Ralf Linke Kundenbindung durch spezifische Investitionen
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GABLER EDITION WISSENSCHAFT Business-to Business-Marketing Herausgeber: Professor Dr. Dr. h.c. Werner Hans Engelhardt, Universitat Bochum, Professor Dr. Michael Kleinaltenkamp, Freie Universitat Berlin (schriftfiihrend) Herausgeberbeirat: Professor Dr. Klaus Backhaus, Universitat Munster, Professor Dr. Joachim Buschken, Katholische Universitat Eichstatt-lngolstadt, Professorin Dr. Sabine FlieB, Fernuniversitat Hagen, Professor Dr. Jorg Freiling, Universitat Bremen, Professor Dr. Bernd Gunter, Universitat Dusseldorf, Professor Dr. Frank Jacob, ESCP-EAP Europaische Wirtschaftshochschule Berlin, Professor Dr. Wulff Plinke, Humboldt-Universitat zu Berlin, Professor Dr. Martin Reckenfelderbaumer, Wissenschaftliche Hochschule Lahr/AKAD Hochschule fiir Berufstatige, Lahr/Schwarzwald, Professor Dr. Mario Rese, Universitat Bochum, Professor Dr. Albrecht Sollner, Europa-Universitat Viadrina Frankfurt/Oder, Professor Dr. Markus Voeth, Universitat Hohenheim, Professor Dr. Rolf Weiber, Universitat Trier
Das Business-to-Business-Marketing ist ein noch relativ junger Forschungszweig, der in Wissenschaft und Praxis standig an Bedeutung gewinnt. Die Schriftenreihe mochte dieser Entwicklung Rechnung tragen und ein Forum fiir wissenschaftliche Beitrage aus dem Businessto-Business-Bereich schaffen. In der Reihe sollen aktuelle Forschungsergebnisse prasentiert und zur Diskussion gestellt werden.
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Ralf Linke
Kundenbindung durch spezifische Investitionen Determinanten der Abhangigkeit unter besonderer Beriicksichtigung der wahrgenommenen Bindungswirkung versunkener Kosten
Miteinem Geleitwortvon Prof. Dr. Christian Schade
Deutscher Universitats-Verlag
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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber
abrufbar.
Dissertation Humboldt-Universitatzu Berlin, 2005
1. Auflage Marz2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universltats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/ Sabine Scholler Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieSlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutztwerden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, SchelSlltz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8350-0239-2
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Geleitwort Die Arbeit von Herm Linke befasst sich mit einer fiir das Marketing zentralen Fragestellung, der Genese von Kundenbindung. Ein gebundener Kunde ist ein loyaler Kunde und damit wertvoll fiir den Anbieter. Anders als in der Forschung zur Kundenzufriedenheit iiblich, behandelt Herr Linke das Problem aus der Perspektive der Okonomik und der mathematischen Psychologie. Mit diesen beiden Theorien sind auch bereits das Spannungsfeld der Arbeit und die beiden sehr unterschiedlichen Aspekte von Kundenbindung, die Herr Linke behandelt, angesprochen. Aus okonomischer Sicht, genauer, aus Sicht der neuen Institutionenokonomik, entsteht Kundenbindung vor allem durch die so genannte Spezifitat von Investitionen in die Beziehung zwischen Hersteller und Kunde. Spezifisch sind solche Investitionen, die in altemativer Verwendung wertlos sind oder zumindest einen groBen Teil ihres Wertes verlieren. Beispiele sind die Erlangung von Kenntnissen uber Personen und untemehmenstypische Ablaufe oder die AnschafFung einer Technologie, die auf die Belange des Kunden zugeschnitten ist. Aus Sicht der mathematischen Psychologie sind wiederum so genannte Referenzpunkte entscheidend, wenn es um die Bewertung der Beziehung zwischen Anbieter und Nachfrager geht. Referenzpunkte implizieren, dass die Wahmehmung und Bewertung von Dingen grundsatzlich relativ ist, dass ein moglicher Verlust also als Verlust gegeniiber etwas Vorhandenem bzw. etwas Angestrebtem verarbeitet wird. GemaB der Prospecttheorie, des prominentesten Ansatzes der mathematischen Psychologie, werden Gewinne gegeniiber einem Referenzpunkt etwa weniger stark bewertet als gleichgroBe Verluste. Ein fiir die Kundenbindung sehr wichtiges, mittels der Prospecttheorie erklarbares Phanomen ist das der Entscheidungsrelevanz versunkener Kosten. Aus diesem resultiert, dass in der Vergangenheit getatigte Investitionen auch dann Bindung generieren konnen, wenn die zukiinftigen Riickfliisse objektiv zu gering sind. Durch die vergangene Investition selbst entsteht unter bestimmten Bedingungen - Bindung. Dies steht natiirlich in unmittelbarem Widerspruch zur von Okonomen postulierten Irrelevanz von versunkenen Kosten. Direkte Effekte versunkener Kosten fiihren dazu, dass Kundenbindung allein aus der Tatsache resultieren kann, dass iiber lange Zeit in die Beziehung investiert wurde. Herm Linke gelingt es nicht nur, die beiden genannten Ansatze miteinander zu konfrontieren, er ist auch erfolgreich darin, diese erstmalig am Beispiel der Kundenbindung zusammenzufiihren. Herr Linke bedient sich dariiber hinaus eines experimentellen Ansatzes, um die von ihm herausgearbeiteten Hypothesen zu testen. Viele Aspekte des von Herm Linke vorgestellten „Hybridansatzes" erweisen sich vor dem Hintergrund der experimentellen Ergebnisse als zutreffend. Unter anderem belegen die experimentellen Ergebnisse grundsatzlich die direkte Wirkung versunkener Kosten auf die Kundenbindung.
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VI
Die Arbeit von Herm Linke ist eigenstandig und innovativ. Sie bietet zahlreiche Anregungen fur weitere Forschung, weil sie mutig ist und die Briicke zwischen zwei wichtigen theoretischen Ansatzen schlagt. Die Arbeit kann somit als Meilenstein in der Marketingforschung angesehen werden, und ich wiinsche ihr eine breite Akzeptanz in Forschung und Praxis. Ich hofFe, dass durch diese weitere Arbeiten, die sich um eine Integration der Neuen Institutionenokonomik und der mathematischen Psychologie bemiihen, angeregt werden.
Prof. Dr. Christian Schade
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VII
Vorwort
Wie kann es sein, dass Kunden einmal getrofFenen Investitionsentscheidungen treu bleiben, obwohl es aus okonomischer Sicht vorteilhaft ist, die Geschaftsbeziehung zu beenden bzw. eine Wechselentscheidung zu treffen? Diese systematischen Fehlentscheidungen finden sich sowohl auf Konsumgutermarkten, bspw. bei Abschluss von Mobilfunkvertragen, als auch auf industriellen Markten, u. a. beim Kauf von Software und Hardv^are fiir Computersysteme. Auf die Messung und Erklarung dieses Phanomens richtet sich der Fokus der Arbeit, die im Sommer 2005 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultat der Humboldt-Universitat zu Berlin als Dissertation angenommen wurde. Durch die Identifikation von Einfliissen und die Quantifizierung der psychologischen Bindungswirkung von anbieterspezifischen Investitionen wird es moglich, einerseits dem Anbieter Anknupfungspunkte fiir die optimale Nutzung einer solchen Kundenbindung zu geben und andererseits den Kunden durch ein tieferes Verstandnis die Vermeidung des fiir ihn schadlichen Verhaltens zu ermoglichen. Bekannt ist, dass spezifische Investitionen eine Bindung an den Transaktionspartner hervorrufen konnen. Dies wurde insbesondere in der institutionenokonomischen Literatur in zahlreichen Publikationen aufgegriffen. Das Ratsel in der Praxis ist aus traditionell okonomischer Sicht jedoch nicht zu klaren. Erst in Kombination mit Modellen der neueren psychologischen Forschung lasst sich diese Frage auf einem quantitativen Fundament diskutieren. Durch die Integration okonomischer und psychologischer Bindungsansatze, welche durch die Analogie zwischen Spezifitat und versunkenen Kosten ermoglicht wird, wird ein wissenschaftstheoretisch fundierter Bezugsrahmen fiir zukiinftige wissenschaftliche Forschungsbemiihungen geschaffen. Zum Gelingen dieser Schrift hat eine Vielzahl von Personen beigetragen, denen ich an dieser Stelle herzlich danken mochte. Insbesondere gilt der Dank meinem Doktorvater, Herm Prof Plinke, der mit fachlichem Rat und standiger Ermutigung die Entstehung der Arbeit erst ermoglicht hat. Nicht weniger Anerkennung gebiihrt Herm Prof Schade, der mir beim Bau der Briicke zwischen okonomischer und psychologischer Forschung zur Seite stand und sich bereit erklarte, das Erstgutachten zu erstellen. Ein grolier Dank gebiihrt dem Team des Institutes fiir Industrielles Marketing-Management, welches mir in Lehre und Forschung stets zur Seite stand. Die Kolleginnen und Kollegen Birgit Engel, Sandra Plato, Meike Niedbal und Frank Ullrich waren ebenso fiir mich da wie Frau Heidemarie Rolle und Frau Brigitte Zimmermann, die guten Seelen des Institutes, wie auch diefleiBigenstudentischen Heifer Kristina Baumgarten, Matthias Machon und Alexander Korolchuk.
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VIII
Nach organisatorischen Veranderungen in der Endphase der Arbeit hat mir Herr Prof. Hildebrandt den Riicken freigehalten und mich im Promotionsverfahren unterstiitzt. Fur die Unterstutzung auch in fachlicher Hinsicht danke ich ihm und den Mitarbeitem seines Institutes. Im Laufe meines Dissertationsprojektes schien es oft, als ob ich mich einer Sackgasse nahere. Ohne den fachlichen Beistand meiner Kollegen in diesen Situationen hatte mich wohl manches Mai der Mut verlassen. Ein besonderer Dank gih hier Andreas Schroder fiir den Beistand in mathematischen Fragen sowie Herm Prof. Marcel Paulssen (j.), der mir mit Ideen und Perspektiven oftmals neue Wege zeigte. Die Experimente wurden erst durch die Unterstiitzung verschiedener Professoren moglich, die mir ihre Vorlesungszeit zur Verfiigung stellten. Vielen Dank an Frau Prof Gertich, Herm Prof. Adler, Herm Prof. Kleinaltenkamp und Herm Prof Rese. Schliefilich gebiihrt der Geduld und dem aufgebrachten Verstandnis meiner Lebensgefahrtin Anke Heuer sowie ihrer unermudlichen moralischen Aufbauarbeit mein liebevoller Dank. Mein ganz besonderer Dank gilt letztlich meinen Eltem Manfred und Ruth fiir ihre fortwahrende liebevolle Unterstiitzung wShrend meines gesamten Ausbildungswegs.
Ralf Linke
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IX
Inhaltsubersicht
1
Einfiihrung und Vorgehensweise 1.1 Zwei Seiten der Kundenbindung durch spezifische Investitionen 1.2 Vorgehensweise
2
Bindungswirkung speziflscher Investitionen als Untersucliungsgegenstand 2.1 Spezifische Investitionen als Kundenbindungsinstrument 2.2 Ansatzpunkte fiir die Identifikation der Determinanten der Bindungswirkung speziflscher Investitionen
3
Festlegung der theoretischen Basis 3.1 Diskussion moglicher Erklarungsansatze 3.2 Transaktionskostentheorie als Erklarungsgrundlage derivativer Bindung 3.3 Kumulative Prospect Theorie als Erklarungsgrundlage originarer Bindung 3.4 Kritische Betrachtung des Theorienpluralismus
4
Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung 4.1 Einordnung der empirischen Fragestellung in das Gesamtmodell 4.2 Committed Cost als Einflussfaktor aus Sicht der Prospect Theorie 4.3 Moderierende Einflusse 4.4 Hypothesensystem der Determinanten originarer Bindungswirkung
5
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung speziflscher Investitionen 5.1 Aufbau der Analyse 5.2 Erhebungsdesign 5.3 Bestimmung der Wert- und Gewichtungsfunktionen 5.4 Hypothesenpriifung 5.5 Grenzen der experimentellen Untersuchung
6
Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen 6.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 6.2 Implikationen ftir Marketing-Management und Marketingwissenschaft
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XI
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
XV
Tabellenverzeichnis
XVII
1
Einfiihrung und Vorgehensweise 1.1 Zwei Seiten der Kundenbindung durch spezifische Investitionen 1.2 Vorgehensweise
1 1 5
2
Binduagswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand 2.1 Spezifische Investitionen als Kundenbindungsinstmment
8 9
2.1.1 Kundenbindung als Ursache des Wiederkaufv^erhaltens 2.1.2 Spezifische Investitionen als Ursache der Kundenbindung 2.L2.1 Spezifitat von Ressourcen 2.1.2.2 Quasirente als Ausdruck der Kundenbindung 2.2 Ansatzpunkte fur die Identifikation der Determinanten der Bindungswirkung spezifischer Investitionen 2.2.1 Determinanten der Bindung im Relationship-Marketing 2.2.2 Determinanten in der Eskalations- und Sunk Cost-Forschung 2.2.3 Versunkene Kosten als Determinante der Bindungswirkung 2.2.3.1 Theoretische Sichtweisen versunkener Kosten 2.2.3.2 Das Konstrukt der Committed Cost 3
9 16 17 18 28 29 37 44 45 49
Festlegung der theoretischen Basis 3.1 Diskussion moglicher Erklarungsansatze 3.1.1 Ansatze zur theoretischen Fundierung derivativer Bindung 3.1.2 Ansatze zur theoretischen Fundierung originarer Bindung 3.2 Transaktionskostentheorie als Erklarungsgrundlage derivativer Bindung 3.2.1 Grundlagen und Pramissen der Transaktionskostentheorie 3.2.2 Transaktionsprobleme und Koordinationsform 3.2.3 Derivative Bindungswirkung spezifischer Investition aus Sicht der Transaktionskostentheorie 3.2.4 Zusammenfassendes effizienzorientiertes Partialmodell derivativer Bindungswirkung 3.3 Kumulative Prospect Theorie als Erklarungsgrundlage originarer Bindung 3.3.1 Neoklassische Nutzentheorie und neuere Praferenztheorien 3.3.2 Grundlagen und Pramissen der Prospect Theorie 3.3.2.1 Merkmale der Editierungsphase 3.3.2.2 Merkmale der Wertfunktion 3.3.2.3 Merkmale der Gewichtungsfunktion
51 51 52 55 60 61 64 68 74 76 77 80 81 82 83
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XII
3,3.2.4 Kumulative Erweiterung der Prospect Theorie 3.3.3 Kognitive Entscheidungsstrukturen zur Modellierung des Sunk Cost-Effektes 3.3.3.1 Sunk Cost-Effekt durch explizite Integration 3.3.3.2 Sunk Cost-Effekt durch Startwertverschiebung 3.4 Kritische Betrachtung des Theorienpluralismus 3.4.1 Komplementaritat von Transaktionskostentheorie und Prospect Theorie 3.4.2 Widerspruchsfreiheit der Annahmen und Aussagen 4
Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung 4.1 Einordnung der empirischen Fragestellung in das Gesamtmodell 4.2 Committed Cost als Einflussfaktor aus Sicht der Prospect Theorie 4.2.1 Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten 4.2.2 Zur Bindungswirkung der Committed Cost 4.2.3 Kognitive Entscheidungsstrukturen 4.3 Moderierende Einfltisse 4.3.1 Einfluss negativen Feedbacks 4.3.2 Einfluss des Break-Even-Effektes 4.4 Hypothesensystem der Determinanten originarer Bindungswirkung
5
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen 5.1 Aufbau der Analyse 5.2 Erhebungsdesign 5.2.1 Aufbau des Experimentes 5.2.1.1 Messmethode 5.2.1.2 Operationalisierung der Committed Cost 5.2.2 Aufbau des Fragebogens 5.2.2.1 Formulierung der Fallstudie 5.2.2.2 Formulierung der Entscheidungssituation 5.2.3 Struktur und Bereinigung der Stichprobe 5.3 Bestimmung der Wert- und Gewichtungsfunktionen 5.3.1 Formal isierung der Wertfunktion 5.3.2 Formalisierung der Gewichtungsfunktion 5.3.3 Parameter und Eigenschaften der Wertfunktionen 5.4 Hypothesenpnifung 5.4.1 Wirkung spezifischer Investitionen 5.4.2 Prufung des Konstruktes der Committed Cost 5.4.2.1 Die Bindungswirkung von Committed Cost 5.4.2.2 Die Bindungswirkung von Spezifitat 5.4.2.3 Die Bindungswirkung der Amortisation
84 87 88 90 93 94 95 100 100 103 103 104 106 110 111 113 116 118 118 119 119 122 124 127 128 130 132 133 133 136 139 142 142 146 152 156 160
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XIII
5.4.3 Prufung der Vertrauenswirkung 5.4.3.1 Bindungswirkung der Committed Cost bei geringem Vertrauen 5.4.3.2 Bindungsveranderung durch Vertrauensreduktion 5.4.3.3 Interaktion von Vertrauen und Committed Cost 5.4.4 Framing der Verlustsituation 5.4.5 Einfluss der Chance auf einen Break-Even 5.5 Grenzen der experimentellen Untersuchung 5.5.1 Generalisierbarkeit der Ergebnisse 5.5.2 Weitere Einflussfaktoren 6
Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen 6.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 6.2 Implikationen fur Marketing-Management und Marketingwissenschaft 6.2.1 Weitere Forschung und Folgerungen fur die Marketingwissenschaft 6.2.2 Konsequenzen fur das Relationship-Management
164 165 168 171 173 175 179 181 185 191 191 204 205 210
Anhang
217
Literatur
231
Sachverzeichnis
253
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XV
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Bindungswirkung spezifischer Investitionen aus Kundensicht
3
Abbildung 2: Ubersicht tiber die Struktur der Arbeit
7
Abbildung 3: Kundenbindung als dichotomes Konzept
19
Abbildung 4: Quasirente und Sunk Cost aus Kaufersicht (ex post)
22
Abbildung 5: Quasirente in Abhangigkeit der Spezifitat
23
Abbildung 6: Verteilung der Gesamtrente durch den Preis
26
Abbildung 7: Sukzessive Beschaffungsschrittfolge im Systemgeschaft
31
Abbildung 8: Bindungskriterien im Systemgeschaft
33
Abbildung 9: Totalmodell der Eskalation
41
Abbildung 10: Entscheidungsrelevanz von Kosten und Erlosen
46
Abbildung 11: Transaktionskosten der Koordinationsformen in Abhangigkeit der Spezifitat
66
Abbildung 12: Modell derivativer Bindung auf Basis des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens
75
Abbildung 13a und b: Wertfunktion und Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion der Prospect Theorie
82
Abbildung 14: Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktionen der kumulativen Prospect Theorie
84
Abbildung 15: Segregierte versus integrierte Wahmehmung
89
Abbildung 16a und b: Bindungswirkung durch Startwertverschiebung fur Gewinne und Verluste
91
Abbildung 17: Problembezogenes Gesamtmodell der Bindungswirkung spezifischer Investitionen
101
Abbildung 18: Schematische Darstellung der Amortisation spezifischer Investitionen
105
Abbildung 19a und b: Bewertung bei impliziter Integration ohne und mit Chance auf einen Break-Even Abbildung 20a und b: Break-Even-Chance bei Veranderung der Committed Cost
114 115
Abbildung 21: Determinanten originarer Bindung und moderierende Einfliisse auf kognitiver Ebene
116
Abbildung 22: Random Cross-Sectional Design mit zwei Szenarien ex post
120
Abbildung 23: Ubersicht des Untersuchungsdesigns
121
Abbildung 24: Entscheidungsbaume fur Szenario I und II
123
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XVI
Abbildung 25: Bindungswirkung aus Sicht des In-Suppliers
126
Abbildung 26: Bindungswirkung aus Sicht des Out-Suppliers
127
Abbildung 27: Entscheidungsschemata fur Szenario I und II
130
Abbildung 28: Beispiel fur Entscheidungen im Gewinnbereich in Szenario I und II
131
Abbildung 29: Stichprobe nach Fachsemester in Prozent
133
Abbildung 30: Gewichtungsfunktionen fur unterschiedliche Auspragungen von y
137
Abbildung 31: Histogramm und Normalverteilungsdiagramm fiir AIP2
144
Abbildung 32: Schematische Darstellung der Verteilung von drei Bindungsgruppen
150
Abbildung 33: Durchschnittliche Bindungswirkung der Committed Cost in Szenario I (y = 0,61)
155
Abbildung 34: Durchschnittliche Bindungswirkung der Spezifitat (y = 0,61)
158
Abbildung 35: Durchschnittliche Bindungswirkung der Amortisation (y = 0,61)
162
Abbildung 36: Boxplot der Bindungswirkungen nach Spezifitat und Amortisation (y = 0,61) Abbildung 37: Durchschnittliche Bindungswirkung der Committed Cost fiir
164
Szenario II (y = 0,61) Abbildung 38: Veranderung der Bindungswirkung durch Vertrauensreduktion
167 169
Abbildung 39: Durchschnittliche Bindungswirkungsveranderung zwischen den Szenarien (y = 0,61)
172
Abbildung 40: Ankerpunkteffekt durch die Beispielsentscheidung
188
Abbildung 41: Bindungswirkung bei individuellen Start- bzw. Zielwerten
199
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XVII
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Abstimmung der Verhaltensprogramme von Kunde und Anbieter
10
