereiten, dass entsprechende Anforderungen erfüllt werden.
12.3.11 Beschichtung mit erhöhter „dynamischer“ Rissüberbrückungsfähigkeit für begeh- und befahrbare Flächen (OS 11/OS F) 12.3.11.1 Eigenschaften Die an OS 9 gestellten Anforderungen sind auch von diesen Oberflächenschutzsystemen (Abb. 12.9) zu erfüllen. Zusätzlich dazu müssen dauerhaft vor dem Beschichten vorhandene oder nachträglich auftretende (Trenn-)Risse, die neben temperatur- auch lastabhängigen Bewegungen unterliegen, überbrückt werden.
12.3 Systeme
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Abb. 12.9: Regelaufbau OS 11 (OS F)
12.3.11.2 Anwendungsbereich Das Oberflächenschutzsystem ist für rissgefährdete Betonflächen (Schrammborde, Brückenkappen) und zusätzlich mechanisch stark belastete Flächen (Parkdecks, Brückenfahrbahnen), jedoch nicht Beanspruchungsgruppe I (schwer) nach DIN 18560-7, vorgesehen. 12.3.11.3 Aufbau und Verarbeitung Als Bindemittel der Beschichtungswerkstoffe dienen Polyurethanharz, Epoxidharz und mit Polyurethan modifizierte (flexibilisierte) Epoxidharze sowie zweikomponentige Polymethylmethacrylate. Zu unterscheiden sind zwei verschiedene Aufbauvarianten, bei denen zunächst in der Regel analog OS 7 (Aufbau 1) eine Grundierung mit Absandung aufgebracht wird und danach ggf. Poren, Lunker und Fehlstellen sowie Rautiefen über 1 mm Tiefe mit einer Kratzspachtelung gefüllt werden. Danach sind die Aufbauten entsprechend den folgenden Ausführungsarten aufzutragen. a) Aufbau 1 Als rissüberbrückende Zwischenschicht wird ein im verfestigen Zustand dehnfähiger Werkstoff, meist aus Polyurethan, mit einer Schichtdicke von mindestens 1,5 mm aufgetragen. Danach wird ein dehnfähiger Verlaufmörtel, oft bestehend aus dem zuvor genannten mit mineralischen Füllstoffen versehenen Werkstoff, aufgezogen. Diese verschleißfähige Schicht wird in einer möglichst gleichmäßigen Schichtdicke von ca. 3 mm bis 10 mm aufgebracht und mit Quarzsand oder anderen Granulaten (z.B. Korund) abgestreut, um die Griffigkeit zu erhöhen. Um die Abstreumaterialien besser in die Beschichtung einzubinden, damit diese bei mechanischer Beanspruchung durch Begehen oder Befahren fest haftet, kann anschließend die
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12 Oberflächenschutzsysteme
Oberfläche versiegelt werden. Dies führt zudem zu einer besseren Reinigungsfähigkeit der beschichteten Oberfläche. Da die Zwischenschicht nicht abgestreut wird, ist auf Einhaltung der vorgeschriebenen klimatischen Randbedingungen und zeitlichen Abstände zwischen den Arbeitsgängen zu achten, um einen ausreichenden Verbund zwischen den Schichten sicherzustellen. b) Aufbau 2 Ein sogenanntes Einschichtsystem besteht aus einer verschleißfesten, gefüllten, dehnfähigen Schicht von mindestens 3 mm Dicke, die abgestreut wird. Diese Schicht, deren Werkstoff meist das Bindemittel Polyurethan enthält, übernimmt die sowohl die Funktion der dehnfähigen Zwischenschicht und als auch die der verschleißfesten Deckschicht. In dieser flexiblen Schicht wird das Einstreumittel nicht so haltbar eingebettet, wie in Systeme aus starrer formulierten PUR- oder EP-/PUR-Kombinationsbindemitteln. Um das Abstreumittel dennoch in die flexible Schicht einzubinden, ist eine Versiegelung notwendig. Der Verbund der Schichten untereinander ist aufgrund der Abstreuung jeder Schicht bei ordnungsgemäßer Verarbeitung problemlos. 12.3.11.4 Anforderungen an den Untergrund Die bei OS 7 genannten Bedingungen müssen erzielt werden.
12.3.12 Beschichtung mit Reaktionsharzbeton bzw. -mörtel für befahrbare, mechanisch stark belastete Flächen (OS 12) (Aus der Tabelle der Oberflächenschutzsysteme in der Neufassung der Rili SIB gestrichen.) Das System wird in Rili SIB (2001) als Reaktionsharzmörtel zum Ersetzen ausgebrochenen oder ausgebauten Betons (M2/PC I) beschrieben (vgl. Kapitel 11).
12.3.13 Beschichtung mit nicht dynamischer Rissüberbrückungsfähigkeit für begeh- und befahrbare, mechanisch belastete Flächen (OS 13) 12.3.13.1 Eigenschaften Dieses System (Abb. 12.10) ist in Rili SIB als OS 13 neu aufgenommen. Es erfüllt die mechanischen und chemischen Anforderungen des bisherigen Oberflächenschutzsystems OS 8 und besitzt rissüberbrückende Eigenschaften. Das
12.3 Systeme
231
Abb. 12.10: Regelaufbau OS 13
System steigert den Verschleißwiderstand bei mechanischer Beanspruchung und erhöht die Griffigkeit. Außerdem verringert das System die kapillare Wasseraufnahme, so dass auch das Eindringen von im Wasser gelösten Schadstoffen erheblich reduziert wird. Das System verbessert die Frost- und Frosttausalzbelastung sowie die Chemikalienbeständigkeit. Kohlendioxid- und Wasserdampfdiffusion werden erheblich reduziert. Zusätzlich kann das System für weitere Anforderungen, wie rückwärtige Wassereinwirkung, formuliert sein. 12.3.13.2 Anwendungsbereich Das Oberflächenschutzsystem wird für vor allem mechanisch und chemisch beanspruchte und überdachte Betonteile mit oberflächennahen Rissen, die zusätzlich im Sprüh- und Spritzbereich von Auftausalzen liegen, wie Betonfahrbahnen in geschlossenen Park- und Tiefgaragen, vorgesehen. 12.3.13.3 Aufbau und Verarbeitung Als Bindemittel werden überwiegend modifiziertes Epoxidharz oder Polyurethanharz aber auch 2k-Polymethylmethacrylat eingesetzt. Auf den vorbereiteten Untergrund wird eine Grundierung aus einem niedrigviskosen, lösemittelfreien, nicht gefüllten Epoxidharz aufgetragen und mit ofengetrocknetem Quarzsand (Körnung 0,7 mm bis 1,2 mm) abgestreut. Anschließend wird die grundierte Fläche mit einer eventuell mit Quarzsand gefüllten Beschichtung, Schichtdicke nach dem Erhärten ca. 2 mm bis 3 mm, beschichtet, die zum Erzielen einer rutschhemmenden Wirkung mit mineralischen Mitteln, wie Quarzsand, Schlacken, Korund oder Siliziumkarbid, direkt nach dem Auftragen abgestreut wird. Entsprechend der geforderten Rauheit bzw. rutschhemmenden Klasse werden Kornform und -größe gewählt. Um eine rutschhemmende, jedoch leicht zu reinigende Oberfläche zu erzielen, wird der Aufbau mit einer zusätzlichen Schicht, z.B. aus einem lösemittelfreien, pigmentierten Epoxidharz, versiegelt. 12.3.13.4 Anforderungen an den Untergrund An den Untergrund werden grundsätzlich die gleichen Anforderungen gestellt, wie an Systeme gemäß OS 11/OS F, d.h. kleinster zulässiger Einzelwert für die Oberflächenzugfestigkeit: 1,0 N/mm2, Mittelwert: ≥1,5 N/mm2.
232
12 Oberflächenschutzsysteme
12.4 Literatur Aufsätze und Bücher KLOPFER, H. Schäden an Sichtbetonflächen. (Schadenfreies Bauen; Bd. 3) IRB-Verlag Stuttgart 1993. ENGELFRIED, R. Über den Einfluß der Schichtdicke und der Alterung auf die Wirksamkeit von Oberflächenschutzsystemen für Betonbauteile. Diss. Universität Dortmund 2000, Shaker Verlag Aachen 2001. SCHRÖDER, M. et. al. Schutz und Instandsetzung von Stahlbeton. Kontakt und Studium, Band 552, ExpertVerlag 1999. BAST Bundesanstalt für Straßenwesen „Zusammenstellung der geprüften Stoffe und Stoffsysteme für die Anwendung an Bauwerken und Bau-teilen der Bundesverkehrswege“ (Veröffentlichung der geprüften Systeme). Internet-Adresse: http://www.bast.de/ Regelwerke DEUTSCHER AUSSCHUSS FÜR STAHLBETON (Herausgeber) Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen. Beuth Verlag GmbH, Berlin 1990/1992. (Rili SIB 1990/1992) DEUTSCHER AUSSCHUSS FÜR STAHLBETON (Herausgeber) DAfStb-Richtlinie – Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (InstandsetzungsRichtlinie), Beuth Verlag GmbH, Berlin 2001. (Rili SIB 2001) Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING), Ausgabe 2003-03. Veröffentlicht in: VkBl (2003). DER BUNDESMINISTER FÜR VERKEHR (Herausgeber) ZTV-BEL-B Teil 1 – Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für das Herstellen von Brückenbelägen auf Beton, Ausgabe 1999, Verkehrsblatt-Verlag, Dortmund 1999 DER BUNDESMINISTER FÜR VERKEHR (Herausgeber) ZTV-BEL-B – Teil 2 – Vorläufige Zusätzliche Technische Vorschriften und Richtlinien für die Herstellung von Brückenbelägen auf Beton, Ausgabe 1987, Verkehrsblatt-Verlag, Dortmund 1987 DER BUNDESMINISTER FÜR VERKEHR (Herausgeber) TL/TP-BEL-EP – Technische Lieferbedingungen und Technische Prüfvorschriften für Reaktionsharze für Grundierungen, Versiegelungen und Kratzspachtelungen unter Asphaltbelägen auf Beton, Ausgabe 1999, Verkehrsblatt-Verlag, Dortmund 1999 DIN V ENV 1504-9:2001-03 Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken – Definitionen, Anforderungen, Qualitätsüberwachung und Beurteilung der Konformität – Teil 9: Allgemeine Prinzipien für die Anwendung von Produkten und Systemen DIN 28052-3:1994-12 Chemischer Apparatebau – Oberflächenschutz mit nichtmetallischen Werkstoffen für Bauteile aus Beton in verfahrenstechnischen Anlagen – Teil 3: Beschichtungen mit organischen Bindemitteln.
12.4 Literatur
233
DIN 18560-7:2004-04 Estriche im Bauwesen – Teil 7: Hochbeanspruchbare Estriche (Industrieestriche) Chemischer Apparatebau – Oberflächenschutz mit nichtmetallischen Werkstoffen für Bauteile aus Beton in verfahrenstechnischen Anlagen – Teil 3: Beschichtungen mit organischen Bindemitteln. DIN 18560-7:1992-05 Estriche im Bauwesen; Hochbeanspruchbare Estriche (Industrieestriche).
13 Vorbereitungsverfahren an Betonund Stahlbetonbauteilen
Damit die auf den Untergrund aufgetragenen Werkstoffe (Mörtel, Beschichtungen) ausreichend haften, sind alle den Verbund ungünstig beeinflussenden Stoffe zu beseitigen. Die damit verbundenen Tätigkeiten sind in ZTV ING und in Rili SIB als Vorbereitung (in Rili SIB 1990/1992 als Behandlung) des Untergrundes bezeichnet. Im folgenden wird der Begriff Vorbereitung für alle Substanz abtragenden Arbeiten verwendet. (Behandlung bedeutet dagegen: Aufbringen von Materialien, um bestimmte Eigenschaften des Untergrundes zu optimieren.) Vor dem Auswählen der Vorbereitungsmethode muss der vorhandene Zustand der Betonoberflächen untersucht werden. Dazu ist u.a. auch zu prüfen, ob der Untergrund durch Chloride belastet wurde. Der korrosive Zustand der Bewehrungsstähle sollte zudem erfasst werden und die Gefahr der Korrosion abgeschätzt werden. Anhand des einzusetzenden Schutz- und Instandsetzungssystems sowie dessen Beanspruchung ist anschließend ein geeignetes Vorbereitungsverfahren für Beton und Bewehrung festzulegen.
13.1 Anforderungen an Betonflächen Die Betonoberfläche muss zum Zeitpunkt des Beschichtens und während der Verfestigungsphase der Werkstoffe über genügend Eigenfestigkeit verfügen, um tragfähig für nachfolgende Schichten zu sein, frei von haftschädlichen Stoffen (Schmutz, Öle, Fette, Bewuchs, wie Algen, Moose und Flechten), und genügend trocken sein. Diese Voraussetzungen sind erforderlich für einen ausreichenden Verbund der Beschichtung zum Untergrund bei den Beanspruchungen während der Nutzungsphase. Wesentliche Eigenschaften werden nachfolgend beschrieben.
13.1.1 Alter Neue Betonbauteile entsprechend einschlägigen Regelwerken sollen meist mindestens 14 Tage [ZTV-ING BEL-B-EP] bzw. 28 Tage alt sein, bevor sie be-
13.1 Anforderungen an Betonflächen
235
schichtet werden, da ab diesem Zeitpunkt die planmäßige Festigkeitsklasse nahezu erreicht wird. Zudem legt man die Annahme zugrunde, dass in den meisten Fällen das Schwinden das Betons bis auf einen vergleichsweise kleinen Restbetrag abgeklungen ist. Meist sind eventuell dadurch entstandene Risse erkennbar bzw. ihre Rissbreite verändert sich nicht mehr wesentlich. Außerdem lässt sich die für einen ausreichenden Verbund erforderliche Oberflächenzugfestigkeit ab dem genannten Betonalter durch Prüfen mit dem Abreißgerät nachweisen, und der Wassergehalt der oberflächennahen Zone hat sich auf auch für wasserempfindliche Werkstoffe beschichtungsfähige Werte vermindert. Für ein möglichst frühes Beschichten von Betonbauteilen kurz nach dem Betonieren bzw. Ausschalen sprechen jedoch folgende Eigenschaften des Betons in dieser Phase. Während des Hydratisierens entsteht eine Sogwirkung in den Poren des Betons, durch die neben dem enthaltenen Wasser auch auf die Oberfläche aufgetragene flüssige Werkstoffe vergleichsweise tief in das entstehende Betongefüge eindringen. Hierdurch erfolgt ein besonders fester mechanischer Verbund durch „Verkrallen“ der Beschichtung mit dem Substrat. Untersuchungen [LITTMANN] haben gezeigt, dass bereits nach 7 Tagen die Oberflächenzugfestigkeit von Betonen der Festigkeitsklasse C30/37 über 1,5 N/ mm2 liegt. Da Schwindvorgänge wesentlich langzeitiger verlaufen, vgl. [DIN 4227], als über eine Zeit von 28 Tagen und von den Feuchtebedingungen im Betongefüge abhängen [KLOPFER], erscheint eine auf 28 Tage festgelegte Wartezeit zwischen Betonieren und Beschichten als nicht sinnvoll. Eine generelle Aussage zum Zeitpunkt des Beschichtens nach dem Herstellen eines Betonbauteils kann nicht getroffen werden. Dieser hängt vor allem von den Eigenschaften des Werkstoffs ab (siehe hierzu auch Abschnitt 16.6). Falls der Bauablauf oder andere Notwendigkeiten ein frühes Auftragen von Beschichtungen erfordert, kann dies durch Einsatz spezieller Grundierungen erreicht werden. Weitere Informationen zu den Werkstoffen sind dem Abschnitt 16 „Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen“ zu entnehmen.
13.1.2 Gestaltung Beschichtungsmaßnahmen erfordern beschichtungsgerecht hergestellte Bauteile. Um zu geringe Schichtdicken, lokale unzulässig hohe Eigenspannungen, erhöhte Beanspruchung durch Witterung und Nutzung zu vermeiden, müssen z.B. Kanten mit Fase oder Rundung versehen werden und Kehlen keilförmig oder gerundet ausgestaltet sein (vgl. Abb. 13.1). Durch Aufmörtelungen oder andere geeignete Maßnahmen ist zu vermeiden, dass sich auf horizontalen Flächen nach Niederschlägen Pfützen stehendes Wasser bilden.
236
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Abb. 13.1: Definition der Begriffe Kante, Kehle und Ecke
13.1.3 Beschaffenheit Zu den wesentlichen Voraussetzungen bei schützenden und instandsetzenden Maßnahmen zählt eine geeignete Oberfläche der Betonbauteile. Sowohl bei neuen als auch bei alten Bauteilen müssen bestimmte Eigenschaften des Betonuntergrundes vorliegen, bevor Betonersatz- oder Beschichtungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Aus diesem Grunde sind in nahezu allen Fällen vorbereitende Arbeiten erforderlich. 13.1.3.1 Fehlstellen Herstellungsbedingte Fehlstellen, wie ungenügend verdichtete Bereiche (Kiesnester), vgl. Abb. 13.2, können nach dem Beschichten zu Schäden führen und sind daher zu erkunden und durch Ausstemmen und Verfüllen des Hohlraumes zu beseitigen.
Abb. 13.2: Betonbauteil mit kavernösen Bereichen (Hohlstellen) aufgrund von ungenügend verdichtetem Beton
13.1 Anforderungen an Betonflächen
237
Abb. 13.3: Gelockerte Betondeckung infolge Korrosion der Bewehrungsstähle
Abplatzungen können durch mechanische Beanspruchung, Frosteinwirkung mit und ohne Tausalzbelastung, treibende Wirkung von Bestandteilen des Betons oder korrodierende Bewehrung (Abb. 13.3) verursacht werden. Die Ursache ist vor dem Schützen und Instandsetzen der Betonoberfläche zu erkunden. Geeignete Maßnahmen sind festzulegen. In allen Fällen gilt, dass gelockerte Betonteile durch Stemmen entfernt werden müssen. Falls die Abplatzungen infolge der zuvor genannten Ursachen noch nicht erkennbar sind, liegen dennoch häufig Gefügestörungen vor, die sich durch akustisches Prüfen (Abklopfen oder Überfahren mit dem Hammer) als Hohlstellen bemerkbar machen. Mit Schalluntersuchungen erhält man Aufschluss über die Eigenschaften von Betonbauteilen: Gleichmäßigkeit des Betons, Hohlstellen, Risse, Defekte aus Feuer- und Frosteinwirkung, Elastizitätsmodul, Betonfestigkeit. Risse im Untergrund aus Eigen-, Zwangs- und Lastspannungen (vgl. Abb. 13.4) sind bezüglich der Ursache und des zukünftigen Verhaltens zu analysieren, vgl. Kap. 18 (Injektionstechnologien). Zu entscheiden ist anschließend, ob ein Verschließen des Rissspalts erforderlich ist. 13.1.3.2 Trennend wirkende Substanzen Negative Auswirkungen auf den Verbund zwischen Untergrund und Mörtel bzw. Beschichtung haben Trennschichten. Diese können arteigen (betoneigen) oder artfremd sein.
238
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
a
b
c
Abb. 13.4: Risse in Betonbauteilen infolge a) Last-, b) Zwangs- und c) Eigenspannungen
Arteigene Substanzen a) Zu den arteigenen Trennschichten zählen Zementschlämme und Feinmörtel, die an nicht geschalten waagerechten und ggf. abgeriebenen oder abgezogenen Flächen des Betons entstehen und deren Festigkeit geringer ist als die des darunter befindlichen Betons. b) An den geschalten Seiten der Betonbauteile bildet sich während der Erhärtung des frischen Betons eine dünne spröde und meist glatte Schicht aus Zementstein, die als Schal- oder Zementhaut bzw. als Zementsinterschicht (Abb. 13.5) bezeichnet wird. Die Zementhaut überdeckt häufig vollständig oder teilweise Lunker oder Poren im Beton. Die in den dadurch entstehenden Kavernen enthaltene Luft kann während des Beschichtens bei Temperaturanstieg expandieren und dadurch Fehlstellen in der Beschich-
13.1 Anforderungen an Betonflächen
239
Abb. 13.5: Betonoberfläche mit Zementhaut
tung verursachen (Abb. 13.6). Aufgrund des Festigkeitsunterschiedes, der Härte und eventuelle in der Schicht verbliebener Trenn- und Nachbehandlungsmittel, können, wie Abb. 13.7 zeigt, Verbundschäden durch nicht entfernte Zementhaut entstehen. Aus diesen Gründen ist diese durch ein geeignetes Vorbereitungsverfahren zu beseitigen, wobei Poren und Lunker zu öffnen sind. c) Kalk, der durch Wasser gelöst aus dem Betoninneren an die Betonoberfläche gelangt, lagert sich nach dem Verdunsten des Wassers auf der Bauteiloberfläche ab, wenn nicht Niederschlagswasser ein Ablagern verhindert. Zu
Abb. 13.6: Pore in beschichteter Betonoberfläche
240
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Abb. 13.7: Aufgrund unzureichender Untergrundvorbereitung ungenügend haftendes Oberflächenschutzsystem
unterscheiden ist zwischen kristallförmigen Schichten auf jungem Beton (Ausblühsalzen, Abb. 13.8) und über den Zeitraum mehrerer Jahre entstandenen krustenförmigen und harten Aussinterungen (Abb. 13.9). Sowohl Ausblühungen als auch Aussinterungen müssen durch Vorbereitungsmaßnahmen entfernt werden. Artfremde Substanzen d) Auf Betonflächen verbliebene Trenn- und Nachbehandlungsmittel können als artfremde Trennschicht wirken und den Verbund zwischen Beton und aufgetragener Schicht stören und sind daher durch Vorbereiten des Untergrundes zu entfernen. Bestimmte Nachbehandlungsmittel, die den frischen Beton vor zu raschem Austrocknen schützen, dienen jedoch gleichzeitig als Grundierung für nachfolgende Beschichtungen (vgl. Abschnitt 16.6). e) Öle und Fette, die z.T. mehrere Zentimeter tief in den Beton eindringen können, stören den Verbund zwischen Untergrund und Beschichtung erheblich und sind in der Regel vor dem Beschichten oberflächennah zu entfernen. Paraffin und Wachs dringen meist nicht so tief in den Beton ein wie Öle und Fette, wirken bezüglich des Verbundes jedoch ähnlich. f) Vor allen in Kurven von Fahrbahnen können sich auf der Oberfläche von Beton mehrere Millimeter dicke Schichten aus Gummi durch den Abrieb von Reifen bilden. Diese Gummischichten haften häufig fest auf dem Untergrund. Da sie trennend zwischen Beton und Beschichtung wirken, müssen sie vor dem Beschichten auf jeden Fall entfernt werden. g) Lose Ablagerungen und Staub – auch im Zuge von Vorbereitungsmaßnahmen entstanden –, die meist höchstens gering auf den Betonoberflächen haften, lassen sich durch Abblasen oder Absaugen entfernen.
13.1 Anforderungen an Betonflächen
241
Abb. 13.8: Salzausblühungen im Bereich der aufsteigenden Wand eines bewitterten Turmes über dem Anschluss eines monolithisch verbundenen Podestes
Abb. 13.9: Kalkaussinterungen an einem bewitterten Betonbauteil. Bräunliche Verfärbungen deuten auf korrodierende Bewehrung hin
h) Pflanzlicher Bewuchs, Moos und Algen, die auf langzeitig feuchten und rauen oder mit Fehlstellen versehenen Betonoberflächen wachsen (Abb. 13.10) und trennend wirken, müssen meist durch abrasive Vorbereitungsmethoden entfernt werden. i) Wenn an bereits zu einem früheren Zeitpunkt beschichteten Betonbauteilen Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen sind, ist zu prüfen, ob die vorhandenen Beschichtungen entfernt werden müssen oder als Untergrund für die aufzubringende Beschichtung verbleiben können. Dabei ist zum einen der ausreichende Verbund der Altbeschichtung zum Untergrund zu prüfen (Abb. 13.11), die Haftung der neuen auf der alten Be-
242
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Abb. 13.10: Pflanzlicher Bewuchs (Algen und Flechten) auf der bewitterten Außenseite eines Kirchturms sowie korrodierender Bewehrungsstahl mit ungenügender Betondeckung
Abb. 13.11: Gitterschnittprüfung mit Klebebandabriss
13.1 Anforderungen an Betonflächen
243
schichtung sowie das bauphysikalische Verhalten des kompletten Aufbaus, z.B. bezüglich des Wasserdampfdiffusionswiderstandes. – Beschichtungen aus gelöstem Kunstharz und Dispersionen müssen nicht zwingend entfernt werden, wenn deren durch Gitterschnitt ermittelte Haftung ausreichend ist. In den meisten Fällen ist jedoch mindestens das Reinigen der Altbeschichtung durch Dampfstrahlen mit heißem Wasser erforderlich. Die Beständigkeit gegenüber Chemikalien von Beschichtungen auf Basis gelöster Kunstharze ist häufig vergleichsweise hoch, so dass diese Beschichtungen mit Lösemitteln schlecht anzulösen sind. Dispersionsbeschichtungen lassen sich jedoch durch einen Anlöseversuch, z.B. mit Keton, erkennen, da sie vergleichsweise leicht anlösbar sind. Dennoch sollten Dispersionsbeschichtungen aus Gründen des Umweltschutzes nicht mit Lösemitteln entfernt werden. Da Dispersionen sowohl auf Kunstharzlösungen und Dispersionen haften, ist häufig ein Überholungsanstrich mit Dispersionsbeschichtungen sinnvoll. Falls jedoch Beschichtungen auf Basis von Zement oder Reaktionsharz aufgetragen werden soll, sind Beschichtungen aus gelöstem Kunstharz oder Dispersionen vollständig, z.B. durch Strahlen, zu entfernen. – Wenn auf eine vorhandene Reaktionsharzbeschichtung erneut eine Beschichtung des gleichen Bindemitteltyps aufgetragen werden soll, so genügt – ausreichender Verbund der Altbeschichtung zum Untergrund vorausgesetzt – ein Reinigen und Anrauen der Oberfläche der Altbeschichtung. Falls andere Beschichtungen eingesetzt werden, sind in Zweifelsfällen Probeflächen nach dem Vorbereiten anzulegen. Anschließend ist nach dem Aushärten der Verbund zwischen alter und neuer Beschichtung durch den Abreißversuch zu prüfen. Bei nicht ausreichender Haftung der neuen auf der alten Beschichtung ist die Altbeschichtung vollflächig zu entfernen.
Tab. 13.1: Erforderliche Vorbereitungsmaßnahmen beim Neubeschichten bereits beschichteter Untergründe Altbeschichtung
Neubeschichtung
Vorbereitung
Kunstharzlösung Dispersion
Kunstharzlösung Dispersion
Reinigen der Altbeschichtung durch Dampfstrahlen mit heißem Wasser
Zementbasis Reaktionsharzbeschichtung
Entfernen der Altbeschichtung
Reaktionsharzbeschichtung
Reaktionsharzbeschichtung
Aufrauen der Altbeschichtung durch Druckstrahlen mit Strahlmittel
Bitumen Teer
Kunstharzlösung Dispersion Zementbasis Reaktionsharzbeschichtung
Entfernen der Altbeschichtung
244
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
– Die Bindemittel Bitumen und Teer unterscheiden sich grundlegend. Teer ist vergleichsweise beständig gegenüber zahlreichen Lösemitteln. Bitumen lässt sich – z.B. durch Testbenzin – leicht anlösen. Teer gilt als kanzerogen (krebserregend), sodass beim Entfernen vom Untergrund geeignete Umwelt- und Arbeitsschutzmaßnahmen zu treffen sind. Zudem ist Teer ordnungsgemäß zu entsorgen. Bitumen lässt sich von Teer durch den vorgenannten Anlösetest oder durch Verbrennen einer geringen Probe am Geruch unterscheiden (Teer: penetranter, unangenehmer Geruch; Bitumen: süßlicher, milder Geruch, vgl. Kapitel 9). Da beide Werkstoffe als Thermoplaste temperaturabhängiges Verhalten zeigen, erleichtern niedrige Temperaturen das Entfernen vom Untergrund durch mechanische Verfahren. 13.1.3.3 Ebenheit Um gleichmäßig dicke Schichten erzielen zu können, ist die Ebenheit und die Rautiefe des Beschichtungsuntergrundes von Bedeutung (vgl. Abb. 13.12). Vor allem bei rissüberbrückenden Beschichtungssystemen oder ableitfähigen Beschichtungen (vgl. Abschnitt 16.4) sind vor dem Auftragen des Oberflächenschutzsystems Egalisierungsschichten, z.B. aus kunststoffmodifizierten Feinmörteln, erforderlich. Auch für bestimmte Nutzungen sind ebene Unter-
Abb. 13.12: a) Bauwerksverformung, Schichtdicke gering beeinflusst, b) kurzwellige (Un-)Ebenheit, Schichtdicke erheblich beeinflusst, c) langwellige (Un-)Ebenheit (Detail aus a), Schichtdicke gering beeinflusst, d) Rautiefe (Detail aus c), Schichtdicke gering beeinflusst, wenn Schichtdicke >> Rautiefe
13.1 Anforderungen an Betonflächen
245
gründe wesentlich. So sind minimale Toleranzen z.B. bei Böden für Lagersysteme mit leitliniengeführten Flurförderfahrzeugen gefordert. Erhöhte Anforderungen sind besonders zu vereinbaren. 13.1.3.4 Rauheit Die Rauheit des Untergrundes bzw. deren Rautiefe ist für ausreichendes Haften der Beschichtung erforderlich (vgl. Abb. 13.12). Mit zunehmender Schichtdicke der Beschichtung und mit Zunahme der erwarteten Spannungen muss die Rauheit des Untergrundes steigen. Durch das Aufrauen des Untergrundes wird die Oberfläche vergrößert, so dass die für den Verbund erforderliche Haftfläche zunimmt. Für vergleichsweise weiche Egalisierungsspachtelungen ist es daher im Zuge des Vorbereitens ausreichend, die Zementhaut zu entfernen und die oberflächennahe Feinmörtelschicht des Betons so aufzurauen, dass deren Körnung (Feinzuschläge) erkennbar sind. Bei dickschichtigen Beschichtungen, z.B. Spritzmörtel (SPCC) oder Reaktionsharzmörtel (PC), ist der Untergrund so weit aufzurauen, bis grobe Zuschläge sichtbar sind (Abb. 13.13). Dabei wird gleichzeitig die weniger tragfähige Feinmörtelschicht entfernt. Bei der Dimensionierung der Schichtdicke von Oberflächenschutzbeschichtungen ist die Rautiefe durch einen Schichtdickenzuschlag zu berücksichtigen. 13.1.3.5 Feuchte Betonquerschnitte enthalten immer einen von der Zeit nach der Herstellung, der Dicke der Bauteile, den Umgebungsbedingungen, der Art der Beschichtung und weiteren Randbedingungen abhängigen Wassergehalt (vgl. auch Ab-
Abb. 13.13: Durch Druckluftstrahlen mit festem Strahlmittel vorbereiteter Betonuntergrund
246
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
schnitt 10.2.4). Um ausreichende Haftung aufgetragener organischer Beschichtungen zum Untergrund zu erzielen und um spätere Schäden z.B. infolge der Alkali-Einwirkung an der Unterseite der Beschichtung oder infolge Frost zu vermeiden, sollten bestimmte Wassergehalte des Betons nicht überschritten werden. In der Regel begrenzen Hersteller von polymeren Beschichtungssystemen den oberflächennahen Wassergehalt bei der Applikation auf 4 Masse-%, gemessen mit dem CM-Gerät. 13.1.3.6 Oberflächenzugfestigkeit Die Oberflächenzugfestigkeit in N/mm2 des (vorbereiteten) Betons ist ein wesentliches Merkmal für die Beschichtungsfähigkeit des Untergrundes sowie den späteren Verbund der Beschichtung und kann mit elektro-hydraulischen Abreißgeräten durch Abziehen eines zuvor auf die Oberfläche aufgeklebten Stahlstempels geprüft werden. Tabelle 13.2 zeigt erforderliche Werte der Oberflächenzugfestigkeit, die für entsprechende Oberflächenschutzbeschichtungen erreicht werden müssen. 13.1.3.7 Druckfestigkeit Festigkeitsklassen unterhalb von C 20/25 sind bezüglich der Dauerhaftigkeit einer Schutz- und Instandsetzungsmaßnahme nachteilig, da aufgrund zu ge-
Tab. 13.2: Erforderliche Oberflächenzugfestigkeit des Untergrundes bei verschiedenen Maßnahmen gemäß Rili SIB (2001) Schutz- bzw. Instandsetzungsmaßnahme hichten) (Örtliches Ausbessern bzw. flächiges Besch
Oberflächenzugfestigkeit in N/mm2 Mittelwert kleinster Einzelwert
Örtliche Ausbesserung
Mörtel und Beton (auch kunststoffmodifiziert und Reaktionsharz-gebunden)
≥1,5
≥1,0
flächige Beschichtung
für nicht begeh- und befahrbare Flächen, Versiegelung/Beschichtung (OS 2, OS B)
≥0,8
≥0,5
für nicht begeh- und befahrbare Flächen, Beschichtung mit geringer Rissüberbrückung ohne Feinspachtel (OS 5, OS D)
≥1,0
≥0,6
für nicht begeh- und befahrbare Flächen ohne und mit Rissüberbrückung, z.B. gelöstes AY, AY-Dispersion, PUR, EP-PUR, mit Feinspachtel (OS 4, OS C, OS 5, OS D, OS 9, OS E)
≥1,3
≥0,8
für mechanische belastete, begeh- und befahrbare sowie nicht befahrbare Flächen, z.B. EP, PUR, EP-PUR (OS 11, OS 13)
≥1,5
≥1,0
13.1 Anforderungen an Betonflächen
247
ringer Festigkeit der oberflächennahen Zone an bewitterten Bauteilen Verbundstörungen auftreten können. 13.1.3.8 Chloridgehalt Beim Vorliegen von Chloriden im Beton sind diese bezüglich der Korrosionsgefahr der Bewehrung sorgfältig unter Einbeziehung aller wesentlichen Randbedingungen zu bewerten. Grundsätzlich wird eine korrosive Gefahr bei Stahlbeton bis zu einem maximalen Chloridgehalt des Betons bezogen auf die Zementmasse von 0,5% und bei Spannbeton von 0,2% nicht unterstellt. Zu beachten ist jedoch, dass die chloridinduzierte Korrosion der Bewehrung erheblich vom Wassergehalt des Betons, gering von dessen Alkalität abhängt. Bei infolge von Einsatz von Tausalz, Beaufschlagung durch Meerwasser oder Verbrennen von PVC durch Chloride beaufschlagten Bauteilen ist vor dem Planen der Schutz- und Instandsetzungsmaßnahme der Chloridgehalt zu bestimmen. 13.1.3.9 Sulfatgehalt Durch erhöhten Gehalt an Sulfat im Beton kann durch Bilden von Ettringit sogenanntes Treiben (Volumenvergrößerung) entstehen, das zu erheblichen Zerstörungen des Betongefüges führt (Abb. 13.14). Daher ist bei vorliegendem Verdacht auf unzulässig hohen Sulfatanteil dessen Gehalt zu bestimmen. Der Sulfatgehalt der instandzusetzenden Oberfläche sollte dem Sulfatgehalt der darunter befindlichen Betonschichten entsprechen, der – abhängig von der verwendeten Zementart und vom Zuschlag – einen Wert von 1,0 Masse-% erreichen kann. Oberflächennahe Betonschichten mit erhöhtem Sulfatgehalt oder bereits zerstörtem Gefüge sind vor dem Auftragen von Schutz- und Instandsetzungswerkstoffen zu entfernen. Zudem muss die Auswahl der Werkstoffe bei erhöhten Sulfatgehalten entsprechend sein.
Abb. 13.14: Schaden infolge unzulässig hohem Sulfatgehalt des Betons in Verbindung mit Sulfatunverträglichkeit des kunststoffmodifizierten Egalisierungsmörtels (Portlandzement), Bruch im Beton
248
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
13.2 Anforderungen an Stahlflächen (Bewehrung) 13.2.1 Vorbereitungsgrad Freiliegende Bewehrungsstähle sind vor dem Aufbringen einer Korrosionsschutzbeschichtung auf Reaktionsharzbasis (EP) oder auf Zementbasis vorzubereiten. Zu erzielen ist dabei der Oberflächenvorbereitungsgrad Sa 21/2 gemäß DIN EN ISO 12944-4, früher Reinheitsgrad gemäß DIN 55928-4. Das Resultat der Vorbereitung wird direkt im Anschluss an die Arbeiten beurteilt. Bei Einsatz des Feucht- oder Nassstrahlverfahrens bildet sich nach dem Trocknen der Stähle Flugrost, der durch trockenes Strahlen im zweiten Arbeitsgang zu entfernen ist. Weitere Hinweise zu Strahlverfahren auf Stahl sind Abschnitt 19.5.1 zu entnehmen.
13.2.2 Rauheit Durch Einsatz scharfkantigen Strahlmittels sollte die Oberfläche der Stähle angeraut werden, damit diese von Beschichtungsstoff optimal benetzt werden kann, und die Haftung der Korrosionsschutzbeschichtung gesteigert wird. Die Rauheit der vorbereiteten Stahloberfläche wird durch Ermitteln der Rautiefe (Vergleichstandard, vgl. Abschnitt 19.5.1) bewertet.
13.3 Verfahren zum Vorbereiten der Betonfläche Die üblichen Vorbereitungsverfahren sind auf Tabelle 13.3 zusammengefasst. Diese werden anschließend eingehend erläutert. Begriffe Strahlen
Auftreffen eines Strahlmittels mit hoher kinetischer Energie auf die vorzubereitende Oberfläche. Strahlmittel Fester Stoff, der zum Strahlen benutzt wird. Strahlmittel mit unterschiedlichen Kornformen (kugelig: Shot (S) bzw. kantig: Grid (G) oder zylindrisch-scharfkantig (C)) aus unterschiedlichen Materialien (nichtmetallisch: Quarzsand, Kupferhüttenschlacke, Schmelzkammerschlacke, Nickelhüttenschlacke, Hochofenschlacke, Elektrokorund, Olivinsand, Staurolith, Granat; metallisch: Hartguss, Stahlguss, Stahldrahtkorn) dienen als abrasives Mittel, um einen Substanzabtrag und eine raue Oberfläche zu bewirken. Als Medium zum Beschleunigen des Strahlmittels können Luft oder Wasser, für horizontale Flächen auch das so genannte Schleuderrad dienen. Strahlschutt Reste aus abgestrahlten Substanzen und Strahlmittel.
13.3 Verfahren zum Vorbereiten der Betonfläche
249
Tab. 13.3: Übersicht über gebräuchliche Vorbereitungsverfahren auf Betonflächen Art des Verfahrens
Geräte/Medien
von Hand und handmaschinell Entstauben – mit lösemittelhaltigem Lappen – durch Abbürsten mit rotierenden Stahlbürsten – durch Saugen – durch Abblasen mit ölfreier Druckluft
Bemerkung
ohne Abtrag von Beton, Nachbehandlung
Waschen
– von Hand – mit Bürsten – mit Dampfstrahlgeräten
ohne Abtrag von Beton, Entfernen von Bewuchs (Strahldruck bis ca. 160 bar)
Schleifen
– Sandpapier, Schaumglas, – mit Schwingschleifer, – mit Schleifgerät
ohne Abtrag von Beton, Entfernen von Zementhaut, Verschmutzungen
chemisch Chemisches Reinigen
Phosphorsäure
ohne Abtrag von Beton, wirkt nicht korrosiv auf Bewehrung
mechanisch Abklopfen, Stocken,
Hammer, Meißel, Fräse, etc.
tiefer Abtrag von Beton ≤ 5 mm je Arbeitsgang
Druckluftstrahlen – mit trockenem Strahlmittel – mit feuchtem Strahlmittel
Druckluftstrahlgerät/ Hochofenschlacke, Stahlkies, Quarzsand o.ä. Druckluftstrahlgerät mit Dosiereinrichtung für Wasserzugabe/ Hochofenschlacke, Quarzsand o.ä.
oberflächennaher Abtrag von Beton, Entfernen von Beschichtungen
Vakuumstrahlen
Druckluftstrahlgerät mit Saugkopf
Kugelstrahlen
Schleuderrad/Stahlkugeln
vorzugsweise auf horizontalen Flächen
Wasserstrahlen ohne und mit abrasiven Mitteln
Wasserstrahlgerät/Wasser, eventuell Hochofenschlacke, Quarzsand o.ä.
geringer Abtrag von Beton, Entfernen von Beschichtungen (bis ca.100 MPa)
Druckwasserstrahlen
Druckwasserstrahlgerät/Wasser
kein bis geringer Abtrag von Beton (Wasserdruck unter 60 MPa)
Hochdruckwasserstrahlen bzw. Höchstdruckwasserstrahlen
Hoch- und Höchstdruckwasser strahlgerät/Wasser
geringer bis erheblicher Abtrag von Beton, Entfernen von Beschichtungen (Wasserdruck über 60 MPa bzw. über 80 MPa)
Flammstrahlbrenner/ Acetylen und Sauerstoff
geringer bis erheblicher Abtrag von Beton, Entfernen von Beschichtungen, Verschmutzungen gemäß DIN 32539
Fräsen
thermo-chemisch Flammstrahlen
250
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
13.3.1 Schneiden Meist werden Scheidverfahren zum Abtrennen von Bauteilen oder zum Herstellen von Durchbrüchen verwendet. Falls Reparaturstellen im Rahmen der Betoninstandsetzung gradlinig begrenzt werden sollen, wie z.B. in ZTV ING gefordert, ist Schneiden von Beton erforderlich. Als Schneidwerkzeuge werden diamantbesetzte Sägeblätter und Bohrkronen eingesetzt. Zudem wurden Verfahren mit Hochdruckwasserstrahl entwickelt. Die Schneidtiefe sollte zwischen der maximal erforderlichen Tiefe und dem dreifachen des Größtkorns des später einzubringenden Reprofilierungsmörtels betragen. Um Abrisse des Mörtels von den Schnittflanken zu vermeiden, sind diese durch Strahlen vorzubereiten. Durch Vorbohren der Ecken mit der Bohrkrone eines Kernbohrgerätes werden geometrisch ungünstige Bedingungen und damit eventuell hohe Spannungen im erhärtenden Reprofilierungsmörtel vermieden.
13.3.2 Stemmen Korrodierte Bewehrung wird entweder von Hand mit Hammer und Meißel oder mit elektrisch oder pneumatisch betriebenen Stemmwerkzeugen (Abb. 13.16) vom umgebenden Beton freigelegt. Dabei ist durch die Wahl entsprechend ausgelegter Werkzeuge und behutsames Vorgehen zu vermeiden, dass ungeschädigtes Betongefüge oder der Verbund zwischen Stahl und Beton gestört werden. Dem Auftreten von Abrissen zwischen altem Beton und Reprofilierungsmörtel ist durch 45° zur Oberfläche geneigte Ausbruchflanken (Abb. 13.15) entgegenzuwirken, da bei dieser Ausbildung im erhärtenden Reparaturmörtel entstehende Spannungen zusätzlich über Schub an den Flanken abgetragen werden. Korrodierte Bewehrungsstähle sind über den korrodierten Bereich hinaus ca. 2 Zentimeter in Längsrichtung freizulegen. Falls die Bewehrung
Abb. 13.15: Ausbruchstelle mit ungünstiger und günstiger Ausbildung der Flanken
13.3 Verfahren zum Vorbereiten der Betonfläche a
251
b
Abb. 13.16: Freilegen der Bewehrung durch Stemmen mit a) pneumatisch und b) elektrisch betriebenen Stemmgeräten
im Wesentlichen auf der der Bauteiloberfläche zugewandten Seite des Umfangs korrodiert ist, ist der Stahl nicht allseitig freizulegen. Andernfalls ist der Stahl allseits freizulegen. Dabei ist mindestens ein Abstand zwischen Beton und Bewehrungsstahl von ca. 2 Zentimetern einzuhalten, damit Vorbereiten und Auftragen der Korrosionsschutzbeschichtung ausführbar werden. Außerdem ist bei diesem Abstand der Reparaturmörtel fehlstellenfrei einzubringen. Durch Stemmen werden Grate und andere Unebenheiten an der Betonoberfläche sowie gelockerter Beton oder Kiesnester entfernt.
13.3.3 Schlagen (Stocken/Nadeln/Fräsen) Mit unterschiedlichen schlagenden Geräten können sowohl der Betonuntergrund als auch der Bewehrungsstahl vorbereitet werden. Für alle Verfahren gilt, dass je nach Leistung der Geräte Schädigungen des Betongefüges auftreten können, die sich als zur Betonoberfläche waagerechte oder senkrechte Risse erkennen lassen und die durch Ermitteln der Oberflächenzugfestigkeit im Abreißversuch ermittelt werden. Daher sollte im zweiten Arbeitsschritt gelockerte Betonsubstanz durch untergrundschonende Strahlverfahren, z.B. Stahlkugelstrahlen, entfernt werden. Außerdem ist der Arbeitsfortschritt der handbedienten Geräte meist im Vergleich zu Strahlverfahren gering, so dass diese eher auf kleinen Flächen zum Einsatz gelangen, wenn Geräte mit höherer Flächenleistung nicht wirtschaftlich eingesetzt werden können.
252
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Abb. 13.17: Fräsen einer Betonbodenfläche
a) Stockhämmer, von Hand, pneumatisch oder elektrisch betrieben, dienen dazu, Verunreinigungen der Oberflächen, anhaftende Schichten, wie z.B. Zementschlämme, Anreicherungen von Feinmörtel, Schmutz- und Sinterkrusten zu entfernen. b) Pneumatisch oder elektrisch angetriebene Nadelpistolen dienen dazu, oberflächennah liegende Bewehrungsstäbe freizulegen, kleinflächige Schadstellen vorzubereiten und Korrosionsprodukte auf der Bewehrung zu entfernen. Nadelpistolen reinigen Beton ähnlich, wie Stockhämmer. c) Mit Handfräsen mit rotierenden Fräsköpfen aus Hartmetall können Boden-, Wand- und Deckenflächen analog den zuvor beschriebenen Verfahren vorbereitet werden. Zum Schutz des Bedienpersonals können die Geräte mit einer Absaugung betrieben werden, um den Frässchutt weitgehend staubfrei abzuführen. Bei großen waagerechten oder gering geneigten Flächen stehen Fräsmaschinen zur Verfügung, die den vorzubereitenden Untergrund in definierter Schichtdicke abtragen können, wobei höchstens 5 mm der obersten Betonzone je Arbeitsgang entfernt werden sollten (Abb. 13.17).
13.3.4 Bürsten Bei kleinen Flächen können weiche bzw. mürbe oder nicht fest haftende Verunreinigungen oder betoneigende Schichten durch Drahtbürsten von Hand entfernt werden. Eine etwas größere Flächenleistung kann durch maschinengetriebene rotierende Topfdrahtbürsten erzielt werden. Obwohl in der DVSRichtlinie 0302 empfohlen, sind Strahlverfahren dem Bürsten mit rotierenden Topfdrahtbürsten als Nachbearbeitungsverfahren flammgestrahlter Oberflächen vorzuziehen.
13.3 Verfahren zum Vorbereiten der Betonfläche
253
Abb. 13.18: Schleifen der Oberfläche eines Betonbodens
13.3.5 Schleifen Schleifen mit Schleifgeräten (Abb. 13.18), wie Tellerschleifmaschinen, ist ausschließlich örtlich auf kleineren waagerechten und ebenen Flächen (Böden) ohne Grate oder andere Erhöhungen sinnvoll. Um eine Belastung von Personen und Umwelt durch Feinstaub zu vermeiden, sollten Schleifmaschinen nicht ohne Absaugvorrichtung betrieben werden. Vor dem Beginn der Beschichtungsarbeiten ist der Untergrund in der Regel zusätzlich zu entstauben.
13.3.6 Druckluftstrahlen Gebräuchliche Verfahren zum Vorbereiten von Betonuntergründen sind Druckluftstrahlen mit trockenem oder feuchtem Strahlmittel. Das Strahlmittel wird dabei pneumatisch zur Strahldüse gefördert und infolge des Luftdruckes und der damit verbundenen Beschleunigung mit hoher Energie auf die Oberfläche des vorzubereitenden Bauteils geschleudert. Der zum Erzeugen der Druckluft dienende Kompressor ist mit einem Ölabscheider zu versehen, um die später zu beschichtende Oberfläche ölfrei zu belassen. Ziel der Verfahren ist einerseits, den Untergrund aufzurauen. Außerdem soll eventuell vorhandene Zementhaut, die als spröde Trennschicht den Ver-
254
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Abb. 13.19: Geöffnete Poren nach dem Strahlen der Betonoberfläche
bund zwischen Untergrund und Oberflächenschutzsystem stören kann, entfernt werden. Poren und Lunker sind im Zuge des Vorbereitens zu öffnen, um Fehlstellen in der Beschichtung infolge expandierender Luft aus dem Untergrund zu vermeiden (Abb. 13.19). 13.3.6.1 Druckluftstrahlen mit trockenen Strahlmitteln Aufgrund der intensiven Reinigungswirkung war das bauteilschonende Druckluftstrahlen mit trockenen Strahlmitteln das vorwiegend eingesetzte Strahlverfahren. Als Strahlmittel werden häufig Schmelzkammerschlacke, Korund und Siliziumcarbid, in bestimmten Fällen auch Stahlgranulat eingesetzt. Früher als Strahlmittel verwendeter Quarzsand – daher der heute für dieses Vorbereitungsverfahren fälschlicherweise noch häufig verwendete Begriff „Sandstrahlen“ – ist aufgrund der Silikosegefahr für das Strahlen von Stahl nicht zulässig und wird für Beton i.d.R. nicht mehr eingesetzt. Aufgrund der hohen Staubentwicklung und der damit verbundenen Umweltbelastung sind meist umfangreiche Schutzmaßnahmen, z.B. Einhausen, erforderlich. Das ausführende Personal ist durch Masken mit Frischluftzufuhr sowie Schutzkleidung zu schützen. 13.3.6.2 Druckluftstrahlen mit feuchten Strahlmitteln Das auch als Feuchtstrahlen oder Nebelstrahlen bezeichnete Verfahren (Abb. 13.20 und Abb. 13.21) wurde entwickelt, um lungengängigen Feinststaub zu binden und dadurch die Silikosegefahr zu verringern. Dies wird erreicht, in-
13.3 Verfahren zum Vorbereiten der Betonfläche
255
Abb. 13.20: Strahlanlage zum Vorbereiten der Oberfläche durch Druckluftstrahlen mit feuchten Strahlmitteln
a
b
Abb. 13.21: Strahlen der Betonoberfläche im Druckluftstrahlverfahren mit abrasivem Strahlmittel und Wasser: a) Gerät, b) Handlanze
dem dem Strahlmittel-Luftgemisch geringe Mengen Wasser in Form von Tropfen (Nebel) zugegeben wird. Die Strahlwirkung entspricht der des Verfahrens mit trockenen Strahlmitteln. Wassergebundener Feinststaub, der sich als Schlamm auf den Bauteiloberflächen abgelagert hat, wird im zweiten Arbeitsgang durch Strahlen mit Wasser entfernt. 13.3.6.3 Vakuumstrahlen Um Strahlstaub zu vermeiden, wurden Verfahren entwickelt, bei denen der Strahlschutt an der Strahldüse mit einer Saugdüse oder einer ringförmig um die Strahldüse angebrachten Saugeinrichtung abgesaugt wird. Aufgrund des komplizierten Handlings ist die flächenbezogene Leistung der Vakuumstrahl-
256
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
verfahren wesentlich niedriger als bei Einsatz der zuvor beschriebenen Druckluftstrahlverfahren. Der Begriff Vakuumstrahlen ist nur bedingt zutreffend, da infolge der Saugdüsen lediglich ein Unterdruck im Strahlkopf entsteht. Das Verfahren wird ebenfalls als Saugkopfverfahren bezeichnet. 13.3.6.4 (Hoch-)Druckwasserstrahlen Aufgrund des nicht entstehenden Staubes und aus weiteren Gründen werden seit ca. 20 Jahren zunehmend Druckwasser-Strahlverfahren – Hochdruckbzw. Höchstdruckwasser-Strahlverfahren (HDWS-Verfahren) – zum Vorbereiten von Betonuntergründen eingesetzt. Unterschiedlichen Aufgaben, wie z.B. Reinigen, Aufrauen, Abtragen, Bohren und Schneiden, können durch entsprechende Wahl der Systemparameter Druck und Düsendurchmesser sowie durch Variation der betrieblichen Einflussgrößen, wie z.B. der Vorschubgeschwindigkeit, gelöst werden. Die Verfahren eignen sich zum Reinigen der Oberfläche, zum Entfernen von Zementschlämme und minderfesten Schichten (Abb. 13.22) bis zum örtlichen oder flächigen Abtragen von Betonsubstanz beliebiger Dicke. Die einzelnen Verfahren unterscheiden sich vor allem hinsichtlich des Wasserdrucks, der Wassermenge (Volumenstrom), der Düsenform und -führung. Das Abtragsverhalten wird bestimmt durch Strahl- und betriebliche Einflussgrößen, wie Volumenstrom, Strahlbewegung, Strahlabstand und Vorschubgeschwindigkeit, sowie materialspezifische Einflussgrößen, wie z.B. Druck- und Zugfestigkeit, Zuschlagsart und Korngröße, Bruchwiderstand und weitere hier nicht näher genannte Faktoren. Die Zusammenhänge zwischen Prozessparametern (System- und Materialparameter) und Abtragsergebnissen wurden intensiv von KAUW untersucht. Die Auswertung zahlreicher
a
Abb. 13.22: Strahlen der Betonoberfläche mit Handlanze im Hochdruckwasserstrahlverfahren in einem Kühlbauwerk a) Strahlvorgang, b) vorbereitete Oberfläche
b
13.3 Verfahren zum Vorbereiten der Betonfläche
257
Versuche zeigt, dass Systemparameter einen wesentlich höheren Einfluss auf das Ergebnis ausüben als Materialparameter. Vor allem die nicht an Strahlgeräten einstellbare Größe „Strahlleistung“ stellt nach den Untersuchungen den prägnantesten Einflussparameter dar. Die Strahlleistung ist das Produkt aus dem Druck und dem tatsächlichen Volumenstrom: P = p1 · Q
(13.1)
mit: P p1 Q
kW Strahlleistung MPa Wasserdruck vor der Düse dm3/s Volumenstrom
Bevor das Wasser die Strahldüse verlässt, hat es einen hohen Druck und eine vergleichsweise geringe Geschwindigkeit. Nach dem Ausströmen aus der Düse weist der Wasserstrahl eine hohe Strömungsgeschwindigkeit auf, der Druck dagegen nimmt bis auf den Umgebungsdruck ab. Daher ist die Bezeichnung Hochdruckwasserstrahlen (HDWS) eigentlich nicht korrekt. Der Volumenstrom errechnet sich nach folgender Gleichung:
冑
Q = a · d2
5 p1 4 r
(13.2)
mit:
a d r
[–] Ausflusszahl [mm] Düsendurchmesser kg/m3 Dichte des Wassers
Die Ausflusszahl variiert je nach eingesetzter Düse zwischen 0,66 und 0,69 [KAUW]. Je nach Verfahren werden 10 MPa bis 300 MPa Wasserdruck erreicht. Tabelle 13.4 führt die unterschiedlichen druckabhängigen Bezeichnungen der Strahlverfahren auf. Betoneigene Schichten, wie z.B. Zementschlämme und
Tab. 13.4: Bezeichnungen der Wasserstrahlverfahren in den verschiedenen Regelwerken Bezeichnung
ZTV ING
Rili SIB
ATV DIN 18349
DIN EN ISO 12944-4
Niederdruckwasserstrahlen Druckwasserstrahlen Hochdruckwasserstrahlen
Keine Differenzierung
– <60 MPa ≥60 MPa
£10 MPa – £80 MPa
– –
>80 MPa –
– – >70 MPa <170 MPa – >170 MPa
Höchstdruckwasserstrahlen Ultrahochdruck-Wasserstrahlen
258 a
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen b
c
Abb. 13.23: Strahlen der Betonoberfläche mit automatischen Strahlwagen im HochdruckWasserstrahlverfahren in einem NaturzugKühlturm a) Außenansicht eines NaturzugKühlturms, b) Strahlvorgang an der Innenseite, c) Vorbereitete Oberfläche
Zementhaut, sind mit einem Wasserdruck über 40 MPa entfernbar. Gering haftende Schichten, z.B. Moose und Flechten, sind mit geringeren Drücken zu entfernen. Mit bis auf 140°C erhitztem Wasser (sogenanntes Dampfstrahlen) ist die Reinigungswirkung vor allem bei öl- und fettverschmutzten Untergründen besser als bei Verwendung von kaltem Wasser. Bei höheren Drücken lässt sich Beton auf horizontalen Untergründen mit Wasserstrahlautomaten erschütterungsfrei – und damit ohne das Betongefüge zu stören oder die Bewehrung zu beschädigen – „hydrodynamisch“ mehrere Zentimeter tief abtragen. Der Einsatz rotierender Strahldüsen bewirkt infolge der auswaschenden Wirkung eine waschbetonähnliche Betonoberfläche, vgl. Abb. 13.22b und Abb. 13.23c. Zuschläge besitzen anschließend keine Rauheit wie beim Strahlen mit festen Strahlmitteln. Um Beton mit dem Wasserstrahl abzutragen, ist ein gewisser Schwelldruck bzw. Grenzdruck (Pumpendruck) erforderlich, der zwischen 25 MPa und 35 MPa liegt [KAUW]. Um mit niedrigerem Wasserdruck zu strahlen bzw. um
13.3 Verfahren zum Vorbereiten der Betonfläche
259
die Wirkung zu erhöhen, besteht bei einigen Druckwasserstrahlverfahren die Möglichkeit, dem Wasser festes Strahlmittel zuzugeben. Durch die abrasive Wirkung des Strahlmittels wird die Rauheit der Oberfläche des Strahlguts (Untergrund), auch der freiliegenden Zuschläge, erhöht. Mit Absaugvorrichtungen und Filteranlagen, die die Druckwasserstrahlsysteme ergänzen, besteht die Möglichkeit, den anfallenden Strahlschlamm und das Wasser ordnungsgemäß zu entsorgen.
13.3.7 Schleuderstrahlen (Kugelstrahlen) Bei diesem Verfahren wird das Strahlmittel durch ein Schleuderrad beschleunigt und mit hoher Geschwindigkeit auf die Oberfläche geschleudert. Meist werden als Strahlmittel Stahlkugeln verwendet, so dass dieses Verfahren auch als Kugelstrahlen bekannt ist. Das besonders bei ebenen Bodenflächen geeignete Verfahren (Abb. 13.24) besitzt den Vorteil, dass durch gleichzeitiges Absaugen des Strahlschuttes Staub nicht in die Umgebung gelangt. Aufgesaugte und noch verwendbare Stahlkugeln werden zurück in den Strahlkreislauf aufgenommen, der Strahlschutt wird entsorgt. Durch unterschiedlich große Stahlkugeln kann die Rautiefe der Oberfläche gezielt gesteuert werden. Mit vergleichsweise kleinen Geräten können vertikale Flächen gestrahlt werden. Diese sind zum einfacheren Handling aufgehängt. Wie bei Geräten für horizontale Flächen muss auch hier der Untergrund relativ eben sein, da bei Vertiefungen die Strahlwirkung nicht ausreicht und an diesen Stellen Strahlmittel seitlich zwischen Untergrund und Strahlgerät austritt. Daher müssen Ausbruchstellen im Beton mit anderen Methoden vorbereitet werden.
13.3.8 Flammstrahlen Das Verfahren des Flammstrahlens besteht aus zwei verschiedenen Arbeitsgängen:
Abb. 13.24: Vorbereiten von Bodenflächen durch Schleuderstrahlen
260
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
a) das thermische Behandeln der Betonoberfläche mit geeigneten Flammstrahlbrennern zum Lockern und Abtragen der Oberfläche (Abb. 13.25a), b) das Entfernen der durch die Flamme verursachten Reaktionsprodukte und der gelockerten bzw. in der Festigkeit geminderten Teile (Abb. 13.25c). Beim Flammstrahlen werden fahrbare Maschinenbrenner bis zu einer Breite von 75 cm und Handbrenner mit einer maximalen Breite von 50 cm eingesetzt. Durch Verbrennen von Gasgemischen wird eine Flamme mit einer maximalen Temperatur im sogenannten Flammkegel von ca. 3200°C bei Verwendung von Acetylen und Sauerstoff erzeugt. [SCHULZ] erläutert die Wirkungsweisen unterschiedlicher Gasgemische beim Flammstrahlen. Infolge der hohen Temperatur an der Betonoberfläche treten Umwandlung der Kristalle und Schmelzen der Gesteinsteile auf, was infolge der dabei auftretenden Spannungen zum Sprengen (Spratzen) des Quarzes und dessen anschließendes glasartiges Erstarren führt. Dadurch wird ein „Abspratzen“ einer 1 mm bis 4 mm dicken Betonschicht bewirkt. Im anschließend erforderlichen Arbeitsschritt werden gelockerte Betonteile, verbrannte und geschmolzene Ablagerungen durch mechanisches Bearbeiten, z.B. mit der rotierenden Topfdrahtbürste (vgl. DVS-Richtlinie 0302 und DIN 32539) besser jedoch durch Druckluftstrahlen mit trockenem Strahlmittel
a
c
b
Abb. 13.25: Flammstrahlen von Betonoberflächen: a) Handbrenner, b) gestrahlte Oberfläche und c) Nachbereiten durch Abbürsten der gestrahlte Oberfläche
13.3 Verfahren zum Vorbereiten der Betonfläche
261
oder Schleuderstrahlen, entfernt. Nach dem Abkehren lose aufliegender Rückstände empfiehlt sich, verbleibenden Staub durch Absaugen zu entfernen. Durch Flammstrahlen vorbereitete Betonflächen können im oberflächennahen Bereich Gefügestörungen aufweisen. Dies kann zu geringerer Oberflächenzugfestigkeit führen. Daher ist ratsam, die Oberfläche durch Auftragen einer niedrigviskosen Grundierung, z.B. eines zweikomponentigen Epoxidharzes, zu verfestigen. Dabei werden oberflächennahe Risse überwiegend verfüllt, die Oberflächenzugfestigkeit wird erhöht und der Verbund einer anschließend applizierten Beschichtung wird deutlich verbessert. In tieferen Betonzonen sind bei ordnungsgemäßem Anwenden des Verfahrens keine Gefügeschäden zu erwarten, da eine rasche Temperaturabnahme senkrecht zur Betonoberfläche vorliegt. Z.B. bei einer Vorschubgeschwindigkeit von mehr als 1 m/min beträgt die Temperatur 10 mm unter der Betonoberfläche ca. 80°C und in 1,5 cm lediglich 64°C. Freiliegender Bewehrungsstahl darf nicht durch Flammstrahlen vorbereitet werden, da aufgrund der hohen Temperatur Schäden nicht auszuschließen sind. Auch dürfen keine magnesitgebundenen Estriche durch Flammstrahlen vorbereitet werden, da diese Magnesiumchloride enthalten, die bei Erwärmung in großer Menge frei werden und bei Kontakt mit in der Umgebung vorhandenen Stahlteilen Korrosionserscheinungen bzw. Korrosionsschäden verursachen. Der Chloridgehalt salzbelasteter Bauteile kann durch Flammstrahlen reduziert werden [SCHRÖDER]. Vor allem auf Böden, die organische Verunreinigungen aufweisen, z.B. in der Nahrungsmittelindustrie, wird diese Vorbereitungsmethode häufig anderen vorgezogen, da z.B. in der oberflächennahen Betonzone vorliegende Öle und Fette infolge der hohen Temperatur verbrennen. Beim Entfernen alter Beschichtungen ist darauf zu achten, dass bei der Verbrennung aggressive bzw. gesundheitsschädliche Rauche entstehen können. Vor dem thermischen Entfernen solcher Beschichtungen muss daher bekannt sein, woraus diese zusammengesetzt sind, um entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen zu können.
13.3.9 Entstauben (Kehren/Abblasen/Absaugen) Vor dem Auftragen des Oberflächenschutzsystems müssen Betonflächen entstaubt werden, um trennend wirkende Schichten zu vermeiden und eine optimale Benetzung des tragfähigen Untergrundes zu bewirken. Entstauben wird mittels Besen, Druckluftgeräten oder Staubsaugern durchgeführt. Um zu vermeiden, dass Strahlschutt oder andere Partikel frisch beschichtete Flächen verunreinigen, sind gegebenenfalls Gerüste ebenfalls zu entstauben. a) Das Entstauben mit einem weichborstigem Besen ist vor allem an Untersichten oder vertikalen Flächen durchführbar. Zu vermeiden ist, dass sich Staub auf bereits entstaubte Flächen erneut absetzt. Insbesondere Ecken und Kehlen sind sorgfältig von Staub zu befreien.
262
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
b) Für das Abblasen mit Druckluft gilt das zuvor Gesagte sinngemäß. Da infolge des Luftstrahls Staub besonders stark aufwirbeln kann, ist sorgfältig auf zuvor gereinigte Flächen zu achten. c) Absaugen mit Industriestaubsaugern ist besonders an horizontalen oder gering geneigten Flächen geeignet. Da beim Absaugen der Staub aufgefangen wird, ist dieses Verfahren aus technischen Gründen und unter Berücksichtigung von Umweltaspekten den vorhergehend genannten grundsätzlich vorzuziehen.
13.3.10 Trocknen Während des Vorbereitens, z.B. durch Wasserstrahlen, durchfeuchtete Untergründe sind zu trocknen, wenn nachfolgende Arbeitsgänge dies erfordern. Durch Einblasen warmer, ölfreier Luft in Verbindung mit intervallartigem kurzzeitigem Lüften sind Innenraumflächen gut zu trocknen. Für kleine Flächen können auch elektrisch oder mit Gas betriebene Strahler sowie andere Heizgeräte zum Einsatz gelangen. Ansammlungen flüssigen Wassers auf horizontalen Flächen sollte vor dem Trocknen mit Industriesaugen entfernt werden.
13.4 Verfahren zum Vorbereiten der Bewehrung und anderer Stahlteile Maßnahmen zum Schützen und Instandsetzen von Stahlbauteilen erfordern meist auch korrosionsschützende Tätigkeiten an Stahlteilen, meist freiliegende oder freigelegte Bewehrungsstähle. An anderen Bauteilen aus Stahl, z.B. Geländer, Stahlstützen oder -träger, Verstärkungslaschen u.a., können jedoch im Rahmen der Arbeiten an Betonflächen bzw. als flankierende Maßnahme auch Korrosionsschutzarbeiten notwendig werden. Daher werden Besonderheiten des Vorbereitens von Stahl aufgeführt. Bei allen Verfahren gilt, dass Bewehrungsstähle durch Auswahl geeigneter Geräte und durch fachgerechtes Anwenden insbesondere bei maschinell angetriebenen Werkzeugen (Nadelpistole, Schleifgerät) vor schädlichen dynamischen Kräften zu schützen sind, um den Verbund zwischen Stahl und Beton nicht zu stören. Zu beschichtende Stahloberflächen müssen frei von trennend wirkenden Substanzen sein und gemäß [Rili SIB Teil 3] einen Oberflächenvorbereitungsgrad von Sa 21/2 nach DIN EN ISO 12944-4 aufweisen.
13.4.1 Schlagen (Nadelpistole) Nadelpistolen können eingesetzt werden, um dickere Schichten von Korrosionsprodukten, z.B. sogenannten Blattrost, an der der Betonoberfläche zuge-
13.4 Verfahren zum Vorbereiten der Bewehrung und anderer Stahlteile
263
wandten Seite des Stahles zu entfernen, jedoch ist der für die Korrosionsschutzbeschichtung erforderliche Vorbereitungsgrad nicht erreichbar. Daher muss im nachfolgenden Arbeitsgang ein Strahlverfahren angewendet werden.
13.4.2 Schleifen An ebenen Stahlflächen ist durch Schleifen mit rotierenden Scheiben ein u.U. akzeptabeler Oberflächenvorbereitungsgrad zu erzielen. Für freiliegende Bewehrung sind geeignetere Verfahren einzusetzen, da gerippte Stähle nicht vollflächig vorbereitet werden können und die Rückseiten der Stähle nicht zu erreichen sind.
13.4.3 Druckluftstrahlen 13.4.3.1 Druckluftstrahlen mit trockenen Strahlmitteln Freigelegte Bewehrungsstähle werden fast ausschließlich durch Druckluftstrahlen mit trockenem oder feuchtem Strahlmittel vorbereitet, da dieses Verfahren zum einen optimalen Oberflächenvorbereitungsgrad (Sa 21/2 , (Abb. 13.27) bei zuvor korrodierten Bewehrungsstäben und sogar Sa 3 bei unbewitterten nicht korrodierten Stahlteilen, z.B. Stahllamellen zum Verstärken von Bauteilen) ermöglicht und zum anderen eine hohe Flächenleistung bietet. Als weiterer Vorteil gegenüber dem Vorbereiten mit maschinell angetriebenen Werkzeugen gilt, dass die Rückseiten der Stähle aufgrund des vom Beton der Ausbruchstelle zurückprallenden Strahlmittels (Abb. 13.26) ebenfalls zufriedenstellend vorzubereiten sind. 13.4.3.2 Druckluftstrahlen mit feuchten Strahlmitteln Die Betonoberflächen und die Bewehrungsstähle können im gleichen Arbeitsgang durch Druckluftstrahlen mit feuchtem Strahlmittel vorbereitet werden. Auf den Stählen ist bei ordnungsgemäßem Vorgehen direkt nach dem Strah-
Abb. 13.26: Strahlen der Rückseiten der Bewehrungsstähle infolge Rückprallwirkung
264
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Abb. 13.27: Durch Druckluftstrahlen mit festem trockenem Strahlmittel vorbereitete Bewehrungsstäbe im Bereich eines Betonausbruchs
len der Oberflächenvorbereitungsgrad Sa 21/2 zu erreichen. Aufgrund des vorhandenen Wasserfilms auf der Stahloberfläche bildet sich nach kurzer Zeit die Korrosionsschutzwirkung in der Regel nicht beeinträchtigender Flugrost. Da dieser oft von Schadstoff-belastetem und den Korrosionsschutz eventuell gefährdendem Altrost schwer zu unterscheiden ist, fordern die einschlägigen Regelwerke ein anschließendes Strahlen der Bewehrungsstähle mit trockenem Strahlmittel. 13.4.3.3 Vakuumstrahlen Durch Vakuumstrahlen (vgl. Abschnitt 13.3.6.3) ist der Oberflächenvorbereitungsgrad Sa 21/2 zu erzielen. Da die Rückprallwirkung jedoch vergleichsweise gering ist, ist das Vorbereiten der rückseitigen Stahlflächen eingeschränkt bzw. nicht durchführbar.
13.4.4 Druckwasserstrahlen Der mit Druckwasserstrahlen maximal zu erreichende Oberflächenvorbereitungsgrad ist gemäß Rili SIB mit St 2 zu vergleichen. Mit hohem Druck (über 100 MPa) gestrahlte Bewehrungsstähle können jedoch Oberflächen vergleichbar mit Sa 2 aufweisen. Sinnvoll ist diese Vorbereitungsmethode vor allem
13.5 Prüfmethoden
265
dann, wenn Beton hydrodynamisch abzutragen ist und beabsichtigt ist, die nach DIN 1045 geforderte Betondeckung wieder herzustellen, d.h. keine Korrosionsschutzbeschichtung aufgetragen wird. Falls Bewehrungsstähle mit einer Korrosionsschutzbeschichtung versehen werden, ist nach dem Druckwasserstrahlen ein anschließendes Strahlen der Bewehrungsstähle mit trockenem Strahlmittel bis zum Oberflächenvorbereitungsgrad Sa 21/2 erforderlich. Bei chloridinduzierter Korrosion ist gemäß Rili SIB mit Hochdruckwasserstrahlen vorzubereiten, um Chloride aus Korrosionsnarben herauszuspülen. Mit anderen Verfahren können anschließend die geforderten Oberflächenvorbereitungsgrade erzielt werden.
13.4.5 Schleuderstrahlen Der durch Schleuderstrahlen zu erzielende Oberflächenvorbereitungsgrad ist dem des Druckluftstrahlens mit trockenen Strahlmitteln gleichwertig. Da das Verfahren jedoch ausschließlich auf ebenen Stahlflächen, die mindestens die Breite des eingesetzten Schleuderstrahlgerätes aufweisen, einsetzbar und steht damit zum Vorbereiten von Bewehrung nicht zur Verfügung.
13.4.6 Entstauben Staub auf freigelegten Bewehrungsstählen und Stahlteilen mit geringen Ausmaßen ist in der Regel ausreichend durch Abblasen mit dem Druckluftstrahl zu entfernen. Jedoch sollte sich aufgewirbelter Staub durch geeignete Maßnahmen nicht wieder auf entstaubten Flächen absetzen können.
13.4.7 Trocknen Falls feuchte Oberflächen von Stahlteilen durch die in Abschnitt 13.3.10 geschilderten Maßnahmen getrocknet werden, ist Flugrostbildung zu beachten. Bei Korrosionsschutz der Stähle durch Beschichten sind die Stahlflächen daher anschließend bis zum Oberflächenvorbereitungsgrad Sa 21/2 vorzubereiten.
13.5 Prüfmethoden Die angewandte Vorbereitungsmethode ist vor dem nächsten Ausführungsschritt durch verschiedene Prüfungen bezüglich der Eignung zu untersuchen. Unter Berücksichtigung des Ausgangszustandes, der Anforderungen des anschließend zu applizierenden Schutz- und Instandsetzungssystems als auch dessen Beanspruchung sind geeignete Methoden zu wählen und erforderliche Werte festzulegen.
266
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
13.5.1 Eigenschaften der Betonflächen 13.5.1.1 Ritztiefe (Bewitterungszustand) Durch Ritzen mit einem Messer kann die Härte der Oberfläche qualitativ erfasst werden. Dabei ist eine unbenutzte Klinge eines Messers mit abbrechbaren Klingen (Cutter, Abb. 13.28) zu verwenden und möglichst gleichmäßiger Druck beim Schneiden auszuüben, um Vergleiche zwischen unterschiedlichen Messorten zu gestatten. Die Tiefe des Ritzes ermöglicht qualitative Aussagen über den Bewitterungszustand der Betonoberfläche, deren Härte und Eignung als Untergrund für Beschichtungen sowie über die Art des eventuell erforderlichen Vorbereitungsverfahrens. Durch Umwelt- oder Nutzungseinflüsse abgewitterte Oberflächen neigen zum Mehlen bzw. Sanden durch Zersetzen des Bindemittels (Zementstein). Dies ist durch Abwischen mit der Hand festzustellen. Mehlende Oberflächen lassen dabei einen weiß-grauen Belag (zersetztes Bindemittel) auf der Handfläche zurück, bei sandenden Oberflächen lösen sich Feinstzuschläge aus dem Betongefüge. 13.5.1.2 Druckfestigkeit Um die Druckfestigkeit des Betons zu ermitteln, sind 2 unterschiedliche Verfahren nach DIN 1048 üblich. Zerstörend kann die Eigenschaft an dem Bauteil entnommenen Bohrkernen mit einem Durchmesser von 100 mm ermittelt werden. Mit dem sogenannten Rückprallhammer (Schmidt’scher Hammer, Abb. 13.29) wird die Druckfestigkeit zerstörungsfrei bestimmt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Norm dieses Verfahren für den vorgesehenen Zweck ausschließlich bis
Abb. 13.28: Ermitteln der Ritztiefe
13.5 Prüfmethoden
267
zu einem Betonalter von 90 Tagen zulässt, da bei älterem Beton infolge der carbonatisierten Randzone oft höhere Werte als im Inneren des Bauteils ermittelt werden. Um geeignete Instandsetzungsmaßnahmen festzulegen, ist jedoch nicht die z.B. für statische Berechnungen relevante Kerndruckfestigkeit des Bauteils ausschlaggebend, sondern die Festigkeit der oberflächennahen Betonzone. Diese wird bei alten Betonbauteilen mit Hilfe des Rückprallhammers ermittelt. Die genannte Prüfmethode liefert bei einer Vielzahl hinreichend genauer Messwerte ein repräsentatives Ergebnis. Außerdem wird ausschließlich bei diesem Messverfahren die für eventuell durchzuführende Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen relevante oberflächennahe Zone des Betons erfasst. 13.5.1.3 Carbonatisierungstiefe An den Messstellen wird der Beton lokal kraterförmig aufgeschlagen. Die Bruchflächen werden direkt nach dem Öffnen und Entfernen von Feinstaub mit einer Indikatorlösung, z.B. einer wasserverdünnten äthanolischen Phenolphthaleinlösung, beaufschlagt. Die Betonfläche färbt sich rot-violett an den Stellen, an denen der Zementstein des Betons noch alkalisch ist und bleibt dagegen farblos im Bereich der carbonatisierten Zone, vgl. Abb. 13.30. Eine auf Thymolphthalein basierende Indikatorlösung schlägt bei alkalischen Flächen blau-grau um. Die Carbonatisierungstiefe wird mit einer Schieblehre am Rand der verfärbten Zone gemessen. Alternativ zur zuvor beschriebenen Methode kann die Tiefe der carbonatisierten Zone an entnommenen Bohrkernen ermittelt werden. Diese werden zu a
c
b
Abb. 13.29: Einsatz eines Rückprallhammers a) mit Ablesemöglichkeit, b) mit Aufschreibung und c) mit elektronischer Speicherung der Messwerte (Bilder b und c proceq)
268
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Abb. 13.30: Messstelle zur Ermittlung der Tiefe der carbonatisierten Zone
diesem Zweck im Labor gespalten. Anschließend werden die Bruchflächen mit einer Indikatorlösung besprüht. Der hohe Aufwand bei einer relativ kleinen Zahl von Erhebungsstellen sowie der nicht unerhebliche Eingriff in das Bauwerk ist in der Regel nur dann sinnvoll, wenn die Bohrkerne für weitere Untersuchungen im Labor benötigt werden. Aus der ermittelten Carbonatisierungstiefe und dem Alter des Bauteils lässt sich der weitere Carbonatisierungsfortschritt durch Extrapolation abschätzen, vgl. hierzu z.B. [KLOPFER, STARK/WICHT]. 13.5.1.4 Chloridgehalt Der eventuell im Beton enthaltene Chloridanteil wird entweder an dem zu beurteilenden Bauteil aus unterschiedlichen Tiefen entnommenen Bohrmehlproben oder anhand von Bohrkernen im Labor bestimmt. Ausgehend von der Bauteiloberfläche wird der Chloridgehalt abschnittsweise an heiß oder kalt aufgeschlossenen Proben festgestellt. Zum Bestimmen des Chloridgehalts existieren verschiedene Methoden, potentiometrische, photometrische Verfahren (Abb. 13.31) sowie Silbernitrat- und Quantab-Verfahren. Die auf die Betonmasse bezogene Chloridionenkonzentration wird bei Annahme eines bestimmten Zementgehaltes in kg/m2 im Beton bzw. auf die Zementmasse bezogen angegeben. 13.5.1.5 Oberflächenzugfestigkeit Um den Erfolg einer Vorbereitungsmaßnahme beurteilen zu können, wird neben anderen Größen auch die Oberflächenzugfestigkeit nach DIN 1048 ermittelt. Dazu werden Stahlzylinder (Stempel) mit einem Durchmesser von 50 mm mit einem geeigneten Reaktionsharzkleber (z.B. Epoxidharz oder PMMA) auf den vorbereiteten und mit einer Bohrkrone ca. 10 mm tief eingeschnittenen Be-
13.5 Prüfmethoden
269
Abb. 13.31: Photometrische Bestimmung des Chloridgehalts
tonuntergrund geklebt (Abb. 13.32). Dabei ist zu beachten, dass die Bohrnut frei von Kleber bleibt. Mit einem manuell (Abb. 13.32) oder hydraulisch bzw. elektrisch (Abb. 13.33) betriebenen Prüfgerät wird der Stahlstempel bei einer Kraftanstiegsgeschwindigkeit von 100 N/s abgezogen. Die beim Bruch aufgebrachte Kraft bezogen auf die Prüffläche (Fläche des Stempels) wird als Oberflächenzugfestigkeit bezeichnet. Die Werte für Bruchkraft in N beziehungsweise für die Oberflächenzugfestigkeit in N/mm2 können am Prüfgerät abgelesen werden. 13.5.1.6 Wassergehalt In der Regel ist ausschließlich der Randbereich des Betonquerschnitts relevant, um die Beschichtungsfähigkeit zu beurteilen. Die Rili SIB sieht drei unterschiedliche Verfahren zum Bestimmen des Wassergehaltes von Betonuntergründen vor. a) Durch Erwärmen der Oberfläche bzw. einer direkt zuvor hergestellten ca. 2 cm tiefen Ausbruchstelle wird der Feuchtegehalt qualitativ geprüft. Im Sinne der Richtlinie gilt der Betonuntergrund als „trocken“, wenn die Bruchfläche infolge Austrocknens nicht augenscheinlich heller wird. In
Abb. 13.32: Auf den Untergrund geklebter Stahlstempel in Vorbereitung für den Stempelabreißversuch (Kleber noch nicht aus der Bohrnut entfernt)
270
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Abb. 13.33: Abreißgerät zum Prüfen der Oberflächenzugfestigkeit eines vorbereiteten Betonuntergrundes bzw. der Haftzugfestigkeit einer Beschichtung
Zweifelsfällen gilt Beton als trocken, wenn er die Ausgleichsfeuchte für das meist ausschließlich in Innenräumen auftretende Norm-Klima 23°C und 50% rel. Feuchte aufweist. Als „feucht“ wird der Untergrund bezeichnet, wenn die Oberfläche ein mattfeuchtes Aussehen besitzt. Sie darf aber keinen glänzenden Wasserfilm aufweisen. Das Porensystem des Betonuntergrundes darf nicht wassergesättigt sein, d.h. aufgebrachte Wassertropfen müssen eingesogen werden und nach kurzer Zeit muss die Oberfläche wieder matt erscheinen. Der Betonuntergrund wird als „nass“ bezeichnet, wenn die Betonoberfläche glänzend wirkt. Das Porensystem ist in diesem Fall wassergesättigt. Die Betonoberfläche darf jedoch keinen tropfbaren Wasserfilm aufweisen. Die genannten Abschätzungsmethoden müssen jedoch für eine sichere Beurteilung als völlig unzureichend angesehen werden. Daher wird zu einer genaueren Untersuchung durch direkte bzw. indirekte Messverfahren geraten. b) Als baustellengeeignetes Verfahren erfolgt das Bestimmen des Feuchtegehaltes mit der Carbid-Methode (CM). Dem Betonrandbereich entnommene Betonstücke werden unverzüglich in einer Mörserschale zerkleinert, auf einem Maschensieb abgesiebt und gewogen. Die Einwaage wird zusammen mit einer definierten Menge an Calciumcarbid (in Glasampulle) in eine Druckflasche (Abb. 13.34) gegeben. Zusätzlich eingefüllte Stahlkugeln zerstören nach mehrmaligem kräftigem Schütteln der Druckflasche die Glasampulle. Das Vermischen von Prüfgut und Calciumcarbid ermöglicht die chemische Reaktion zwischen dem im Prüfgut vorhandenen Wasser und dem Calciumcarbid, so dass sich Acetylengas bildet. Der entstehende Gasdruck ist abhängig vom Feuchtegehalt der Probe und wird am Manometer der Druckflasche abgelesen. Der dem abgelesenen Druck zuzuordnende Feuchtegehalt ist aus Tabellen zu entnehmen. Messunsicherheiten können bei dem inhomogenen Baustoff Beton auch durch unterschiedliche Anteile an Zuschlägen in den entnommenen Proben entstehen. c) Im Labor wird die Untergrundfeuchte meist durch den Darrversuch ermittelt. Dabei wird die der Betonrandprobe entnommene Probe bei 105°C ge-
13.5 Prüfmethoden
271
Abb. 13.34: Prüfmittel zum Bestimmen der Feuchte einer Baustoffprobe nach der Carbid-Methode (CM) (Foto: form + test)
trocknet und aus dem gravimetrisch ermittelten Masseverlust der Feuchtegehalt berechnet. Die hierbei ermittelten Werte der Baustofffeuchte sind aufgrund der forcierten Trocknung jedoch deutlich höher als die durch die Carbid-Methode oder bei langsamer Trocknung in wasserdampffreier Luft bei Normaltemperatur [KLOPFER] festgestellten. Aufgrund der nicht unkritischen zerstörenden Probenahme, der Unterschiede der Ergebnisse bei der Bestimmung des Wassergehaltes durch Darr- und Carbidmethode und der Nachteile der hier nicht näher erläuterten indirekten Wassergehaltsbestimmung durch Messen der Leitfähigkeit des Baustoffes und der hier nicht näher erläuterten indirekten Wassergehaltsbestimmung durch Messen der Leitfähigkeit des Baustoffes schlägt KLOPFER mit geringen Einschränkungen vor, die vergleichsweise leicht mit geeignetem Messgerät zu ermittelnde relative Luftfeuchte als Kriterium zum Bestimmen des Feuchtezustandes zu verwenden. Da sich langzeitig bei porösen Baustoffen im Inneren (des Porenraums) ein Ausgleichszustand mit der umgebenden Luft einstellt, bei dem die im Porenraum gemessene Luftfeuchte dem langzeitigen Mittelwert der Außenluft entspricht, kann leicht beurteilt werden, ob der Baustoff noch austrocknen wird. 13.5.1.7 Ebenheit Grundsätzlich muss die Ebenheit instand gesetzter Bauteile der vertraglich vereinbarten entsprechen. Dies können z.B. die in DIN 18201 „Toleranzen im Bauwesen – Begriffe, Grundsätze, Anwendung, Prüfung“ und in DIN 18202 „Toleranzen im Hochbau – Bauwerke für einzelne Flächen und Ausführungsarten“ genannten Grenzwerte sein. Die Prüfung erfolgt durch Einzelprüfung, z.B. Stichprobenüberprüfung. DIN 18202 kann lediglich in Fällen eingesetzt werden, bei denen Bauwerksverformungen ausgeschlossen werden können.
272
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
13.5.1.8 Rauheit Die Rauheit von Bodenflächen und schwach geneigten Flächen kann nach dem in Rili SIB beschriebenen Sandflächenverfahren ermittelt werden. Auf Wand- und Deckenflächen ist die Rautiefe ausschließlich qualitativ durch Abtasten mit der Hand oder durch visuelle Musterung abzuschätzen.
13.5.2 Eigenschaften der Bewehrung 3.5.2.1 Geometrische Lage Mit elektro-magnetisch arbeitenden Messgeräten kann die Dicke der Betondeckung der Bewehrungsstähle zerstörungsfrei gemessen werden. Außerdem ist die geometrische Lage ortbar und der Durchmesser der Stähle festzustellen. Mit modernen Geräten (Abb. 13.35) kann eine Schnellprüfung der minimalen Deckung erfolgen, die Bewehrung kann optisch auf einem Display dargestellt und die Daten können gespeichert werden. Die Ergebnisse können in Zahlenwerten oder als Graustufen ausgedruckt, statistisch zusammengefasst und an PC übertragen werden. Mit Dauermagneten kann die Lage und die Betondeckung ausschließlich orientierend ermittelt werden. 13.5.2.2 Korrosion In den meisten Fällen korrodiert die Bewehrung an der der Betonoberfläche zugewandten Seite, jedoch kann Korrosion auch rückseitig auftreten. Bei Korrosion infolge nicht Chlorid-induzierter korrosiver Beanspruchung bis zur Ebene der Bewehrung carbonatisierten Betons liegen meist infolge Volumenerweiterung Abplatzungen der Betondeckung vor. Dabei zeigen sich an der Betonoberfläche häufig Risse parallel zum Verlauf der Bewehrung sowie Rostfahnen. Bei chloridinduzierter Korrosion tritt die Korrosion in der Regel als Lochfraß am Stahl ohne Absprengen der Betondeckung auf. Dadurch sind Schäden an der Bewehrung ohne weiteres oft nicht erkennbar. Auch muss die carbonatisierte Zone nicht zwingend bis zum Stahl vorgedrungen sein, selbst in alkalischem Milieu können Chloride Bewehrungskorrosion auslösen. Korrosion der Bewehrung kann entweder visuell bewertet werden, indem Stähle durch Entfernen der Betondeckung freigelegt werden (zerstörend, Abb. 13.36) oder durch Messung des Potentialfeldes (zerstörungsfrei, Abb. 13.37 und Abb. 13.38). Gemessen wird also der Vorgang des Korrodierens, nicht jedoch der Zustand der Stähle bezüglich Korrosion ermittelt. Korrosion der Bewehrung in carbonatisiertem und/oder chloridhaltigem Beton kann zerstörungsfrei durch Ermitteln von Potentialunterschieden zwischen anodischen und kathodischen Bereichen lokalisiert werden. Die Bewertung der Messergebnisse erfordert eine gewisse Erfahrung, da z.B. Unterschiede der Betonfeuchte bzw. Chloridkonzentration sowie durch Risse im
13.5 Prüfmethoden
273
Abb. 13.35: Bestimmen der Betondeckung der Bewehrungsstähle mit elektro-magnetisch arbeitendem Messgerät
Abb. 13.36: Freigelegter Bewehrungsstahl mit chloridinduzierter Korrosion
274
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Abb. 13.37: Prinzip der Potentialfeldmessung nach MENZEL/PREUSKER
a
b
Abb. 13.38: Prüfen des Korrodierens der Bewehrung durch Potentialfeldmessung mit a) Einzelund b) Radelektrode (Foto: proceq)
Untergrund die Ergebnisse beeinflussen können. Das Messverfahren basiert darauf, dass „aktiv“ korrodierende Stellen der Bewehrung andere elektrochemische Potentiale aufweisen als „passive“, nicht korrodierende Bereiche. Das Potenzialfeld auf der Betonoberfläche wird mit speziellen Bezugselektroden, z.B. Cu/CuSO4- oder Kalomel-Halbzellen, gemessen, indem diese über die angefeuchtete Bauteiloberfläche geführt werden [NÜRNBERGER]. Abbildung 13.37 verdeutlicht das Prinzip der Messung, Abb. 13.38 zeigt die praktische Anwendung. 13.5.2.3 Oberflächenvorbereitungsgrad Anhand fotografischer Vergleichsmuster (ISO 8501-1 Supplement) wird der Oberflächenvorbereitungsgrad der Bewehrung visuell bewertet. Oberflächenvorbereitungsgrade sind Tabelle 13.5 zu entnehmen.
13.6 Literatur
275
Tab. 13.5: Vorbereitungsmethoden, Kurzzeichen und Oberflächenvorbereitungsgrad nach DIN EN ISO 12944-4:1998-07 Methode
Strahlen Partielles Strahlen Partielles, maschinelles Schleifen Handmaschinelles Vorbereiten Partielles handmaschinelles Vorbereiten Flammstrahlen Beizen
Vorbereitungsgrad Kennzeichen
Intensität
Sa PSa PMa St PSt
1 — — — —
2 2 — 2 2
21/2 21/2 — — —
3 — — 3 3
Fl Be
— —
— —
— —
— —
13.6 Literatur Aufsätze und Bücher KAUW, V. Optimierung des Einsatzes von Hochdruck-Wasserstrahl-Systemen bei der Betonuntergrundvorbereitung. Aachen: Shaker, 1996 SCHULZ, R.-R.; HEINRICH, P. Neue Erkenntnisse über das Flammstrahlen von Beton. Bautenschutz + Bausanierung 12 (1989), 5, 81–89 SCHRÖDER, M. et. al. Schutz und Instandsetzung von Stahlbeton. Kontakt und Studium, Band 552, ExpertVerlag 1999 MENZEL, K.; PREUSKER, H. Potentialfeldmessung: Eine Methode zur zerstörungsfreien Feststellung von Korrosion an der Bewehrung. Bauingenieur 64 (1989) 181–186 KLOPFER, H. Die Carbonatisierung von Sichtbeton und ihre Bekämpfung. Bautenschutz + Bausanierung, 1 (1978), 86–97 STARK, J.; WICHT, B. Dauerhaftigkeit von Beton. Birkhäuser Verlag, Basel 2000 NÜRNBERGER, U. Korrosion und Korrosionsschutz im Bauwesen. Bauverlag Wiesbaden Band 1 Grundlagen, Betonbau. –1995. ISBN 3-7625-3199-4 KLOPFER, H. Aktuelle Themen der hygrischen Bauphysik. In: Erich Cziesielski (Editor) Bauphysik-Kalender 2005, Ernst & Sohn Verlag, Berlin, erscheint 2005 LITTMANN, K. Versiegelung von jungem Beton mit Epoxidharzen nach TL-BEL-B. Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler, Technische Akademie Esslingen 1999, Band 1, 411–416
276
13 Vorbereitungsverfahren an Beton- und Stahlbetonbauteilen
Regelwerke Der Bundesminister für Verkehr (Herausgeber) Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING). Verkehrsblatt-Verlag, Dortmund 2003 Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (Herausgeber) DAfStb-Richtlinie – Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (InstandsetzungsRichtlinie), Beuth Verlag GmbH, Berlin 2001. (Rili SIB 2001) Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (Herausgeber) Heft 422: Prüfung von Beton, Empfehlung und Hinweise als Ergänzung zu DIN 1048, Ausgabe:1991 DIN 1048-2:1991-06 Prüfverfahren für Beton; Festbeton in Bauwerken und Bauteilen DIN 18201:1997-04 Toleranzen im Bauwesen – Begriffe, Grundsätze, Anwendung, Prüfung DIN 18202:1997-04 Toleranzen im Hochbau – Bauwerke DIN EN ISO 12944-4:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 4: Arten von Oberflächen und Oberflächenvorbereitung ISO 8501-1 Supplement: 1994-12 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Visuelle Beurteilung der Oberflächenreinheit – Teil 1: Rostgrade und Vorbereitungsgrade von unbeschichteten Stahloberflächen nach ganzflächigem Entfernen vorhandener Beschichtungen – Informative Ergänzung zu Teil 1: Repräsentative photographische Beispiele für die Veränderung des Aussehens von Stahl beim Strahlen mit unterschiedlichen Strahlmitteln DVS 0302:1985-07 Flammstrahlen von Beton DIN 32539:1998-07 Flammstrahlen von Stahl- und Betonoberflächen Deutsche Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung (DGZP); DGZP-Ausschuss für zerstörungsfreie Prüfungen im Bauwesen, Unterausschuss Korrosionsnachweis. Merkblatt B3:1990-04 Merkblatt für elektrochemische Potentialmessungen zur Ermittlung von Bewehrungsstahlkorrosion in Stahlbetonbauwerken
14 Aufbringen der Schutz- und Instandsetzungssysteme
14.1 Grundsätzliches Die Wahl des Applikationsverfahrens wird im Wesentlichen von ◆ der Art der zu verarbeitenden Werkstoffe, ◆ der Größe der zusammenhängenden zu beschichtenden Fläche, ◆ der Orientierung der Fläche (horizontal (z.B. Boden), schwach geneigt (z.B. Rampe), vertikal (z.B. Wand), „über Kopf“ (z.B. Deckenuntersicht), ◆ der Zugänglichkeit und weiteren Randbedingungen bestimmt. Die Wirtschaftlichkeit eines Applikationsverfahrens wird durch die jeweiligen Parameter wesentlich beeinflusst.
14.2 Applikationsverfahren Die unterschiedlichen Verfahren des Applizierens von Beschichtungen, d.h. des Beschichtens, auf Betonflächen werden nachfolgend kurz beschrieben. a) Beschichten mit Handverfahren Streichen mit dem Pinsel und Auftragen der Beschichtung mit der Rolle (Walze) stellen neben weiteren Verfahren, z.B. Gummischieber, Spachtel und Zahnleiste, die technisch einfachsten Applikationsverfahren dar. Unterschiedliche Arten von Pinseln und Rollen erlauben, dass die Werkzeuge den unterschiedlichen Randbedingungen (Größe, Geometrie und Lage der zu beschichtenden Fläche, Oberflächenbeschaffenheit des Untergrundes, Art der zu verarbeitenden Beschichtungsstoffe u.a.) angepasst werden können. Im Vergleich zum Streichen kann durch Rollapplikation (Abb. 15.11) eine größere Flächenleistung erzielt werden. Je nach Verlaufseigenschaften der Beschichtungsstoffe können sich unterschiedliche Strukturen der erhärteten Beschichtung ergeben. An Randbereichen zu anderen, nicht zu beschichtenden Bauteilen und z.B. an Kehlen kann ein Vorstreichen mit dem Pinsel sinnvoll sein, um anschließend die übrige Fläche mit der Rolle zu beschichten. Bei großflächigen Beschichtungsmaßnahmen können die Be-
278 a
14 Aufbringen der Schutz- und Instandsetzungssysteme b
Abb. 14.1: Applikationswerkzeuge: a) Pinsel, b) Rollen
schichtungsstoffe mit Pumpen direkt an die Rolle gefördert werden, sodass ständiges Eintauchen in das bereitgestellte Material entfällt. Im Gegensatz zum Beschichten von Stahl (vgl. Abschnitt 18.5.2) besitzt die Rolle als Beschichtungswerkzeug für Betonflächen keine gravierenden Nachteile gegenüber anderen Verfahren. b) Handmaschinelles Beschichten Druckluft- und Airless-Spritzen bietet eine deutlich höhere Flächenleistung als händische Verfahren. Besonderheiten der Verfahren werden ausführlich in Abschnitt 18.5.2 beschrieben. Airless-Spritzen eignet sich besonders, wenn bei vergleichsweiser großer Flächenleistung eine gleichmäßige Schichtdickenverteilung von Bedeutung ist. c) Maschinelles Beschichten Um große begeh- und befahrbare Betonflächen wirtschaftlich und qualitativ hochwertig beschichten zu können, sind seit Anfang der 90er-Jahre Einbaufertiger im Einsatz. Die Geräte der verschiedenen Hersteller setzen sich im Wesentlichen aus drei Modulen zusammen: ◆ Grundrahmen mit Antriebseinheit (Gas- oder Benzinmotor) ◆ Vorratsbehälter für die zu verlegenden Werkstoffe ◆ Applikationswerkzeuge.
14.2 Applikationsverfahren
279
Abb. 14.3: Auftragen einer reaktionsharzgebundenen Bodenbeschichtung mit Spachtel
Abb. 14.2: Auftragen einer Grundierung durch Rollen
Abb. 14.5: Auftragen einer Behälterbeschichtung durch Airless-Spritzen
Abb. 14.4: Spachtel mit Zahnleiste
280
14 Aufbringen der Schutz- und Instandsetzungssysteme
Die wichtigsten technischen Daten der Einbaufertiger lauten: ◆ Arbeitsbreite: ca. 2 m ◆ Fahrgeschwindigkeit: bis 25 m/min (abhängig von der Art und Menge des zu verlegenden Werkstoffs) ◆ Neigung der zu beschichtenden Fläche: max. 5% Als Applikationswerkzeuge dienen ◆ Gummilippen, ◆ Zahnleiste, ◆ Rollen, ◆ Bürsten. Diese werden je nach zu verarbeitenden Werkstoffen des Beschichtungsaufbaus und weiteren Bedingungen zu je einer vorderen und hinteren Werkzeuggruppe zusammengefasst. Der Anpressdruck der Werkzeuge und deren Flexibilität dienen dazu, in Abhängigkeit von den Eigenschaften der zu verarbeitenden Werkstoffe Unebenheit des Untergrundes auszugleichen. Die vorgemischte und in den Vorratsbehälter gefüllten Beschichtungsstoffe fließen über Leitungen und Ventile vor dem fahrenden Fertiger auf den Untergrund und werden vom vorderen Applikationswerkzeug, entsprechend einem erstem Arbeitsgang verteilt. Die Antriebsräder rollen durch die frische Beschichtung, die im nächsten Arbeitsgang von den Werkzeugen der hinteren Gruppe erneut verteilt und bis zur vorgesehenen Schichtdicke ausgezogen wird. Alle Werkstoffe mit selbstverlaufenden Eigenschaften sind geeignet. Dazu zählen Grundierungen, Zwischenbeschichtungen, Deckbeschichtungen, Verlaufmörtel. Die maximal zu erzielende Schichtdicke je Schicht beträgt ca. 5 mm. Mörtel, die durch Rütteln oder Reiben zu verdichten sind, können nicht mit Einbaufertigern verlegt werden. Einbaufertiger werden von einer Person gesteuert. Weiteres Personal ist jedoch erforderlich, um Arbeitsunterbrechungen der Maschine zu vermeiden. Hierzu zählen Zu-, Neben- und Nacharbeiten, wie ◆ Sicherstellen der Versorgung des Fertigers mit dem erforderlichen angemischten Beschichtungsstoff, ◆ vorheriges manuelles Beschichten im Bereich von Stützen und anderen die Fläche unterbrechenden Bauteilen und Einbauten sowie an Wendekurven der Maschine oder an Rändern der Fläche, ◆ Entlüftet der Verlaufbeschichtungen von Hand mit der Stachelwalze, ◆ Einstreuen von Abstreumittel bei Herstellung von rauen Oberflächen sowie ◆ Entfernen überschüssigen Abstreumittels. Aufgrund der zusätzlich erforderlichen Tätigkeiten benötigt der Einsatz eines Einbaufertigers eine Kolonne von mindestens 7 Personen.
14.3 Einfluss des Applikationsverfahren auf die Eigenschaften der Beschichtung
281
Aufgrund der kurzfristig bereitzustellenden Materialmengen sind leistungsfähige Mischer oder automatische Dosier- und Mischstationen erforderlich. Obwohl gewisse Vorteile bei günstigen Bedingungen vorliegen, hat sich das maschinelle Beschichten aufgrund der aufwändigen Technik sowie des trotz Maschineneinsatzes hohen Personalaufwandes nur in begrenztem Umfang durchgesetzt.
14.3 Einfluss des Applikationsverfahrens auf die Eigenschaften der Beschichtung Das Applikationsverfahren bestimmt neben rheologischen Eigenschaften (u.a. Verlaufseigenschaften des flüssigen Werkstoffs) auch entscheidend die visuellen und technologischen Qualitätsmerkmale einer beschichteten Oberfläche. So unterscheidet sich die Oberflächenstruktur einer mit dem Pinsel aufgetragenen von einer mit der Rolle oder dem Airless-Gerät applizierten Beschichtung z.T. deutlich: Applikation mit Pinsel: Pinselfurchen, Rolle: Orangenschaleneffekt, Airless-Gerät: Gleichmäßig ebene Oberfläche. Die Schichtdicken von Beschichtungsaufbauten beeinflussen wesentliche technische Merkmale von Beschichtungen, vgl. Kapitel 10: ◆ Witterungsbeständigkeit, ◆ Diffusionswiderstand gegen Kohlenstoffdioxid, ◆ Diffusionswiderstand gegen Wasserdampf, ◆ Fähigkeit der Rissüberbrückung, ◆ Widerstand gegen mechanische Einwirkung (Verschleiß), ◆ Widerstand gegen Einwirkung von Chemikalien. Daher ist eine genaue Betrachtung der Schichtdickenverteilungen sinnvoll. ENGELFRIED schlägt daher klare, die statistischen Gegebenheiten berücksichtigende Definition von Grenzwerten vor, da in den gegenwärtig geltenden Regelwerken wesentliche Defizite bestehen. Eine Betrachtung der Schichtdicke ohne Auswertung gemäß statistischen Gesetzen ist aus wissenschaftlicher Sicht unzulässig. Hersteller der Beschichtungsstoffe geben in den Technischen Merkblättern als Maß für die erforderliche Schichtdicke meist die nicht näher definierte „Schichtdicke“ und manchmal auch lediglich die die Schichtdicke beeinflussende „Verbrauchsmenge“ des flüssigen Beschichtungsstoffes an. Diese wenig genauen Angaben sind i.d.R. ebenfalls in Leistungsbeschreibungen der Auftraggeber genannt.
282
14 Aufbringen der Schutz- und Instandsetzungssysteme
14.3.1 Forderungen aus Regelwerken Begriffe, wie z.B. Sollschichtdicke, werden in den einschlägigen Regelwerken unterschiedlich definiert. Für die Praxis werden wenig hilfreiche Vorgaben für die Bemessung und Überprüfung der Schichtdicken gegeben. Die Richtlinie SIB des DAfStB (Rili SIB) bezeichnet die „für die Praxis relevante“ Sollschichtdicke als um einen von der Rautiefe des Untergrundes abhängigen Zuschlag erhöhte Mindestschichtdicke: ds = dmin + dz ds Sollschichtdicke dmin Mindestschichtdicke dz Schichtdickenzuschlag. Die Anzahl der durch das ausführende Unternehmen zu erhebenden Stichprobenmessungen wird in diesem Regelwerk lediglich mit „als ausreichend häufig, so dass die Angaben der Ausführung eingehalten werden“ angegeben. Die Maximalschichtdicke dmax wird in der Rili SIB als die Schichtdicke definiert, bei der der geforderte maximale Diffusionswiderstand gegen Wasserdampf nicht überschritten wird. DIN EN ISO 12944-5 Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme regelt die Sollschichtdicke für Korrosionsschutzbeschichtungen. Die auch als NDFT (nominal dry film thickness) bezeichnete Sollschichtdicke wird im erläuternden Text wie folgt definiert: Die … angegebenen Schichtdicken sind Sollschichtdicken. Falls nicht anders vereinbart, sind Einzelwerte der Trockenschichtdicke, die 80% der Sollschichtdicke unterschreiten, nicht zulässig. Einzelwerte zwischen 80% und 100% der Sollschichtdicke sind zulässig, vorausgesetzt, dass der Mittelwert aller Messergebnisse gleich der Sollschichtdicke oder größer ist und keine andere Vereinbarung getroffen wird. Es ist darauf zu achten, dass die Sollschichtdicke erreicht wird. ... Wissenschaftliche Herleitungen für die zuvor genannten Definitionen der Rili SIB und der DIN EN ISO 12944-5 sind nicht erkennbar.
14.3.2 Grundlagen der Statistik für die Bewertung von Schichtdicken Die Dicke eines Oberflächenschutzsystems besitzt entgegen der aus verschiedenen Gründen üblichen Vorstellung eines singulären Ereignisses ausgesprochen pluralen Charakter. ENGELFRIED schlägt daher eine statistischen Gesetzten folgende Definition bestimmter für die beabsichtigten Eigenschaften relevanter Grenzwerte vor, denn aufgrund der Unebenheiten des Untergrundes, der applikationsabhängigen Oberflächenstruktur und weiterer Ursachen (vgl. Abb. 14.9) schwanken die Schichtdicken lokal.
14.3 Einfluss des Applikationsverfahren auf die Eigenschaften der Beschichtung
283
Die Methoden der mathematischen Statistik dienen dazu, aufgrund von Kenntnissen über gewisse Eigenschaften einer Teilmenge von Elementen, die einer gewissen Grundmenge entnommen sind, etwas über die entsprechenden Eigenschaften der Gesamtmenge auszusagen. Die Gesamtmenge wird als Grundgesamtheit bezeichnet. An der Grundgesamtheit ist ein gewisses Merkmal, das zufallsbedingt ist und quantitativer, z.B. die Schichtdicke, oder qualitativer Art (z.B. Typ gut/schlecht) sein kann. Durch eine Zufallsgröße X kann das interessierende Merkmal mathematisch modelliert werden. Ist das Merkmal quantitativ, wie im Fall der Schichtdicke, ist X das Merkmal selbst. Eine zufällige Auswahl von n Elementen aus der Grundgesamtheit nennt man Stichprobenentnahme vom Umfang n. Die Auswahl der einzelnen Elemente erfolgt unabhängig voneinander. Das Ergebnis der Stichprobenentnahme wird als Stichprobe vom Umfang n oder als n-tupel (x1, …, xn) von Merkmalswerten bezeichnet. Man kann viele Stichproben vom Umfang n entnehmen und dabei vom Zufall abhängig verschiedene n-tupel von Merkmalswerten erhalten, ist der Begriff „Stichprobe“ wie folgt abstrakt zu definieren [BRONSTEIN]. In einer Grundgesamtheit habe das interessierende Merkmal X die Verteilung F(x). Ein n-dimensionaler Zufallsvektor (X1, …, Xn), in dem die Xi unabhängig voneinander sind und alle die gleiche Verteilung F(x) haben, nämlich das F(x) der Grundgesamtheit, heißt eine mathematische Stichprobe vom Umfang n. Jede Realisierung (x1, …, xn) von (X1, …, Xn) ist eine konkrete Stichprobe. Um aus einer Stichprobe (x1, …, xn), der so genannten Urliste, aus einer Grundgesamtheit mit dem quantitativen Merkmal X, dessen Verteilung nicht bekannt ist, eine erste Vorstellung von der Verteilung des Merkmals zu erhalten, konstruiert man das so genannte Histogramm. Dazu zerlegt man die reelle Achse in endlich viele aneinander grenzende Intervalle, die Klassen. Anschließend zählt man ab, wie viele Elemente der Stichprobe in den jeweiligen Klassen liegen. Die Anzahlen heißen Klassenhäufigkeiten. Über den Klassen wird ein Rechteck der relativen Klassenhäufigkeiten (Klassenhäufigkeit/Anzahl n der Werte der Stichprobe) gezeichnet. Das dabei entstehende Stufenbild heißt das Histogramm der Stichprobe (vgl. Abb. 14.6). Dem Histogramm der Abb. 14.6 ist eine der Verteilung der Schichtdicken über die Klassen angepasste Kurve, die Verteilungsfunktion, überlagert. Eine Zufallsgröße heißt stetig, wenn sich ihre Verteilungsfunktion wie folgt darstellen lässt: x
F(x) = Ú f(t)dt . –∞
(14.1)
284
14 Aufbringen der Schutz- und Instandsetzungssysteme
Abb. 14.6: Histogramm der Messung von Schichtdicken einer Beschichtung, von der „Glockenkurve“ überlagert
Die Funktion f(x) heißt die Dichte der Verteilung. Eine Zufallsgröße heißt normalverteilt, wenn ihre Dichte folgende Gestalt, die von Karl Friedrich Gauß mathematisch abgeleitete Dichtefunktion der Normalverteilung, besitzt: 1 x–m 1 – · s 冣 f(x) = 01 · e 32 冢9 5 s ÷2p
2
für –∞ < x < +∞
(14.2)
mit m Stelle des Maximums und Symmetriezentrum (Erwartungswert von X) s Streuung, Abstand von m zu den Wendepunkten
m und s sind die Parameter der Verteilung. Die aus dieser Gleichung resultierende „Glockenkurve“, vgl. Abb. 14.7, beschreibt die Wahrscheinlichkeit f(x) der „fehlerhaften“ Ereignisse um das eigentlich vorgegebene „fehlerfreie“ Er-
x¢
x=m
x≤
x
Abb. 14.7: Dichtefunktion der Normalverteilung
14.3 Einfluss des Applikationsverfahren auf die Eigenschaften der Beschichtung
285
eignismerkmal x = m. Die Werte von x¢ = m – a und x¢¢ = m + a haben die gleiche Dichte und somit den gleichen Wert f(x). Gemäß Gleichung (14.2) wird die Gauß’sche Glockenkurve durch die Parameter m und s vollständig charakterisiert. Auch die Verteilung unendlich vieler Schichtdickenwerte (Grundgesamtheit) kann so beschrieben werden. Mittelwert Der Parameter m gibt das Maximum, d.h. die maximale Wahrscheinlichkeitsdichte des Schichtdickenereignisses für die Grundgesamtheit, und gleichzeitig das Zentrum der Glockenkurve an. Bezogen auf eine Stichprobengesamtheit liegt auf der Abszisse an dieser Stelle x = m der arithmetische Mittelwert (oder das empirische Mittel) aller Schichtdickenwerte vor, der wie folgt definiert ist: 1 n x2 = 3 Â xi n i=1
(14.3)
Standardabweichung, Varianz und Variationskoeffizient Die Verteilung um den durch x2 markierten Abszissenwert ist ebenfalls symmetrisch. Den Abstand vom Zentrum der Kurve bis zu deren Wendepunkte gibt s als Abszisse vor. Die jeweiligen Abschnitte auf der x-Achse bezeichnet man für die Grundgesamtheit als Standardabweichung – s und + s (m ± s). Bezogen auf die Gesamtheit der Ereignisse einer Stichprobe wird die Standardabweichung mit ssa (Stichprobenstandardabweichung) bezeichnet. Sie ist praktisch gleich der Wurzel aus der Summe der quadrierten Abweichungen um den Mittelwert:
ssa =
冑
90 n  (xi – x2)2 i=1
(14.4)
991 n–1
Bei kleinem Wert für ssa verläuft die Glockenkurve sehr steil (enge Verteilung der Schichtdickenwerte um den arithmetischen Mittelwert), während ein großer Wert für ssa eine flache Kurve charakterisiert (weite Verteilung der Schichtdickenwerte um den arithmetischen Mittelwert). Mittelwert x2 und Stichprobenstandardabweichung ssa genügen, um jeden Punkt xi auf der Abszisse genau zu beschreiben: xi = x2 ± z · ssa
(14.5)
Dabei wird für z eine positive reelle Zahl eingesetzt, die von der Wahrscheinlichkeit des Schichtdickenereignisses entsprechend der Gauß’schen Glockenkurve abhängt [SACHS]. Die Varianz n 1 ssa2 = 9 Â (xi – x2)2 n – 1 i=1
(14.6)
286
14 Aufbringen der Schutz- und Instandsetzungssysteme
gibt an, wie weit die Werte der Stichprobe streuen. Der Variationskoeffizient ssa n=7 x2
(14.7)
berücksichtigt, dass eine kleine Streuung bei kleinem Mittelwert von gleichem Gewicht ist wie eine große Streuung bei einem großen Mittelwert. Die rechnerischen Betrachtungen können zum Bemessen und Prüfen von Schichtdicken ausschließlich dann angewendet werden, wenn die Verteilung der Zufallsvariablen aus der Stichprobe einer Normalverteilung entspricht. Mit dem so genannten Anpassungstest von Kolmogorow-Smirnow [BRONSTEIN] erfolgt eine wissenschaftlich abgesicherte Verifizierung. Das zweiseitige Signifikanzniveau a = 0,05 wird dabei zugrunde gelegt. Auf eine Normalverteilung kann geschlossen werden, wenn der z.B. mit Hilfe eines Statistikprogrammes ermittelte Testwert > 0,05 ist. Dann entspricht die Stichprobe mit hoher Wahrscheinlichkeit der Normalverteilung.
14.3.3 Definition der Grenzwerte von Schichtdicken nach ENGELFRIED Das Modell der Normalverteilung übertragen auf die beschichtete Fläche eines Bauteils, z.B. aus Beton, bedeutet folgendes. Mit einer definierten Menge eines flüssigen Beschichtungsstoffs ist eine mittlere Schichtdicke entsprechend dem Wert m mit der größten Einzelhäufigkeit zu erzielen. Dies entspricht der so genannten „fehlerfreien“ Schichtdicke, dem Erwartungswert, der unter der Voraussetzung eines völlig ebenen Untergrundes und eines optimalen Verlaufs des Werkstoffs berechnet werden kann (vgl. Gl. 19.1). Um diese Einzelhäufigkeit herum gruppieren sich jedoch tatsächlich unendlich viele „fehlerhafte“, d.h. höhere und niedrigere Schichtdicken, dargestellt in der Verteilungsfunktion (Dichte der Verteilung). Die größte Häufigkeit der „fehlerfreien“ Schichtdicke m und die stetige und symmetrisch in zwei Richtungen verlaufende Abnahme der Häufigkeit der „fehlerhaften“ Schichtdicken stellen die wichtigsten Merkmale dieser Grundgesamtheit dar. Unendlich viele Schichtdicken einer Grundgesamtheit sind messtechnisch nicht erfassbar, da die große Anzahl der Messungen zur Zerstörung der Beschichtung führen. Mit dem Modell der Stichprobengesamtheit dagegen lässt sich eine Teilmenge (konkrete Stichprobe) von angenähert normalverteilten Zufallsgrößen der Gesamtmenge von Elementen (Grundgesamtheit) unter Beachtung statistischer Regeln erheben, die weitgehend mit der Grundgesamtheit korrelieren. Schichtdicken von Beschichtungen können als Positionen bzw. als Grenzwerte auf der x Achse der Normalverteilung unter der Voraussetzung definiert werden, dass sich diese nach der von Gauß beschriebenen Gesetzmäßigkeit
14.3 Einfluss des Applikationsverfahren auf die Eigenschaften der Beschichtung
287
der Normalverteilung anordnen. Der Grenzwert für die Dicke einer Schicht ist zum einen je nach dem zu verfolgenden Ziel zu definieren. Die Normalverteilung der Schichtdicken stellt zum anderen ein nach unten und nach oben offenes Intervall dar. Daraus folgt, dass man mit den Grenzwerten der Schichtdicken quantifizierende Größen festlegt, deren Anschlussbereiche zu größeren und kleineren Werten praktisch zwar endlich, theoretisch jedoch nicht begrenzt sind. Die Mittlere Schichtdicke (smit) Der arithmetische Mittelwert entsprechend Gleichung (14.3) stellt in der Normalverteilung den Scheitelwert und damit das so genannte fehlerfreie Merkmal m aus Abb. 14.7 dar. Die Lage der mittleren Schichtdicke smit innerhalb der Normalverteilung veranschaulicht Abb. 14.8. Weil links und rechts jeweils die gleiche Anzahl an Schichtdickenwerten vorliegt, kann man die mittlere Schichtdicke auch als 50%-Fraktile (s50%) bezeichnen. In der Praxis wird unter der Schichtdicke meistens der arithmetische Mittelwert verstanden. Dieser Wert allein stellt jedoch noch kein eindeutiges Qualitätsmerkmal dar. Qualitativ unterscheiden sich Beschichtungen bei gleichem Mittelwert durch unterschiedliche Streuungen der Einzelschichtdicken: weite (große Standardabweichung) oder enge Streuung (kleine Standardabweichung). Der Variationskoeffizient Vs mit ssa Vs mit = 7 (14.8) smit entspricht dem Verhältnis von Stichprobenstandardabweichung zu mittlerer Schichtdicke mit in der Definition s50% und gibt die Gleichmäßigkeit der Schichtdicken an: Je kleiner Vs mit ist, um so geringer sind die Abweichungen vom arithmetischen Mittelwert.
Abb. 14.8: Definition der Schichtdickengrenzwerte. smit: Mittlere Schichtdicke (50%-Fraktile); smin: Mindestschichtdicke (5%-Fraktile); smax: Maximalschichtdicke (95%-Fraktile); sdiff: für den Diffusionsstrom effektive Schichtdicke
288
14 Aufbringen der Schutz- und Instandsetzungssysteme
Abb. 14.9: Parameterwahl als Einflussgröße für die Gleichmäßigkeit der Verteilung der Schichtdicken (nach ENGELFRIED)
Die Mindestschichtdicke (smin) Um die geforderten Eigenschaften der Beschichtung (vgl. Kapitel 10) einer Betonoberfläche weitgehend sicherstellen zu können, sollte die Beschichtung möglichst an jeder Stelle eine bestimmte Mindestschichtdicke nicht unterschreiten. ENGELFRIED schlägt, da unter Berücksichtigung baupraktischer Gegebenheiten und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine absolute Schichtdickenuntergrenze nicht gefordert werden kann, als Mindestschichtdicke nicht die absolute Untergrenze, sondern die 5%-Fraktile vor. Unter der Annahme, dass sich Schichtdicken nach der Normalverteilung entsprechend Gleichung (14.2) anordnen, ergibt sich als Abszissenabschnitt für diesen Schichtdickengrenzwert s5% oder als smin bezeichnet. Die Mindestschichtdicke ist also nach unten nicht absolut begrenzt. Aus der GAUSS’schen Verteilungsfunktion lässt sich die Beziehung dazu wie folgt herleiten: smin = smit – 1,64 · ssa
(14.9)
Abb. 14.8 zeigt, dass durch diese Definition 5% der Schichtdickenwerte unter dem definierten Mindestwert liegen dürfen und 95% der Schichtdicken größer als smin sein müssen. Für die beabsichtigten Eigenschaften der Beschichtung ist das nach oben offene Intervall vorerst nicht nachteilig. Besonders aus wirtschaftlichen Gründen ist man jedoch bestrebt, die Abweichung nach oben zu begrenzen, da sie das Ergebnis aus technischer Sicht nicht verbessern. Obwohl die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Schichtdicken unter der Grenze der Mindestschichtdicke mit zunehmendem Abstand von smin immer geringer wird, könnte aus praktischen Gründen als nützlich erscheinen, eine absolute Untergrenze, z.B. auf 0,8 smin, festzulegen, wie in der Korrosionsschutznorm für Stahlbauten [DIN EN ISO 12 944-5] verbindlich vorge-
14.3 Einfluss des Applikationsverfahren auf die Eigenschaften der Beschichtung
289
schrieben. Der Denkweise bei einer statistischen Betrachtung entspräche eine derartige Regelung jedoch nicht. Der Abstand sV zwischen smin und smit sV = 1,64 · ssa
(14.10)
wird als Vorhaltemaß bezeichnet, da eine bestimmte Menge des Beschichtungsstoffes „vorgehalten“ (mehr aufgetragen) werden muss, um die geplante Mindestschichtdicke in Abhängigkeit von der mittleren Schichtdicke zu erzielen. Die Maximalschichtdicke (smax) Zu große Schichtdicken können sich neben einem wirtschaftlichen Nachteil auch technisch ungünstig auswirken. Eigenspannungen in der Beschichtung infolge Nachvernetzen, Alteren und anderen Ursachen können den Verbund zum Untergrund unzulässig belasten. Dieses ist durch Festlegen eines oberen Schichtdickengrenzwertes smax zu verhindern. Die Maximalschichtdicke kann spiegelbildlich zur Mindestschichtdicke definiert werden: smax = smit + 1,64 · ssa
(14.11)
Abb. 14.7 zeigt, dass die 95%-Fraktile eine Schichtdickenabweichung von 5% nach oben zulässt. Der Abstand sR zwischen smax und smit sR = 1,64 · ssa
(14.12)
wird als Rückhaltemaß bezeichnet, da zur Begrenzung der Schichtdicke auf smax gegenüber smit eine bestimmte Menge des Werkstoffs zurückgehalten (weniger verbraucht) werden muss. Die für Diffusionsvorgänge effektive Schichtdicke (sdiff) Zu den wesentlichen Eigenschaften von Beschichtungen zum Schutz von Beton zählen der Widerstand bzw. die Durchlässigkeit für Kohlendioxid und Wasserdampf, wie in Kapitel 10 erläutert. Der Diffusionswiderstand sD – auch als diffusionsäquivalente Luftschichtdicke bezeichnet – ist nach Gleichungen (10.1) bzw. (10.2) bei konstanter Diffusionswiderstandszahl m (Materialkenngröße) direkt proportional zur Schichtdicke s. Der Schichtdickengrenzwert einer Schichtdickenverteilung, der den Diffusionswiderstand der Gase CO2 und H2O bestimmt, kann nach ENGELFRIED durch Betrachten des Diffusionsvorgangs an einer Beschichtungsfläche aus den Einzelschichtdicken der Messungen ermittelt werden. Bei einer größere Anzahl an Messwerten si kann man die für den Diffusionsstrom effektive Schichtdicke sdiff als Kehrwert der Summe aller reziproken Dickenwerte errechnen: n (14.13) sdiff = 9 n 1 Â 3 i=1 si
290
14 Aufbringen der Schutz- und Instandsetzungssysteme
Für diese Beziehung gilt immer: sdiff ≤ smit
(14.14)
Der jeweilige Abszissenabschnitt kann in der Definition analog zu smin (5%), smit (50%) und smax (95%) als sdiff (x)-Fraktilwert errechnet werden.
14.3.4 Bewertung der Applikationsverfahren Die die Schichtdicke beeinflussenden Parameter zeigt Abb. 14.9. Zahlreiche Messungen im Feld und an Laborproben ergaben folgende Erkenntnisse [ENGELFRIED]: ◆ Bei ordnungsgemäßer Anwendung kann die gleichmäßigste Schichtdickenverteilung im Vergleich mit den häufigsten Verfahren bei Einsatz des AirlessSpritzens erzielt werden. a
b
Abb. 14.10: Einfluss des Verschleißes einer Zahnleiste auf die Nass-Schichtdicke a) Geometrische Verhältnisse an der Zahnleiste, b) Beispiel für h/b = 4 mm/6 mm
14.4 Literatur
291
◆ Auftragen mit dem Pinsel verringert aufgrund der Pinselfurchen die Gleichmäßigkeit der Schichtdicke. ◆ Die größten Schichtdickenschwankungen treten bei der Rollapplikation auf. Der Flor der Rolle verursacht lang- und kurzwellige Dickenschwankungen, die als Orangenschalen-Effekt bezeichnet werden. Vor allem bei Applikation der häufig eingesetzten strukturviskosen, wässrig formulierten Beschichtungsstoffe wird das vorgegebene Schichtdickenziel oft nicht erreicht. ◆ Bodenflächen werden häufig mit metallenen Zahnleisten beschichtet, die sich während des Gebrauchs abnutzen. Durch den Verschleiß der Spitzen der Zahnleisten können unbemerkt wesentlich geringere Schichtdicken auftreten als gefordert. Dies soll Abb. 14.10 verdeutlichen.
14.4 Literatur ENGELFRIED, R. Über den Einfluss der Schichtdicke und der Alterung auf die Wirksamkeit von Oberflächenschutzsystemen für Betonbauteile. Diss. Universität Dortmund 2000, Shaker Verlag Aachen 2001. SCHRÖDER, M. et al. Schutz- und Instandsetzung von Stahlbeton – Anleitung zur sachkundigen Planung und Ausführung. Renningen-Malmsheim, expert-Verlag 1999. SCHÄPER, M. Eigenschaften von Fertiger-Beschichtungen. Tagungsband Internationales Kolloquium 10.–12. Januar 1995, Industriefußboden 95, Technische Akademie Esslingen, S. 429–435. HELF, C. Ein Fertiger für Beschichtungen. Tagungsband Internationales Kolloquium 10.–12. Januar 1995, Industriefußboden 95, Technische Akademie Esslingen, S. 421–428. SACHS, L. Angewandte Statistik. 4. Auflage 1973, Springer Verlag Berlin BRONSTEIN, I. N.; SEMENDJAJEW, K. A.: Taschenbuch der Mathematik. 23. Auflage 1987, Verlag Harri Deutsch, Thun
Regelwerke Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (Herausgeber) DAfStb-Richtlinie – Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (InstandsetzungsRichtlinie), Beuth Verlag GmbH, Berlin 2001. (Rili SIB 2001) DIN EN ISO 12944-5:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 5: Beschichtungssysteme
15 Betoninstandsetzungssysteme
15.1 Grundsätzliches Die tragende Wirkung der Stahlbetonbauteile wird erst durch den Verbund des Betons mit den eingelegten Bewehrungsstählen erzielt. Daher ist ein dauerhafter Verbund zwischen Stahl und Beton letztendlich für die Standsicherheit eines Bauteils von Bedeutung. An Stahlbetonbauteilen liegen häufig Schäden infolge unterschiedlicher Ursachen vor. Um die Bauteile vor einer weitergehenden Schädigung zu bewahren und um ästhetischen Ansprüchen gerecht zu werden, sind diese Bauteile instandzusetzen. Die Reparatur geschädigter Stahlbetonbauteile stellt hohe Ansprüche an die dabei zu verwendenden Werkstoffe. Die Qualität der Materialien allein ist jedoch nicht ausschlaggebend für den Erfolg einer Instandsetzungsmaßnahme. Die ausführenden Fachleute müssen einen hohen Kenntnisstand besitzen, um die handwerkliche Arbeit fachgerecht ausführen zu können. Theoretisches Basiswissen ist für das entsprechend bestimmter Richtlinien bauüberwachende Personal eine wichtige Voraussetzung. Die folgenden Ausführungen gelten nicht für Bauwerke oder Bauteile, deren Standsicherheit gefährdet ist, sondern sie betreffen vor allem Bauwerke und Bauteile, deren Dauerhaftigkeit verlängert und/oder deren Gebrauchsfähigkeit, z.B. durch zusätzliche abdichtende Maßnahmen, hergestellt werden soll.
15.2 Ursachen für Schäden Häufig findet man folgende Merkmale an Betonoberflächen vor: ◆ Anreicherung mit Zementstein, ◆ geringe Festigkeit, ◆ netzartige Risse, ◆ Sanden, ◆ Poren und Lunker, ◆ Bewuchs (Algen, Flechten. Moose), ◆ Abplatzen der Betondeckung über korrodierenden Stählen.
15.2 Ursachen für Schäden
293
Abb. 15.1: Schadhafter Beton; Ausbruchstelle über korrodierendem Bewehrungsstahl in carbonatisiertem Bereich
Die häufigsten Schäden an Stahlbetonbauteilen sind das Absprengen der Betondeckung über korrodierenden Bewehrungsstählen (Abb. 15.2a) als Folge des Alkalitätsverlustes durch carbonatisierten Zementstein, wenn korrosionsauslösende Bedingungen vorliegen (Abb. 15.1). An zahlreichen Bauteilen entstehen aber auch Korrosionsschäden durch in das Betongefüge eindringende Salze (Abb. 15.2b). Durch Eigenspannungen, Zwang zwischen Bauteilen oder durch das statische System bedingt können Risse im Beton auftreten. Da diese rissauslösenden Spannungen aufgrund unterschiedlicher Ursachen an Betonbauteilen nahezu immer vorliegen, treten an allen Betonbauteilen Risse auf. Daher sind Risse zunächst nicht als Mangel anzusehen. Jedoch nimmt das Gefährdungspotential mit Zunahme der Rissbreite zu. Daher sind die Rissbreiten durch konstruktive Maßnahmen zu beschränken. Bezüglich der Ursachen dieser und weiterer Schäden wird auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen. a
Abb. 15.2: Schäden an Betonbauteilen: a) infolge Alkalitätsverlust der Betondeckung (Carbonatisieren des Betons) und b) infolge von Chlorideinwirkung
b
294
15 Betoninstandsetzungssysteme
15.3 Werkstoffe Werkstoffe zur Betoninstandsetzung sind Tabelle 15.1 zu entnehmen. Die Zusammensetzung der Werkstoffe und die Filmbildungsmechanismen wurde bereits in Kapitel 6 beschrieben. Alle Werkstoffe sind so zu formulieren, dass sowohl während des Erhärtens als auch im Gebrauchszustand keine unzulässig hohen Spannungen infolge hygrischer und thermischer Einflüsse entstehen. a) Zementgebundene, kunststoffmodifizierte Werkstoffe Zum Auffüllen lokaler Fehlstellen und Ausbrüche sowie zum großflächigen Beschichten werden unterschiedliche zementgebundene Werkstoffe, die sich zunächst durch die Größe der Zuschläge unterscheiden, eingesetzt: ◆ Beton ◆ Mörtel ◆ Spachtel ◆ Schlämme. (Kunststoffvergütete) Betone (Größtkorndurchmesser >4 mm) mit oder ohne Stahlfasern werden z.B. zum Erhöhen der statischen Tragfähigkeit von Bauteilen im Spritzverfahren nach DIN 18551 eingesetzt. Zum Egalisieren der Oberflächen und zum Verschließen von Poren und Lunkern sind Feinmörtel (Spachtelmassen) erforderlich. Dabei unterscheidet man in der Praxis zwischen einer Kratzspachtelung und einer Egalisierungsspachtelung. Die Kratzspachtelung dient dazu, Poren und Lunker des Untergrundes zu schließen. Daher wird dieser Arbeitsgang oft auch als Lunkerspachtelung bezeichnet. Dabei wird die Spachtelmasse mit der Kelle so von der Oberfläche abgezogen (gekratzt), dass der Werkstoff fast ausschließlich in Vertiefungen (Poren, Lunker, Rillen, Rautiefen etc.) eindringt. Die Unebenheit (Welligkeit) des Untergrundes bleibt erhalten. Die Egalisierungsspachtelung dient dazu, Poren und Lunker zu schließen, jedoch sollen ebenfalls Unebenheiten (Welligkeit) des Untergrundes (siehe auch Abb. 13.12) ausgeglichen werden. In der Regel ist eine Schichtdicke der Spachtelmasse bzw. des Feinmörtels von 2 mm bis 4 mm erforderlich. Unebenheiten an der Oberfläche der Spachtelschicht können aus der handwerklichen Verarbeitung (Kellenschlag) resultieren.
a
b
Abb. 15.3: Definition der Begriffe a) Kratzspachtelung und b) Ausgleichsbzw. Egalisierungsspachtelung
15.3 Werkstoffe
295
Tab. 15.1: Werkstoffe und Hilfsmittel zum Instandsetzen geschädigten Betons Bezeichnung
Einsatzzweck
Bemerkung/Beispiele
Korrosionsschutzbeschichtung
Korr.-Schutz der Bewehrungs stähle
EP-Zementklinker ZM-Dispersion
Reprofilierungsmörtel
Ausfüllen der Ausbrüche im Beton
kunststoffmodifizierte Zementmörtel oder kunststoffgebundene (z.B. EP) Mörtel mit groben Zuschlägen
Egalisierungsmörtel
Ausgleich von Unebenheiten und Schließen von Poren/ Lunkern auf der gesamten Fläche
kunststoffmodifizierte Zementmörtel (-spachtel) oder kunststoffgebundene Mörtel mit feinen Zuschlägen
Oberflächenschutzsystem (Deckbeschichtung)
auf der gesamten Fläche als Carbonatisierungsbremse, zum Fernhalten von Wasser und als Rissüberbrückung
gelöstes AY-Copolymer (ca. 100 µm Schichtdicke) dispergiertes AY-Copolymer (ca. 300 µm Schichtdicke)
Injektionsmittel
zum Verfüllen von Rissen abdichtend oder zum Verstärken von Bauteilen (kraftschlüssig)
Kunstharze (PUR, EP) ZM-Leim ZM-Suspension
Dichtungsmassen
Abdichten von Fugen
Thiokol, PUR
– Hilfsmittel – Glasvlies, – Gewebe, Gewirke
in Beschichtungen zum Erhöhen der Zugfestigkeit
– Einstreumittel
zwischen Schichten zur Verbundoptimierung
– Abbeizmittel
Untergrund-Vorbehandlung
– Reinigungsmittel
Untergrund-Vorbehandlung
– Folien
Trennschicht, Abdichtung
– Schaumstoffe
Fugenabdichtung
– Metallanker, etc.
Befestigung
Quarzsande, Splitt, Elektrokorund, Siliziumkarbid
Zementgebundene Schlämmen mit einem hohen Kunststoffanteil, die über rissüberbrückende Eigenschaften verfügen, dienen zum Schutz von Oberflächen und werden z.B. an stark profilierten Fertigteilen eingesetzt. b) Werkstoffe mit organischen Bindemitteln, Eigenschaften und Aufgaben Werkstoffen mit organischen Bindemitteln können sein: ◆ hydrophobierende Imprägnierung, ◆ Versiegelung, Grundierung, ◆ dünnschichtige filmbildende Beschichtung, ◆ dickschichtige Beschichtung, ◆ Mörtel, Beton, Putze. Je nach Anwendungsfall können die Aufgaben einer Oberflächenschutzmaßnahme unterschiedlich sein. Die Richtlinie SIB des DAfStb unterscheidet zwischen unterschiedlichen Oberflächenschutzsystemen (OS 1 bis OS 13).