Tabelle 2: Erscheinungsform von Kunden-Anbieter-Beziehungen
11
Tabelle 3: Ursachen der Kundenbindung
12
Tabelle 4: Ubersicht der verschiedenen Sunk Cost-Begriffe
48
Tabelle 5: Zusammensetzung der Committed Cost
49
Tabelle 6: Ubersicht der Entscheidungstheorien
77
Tabelle 7: Ausgewahlte Axiome der Erwartungsnutzentheorie und Paradoxa
78
Tabelle 8: Ubersicht ausgewahlter Editierungsregeln
81
Tabelle 9: „Fourfold Pattern" der Risikoeinstellung in der Cumulative Prospect Theory
86
Tabelle 10: Gruppierung von Erklarungsansatzen und ausgewahlte Untersuchungen
103
Tabelle 11: Ubersicht ausgewahlter kognitiver Entscheidungsstrukturen
107
Tabelle 12: Bindungsveranderung in Abhangigkeit einer Break-Even-Chance
116
Tabelle 13: Between-Subject-Design der sechs Gruppen
119
Tabelle 14: Design innerhalb der Gruppen
124
Tabelle 15: Ubersicht ausgewahker Funktionstypen fur Wert- und Gewichtungsfunktion
134
Tabelle 16: Empirische Parameterwerte fury
136
Tabelle 17: Parameter der geschatzten Wertfunktionen
140
Tabelle 18: Beschreibung der transformierten Wahrscheinlichkeitsaquivalente (fury = 0,61)
142
Tabelle 19: Verbundene Stichproben t-Test fur Treatmenteffekt (fiir y = 0,61)
143
Tabelle 20: Rangstatistik des Treatmenteffektes
145
Tabelle 21: Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest
146
Tabelle 22: Deskriptive Kennzahlen fiir 5x (y = 0,61)
147
Tabelle 23: Verteilung der Bindungsrichtung in der Stichprobe
148
Tabelle 24: Veranderung der Bindungsrichtung zwischen Gewinnen und Verlusten (N = 192)
148
Tabelle 25: Tests auf Normalverteilung und Varianzhomogenitat ftir 5x (y = 0,61)
149
Tabelle 26: Bindungswirkung 5x fur gebundene und ungebunden Gruppe (y = 0,61)
151
Tabelle 27: Jonckheere-Terpstra-Test ftir die gesamte Stichprobe (y = 0,61)
153
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XVIII
Tabelle 28: Korrelationen (Spearman's Rho) von cc und Sx (y = 0,56)
154
Tabelle 29: MWU-Test der Spezifitat fiir die gesamte Stichprobe (y = 0,61)
157
Tabelle 30: Einfluss der Spezifitatsanderung fur die gebundene Gruppe (y = 0,61)
159
Tabelle 31: Einfluss der Spezifitatsanderung fur die ungebundene Gruppe (y = 0,61)
160
Tabelle 32: Jonckheere-Terpstra-Test der Amortisationswirkung fur die gesamte Stichprobe (y = 0,61)
161
Tabelle 33: Einfluss der Amortisationsveranderung fur die gebundenen VPN
161
Tabelle 34: Einfluss der Amortisationsveranderung fur die ungebundenen VPN
163
Tabelle 35: Deskriptive Kennzahlen fiir 5x" in der gesamten Stichprobe (y = 0,61)
166
Tabelle 36: Verteilungsstruktur der Bindungsrichtung in der Stichprobe (Szenario II)
166
Tabelle 37: Bindungswirkung 5x" fiir gebundene und ungebundene VPN (y = 0,61)
168
Tabelle 38: Test des Vertrauenseinflusses nach Wilcoxon (y = 0,61)
169
Tabelle 39: Veranderung der strukturellen Gruppenzugehorigkeit in Prozent
170
Tabelle 40: Vertrauenseinfluss 55x fur die gesamte Stichprobe mit J-Test (y = 0,61)
171
Tabelle 41: Gtitekriterien der kognitiven Entscheidungsstrukturen (y = 0,61)
174
Tabelle 42: Untersuchungsplan fur den Break-Even-Effekt
177
Tabelle 43: Priifung des Break-Even-Einflusses nach Wilcoxon (y = 0,61)
177
Tabelle 44: Bindungswirkung der Committed Cost ohne Chance auf Break-Even
179
Tabelle 45: Problematische Bereiche extemer Validitat
181
Tabelle 46: Uberblick der Ergebnisse zur Forschungsfrage 1
192
Tabelle 47: Uberblick iiber die Ergebnisse der Hypothesenpriifung zur Bindungswirkung (Forschungsfrage 2) 194 Tabelle 48: Uberblick der Bindungswirkung der Committed Cost in Abhangigkeit des Vertrauens
197
Tabelle 49: Uberblick iiber die Ergebnisse der Hypothesenpriifung zur kognitiven Entscheidungsstruktur (Forschungsfrage 3)
198
Tabelle 50: Ausgewahlte Einfliisse auf das Anspruchsniveau
204
Tabelle 51: Ausgewahlte MaBnahmen zur Vermeidung originarer Bindung
213
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1 Einfuhrung und Vorgehensweise 1.1 Zwei Seiten der Kundenbindung durch spezifische Investitionen Die zunehmende Bedeutung der Kundenbindung fur den Untemehmenserfolg ist in der Literatur und der Untemehmenspraxis allgemein anerkannt/ Die Treiber dieser Entwicklung sind insbesondere die globale Verstarkung der Wettbewerbsintensitat, der technologische Wandel und die immer schwieriger werdende Differenzierung im Wettbewerb. Eine Folge ist die Zunahme relationaler Elemente in Austauschbeziehungen. In hohem Mafie gilt dies fiir Beziehungen auf industriellen Markten, die haufig eng, langfristig und fur beide Parteien von hoher Bedeutung sind.^ „Companies don't make purchases; they establish relationships".^ Im Grundsatz bestehen Beziehungen zwischen dem Anbieter auf der einen und dem Nachfrager auf der anderen Seite solange, wie beide Parteien diese als vorteilhaft wahmehmen. Die Vorteilhaftigkeit bezieht sich dabei keineswegs nur auf monetare GroBen. Der „Leim", der eine Geschaftsbeziehung zusammenhalt, kann uber den monetaren Wert hinaus weitere Elemente wie Vertrauen oder die empfundene Gerechtigkeit bei der Verteilung der Friichte der Beziehung enthalten/ Die Frage nach der bindenden Wirkung einer Beziehung ist mit der Vorteilhaftigkeit alleine noch nicht zu klaren. Gibt es mehr als einen Anbieter oder Kunden am Markt, so wird der Transaktionspartner die Vorteilhaftigkeit der Beziehung immer relativ zur nachstbesten Alternative beurteilen. So ist eine unrentable Lieferantenbeziehung als vorteilhaft anzusehen, wenn die Alternativen noch weniger rentabel sind. Die bindungsentscheidende relative Vorteilhaftigkeit ergibt sich aus der (Netto-)Nutzendifferenz zwischen gegenwartiger Beziehung und nachstbester Alternative.^ Dariiber hinaus verzerren Wechselkosten das Bild der Vorteilhaftigkeit. Entscheidet sich ein Transaktionspartner, seine bestehende Geschaftsbeziehung aufzugeben und eine neue lukrativere Beziehung einzugehen, so entstehen ihm Kosten durch den Wegfall des Wertes der bestehenden Beziehung sowie Kosten der Anbahnung, KontroUe und Anpassung der gewahlten Akemative, d. h. Transaktionskosten.^ Diese Kosten beim Verlassen der Beziehung konnen als Kosten des Wechsels interpretiert werden. Deren Hohe hangt maBgeblich davon ab, ob und in welchem Umfang die in der bestehenden Beziehung existierenden Werte auf die neue
' Vgl. u. a. Plinke (1997a), S. 115; Homburg/Bmhn (1999), S. 5. ^Vgl. Jackson (1985), S. 2. ^Kotler(1994), S. 204. ^ Vgl. SoUner (1999), S. 221; Lapierre (2000), S. 125. ^ Vgl. Plinke (2000), S. 56. ^ Vgl. ebenda, S. 47ff.
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2
Einfiihrung und Vorgehensweise
Alternative iibertragen werden konnen/ Ein treffendes Beispiel hierfur ist die fur diese Arbeit verwendete Software zur Literaturverwaltung. Ein Wechsel zu einem in vieler Hinsicht attraktiveren Programm fur diesen Zweck hatte die wiederholte Eingabe von etwa 400 Quellen in einem neuen Format erfordert. Je spezifischer die Ressourcen in einer Beziehung auf den Transaktionspartner zugeschnitten sind, desto geringer ist ihr Wert in der nachstbesten Verwendungsmoglichkeit. Solche spezifischen Investitionen lassen die bestmogliche Alternative weniger vorteilhaft erscheinen und konnen somit Abhangigkeit begriinden:^ „Transactionspecific assets create dependence, which is described by the extent of the replaceability of the exchange partner".^ Diese Abhangigkeit begnindet die hohe Bedeutung spezifischer Investitionen fur die Bindung des Transaktionspartners in Geschaftsbeziehungen: „[...] although all types of switching costs can build inertia in the customer organization and strengthen ties to a vendor, investments in lasting assets are especially effective [...] in creating long time horizons."^^ Ein Austauschpartner, der spezifisch investiert, begibt sich in eine Abhangigkeit bzw. Lock-In Situation. ^ ^ Die zukiinftigen spezifischen Ertrage der Investition lassen sich nur in der begriindeten Beziehung realisieren, Hieraus erwachst das Potential des Transaktionspartners, sich die spezifischen Ertrage der Gegenseite solange anzueignen, bis dieser indifferent zwischen Verbleib und Austritt aus der Beziehung ist/^ In dieser Situation ist der Transaktionspartner nicht mehr gebunden. Abbildung 1 verdeutlicht die Bindungswirkung, deren Determinanten in der vorliegenden Arbeit zu klaren sind. Das Beispiel zeigt die Kosten und Nutzen einer vollstandig spezifischen Investition iiber fiinf Perioden, Ein Kunde tatigt zu Beginn der ersten Periode eine vollstandig spezifische Investition, da der erwartete Nutzen die erwarten Kosten uberwiegt. Nach Ablauf der ersten Periode sind laufende Kosten angefallen und bereits ein Teil der erwarteten Ertrage realisiert. Unter sonst gleichen Bedingungen waren in den verbleibenden vier Perioden Jewells die gleichen Kosten und Nutzen zu erwarten. Aber: Zu Beginn der zweiten Periode (gestrichelte vertikale Linie) erhoht der Anbieter, in welchen spezifisch investiert wurde, die laufenden Kosten des Kunden, bspw. die Wartungs- oder Ersatzteilkosten (Pfeil 1). Damit flieBen (prospektive) spezifische Ertrage des Kunden (dunkle Balken) an den Anbieter zurlick, Der Kunde wird erst desinvestieren, wenn die erwarteten (und erhohten) Kosten den erwarten Nutzen tibersteigen.
^ Vgl. Jackson (1985); Nielson (1996). ^ Vgl. Williamson (1979); Williamson (1985). ''Heide/John(1988),S.24. '^ Jackson (1985), S. 204. " Vgl. Williamson (1981a), S. 555. '2 Vgl. u. a. Schade/Schott (1993b); Kaas (1995c); Plinke/Sollner (1999).
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Einfiihrung und Vorgehensweise
Irrelevante retrospektive
Relevante prospektive
Kosten/Nutzen
Kosten/Nutzen
Nutzen
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Kosten
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1 - Bindungswirkung prospektiver Grofien 2 - Bindungswirkung retrospektiver Grofien Abbildung 1: Bindungswirkung spezifischer Investitionen aus Kundensicht
Spezifische Investitionen in Geschaftsbeziehungen konnen sowohl einseitig durch den Kunden Oder den Anbieter als auch wechselseitig erfolgen/^ Die resultierenden Bindungen lassen sich differenzieren in die Kundenbindung einerseits und die Lieferantenbindung andererseits. Im Fokus dieser Arbeit steht das Relationship-Buying als Folge der Bindung des Kunden. Relationship-Buying beschreibt das Verhalten gebundener Kunden, „[...] die ihre Kaufentscheidungen innerhalb einer andauemden Beziehung zu einem Lieferanten treffen, wo vorangegangene und erwartete zuklinftige Kaufentscheidungen stets auch die gegenwartige Entscheidung mit pragen".^"* Die relative Vorteilhaftigkeit fur den Kunden bezieht sich ausschlieBlich auf erwartete zukiinftige Nutzen und Kosten der Investitionsaltemativen innerhalb eines Planungshorizontes. Ihre Bindungswirkung weist damit einen prospektiven Zeitraumbezug auf, auch wenn die Ursache im Falle spezifischer Investitionen in der Vergangenheit liegt. Die bereits angefallenen Nutzen und Kosten vorangegangener Kaufentscheidungen besitzen keine okonomische Bindungswirkung. Ex post ist die spezifische Investition versunken und damit aus normativer Sicht entscheidungsirrelevant.
" Vgl. u. a. Kaas/Schade (1993); Backhaus etal. (1996); SoUner (1999); Buvik/Reve (2001). '^ Plinke/Sollner (1999), S. 57.
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Einfiihrung imd Vorgehensweise
Fraglich ist, ob die Bindungswirkung spezifischer Investitionen durch ihre okonomische Vorteilhaftigkeit vollstandig erklart werden kann. Zahlreiche verhaltenswissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass vorangegangene Einnahmen und Ausgaben Kunden binden konnen/^ Fiir den systematischen Einfluss versunkener Kosten und Nutzen auf Folgeentscheidungen wurden in der Literatur eine Reihe von Ursachen identifiziert. Einerseits konnen die Rahmenbedingungen einer Entscheidungssituation wie asymmetrische Informationsverteilung Oder die Unvollkommenheit des Kapitalmarktes zur Entscheidungsrelevanz versunkener Kosten fuhren.^^ Davon zu unterscheiden sind Ursachen, die in der Natur des Entscheiders liegen/^ Sie begriinden sich auf die individuelle Wahmehmung vorangegangener Kosten und Nutzen und damit die spezifische Investition an sich, die im Fokus dieser Arbeit steht. Die daraus resultierende Bindungswirkung begriindet sich auf vorangegangene Verluste und zeigt einen retrospektiven Zeitraumbezug. Im Falle der Entscheidungsrelevanz der normativ irrelevanten (retrospektiven) Kosten und Nutzen ergibt sich eine zusatzliche Bindungswirkung (Pfeil 2 in Abbildung 1). Damit ist es dem Anbieter moglich, die laufenden Kosten uber den Punkt zu erhohen, an dem die Kosten den Nutzen des Kunden iibersteigen - das Abschopfungspotential des Anbieters ist gestiegen. Zur Erzielung einer maximalen Bindungswirkung ist es fiir den Anbieter entscheidend, seine kundengerichteten MaBnahmen an den Determinanten der Bindungswirkungen auszurichten, Wahrend die Determinanten der zukunftsbezogenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen bereits eine starke Beachtung in der Literatur gefunden haben, sind die Einflussfaktoren auf die retrospektive Bindungswirkung im Kontext spezifischer Investitionen bisher kaum auBerhalb der psychologischen Literatur untersucht worden. Um diesbeziiglich einen Beitrag zu leisten, soil die Identifikation und Modellierung dieser Einfltisse ein Ziel dieser Arbeit sein. Daraus leitet sich die Forschungsfrage ab, ob eine solche kognitive Bindungswirkung auf den Kontext spezifischer Investitionen tibertragen werden kann und ob sie einen zusatzlichen Erklarungsbeitrag zur okonomischen Erklarung der Bindungswirkung spezifischer Investitionen leistet. Zur Analyse retrospektiver Bindungswirkungen wird ein theoriegeleitetes deduktives Vorgehen gewahlt, um die entsprechenden Wirkungen nicht nur nachzuweisen, sondem dariiber hinaus Wirkungszusammenhange zu identifizieren und in ein theoretisches Gesamtverstandnis der Geschaftsbeziehung einzuordnen. Dazu wird es notwendig sein, iiber bestehende okonomische Ansatze (genauer: institutionenokonomische Ansatze) hinauszugehen und den untemehmerischen Entscheidungsprozess explizit zu beriicksichtigen. '^ Einen Uberblick geben Garland/Newport (1991); Bazermann (1994), S. 85-90; Staw (1997). "' Vgl. u. a. Berg et al. (1991); Harrison/Harrell (1993). '^ Vgl. u. a. Arkes/Blumer (1985); Garland/Newport (1991).
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Einfiihrung und Vorgehensweise
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Von einigen neueren Ansatzen, die in diese Richtung gehen, unterscheidet sich die vorliegende Arbeit durch die explizite Modelliemng des Entscheidungsprozesses sowie die Beriicksichtigung unterschiedlicher kognitiver Entscheidungsstrukturen, wobei unterschiedliche Anspruchsniveaus und Verzerrungen bei Verlustwahmehmung integriert werden.^^ Femer ermoglicht ein effizienzorientiertes Vorgehen die Dekomposition retrospektiver Kosten und damit die Identifizierung des Einflusses einzelner Kostenkomponenten,
1.2 Vorgehensweise Die Analyse der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen im Kontext des industriellen Relationship-Buying wird gemaB der diskutierten Dichotomie nach ihrem Zeitbezug in zwei Komponenten betrachtet, die sich im Aufbau der Arbeit wiederfinden: der derivativen Bindungswirkung prospektiver Kosten und der origindren Bindungswirkung retrospektiver Kosten, Die Einfiihrung und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes sind Inhalt des zweiten Kapitels. Die spezifische Investition wird als Ursache von Kundenbindung identifiziert. Grundlage dafiir sind die prospektive und die retrospektive Bindungswirkung, die auf die Spezifitat als Ressourceneigenschaft zuriickgefiihrt werden. Einerseits resultiert aus der Spezifitat eine Quasirente als Ausdruck der prospektiven Einfliisse und andererseits resultieren Committed Cost als Ausdruck retrospektiver Einfliisse. Zur Identifikation der Determinanten der Bindungswirkung werden in Abschnitt 2.2 drei Forschungsfelder betrachtet, die sich explizit Oder implizit mit den Konsequenzen spezifischer Investitionen fiir das Verhalten der Akteure auseinandersetzen: das Industriegiitermarketing mit der Analyse von Abhangigkeitsverhaltnissen in Geschaftsbeziehungen, die interdisziplinare Eskalationsforschung mit der Analyse der Eskalation von Commitment sowie die deskriptive Entscheidungsforschung mit der Analyse von Entscheidungsanomalien. Am Ende des Kapitels wird der Begriff der Committed Cost abgeleitet, um Eindeutigkeit beziiglich des Verstandnisses versunkener Kosten in der vorliegenden Arbeit herzustellen. Die Festlegung der theoretischen Basis der Untersuchung erfolgt im dritten Kapitel. Voraussetzung dafiir ist die Diskussion moglicher Erklarungsansatze einerseits fiir die theoretische Fundierung derivativer Bindung und andererseits fiir die theoretische Fundierung originarer Bindung. Die Trennung wird notwendig, da sich in der Literatur kein Ansatz fmdet, der fiir beide Problembereiche einen ausreichenden Erklarungsgehalt besitzt. Im Sinne einer normativen Entscheidungstheorie sind nur die prospektiven Kosten entscheidungsrelevant. Dariiber hinaus wird die Vorteilhaftigkeit maBgeblich durch die Merkmale der Transaktion bestimmt. Dazu zahlen Spezifitat und Unsicherheit und die Verhaltensmerkmale beschrankter Rationali-
*' ^ Vgl. u. a. die Enveiterung des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens von Chiles/McMackin (1996) sowie die Integration institutionenokonomisciier und entscheidungstheoretischer Ansatze von Adler (2003).
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Einfiihrung und Vorgehensweise
tat und Opportunismus. Fiir die Analyse derivativer Bindung erscheint eine transaktionskostentheoretische Betrachtung fruchtbar, welche die genannten Faktoren abbildet. Die Analyse der originaren Bindungswirkung erfordert subjektivistische Modelle, die nichtlineare referenzpunktabMngige Werttransformationen zulassen. Die Ermittlung der Bindungswirkung retrospektiver Einfltisse erfolgt daher auf Basis von Ansatzen der deskriptiven Entscheidungstheorie, wobei die Prospect Theorie im Mittelpunkt der Betrachtung steht. AbschlieBend wird die Komplementaritat beider theoretischer Bezugsrahmen zur Erklarung des Untersuchungsgegenstandes auf Basis wissenschaftstheoretischer Uberlegungen geprtift, Im Gegensatz zur derivativen Bindung spezifischer Investitionen wurde die originare Bindung im Kontext anbieterspezifischer Investitionen in einer Geschaftsbeziehung bisher kaum untersucht. Um diesbezuglich einen Beitrag zu leisten, werden im vierten Kapitel Hypothesen zur Bindungswirkung der Committed Cost sowie ausgewahlter moderierender Einfliisse abgeleitet. Das funfte Kapitel beinhaltet eine experimentelle Priifung des Hypothesensystems. Zunachst werden das Erhebungsdesign sowie die MeBmethode und die zugrunde liegende Fallstudie vorgestellt. Auf Basis der individuellen Bewertungen spezifischer Investitionen werden anschlieBend die Veranderungen der wahrgenommenen Bindungswirkung durch das experimentelle Treatment untersucht. Neben der Bindungswirkung der Committed Cost und moderierender GroBen wird dabei auch die individuelle Entscheidungsstruktur analysiert. AbschlieBend werden die Grenzen und Validitatsaspekte der Analyse diskutiert. Eine zusammenfassende Beurteilung der Analyseergebnisse sowie die Implikationen der Arbeit sind Inhalt des sechsten Kapitels. Im ersten Abschnitt werden die Ergebnisse diskutiert und in einem integrativen Modell originarer Bindungswirkung zusammengefuhrt. Im zweiten Teil des Kapitels werden die Implikationen fur die Marketingwissenschaft mit Hinweisen auf den Bedarf weiterer Forschungsbemuhungen sowie die Implikationen fur das RelationshipManagement aus Anbieter- und Kundensicht betrachtet, Einen Uberblick iiber den Aufbau der Arbeit gibt Abbildung 2.
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Einfiihrung und Vorgehensweise
Kapitel 2: Untersuchungsgegenstand
Determinanten der Bindungswirkung spezifischer Investitionen
i
i Committed Cost als Ausdruck retrospektiver Einflusse
Quasirente als Ausdruck prospektiver Einflusse
I Kapitel 3 und 4: Theoretisches Fundament
v
Analyse derivativer Bindung auf Basis der Transaktionskostentheorie
Analyse originarer Bindung auf Basis der Prospect Theorie |
i Ableitung von Hypothesen V
Kapitel 5: Empirische Prufung
Hypothesenprijfung Wirkung der Committed Cost
Moderierende Einflusse
\ Kapitel 6: Zusamnfienfuhrung und Implikationen
/
Integratives Partialmodell
^r
i
Zusammenfuhrung originarer und derivativer Bindung Abbildung 2: Ubersicht iiber die Struktur der Arbeit
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2 Bindungswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Bindung von Kunden an einen Anbieter spezifischer Leistungen. Grundlage aller Uberlegungen ist die Sicht des Kunden, die den Ausgangspunkt fur das Verhaltensprogramm des Anbieters vorgibt/^ Damit ist diese Analyse der Kauferverhaltensforschung zuzurechnen.^^ Die Kauferverhaltensforschung soil nicht nur Einsichten in Kaufentscheidungsprozesse vermitteln, sondem auch Anhaltspunkte iiber die Wirkung von Marketinginstrumenten auf das Kaufverhalten geben, um Prognosen iiber Kaufer- und Marktpotentiale zu ermoglichen.^^ Im Fokus der Betrachtung liegen spezifische Investitionsgtiter. Nach Engelhardt und Giinter sind solche Leistungen als Investitionsgut zu bezeichnet, „[...] die von Organisationen (NichtKonsumenten) beschafft werden, um mit ihrem Einsatz (Ge-, Verbrauch) weitere Guter fiir die Fremdbedarfsdeckung zu erstellen oder um sie unverandert an andere Organisationen weiterzuveraufiem, die diese Leistungserstellung vomehmen",^^ In dieser Festlegung zeigt sich die besondere Bedeutung von Investitionsleistungen fiir industrielle Nachfrager, deren organisationaler Beschaffungsprozess Merkmale aufweist, die eine starkere Fokussierung des Untersuchungsgegenstandeserlauben,^^ Die industrielle Kaufentscheidung ist im Vergleich zur Kaufentscheidung des Endverbrauchers in starkerem MaBe rational gepragt, basiert auf intensiver Informationssuche und bezieht sich auf Leistungen, die vergleichsweise gut mess- und quantifizierbar sind.^"* Dadurch wird eine explizite Leistungsbewertungen der altemativen Leistungen nach technischen und okonomischen Kriterien aufgrund von Wirtschaftlichkeitsrechnungen bzw. Kosten/NutzenAnalysen moglich. Somit lasst sich das Vorteilhaftigkeitskalkiil des Kunden als Kern der Kauf- und Folgekaufentscheidung von Investitionsgiitem identifizieren. Beschaffungsentscheidungen auf industriellen Markten fmden in der Regel unter Beteiligung mehrerer Personen mit moglicherweise unterschiedlichen Interessen statt.^^ Um Aussagen ' ' Vgl. Backhaus (2003), S. 44. ^^ Im Sinne der Zielsetzung ist das Verhaltensprogramm des Anbieters (Kundenbindungsmanagement) am tatsachlichen Kundenverhalten auszurichten. Davon zu unterscheiden sind normative Handlungsempfehlungen fiir den Kunden, die fiir das Agieren des Anbieters am Markt nicht ausschiaggebend sind. 2'Vgl. Meffert(1992), S. 37. ^^ Engelhardt/Gunter (1981), S. 24. ^^ Auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Investitionsgutem und Dienstleistungen und deren zunehmender Kombination in Leistungsbiindeln wird in der Literatur vielfach hingewiesen. Daraus erwachst die Notwendigkeit, mit den Kontraktgiitern eine neue Giitergruppe abzugrenzen, die nicht-routinemafiig erstellte Investitionsgtiter, komplizierte Dienstleistungen und die meisten Leistungsbiindel umfasst (vgl. Kaas (1992a); Fischer et al. (1993); Schade/Schott (1993a), S. 491f.; Schade/Schott (1993b), S. 16-19). ^^ Vgl. Simon (1992), S.51f. 2^Vgl. u. a. Buschken(1994).
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Bindungswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand
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iiber die Bindungswirkung spezifischer Investitionen auf der Ebene der Untemehmen als Akteure im Markt abzuleiten, wird in der vorliegenden Arbeit der methodologische Individualismus als Analysemethode zugrunde gelegt. Nach dem Prinzip des methodologischen Individualismus lassen sich soziale Prozesse oder das Verhalten von sozialen Systemen mit Hilfe von Aussagen iiber individuelles Verhalten erklaren.^^ Diese Betrachtungsebene beinhaltet Interaktionen bei multipersonalen Kaufentscheidungen, die in der vorliegenden Analyse problembezogen thematisiert werden. Im Sinne der oben angefuhrten Ziele der Kauferverhaltensforschung soil die vorliegende Arbeit Anhaltspunkte zur Wirkung des Marketinginstrumentes „spezifische Investition" auf das Kaufverhahen (genauer: das Wechselverhalten) geben und durch die Identifikation von Determinanten der Bindungswirkung die Erklarung beobachtbarer Bindungsphanomene ermoglichen.
2.1 Speziflsche Investitionen als Kundenbindungsinstrument Nach der generellen Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes soil im Folgenden erlautert werden, wie spezifische Investitionen zur Bindung des Kunden ftihren. Damit verbunden ist die Abgrenzung und Definition der Konstrukte Kundenbindung und spezifische Investition als Voraussetzung ftir die spatere Analyse der Determinanten der Bindungswirkung. Die spezifische Investition als Marketinginstrument dient der Generierung von Kundenbindung, was zunachst naher betrachtet werden soil. 2.1.1 Kundenbindung als Ursache des Wiederkaufverhaltens In der jtingeren Vergangenheit ist der Kunde wieder in den Vordergrund der wissenschaftlichen und strategischen Management-Betrachtungen geriickt. Veranderte Wettbewerbsbedingungen haben den Fokus der Strategiediskussion weg von Prozess- und Strukturbetrachtungen innerhalb des Untemehmens hin zu einem Management von Beziehungen gelenkt.^'' Im Vordergrund steht die Beziehung zum Kunden, die sich im letzten Jahrzehnt in einer vielfaltigen Literatur zum Kundenbindungsmanagement bzw. Customer-Relationship-Management bemerkbar gemacht hat.^^ Parallel war eine Verschiebung der Forschungsperspektive im Marketing von der einzelnen Transaktion als isolierte Kaufentscheidung zur Analyse von Transaktionen innerhalb einer andauemden Beziehung zu einem Anbieter zu beobachten. Wahrend das Beziehungsmarke-
Vgl. Schanz (1977), S. 67. Im Rahmen der theoretischen Fundierung der Arbeit wird das Prinzip des methodologischen Individualismus weiter vertieft. ^' Vgl. Meffert (1999), S. 115f. ^^ Einen Uberblick geben Homburg/Bruhn (1999).
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Bindungswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand
ting von einigen Fachvertretern als Paradigmenwechsel im Marketing betrachtet wird,^^ sehen andere Autoren darin eine konsequente Weiterentwicklung des Marketingansatzes.^^ Einigkeit besteht tiber die wesentlichen Elemente des Beziehungsmarketing. Mit der Fokussierung auf die Kunden-Anbieter-Beziehung verengt sich der Marketing-Fokus.^^ Das klassische Transaktionsmarketing konzentriert sich auf den effizienten Einsatz des Marketing-Mix, um mit einem gegebenen Produktportfolio moglichst viele Kunden zu erreichen. Der Anbieter formuliert in jeder Transaktion ein Angebot, das alle Spielraume, die der Markt bietet, ausnutzt. Mit der Orientierung auf den Kunden riickt dagegen das Kalkul des Kunden und damit das Effektivitatskriterium in den Vordergrund. Zieht der Kunde einen hoheren Nutzen aus einer andauemden Beziehung zu einem Anbieter als aus einer isolierten Transaktion, bspw, durch geringere Unsicherheit oder niedrigere Transaktionskosten, so muss sich der Anbieter auf ein Relationship-Selling einlassen, wenn er am Markt bestehen will, d. h., sein Verhaltensprogramm auf alle zukiinftigen Transaktionen mit einem Kunden ausrichten (vgl. Tabelle
Reiationship-Seiling
Transaction-Selling
Relationship-Buying
RelationshipMarketing
Effektivitatsverluste
Transaction-Buying
Effizienzverluste
TransactionMarketing
Tabelle 1: Abstimmung der Verhaltensprogramme von Kunde und Anbieter
Wenn der Kunde Wiederholungskaufe tatigt und der Anbieter nicht bereit ist, in eine Beziehung zu investieren, bspw. durch Gewahrung von Kulanz, treten Effektivitatsverluste auf. Der Kunde wird sich langfristig einem Konkurrenten zuwenden, der seine Leistungsanspriiche erfullt. Trifft ein Kunde die Kaufentscheidung immer wieder neu und achtet dabei auf seinen maximalen Vorteil, so ist es fiir den Anbieter optimal, sich ebenfalls auf die isolierte Transaktion mit einem Transaction-Selling auszurichten. Ein Relationship-Selling wiirde beim Kunden lediglich Mitnahmeeffekte bewirken, ohne dass der Kunde an die Beziehung gebunden ist. Fiir den Anbieter bedeutet die unntitze Investition in die Beziehung einen Effizienzverlust. Damit ist klar, dass die Voraussetzung fiir die Bindung des Kunden an den Anbieter die Vorteilhaftigkeit des Relationship-Buying fur den Kunden ist. Anderenfalls ist ein Relationship-Selling des Anbieters wirkungslos und ineffizient.
^^ Vgl. u. a. Gronroos (1994). ^" Vgl. u. a. Bruhn/Bunge (1994); Backhaus (1998). ^'Vgl. Plmke(1997b), S. 7. ^^ Vgl. ebenda, S. 12.
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Wo Relationship-Buying des Kunden mit dem Relationship-Selling des Anbieters zusammenkommen, kann von Beziehungsmarketing bzw. Relationship-Marketing gesprochen werden. Gegenstand dieser Arbeit sind Beziehungen auf industriellen Markten, die im Folgenden als Geschaftsbeziehung bezeichnet werden. Nach Plinke ist eine Geschaftsbeziehung „[...] eine Folge von Markttransaktionen zwischen einem Anbieter und einem Nachfrager, die nicht zufallig ist [..,], zwischen denen eine ,innere Verbindung' existiert".^^ ,Nicht zufallig' heiBt in diesem Zusammenhang, dass es fur mindestens einen Transaktionspartner Griinde gibt, „[.,.] die eine planmaBige Verkniipfung zwischen Markttransaktionen sinnvoll oder notwendig erscheinen lassen oder die de facto zu einer Verknupfung fuhren." Die innere Verbindung kann einseitig auf Kunden- oder Lieferantenseite bestehen oder wechselseitig beide Transaktionspartner verbinden.^"* Plinke unterscheidet drei Gruppen von Bezugsobjekten, auf welche sich die Bindung bezieht. Geschaftsbeziehungen konnen demnach einen Sachbezug, einen Personenbezug sowie einen Untemehmensbezug aufweisen. Tabelle 2 gibt einen Uberblick iiber die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Geschaftsbeziehungen" Bezugsobjekt
Personenbezug
Untemehmensbezug
Personentreue
• •
Problemtreue
Personentreue
Kundentreue
Gegengeschaftsbeziehung
Personliche Beziehung
Geschaftsbeziehung i. e. S.
Sachbezug • • •
Bindung einseitig beim Kaufer
Bindung einseitig beim Anbieter
Weciiselseitige Bindung
Markentreue Systemtreue Technologietreue
Ladentreue Lieferantentreue
Tabelle 2: Erscheinungsform von Kunden-Anbieter-Beziehungen
Eine besondere Rolle nimmt der Personenbezug einer Geschaftsbeziehung ein. Existiert eine personliche Beziehung zwischen Kaufer und Verkaufer, besitzen „Geschaftsfreundschaften" und individuelle Bindungsstile eine relativ hohe Bedeutung,^^ Auf Untemehmensebene konnen Bindungen unabhangig von der Person oder der Leistung entstehen. Unterschieden wer-
'Plinke(1989), S. 307f. Wie im Verlauf der Arbeit zu zeigen sein wird, ruft auch eine einseitige spezifische Investition aus theoretischer Sicht immer eine wechseiseitige Bindung hervor (vgl. Abschnitt 2.1.2.2.2). Der bier angesprochene Fail einseitiger Bindung bezieht sich bei exakter Betrachung auf den Extremfall stark asymmetrischer Bindungen. ^^ Vgl. Plinke (1997b), S. 24. ^^ In jungerer Zeit bestehen Forschungsbemuhungen, diese Einflussfaktoren in Geschaftsbeziehungen zu identifizieren und zu operationalisieren, vgl. bspw. zu Bindungsstilen Paulssen (2004). Da sich diese Einflusse nur schwer in einem okonomischen Vorteilhaftigkeitskalkiil abbilden lassen, wird diese personliche Ebene der Beziehung in der vorliegenden Analyse nicht beriicksichtigt.
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den konnen die Lieferantentreue des Kunden und die Kundentreue des Anbieters. Existiert eine wechselseitige Bindung zwischen Kunde und Anbieter, so besteht eine Geschaftsbeziehung i. e. S., in der beide Untemehmen ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Beziehung besitzen. Die sachbezogene Bindung in der Geschaftsbeziehung kann sich auf Kundenseite auf die Marke, ein System oder eine Technologie begriinden.^^ Auf Anbieterseite kann sie als Problemtreue bezeichnet werden, wenn der Anbieter sich mit Kemprodukten fiir bestimmte Problemlosungen an eine Kundengruppe bindet. Eine wechselseitige Bindung entsteht auf sachlicher Grundlage durch Gegengeschaftsbeziehungen, die durch gegenseitige Leistungsbereitstellungenentstehen. Die einzelnen Typen von Kunden-Anbieter-Beziehungen sind nicht iiberschneidungsfrei und werden in vielen Fallen gemeinsam auftreten. Analog ist auch die Bindung durch spezifische Investitionen auf mehr als einer Bezugsebene moglich. Femer kann sie in einer wechselseitigen Geschaftsbeziehung i, e. S. genauso auftreten wie einseitig ohne eine spezifische Investition des Transaktionspartners. Erst die Fokussierung auf die Kundenbindung in der vorliegenden Arbeit erlaubt die isolierte Betrachtung spezifischer Investitionen als MarketingInstrument des Anbieters ohne den „storenden" Einfluss von wechselseitigen Abhangigkeiten i. S. einer Netto-Bindung und den damit verbundenen Verhandlungsprozessen. Die Kundenbindung driickt sich in einer beobachtbaren Folge von nicht zufalligen Markttransaktionen aus.^^ „Eine Analyse der Kundenbindung ist deshalb gleichzusetzen mit einer Analyse der Ursachen nicht zufalliger Wiederholungskaufe". ^^ Die Ursachen, wiederholt beim gleichen Anbieter zu kaufen, zeigen ein breites Spektrum. Eine Typologisierung der Bindungsursachen zur Einschrankung des Untersuchungsgegenstandes erscheint daher sinnvoll (vgl. Tabelle 3).^° Typologisierung von Bindungsursachen Vertragliche und institutionelle Ursachen Psychologische und soziale Ursachen Okonomische und technisch-funktionale Ursachen Tabelle 3: Ursachen der Kundenbindung
^^ Der Aufbau und die Pflege einer Marke erfordem spezifische Investitionen meist nur von der Anbieterseite. Die Markentreue als Form der Kundenbindung wird daher im Folgenden nicht weiter betrachtet. ^^ Diese Sichtweise der Kundenbindung beinhaitet sowohl die Anbieter-, als auch die Kundenperspektive. In der Literatur finden sich fur beide Perspektiven unterschiediiche Begriffe: das Kundenbindungsmanagement des Anbieters mit eher instrumenteiiem Charakter (vgl. u. a. Homburg et ai. (1999)) sowie die Loyaiitat des Kunden fur die eher verhaitensorientierte Nachfragersicht (vgl. u. a. Meyer/Oevermarm (1995)). ^^ Plinke/Sollner (1999), S. 57. ^° Vgl. u. a. Meyer/Oevermann (1995); Plinke (1997b).
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Vertragliche Bindungsursachen bestehen, wenn der Kunde durch verbindliche Vereinbarungen an einen Anbieter gebunden ist. Ein Anbieterwechsel ist in der Regel mit Vertragsstrafen verbunden, die einen Wechsel fur den Kunden weniger attraktiv erscheinen lassen. Der Kunde wird eine vertragliche Bindung nur eingehen, wenn er bspw. durch Rahmenvertrage oder Justin-Time Systeme seinerseits Effizienz- oder Effektivitatsvorteile erreichen kann. Dariiber hinaus geben institutionelle Beziehungen in Form von Kapitalbeteiligungen oder Mandaten in Aufsichtsgremien des Kunden Einfluss- und Kontrollmoglichkeiten fur den Anbieter."*^ Auf einer anderen Ebene sind psychologische bzw, emotionale sowie soziale Ursachen der Bindung festzumachen. Auf sozialer Ebene konnen insbesondere personliche Beziehungen bindungsfordemd wirken. Bei einfachen Routineentscheidungen ist der Wiederkauf ofl auf Gewohnheit zuriickzufuhren, wobei die aktive Suche nach Ahemativen entfallt. Eine in der Literatur viel diskutierte psychologische Bindungsursache ist die Kundenzufriedenheit mit der Leistung oder dem Anbieter, So konnte die Kundenzufriedenheit in zahlreichen Untersuchungen als Determinante der Kundenbindung identifiziert werden."*^ Von den genannten Ursachen zu differenzieren, jedoch grundsatzlich der Psychologic zuzuordnen, sind Bindungen durch die kognitive Informationsverarbeitung des Kunden. Diese weisen einen engen Zusammenhang mit den okonomischen und technisch-funktionalen Bindungsursachen auf und bilden einen Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Als dritte Gruppe sind okonomische sowie technisch-funktionale Bindungsursachen anzufuhren. Abhangigkeit in technischer Hinsicht entsteht durch die eingeschrankte Kompatibilitat von Systemen oder Technologien, Investiert ein Kunde in ein spezielles System, so ist der Handlungsspielraum fiir Folgekaufe eingeschrankt. Dies kann der Anbieter fur sich nutzen, indem er den Kunden durch eine entsprechende Preissetzung auch okonomisch an sich bindet und einen Wechsel fur den Kunden kostspieliger macht. Die genannten Bindungsursachen lassen sich in faktische und emotionale Bindungsursachen aufteilen."*^ Unter den faktischen Ursachen sind die okonomischen, technischen, vertraglichen und institutionellen Bindungsursachen zusammengefasst. Die aus beiden Gruppen resultierenden Bindungen unterscheiden sich darin, dass der Kunde einerseits aus Eigeninteresse wiederkauft, weil er dies will und andererseits mehr oder weniger gezwungen wird wiederzukaufen, weil er dies faktisch muss. Dies entspricht den von Johnson identifizierten Grundmotivationen der Bindung: „People stay in relations for two major reasons: because they want to and because they have to"."*"* Der Kunde ist gebunden, wenn er wiederkaufen will und/oder muss, andernfalls wird der Kunde den Anbieter wechseln.
^'Vgl.Plmke(1997b), S. 52. ^^ Vgl. u. a. Dichtl/Schneider (1994); Fomell et al. (1996). ^^ Vgl. Homburg/Bmhn (1999), S. 11. ^Johnson(1982), S. 52f.
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Bindungswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand
Ein wesentlicher Grund fur das „Wollen" ist die Zufriedenheit des Kunden mit der bisherigen Leistung. Sie ist jedoch keine hinreichende Bedingung der Kundenbindung. Jones und Sasser weisen in diesem Zusammenhang auf sogenannte „Soldner" hin, die trotz hoher Zufriedenheit den Anbieter wechseln,"*^ Ein Grund fur ein solches Verhalten sieht McAllister in einem Nutzen der Abwechslung, der neben dem eigentlichen Produktnutzen existiert."*^ Dieses Variety Seeking beschreibt insbesondere auf Konsumgutermarkten ein Bedtirfiiis nach Abwechslung in Anbetracht einer breiten Angebotspalette."*^ Femer besitzt der Soldner noch kein in sich abgeschlossenes „[.,,] evoked set of alternatives".^*^ Demnach beginnt jede Transaktion mit der Suche und Evaluierung der moglichen Altemativen, Diese werden im „Evoked Set" zusammengefuhrt. Bei Veranderungen der Problemlosungskriterien des Kunden oder durch Erkennung von fiir ihn neue Alternativen, kann sich seine Praferenz trotz Zufriedenheit andem. Femer ist insbesondere auf industriellen Markten nicht davon auszugehen, dass weniger Akemativen oder gar keine Altemativen vom Kunden wahrgenommen werden, sobald seine Erwartungen in einer bestehenden Beziehung erfullt werden. Auch wenn eine hohere Zufriedenheit zu einem geringeren SuchausmaB nach altemativen Moglichkeiten fuhrt,"*^ bspw. bei Routinekaufen, besteht ftir Anbieter auBerhalb des „Evoked Set" die Moglichkeit, dem Kunden die Vorteilhaftigkeit seiner Leistung zu signalisieren.^^ Daraus resultiert die Gefahr, dass der zufriedene Kunde den Anbieter aus Eigeninteresse wechseln wird, sobald eine neue Altemative an den Markt herantritt oder eine vorhandene Altemative durch einen veranderten Marketing- Mix attraktiver wird, die nach subjektiver Wahmehmung seine Erwartungen besser erfullt als sein gegenwartiger Lieferant (im Folgenden In-Supplier). Erst wenn der Wechsel zu einem akemativen Anbieter (im Folgenden OutSupplier) zusatzliche Kosten verursacht, verschiebt sich das Kalkul des Kunden zugunsten des In-Suppliers. Der Kunde wird in seiner gegenwartigen Beziehung verbleiben, selbst wenn ein Out-Supplier einen hoheren Kundennutzen verspricht, der die zusatzlichen Kosten nicht aufwiegt. Diese scheinbar unfreiwillige Bindung hat faktische Bindungsursachen, die eine „[...] wahrgenommene Bindung auBerhalb des Kundenvorteils begninden".^^ Aus Sicht des Kunden konnen sie als Austritts barrieren vertraglicher, technischer oder okonomischer Natur
^^ Vgl. Jones/Sasser (1995), S. 88ff. ^^ Vgl. McAllister (1982), S. 141. Vgl. Hoyer/Ridgway (1984); Herrmann/Johnson (1999) sowie Schade/Burmeister (2005), die das Variety Seeking, als Wechselentscheidung aus Grunden der Abwechslung, dem Status Quo Bias gegeniiberstellen, der ein systematisches Festhalten an der gegenwartigen Situation bzw. Leistung in einer experimentellen Untersuchung beschreibt. ^^ Vgl. Jones/Sasser (1995), S. 92f. ^^ Vgl. March/Simon (1976), S. 49. ^'^ Vgl. Kaas (1995b), S. 974. ^'Plinke (1997b), S. 58.