296
15 Betoninstandsetzungssysteme
Durch verfestigende Grundierungen kann die oberflächennahe Zone von Beton und Mörtel verbessert und beim Auftragen weiterer Schichten durch die Steigerung der Oberflächenfestigkeit eine erhöhte Verbundwirkung erzielt werden. Um zu verhindern, dass saure Gase (Kohlenstoffdioxid) in den Untergrund gelangen, müssen Beschichtungen diesen Medien einen genügend großen Diffusionswiderstand entgegensetzen. Beschichtungen auf Beton müssen dazu mindestens eine Schichtdicke von 100 µm aufweisen, um einen geschlossenen Film zu erzeugen. Dichtigkeit der Beschichtung gegenüber der Diffusion von CO2 ist nicht erforderlich. Eine Beschichtung kann als carbonatisierungsbremsend bezeichnet werden, wenn die äquivalente Luftschichtdicke (vgl. Gl. 10.1) für Kohlenstoffdioxid s ≥50 m beträgt (vgl. auch Kapitel 10). Auf zu Rissen neigenden Untergründen (z.B. Beton, Mörtel) werden dehnfähige Werkstoffe mit rissüberbrückenden Eigenschaften eingesetzt, um das Eindringen schädlicher Substanzen in das zu schützende Bauteil zu verhindern.
15.4 Instandsetzungsprinzipien und Grundsatzlösungen In Rili SIB werden die in Tabelle 15.2 genannten Möglichkeiten (Prinzipien) des Korrosionsschutzes der Bewehrung unterschieden und mit Buchstaben (R, W, C und K) bezeichnet. Die zugehörigen grundsätzlichen Verfahren zum
Tab. 15.2: Korrosionsschutz nach unterschiedlichen Instandsetzungsprinzipien nach Rili SIB
a
Bezeichnung a
Instandsetzungsprinzip
R
Korrosionsschutz durch – Wiederherstellen des alkalischen Milieus (Realkalisierung)
Grundsatzlösung
Aufbringen von alkalischem Beton oder Mörtel R1: flächig R2: örtlich
W
– Begrenzen des Wassergehalts im Beton
Ausbessern mit alkalischem Beton oder Mörtel, Betonoberfläche beschichten mit Oberflächenschutzsystem
C
– Beschichten (Coating) der Bewehrung
Beschichten der Bewehrung, örtl. Ausbessern mit alkalischem Beton oder Mörtel, (OS-Maßnahme)
K
Kathodischer Korrosionsschutz
Beaufschlagung der Bewehrung mit Fremdstrom und/oder Einbau von Opfer- oder Inertanoden
Die Grundsatzlösungen werden bei Chlorideinwirkung als R1-Cl, R2-Cl, W-Cl und C-Cl bezeichnet.
15.5 Ausführung
297
Instandsetzen (Grundsatzlösungen) werden nach der Ursache der Schäden unterschieden: ◆ Carbonatisieren des Betons ◆ Einwirken von Chloriden. In der Praxis lassen sich den Instandsetzungsmaßnahmen meist mehrere Instandsetzungsprinzipien zuweisen, z.B. Kombination der Prinzipien C und W. Die Eignung der nach Rili SIB eingesetzten Mörtel wird durch Grundprüfungen, bei denen die wesentlichen Eigenschaften der Ausgangsstoffe, des frischen und des erhärteten Werkstoffs untersucht werden, festgestellt.
15.5 Ausführung Die einzelnen Arbeitsschritte einer Betoninstandsetzungsmaßnahme (z.B. an der Fassade eines Wohngebäudes) richten sich nach den erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen und gliedern sich häufig nach folgendem Schema (vgl. Abb. 15.4): a) Vorbereiten der gesamten Betonoberfläche durch Strahlen im Druckwasserstrahlverfahren mit ca. 15 MPa, ggf. unter Zugabe abrasiver Strahlmittel (vgl. Abb. 13.21). Dabei wird der Untergrund (Betonoberfläche) aufgeraut, Poren und Lunker werden geöffnet, Beschichtungen, Bewuchs, Verschmutzungen werden entfernt. b) Entfernen gelockerter Betonteile über korrodierenden Bewehrungsstählen mit elektrischen oder pneumatischen Schlagmeißeln (Abb. 15.5). Dabei ist der Beton bis über den korrodierten Bereich des Bewehrungsstahles hinaus zu entfernen. Die Bewehrung darf nicht beschädigt und der Verbund zum Beton nicht gestört werden. Ein vollständiges Entfernen carbonatisierten Betons ist weder technisch sinnvoll, noch wirtschaftlich tragbar (vgl. Rili SIB).
Abb.15.4: Instandgesetzte Ausbruchstelle (Schema)
298
15 Betoninstandsetzungssysteme
Abb. 15.5: Freigelegte korrodierende Bewehrungsstähle in Konstuktionsleichtbeton
c) Strahlen der freigelegten Bewehrungsstähle durch Druckluftstrahlen mit trockenem oder feuchtem Strahlmittel (Abb. 15.6a) bis zum Verbreitungsgrad Sa 21/2 (Abb. 15.6) nach DIN 12944-4. d) Beschichten der vorbereiteten Bewehrungsstähle mit einer Korrosionsschutzbeschichtung in 2 Arbeitsgängen. ◆ Heute werden in den meisten Fällen zementöse Korrosionsschutzbeschichtungen aufgebracht. Diese lassen sich im Gegensatz zu Epoxidbeschichtungen einfacher verarbeiten und sind unproblematischer in Bezug auf die klimatischen Umgebungsbedingungen. Die Schichtdicke soll entsprechend den Herstellerangaben meist zwischen ca. 1 mm und 2 mm betragen. ◆ Epoxidbeschichtungen sollten möglichst dickschichtig aufzutragen sein (Trockenschichtdicke je Arbeitsgang ca. 250 µm). Die frische 2. Schicht wird mit Quarzsand abgestreut, um den Verbund nachfolgender Schichten zu verbessern. Die Körnung ist dabei so zu wählen, dass die Quarzkörner nicht vollständig in die Beschichtung einsinken (Abb. 15.7). e) Auftragen einer Haftbrücke im Bereich der Ausbrüche. Häufig besteht die Haftbrücke aus einem mit der Bürste zu verarbeitenden, schlämmfähigen Gemisch des Reparaturmörtels, in das der nachfolgende Mörtel „frisch in frisch“ eingelegt wird. f) Auffüllen der Ausbruchstellen mit einem kunststoffmodifizierten, zementgebundenen Reprofilierungsmörtel bis zum ursprünglichen Oberflächenprofil (Abb. 15.9). Diese speziellen Materialien sind relativ schwindarm, jedoch ist ein Nachbehandeln durch Feuchthalten fast immer erforderlich, damit Risse und Verbundstörungen durch Wind- und Sonneneinwirkung vermieden werden. g) Vollflächiges Auftragen eines kunststoffmodifizierten, zementgebundenen Feinmörtels (Spachtels) in einer Schichtdicke von ca. 3 mm bis 5 mm (Abb. 15.10). Dieser Arbeitsschritt dient zum Egalisieren der Oberflächen und zum Verschließen von in der Betonoberfläche vorhandenen Poren und Lunker. Dieses ist erforderlich, um anschließend die Deckbeschichtung poren- und blasenfrei applizieren zu können. Nachbehandeln durch Feuchthalten ist sinnvoll.
15.5 Ausführung
299
Abb. 15.6: Durch Druckluftstrahlen bis zum Vorbereitungsgrad Sa 21/2 vorbereitete Bewehrungsstähle der Stütze eines Turmes
a
b
Abb. 15.7: Beschichten der Bewehrungsstähle mit EP-Korrosionsschutzbeschichtung a) Pinselapplikation und b) Absandung der zweiten Schicht
300
15 Betoninstandsetzungssysteme
Abb. 15.8: Beschichten der Bewehrungsstähle mit zementgebundener Korrosionsschutzbeschichtung
h) Auf die gesamte Oberfläche Auftragen einer meist gelösten, hydrophobierenden Grundierung. Die Grundierung sorgt für einen besseren Verbund der anschließend aufzubringenden Deckbeschichtung und verhindert durch die wasserabweisende Wirkung ein Unterwandern und Ablösen der Beschichtung an eventuell auftretenden Rissen und an Fehlstellen im Beschichtungsfilm. i) Auftragen einer carbonatisierungsbremsenden Deckbeschichtung durch Streich-, Roll- oder Spritzapplikation (Abb. 15.11). Je nach Anforderung an die Deckbeschichtung werden unterschiedliche Werkstoffe verwandt: ◆ Gelöste Acrylatbeschichtungen oder Acrylatdispersionsbeschichtungen (OS 4 bzw. OS C) werden in 2 Arbeitsgängen bei einer Trockenschichtdicke von insgesamt ca. 100 µm aufgetragen, wenn keine Risse im Untergrund zu erwarten sind. ◆ Rissüberbrückende Beschichtungen (OS 5 bzw. OS D) mit mindestens 300 µm Trockenschichtdicke (an Fassaden meist Copolymerisat-Dispersionen, z.B. Styrol-Acrylat) werden appliziert, wenn Risse im Untergrund auftreten können und diese durch die Beschichtung langfristig zu überbrücken sind.
15.5 Ausführung a
301 c
b
Abb. 15.9: Betonersatz: a) Auftragen der Haftbrücke, b) Reprofilieren einer Ausbruchstelle mit kunststoffvergütetem Grobmörtel (PCC) und c) reprofilierte Stelle
Abb. 15.10: Auftragen eines Feinmörtels
302 a
15 Betoninstandsetzungssysteme b
Abb. 15.11: Deckbeschichtung: a) Auftragen einer rissüberbrückende Acrylat-Dispersion mit der Rolle und b) Schaft eines Turmes mit teilweise unbeschichteter (unten links), grundierter (unten rechts) und der Deckbeschichtung versehener (oben) Oberfläche
15.6 Qualitätssicherungsmaßnahmen Im Rahmen der Eigenüberwachung sind vor, während und nach den einzelnen Arbeitsschritten umfangreiche Prüfungen vom verarbeitenden Personal durchzuführen. An dieser Stelle lassen sich nicht alle Maßnahmen nennen. Daher wird auf die einschlägigen Regelwerke, vor allem die Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen des DAfStb und ZTV-ING, hingewiesen. Einige der Prüfungen und Maßnahmen des Verarbeiters werden nachfolgend genannt. ◆ Druckluft-Strahlgeräte sind auf ölfreies Austreten der Luft zu überprüfen. ◆ Nach dem Vorbereiten der Betonoberfläche ist diese durch Abreißversuche auf ihre Eignung als tragfähiger Untergrund zu überprüfen (Ermitteln der Oberflächenzugfestigkeit). ◆ Der Oberflächenvorbereitungsgrad in Anlehnung an DIN EN ISO 12944-4 der Bewehrungsstähle ist zu prüfen. ◆ Die Eignung der eingesetzten Werkstoffe ist anhand von Prüfzeugnissen anerkannter Prüfinstitute nachzuweisen. Grundsätzlich dürfen ausschließlich die aufeinanderabgestimmten Komponenten eines geprüften Instandsetzungssystems zum Einsatz gelangen. ◆ Von den eingesetzten Materialien sind gegebenenfalls Rückstellproben aufzubewahren.
15.7 Ausführungsbeispiele
303
◆ Der Abstand der Tautemperatur der umgebenden Luft von der Temperatur der zu beschichtenden Oberfläche ist vor dem Applizieren der Beschichtung zu prüfen. ◆ Die Schichtdicke der nassen/trockenen Deckbeschichtung ist zu messen. ◆ Der Verbund der Schichten untereinander ist durch Abreißprüfungen zu untersuchen (Ermitteln der Haftzugfestigkeit). ◆ Die Druck- und Biegezugfestigkeit der eingesetzten Mörtel und Spachtel sind durch Laborversuche zu ermitteln. Bautagesberichte mit ausführlicher Beschreibung der durchgeführten Arbeiten, der Lage der Bauteile, der eingesetzten Materialien (Chargennummern) und der durchgeführten Prüfungen sind zu führen. Der Kenntnisstand des Verarbeiters wird z.B. durch den SIVV-Schein, der u.a. durch Lehrgänge und Prüfungen an anerkannten Ausbildungsstätten zu erwerben ist, nachgewiesen (SIVV-Schein: Befähigungsnachweis zum Schützen, Instandsetzen, Verbinden und Verstärken von Betonbauteilen). Durch unabhängige Sachverständige, Institute (Materialprüfungsämter der Technischen Hochschulen) Technische Überwachungsorganisationen (TÜO) und Güteschutzgemeinschaften (z.B. GEB des Deutschen Beton-Vereins), in denen die ausführende Firma Mitglied ist, werden – im Sinne einer Fremdüberwachung – einzelne Arbeitsschritte abgenommen und das ordnungsgemäße Durchführen der Eigenüberwachungsmaßnahmen wird geprüft.
15.7 Ausführungsbeispiele An Fassaden von Wohnbauten erfolgt die Betoninstandsetzung in der Regel nach den zuvor genannten Arbeitsschritten. Bei anderen Bauwerken kann aus verschiedenen Gründen davon abgewichen werden. Dies soll am Beispiel der Instandsetzung von Naturzugkühltürmen erläutert werden. Die entschwefelten Rauchgase eines Kraftwerkes werden nach dem Bau von Rauchgasentschwefelungsanlagen oft nicht über Schornsteine sondern über Naturzugkühltürme abgeführt. In Verbindung mit den ca. 30°C warmen Wasserdampfschwaden entstehen saure und damit für den Beton aggressive Medien. Daher ist ein besonderer Schutz der innenseitigen Betonoberflächen erforderlich. Oberflächenschutz auf den Innenseiten: a) Vorbereiten des Untergrundes. Im Höchstdruckwasserstrahlverfahren mit ca. 70 MPa bis 100 MPa werden mürbe und sandende Betonbereiche, gelockerter Betonteile über korrodierenden Bewehrungsstählen, Verunreinigungen, Bewuchs durch ferngesteuerte Befahranlagen (Abb. 13.23b) entfernt, um einen für nachfolgende Beschichtungen tragfähigen Untergrund zu erhalten. Freiliegende Bewehrungsstähle werden durch Druckluftstrah-
304
15 Betoninstandsetzungssysteme
len mit trockenem Strahlmittel bis zum Oberflächenvorbereitungsgrad Sa 21/2 vorbereitet. b) Beschichten der Bewehrungsstähle. Freiliegende Bewehrungsstähle werden mit einer zweifachen Epoxidbeschichtung bei einer Trockenschichtdicke von 500 µm beschichtet. c) Applizieren der Deckbeschichtung. Die gesamte Oberfläche wird mit einer unpigmentierten Epoxidgrundierung durch Airless-Spritzen versehen. Darauf wird eine pigmentierte Epoxidbeschichtung in zwei Lagen in einer Trockenschichtdicke von 500 µm ebenfalls durch Airless-Spritzen appliziert. Aufgabe der Grundierung ist, den Verbund zum Untergrund sicherzustellen. Die Deckbeschichtung übernimmt den Schutz des Betons vor den sauren Nebelschwaden. Zudem hat die Deckbeschichtung die Funktion einer Carbonatisierungsbremse und dient als Wasserdampfsperre sowie zur Erhöhung der Frostbeständigkeit. Hinweis: Aufgrund der kurzen Revisionszeiten der Kraftwerke ist ein Reprofilieren im Bereich von Ausbrüchen nicht möglich. Oberflächenschutz auf den Außenseiten: a) Vorbereiten des Untergrundes. Erfolgt analog a) der Innenseite. b) Beschichten der Bewehrungsstähle. Erfolgt analog b) der Innenseite, jedoch wird die zweite Schicht vollflächig abgesandet. c) Reprofilieren von Betonausbrüchen. Im Bereich von Ausbrüchen werden kunststoffmodifizierte Zementmörtel unter Verwendung der dazugehörenden Haftbrücke aufgebracht, um Angriffsmöglichkeiten der Bewitterung zu minimieren. d) Abdichten von Ankerlöchern und Arbeitsfugen. Undichte Löcher der Gerüstanker werden mit Kunststoffstopfen abgedichtet. Undichte feuchte Arbeitsfugen und Risse werden mit PUR injiziert und dadurch abgedichtet. e) Auftragen der Deckbeschichtung. Die gesamte Oberfläche wird zunächst mit einer unpigmentierten gelösten Acrylat-Grundierung versehen. Anschließend wird in zwei Arbeitsgängen ein gelöstes pigmentiertes Acrylat (-Copolymer) in einer Trockenschichtdicke von ca. 200 µm aufgebracht. f) Diese Deckbeschichtung dient als Carbonatisierungsbremse und als Schutz vor der Bewitterung sowie den sauren Nebelschwaden der benachbarten Kühltürme. Hinweis: Die äquivalente Luftschichtdicke sd (H2O) der außenseitigen Beschichtung muss so bemessen werden, dass keine unzulässig hohen Wassergehalte in der äußeren oberflächennahen Betonzone entstehen (vgl. KLOPFER).
15.8 Oberflächenschutz denkmalgeschützter Stahlbetonbauwerke
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15.8 Oberflächenschutz denkmalgeschützter Stahlbetonbauwerke Die seit mehr als 100 Jahren praktizierte Stahlbetonbauweise [BONZEL] erlebte vor allem während der letzten 5 Jahrzehnte einhergehend insbesondere mit Fortschritten im Bereich der Werkstoffe, der Bauverfahren sowie der Berechnungs- und Bemessungsmethoden der Tragwerke eine rasante Entwicklung. Jedoch entstanden auch in den Anfängen des Stahlbetonbaus bereits beeindruckende Bauwerke, und mancher Architekt, z.B. Max Taut [KOETZ] hat sich schon in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts der neuen Bauweise verschrieben. In letzter Zeit werden häufiger Bauwerke aus Stahlbeton, die aufgrund ihrer Besonderheiten, z.B. des Alters, der Ingenieurleistung, der bauhistorischen Bedeutung oder einer Kombination dieser Merkmale, zum Denkmal erklärt. Als Beispiel können aufgeführt werden: ◆ Eine im Jahre 1898 im Jugendstil erbaute Brücke, die zunächst als Kabelsteg und heute ausschließlich als Fußgänger- und Fahrradfahrerbrücke fungiert [n.n.], ◆ ein 1914 in Ortbetonbauweise errichteter filigraner Aussichtsturm [WEBER], ◆ ein im Jahre 1930 vermutlich als erste Kirche Deutschlands ausschließlich in Sichtbeton erstelltes Bauwerk, vgl. Abb. 15.12 [KLOPFER].
Abb. 15.12: Instandgesetzte Stahlbetonkirche ca.15 Jahre nach Durchführung der Maßnahme
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15 Betoninstandsetzungssysteme
Die genannten Bauwerke sind unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Aspekte instandgesetzt worden, wobei die Lösung stets individuell für das jeweilige Objekt erarbeitet wurde.
15.8.1 Zustandserfassung und Schadensbeurteilung Selbstverständlich können an denkmalgeschützten Stahlbetonbauwerken die gleichen Schäden wie an anderen Stahlbetonbauwerken vorliegen, z.B. ◆ Korrodieren der Bewehrung infolge der Carbonatisierung des Zementsteins oder der Einwirkung von Chlorid, ◆ Abplatzungen über korrodierenden Bewehrungsstählen, ◆ Risse aus unterschiedlichen Gründen, ◆ Gefügestörungen (z.B. durch unzureichendes Verdichten: Kiesnester), ◆ Erosion des Zementsteines an der Oberfläche der Bauteile durch sauren Regen. Aufgrund der eventuell langzeitigen Bewitterung der Bauteile können die aufgeführten Schäden weit fortgeschritten sein oder zu erheblichen Folgeschäden geführt haben. Diese sind im Rahmen einer gründlichen und systematischen Objektuntersuchung (Bauzustandsanalyse) zu erfassen. Die Ursachen für die genannten Schäden, deren Behebung sowie Vermeidung wurden intensiv in den letzten beiden Jahrzehnten erforscht und in der einschlägigen Fachliteratur [KLOPFER, STARK/WICHT] ausführlich beschrieben. Vermutlich fehlen in zahlreichen Fällen Unterlagen zum Bauwerk, die Aufschluss über die Art der Werkstoffe und deren Verarbeitung ermöglichen. Daher besitzen diesbezügliche Untersuchungen neben der Analyse des Zustands besondere Bedeutung. Außer Erhebungen zur Tiefe der Carbonatisierung, zur Betondeckung der Bewehrung und zur Festigkeit der oberflächennahen Betonzone ist z.B. auch die Art des verwendeten Zementes festzustellen. Letzteres erscheint von besonderer Relevanz, da die heute eingesetzten kunststoffmodifizierten mineralischen Betoninstandsetzungswerkstoffe überwiegend mit Portlandzementen hergestellt werden. In Einzelfällen können diese mit den am Objekt verwendeten Zementen nicht verträglich sein, sodass ungewünschte Reaktionen eintreten können. In solchen Fällen sind Mörtel mit geeigneten Bindemitteln einzusetzen [STARK]. Die Objektuntersuchung sollte auch die bauphysikalischen Gegebenheiten, wie u.a. Wärmedämmung, Wasserbeaufschlagung der Bauteiloberflächen (Schlagregenbeanspruchung), fehlende Abdichtungen, umfassen. Bei erheblichen Schäden oder bei geänderter Nutzung kann ein Überprüfen der Standsicherheit der tragenden Konstruktion oder einzelner Bauteile notwendig sein.
15.8 Oberflächenschutz denkmalgeschützter Stahlbetonbauwerke
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15.8.2 Planung Erst wenn der Zustand eines Objektes möglichst umfassend bekannt ist und die Ursachen für Schäden geklärt wurden, sollte die Maßnahme zur Instandsetzung festgelegt werden. Denkmalpflegerische Anforderungen sind in Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde zu berücksichtigen, wobei u.a. folgende Einzelheiten vorab zu klären sind: ◆ Muss das visuelle Erscheinungsbild der Sichtbetonbauteile (Farbe, Relief, Struktur der Oberfläche) erhalten bleiben? ◆ Dürfen ausgebesserte Schadstellen erkennbar sein? ◆ Sind zwischenzeitlich aufgebrachte Schichten/Vorsatzschalen aus früheren Reparaturen zu erhalten oder zu entfernen? ◆ Wie ist der notwendige Ersatz von Bauteilen vorzunehmen (Fertigteil, Ortbeton)? Zu prüfen ist im Rahmen der Planung, ob eventuell Modifikationen von eingeführten Instandsetzungssystemen technisch möglich bzw. denkmalpflegerisch sinnvoll sind, um den genannten Anforderungen gerecht zu werden. Hier sei als Beispiel der Einsatz einer lasierenden Deckbeschichtung genannt, die üblicherweise nicht zum Spektrum der marktüblichen Betoninstandsetzungssysteme zählt und für die daher keine Prüfzeugnisse im Sinne der Rili SIB existieren. Daher sind bei Sonderanfertigung vom Hersteller die wesentlichen Eigenschaften nachzuweisen. Flankierende Maßnahmen (Einbringen von Fugen, Wärmedämmung, abdichtende Maßnahmen, verbesserte Wasserführung) müssen, falls erforderlich, ebenfalls planerisch berücksichtigt werden.
15.8.3 Werkstoffe und Verfahren Heute steht eine breite Palette von geprüften Betoninstandsetzungssystemen mit aufeinander abgestimmten Einzelkomponenten zur Verfügung, die bei ordnungsgemäßer Verwendung einen langjährigen Schutz vor weiteren Schäden bieten. Wie bei anderen Stahlbeton-Bauwerken auch, sollten die eingesetzten Werkstoffe das für den Einsatzzweck geprüfte System eines Herstellers bilden. Bei denkmalgeschützten Bauwerken sind modifizierte Aufbauten jedoch denkbar und bereits mit Erfolg praktiziert worden. Wesentlich ist, dass durch das Zusammenwirken der einzelnen Komponenten der Korrosionsschutz der Bewehrung erzielt und fortschreitendes Carbonatisieren des Betons verhindert wird. Bezüglich des visuellen Erscheinens der instandgesetzten Betonoberfläche sind unterschiedliche, bereits ausgeführte Varianten denkbar. Wenn die Sichtbetonstruktur und auch die Spuren langjähriger Bewitterung sichtbar erhalten bleiben sollen, können keine deckenden Beschichtungen aufgebracht werden. In einem solchen Fall kann folgender Aufbau die notwendige Schutzwirkung erreichen [KLOPFER]:
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15 Betoninstandsetzungssysteme
Abb. 15.13: Instandgesetzte Betonoberfläche eines Wohngebäudes: Aus der Schalung resultierende Grate wurden bei Bedarf an Ausbruchstellen stellenweise nachgebildet. Applikation der Deckbeschichtung (pigmentiertes, gelöstes Acrylat) ohne Egalisierungsmörtel
◆ Mörtel für Ausbruchstellen werden in Größtkorn und Farbe dem umgebenden Beton angepasst und nach dem Einbringen in die Ausbruchstelle durch Druckluftstrahlen mit Strahlmittel angeraut, um die Oberfläche dem bewitterten angrenzenden Beton anzupassen. ◆ Als Carbonatisierungsbremse wirkt eine in mehreren Arbeitsgängen aufgebrachte lasierende, der Farbe des Betons angeglichene Deckbeschichtung mit eventuell rissüberbrückenden Eigenschaften. Egalisieren der Oberflächen mit Feinmörteln entfällt hierbei. Diese Variante stellt hohe Ansprüche an den Verarbeiter. Der Aufwand des gezielt dem Untergrund angepassten Applizierens der Lasurbeschichtung erfordert über das Übliche hinausgehendes handwerkliches Können. Um den visuellen Eindruck einer betonähnlichen Oberfläche zu erzielen, kann auch ein mineralisches Mattierungsmittel in eine zusätzlich aufgebrachte Schicht der Deckbeschichtung eines üblichen Betoninstandsetzungssystems eingeblasen [WEBER] werden. Nebeneffekte dieses als System „König“ benannten Oberflächenschutzsystems sind ein erhöhter UV-Schutz und eine verringerte Verschmutzungsneigung gegenüber einer nicht mattierten Beschichtung. Ist an Reparaturstellen das zerstörte Schalbrettrelief wiederherzustellen, kann ein Relief mit strukturierten Kunststoffbrettern in den frischen Mörtel eingedrückt werden. Falls eine vollflächige Spachtelung notwendig ist, die die ehemalige Brettschalungsstruktur egalisiert, so kann das frühere Aussehen der Bauteile durch Einbringen von Rillen oder durch Eindrücken von Schablonen in den frischen Mörtel angedeutet werden. Auch dieser Arbeitsschritt erfordert hohes handwerkliches Geschick des ausführenden Personals.
15.8.4 Durchführung und Qualitätssicherung Häufig ist aufgrund der aus unterschiedlichen Ursachen resultierenden Schäden und der erforderlichen aufwändigen Vorgehensweise die Durchführung als besonders schwierig einzustufen. Daher sollten ausschließlich nachweislich erfah-
15.9 Literatur
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Abb. 15.14: Unter Beachtung denkmalpflegerischer Aspekte instandgesetzter Kabelsteg (Foto: Epowit Bautechnik)
rene, fachlich qualifizierte Unternehmen mit der Instandsetzung eines Stahlbetondenkmals betraut werden. (Oft gehören diese Arbeiten nicht zum Leistungsumfang von im Bereich der Denkmalpflege tätigen Unternehmen.) Das Beispiel der Instandsetzung eines Kabelstegs zeigt, dass aufgrund der zur Zeit des Erbauens alter Stahlbetonbauwerke noch nicht ausgereiften Technologie ungenügend verdichtete Bereiche vor allem an der Schalungsseite vorliegen können. Aufgrund erheblicher Schäden musste die lokale Abfolge der Arbeiten vom Abtragen nicht tragfähiger Betonsubstanz bis zur Wiederherstellung der Tragfähigkeit gemäß statischer Gesichtspunkte erfolgen. Dies erforderte einen detaillierten Ablauf der Arbeiten, der sorgfältig zu planen und exakt einzuhalten war. Vor Beginn der eigentlichen Maßnahme sollte anhand von Musterflächen die beabsichtigte Oberflächenwirkung überprüft und gegebenenfalls Werkstoffe und Verarbeitungstechniken zwischen Denkmalbehörde, ausführendem Unternehmen und Werkstoffhersteller abgestimmt werden.
15.9 Literatur Aufsätze und Bücher BONZEL, J. Hundert Jahre Bauen mit Beton. Zement-Kalk-Gips 30 (1977) H. 9, S. 439–450. GIELER, R. P. Oberflächenschutz in der Denkmalpflege. In: Tagungsband 2 zur 13. Ibausil 24.–26. September 1997, Herausgeber F. A. Finger-Institut der Universität Weimar 1997 KLOPFER, H. Schäden an Sichtbetonflächen. (Schadenfreies Bauen Bd. 3) IRB-Verlag, Stuttgart 1993. KLOPFER, H. Die Carbonatisation von Sichtbeton und ihre Bekämpfung. Bautenschutz und Bausanierung 1 (1978), H. 3, S. 86–97. KLOPFER, H. Bauphysikalische Aspekte der Betonsanierung. Bautenschutz + Bausanierung, 3 (1980) 4, 128–131.
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15 Betoninstandsetzungssysteme
KLOPFER, H. Bauphysikalische Betrachtung der Schutz- und Instandsetzungsmaßnahmen für Betonflächen. DAB (1990), Heft 1, S. 99–112. MIELKE, TH., SCHÜTZ, K. Instandsetzung des Wasserturms Großniedesheim. Bausubstanz 11 (1995), H. 11/12, S. 22–24. n.n. Betonsanierung am Kabelsteg in München. Bausubstanz 11 (1995), H. 11/12, S. 28–29. SCHRÖDER, M. et al. Schutz und Instandsetzung von Stahlbeton. Kontakt und Studium, Band 552, ExpertVerlag 1999. STARK, J. Sulfathüttenzement. Wiss. Zeitung d. HAB Weimar 41 (1995), H. 6/7, S. 7–15. STARK, J.; WICHT, B. Dauerhaftigkeit von Beton. Birkhäuser Verlag, Basel 2000. WEBER, H. Aussichtsturm Ebersberg. Instandsetzung eines Stahlbeton-Denkmals. Sonderdruck aus Bausubstanz 9 (1993), H. 1 und H.3.
Regelwerke Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (Herausgeber) DAfStb-Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Instandsetzungs-Richtlinie). DIN EN ISO 12944-4:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 4: Arten von Oberflächen und Oberflächenvorbereitung Technisches Merkblatt der Sika Chemie GmbH „Beton-Oberflächenschutzsystem mit Mineralisierung (System König)“ WTA-Merkblätter 5-5-90/D Qualitätssicherung bei Instandsetzungsmassnahmen an Betonbauwerken 5-6-90/D Diagnose an Betonbauwerken 5-7-99/D Prüfen und Warten von Betonbauwerken 5-8-93/D Untergrund- Anforderung, Vorbereitung und Prüfung zu beziehen bei WTA-Publications, c/o Internet: www.wta.de
16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
Beschichtungen lassen sich unterteilen nach der Art des Aufbaus oder der Applikation (Spachtel- und selbstverlaufende Beschichtungen, Einstreubeschichtungen, Laminatbeschichtungen), dem eingesetzten Bindemittel (z. B. Epoxidharz-, Polyurethanbeschichtung) der Funktion (z. B. Gewässerschutzbeschichtung, Leitfähige Beschichtung, Reinraumbeschichtung) oder der Lage (Boden-, Wand-, Deckenbeschichtung) dem Einsatzbereich (Industriebodenbeschichtung, Parkhausbeschichtung). Einen bedeutsamen Anteil an der Gesamtfläche im Industriebodenbau, aber auch bei Parkbauten, stellen Böden mit Beschichtungen aus Reaktionsharzen dar. Die Beschichtungen lassen zahlreiche Möglichkeiten zur Gestaltung zu, da sie den jeweiligen individuellen Forderungen gezielt angepasst werden können. Einige typisch Beispiele sollen im Folgenden beschrieben werden.
16.1 Beschichtungen mit Chemikalienbelastung In Deutschland hat der Gesetzgeber mit dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) strenge Regelungen zum Schutz der Gewässer geschaffen. Darin wurde in § 19 g die allgemeine Anforderung gestellt, dass jede noch so geringe Wahrscheinlichkeit einer Gewässerverunreinigung nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen sein muss. Dies galt für die sogenannte LAU-Anlagen (Lagern, Abfüllen, Umschlagen) die HBV-Anlagen (Herstellen, Behandeln, Verwenden). Für die genannten Anlagen dürfen ausschließlich Produkte, z.B. für Abdichtflächen, mit den entsprechenden behördlichen Zulassungen eingesetzt werden. Für Gewässerschutzbeschichtungen muss eine amtliche Zulassung vorliegen. Abhängig vom Einsatzzweck und den verwendeten Beschichtungsstoffen sind zwei Verfahren zu unterscheiden: ◆ Einfache Beschichtungen (Beschichtungen für Heizölauffangwannen) Einfache Beschichtung bestehen aus gleichartigen Schichten mit einer Schichtdicke bis maximal 1 mm. Diese werden überwiegend zum Abdichten von für Heizölauffangwannen eingesetzt. Die Beschichtungsstoffe sind in
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
die Bauregelliste A, Teil 2, integriert worden. In der Bauregelliste ist festgelegt, dass der Übereinstimmungsnachweis mit Übereinstimmungszeichen (ÜZ) geführt wird. Dazu sind festgelegte prüftechnische und formale Anforderungen zu erfüllen. Das Übereinstimmungszeichen wird von einer vom Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) „anerkannten Zertifizierungsstelle“ erteilt. ◆ Beschichtungssysteme (Gewässerschutz-Systeme) Die aus unterschiedlichen Schichten mit einer Schichtdicke über 1 mm bestehenden Beschichtungssysteme werden nicht in der Bauregelliste aufgeführt. Diese Produkte dürfen nur mit Zustimmung des DIBt eingesetzt werden, und erhalten eine „Bauaufsichtliche Zulassung“ – früher: baurechtliches Prüfzeichen (PA-VI-Nummer). Diese Beschichtungen werden nachfolgend betrachtet. Das WHG sowie das DIBt in den besonderen Bestimmungen der Bauaufsichtlichen Zulassung schreiben vor, dass lediglich Fachbetriebe die hochwertigen Beschichtungssysteme einbauen, instand halten, instand setzen und reinigen dürfen. Fachbetriebe müssen über die erforderlichen Geräte und Ausrüstungsteile sowie über das sachkundige Personal verfügen. Die Forderungen „Beständigkeit gegenüber Chemikalien“ und „Dehnfähigkeit“ stellen die größte Herausforderung an die Werkstoff. Bei Kunststoffen nimmt in der Regel mit zunehmender Dehnfähigkeit die Medienbeständigkeit ab. Daher sind mehrlagige Beschichtungsaufbauten notwendig, bei denen die einzelnen Schichten unterschiedliche Funktionen ausüben. a) Beschichtungssysteme mit dehnfähiger Zwischenschicht In der Regel bestehen Beschichtungssysteme im Gewässerschutz aus einer Grundierung, einer dehnfähigen, rissüberbrückenden Zwischenschicht und der chemikalienbeständigen Deckschicht (Chemikalienschutzschicht). Der Aufbau ist schematisch auf Abb. 16.1 dargestellt. Da die diverse Beanspruchung durch Säuren, Laugen, Fette, Öle oder Lösemittel meist nicht durch ein einziges Reaktionsharz abgedeckt werden kann, werden für die Chemikalienschutzschicht unterschiedliche Bindemitteltypen (z.B. Epoxid-, Furanharz) eingesetzt. Die Beschichtungssysteme sind fähig, nachträglich im Beton oder Estrich auftretende Risse mit einer Breite auch über 0,2 mm zu überbrücken. Dehnfugen müssen in der Beschichtung übernommen werden und benötigen eine spezielle Ausbildung. Die aus mehreren Schichten mit unterschiedlichen Werkstoffen bestehenden Beschichtungssysteme erfordern aufgrund der vorgeschriebenen Wartezeiten zwischen den einzelnen Applikationsschritten einer sorgfältigen Ausführung durch zugelassene Verarbeitungsunternehmen. Daher sind diese Systeme vergleichsweise kostenintensiv. Neuere Systeme sind aus weniger Bindemitteltypen bei geringerer Anzahl von Schichten zusammengesetzt.
16.1 Beschichtungen mit Chemikalienbelastung
313
Abb. 16.1: Schematischer Aufbau einer rissüberbrückenden Gewässerschutzbeschichtung mit dehnfähiger Zwischenschicht (Bindemittel: Polyurethanharz oder EP/PUR-Kombinationsharz) und starrer, chemikalienbeständiger Deckschicht (Bindemittel: Epoxidharz)
Abb. 16.2: Aufziehen eines reaktionsharzgebundenen Kratzspachtels vor dem Applizieren einer chemikalienbeständigen Beschichtung
b) Beschichtungen auf Vinylesterharzbasis Chemikalienbeständige Beschichtungen auf der Basis von Vinylesterharz (VE) bedürfen eines optimalen Untergrundes, da sich bei ungenügender Untergrundvorbereitung bzw. -festigkeit aufgrund der relativ hohen Schrumpfspannungen (linearer Schrumpf in % bei VE: 1,5 bis 3, EP: 0,2 bis
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
Abb. 16.3: Einlegen einer Gewebebahn in eine Deckschicht
Abb. 16.4: Andrücken einer Gewebebahn mit der Rolle
0,3) Haftungsprobleme zwischen Untergrund und dem Vinylesterharzsystem mit großflächigen Ablösungen der applizierten Beschichtung ergeben können. Zu hohe Umgebungsfeuchte verzögert zudem die Erhärtungsreaktion (Polymerisation). Die Harzkomponente enthält bereits eine Kombination aus Amin- und Kobaltbeschleuniger. Als so genannter Härter wird ein flüssiges organisches Peroxid (Initiator) eingesetzt. Mit meist glasfaserverstärkten Kunstharzaufbauten mit einer oder mehreren Laminatschichten aus chemisch hochbeständigem Vinylesterharz sind fugenlose Beschichtung herstellbar. Die sogenannte Laminatschicht ist die eigentliche chemisch beständige Schicht und enthält als Verstärkung 2 Lagen einer Textilglasmatte mit einer flächenbezogenen Masse von 300 g/m2 und
16.1 Beschichtungen mit Chemikalienbelastung
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Abb. 16.5: Schematischer Aufbau einer rissüberbrückenden Gewässerschutzbeschichtung mit starrer, chemikalienbeständiger Deckschicht (Bindemittel: Vinylester)
ein Kohlenstoff enthaltendes Mischgewebevlies (20 g/m2). Die Trockenschichtdicke des Aufbaus (Abb. 16.5) beträgt ca. 2,5 mm. Das Beschichtungssystem ist nach DIN EN 1081 als elektrisch ableitfähig einzustufen (Ableitwiderstand £106 Ohm, Nassmessung). Unterschiedlichsten Anforderungen, wie Rutschfestigkeit, Dekontaminierbarkeit und höhere mechanische Belastbarkeit, können durch zusätzliche Deckschichten (z.B. Kunstharzestriche, keramische Plattenlagen) unterschiedlichst Oberflächenbeschaffenheit erfüllt werden. Auf den vorbereiteten Untergrund wird eine Grundierung auf der Basis eines alkalibeständigen (unverseifbaren) Polyesterharzes aufgebracht. Nach dem Aushärten der Grundierung wird anschließend ein Laminierspachtel (VE) aufgetragen, in das direkt anschließend „frisch in frisch“ die Textilglasmatten (300 g/m2) eingebettet und mit Laminierharz (Harz/Härtergemisch) durch Verschlichten mit Rollen überschichtet werden. Danach wird das leitfähige Deckvlies ebenfalls unter Verwendung von Laminierharz eingearbeitet. Der Laminierspachtel besteht aus einem flexibel eingestellten Werkstoff, der in Verbindung mit der Textilglasmatte die erforderliche Rissüberbrückung gewährleistet. Durch die Textilglasmatten verringert sich zudem der thermische Längenänderungskoeffizient im Vergleich zu unverstärkten VE-Schichten. Aufgrund der Eigenschaften, wie ◆ Rissüberbrückungsfähigkeit (im Beton entstehende Risse bis zu einer Breite von 0,2 mm), ◆ chemische Beständigkeit, ◆ Befahrbarkeit, ◆ elektrische Ableitfähigkeit, sind Anwendungsbereiche dieses Systems auf Beton- oder Estrichflächen hauptsächlich Lagerräume, Auffangwannen und Vorhaltebecken für wassergefährdende Flüssigkeiten in Betrieben der chemischen Industrie und
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
Abb. 16.6: Schematischer Aufbau einer rissüberbrückenden, elektrisch ableitfähigen Gewässerschutzbeschichtung mit starrer, chemikalienbeständiger Deckschicht (Bindemittel: Vinylester)
anderen Industriezweigen, wie z.B. der oberflächenveredelnden Industrie, für die eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) vorgeschrieben ist. Ein alternatives System zeigt Abb. 16.6. Bei diesem Beschichtungssystem enthält die Laminatschicht jedoch als Verstärkungsstoffe zwei Lagen Textilglasmatte mit einer höheren flächenbezogenen Masse von 450 g/m2 und ein Oberflächenvlies mit einer flächenbezogenen Masse 30 g/m2. Die Leitfähigkeit des Beschichtungssystems erhält man hier durch eine mit Graphit gefüllte und damit leitfähige Deckschicht. Die gesamte Schichtdicke (trocken) beträgt ca. 3 mm. Ebenso wie das zuvor genannte System kann diese Laminatbeschichtung mit speziellen Deckschichten unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit kombiniert werden und ist für die gleichen Anwendungsgebiete sowie zur Verwendung als Dichtschicht unter Kunstharzestrichen, keramischen Belägen sowie als Gruben- und Behälterbeschichtung geeignet. Auf den ordnungsgemäß vorbereiteten Untergrund wird zunächst ein Grundierspachtel auf Vinylesterharzbasis aufgebracht. Nach dem Aushärten der mit Graphit gefüllten Spachtelschicht wird die Laminatbeschichtung unter Verwendung von Laminierharz und Textilglasmatten (450 g/m2) sowie dem Deckvlies (30 g/m2) hergestellt. Zum Schluss wird die leitfähige Deckschicht (Versiegelung) aufgerollt. Die Rissüberbrückung wird über die graphitgefüllte Vorspachtelung in Kombination mit der Laminatschicht und den darin enthaltenen Verstärkungsmatten erzielt. Der Vorteil dieses Systems liegt in der Verwendung von nur einer Bindemittelart sowohl für den Grundierspachtel als auch für die Laminatschicht. Lediglich für die Deckschicht muss ein mit Leitstoff und Pigment versehenes Harz verwendet werden.
16.1 Beschichtungen mit Chemikalienbelastung
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Da die VE-Laminatharze in Styrol gelöst sind, erfordern die Arbeiten einen erheblichen Aufwand zum Schutz des verarbeitenden Personals. Bei Überschreitung des MAK-Wertes von derzeit 20 ppm müssen die Arbeiten mit Atemschutz ausgeführt werden. c) Beschichtungen auf Epoxidharzbasis Die Anforderungen an den Untergrund und die Umgebungsbedingungen sind bei Epoxidharzsystemen in Form von selbstverlaufenden Systemen oder Spachtelungen deutlich geringer als bei Vinylesterharzsystemen. Dies ist z.B. in der geringern Empfindlichkeit gegen Feuchte von Epoxidharzen beim Aushärten und dem vergleichsweise geringen linearen Schrumpf begründet. Zudem ist die Geruchsbelästigung deutlich niedriger als bei den styrolhaltigen Vinylesterharzsystemen. Bezüglich der physikalischen Eigenschaften sind Epoxidharzbeschichtungen anderen Oberflächenschutzsystemen grundsätzlich gleichwertig. Jedoch ist im Vergleich zu anderen Harztypen (FU, PF, VE etc.) die Chemikalienbeständigkeit, z.B. gegenüber Lösemitteln, organischen Säuren oder oxidierenden Medien, geringer. Die chemische Beständigkeit gegenüber diesen Chemikalien konnte zum Teil durch Verwendung spezieller Harz/Härter Kombinationen, z.B mit aromatischen Aminhärtern, verbessert werden. Da aromatische Amine als krebserregend gelten, wird dieser Amintyp aus arbeitsmedizinischen Gründen mittlerweile nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt. Epoxidharze auf Novolak/Bisphenol F-Basis in Kombination mit polyfunktionellen Reaktivverdünnern und ausgewählten Härtern erfüllen nach bisherigem Kenntnisstand die wesentlichen Anforderungen. Abb. 16.7 stellt schematisch ein selbstverlaufendes Beschichtungssystem auf Epoxidharzbasis mit mineralischen Füllstoffen dar. Das Beschichtungssystem ist nach DIN EN 1081 elektrisch ableitfähig (Ableitwiderstand £106 Ohm, Nassmessung). Die Schichtdicke der Beschichtung beträgt ca. 2 mm. Die Grundierung wird auf den ausreichend vorbereiteten Untergrund (Beton) aufgetragen wird. Nach deren Aushärten wird eine mit Graphitmehl
Abb. 16.7: Schematischer Aufbau einer elektrisch ableitfähigen Gewässerschutzbeschichtung mit starrer, chemikalienbeständiger Deckschicht (Bindemittel: Epoxidharz)
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
hochgefüllte Leitschicht aufgerollt. Nachdem diese ebenfalls ausgehärtet ist, wird die Deckbeschichtung appliziert. Die Leitfähigkeit des Systems wird über Kohlenstofffasern in Verbindung mit der Leitschicht erzielt, in die zur Ableitung der statischen Elektrizität Kupferbänder eingeklebt werden. Durch die Verwendung von Kohlenstofffasern kann die Deckschicht in unterschiedlichen Farben eingestellt werden. Das Beschichtungssystem eignet sich als Abdichtungssystem von Betonund Estrichflächen für zahlreiche Anwendungen, insbesondere wenn rissüberbrückende Eigenschaften im Falle von Rissen im Untergrund mit einer Breite von maximal 0,2 mm gefordert werden. Infolge der wesentlichen Eigenschaften, wie ◆ elektrisch Ableitfähigkeit, ◆ rissüberbrückende Eigenschaften, ◆ mechanische Belastbarkeit (mittlere industrieübliche Beanspruchung), ◆ chemischer Beständigkeit gegenüber vielen Säuren, Laugen, Salzlösungen, Fetten, Ölen und Lösemitteln, ◆ einfachem Aufbau und ◆ guter Verarbeitbarkeit, sind Hauptanwendungsgebiete Lagerräume, Auffangwannen und Vorhaltebecken für wassergefährdende Flüssigkeiten in Betrieben der chemischen Industrie und anderen Industriezweigen. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, das System als Dichtschicht zum Erzielen der Chemikalienbeständigkeit unter Kunstharzestrichen und keramischen Belägen sowie als Gruben und Behälterbeschichtung zu verwenden. Die Beschichtung erhärtet schrumpfarm, kann fugenlos appliziert werden und ist in vielen Farbtönen herstellbar. Dehnfugen im Untergrund müssen in der Beschichtung übernommen werden. Eine nicht elektrisch ableitfähige Variante einer selbstverlaufende Beschichtung mit einer Schichtdicke von ca. 2 mm mit sonst gleichen Eigenschaften wie das zuvor genannte System zeigt Abb. 16.8.
Abb. 16.8: Schematischer Aufbau einer Gewässerschutzbeschichtung mit starrer, chemikalienbeständiger Deckschicht (Bindemittel: Epoxid)
16.1 Beschichtungen mit Chemikalienbelastung
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Die Applikation erfolgt wie bei dem zuvor beschriebenen System, jedoch wird die Deckschicht direkt auf die Grundierung aufgetragen, da Leitschicht und Kupferbänder entfallen. Beiden Systeme zeichnen sich besonders durch folgende Eigenschaften aus: ◆ gute Chemikalienbeständigkeit, ◆ einfache Verarbeitung, ◆ mit zeitgemäßer Arbeitshygiene, ◆ Beachtung optischer Aspekte. Die Eigenschaften der Werkstoffe für Gewässerschutz-Beschichtungen werden in hohem Maße ausgenutzt. Um eine fachgerechte Verarbeitung der Werkstoffe sicherzustellen, wird gefordert, dass die Werkstoffe erst dann verarbeitet dürfen, wenn die ausführende Firma durch den Hersteller der Werkstoffe in die Verarbeitung der Werkstoffe eingewiesen wurde. Die Funktion der Beschichtung ist neben dem geeigneten Beschichtungsstoff und dem fachgerechten Auftragen von der Qualität des Untergrundes abhängig. Die zu beschichtende Fläche aus Beton muss so beschaffen sein, dass Risse einer größeren Breite als die der Rissklassen A, B oder C nach DIN 28052-2 nicht auftreten. Dies wird durch konstruktive und betontechnologische Maßnahen, meist durch eine rissverteilende Mindestbewehrung, erreicht. Außerdem ist zu vermeiden, dass rückseitig Wasser in den Beton eindringt, um eventuelle Folgeschäden, wie z.B. Ablösen der Beschichtung vom Untergrund, zu vermeiden. Die Anforderungen an das zu beschichtende Bauwerk sind in der jeweiligen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung sowie in DIN 28052-2 aufgeführt. Durch das ausführende Unternehmen ist zu prüfen, ob die genannten Voraussetzungen vorliegen. Die Beton- und Estrichflächen müssen – falls erforderlich – durch Strahlen oder Fräsen so vorbereitet werden, dass sie frei von Zementschlämmen, Zementhaut, losen und mürben Teilen, Gefügefehlstellen und trennend wirkenden Substanzen sind. Zur Beurteilung der Oberflächenbeschaffenheit des Betonuntergrundes dient die Oberflächenzugfestigkeit, die durch die Abreißprüfung ermittelt wird. Die Oberflächenzugfestigkeit sollte 1,5 N/mm2 betragen. Bei besonders hohen mechanischen Belastungen oder bei schwerem Fahrverkehr können auch höhere Werte gefordert werden. Horizontale Flächen werden vorwiegend durch Kugelstrahlenverfahren vorbereitet. Im Bereich von vertikalen Flächen kann dieses Verfahren nicht eingesetzt werden. Für die Vorbereitung dieser Flächen gelangen die unterschiedlichen Strahlverfahren (Druckluftstrahlen mit trockenem oder feuchtem Strahlmittel, Hochdruckwasserstrahlen) zur Anwendung. Die Auswahl des geeigneten Verfahrens hängt von den objektspezifischen Gegebenheiten ab. Beim Einsatz von Hochdruckwasserstrahlen ist eine entsprechende Trocknungszeit zu beachtet, da der Beton während des Beschichtens ausreichend trocken sein muss. Die Restfeuchte (oberflächennaher Wassergehalt) der Beton- oder Estrichoberfläche muss entsprechend den Herstellerangaben meist £ 4 Masse-%
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
betragen. Manche Hersteller geben in den Arbeitsanweisungen maximale Restfeuchten von 6 Masse-% an. Die verschiedenen Systeme sind jedoch sehr unterschiedlich feuchtigkeitsempfindlich bzw. -verträglich. Ein einheitlicher Wert von 4 M-% erscheint nicht richtig. Der zulässige Wassergehalt des Untergrundes muss zudem abhängig vom Substrates angegeben werden, da unterschiedliche Baustoffe bei gleichen Umgebungsbedingungen unterschiedliche Wassergehalte annehmen, die überdies herstellungsbedingt noch innerhalb vergleichsweiser großer Toleranzen schwanken können (vgl. Abschnitt 10.2.4). Bereits vorhandene instandzusetzende Auffangräume sind durch entsprechende Maßnahmen in einen für die Beschichtung den neuen Auffangwannen vergleichbaren Zustand zu versetzen. Auf horizontalen Flächen können selbstverlaufende Beschichtungsstoffe oder auch spachtelfähige Beschichtungsstoffe verwendet werden. Beim Beschichten von vertikalen Flächen ist zu verhindern, dass die Beschichtung in noch nicht erhärtetem Zustand infolge der Schwerkraft abgleiten kann. Daher werden selbstverlaufenden Werkstoffen Stellmittel zugegeben. Bei der Ausführung von Beschichtungen in mehreren Arbeitsgängen ist erforderlich, die Wartezeiten zwischen den einzelnen Arbeitsschritten entsprechend den Angaben der Produkthersteller einzuhalten. Andernfalls können Haftungsstörungen zwischen den einzelnen Schichten eintreten, wodurch die Beschichtung nicht mehr die an sie gestellten Forderungen erfüllt und geschädigt werden kann. Nach dem Aushärten jeder einzelnen Lage ist die Oberfläche auf Fehlstellen, z.B. Poren, zu untersuchen. ◆ Festgestellte Poren sind mittels eines geeigneten Schleifpapiers trichterförmig anzuschleifen. Anschließend ist die Fehlstelle mit dem jeweiligen Beschichtungsstoff – evtl. unter Zugabe eines Stellmittels – zu schließen. ◆ Mit Blasen, d.h. in der Beschichtung eingeschlossener Luft, behaftete Teilflächen sind mit einem scharfen Werkzeug aus der Beschichtung trichterförmig auszuschneiden. Der Rand der so entstandenen Fehlstelle wird auf eine Breite von ca. 5 cm mit Schleifpapier angeschliffen. Anschließend ist die Fehlstelle mit dem jeweiligen Beschichtungsstoff wieder zu schließen. ◆ Verunreinigungen der einzelnen Lagen sind durch geeignete Mittel zu entfernen. Ist dies nicht möglich, so ist wie beim Vorliegen von Blasen zu verfahren. ◆ Bei Schäden durch mechanische Verletzung sind die beschädigten Stellen wie bei Blasen zu behandeln. Die Schichtdicken sind während des Beschichtens ständig zu überwachen. Dies geschieht durch Ermitteln des Materialverbrauches pro Einbaufläche und durch stichprobenartiges Prüfen der frischen Beschichtung mittels Nassfilmdickenmesser. Zu geringe Schichtdicken sind unverzüglich vor dem Aushärten der Beschichtung auszugleichen. Bei bereits ausgehärteter Beschichtung ist die Unterlage durch Schleifen oder leichtes Anstrahlen vor dem erneuten Beschichten vorzubereiten.
16.2 Beschichtungen mit rissüberbrückenden Eigenschaften
321
An Anschlussbereichen, wie z.B. der Übergang von der horizontalen zur vertikalen Fläche, sind sogenannte Hohlkehlen auszubilden, um unzulässige Spannungen infolge zu hoher Schichtdicke im Beschichtungsaufbau zu verhindern. Im Bereich der Fugen werden Fugenabdeckbänder eingelegt. (Weitere Erläuterungen siehe im Kapitel 17 Systeme zum Abdichten von Fugen.) Bei Beschichtungen auf Betonböden, die ohne äußere Abdichtung ausgeführt sind, besteht bei anstehendem Grundwasser die Möglichkeit des rückseitigen Durchfeuchtens der Betonbodenplatte, die zu Schäden an der Beschichtung führen kann. Im Falle von aufsteigendem Wasser müssen vor Aufbringen einer Beschichtung zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Dies kann durch Einbauen zusätzlicher Sperrschichten unter der GewässerschutzBeschichtung oder außenliegende Abdichtungen erfolgen.
16.2 Beschichtungen mit rissüberbrückenden Eigenschaften Beschichtungen mit rissüberbrückenden Eigenschaften für Betonbauteile an Fassaden und entsprechenden Bauteiloberflächen, die nicht mechanischen Beanspruchungen durch Begehen und/oder Befahren ausgesetzt sind, besitzen als Bindemittel meist plastoelastische Acrylat-Copolymerisatdispersionen. Bei besonderen Anforderungen an die Rissüberbrückungsfähigkeit und weitere Eigenschaften, z.B. an die Chemikalienbeständigkeit, werden Beschichtungen auf der Basis von elastomeren Polyurethan-Bindemitteln formuliert. Formulierungen für rissüberbrückende Beschichtungen für Betonböden, die im Grunde immer durch Gehen und/oder Befahren mechanisch beansprucht werden, basieren auf elastomeren, weitmaschig vernetzenden, organischen Hochpolymeren, meist Polyurethane bzw. deren Kombinationen mit Epoxidharzen. EP/PUR-Kombinationsbindemittel zeichnen sich neben der Flexibilität durch besondere mechanische Widerstandsfestigkeit aus. Typische Aufbauten werden z.B. in Abschnitt 16.1 genannt. Die Werkstoffe müssen mit runden, nach Möglichkeit weichen Pigmenten und Füllstoffen erfolgen. Auf diese Weise wird verhindert, dass während des Verformens durch innere Kerbwirkung Brüche auftreten [GIELER]. Gebrochene, scharfkantige Quarzkörner sind daher als Füllstoff ungeeignet, auch wenn diese in der Praxis, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, eingestreut werden (vgl. Abschnitt 12.3.11). Über Prüfungen an rissüberbrückenden Beschichtungen wird ausführlich in Kapitel 10 berichtet.
322
16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
16.3 Begangene und befahrene Beschichtungen 16.3.1 Rutschhemmende Eigenschaften Für bestimmte Arbeitsräume und -bereiche sind aus Gründen der Arbeitssicherheit Forderungen an die Rutschhemmung und den Verdrängungsraum des Bodenbelags gestellt (vgl. Abschn. 10.3.5). Die Rauheit der Oberfläche einer Beschichtung ist neben der Art des Beschichtungswerkstoffs ausschlaggebend für die rutschhemmende Wirkung einer Bodenbeschichtung. Die Rutschsicherheit kann durch in die noch nicht erhärtete Verlaufbeschichtung eingestreute bzw. eingearbeitete Abstreustoffe (z.B. Elektrokorund, Siliziumkarbid) gemäß den Bewertungsgruppen der ZH 1/571 gezielt hergestellt werden. Der Aufbau einer rutschhemmenden Reaktionsharzbeschichtungen muss die auf Tabelle 16.1 angegebenen Richtwerte erfüllen. Je nach Lage der Fläche bzw. späterer Nutzung werden die Abstreuungen mit einer weiteren Deckversiegelung überschichtet bzw. verbleiben ohne Deckversiegelung, wie z.B. bei Freiflächen (Rampen, Treppen, Tribünen, Gehwegen oder Außenlagern), vgl. Tabelle 16.2.
Tab. 16.1: Arbeitsbereiche mit Richtwerten für die Bewertungsgruppe der Rutschgefahr und die Kennzahl für den Verdrängungsraum [ZH 1/571] Nr.
Arbeitsräume und -bereiche
0 0.1 0.2 … 4
Allgemeine Arbeitsräume und -bereiche Eingangsbereiche a Treppen
4.1 4.2 4.3 … 5
Herstellung von Backwaren (Bäckereien, Konditoreien, Dauerbackwarenherstellung) Teigbereitung Räume, in denen vorwiegend Fette oder flüssige Massen verarbeitet werden Spülräume
Schlachtung, Fleischbearbeitung, Fleischverarbeitung 5.1 Schlachthaus 5.2 Kuttlerraum, Darmschleimerei 5.10 Geflügelverarbeitung a
Bewertungsgruppe der Rutschgefahr Richtwert) (R
Verdrängungsraum mit Kennzahl für das Mindestvolumen
R9 R9
R 11 R 12 R 12
V4
R 13 R 13 R 12
V 10 V 10 V6
…, die durch Eingänge direkt aus dem Freien betreten werden können und in die Feuchtigkeit von außen gelangen bzw. hineingetragen werden kann. …
16.3 Begangene und befahrene Beschichtungen
323
Tab. 16.2: Prinzipieller Aufbau typischer rutschhemmender Reaktionsharzbeschichtungen Lagen/Schicht
Maßnahme
Stoffe
Vorbehandlung
– Grundierung – Reprofilierung – Egalisierung
Bindemittel und Mörtelmassen auf Reaktionsharz basis
Rutschhemmend – Beschichtung, ein- oder funktionale oder mehrlagig Schichten – Abstreuung Glaskugeln etc. – Deckversiegelung, einoder mehrlagig (optional)
i.d.R. pigmentierte und gefüllte, lösemittelfreien Reaktionsharze Quarzsande, Splitt, Elektrokorund, Siliziumkarbid, Reaktionsharz, pigmentiert und gefüllt
Als rutschhemmend wirkende Parameter sind zu nennen: ◆ die Art der Abstreustoffe, ◆ deren Korngröße und -form (rund, scharfkantig) sowie ◆ die Schichtdicke der Deckversiegelung. Da die Art des Abstreumittels, dessen Korngröße und die Kornform (rund oder gebrochen) maßgebend für die Zuordnung des Bodenbelages zu einer der Bewertungsgruppen (R 9…R 13) und zur Bezeichnung des Verdrängungsraumes sind, muss das ausführende Unternehmen die Vorgaben des Herstellers des Beschichtungssystems genau einhalten. Überschüssiges und nicht eingebundenes Abstreumittel wird nach dem Erhärten des Beschichtungsstoffes
Abb. 16.9: Abstreuen einer Bodenbeschichtung
324
16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
durch Reinigen mit dem Besen oder Industriestaubsauger von der Oberfläche entfernt. Unter anderem in Reinräumen müssen Beschichtungen rutschhemmend, aber auch leicht zu reinigen sein. Die Reinigungsfähigkeit einer zum Erzielen der Rutschhemmung abgestreuten Beschichtung kann durch Auftragen einer zusätzlichen Versiegelung verbessert werden. Derartige Versiegelungen werden auch Kopf- oder Deckversiegelung genannt. Die Versiegelung beeinflusst jedoch die Rutschhemmung und das Volumen des Verdrängungsraumes ungünstig. Art und Größe des Abstreukorns sind daher entsprechend zu wählen, um die gestellten Anforderungen dennoch zu erzielen.
16.3.2 Erhöhte Griffigkeit Bei befahrenen Beschichtungen, z.B. in Parkbauten, ist die Griffigkeit (vgl. Abschn. 10.3.4) von Bedeutung. Gemäß Rili-SIB soll die nach dem Verfahren mit dem Pendelgerät ermittelte Griffigkeit – SRT-Wert in Skalenteilen (SKT) – vor und nach der Verschleißfestigkeitsprüfung bei OS 11 (OS F) ≥ 60 SKT und bei OS 13 ≥ 50 SKT betragen. Die Griffigkeit von Beschichtungen kann durch Abstreumittel analog den Ausführungen zur Rutschfestigkeit erhöht werden.
16.4 Beschichtungen mit definierten elektrischen Eigenschaften Vor allem im Bereich der Industrie, der Medizin und der Forschung werden von Bodenbeschichtungen definierte elektrische Eigenschaften gefordert, die dem Arbeitsschutz, dem Schutz der Einrichtungen und Geräte sowie den Produkten dienen können. Bei mineralisch gebundenen Böden hängt der Ableitwiderstand für elektrische Ladungen vor allem vom Feuchtegehalt des Zementsteins ab. Infolge Austrocknens kann daher die Ableitfähigkeit nachlassen, so dass eventuell Gefahren für Menschen und Geräte infolge elektrischer Entladungen entstehen können. Aus diesem Grunde wurden Beschichtungsaufbauten entwickelt, mit denen – unabhängig von weiteren Parametern – konstante elektrische Eigenschaften eingehalten werden. Die Beschichtungen sind z.T. in der Lage, weitere Forderungen, wie z.B. Beständigkeit gegenüber Chemikalien (Säuren, Laugen, Lösemittel), hoher Verschleißwiderstand, gute Reinigungsfähigkeit und ansprechende optische Erscheinung, zu erfüllen.
16.4 Beschichtungen mit definierten elektrischen Eigenschaften
325
16.4.1 Hoher Isolationswiderstand Zum Schutz gegen gefährliche Körperströme können isolierende Böden, z.B. in Starkstromanlagen, erforderlich sein. Durch Beschichten eines zementgebundenen Bodens mit Werkstoffen aus Reaktionsharzen, die keine leitenden Füllstoffe enthalten, kann dessen elektrischer Widerstand erhöht werden. Der Isolationswiderstand hängt von ◆ der Zusammensetzung des Beschichtungswerkstoffs, ◆ vom Aufbau der Beschichtung und ◆ von der Dicke der Schichten ab. Der Widerstand wird nach DIN VDE 0100 Teil 410 gemessen.
16.4.2 Ableitfähigkeit elektrischer Ladungen 16.4.2.1 Grundsätzliches Häufig werden in der Industrie und im Gewerbe ◆ Textile Bodenbeläge ◆ Elastische Bodenbeläge ◆ Kunstharzbeschichtungen ◆ Plattenbeläge in ableitfähiger Form eingesetzt. Während alle bauüblichen Metalle mit Werten für den spezifischen Widerstand von < 10–6 [W m] und Baustoffe mit mineralischen Bindemitteln mit vom Wassergehalt abhängigen spezifischen Widerständen von > 102 [W m] bis zu 106 [W m] zu der Gruppe der elektrisch (ab)leitfähigen Baustoffe gehören, sind Kunststoffe typischen Nichtleiter (vgl. Abb. 10.29). Durch elektrisch leitfähige Zusätze, Zuschlagstoffe oder Pigmente können die Werte für die elektrische Leitfähigkeit bei Kunststoffen jedoch an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden. Daher stellen Beschichtungen auf Reaktionsharzbasis, elastische sowie textile Bodenbeläge die bedeutendste Gruppe der elektrisch leitfähigen Industriefußböden dar. Um die elektrischen Leitfähigkeit dauerhaft herzustellen, sind Beschichtungen und Bodenbeläge mit elektrisch leitfähigen Unterschichten als leitfähige Ebene (Abb. 16.10) und ggf. einer Erdung über ein Netz aus Metallbändern erforderlich. Im Gegensatz zu den ersten Systemen ist der Erdableitwiderstand der heutigen Systeme nicht abhängig von den elektrischen Eigenschaften des vorhandenen Untergrundes. Dies ist dadurch begründet, dass die Verbindung zu geerdeten Punkten nicht mehr über den Untergrund (z.B. die Stahlbetondecke) mit variablem Widerstand, sondern über eine leitfähige Schicht mit konstant bleibendem Widerstand unter der Nutzschicht er-
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
Abb. 16.10: Ableitung der elektrischen Ladung zum Potentialausgleich ohne und mit hoch leitfähiger Grundierung (Leitschicht)
folgt (vgl. Abb. 16.10). Die Ableitfähigkeit bei mineralischen Baustoffen ist nämlich von deren Wassergehalt abhängig. Dieser ändert sich mit fortlaufender Hydratation oder den jeweiligen Umgebungsbedingungen. Die als Grundierung aufgebrachte leitfähige Schicht weist in horizontaler Richtung eine deutlich höhere Leitfähigkeit als die Beschichtung auf. Dadurch wird vermieden, dass die Widerstände infolge des Austrocknens des mineralischen Untergrundes größer werden. Mit Böden auf der Basis von Kunststoffen sind die geforderten Werte für den Erdableitwiderstand im Bereich zwischen 104 W und 109 W erzielbar. In der Praxis werden bei Messungen an einzelnen Stellen eines Bodens unterschiedliche Werte für den Erdableitwiderstand festgestellt. Dies ist teils handwerklich bedingt, u.a. durch lokale Schichtdickenunterschiede sowie Schwankungen in der Verteilung der leitfähigen Zusätze, teils durch die unterschiedliche Abstände der einzelnen Messstellen zu den an die Erdung angeschlossenen Metallbänder. Unebene Untergründe sind durch eine mit einem konventionellen isolierenden Reaktionsharz gebundene Ausgleichsspachtelung unter der leitenden Schicht zu ebnen, um Niveauunterschiede, die vom Beton-/Estrichuntergrund hervorgerufen werden, auszugleichen und Poren zu schließen. Dadurch werden unterschiedliche Schichtdicken der leitfähigen Beschichtung und infolgedessen unterschiedliche Erdableitwiderstände innerhalb einer Fläche vermieden (Abb. 16.11). Außerdem ist nicht unproblematisch, mit lösemittelhaltigen Leitschichten sowohl einen grundierenden Effekt für den Betonuntergrund als auch eine permanente horizontale Ableitung zu bewirken. Wenn keine speziell formulierten Grundierungen auf Epoxidharzbasis eingesetzt werden, kann der Schädigungsmechanismus „osmotische Blasenbildung“ auftreten. Der Anschluss der Leitschicht an den Erdungspunkt, z.B. verdübelte Messingplatte mit stabilem Erdungsanschluss, erfolgt i.d.R. über selbstklebende Kupferbänder und -litzen. Dadurch sind Werte für die Ableitfähigkeit innerhalb der dauerhaft geforderten Toleranz zu erzielen. In derartigen Aufbauten
16.4 Beschichtungen mit definierten elektrischen Eigenschaften
327
a
b
Abb. 16.11: Erdableitwiderstand einer selbstverlaufenden Beschichtung auf unebenem Untergrund: a) ohne und b) mit elektrisch isolierendem Ausgleichspachtel (Prinzip)
bestimmt somit nur die Zusammensetzung und Verarbeitung der Leitschicht und der Beschichtung die Ableitfähigkeit. Die Anzahl ableitender Kupferbänder je Flächeneinheit oder der Anschlüsse an erdungsfähige Punkte unterscheiden sich bei den einzelnen Herstellern. Für Flächen bis 1000 m2 wird in der Literatur jedoch eine Anzahl von mindestens 2 Anschlüssen empfohlen. Die Kupferbänder werden in einem Abstand von max. 10 m voneinander verlegt. Größere Entfernungen sind mit Leitbändern zu überbrücken oder zusätzliche Anschlusspunkte zu schaffen. Die sorgfältig gereinigten Anschlusspunkte werden mit einer Ringleitung verbunden oder direkt an eine geeignete Erdanschlussstelle angeschlossen. Die Installation der Erdleitung muss durch einen Elektro-Installateur erfolgen. 16.4.2.2 Leitfähige Füllstoffe Versuche, Kunststoffe mit leitfähigen Füllstoffen, wie ◆ Ruß, ◆ Graphit, ◆ Metalle, Metalloxide, Metallpulver, z.B.: Aluminiumpulver/-gries, ◆ metallisierte Glas-, Keramik-, Kunststoffkörper, ◆ Siliziumcarbid als Füllstoff und Abstreumaterial, ◆ Kohlenstofffasern, leitfähig einzustellen, zeigten nicht den gewünschten Erfolg. Als wesentlich wurde erkannt, dass sogenannte Leitwege im Kunststoff erforderlich sind. Bei kugeligen Füllstoffen sind diese nur effektiv, wenn der Abstand untereinander
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
nicht mehr als 10 nm beträgt. Dies hat einen hohen Anteil an Füllstoff zur Folge (beispielsweise 18% bis 25% Ruß, abhängig von Ruß- und Kunststofftype), um die geforderte Leitfähigkeit zu erzielen. Da Ruß vergleichsweise voluminös ist, wurde die Verarbeitbarkeit – neben weiteren ungewünschten Effekten – erheblich erschwert, da die Werkstoffe nahezu pastös und nicht selbstverlaufend waren. Inzwischen sind durch Einsatz von nicht farbgebenden Füllstoffen, die mit dünnen, halbleitenden Filmen von Metalloxiden umhüllt sind, transparente, ableitfähige Beschichtungen realisierbar. Um den Abstand der Füllstoffe zu minimieren (Abb. 16.12), wurden Karbonfasern mit entsprechender Leitfähigkeit entwickelt. Geringe spezifische Widerstände von unter 20 µWm werden durch die Ausrichtung der Graphitkristalle durch Pyrolyse von Polyacrylnitrilfasern erzielt. Beim Einsatz von leitfähigen Fasern verschiedener Längen von ca. 0,3 mm bis ca. 6 mm und einem Durchmesser von < 20 µm genügt bereits ein Zusatz von 1 M-% bis 3 M-%, sodass die üblichen Verarbeitungsmerkmale der Flüssigkunststoffe erhalten bleiben. Durch Karbonfasern werden elektrische Ladungen lokal vertikal abgeleitet. Beim Einarbeiten dürfen Karbonfasern keiner zu hohen Scherkraft ausgesetzt werden, um sie nicht zu zerschlagen. Kürzere Fasern führten bei gleichem Anteil zu größeren Abständen untereinander und infolgedessen zu verminderter Leitfähigkeit. Besonders wichtig ist daher, im Werk des Beschichtungsstoffherstellers die Hilfsstoffe gleichmäßig zu verteilen ohne diese zu zerkleinern. Das Einmischen der Karbonfasern vor Ort ist schwierig und wird selten durchgeführt. Falsches Mischen kann zu Verkneuelungen führen, sodass die Oberflächen nach Applikation den optisch-ästhetischen Forderungen nicht genügen. Von den Karbonfasern geht keine Dochtwirkung aus, wie zum Teil bei anderen Fasertypen. Da Karbonfasern nicht farbgebend sind, können Beschichtungen durch Pigmentieren beliebig farbig eingestellt werden. Die chemisch inerten Karbonfasern schränken die Chemikalienbeständigkeit gemäß den Vorgaben der „Bau- und Prüfgrundsätze für den Gewässerschutz“ nicht ein. Aus den genannten Gründen haben sich leitfähige a
b
Abb. 16.12: Elektrisch leitfähige Füllstoffe a) kugelig, zu geringer Anteil, dadurch keine durchgehenden Leitwege, b) faserig, geringer Anteil, dennoch ausreichende Leitwege
16.4 Beschichtungen mit definierten elektrischen Eigenschaften
329
Beschichtungsstoffe mit Karbonfasern in den letzten Jahren gegenüber anderen Varianten durchgesetzt. Grundierung bzw. Egalisierung sind vor dem Auftragen der Leitschicht sorgfältig zu reinigen. Sofern die maximale Wartezeit zwischen Grundierung/Egalisierung und Leitschicht überschritten wird, ist die Oberfläche vor dem Aufbringen des Leitfilms mechanisch, z.B. durch Anschleifen, aufzurauen. Die Grundierung darf nicht mit Quarzsand abgestreut werden, da dadurch der nachfolgende Leitfilm unterbrochen wird. Die Ableitung verläuft vertikal durch die Beschichtung hindurch auf die Leitschicht und von dort zur Erdungsschiene. Daher ist das Verhältnis zwischen Partikelgröße der Füllstoffteilchen bzw. Faserlänge und der Trockenschichtdicke der Formulierung wesentlich für die sichere Funktion. Aufgrund der Abhängigkeit der Ableitfähigkeit von der Schichtdicke ist das Egalisieren des Untergrundes von wesentlicher Bedeutung. Zum gleichmäßigen, vertikalen Ausrichten der Fasern kann das Arbeiten mit der „Stachelwalze“ – im Regelfall zum besseren Entlüften eingesetzt – förderlich sein. Über die verdübelte Messingplatte oder die verlegten Kupferleitbänder wird die Leitschicht vollflächig und ausreichend dickschichtig aufgerollt oder gestrichen. Probemessungen der Ableitfähigkeit nach dem Erhärten des Leitfilmes sind empfehlenswert. Mit dem Verarbeiten der lösemittelhaltigen Leitschicht sollte erst begonnen werden, wenn die Grundierung überall klebfrei ausgehärtet ist, da andernfalls Runzelbildungen auftreten bzw. die Leitfähigkeit beeinträchtigt werden kann. Bei unzulässig hohem Materialverbrauch wird die Haftfestigkeit der Leitschicht erheblich infolge Lösemitteleinschlüssen vermindert, sowie die Ableitfähigkeit stark beeinträchtigt. Die Leitschicht darf in der Regel nicht abgesandet werden. Falls nach Verlegung der Erdableitwiderstand der Beschichtungen als unzureichend ermittelt wird, ist nur durch erneutes, vollständiges Auftragen des ableitfähigen Beschichtungssystems nachzubessern. 16.4.2.3 Leitfähige Vliese Als weitere Alternative, Beschichtungen leitfähig einzustellen, ist das Einlegen eines leitenden Kohlefaser-Vlieses mit einer flächenbezogene Masse von 60 g/m2 bis 100 g/m2 relativ dicht unter der Oberfläche in einen nichtleitenden Kunststoff zu nennen. Meist wird der Gesamtaufbau durch eine zusätzliche Einlage aus einer Kombination von Rovinggewebe und Glasfasermatte stabilisiert. Über das Vlies werden elektrische Ladungen durch Kupferlitzen zur Erde abgeleitet. Die Vliesbahnen müssen sich mindestens 8 cm bis etwa 10 cm überlappen, um sicher abzuleiten. Nach dem Einlegen in die Laminiermasse muss durch sorgfältiges Abrollen (zweckmäßig mit einer Scheibenwalze) eingeschlossene Luft aus dem Vlies vertrieben werden, um Luftblasen zu vermeiden. Um bei Bedarf den Gesamtaufbau rissüberbrückend auszubilden, kann unter der stabilisierten, nichtleitenden Kunststoffschicht z.B. eine
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
flexibilisierte Kunststoffschicht angeordnet sein. Auf die ableitende Wirkung hat die Art des Untergrundes keinen Einfluss. 16.4.2.4 Aufbauten und Applikation a) Laminatbeschichtungen Laminatbeschichtungen zeichnen sich durch die Verwendung von Verstärkungsmaterialien aus. Diese sind in der Regel: ◆ Glasmatten, ◆ Glasgewebe, ◆ Duplex-(Komplex-)matten, ◆ Vliese. Als Bindemittel kommen zum Einsatz: ◆ Ungesättigte Polyesterharze, ◆ Vinylesterharze, ◆ Epoxidharze, ◆ Furanharze. In Anwendung befinden sich durchgehend leitfähige Laminatbeschichtungen, bei denen die dehnfähige Zwischenschicht ebenso leitfähig eingestellt ist wie die Deckschicht. Alternativ werden die Grundierung und die dehnfähige Zwischenschicht in nicht leitfähiger Form aufgetragen. Danach werden Glasmatten mit einem leitfähigen Harz laminiert und mit oder ohne Deckvlies durch eine leitfähige Deckschicht versiegelt (Abb. 16.6). b) Spachtel- und selbstverlaufende Beschichtungen Inzwischen sind Reaktionsharze verfügbar, die neben ableitfähigen und chemikalienbeständigen Eigenschaften zusätzlich rissüberbrückend bis 0,2 mm Rissbreite wirken. Infolgedessen werden die wesentlichen Anforderungen an Beschichtungssysteme nach den Bau- und Prüfgrundsätzen für den Gewässerschutz im Bereich der Lagerstätten für brennbare, wassergefährdende Stoffe ohne verstärkende Vliese und Gewebe erfüllt. Günstig bei der Applikation selbstverlaufender Reaktionsharzmassen mit ableitenden Füllstoffen ist, dass ableitfähige Gewebe oder Vliese mit inneliegenden Karbonfasern und/oder Kupferfäden nicht mehr zwingend erforderlich sind. Dies hat bei einfacheren Einbaubedingungen zusätzlich wirtschaftliche Vorteile. Spachtelbeschichtungen werden in einer Dicke von ca. 3 mm–5 mm und selbstverlaufende (selbstnivellierende) Beschichtungen in einer Dicke von ca. 1 mm–3 mm (Abb. 16.7) ausgeführt. Spachtelbeschichtungen sind aufgrund des höheren Füllgrades für mechanisch vergleichsweise höher beanspruchte Böden geeignet und können auch bei stärkerem Gefälle im Untergrund ausgeführt werden. Bei der Wahl des Bindemittels ist zu beachten, dass Polyurethanharze gegenüber den Epoxidharzen dehnfähiger formuliert werden können und dadurch
16.5 Beschichtungen für Reinräume
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rissüberbrückend sind. Zudem sind sie widerstandsfähiger gegen organische und anorganische Säuren, trittsicherer und ergeben optisch ansprechendere Oberflächen. Aufgrund eine gewissen Kreidungsneigung beim Einsatz im Außenbereich, werden sie vorzugsweise im Innenbereich verwendet. c) Einstreubeschichtungen Auf eine leitfähige Grundierung wird im Überschuss eine nicht oder nur wenig gefüllte Polymermasse durch Gießen/Rakeln aufgebracht. In diese werden relativ große Füllstoffe bis zum Überschuss eingestreut. Die verwendeten Füllstoffe bestehen aus Korund, Quarz oder Siliziumcarbid. Nach dem Aushärten des Bindemittels wird der Füllstoffüberschuss abgesaugt. Eine oftmals farbige Versiegelung stellt den letzten Arbeitsgang zur Herstellung des fertigen Belages dar. Bei diesen wirtschaftlich günstig herzustellenden rauen, rutschfesten Belägen erfolgt die Ableitung der elektrischen Ladungen über die Spitzen der Füllstoffkörner. Um Oberflächen mit erhöhter Griffigkeit/Rutschfestigkeit zu erzielen, können Beschichtungen auch mit leitfähigem, inerten Zuschlag abgestreut und – je nach Stoffsystem – auch versiegelt oder in „noppiger“ Struktur ohne Einbußen der ableitenden Eigenschaften eingebaut werden. Allen gängigen Aufbauvarianten gemein ist, dass die Ableitfähigkeit unabhängig von den elektrischen Eigenschaften des Untergrunds erreicht wird. Beim Einbauen der Beschichtungen sind selbstverständlich auch die sonst für das jeweilige Kunststoffmaterial vorgegebenen Bestimmungen zur Arbeitssicherheit einzuhalten.
16.5 Beschichtungen für Reinräume Zunehmend produzieren Industriezweige, wie Halbleiterindustrie Lebensmittelindustrie, Umwelttechnik, Pharmazie, Feinmechanik, Optik u.a., aufgrund steigender Anforderungen an die Produktqualität unter reinen Umgebungsbedingungen. Der Stellenwert der Reinraumtechnik beim Konzeptionieren der Produktionsumgebung wächst aus diesem Grund ständig; Reinräume aller Reinheitsklassen sind heute keine Seltenheit mehr. Bereits geringste Verunreinigungen der Luft können in der Halbleitertechnik zu hohen Ausschussraten führen – die Größe der „Killerpartikel“ liegt heute bei etwa 0,05 µm. Entscheidend für eine wirtschaftliche Fertigung ist daher, die aus der Umgebung resultierenden Einflüsse auf die Qualität der Produktion zu minimieren, um eine möglichst hohe Ausbeute bei geringstem Ausschuss zu erzielen. Um den extrem hohen Anforderungen an die Reinheit zu genügen, werden die Oberflächen der Produktionsräume mit speziellen Beschichtungen versehen. Die genannten Anforderungen können nur durch Auswahl geeigneter Werkstoffe, detaillierte Planung unter Einbeziehung der qualitätssichernden Maßnahmen sowie durch sorgfältiges Ausführen erfüllt werden.
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
16.5.1 Anforderungen an Reinräume und Reinraumoberflächen Technische Regeln zur Reinraumtechnik sowie die speziellen Anforderungen an die unterschiedlichen Reinraumklassen werden ausführlich mit den verschiedenen Teilen der VDI-Richtlinie 2083 sowie in zahlreichen nationalen und internationalen Normen und anderen Regelwerken behandelt. Die Richtlinie legt in Blatt 1 die Reinheitsklassen der Luft und in Blatt 4 Maßnahmen zum Erzielen bestimmter Oberflächenreinheitsklassen (ORK) fest. Die ORK legen die zulässige Menge der Partikel je Flächeneinheit in Abhängigkeit von deren Größe fest. Anforderungen an die Reinheit und Gebrauchstüchtigkeit von Oberflächen im sogenannten Kernbereich werden in Blatt 4 der genannten VDIRichtlinie genannt: ◆ Wand-/Deckenelemente müssen neben den einschlägigen bauphysikalischen Vorschriften bezüglich Brandschutz und Wärmedämmung insbesondere eine glatte, gasdichte, porenfreie, abriebfeste und leicht zu reinigende Oberfläche, die beständig gegen Reinigungs- und Desinfektionsmittel und Alterung und/oder Korrosion ist, aufweisen. ◆ Fußböden müssen porenfreie, rutschfeste, abriebarme, gegebenenfalls ableitbare, gegen chemische, statische und dynamische Belastungen beständige und reinigungsfreundliche Oberbeläge besitzen. ◆ Verbindungen zwischen Bauelementen sind untereinander starr und fugenfrei, Kehlen der Anschlüsse an Decke/Wand und Wand/Fußboden sind fugenlos mit Radien >10 mm auszuführen. Für die den Reinraum umgebenden Außenbereiche gilt grundsätzlich, dass mit dem Reinraum in Verbindung stehende Schleusen, Durchreichen und Förderbrücken denselben Reinheitsgrad wie der angrenzende Reinraum innehaben müssen. Durch geeignete Maßnahmen ist die Anzahl von Partikeln, die sich aufgrund elektrostatischer Aufladung an den Reinraumflächen ablagern, zu begrenzen. In VDI 2083 Blatt 4 wird dabei zwischen allgemeinen und speziellen Maßnahmen unterschieden. Unter Berücksichtigung des Personenschutzes durch Erdung und des Schutzes elektrostatisch gefährdeter Baugruppen wird der „ideale„ Widerstandsbereich für Oberflächen angegeben in den Grenzen RST = 5 · 104 W (Standortübergangswiderstand) und RE = 1 · 107 W (Erdableitwiderstand). Gegenwärtig werden auf internationaler Ebene durch die International Organization for Standardization (ISO) die technischen Regularien abgestimmt. Dabei werden Regelungen für Planung, Konstruktion und Prüfung von Reinräumen erarbeitet.
16.5 Beschichtungen für Reinräume
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16.5.2 Werkstoffe, Beschichtungssysteme und Applikationstechnik Aus den Anforderungen an Reinräume und Reinraumoberflächen resultieren die Forderungen an die Oberflächenschutzbeschichtungen. Diese müssen u.a. chemische Beständigkeit, elektrostatische Ableitfähigkeit, mechanische Belastbarkeit, höchste Abriebfestigkeit aufweisen. Zudem werden enge Maßtoleranzen, glatte, fusselfreie und wischfeste Oberflächen gefordert; die Oberflächenmaterialien dürfen keine ausgasenden Inhaltsstoffe (vgl. Tab. 16.3) enthalten und die Deckschicht muss oxidationsfrei sein. Über die genannten Regelwerke hinaus können vom Betreiber der Reinräume weitere Forderungen gelten. In den Produktions- und Betriebsbereichen sind aufgrund der spezifischen Anforderungen häufig unterschiedliche Varianten von Beschichtungsaufbauten erforderlich: a) Bodenbeschichtungen, belastet mindestens mit Gabelstaplerverkehr: ◆ chemikalienbeständige Aufbauten, ◆ chemikalienbeständige, nicht elektrisch ableitfähige Aufbauten gemäß Wasserhaushaltsgesetz (WHG), ◆ chemikalienbeständige, elektrisch ableitfähige Aufbauten gemäß WHG ◆ chemikalienbeständige, mechanisch stark belastbare Aufbauten. Tab. 16.3: Beispiele für Ausgasungsraten verschiedener Materialien nach OLIPHANT Materialbeschreibung (Test nach ASTM E-595-85) (µ-Torr l/s cm2)
Ausgasungsrate
316 L rostfreier Stahl ausgeheizt bei 300°C, 24 h, in Inertatmosphäre
0,000075
316 L elektropolierter Stahl 304 rostfreier Stahl
0,0015 0,0120
Hartbeschichtete Aluminiumplatten Elekto-galvanisierte Metallkanäle 6061 Aluminiumplatten
0,2210 0,2485 3,12
Flanders 99,999997%, 0,12 µm, HEPA-Filtermedium
5,96
Epoxidpulverbeschichtung (an Wänden, Türen, etc.)
6,13
Kabelmantel aus Teflon
7,50
Rohrleitung aus Polyethylen Silicondichtung
11,00 12,57
2-Komponenten-Epoxidharzbeschichtung 2-Komponenten-Epoxidharzlackierung Flanders Blu-Gel
26,18 28,17 31,32
Chemikalienbeständiger, nahtloser, leitender Fußbodenbelag
119,96
PVC-Kabelmantel
154,76
Acryldispersionsanstrich
224,19
Ölfarbenanstrich
248,55
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
b) Bodenbeschichtungen, belastet höchstens mit Fußgängerverkehr: ◆ extra glatte, chemikalienbeständige Aufbauten. c) Decken- und Wandbeschichtungen: ◆ chemikalienbeständige Aufbauten, ◆ Schutzbeschichtungen. Bei den Beschichtungssystemen für Böden im Reinraum haben sich vor allem Werkstoffe auf Bindemittelbasis Epoxid (EP) und Polyurethan (PUR) oder deren Kombinationen als besonders chemikalienbeständig erwiesen. PUR wird häufig zur Flexibilisierung in EP/PUR-Kombinationswerkstoffen zur Verbesserung der rissüberbrückenden Eigenschaften eingesetzt. Die Hersteller der Beschichtungssysteme geben die Eignung der Werkstoffe in Beständigkeitstabellen an. Die eingesetzten Materialien werden oft nach vom Betreiber festgelegten Regelwerken geprüft und zugelassen. Nicht genehmigte und gelistete Werkstoffe dürfen auf keinen Fall eingesetzt werden. Die in vielen Fällen erforderliche, ca. 3 mm dicke Egalisierungsschicht, die meist aus zementgebundenen Werkstoffen (ECC, PCC) besteht, dient dem Ausgleich von Unebenheiten des Untergrundes und trägt damit zu einer gleichmäßigen Schichtdicke der nachfolgenden Schicht bei. Außerdem werden Poren und Lunker in der Betonoberfläche verschlossen. Vollflächiges Haften der Beschichtung auf dem Untergrund ist für die Funktionsfähigkeit bedeutend. Bei mechanischer Beanspruchung durch Flurförderfahrzeuge oder infolge thermisch-hygrischer Einflüsse können sonst an Stellen ohne Verbund zum Untergrund unzulässige Scherspannungen auftreten, die eventuell ein weiteres Enthaften der Beschichtung zur Folge haben. Der Verbund (Adhäsion) zwischen Untergrund und Beschichtung wird neben einer ausreichenden Rauhtiefe und einer ausreichenden Oberflächenzugfestigkeit von mindestens 1,5 N/mm2 der zu beschichtenden Oberfläche durch Aufbringen bindemittelreicher Grundierungen vor dem Beschichten gefördert. Diese benetzen die Betonoberfläche ausgezeichnet, dringen in Poren des Untergrundes ein und bilden praktisch keine Schicht. a
b
Abb. 16.13: Beschichteter Waffeltisch der Halbleiterproduktion in Reinraumtechnik: a) Untersicht, b) Aufsicht (Fotos: Epowit Bautechnik GmbH)
16.5 Beschichtungen für Reinräume
335
Die bei hoher Beanspruchung u.U. gewebeverstärkte, starre Deckschicht, deren Bindemittelbasis aus EP oder PUR besteht, weist die erforderliche Chemikalienbeständigkeit auf. Alternativ wird bei manchen Systemen zusätzlich eine hochvernetzte Schutzschicht, die gegenüber den Lagerflüssigkeiten beständig ist, eingebaut. Im Falle des Begehens oder Befahrens muss die Oberfläche abriebfest sein. In Reinräumen darf eine rutschhemmende Wirkung nicht durch Abstreuen oder andere Maßnahmen, die ein Aufrauen der Oberfläche zur Folge haben, erzielt werden. Eine leitfähige Deckschicht in Verbindung mit im Raster verlegten, selbstklebenden, geerdeten Kupferbändern erhöht die elektrische Ableitfähigkeit des Systems. An Wänden und Stützen in Reinräumen werden z.B. zweikomponentige Epoxidharzdispersionen mit chemischer und mechanischer Beständigkeit ein-
Abb. 16.14: Chemikalienbeständiger und elektrisch ableitfähiger Beschichtungsaufbau für Reinräume in der Mikrochip-Produktion
Abb. 16.15: Lüften einer Bodenbeschichtung mit der Stachelwalze
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
gesetzt. An diesen vertikalen Flächen wird das Beschichtungssystem gespachtelt. Als Grundierung dienen EP-Werkstoffe. Ein besonderes Augenmerk wird auf Fugen gerichtet. Bewegungsfugen des Bauwerks sind mit befahrbaren, luftdichten Fugenprofilen abzudichten. Einlegeprofile, z.B. aus synthetischem Kautschuk, müssen kurzzeitig chemikalienbeständig und putzwasserabweisend sein. Die Stöße der Profile werden verschweißt. Beim Applizieren der einzelnen Schichten ist auf ordnungsgemäßes Verarbeiten der Werkstoffe zu achten. Die an horizontalen Flächen eingesetzten Materialien sind selbstverlaufend eingestellt und werden je nach Werkstoffrheologie mit der Rolle aufgetragen oder mit Zahnspachteln verteilt bzw. mit Automaten appliziert. Für vertikale Flächen werden sie durch Zugabe von Stellmitteln thixotropiert, so dass ein dickschichtiges Auftragen mit Glättkellen auch an Wänden möglich ist. Beim Mischen in die Werkstoffe eingebrachte Luft wird anschließend mittels Stachelwalzen entfernt, um Luftblasen – und somit Fehlstellen – in der erhärteten Beschichtung zu vermeiden.
16.5.3 Besonderheiten der Ausführung Applikation und qualitätssichernde Maßnahmen während des Beschichtens selbst unterscheiden sich in Reinräumen prinzipiell nicht von den Arbeitsabläufen unter normalen Bedingungen. Jedoch sind umfangreiche Vorkehrungen zum Vermeiden von Schmutz und besondere handwerkliche Kenntnisse zum Erreichen der hochwertigen Oberflächeneigenschaften der Beschichtung erforderlich. Unter anderem gestalten sich die Beschichtungsarbeiten oft durch die komplizierte Geometrie der zu beschichtenden Bauteile, z.B. der sogenannten Waffeldecke in Produktionsräumen zur Herstellung von Mikroprozessoren (Abb. 16.13), aber auch durch kurze Ausführungszeiten und die Größenordnung der zu beschichtenden Flächen als schwierig. Daher sind die Anforderungen an das ausführende Personal überdurchschnittlich hoch. Mit dem Baufortschritt einhergehend werden einzelne Bereiche bezüglich der Reinraumklasse höhergestuft. Dies führt dazu, dass in zunehmendem Maße bestimmte Regelungen von den Ausführenden nach entsprechenden Schulungen und Zertifizierungen unbedingt einzuhalten sind. Die Partikelkonzentration während der Bauphase soll dadurch verringert und das Risiko der Partikelkontamination auf Oberflächen minimiert werden, um Probleme beim Befähigungsnachweis der Einrichtung und während des Fertigungsprozesses zu vermeiden. So sind in Bereichen mit hohen Reinheitsklassen ausschließlich saubere, dekontaminierte Werkzeuge zu verwenden, Einhausungen und Absaugung bei Arbeiten mit Staubentwicklung vorzunehmen, Materialien in Bereichen mit niedrigeren Reinheitsstufen anzumischen und über festgelegte Schleusen an den Verarbeitungsort zu befördern. Das ausführende
16.6 Beschichtungen für jungen (frischen) Beton
337
Personal ist verpflichtet Schutzausrüstung zu tragen. Das Verwenden und Lagern von Lösemitteln ist untersagt, um eventuelle Kontaminationen von Betonbauteilen durch Verschütten zu verhindern. Da Abstreuen der aufgebrachten Werkstoffe und Schleifen ausgehärteter Beschichtung nicht zulässig sind, ist durch eine optimale Planung des Bauablaufs dafür Sorge zu tragen, dass vom Hersteller der Materialien vorgeschriebene Überarbeitungszeiten exakt eingehalten werden, um den Verbund zwischen einzelnen Schichten sicherzustellen. Hohe Anforderungen werden auch an die Oberflächenmerkmale der Beschichtungen gestellt. Diese müssen ebenflächig, glatt und fusselfrei reinigungsfähig, ohne Lunker und Kellenschläge ausgeführt werden. Fasen der Baukonstruktion müssen korrekt nachprofiliert werden. Um vorgeschriebene Schichtdicken an Kanten einzuhalten, werden diese Bereiche vor dem Beschichten der übrigen Flächen mit einer zusätzlichen Schicht versehen. Außergewöhnlich umfangreiche Maßnahmen zur Qualitätssicherung werden vom ausführenden Unternehmen verlangt. Neben lückenlosen Aufzeichnungen der klimatischen Bedingungen sind die Ergebnisse der Prüfungen festzuhalten. Die Ausführung der Arbeiten ist detailliert zu dokumentieren. Maßnahmen zur Arbeitssicherheit, wie Absturzsicherungen für jeden einzelnen Mitarbeiter infolge eines relativ hohen Gefahrenpotentials, erschweren die Beschichtungsarbeiten oft zusätzlich.
16.6 Beschichtungen für jungen (frischen) Beton Eine wesentliche Voraussetzung für das Beschichten von Beton, aber auch von Estrichen und Mörteln, ist üblicherweise ein begrenzter Wassergehalt in der zu beschichtenden ca. 2 cm dicken Randzone. Üblicherweise geben die Hersteller der Beschichtungsstoffe für Grundierungen, meist auf Epoxidharzbasis, einen oberen Grenzwert von 4 Masse-% (Carbid-Methode) an. Diesen Wassergehalt hat Beton nach dem Herstellen unter normalen bauüblichen Bedingungen frühestens nach 4 Wochen erreicht. Aus verschiedenen Gründen, wie z.B. Verbessern der Betonnachbehandlung oder Optimieren des Bauablaufs, kann der Einsatz einer speziellen Grundierung, auch Frischbetonschutz oder Frischbetonimprägnierung genannt, sinnvoll sein. Dies trifft vor allem auf vertikale Bauteile, die in Gleit- oder Kletterschalungsbauweise (Schornsteine, Naturzug-Kühltürme, Kläranlagen) hergestellt wurden und horizontale befahrene Flächen aus Normal- oder Vakuumbeton zu. Zudem kann ein frühzeitiges Beschichten des Betons für den Verbund zwischen Untergrund und Beschichtung – geeignete Beschichtungsstoffe vorausgesetzt – oft optimal sein [KRENKLER].
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
16.6.1 Betontechnologische Voraussetzungen Frischbetonimprägnierungen können unter bestimmten Voraussetzungen angewendet werden: ◆ Festigkeitsklasse: mindestens Beton C 20/25, Estrich ZE 30 Um die Betonfestigkeitsklasse C 20/25 sicher zu erreichen, sollte mindestens die Festigkeitsklasse C 30/37 geplant werden. Dies ist erforderlich, da die Oberflächenzugfestigkeit der Betons in der Regel über 1,5 N/mm2 betragen muss. Da bei jungem Beton dieses Merkmale nicht prüfbar ist, sollten genügend Sicherheitsreserven vorgesehen werden. ◆ Wasser-Zementwert (W/Z) der Betonmischung: >0,50. ◆ Konsistenz des Frischbetons: KS (steif). ◆ Zementart: Portlandzement (PZ bzw. CEM I) ◆ Zusätze: keine Nicht alle Einflüsse von Zusätzen sind bekannt. Daher sollten diese nicht eingesetzt werden. Nach dem Einbringen und Verdichten muss der Beton mit einem Reibebrett abgerieben, jedoch nicht geglättet, werden. Maschinelles Glätten horizontaler Flächen muss mit einem Scheibenglätter, auf keinen Fall mit dem Flügelglätter, erfolgen. Durch diese Maßnahmen soll vermieden werden, dass sich Zementschlämme an der Oberfläche des Betons anreichert. Zusätzlich ist die gerade ohne Eindrücke zu hinterlassen begehbare Betonoberfläche während der Erhärtungsphase mit einem Besen mit Stahl- oder harten Kunststoffborsten geringfügig aufzureißen, damit an der später zu beschichtenden Oberfläche keine sprödharten Schichten (Zementhaut) entstehen. Mit einem weichen Besen sind herausgelöste Feinmörtelreste zu entfernen. Die Flächen sind nach dem Einbauen des Betons bis zum Aufbringen der Frischbetonimprägnierung mit Folien abzudecken.
16.6.2 Werkstoff und Eigenschaften Geeignet als Frischbetonschutz sind spezielle häufig lösemittelhaltige, zweikomponentige, nicht pigmentierte, niedrigviskose Systeme auf Basis spezieller Epoxidharzbindemittel, die über ein gutes Penetrationsvermögen sowie Feuchtigkeits- und hohe Alkaliverträglichkeit verfügen. Während des Bauablaufs bietet diese Nachbehandlungsmethode u.a. die folgenden Vorteile, die vor allem bei anschließenden Beschichtungsarbeiten effektiv werden. ◆ Die Frischbetonimprägnierung ersetzt als Schutz vor dem raschen Austrocknen der Betonrandzone durch Verdunsten des Wassers zusätzliche Nachbehandlungsmaßnahmen, z.B. Feuchthalten oder Abdecken. ◆ Außerdem wird die oberflächennahe Zone des Untergrundes durch Verhindern raschen Austrocknens und die Imprägnierung verfestigt, sodass aufwen-
16.6 Beschichtungen für jungen (frischen) Beton
339
dige Verfahren zum Vorbereiten eines zu beschichtenden Untergrundes entfallen können. Oberflächliche Verschmutzungen sind jedoch zu entfernen. ◆ Das Eindringen verschmutzender Medien in den Untergrund, wie wasserlösliche Schadstoffe, Öle, Treibstoffe, während der Bauphase wird verhindert. ◆ Durchfeuchtung des Untergrundes infolge von Niederschlägen wird vermieden, so dass keine langzeitigen Wartezeiten bis zum Aufbringen von nachfolgenden Beschichtungen entstehen. ◆ Beschichtungen können, falls erforderlich, kurzzeitig nach dem Aufbringen der Imprägnierung aufgebracht werden.
16.6.3 Applikation Der geeignete Augenblick für das Aufbringen des Frischbetonschutzes ist ca. 4 Stunden bis 8 Stunden nach dem Einbauen der Beginn des sog. Hydratationssoges, wenn der erstarrende Zementleim innerhalb der Gelphase zusätzlich Flüssigkeit ansaugt, da das gebundene Wasser nach dem Hydrieren in den Hydratationsprodukten ein geringeres Volumen einnimmt als das freie Wasser. Die auf die Oberfläche aufgetragene Grundierung dringt infolge der Saugwirkung besonders tief in die Porenstruktur ein und verankert sich mit dem Untergrund. Dadurch ergibt sich ein optimaler Verbund. Die Betonoberfläche muss vor dem Auftragen der Frischbetonimprägnierung „mattfeucht“ abgetrocknet sein. Stehendes Wasser ist auf waagerechten Flächen zu vermeiden. Auch darf die Oberfläche nicht mit dem Flügelglätter verdichtet werden. Auf vertikalen Flächen erfolgt die Applikation vorzugsweise durch Rollen, auf horizontalen Flächen durch Aufziehen mit einem Moosgummischieber und Rollen. Andere Verfahren, wie Airless-Spritzen oder Streichen, sind ebenfalls ausführbar. Um den Werkstoff gleichmäßig zu verteilen und die Oberfläche optimal zu benetzen muss die mit der Rolle oder durch Spritzen aufgetragene Imprägnierung anschließend durch Bürsten in den Untergrund eingearbeitet werden. Die imprägnierte Fläche soll ohne Pfützen gleichmäßig matt glänzend wirken. Je nach Saugfähigkeit und Rauheit des Untergrundes beträgt der Verbrauch an Imprägnierung ca. 300 g/m2 bis 500 g/m2. Nach einer Wartezeit von ca. 1 Stunde wird überschüssiges Epoxidharz durch Einstreuen von Quarzsand der Körnung 0,4 mm bis 0,7 mm gebunden. Nach einer von der Temperatur abhängigen Wartezeit zwischen 24 Stunden und 2 Tagen kann der Untergrund mit unterschiedlichen Aufbauten (Versiegelung (Imprägnierung), starre oder rissüberbrückende Beschichtung, Dichtungsschicht) beschichtet werden. Zum Beschichtungssystem gehörende Grundierungen sind dabei einzusetzen, jedoch ist meist lediglich ein Arbeitsgang anstatt zwei Arbeitsgängen erforderlich. Falls die Zeitspanne des Hydratationssoges – meist nach ca. 20 Stunden – überschritten wurde, kann die Frischbetonimprägnierung nicht mehr erfolg-
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
reich angewandt werden. Daher sind in diesem Fall die Wartezeiten bis zum Erreichen des oberflächennahen Wassergehalts von unter 4 Masse-% des Untergrundes einzuhalten.
16.7 Literatur Beschichtungen mit Chemikalienbelastung Aufsätze und Bücher DILLENBERGER T. Aktuelle Zulassungskriterien und Anforderungen für Gewässerschutz-Beschichtungen in Deutschland. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler. GIELER, R. P. Rißüberbrückende Beschichtungen für Betonflächen. In: Bühler, H.-E. (Hrsg.): Moderne Säureschutz-Systeme. Vulkan-Verlag, Essen 1991. HOPP, A. Entwicklung hochchemikalienbeständiger Beschichtungssysteme zum Schutz gegen wassergefährdende Flüssigkeiten in der Praxis. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler. KANNING, W. Neue Aufgaben des DIBt auf dem Gebiet der Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe. Mitteilungen des Deutschen Instituts für Bautechnik 4 (1997), S. 84–89. PAWEL, A. Baurechtliche Anforderungen an Abdichtungsmittel von Dichtflächen im Bereich von Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler. Regelwerke DIN 28052-1:2001-07 Chemischer Apparatebau – Oberflächenschutz mit nichtmetallischen Werkstoffen für Bauteile aus Beton in verfahrenstechnischen Anlagen – Teil 1: Begriffe, Auswahlkriterien. DIN 28052-2, Ausgabe:1993-08 Chemischer Apparatebau; Oberflächenschutz mit nichtmetallischen Werkstoffen für Bauteile aus Beton in verfahrenstechnischen Anlagen; Anforderungen an den Untergrund. DIN 28052-3:1994-12 Chemischer Apparatebau – Oberflächenschutz mit nichtmetallischen Werkstoffen für Bauteile aus Beton in verfahrenstechnischen Anlagen – Teil 3: Beschichtungen mit organischen Bindemitteln. DIN 28052-6:2001-08 Chemischer Apparatebau – Oberflächenschutz mit nichtmetallischen Werkstoffen für Bauteile aus Beton in verfahrenstechnischen Anlagen – Teil 6: Eignungsnachweis und Prüfungen.
16.7 Literatur
341
Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (Herausgeber) DAfStb-Richtlinie – Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (InstandsetzungsRichtlinie), Beuth Verlag GmbH, Berlin 2001. (Rili SIB 2001) DAfStb – Richtlinie Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (199609), zu beziehen bei: DAfStb im DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Scharrenstraße 2–3, 10178 Berlin Katalog wassergefährdender Stoffe, Umweltbundesamt Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Wasserhaushaltsgesetz über die Einstufung wassergefährdender Stoffe in Wassergefährdungsklassen – VwV wassergefährdende Stoffe (VwVws) – vom 18. April 1996, Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Deutsches Institut für Bautechnik – DIBt (Herausgeber) Bau- und Prüfgrundsätze für Beschichtungen für Beton-, Putz- und Estrichflächen von Auffangwannen und Auffangräumen für Heizöl EL und Dieselkraftstoff, ungebrauchte Verbrennungsmotoren- und Kraftfahrzeuggetriebeöle sowie Gemische aus gesättigten und aromatischen Kohlenwasserstoffen mit einem Aromatengehalt von > 20 Gew.-% und einem Flammpunkt von > 55°C, Ausgabe September 2000. Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 11. Zulassungsgrundsätze für Beschichtungssysteme für Auffangwannen, Auffangräume und Flächen aus Beton in Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Flüssigkeiten. Ausgabe 2000-09, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 12. Bauregelliste A, Bauregelliste B und Liste C, Ausgabe 1998-01 Ernst & Sohn, Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH, Mühlenstraße 33–34, 13187 Berlin
Beschichtungen mit rissüberbrückenden Eigenschaften GIELER, R. P. Überlegungen und Versuche zur Rissüberbrückungsfähigkeit spezieller Beschichtungssysteme an Fassaden, Dissertation, Universität Dortmund 1989. GIELER, R. P. Grundsätzliches über rissüberbrückende Beschichtungen. In: Industriefußböden 1991, Internationales Kolloquium 15.–17. Januar 1991, Herausgeber P. Seidler.
Begangene und befahrene Beschichtungen Merkblatt: Beschreibung und Betrieb der Verschleißmaschine zur Prüfung der Befahrbarkeit von Beschichtungen, zu beziehen beim Deutschen Institut für Bautechnik, Kolonnenstraße 30 L, 10829 Berlin. Musterübereinstimmungszeichen-Verordnung (ÜZVO), Mitteilungen des Deutschen Instituts für Bautechnik, Heft 5/1994, S.172. Hinweise zur Durchführung der Übereinstimmungszeichen-Verordnungen (ÜZVO) der Länder, die auf der Grundlage der Muster-ÜZVO-Fassung April 1994 erlassen wurden, Mitteilungen des Deutschen Instituts für Bautechnik, Heft 6/1997, S.186. AGI-Arbeitsblatt S 10 Teil 3: 1991–11, Arbeitsgemeinschaft Industriebau e.V., Lülsdorfer Straße 106, 51143 Köln ZH 1/571 Merkblatt für Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr, zu beziehen bei: Carl Heymanns Verlag KG.
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16 Spezielle Einsatzgebiete für Betonbeschichtungen
Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Fugenfüllungen in Verkehrsflächen, ZTV Fug-StB, Teil 2, Fugenfüllungen in Verkehrsflächen aus Beton mit kaltverarbeitbaren Fugenmassen (Stand Mai 1998). Köln: FGSV-Verlag.
Beschichtungen mit definierten elektrischen Eigenschaften BERGER, W., VELTE, D. Aktueller Stand elektrisch ableitfähiger Bodenbeläge. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler, Technische Akademie Esslingen 1999. DEPKE, F. M. Antistatische Beschichtungen. In: Industriefußböden 1991, Internationales Kolloquium 15.–17. Januar 1991, Herausgeber P. Seidler, Technische Akademie Esslingen 1991. HELLER, P. Anforderungen und Bauweisen für elektrisch leitfähige Fußböden. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler, Technische Akademie Esslingen 1999. MAGNER, J. Ableitfähige Fußbodenbeschichtungen. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler, Technische Akademie Esslingen 1999. SAGER, H. Ableitfähige Beschichtungen zur Vermeidung von Zündgefahren in Folge elektrostatischer Aufladung, Industriebau (1993) Heft 1, S. 1426–1432. DIN VDE 0100 T 410/A 1 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V; Schutzmaßnahmen; Schutz gegen gefährliche Körperströme, November 1983.
Beschichtungen für Reinräume GIELER, R. P.; SCHÜLER, J. Spezialbeschichtungen in der Microchip-Produktion. In: Industriefußböden 1999, Internationales Kolloquium 12.–16. Januar 1999, Herausgeber P. Seidler. LUDWIG, J., WEIßSIEKER, H. Einschlusstechniken zur Qualitätssicherung in der Reinraumtechnik. REINRAUMTECHNIK 08/93. OLIPHANT, P. L.: The Cleanroom Enigma. Semiconductor International, (1992), Heft 9, S. 82–86. VDI 2083 Blatt 1:2003-06 Reinraumtechnik – Partikelreinheitsklassen der Luft VDI 2083 Blatt 2:1996-02 Reinraumtechnik – Bau, Betrieb und Instandhaltung VDI 2083 Blatt 4:1996-02 Reinraumtechnik – Oberflächenreinheit
Beschichtungen für jungen (frischen) Beton SCHRÖDER, M. et al. Schutz und Instandsetzung von Stahlbeton. Kontakt und Studium, Band 552, ExpertVerlag 1999. KRENKLER, lt. Information von Prof. Dr. Klopfer u. Dr. Öchsner
17 Abdichten von Fugen
17.1 Begriffe 17.1.1 Fugenarten Als Fuge wird ein geplanter bzw. infolge einer arbeitstechnisch notwendigen Ausführungsunterbrechung entstandener Hohlraum in einer Konstruktion oder einem Bauteils bezeichnet. Dabei werden unterschiedliche Arten von Fugen unterschieden, für die eine große Zahl an Begriffen existiert. Eine Systematik der Fugenarten verdeutlicht Abb. 17.1. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich im wesentlichen auf Fugen in Betonbauteilen. a) Bewegungsfugen. Setzungsfugen. Diese entsprechend der Funktion auch als (Gebäude-) Trennfugen, Bauwerksfugen bezeichneten Fugen werden zwischen vorhandenen und neuen Bauwerken geplant angeordnet, wenn diese keine feste Verbindung besitzen sollen, z.B. ◆ zwischen Reihenhäusern, um Schallübertragung zwischen den Häusern zu vermeiden, und ◆ zwischen Bauwerken oder Bauwerksteilen, wenn ungleichmäßige Setzungen infolge ungleichen Baugrunds oder ungleicher statischer Belastung zu erwarten sind. Sonderkonstruktionen sind oft in bergbaulichen Senkungsgebieten erforderlich, da dort Setzungen erhebliche Ausmaße annehmen können. Fugenverhalten
„bewegliche“ Fuge
Bewegungsfuge (Raumfuge)
(Gebäude-)Trennfuge Setzungsfuge, Bauteilfuge, Dehnungsfuge
Pressfuge (ohne Zwischenraum, nicht monolithisches Bauteil)
„starre Fuge“
Arbeitsfuge (ohne Zwischenraum, monolithisches Bauteil)
Scheinfuge (Schwindfuge)
Abb. 17.1: Fugenarten: Bezeichnungen und Verhalten
344
17 Abdichten von Fugen
Dehnungsfugen. Diese Fugen auch als Bauteilfugen bezeichneten, nehmen Längenänderungen und andere Bewegungen von Bauteilen auf und gestatten, dass sich die angrenzenden Bauteile infolge thermischer oder hygrischer Ursachen ausdehnen ohne Zwängungen zu verursachen. Lage, Anzahl und Breite von konstruktiv angeordneten Dehnungsfugen (Bewegungsfugen) müssen bemessen werden, damit Bauteilbewegungen ungehindert zwängungsfrei erfolgen können. Zudem müssen sie häufig auch so ausgebildet werden, dass Wärme- und Schallbrücken vermieden werden und andere Bauteile (z.B. Estrich, Putz) angeschlossen werden können. b) Pressfugen. Wenn zwei Bauteile ohne Zwischenraum und ohne durchgehend ausgeführte Bewehrung gegeneinander betoniert werden, entstehen so genannte Pressfugen. Die Fugenflanken können mit Verzahnung oder eben ausgebildet werden. Die Bauteile können sich, bedingt durch unterschiedliche Ursachen, in allen drei Raumachsen relativ zueinander bewegen. c) Arbeitsfugen. Arbeitsfugen ergeben sich, wenn im fertigen Zustand monolithische Bauteile nicht ohne Unterbrechung zu betonieren sind. Die Fugen werden infolge des Bauablaufs (aufgrund der Leistung von Geräten oder des Personals, aufgrund der Schalungstechnik) geplant vorgesehen oder können durch unvorhergesehene Ereignisse (Witterungseinflüsse, Ausfall von Maschinen, verzögerte Lieferungen) ungewollt notwendig werden. Diese „starren“ Fugen verursachen ähnlich einer Sollbruchstelle Inhomogenitäten in Bauteilen und stellen Schwachstellen im Bauwerk dar. Daher sollten sie möglichst vermieden werden. Das Abdichten der sich rissähnlich verhaltenden Arbeitsfugen wird ebenfalls im Kapitel 18 über Injektionen behandelt. d) Scheinfugen. Schein- oder Schwindfugen werden durch Schneiden in jungen Beton (Boden) oder Einlagen in die Schalung (Wand) erzeugt und sollen als Sollbruchstelle dienen, wenn infolge Schwindens oder Temperaturänderungen Verformungen des Betons behindert sind. Dadurch sollen in der Erhärtungsphase des Betons auftretende Risse gezielt in den Bereich des geschwächten Querschnitts verlagert werden und Querschnittsbereiche außerhalb der Scheinfuge rissfrei bleiben. In vielen Fällen treten die Risse jedoch nicht in den Scheinfugen, sondern in benachbarten Bereichen auf. Daher ist gemäß KLOPFER in Estrichen und POLÓNYI in Bauwerken allgemein der Sinn dieser oft unwirksamen Querschnittschwächung fraglich, denn durch betontechnologische Maßnahmen können schwindbedingte Risse in Bauteilen minimiert bzw. vermieden werden.
17.1.2 Fugenabdichtungen Um Schäden an der Konstruktion zu verhindern, ist das Eindringen von Wasser an Fugen im Hochbau in der Regel zu verhindern. Zusätzlich kann aus
17.1 Begriffe
345
bauphysikalischen Gründen das Abdichten gegen Wind erforderlich sein. Fugen können durch ◆ konstruktive Maßnahmen ◆ Fugendichtstoffe ◆ Fugenbänder ◆ Fugenprofile sicher abgedichtet werden. Die Fugenabdichtungen sind unterschiedlichen Beanspruchungen ausgesetzt: ◆ Gegenseitige Bewegungen der Fugenflanken („Fugenbewegungen“) infolge hygrisch und thermisch bedingter Längenänderungen der angrenzenden Bauteile oder Bauwerksteile und unterschiedlicher Verformungen des Baugrunds (Setzungen), ◆ Witterung (Schlagregen, Wind, Sonne: IR- und UV-Strahlung), ◆ Chemikalien (Atmosphärilien, Beschichtungen, Reinigungsmittel, technische Öle usw.), ◆ mechanische Einwirkungen, ◆ Brandeinwirkung. Die Beanspruchung der Fugenabdichtung hängt von den Merkmalen der Fuge ab: ◆ Verhalten (starre oder bewegliche Fuge), ◆ Entstehung (Arbeits-, Montagefuge), ◆ Lage (Bauteil-, Fensteranschluss-, Boden-, Sanitärfuge, Fensterversiegelung), ◆ Ausbildung (Raum-, Press-, Arbeits- oder Scheinfuge). Nachfolgend wird das Abdichten von Bewegungs-, Press- und Arbeitsfugen im Hochbau, jedoch nicht Fugen, die mit dem Erdreich in Berührung kommen, behandelt. Für diese gelten andere konstruktive Voraussetzungen, andere Fugenabstände und Fugenquerschnitte. Anforderungen an die Abdichtung dieser Fugen enthält DIN 18195–8 „Bauwerksabdichtungen; Abdichtungen über Bewegungsfugen“. Für das Herstellen der Abdichtung über Fugen werden folgende Stoffe verwendet: ◆ Bitumen-Voranstrichmittel, ◆ Klebmassen und Deckaufstrichmittel, heiß zu verarbeiten, ◆ nackte Bitumenbahnen, ◆ Bitumen-Dichtungsbahnen, ◆ Bitumen-Schweißbahnen, ◆ Kunststoff-Dichtungsbahnen, ◆ Metallbänder, ◆ Stoffe zum Verfüllen von Fugen. Zudem dürfen Stoffe eingesetzt werden, sofern sie die Abdichtung im Fugenbereich lediglich verstärken oder stützen:
346
17 Abdichten von Fugen
Abb. 17.2: Eigenschaftsgruppen von Dichtstoffen gemäß DIN 52460
◆ Bitumenbahnen mit Polyestervlieseinlage, ◆ Elastomerbahnen nach DIN 7864, ◆ Profilbänder aus hochpolymeren Werkstoffen.
17.1.3 Dichtstoffe Alle für Abdichtungen eingesetzte Produkte werden nach DIN 52460 als Dichtstoffe bezeichnet, vgl. Abb. 17.2. Lediglich für auf Basis oxidativ erhärtender Öle hergestellte Stoffe wurde der traditionelle Begriff „Kitt“ beibehalten. Heute versteht man in der Praxis unter dem Begriff Dichtstoff in der Regel spritzfähig verarbeitbare oder vorgefertigte, als Band bzw. Profil vorliegende Produkte, die zum Ausfüllen oder Abdecken von Fugen bzw. Falzen an Bauwerken oder Bauteilen eingesetzt werden.
17.2 Konstruktive Fugendichtsysteme Der nach DIN 4108-3 geforderten Schlagregenschutz von Außenwänden ist auch an Fugen sicherzustellen. Dies kann durch Abdichten der Fugen mit spritzbaren Fugendichtstoffen nach DIN 18540 oder durch konstruktive Maßnahmen erfolgen. Bei der zuletzt genannten Lösung wird die Dichtigkeit der Fuge durch die Geometrie und durch eingebaute Kunststoffprofile erreicht. Abbildung 17.3 zeigt eine Ausführungsvariante mit einem PVC-Profil in einer Betonfertigteil-Sandwichkonstruktion. Empfehlungen für die Ausbildung von Fugen zwischen vorgefertigten Wandplatten in Abhängigkeit von der Schlagregenbeanspruchung gibt DIN 4108-3. Die Kunststoffprofile müssen Temperaturbeständigkeit, UV-Stabilität und Alterungsbeständigkeit aufweisen.
17.3 Spritzbare Fugendichtstoffe
347
Abb. 17.3: Belüftete Fugenkonstruktion in einer Außenwand (BetonfertigteilSandwichkonstruktion) nach REYER und WILLEMS
17.3 Spritzbare Fugendichtstoffe 17.3.1 Begriffe und Anforderungen Dehnungsfugen in Außenwänden werden häufig mit an den Fugenflanken anhaftenden (adhärierenden) Dichtstoffen abgedichtet. Fugendichtstoffe müssen gegenseitige Bewegungen der Fugenflanken aufnehmen ohne die dichtende Funktion zu verlieren. Sie dürfen weder einreißen noch sich an den Haftflächen ablösen. Die Dehnfähigkeit im Einbauzustand ist begrenzt und nimmt mit der Anzahl der Bewegungen der Fugenflanken im Laufe der Zeit ab. Trotz hoher Bruchdehnungen von zzt. bis 500% der Ausgangsbreite sind Fugendichtstoffe lediglich in der Lage bei Dehnungen von 5% bis maximal 25% und den zuvor genannten Beanspruchungen über Jahre funktionsfähig zu bleiben. Die zulässige Gesamtverformung wird vom Hersteller angegeben und dient der Bemessung der erforderlichen Fugenbreite. Die Alterungsbeständigkeit von Dichtstoffen ist unter üblichen klimatischen Bedingungen und Umwelteinflüssen von großer Bedeutung. Anforderungen an Fugendichtstoffe werden in DIN 18540 genannt: ◆ Verarbeitbarkeit: ◆ Standvermögen:
Ausspritzmenge >70 ml/min Ausbuchtung des frischen Dichtstoffes waagerecht und senkrecht <2 mm (bei 5°C und 70°C) ◆ Haft- und kein Ablösen vom Kontaktmaterial, keine Rissbildung, Dehnverhalten: Spannung bei 100% Dehnung ≤0,4 N/mm2 (Normalklima), Spannung bei 100% Dehnung ≤0,6 N/mm2 (–20°C) ◆ Verfärbung angren- keine Verfärbung außerhalb der Haftfläche zender Baustoffe: ◆ Rückstellvermögen: >70% (elastische Fugendichtstoffe) ◆ Volumenänderung: Dichtstoff-spezifischer Volumenschwund, gemäß DIN 52451 ermittelt ◆ Brandverhalten: im eingebauten Zustand B 2 nach DIN 4102-1
348
17 Abdichten von Fugen
Bei der Auswahl der Fugendichtstoffe ist die Verträglichkeit mit den angrenzenden Baustoffen sowie mit vorhandenen und nachfolgend aufgetragenen Beschichtungsstoffen zu prüfen.
17.3.2 Werkstoffe und Eigenschaften der Dichtstoffe Dichtstoffe werden entsprechend ihren physikalischen und chemischen Merkmalen unterschieden. DIN 52460 unterteilt die völlig ausreagierten (verfestigten) Dichtstoffe gemäß deren Verformungscharakteristik in 3 Eigenschaftsgruppen: ◆ erhärtend ◆ plastisch ◆ elastisch. In [BFS-Merkblatt 23] werden zudem Zwischenstufen der Verformungseigenschaften definiert: ◆ elastoplastisch ◆ plastoelastisch. Bei den Begriffen elastoplastisch und plastoelastisch überwiegt der kursiv gedruckte Anteil der Verformungscharakteristik. Die Charakterisierung der Dichtstoffe entsprechend der Verformungseigenschaften erfolgt nach IVDMerkblatt Nr. 2. Eine ganz wesentliche Eigenschaft für spritzbare elastische Dichtstoffe ist das so genannte Rückstellvermögen, das nach DIN 18540 mindestens 70% betragen muss. Als Rückstellvermögen wird die Dehnung nach Rückverformung eines Dichtstoffes mit vorausgegangener Dehnung um 100% und anschließender Entlastung bezeichnet. Die Prüfung erfolgt nach DIN 52458. Das Rückstellvermögen berechnet sich aus folgender Gleichung: lmax – lR eR = 05 · 100 lmax – l0 mit eR lmax lR l0
% mm mm mm
(17.1)
Rückstellvermögen Länge bei Dehnung um 100% Länge nach Entlastung und Rückstellung Ausgangslänge
Die Prüfung des Rückstellvermögens erfolgt nach DIN EN ISO 7389 (früher: DIN 52458). Eine weitere wichtige Eigenschaft für Fugendichtstoffe stellt die auf die Fugenbreite bezogenen zulässigen Gesamtverformung dar. Darunter ist die quantitative Angabe über die Fähigkeit eines Dichtstoffes zu verstehen, sich der Bewegung der Fuge infolge thermischer und hygrischer (Schwinden, Quellen)
쐌 쐌 쐌 쐌 쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
Polysulfidb, 2-komponentig
Silicon (1-K), sauer vernetztc
Silicon (1-K), neutral vernetzt d
Silicon (1-K), alkalisch vernetzte
MS-Polymerf
쐌
쐌
쐌
mit Luft reagierend
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
mit Feuchte mit Härter reagierend reagierend
20–25
20–25
20–25
15–25
10–25
10–25
10–25
10–25
5–10
5–20
0–5
0–2
0
zul. Gesamtverformung (%)
a Lieferform: Zwei Komponenten in getrennten Gebinden; b Lieferform: In Kartuschen mit getrennten Komponenten; c Acetat- oder Acetoxi-Systeme; d Benzamid-, Alkoxi-, Alkohol- oder Oxim-Systeme; e Amin-Systeme, Amin-Oxim-Systeme; f Hybrid-Polymer.
쐌
쐌
쐌
Polysulfid, 1-komponentig
쐌 쐌 쐌
´
쐌
쐌
쐌
Polyurethana, 2-komponentig
쐌
쐌
´
elastisch
쐌
Acrylat, gelöst
쐌
쐌
쐌
plastisch
Polyurethan, einkomponentig
쐌
쐌
쐌
쐌
Butyldichtstoff (-kitt)
Acrylat, dispergiert
쐌 쐌
erhärtend
쐌
wasserhaltig
쐌
lösemittelhaltig
Leinölkitt
lösemittelfrei
Ölkitt, vergütet
Dichtstoff
Tab. 17.1: Unterscheidung von Dichtstoffen gemäß BFS-Merkblatt 23
17.3 Spritzbare Fugendichtstoffe 349
350
17 Abdichten von Fugen
Längenänderungen der angrenzenden Bauteile, die er ausfüllt, anzupassen und dabei die abdichtende Wirkung beizubehalten. Bei bestimmten Fugendichtstoffen kann diese bis zu 25% betragen. Tabelle 17.1 gibt eine Übersicht über die verwendeten Bindemittelarten und charakteristische Eigenschaften von Dichtstoffen. Gemäß DIN 18540 werden für Fugendichtstoffe folgende Bindemittel eingesetzt: ◆ Acrylat, dispergiert. Fugendichtstoffe auf Basis von AY-Dispersionen verformen sich überwiegend plastisch – das Rückstellvermögen ist vergleichsweise gering. Daher sind diese Fugendichtstoffe ausschließlich für „starre“ Fugen mit geringen Stauchungen und Dehnungen vorzusehen, nicht für Bewegungsfugen. Anwendungsgebiete sind z.B. Stoßfugen von Porenbetonbauteilen, Anschlussfugen im Innenbereich an Fenster- und Türrahmen aus Holz und Kunststoff, Fugen in wasserbelasteten Bereichen, z.B. in Sanitärfugen.
Abb. 17.4: Übersicht über die Bindemittelarten bei Fugendichtstoffen
Abb. 17.5: Arten der Silicon-Fugendichtstoffe
17.3 Spritzbare Fugendichtstoffe
351
Tab. 17.2: Erkennungsmerkmale einiger Dichtstoffe nach FUCHS Werkstoff
Brennbarkeit
Geruch
Acryldispersionen Polysulfid Polyurethan Silicone
gelbe kleine Flamme gelbe Flamme gelbliche Flamme, rußend glimmend, weißer Rauch, weiße Asche
leicht süßlich, nicht charakteristisch typisch, stark schwefelartig nicht charakteristisch mild, nicht charakteristisch
◆ Polysulfid. Zweikomponentige Polysulfid-Fugendichtstoffe besitzen aufgrund ihre überwiegend elastischen Verformungseigenschaften ein hohes Rückstellvermögen. Sie werden zum Schließen von Außenwandfugen zwischen Betonbauteilen sowie unterschiedlichen Baustoffen, wie Beton, Naturstein, Kunststein, Putz, Holz, Stahl, Aluminium, Glas und verschiedenen Kunststoffen eingesetzt. ◆ Polyurethan. Sowohl ein- als auch zweikomponentige PUR-Fugendichtstoffe reagieren im verfestigten Zustand zähelastisch und verfügen daher über ein vergleichsweise hohes Verformungs- und Rückstellvermögen. Typische Einsatzgebiete sind Brückenbauwerke, Parkdecks, Laubengänge, Tunnelbauwerke, Tiefgaragen. ◆ Silikon. Die einkomponentigen Fugendichtstoffe auf Basis von Silikon verfestigten durch Aufnahme von Wasser aus der umgebenden Luft, die den Vernetzer aktiviert. Durch die Reaktion des Vernetzers werden Spaltprodukte freigesetzt, die sauer, basisch oder neutral wirken können. Dies ist bei der Auswahl in Abhängigkeit von den angrenzenden Materialien zu beachten. Die verfestigten Fugendichtstoffe weisen ein elastisches Verhalten auf und besitzen ein vergleichsweise hohes Rückstellvermögen. Außerdem haften sie gut auf glatten Untergründen (z.B. Glas, Emaille, Aluminium). Aus der Kenntnis der Rohstoffbasis lassen sich gewisse Rückschlüsse auf das physikalische Verhalten ziehen, jedoch ist dieses durch entsprechende Rezeptierungen zu beeinflussen. Daher sind bei der Planung von Fugenabdichtungen neben den chemischen Merkmalen auch die relevanten physikalischen Merkmale zu beachten. Erkennungsmerkmale der Bindemittelbasis der Fugendichtstoffe sind auf Tabelle 17.2 angegeben. In Kapitel 9 werden weitere Möglichkeiten zum Identifizieren von Kunststoffen erläutert.
17.3.3 Bemessung Fugenabstand und -maße (vgl. Abb. 17.6) sind nach DIN 18540 zu bemessen und auszuführen. Im Rahmen der Planung ist das Nennmaß der Fugenbreite nach Tabelle 17.3 unter Berücksichtigung üblicher Fertigungstoleranzen zu wählen. Dabei wird von einer Bauteil-Temperaturdifferenz von 80 K (–20°C bis +60°C),
352
17 Abdichten von Fugen
einem thermischen Längenänderungskoeffizienten = 1,1 · 10–5 K und einer zulässigen Gesamtverformung des Fugendichtstoffes von 25% ausgegangen. Wenn von den Werten der Tabelle 17.3 abgewichen wird, ist ein genauer Nachweis zu führen. Dabei sind die Hinweise der DIN 18540 zu beachten. Die Norm schreibt außerdem vor, dass in Sonderfällen, z.B. bei dunklen Wänden, die Werte der Tabelle 17.3 um 10% bis 30% zu vergrößern sind.
Abb. 17.6: Fugenausbildung [DIN 18540:1995-02]
Abb. 17.7: Ausbildung an Kanten bei Bauteilen aus Beton [DIN 18540:1995-02]
Tabelle 17.3: Fugen und Fugenabdichtungen, Maße aus DIN 18540:1995-02 Fugenabstand [m]
über 2 über 3,5 über 5 über 6,5 a b c
d
Dicke des Fugendichtstoffesc
Fugenbreite
bis 2 bis 3,5 bis 5 bis 6,5 bis 8
Nennmaß a b [mm]
Mindestmaß b bmin [mm]
d [mm]
Grenzabmaße [mm]
15 20 25 30 35d
10 15 20 25 30
8 10 12 15 15
2 2 2 3 3
Nennmaß für die Planung. Mindestmaß zum Zeitpunkt der Fugenabdichtung. Die angegebenen Werte gelten für den Endzustand, dabei ist auch die Volumenänderung des Fugendichtstoffes zu berücksichtigen. Bei größeren Fugenbreiten sind die Anweisungen des Dichtstoffherstellers zu beachten.
17.3 Spritzbare Fugendichtstoffe
353
Die Breitenänderungen der Fuge werden, wie folgt, ermittelt: Verlängerung des Bauteils: Dl+ = l · DJ+ · aJ + l · eQ
(17.2)
Verkürzung des Bauteils: Dl– = l · DJ– · aJ + l · eS
(17.3)
In den Gleichungen bedeuten: Dl+, Dl– [mm] l [mm] DJ+, DJ– [K]
eQ, eS
[–]
Verlängerung bzw. Verkürzung des angrenzenden Bauteils Fugenabstand Temperaturänderung des Bauteils infolge Erwärmung bzw. Abkühlung bezogen auf die Einbautemperatur Dehnung des Bauteils infolge Quellen bzw. Schwinden
Die Dehnung des Fugendichtstoffes ergibt sich damit zu: Dl+ + Dl– eges = 06 b mit: eges [–] b [mm]
(17.4)
Dehnung des Fugendichtstoffes Fugenbreite beim Einbau des Fugendichtstoffes
Die Bemessungsgleichung lautet:
eges ≤ ezul
(17.5)
mit:
ezul [–] zulässige Gesamtverformung des Fugendichtstoffes Die erforderliche Fugenbreite kann ermittelt werden aus: Dl+ + Dl– b ≥ 06 ezul
(17.6)
Längenänderungen infolge von Quellen und Schwinden können bei älteren Bauwerken bzw. Bauteilen aus Beton im Gegensatz zu Neubauten vernachlässigt werden, da die Werte üblicherweise sehr klein sind. Dies gilt nicht für Bauwerke bzw. Bauteile aus anderen Baustoffen.