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interpretiert werden, die aus der eingeschrankten Substituierbarkeit des Gegenstandes der Bindung resultieren/^ Das Uberwinden von Barrieren verursacht im Falle des Anbieterwechsels zusatzliche Kosten, die dem In-Supplier einen relativen Vorteil gegentiber den Wettbewerbem verschaffen. Aus Sicht des Kunden nimmt die wahrgenommene relative Vorteilhaftigkeit der Beziehung mit der Hohe der Barrieren zu. Er wird sich aus Eigeninteresse bzw, „freiem Willen" ftir den Wieder- bzw. Folgekauf entscheiden. Der Begriff „unfreiwillige Bindung" bzw. „Mussen" geht damit an der Zielsetzung des Kundenbindungsmanagements vorbei, Ziel des Anbieters muss es sein, einen relativen Vorteil in der Wahmehmung des Kunden zum Zeitpunkt einer moglichen Wechselentscheidung zu generieren, unabhangig davon, ob die Erwartungen des
In diesem Sinne ist die ZielgroBe des Kundenbindungsmanagements das Vorteilhaftigkeitskalkiil des Kunden, welches sich aus Kosten und Nutzen des Kunden zusammensetzt. Grundsatzlich zu unterscheiden sind Kosten und Nutzen des Kundenvorteils sowie zusatzliche Kosten des Wechsels. Der relative Kundenvorteil bzw. die Differenz des Customer Perceived Value von In- und Out-Supplier bezieht sich auf alle wahrgenommenen Kosten- und Nutzenbestandteile. Die zusatzlichen Kosten des Wechsels umfassen nach Plinke und Sollner nicht nur Zahlungen, sondem „[...] alle Anstrengungen, Aufwendungen, Inanspruchnahmen, Verzichte und Zeitverbrauche, die der Kunde als durch den Wechsel ausgelost ansieht."^^ Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die wahrgenommene Kundenbindung als Ursache des Wiederkaufverhaltens durch das Vorteilhaftigkeitskalktil des Kunden bestimmt wird. Im Fokus der vorliegenden Arbeit stehen faktische Bindungsursachen auf industriellen Markten, die letztendlich okonomxische Barrieren darstellen, und deren Wahmehmung durch den Kunden, Eine weitere Eingrenzung des Untersuchungsbereiches soil im folgenden Abschnitt durch das Kriterium der Spezifitat erfolgen.
^^ Vgl. Plinke/Sollner (1999), S. 58 in Verbindiing mit Plinke (1997b), S. 20ff. ^^ Voraussetzung dafur ist, dass die Erwartungserfullung i. S. von Zufiiedenheit (vgl. Day (1977)) keinen Wert an sich darstellt. So fuhren Peter und Olson an, dass sich ein Kunde bei Ubereinstimmung der wahrgenommenen mit der erwarteten Leistung in einem kognitiven Gleichgewicht befindet, da der Kunde davon iiberzeugt ist, die richtige Alternative gewahlt zu haben, vgl. Peter/Olsen (1994), S. 168. Werden die Erwartungen nicht erfiillt, entstehen kognitive Spannungen, die durch einen Anbieterwechsel reduziert werden. Dies setzt jedoch voraus, dass eine Alternative existiert, die in der Wahmehmung des Kunden zur Reduktion der kognitiven Spannungen beitragen kann (siehe auch Weinberg (1987), S. 165). ^"^ Anderson fordert in diesem Zusammenhang eine Neuorientierung der Marketing Konzeption: „Without question, creating satisfied customers is necessary, but insufficient to assure the survival or competitiveness of any organization. [...] the purpose of any organization is [...] control" (vgl. Anderson (1991), S. 136f). Die KontroUe des Untemehmensumfeldes und damit des Kunden wird zum Ziel des Anbieters. ^^ Plinke/Sollner (1999), S. 73.
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2.1,2 Speziflsche Investitionen als Ursache der Kundenbindung Dieser Abschnitt soil das durch spezifische Investitionen bestimmte Vorteilhaftigkeitskalkiil des Kunden naher beleuchten. Entscheidenden Einfluss auf die Kundenbindung hat die Veranderung der Entscheidungssituation vor und nach der Initialtransaktion einer Beziehung, die maBgeblich durch die Spezifitat bestimmt wird. AnschlieBend wird die resultierende Abhangigkeit mit Hilfe des Konstruktes der Quasirente aufgezeigt. Industrielle Kunden beschaffen Investitionsgiiter, um mit ihrem Ge- oder Verbrauch weitere Giiter ftir die Fremdbedarfsdeckung zu erstellen, Diese Investition ist das Inkaufnehmen eines sicheren Nachteils zum Kaufzeitpunkt in Erwartung eines unsicheren zuklinftigen Vorteils,^^ Grundsatzlich ist eine Investition „[..,] durch einen Zahlungsstrom gekennzeichnet, der mit Ausgaben beginnt und in spateren Zahlungszeitpunkten Einnahmen bzw. Einnahmen und Ausgaben erwarten lasst".^^ Wie im vorangegangen Abschnitt dargestellt, geht die Beurteilung des Kunden uber eine Aufrechnung von reinen Zahlungsstromen hinaus. Plant ein Kunde den Kauf eines Investitionsgutes, so wird er samtliche erwarteten Kosten und Nutzen der Investitionsaltemativen in sein Entscheidungskalkiil einbeziehen. Vor der Investition vergleicht der Nachfrager die Angebote der fiir ihn aussichtsreichsten Anbieter A und AW. Zu Beginn ist der Kaufpreis des Investitionsgutes h zu entrichten. Wahrend der Nutzungsdauer T fallen in jeder Periode laufende Kosten kt und ein Nutzen Uu bspw. in Form zurechenbarer Erlose an. Der Vorteilhaftigkeit Z des Anbieters A fur den Kunden vor dem Kauf bei einem erwarteten durchschnittlichen Zinssatz / ergibt sich zu: ZA
=
-ko,A + S(nt,A -kt,AX'' + 0
\~\~'^o.Aw
+ S(nt.Aw -^^tAwX'' +')
(1)
Die Investition in A ist vorteilhaft, wenn Z^, d. h. der Barwert der Alternative A abzuglich des Barwertes der Alternative AW, positiv ist. Mogliche erwartete direkte Kosten des Wechsels einer Alternative kdir nach der Beschaffung fmden nur Beriicksichtigung, wenn sie sich zwischen den beiden Altemativen unterscheiden, wovon ohne das Vorliegen von Spezifitat nicht ausgegangen werden muss. Nach dem Kauf sind diese Kosten jedoch relevant, da sie nur bei einer moglichen Altemativinvestition in einen Out-Supplier (OUT) anfallen. Ex post ergibt sich die Vorteilhaftigkeit des In-Suppliers (IN) ZIN im Entscheidungszeitpunkt te zu:^^ Z|N -
i:(niN-
kiNXl + i r
2:(nouT •
rXi-ir
+ kri
(2)
' ' V g l . Schmidt (1983), S. 18. " Schneider (1992), S. 20. ^^ In Anlehnung Plinke (1997b), S. 31. Da es sich um eine normative Betrachtung handelt, wird an dieser Stelle nicht zwischen ungeplanter (de facto) und geplanter Geschaftsbeziehung unterschieden.
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Der Kunde ist ex post an die Investition gebunden, wenn der abdiskontierte Nettonutzen der Investition den Nettonutzen der besten Alternative iiberwiegt. Mogliche direkte Kosten des Wechsels wirken hier zugunsten der bestehenden Investition. Die Anfangsausgaben ko,A sind in (2) im Gegensatz zur ex ante Situation aus normativer Sicht nicht mehr entscheidungsrelevant. Ob dies auch fiir das tatsachliche Kauferverhalten anzunehmen ist, ist im weiteren Verlauf dieses Kapitels zu klaren, Im Falle eines Anbieterwechsels erhalt der Kunde, der nun als Verkaufer auftritt, den verbleibenden Nettonutzen des Investitionsgutes am Sekundarmarkt. Dies andert sich bei einer Investition in spezifische Ressourcen mit wesentlichen Folgen fiir das Vorteilhaftigkeitskalkiil des Nachfragers. 2.1.2.1 Spezifitat von Ressourcen Ein in der klassischen Investitionstheorie wenig betrachtetes Merkmal von Investitionsgiitem ist die Spezifitat einer Ressource.^^ Sie zeigt nach Sollner an, „[...] inwieweit dem Investor bei einer Andersverwendung der Ressource ein Schaden entsteht".^^ Es liegt die Annahme zugrunde, dass Ressourcen gar nicht oder nur teilweise aus ihrer gegenwartigen Verwendung in eine alternative Verwendung innerhalb oder auBerhalb des Untemehmens transferiert werden konnen, ohne dass ProduktivitatseinbuBen auftreten.^' Dabei ist unerheblich, ob die Ressource beim altemativen Verwender zu ihrer urspriinglichen Problemlosung oder anderweitig eingesetzt wird (z. B. Verschrottung), Die Transferierbarkeit hangt davon ab, „[...] how context-specific the use of the asset is".^^ Fiir die vorliegende Arbeit ist der spezifische Kontext eine Kunden-Anbieter-Beziehung, welcher die Ressource gewidmet ist. Der Begriff „Asset Specificity" wurde 1978 von Klein, Crawford und Alchain eingefiihrt und seither von der Literatur iibemommen.^^ Willamson nennt verschiedene Arten der Spezifitat von Ressourcen, wobei die Einteilung einen eher heuristischen Charakter besitzt: 64 Site specificity: Raumliche Bindimg an den Transaktionspartner, bspw. Zuiieferer, die sich am Produktionsstandort des OEM niederlassen. Ein Standortwechsei ist mit hohen Kosten verbunden oder unmoglich. Physical asset specificity: Gemeinsame Schnittstelien der Transaktionspartner, die spezieii angepasst wurden. Richten beide Transaktionspartner ihre Produktions- oder Lagersysteme aufeinander aus, dann konnen diese Systeme in anderen Anwendungen nicht oder nur eingeschrankt genutzt werden. Dedicated assets: Legt sich ein Transaktionspartner bei der Kapazitatsplanung auf ein hohes erwartetes Eingangsvoiumen eines Partners fest, so ist dieser kurzfristig gebunden, soiite keine anderweitige Auslastung mogiich sein.
Spezifitat und Irreversibiiitat werden in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet. "" Sollner (1996), S. 115. "*' Vgl. Williamson (1985), S. 54; Sollner (2000), S. 49. ^^ Johanson/Mattsson (1985), S. 190. " Vgl. Klein etal. (1978). ""^ Vgl. Williamson (1985), S. 95f; Williamson (1991), S. 28If.
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Human asset specificity: Geschaftsbeziehungsspezifisches Wissen durch Erfahrungen oder Schulungen von Mitarbeitem. Brand name capital: Investitionen in die Reputation von Leistungen, Individuen oder Untemehmen (z. B. Marken). Hier wird in Glaubwiirdigkeit und Vertrauen investiert. Temporal specificity: Zeitspezifische Investitionen in Mitarbeiter vor Ort. Sie konnen als eine Art von standortspezifischen Investitionen interpretiert werden.
Die verschiedenen Arten von Spezifitat haben gemeinsam, dass sie eine Abhangigkeit des Kunden von einem Anbieter begriinden konnen, wenn eine Investitionsbeziehung besteht.^^ Die spezifische Investition kann eine Abhangigkeit in zweierlei Hinsicht hervorrufen: Sind weitere Transaktionen zur Amortisation der Investition notwendig, so ist der Kunde nach Abschluss der Initialinvestition auf den Anbieter angewiesen, um sein Investitionsziel zu erreichen.^^ Femer begriindet die Spezifitat eine Abhangigkeit vom „guten Willen" des Transaktionspartners, da dieser versuchen konnte, die Bindung auszunutzen und ihm die spezifischen Ertrage durch Neuverhandlungen streitig zu machen,^^ In diesem Zusammenhang ist die Abhangigkeit „[...] described by the extent of the replaceability of the exchange partner". ^^ Der Transaktionspartner ist aufgrund der Spezifitat nur durch Inkaufhahme von Kosten in Abhangigkeit des Ausmafies von Spezifitat ersetzbar.^^ So stellen Heide und John fest: „The extent of potential dependence is a function of the magnitude of the specific assets"7^ Bevor die Folgen der Abhangigkeitssituation fur den Kunden zu einem spateren Zeitpunkt auf Basis der Transaktionskostentheorie genauer betrachtet werden, soil die Auswirkung der Spezifitat auf das Vorteilhaftigkeitskalkul des Kunden und damit die Abhangigkeitssituation mit Hilfe des Konstruktes der Quasirente aufgezeigt und in den Beziehungskontext eingeordnet werden. 2.1.2.2 Quasirente als Ausdruck der Kundenbindung Ein Kunde wird eine Geschaftsbeziehung nur aufrecht erhalten, solange diese fiir ihn vorteilhaft ist, Dafur gelten die Bedingungen gemaB Gleichung (2): Der Nettonutzen der Investition muss den Nettonutzen der besten Alternative iiberwiegen. Sind beide Nettonutzen gleich
Eine Ausnahme bildet die spezifische Investition in Markenbildung, die jedoch nicht im Fokus der weiteren Betrachtungen liegt. ^'' Vgl. Heide/John (1992), S. 33; Plinke/Sollner (1999), S. 63. ^^ Vgl. Butler/Baysinger (1983). ^'^^ Heide/John (1988), S. 24. ^^Vgl.Heide(1994), S. 73. '^^ Heide/John (1988), S. 23. Die Autoren beziehen ihre Ausfiihrungen auf den Resource Dependence Ansatz von Pfeffer und Salancik, die den Einfluss von Abhangigkeiten auf das organisational Verhalten untersuchen. Dort wird die Abhangigkeit in drei Komponenten betrachtet: erstens der Wichtigkeit einer Ressource, zweitens das AusmaB, mit dem der Transaktionspartner uber die Ressource ,Ermessen' besitzt sowie die Verfugbarkeit von Altemativen (vgl. Pfeffer/Salancik (1978), S. 45).
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hoch, SO ist der Kunde indifferent zwischen dem Verbleib einerseits und dem Abbruch der Beziehung andererseits. In dieser Hinsicht lasst sich die Kundenbindung als dichotomes Konzept interpretieren.
Folgekaufentscheidung Kunde ist an den Anbieter gebunden
Wechselentscheidung Kunde verlasst die Beziehung
Verhandlungsspanne
-^v-
. \ ^. ^^ ^. ^. ^.
-^V-
Preisuntergrenze
Preisobergrenze
des Anbieters
des Kunden
Abbildung 3: Kundenbindung als dichotomes Konzept
Bestandteile des Nettonutzens sind der Nutzen aus der Beziehung sowie die fur den Kunden entstehenden Kosten, die den Preis des Anbieters beinhalten. Entsprechend der Dichotomie ist die Obergrenze des Preises bei derjenigen Preishohe, die es fur den Kunden okonomisch gleichwertig macht, zum Einen eine Wechselentscheidung zu einen altemativen Anbieter zu treffen (bzw, auf die Beziehung zu verzichten) und zum Anderen eine Folgekaufentscheidung zu treffen,^^ Nur bei Verhandlungspreisen unterhalb der Preisobergrenze ist der Kunde gebunden (vgl. Abbildung 3). Die Diskussion des vorangegangenen Abschnitts zeigt, dass die Preisobergrenze maBgeblich durch den Spezifitatsgrad der in der Beziehung getatigten Investitionen bestimmt wird, da der Nettonutzen der bestehenden Beziehung relativ zur nachstbesten Ahemative zunimmt. Auf der Anbieterseite steht der Preisobergrenze des Kunden die Preisuntergrenze des Anbieters gegentiber. Die Preisuntergrenze ist fur den Anbieter dann erreicht, wenn es aus seiner Sicht gleichwertig ist, anzubieten oder nicht anzubieten,^^ Zwischen beiden GroBen ergibt sich damit die Preisspanne, die den Verhandlungsspielraum wiedergibt, Im folgenden Abschnitt soil zunachst aus Kundensicht die Bedeutung der Preisobergrenze fur die Bindung an den Anbieter naher betrachtet werden. Dies erfolgt unter Beriicksichtigung von Spezifitat mit Hilfe des Konstruktes der Quasirente, AnschlieBend wird die Einordnung der Quasirente in eine wechselseitige Betrachtung unter Beriicksichtigung der Preisuntergrenze des Anbieters vorgenommen, Damit wird eine prazisere Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes der Arbeit ermoglicht. '^^ Vgl. Plinke/Sollner (1997a), S. 870. ^^ Vgl. ebenda, S. 876 sowie grundlegend Schulz (1928).
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2.1.2.2.1 Das Konstrukt der Quasirente aus Kundensicht Der Begriff der Quasirente wird in der Literatur keineswegs einheitlich verwendet. Die unterschiedlichen Sichtweisen sollen kurz dargestellt werden. Der Quasirenten-Begriff geht zuriick auf Marshall, der in seinem grundlegenden Werk „Principles of Economics" zwischen zeitlich befristetem Einkommen eines vonibergehend unelastischen Faktorangebots, der „quasi-rent" (z. B. Ertrage durch Ausbildung eines Minenarbeiters) und zeitlich unbefristeten Einkommen, die aus der Natur „frei" bezogen werden konnen, der Rente (z. B. Ertrage im Ackerbau) unterscheidet^^' '''^ Jener Teil der Quasirente, „[...] that depends on continued association with some other specific, currently associated resources", bezeichnet Marshall als „Composite Quasi-rent"7^ Diese beschreibt den abhangigen Teil des befristeten Einkommens (im Folgenden wird der Literatur folgend diese „Composite Quasirent" als Quasirente bezeichnet), Eine erweiterte Definition der Quasirente fmdet sich bei Klein, Crawford und Alchain (1978): „The quasi-rent value of the asset is the excess of its value over its salvage value, that is, its value in its next best use to another renter. The potentially appropriable specialized portion of the quasi-rent is that portion, if any, in excess of its value to the second highest-valuing user"/^ Die Autoren definieren die Quasirente als Wertiiberschuss des aktuellen Wertes eines Gutes und damit der erwarteten Ertrage des eingesetzten Kapitals uber den Wert in nachstbester Verwendung. Sie schranken den durch Ausbeutung bedrohten Teil jedoch auf die Differenz zwischen aktuellem Wert und dem Wert fur den nachstbesten Verwender ein. Die Quasirente ist folglich kleiner oder gleich dem ausbeutbaren Betrag. Damit gehen die Autoren davon aus, dass der alternative Wert beim nachstbesten Verwender uber jenem bei nachstbester Verwendung beim gegenwartigen Verwender liegt. Die Trennung von Verwender und Verwendung wird von Picot und Dietl aufgehoben, die allgemein von Verwendungsmoglichkeit sprechen. „Unter einer Quasirente versteht man den Differenzbetrag derjenigen Werte, die einem Verfugungsrecht im Rahmen der beabsichtigten Transaktion bzw. seiner nachstbesten Verwendungsmoglichkeit beizumessen sind". ^ Die nachstbeste Verwendungsmoglichkeit kann sich hier auf die Verwendung zur gleichen Prob-
^ Vgl. Marshall (1920), S. 502, 602f. Diese Unterscheidung erscheint fur diese Arbeit nicht sinnvoil. Nach Picot et al. wird eine Rente im Folgenden verstanden als „[...] die Differenz zwischen dem Entgelt, das ein Transaktionspartner tatsachlich erhalt, damit er in eine Leistungsbeziehung eintritt, und dem Betrag, der mindestens erforderlich ware, damit dieser Transaktionspartner in die Leistungsbeziehung eintritt" (Picot et al. (1999), S. 391). ^^ AlchianAVoodward (1988), S. 67. ^'Kleinetal. (1978), S. 298. ^^ Picot/Dietl (1990), S. 179. Die Autoren stellen hier nicht die Ressource sondem die damit verbundenen Verfugungsrechte, die bei der Transaktion ubertragen werden, in den Vordergrund. Fiir die Diskussion der Quasirente in diesem Abschnitt ist dies von geringer Bedeutung. Siehe auch Dietl (1993), S. llOf. sowie aus Anbietersicht Schaub (1997), S. 239.
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lemlosung bei einem altemativen Verwender, die Verwendung zu einer altemativen Problemlosung bei einem altemativen Verwender sowie die Verwendung zu einer altemativen Problemlosung beim gleichen Verwender beziehen. Mit dem Verweis auf die „beabsichtigte" Transaktion weisen die Autoren auf die Antizipation der ex post Abhangigkeit hin, die sich bereits vor der Transaktion auswirken kann, , JDie Quasi-Rente ist somit das uber die Opportunitatskosten der Ressourcennutzung hinausgehende Entgeld", sie besteht ex post, wohingegen „eine Rente [...] das iiber die Opportunitatskosten der Ressourcenbereitstellung hinausgehende Entgeld" ex ante darstellt/^ Die Quasirente kann demnach niemals kleiner als die erwartete Rente werden. Der Betrag, um den die Quasirente die Rente ubersteigt, ist abhangig vom Spezifitatsgrad. Mit anderen Worten gilt ceteris paribus: „Die Quasirente ist die Rendite des spezifisch gebundenen Kapitals".^^ Bin abweichendes Konzept stellen Alchian und Woodward vor. Sie beziehen sich auf die Quasirente nach Marshall und weisen zusatzlich auf die Verbindung zu versunkenen Kosten hin. ,A quasi-rent is the excess above the return necessary to maintain a resource's current service flow, which can be the means to recover sunk costs".^^ Damit ist die Quasirente dem Deckungsbeitrag gleichzusetzen. Sie ist Gewinn, wenn ein Break-Even der Investition erreicht ist.^^ Hangt die Erreichung der vollstandigen Amortisation der Investition vom Verhalten des Anbieters ab, so sprechen die Autoren von „composite quasi-rent" i. S. Marshalls. Mit dem Verweis auf die Deckung von Kosten beziehen sich die Autoren auf die initiale Investition und damit auf normativ irrelevante Kosten - die Grenze zwischen entscheidungsorientierter und vollkostenorientierter Betrachtung verschwimmt.^^ Die Ausfiihmngen von Alchian und Woodward geben einen Hinweis auf einen bedeutsamen, indirekten Zusammenhang zwischen Quasirente und den historischen Kosten: ^^ Beide sind abhangig vom Spezifitatsgrad der Investition.^"* Der Spezifitatsgrad bestimmt den Anteil der ^** Picotetal. (1999), S. 391. ^^ Backhaus et al. (1994), S. 38; siehe auch Alchian (1984), S. 36 sowie Williamson (1985), S. 55. ^" AlchianAVoodward (1988), S. 67. **' In einer fruheren Betrachtung beziehen Alchian und Woodward Gewinne nicht in die Quasirente ein, da die Existenz noch nicht amortisierter Kosten und die Existenz potentieller Gewinne sich unterschiedlich auf vertragiiche Arrangements auswirken (vgl. AlchianAVoodward (1987), S. 113). Zur Analyse der Bindungswirkung erscheint eine solche Einschrankung zunachst wenig fruchtbar. Sie wird jedoch im Verlauf der Arbeit in einem anderen Zusammenhang wieder aufgegriffen, wenn zwischen der subjektiven Bewertung von Gewiimen und von Verlusten unterschieden wird. ^^ Diese Sichtweise fmdet sich bereits bei Marshall (vgl. Marshall (1920)). Dessen Beispiel einer standortspezifischen Investition eines Stahlwerkes im Wirkungsbereich eines Elektrizitatswerkes wird von Alchian und Woodward aufgegriffen. Die Sunk Cost beziehen sich dort auf eine Investition, die noch nicht amortisiert wurde. Hieraus ergibt sich „[...] the danger of parties with sunk cost is relying on those in a position to expropriate [...]" (vgl. AlchianAVoodward (1988), S. 67f). ^^ Der Zusammenhang zwischen Spezifitat und Sunk Cost bezieht sich auf einen Sunk Cost-Begriff, der von dem des traditionellen Rechnungswesens und der Industrieokonomik abweicht. Eine ausfiihrliche Diskussion des Sunk Cost-Begriffes erfolgt am Ende dieses Kapitels. *^^ Vgl. auch Williamson (1989), S. 142.