17.3.4 Einsatzgebiete Meist werden Fugen an Fassaden durch dauerplastische und dauerelastische Fugendichtstoffe gemäß den in DIN 18540 genannten Regeln zur Ausführung verschlossen. Da an Gebäudetrennfugen Gesamtverformungen bezogen auf die Fugenbreite über 25% auftreten können, sollten dort andere abdichtende Maßnah-
354
17 Abdichten von Fugen
men, z.B. Einsatz von Elastomer-Fugenbändern erfolgen. Infolge ungleichmäßiger Setzungen können an Gebäudetrennfugen zusätzlich Bewegungen der Fugenflanken in Richtung der Fugenlängsachse (Scherung) auftreten. Diese werden von einer Fugenabdichtung gemäß DIN 18540 nicht aufgenommen. Gedichtete Fugen zählen nicht zu Abdichtungen gemäß DIN 18195.
17.3.5 Einbauen der Fugendichtstoffe Um die aus den Verschiebungen der Fugenflanken resultierenden Dehn- und Scherbewegungen aufnehmen zu können, müssen ein- oder zweikomponentige Dichtstoffe nach dem „Erhärten“ (besser: Verfestigen) an den bestimmungsgemäß vorhandenen Haftflächen (Fugenflanken) – jedoch nicht an dem Hinterfüllprofil – ausreichend haften. Diese Abdichtungsarbeiten sollten nur durch erfahrene Fachunternehmen erfolgen. Im Einzelnen gliedern sich die Arbeitsschritte, wie folgt: a) Vorbereiten der Haftflächen. Zu unterscheiden ist, ob eine Fugenmasse zum erstenmal in eine Fuge eingebracht wird oder eine bestehende Fugenabdichtung repariert wird. Im Fall der Erstabdichtung sind die Haftflächen nach DIN 18540 und den Verarbeitungsvorschriften des Herstellers vorzubereiten. Zuvor sind die Haftflächen durch Prüfen der in Tabelle 17.4 angegebenen Merkmale zu beurteilen. b) Abkleben der Fugenränder ist erforderlich, um ◆ einen geraden Verlauf der Fugenränder zu erreichen, ◆ Verschmutzen der angrenzenden Bauteile durch Fugendichtstoff oder den Haftvermittler zu vermeiden, ◆ den Fugendichtstoff gegen Baustoffe oder Beschichtungsstoffe abzugrenzen, die damit unverträglich sind. c) Trennfolien oder Hinterfüllmaterial (vgl. Abb. 17.10) müssen das Haften des Fugendichtstoffes am Fugengrund verhindern, damit die Querdehnung durch Dreiflankenhaftung nicht behindert wird. Hinterfüllmaterialien bestehen häufig aus einem nicht wassersaugenden, verrottungsfesten, geschlossenzelligen Schaumstoffprofil, z.B. aus Polyethylen (PE). Ungeeignet sind Hinterfüllmaterialien, wie z.B. Styropor (wird von den Lösemitteln der Primer angelöst), PUR-Ortschaum oder bitumen- oder wachsgetränkte Schaumstoffe (behindern die Haftung des Fugendichtstoffes an den Fugenflanken). Das Hinterfüllmaterial ist so einzubauen, dass die Bedingungen gemäß Tabelle 17.3 eingehalten werden. d) Falls vom Hersteller vorgesehen, sind die Fugenflanken mit dem zum System gehörenden Primer zu grundieren. Auf die vorbereiteten Fugenflanken aufgetragene Primer verbessern die Haftung zwischen dem Untergrund (Fugenflanke) und dem Fugendichtstoff, verfestigen diese jedoch nicht.
17.3 Spritzbare Fugendichtstoffe
355
Abb. 17.8: Einbau der Fugenmasse (Foto: Sika Chemie, MC-Bauchemie)
Abb. 17.9: Gemäß DIN 18540 abgedichtete Fuge (Foto: Sika Chemie, MC-Bauchemie)
e) Einkomponentige Fugendichtstoffe werden meist verarbeitungsfertig in Gebinden (Kartusche, Schlauchbeutel, Dose) geliefert. Zweikomponentige Fugendichtstoffe werden bei Einsatz geringer Massen vor dem Verarbeiten in Kartuschen gemischt. Bei Massen über 500 ml werden die Fugendichtstoffe in Gebinden geliefert, darin im vorgeschriebenen Mischungsverhältnis gemischt und anschließend aus dem Gebinde verarbeitet. Der Fugendichtstoff wird mit der Hand- oder Druckluftpistole in die Fuge eingespritzt. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Luft im Fugendichtstoff eingeschlossen wird. Wichtig für die spätere Funktionsfähigkeit ist ein vollflächiges Benetzen der Haftflächen.
356
17 Abdichten von Fugen
Abb. 17.10: Falsche und richtige Fugenabdichtung mit spritzbaren Fugendichtstoffen gemäß BFSMerkblatt Nr. 23
17.3 Spritzbare Fugendichtstoffe
357
Tab. 17.4: Beurteilen der Haftflächen in Anlehnung an BFS-Merkblatt Nr. 23 Prüfmerkmal
Prüfmethode
Befund
Technische Hinweise, Maßnahmen und Empfehlungen
Feuchtigkeit
Augenschein
Feuchte Flächen, Wasserränder, Verfärbungen zeichnen sich ab
Ursache beseitigen und austrocknen lassen. Bei aufsteigender und rückseitiger einwirkender Feuchtigkeit sind besondere Maßnahmen erforderlich
Verschmutzung
Augenschein
Die Haftflächen müssen Reinigen der Haftflächen frei von sämtlichen durch entsprechende VerVerschmutzungen sein. fahren
Festigkeit der Haftflächen
Kratzprobe
Mehlende Haftflächen
Haftfläche lässt sich bei lose, lockere mürbe Teile mäßigem Druck beschä- durch geeignete Maßnahdigen oder platzt aus. men entfernen wesentlicher Abrieb
Abreiben mit der Hand Annässen mit Wasser In angenässtem Zustand erweicht die Haftfläche
hten Sinterschich
Kratze- und Benetzungsprobe (Wasser)
Dunkelfärbung der Kratzspur
Entfernen durch Schleifen, Strahlen
Benetzbarkeit und Saugfähigkeit
Benetzungsprobe (Wasser)
Wasser perlt nicht ab
keine Maßnahmen erforderlich Ausreichende Saugfähigkeit herstellen durch Schleifen, Strahlen (Sinterschicht) oder Dampfstrahlen (Trennmittel) Beschichtungstechnische Lösung
keine oder unterschiedliche Saugfähigkeit
starke Saugfähigkeit
Die Oberfläche des Fugendichtstoffs wird mit einem Glättholz oder Glättfilz unter Einsatz eines vom Dichtstoffhersteller empfohlenen Glättmittels unter leichtem Andruck abgezogen und dadurch geglättet. Das Glättmittel, z.B. ein Netzmittel mit organischen Gleitmitteln und farblos, gelartig, wasserverdünnbar, darf keine Substanzen aus dem Fugendichtstoff herauslösen oder einen Film auf der Oberfläche hinterlassen. f) Abschließend ist das Klebeband abzuziehen und die Fugenränder sind, falls erforderlich, nachzuglätten.
17.3.6 Qualitätssicherung Für ein dauerhaftes Funktionieren der Fugenabdichtung sind die konstruktive Ausbildung der Fuge, die Eignung des verwendeten Fugendichtstoffes und die Ausführung der Arbeiten entscheidend. Bereits im Planungsstadium sind die Regelungen der DIN 18540 für Fugenabstand und -maße zu beachten. Die
358
17 Abdichten von Fugen
Auswahl der Fugendichtstoffe sollte unter Berücksichtigung der zu erwartenden Belastung aus Umwelt und Nutzung des Bauwerks erfolgen. Außerdem sollte die Verträglichkeit mit angrenzenden Baustoffen bekannt sein. Falls die Fuge mit den angrenzenden Flächen beschichtet werden soll, ist die Überstreichbarkeit eine wichtige nachzuweisende Eigenschaft. Bei der Ausführung sind neben DIN 18540 und dem BFS-Merkblatt Nr. 23 sowie ggf. weiteren Regelwerken auch die Herstellerangaben, insbesondere ◆ Verarbeitungseinschränkungen bei bestimmten Witterungs- und Verfestigungsbedingungen, ◆ Verarbeitungseinschränkungen bei bestimmten Temperaturen oder Wassergehalten der Untergründe, ◆ Vorlagerung des Fugendichtstoffes bei bestimmten Temperaturen, ◆ Mischanweisungen bei mehrkomponentigen Fugendichtstoffen, ◆ Wartezeiten nach dem Mischen und ◆ Topfzeiten bei mehrkomponentigen Fugendichtstoffen, zu beachten. Bei mehrkomponentigen Fugendichtstoffen beginnt die chemische Vernetzung mit dem Vermischen der miteinander reagierenden Werkstoffkomponenten. Damit einhergehend geht das zunächst plastisch verarbeitbare Material in einen meist elastischen Endzustand über. Dabei nimmt die Fähigkeit, die Fugenflanken intensiv zu benetzen und in Unebenheiten und Poren des Untergrundes einzudringen, ab. Optimales Benetzen des Untergrundes ist jedoch für ausreichendes Haften an den Fugenflanken erforderlich. Daher dürfen mehrkomponentige Fugendichtstoffe nur innerhalb der vom Hersteller angegebenen Topfzeit bei Einhalten der klimatischen Bedingungen verarbeitet werden. Einkomponentige Dichtstoffe verfestigen von der luftseitigen Oberfläche beginnend, indem entweder flüchtige Bestandteile aus dem Werkstoff verdunsten oder die chemische Reaktion mit Luftsauerstoff oder Wasser aus der umgebenden Luft erfolgt. Der Übergang vom plastischen in den funktionsfähigen Zustand ist daher zuerst an der Oberfläche zu bemerken. Da das verfestigte Material hautähnlich auf dem noch unverfestigten Material schwimmt, wird dieser Vorgang als Hautbildung bezeichnet. Die Zeit bis zum Bilden einer trockenen, nicht klebrigen Oberfläche wird Hautbildungszeit genannt und charakterisiert die Reaktionsgeschwindigkeit nach dem Verarbeiten. In Abhängigkeit von der Durchlässigkeit der bereits verfestigten Schicht für die zur weiteren Reaktion erforderlichen Komponente (z.B. aus Luftfeuchte) nimmt die Materialverfestigung – und damit die Dicke der verfestigten Schicht – mit der Zeit zu, bis der gesamte eingebaute Dichtstoff fest ist.
17.3 Spritzbare Fugendichtstoffe
359
17.3.7 Beurteilung von Schäden Die Ursache von schadhaften Fugendichtstoffen kann in vielen Fällen aus typischen visuellen Merkmalen erkannt werden. Beispielhaft seien folgende Schadensbilder genannt (vgl. Tab. 17.5): Tab. 17.5: Fehlermerkmale an Fugenabdichtungen und mögliche Ursachen in Anlehnung an BFSMerkblatt Nr. 23 Fehlermerkmal
Mögliche Ursache
Brucharta
optische Störungen, evtl. ohne Einfluss auf die mechanischen oder chemischen Eigenschaften; Blasen
ausgewanderte Inhaltsstoffe
(K)
Verhältnis von Breite/Tiefe/Fugenabstand nicht nach DIN 18540 (siehe Tabelle 17.3)
Fehlerhafte Fugendimensionierung bezogen auf die Fugenabstände
K
Flankenabrisse, Reste des Untergrundes an abgelöster Fugenmasse
Unzureichende Festigkeit des Untergrundes
A
Von Haftflächen abgelöster Fugendichtstoff
Stark schwankende Spritztiefe
A
Gerissener bzw. von den Haftflächen abgelöster Fugendichtstoff
Überforderung des Fugendichtstoffes bezüglich der Elastizität
K, A
Salzbildung (evtl. sauervernetzter Fugendichtstoff auf mineralischem Untergrund)
Unverträglichkeit des Fugendicht stoffes mit dem Untergrund
Ablösender Fugendichtstoff, ausgewanderte Inhaltsstoffe aus der Beschichtung, dem Hinterfüllmaterial bzw. dem Fugendichtstoff (klebrige Oberfläche, Verfärbung)
Unverträglichkeit des Fugendicht stoffes mit der Altbeschichtung bzw. dem Hinterfüllmaterial
Verfärbungen des Fugendichtstoffes
Unverträglichkeit säurehärtender Silicone mit korrosionsfähigen Metallen (z.B. Zink, Kupfer, Messing)
Ausgewanderte lnhaltsstoffe (Weichmacherwanderung) des Fugendichtstoffes
Unverträglichkeit von Fugendichtstoffen verschiedener Rohstoffgruppen untereinander
K
Ausgewanderte Inhaltsstoffe des Fugendichtstoffes bzw. des Untergrundes
Unverträglichkeit des Fugendichtstoffes mit Kunststoffen und Kunststoffprofilen
(K)
Abblätternde bzw. klebende, verfärbte Beschichtung im Fugenbereich, gerissener Fugendichtstoff
Überstrichener Fugendichtstoff
K
Einreißen bzw. Ablösen des Fugendichtstoffes von den Haftflächen
Dreiflächenhaftung
K, A
Ablösen des Dichtstoffes von den Haftflächen
Fehlende Vorbereitung der Fugenflanken, keine oder falsche Vorbehandlung durch Grundierung (Primer)
A
A
Unebene, eingefallene Dichtstoffoberfläche Nicht geschlossenzelliges Hinterfüllmaterial A a
A Adhäsionsbruch. K Kohäsionsbruch.
360
17 Abdichten von Fugen
Abb. 17.11: Infolge Versprödung oberflächig eingerissene Fugenmasse in einer Attika (Ausbildung nicht entsprechend DIN 18540)
◆ Risse in der Oberfläche deuten auf Verspröden des Fugendichtstoffes hin. Z.B. infolge Weichmacherwanderung oder Alterung infolge der Bewitterung kann die Dehnfähigkeit der oberflächennahen Zone des Fugendichtstoffes nachlassen. Dadurch nehmen die Spannungen in der spröder werdenden Zone zu, sodass bei Überschreiten der Eigenfestigkeit von der Oberfläche ausgehende Risse entstehen. ◆ Abreißen der Fugendichtstoffe von den Fugenflanken deutet auf mangelhaften Verbund des Fugendichtstoffes zu den Fugenflanken hin. Ursache kann fehlender Primer oder unsachgemäße Ausführung, z.B. Taupunktunterschreitung (Kondenswasser), sein. ◆ Verfärbungen im Randbereich der Fuge deuten auf die Wanderung von Weichmachern hin. Dies kann zum einen zum Verspröden des Fugendichtstoffes, andererseits zu Schäden an angrenzenden Bauteilen (z.B. bei Natursteinen) führen. Weichmacherwanderung in angrenzende Beschichtungen oder Kunststoffbauteile sind eventuell an Verschmutzungen entlang des an die Fuge angrenzenden Bereichs erkennbar. ◆ Falls die Überstreichbarkeit des Fugendichtstoffes nicht gegeben ist, besteht die Gefahr, dass bei Beschichten der Fugendichtung die Oberfläche des Fugendichtstoffes bei Dehnbeanspruchung einreißt (Tab. 17.9). Schadhafte Fugendichtstoffe sind bei Schäden, die nicht auf die Fugenabstände und -abmessungen zurückzuführen sind, zu erneuern, wenn die ab-
17.4 Abdichten von Fassaden mit geklebten Elastomer-Fugendichtbändern
361
Tab. 17.6: Haftung der Dichtstoffe untereinander nach FUCHS Silicon
Polysulfid
PUR
AY-Dispersion
AY-Lösemittel
–
–
–
–
Polysulfid
zeitabhängig schlecht –
mäßig
–
PUR AY-Dispersion AY-Lösemittel
– – –
– mäßig chemisch unverträglich
gut – –
mäßig schlecht – gut mäßig
chemisch unverträglicht – mäßig gut
Silicon
– Haftung im Allgemeinen problematisch.
dichtende Funktion nicht mehr sichergestellt ist. Die alte Fugendichtmasse ist aus den Fugen herauszuschneiden. Reste von Fugendichtstoffen sind, z.B. durch Schleifen, von den Fugenflanken zu entfernen. Zu beachten ist, dass bereits geringfügige Reste verbleibender alter Dichtmasse zu Haftungsverlusten führen können. Daher ist die Verträglichkeit des neuen Dichtstoffes mit dem alten zu prüfen. Einige Beispiele sind auf Tabelle 17.6 angegeben. Falls die Fugenabmessungen nicht den Anforderungen der DIN 18540 entsprechen, ist zu prüfen, ob diese durch Abstemmen, Abfräsen oder Abschleifen auf die geforderten Abmessungen erweitert werden können. Wenn dies nicht möglich ist, sind andere Abdichtungsarten (z. B. geklebte Fugendichtbänder) auszuführen.
17.4 Abdichten von Fassaden mit geklebten Elastomer-Fugendichtbändern 17.4.1 Arten und Anforderungen Unterschieden werden grundsätzlich Fugenbänder, die mit unterschiedlichen Querschnittsprofilen (flach oder profiliert) sowie unterschiedlicher Dicke und Breite als ◆ plastische, selbstklebende oder ◆ elastische, nicht selbstklebende auf Rollen gewickelte Meterware mit Breiten von 30 mm bis 200 mm hergestellt werden. Hinweis: Plastische Fugenbänder aus Butylkautschuk (IIR IsobutyleneIsoprene-Rubber) und/oder Polyisobutylen (PIB), die in IVD-Merkblatt Nr. 5 geregelt werden, haften aufgrund ihrer Eigenklebrigkeit ohne Vorbehandlung auf fast allen Untergründen und werden häufig bei Anflussfugen zwischen unterschiedlichen Baustoffen, z.B. bei Verglasungen und zahlreichen weiteren Anwendungsgebieten, eingesetzt.
362
17 Abdichten von Fugen
Abb. 17.12: Abdichtung mit geklebtem Elastomer-Fugenband, Prinzip Tab. 17.7: Übersicht über die Kunststoffarten von Fugendichtbändern nach BFS-Merkblatt Nr. 23 Kunststoffbasis
plastisch, selbstklebend
Butylkautschuk Polyurethan Polysulfid (Thiocol®) Silicon – RTV (Raumtemperatur-vernetzt) – HTV (Hochtemperatur-vernetzt)
쐌
elastisch, nicht selbstklebend 쐌 쐌 쐌
Die hier behandelten elastischen Fugenbänder zum Abdichten von Beton werden mit Klebstoffen auf den vorbereiteten Untergrund aufgeklebt. In der Regel besteht der ein- oder zweikomponentige Klebstoff aus der gleichen Kunststoffbasis wie das Band, ist thixotrop eingestellt und im Gebrauchszustand etwas härter als das Band. Elastomer-Fugenbänder müssen ein Rückstellvermögen von über 80% gemäß IVD Merkblatt Nr. 4 aufweisen. IVD-Merkblatt Nr. 4 nennt die Anforderungen an Fugenbänder: ◆ Frühbeanspruchung (Sichtprüfung) ◆ Weiterreißwiderstand des angekerbten Bandes (auf die Banddicke bezogene Kraft >7,0 N/mm) ◆ Dehnverhalten bei 23°C und –20°C (Einteilung in Klasse 1 und Klasse 2) ◆ Alterungsverhalten ◆ Verfärbung angrenzender Bauteile ◆ Rückstellvermögen (erf. >80%).
17.4.2 Einsatzbereiche und Funktion Vorteile gegenüber Fugendichtmassen bieten Fugenbänder in folgenden Fällen (BFS-Merkblatt Nr. 23):
17.4 Abdichten von Fassaden mit geklebten Elastomer-Fugendichtbändern
363
◆ in Fugenbereichen, die nicht den Regeln der DIN 18540 entsprechen (z.B. Gebäudetrennfugen), ◆ in gemäß DIN 18540 zu schmalen Fugen, in denen aufgrund unzureichender Dimensionierung, die maximal zulässige Gesamtverformung eines spritzbaren Dichtstoffes überschritten wird, ◆ bei erheblichem Höhenversatz der Fugenränder und stark schwankenden Fugenbreiten, ◆ wenn mangelhafte Festigkeit und Oberflächenbeschaffenheit der Baustoffe im Fugenflankenbereich eine einwandfreie Haftung von spritzbaren Dichtstoffen nicht zulassen. Fugenbreite, Fugenkonstruktion und zu erwartende Dehnungen der Fuge sind entscheiden für die Auswahl der Art und der Profilierung des Elastomerfugenbandes. Den Anteil der Klebefläche (Breite der Klebeflächen je Seite ca. 20% der Bandbreite) regelt IVD-Merkblatt Nr. 4 grundsätzlich, im Einzelfall sind die Angaben der Hersteller maßgebend. Die für die Dehnung zur Verfügung stehende Dehnlänge entspricht der freien Bandbreite und ist Abb. 17.12 zu entnehmen. Die bauphysikalischen Randbedingungen sind im einzelnen Anwendungsfall zu beachten: ◆ Die Fugenbänder dürfen nicht durch Wasser hinterlaufen werden. ◆ Falls aufgrund der Wasserdampfdiffusion erforderlich, sind Fugenbänder durch entsprechendes Verkleben dauerhaft zu hinterlüften.
a
Abb. 17.13: Fugendichtband: a) Einbau, b) Fassadenansicht (Foto: Sika Chemie)
b
364
17 Abdichten von Fugen
Als nicht technischer sondern ästhetischer Nachteil kann die meist breiter als mit spritzbaren Fugendichtstoffen in Erscheinung tretende abgedichtete Fuge (vgl. Abb. 17.14) angeführt werden.
17.4.3 Einbauen der Fugendichtbänder a) Der als Klebefläche dienende Untergrund muss sauber, trocken, fettfrei und tragfähig sein. Vorhandene Beschichtungen müssen im Klebebereich am Untergrund haften und mit dem zu verklebenden Fugendichtband und dem Kleber verträglich sein. Falls Zweifel an Haftung und Verträglichkeit der Beschichtung bestehen, ist die Beschichtung im Klebebereich, z.B. durch partielles Strahlen zu entfernen. Vorhandene Fugendichtmassen können in der Regel in der Fuge verbleiben. b) Falls erforderlich, sind Klebeflächen durch Abkleben mit geeigeneten Bändern zu begrenzen. c) Der Primer ist, falls zum System gehörend, gleichmäßig aufzubringen. Dabei ist auf vollflächiges Benetzen des Untergrundes zu achten. d) Nach dem Ablüften des Primers wird auf die Klebeflächen wulstförmig Kleber in einer von der Breite der Klebefläche abhängenden Menge aufgetragen. In den noch frischen Klebestoff wird das Fugenband mit den gekennzeichneten Klebeflächen nach unten eingelegt und gleichmäßig angedrückt. Wichtig ist, dass die Klebefläche des Fugendichtbandes vollflächig mit Kleber benetzt wird. Nachdem die begrenzenden Bänder entfernt wurden, sind die Klebstoffränder zu glätten. Varianten von Fugendichtbändern und Verlegearten sind auf Abb. 17.14 wiedergegeben. e) Anschlüsse, wie Stoßstellen, Kreuzungspunkte von senkrechten und waagerechten Fugen sowie die Fugenabschlüsse sind nach den Vorschriften der Hersteller der Fugendichtbänder auszuführen.
a
b
c
d
e
f
Abb. 17.14: Verlegung von Fugendichtbändern, a) bis c) auf die Bauteiloberfläche, d) und e) in der Fase der Fuge, f) in Bauteilecke nach BFS-Merkblatt Nr. 23
17.5 Abdichten mit Fugenbändern aus Elastomeren und Thermoplasten
365
f) Anschließend applizierte Beschichtungen dürfen das Fugendichtband maximal 1 mm breit überlappen. Auf keinen Fall sind Fugendichtbänder vollflächig zu überstreichen. Die Beschichtungsverträglichkeit des Fugendichtbandsystems ist vom Hersteller des Fugendichtbandes bzw. vom Hersteller der Beschichtung (in Zweifelsfällen von beiden) zu bestätigen.
17.5 Abdichten mit Fugenbändern aus Elastomeren und Thermoplasten 17.5.1 Arten und Anforderungen a) Die aus thermoplastischen Kunststoffen, meist Polyvinylchlorid (PVC) hergestellten Fugenbänder nach DIN 18541-1 und DIN 18541-2 werden nach der Anordnung im Betonbauteil (innen- oder außenliegend) sowie nach ihrem Einsatz bei Dehn- und Arbeitsfugen unterschieden, vgl. Abb. 17.15: ◆ Typ A: ◆ Typ AA: ◆ Typ D: ◆ Typ DA: ◆ Typ FA:
innenliegendes Arbeitsfugenband außenliegendes Arbeitsfugenband innenliegendes Dehnfugenband außenliegendes Dehnfugenband Fugenabschlussband
Zudem unterscheidet DIN 18541 bitumenverträgliche (BV) und nicht bitumenverträgliche (NB) Fugenbänder.
a Typ D
b Typ D
c Typ A
d Typ AA
e Typ FA
Abb. 17.15: Thermoplastische Fugenbänder (Querschnitte gemäß DIN 18541): a) Innenliegendes Dehnfugenband, b) außenliegendes Dehnfugenband, c) innenliegendes Arbeitsfugenband, d) außenliegendes Arbeitsfugenband, e) Fugenabschlussband
366
17 Abdichten von Fugen
Für folgende Werkstoffeigenschaften nennt DIN 18541-2 folgende Anforderungen an thermoplastische Fugenbänder: Allgemeine Beschaffenheit Shore-Härte Zugfestigkeit Dehnung bei Höchstkraft Weiterreißwiderstand Verhalten bei tiefen Temperaturen Dehnung bei Höchstkraft
frei von Blasen, Rissen, Lunkern 67 ± 5 Shore-A ≥10 N/mm2 ≥350% ≥12 N/mm ≥200%
Verhalten nach a) Lagerung in Kalkmilch b) Wärmealterung c) Einwirkung von Mikroorganismen d) Bewitterung Zulässige Änderung der Mittelwerte Zugfestigkeit Dehnung bei Höchstkraft Elastizitätsmodul Schweißbarkeit als Quotient der Reißkräfte Brandverhalten nach DIN 4102-1
≤20% ≤20% ≤50% ≥0,6 B2
Verhalten nach Lagerung in Bitumen Zulässige Änderung der Mittelwerte Zugfestigkeit Dehnung bei Höchstkraft Elastizitätsmodul
≥20% ≥20% ≥50%
Im Geltungsbereich der ZTV-ING Teil 3 Massivbau Abschnitt 3 Bauwerksfugen können Fugen aus thermoplastischen Werkstoffen nach DIN 18541 ausschließlich als Fugenabschlussbänder (Typ FA) eingesetzt werden. b) Fugenbänder aus Elastomeren, z.B. Polychloropren (CR, Kunstkautschuk) sind in DIN 7865-1 und DIN 7865-2 geregelt und werden ebenfalls nach Funktion, Lage im Bauteil und Breite bezeichnet (Abb. 17.16), z.B.: Dehnfugenbänder ◆ Form FM 200: innenliegendes Fugenband mit Mittelschlauch, 200 mm breit ◆ Form FMS 350: innenliegendes Fugenband mit Mittelschlauch mit Stahllaschen, 350 mm breit ◆ Form AM 250: außenliegendes Fugenband mit Mittelschlauch, 250 mm breit Arbeitsfugenbänder ◆ Form F 150: innenliegendes Fugenband ohne Mittelschlauch, 150 mm breit
17.5 Abdichten mit Fugenbändern aus Elastomeren und Thermoplasten a FM 300
d F 200
b FMS-400
e FS 270
c AM 350
f A 350
367
Abb. 17.16: Elastomere Fugenbänder gemäß DIN 7865-1: 1982-02: a) Innenliegendes Dehnfugenband, b) Innenliegendes Dehnfugenband mit Stahllasche, c) außenliegendes Dehnfugenband, d) innenliegendes Arbeitsfugenband, e) innenliegendes Arbeitsfugenband mit Stahllasche, f) außenliegendes Arbeitsfugenband
◆ Form FS 270: ◆ Form A 250
innenliegendes Fugenband ohne Mittelschlauch mit Stahllaschen, 270 mm breit außenliegendes Fugenband ohne Mittelschlauch, 250 mm breit
Für bestimmte Werkstoffeigenschaften nennt DIN 7865-2 folgende Anforderungen an Elastomer-Fugenbänder: Shore-A-Härte Zugfestigkeit Reißdehnung
62 ± 5 ≥10 N/mm2 ≥380%
Druckverformungsrest 168 h/23°C 24 h/70°C Weiterreißfestigkeit
<20% <35% 8 N/mm
Verhalten nach Wärmelagerung Änderung der Shore-A-Härte Zugfestigkeit Reißdehnung Kälteverhalten Verhalten nach Ozonalterung Zugverformungsrest
≤+8 ≥9 N/mm2 ≥300% ≤90 Shore-A Rissstufe 0 ≤20%
368
Metallhaftung Formbeständigkeit gegen Heißbitumen Beständigkeit gegen Kontaktmedien
17 Abdichten von Fugen
Strukturbruch im Elastomer Keine Änderung der Gestalt in Abhängigkeit vom Verwendungszweck zu vereinbaren
c) Wasserquellfähige Dichtungsbänder aus hydrophilem Chloropren-Expansionskautschuk werden zum dauerhaften Abdichten von Arbeitsfugen gegen Wassereintritt und -austritt im Beton- bzw. Betonfertigteilbau für „Weiße Wannen“, Anschlussfugen von Bodenplatten, Wasser- und Klärbecken, Schächten und Rohrleitungen, Rohrdurchführungen und -einbindungen sowie Tübbings eingesetzt.
17.5.2 Einsatzbereiche und Funktion Fugenbänder sind bei Dehnungs- und Arbeitsfugen in Bauwerken aus wasserundurchlässigem (WU-)Beton zwingend erforderlich. Fugenbänder aus thermoplastischen Kunststoffen bzw. Elastomeren besitzen einen Dehn- und einen Dichtungsteil: ◆ Der Dichtungsteil dient zur Verankerung im Beton und ist daher profiliert. Durch die Profilierung soll zudem ein möglichst langer Weg für umlaufendes Wasser entstehen. ◆ Der Dehnteil nimmt die in der Fuge auftretenden Dehnungen aus Bewegungen der angrenzenden Bauteile auf. Dehnfugenbänder für Bewegungs- und Pressfugen besitzen im Bereich des Dehnteils einen Mittelschlauch, vgl. Abb. 17.15 und Abb. 17.16. Je nach Art der Bewegungen werden Typen der Bewegungsfugen unterschieden. Bei Fugentypen I treten vergleichsweise langsame und seltene Bewegungen, z.B. infolge von Setzungen oder jahreszeitlich bedingte Temperaturänderungen, bei Fugentypen II schnelle und häufige Bewegungen, z.B. durch Verkehrsbelastung oder tageszeitlich bedingte Temperaturänderungen sowie ggf. bedingt durch Erdbeben, auf. Um die Fugenbänder beim Einbau besser fixieren zu können sind Bänder mit Stahllaschen verfügbar.
17.5.3 Bemessen und Einbauen der Fugendichtbänder Die Bemessung der Fugenbänder für Bewegungsfugen erfolgt mit Hilfe von werkstoffbezogenen Diagrammen unter Berücksichtigung der maximal zu erwartenden resultierenden Verformungen zwischen zwei Bauwerken oder Bauteilen sowie des höchsten zu erwartenden Wasserdrucks [DIN 18197]. Beim Fugentyp II sind die dynamischen Belastungen durch Erhöhen der wie beim Fugentyp I ermittelten Verformungen um den Beiwert von 1,5 zu berück-
17.6 Abdichten mit vorkomprimierten, imprägnierten Schaumstoff-Dichtbändern 369
Abb. 17.17: Innenliegendes Fugenband; Einbindtiefe und Betonüberdeckung (Prinzipskizze)
sichtigen. Pressfugen werden i.d.R. mit Fugenkammern ausgebildet, sodass Dehnungen des Dichtmittels ermöglicht werden. Fugenbänder für Pressfugen werden daher wie für Bewegungsfugen mit einer Nennfugenweite von 20 mm bemessen. Für Arbeitsfugen ist aufgrund der geringen Verformungen kein diesbezüglicher Nachweis erforderlich, jedoch sind bestimmte konstruktive Merkmale in Abhängigkeit von der Wasserbelastung zu berücksichtigen. Das Dichtungsband ist so zu wählen, dass die Breite des Dichtteils ca. der halben Bauteildicke entspricht. Dadurch entspricht der Umweg des Wassers etwa der Bauteildicke. Um den Betonquerschnitt nicht zu schwächen, soll jedoch die Einbindetiefe des Fugenbandes in den Beton geringer sein als die Dicke der Betonüberdeckung des Fugenbandes. Um die abdichtende Funktion von Fugenbändern sicher zu erreichen, müssen die Dichtteile fest mit Beton umschlossen sein. Daher sind die Fugenbänder vor dem Betonieren sorgfältig an der Bewehrung mit Rödeldraht oder Fugenbandklammern zu befestigen. Der Fugenraum wird während des Betonierens des zweiten Bauteils mit Fugenplatten aus Kork, PS-Hartschaum oder Weichfaserplatten als Distanzhalter ausgefüllt. Wenn sich bei langen Fugen Verbindungen nicht vermeiden lassen, so sind sie durch Laschenstöße herzustellen: bei elastomeren Fugenbändern durch Vulkanisieren und bei thermoplastischen Fugenbändern durch Schweißverfahren [E DIN 18197]. Diese Arbeiten erfordern sorgfältiges Ausführen durch besonders ausgebildetes Personal.
17.6 Abdichten mit vorkomprimierten, imprägnierten Schaumstoff-Dichtbändern Die aus geschäumten und imprägnierten Kunststoffen hergestellten Bänder werden im auf ca. 15% ihrer Ausgangsbreite komprimierten Zustands auf Rollen geliefert. Um das Einbauen zu erleichtern, sind die Bänder einseitig selbstklebend ausgestattet. Die zwischen 10 mm und 40 mm breiten Bänder sind so zu wählen, dass die Kompression der eingebauten Bänder noch ca. 20% der Ausgangsbreite beträgt.
370
17 Abdichten von Fugen
Vorkomprimierte, imprägnierte Schaumstoff-Dichtbänder aus Polyurethan-Schaumstoff sind in DIN 18542 genormt. Relevante Werkstoffeigenschaften, wie ◆ Rohdichte ◆ IR-Spektrum der Imprägnierung ◆ Gehalt an Imprägnierung ◆ Verträglichkeit mit üblichen Baustoffen ◆ Zugfestigkeit ◆ Bruchdehnung ◆ Schlagregensicherheit ◆ Beständigkeit gegenüber Alkalien und Tausalzen ◆ Wasserdurchlässigkeit ◆ Wärmebeständigkeit ◆ Kältebiegeprüfung ◆ Witterungsbeständigkeit ◆ Frost/Tau-Prüfung ◆ Wärmealterung ◆ Verhalten nach 1000 Lastwechseln ◆ Wurzelfestigkeit ◆ Widerstandsfähigkeit gegenüber Befall durch Schimmelpilz ◆ Schwerentflammbarkeit sind durch Prüfzeugnisse durch die Hersteller nachzuweisen. Die Hersteller geben abhängig von den vorhandenen Fugenbreiten erforderliche Bänder vor. Die Bänder werden sowohl im Neubau als auch bei der Instandsetzung alter Fugenabdichtungen eingesetzt. Im Gegensatz zu klebbaren Elastomer-Bändern müssen jedoch alte Fugendichtstoffe entfernt werden. Bei Fugen mit stark schwankender Fugenbreite bieten vorkomprimierte Bänder besondere Vorteile. Nach dem Aufkleben auf eine Fugenflanke (Abb. 17.18) de-
Abb. 17.18: Abdichten mit vorkomprimierten Schaumstoff-Dichtbändern (Foto VITO Irmen)
17.8 Abdichten mit Profilsystemen
371
komprimiert das Band bis auf die Breite der Fuge. Von der Rückstellkraft des Bandes hängt dessen Fixierung und die Dichtigkeit der Fuge wesentlich ab. An Stoßstellen werden vorkomprimierte Fugenbänder stumpf gestoßen. An Fugenkreuzungen wird ein Fugenband durchlaufend verlegt und das Band der anderen Fuge von beiden Seiten angearbeitet. Diese Abdichtungsart erfolgt u.a. auch bei Fugen in Wärmedämmverbundsystemen (Anschluss WDVS/Fenster). Die Herstellerangaben sind zu beachten.
17.7 Abdichten mit Klemmprofilen Die zwischen den Fugenflanken klemmbaren Profile (Beispiel siehe Abb. 17.19) werden aus unterschiedlichen Kunststoffen hergestellt. Form, Material und Eigenschaften müssen auf die jeweiligen Anforderungen abgestimmt sein. Bei einigen Varianten erfolgt die Klemmwirkung mittels einer Metallklammer, andere werden eingeschlagen, manche zusätzlich mit Klebstoff in der Lage fixiert. Die nicht genormten Fugenprofile werden in unterschiedlichen Längen geliefert. Die Hersteller prüfen im Wesentlichen – oft analog gegebener Normen zu anderen Dichtstoffen – folgende Eigenschaften: ◆ Dehnverhalten ◆ Witterungsbeständigkeit ◆ Temperaturbeständigkeit ◆ Abriebfestigkeit ◆ Beständigkeit gegenüber Chemikalien (z.B. Öle, Säuren, Bitumen). Klemmbare Fugenprofile werden bei Fugen in Außenwänden und Böden verwendet.
17.8 Abdichten mit Profilsystemen Hochbeanspruchte Bewegungsfugen – meist in Boden- und selten in Wandflächen – werden häufig mit geeigneten Dichteinlagen, die in die Beton-, Estrich- oder Putzflächen eingebaut werden, abgedichtet. Die Konstruktionen bestehen aus Flankenprofilen (Metall oder Kunststoff) und einklemmbaren a
b
Abb. 17.19: Klemmprofile: a) geschlossenes, b) offenes Profil (Albert Steinhoff GmbH)
372
17 Abdichten von Fugen
Abb. 17.20: Normalbeanspruchte Bodenfugen mit hochpolymerem Profilband (Migua)
Abb. 17.21: Hochbeanspruchte Bodenfuge mit hochpolymerem Profilband, wasserdicht (Migua)
Abb. 17.22: Hochbeanspruchte Bodenfuge mit hochpolymerem Profilband, wasserdicht, beschichtet (Migua)
elastischen Dichteinlagen (Profilbänder aus hochpolymeren Werkstoffen, z.B. Polychloroprene), vgl. Abb. 17.20, Abb. 17.21 und Abb. 17.22. Ergänzend können bei überfahrenen Bodenfugen Schleppbleche als Schutz vor mechanischer Beschädigung erforderlich sein. Die gegenwärtig nicht in Regelwerken behandelten Dichteinlagen werden durch die Hersteller oft analog der Normen zu anderen Dichtstoffen bezüglich folgender Eigenschaften geprüft: ◆ Dehnverhalten ◆ Witterungsbeständigkeit ◆ Temperaturbeständigkeit ◆ Abriebfestigkeit ◆ Verhalten nach Lastwechseln ◆ Beständigkeit gegenüber Chemikalien (z.B. Öle, Säuren, Bitumen). Die Flankenprofile werden parallel zu den Fugenflanken wasserdicht montiert. Die Dichteinlagen werden als „Endlosband“ geliefert und erst nach Ab-
17.9 Verträglichkeit mit Baustoffen und Beschichtungssystemen
373
schluss eventueller weiterer Arbeiten in die Profile eingeklemmt. Die Dichteinlage ist zu entfernen bzw. anderweitig zu schützen, wenn Beschichtungsarbeiten auf den angrenzend Flächen erfolgen. Die Dichtigkeit der Abdichtung hängt von ◆ der Dichtigkeit der Dichteinlage und ◆ der Dichtigkeit des Anschlusses einer flächigen Abdichtung an das Flankenprofil ab. Daher ist sorgfältiges Einbauen entsprechend den Verarbeitungsanweisungen der Hersteller wesentlich für den Erfolg der Maßnahme. Zwängungsfreies Bewegen der Fugenflanken darf nicht durch im Fugenspalt vorhandene Fremdkörper behindert werden. Kreuzungspunkte und Anschlüsse Boden/ Wand und weitere Anschluss- und Übergangsbereiche werden mit besonderen Formteilen ausgebildet.
17.9 Verträglichkeit mit Baustoffen und Beschichtungssystemen Grundsätzlich sind die Wechselwirkungen zwischen Dichtstoffen einerseits und Baustoffen und Beschichtungssystemen andererseits zu berücksichtigen und zu bewerten.
17.9.1 Verträglichkeit mit Beschichtungssystemen Ein Dichtstoff ist im Sinne der DIN 52460 beschichtungsverträglich, wenn er zum Abdichten beschichteter Bauteile verwendet werden kann, ohne dass sich schädigende Wechselwirkungen zwischen dem Dichtstoff, der Beschichtung und angrenzenden Baustoffen ergeben. Dies gilt ebenso für den Fall, dass nach dem Abdichten die an die Fuge angrenzenden Flächen der Bauteile beschichtet werden, indem der Beschichtungsstoff maximal 1 mm breit parallel zu den Fugenrändern überbeschichtet wird. Die vollflächige Überstreichbarkeit des Dichtstoffes ist gesondert nachzuweisen. a) Vorhandene Beschichtung Betrachtet werden Fugen, bei denen vor dem Einbauen der Dichtstoffe Beschichtungsstoffe auf die Haftflächen appliziert wurden. Dabei können folgende Erscheinungen auftreten: ◆ Verfärbungen im Bereich der Haftflächen, ◆ Erweichungen im Bereich der Haftflächen, ◆ Trennung innerhalb des Beschichtungsaufbaus. Die Ergebnisse der Prüfung gemäß DIN 52452-4, Prüfmethode A1 an lösemittelverdünnbaren Alkydharzsystemen können gemäß BFS Merkblatt
374
17 Abdichten von Fugen
Tab. 17.8: Verträglichkeit von Dichtstoffen mit vorhandenen Beschichtungen gemäß BFS-Merkblatt Nr. 23 Bindemittelbasis der Beschichtung
Bindemittelbasis des Dichtstoffs Silicon
Polysulfid
PUR
AY-Dispersion
AY, MSgelöst Polymer
neutral
alkalisch saueer
a) Fenstersysteme – Alkydharzlasur – Dispersionslasur – Alkydharz – Dispersionslack
+ + + +
+ + – +
+ + + +
+ – + –
+ + – +
+ + + +
+ + + +
b) Fassadensysteme – Silikatfarbe – Dispersionssilikatfarbe – Silicon-Emulsion – Kunststoff-Dispersion – Polymerisatharz – 2k-Beschichtung
+ + + + + +
+ + + + + +
– – – – – –
+ + – E – +
+ + – + E +
+ + + + + +
+ + + + + +
grundsätzlich Versuch durchführen
Erläuterung: + Einsatz möglich, – Einsatz nicht ratsam, E Eignung vom Hersteller bestätigen lassen.
Nr. 23 auf alle marktüblichen lösemittelhaltigen Beschichtungen übertragen werden. Bei Dispersionsbeschichtungen und wasserverdünnbaren Alkydharzsystemen müssen die einzelnen Kombinationen zwischen Dichtstoff und Beschichtungsstoff geprüft werden. Die Verträglichkeit von Dichtstoffen mit vorhandenen Beschichtungen kann nach Tabelle 17.8 abgeschätzt werden. b) Nachfolgende Beschichtung Da ein Überlappen der nachträglich aufgebrachten Beschichtung von maximal 1 mm zulässig ist, findet ein direkter Kontakt der Beschichtung mit dem Fugendichtstoff statt. Die Ergebnisse der Prüfung gemäß DIN 52452-4, Prüfmethode A2 an lösemittelverdünnbaren Alkydharzsystemen können gemäß BFS Merkblatt Nr. 23 analog dem Einbauen der Fugendichtstoffe auf vorhandene Beschichtungen auf alle marktüblichen lösemittelhaltigen Beschichtungen übertragen werden. Bei Dispersionsbeschichtungen und wasserverdünnbaren Alkydharzsystemen müssen die einzelnen Kombinationen zwischen Dichtstoff und Beschichtungsstoff ebenfalls geprüft werden. Eine orientierende Abschätzung der Verträglichkeit von Dichtstoffen mit nachfolgenden Beschichtungen kann nach Tabelle 17.9 erfolgen.
17.9 Verträglichkeit mit Baustoffen und Beschichtungssystemen
375
Tabelle 17.9: Verträglichkeit von Dichtstoffen mit nachfolgenden Beschichtungen gemäß BFSMerkblatt Nr. 23 Bindemittelbasis der Beschichtung
Bindemittelbasis des Dichtstoffs Silicon
Polysulfid
PUR
AY-Dispersion
AY, MSgelöst Polymer
neutral alkalisch sauerr a) Fenstersysteme – Alkydharzlasur – Dispersionslasur – Alkydharz – Dispersionslack
+ E + E
– – – –
– – – –
+ – + –
+ + – +
+ + + +
+ + + +
b) Fassadensysteme – Silikatfarbe – Dispersionssilikatfarbe – Silicon-Emulsion – Kunststoff-Dispersion – Polymerisatharz – 2k-Beschichtung
– – – – – –
– – – – – –
– – – – – –
+ + – E – +
+ + – + E +
+ + + + + +
– + – – – –
grundsätzlich Versuch durchführen
Erläuterung: + Einsatz möglich, – Einsatz nicht ratsam, E Eignung vom Hersteller bestätigen lassen.
17.9.2 Verträglichkeit mit Baustoffen Aufgrund der unterschiedlichen Rezepturen und der Varianten der Untergründe sind Dichtstoffe sorgfältig unter Einbeziehung der Herstellerangaben auszuwählen. Tabelle 17.10 und DIN 52452-1 geben einen Überblick über üblicherweise einzusetzende Dichtstoffe auf verschiedenen Baustoffen. Tabelle 17.10: Verträglichkeit von Dichtstoffen mit unterschiedlichen Baustoffen gemäß BFSMerkblatt Nr. 23 Bindemittelbasis der Beschichtung
Aluminium Beton Bitumen Buntmetalle Faserzement Porenbeton Glas Marmor/Naturstein Putz Ziegel Zink, Verzinkung
Bindemittelbasis des Dichtstoffs Silicon neutral
alkalisch saueer
+ + – + + + + E + + +
+ + – + + + + – + + +
+ – – – – + – – – –
Polysulfid
PUR
AY-Dispersion
AY, MSgelöst Polymer
+ + – + + + + E + + +
+ + – + + + E + + +
+ + E + + + – E + + +
– + – – + – + – + + –
grundsätzlich Versuch durchführen
Erläuterung: + Einsatz möglich, – Einsatz nicht ratsam, E Eignung vom Hersteller bestätigen lassen.
376
17 Abdichten von Fugen
Abb. 17.23: Überstrichene Fugenmasse in einer Stützwand. Aufgrund der weniger dehnfähigen Beschichtung ist die elastische Fugenmasse bei Breitenänderungen der Fuge und den damit verbundenen Spannungen von den Flanken abgerissen und an der Oberfläche eingerissen
17.9.3 Überstreichbarkeit Ein Dichtstoff ist überstreichbar, wenn dieser ganzflächig beschichtet werden kann, ohne dass sich schädigende Wechselwirkungen zeigen (siehe auch DIN 52452-4). Nach dem heutigen Stand der Technik dürfen Dichtstoffe an beweglichen Fugen nicht beschichtet werden. Ausnahmen bilden Beschichtungssysteme, die für die jeweiligen Dichtstoffe geprüft und freigegeben wurden. Ausführende Unternehmen müssen daher vor Ausführung entsprechender Arbeiten Nachweise der Hersteller der Dichtstoffe und der Beschichtungssysteme beschaffen.
17.10 Fugensysteme im Gewässerschutz 17.10.1 Dehnfugen in Beschichtungssystemen Dehnfugen sind in Auffangwannen und -räume zur Lagerung von wassergefährdenden Flüssigkeiten zu vermeiden. Falls jedoch aufgrund der baulichen Gegebenheit, z.B. bei bestehenden Anlagen, Dehnfugen unvermeidbar sind, müssen sie gemäß den ergänzenden Ausführungen in den Zulassungen des
17.11 Literatur
377
DIBt ausgebildet werden. Dazu existieren häufig aufwendige technische Lösungen. Im Bereich der Fugen werden hochchemikalienbeständige profilierte Folien, z.B. aus Perfluoralkoxy-Copolymer (PFA), mit der Beschichtung verklebt. Die Fugenbänder dürfen ausschließlich von zugelassen Fachbetrieben eingebaut werden.
17.10.2 Verkehrsflächen von Tankstellen Um Böden im Bereich von Tankstellen vor umweltgefährdenden Substanzen zu schützen, sind in Deutschland und anderen europäischen Ländern Abdichtungen der Fahrbahnen gesetzlich vorgeschrieben. Fahrbahndecken müssen in Deutschland gemäß Anforderungskatalog der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) bzw. Technischen Regeln für brennbare Flüssigkeiten (TRbF) dauerhaft flüssigkeitsundurchlässig sein. Für Fugenabdichtungen zwischen Betonbauteilen werden dabei u.a. spritzbare Dichtstoffe eingesetzt. Die Beständigkeit dieser Stoffe muss gemäß TRbF 112/212 geprüft sein. Die Prüfung erfolgt z.B. nach der niederländischen KIWA Richtlinie BRL-K 781/01. Anforderungen werden in IVD-Merkblatt Nr. 6 genannt. Als Dichtstoffe haben sich Systeme aus hochelastischen Polysulfid mit hoher Beständigkeit gegenüber Chemikalien und Öl bewährt. Diese vor allem werden in Kombination mit industriell gefertigten, hochverdichteten und rissfreien Betonsteinen eingesetzt. Das Detail einer typischen Fuge zeigt Abb. 17.24. Die Durchführung der abdichtenden Maßnahme ist in IVD-Merkblatt Nr. 6 geregelt. Bei den Arbeiten ist besonders sorgfältig vorzugehen. ◆ Sand, Staub und andere Verschmutzungen sind aus dem Abdichtungsbereich der Fuge durch Ausblasen mit ölfreier Druckluft oder durch Absaugen zu entfernen. ◆ Die Haftfläche der Bauteile ist bezüglich der folgenden Merkmale zu prüfen: – ausreichende Verdichtung des Betons, – Sauberkeit der Haftfläche (Verunreinigungen, wie z.B. Öle, Fette, lose Substanzen, wie z.B. Mörtelreste, Zementschlämme), – Feuchtegehalt der oberflächennahen Betonzone der Haftfläche, – Bauteiltemperatur (+5°C < J < +40°C),
Abb. 17.24: Fugenausbildung an Betonverbundsteinen (b Breite der Fuge, d Tiefe des Dichtstoffs, t Tiefe der Fuge)
378
17 Abdichten von Fugen
◆ Mechanisches Entfernen von Verunreinigungen, falls erforderlich, ◆ Trocknen der Haftflächen, falls erforderlich, ◆ Einbauen des Hinterfüllprofils, ◆ Einbringen des Fugendichtstoffes mit Druckluftpistole, ◆ Glätten der Dichtstoffoberfläche. Im Unterschied zu Fugenabdichtungen im Hochbau, die über viele Jahre als wartungsfrei gelten, sind Bodenfugen mit Umweltschutzfunktion aufgrund der gesetzlichen Forderungen (in Deutschland: Wasserhaushaltsgesetz (WHG) § 19g) und der hohen chemischen und mechanischen Beanspruchung regelmäßig zu prüfen. Dies sollte durch zugelassene Fachleute erfolgen. Ausbesserungsarbeiten dürfen ausschließlich von geprüften Fachbetrieben durchgeführt werden.
17.11 Literatur Aufsätze und Bücher FUCHS, W Wer verträgt sich mit wem? Baugewerbe (1994) H. 5, S. 26–32 KLOPFER, H Spannungen und Verformungen von Industrieestrichen. boden-wand-decke (1988) Teil 1 H. 2, S. 120–128, Teil 2 H. 3, S. 71–76 POLÓNYI, ST Fugenloses Bauen, Bautechnik 70 (1993), H. 2, S. 105–106 DAHMS, K., JAHN, K.-J Fugendichtungsmassen, Fugenbänder, Fugenprofile, Alles über Bauprodukte (1991), S. 156–167 ENGELMANN, H Dehnfugenausbildung in Beschichtungssystemen für Auffangräume, WLB Wasser, Luft und Boden 38 (1994) H. 6, S. 72–75 REYER, E., WILLEMS, W Außenwände. in: Lehrbuch der Hochbaukonstruktionen, Stuttgart: B. G. Teubner, 1990 GRUNAU, E. B., JAHN K. J., KUTZER D Abdichtungen an ebenen, horizontalen und geneigten Bauwerksflächen, Stuttgart: IRB Verlag, 1998 RUHNAU, R. Schäden an Außenwandfugen im Beton- und Mauerwerksbau in: Schadenfreies Bauen Band 1 Stuttgart: IRB Verlag, 1992 KLAWA, N., HAACK, A. Tiefbaufugen – Fugen und Fugenkonstruktionen in Beton- und Stahlbetonbau. Verlag für Architektur und technische Wissenschaften Ernst & Sohn, Berlin 1989
17.11 Literatur
379
Regelwerke DIN 7865-1:1982-02 Elastomer-Fugenbänder zur Abdichtung von Fugen in Beton; Form und Maße DIN 7865-2:1982-02 Elastomer-Fugenbänder zur Abdichtung von Fugen in Beton; Werkstoff-Anforderungen und Prüfung DIN 18195-8:2004-03 Bauwerksabdichtungen – Teil 8: Abdichtungen über Bewegungsfugen E DIN 18197:2000-07 Abdichten von Fugen in Beton mit Fugenbändern DIN 18540:1995-02 Abdichten von Außenwandfugen im Hochbau mit Fugendichtstoffen DIN 18541-1:1992-11 Fugenbänder aus thermoplastischen Kunststoffen zur Abdichtung von Fugen in Ortbeton; Begriffe, Formen, Maße DIN 18541-2:1992-11 Fugenbänder aus thermoplastischen Kunststoffen zur Abdichtung von Fugen in Ortbeton; Anforderungen, Prüfung, Überwachung DIN 18542:1999-01 Abdichten von Außenwandfugen mit imprägnierten Dichtungsbändern aus Schaumkunststoff – Imprägnierte Dichtungsbänder – Anforderungen und Prüfung DIN 18545-1:1992-02 Abdichten von Verglasungen mit Dichtstoffen; Anforderungen an Glasfalze DIN 18545-2:2001-02 Abdichten von Verglasungen mit Dichtstoffen – Teil 2: Dichtstoffe, Bezeichnung, Anforderungen, Prüfung DIN 18545-3:1992-02 Abdichten von Verglasungen mit Dichtstoffen; Verglasungssysteme DIN 52451:1983-02 Prüfung von Dichtstoffen für das Bauwesen; Bestimmung der Volumenänderung nach Temperaturbeanspruchung; Tauchwägeverfahren DIN 52451-1:1991-05 Prüfung von Dichtstoffen für das Bauwesen; Bestimmung der Volumenänderung; Pyknometer-Verfahren DIN 52452-1:1989-10 Prüfung von Dichtstoffen für das Bauwesen; Verträglichkeit der Dichtstoffe; Verträglichkeit mit anderen Baustoffen DIN 52452-2:1993-09 Prüfung von Dichtstoffen für das Bauwesen; Verträglichkeit der Dichtstoffe; Verträglichkeit mit Chemikalien DIN 52452-4:1992-09 Prüfung von Dichtstoffen für das Bauwesen; Verträglichkeit der Dichtstoffe; Verträglichkeit mit Beschichtungssystemen DIN 52453-2:1977-09 Prüfung von Materialien für Fugen- und Glasabdichtungen im Hochbau; Bindemittelabwanderung, Filterpapiermethode
380
17 Abdichten von Fugen
DIN 52455-1:2003-05 Prüfung von Dichtstoffen für das Bauwesen – Haft- und Dehnversuch – Teil 1: Beanspruchung durch Normalklima, Wasser oder höhere Temperaturen DIN 52460:2000-02 Fugen- und Glasabdichtungen – Begriffe E DIN EN 13022-3:2003-05 Glas im Bauwesen – Geklebte Verglasung – Teil 3: Verglasungsvorschriften DIN EN 26927:1991-05 Hochbau; Fugendichtstoffe; Begriffe DIN EN ISO 7389:2004-04 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung des Rückstellvermögens von Dichtungsmassen DIN EN ISO 7390:2004-04 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung des Standvermögens von Dichtungsmassen DIN EN 28339:1991-05 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung der Zugfestigkeit DIN EN 28340:1991-05 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung der Zugfestigkeit unter Vorspannung E DIN EN ISO 8340:2001-11 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung der Zugfestigkeit unter Vorspannung ISO 8340 Technical Corrigendum 1:1995-05 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung der Zugfestigkeit unter Vorspannung; Korrektur 1 DIN EN 28394:1991-05 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung der Verarbeitbarkeit von Einkomponentendichtstoffen DIN EN 29046:1991-05 Hochbau; Fugendichtstoff; Bestimmung des Haft- und Dehnverhaltens bei konstanter Temperatur E DIN EN ISO 9046:2004-07 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung des Haft- und Dehnverhaltens von Dichtstoffen bei konstanter Temperatur DIN EN ISO 9047:2003-10 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung des Haft- und Dehnverhaltens von Dichtstoffen bei unterschiedlichen Temperaturen DIN EN 29048:1991-05 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung der Verarbeitbarkeit von Dichtstoffen mit genormtem Gerät DIN EN ISO 10563:1998-03 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung der Änderung von Masse und Volumen E DIN EN ISO 10563:2003-08 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung der Änderung von Masse und Volumen DIN EN ISO 10590:1998-04 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung des Haft- und Dehnverhaltens unter Vorspannung nach dem Tauchen in Wasser
17.11 Literatur
381
E DIN EN ISO 10590:2003-08 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung des Zugverhaltens unter Vorspannung nach dem Tauchen in Wasser DIN EN ISO 10591:1998-04 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung des Haft- und Dehnverhaltens nach dem Tauchen in Wasser E DIN EN ISO 10591:2003-08 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung des Haft- und Dehnverhaltens nach dem Tauchen in Wasser DIN EN ISO 11431:2003-01 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung des Haft- und Dehnverhaltens von Dichtstoffen nach Einwirkung von Wärme, Wasser und künstlichem Licht durch Glas DIN EN ISO 11432:1998-04 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung des Druckwiderstandes E DIN EN ISO 11432:2002-12 Hochbau – Fugendichtstoffe – Bestimmung des Druckwiderstands von Dichtstoffen ISO 2444:1988-12 Joints in building; vocabulary [Fugen im Bauwesen; Vokabular] ISO 3447:1975-11 Joints in building; General check-list of joint functions [Fugen im Bauwesen; Checkliste allgemeiner Funktionen] ISO 6589:1983-11 Fugen im Hochbau; Labor-Prüfmethode der Luftdurchlässigkeit von Fugen ISO 7727:1984-11 Fugen im Bauwesen; Grundsätze für Fugenkonstruktionen von Bauteilen; Anpassung an Abmessungsänderungen während des Bauens DIN EN ISO 11600:2004-04 Hochbau – Fugendichtstoffe – Einteilung und Anforderungen von Dichtungsmassen ISO 13638:1996-12 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung der Widerstandsfähigkeit gegen verlängerte Wasserbeanspruchung ISO 13640:1999-12 Hochbau; Fugendichtstoffe; Bestimmung der Testsubstrate Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.) Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten ZTV-ING, Teil 3 Massivbau, Abschnitt 3 Bauwerksfugen, Stand 01/03, VerkehrsblattSammlung Nr. S 1056, Verkehrsblatt-Verlag Dortmund Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Fugenfüllungen in Verkehrsflächen, ZTV Fug-StB, Teil 2, Fugenfüllungen in Verkehrsflächen aus Beton mit kaltverarbeitbaren Fugenmassen (Stand Mai 1998), Köln: FGSV-Verlag GmbH Deutsches Institut für Bautechnik – DIBt (Herausgeber) Bau- und Prüfgrundsätze für Beschichtungen für Beton-, Putz- und Estrichflächen von Auffangwannen und Auffangräumen für Heizöl EL und Dieselkraftstoff, ungebrauchte Verbrennungsmotoren- und Kraftfahrzeuggetriebeöle sowie Gemische aus gesättigten und aromatischen Kohlenwasserstoffen mit einem Aromatengehalt von > 20 Gew.-% und einem Flammpunkt von > 55°C September 2000. Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 11
382
17 Abdichten von Fugen
Zulassungsgrundsätze Fugenabdichtungssysteme in LAU-Anlagen, Teil 1 – Fugendichtstoffe. Ausgabe 2001-05, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 16/1 Zulassungsgrundsätze Fugenabdichtungssysteme in LAU-Anlagen, Teil 2 – Fugenbänder. Ausgabe 2001-05, Schriften des DIBt, Reihe B, Heft 16/2 Merkblätter der Fachverbände Bundesausschuss Farbe und Sachwertschutz (BFS): BFS-Merkblatt Nr. 23 (03.91) Technische Richtlinien für das Abdichten von Fugen im Hochbau und von Verglasungen Industrieverband Dichtstoffe e.V. (IVD) IVD Merkblatt Nr. 1 (2004-05) Abdichtung von Bodenfugen mit elastischen Dichtstoffen IVD Merkblatt Nr. 2 (1999-03) Dichtstoff-Charakterisierung IVD Merkblatt Nr. 3 (2000-11) Kontruktive Ausführung und Abdichtung von Fugen in Sanitärräumen zur Zeit nicht lieferbar IVD Merkblatt Nr. 4 (2001-07) Abdichten von Außenwandfugen im Hochbau mit Elastomer-Fugenbändern unter Verwendung von Klebstoffen IVD Merkblatt Nr. 5 (1998-08) Butylbänder IVD Merkblatt Nr. 6 (1996-06) Abdichten von Bodenfugen mit elastischen Dichtstoffen im befahrbaren Bereich an Abfüllanlagen von Tankstellen IVD Merkblatt Nr. 7 (1996-02) Elastischer Fugenverschluss bei Fassaden aus angemörtelten keramischen Fliesen IVD Merkblatt Nr. 8 (1996-07) Konstruktive Ausführung und Abdichtung von Fugen im Holzfußbodenbereich IVD Merkblatt Nr. 9 (2003-11) Spritzbare Dichtstoffe in der Anschlussfuge für Fenster und Außentüren IVD Merkblatt Nr. 10 (2000-02) Glasabdichtung am Holzfenster mit Dichtstoffen IVD Merkblatt Nr. 11 (2004-06) Erläuterungen zu Fachbegriffen aus dem „Brandschutz“ aus der Sicht der Dichtstoffe bzw. den mit Dichtstoffen ausgespritzten Fugen IVD Merkblatt Nr. 12 (2000-06) Die Überstreichbarkeit von Dichtstoffen im Hochbau IVD Merkblatt Nr. 13 (2003-01) Glasabdichtung am Holz-Alu-Fenster mit Dichtstoffen IVD Merkblatt Nr. 14 (2002-12) Dichtstoffe und Schimmelpilzbefall VdTÜV Verband der Technischen Überwachungs-Vereine e.V. (Hrsg.) TRbF 40 – Tankstellen vom 01.02.2002 (BArbBl. 3/2002 S.72), zuletzt geändert am 15.05.2002 (BArbBl. 6/2002 S.69), in TRbF – Technische Regeln für brennbare Flüssigkeiten Taschenbuch-Ausgabe 2002. ISBN 3-452-25270-1
18 Injektionstechnologien
18.1 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen Aus unterschiedlichen Gründen treten an Betonbauteilen Risse (vgl. Abschnitte 10.3.8 und 13.1.3.1) und Hohlräume (z.B. durch nicht ausreichendes Verdichten während des Betonierens, an eingebauten Fugenabdichtungen) auf, die jedoch nicht in jedem Fall einen Schaden bzw. eine Gefährdung des Bauteils darstellen. Um Bauteile gegenüber eindringenden Flüssigkeiten oder Schadstoffen abzudichten bzw. zu verschließen oder um die Tragfähigkeit wieder herzustellen, sind unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen zum Verfüllen der Risse und Hohlräume erforderlich. Das Füllen von Rissen und Hohlräumen kann mit unterschiedlichen Verfahren erfolgen (vgl. Tabelle 18.1). Hier sollen lediglich die Verfahren mit Reaktionsharzen, nicht die bei denen mineralisch gebundene Füllstoffe, wie Zementleim und Zementsuspension zum Einsatz gelangen, betrachtet werden. Für Injektionen an öffentlichen Verkehrsbauwerken gelten die Technische Lieferbedingungen (TL) und Technische Prüfbedingungen (TP) der ZTV-ING Teil 3 Abschn. 5, für die übrigen Betonbauwerke sind Regelungen in der Rili des DAfStb angegeben. Mit der Neufassung der Rili SIB wurden die Lieferund Prüfbedingungen aus den überarbeiteten früheren ZTV-RISS übernommen.
18.1.1 Untersuchungsmethoden Ziel einer Objektuntersuchung ist, durch geeignete Untersuchungsmethoden die für eine Instandsetzungsmaßnahme wichtigen Merkmale eines Risses festzustellen. Der Erfolg einer Maßnahme kann von der Ursache für das Auftreten von Rissen abhängen. Daher ist in jedem Fall der Grund des Entstehens der Risse herauszufinden. In diesem Zusammenhang ist zu klären, ob in Zukunft weitere Risse entstehen können. Dabei ist gemäß ZTV-ING und Rili des DAfStb der Einfluss von Rissen in Betonbauteilen auf Tragfähigkeit, Gebrauchsfähigkeit und Dauerhaftigkeit zu beurteilen. Visuelle Untersuchungen geben erste wichtige Hinweise.
384
18 Injektionstechnologien
a) Rissverlauf und Rissart. Der sich auf der Betonoberfläche abzeichnende Rissverlauf (vgl. Abb. 13.2) deutet auf die Entstehung und auf die Art der Risse hin. Netzartige Risse – meist mit geringen Rissbreiten – enden in der Regel oberflächennah. Oft lassen sich diese Risse mit dem bloßen Auge nicht auf der trockenen Bauteiloberfläche erkennen. Daher kann das Anfeuchten der Oberfläche durch Besprühen mit Wasser hilfreich sein. Während des Trocknens bleiben die Rissflanken länger feucht als die übrige Oberfläche und zeichnen sich durch einen dunkleren Farbton auf der helleren Betonoberfläche deutlich ab. Trennrisse, die den gesamten Querschnitt durchtrennen, und Biegerisse zeigen häufig einen geraden, gerichteten Verlauf. Nützlich für die Auswertung der Ergebnisse sind die Dokumentation der Rissmerkmale ergänzende Fotos und Skizzen von der Lage der Risse im Bauwerk und vom Verlauf an der Oberfläche des Bauteils. b) Rissbreite. Die Rissbreite kann mit einem Linienbreitenmaßstab oder mit speziellen, mit einer Lichtquelle ausgestatteten Risslupen, die eine metrische Skala besitzen, wie auf Abb. 18.1 gezeigt, gemessen werden. Die Rissbreite, die aufgrund des heterogenen Betongefüges lokal erheblich schwankt, kann mit beiden Hilfsmitteln auf 50 µm genau angegeben werden. Bei der Messung mit dem Linienbreitenmaßstab lässt sich der Mittelwert schneller abschätzen als mit der Risslupe, die lediglich einen kleinen Ausschnitt aus dem Rissverlauf erkennen lässt. Durch die nach Niederschlägen längere Durchfeuchtung der Rissflanken sind rissnahe Oberflächenbereiche oft in größe-
Abb. 18.1: Paint Inspection Gauge (PIG): Kleinstmikroskop zum Messen der Rissbreite
18.1 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen
385
rem Maße verschmutzt als die übrigen Oberflächenzonen, sodass Risse breiter in Erscheinung treten können als sie tatsächlich sind. c) Zustand des Rissspalts. Zur Auswahl einer lnstandsetzungsmaßnahme ist die Kenntnis des Zustands der Rissspalte wichtig. Durchfeuchtung der Rissflanken, Wasser im Rissspalt können den Erfolg einer Maßnahme gefährden. Risse können je nach Lage und Umgebungsbedingungen dauernd trocken (z.B. in lnnenräumen) sein, u.a. durch Niederschläge periodisch durchfeuchten oder z. B. bei erdberührenden Außenwänden dauernd Wasser führen. In ZTV-ING und Rili des DAfStb wird zwischen trockenen und feuchten Rissufern sowie zwischen drucklos wasserführenden und unter Druck wasserführenden Rissen unterschieden. Der Feuchtigkeitsgrad ist visuell erkennbar an Farbveränderungen des Rissbereichs. Nach der trockenen Entnahme eines Bohrkerns kann der Feuchtezustand der Rissufer qualitativ visuell oder quantitativ durch Messen der Baustofffeuchte festgestellt werden. Wasseraustritt aus dem Riss deutet auf einen zumindest zeitweise wasserführenden Rissspalt hin. Eventueller zeitweiser Wasserzutritt, durch Niederschläge oder andere Ursachen bedingt, ist im Untersuchungsprotokoll zu erwähnen. Verschmutzungen und Ablagerungen (z.B. Kalksinter) im Rissspalt sowie frühere Verfüllungen lassen sich durch die Entnahme von Bohrkernen feststellen. Diese Untersuchungsmethode stellt jedoch einen erheblichen Eingriff in das Bauteil dar und sollte nur in besonderen Fällen, wenn z.B. das zusätzliche Verfüllen des Riss-Spaltes durch Injektionen vorgesehen ist, mit Bohrkronen geringen Durchmessers erfolgen. Bei nicht senkrecht zur Bauteiloberfläche verlaufenden Riss-Spalten werden durch die Bohrung eventuell lediglich oberflächennahe Rissbereiche erfasst. d) Rissflankenverschiebung. Instrumentelle Untersuchungen lassen auf das zeitabhängige Verhalten eines Risses schließen. Denn nicht nur die Breite eines Risses ist ein wichtiges Kriterium bei der Planung der Instandsetzung, sondern vor allem die gegenseitige Verschiebung der Rissflanken ist von Bedeutung. Die Wahl der Messmethode zur Ermittlung der Rissflankenverschiebung hängt von der Frequenz der Verschiebung ab, die klimatisch bedingt im Jahres- und/oder Tagesrhythmus oder kurzzeitig infolge anderer Ursachen (z.B. Maschinen) auftreten können. Die Messungen erfolgen mit mechanischen und elektronischen Geräten oder mit messtechnisch aufwendige Methoden, wie z.B. dem laseroptischen Verfahren mit einer Ablesegenauigkeit von mehr als 0,5 µm. Tages- und jahreszeitliche Rissflankenbewegungen, nicht aber kurzzeitige Bewegungen, sind mit einem Setzdehnungsmesser (SDM), siehe Abb. 18.2, zu erfassen, wenn zu beiden Seiten eines Risses Messplättchen mit Kugeleinsatz mittels eines geeigneten Klebers fixiert werden. Misst man mit dem SDM in bestimmten Zeitabständen die Länge der Mess-Strecke, so ergeben sich die Rissuferbewegungen durch Differenzbildung zwischen den jeweili-
386 a
18 Injektionstechnologien b
Abb. 18.2: Ermitteln von Rissbreitenänderungen durch mehrere Längenmessungen: a) BAM-Setzdehnungsmesser Bauart Pfender, b) Marken mit Kugel zum Aufsetzen des Setzdehnungsmessers
gen Messwerten unter der Annahme, dass die Dehnungen zwischen den Messmarken und dem Rissufer klein sind und vernachlässigt werden können.
18.1.2 Ziele und Maßnahmen Als zu erreichende Ziele des Füllens von Rissen sind zu nennen, vgl. Tabelle 18.1: ◆ Schließen Hemmen oder Verhindern des Eindringens von korrosionsfördernden (Wirk-)Stoffen durch Risse oder Hohlräume in Bauteile. ◆ Abdichten Beseitigen von riss- oder hohlraumbedingten Undichtigkeiten des Bauteils. ◆ Dehnfähiges Verbinden Herstellen einer begrenzt dehnbaren, dichtenden Verbindung zweier Rissflanken. ◆ Kraftschlüssiges Verbinden Herstellen einer zug- und druckfesten, tragfähigen Verbindung in Rissen oder Hohlräumen. Die Ziele können durch unterschiedliche Maßnahmen (vgl. Tab. 18.2), entsprechend den genannten Regelwerken nach den Füllarten und den Rissfüllstoffen bezeichnet, erreicht werden. Dabei bedeutet Tränkung Füllen von Rissen ohne Druck und Injektion Füllen von Rissen unter Druck. Die Auswahl richtet sich nach der Beurteilung von
18.1 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen
387
Tab. 18.1: Ziele des Füllens von Rissen und Maßnahmen entsprechend dem Feuchtezustand des Füllbereichs nach ZTV-ING bzw. Rili SIB Ziel
Feuchtezustand des Füllbereichs trocken
feucht
„drucklos wasserführend“
„unter Druck“ wasserführend
zulässige Maßnahmen Schließen durch Tränkung Schließen und Abdichten durch Injektion
EP-T ZL-T ZS-T EP-I PUR-I ZL-I ZS-I
ZL-T ZS-T PUR-I ZL-I ZS-I
PUR-I ZL-I ZS-I
PUR-I ZL-I ZS-I
Dehnfähiges Verbinden
PUR-I
PUR-I
PUR-I
PUR-I
Kraftschlüssiges Verbinden
EP-I ZL-I ZS-I
ZL-I ZS-I
ZL-I ZS-I
ZL-I ZS-I
Tab. 18.2: Maßnahmen des Füllens von Rissen bzw. Hohlräumen nach ZTV-ING bzw. Rili SIB Bezeichnung
Beschreibung
EP-T ZL-T ZS-T EP-I PUR-I ZL-I ZS-I
Tränkung mit Epoxidharz Tränkung mit Zementleim Tränkung mit Zementsuspension Injektion mit Epoxidharz Injektion mit Polyurethanharz Injektion mit Zementleim Injektion mit Zementsuspension
◆ Rissursache, ◆ Rissbreite, ◆ Rissbreitenänderung im ungefüllten und gefüllten Zustand, ◆ Feuchtezustand der Risse/Rissufer, ◆ Risstiefe.
18.1.3 Anforderungen an Füllstoffe und Geräte Rissfüllstoffe müssen folgende Eigenschaften aufweisen, vgl. Rili SIB: ◆ geeignete (ausreichend niedrige) Viskosität ◆ gute Verarbeitbarkeit ◆ ausreichende Mischungsstabilität
388
18 Injektionstechnologien
◆ geringer reaktionsbedingter Volumenschwund ◆ ausreichende Haftzugfestigkeit an Beton ◆ ausreichende Unempfindlichkeit gegenüber dem Feuchtezustand des Betongefüges ◆ ausreichende Festigkeit, gegebenenfalls auch bei höheren Temperaturen ◆ hohe Alterungsbeständigkeit ◆ keine korrosionsfördernden Inhaltsstoffe ◆ Verträglichkeit mit allen Stoffen, mit denen sie planmäßig in Berührung kommen. Zusätzlich sind bei Reaktionsharzen neben weiteren besonders folgende Eigenschaften von Bedeutung: Epoxidharz: ◆ ausreichend schnelle Festigkeitsentwicklung ◆ geringer Anteil flüchtiger Bestandteile (<2 Masse-%) ◆ geeignete Festigkeitsentwicklung. Polyurethan: ◆ Porenbildung mit geeigneter Zellwandstruktur bereits bei geringem Wasserzutritt zum noch nicht reagierten Harzgemisch ◆ kein Verspröden bei Wasserzutritt vor oder nach Ablauf der Reaktion ◆ ausreichende Haftfestigkeit an Rissflanken beliebigen Feuchtezustandes, gegebenenfalls in Verbindung mit einem zugehörigen schnellreaktiven Polyurethanschaum (SPUR) ◆ ausreichende Dehnfähigkeit in Rissen ◆ keine aus dem ausreagierten Harz entweichenden Bestandteile, z.B. Weichmacher ◆ schnellreaktive Polyurethanschäume (SPUR) müssen ausreichend kurze Reaktionszeiten und ausreichende Volumenvergrößerungen aufweisen. Vorrichtungen und Hilfsmittel zum Tränken müssen eine ausreichende ununterbrochene Zufuhr des Rissfüllstoffes zum Riss bis zum Abschluss des kapillaren Saugens gewährleisten.
Abb. 18.3: Viskositätsanstieg in der Reaktionsphase von EP und PUR bei 20°C (aus Betonkalender 1990, Teil 2)
18.1 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen
389
Tab. 18.3: Merkmale von Injektionsgeräten Merkmal
1-K-Anlage
2-K-Anlage
– Größe der Gebinde
max. 1 kg, ganze Gebinde verarbeiten
beliebig
– Gebinde teilen
nicht zulässig
zulässig
– Verarbeitungszeit
beachten
kein Einfluss auf Verarbeitung
– Entsorgung
zahlreiche Leergebinde, Füllstoffreste
wenig Leergut, keine Füllstoffreste
– Arbeitstakte
Pausen gebindeweise möglich
Unterbrechung jederzeit möglich
– apparativer Aufwand
gering bis mittel
hoch
– Dosiergenauigkeit
anlagenunabhängig
Überwachung erforderlich
– Leistungsfähigkeit
gering
groß
– Materialtemperierung
aufwendig
eingebaut
a
b
c
d
Abb. 18.4: Injektionsgeräte: a) Pneumatische Kolbenpumpe, b) Pneumatische 3K-Kolbenpumpe, c) elektrische Membranpumpe, d) elektrische Membranpume. (Fotos: Desoi)
Man unterscheidet zwischen Injektionsgeräten zur ein- und zweikomponentigen Injektion. Bei Einkomponentengeräten werden Stamm- und Härterkomponente des Füllstoffes bereits gemischt (einkomponentig) gefördert. Zweikomponentengeräten besitzen für beide Komponenten getrennte Vorratskammern, aus denen Stamm- und Härterkomponente im richtigen Mischungsverhältnis getrennt bis zum Injektionskopf gefördert und erst direkt vor dem Injizieren gemischt werden. Daraus ergeben sich beim Verarbeiten großer Materialmengen die auf Tabelle 18.3 aufgeführten Vorteile. Injektionsgeräte müssen gem. Rili SIB folgende Eigenschaften besitzen: ◆ einfache Bedienbarkeit, ◆ einfache Überprüfbarkeit der Funktionsfähigkeit, ◆ geringe Störanfälligkeit, ◆ im Funktionsbereich des Injektionsgerätes regelbarer bzw. begrenzbarer Druck, ◆ einfache Reinigungs- und Wartungsmöglichkeit.
390
18 Injektionstechnologien
Für Geräte für mehrkomponentige Injektionen gelten zusätzlich die Anforderungen: ◆ hohe Dosiergenauigkeit über alle Temperaturbereiche, ◆ geringe Anfälligkeit gegen fehlerhafte Bedienung (Verstellung des Dosierverhältnisses, Zuschaltung von Reinigungsmitteln usw.), ◆ ausreichend hoher Mindestdruck im gesamten Funktionsbereich, ◆ Abschaltautomatik bei Dosierfehlern.
18.1.4 Schließen durch Tränken mit Reaktionsharzen Als Füllstoff zum Schließen von horizontal oder lediglich schwach geneigten Rissen durch Tränken werden oft kalthärtende, 2-komponentige, ungefüllte EP-Harze aber auch hier nicht näher behandelte Zementleime (ZL) und Zementsuspensionen (ZS) eingesetzt. Bei Einsatz von Epoxid als Füllstoff muss die Rissbreite mindestens 0,2 mm betragen. Durch Tränken wird meist lediglich der oberflächennahe Bereich des Risses gefüllt. Dies erfolgt z.B. durch Aufpinseln des Harzes oder Zuführen über sogenannte Schwalbennester oder das Einfüllen über Nachdrückvorrichtungen. Rili SIB fordert, dass die Risse infolge kapillaren Saugens mindestens bis zu einer Tiefe von 5 mm bzw. der 15fachen Rissbreite gefüllt werden müssen, wobei der größere Wert maßgebend ist. Da der Verbund der Rissufer nur teilweise hergestellt wird, kann sich der Riss eventuell bereits bei geringen Rissbreitenänderungen erneut öffnen. Zu schließende Risse werden vor dem Tränken von losen Feinstoffen gesäubert. Dies erfolgt in der Regel durch Ausblasen mit ölfreier Druckluft oder Absaugen mit Industrie-Staubsaugern. Verunreinigungen, die ein Benetzen der Rissflanken mit dem Füllstoff oder dessen Haften am Beton verhindern, sind zu entfernen. Das EP-Harz wird dem Riss solange mit Vorrichtungen und Hilfsmitteln bei einem Druck unter 0,1 bar ununterbrochen zugeführt, bis aufgrund des erzielten Tränkungsgrades bzw. infolge der Reaktion des Harzes durch kapillares Saugen kein weiteres Material aufgenommen wird.
18.1.5 Schließen und Abdichten durch Injizieren mit Reaktionsharzen Beim Injizieren sind kalthärtende, 2-komponentige ungefüllte EP-Harze und kalthärtende, 2-komponentige ungefüllte PUR-Harze neben zementösen (mineralischen) Füllstoffen zulässig. Risse und Hohlräume sind bis zu einem Füllgrad von 80% zu verfüllen. Ziel ist je nach Anwendungsfall, gegen Gase und Flüssigkeiten abzudichten. a) Injektion mit Epoxidharz (EP-I). Das Verfahren beschränkt sich auf trockene Risse mit umgebungsbedingter Ausgleichsfeuchte, bei denen aus-
18.1 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen
a Abb. 18.5: Einbau eines geklebten Einfüllstutzens für EP-I. a) Einfüllstutzen aus Kunststoff (Klebepacker). b) Verdämmen des Risses (Fotos: Desoi)
b
Abb. 18.6: Anordnung der Einfüllstutzen für EP-I (Rili SIB bzw. ZTV-ING)
391
392
18 Injektionstechnologien
geschlossen ist, dass Wasser in den zu verfüllenden Bereich gelangt. Vorher bereits gefüllte, erneut undichte Risse sind mit EP-I nicht instandzusetzen. Der zu verpressende Riss wird vor dem eigentlichen Verpressen mit einem geeigneten Material, z.B. EP-, PUR- oder PMMA-Spachtel, abgedichtet (verdämmt). Zuvor werden die Einfüllstutzen (Klebepacker, vgl. Abb. 18.5) in entsprechendem Abstand auf dem Riss verklebt (Abb. 18.6). Durch Einstecken eines Stiftes wird verhindert, dass Klebstoff in den Rissspalt gelangt und diesen verschließt. Die Risse sind so zu verdämmen, dass der Verbund zwischen Untergrund und Verdämmung dem Injektionsdruck standhält und während der Injektionsarbeiten keine Undichtigkeit entsteht. Daher ist der zu verdämmende Bereich gegebenenfalls durch ein geeignetes Verfahren, z.B. Druckluftstrahlen mit trockenen Strahlmittel, vorzubereiten. Epoxidharze werden meist mit Hochdruckgeräten (Arbeitsdruck ≤ 10 MPa) zur einkomponentigen Injektion eingesetzt. Dabei wird das bereits gemischte Material durch Erhöhen des mechanischen Druckes mittels Druckluft in ei-
a
b
Abb. 18.7: a) Verdämmen eines Risses nach dem Aufkleben der Einfüllstutzen und b) Injektion von EPHarz im einkomponentigen Niederdruckverfahren (Fotos: EPOWIT Bautechnik GmbH)
Abb. 18.8: Niederdruckverfahren mit Druckkessel zur einkomponentigen Injektion von Epoxidharz
18.1 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen
393
Abb. 18.9: Hochdruckverfahren mit Kolbenpumpe zur einkomponentigen Injektion von Epoxidharz
nem Druckkessel (Abb. 18.8) oder mit einer Kolbenpumpe (Abb. 18.9) bzw. einem Airless-Gerät über einen Schlauch zum Einfüllstutzen (Abb. 18.7) gefördert. Der Förderdruck beträgt zwischen 0,6 MPa und 1 MPa. Der verwendete Füllstoff sollte möglichst niedrigviskos eingestellt sein, um durch kapillares Saugen des Untergrundes in feine Verästelungen des Risses einzudringen. Der Injektionsschlauch ist jeweils auf das direkt zuvor aufgeschraubte Rückschlagventil des nächsten Einfüllstutzen zu setzen, wenn an diesem Material austritt. Dabei sollte die Injizierfolge von unten nach oben bei vertikalen Bauteilen bzw. unidirektional bei horizontalen Bauwerken eingehalten werden. Rückschlagventile verhindern einen Rücklauf des Harzes in die Förderschläuche und somit ungewollte Reaktionen im Zuführsystem. Durch den Injektionsdruck und die Kapillarwirkung des Betons sowie eventuell infolge von Undichtigkeiten kann partiell ein erhöhter Harzbedarf auftreten. Um einen ausreichenden Füllgrad sicherzustellen, ist bei diesem Verfahren daher ein Nachinjizieren erforderlich. Der Zeitpunkt sollte möglichst spät vor dem Gelieren des Harzes gewählt werden. Alle Klebepacker sind hierbei zu berücksichtigen. Um die Reaktion des Harzes zu verzögern und damit den Zeitpunkt des Gelierens zu beeinflussen, können die Injektionsharze auch auf entsprechend niedrige Temperaturen abgekühlt werden. a
b
Schraube mit Bohrung
Abb. 18.10: Einbau eines Einfüllstutzens (Schraub- und Schlagpacker) für PUR-I
394
18 Injektionstechnologien
b) Injektion mit Polyurethanharz (PUR-I). Dieses Verfahren ist nicht nur bei trockenen Rissflanken, sondern auch bei Vorliegen von feuchten Rissflanken oder Wasser im Riss einsetzbar. Selbst im Falle fließenden Wassers im Rissspalt ist ein Abdichten möglich, indem zunächst schnell aufschäumendes und kurzfristig abdichtendes PUR (SPUR), direkt anschließend dauerhaft abdichtendes PUR über weitere Bohrungen in den Rissspalt injiziert werden. Die zum Verfüllen eines Riss-Spaltes eingesetzten Werkstoffe müssen wesentliche Eigenschaften aufweisen. Zum einen ist während des Verfüllens eine möglichst niedrige Viskosität notwendig, um auch schmale Rissspalte verfüllen zu können. Anschließend muss das Material – vor allem bei wasserführenden Rissen – schnell reagieren. Um Risse sicher abzudichten, ist der Verbund des PUR zur Rissflanke wichtig. Der Erfolg einer Maßnahme hängt neben dem Materialverhalten auch ganz wesentlich von einer fachgerechten Ausführung ab. Dabei ist zunächst das korrekte Setzen der Bohrkanäle (Richtung und Abstand, vgl. Abb. 18.11) und das ordnungsgemäße Einbauen der Einfüllstutzen (Packer, vgl. Abb. 18.10) zu beachten.
Abb. 18.11: Anordnung der Einfüllstutzen (Bohrpacker) für PUR-I [ZTV-ING bzw. Rili SIB]
18.1 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen a
395
b
c
Abb. 18.12: Einfüllstutzen (Schraubpacker) zum Injizieren von PUR-Harz: Verspannen des Packers im Bohrkanal, b) eingebauter Packer mit Rückschlagventil und c) Einbau der Packer gemäß Rili SIB bzw. ZTV-ING
Das vorgeschriebene Mischungsverhältnis der Stamm- und der Härterkomponente stellen meist Zweikomponenten-Injektionsgeräte (Abb. 18.13) sicher, das bei diesen Geräten fest einzustellen ist. Die dosierten und temperierten Komponenten werden über Hochdruckschläuche getrennt zum Mischkopf gefördert und erst dann im gemischten Zustand über ein kurzes Zwischenstück in den Einfüllstutzen gepumpt. Der maximale Injektionsdruck beträgt 12 MPa. Diese Vorgehensweise stellt neben einer gleichbleibenden Viskosität des Füllstoffs infolge der Temperierung außerdem das Einhalten der vorgeschriebenen Verarbeitungszeit sicher. Beim Verpressvorgang werden die Einfüllstutzen – wie bei EP-I – nacheinander verpresst.
18.1.6 Dehnfähiges Verbinden Risse, die aufgrund unterschiedlicher Ursachen auftreten und deren Rissflanken nicht kraftschlüssig verbunden werden müssen, werden mit dehnfähigen Polyurethanharze (PUR) gefüllt.
396
18 Injektionstechnologien
Abb. 18.13: Zweikomponenten-Injektionsgerät
Da fast alle Risse aufgrund von Temperaturänderungen des Bauteils auch ihre Breite ändern, ist die Dehnfähigkeit des ausreagierten Füllstoffs von großer Bedeutung. Die Querdehnung des annähernd gummielastischen PUR wird infolge der Flankenhaftung behindert. Die Injektionsmaterialien werden daher so formuliert, dass die Dehnfähigkeit durch gezieltes Bilden einer geschlossenzelligen Porenstruktur optimiert ist. Jedoch darf die Werkstoffeigenschaft nicht überschätzt werden. Bereits bei vergleichsweise geringen Rissbreitenänderungen von ± 25 µm treten bei einem 250 µm breiten Riss Dehnungen von 20% auf. Daher müssen bei großen Rissbreitenänderungen eventuell andere Maßnahmen erfolgen. Die Verformungsfähigkeit darf selbstverständlich im Laufe der Zeit infolge Wassereinwirkung, Alkalität des Betons und anderer Einflüsse nicht nachlassen, da thermisch bedingte Längenänderungen der Bauteile nie auszuschließen sind. Aufgrund der Eigenschaften des Füllstoffs sind bestimmte klimatische Bedingungen während der Arbeiten einzuhalten. Die Risse werden nachinjiziert, wenn sich das bereits injizierte Material noch in der Gelphase (vgl. Abb. 18.3) befindet, also noch nicht vollständig ausreagiert ist. Dadurch wird ein völliges Ausfüllen der Risse und ein gewisser Vorspanneffekt des Füllstoffs erzielt. Falls Risse oder Hohlstellen undicht werden, besteht bei diesem Verfahren die Möglichkeit, diese durch zusätzliche Injektionen erneut abzudichten. Meist müssen dazu weitere Einfüllstutzen gesetzt werden.
18.1 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen
397
Abb. 18.14: Injizieren von PUR in den Riss einer Tunnelschale
Abb. 18.15: Mit PUR abgedichteter Riss nahe dem Scheitel eines U-Bahntunnels
18.1.7 Kraftschlüssiges Verbinden Sollen Risse verfüllt werden, um die Tragfähigkeit eines Bauteils zu erhöhen, werden Epoxidharze verwendet. Der meist im Hochdruckverfahren injizierte Füllstoff verbindet aufgrund der starren Eigenschaften die Rissflanken kraftschlüssig. Zugkräfte in der Größenordnung der Eigenfestigkeit des Baustoffes,
398
18 Injektionstechnologien
Abb. 18.16: Vorbereiten eines Risses zum kraftschlüssigen Abdichten: geklebte Einfüllstutzen und Verdämmung aus thixotropiertem EP-Bindemittel
aus dem das Bauteil hergestellt wurde (Beton), können, ohne dass sich erneut Risse bilden, übertragen werden. Im Falle kraftschlüssigen Verbindens muss die Rissursache bekannt sein und darf nach dem Injizieren nicht wieder auftreten, da ansonsten weitere Risse auftreten können. Die Rissufer müssen zum Zeitpunkt des Verfüllens trocken sein, da andernfalls kein Verbund zwischen Füllstoff (EP) und Rissflanke (Beton) zu erwarten ist. Die Risse werden wie zuvor beschrieben verfüllt.
18.2 Anwendungsfälle für abdichtende Injektionen 18.2.1 Nachträgliches Abdichten von Fugenprofilen Bauwerkfugen abzudichten erweist sich häufig als technisch aufwendig. Fugenabdichtungsprofile können infolge unsachgemäßen Einbaus oder infolge von Beschädigungen undicht werden. Aus diesem Grunde sind in vielen Fällen nachträglich abdichtende Injektionen mit verformbaren Materialien erforderlich (vgl. Abb. 18.17). Hier haben sich PUR-Werkstoffe als besonders geeignet erwiesen. Der Bereich des undichten Profils wird angebohrt und der
Abb. 18.17: Abdichten von eingebauten Fugendichtprofilen [GRUBE/KERN/ QUITMANN]
18.2 Anwendungsfälle für abdichtende Injektionen
399
Abb. 18.18: Jekto-Schlauch [Fa. Gumba-Last]
c
Äußere Manschette (Verpressventil MH) a Innere Manschette Austrittsöffnungen b
Abb. 18.19: Jekto-Rohr MH a) Einbausituation und Injektion, b) Detail mit Spezialpacker, c) Detail Verpressventil [Fa. Gumba-Last]
400
18 Injektionstechnologien
Abb. 18.20: Bohren der Injektionskanäle im Bereich einer undichten Fuge in einem Tunnelbauwerk (Foto: EPOWIT Bautechnik GmbH)
Füllstoff durch das Verfahren PUR-I injiziert. Der Füllstoff verteilt sich dabei an Hohlstellen zwischen Fugenprofil und Beton.
18.2.2 Injektionseinrichtungen An Bereichen, an denen mit großer Wahrscheinlichkeit Risse und Undichtigkeiten zu erwarten sind, werden häufig planmäßig bereits im Baustadium Injektionseinrichtungen eingebaut. Diese bestehen aus speziellen Schläuchen, die nach dem Fertigstellen des Bauwerks ein bereichsweises (MH-Verfahren) oder ein über die gesamte Fuge auszuführendes (Jekto-Verfahren) Verfüllen erlauben. Die Verfahren, im Grundsätzlichen dem Verfahren zum Füllen von Rissen ähnlich, verlangen vom verarbeitenden Personal jedoch erhebliche Sachkenntnis. Beispiele sind: ◆ Abdichtung von Bewegungs- bzw. Bauwerksfugen ◆ Abdichtung von Scheinfugen ◆ Abdichtung von Rohrdurchdringungen ◆ Abdichtung von Schlitzwänden.
18.2.3 Flächiges Abdichten mit PUR Flächiges Abdichten mit PUR kann z.B. bei 2-schaligen Tunnelbauwerken mit zwischenliegender Abdichtungsfolie, deren innere Schale aus Spritzbeton und
18.2 Anwendungsfälle für abdichtende Injektionen
401
deren äußere Schale aus mit Schalmaschinen hergestelltem Ortbeton bestehen, erforderlich werden. Dazu werden Einfüllstutzen segmentweise im Raster gesetzt. Zuvor wird die äußere Schale durchbohrt ohne die dahinter befindliche Folie zu beschädigen. Der Zustand der Folie wird mit dem Endoskop geprüft. Der Hohlraum zwischen Vorbauschale und Abdichtungsfolie wird mit PUR anschließend mit einem zuvor berechneten Druck kontrolliert so verfüllt (hinterlegt), dass die Segmentschalen keine gegenseitige Verschiebung erfahren.
18.2.4 Flächiges Abdichten mit Acrylat-Gel Flächiges Abdichten mit niedrigviskosem Acrylat-Gel, z.B. an Tunneln oder anderen erdberührenden Bauteilen (Bodenplatten), ist dann erforderlich, wenn andere Maßnahmen an schwer zugänglichen Bauteilen aus technischen oder/und wirtschaftlichen Gründen ausscheiden. Bei diesem Verfahren wird mittels in einem Raster gesetzte Injektionslanzen oder Bohrkanäle und Injektionspacker eine AY-Dispersion von der zugänglichen Seite des Bauteils aus in das angrenzende Erdreich mit einer 2-Komponenten-Pumpe gepresst (Schleier-Injektion). Normalerweise genügt ein Injektionsdruck am Packer zwischen 0,1 MPa und 0,5 MPa, um das Gel an die Außenseite des Bauwerks zu transportieren. Dadurch entsteht ein relativ weicher und elastischer Schleier aus einem Gemisch von Gel und Boden vor den undichten Bauteilen. Das Abdichten mit AY-Gelen ist vergleichsweise neu. Technische Regelwerke für Planung und Ausführung von Gel-Abdichtungen erdberührter Bauteile im Hoch- und Tiefbau außer [DB, WTA] existieren gegenwärtig nicht. Die abdichtenden Werkstoffe bestehen aus erheblich quellfähigen Acrylaten in unterschiedlichen Modifikationen. Die aus zwei oder häufig mehr Komponenten in definiertem Mischungsverhältnis angemischten Werkstoffe polymerisieren innerhalb von wenigen Sekunden bis zu einigen Minuten. Dabei entstehen weitmaschig vernetzte makromolekulare Verbindungen mit festkörperähnlicher Struktur. Diese besitzt ein System aus Kapillaren, in die Wasser eingelagert ist. Im Falle einer Befeuchtung vergrößert sich das Volumen des
Abb. 18.21: Dichtungsschicht (Gel-Schleier) auf der Außenseite des Bauwerkes durch Injizieren eines Acrylat-Gels von der Innenseite (Schema), nach [HORNIG, RUDOLPH]
402
18 Injektionstechnologien
Werkstoffes durch Wassereinlagerung in das Polymernetz und dichtet das Bauteil auf diese Weise ab. Bei Austrocknung gibt das Gel Wasser ab, das Volumen nimmt ab. Die beiden reversiblen Prozesse treten nur in begrenztem Umfang auf. Die für Abdichtungen eingesetzten AY-Gele sind in der Regel wasserunlöslich sowie beständig gegen verdünnte Säuren, Laugen und Kohlenwasserstoffe. Die verwendeten Werkstoffe müssen selbstverständlich den hygienischen Anforderungen an die Grundwasserbestimmungen genügen; im ausreagierten Zustand geben Gele keine Stoffe ab. Die Werkstoffe sind z.T. auch für den Einsatz im Trinkwasserbereich geeignet (KTW-Empfehlungen). Ein weiteres Anwendungsgebiet ist das nachträgliche Abdichten von Dehnungsfugen. Das Fließ- und Ausbreitungsverhalten der Gele im Untergrund hängt von zahlreichen Randbedingungen ab. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Auswirkung wesentlicher Parameter beim Injizieren liegen erst in geringem Umfang vor.
18.3 Qualitätssicherung Die geschilderten verstärkenden und abdichtenden Injektionen erfordern einen erheblichen Aufwand an Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Umfangreiche Eigenüberwachung des ausführenden Unternehmens und genaue Dokumentation der ausgeführten Arbeit sind notwendig. Regelmäßige Schulungen vertiefen das Fachwissen des ausführenden Personals und stellen fachgerechtes Ausführen der komplizierten Abdichtungsmaßnahmen sicher. Besonders aufwendig sind die für Rissfüllungen an öffentlichen Verkehrsbauwerken geforderten Qualitätssicherungsmaßnahmen.
18.4 Literatur Aufsätze, Bücher und Broschüren GRUBE, H.; KERN, E.; QUITMANN, H.-D. Instandhaltung von Betonbauwerken. in: Betonkalender 1990, Teil 2. 79. Jahrgang, Ernst & Sohn, Verlag für Architektur und techn. Wissenschaften, Berlin 1990. HORNIG, U., RUDOLPH, M. Schleierhaft? Erste gesicherte Erkenntnisse zur nachträglichen Abdichtung mit Acrylat-Gel-Injektionen B+B 2000, Heft 03, S. 38–43. Injektionsdichtungen. Informationsbroschüre der Fa. Gumba-Last, Vaterstetten.
Regelwerke Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (Herausgeber): Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen. Beuth Verlag GmbH, Berlin 2001.
18.4 Literatur
403
Der Bundesminister für Verkehr (Herausgeber): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für das Füllen von Rissen in Betonteilen (ZTV-RISS 93). Verkehrsblatt-Verlag, Dortmund 1993. Bundesanstalt für Straßenwesen BAST (Herausgeber) Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten ZTV-ING Teil 3 Massivbau Abschnitt 5 Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen. Verkehrsblatt-Sammlung Nr. S 1056, Stand 01/03, Dortmund: Verkehrsblatt-Verlag Borgmann GmbH & Co KG. WTA-Merkblatt 4-6-03 Nachträgliches Abdichten erdberührter Bauteile. WTA-Merkblatt E 5-20-05 Gelinjektion in der Bauwerksabdichtung. DB Richtlinie 804.6102:2003-05 Vergelungsmaßnahmen, Planung, Durchführung und Qualitätssicherung. DIBt Deutsches Institut für Bautechnik Merkblatt Bewertung der Auswirkungen von Bauprodukten auf Boden und Grundwasser, Fassung November 2000, Schriften des DIBt, Reihe M, Heft 1.
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
19.1 Einführung Unter Korrosion (lat. „corrodere“, d.h. zernagen) versteht man im Allgemeinen das Verwittern von Baustoffen. Im Folgenden wird jedoch die Korrosion der Metalle, speziell die Korrosion des Stahles, behandelt. Durch Korrosion entstehen weltweit jährlich beträchtliche Schäden, die einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden darstellen. Die Hälfte davon wird für Schutzmaßnahmen gegen atmosphärische Korrosion ausgegeben, wobei der größte Teil dieser Maßnahmen durch Beschichten der Oberfläche erfolgt [HAAGEN]. Die meisten Schäden wären allerdings durch konsequentes Anwenden bestehenden Wissens vermeidbar gewesen [NÜRNBERGER]. Dies gilt für Planung und Ausführung der Maßnahmen gleichermaßen. Häufige Schadensursachen, wie ◆ unzulängliche Oberflächenvorbereitung und ◆ zu geringe Schichtdicken bzw. zu lange Standzeiten bei saurer Atmosphäre resultieren aus mangelhaft durchgeführten Korrosionsschutzarbeiten [HAAGEN]. Für den Korrosionsschutz von Stahlbauten – nicht jedoch von Stahlbetonbauten – galt bis zum Jahr 1998 DIN 55 928, die weitgehend als Basis einer neuen europäischen (EN-) bzw. internationalen (ISO-)Norm herangezogen wurde. Inzwischen liegen die Teile 1 bis 8 der Norm DIN EN ISO 12 944 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme vor, die die meisten Teile der zuvor genannte DIN-Norm außer Teil 8 und Teil 9 ersetzen haben, vgl. Tabelle 19.1. Die Norm beabsichtigt, einen wirtschaftlichen, die zu erwartende Belastung und die verlangte Schutzdauer berücksichtigenden Korrosionsschutz zu ermöglichen. Hersteller der Bautenschutzindustrie stellen geeignete Beschichtungsstoffe zur Verfügung. Diese sind vom Fachverarbeiter entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalles gezielt einzusetzen und fachgerecht anzuwenden. Dazu sind fachliches Wissen und handwerkliches Können Grundvoraussetzungen.
19.2 Ursachen der Korrosion von Metallen
405
Tab. 19.1: Aufbau der Normen DIN 55 928 und DIN EN ISO 12944 DIN 55 928 Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungen und Überzüge
DIN EN ISO 12944 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschuutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme Teil 1: Allgemeine Einleitung Teil 2: Einteilung der Umgebungsbedingungen Teil 3: Grundregeln zur Gestaltung Teil 4: Arten von Oberflächen und Oberflächenvorbereitung Photographische Beispiele für unterschiedlich vorbereitete Stahlflächen enthält die „informative Ergänzung zu ISO 8501-1“. Teil 5: Beschichtungssysteme Teil 6: Laborprüfungen zur Bewertung von Beschichtungssystemen Teil 7:
Teil 8: Korrosionsschutz von tragenden dünnwandigen Bauteilen (Stahlleichtbau)
Ausführung und Überwachung der Beschichtungsarbeiten
Teil 8: Erarbeiten von Spezifikationen für Erstschutz und Instandsetzung
Teil 9: Beschichtungsstoffe; Zusammensetzung von Bindemitteln und Pigmenten
Die folgenden Ausführungen behandeln Grundzüge des Korrosionsschutzes von Stahl durch Beschichten. Dabei wird auch die Kombination von Überzügen (Verzinkung) und Beschichtungen, das sogenannte Duplex-System, behandelt. Maßnahmen des konstruktiven Korrosionsschutzes werden in diesem Rahmen ebenfalls besprochen. Die Kenntnis der Ursachen der Korrosion von Metallen wird weitgehend als bekannt vorausgesetzt.
19.2 Ursachen der Korrosion von Metallen Stahl wird im Hochofen aus Eisenerz unter großem Aufwand von Energie hergestellt. Dabei entsteht ein Material, das künstlich in einen energiereicheren Zustand als das Ausgangsprodukt versetzt wurde und nun einen energieärmeren Zustand anstrebt. Die Folge davon ist Korrosion, meist an der Oberfläche. Die im Bautenschutz wichtigsten Arten der Korrosion werden im Folgenden beschrieben.
406
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
19.2.1 Korrosionsmechanismen und Korrosionsarten Die Mechanismen der Korrosion metallischer Werkstoffe lassen sich, wie nachfolgend gezeigt, unterscheiden in chemische, physikalische und elektrochemische Reaktionen. a) Chemische Korrosion (Oxidschichtbildung) Im Bauwesen ist die chemische Korrosion relativ selten und von untergeordneter Bedeutung. Im Zuge des Herstellens warmgewalzten Stahls entstehen bei sehr hohen Temperaturen durch Oxidation auf der Oberfläche zunächst „Anlauffarben“, später die sog. Walzhaut (Glühhaut, Zunderschicht). Diese ist spröde und gibt einen zeitlich begrenzten (temporären) Korrosionsschutz. Die Walzhaut wittert bei Wettereinwirkung innerhalb eines Jahres ab. Da sie edler als Stahl ist, ist sie vor dem Aufbringen einer Beschichtung zu entfernen, da sonst Walzhautkorrosion entsteht (Kontaktkorrosion). Oxidschichten bilden sich bei normalen Umgebungsbedingungen auf Stahl, Eisen, Aluminium, Kupfer, Silber und anderen Metallen und schützen diese vor Korrosion. Die Schicht kann durch chemische Verfahren (z.B. Eloxieren, Brünieren) künstlich verstärkt werden. Die Oxidschichtbildung ist eine Art der chemischen Korrosion. Bei Eisen und Stahl ist die Oxidschicht (Deckschicht) mit erheblicher Volumenvergrößerung verbunden. Der Volumenkoeffizienten (Me-O/Me) nach PILLING-BEDWORTH ist größer als 1. Daher platzen die Schichten ab und legen die Oberfläche erneut frei, sodass keine Schutzschicht entstehen kann. Auch die Differenz der Gitterkonstanten des Metalls und des Metalloxids geben einen Hinweis darauf, ob eine Oxidschicht eine fest haftende Schutzschicht darstellt. Beispiele: Aluminium a-Eisen Al 0,404 nm a-Fe 0,286 nm AlO3 0,515 nm FeO3 0,542 nm Differenz: 0,111 nm 0,256 nm
Abb. 19.1: Volumen-Koeffizient (Me-Ox/Me) nach PILLING-BEDWORTH
19.2 Ursachen der Korrosion von Metallen
407
b) Physikalische Korrosion Angriff von Zink und Kupfer verursacht in geschmolzenem Zustand vor allem bei unlegierten Stählen Schäden an Korngrenzen, die durch Zugspannungen verstärkt werden und zur interkristallinen Spannungsrisskorrosion führen können. Da Schäden von außen vor dem (spröden) Versagen meist nicht erkennbar sind, und sich Korrosionsprodukte nicht ablagern, ist diese Korrosionsform vor allem bei tragenden Bauteilen besonders gefährlich. Versprödung und Rissbildung kann auch durch Einwirkung von kathodisch abgeschiedenem Wasserstoff in Stahl erfolgen. c) Elektrochemische Korrosion Wasserstoffbildende Korrosion In sehr aggressiven, elektrisch leitfähigen Flüssigkeiten (Säuren, Salzlösungen) korrodieren Metalle nach dem auf Abb. 19.2 gezeigten Schema. Dabei bildet sich Wasserstoff. Charakteristisch für die wasserstoffbildende Korrosion ist der Mangel an Sauerstoff. Bei diesem Vorgang entstehen keine festen Korrosionsprodukte in Form von „Rost“, sondern gelöstes Eisen(III)chlorid (FeCl3) wird produziert. Die Geschwindigkeit des korrosiven Abtrags an Metall (Korrosionsgeschwindigkeit) wird durch die Art des aggressiven Stoffes, die Temperatur und den pH-Wert des Elektrolyten bestimmt. Sauerstoffkorrosion Die Sauerstoffkorrosion läuft in mehreren Stufen an unterschiedlichen Stellen (Anode, Kathode) ab (Abb. 19.3): Stufe 1: An der Anode geht bei Vorliegen von Wasser Metall in Lösung, wobei Eisenionen (Fe++) und freie Elektronen (e–) entstehen. Stufe 2: Die Elektronen wandern von der Anode zur Kathode. Die Elektronen reagieren dort mit Wasser und Sauerstoff zu Hydroxid-Ionen (OH–). Diese bewirken ein Ansteigen des pH-Wertes, daher ist die Kathode vor Korrosion geschützt (Evan’scher Tropfenversuch). Stufe 3: An der Stelle, an der die Eisen-Ionen und die Hydroxid-Ionen zusammentreffen, bildet sich zunächst Eisenhydroxid als primäres Korrosionsprodukt und anschließend unlösliches Eisenoxidhydroxid (FeO(OH), Rost) durch Aufoxidieren mit Sauerstoff.
(+ H2O)
Fe ææÆ Fe++ + 2e–
4e– + 2HOH + O2 Æ 4OH–
Fe++ + 2OH– Æ Fe(OH)2 Fe(OH)2 + O2 Æ 4FeO(OH)2 + H2O
408
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Abb. 19.2: Korrosionselement bei der wasserstoffbildenden Korrosion
Abb. 19.3: Korrosionselement bei der Sauerstoffkorrosion
Die Menge des Sauerstoffes an der Kathode ist geschwindigkeitsbestimmend für die Korrosion. Salze und andere Verunreinigungen des Wassers wirken beschleunigend auf die Korrosion. Atmosphärische Korrosion Die atmosphärische Korrosion ist eine Variante der Sauerstoffkorrosion und gilt als die häufigste Korrosionsart im Stahlbau. Wasserlösliche Stoffe (Sulfat, Chlorid) beschleunigen als Stimulatoren den Korrosionsvorgang erheblich: ◆ Sulfat-Ionen gelangen durch z.B. bei Verbrennungsvorgängen entstehendes SO2, ◆ Chlorid-Ionen durch Aerosole in Meeresnähe oder in Industriebetrieben, Streusalze etc. an die Stahloberfläche. Die Folge davon sind Eisensulfat- und Chloridnester auf dem Stahl (Abb. 19.4). Eisensulfat und Eisenchlorid sind hygroskopische Salze, d.h. sie ziehen Feuchtigkeit an. In Feuchtperioden laufen die Mechanismen wie bei der Sauerstoffkorrosion ab. In Trockenperiode werden die Oxidschichten verdichtet und der Korrosionsvorgang wird gestoppt. Bemerkenswert ist, dass bei der Reaktion die stimulierenden Stoffe (z.B. Salzsäure bzw. Schwefelsäure) nicht verbraucht werden und für die weitere Reaktion immer wieder zur Verfügung stehen.
19.2 Ursachen der Korrosion von Metallen
409
Abb. 19.4: Rostpustel mit Eisensulfatnest
Reaktionen bei Chloridnest: Elektrolyt: NaCl Æ Na+ + Cl– (+ H2O)
Fe++ + 2Cl– ææÆ (Fe(OH)+ + Cl–) + (H+ + Cl–)
Anode:
primäres Korrosionsprodukt
4Fe(OH)+Cl– + O2 + 2H2O Æ 4FeOOH + 4HCl sekundäres Korrosionsprodukt (Rost)
Salzsäure
+4e–
2H2O + O2 æÆ 4(OH)– (OH)– + Na+ Æ NaOH
Kathode:
Natronlauge
Reaktionen bei Sulfatnest: Elektrolyt: SO2 + 1/2O2 + H2O Æ H2SO4 Æ Schwefelsäure
Schwefeldioxid
Fe++ + H2SO4 + 1/2O2 Æ FeSO4 + H2O Eisen(II)sulfat
2FeSO4 + 1/2O2 + 3H2O Æ 2FeOOH + 2H2SO4 Eisen(II)sulfat wird zu Eisen(III)sulfat oxidiert und hydrolysiert zu Æ
sekundäres + Schwefelsäure Korrosionsprodukt (Rost)
Die atmosphärische Korrosion ist abhängig von den Umgebungsbedingungen: DIN EN ISO 12944-2 teilt die Umgebungsbedingungen in sechs Korrosivitätskategorien ein (vgl. Tab. 19.2). Jeder Korrosivitätskategorie sind festgelegte flächenbezogene Massenverluste bzw. Dickenabnahmen zugeordnet (vgl. Abb. 19.5). Tab. 19.2: Korrosivitätskategorien und Beispiele für typische Umgebungen in gemäßigtem Klima Korrosivitätskategorie
Beispiel für Umgebung
C1 C2 C3 C4 C5-I C5-M
Raum, beheizt Land Stadt Industriebereich, Küste Industrie Meer
unbedeutend gering mäßig stark sehr stark (Industrie) sehr stark (Meer)
410
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Abb. 19.5: Masseverlust bei Stahl und Zink bei atmosphärischer Belastung zur Festlegung der Korrosivitätskategorien nach DIN EN ISO 12944-2
19.2.2 Prinzipien zur Verhinderung der Korrosion Um Korrosion zu verhindern, sind unterschiedliche Prinzipien denkbar. U.a. ist ausreichend, eine der Teilreaktionen an der Kathode oder Anode zu stoppen. a) Fernhalten von Wasser Ohne die Anwesenheit von Wasser ist keine Korrosion (außer der Oxidschichtbildung) möglich. Wasser gelangt durch Niederschlag, durch Wasserdampfkondensation als Folge von Temperaturunterschieden und durch hygroskopische Salze an Stahloberflächen. Durch Trockenhalten kann Korrosion verhindert werden. Bei relativen Luftfeuchten unterhalb von 65% ist praktisch keine Korrosion zu beobachten. Wasser kann auch durch feuchtigkeitsdichte Barrieren (Feuerverzinkung, Emaillierung) von der Oberfläche ferngehalten werden. b) Fernhalten von Sauerstoff Der für die Korrosionsreaktion erforderliche Sauerstoff wird abgehalten durch: ◆ dichte Erdschichten ◆ große Wassertiefe bei ruhendem Wasser ◆ Hohlbauteile ◆ geschlossene Kreisläufe von Rohrsystemen ◆ Oberflächenschichten (Feuerverzinkung, Emaillierung) nicht aber durch Polymerbeschichtungen. c) Chemischer Korrosionsschutz Korrosionshemmende Deckschichten bilden sich durch eine künstlich erzeugte passivierende Umgebung (Eloxieren, Brünieren), Beispiel: ◆ Bewehrungsstähle in alkalischem Beton [KLOPFER], [STARK, WICHT]. Stimulatoren werden durch sogenannte Aktivpigmente zur Neutralisation von Korrosionsstimulatoren, zur Passivierung der Stahloberfläche sowie zum kathodischen Schutz in Grundbeschichtungen gebunden.
19.2 Ursachen der Korrosion von Metallen
411
Beispiele: ◆ Zinkchromat ◆ Bleimennige ◆ Zinkphosphat ◆ Zinkstaub ◆ Zinkoxid d) Verhinderung der Bildung von Korrosionselementen Durch Auftragen von Polymerbeschichtungen auf möglichst reine Metalloberflächen ist ein langfristiger Schutz von Stahl möglich. Vorraussetzung ist, dass die Beschichtungen keine wasserlöslichen Bestandteile enthalten und infolge Alterung keine korrosionsfördernden Zersetzungsprodukte entstehen. Wegen geringer Mengen von Wasser und von Sauerstoff an der Metall-Oberfläche, ist Korrosion dort grundsätzlich denkbar (Oxidschichtbildung). Organische Polymerschichten sind ◆ durchlässig (Diffusion) für einzelne nicht geladene Moleküle (H2O, O2) und positiv geladene Ionen, ◆ nicht oder fast nicht durchlässig für negativ geladene Anionen (Chlorid Cl-, Sulfat SO42-). Dazu trägt zum einen ein vergleichsweise großer Teilchendurchmesser und zum anderen die negative Ladung des organischen Bindemittels infolge negativ geladener freier Hydroxyl- und CarboxylGruppen in Verbindung mit Wasser. Daher ist anzunehmen, dass von bereits vor dem Beschichten auf der Stahloberfläche befindlichen bzw. aufgrund von Gasdiffusionsvorgängen dorthin gelangten Chlorid- und Sulfationen eine höhere stimulierende Wirkung ausgeht. Die Möglichkeit für korrosionsfördernde Substanzen, durch die Beschichtung hindurch an die Stahloberfläche zu gelangen, nimmt mit steigender Dichtigkeit der Beschichtung und deren Schichtdicke ab (Barriere-Prinzip). Daher sind in Abhängigkeit von der korrosiven Belastung geeignete Beschichtungsstoffe auszuwählen, mehrschichtige Aufbauten erforderlich u.a., um durchgängige Poren zu vermeiden und Mindestschichtdicken einzuhalten. Reine Oberflächen vor dem Beschichten sind unter den praxisrelevanten Bedingungen im Stahlbau nicht herstellbar, daher wird das Bilden von Korrosionselementen mit Kathoden und Anoden ◆ durch aktive Korrosionsschutzpigmente in der Grundbeschichtung und ◆ durch eine optimale Benetzung der Stahloberfläche mit dem Beschichtungsstoff und damit hohe Haftung des Beschichtungsfilms auf dem Stahluntergrund vermieden. Der durch die chemische und elektrochemische Wirkung der Aktivpigmente unterstützte Schutzmechanismus von Polymerbeschichtungen ist noch nicht zufriedenstellend aufgeklärt [KLOPFER].
412
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
a
b
c
Kathode
Kathode
Abb. 19.6: Vorgänge an einer Fehlstelle in der Beschichtung: a) bei elektrolytischer Korrosion, b) bei Anwesenheit einer Opferanode und c) bei kathodischem Korrosionsschutz nach [KLOPFER]
e) Kathodischer Korrosionsschutz Abbildung 19.6 zeigt schematisch die Wirkungsweise des kathodischen Korrosionsschutzes. Die Stahloberfläche wird ◆ durch eine künstliche Gleichstromquelle (Abb. 19.6 c) oder ◆ durch korrodierende Opferanoden (Zink, Aluminium, Magnesium etc.) (Abb. 19.6 b) zur Kathode. Ein Elektrolyt muss dabei vorhanden sein. Häufig auftretende Erscheinungsformen unterschiedlicher Korrosionsarten sind auf Abb. 19.7 vereinfacht dargestellt.
19.2.3 Korrosionsschutz durch konstruktive Maßnahmen Bereits durch konstruktive Maßnahmen kann die korrosive Belastung an Stahlbauten verringert, das Aufbringen der Korrosionsschutzbeschichtungen sowie die Instandhaltung erleichtert und die Schutzwirkung erhöht werden. Einige Möglichkeiten werden nachfolgend genannt. a) Wahl geeigneter Werkstoffe ◆ Durch Einsatz gleicher Werkstoffe ist Kontaktkorrosion zu vermeiden. ◆ Nichtrostende Stähle verwenden (Chrom-Nickel-Stähle). ◆ Wetterfeste Baustähle für bestimmte Konstruktionsteile verwenden, da dieser in Verbindung mit Polymerbeschichtung sich günstiger verhalten
19.2 Ursachen der Korrosion von Metallen
413
a
b
c
d
e
f
Abb. 19.7: Makroskopische Erscheinungsform unterschiedlicher Korrosionsarten: a) ebenflächiger Abtrag, b) narbiger flächiger Abtrag, c) Lochfraß, d) Kontaktkorrosion, e) Spaltkorrosion, f) Risskorrosion [KLOPFER]
Abb. 19.8: Spaltkorrosion an einer Behälterstütze
414
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
als normale Baustähle (Beachte: Verhalten bei Dauerfeuchte wie normaler Baustahl). ◆ Verkleiden mit anderen Metallen (Blei, Kupfer, Zink u.a.), dabei ist Kontaktkorrosion zu vermeiden und eventuell unterschiedliches Verhalten der Metalle zu beachten. b) Korrosionsschutzgerechtes Gestalten Bauteile sollten kompakt und mit ebenen Oberflächen konstruiert werden. Schweißverbindungen sind geschraubten Verbindungen vorzuziehen, Nietverbindungen grundsätzlich zu vermeiden. Stehendes Wasser sollte durch Neigungen und Abläufe vermieden werden. DIN EN ISO 19944-3 nennt die Grundregeln zur Gestaltung zu beschichtender Konstruktionen im Stahlbau. Verschiedene Beispiele sind auf Bildern wiedergegeben. Für zu verzinkende Bauteile sind Hinweise den Normen DIN EN ISO 1461 und DIN EN ISO 14713 zu entnehmen. Für den Bereich des Chemischen Apparatebaus gelten die Anforderungen an die Konstruktion nach DIN 28051 und an die zu beschichtende Oberfläche nach DIN 28053. c) Instandhaltungseinrichtungen am Bauwerk Um Arbeiten zur Instandhaltung zu erleichtern und die Zugänglichkeit bzw. Erreichbarkeit zu ermöglichen, sollten Einrichtungen in der Planung Berücksichtigung finden. Dazu zählen: ◆ Steigeisen ◆ Steigleitern ◆ Gerüsthaken und -ösen aus nichtrostendem Stahl ◆ Befahranlagen.
Vorgang
D1 mm
D2 mm
a Grad
Strahlen Reinigen – mit Nadelpistole
800
200…400
60…90
250…350
0
30…90
200…300 200 200
200…300 0 0
90 45…90 0…90
Beschichten – durch Spritzen – mit Pinsel – mit Rolle
Abb.19.9: Erforderlicher Arbeitsraum bei Beschichtungsarbeiten nach DIN EN ISO 12944-3
19.2 Ursachen der Korrosion von Metallen
415
Abb. 19.10: Empfohlene Mindestgrößen von Öffnungen für den Zugang zu abgegrenzten Bereichen gemäß DIN EN ISO 12944-3
Abb.19.11: Mindestmaße bei engen Abständen zwischen Oberflächen gemäß DIN EN ISO 12944-
416
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Abb.19.12: Vermeiden von Wasser- und Schutzansammlungen gemäß DIN EN ISO 12944-3
a
b
Abb. 19.13: Beschichtungsgerechtes Gestalten von Schweißnähten a) Anordnung, b) Vermeiden von Oberflächenfehlern gemäß DIN EN ISO 12944-3
19.2 Ursachen der Korrosion von Metallen
417
Abb.19.14: Maßnahmen (Prinzip) zum Verhindern von Spaltkorrosion gemäß DIN EN ISO 12944-3.
Abb. 19.15: Vermeiden von scharfen Kanten gemäß DIN EN ISO 12944-3
Abb.19.16: Korrosionsschutzgerechtes Gestalten von Aussteifungen Spaltkorrosion gemäß DIN EN ISO 12944-3
19.3 Korrosionschutzbeschichtungen
418
19.3 Korrosionsschutzbeschichtungen Korrosionsschutz kann, wie bereits beschrieben, durch unterschiedliche Maßnahmen erfolgen. Neben kathodischem Korrosionsschutz stellen ◆ Überzüge (Verzinkung, Emaillierung), ◆ Auskleidungen (Vorgefertigte Bahnen, Platten oder Formstücke, z.B. Weichgummierungen oder Kunststoffe auf Thermoplastbasis, durch Verkleben oder mechanisches Verankern mit dem Untergrund befestigt bzw. lose verlegt), z.B. auf den Innenflächen von Tanks, Rauchgasentschwefelungsanlagen und anderen chemischen Apparaten, ◆ Beschichtungen (im flüssigen, pasten- oder pulverförmigem Zustand durch Streichen, Rollen, Spritzen oder andere Verfahren auf die Oberfläche aufgebrachte und anschließend erhärtende, pigmentierte Werkstoffe/Beschichtungsstoffe) übliche Verfahren dar. Im Folgenden wird vor allem auf Maßnahmen zum Korrosionsschutz durch Beschichtungen eingegangen.
19.3.1 Werkstoffe Beschichtungsstoffe zum Korrosionsschutz setzen sich aus Bindemittel (BM), Füllstoffen, Pigmenten, Hilfsstoffen und Lösemitteln (LM) zusammen (vgl. Abschnitt 6.4). Neben Beschichtungen werden weitere Werkstoffe zum Korrosionsschutz eingesetzt, wie polymergebundene Spachtelmassen, zementgebundene Mörtel und Betone, Korrosionsschutzbinden, Gummierungen, Kitte, Email, die hier nicht behandelt werden. Als Bindemittel werden organische Polymere – früher: Naturharze, trocknende Öle, Kautschuk, Bitumen – heute: künstliche Polymere oder chemische Vorstufen davon, die bei der Verfestigung zu Polymeren werden, wie Epoxid, Polyurethan, eingesetzt (vgl. DIN 12944-5). Auf Tabelle 19.3 sind allgemeine Eigenschaften von Beschichtungsstoffen zusammengestellt. Aktivpigmente [HENNING/KNÖFEL, KLOPFER, KNOBLAUCH/SCHNEIDER, DIN EN ISO 12944-5] sind ein wesentlicher Bestandteil in Grundbeschichtungen: ◆ Zinkchromat löst sich in Wasser und fördert die Bildung korrosionshemmender Deckschichten. Heute wird dieses Pigment aus Gründen der Arbeitssicherheit nicht mehr eingesetzt und ist meist durch Zinkphosphat ersetzt. ◆ Bleimennige bindet Chloride und Sulfate chemisch und macht diese Stimulatoren nahezu unschädlich. Das Pigment darf heute nur noch in bestimmten Fällen zum Ausbessern der ersten Grundbeschichtung verwendet werden [RUK, TRGS 602].
19.3 Korrosionschutzbeschichtungen
419
Abb.19.17: Grundtypen von Beschichtungsstoffen und typische Bindemittel für den Korrosionsschutz nach DIN EN ISO 12944-5
◆ Zinkphosphat bildet korrosionshemmende Deckschichten aufgrund des hohen Phosphat-Anteils (P). Zinkphosphat ist das häufigste Ersatzpigment für Bleimennige und Zinkchromat. Die in Verbindung mit Wasser und Sauerstoff entstehenden Eisenphosphatkristalle wirken durch Oxidschichtbildung auf der Stahloberfläche passivierend, die sich bildenden Zinkoxide inhibierend, siehe Abb. 19.18. ◆ Zinkstaub oxidiert durch Einwirkung von Wasser und Sauerstoff. Dadurch entsteht ein alkalisches Korrosionsprodukt, dass chemisch schützt und infolge des vergleichsweise großen Volumens abdichtend wirkt. (Der Anteil an Zinkstaub im nichtflüchtigen Teil des Beschichtungsstoffes muss bei Zinkstaub-Beschichtungen gemäß DIN EN ISO 12944-5 mindestens 80 M-% betragen.) ◆ Zinkoxid besteht entweder aus technisch reinem Zinkoxid (Zinkweiß) oder aus Farbenzinkoxid mit unterschiedlichen Anteilen an Blei. Das Pigment mit basischem Charakter kann saure Abbauprodukte aus Bindemitteln und aus atmosphärischen Einflüssen neutralisieren.
420
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Tab. 19.3: Allgemeine Eigenschaften von Beschichtungsstoffen [DIN EN ISO 12944-5]
a
Bitumen
Alkydharz
Polyurethan (PUR), Polyester-Typ, aromatisch
Polyurethan (PUR), Acrylharz -Typ, aliphatisch
Epoxidharz
Zinksilicat
Epoxidharz/ Polyureethan-Teer
Vinylharz-Teer
Glanzhaltung Farbhaltung Beständigkeit gegen Eintauchen in Wasser Regen/Kondensation Lösemittel Lösemittel (Spritzer) Säuren Säuren (Spritzer) Alkalien Alkalien (Spritzer) Beständigkeit gegen trockene Wärme 60°C bis 70°C 70°C bis 120 °C 120°C bis 150 °C > 150 °C Physikalische Eigenschaften Abriebwiderstand Schlagfestigkeit Dehnbarkeit Härte Auftragen durch Streichen Rollen Spritzen
Acrylharz
Die Bewertungen können sich für unterschiedliche Formulierungen des gleichen Grundtyps der Produkte unterscheiden. a
Eigenschaften von verschiedenen Grundtypen von Beschichtungsstoffen auf Basis von
Chlorkautschuk
ausgezeichnet gut schlecht nicht relevant
Vinylchlorid-Copolymer
쑗 왕 쎲 –
왕 왕
왕 왕
쑗 쑗
쎲 쎲
왕 왕
쎲 쎲
쑗 쑗
쎲 쎲
– –
쎲 –
쎲 –
왕 쑗 쎲 쎲 쎲 왕 쎲 왕
왕 쑗 쎲 쎲 쎲 왕 쎲 왕
쎲 쑗 쎲 쎲 쎲 왕 쎲 왕
쑗 쑗 쎲 쎲 쎲 쎲 쎲 왕
쎲 왕 쎲 왕 쎲 쎲 쎲 쎲
쎲 쑗 왕 쑗 왕 왕 쎲 쎲
왕/쎲 쑗 쎲 쑗/왕 쎲 왕/쎲 쎲 쑗
쑗 쑗 왕 쑗 쎲 왕 쑗 쑗
왕 쑗 쑗 쑗 쎲 쎲 쎲
쑗 쑗 쎲 쎲 왕 왕 쑗
쑗 쑗 쎲 쎲 쎲 쎲 왕
쑗 쎲 쎲 쎲
왕/쎲 쎲 쎲 쎲
쑗 쑗/왕 쎲 쎲
왕 쎲 쎲 쎲
쑗 왕 쎲 쎲
쑗 쑗 왕 쎲
쑗 쑗 왕 쎲
쑗 쑗 왕 쎲
쑗 쑗 쑗 쑗
쑗 왕/쎲 쎲 쎲
쑗 쎲 쎲 쎲
쎲 왕 왕 왕
쎲 왕 왕 왕
쎲 왕 왕 왕
쎲 왕 왕 왕
왕 쎲 쎲 쑗
쑗 쑗 왕 쑗
왕 쑗 쑗 왕
쑗 왕 쑗/왕 쑗/왕
쑗 쎲 쎲 쑗
왕 쑗 왕 왕
쎲 왕 왕 쎲
왕 쎲 쑗
왕 쎲 쑗
왕 쎲 쑗
쑗 쑗 쑗
쑗 쑗 쑗
왕 왕 쑗
왕 왕 쑗
쑗 왕 쑗
쎲 쎲 쑗
왕 왕 쑗
왕 왕 쑗
Zwei Symbole in einer Spalte bedeuten, dass wesentliche Unterschiede möglich sind, d.h. beide Symbole können zutreffen.
19.3 Korrosionschutzbeschichtungen
421
Abb.19.18: Wirkung von Zinkphosphat in Grundbeschichtungen
19.3.2 Beschichtungsstoffe und -systeme Die Definitionen der Begriffe ◆ Beschichtungssystem und ◆ Korrosionsschutzsystem können Abb. 19.19 entnommen werden. Arten von Korrosionsschutz-Beschichtungsstoffen sind: ◆ lösemittelhaltige Beschichtungsstoffe 1-komp., 2-komp. ◆ Festkörperreiche Beschichtungsstoffe (High2-komp. solid-Systeme) mit 20 M-% … 25 M-% LM ◆ lösemittelfreie Beschichtungsstoffe 2-komp. ◆ wässrige Dispersionen ◆ wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe 1-komp., 2-komp. (z.B. Alkydharz, Acrylharz und Epoxidharz) Beschichtungsstoffe werden nach dem eigenschaftsbestimmenden, kennzeichnenden Bestandteil von Bindemitteln und Pigmenten sowie nach ihrer Funktion gekennzeichnet.
Abb.19.19: Bezeichnungen nach ISO 12944-1 am Beispiel eines 4-schichtigen Beschichtungssystems mit Grund- und Deckbeschichtung auf verzinktem Stahluntergrund
422
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Beispiele: ◆ Alkydharz-Zinkphosphat-Grundbeschichtungsstoff, ◆ Ethylsilicat-Zinkstaub-Grundbeschichtungsstoff, ◆ Epoxidharz-Eisenglimmer-Deckbeschichtungsstoff. Beschichtungssysteme werden, sofern sie in den Tabellen der DIN EN ISO 12944-5 aufgeführt sind, durch ihre System-Nummer bezeichnet. Wenn Beschichtungen mit unterschiedlichen Bindemitteln unter einer System-Nummer angegeben sind, müssen die in den Grund- und Deckbeschichtungen verwendeten Bindemittel aus der Bezeichnung hervorgehen. Beispiele: ◆ ISO 12944-5/S1.01, ◆ ISO 12944-5/S2.09 – AK/AY. Beispiele für erforderliche Schichtdicken von Korrosionsschutzbeschichtungen sind auf Tabelle 19.4 wiedergegeben. In der Regel bestehen die Beschichtungssysteme aus ◆ Grundbeschichtung (GB) und ◆ Deckbeschichtung (DG), wobei zwischen normalen und dickschichtigen Systemen unterschieden wird (siehe Tab. 19.5). Folgende Schichten werden unterschieden: a) Grundbeschichtung Die ein- oder mehrschichtige Grundbeschichtung (GB) schützt den Stahl durch Passivierung (z.B. Zinkstaub, Zinkphosphat) vor Korrosion. Sie muss in der Lage sein, die Stahloberfläche gut zu benetzen und ein gewisses Penetrationsvermögen (Restrost) besitzen. Grundbeschichtungen haften gut auf vorbereitetem Stahl und/oder gereinigten alten Beschichtungen. Zudem müssen sie eine geeignete Grundlage für die nachfolgende(n) Schicht(en) bilden.
Tab. 19.4: Ungefähre Schichtdicke von Korrosionsschutzbeschichtungen in Abhängigkeit von der korrosiven Belastung Umgebung (Atmosphärentyp)
Korrosivitätskategorie nach DIN 12944-2
Sollschichtdicke nach DIN 12944-5 in µm
Raum Land Stadt Industrie Meer aggressive Industrieluft unter Wasser
C1 C2 C3 C4 C5-M C5-I Im1
80 … 100 120 … 200 160 … 240 160 … 320 200 … 500 250 … 500 360 … 1000
19.3 Korrosionschutzbeschichtungen
423
Tab. 19.5: Aufbau unterschiedlicher Beschichtungssysteme normales System AG a
Dickschicht-System AG a
s
s
1. GB 2. GB
40 µm 40 µm
GB
80 µm
1. DB 2. DB
40 µm 40 µm
DB
80 µm
160 µm
sges
160 µm
sges a Arbeitsgang.
b) Deckbeschichtung Die ein- oder mehrschichtige Deckbeschichtung (DB) als letzte Schicht eines Beschichtungssystems schützt die GB vor schädlichen Umwelteinflüssen (UV: Eisenglimmer) und trägt zur Korrosionsschutzwirkung des Gesamtsystems bei. Zusätzliche Aufgaben können sein: ästhetische Funktion (Farbgebung), Reflexion, Strahlungsbeständigkeit, Signalwirkung, Kennzeichnung, u.a. c) Kantenschutz-Beschichtung Durch einen zusätzlich aufgebrachten, dickschichtigen, pastös eingestellten Beschichtungsstoff werden Kanten, Niete, Schweißnähte, Schrauben geschützt. d) Fertigungsbeschichtung Die schnell trocknende Fertigungsbeschichtung (FB), auch als Shop-Primer bezeichnet, schützt den Stahl temporär während der Fertigung der Bauteile. Durch Prüfzeugnisse ist nachzuweisen, dass die Beschichtung ca. 20 µm Dicke das Schweißen des Stahles zulässt. e) Zwischenbeschichtung Zwischenbeschichtungen werden in bestimmten Fällen zwischen Grundbeschichtung und Deckbeschichtung aufgetragen. f) Haftbeschichtung Haftbeschichtungen verbessern die Haftfestigkeit zwischen einzelnen Schichten und verhindern Fehler, z.B. infolge zu langer Wartezeit zwischen dem Auftragen, während des Beschichtens. Vorteile einer heute üblichen Dickschicht-Beschichtung gegenüber herkömmlichen Systemen sind: ◆ dickere Schicht bei gleicher Anzahl Arbeitsgänge (erhöhte Korrosionsschutzwirkung) sowie ◆ gleiche Schichtdicke bei weniger Arbeitsgängen (Zeitersparnis und damit kürzere Ausführungszeit).