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in der Vergangenheit angefallenen, irreversiblen und nicht ausbeutbaren versunkenen Kosten an den Gesamtkosten.^^Unabhangig davon bestimmt er die Hohe der in der Zukunft realisierbaren und ausbeutbaren Quasirente in zweierlei Hinsicht. Einerseits steigt die Hohe der erwarteten Einnahmeniiberschusse mit dem Produktivitatsvorteil spezifischer Investitionen, andererseits sinkt der Wert bei bester altemativer Verwendungsmoglichkeit mit steigendem Spezifitatsgrad. Beide Konstrukte werden durch das gleiche Phanomen bestimmt: Asset Specificity,^^ Abbildung 4 gibt einen Uberblick aus Kundensicht, entscheidungsirrelevant
entscheidungsrelevant <
Einnahmenverwendung
Investitionskosten
(prospektiv)
(retrospektiv) J
^
• Erwartete E i n n a h m e n (prospektiv)
.
k
Gewinne
Nettoeinnahmenuberschuss
Quasirente
Irreversible Kosten
Deckung der Sunk Cost
Nettoein nail men (Opportunitatskosten des Wechsels)
(Sunk Cost) Spezifitatsgra"cl
} i
'_ «. Wert in nachstbester Verwendungsmoglichkeit
Reversible Kosten
^
Alternativerios r
Abbildung 4: Quasirente und Sunk Cost aus Kaufersicht (ex post)
Der Spezifitatsgrad (gestrichelte Linie) teih die Investitionskosten in reversible (wiedereinsetzbare) und irreversible (versunkene) Kosten, Diese Kosten sind nach der Initialinvestition
'Vgl. Kaas( 1992b), S. 17f. Ein weiterer Aspekt der Wirkung von Spezifitat ist der Verlust von Flexibilitat, der mit spezifischen Investitionen einhergeht. Nach der Realoptionstheorie besitzen Altemativen mit geringerem Spezifitatsgrad einen hoheren Optionswert. D. h., es bestehen mehr Moglichkeiten, zukiinftige Optionen ergreifen zu konnen. Schon fruh hat Arrow (1968) betont, dass Investitionen in irreversible Outer kiinftige Optionen auf Investitionen einschranken (vgl. Arrow (1968)). Spezifische Investitionen bedeuten das Abschneiden ganzer Aste des Entscheidungsbaumes und damit einen Verzicht auf Flexibilitat. Dem Wertverlust durch FlexibilitatseinbuBen spezifischer Investitionen steht ein moglicher Nutzen durch die geplante Aufgabe von Flexibilitat gegenuber (vgl. Schaub (1997), S. 101).
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entscheidungsirrelevante Kosten. Im Gegensatz dazu sind die erwarteten Kosten und Nutzen der Investition entscheidungsrelevant. Der Spezifitatsgrad bestimmt nun, welcher Teil dieser prospektiven Kosten und Nutzen sicher in Form von Altemativerlosen (in nachstbester Verwendung) anfallen wird und welcher Teil der prospektiven Kosten und Nutzen vom Verhalten des Transaktionspartners abhangt (Quasirente). Die zukiinftigen Einnahmen dienen nun einerseits der Amortisation der spezifischen Investition und andererseits stellen sie Gewinn dar, wenn sie die laufenden Kosten des Projektes iibersteigen. Der Produktivitatsvorteil spezifischer Investitionen (Irreversibilitatspramie) wirkt grundsatzlich stabilisierend auf die Investitionsbeziehung.^'' Er bemht auf der Annahme, dass eine Investition mit hohem Spezifitatsgrad eine Problemlosung effektiver und/oder effizienter erbringen kann als eine alternative Investition mit geringerer Spezifitat. Femer wird mit zunehmender Spezifitat der Investition eine zunehmende Produktdifferenzierung auf der Outputseite ermoglicht, die zu hoheren Erlosen fuhrt.^^ Die hohere Effizienz einer spezifischen Leistung beruht auf geringeren Produktionskosten. Andererseits fuhren individualisierte Leistungen zu hoheren Anschaffungskosten. Gewinne, Eriose, Kosten, Restwert
i
1
E(s)
G(s)
QR
V
Ks(s) A(s) •
Spezifitat
Abbildung 5: Quasirente in Abhangigkeit der Spezifitat
Abbildung 5 veranschaulicht die Zusammenhange.^^ Die Darstellung beruht auf den Annahmen, dass der Produktivitatsvorteil unterproportional zum Spezifitatsgrad zunimmt. Femer
' Vgl. Levinthal/Fichman (1988), S. 348. ^ Vgl. Backhaus et al. (1994), S. 44. ^ In Anlehnung an ebenda, S. 45 und 47.
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sinken die Kosten bei steigender Spezifitat durch Effizienzvorteile bis zu einem Minimum, sie werden bei hoher Spezifitat durch die hohen Anschaffungskosten jedoch tiberkompensiert. In Abbildung 5 ergibt sich ein maximaler Gewinn G in Abhangigkeit des Spezifitatsgrades s aus den spezifitatsabhangigen Erlosen E(s) und Kosten K(s) in Skru- Der Altemativerlos A(s) des Investitionsgutes nimmt aufgrund des abnehmenden Wertes in altemativer Verwendungsmoglichkeit mit steigender Spezifitat ab. Im Extremfall, bspw. bei einer auf untemehmensspezifische Prozesse angepassten Software, kann eine vollkommen spezifische Ressource in Smax keinen altemativen Wert, d. h. einen Restwert von Null, besitzen. Zwischen Gewinn und Altemativerlos ergibt sich die Quasirente in Abhangigkeit des Spezifitatsgrades (dunkle Flache in Abbildung 5). Fur eine vollstandig unspezifische Ressource (in So), bspw. ein Standard-Softwareprodukt besteht keine Quasirente, Mogliche direkte Kosten des Wechsels fallen unabhangig davon auch bei unspezifischen Ressourcen an. Im vorliegenden Beispiel ergibt sich bei maximaler Gewinnmoglichkeit eine Quasirente i. H. v. QR. Der Altemativerlos A(s) kann nach dem Kauf unabhangig vom In-Supplier mit Sicherheit erzielt werden. Der iiber den Altemativerlos hinausgehende Betrag i. H. der Quasirente ist abhangig vom Verhalten des In-Suppliers und damit unsicher. Bspw. kann ein Anbieter, der iiber den Quellcode einer spezifischen Software verfugt, bei notwendigen ex post Anpassungen auf Kundenseite an neue Prozesse durch preispolitische MaBnahmen die laufenden Kosten des Kunden erhohen und somit die Quasirente des Kunden schmalem. Eine Investitionsentscheidung steht damit im Spannungsfeld zwischen erwartetem Produktivitatsvorteil und antizipierter ex post Abhangigkeit, was als „Janusk6pfigkeit" der spezifischen Investition bezeichnet werden kann.^^ Zusammenfassend lasst sich die Quasirente aus Verwendersicht als Differenz des Wertes einer spezifischen Investition bei Verwendung in bestehender Beziehung und des Wertes in nachstbester Verwendungsmoglichkeit innerhalb des Planungshorizontes ausdriicken. Aus Sicht des Rechnungswesens entspricht sie der Differenz des erwarteten Deckungsbeitrages und dem Restwert der Investition zum Entscheidungszeitpunkt. Die Quasirente im Entscheidungszeitpunkt te ergibt sich aus: QR
S ("IN-k,N.sXl + i)" | - m a x y | Z (njj - kg^Xl + i ^
(3)
Die relevanten Kosten in der ex post Situation unterscheiden sich inhaltlich von denen aus (2). Die Kosten, die den erwarteten Erlosen in der gegenwartigen Beziehung gegeniiberstehen, entsprechen in (3) dem spezifischen Teil der Einzelkosten, die noch nicht angefallen oder vordisponiert sind, d. h. den der Investition zurechenbaren Kosten, die nicht wieder einsetzbar
"" Vgl. Kaas (1992b), S. 27; Backhaus et al. (1994), S. 49.
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(redeployable) sein werden.^^' ^^ Der Wert in altemativer Verwendungsmoglichkeit, d. h. bei Verwendery in Verwendung /, ergibt sich seinerseits aus erwartetem Nutzen und erwarteten spezifischen Kosten,^^ da bspw. ein altemativer Verwender maximal bereit ist, einen Preis auf dem Sekundarmarkt zu zahlen, der gerade noch einen positiven Nettonutzen verspricht, Folgt man der Logik des Kalkiils, so sind auch fur ihn unspezifische Kosten keine relevanten Kosten. 2.1.2.2.2 Quasirente des Kunden als Teil der Gesamtrente Die vorangegangenen Uberlegungen lassen sich analog auf die Anbieterseite ubertragen, wenn der Anbieter seinerseits spezifische Investitionen in die Beziehung einbringt. Der Fall wechselseitiger Investitionen liegt regelmafiig im Zuliefergeschaft vor, wenn bspw. im Automobilzulieferbereich im Rahmen einer Just-In-Time Produktion spezifische Investitionen des OEM in effizientere Logistikprozesse und spezifische Investitionen des Zulieferers in produktionsnahe Standorte getatigt werden. Aus solchen wechselseitigen spezifischen Investitionen resultieren wechselseitige Abhangigkeiten der Transaktionspartner.^'' Wechselseitige spezifische Investitionen sind jedoch keine zwingende Voraussetzung fiir eine wechselseitige Bindung. Vielmehr lasst sich die Bindung des Anbieters bereits aus der kundenseitigen spezifischen Investition ableiten, ohne dass der Anbieter seinerseits spezifisch investiert. Ausgangspunkt der Betrachtung ist das neoklassische Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz, bei dem der Anbieter keine Gewinne realisieren kann. Es existiert immer ein Wettbewerber, der, unter Annahme gleicher Kosten, zu einem Preis anbietet, der gerade ausreicht, um die Kosten zu decken, Bezieht man die Ressourceneigenschaft der Spezifitat in die Uberlegung ein, so ist es fur den Anbieter moglich, Gewinne zu erzielen, Nach dem Initialkauf ist der In-Supplier im Gegensatz zu seinen Wettbewerbem in der Lage, dem Kunden zur Realisierung des Spezifitatsvorteils zu verhelfen,^^ Damit besteht ftir den InSupplier grundsatzlich die Moglichkeit, einen Preis oberhalb seiner Preisuntergrenze am Markt durchzusetzen.
^' Vgl. Klein/Leffler (1981); Williamson (1985), S. 54f. ^^ Im Falle von interspezifischen Ressourcen, d. h. spezifischen Investitionen, welche direkt von weiteren spezifischen Investitionen abhangig sind, geht das Gefahrdungspotential iiber die Einzelkosten hinaus und umfasst samtliche Folgekosten. ^^ Die Frage nach der Art der Verwendung und des Verwenders wird erst relevant, wenn Transaktionskosten in die Betrachtung miteinbezogen werden. Es ist zu vermuten, dass die Transaktionskosten bei altemativer Art der Verwendung in Form von Anpassungskosten hoher sind als bei gleicher Art der Verwendung. Femer sind geringere Transaktionskosten bei Verwendem zu erwarten, die das Investitionsobjekt durch Verschrotten seiner „letzten" Verwendung zufiihren. ^"^ Weiterfiihrende Analysen zu spezifischen Investitionen in Lean-Production Geschaftsbeziehungen finden sich u. a. bei Sollner (1993); Wildemann (2002). ^^ Die damit verbundene „Fundamentale Transformation" der Kunden-Anbieter-Beziehung von einer wettbewerblichen zu einer monopolistischen Austauschbeziehung wird in Abschnitt 3.2.3 thematisiert.
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Im Grenzfall voUstandiger Konkurrenz bewirkt der Wegfall eines Anbieters keine Anderung des Marktpreises. Ebenso bleibt der Wegfall der Kaufkraft eines Kunden ohne Einfluss.^^ Existiert jedoch eine Anbieterrente aufgrund von Spezifitat, so fiihrt der Abbruch der Beziehung durch den Kunden zum Verlust eben jener Gewinne des Anbieters. Daraus lasst sich eine Abhangigkeit des Anbieters auch ohne wechselseitige spezifische Investitionen begriinden. Somit kann festgehalten werden, dass auch einseitige spezifische Investitionen zu wechselseitiger BindungfUhren, die durch Spezifitat hervorgerufen wird. Begreift man das Spannungsfeld zwischen Preisobergrenze und Preisuntergrenze als Quasirente der Beziehung, so ergibt sich zusatzlich das Problem der Aufteilung der Quasirente zwischen Anbieter und Kunde.^'' Diese sei zunachst formal dargestellt. Die Quasirente einer Beziehung QR ergibt sich aus der Differenz des Gesamtwertes der Zusammenarbeit und dem Wert der jeweils besten Altemativen von Kunde (maxa) und Anbieter (max„):^^ QR-
Ik
Sk-^,,.-pJ
E(p-^J
Hip.-kJ
Aufbauend auf Gleichung (3) ist die Quasirente des Anbieters als neues Element hinzugekommen. Sie wird bestimmt durch den zukiinftigen Wert der Beziehung fur den Anbieter, der sich aus der Differenz der Preise p und der Einzelkosten ke ergibt, und den Wert des bestmoglichen altemativen Nachfragers. Die entscheidende GroBe ist der Preis, der auf der Kundenseite von den laufenden Kosten ^/iv isoliert wurde: Er geht einmal positiv und einmal negativ in die Gesamtgleichung ein und hat damit keinen Einfluss auf die Quasirente der Beziehung. Als Nutzen des Anbieters erhoht er jedoch die Quasirente des Anbieters und als Kostenkomponente des Kunden vermindert er dessen Quasirente. Quasirente des Anbieters Quasirente des Kunden
/ 7*/ 7*/ 7*/
—r
Preisuntergrenze des Anbieters
/
7
/ I ^. \ \ \ \
Verhandlungspreis
Preisobergrenze des Kunden
Abbildung 6: Verteilung der Gesamtrente durch den Preis
^^ Vgl. u. a. die Diskussion bei Schneider (1993), S. 234-241. ^^ Vgl. Kaas (1992b), S. 52f; Kaas/Schade (1993), S. 95; Kaas (1995c), S. 34. ^'^ In Anlehnung an Schade (1997), S. 167. Zur vereinfachten Darstellung wurde die Verzinsung nicht berucksichtigt.
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Wie in Abbildung 6 veranschaulicht, determiniert der Preis die Aufteilung der Quasirenten zwischen Anbieter und Kunde. Auf die Frage, bei welchem Preis sich eine optimale Verteilung der Quasirente ergibt, kennt die mikrookonomische Preistheorie keine Antwort: Es herrscht „theoretisches Schweigen",^^ Abseits der klassischen Preistheorie ist eine Reihe von Ansatzen entstanden, die Hinweise auf mogliche Losungen des Verteilungsproblems geben/^^ Im Rahmen der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit konnen diese jedoch nur angesprochen werden. Vielversprechende Ansatze kommen aus der Spieltheorie, welche seit Anfang der 50er Jahre axiomatische und behavioristische Verhandlungsmodelle hervorgebracht hat/^^ In axiomatischen Modellen wird das Verhalten der Transaktionspartner in Axiomen abgebildet, woraus sich ein bestimmtes Ergebnis im Auszahlungsraum ableiten lasst. Diesem Ergebnis entsprechen Strategien, d. h. Verhaltensentscheidungen, die vom Prozess der Verhandlungen abstrahieren. Relevanz besitzt der Verhandlungsprozess in verhaltensorientierten Verhandlungsmodellen, die Phanomene wie Verhandlungsangebote oder Konzessionen abbilden konnen. Ein ahemativer Ansatz zur Spieltheorie fmdet sich bei Hashimoto und Yu, die Vertragsverhandlungen iiber spezifische Humankapitalinvestitionen betrachten/°^ Die Autoren schlagen vor, Produktivitatsindikatoren vertraglich zu vereinbaren, die eine Verteilung der Quasirente bei veranderten Umweh- und Produktivitatsbedingungen ex ante regeln und damit die Gefahr opportunistischer Nachverhandlungen reduzieren. Kritisch ist anzumerken, dass das Verteilungsproblem durch das „Institutionalisieren" teilweise auf die Suche nach geeigneten Indikatoren verlagert wird.^^^ Weitere Ansatze bestimmen optimale Verteilungen des Beziehungsoutputs im Zeitablauf durch das Treffen konkreter Annahmen. So zeigt Schade, dass die Preissetzung so geregelt werden kann, dass die Wahrscheinlichkeit von Konflikten und damit verbundene Transaktionskosten minimiert wird, wenn der Verlauf der Quasirenten in einer Beziehung abgeschatzt werden kann/^
'Schneider (1987b), S. 277. ^ Vgl. Kaas/Schade (1993), S. 95. Zu spieltheoretischen Uberlegungen der Aufteilung von Quasirenten siehe HoUer/IUing (2003), S. 189-266 und dort angegebene Quellen sowie kritisch dazu Kaas (1992a), S. 53f. '^^ Vgl. HashimotoA^u (1980). ^^^ Vgl. Kaas/Schade (1993), S. 95. ^^ Vgl. Schade (1997), S. 166-180.
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Die entstandenen Ansatze helfen dabei, das Verteilungsproblem besser zu verstehen, um Verteilungskonflikte um die Quasirente zu mildem.'^^ Dies darf jedoch nicht dariiber hinwegtauschen, dass keine okonomisch oder moralisch zwingende Losung des Problems existiert,^^^ Im Fokus der vorliegenden Arbeit steht die Bindung des Kunden innerhalb einer Geschaftsbeziehung. Damit nimmt die Quasirente des Kunden, die hier durch den Verhandlungspreis und seine Preisobergrenze bestimmt wird, eine zentrale Rolle ein. Um trotz der Schwierigkeiten, die sich aus der Verhandlungssituation zur Bestimmung des Preises ergeben, klare Aussagen zur Kundenbindung, insbesondere iiber den Einfluss retrospektiver Determinanten, zu generieren, wird der Untersuchungsgegenstand der Arbeit auf die Preisobergrenze des Kunden prazisiert. Zu untersuchen ist das Ausbeutungspotential, welches die Obergrenze fiir die kundengerichteten MaBnahmen des Anbieters zur Aneignung der Quasirente darstellt. Im Verlauf der Arbeit ist sicherzustellen, dass die durch die Fokussierung auf die Preisobergrenze ausgeblendete Anbieterbindung keinen Einfluss auf die formulierten Forschungsfragen und die daraus abgeleiteten Hypothesen besitzt. Damit lasst sich die vorliegende Analyse als effizienz- und kundenorientiertes Partialmodell klassifizieren. Die Preisobergrenze determiniert den tatsachlichen Spielraum, wenn der Kunde keine Verhandlungsmacht bei Preisverhandlungen besitzt. Aus theoretischer Sicht ergibt sich eine solche Situation, wenn der Anbieter aus einer quasi-monopolistischen Position einem anonymen Markt mit vielen Nachfragem gegeniiber steht. Der Verlust der Anbieterrente bei Abbruch der Beziehung ist dann marginalisiert. Im Relationship-Marketing entspricht dies dem Systemgeschaft, in welchem die einseitige Kundenbindung innerhalb einer Beziehung fokussiert wird. Auf das Systemgeschaft wird im Folgenden naher eingegangen.
2.2 Ansatzpunkte fiir die Identiflkation der Determinanten der Bindungswirkung spezifischer Investitionen Die bisherigen Ausfiihrungen dienten der Einordnung der spezifischen Investition als Kundenbindungsinstrument. Diskutiert wurde die resultierende Abhangigkeitssituation aus Kundensicht, die zu Bindung fiihrt. In diesem Zusammenhang wurde der Spezifitatsgrad als Determinante der resultierenden Bindung identifiziert. Dieser bestimmt einerseits den erwarteten Produktivitatsvorteil und andererseits die Abhangigkeit vom Anbieter. Nach den grundsatzlichen Uberlegungen sollen in den folgenden Abschnitten weitere Determinanten der Bindungswirkung spezifischer Investitionen ergriindet werden. Ansatzpunkte
Zur Ableitung koniaeter MaBnahmen schlagen Schade und Schott ein System von Determinanten der Kooperation vor (vgl. Schade/Schott (1993a)). Sie unterscheiden die folgenden Marketinginstrumente: Management der Informationsbeziehung, Vertrauensmanagement, Vertragsmanagement, Risikomanagement, Potentialpolitik, Modulierung der Bindungsstarke und Festlegung der Kooperationszieie. '*^ Vgi.Kaas (1995c), S.38f.
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fur die Identifikation von Einflussfaktoren finden sich in drei ausgewahlten Forschungsfeldem: •
im Relationship-Marketing, insbesondere im Systemgeschaft als einseitige Geschaftsbeziehung,
•
in der interdisziplinaren Eskalationsforschung, welche die Eskalation von Commitment zu einmal gewahlten Handlungen untersucht sowie
•
in der deskriptiven Entscheidungsforschung, insbesondere in der aus der Psychologie kommenden Analyse von Entscheidungsanomalien.