424
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Tab. 19.6: Zeitspannen für die Schutzdauer [DIN EN ISO 12944-1] Schutzdauer
Kurzzeichen
Zeitspanne in Jahren
kurz mittel lang
K M L
2 bis 5 5 bis 15 über 15
Die Korrosionsschutzwirkung einer Beschichtung wird erzielt durch: ◆ den Diffusionswiderstand des Polymerbindemittels für aggressive Substanzen, ◆ die chemische Schutzwirkung der Pigmente und ◆ die Haftung des Polymerbindemittels auf der Oberfläche. Die Dauer der Schutzwirkung einer Beschichtung ist abhängig von verschiedenen Einflüssen: ◆ der Art des Beschichtungssystems, ◆ der Gestaltung des Bauwerks, ◆ dem Zustand der Stahloberfläche vor dem Vorbereiten, ◆ der Wirksamkeit der Oberflächenvorbereitung, ◆ der Ausführung der Beschichtungsarbeiten, ◆ den Bedingungen während des Beschichtens, ◆ der Belastung nach dem Beschichten. In DIN EN ISO 12944-1 sind drei Zeitspannen für die Schutzdauer angegeben: vgl. Tabelle 19.6. Der technische Begriff „Schutzdauer“ wird definiert als die erwartete Standzeit eines Beschichtungssystems bis zur ersten Instandsetzung und ist keine „Gewährleistungszeit“ (juristischer Begriff). Zudem existieren keine Regeln, die die beiden Begriffe verbinden. Beispiele bewährter Beschichtungssysteme für verschiedene Umgebungsbedingungen sind den Tabellen der DIN EN ISO 12944-5 zu entnehmen, vgl. Tabelle 19.7. Die Tabellen sind nach unterschiedlichen Gesichtspunkten aufgeführt: ◆ Zusammenfassende Tabellen enthalten Beschichtungssysteme für mehrere Korrosivitätskategorien. Diese sind nach den Bindemitteln der Deckbeschichtung sortiert und sind zweckmäßig, wenn die Schutzeigenschaften der Deckbeschichtung als Grundlage für die Auswahl eines Systems herangezogen werden soll. Vergleiche für Schutzdauer bei unterschiedlichen Korrosivitätskategorien sind möglich. Die Tabellen können auch in Fällen, in denen die Korrosivitätskategorie nicht genau bekannt ist, verwendet werden. ◆ Die Beschichtungssysteme in individuelle Tabellen für jeweils eine Korrosivitätskategorien sind nach dem Typ der Grundbeschichtung und dem verwendeten Bindemittel geordnet. Dies Tabellen können benutzt werden, wenn die Korrosivitätskategorie bekannt ist.
19.3 Korrosionschutzbeschichtungen
425
Tab. 19.7: Beschichtungssysteme in Abhängigkeit vom Untergrund, dem Oberflächenvorbereitungsgrad und der korrosiven Belastung; Übersicht der Tabellen in DIN EN ISO 12944-5 Tabelle
Beschichtungs- Untergrund/ system Nr. Oberflächenvorbereitungsgrad
Korrosivitätskategorien
St 2
Sa21/2
C2
C3
C4
쎲
쎲
Kategorien
C5-I
C5-M
쎲
A.1
S1.01…42
쎲
쎲
쎲
A.2
S2.01…18
쎲
쎲
쎲
A.3
S3.01…29
쎲
쎲
A.4
S4.01…32
쎲
A.5
S5.01…22
쎲
쎲
A.6
S6.01…11
쎲
쎲
A.7
S7.01…16
쎲
A.8
S8.01 …11
쎲
A.9
S9.01…13
Stahl, feuerverzinkt
쎲
쎲
쎲
쎲
쎲
A.10
je nach Kategorie S2 … 7.xx
Stahl, thermisch gespritzt, sherardisiert o. mit galvanischem Zinküberzug
쎲
쎲
쎲
쎲
쎲
Im1
Im2
Im3
쎲
쎲
쎲
쎲 쎲
쎲
19.3.3 Beschichtungs- und Korrosionsschäden Durch unterschiedliche physikalische und chemische Einflüsse sowie infolge Bewitterung und durch weitere Belastungen können an der Beschichtung Schäden entstehen, die zur Korrosion des zu schützenden Untergrundes führen. Zudem können auch unter intakten Beschichtungen korrosive Vorgänge stattfinden. Einige Phänomene werden nachfolgend kurz erläutert. Vertiefende Details sind der weiterführenden Fachliteratur, z.B. [NÜRNBERGER] zu entnehmen. a) Beschichtungsschäden Alterung Durch Alterung infolge von Witterungseinflüssen sowie chemische und thermische Belastungen verändern sich die anfänglichen Eigenschaften eines Beschichtungsaufbaus über die gesamte Filmdicke. ◆ Die Flexibilität nimmt ab und dadurch die Sprödigkeit zu. Durch daraus resultierende Eigenspannungen entstehen Risse in der Beschichtung und diese blättert ab. Rissgrade sind nach DIN EN ISO 4628-4 und Abblätterungsgrade nach DIN EN ISO 4628-5 zu bewerten.
426
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Abb. 19.20: Erheblich verwitterte Korrosionsschutzbeschichtung eines Brückenträgers
Insbesondere zerstört der UV-Anteil des Lichts in Verbindung mit Sauerstoff durch Photooxidation unter Unterstützung von Wasser das Bindemittel. Das Bindemittel schützende Pigmente, z.B. plättchenförmiger Eisenglimmer, in der Deckschicht des Beschichtungsaufbaus, sollen die UV-Einwirkung verringern. Besonders anfällig gegenüber UV-Einwirkung sind bituminöse Werkstoffe sowie Weichmacher enthaltendes PVC. Bei PVC wandern als Weichmacher dienende Stoffe zur Beschichtungsoberfläche und anschließend in die Umgebung ab, sodass die Beschichtung versprödet. PVC-basierende Bindemittel müssen daher UV-Stabilisatoren enthalten, um die Alterungsbeständigkeit zu verbessern. ◆ Infolge der vorgenannten Veränderungen nimmt die Durchlässigkeit für korrosionsfördernde Stimulatoren zu. Kreiden, Glanzverlust, Schichtdickenabnahme Durch vor allem UV-Einstrahlung erfolgt ein Abbau des Bindemittels an der bewitterten Oberfläche des Beschichtungsaufbaus, sodass dort Pigmente und Füllstoffe ungebunden vorliegen. Dieser Effekt wird als Kreiden bezeichnet (vgl. Abb. 19.22). Der Kreidungsgrad kann nach ISO 4628-6 bestimmt werden. Durch Kreiden erfolgt eine Abnahme der Schichtdicke. Die jährlichen Abtragungsraten betragen je nach eingesetzten Bindemittel zwischen ca. 1 µm (AY, PUR) und 3 µm bis 6 µm (EP, AK) [NÜRNBERGER]. Durch die mit dem Zersetzen des Bindemittels einhergehende Zunahme der Rauheit der Oberfläche nimmt
19.3 Korrosionschutzbeschichtungen
427
Abb. 19.21: Abplatzen der Korrosionsschutzbeschichtung infolge Versprödung
Abb. 19.22: Kreiden von Korrosionsschutzbeschichtungen infolge Witterungseinfluss
der ursprüngliche Glanz der Beschichtung ab. Bei kreidungsanfälligen Beschichtungen erfolgt der Glanzverlust rascher als bei weniger stark kreidenden. Quellen Durch Aufnahme von Wasser oder anderen Stoffen nimmt das Volumen einer Beschichtung zu. Diesen Vorgang bezeichnet man als Quellen. Wasser kann im Bindemittel oder an den Grenzflächen der Pigmente und Füllstoffe adsorbiert werden. Quellen kann zum Enthaften und zu Blasenbildung der Beschichtung führen, wodurch die Korrosionsgefahr erhöht wird. Zudem wird die Anfälligkeit gegenüber mechanischer Beschädigung erhöht. Leinöl und ölhaltige Alkydharze, weichmacherhaltige PVC-Bindemittel neigen zum Quellen, weniger Polyester und Polyurethane. Epoxidharze, Chlorkautschuk und bituminöse Werkstoffe besitzen nahezu keine Quellbarkeit. Chemische Zersetzung Organische Polymere können durch chemische Einflüsse zersetzt werden. Eine Art der chemischen Zersetzung ist das Verseifen des Bindemittels. Aus
428
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Alkohol und einer Säure gebildete Ester werden durch alkalische Stoffe in die Ausgangsstoffe zerlegt. Dadurch erweicht die Beschichtung und Farbänderungen können auftreten. Das Erweichen kann zum Enthaften vom Untergrund und zum Abblättern der Beschichtung führen. Verseifen kann vorliegen, wenn der Untergrund der Beschichtung eine hohe Alkalität besitzt, wie z.B. zementgebundene Untergründe (Beton, Mörtel, Estrich) oder verzinkte Stahloberflächen bei sogenannten Duplex-Systemen. Auch im kathodischen Bereich der Korrosionselemente, die infolge der Anreicherung mit OH-Ionen an Alkalität zunehmen, sind Verseifungseffekte denkbar. Korrosion an beschichteten Stählen können infolge der zuvor beschriebenen Beschichtungsschäden auftreten. Jedoch können auch unter scheinbar intakten Beschichtungen Korrosionsvorgänge erfolgen. Dazu zählen [NÜRNBERGER]: ◆ Senkrechte Unterwanderung durch permeierende Stoffe, ◆ seitliche korrosive Unterwanderung (z.B. vom Rand der Beschichtung oder von einer Fehlstelle ausgehend), ◆ osmotische Blasenbildung sowie Blasenbildung infolge Alkalisierung (Verseifung), ◆ alkalische Unterwanderung (Verseifung), ◆ Elementbildung mit beschichteter Kathodenfläche. Die typischen Erscheinungsformen der Vorgänge sind auf Abb. 19.23 schematisch dargestellt. b) Korrosionsschäden Senkrechte Unterrostung Wenn gleichzeitig besonders ungünstige Bedingungen vorliegen, wie ◆ zu geringe Barrierewirkung der Beschichtung als Folge geringer Schichtdicke bzw. für korrosive Stoffe durchlässige Beschichtung, ◆ keine oder nicht ausreichend wirksame aktive Pigmentierung der Grundbeschichtung, ◆ mangelndes Haften der Beschichtung am Untergrund infolge nicht ausreichender Untergrundvorbereitung, quellbarer Beschichtung, Versprödung oder Verseifung der Beschichtung können korrosive Stimulatoren durch die augenscheinlich intakte Beschichtung hindurch an die Stahloberfläche gelangen und dort Korrosion auslösen. Die Gefahr der Korrosion steigt mit der Zunahme der korrosionsfördernden Stoffe in der Umgebung. An Stellen, an denen die Beschichtung aufgeplatzt oder abgeblättert ist, nehmen die Korrosionsraten bei ungünstigen Randbedingungen gegenüber den übrigen Stellen deutlich zu. Schäden lassen sich bei im Freien herrschenden Umgebungsbedingungen (Korrosivitätskategorien C2 bis C4) vermeiden durch ◆ ausreichendes Vorbereiten des Untergrundes bis zum Oberflächenvorbereitungsgrad Sa 21/2 nach DIN 12944-4,
19.3 Korrosionschutzbeschichtungen
429
a
b
Abb. 19.23: Korrosionschemische Wechselwirkung an Beschichtungen auf Stahl in einem korrosiven Medium (schematisch nach Schwenk): a) unzureichend vorbereiteter Untergrund mit unbeschichtetem Rand, b) ausreichend vorbereiteter Untergrund mit lokaler Fehlstelle, z.B. infolge mechanischer Beschädigung, und unbeschichtetem Rand
◆ Wahl geeigneter Beschichtungssysteme, ◆ Einhalten von Schichtdicken entsprechend den Angaben der Hersteller der Werkstoffe, jedoch mindestens 150 µm an jeder Stelle sowie ◆ Einhalten der geforderten Applikationsbedingungen. Seitliche korrosive Unterwanderung An bis zum Stahluntergrund durchgehenden Fehlstellen im Beschichtungsaufbau, an Kanten oder am Rand der Beschichtung können Korrosion fördernde Medien leicht zwischen Beschichtung und Untergrund eindringen und beschleunigt Korrosion auslösen. Dabei wird die Beschichtung mit fortschreitender Korrosion infolge der Volumenzunahme immer weiter vom Untergrund abgehoben. Korrosive Unterwanderung kann durch begünstigend wirkende Randbedingungen (unzureichende Untergrundvorbereitung, geringe Haftung, korrosive Medien, hohe Umgebungsfeuchte) zusätzlich beschleunigt werden. Um die Gefahr des beschriebenen Phänomens zu vermeiden, sind die gleichen Maßnahmen wie bei der senkrechten Unterrostung wirksam. An Kanten sollte zusätzlich eine Kantenschutzbeschichtung für ausreichende Schichtdicke des Gesamtaufbaus sorgen.
430
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Abb. 19.24: Korrosive Unterwanderung entlang einer lokalen Fehlstelle (Einritzen der Beschichtung) nach Salzsprühnebelbelastung. Die Beschichtung im Bereich der Fehlstelle wurde durch Abbeizen entfernt
Osmotische Blasenbildung Wenn wasserlösliche Bestandteile im Beschichtungsaufbau vorliegen, können infolge osmotischer Vorgänge (vgl. Abschnitt 6.5) Blasen entstehen. (Dies gilt auch für andere Korrosionsschutzmaßnahmen, wie z.B. Auskleidungen aus Kautschuk-Werkstoffen [MÖLLMANN, WILLMES].) Osmose steht immer im Zusammenhang mit der Einwirkung von Wasser in Verbindung mit hydrophilen Stoffen (z.B. Chloride, Sulfate). Auch nicht ausreichend hydrolysebeständige Füllstoffe, z.B. Glasflakes [EFFERTZ, WEBER], können ursächlich für Osmose sein. Die Blasenbildung kann an Stellen, die häufig Kondensat auf der beschichteten Oberfläche aufweisen, gegenüber sonst gleich belasteten Bereichen verstärkt auftreten. Bei nicht ausreichender Vorbereitung können Reste von mit korrosionsstimulierenden und wasserlöslichen Substanzen versehenem Rost auf der Oberfläche verbleiben, die zu osmotischen Blasen führen können. Direkt nach dem gründlichen Vorbereiten durch Feuchtstrahlen entstandener neuer Rost führt nicht zu Schäden [GIELER]. Alkalische Unterwanderung Wie im Abschnitt 19.2.1 gezeigt, bilden sich im kathodischen Bereich eines Korrosionselementes infolge der dort vorliegenden Hydroxid-Ionen (OH–) Alkali-Ionen und alkalische Bereiche aus: 4e– + 4Na+ + 2H2O + O2 Æ 4OH– + 4Na+ . Die erforderlichen Alkali-Ionen sind bei üblichen Stahlbauten fast immer ausreichend vorhanden, sodass grundsätzlich bei allen Beschichtungen alkalische Unterwanderung ausgehend von Beschichtungsrändern oder mechanischen Verletzungen entstehen können. Als Folge der Alkalität in der Grenzfläche zwischen Untergrund und Beschichtung können nicht ausreichend alkalibeständige Grundbeschichtungen verseifen.
19.4 Kombinations-/(Duplex)-Systeme
431
Wenn Wasserdampf, Sauerstoff und Alkali-Ionen durch die Beschichtung hindurch an den Untergrund gelangen, können bei dünnschichtigen und nicht alkalibeständigen Beschichtungen Blasen auftreten. Elementbildung An bis zum Untergrund durchgehenden Fehlstellen der Korrosionsschutzbeschichtung, die z.B. infolge mechanischer Beschädigung entstanden sind, können sich Korrosionselemente nach den bereits beschriebenen Mechanismen der atmosphärischen Korrosion bilden. Um verletzungsgefährdete Bereiche vor Elementbildung und nachfolgender anodischer Korrosion zu schützen, besteht die Möglichkeit des (zusätzlichen) kathodischen Korrosionsschutzes durch Opferanoden oder durch Einsatz verzinkter Stahlbauteile (Duplex-System). Außerdem sind mechanisch belastbare und ausreichend dicke Beschichtungen hilfreich. Filiformkorrosion Bei dünnschichtigen Beschichtungen kann ausgehend von Fehlstellen (mechanische Beschädigung, Pore) oder von Kanten fadenförmige Unterwanderung der Beschichtung erfolgen. Diese Erscheinung wird Filiformkorrosion (lat. filum = Faden) genannt und bedarf einer hohen Umgebungsfeuchte sowie hygroskopischer Salze in den Fehlstellen. Filiformkorrosion tritt vorzugsweise auch an beschichteten Aluminiumbauteilen auf. Die von einem Ritz ausgehende Filiformkorrosion kann nach ISO 4628-10 (DIN EN 13961) quantitativ bewertet werden.
19.4 Kombinations-/(Duplex-)Systeme Die Kombination aus Zinküberzug plus Polymerbeschichtung (Duplex-System) bildet eine optimale Schutzwirkung. Zum Schutz von Stahlteilen während des Transports und der Montage werden diese häufig verzinkt und anschließend mit polymeren Werkstoffen beschichtet. Vorteile von Duplex-Beschichtungen sind: ◆ Schutz der Zinkschicht vor Abbau durch atmosphärische bzw. chemische Einflüsse durch die Beschichtung, ◆ Schutz des Stahles durch die kathodische Wirkung der Zinkschicht bei mechanischer Beschädigung der Beschichtung oder an Fehlstellen in der Beschichtung, ◆ Schutz des Stahles auch an beim Beschichten schwer zugänglichen Stellen, da der Überzug vollflächig ist, ◆ durch Synergie-Effekt erheblich längere Schutzwirkung als mit der theoretischen Summe der jeweils einzelnen Maßnahmen.
432
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Entscheidend für die Funktionsfähigkeit eines Duplex-Systems ist die Haftung der Beschichtung auf dem Untergrund. Daher dürfen nur spezielle, geprüfte Systeme eingesetzt werden. Die Konstruktion muss verzinkungsgerecht (ISO 1461, ISO 14713) hergestellt werden. DIN EN ISO 12944-4 (Arten von Oberflächen und Oberflächenvorbereitung) und DIN EN ISO 12944-5 (Schutzsysteme) gehen auf Duplex-Systeme ein. Verzinkte Stahlteile sind – außer bei thermisch gespritzten, nach dem Abkühlen mit der ersten Grundbeschichtung versehenen Überzügen – mit einer ammoniakalischen Netzmittelwäsche unter Verwendung von Korund- und Kunststoffvlies vorzubehandeln, um Reste von aus dem Verzinkungsprozess und nicht erkennbare Zink-Korrosionsprodukte von der Oberfläche zu entfernen. Anschließend ist mit klarem Wasser intensiv nachzuwaschen. Rezepte für ein ammoniakalisches Netzmittel: a) 10 l Wasser und ca. 1 l einer 25%-igen Ammoniaklösung (Salmiakgeist) b) 10 l Wasser und ca. 1,25 l einer 10%-igen Ammoniaklösung Auf a) und b) je ca. 2 Kronkorken Netzmittel (Spülmittel) geben. Für Duplex-Systeme stehen spezielle Beschichtungsstoffe zur Verfügung, die sich z.T. wesentlich von den üblichen Stahlbeschichtungen unterscheiden. Geeignete Bindemitteltypen sind: ◆ PVC, PVC/AY, AY (Thermoplaste), physikalisch erhärtend, Beschichtungsstoffe gelöst ◆ EP, PUR (Duromere), chemisch erhärtend.
Abb. 19.25: Auftragen einer Spritzverzinkung auf den Längsträger einer instandzusetzenden Eisenbahnbrücke
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung
433
Abb. 19.26: Auftragen einer dickschichtigen, mechanisch belastbaren EP-Beschichtung auf spritzverzinkte Oberfläche
Neben den genannten Eigenschaften für Korrosionsschutzbeschichtungen auf unverzinktem Stahl sind bei Beschichtungen auf verzinktem Stahl weitere Eigenschaften erforderlich: ◆ Verseifungsbeständigkeit (siehe Korrosionsprodukte von Zink – basisch) ◆ Säurebeständigkeit.
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung Bei der Planung von Korrosionsschutzarbeiten ist grundsätzlich zwischen ◆ Erstschutz und ◆ Instandsetzung zu unterscheiden. Erstschutz Bei der Planung der Maßnahmen zum erstmaligen Schutz sind die korrosiven Belastungen der Bauteile zu ermitteln und in Verbindung mit der vorgesehenen Nutzungsdauer die Beschichtungssysteme einschließlich der erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen auszuwählen. Bei der Planung der Konstruktion sollten die Grundsätze der korrosionsschutzgerechten Gestaltung sowie die Möglichkeiten zum Einrüsten und Befahren im Sinne der Zugänglichkeit
434
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Tab. 19.8: Varianten zum Ablauf der Korrosionsschutzarbeiten [KLOPFER] Variante
Stahlbauwerkstatt
1
2
Baustelle
Montage
Vorfertigen
Montage
3
FB Vorfertigen
Montage
4
FB Vorfertigen
Montage
5
FB Vorfertigen
Montage
FB Fertigungsbeschichtung;
Vorbereiten (Druckluftstrahlen, Schleuderrad);
Beschichten.
und Erreichbarkeit Berücksichtigung finden. Falls durchführbar, sollten alle Beschichtungsarbeiten vor dem Montieren der Bauteile in der Stahlbauwerkstatt unter definierten Bedingungen (Tab. 19.8, Fall 5) erfolgen. Meist ist zumindest möglich, ausschließlich die letzte Schicht des Gesamtaufbaus auf der Baustelle aufzubringen. Dabei werden Beschädigungen aus Transport und Montage beseitigt. Zum Transport, für die Lagerung, für die Fertigung wird im Neubau oft ein vorübergehender Korrosionsschutz (Fertigungsbeschichtung oder Shop-Primer) aufgebracht. Die Schichtdicke beträgt zwischen 15 µm und 20 µm, da diese Beschichtung schweißfähig sein muss. Instandsetzung Im Rahmen der Planung von instandsetzenden Arbeiten sind ebenfalls die korrosiven Belastungen der Bauteile zu ermitteln. Um jedoch unter Berücksichtigung der vorgesehenen Nutzungsdauer die Beschichtungssysteme einschließlich der erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen auszuwählen, ist zuvor die Art und der Zustand der vorhandenen Beschichtungen festzustellen sowie die visuellen und technologischen Merkmale einer Konstruktion durch entsprechende Untersuchungen am Objekt zu erfassen. Dabei sind u.a. folgende Merkmale (Regelwerke) zu beachten: ◆ Korrosionsschutzgerechte Gestaltung ◆ Beanspruchung ◆ Blasengrad ◆ Rostgrad ◆ Rissgrad
ISO 12944-3 ISO 12944-2 ISO 4628-2 ISO 4628-3 ISO 4628-4
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung
◆ Abblätterungsgrad ◆ Kreidung (Klebebandverfahren) ◆ Kreidung (Samtverfahren) ◆ Korrosion an einem Ritz ◆ Bewertung durch Bildanalyse ◆ Bewertung der Filiformkorrosion ◆ Haftung (Gitterschnitt) – der Beschichtung auf dem Untergrund – der Schichten untereinander ◆ Schichtdicke (PIG (Paint Inspection Gauge), elektronische Schichtdickenmessgeräte)
435
ISO 4628-5 ISO 4628-6 ISO 4628-7 ISO 4628-8 ISO 4628-9 ISO 4628-10
ISO 2409 ISO 2808
Zahlreiche der aufgeführten Normen befinden sich derzeit in der Überarbeitung. Vereinfachend wurde nur die internationale Bezeichnung notiert. Viele Normen sind jedoch als Europäische (EN) oder/und Deutsche (DIN) Norm erschienen. Der Befund stellt die Basis für die Bewertung des vorhandenen Korrosionsschutzes dar. Aus der Bewertung werden Folgerungen für die Notwendigkeit zukünftiger Maßnahmen gezogen. Vor Beginn einer Korrosionsschutzmaßnahme sollte wie beim Neubauten auch bei Instandsetzungsmaßnahmen der Aspekt des korrosionsschutzgerechten Gestaltens beachtet werden (vgl. DIN EN ISO 12944-3): ◆ Geeignete, d.h. der Beanspruchung entsprechende Werkstoffe sollten gewählt, ◆ Bauteile kompakt und mit ebenen Oberflächen konstruiert werden. ◆ Schweißverbindungen sind geschraubten Verbindungen vorzuziehen, ◆ Nietverbindungen grundsätzlich zu vermeiden. ◆ Die Konstruktion sollte beschichtungsgerecht hergestellt, ◆ verzinkte Konstruktionen sollten zusätzlich verzinkungsgerecht geplant sein. Für den Bereich des Chemischen Apparatebaus gelten die Anforderungen an die Konstruktion nach DIN 28 051 und an die zu beschichtende Oberfläche nach DIN 28 053. Für später erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen sollten Instandhaltungseinrichtungen am Bauwerk (Steigeisen-, Steigleitern-, Gerüsthaken, -ösen aus nichtrostendem Stahl-, Befahranlagen) vorgesehen werden. Eventuell sind weitere flankierende Maßnahmen zu planen. Bei der Planung der Korrosionsschutzarbeiten sind insbesondere zu beachten: ◆ die Jahreszeit der Durchführung (Trocken- bzw. Erhärtungszeiten, Heizung, Einhausung), ◆ die Art der Beanspruchung des Objektes, ◆ die Art des aufzubringenden Beschichtungssystems,
436
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
◆ die Art des Untergrundes (Altbeschichtung, Korrosionsgrad, Verschmutzung, ◆ bei Altbeschichtungen: Überstreichbarkeit, Blasengrad, Rissgrad, Abplatzungsgrad), ◆ die Art des Vorbereitungsverfahrens, ◆ die Art des Applikationsverfahrens, ◆ der Kantenschutz, ◆ Qualitätssicherungsmaßnahmen während der Ausführung.
19.5.1 Verfahren zum Vorbereiten der Stahloberflächen Vorbereiten der Stahloberflächen ist u.a. erforderlich, ◆ um Walzhaut, Korrosionsprodukte, Schmutz, Fett, Öl etc. zu entfernen und ◆ um die Haftung der Beschichtung durch Aufrauen des Untergrundes zu verbessern. Einen Überblick über die Strahlverfahren gibt Abb. 19.32. Die für den Korrosionsschutz im Stahlbau relevanten Verfahren sowie Anwendungsbereich, Wirksamkeit und Grenzen werden in den Teilen der ISO 8504 beschrieben. Der Einsatz der Verfahren zum Entfernen von artfremden Schichten und Verunreinigungen geht aus Tabelle 19.9 hervor. Die wesentlichen Merkmale der wichtigsten Verfahren lauten: a) Reinigen mit Wasser, Lösemitteln und Chemikalien Reinigen mit Wasser Beim Reinigen mit sauberen Wasser wird die vorzubereitende Oberfläche mit vergleichsweise geringem Druck abgespritzt, um wasserlösliche Stoffe, losen Rost und nicht fest haftende Beschichtungen zu entfernen. Dem Wasser zugegebene Reinigungsmittel können das Beseitigen von Öl, Fett usw. erleichtern, jedoch muss die zu reinigende Fläche anschließend mit zusatzfreiem Wasser gespült werden. Dampfstrahlen Der Anwendungsbereich dieses Verfahrens gleicht dem zuvor beschriebenen, jedoch kann durch die eventuell hohe Temperatur des Wasserdampfs die Reinigungswirkung etwas erhöht werden. In Bezug auf Reinigungsmittel gilt das zuvor beim Reinigen mit Wasser Gesagte. Reinigen mit Emulsionen, Alkalien und organischen Lösemitteln Mit Emulsionen und Alkalien lassen sich Öle und Fette entfernen. Bei Einsatz beider Mittel muss anschließend mit heißem oder kaltem Wasser nachgespült werden. Meist werden nur vergleichsweise kleine Flächen mit in organischem Lösemittel getränkten Lappen gereinigt. Reinigen (Behandeln) durch chemische Umwandlung Bei verzinkten (feuer-, galvanisch verzinkt oder sherardisierten) Bauteilen wird durch Phosphatieren oder Chromatieren die Oberfläche zum Be-
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung
437
schichten vorbereitet. Alternativ sind auch alkalische Lösungen und Säuren mit Inhibitoren (Stoffe, die die anodische oder kathodische Teilreaktion verhindern sollen) im Einsatz. Die Fläche muss anschließend mit zusatzfreiem Wasser gespült werden. Der Hersteller des aufzutragenden Beschichtungssystems muss dieser Art der Behandlung zustimmen. Bei sogenannten Rostumwandlern (phosphorhaltige Lösung mit unterstützenden Zusätzen) konnte in der Praxis vor allem bei großen Flächen nicht die gewünschte Wirkung erzielt werden. Abbeizen Auf kleinen Flächen können Beschichtungen durch Abbeizen entfernt werden: ◆ lösemittelhaltige Pasten bei Beschichtungen, die durch Lösemittel löslich sind, ◆ alkalische Pasten bei verseifbaren Beschichtungen. Die Fläche muss anschließend mit zusatzfreiem Wasser gespült werden. Beizen mit Säure Um Walzhaut/Zunder zu entfernen, wird das Stahlbauteil in ein Bad mit einer geeigneten Säure, die Inhibitoren enthält, getaucht. Das Verfahren, das erhebliche Sorgfalt erfordert, kann üblicherweise nicht auf Baustellen eingesetzt werden. b) Mechanische Oberflächenvorbereitung Oberflächenvorbereitung mit Handwerkzeugen (Handentrostung) Vor allem die nachfolgend genannten Geräte sind im Einsatz: Drahtbürste (vgl. Abb. 19.2 a), Schwedenschaber (vgl. Abb. 19.27b). Die Verfahren sind nur bei geringer korrosiver Belastung und langsam trocknenden Beschichtungsstoffen (z.B. Leinölbleimennige) auf kleinen Flächen, wenn wirksamere Verfahren nicht angewendet werden können, einzusetzen.
a
b
Abb. 19.27: Händisches Vorbereiten der Oberfläche mit a) der Drahtbürste und b) dem Schwedenschaber
438
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Oberflächenvorbereitung mit maschinell angetriebenen Werkzeugen (Handmaschinelles Entrosten) Typische Geräte für handmaschinelles Entrosten sind: Rotierende Topfdrahtbürste (vgl. Abb. 19.28a), Nadelpistole (vgl. Abb. 19.28b), unterschiedliche Schleifgeräte, Rostklopfhammer. Die Flächenleistung dieser Verfahren ist höher als die bei Handentrostung, jedoch verglichen mit Strahlverfahren gering. Die Vorbereitungsarbeiten sind intensiv zu überwachen: Nicht mit den Werkzeugen erreichbare Flächen müssen von Hand vorbereitet werden, die Oberflächen dürfen nicht beschädigt werden, bei Einsatz von Topfdrahtbürste darf die korrodierte und verschmutzte Oberfläche nicht ausschließlich poliert werden. Auf den metallisch glänzenden Flächen haften Beschichtungen nicht ausreichend. Die Wirkung bezüglich des Oberflächenvorbereitungsgrad bei Einsatz dieser Methoden ist deutlich geringer als bei Strahlverfahren. Strahlverfahren Das Strahlen wird als Fertigungsverfahren definiert, bei dem Strahlmittel (als Werkzeug) in Strahlgeräten unterschiedlicher Strahlsysteme beschleunigt und zum Aufprall auf die zu bearbeitende Oberfläche eines Werkstückes (Strahlgut) gebracht werden [Merkblatt 212]. Durch die hohe kinetische Energie werden Korrosionsprodukte und Verunreinigungen entfernt sowie gegebenenfalls die Oberfläche des Strahlguts angeraut. Als Strahl-
a
Abb. 19.28: Handmaschinelles Vorbereiten der Oberfläche mit a) der rotierenden Topfdrahtbürste und b) der Nadelpistole
b
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung
a
439
b
Abb. 19.29: Vorbereiten der Oberfläche durch Druckluftstrahlen: a) Freistrahlen im Freien und b) bis zum Oberflächenvorbereitungsgrad Sa 21/2 gestrahlte Oberfläche
mittel werden auf den Anwendungsfall abgestimmte feste, körnige, durch Sieben klassifizierte metallische [DIN EN ISO 11124] und nichtmetallische [DIN EN ISO 11126] Stoffe, z.B. Korund, Hüttenschlacke, Stahlguss, oder aber Wasser, Wasserdampf, Schlämme eingesetzt. Das Gemisch aus nicht mehr verwendungsfähigem Strahlmittel und abgestrahlten Verunreinigungen und Beschichtungsresten wird als Strahlschutt bezeichnet, der nach Analyse der Bestandteile entsprechend den geltenden Gesetzen zu entsorgen ist. Unterschiedliche Systeme werden nachfolgend kurz beschrieben. ◆ Strahlen mit trockenem Strahlmittel Schleuderstrahlen: In stationären, geschlossenen oder mit mobilen Anlagen wird das Strahlmittel durch rotierende Wurfschaufelräder gleichmäßig und mit hoher Geschwindigkeit auf die vorzubereitende Oberfläche geschleudert. Druckluftstrahlen: Bei diesem Verfahren wird das Strahlmittel dosiert einem Druckluftstrom zugeführt. Das beschleunigte Strahlmittel wird mittels einer Düse auf das Strahlgut gelenkt. Das Druckluftstrahlen mit trockenem Strahlmittel stellt ein im Bauwesen häufig angewendetes Verfahren dar, mit dem eine optimale Vorbereitung der Oberflächen möglich ist. Je nach Umgebungsbedingungen ist das Einhausen der zu strahlenden Bereiche erforderlich, um die Umgebung vor dem entstehenden Staub zu schützen.
440
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Vakuumstrahlen (Saugkopfstrahlen): Das dem Druckluftstrahlen ähnliche Verfahren unterscheidet sich von diesem durch einen Saugkopf, in dem sich die Strahldüse befindet. Das verwendete Strahlmittel und Strahlschutt werden durch ein im Saugkopf entstehendes Vakuum aufgesaugt. Durch diese Technik wird das Freisetzen von Staub in der Umgebung weitgehend vermieden. Das Verfahren lässt sich an horizontalen und an vertikalen Flächen einsetzen, jedoch ist vor allem an Vertikalen die Flächenleistung aufgrund des vergleichsweise unhandlichen Saugkopfes deutlich geringer als beim Druckluftstrahlen. ◆ Strahlen mit feuchtem Strahlmittel Grundsätzlich entspricht dieses Verfahren weitgehend dem Druckluftstrahlen, jedoch durch dem Druckluft-/Strahlmittelgemisch kurz vor Eintritt in die Düse eine geringe Menge an Wasser (ca. 15 l/h bis 25 l/h) zugeführt. Dadurch wird die Staubentwicklung deutlich gegenüber dem trockenen Strahlen verringert. Vor allem Feinstaubanteile unter 50 µm werden gebunden. Nach dem Strahlen entsteht auf der vorzubereitenden Oberfläche sogenannter Flugrost infolge der Feuchte. Dieser enthält, wenn der ursprüngliche Rost dem Druckluftstrahlen entsprechend entfernt wurde, keine stimulierenden Substanzen und ist trocken gestrahlten Oberflächen gleichwertig [GIELER]. Jedoch schränkt dieser Umstand die Möglichkeit ein, den Oberflächenvorbereitungsgrad zu bewerten. Dadurch ist anschließendes Nachreinigen durch Druckluftstrahlen erforderlich. Auf horizontalen Flächen bilden sich Ablagerungen aus feuchtem Strahlschutt, die aufwändiger zu entfernen sind als beim Druckluftstrahlen. ◆ Nassstrahlen Nass-Druckluftstrahlen: Bei diesem dem Druckluftstrahlen ähnlichen Strahlverfahren wird vor oder hinter der Strahldüse Wasser zugeführt. Dadurch entsteht ein Stoffgemisch aus Luft, Wasser und Strahlmittel. Die zugeführte Wassermenge ist üblicherweise wesentlich größerer als beim Feuchtstrahlen. Ein Vorteil des Verfahrens ist die Staubbindung, jedoch ist das Auffangen des nassen Strahlschutts vergleichsweise aufwändig. Schlämmstrahlen: Mit einer Pumpe wird ein in Wasser dispergiertes feinkörniges Strahlmittel einem Druckluftstrom ähnlich dem Nassstrahlen zugeführt und auf die vorzubereitende Oberfläche gespritzt. Das die Strahlmittel umhüllende Wasser wirkt beim Aufprall bremsend, so dass eine Schleifwirkung entsteht. Dadurch entstehen besonders gleichmäßige und fein strukturierte Oberflächen. Mit Hochleistungspumpen kann die Strahlmittelschlämme direkt ohne Druckluft als Fördermedium auf die Oberfläche gelenkt werden. Druckflüssigkeitsstrahlen: Ein Strahlmittel(-gemisch) wird nicht durch Druckluft gefördert, sondern durch einen unter Druck stehenden Flüssigkeitsstrom. Meist wird als Fördermedium sauberes Wasser eingesetzt. Dem Flüssigkeitsstrom wird festes Strahlmittel zum Erhöhen der abrasiven Wirkung meist in geringerer Menge zugesetzt als beim Nass-Druckluftstrahlen.
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung a
441
Großer Strahlauftreffwinkel a1
b Kleiner Strahlauftreffwinkel a1
Abb. 19.30: Strahlen; Einfluss des Strahlauftreffwinkels a) Reinigen durch Losschlagen und Abplatzen, max. Wirkung ~80° bis 85°, b) Reinigen durch Schleifen und Schaben, max. Wirkung ~30° bis 40° (Sweep-Strahlen)
◆ Besondere Anwendungen Sweep-Strahlen (Sweepen) Um Beschichtungen oder Überzüge lediglich zu reinigen und für nachfolgendes Beschichten aufzurauen bzw. um schlecht haftende Beschichtungen zu entfernen, fest haftende Schichten einer vorhandenen Beschichtung jedoch zu belassen, wird das sogenannte Sweep-Strahlen angewandt. Dabei wird die Strahldüse so angeordnet bzw. gehalten, dass das Strahlmittel in einem kleinen Auftreffwinkel auf die Oberfläche gelangt (vgl. Abb. 19.30). Meist werden kantige Strahlmittel (Grit) bei geringem Luftdruck eingesetzt. Da genormte Vorbereitungsgrade nicht existieren, muss zwischen den Vertragspartnern der geforderte Oberflächenzustand vereinbart werden. Dazu können Probeflächen dienen, die bei Variation verschiedener Parameter (Härte, Form, Durchmesser des Strahlmittels, Auftreffwinkel, Abstand der Düse von der zu strahlenden Oberfläche, Luftdruck) angelegt wurden. Spot-Strahlen Um ausschließlich einzelne kleine Flächen (engl. spot = Fleck) in einer ansonsten einwandfreien Beschichtung vorzubereiten, wird mit den oben beschriebenen Druckluft- oder Feuchtstrahlverfahren partiell bis zum geforderten Oberflächenvorbereitungsgrad gestrahlt. Häufig wird das Ver-
442
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
fahren mit dem Sweep-Strahlen in Kombination eingesetzt, wenn die übrigen Flächen für eine vollflächig aufzubringende Beschichtung aufgeraut werden müssen. Druckwasserstrahlen Durch einen Druck zwischen 70 MPa und ca. 200 MPa besitzt der Wasserstrahl eine hohe kinetische Energie, sodass auch Beschichtungen auf Stahl entfernt werden können. Aufgrund des Rückstoßes verlangt dieses Verfahren in der Regel den maschinellen Einsatz. Unterschieden werden folgende Verfahren: ◆ Hochdruck-Wasserstrahlen (70 MPa bis170 MPa), ◆ Ultrahochdruck-Wasserstrahlen (über 170 MPa). Bei geringen Drücken als 70 MPa gilt das Vorbereiten als Reinigen mit Wasser, nicht als Druckwasserstrahlen. Für großflächige Anwendungen auf senkrechten Flächen, z.B. Treibstofftanks oder Chemikalientanks der chemischen und petrochemischen Industrie, kann das Verfahren automatisiert eingesetzt werden. Hierzu wird die Strahleinheit mit Hilfe ferngesteuerter am Untergrund magnetisch haftender und auf Raupen fahrbarer so genannter Crawler versetzt [JOT]. Ein Vorteil dieses neuen Verfahrens sind vergleichbar große Flächenleistungen. Flammstrahlen Das Vorbereiten durch Flammstrahlen erfolgt in zwei Arbeitsgängen. Im 1. Arbeitsgang wird die Stahloberfläche mit einer Flamme, die mit einem Sauerstoff-Acetylen-Brenner erzeugt wird und im Kern eine Temperatur von 3200°C
Abb. 19.31: Vorbereiten der Oberfläche durch Flammstrahlen
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung
443
쎲
Walzhaut/Zunder
쎲
쎲
쎲
쎲
Rost
쎲
쎲
쎲
쎲
Beschichtungen
쎲
Zinkkorrosionsprodukte
Sweepstrahlen
쎲
Spottstrahlen
쎲
Druckwasserstrahlen
쎲
Flammstrahlen
쎲
Nassstrahlen
Reinigen mit organischen
쎲
Trockenstrahlen a
Reinigen mit Alkalien
쎲
Abbeizen
Reinigen mit Emulsionen
쎲
Wasserlösliche Verunreinigungen, z.B. Salze
Beizen mit Säure
Dampfstrahlen
Fett und Öl
Lösemitteln
Reinigen mit Wasser
Zu entfernende Stoffe
Reinigen mit maschinell angetriebenen Werkzeugen
Tab. 19.9: Verfahren zum Entfernen von artfremden Schichten und Verunreinigungen [DIN EN ISO 12944-4].
쎲
쎲
쎲
쎲
쎲
쎲
쎲
쎲
쎲 쎲
aufweist, gestrahlt. Durch die auf der Oberfläche kurzzeitig auftretende Temperatur von ca. 1200°C werden Rost sowie Verunreinigungen abgesprengt bzw. in Staub verwandelt oder verbrannt. Im 2. Arbeitsgang muss die Oberfläche mit rotierenden Topfdrahtbürsten von Staub- und verbrannten Verunreinigungsrückständen gereinigt werden. Die Anwendung erfolgt meist bei ebenen, horizontalen Flächen mit fahrbaren Brennern, jedoch auch auf vertikalen Flächen mit Handbrennern. Strahlen mit Trockeneis Auf die Oberfläche werden CO2-Pellets ähnlich dem Druckluftstrahlen mit hoher Geschwindigkeit geschleudert. Dabei sublimiert das Trockeneis vollständig, übrig bleiben ausschließlich die abgestrahlten Rückstände. Obwohl das Strahlen mit Trockeneis als ausgereiftes Verfahren bezeichnet wird [VISSER, HABERLAND, BUDDE], findet es im Bauwesen selten Anwendung. Vorbereitungsgrade werden nach DIN EN ISO 12944-4, wie in Tabelle 19.10 angegeben, unterschieden. Definiert werden zwei Arten der Oberflächenvorbereitung: ◆ primäre (ganzflächige) Oberflächenvorbereitung, bei der die gesamte Oberfläche bis zum Stahl vorbereitet wird, so dass Walzhaut/Zunder, Rost, vor-
444
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Abb. 19.32: Verfahren für das Vorbereiten von Oberflächen [DIN EN ISO 12944-4]
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung a
445
b
Abb. 19.33: Ermitteln der Oberflächenrauheit: a) Vergleichsmuster, b) Tastschnittverfahren
a
b
c
d
Abb. 19.34: Vergleich verschiedener Strahlverfahren: a) Rostgrad C (Ausgangszustand) und Zustand der vorbereiteten Oberfläche 1 Stunde nach dem Strahlen durch: b) Druckluftstrahlen, c) Feuchtstrahlen (Flugrostbildung), d) Flammstrahlen und Abbürsten
446
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Tab. 19.10: Vorbereitungsmethoden, Kurzzeichen und Vorbereitungsgrad [DIN EN ISO 12944-4] Methode
Strahlen Handmaschinelles Vorbereiten Flammstrahlen Beizen Partielles Strahlen Partielles handmaschinelles Vorbereiten Partielles, maschinelles Schleifen
Vorbereitungsgrad Kennzeichen
Intensität
Sa St Fl Be PSa PSt PMa
1 – – – – – –
2 2 – – 2 2 –
21/2 – – – 21/2 – –
3 3 – – – 3 –
handene Beschichtungen und Überzüge beseitigt sind. Die entsprechenden Vorbereitungsgrade lauten: Sa, St, Fl und Be. ◆ sekundäre (partielle) Oberflächenvorbereitung, bei der intakte Beschichtungen und Überzüge verbleiben. Die zu erzielenden Vorbereitungsgrade sind: P Sa, P St und P Ma. Vorbereitungsgrade sind in [ISO 8501-1 Supplement] abgebildet. Einen Vergleich unterschiedlich vorbereiteter Oberflächen zeigt Abb. 19.34. Die Rauheit der Stahloberfläche ist für die Benetzung des Untergrundes durch den Beschichtungswerkstoff und die Haftung der Beschichtung bedeutsam. Daher schreiben die Hersteller der Werkstoffe oft die erforderliche Rauheit vor. Die Rauheit kann mit Vergleichsmustern [DIN EN ISO 8503-2], durch Abtasten der Oberfläche mit einer Nadel (Tastschnittverfahren [DIN EN ISO 8503-4]) oder durch weitere Verfahren ermittelt werden.
19.5.2 Applikationsverfahren Eine Übersicht über übliche Verfahren zum Auftragen der Beschichtung zeigt Abb. 19.35. Die am häufigsten angewendeten Applikationsverfahren werden
Abb. 19.35: Übersicht über die Applikationsverfahren im baulichen Korrosionsschutz
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung a
447
b
Abb. 19.36: Beschichten in der Praxis mit dem Pinsel a) sogenannte Knolle, b) Flächenstreicher
im folgenden charakterisiert und bewertet (vgl. auch Tab. 19.11 und Abschnitt 14.3). a) Streichen mit dem Pinsel ergibt bei handwerklich richtigem Anwenden und unter Verwendung eines geeigneten Pinsels eine optimale Benetzung auch bei rauen Oberflächen. Luft, Feuchtigkeitsreste, Staub und andere Verunreinigungen werden z.T. aus Vertiefungen entfernt und durch den Beschichtungsstoff gebunden. Aus diesem Grunde bietet sich dieses Applikationsverfahren für Grundbeschichtungen an. Die Flächenleistung ist relativ gering, jedoch ist das Verfahren bei komplizierter Geometrie der Bauteile vorteilhaft. Mit einem Rundpinsel (Knolle) lassen sich unter Verwendung normaler (nicht festkörperreicher) Beschichtungsstoffe in einem Arbeitsgang vergleichsweise gleichmäßig dicke Schichten von 30 µm bis 40 µm auftragen. Die Belastung der Umwelt ist gegenüber anderen Verfahren niedrig. b) Durch Rollen mit (Lamm-)Fellwalzen oder faserbelegten Walzen kann die Flächenleistung gegenüber dem Streichen erhöht werden. Die Benetzung der Oberfläche (Vertiefungen, Mulden) ist jedoch deutlich geringer als bei Einsatz eines Pinsels. Lose Fremdstoffe werden in geringerem Umfang in den Beschichtungsstoff eingearbeitet, so dass diese als trennende Schicht zwischen dem Untergrund und der applizierten Schicht zu verminderter Haftung, Osmose u.a. Folgeerscheinungen führen können. Rollapplikation sollte daher nicht für Grundschichten angewendet werden. Durch Rollen lassen sich we-
448
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Tab. 19.11: Bewertung unterschiedlicher Applikationsverfahren für Stahlflächen Bewertungskriterium
Untergrundbenetzung Filmdichte Filmdicke Korrosionsschutzwert Flächenleistung Technischer Aufwand Materialverlust Umweltverträglichkeit sehr günstig,
günstig,
manuell
Applikationsverfahren mechanisch
Streichen
Rollen
Druckluftspritzen
HöchstdruckHöchstspritzen druck-Heiß(Airless-Spritzen) spritzen
mäßig, ungünstig,
sehr ungünstig.
niger gleichmäßig dicke Schichten als mit dem Pinsel erzielen. Streuungen der Schichtdicke sind hoch. Die Umweltbelastung ist gering. c) Druckluftspritzen mit einem Druck von ca. 0,2 MPa bis 0,5 MPa wird der Beschichtungsstoff pneumatisch zur Spritzpistole gefördert. Meist ist ein Verdünnen der Beschichtungsstoffe mit Lösemittel erforderlich, um die Viskosität zu verringern. Dadurch sind pro Arbeitsgang nur vergleichsweise geringe Schichtdicken zwischen ca. 15 µm und 20 µm zu erzielen, da sonst
Abb. 19.37: Höchstdruckspritzen: Anlage mit Luftmotor zum Einkomponenten-Spritzen
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung
449
Gefahr von sogenannten Läufern entsteht. Bei zuviel Verdünnungszugabe können poröse Filme entstehen. Das Verfahren bietet ähnliche Nachteile wie das Rollen. Vertiefungen werden nicht gefüllt. Bei relativ großer Flächenleistung entstehen durch das feine Vernebeln erhebliche Sprühverluste durch Spritznebel. Dadurch steigen die Materialverluste und die Umweltbeeinträchtigung nimmt zu. Der Einsatz dieses Applikationsverfahren sollte höchstens im Bereich der Deckschicht liegen. d) Höchstdruckspritzen (Airless-Spritzen) ergibt durch den hohen Druck von 10 MPa bis 40 MPa des hydraulisch zur Spritzpistole geförderten Beschichtungsstoffes und die intensive Verwirbelung eine gute Benetzung des Untergrundes. Daher eignet sich diese Applikationsmethode besonders für Fertigungs- und Grundbeschichtungen. Die Sprühnebelbildung ist deutlich geringer als beim Druckluftspritzen, da infolge des hohen Druckes ein Verdünnen zum Verringern der Verarbeitungsviskosität weitgehend entfällt. Mit diesem Verfahren können in einem Arbeitsgang Schichtdicken zwischen 50 µm und 80 µm erreicht werden. e) Heiß-Höchstdruckspritzen erfordert einen erheblichen technischen Aufwand. Der Beschichtungsstoff, der zuvor auf ca. 90°C erhitzt wird, erhärtet kurzzeitig. Pro Arbeitsgang lassen sich dicke Einzelschichten bei kurzer Erhärtungszeit erzielen. Die weiteren Merkmale dieses Verfahrens entsprechen dem Höchstdruckspritzen.
19.5.3 Qualitätssicherung; Ausführung und Überwachung Ausführung und Überwachung von Korrosionsschutzmaßnahmen ist vor allem durch DIN EN ISO 12944-7 geregelt. Vorgesehen sind Prüfungen ◆ der Beschichtungsstoffe ◆ der einzelnen Korrosionsschutzschichten ◆ der Umgebungsbedingungen. Tabelle 19.12 gibt wesentliche Prüfmerkmale und Prüfmittel bei der Überwachung von Korrosionsschutzmaßnahmen wieder. Die Korrosionsschutzmaßnahmen müssen nach sorgfältiger Planung fachgerecht durchgeführt werden. Dazu sind Unternehmen mit qualifiziertem Personal und entsprechender Ausstattung erforderlich. Als Nachweis gilt gemäß ISO 12944-7 das Anwenden eines zertifizierten Qualitätsmanagement-System nach ISO 9001. Die Überwachung der Ausführung umfasst u.a. folgende Merkmale. ◆ Visuelle Prüfungen (Aussehen) Visuell sind die beschichteten Flächen auf Gleichmäßigkeit (Struktur, Farbe, Glanz), Farbe Deckvermögen, eventuelle Mängel, Fehlstellen, wie Runzeln, Läufer, Krater, Luftblasen, Krater, Abblätterungen, Risse zu überprüfen.
450
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
Abb. 19.38: Gitterschnitt an einem beschichteten Stahlblech nach Salzsprühnebel-Beanspruchung
Tab. 19.12: Prüfmerkmale und Prüfmittel bei der Überwachung von Korrosionsschutzmaßnahmen Prüfmerkmal
Prüfmittel
Reinheit des Untergrundes
Vergleichsmuster
Rauhtiefe des Untergrundes
Rauhtiefenmesser
Taupunktabstand
Kontaktthermometer, Hygrometer, Luftthermometer
Nassschichtdicke
Nassschichtdickenmesser
Schichtdicke der trockenen Beschichtung
Verbrauch
Schichtdicke der trockenen Beschichtung (zerstörungsfrei) elektrisches Schichtdickenmessgerät Schichtdicke der trockenen Beschichtung (zerstörend)
Keilschnittgerät (PIG)
Haftung nach Erhärtung
Gitterschnittgerät
Prüfung auf Porenfreiheit (Hochspannungsprüfung)
Porenprüfgerät
◆ Technologische Prüfungen (Messungen mit Geräten) Mit geeigneten und gegebenenfalls zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Prüf- und Messgeräten sind folgende Merkmale, falls gefordert, zu überwachen: Trockenschichtdicke mit zerstörungsfreien Geräten, Haftfestigkeit mit zerstörenden Verfahren (Gitterschnitt nach DIN EN ISO 2409 und/oder Abreißprüfung nach ISO 4624)
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung
451
Da die Schichtdicke eines Korrosionsschutzsystems wesentlich für die Schutzdauer und somit für den Korrosionsschutzwert ist, ist diesem Merkmal besondere Beachtung zu schenken (vgl. auch Abschnitt 14.3). Trockenschichtdicke Die mittlere Trockenschichtdicke lässt sich aus dem flächenbezogenen Verbrauch berechnen (vgl. Abb. 19.39): a) Angabe des Verbrauchs in kg/m2 3 · FV m str = 00 · 1000 rfl · (1 + a)
(19.1)
b) Angabe des Verbrauchs in l/m2 3 · FV V str = 02 · 1000 (1 + a)
(19.2)
In den Gleichungen 19.1 und 19.2 bedeuten: str Trockenschichtdicke in µm 3 Verbrauch in kg/m2 m 3 V Verbrauch in l/m2 rfl Dichte des Beschichtungsstoffes in kg/dm3 oder in g/cm3 oder in kg/l FV Anteil des Festkörpervolumens in der verarbeitungsfertigen Beschichtung in m3/m3 a Verlustzuschlag in kg/kg Sollschichtdicke Die Sollschichtdicke ist diejenige Schichtdicke der jeweiligen Einzelschichten oder des Beschichtungssystem, um bei der zu erwartenden korrosiven Belastung einen technisch ausreichenden und wirtschaftlich günstigen Korrosionsschutz zu erzielen. Die Sollschichtdicke der trockenen Beschichtung wird in DIN EN ISO 12944-5 definiert:
Abb. 19.39: Zusammensetzung einer Korrosionsschutzbeschichtung (vereinfacht): Verbleibendes Festkörpervolumen nach dem Trocknen bzw. Erhärten
452
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
◆ Die Sollschichtdicke (NDFT) gilt als erreicht, wenn kein Einzelwert <0,8 NDFT. ◆ Einzelwerte >80% und <100% NDFT sind zulässig, wenn der Mittelwert aller Werte ≥ NDFT. ◆ Trockenschichtdicke (DFT): Mittelwert aller Werte. ◆ Um negative Folgen durch zu hohe Schichtdicken (Eigenspannungen, zurückgehaltene Lösemittel) auszuschließen ist die Höchstschichtdicke einzuhalten: smax <3 · NDFT. NDFT: nominal dry film thickness. DFT: dry film thickness. Beispiel: ◆ Vereinbarte Sollschichtdicke: ◆ Anzahl Messungen: ◆ Mittelwert der Messwerte: ◆ kleinster zulässiger Einzelwert: ◆ größter zulässiger Einzelwert:
200 µm 100 Stück 230 µm 0,8 · 200 µm = 160 µm 3 · 200 µm = 600 µm
Die Sollschichtdicke wird in der Regel zu jedem kritischen Zustand und am Gesamtsystem gemessen. Gegebenenfalls ist der Anteil der Rauheit des Untergrundes zu berücksichtigen. In Abschnitt 14.3 werden weitere Hinweise zur Betrachtung der Schichtdicken gegeben. Die Anzahl der Messungen wird in DIN EN ISO 12944-7 nicht vorgeschlagen sondern ist zwischen den Vertragspartnern festzulegen.
Abb. 19.40: Vorbereitete Kontrollfläche an einem Brückenbauwerk. Die Kontrollfläche sollte typische Konstruktionsteile umfassen
19.5 Planung und Ausführung, Qualitätssicherung
453
Kontrollflächen Falls vom Auftraggeber verlangt, sind an Bereichen des Bauwerks bzw. Bauteils, an denen die Belastungen typisch sind, in Gegenwart von beauftragten Vertretern aller Vertragspartner (Auftraggeber, Auftragnehmer, Stofflieferant) Kontrollflächen herzustellen. Kontrollflächen dienen dem Zweck, ◆ einen akzeptablen Ausführungsstand der Arbeiten herzustellen, ◆ zu bestätigen, Angaben eines Herstellers oder Auftragnehmers richtig sind ◆ das Verhalten der Beschichtung zu jedem Zeitpunkt nach ihrer Fertigstellung zu beurteilen. Weitere Einzelheiten, auch für bereits beschichtete Oberflächen, regelt DIN EN ISO 12944-7.
19.5.4 Beispiele ausgeführter Objekte a) Stahlbrücke (vgl. Abb. 19.41) Hauptträger: ◆ Grundbeschichtung (GB): – Bindemittel: – Pigment: – Sollschichtdicke: – Anzahl Arbeitsgänge: ◆ Deckbeschichtung (DB): – Bindemittel: – Pigment: – Sollschichtdicke: – Anzahl Arbeitsgänge:
EP-Grundbeschichtung Epoxid Zinkphosphat 2 · 80 µm 2 1. Schicht: EP-Deckbeschichtung 2. Schicht: PUR-Deckbeschichtung 1. Schicht: Epoxid 2. Schicht: PUR Eisenglimmer 2 · 80 µm 2 b
a
Abb. 19.41: Korrosionsschutzarbeiten an einem Brückenbauwerk: Zustand a) nach Applikation der Grundbeschichtungen, b) nach Abschluss der Korrosionsschutzmaßnahmen
454
19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
◆ Ausführung: – Vorbereiten der Oberflächen durch Druckluftstrahlen (Sa 21/2, Rauhtiefe RZ >40 µm) – Grundbeschichtung applizieren durch Airless-Spritzen (2 Arbeitsgänge) – Deckbeschichtung applizieren durch Airless-Spritzen (2 Arbeitsgänge) – Qualitätssicherung: Schichtdickenmessungen b) Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) Schwerer Korrosionsschutz an den Innenseiten der Stahlwände im Reingaskanal. ◆ Grundierung: Vinylester, 50 µm ◆ Deckbeschichtung: Vinylester-Glasflakes-Beschichtung – Bindemittel: Vinylester – Pigment: Glasflakes (spezielle plättchenförmige Glasschuppen) – Sollschichtdicke: 1000 µm – Anzahl Arbeitsgänge: 3 ◆ Ausführung: – Reinigen der Oberflächen durch Druckluftstrahlen (Sa 21/2) – Herstellen einer beschichtungsgerechten Konstruktion (Stahlbau: Schweißnähte schleifen, Kanten und Kehlen runden) – Abwaschen der Oberflächen mit Deionat bis Chlorid- und Sulfatkonzentration unter Grenzwert
Abb. 19.42: Korrosionsschutzarbeiten in einer Rauchgasentschwefelungsanlage: Hochspannungsprüfung an der fertigen Beschichtung
19.6 Literatur
455
– Vorbereiten der Oberflächen durch Druckluftstrahlen (Sa 3, Rauhtiefe RZ >50 µm) – Grundieren, falls erforderlich (d.h., wenn nicht sofort nach dem Vorbereiten ein Beschichten möglich ist) – Deckbeschichtung applizieren durch Airless-Spritzen – Qualitätssicherung: Oberflächenreinheit, Rauhtiefe, Schichtdicke, Porenfreiheit (Hochspannungsprüfung)
19.6 Literatur Bücher, Broschüren, Fachaufsätze EFFERTZ P.-H., WEBER, R. Blasenbildung in Glasflake-Kunstharzbeschichtungen bei Einsatz in Rauchgasentschwefelungsanlagen. VGB Kraftwerkstechnik 70 (1990), H. 12, S. 1045–1049. GIELER, R. P. Das Feuchtstrahlen von Stahlblechen, ein neues Verfahren im Korrosionsschutz. Stahlbau 53 (1984) H. 3, S. 79–82. HAAGEN, H. Prinzipien des Korrosionsschutzes bei Stahl, Aluminium, Zink. Vortrag an der Technischen Akademie Esslingen, 1982. HENNING, O., KNÖFEL, D. Baustoffchemie. Bauverlag Wiesbaden Berlin 1989. KLOPFER, H. Anstrichschäden: Strukturen, Verhaltensweisen und Schadensformen von Anstrichen und Kunststoffbeschichtungen. 1. Aufl., Bauverlag, Wiesbaden Berlin 1976. KLOPFER, H. Korrosionsschutz von Stahlbauten. Stahlbau Handbuch Band 1 Teil B, Stahlbau-Verlags-GmbH, Köln 1996. S. 289–331. KNOBLAUCH, H.; SCHNEIDER, U. Bauchemie. Werner-Verlag GmbH, Düsseldorf 1987. KRENKLER, K. Chemie des Bauwesens, Band 1: Anorganische Chemie. Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1980. MÖLLMANN, A. Betriebserfahrungen mit Innengummierungen und Beschichtungen in Rauchgaswäschern und Reingaskanälen. VGB Kraftwerkstechnik 70 (1990), H. 1, S. 77–87. NÜRNBERGER, U. Korrosion und Korrosionsschutz im Bauwesen. Bauverlag Wiesbaden Band 1 Grundlagen, Betonbau. – 1995. ISBN 3-7625-3199-4 Band 2 Metallbau, Korrosionsprüfung. – 1995. ISBN 3-7625-3199-4. ÖCHSNER, W. PH. Korrosionsschutzsysteme auf High-solid- und wässriger Basis. Bautenschutz + Bausanierung 8 (1985) Heft 4 S. 154–162 PILLING, N.; R. BEDWORTH Inst. Metals 29 (1923) 534.
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19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
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19.6 Literatur
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DVS 2302:2003-11 Korrosionsschutz von Stählen und Gusseisenwerkstoffen durch thermisch gespritzte Überzüge. DIN 28051:1997-07 Chemischer Apparatebau – Beschichtungen und Auskleidungen aus organischen Werkstoffen für Bauteile aus metallischem Werkstoff – Konstruktive Gestaltung der metallischen Bauteile. DIN 28053:1997-04 Chemischer Apparatebau – Beschichtungen und Auskleidungen aus organischen Werkstoffen für Bauteile aus metallischem Werkstoff – Anforderungen an Metalloberflächen. DIN 32539: 1998-07 Flammstrahlen von Stahl- und Betonoberflächen. DIN 53159:1999-09 Beschichtungsstoffe – Bestimmung des Kreidungsgrades von Beschichtungen nach Kempf. DIN 55670:1994-05 Lacke und ähnliche Beschichtungsstoffe; Prüfung von Lackierungen, Anstrichen und ähnlichen Beschichtungen auf Poren und Risse mit Hochspannung. DIN 55928-8:1994-07 Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungen und Überzüge; Korrosionsschutz von tragenden dünnwandigen Bauteilen. DIN 55928-9:1991-05 Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungen und Überzüge; Beschichtungsstoffe; Zusammensetzung von Bindemitteln und Pigmenten. DIN EN ISO 1461 Beiblatt 1:1999-03 Durch Feuerverzinken auf Stahl aufgebrachte Zinküberzüge (Stückverzinken) – Anforderungen und Prüfungen; (ISO 1461:1999); Hinweise zur Anwendung der Norm. DIN EN ISO 2409:1994-10 Lacke und Anstrichstoffe – Gitterschnittprüfung. DIN EN ISO 4624:2003-08 Beschichtungsstoffe – Abreißversuch zur Beurteilung der Haftfestigkeit. DIN EN ISO 4628-1:2004-01 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden – Bewertung der Menge und der Größe von Schäden und der Intensität von gleichmäßigen Veränderungen im Aussehen – Teil 1: Allgemeine Einführung und Bewertungssystem. DIN EN ISO 4628-2:2004-01 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden – Bewertung der Menge und der Größe von Schäden und der Intensität von gleichmäßigen Veränderungen im Aussehen – Teil 2: Bewertung des Blasengrades. DIN EN ISO 4628-3:2004-01 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden – Bewertung der Menge und der Größe von Schäden und der Intensität von gleichmäßigen Veränderungen im Aussehen – Teil 3: Bewertung des Rostgrades. DIN EN ISO 4628-4:2004-01 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden – Bewertung der Menge und der Größe von Schäden und der Intensität von gleichmäßigen Veränderungen im Aussehen – Teil 4: Bewertung des Rissgrades.
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19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
DIN EN ISO 4628-5:2004-01 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden – Bewertung der Menge und der Größe von Schäden und der Intensität von gleichmäßigen Veränderungen im Aussehen – Teil 5: Bewertung des Abblätterungsgrades. DIN EN ISO 4628-6:2002-02 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden; Bewertung von Ausmaß, Menge und Größe von Schäden – Teil 6: Bewertung des Kreidungsgrades nach dem Klebebandverfahren. DIN EN ISO 4628-7:2004-01 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden – Bewertung der Menge und Größe von Schäden und der Intensität von gleichmäßigen Veränderungen im Aussehen – Teil 7: Bewertung des Kreidungsgrades nach dem Samtverfahren. E DIN EN ISO 4628-8:2002-12 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden; Bewertung der Menge und der Größe von Schäden und der Intensität von gleichmäßigen Veränderungen im Aussehen – Teil 8: Bewertung der Korrosion an einem Ritz. E ISO/FDIS 4628-8:2004-11 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden – Beurteilung von Ausmaß und Größe von Schäden und der Intensität von Veränderungen – Teil 8: Bewertung der von einem Ritz ausgehenden Unterwanderung und Korrosion. DIN EN ISO 4628-10:2004-01 Beschichtungsstoffe – Beurteilung von Beschichtungsschäden – Bewertung der Menge und der Größe von Schäden und der Intensität von gleichmäßigen Veränderungen im Aussehen – Teil 10: Bewertung der Filiformkorrosion. DIN EN ISO 8501-1:2002-03 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Visuelle Beurteilung der Oberflächenreinheit – Teil 1: Rostgrade und Oberflächenvorbereitungsgrade von unbeschichteten Stahloberflächen und Stahloberflächen nach ganzflächigem Entfernen vorhandener Beschichtungen. DIN EN ISO 8501-1 Beiblatt 1:2002-03 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Visuelle Beurteilung der Oberflächenreinheit – Informative Ergänzung zu Teil 1: Repräsentative photographische Beispiele für die Veränderung des Aussehens von Stahl beim Strahlen mit unterschiedlichen Strahlmitteln. DIN EN ISO 8501-2:2002-03 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Visuelle Beurteilung der Oberflächenreinheit – Teil 2: Oberflächenvorbereitungsgrade von beschichteten Oberflächen nach örtlichem Entfernen der vorhandenen Beschichtungen. E ISO/DIS 8501-3:2004-10 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Visuelle Beurteilung der Oberflächenreinheit – Teil 3: Vorbereitungsgrade von Schweißnähten, Schnittkanten und anderen Flächen mit Oberflächenfehlern. E DIN EN ISO 8501-4:2005-02 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Visuelle Beurteilung der Oberflächenreinheit – Teil 4: Vorbereitungsgrade von beschichteten und unbeschichteten Stahloberflächen nach Entfernen von Rost und vorherigen Beschichtungen durch Hochdruck-Wasserwaschen.
19.6 Literatur
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(Vornorm) DIN V ENV ISO 8502-1:1999-10 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen der Oberflächenreinheit – Teil 1: Feldprüfung auf lösliche Korrosionsprodukte des Eisens. DIN EN ISO 8502-2:1999-06 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen der Oberflächenreinheit – Teil 2: Laborbestimmung von Chlorid auf gereinigten Oberflächen. E DIN EN ISO 8502-2:2003-07 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen der Oberflächenreinheit – Teil 2: Laborbestimmung von Chlorid auf gereinigten Oberflächen. DIN EN ISO 8502-3:1999-06 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen zum Beurteilen der Oberflächenreinheit – Teil 3: Beurteilung von Staub auf für das Beschichten vorbereiteten Stahloberflächen (Klebeband-Verfahren). DIN EN ISO 8502-4:1999-06 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen zum Beurteilen der Oberflächenreinheit – Teil 4: Anleitung zum Abschätzen der Wahrscheinlichkeit von Taubildung vor dem Beschichten. E DIN EN ISO 8502-5:2004-07 Vorbereitungsgrade von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen zum Beurteilen der Oberflächenreinheit – Teil 5: Messung von Chloriden auf vorbereiteten Stahloberflächen (Verfahren zum Ionennachweis mit Prüfröhrchen). DIN EN ISO 8502-6:1999-06 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen zum Beurteilen der Oberflächenreinheit – Teil 6: Lösen von wasserlöslichen Verunreinigungen zur Analyse; Bresle-Verfahren. E DIN EN ISO 8502-8:2004-07 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen zur Bewertung der Oberflächenreinheit – Teil 8: Feldprüfung zur refraktometrischen Bestimmung von Wasser (Feuchte). DIN EN ISO 8502-9:2001-03 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen zum Beurteilen der Oberflächenreinheit – Teil 9: Feldverfahren zum Bestimmen von wasserlöslichen Salzen durch Leitfähigkeitsmessung. E DIN EN ISO 8502-10:2004-07 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen zur Bewertung der Oberflächenreinheit – Teil 10: Feldprüfung zur titrimetrischen Bestimmung von wasserlöslichem Chlorid. E DIN EN ISO 8502-11:2004-04 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen zum Bestimmen der Oberflächenreinheit – Teil 11: Feldverfahren für die Bestimmung von wasserlöslichem Sulfat durch Trübungsmessung. E DIN EN ISO 8502-12, Ausgabe:2004-07 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfungen zur Bewertung der Oberflächenreinheit – Feldprüfung zur titrimetrischen Bestimmung von wasserlöslichen Eisenionen.
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19 Korrosionsschutz durch Beschichtungen
DIN EN ISO 8503-1:1995-08 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Rauheitskenngrößen von gestrahlten Stahloberflächen – Teil 1: Anforderungen und Begriffe für ISO-Rauheitsvergleichmuster zur Beurteilung gestrahlter Oberflächen. DIN EN ISO 8503-2: 1995.08 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Rauheitskenngrößen von gestrahlten Stahloberflächen – Teil 2: Verfahren zur Prüfung der Rauheit von gestrahltem Stahl; Vergleichsmusterverfahren. DIN EN ISO 8503-3 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Rauheitskenngrößen von gestrahlten Stahloberflächen – Teil 3: Verfahren zur Kalibrierung von ISO-Rauheitsvergleichsmustern und zur Bestimmung der Rauheit; Mikroskopverfahren. DIN EN ISO 8503-4:1995-08 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen; Rauheitskenngrößen von gestrahlten Stahloberflächen – Teil 4: Verfahren zur Kalibrierung von ISO-Rauheitsvergleichsmustern und zur Bestimmung der Rauheit; Tastschnittverfahren. E DIN EN ISO 8503-5:2004-07 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Rauheitskenngrößen von gestrahlten Stahloberflächen – Teil 5: Abdruckverfahren zum Bestimmen der Rauheit DIN EN ISO 8504-1:2002-01 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Verfahren für die Oberflächenvorbereitung – Teil 1: Allgemeine Grundsätze. DIN EN ISO 8504-2:2002-01 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Verfahren für die Oberflächenvorbereitung – Teil 2: Strahlen. DIN EN ISO 8504-3:2002-01 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Verfahren für die Oberflächenvorbereitung – Teil 3: Reinigen mit Handwerkzeugen und mit maschinell angetriebenen Werkzeugen. DIN EN ISO 11124-Familie Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Anforderungen an metallische Strahlmittel. DIN EN ISO 11125-Familie Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfverfahren für metallische Strahlmittel. DIN EN ISO 11126-Familie Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Anforderungen an nichtmetallische Strahlmittel. DIN EN ISO 11127-Familie Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Prüfverfahren für nichtmetallische Strahlmittel. DIN EN ISO 12944-1:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 1: Allgemeine Einleitung.
19.6 Literatur
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DIN EN ISO 12944-2:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 2: Einteilung der Umgebungsbedingungen. DIN EN ISO 12944-3:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 3: Grundregeln zur Gestaltung. DIN EN ISO 12944-4:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 4: Arten von Oberflächen und Oberflächenvorbereitung. DIN EN ISO 12944-5:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 5: Beschichtungssysteme. DIN EN ISO 12944-6:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 6: Laborprüfungen zur Bewertung von Beschichtungssystemen. DIN EN ISO 12944-7:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 7: Ausführung und Überwachung der Beschichtungsarbeiten. DIN EN ISO 12944-8:1998-07 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Teil 8: Erarbeiten von Spezifikationen für Erstschutz und Instandsetzung. DIN EN ISO 14713:1999-05 Schutz von Eisen- und Stahlkonstruktionen vor Korrosion – Zink- und Aluminiumüberzüge – Leitfäden. E DIN EN 14879-2:2004-12 Beschichtungen und Auskleidungen aus organischen Werkstoffen zum Schutz von industriellen Anlagen gegen Korrosion durch aggressive Medien – Teil 2: Beschichtungen für Bauteile aus metallischen Werkstoffen. DIN EN ISO 17652-1:2003-07 Schweißen – Prüfung von Fertigungsbeschichtungen für das Schweißen und für verwandte Prozesse – Teil 1: Allgemeine Anforderungen. DIN EN ISO 17652-2:2003-07 Schweißen – Prüfung von Fertigungsbeschichtungen für das Schweißen und für verwandte Prozesse – Teil 2: Schweißeigenschaften von Fertigungsbeschichtungen. DIN EN ISO 17652-3:2003-07 Schweißen – Prüfung von Fertigungsbeschichtungen für das Schweißen und für verwandte Prozesse – Teil 3: Thermisches Schneiden. DIN EN ISO 17652-4:2003-07 Schweißen – Prüfung von Fertigungsbeschichtungen für das Schweißen und für verwandte Prozesse – Teil 4: Emission von Rauchen und Gasen.
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U1
Stichwortverzeichnis
A Abbeizen 437 Abbeizmittel 295 Abblasen 240 Abblätterung 449 Abblätterungsgrad 425, 435 Abdecken 338 Abdichten 386 Abdichtung 1, 50, 53, 85, 162, 169, 171, 173, 208, 209, 222, 228, 295, 303 Abdichtungsmittel 161 Abklopfen 237, 249 Ablagerung 240 Ableitfähigkeit elektrostatischer Aufladungen 162 Ableitwiderstand 42, 315, 317, 324 Ablösung 129 Abplatzen 237 Abplatzen der Betondeckung 272, 292 Abplatzungsgrad 436 Abreißversuch 131, 132 Abrieb 138 Abriebfestigkeit 371 Abriebmenge 139 Abriebneigung 138 Abriebsrate 138 ABS 4, 23, 106 Absaugen 240 Abschaltautomatik 390 Absprengen der Betondeckung 293 Abstandsgewebe 173 Abstreumittel 230, 280, 324 Abstreuung 139, 322 Abwitterung 46 Acetylen 260 Acrylat 1, 77, 78, 177, 321, 401 Acrylatbeschichtung 118, 300 Acrylat-Copolymerisatdispersion 321 Acrylatdispersion 77, 302
Acrylatdispersionsbeschichtung 300 Acrylat-Gel 401 Acrylatharz (PMMA) 171 Acrylat-Wachs-Basis 177 Acrylharz 215 Acrylnitril 4 Adhäsion 180 Airless-Spritzen 278 Aklydharzsystem 373 Algen 179 Algizid 180 Alkalien 370 Alkali-Ionen 430 Alkalität des Bodens 128 Alkalität 111, 428 Alkalitätsverlust 293 Alkaliverträglichkeit 338 Altbeschichtung 436 Altern 289 Alterung 42–45, 47, 106, 162, 346, 347 Alterungsbeständigkeit 43, 45–47, 106, 162, 346, 347 Alterungsverhalten 362 Amidharz 2 Aminbeschleuniger 314 Amine, aromatische 317 Aminhärter 317 Ammoniaklösung (Salmiakgeist) 432 amorph 3, 6, 14, 15, 18–21, 68 Anatas 180 Anatas-Pigment 180 Änderung des Aussehens 168 Änderung von Reißfestigkeit und Reißdehnung 172 Ankerloch 304 Anode 407 Anschlussfuge 350 Anstrahlen 320
Stichwortverzeichnis Anstrich 1, 39, 41, 42, 45, 46, 48, 50, 52, 53, 67, 76, 78, 188, 455, 457 Apparatebau 37, 163, 414, 435 Applikationsverfahren 196, 277, 290 Applikationswerkzeug 278 äquivalente Luftschichtdicke für Kohlenstoffdioxid 116 äquivalente Luftschichtdicke sD (CO2) 112 äquivalente Luftschichtdicke sD (H2O) 118 Arbeitsfuge 304, 344, 345 Arbeitsfugenband 365 Arbeitsfugenband, aussenliegendes 367 Arbeitshygiene 319 Asphaltbeton 228 Asphaltmasse 227 Astatic floor (ASF) 156 Atombindung 4 Auffangwanne 145, 318 Auffüllen lokaler Fehlstellen 294 Aufladbarkeit, elektrische 150 Aufladespannung (Körperspannung) 151 Aufladung, elektrische 150 Aufnahme wasserlöslicher Stoffe 121 Aufprallfläche 196 Ausblühsalz 240 Ausblühung 240 Ausbruch 294 Ausbruchstelle 129, 193 Ausbuchtung 347 Ausflussmesser 136 Ausgleichsfeuchte 213, 270 Ausgleichsspachtel 191 Auskleidung 173, 430 Aussehen 163 Außenbeschichtung 128 Außenbeschichtung, wasserdampfdurchlässige 128 Aussinterung 240 Ausspritzmenge 347 Auswahl der Fugendichtstoffe 358 Autoxidation 44, 47 AY-Copolymer 218, 295 B Bakterizid 180 Balkonplatte 219 Barriere, feuchtigkeitsdichte 410 Bauaufsichtliche Zulassung 312 Bauprodukt 161 Bauregelliste 312
463 Bautagesbericht 303 Bautenschutz 2, 78, 405 Bauwerksabdichtung 169 Bauwerksfuge 343 Bauwerksverformung 271 Beanspruchbarkeitsklassen 191 Beanspruchung durch Fahrzeuge 133 Beanspruchung, mechanische 130 Beaufschlagung 169 Befahrbarkeit eines Beschichtungssystems 164 Befahrbarkeit 133 Befall von Mikroorganismen 179 Begehen 137 Begrenzen des Wassergehalts 296 Begriff Fehlstelle 121 Begriff Pore 121 Behälter 221 Behandlung 234 Beimengung 37, 43 Beiwert für den zeitlichen Verlauf des Schwindens 130 Beizen mit Säure 437 Belastung aus Staplerverkehr 135 Bemessung 351 Benetzbarkeit 357 Benetzung 447 Benetzungsprobe 357 Benetzungsverhalten 205 Berechnungsverfahren, numerisches 127 Beschichten 130 Beschichten mit Handverfahren 277 Beschichten, handmaschinelles 278 Beschichten, maschinelles 278 Beschichtung 205 Beschichtung auf Betonböden 321 Beschichtung auf Vinylesterharzbasis 313 Beschichtung für Heizölauffangwanne 311 Beschichtung für jungen (frischen) Beton 337 Beschichtung, chemikalienbeständig 163 Beschichtung, dampfbremsende 128 Beschichtung, dampfdichte 128 Beschichtung, starre 124 Beschichtungen aus gelöstem Kunstharz und Dispersionen 243 Beschichtungen in Trinkwasserbehältern 178
464 Beschichtungsaufbau 130 Beschichtungsfilm 131 Beschichtungsstoff, festkörperrreicher 421 Beschichtungsstoff, lösemittelfreier 421 Beschichtungsstoff, selbstverlaufender 320 Beschichtungsstoff, spachtelfähiger 320 Beschichtungsstoff, wasserverdünnbarer 421 Beschichtungssystem mit dehnfähiger Zwischenschicht 312 Beschichtungssysteme für Bodenbereiche 138 Beschichtungsuntergrund 163 Besorgnisgrundsatz 161 Beständigkeit gegen das Einwirken von flüssigen Chemikalien 163 Beständigkeit gegen Flüssigkeiten 163 Beständigkeit gegenüber Chemikalien 161, 312, 324, 371 Beständigkeit gegenüber Mikroorganismen 172 Beständigkeit gegenüber Nagetieren 172 Beständigkeit, biologische 38 Beton 294 Beton, alkalischer 118 Beton, polymergebunden 190 Betonalter 235 Betondeckung 111, 272 Betondeckung der Bewehrungsstähle 272 Betonersatz 301 Betonfestigkeitsklasse 338 Betonfeuchte 128 Betonfläche, junge 214 Betongefüge 293 Betoninstandsetzungssysteme 192 Betonnachbehandlung 337 Betonplatte 129 Betonrandzone 218 Betonuntergrund 319 Bewegungsfuge 336, 343 Bewehrung 192, 248 Bewehrungskorrosion 272 Bewertungsstufen der Chemikalienbeständigkeit 169 Bewitterung 31, 43, 44, 59, 304, 306, 307, 360, 366, 425 Bewuchs 292 Bewuchs, pflanzlicher 241
Stichwortverzeichnis Bezugselektroden 274 Biegeriss 384 Biegezugfestigkeit 19, 46, 86, 88, 93, 95, 303 Bindemittel 176 Bindemittel, chemikalienbeständiges 170 Bindemittelart 350 Biozid 178 biozides Ausrüsten 180 Bitumen 244 Bitumenbahn 345 Blasen 129 Blasenbildung 163 Blasenbildung infolge Alkalisierung 428 Blasenbildung, osmotische 430 Blasengrad 434, 436 Blattrost 262 Bleimennige 418 Bluten 91 Boden 215 Bodenbeläge 1, 42, 52, 83, 152, 154–158, 161, 322, 323, 325 Bodenbeschichtung 145, 311 Bodenfuge 345 Bodenfugen mit Umweltschutzfunktion 378 Bohrkanal 394 Bohrkern 268 Bohrmehlprobe 268 Brandverhalten 47–49, 54, 108, 110, 162, 347 Breitenänderung der Fuge 353 Brems- und Zentrifugalkraft 134 Brennverhalten 47, 109 Brettschalstruktur 216 Brettschalungsstruktur 308 Bruch, adhäsiver 131 Bruch, kohäsiver 131 Bruchdehnung 347 Bruchkraft 269 Brücke 207 Brückenfahrbahn 229 Brückenkappe 229 Buna-Werke 3 Bürste 280 Bürsten 252 Butadien 4, 77, 78, 87, 89 Butylkautschuk 361 C Calciumcarbid 3, 270 Carbid-Methode (CM) 270
Stichwortverzeichnis carbonatisierungsbremsend 116 carbonatisierungsbremsende Wirkung 116 Carbonatisierungsfortschritt 112 Carbonatisierungsgeschwindigkeit 116 Carbonatisierungstiefe 267, 268 Carbonatisierungsverzögerung 112 Celluloseacetobutyrat 2, 23 Cellulosehydrate 2 Cellulosepropionat 4, 23 Chemikalienangriff 161 Chemikalienbeständigkeit 170 Chemikalienschutzschicht 312 chemisches Reinigen 249 Chlor- bzw. Cyclokautschuk 174 Chlorid 121, 247, 418 Chloridgehalt 247, 268 Chloridgehalt salzbelasteter Bauteile 261 Chloridionenkonzentration 268 Chloridkonzentration 272 Chlorkautschuk 427 Chloropren-Expansionskautschuk 368 Chloroprenkautschuk 4, 478 Chromatieren 436 CM-Gerät 246 CO2-Diffusion 112 CO2-Durchlässigkeit von Beschichtungen 114 CO2-Pellets 443 Coating 296 CP 4, 23 CR 4, 47, 52, 366 D Dämmung 1 Dampfstrahlen 258, 436 Darrversuch 270 Dauerhaftigkeit 246, 383 Dauermagnet 272 DCA 92, 93 Deckbeschichtung 280, 422, 423 Deckenbeschichtung 311 Deckschicht 133 Deckschicht, korrosionshemmende 419 Deckversiegelung 322, 324 dehnelastisch 141 Dehnfähigkeit 312 Dehnungsfuge 344 Dehnverhalten 371 Dekontaminationsmittel 174 Dekontaminierbarkeit 163, 173, 315 Denkmalbehörde 309
465 Denkmalpflege 309 denkmalpflegerische Anforderung 307 Denkmalschutz 194 Dichte 32, 33, 36, 214 Dichtfläche 161 Dichtmittel 369 Dichtstoff 346 Dichtstoff, spritzbarer 363, 377 Dichtungsmasse 295 Dichtungsschicht 222 Dichtungsschicht, bituminöses 207 Dichtungsschlämme, zementöse 219 Dichtungsstoff 85 Dichtungsteil 368 Dickschicht-Beschichtung 423 Diffusion 38, 39, 50, 103, 118 Diffusionswiderstand für Wasserdampf 114 Diffusionswiderstand gegen Wasser 118 Diffusionswiderstandszahl m (CO2) 113 Diffusionswiderstandszahl m (H2O) 118 Diffusionswiderstandszahl 39, 40, 113, 118 Diffusionswiderstandszahlen verschiedener Baustoffe und Beschichtungen 115 Diisocyanat 11, 64 Dispersion 56, 74, 76, 90, 192 Dispersion, wässrige 421 Dispersionsbeschichtung 121 Dispersionsklebstoff 82 dissipative floor (DIF) 156 Doppelbindung 7, 9, 11, 57, 58, 60 Dose 355 Dosier- und Mischstation 281 Dosierfehler 390 Drahtbürste 252 Dreiflankenhaftung 354 Dreifußelektrode 158 Druckdiffusion 39 Druckfestigkeit 25, 26, 86, 91, 93, 94, 100, 104–106, 246, 266 Druckflüssigkeitsstrahlen 440 Druckkessel 393 Druckluftgerät 261 Druckluftspritze 448 Druckluft-Spritzen 278 Druckluftstrahl 217, 249, 253 Druckluftstrahlen 298, 392, 439 Druckwasserstrahl 249 Druckwasserstrahlen 257, 264 Druckwasser-Strahlverfahren 256, 259 Druckzugfestigkeit 303
466 Duplex-(Komplex-)matte 330 Duplex-System 428 durch Schalbretter strukturierte Oberflächen 216 Durchfeuchten, rückseitiges 129, 321 Durchgangswiderstand 154 Durchgangswiderstand/Volumenwiderstand 157 Durchlässigkeit für CO2 114 Duroplast 2, 11–13, 15, 16, 19, 20, 22, 29, 30, 37, 46, 62, 64, 66, 73, 108 Düsenführer 197 Düsenführer-Schein 197 E Ebenheit 244, 271 Ecken 228 Egalisieren 191 Egalisieren des Untergrundes 146 Egalisierungsschicht 218 Egalisierungsspachtel 216 Egalisierungsspachtelung 294 Eigenfestigkeit des Baustoffs 129 Eigenschaft, elektrische 324 Eigenschaften, mechanische 129 Eigenspannung 129, 235, 293 Eigenspannung, hygrische 129 Eigenspannung, thermische 129 Eigenüberwachung 302 Eignungsnachweis 218 Einbauen der Fugendichtstoffe 354 Einbaufertiger 278 Einfluss unterschiedlicher Oberflächenschutzsysteme auf den Carbonatisierungsfortschritt 116 Einfluss, thermisch-hygrischer 130 Einfriertemperatur 5, 14, 15, 18, 23 Einlagerung 169 Einreißen 135 Einstreubeschichtung 311, 331 Einstreuen 137, 280 Einstreumedium 137 Einstreumittel 295 Eisen(III)chlorid (FeCl3) 407 Eisenglimmer 423 Eisenphosphatkristall 419 Elast 11–13, 16, 22, 64 Elastizitätsmodul 19, 24, 28, 32, 95, 130, 132 Elastomer 365 Elastomerbahn 346 Elastomer-Fugenband 169, 354
Stichwortverzeichnis Elastomer-Fugendichtband, geklebtes 361 elastoplastisch 348 Electro Static Discharge 153 electrostatic conductive floor (ECF) 156 elektrisch leitfähiger Zusatz 325 elektrische Eigenschaften 41, 150–159, 324 Elektrokinese 119 Elektrokorund 295, 322 Elektrolyt 407 Elektron 407 Elementbildung 430 Emaillierung 410 Entflammbarkeit 48 Enthaften der Beschichtung 130 Entladung, elektrische 150 Entlüften 329 Entrosten, handmaschinelles 438 Entstauben 249 Entstauben (Kehren/Abblasen/Absaugen) 261 Entwässerungsrinne 161 Entzündbarkeit 48 EP 5 EP/PUR-Beschichtung 135 EP/PUR-Kombinationsbindemittel 321 EP-Beschichtung 139 Epoxid 175 Epoxidharz 2, 4, 23, 30, 36, 40, 46, 47, 52, 53, 55, 56, 59, 62–64, 70, 71, 75, 77, 78, 82, 83, 86, 87, 89, 90, 93, 102, 109, 171, 215, 268, 330, 388 Epoxidharz, feuchteempfindliches 202 Epoxidharzbeschichtung 128 Epoxidharzdispersion 335 Epoxidharz-Polyurethan-Beschichtung 135 EP-Zementklinker 295 Erdableitwiderstand 152, 158 Erdanschlussstelle 327 Erdgas 3, 6 Erdöl 3, 6 Erdreich 129 Erdungsanschluss 326 erdungsfähiger Punkt 327 Erhärten 121, 354 Erhärtungsverlauf 171 Erhöhen der statischen Tragfähigkeit 294 Ermitteln von Potentialunterschieden 272
Stichwortverzeichnis Erreichbarkeit 414 Erstschutz 433 Ester 5, 36 Estrich 319 Ether 5 Ettringit 247 Extender 67 F Fachbetrieb 312 Fahrbahn 215 Fahrbahnoberfläche 136 Farbenzinkoxid 419 Farbveränderung 163 Faserspitzverfahren 102 Fassade 120 Fassadenbeschichtung 143 Fassadenplatten 1 Fehlstelle 320 Fehlstelle, herstellungsbedingte 236 Feinmörtel 192, 193, 294 Feinmörtelschicht 217 Feinspachtel 191 Feinstaub 253 Feinstaub, lungengängiger 254 Fellwalze 447 Fensteranschlussfuge 345 Fensterversiegelung 345 Fertigungsbeschichtung 423 Festigkeitsentwicklung 388 Festigkeitsklasse 338 Festkörpergehalt 214 Festkörpervolumen 451 Fett 240 Feuchte j,relative 126 Feuchte, relative 118 Feuchtegefälle 118 Feuchtehaushalt 129 Feuchteschaden 120 Feuchteverteilung 128 Feuchthalten 338 Feuchtigkeitsverträglichkeit 338 Feuchtstrahlen 254, 445 Feucht- oder Nassstrahlverfahren 248 Feuerverzinkung 410 Filiformkorrosion 430 Film, freie 145 Film, geschlossen 116 Filmbildung 74, 76, 78, 88–90, 93, 96, 126, 129, 294 Filmbildungsmechanismus 294 Filmbildungsphase 126 Filmkonservierung 180
467 Flächenstreicher 447 Flammschutzmittel 43, 49, 50 Flammstrahlen 249, 442, 445 flankierende Massnahmen 307 Flexibilität 321 Fließen 119 Flügelglätter 202, 339 Flugrost 248 Flugrostbildung 445 Flurförderfahrzeuge 130 Flüssigfolie 228 Flüssigkeitsbeanspruchung 170 Flüssigkeitsbehälter 101 Flüssigkeitstransport 96 Flutverfahren 213 Folien 295 Formänderungsverhalten 21, 22, 27 Formbeständigkeit 21, 22, 27 Formgebung 16, 101 Fräsen 249, 251 Fräsmaschine 252 Freiliegende Bewehrungsstähle 248 Freiluftklima 128 Freistemmen 193 Freistrahlen 439 Fremdüberwachung 303 Frischbetonimprägnierung 337, 338 Frischbetonschutz 338 Frostbeständigkeit 100, 304 Frosteinwirkung 237 Frost-Tausalz-Widerstand 98, 99, 210 Frostwiderstand 210 Fuge 169 Fuge, bewegliche 345 Fuge, starre 345 Fugenabdeckband 321 Fugenabdichtung 295, 344, 354 Fugenabschlussband 365 Fugenabstand 351, 357 Fugenart 343 Fugenband 161, 169, 345 Fugenband, bitumenverträgliches 365 Fugenband, innenliegendes 366 Fugenbewegung 345 Fugenbreite 351 Fugendichtstoff 84, 161, 160, 169, 345, 347 Fugendichtstoff, dauerelastischer 353 Fugendichtstoff, spritzbarer 347 Fugendichtsystem 346 Fugendichtungsmasse 84, 85 Fugendimensionierung 359 Fugenflanke 169, 344, 345, 347, 354
468 Fugenkammer 369 Fugenlängsachse 354 Fugenmaß 351 Fugenmaße, überstrichene 376 Fugenprofil 336, 345 Fugenprofil, klemmbares 371 Fugenrand 354 Füllen von Rissen 383 Füllgrad der Beschichtungen 114 Füllgrad 393 Füllstoff 129, 176 Füllstoff, hygroskopischer 176 Füllstoff, leitfähiger 327 Füllstoff, mineralisch gebundener 383 Füllstoffkörner 331 Fungizid 178, 180 funktionelle Gruppe 5, 7 für Diffusionsvorgänge effektive Schichtdicke 289 Furanharz (FU) 171, 312, 330 Fußboden 137 Fußboden, ableitfähigker 156 Fußboden, astatischer 156 Fußboden, elektrosatisch leitender 156 Fußboden, Klassifizierung 156 G Gasdiffusion 39, 119 Gauß’sche Glockenkurve 285 Gebäudetrennfuge 354 Gebinde 355 2k-Gebinde 202 Gebindekonservierung 180 Gebrauchsfähigkeit 383 Gebrauchstemperatur 20, 22–24, 35, 36, 87 Gebrauchstüchtigkeit 332 Gelcoat 101 Gelieren 393 Gerüstanker 304 Gesamtakzeptanzwinkel 137 Gesamtverformung, maximal zulässige 363 Gesamtverformung, zulässige 348 Gewährleistungszeit 424 Gewässerschutz, Bau- und Prüfungsgrundsätze 330 Gewässerschutzbeschichtung 311 Gewässerschutz-System 312 Gewebe 142, 330 Gewebe, Gewirke 295 Gewebeeinlage 135 gewebeverstärkend 143
Stichwortverzeichnis GFK 1, 52, 53, 101, 102 Gießen/Rakeln 331 Gitterkonstante 406 Gitterschnitt 435 Glanz 168 Glanzverlust 427 Glasfasergewebe 135 Glasfasermatte 329 Glasflakes 454 Glasgewebe 330 Glasmatte 330 Glasübergangstemperatur 5, 14, 16, 18, 20, 23, 32 Glasumwandlungsbereich 132 Glasvlies 295 Glätten, maschinelles 338 Glättfilz 357 Glättholz 357 Glättkelle 336 Glättmittel 357 Gleichgewichtsfeuchte n100, hygroskopische 125, 126 Gleichgewichtszustand 125 Gleitbeiwert 136 Gleittreibungsmessgerät 137 Gleitwiderstand 136 Glockenkurve 284 Glykol 11 Graphit 176 Graphitkristall 328 Graphitmehl 317 Grenztemperaturbereich 23 Griffigkeit 136 Griffiti 176 Grit 441 Grundbeschichtung 421, 422 Grundgesamtheit 283 Grundierung 205, 280 Grundierung, bindemittelreiche 130 Grundierung, hydrophobierend 124 Grundsatzlösung 297 Gruppe mechanischer Beanspruchung 134 Gummilippe 280 Gussasphalt 227, 228 H Haar-Riss 218 Haftbeschichtung 423 Haftbrücke 190, 193 Haftbrücke, thixotropierte 201 Haften einer Beschichtung auf dem Untergrund 130
Stichwortverzeichnis Haftfestigkeit 68, 69, 88, 96, 329, 388, 423, 450 Haftfläche 373 Haftfläche, mehlende 357 Haftklebstoff 83 Haftschlämmen 193 Haftung am Untergrund 192 Haftungsverlust 163 Haftvermögen 131 Haftzuggerät 131 Haftzugprüfgerät 131 Hand- oder Druckluftpistole 355 Handentrostung 437 Handfräse 252 Härter 30, 57, 62, 64, 65, 75, 86, 89, 202, 314, 317 Härter- bzw. Vulkanisationsmittelmenge 176 Härterkomponente 395 Härtungsgeschwindigkeit 58, 70 Harz 30, 52, 57, 63, 69, 75, 102, 315–317, 380, 388 Hauptelemente 3 Hauptvalenzbindung 13, 44 Hautbildungszeit 358 HBV-Anlage 311 Heiß-Höchstdruckspritze 449 Herbizid 180 Heteroatome 3 Highsolid-System 421 Hilfsmittel 295 Hilfsschalung 193 Hilfsstoff 418 Hinterfüllprofil 354 Histogramm 283 Hochdruck- bzw. HöchstdruckwasserStrahlverfahren 256 Hochdruckgerät 392 Hochdruckverfahren 397 Hochdruckwasserstrahl 249, 250, 319 Hochdruckwasserstrahlen 257, 265 Hochdruck-Wasserstrahlgerät 213 Höchstdruckspritze (Airless-Spritze) 449 Höchstdruckwasserstrahl 249 Höchstdruckwasserstrahlen 257 Höchstdruckwasserstrahlverfahren 303 Höhenversatz 363 Hohlkehle 321 Hohlraum 197, 236, 383 Homopolymerisat 61 Hüttenschlacke 439 Hydratation 91–93, 97, 213, 326
469 Hydratationssog 339 Hydratisieren 194 Hydrophobieren 114, 181 Hydrophobierlösung mit höherem Festkörperanteil 114 Hydrophobierung 123 Hydroxid-Ionen 430 I IIR Isobuthylene-Isoprene-Rubber 361 Imprägnierung 177, 205 Imprägnierung, hydrophobierende 210, 217 Indikatorlösung 267 Industriebodenbau 311 Industriebodenbelag 132 Industriestaubsauger 262, 324 Infrarot-selektiv wirksame Fassadenbeschichtung (Infrarot-Beschichtung) 180 Ingenieurbauwerk 218 Inhaltsstoff, korrosionsfördernder 388 Inhaltsstoffe, ausgewanderte 359 Initiator 9, 55, 58–61, 70, 71, 86, 314 Injektion 386 Injektion, nachträglich abdichtende 398 Injektionseinrichtung 400 Injektionsgerät 389 Injektionsmittel 295 Injektionstechnologie 237 Injizieren 390 Insektizid 180 Installation 1 Instandsetzung 2, 53, 73 Instandsetzungsmaßnahme 383 Instandsetzungsprinzip 192, 193 Integralschaum 104 Intensität der Wassereinwirkung 125 Isolationswiderstand 150, 157, 325 Isolator 41 J Jahresverlauf 128 Jekto-Verfahren 400 K Kalomel-Halbzellen 274 Kältebiegeprüfung 370 Kanten 228 Kantenschutz-Beschichtung 423 Kapillar-Aszension 122 Kapillar-Depression 122
470 Kapillareigenschaften 122 Kapillarer Wasseraufnahmekoeffizient bzw. Wasserdurchlässigkeitsrate verschiedener Baustoffe und Beschichtungen 123 Kapillarität 118, 121 Karbonfaser 328 Kartusche 355 Kasein 2, 82 Katalysator 5, 9 Kathode 407 Kathodenfläche 428 Kautschuk 1, 2, 47, 82 Kautschuk-Werkstoff 430 Kehlen 228, 277 Kelle 202 Kellenschlag 294 Kennwerte 7, 8, 12, 16, 19, 24, 26, 36, 51, 60, 63, 71, 87, 93,100, 102, 105 Kennzeichnung 423 Kerbschlagzähigkeit 26, 37 Kieselsäure 176 Kiesnest 236 Kitt 346 Kläranlage 221 Klassenhäufigkeit 283 Klassifizierung der kapillaren Saugfähigkeit 123 Klebepacker 393 Kleber 52, 53, 79, 81–83 Klebrigkeit der Oberfläche 219 Klebstoff 81–83 Klemmprofil 371 Kobaltbeschleuniger 314 Kohäsion 68, 81 Kohäsionskräfte 4, 56 Kohle 3 Kohlenstoffdioxid (CO2) 112 Kohlenstoffdioxiddiffusion 114 Kohlenstoffdioxiddurchlässigkeit 111 Kohlenstoffdioxidmolekül 116 Kohlenstofffaser 159, 318 Kohlenwasserstoff, aliphatisch 166 Kohlenwasserstoffe 4–6, 104 Kolbenpumpe 389, 393 kombinierte Griffigkeits- und Verschleissfestigkeitsprüfung 138 Konsistenz des Frischbetons 338 Konsistenz 69, 70, 90 Kontaktklebstoff 81, 83 Kontaktkorrosion 412, 413 Kontaktthermometer 450 Kontamination, radioaktive 173
Stichwortverzeichnis Kontrollfläche 452 Kopfversiegelung 324 Korrosion von Metallen 405 Korrosion, atmosphärische 408 Korrosion, chlorinduzierte 210, 265 Korrosionsgeschwindigkeit 407 Korrosionsgrad 436 Korrosionsprodukt 407, 438 Korrosionsschutz 2, 68, 111 Korrosionsschutz der Bewehrung 201 Korrosionsschutz der Stähle 111 Korrosionsschutz, kathodischer 296, 412 Korrosionsschutzbeschichtung 193, 248, 298 Korrosionsschutzbeschichtung, zementöse 298 korrosionsschutzgerechte Gestaltung 434 Korrosionsschutzprinzip 216 Korrosivitätskategorie 409 Korund 254, 439 Kraftschlussvermögen 136 Kraft-Verformungsdiagram 146 Kraft-Verformungsverhalten 145 Kraftwerk 221 Krater 449 Kratzprobe 357 Kratzspachtel 191 Kratzspachtelung 217, 294 Kreide 426 Kreidung 435 Kreidungsgrad 426 Kreidungsneigung 331 Kriechen 130 Kriechkurve 30 Kriechverhalten 31 Kriechzahl 31 Kristallinität 29 Kristallitschmelztemperatur 18, 20 KSW-Empfehlungen 178 KTW-Empfehlungen 178 Kugelstrahl 249 Kugelstrahlverfahren 319 Kühlturmschale 128 Kunstharzstrich 315 Kunsthorn 2 Kunststoff 2, 4, 10, 16, 23, 36, 38, 47, 51–53, 73, 76, 84, 87, 88, 96, 99, 101, 108–110 Kunststoff, abbaubar 38 Kunststoff, faserverstärkt 101 Kunststoff, geschäumt 35
Stichwortverzeichnis Kunststoff, glasfaserverstärkt 101 Kunststoff, thermoplastischer 169 Kunststoffbahn 161, 169, 171 Kunststoffbeschichtung 129 Kunststoffe im Lebensmittelbereich 177 kunststoffmodifizierter Beton 87, 99 kunststoffmodifizierter Mörtel 2, 87–99 Kunststoffprofil 346 Kunststoffprofil, eingebautes 346 Kunststoffstopfen 304 Kupferband 318, 326, 327, 335 Kupferlitze 326 Kuppel 1, 52, 101 Kurzzeichen 4, 5, 8, 23, 106 Kurzzeitbeanspruchung 24, 28 L Lagerraum 318 Laminatbeschichtung 311 Laminatschicht 314 Laminieren 15 Laminierharz 173 Laminierspachtel 315 Laminiertechnik 173 Längenänderung 33, 34, 68, 99 Längenänderung des Bauteils 145 Längenänderung, hygrische 348, 349 Längenänderung, thermische 348, 349 Längenänderungskoeffizient, thermischer 130 Langzeitbeanspruchung 26 Lasurbeschichtung 308 Latentwärmespeicher 181 LAU-Anlage 311 Läufer 449 Leim 81, 82, 84 Leimlösung 82 Leinölbleimennige 437 Leistungsbeschreibung 281 Leitband 327 Leiter (elektrisch leitfähig) 159 leitfähige Beschichtung 311 leitfähige Grundierung (Leitschicht) 326, 327 Leitfähigkeit des Baustoffes 271 Leitfähigkeit, elektrische 150 Leitschicht 318 Leitstoff 316 Lichtwände 52, 101 Lieferform 55, 56, 61, 82 Linienbreitenmaßstab 384
471 Lochfraß 413 Lösemittel 418 lösemittelfrei 221 Lösung 38, 61, 75, 76 Lösungsdiffusion 39, 118, 119 Lösungsmittel 36, 37, 40, 42, 61, 63, 65, 68, 70, 72, 76, 77, 82, 83, 108, 109 Lotusblüteneffekt 181 Luft 118, 335 Luft, wasserdampfgesättigte 125 Luftblase 449 Luftfeuchte 118 Luftfeuchte, relative 125 Luftporen 88, 90 Luftschichtdicke, äquivalente 39, 112, 116, 118 Lunker 294 Lunkern 191, 294 M Makromolekül 13, 16–20, 32, 43, 44, 48, 74 MAK-Wert 317 Maschinenbrenner 260 Masseänderung infolge Wasseraufnahme 121 Masseänderung 170, 172 Materialparameter 257 Materialverbrauch 320 Mattierungsmittel 308 Maximalschichtdicke 289 mechanische Eigenschaften 24–32, 68, 129–149 Medienbeständigkeit 169, 312 Meerwasser 247 Melamin-Formaldehyd (MF) 4, 23, 51, 52 Melaminharz 3, 23, 52, 84 Membranpumpe 389 Messung der Haftzugfestigkeit 131 Messung des Potentialfeldes 272 Metallanker 295 Metallklammer 371 Methylmethacrylat 60, 61 MH-Verfahren 400 Mikrorauhigkeit 181 Mindestfilmbildungstemperatur 76, 78, 90 Mindestschichtdicke 282, 288, 411 Mischen (“Anmachen”) 192 Mischfehler 192 Mischkopf 395 Mischungspolymerisat 77
472 Mischungsverhältnis 171, 202, 395 Mittelschlauch 366 Mittlere Schichtdicke 287 MMA 4, 60, 61, 86 Molekulargewicht 5, 9, 18, 37, 39, 44 Monomer 6, 7, 9–12, 77, 78 Montagefuge 345 Moos 178 Moosgummischieber 339 Mörtel 294 Mörtel, polymergebundener 130, 190 MQ (SR) 4 N Nachbearbeitungsverfahren 252 Nachbehandeln 298 Nachbehandeln durch Feuchthalten 298 Nachbehandlungsmaßnahme 338 Nachbehandlungsmittel 194 Nachdrückvorrichtung 390 Nachinjizieren 393 Nachvernetzen 289 Nadeln 251 Nadelpistole 252, 262, 438 Nanotechnologie 180 Nass-Druckluftstrahlen 440 Nassfilmdickenmesser 320 Nassspritzverfahren 196, 197 Nassstrahlen 440 Naturharz 418 Naturzugkühlturm 303 NDFT 452 Nebelstrahlen 254 Nebenvalenzbindung 13 Netzmittel 357 Netzmittelwäsche, ammoniakalische 432 Nichtleiter (elektrisch nicht leitfähig) 150 nichtmechanische Eigenschaften 32–42, 45 Niederdruckwasserstrahlen 257 niedermolekular 6, 10, 17, 38, 43, 44, 47, 48 nominal dry film thickness (NDFT) 282 Normalverteilung 286 Novolak/Bisphenol 317 O Oberfläche, reprofiliert 218 Oberflächenad- und absorption 176
Stichwortverzeichnis Oberflächenbeschaffenheit des Untergrundes 277 Oberflächenrauheit 137, 445 Oberflächenreinheitsklasse 332 Oberflächenrüttler 202 Oberflächenschutzsystem 120, 218 Oberflächenschutzsysteme 116, 120, 205–231, 267 Oberflächenspannung 122 Oberflächenstuktur, applikationsabhängige 282 Oberflächenvorbereitung, primäre (ganzflächige) 443 Oberflächenvorbereitung, sekundäre (partielle) 446 Oberflächenvorbereitungsgrad 193, 274, 439 Oberflächenwiderstand 151, 154 Oberflächenzugfestigkeit 130, 132, 268 Objektuntersuchung 383 Öl 240 Opferschicht 177 Orangenschaleneffekt 281, 291 organische Polymere 118 Osmose 4, 13, 23, 46, 51, 52, 130, 430 osmotische Blasenbildung 326 oxidativ erhärtendes Öl 346 Oxidschicht 406 Oxidschichtbildung 419 P PA 4, 13, 23, 46, 51, 52 Packer 394 Paint Inspection Gauge (PIG) 384, 435 PAN 4 Paraffin 240 Parkbau 311 Parkdeck 229 Parkhaus 215 Partikelschaum 104, 106 PC 4, 23, 47, 190 PCC 87–100, 107, 190 PCM 87 PE 4, 13, 23, 33, 38, 46, 48, 49, 51, 52, 103, 109, 354 Pendelgerät 136, 324 Penetrationsvermögen 338, 422 Perfluoralkoxy-Copolymer (PFA) 377 Peroxid 314 Phenolformaldehydharz (PF) 4, 23, 30, 36, 103, 105, 106, 171
Stichwortverzeichnis Phenolharz (PF) 171 Phenolphthaleinlösung 267 Phenoplast 2, 82 Phosphatieren 436 Photolyse 44 photometrische Bestimmung des Chloridgehalts 269 Photooxidation 44, 426 Pigment 67, 316, 318, 319, 418 Pigmentierung, aktive 428 Pigment-Volumenkonzentration 114 Pilz- und Algenresistenz 178 Pilz- und Algenwachstum g179 Pilze 179 Pinsel 129, 447 Pinselfurche 281, 291 plastoelastisch 348 Plattenlage, keramische 315 Plymer Cement Concrete (PCC) 190 PMMA 2, 4, 13, 23, 40, 46, 47, 49, 51, 52, 55, 60–63, 70, 71, 87, 171, 172, 268, 392 polare Kräfte 13 Polyacrylnitril 4 Polyacrylnitrilfaser 66, 328 Polyaddition 3, 6, 11, 12, 43, 52, 55, 57, 62, 63, 70, 71, 73, 82, 86 Polyadditionsharz 55, 62, 63, 71, 73 Polyaddukt 3, 11, 171 Polyamid 1, 4, 23, 134 Polycarbonat 3, 4, 23, 47 Polyester 3, 4, 38, 47, 57, 58, 102, 173, 427 Polyester, ungesättigt 52, 57, 58 Polyesterharz, alkalibeständiges 315 Polyesterharz, ungesättigtes 330 Polyestervlieseinlage 346 Polyethylen (PE) 354 Polyethylen (PE-HD) 171 Polyethylen 2–4, 9, 23, 34, 47, 48, 52, 109, 171, 354 Polyethylentetrasulfid 3 Polyisobutylen (PIB) 4, 23, 40, 51, 52, 83–85, 361 Polykondensat 3, 10, 171 Polykondensation 3, 6, 10, 11, 43, 57, 82 Polymer 2,6, 7, 9, 10, 11, 74, 116 Polymer Concrete (PC), reaktionsharzgebundener Instandsetzungsbeton/ -mörtel 190 Polymerdispersion, flexibilisierende 219
473 Polymerisat 9, 10, 58, 60, 171 Polymerisation 3, 6, 9, 10, 43, 52, 55, 58, 60, 70, 77, 82, 86, 314 Polymerisationsgrad 6–8, 11, 29, 108 Polymerisationsharz 55, 57, 59, 61, 71, 73, 374, 375 Polymethylmethacrylat 4, 23, 47, 60, 229 Polymethylsiloxan 3 Polyolefine 2, 48, 106 Polypropylen 4, 23, 35, 47, 48, 52, 109 Polysaccharid 38 Polystyren 4, 23, 35, 52, 109 Polystyrol 1, 3 Polysulfid 351 Polysulfid-Fugendichtstoff 351 Polytetrafluorethylen 4, 23, 32, 47, 52, 109 Polyurethan 175, 215, 351, 388 Polyurethan 4, 47, 52, 85, 109, 215, 228, 229, 230, 334, 351, 388, 418, 427 Polyurethan-Bindemittel, elastomeres 321 Polyurethanharz (PUR) 171 Polyurethanschaum, schnellreaktiver (SPUR) 388 Polyvinylacetat 4, 52, 82 Polyvinylchlorid 2, 4, 23, 47, 52, 109, 365 Polyvinyl-Derivate 2 Pore 294, 320 Porengrößenverteilung 96, 97 Porenstruktur 339 Potential, alkalisches 192 Potential, elektrochemisches 274 Potentialausgleich 326 Potenzialfeld 274 PP 4, 23, 46–48, 51, 52, 109 Praxisverbrauch 214 Pressfuge 344 Profilband 346 Profilplatten 1 Prüftemperatur 25, 26, 148, 149 Prüfverfahren zum Ermitteln des Verschleißwiderstandes 138 Prüfzeugnis 302 PS 4, 23, 38, 46, 51, 52, 103–106, 109 PTFE 4, 23, 32, 36, 47, 48, 51, 52, 66, 109 PUR-Beschichtung 139 PUR-Fugendichtstoff 351 PUR-Schaum 1 Putzmaschine 217
474 PVAC 4, 52, 84 PVC 1, 23, 38, 40, 42, 46–52, 83, 103–106, 109, 174, 176, 247, 333, 346, 365, 426, 427, 432 PVC-Mischpolymeriesat 174 Q Qualitätsmanagement-System 449 Qualitätssicherung 132, 192 Quarzsand 229, 295 Quarzsand, ofengetrocknet 224 Quellbarkeit 176 Quelle 348, 427 Quellen der Beschichtung 128 Quellung 168 Querdehnzahl 32, 145 Querkontraktionszahl 130 R Radikal 6, 49, 58 Radlast 133 Rampe 215 Randwinkel 122 Randwinkel ä 122 Rauchgasentschwefelungsanlage 303 Rauheit 272 Rauheitsmessung 136 Rauhtiefe 130 Rautiefe 244, 294 Reaktion, chemische 129, 170 Reaktionsgeschwindigkeit 171 Reaktionsharz 42, 60, 65, 139, 198, 202, 221, 243, 246, 312, 383 Reaktionsharz, chemisch vernetzendes (kalthärtendes) 170 Reaktionsharz, niedrigviskos 221 Reaktionsharz, unpigmentiert zweikomponentig 221 Reaktionsharzbasis 248 Reaktionsharzbeschichtung 243 Reaktionsharzbindemittel 202 Reaktionsharzkleber 268 Reaktionsharzmasse 68, 69, 71, 73 Reaktionsharzmörtel 40, 66, 85, 86, 198, 202, 210, 230, 245, 323, 326 Reaktionsklebstoff 81 reaktive Verdünner 63 Reaktivverdünner 317 Realkalisierung 192, 296 redispergierbar 192 redispergierbare Pulver 287 Redispersion 75 Reflexion 423
Stichwortverzeichnis Regelmaßnahme 218 Reibebrett 338 Reiben 280 Reibradverfahren 138 Reibungswiderstand 136 Reinheit 332 Reinheitsgrad 248 Reinheitsklasse 336 Reinigen (Behandeln) durch chemische Umwandlung 436 Reinigen mit Emulsionen, Alkalien und organische Lösemittel 436 Reinigungsfähigkeit 324 Reinigungsmittel 295 Reinraum 150, 221, 333 Reinraumbeschichtung 311 Reinräumen 324 Reinraumoberfläche 333 Relaxation 143 Relaxationszeit 145 Relaxieren 133 Reparatur bzw. Reprofilierungsmörtel 192 Reparaturmörtel 251 Reprofilieren 192, 304 Reprofilierungsbeton 193 Reprofilierungsmörtel 193, 295 Restfeuchte 319 Restrost 422 Revisionssystem 173 Rillen 294 Ringleitung 327 Riss 129, 449 Rissart 143 Rissbewegung 145 Rissbreite 142 Rissbreitenveränderung 143 Rissbreitenveränderung, lastabhängige 141, 143 Rissbreitenveränderung, temperaturabhängige 141, 143 Rissflanke 398 Rissflankenverschiebung 385 Rissgrad 425, 434, 436 Rissklasse 319 Risskorrosion 413 Rissspalt 385 Rissspaltaufweitung, zügig 148 Rissüberbrückende Beschichtung 300 rissüberbrückende Eigenschaft 141 Rissüberbrückung 141 Rissüberbrückung, dynamische 149
Stichwortverzeichnis Rissüberbrückung, statische 149 Rissüberbrückungsfähigkeit 138 Rissüberbrückungsfähigkeit, erhöht 143 Rissüberbrückungsfähigkeit, gering 143 Rissüberbrückungsfähigkeit, statisch 143 Rissüberbrückungsklasse 143, 146 Rissverhalten 143 Ritztiefe 266 Rollappliakation 277 Rolle 129, 280, 447 Rostflecken 163 Rostgrad 434, 445 Rostklopfhammer 438 Rostumwandlung 437 Roving 101, 102 Rovinggewebe 329 Rückhaltemaß 289 Rückprallhammer (Schmidt’scher Hammer) 266 Rückprallwirkung 264 Rückschlagventil 393, 395 Rückstellvermögen 347, 348, 362 Rückverformung 348 Rührwerkzeug 193 Rundpinsel 447 Runzelbildung 329 Runzeln 449 Ruß 176 Rutil 180 Rutschfestigkeit 315 Rutschhemmung 137 Rutschsicherheit 137 Rütteln 280 S Salzsprühnebel-Beanspruchung 450 Sandflächenverfahren 272 Sandwichplatten 1 Sanitärfuge 345, 350 Sauerstoff 260 Sauerstoffkorrosion 407 Saugen, kapillares 390 Saugkopfverfahren 256 Saugwirkung 339 Säure, anorgaische 331 Säure, orgaische 331 Säurebeständigkeit 433 Schaden an Beschichtungen 133 Schadstelle 192 Schalbrettrelief 308
475 Schalbrett-Struktur 194 Schallübertragung 343 Schalschicht 238 Schaumerzeugung 103 Schaumkunststoff 104–106 Schaumstoff 52, 64, 104, 295, 369, 370 Schaumstoff-Dichtband, vorkomprimiertes, imprägniertes 369 Schaumstoffprofil 354 Scheibenglätter 338 Scheidverfahren 250 Scheinfuge 344 Scherfestigkeit 135 Scherspannung 130 Scherung 354 Schichtdicke, erforderliche 116 Schichtdickenabbau durch Witterungseinflüsse und Alterung 116 Schichtdickenschwankung 116, 228, 291 Schichtdickenunterschied 326 Schichtdickenverteilung 281 Schichtdickenzuschlag 282 Schienen- oder Straßenverkehr 145 Schlag- und Stoßfestigkeit 141 Schlag- und Stoßwiderstand 141 Schlagbelastung 141 Schlagen 251, 262 Schlagmeissel 297 Schlagregenbeanspruchung 306, 346 Schlagregensicherheit 370 Schlagzähigkeit 26, 37, 66, 67, 86 Schlämme 294 Schlämme, kunststoffmodifiziert 216 Schlämme, zementgebundene 295 Schlämmstrahlen 440 Schlauch zum Einfüllstutzen 393 Schlauchbeutel 355 Schleifen 249, 253, 320 Schleifgerät 253, 262, 438 Schleifscheibenverfahren nach Böhme 138 Schleppblech 372 Schleuderrad 248 Schleuderstrahlen (Kugelstrahlen) 259 Schleuderstrahlen 439 Schließen 386 Schmelzkammerschlacke 254 Schmelzklebstoff 84 Schmelztemperatur 6, 20 Schneiden 250 Schneidwerkzeug 250
476 Schrammbord 216, 229 Schraubpacker 395 Schrumpfspannung 313 Schrumpfung 168 schubelastisch 142 Schubmodul 18–20, 29, 32, 142, 145 Schubverformung 142 Schutz vor UV-Strahlen 227 Schutzdauer 424 Schutzkleidung 254 Schutzkolloid 126 Schwedenschaber 437 Schwerentflammbarkeit 370 Schwinddehnung 130 Schwinden 348 Schwinden der Bindemittel 129 Schwinden 19, 97, 129,235, 348, 353 Schwindfuge 344 Schwindriss 143 Schwindverformung 130 selbstlaufend 317 Setzungsfuge 343 Shore-Härte 366 Si 3, 4, 23, 47, 51, 52, 214 Sickern 119 Signalwirkung 423 Silikon 351 Silikonate 3, 77 Silikonharz 2–4 Silikonkautschuk 4, 47, 52, 85 Silikosegefahr 254 Siliziumcarbid 254 Siliziumkarbid 295, 322 siliziumorganischen Werkstoff hydrophobierend 117 Silo 101, 102 Siloxan-Acrylharz-Naturwachsbasis 177 Sinterschicht 357 SIVV-Schein 303 Sollschichtdicke 282, 451 Spachtel 192, 202, 294 Spachtelbeschichtung 330 Spachtelmasse 40, 52, 69, 79, 84, 113, 216, 221, 294, 418 Spaltenbreitenänderung, periodische 148 Spaltkorrosion 413, 417 Spaltprodukt 351 Spannungsrisskorrosion, interkristalline 407 Speicherung 125 Sperrschichtbahn 173
Stichwortverzeichnis Spezialpigment 180 Splitt 295 Splittmastixasphalt 228 Spot-Strahlen 441 Sprayable Polymer Cement Concrete (SPCC) 190 Spritzdüse 196 Spritzgerät 129 Spritzgießen 14, 15 Spritzpistole 448 Spritzschatten 197 Spritzverfahren 213 Sprödigkeit 425 Sprühnebelbildung 449 Sroptionsisotherme 125 SRT-Wert 324 Stachelwalze 280, 329, 335 Stahlbetonbauteile 292 Stahlbetonbauwerk, denkmalgeschütztes 306 Stahlgranulat 254 Stahlguss 439 Stahlkugelstrahlen 251 Stammkomponente 202, 395 Standardabweichung 285 Standard-Fußbodenbeschichtungssystem 210 Standortübergangswiderstand 332 Standsicherheit 292, 306 Standvermögen 347 Stärke 38, 178 Statistik 282 Staub 240 Staubemission 138 Staubentwicklung 254 Staubsauger 261 Stellfläche 215 Stellmittel 221 Stemmen 237, 250 Stemmwerkzeug 250 Stichprobenstandardabweichung 285 Stocken 249, 251 Stoffeingeschaft 125 Strahldüse 258 Strahlen 248 Strahlen mit feuchtem Strahlmittel 440 Strahlen mit Trockeneis 443 Strahlfläche 248 Strahlgerät 438 Strahlgut 438 Strahlleistung 257 Strahlmittel 214, 217, 248, 253, 254, 298, 392, 438
Stichwortverzeichnis Strahlschlamm 259 Strahlschutt 248, 259, 439 Strahlsystem 438 Strahlung 43, 44, 46, 67, 175, 180, 188, 345 Strahlungsbeständigkeit 423 Strahlverfahren 436 Straßenbrücke 216 Streckgrenze 25 Streichen 277, 447 Struktur 3, 14, 16, 18, 33, 37, 48, 60, 63, 68, 69, 81, 88, 104, 111, 121, 194, 305, 331, 401, 449 Strukturschaum 104 Styren 57, 58, 77, 78, 87, 89, 106 Styrol 4, 57, 300, 317 Substanz, korrosionsfördernde 411 Substanz, schädliche 141 Sulfat 418 Sulfatgehalt 247 Super-hydrophobe 181 Sweep-Strahlen (Sweepen) 441 Synthese 3, 6 Systemparameter 257 T Taber Abraser 138 Tastschnittverfahren 445, 446 Tauchverfahren 213 Tausalz 370 Tausalzbelastung 217, 237 Tautemperatur 201, 215, 216, 303 Tautemperaturabstand 218 Tauwasser 180 Tauwasserausfall 179 Teer 244 Teilreaktion, anodische 437 Teilreaktion, kathodische 437 Tellerschleifmaschine 253 Temperatur des Untergrundes 216 Temperaturänderung 130 Temperaturbeständigkeit 346, 371 Temperatureinfluss 29, 70 Temperaturwechsel 132 Textilglasmatte 314 Thermischer Längenänderungskoeffizient 130, 315 thermisch-hygrischer Einfluss 334 Thermodiffusion 39 Thermoplast 2, 6, 7, 10–12, 19–22, 25, 28, 29, 37, 38, 46, 54, 56, 60, 64, 74, 82, 89, 93, 104, 108, 169, 244, 365–369, 418, 432
477 Thermoplast, lineare 12 Thermoplast, teilkristallin 14, 15, 18–21 Thiokol, PUR 295 Thioplast 3 thixotrop 362 Thixotropiermittel 67, 68 Thymolphthalein 267 Titanoxid 180 Topfdrahtbürste 252 Topfdrahtbürste, rotierende 260, 438 Topfzeit 69–71, 73, 171, 358 Tragfähigkeit 383 Tränkung 386 Tränkungsgrad 390 Transportmechanismus 118 Traufel 202 TRbF 377 Treiben 247 Trenn- und Nachbehandlungsmittel 240 Trennfuge 343 Trennriss 143 Trennschicht 217, 253 Trennschicht, arteigene 238 triboelektrischer Effekt 151 Trinkwasserbereich 402 Trittschalldämmstoff 106, 176 Trockenschichtdecke 118 Trockenschichtdicke (DFT) 219, 451, 452 Trockenspritzverfahren 196, 197 Trocknen 262 U Übereinstimmungszeichen 312 Überstreichbarkeit 376, 436 Überzug 418 Ultrahochdruck-Wasserstrahlen 257 Umgebungsfeuchte 429 Umläufigkeit 169 Unbedenklichkeit, physiologische 163, 177 Undichtigkeit 219 Unebenheit 251, 294 Unebenheiten 191 ungenügend verdichteter Bereich 236 ungesättigte Bindung 7, 9 ungesättigtes Polyesterharz (UP) 171 Unipolymerisat 9 Untergrund 129, 217 Untergrund, mineralischer 124 Untergrundfeuchte 216 Untergrundtemperatur 132
478 Untergrundvorbereitung 132, 429 Unterrostung, senkrechte 429 Untersuchung, visuelle 383 Unterwanderung, alkalische 428 Unterwanderung, korrosive 429 UP 2, 4, 23, 30, 31, 42, 46, 49, 52, 55, 57–61, 63, 71, 83, 86, 87, 102, 171–173 UV-Einwirkung 426 UV-Stabilisator 426 UV-Stabilität 346 UV-Strahlung 43, 44, 67, 180, 345 UV-vernetzende Acrylatdispersion 219 V Vakuumstrahl 249 Vakuumstrahlen (Saugkopfstrahlen) 255, 264, 440 Valenz 6, 7 Van-der-Waals-Kräfte 13 Varianz 285 Variationseffekt 285 Variationskoeffizient 287 VE-Laminatharz 317 Veränderung, sichtbare 163 Verarbeitbarkeit 65, 66, 69, 79, 88, 90, 192, 200, 318, 328, 347, 380, 387 Verarbeitungseinschränkung 358 Verarbeitungszeit 58, 59, 61, 69, 72, 171, 389, 395 Verbinden, dehnfähiges 386 Verbinden, kraftschlüssiges 386, 397 Verbrauch 221, 451 Verbrauchsmenge 281 Verbrennungprodukt 50 Verbund der Beschichtung zum Untergrund 130 Verbund von Beschichtungen untereinander 131 Verbund zum Untergrund130 Verbund 334 Verbundschwäche 128, 129 Verbundsteinpflaster 228 Verbundverhalten 130 Verdrängungsraum 137 Verdünnungsmittel 63 Verfärbung 129, 168, 347, 373 Verfestigen 354 Verformungscharakteristik 348 Verfüllen 236 Vergleichsmuster 274, 446 Vergleichsstandard 248 Verhalten, elektrostatisches 150 Verhalten, hygrisches 127
Stichwortverzeichnis Verhalten, plastisches 130 Verhältnis, instationäres 127 Verkehrlast 134 Verknäuelung 13 Verlaufmörtel 280 Verlaufsbeschichtung 280 Verlaufseigenschaften der Beschichtungsstoffe 277 Vernetzer 351 Vernetzung 11, 13, 15, 16, 20, 22, 44, 46, 58, 61, 114, 170, 358 Vernetzungsdichte 29, 30 Verschleißfestigkeitsprüfung 324 Verschleißschicht 139 Verschleißwiderstand 138 Verschmutzung 219, 436 Verschmutzungsneigung 219 Verseifen 6, 427, 428, 430 Verseifung 123 Versiegelung 205 Versiegelungsschicht 223 Versprödung 163 Verstärkungsstoff 28, 32, 34, 48, 316 Verteilungsfunktion 283 Verträglichkeit 373 Vinylester (VUP) 173, 454 Vinylester-Glasflakes-Beschichtung 454 Vinylesterharz (VE) 171, 330 viskoelastisches Verhalten 143 Vlies 330 Vlies, leitfähiges 329 Volumenänderung 347 Volumenkoeffizient 406 Volumenschrumpf 73 Volumenschwund 347 Volumenvergrösserung 406 Volumenverlust durch Schrumpfen 129 Vorbehandeln 201 Vorbereiten der Bewehrung 262 Vorbereiten 201 Vorbereitung 234 Vorbereitungsmethoden, abrasive 241 Vorbereitungsverfahren 248 Vorhaltebecken 318 Vorhaltemaß 289 Vornässen 217 Vorstreichen 277 Vulkanisationsmittel 176 W Wachs 240 Walzhaut 436 Wandbeschichtung 311
Stichwortverzeichnis Wärmeabsorption 180 Wärmebeständigkeit 370 Wärmedämmstoff 106 Wärmedämmung 306 Wärmedämmverbundsystem 1, 35, 179, 371 Wärmeleitfähigkeit 34, 35, 66, 105, 106 Wärmespeicherfähigkeit 181 Wärmespeicherung 180 Wartezeit zwischen dem Auftragen 171 Waschen 249 Wasser, aufsteigendes 321 Wasser, Verhalten gegenüber 118 Wasseraufnahme 181 Wasseraufnahme, kapillare 121 Wasseraufnahmefähigkeit 176 Wasseraufnahmekoeffizient 122 Wasserbeaufschlagung 306 Wasserdampfdiffusion (Gasdiffusion) 119, 120 Wasserdampfdiffusion 118 Wasserdampfsperre 304 Wasserdurchlässigkeit 121, 370 Wasserdurchlässigkeitsrate w 121 Wassereinwirkung 125 Wassereinwirkung, rückwärtige 224 wasseremulgierbar 175 Wasserfilm 118 Wasserführung 307 wassergefährdende Flüssigkeit 145 wassergefährdender Stoff 161 Wassergefährdungsklasse (WGK) 162 Wassergehalt in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte 125 Wassergehalt von Betonuntergründen 269 Wassergehalt von Polymerbeschichtungen 125 Wassergehalt 118, 125, 269 Wassergehalt, natürlicher 125 Wassergehaltsbestimmung 271 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) 311, 333 Wasserhaushaltsgesetz 170 wasserlöslicher Bestandteil 411 Wassermolekül (H2O) 118 Wassermolekül 116 Wasserrückhaltevermögen 91, 97, 192, 194 Wasserstoffbrückenbindung 13 Wasserstrahl 249 Wasserstrahlautomat 258 Wasserstrahlverfahren 258
479 Wassertransport, Mechanismen 118 Wasser-Zementwert 338 Weichmacher 19, 29, 37, 38, 43, 63, 130, 176, 360, 388, 426 Weiterreißwiderstand 362 Welligkeit 294 Werkstätte 221 Werkstoff, chemikalienbeständiger 170 Werkstoff, dehnfähiger 141 Werkstoff, hochpolymerer 346 Werkstoff, polymergebundener 130 Werkstoff, zementgebundener, kunststoffmodifizierter 294 Werkstoffhersteller 309 Werktrockenmörtel 192 Wet-Cup-Verfahren 118 Wickelverfahren 102 Widerstand gegen einen erdungsfähigen Punkt 159 Widerstandsfähigkeit, chemische 36, 63, 68, 86, 172 Widerstandsmessung 155 Wind- und Sonneneinwirkung 298 Wirkung, treibende 237 Witterung 171 Witterungsbeständigkeit 162, 371 Wurzelfestigkeit 172, 370 Wurzel-Zeitgesetz 122 Z Zahnleiste 280 Zahnspachtel 336 Zeiteinfluss 31 Zeitstandfestigkeit 26 Zeitstandzugfestigkeit 27 Zelluloid 1 Zellwandstruktur 388 Zementart: Portlandzement 338 Zementfeinmörtel, kunststoffmodifiziert 218 Zementhaut 238, 253, 338, 383 Zementmörtel, kunststoffmodifiziert 130 Zementsinterschicht 238 Zementstein 293 Zementsuspension 383 Zersetzungstemperatur 6, 17, 19, 20, 22, 36, 48 Zinkchromat 418 Zinkoxid 419 Zinkphosphat 419 Zinkstaub 419 ZM-Dispersion 295
480 ZM-Leim 295 ZM-Suspension 295 Zugänglichkeit 414 Zugbeanspruchung 172 Zugfestigkeit 19, 26, 37, 51, 66, 93, 101, 106, 139, 172, 216, 256, 295, 366, 367, 370, 380 Zugversuch 145 Zulassung, bauaufsichtliche 161 Zunder 443 Zusatzbindemittel, plastifizierendes 130 Zusatzstoff 66, 270
Stichwortverzeichnis Zuschlag 59, 67, 68, 70, 71, 87, 129, 139, 170, 196, 202, 245, 258, 259, 294 Zustand, stationärer 129 Zustandsbereich 17 Zwang 293 Zwangsmischer 193 Zweikomponentenanlage 227 Zweikomponenten-Injektionsgerät 395 zweischichtig 143 Zwischenbeschichtung 280, 423 Zwischenschicht 133