Aufgrund der Schnittstelle von Entscheidungsforschung und Eskalationsforschung auf der Ebene des Phanomens werden beide Grundlagen in diesem Abschnitt gemeinsam disku-
2.2.1 Determinanten der Bindung im Relationship-Marketing Die Analyse des Vorteilhaftigkeitskalkiils des Kunden in Abschnitt 2.1.2 hat gezeigt, dass die Wechselkosten des Kunden in einer Geschaftsbeziehung die entscheidende BindungsgroBe darstellen. Das Relationship-Marketing kann i. d. S. als Management der Wechselkosten des Kunden in Art und Umfang bezeichnet werden. Dabei sind die subjektiv wahrgenommenen Wechselkosten der messbare Ausdruck der Abhangigkeit des Kunden. ^^^ Die Wechselkosten, die einem Transaktionspartner entstehen, wenn er eine Geschaftsbeziehung verlasst und damit die entscheidungsrelevanten Kosten bei Wechselentscheidungen aus Sicht des RelationshipMarketing, konnen nach Plinke in drei Komponenten gegliedert werden: in Opportunitatskosten des Wechsels, versunkene Kosten und direkte Kosten des Wechsels.^^^ Die direkten Kosten des Wechsels beinhalten die Transaktionskosten des Wechsels, d. h, die antizipierten Ausgaben fiir Suche, Anbahnung und Vereinbarung einer neuen Beziehung.^^^ Diese Kosten sind nicht Bestandteil der (altemativen) Leistung. Zusatzlich rechnet Plinke eventuell notwendig werdende neue Investitionen in die Alternative zu dieser Kostenkomponente.^^^ Anfallen konnen sie sowohl vor der Wechselentscheidung als direkte Kosten der Anbahnung und Vereinbarung des Wechsels als auch nach dem Wechsel als direkte Kosten '"^ Vgl. u. a. Bazermann (1984); Whyte (1986); Weber/Zuchel (2001). '°*^ Vgl. Plinke/SoUner (1999), S. 73; Weiber/Adler (2003), S. 78. '^ Vgl. Plinke (1997b), S. 35f. und 44f. "° Vgl. Klemperer (1987), S. 375f. Klemperer zahlt femer „Leaming Cost" als produktspezifisches Wissen zu den direkten Kosten (Real Social Cost). Daneben bestehen Wechselkosten in Form von „Artificial Cost" i. S. v. spezifischen Ertragen einerseits und Austrittskosten andererseits. ' " Vgl. Plinke (1997b), S. 35 und 47. Eine Einschrankung dieses Kostenblocks auf die spezifischen Kosten der Altemativinvestition nimmt Plinke an dieser Stelle nicht vor. Im S. d. von Plinke ebenfalls verwendeten Begriffes der ,/elevanten Kosten" fiir diese Art von Wechselkosten ware eine solche zusatzliche Einschrankung jedoch sinnvoll, da den unspezifischen Kosten Alternativertrage in gleicher Hohe gegeniiberstehen.
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der Anpassung an die neue Beziehung und Abwicklung der verlassenen Beziehung. Diese Kosten wirken dem Wechsel entgegen. Verlasst ein Transaktionspartner eine Beziehung nach dem Initialkauf, so verzichtet er auf den Nettonutzen der bestehenden Beziehung. Dieser kann als Opportunitatskosten des Wechsels der Geschaftsbeziehung interpretiert werden und beschreibt die erwarteten zukiinftigen Nutzen und Kosten der bestehenden Beziehung. Mit einzubeziehen sind insbesondere gewachsene Werte in der Geschaftsbeziehung wie Wissen iiber die Prozesse des Partners oder entstandenes Vertrauen, die Teil der Quasirente sind. Die Opportunitatskosten des Wechsels gehen jedoch tiber die Quasirente hinaus, da sie auch den unspezifischen Teil des Nettonutzens einschlieBen (vgl. Abbildung 4). Als dritten Bestandteil der Wechselkosten fuhrt Plinke die versunkenen Kosten an, Sie sind in der Vergangenheit getatigte, noch nicht vollstandig amortisierte oder verbrauchte Investitionen, die den Kunden an die Beziehung binden.^^^ Diese beziehen sich auf Investitionsguter, die auBerhalb der Geschaftsbeziehung keinen oder einen geringeren Wert haben und bei einem Wechsel verloren gehen, Plinke begnindet damit eine Verharrungstendenz in Abhangigkeit der versunkenen Kosten. ^^^ Die vorgestellte Wechselkostenkonzeption wurde von Adler und Weiber empirisch iiberpriift, ^^"^ Die Autoren untersuchten das Wechselverhalten von 325 Mobilfiinkkunden, von denen annahemd die Halfte die Geschaftsbeziehung gewechselt haben und die andere Halfte in der Beziehung mit ihrem Provider verblieben sind. Die Einflussfaktoren auf das Wechselverhalten wurden von einer reinen Kostenbetrachtung auf eine Kosten-Nutzen Betrachtung erweitert, Dementsprechend wurden die Opportunitatskosten des Wechsels um den Nettonutzen der Alternative erganzt, so dass die Nettonutzendifferenz der Anbieter in die Analyse eingegangen ist. Erganzend wurde femer die Unsicherheitsdifferenz als erklarende Variable des Wechselverhaltens eingefuhrt. Die Unsicherheitsdifferenz gibt „[,..] die Differenz zwischen der subjektiven endogenen Unsicherheit in der aktuellen und der potentiell neuen Geschaftsbeziehung" wieder,^^^ Die damit vier EinflussgroBen wurden mittels jeweils vier Items operationalisiert und mit einer logistischen Regression auf ihre Relevanz fur das Wechselverhalten gepriift, Operationalisiert wurde das Wechselverhalten als dichotome abhangige Variable (Wechsler und treue Kunden), Die Ergebnisse bestatigten die Hypothese, dass mit steigender wahrgenommener Nettonutzendifferenz (zugunsten des Out-Suppliers) sowie bei abnehmender Unsicherheitsdifferenz (zugunsten des Out-Suppliers) die Wahrscheinlichkeit eines Anbieterwechsels steigt. Dage"^ Vgl. ebenda, S. 45. "^ Vgl. ebenda, S. 35. "^ Vgl. Weiber/Adler (2003). "^ ebenda, S. 83.
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gen sinkt die Wechselwahrscheinlichkeit mit der Zunahme der wahrgenommenen direkten Wechselkosten. Femer zeigt der Faktor ,Aniortisation der spezifischen Investition" und damit die Hohe der versunkenen Kosten i. S, Plinkes einen signifikanten negativen Zusammenhang mit der Wechselwahrscheinlichkeit/^^ Damit ist den versunkenen Kosten als Teil der Wechselkosten eine Bindungswirkung nachgewiesen/^^ Die fur die Untersuchung befragten Mobilfunkkunden sind einseitig an den Provider gebunden. Einerseits sind sie vertraglich an den Anbieter gebunden und andererseits legen sie sich auf das jeweilige Mobilfunknetz als System fest. Das Telefonieren uber ein alternatives System ist mit dem durch die Initialtransaktion erworbenen Zugangschip nicht moglich, Diese Systembindung iiberdauert i. d. R, die Vertragslaufzeit, da vorhandene Ressourcen nur eingeschrankt auf andere Systeme ubertragbar sind und Netzeffekte einen Verbleib im gegenwartigen System attraktiver erscheinen lassen. Ein solches Geschaft soil im Folgenden als Systemgeschaft bezeichnet werden. Systemgeschafte konnen als Geschaftsbeziehung mit einer technisch determinierten Nutzenverbundenheit interpretiert werden/^^ Das Systemgeschaft besteht aus einer Folge von Transaktionen in einem zeitlichen Kaufverbund, d. h., die Leistungen werden zeitlich versetzt im Verbund mit anderen Leistungsangeboten gekauft (vgl. Abbildung 7)/^^
Initialkaufentscheidung
Folge kaufentscheidung 1
Folgekaufentscheidung 2
Folgekaufentscheidung n
to
Abbildung 7: Sukzessive Beschaffungsschrittfolge im Systemgeschaft
Die innere Verbindung im Systemgeschaft bezieht sich auf einen Nachfrageverbund. Die Bedarfsverbundenheit ist darauf zuruckzufuhren, dass durch die Nutzung mehrerer Leistun' '* Eine differenziertere Analyse der seiben Daten findet sich bei Adler (2003). "^ Dieser Zusammenhang wurde femer in einer Analyse der Anbieterauswahl im Kaufprozess von Luthard bestatigt (vgl. Luthard (2003)). Befragt wurden 191 Leiter von Technik- und Produktionsbereichen iiber eine bestehende Wechselneigung bzw. Wechselbereitschaft als Vorstufe des eigentlichen Kaufaktes. Im Ergebnis zeigte sich ein signifikanter positiver Einfluss der spezifischen Investition an sich (i. S. v. Vorleistungen) auf die spezifitatsbedingten Wechselkosten, die wiederum negativ auf die Anzahl der im Kauf beriicksichtigten Anbieter wirkten. '"* Vgl. Weiber (1997b), S. 379. "^ Vgl. Weiber (1997a), S. 297. '^° Auf der Seite des Anbieters richtet sich das Verhaltensprogramm an den anonymen Markt, auch wenn der „[...] Beschaffungsprozess [...] ein hohes Mafi an Individualitat aufweisen [kann], da Art, AusmaB oder zeitlicher Ablauf systemimmanenter Folgekaufe nachfragerspezifisch stark divergieren konnen" (Backhaus (2003), S. 599). Die Quasirente des Anbieters ist somit gering (vgl. Backhaus et al. (1994), S. 101).
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gen ein uber den isolierten Nutzen hinausgehender zusatzlicher Nutzen entsteht oder durch die gemeinsame Nutzung uberhaupt erst ein Nutzen resultiert,^^^ Schon die Beschaffung der ersten Systemkomponente stellt ftir den Nachfrager eine spezifische Investition dar, welche die realisierbaren Investitionsaltemativen einschrankt. Mit jedem Folgekauf erhohen sich die Wechselkosten auf ein anderes System/^^ Beim Initialkauf werden bereits zuktinftige Transaktionen geplant und beriicksichtigt. Die Antizipation der Wechselkosten durch den Kunden fuhrt dazu, dass der Kunde ein Interesse hat, mit einem Anbieter langerfristige Bindungen einzugehen/^^ Die Systembindung resultiert aus der Beschaffungsrestriktion der Investitionsaltemativen durch die Festlegung auf eine bestimmte Systemtechnologie. Aus den Produktcharakteristika von Systemtechnologien lassen sich technologische und organisationale Bindungen ableiten.^^"* Der technikbasierte Bindungseffekt beruht auf der Systementscheidung, welche die Einsatzmoglichkeit komplementarer und substitutiver Systemkomponenten bestimmt.^^^ Eine organisationale Systembindung entsteht durch mogliche Anpassungen der organisatorischen Prozesse des Kunden an das beschaffte System. Zu den Ressourcen des Kunden, die spezifisch auf das System ausgerichtet werden, zahlen u. a. Prozessablaufe, Schulungen von Mitarbeitem oder die Anpassung von Datendanken. In einer empirischen Untersuchung von Systembindungseffekten haben Weiber und Beinlich die technologische und organisationale Bindungswirkung um psychologische Bindungseffekte erweitert/^^ Die psychologischen Bindungsaspekte stellen primar keine Bindung an die gewahlte Systemweh sondem an den Anbieter dar. Sie kdnnen Transaktionskosten senken, begriinden aber keine Abhangigkeit, die durch die Systemtechnologie verursacht wird. Die untersuchten psychologischen Faktoren umfassen die beiden Konstrukte Zufriedenheit und Vertrauen. Wahrend die Zufriedenheit die oben diskutierte Abweichung von erfahrener und erwarteter Leistung wiedergibt, bezieht sich das Vertrauen auf die Vertrauenseigenschaften der Leistung i. S. der Informationsokonomik.^^^ In d. S. ist Vertrauen die Bereitschaft des '^' Vgl. Weiber (1997b), S. 370ff. '^^ Vgl. Backhaus (2003), S. 609. '^^ Vgl. Jackson (1985), S. 75. '^^ Vgl. Backhaus et al. (1994), S. 90f. ^ Vgl. Weiber (1997a), S. 30If. Die technische Bindung hangt davon ab, inwiefem das System eine eher geschlossene oder offene Systemarchitektur besitzt. Offene Systeme sind nach anbieterunabhangigen und allgemein verfiigbaren Standards gestaltet. Sie begriinden eine Abhangigkeit von der gewahlten Technologic, i. d. R. jedoch nicht von einem bestimmten Anbieter. Bei geschlossenen (proprietaren) Systemen verfiigen die einzelnen Systemkomponenten uber eine herstellerspezifische Schnittstellendefinition. Entsprechende Systemkomponenten konnen nur von einem Anbieter beschafft werden. ^^^ Vgl. Weiber/Beinlich (1994). '^^ Vertrauenseigenschaften sind jene Eigenschaften einer Leistung, die durch den Nachfrager weder vor noch nach dem Kauf zu vertretbaren Kosten beurteilbar sind oder bei denen eine Beurteilung grundsatzlich nicht moglich ist (vgl. Weiber (1997a), S. 336).
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Kunden, bewusst, notwendigerweise oder freiwillig auf Informations- und Kontrollmoglichkeiten in bezug auf zukiinftige Transaktionen zu verzichten. Gemessen wurde der Einfluss des Vertrauens u. a, durch die Beurteilung der Verlasslichkeit und Kompetenz des Anbieters sowie der Wahrscheinlichkeit arglistigen Verhaltens des Anbieters, Bewertet wurde die Bedeutsamkeit der Bindungswirkung nach einem Kriterienkatalog auf einer Skala von 1 bis 5. Abbildung 8 gibt einen Uberblick der Ergebnisse.^^^ Kriterien Technische Inkompatibilitat Vorhandene Systemkomponenten eines Anbieters Anbieterspezifisches Baukastensystem
•=•
O)
P =
Varianz 1,52 1,51 0,46
Vorhandene Werkzeuge
1,81
Anpassung der Ablauforganisation
1,54
Einsetzbarkeit vorhandener Datensatze und Programme
1,83
Bestehende Softwarekenntnisse
1,71
Bisherige Investitionen in das System
1.75
Verlasslichkeit des Anbieters
1,29
Leistungsbereitschaft
0,85
Ausschluss von Opportunismus
1,03
Offenheit der Interaktion
0,50
Leistungsfahigkeit/Kompetenz
0,54
Sorgfalt
0,44
Implementierung
0,65
Schulung des Personals
0,86
Finanzierung
1,44
Preis/Leistungsverhaltnis
0,62
Planung und Beratung
0,59
O)
_o o
1
2
unbedeutend
3
4
5
sehr bedeutend
Abbildung 8: Bindungskriterien im Systemgeschaft
^^^ Vgl. Weiber/Beinlich (1994), S. 124. Die Untersuchung von Weiber und Beinlich basiert auf 120 Interviews bei Nachfragem von Systemtechnologien im Maschinenbau.
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Fiir die technische Bindung besitzt insbesondere das Vorhandensein eines anbieterspezifischen Baukastensystems eine hohe Bedeutung. Die bereits vorhandenen Systemkomponenten und Werkzeuge sowie die bisherigen Investitionen in das System beziehen sich auf retrospektive GroBen, d. h., sie beziehen sich auf versunkene Kosten. Ihr Einfluss ist relativ zu den iibrigen Items geringer, jedoch mit Werten um drei keinesfalls unbedeutend. Die organisatorischen Bindungswirkungen zeigen eine vergleichsweise geringere Bindungskraft. Die Einsetzbarkeit vorhandener Datensatze und Programme weist hier die hochste Bedeutung auf/^^ Die Ergebnisse machen deutlich, dass im Maschinenbau vor allem den psychologischen Bindungsdimensionen durchgangig eine hohe Bedeutung zukommt. Die starkste Bindungswirkung wird der Kompetenz des Anbieters beigemessen. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Anbieterkompetenz als Surrogatinformation fur Vertrauen angesehen werden kann. Die besondere Bedeutung des Vertrauens im Systemgeschaft kann durch die oftmals nicht oder nur unter Inkaufnahme von Kosten zu generierenden Informationen uber die Leistung und den Anbieter erklart werden. Daraus erwachsen Unsicherheiten fur den Kunden, deren Ursachen innerhalb (endogen) und auBerhalb (exogen) der Geschaftsbeziehung liegen. Die exogene Unsicherheit ist durch die Transaktionspartner nicht beeinflussbar, sondem wird von auBeren Faktoren u. a. technologischen, physischen oder rechthchen Restriktionen bestimmt.^^^Im Systemgeschaft betrifft sie insbesondere die klinftige Marktentwicklung, wie die zukunftige Entwicklung von Standards und einem damit verbundenen Anbieter-ShakeOut, wenn nur standard-kompatible Losungen am Markt bestehen/^^ Wahrend die exogene Unsicherheit bzw. Umweltunsicherheit durch den Anbieter und damit aus Marketingsicht nicht verandert werden kann, ist die endogene Unsicherheit durch die Transaktionspartner beeinflussbar. Ihre Ursachen liegen auf Kunden-, Anbieter- und Systemseite.^^^ Unter der Annahme, dass der Kunde seine eigenen Fahigkeiten und Moglichkeiten richtig einschatzen kann, reduziert sich die endogene Unsicherheit auf das Anbieterverhalten und die Beurteilbarkeit der zukiinftigen Flexibilitat und Kompatibilitat des Systems. Beide Aspekte sollen im Folgenden unter der Verhaltensunsicherheit zusammengefasst werden.^^^
Die Zuordnung der Bindungskriterien zu den drei Dimensionen technisch, organisatorisch und psychologisch wurde mit einer konfirmatorischen Faktorenanalyse bestatigt. Eine hohe Korrelation der Dimensionen technische und organisationale Bindung deutet auf einen engen Zusammenhang der faktischen Bindungsfaktoren hin, wahrend die psychologische Bindung nur geringe Korrelationen mit den faktischen Dimensionen aufweist (vgi. ebenda, S. 125f). ^' *^ Vgl. Backhaus et al. (1994), S. 75f. '^' Vgl. Backhaus (2003), S. 646f. '^^ Eine Ubersicht der Quellen endogener Unsicherheiten bei Systemtechnologien fmdet sich bei Backhaus et al. (1994), S. 87. '^^ Damit wird die endogene Unsicherheit mit der Verhaltensunsicherheit gleichgesetzt. Die Differenzierung von Verhaltensunsicherheit und endogener Unsicherheit, wie sie sich u. a. bei Kleinaltenkamp findet, soil hier abgesehen werden, da nicht der Informationsvorsprung des Anbieters als Folge der Informationsasymmetrie alleine
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Fiir den Kunden besteht sowohl vor, als auch nach dem Kauf Unsicherheit daruber, ob der Anbieter in der Lage sein wird, die systemtechnischen Entwicklungen aktiv voranzutreiben bzw. sie nachzuvollziehen. Der Kunde wird ex ante einen Anbieter auswahlen, der uber systemtechnisches Know-how verfugt, das die technische Uberlebensfahigkeit des Systems wahrscheinlicher erscheinen lasst/^'* Ein weiteres Beurteilungsproblem stellt die Bewertung einzelner Leistungsbestandteile vor dem Kauf dar. Dies weist einen engen Zusammenhang mit der in der Informationsokonomik diskutierten Qualitatsunsicherheit auf, die gleicheraiaBen leistungsbezogene Bewertungsprobleme vor dem Kauf beschreibt/^^ Die Qualitatsunsicherheit fiihrt zu steigenden Suchkosten, die zu adversen Selektionen und schlieBlich zu Marktversagenfiihrenkonnen,^^^ Neben den problemlosungsbezogen Bewertungsproblemen besteht Unsicherheit beziiglich des zu erwartenden Anbieterverhaltens. Im Falle der Existenz einer Quasirente kann die Gefahr bestehen, dass der Anbieter seinen diskreditionaren Handlungsspielraum zum Nachteil des Kunden ausnutzt, um seinen eigenen Nutzen zu maximieren (vgl. Abschnitt 2,1.2.2). In diesem Zusammenhang spricht Williamson auch von strategischer Unsicherheit, die auf opportunistisches Verhalten des Transaktionspartners zuriickzufiihren ist.^^^ Unter Opportunismus versteht Williamson „self-interest seeking with guile", wobei er erganzt: „This includes but is scarcely limited to more blatant forms, such as lying, stealing, and cheating. Opportunism more often involves subtle forms of deceit."^^^ Um einem solchen Anbieterverhalten entgegenzuwirken, ist die Absicherung der Quasirente vor der Initialtransaktion sowie die Kontrolle des Anbieterverhaltens wahrend der Geschaftsbeziehung notwendig.^^^ Dadurch entstehen dem Kunden jedoch Transaktionskosten der Absicherung und Uberwachung. Femer konnen nicht alle Handlungen des Anbieters beobachtet werden.^"*^ Das verbleibende vom Transaktionspartner wahrgenommene Risiko kann durch Vertrauen soweit reduziert werden, dass eine Transaktion zustande kommt. In d. S. kann Vertrauen als Mechanismus zur Reduktion von Verhaltensunsicherheit interpretiert werden, der die Geschaftsbeziehung auf zweierlei Weise beeinflusst, Bei Transaktionen, in denen Leistung und Gegenleistung nicht zeitgleich erbracht werden und somit Vorleistungen einer Seite vorliegen, ist ein MindestmaB an Vertrauen, die Gegenleistung zu erhalten, erforderlich, damit die
die Unsicherheit des Kunden begriindet, sondem die Gefahr, dass der Anbieter den Informationsvorsprung ausnutzt (vgl. Kleinaitenkamp (1993), S. 91). '^^ Vgl. Backhaus et al. (1994), S. 79. '^^ Vgl. Kaas( 1995b). ^^^ Vgl. den „market for lemons" bei Akerlof (1970), S. 489ff ^" Vgl. Williamson (1990), S. 54. '^^ Williamson (1985), S. 47. '^^ Vgl. ebenda, S. 32. '^Vgl. Heide(1994), S. 73.
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Initialtransaktion zustande kommt, Zweitens hat das Vertrauen einen Einfluss auf die Hohe der Transaktionskosten und somit auf die Wechselkosten des Kunden nach der Initialtransaktion.'^' Eine solche Konzeptualisierung des Vertrauens bezieht sich auf die Erwartung an die Leistungsfahigkeit und die Verlasslichkeit beziiglich der Leistungserbringung des Anbieters ebenso wie auf das zukiinftige Anbieterverhalten in Angelegenheiten, die ex ante i, S. eines Goodwill des Anbieters nicht absehbar sind/"*^ Damit ist das Vertrauen relational definiert und bezieht sich auf spezifisches Vertrauen einer Geschaftsbeziehung/"*^ Dies impliziert, dass das Vertrauen nicht als gmndsatzliche Uberzeugung bzw. Wesensmerkmal einer Person anzusehen ist, das sich auf samtliche Transaktionsbeziehungen des Kunden bezieht/"*^ Eine weitere Einschrankung erfahrt der verwendete Vertrauensbegriff durch die organisation a l Bezugsebene. Organisationen als Gesamtheit konnen nicht vertrauen, Vertrauen kann nur von einzelnen Individuen entwickelt werden/"*^ Das Vertrauen des Kunden geht folglich von den Mitgliedem des Buying-Centers aus, die grundsatzlich eine individuelle Auspragung von Vertrauen gegentiber der Partnerorganisation aufweisen konnen. Vertrauen auf der organisationalen Bezugsebene geht davon aus, dass die Mitglieder des Buying-Centers eine gemeinsame Orientierung gegeniiber der Partnerorganisation besitzen. Zaheere, McEvily und Perrone schranken ein, dass nur einzelne Mitglieder des Buying-Centers, die eine direkte Schnittstelle zur Partnerorganisation besitzen, eine gemeinsame Orientierung aufweisen miissen. ^"^^ Diese sogenannten ,3oundary Spanners" bilden die Basis fur das Vertrauensverhaltnis von Kundenund Anbieterorganisation. Als Bezugsobjekt des Vertrauens kommen einzelne Personen sowie Gruppen von Personen in Betracht. Somit kann auch das Selling Center des Anbieters Oder die Anbieterorganisation als Ganzes Vertrauensempfanger sein/"*^ Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass die Analyse der Determinanten der Bindung aus der Sicht des Relationship-Marketing zwei wesentliche Anhaltspunkte fur die Bindungswirkung spezifischer Investitionen gegeben hat. Erstens wurde das Vertrauen als Bindungsdeterminante identifiziert, Vertrauen ist dabei keine direkte Folge der Spezifitat, zeigt jedoch einen moderierenden Einfluss auf die Starke der Bindungswirkung spezifischer Investitionen durch die Reduktion des wahrgenommenen Risikos und geringere Transaktionskosten der bestehenden Beziehung. Zweitens hat die Betrachtung von Wechselkosten in Geschaftsbezie-
'^' Vgl. Kleinaltenkamp/Kahne (2003), S. 22ff. '^^ Vgl. Ganesan (1994), S. 3. '^^ Vgl. Ripperger (1998), S. I05f ' ^ Vgl. Zaheer et al. (1998), S. 143. '''^Vgl. Pl6tner(1995),S.36. ' ^ Vgl. Zaheer et al. (1998), S. 143. '^^Vgl. Plotner(1995),S. 37.
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hungen Hinweise auf die Bindungswirkung versunkener Kosten gegeben. In verschiedenen Kontexten wurde die Relevanz retrospektiver und damit noraiativ irrelevanter Kosten empirisch bestatigt, ohne jedoch eine Erklarung des Wirkungszusammenhanges zu geben. Demgegeniiber kann die Quasirente eine okonomisch fundierte Abhangigkeit auf Basis des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens begrunden. Sie folgt aus der getatigten spezifischen Investition und soil im Folgenden als derivative Bindungswirkung bezeichnet werden. Dagegen begriindet sich die Bindung versunkener Kosten aus der spezifischen Investition an sich, dementsprechend handelt es sich um eine origindre Bindungswirkung. Zusammenfassend soil die erste Forschungsfrage formuliert werden: Kann und muss die transaktionskostentheoretisch fundierte Erklarung der derivativen Bindungswirkung spezifischer Investitionen um eine originare Bindungswirkung erganzt werden? 2.2.2 Determinanten in der Eskalations- und Sunk Cost-Forschung Bin Forschungsfeld, das sich implizit mit der Bindungswirkung spezifischer Investitionen auseinandersetzt und Anhaltspunkte ftir BestimmungsgroBen der Bindung auch iiber die Beziehungsebene hinaus liefert, ist die Eskalations- bzw. Sunk Cost-Forschung. Im Mittelpunkt der Forschung steht das Sunk Cost-Phanomen, wobei sich zwei unterschiedliche Phanomene differenzieren lassen: die Verharrung in einmal ergriffenen Handlungsoptionen bzw. getatigten Investitionsentscheidungen und die Eskalation von Investitionsprojekten durch Folgeinvestitionen. ^''^ Die Tendenz des Beibehaltens bzw, Verharrens in einer Handlungsweise, kann mit „too much invested to quit" umschrieben werden/"*^ Sie beschreibt die erhohte Bereitschaft, eine einmal in Gang gesetzte Handlungsweise (prior course of action) fortzufuhren, wenn bereits Geld, Anstrengung oder Zeit investiert wurde/^^ Dies kann zur Verharrung fiihren in „[...] a previously selected course of action to a point beyond that which a rational model of decision making would prescribe"/^^ Dies schliesst Verharrungstendenzen mit ein, die nicht unmittelbar auf die Existenz von versunkenen Kosten zuruckzufuhren sind (bspw. den Status Quo Bias). Andererseits besteht die Gefahr der Eskalation von Commitment gemaB des Aphorismus „to throw good money after bad". Die Eskalation besagt, dass die Beibehaltung der Handlungsweise tendenziell zu zusatzlichen Investitionen fuhrt. Dies fuhrt zur Erhohung der mit der Handlungsweise verbundenen versunkenen Kosten und damit zu zusatzlicher Bereitschaft Diese Unterscheidimg findet sich nur implizit in der psychologischen Literatur (vgl. u.a. Arkes/Blumer (1985), S. 138; Schaub (1997), S. 158f.). ^"^^ Vgl. Teger( 1980). ^^^ Vgl. Arkes/Blumer (1985), S. 124. '^'Bazermann(1994),S. 79.
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Bindungswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand
weitere Mittel in der Hoffnung auf zukiinftige Amortisation zu investieren.^^^ Die sich gegenseitig beeinflussenden Zahlungen konnen auf diese Weise zur Eskalation fiihren. In der Literatur lasst sich eine Reihe von Merkmalen von Eskalationsentscheidungen identifizieren/^^ Den Kem bildet eine initiale Ressourcenallokation (Course of Action), die zumindest teilweise als verloren gilt, wenn die Handlungsweise nicht beibehalten wird. Diese versunkenen Kosten sind ursachlich fur die passive Verharrung (Persistence) sowie fur die aktive Eskalation/^"* Aus diesem Grund sollen beide Phanomene in diesem Abschnitt gemeinsam diskutiert werden. Weitere Merkmale sind die Unsicherheit iiber die Zielerreichung, dass reale Entscheidungsoptionen existieren sowie dass eine wiederholte Entscheidung iiber eine Handlungsweise getroffen wird. Femer gehen viele Untersuchungen davon aus, dass negatives Feedback iiber vorangegangene Ressourcenallokation besteht (sogenannte Setbacks). Das vorrangig im amerikanischen Raum angesiedelte Forschungsfeld des ,JEscalation of Commitment" geht auf Staw zunick, der mit einer Untersuchung zu Individuen, die sich ,Jaiee deep in the big muddy" befmden, 1976 eine Diskussion in der Literatur in Gang setzte.^^^ Staw zeigt anhand von Fallstudien, dass Entscheider, die Verantwortung fiir eine verlustbringende Handlungsweise (Course of Action) tragen, starker in die selbe Handlungsweise investieren als Entscheidungstrager, die nicht fur vorangegangene Verluste verantwortlich sind. Seitdem ist in der Literatur eine Vielzahl von Eskalationsphanomenen in Untemehmen, Politik und alltaglichem Verhalten untersucht worden.^^^ Das Sunk Cost-Phanomen wurde mit verschiedenen theoretischen Scheinwerfem betrachtet, um Determinanten und Wirkungszusammenhange zu identifizieren und schliefilich a priori Voraussagen iiber das Verhalten in eskalativen Situationen treffen zu konnen. Die theoretischen Scheinwerfer reichen von kognitiver Psychologic, deskriptiver Entscheidungstheorie, Sozialpsychologie, Soziologie bis hin zu neoinstitutionalistischen Ansatzen.^^^ Dies ermog-
'^^ Vgl. Brockner (1992), S. 39f. In der friihen Literatur wurde der Begriff „Entrapment" fiir Situationen verwendet, in denen Individuen kontinuieriich kieine Verluste erfahren, wahrend sie auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten Oder warten, vgl. Brockner et al. (1982). '^^ Vgl. u. a. Teger (1980); Brockner (1992), S. 39f.; Bazermann (1994), S. 79; Staw (1997), S. 191f. ' ^ Ein einheitlicher Sunk Cost-Begriff lasst sich in der Forschung zu Sunk Cost-Phanomenen nicht ausmachen. Wahrend einige Autoren in Anlehnung an den Begriff versunkener Kosten im Rechnungswesen, ausgehend von einem erweiterten Kostenbegriff, von Investitionen in Form von Geld, Anstrengung und Zeit sprechen (vgl. Arkes/Blumer (1985), S. 124; Kogut (1990), S. 382, Fufinote 1), beziehen sich andere Autoren auf einen investitionsbezogenen Begriff, der die Wertdifferenz in altemativer Verwendung bzw. die fehlende Amortisation („cannot be recovered") berucksichtigt (vgl. Northcraft/Neale (1986), S. 348; Conlon/Leatherwood (1989), S. 38). Im Fokus der deskriptiven Entscheidungstheorie steht der Einfluss der Ergebnisse vorangegangener Entscheidungen (sunk outcomes, bzw. prior outcomes), welche negativer (Sunk Cost) sowie positiver (Sunk Benefit) Auspragung sein konnen (vgl. Laughhunn/Payne (1984), S. 156). '^^ Vgl. Staw (1976). '^^ Vgl. Staw (1997), S.192f. '^•^ Vgl. u. a. Ross/Staw (1986); Garland (1990); Harrison/Harrell (1993); Ross/Staw (1993); Staw/Hoang (1995); Keil/Robey (1999); Weber/Zuchel (2001).
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licht eine breite Analyse des Phanomens in seinen vielen Facetten. Andererseits stellt Staw nach 30 Jahren Forschung fest: „Without a guiding theory, we are left with little more than a laundry list of findings showing various effects on decision making*'/^^ Im Folgenden soil diese „Laundry List" auf mogliche Determinanten der Bindungswirkung untersucht werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Identifikation von Einflussfaktoren, die in der spateren Untersuchung Beriicksichtigung fmden sollen. Probleme, die sich aus dem Theoriepluralismus ergeben, spielen fiir dieses Ziel eine untergeordnete RoUe. Die Mehrzahl der fruhen Studien zur Eskalation von Commitment untersuchte ausschlieBlich psychologische Einflussfaktoren und Wahmehmungsphanomene. Dominierend in der Verhaltensforschung waren Ansatze, die Selbstbestatigung (Self-Justification) und Rechtfertigung gegeniiber Dritten (External Justification) als ursachlich fiir die Eskalation von Commitment erachten. Diese Erklarungsmuster basieren auf Festingers Theorie der kognitiven Dissonanz/^^ Die Dissonanztheorie geht davon aus, dass Individuen ein dauerhaftes Gleichgewicht ihres kognitiven Systems anstreben. Entstehen Dissonanzen durch negatives Feedback iiber eine Investitionsentscheidung, so ist das Individuum bestrebt, diese zu beseitigen, Der Entscheider wird dissonanzerhohende Informationen vermeiden bzw. gegeniiber Dritten zuriickhahen und gleichzeitig nach dissonanzmindemden Informationen suchen und diese kommunizieren. Begriindet durch Rechtfertigungsmotive kann es zu bewussten Entscheidungen gegen die subjektiv erwartete wertoptimale Handlungsoption kommen. ^^^ Der Entscheidungstrager will nicht zugeben - gegeniiber sich selbst oder Dritten, dass die eingesetzten Ressourcen einer vorangegangenen Initialhandlung verschwendet wurden. Er ist bemiiht, seine friihere Entscheidung aus Angst vor den Folgen einer Fehlentscheidung zu „rationalisieren". Die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation wird maBgeblich durch drei Einflussfaktoren bestimmt: •
Hohe versunkener Kosten: Je mehr ein Entscheider in seine Handlungsweise investiert hat (entweder psychologisch, monetar oder beides), desto widerwilliger wird der Entscheider seine Handlungsweise andem bzw, ein begonnenes Projekt abbrechen und desto grofier wird die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation.^^^ Negatives Feedback: Das Commitment zur Initialinvestition kann sich bei negativem Feedback erhohen/^^ Negatives Feedback sind Informationen iiber die Ergebnisse der ursprunglichen Ressourcenallokation, d. h,, ob und in welcher Hohe ein Misserfolg
" ' Staw (1997), S. 196. '^^Vgl.Festinger(1957). '^Fiir Ansatze auf Basis der Self-Justification siehe u. a. Rubin/Brockner (1975); Staw (1976); Teger (1980); Staw (1981); Brockner/Rubin (1985); Gilad et al. (1987). Experimentelle Untersuchungen finden sich u. a. bei Brockner et al. (1986); Leatherwood/Conlon (1987); Lydon/Zanna (1990). '^' Vgl. Brockner (1992), S. 43. '^^ Vgl. Brockner et al. (1984).
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Bindimgswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand
eingetreten bzw. zu erwarten ist. Die Wirkung ist abhangig vom Framing des Feedback, ob z. B, eine positive oder negative Formulierung derselben Information vorliegt.'" •
Rechtfertigungszwange: Wesentlichen Einfluss auf das Festhalten an einmal gewahlten Handlungsweisen hat der Zwang, die Korrektheit der urspninglichen Allokation zu rechtfertigen. Je hoher der Rechtfertigungszwang, desto hoher ist die Eskalationswahrscheinlichkeit/^ Operationalisiert wurde der Rechtfertigungszwang von Fox und Staw durch personhche Verantwortung, Sicherheit der eigenen Position und ex ante Widerstand gegen die Initialentscheidung/^^
Ansatze auf Basis von Selbstbestatigung und Rechtfertigung sind nicht ohne Kritik geblieben. Sie erklaren einen wesentlichen Teil bestimmter Eskalationshandlungen, einen umfassenden Erklarungsanspruch konnen sie jedoch nicht leisten/^^ Die vielen Untersuchungen zugrunde liegende Erklarung auf Basis der Theorie der kognitiven Dissonanz unterstellt, dass bei einem Investor, der weitere Mittel in ein gefahrdetes Investment lenkt, positive Gefuhle erzeugt oder negative beseitigt werden. Sehr wahrscheinlich ist dagegen, dass schlechte Investitionen einen enormen Stress erzeugen. Ein wesentlicher Nachteil gegentiber ahemativen Ansatzen ist in der fehlenden Formalisierung der Ergebnisse zu sehen. Neuere Ansatze auf Basis der deskriptiven Entscheidungstheorie, die eine solche Formalisierung systematischer Verharrungstendenzen leisten, werden im Anschluss an die folgende Darstellung eines Totalmodells aufgegriffen, das weitere Einfltisse, die neben den drei angesprochenen Haupteinfliissen die Bindungswirkung beeinflussen, darstellt. In den vergangenen rund 25 Jahren ist ein breites Spektrum weiterer Einflussfaktoren aus unterschiedlichen Disziplinen der Verhaltenswissenschaften diskutiert worden. Die Erweiterungen ermoglichen die Analyse der Eskalation von Commitment in Organisationen unter Beriicksichtigung sozialer Einfltisse, in unterschiedlichen Kontexten sowie die Einbeziehung von Projekteigenschaften. Einen Uberblick iiber mogliche Determinanten der Eskalation von Commitment geben Staw und Ross in einem Totalmodell/^^ Die Verdichtung zu funf Faktorgruppen in Abbildung 9 dient der Veranschaulichung.
'^'Vgl. Davis/Bobko(1986). "^ Vgl. Bazermann et al. (1982); Schoorman (1988). '^^Vgl. Fox/Staw(1979). "^ Vgl. Arkes/Blumer (1985), S. 137; Brockner (1992), S. 58. "'^ Vgl. Staw/Ross (1987); Ross/Staw (1993). Der Prozesscharakter einer Eskalationssituation fuhrte zur Erweiterung der Strukturbetrachtung hin zu einem dynamischen Modell, das die unterschiedliche Relevanz der EinfuBfaktoren in den einzelnen Phasen des Eskalationsprozesses berucksichtigt. In einer Untersuchung der Eskalation der Weltausstellung EXPO'86 entwickelten Ross und Staw ein Drei-Phasen-Modell, das die Zuordnung der Faktorgruppen im Zeitablauf ermoglicht (vgl. Ross/Staw (1986)).
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Projektbezogene Determinanten
Verzerrungen Wahrgenommene Wirtschaftlichkeit des Projektes
Commitment zu einer Handlungsweise
f
A
Soziale Determinanten
Organisatorische Determinanten
t Psychologische Determinanten
r Kontextbezogene Determinanten
Abbildung 9: Totalmodell der Eskalation
Die Bindung an eine Handlungsweise wird durch die wahrgenommene Wirtschaftlichkeit des Projektes bestimmt. Die wahrgenommene Wirtschaftlichkeit basiert auf den Projekteigenschaften und unterliegt Wahmehmungsverzerrungen. Beeinflusst wird sie durch psychologische, soziale, organisatorische und kontextbezogene Faktoren. Die Projektfaktoren beinhalten die sachlichen und okonomischen Merkmale eines Investitionsprojektes, Insbesondere wurde auf ihre Bindungsrelevanz untersucht: •
die Wirksamkeit weiterer Investitionen/Handlungen fur einen Turnaround aus einer Verlustsituation, ^^^
•
die Auspragung der Projektziele und moglicher Gewinne/^^
•
die Hohe zuktinftiger Ausgaben und die notwendigen Kosten zur Zielerreichung/^^
•
ob die Ursachen fur Riickschlage temporarer oder permanenter Natur sind,^^^
•
das Vorhandensein realisierbarer Altemativen^^^ sowie
•
Kosten der Rettung eines Proj ektes und Austrittskosten/^^
"^^ Vgl. Staw/Fox (1977); Conlon/Wolf (1980); Bateman (1983). ""^ Vgl. Rubin/Brockner (1975). '^^ Vgl. Brockner et al. (1981). '^^ Vgl. Levi (1982); Leatherwood/Conlon (1987). '^^ Vgl. Bateman (1983); Northcraft/Neale (1986). '^^ Vgl. Northcraft/Wolf (1984).
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Zu den Faktoren, welche die Wahmehmung der Wirtschaftlichkeit des Prqjektes beeinflussen, gehoren soziale Faktoren, Sie tragen der Tatsache Rechnung, dass viele Eskalationssituationen durch multipersonale Entscheidungen in sozialen Gruppen hervorgerufen werden/^"* Professionelle Entscheider miissen meist auf Einflusse innerhalb und auBerhalb der Organisation reagieren. Von besonderer Relevanz fiir die Eskalation von Commitment sind die Rechtfertigung gegeniiber Dritten und Fiihrungsnormen. •
Exteme Rechtfertigung und Bindung beeinflussen in organisationalen oder politischen Kontexten das Festhalten an einmal gewahlte Handlungsweisen. So fiihren Angste vor Inkompetenzvorwtirfen, Gesichtsverlust oder vor Verlust der beruflichen Position zu hoherer Motivation, in einer Verlustsituation die Handlungsweise beizubehalten. Verstarkt wird dieser Effekt durch die Bindung des Entscheiders an das Projekt, wenn sich weitere Beteiligte von der Initialentscheidung in einer Verlustsituation distanzieren.^^^
•
Fiihrungsnormen konnen zu sozialen Belohnungen fur Durchhaltevermogen fuhren, die den sozialen Kosten (z.B. Gesichtsverlust) entgegenstehen. Ein verlustbringendes Projekt zu einem „Gewinner" zu machen, ftihrt zu positiven Einschatzungen von Ftihrungsfahigkeiten. ^ ^^
Organisatorische Faktoren und Kontextfaktoren bilden die Gruppe der entscheiderunabhangigen Einflusse auf das Commitment, wobei die Kategorie Kontextfaktoren spater von Staw als eigenstandige Gruppe genannt wurde, die in erster Linie lokal- und bundespolitische Einflusse zusammenfasst/^^ •
Organisationale Trdgheit kann Eskalation fordem, auch wenn Verlustsituationen erkannt werden. Analog zu Abweichungen zwischen individueller Einstellung und Verhalten konnen Abweichungen zwischen Zielen und Handlungen einer Organisation bestehen. Ursachlich fur Eskalation oder verspatete Deeskalation konnen u. a. falsche Anreizstrukturen, fehlende Kontrollsysteme und fehlerhafte Informationssysteme sein.^^^
•
Unternehmenspolitik gewinnt an Einfluss, wenn Dritte in der Organisation von den Folgen einer Absetzung des verlustbringenden Projektes betroffen sind (sogenannte Side Bets). Sind die betroffenen Interessensgruppen einflussreich, kann Unternehmenspolitik die Ergebnisse einer objektiven Kosten-Nutzenanalyse dominieren/^^
'^"^ Gruppeneinflusse auf die Entscheidungsfindung aus psychologischer Sicht werden in einem spateren Abschnitt der Arbeit thematisiert. '^^ Vgl. Fox/Staw (1979); Brockner/Rubin (1985). '^^ Vgl. Staw/Ross (1980); Evans/Medcof (1984). '^•^Vgl. Staw (1997), S. 205. ^'^^ Vgl. March/Olsen (1976). '^^ Vgl. Staw/Ross (1987), S. 60.
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•
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Politische Einflusse sind in erster Linie bei groBen Investitionsprojekten, wie bspw. Kraftwerken oder der EXPO-Weltausstellung bedeutsam. Eine politische Abhangigkeit des Entscheidungstragers ist Voraussetzung fiir die Einflussnahme.^^°
Neben den dargestellten Determinanten der Eskalation von Commitment existieren Einflusse auf die Eskalation, welche die Wahmehmung der projekt- bzw. investitionsbezogenen Kriterien auf psychologischer Ebene beeinflussen. Die psychologischen Faktoren fiihren zu Verzerrungen objektiver Investitionsmerkmale auf kognitiver Ebene und damit zu Differenzen zwischen objektiven und subjektiv wahrgenommenen GroBen. Kognitive Phanomene, die nach Staw Relevanz fur die Eskalation von Commitment besitzen, sind u. a. Optimismus, Selbstuberschatzung und die Illusion der Kontrolle des Entscheiders. Dabei handelt es sich um Wahmehmungsphanomene, die kontextunabhdngig auftreten und damit additiv zur Eskalation von Commitment wirken.^^^' ^^^ Von den genannten Einfltissen auf die Entscheidungswahmehmung in Eskalationssituationen lassen sich psychologische Einflusse unterscheiden, die direkt in der Existenz versunkener Kosten und ihrer kognitiven Verarbeitung begriindet liegen/^^ Sie beschreiben Beschrankungen der Informationsverarbeitung im Entscheidungsprozess bezixglich der Bestimmung von Komponenten des subjektiven Vorteilhaftigkeitskalkuls und von Bezugspunkten bei der Bewertung der Altemativen sowie bei der Bewertung von Kosten und Nutzenkomponenten und der Gewichtung ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiten. Die Wirkung der Informationsverarbeitungsfehler auf die Entscheidungsfmdung soil im Folgenden als Sunk Cost-Effekt bezeichnet werden. Die Informationsverarbeitungsansatze zur Erklarung des Sunk Cost-Effektes beziehen sich auf Erkenntnisse der neueren deskriptiven Entscheidungstheorie und verftigen damit iiber ein tragfahiges Fundament, dass Vorteile gegeniiber konkurrierenden Ansatzen besitzt. Seit Anfang der 80er Jahre sind eine Reihe von Studien entstanden, die systematische Wahrnehmungsverzerrungen als Ursache des Sunk Cost-Effektes identifiziert und deren Einfluss quantitativ aufgezeigt haben. Betrachtet wurde eine Vielzahl von moglichen Einflussfaktoren auf den Sunk Cost-Effekt in unterschiedlichen Kontexten. Von besonderer Relevanz fur den Einfluss versunkener Kosten sind: •
die absolute Hohe der vorangegangenen Auszahlungen,^^
^ Vgl. Ross/Staw (1986); Ross/Staw (1993). ' Vgl. Staw (1997), S. 198ff. Vgl. Langer (1975); Lichtenstein et al. (1982); Bar-Hillel/Budescu (1995). Einen Uberblick weiterer kognitiver Verzerrungen geben u. a. Jungermann et al. (1998). *' ^^ Vgl. u. a. Kahneman/Tversky (1979); Thaler (1980); Arkes/Blumer (1985); Whyte (1986); Garland (1990); Garland/Newport (1991); Heath (1995). '*^ Vgl. Arkes/Blumer (1985).
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•
der Projektfortschritt im geplanten Zeitrahmen, ^ ^^
•
die Hohe der versunkenen Kosten in Relation zum Gesamtbudget der Investition/^^
•
theoretisches Wissen des Entscheiders in Okonomik und Entscheidungstheorie und Erfahrungen in der jeweiligen Entscheidungssituation/^^
•
das zugrunde liegende Prdsentationsformat der Entscheidungssituation sowie^^^
•
die Chance aufeinen Break-Even der Investition.^^^
Zusammenfassend lasst sich sagen, dass die Eskalation von Commitment generell und der Sunk Cost-Effekt im speziellen von einer Reihe von Faktoren bestimmt und moderiert wird. Fiir die verschiedenen diskutierten Faktoren des Totalmodells sind exakte UrsacheWirkungszusammenhange zwischen den unabhangigen Variablen und der Eskalation von Commitment nicht eindeutig geklart, Es dominieren ,je-desto" Zusammenhange, die iiberwiegend nicht formalisiert sind. In Konsequenz ist die Quantifizierung der vermuteten Zusammenhange problematisch, was die Einschatzung der einzelnen Erklarungsbeitrage der Variable und moglicher Interaktionen zwischen den unterschiedlichen Faktoren erschwert,^^^ Die diskutierten Faktoren bewirken eine Bindung der Akteure an die getatigte Investition, auch wenn aus normativer Sicht ein Abbruch optimal ware. Unabhangig davon, ob eine Folgeinvestition geleistet wird, oder eine Verharrungstendenz in der Investition besteht, ist beiden Phanomenen gemein, dass die gegenwartige Handlungsweise gegentiber den moglichen objektiv gleichwertigen Altemativen iiberbewertet wird. Insbesondere die Studien zum Sunk Cost-Effekt zeigen, dass alleine die Existenz versunkener Kosten ausreicht, um eine Bindungswirkung hervorzurufen. Die im Rahmen des Totalmodells diskutierten weiteren Faktoren sind daftir nicht notwendig.^^^ 2.2.3 Versunkene Kosten als Determinante der Bindungswirkung Bevor aufbauend auf dem theoretischen Fundament der deskriptiven Entscheidungstheorie eine Erklarung der retrospektiven Bindungswirkung spezifischer Investitionen erfolgen kann, ist zunachst ein eindeutiger Arbeitsbegriff fiir die in der tatsachlichen Entscheidungsfmdung
'^^ Vgl. NorthcrafVWolf (1984); Arkes/Blumer (1985). '^'^ Vgl. Garland (1990); Garland/Newport (1991). '^'^ Vgl. Heath/Tversky (1991). Sunk Cost-Effekte konnten von den Autoren fiir private wie auch organisationale Entscheidungen nachgewiesen werden. *' ^^ Vgl. Weber/Zuchel (2001). Die Autoren unterscheiden ein Portfolio Format (Portfolio Choice Problem) und ein Lotterie Format (Betting Game). '^'^ Vgl. Thaler/Johnson (1990). ^^" Vgl. Schaub (1997), S. 165f ''^' Vgl. Whyte (1994), S. 290.
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relevanten retrospektiven Kosten-Nutzen Komponenten als Grundlage der Analyse der retrospektiven Bindung festzulegen. 2.2.3.1 Theoretische Sichtweisen versunkener Kosten Der Begriff der Sunk Cost wurde bereits von Clark (1923) verwendet und wird seither in der Literatur uneinheitlich gebraucht. ^^^ Unterschiedliche Interpretationen versunkener Kosten lassen sich einzelnen Disziplinen zuordnen, wobei sich das jeweilige Verstandnis versunkener Kosten inhaltlich und zeitlich voneinander abgrenzen lasst. Unterschiede in der Auffassung beider Dimensionen zeigen sich besonders deutlich im Rechnungswesen bzw. der Investitionstheorie, der Industrieokonomik und den oben bereits angesprochenen versunkenen Kosten als Wechselkostenbestandteil im Relationship-Marketing.^^^ 2.2.3.1.1 Rechnungswesen und Investitionstheorie Der Sunk Cost-Begriff im Rechnungswesen wird gleichermaBen der Investitionstheorie zugrunde gelegt. Aus diesem Grund sollen beide Bereiche hier zusammen diskutiert werden. Aus Sicht der Investitionstheorie ist bei einer Investitionsentscheidung jene Alternative zu wahlen, die den hochsten Kapitalwert aufweist. Ex ante ist eine Erfolgsermittlung in Form einer Vollrechnung moglich. Ex post, nach erfolgter Initialinvestition, wird die Vorteilhaftigkeit einer Investition auf Basis der relevanten Kosten und Erlose in einer Teilrechnung ermittelt. Die relevanten Kosten im Sinne der entscheidungsorientierten Investitionsrechnung sind ausschlieBlich jene Kosten, die Kostenunterschiede zwischen den Entscheidungsaltemativen ausdriicken und durch den Entscheider beeinflussbar sind. Dabei handelt es sich um Kosten, die zukunftig entstehen werden.^^"^ Die fur eine Investition bereits getatigten Ausgaben sind versunkene Kosten. Sie umfassen in der „[...] Vergangenheit bereits angefallene, zumindest aber schon vordisponierte Kosten, deren Hohe in Gegenwart und Zukunft nicht mehr beeinflusst werden kann [...]".^^^ Hier werden die gesamten Beschaffungsausgaben, da bereits angefallen, unabhangig vom Spezifitatsgrad und im Zeitablauf unveranderlich als versunken angesehen.^^^ Sunk Cost sind ein Spezialfall irrelevanter Kosten und durch keine Entscheidung mehr veranderbar.^^'^ Versunkene Kosten und Erlose sind nur im Rahmen einer Voll'^^ Clark seinerseits verweist auf Harry G. Brown, der den Begriff bereits vorher explizit verwendet hat (vgl. Clark(1923),S. 54f. undlSO). '^^ Eine Analyse des Sunk Cost-Begriffes aus Sicht der Psychologie unterbleibt an dieser Stelle, da sich dort keine einheitliche Begriffsauffassung durchgesetzt hat, vgl. FuBnote 154. ' ^ Vgl. Hummel (1992), S. 79ff. '^^ Hummel/Mannel (1993), S. 117. '^'' Dieses Begriffsverstandnis wird von Schneider prazisiert. Er bezieht nur Ausgaben ein, die „[...] noch nicht gewinnmindemd verrechnet wurden [sowie] kunftige Ausgaben, die in der Vergangenheit verursacht sind [...]", z. B. Ausgaben, die zu Ruckstellungen hatten fiihren miissen (Schneider (1994), S. 350). Sie beschreiben die Differenz zwischen dem Resterlos und dem Buchwert einer Ressource, die noch nicht abgeschrieben ist. Damit unterstreicht er die Gewinnwirkung versunkener Kosten. '^"^ Vgl. Riebel (1994), S. 480f. und 662.
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rechnung relevant, deren Ziel in der Regel in der Erfolgsermittlung liegt. Abbildung 10 verdeutlicht die Zusammenhange. prospektiv
retrospektiv versunkene Kosten
relevante Kosten
irrelevante Kosten
versunkene Erlose
relevante Erlose
irrelevante Erlose
Entscheidungsorientierte Teilrechnung
Vollrechnung Abbildung 10: Entscheidungsrelevanz von Kosten und Erlosen
Ubertragen auf eine dynamische Beziehung kann eine stabile Beziehung nur entstehen, wenn eine Investition gegeniiber ihrer besten Alternative uber den gesamten Planungshorizont vorteilhafter ist, d. h. einen hoheren Deckungsbeitrag {DB) ausweist. Tritt ex post eine Alternative auf den Markt, die einen hoheren Deckungsbeitrag ausweist, wird der Investor eine Wechselentscheidung treffen. Im Gegensatz zur bestehenden Investition zahlen die intialen Investitionskosten der Alternative, z. B. die Anschaffungskosten eines Potentialfaktors, zu den relevanten Kosten {Kr). Sie erhohen die Vorteilhaftigkeit der laufenden Investition. Auf der anderen Seite zahlt der Restwert der bestehenden Investition zu den relevanten Erlosen {Er). Daraus ergibt sich die Bedingung eines Wechsels von Anbieter A zu Anbieter ^PT: Er, A- Kr,A> Er, AW ' Kr, AW bzW, DBA > DBAW-
2.2.3.1.2 Industrieokonomik Eine abweichende Bedeutung besitzt der Sunk Cost-Begriff im Barrierenkonzept der Industrieokonomik. Versunkene Kosten gelten als ursachlich fur Markteintrittsbarrieren, die potentielle Eindringlinge von einer Branche femhahen. Wie spezifische Investitionen in Geschaftsbeziehungen begriinden auch spezifische Investitionen in eine Branche ein Gefahrdungspotential. Konnen die Wettbewerber glaubhaft androhen, die Preise dauerhaft unter die mangels Erfahrungseffekten hoheren Selbstkosten des Eindringlings zu senken, erscheint ex ante ein Engagement unrentabel. Das Abschreckungspotential beruht demnach auf der Antizipation (simultaner) versunkener Kosten. Diese ergeben sich aus der „[...] Differenz zwischen Primar- und Sekundarmarktpreis zum gleichen beliebig zukunftigen [...] Zeitpunkt [,wobei] der direkte Bezug auf die soge-
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nannte historische Anschaffungsausgabe fehlt".^^^ Wahrend fur den potentiell Eintretenden der Primarmarktpreis dem Wiederbeschaffungspreis zum Zeitpunkt des Eintrittes entspricht, ergibt sich der relevante Marktpreis fiir Untemehmen innerhalb der Branche nach Krahnen, bezogen auf Potentialfaktoren, aus dem erwarteten impliziten Mietpreis des verbleibenden Dienstleistungsvorrats.^^^ 1st dieser erschopft oder sinkt dessen Wert durch Verbrauch unter den Resterlos, so liegen keine versunkenen Kosten mehr vor: „[...] in the long run no Cost are sunk[...r;^ Versunkene Kosten i. S. der Industrieokonomik dienen „[...] hauptsachlich der Quantifizierung [...] der Spezifitatseigenschaft von einzelnen Gtitem oder Giitergruppen [und driicken] die unverzerrte Spezifitat und Ausbeutbarkeit irreversibler Investitionen aus".^^^ In dieser Interpretation beschreiben versunkene Kosten (genauer: versenkbare Kosten) analog zum Konstrukt der Quasirente den gegenwartig erwarteten Wert von Ressourcen abziiglich des Wertes in bester altemativer Verwendungsmoglichkeit. Somit fallen sie in dieser Arbeit unter die entscheidungsrelevanten prospektiven Kosten. 2.2.3.1.3 Wechselkosten in Geschaftsbeziehungen Eine dritte Interpretation versunkener Kosten i. S. retrospektiver Wechselkosten steUt die historischen irreversiblen Beschaffungsausgaben den Einnahmen gegentiber (vgl. Abschnitt 2.2.1). Im Sinne einer Erfolgsrechnung wird die Differenz zwischen der Summe der Investitionsausgaben und der Summe der Investitionseinnahmen ermittelt, Im Gegensatz zum Sunk Cost-Begriff des Rechnungswesens werden die Sunk Cost i. S. der Wechselkosten nach Plinke als „[...] friihere irreversibel vordisponierte Kosten [...]" zur Erfolgssicherung der Beziehung verstanden,^^^ die noch nicht amortisiert oder verbraucht sind.^^^ In Geschaftsbeziehun-
'^^Schaub(1997),S. 26. '^^ Der implizite Mietpreis ergibt sich aus den Beschaffungskosten, dividiert durch den verbleibenden Leistungsvorrat eines Potentiaifaktors (vgl. Krahnen (1991), S. 48). Krahnen interpretiert die Formen der Asset Specificity als „Erscheinungsform versunkener Kosten" (Krahnen (1991), S. 50f.). Diesem Verstandnis liegt die Definition versunkener Kosten als die Differenz zwischen Liquidationserlos und dem aktuellen Wert eines Potentiaifaktors (gemessen durch den Mietpreis der verbleibenden Dienstleistungseinheiten) am Ende der Planungsperiode zugrunde. ^^ Baumol/Willig (1981), S. 406. ^^'Schaub(1997),S. 30. ^^^ Plinke (1997b), S. 35. Der Begriff „irreversibel vordisponierter Kosten" geht auf Langen zuriick (vgl. Langen (1966)). ^^^ Bei Investitionen, die der Abnutzung unterliegen, fallt bei Gebrauch ein Wertverlust an. Bei unspezifischen Ressourcen reduziert der Verbrauch den Liquidationserlos in dem MaBe, wie sich der verbleibende Dienstleistungsvorrat verringert. Da sich der verbleibende Dienstleistungsvorrat bei vollkommen spezifischen Investitionen ausschliefilich auf die zukunftige Leistungsfahigkeit (d. h. die Opportunitatskosten des Wechsels) auswirkt, ist der Verbrauch fur die Hohe der Sunk Cost irrelevant. Der alternative Wert des Dienstleistungsvorrats ist bei vollkommener Spezifitat Null.
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gen sind versunkene Kosten „[...] die spezifischen Investitionen in die bisherige Beziehung, die verloren sind, wenn die Beziehung verlassen wird".^^ Versunkene Kosten i. S. Versunkene Kosten als Versunkene Kosten i. S. d. Industrieokonomik d. Rechnungswesens Wechselkostenbestandteil Generelles Verstandnis
Summe aller Investitionsausgaben
Differenz zwischen Summe der Investitionsausgaben und Summe der Investitionseinnahmen (inkl. Veraufierungserlos)
Differenz zwischen Wiederbeschaffungskosten und VerauRemngserlos in der Zukunft
Definition
In derVergangenheit angefallene, zumindest aber schon vordisponierte Kosten, deren Hohe nicht mehr beeinflusst warden kann
Frijhere und irreversibel vordisponierte Kosten (spezifische Investitionen), die zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht amortisiert oder verbraucht wurden
Differenz zwischen Primarund Sekundarmarktpreis zum gleichen beliebig zukunftigen Zeitpunkt, wobei der direkte Bezug auf die historische Anschaffungsausgabe fehit
Zweck
Identifizierung entscheidungsrelevanter Kosten
Identifikation spezifischer Investitionen in eine Geschaftsbeziehung die verloren sind, wenn die Beziehung verlassen wird
Bestimmung des Gefahrdungsmafies irreversibler Investitionen als Markteintrittsbarriere
Zeitbezug
Retrospektiver Zeitraumbezug
Retrospektiver Zeitraumbezug
Prospektiver Zeitpunktbezug
Ausgaben
^
;
•
w
1
1
1
I
Einnahmen t -1 Quelien
<
t(3
ti
Hummel/Mannel(1993); Riebel(1994);
t-i
^D
Plinke(1997b);
t1
t'-i
t3
ti
Baumol/Willig(1981); Krahnen(1991);
1
Tabelle 4: Ubersicht der verschiedenen Sunk Cost-Begriffe
Verloren ist jener Teil der Investition, dem keine Einnahmen gegeniiber stehen. Damit ist der zum gegenwartigen Zeitpunkt erzielbare Resterlos aus dem Verkauf des Investitionsgutes gegenzurechnen. Plinke bezieht sich auf den verbleibenden Deckungsbedarf einer Investition in spezifische Ressourcen, die in aktueller Verwendung noch produktiv eingesetzt werden konnen, abzuglich des Resterloses.^^^
^'^ Plinke (1997b), S. 45. ^"^ Ahnlich aufiert sich Schaub iiber versunkene Kosten „in historischer Sichtweise" (vgl. Schaub (1997), S. 29ff.). Er geht jedoch abweichend davon aus, dass neben historischen und gegenwartigen Grofien auch die erwarteten Ausgaben und Einnahmen, d. h. die Wiedergewinnungsaussichten des eingesetzten Kapitals, ausschlaggebend fiir die Hohe versunkener Kosten sind. Hier geht es um die Frage realisierter oder drohender Fehlinvestitionen. Versunkene Kosten ergeben sich dann aus der Differenz zwischen effektivem historischem Pri-
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Eine vergleichende Ubersicht der vorgestellten Sunk Cost-Begriffe fmdet sich in Tabelle 4. Die zeitliche Darstellung der Einnahmen und Ausgaben bezieht sich auf den Zeitpunkt der Initialinvestition in der Vergangenheit r./, die Folgeentscheidung zum gegenwartigen Zeitpunkt to und das Ende des Planungshorizontes ti. 1232
Das Konstrukt der Committed Cost
Um begriffliche Klarheit in der uneinheitlichen und teilweise wenig prazisen Verwendung des Sunk Cost-Begriffes zu schaffen, ist eine begriffliche Differenzierung hilfreich. Die fur die weitere Analyse von Bindungen in Geschaftsbeziehungen relevanten retrospektiven Einnahmen und Ausgaben sollen im Folgenden als Committed Cost bezeichnet werden, um Verwechslungen mit altemativen Sunk Cost-Begriffen zu vermeiden.^^^ Summe historischer Ausgaben •^ Irreversibel vordisponierte kiinftige Ausgaben ~ Summe der Ausgaben (versunkene Kosten i, S. d. Rechnungswesens) Wert in nachstbester altemativer Verwendungsmoglichkeit (Spezifitat) ^ Spezifische (irreversible) Kosten Summe historischer Einnahmen (zur Amortisation der Ausgaben) = Committed Cost Tabelle 5: Zusammensetzung der Committed Cost
Committed Cost sind die Gesamtheit fruherer und irreversibel vordisponierter spezifischer Kosten (inklusive angefallener Transaktionskosten), die einem Bezugsobjekt zugerechnet werden konnen, abztiglich des gegenwartigen Investitionswertes in nachstbester Verwendungsmoglichkeit (innerhalb oder auBerhalb des Unternehmens) sowie der dem Bezugsobjekt zurechenbaren historischen Einnahmen. Sie entsprechen „versunkenen Verlusten", d, h. dem Wertverlust durch Spezifitat, der noch nicht amortisiert ist (vgl. Tabelle 5). marmarktpreis (inkl. abgezinster Folgeauszahlungen) und effektivem Sekundarmarktpreis. Der effektive Sekundarmarktpreis beinhaltet tatsachliche bzw. potentielle Einnahmen sowie den Liquidationserios, d. h. „[...] der hochste erzielbare Altemativpreis [...] in bester sekundarer Verwendung [...], die auch [...] untemehmensintem gefunden werden kann" (Schaub (1997), S. 26). Dieser Sunk Cost-Begriff eignet sich durch die Vermischung von historischen Ausgaben und zukunftigen Einnahmen nicht zur Analyse von retrospektiver Bindungswirkungen. ^*' Der Begriff der „Committed Costs" wurde bereits von Beesley in einer anderen Verwendung gebraucht. Er definiert Committed Costs i. S. der Industrieokonomik als „[...] non-repeatable and non-recoverable; that is, it does not have to be committed again, even in the long run, and it cannot be recouped." (Beesley (1986), S. 176). Da der Begriff in der industrieokonomischen Literatur nicht aufgegriffen wurde und durch seine vergangenheitsbezogene Formulierung bindender Kosten eher auf historische als auf zukunftige Kosten hindeutet, scheint eine Andersverwendung des Begriffes wenig problematisch.
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Bindungswirkung spezifischer Investitionen als Untersuchungsgegenstand
Durch die vorangegangenen Uberlegungen zu den retrospektiven Kostenkomponenten sind die Voraussetzungen zur Formulierung der zweiten Forschungsfrage geschaffen: Welchen Einfluss hat das Konstrukt der Committed Cost (Spezifitatsgrad und Amortisationsgrad der Investition) auf die originate Bindungswirkung spezifischer Investitionen?
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3 Festlegung der theoretischen Basis Auf Basis der Konstrukte Committed Cost (CC) und Quasirente lassen sich die retrospektiven und prospektiven Bestandteile des Vorteilhaftigkeitskalkuls identifizieren und voneinander abgrenzen. Die Analyse der retrospektiven Kosten hat gezeigt, dass die CC aus okonomischer Sicht keine Entscheidungsrelevanz besitzen, wahrend die Quasirente eine okonomisch fundierte Abhangigkeit begriinden kann. Aus dieser Argumentation heraus erscheint eine differenzierte theoretische Analyse mit dem Ziel der Erklarung der originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen einerseits und der derivativen Bindungswirkung andererseits sinnvoll.
3.1 Diskussion moglicher Erklarungsansatze Fiir die Erklarung der Bindungswirkung spezifischer Investitionen konkurrieren eine Reihe von theoretischen Ansatzen, von denen einige im zweiten Kapitel an den entsprechenden Stellen bereits Erwahnung gefunden haben. Bevor die einzelnen Ansatze und ihre Eignung zur Erklarung der Bindungsphanomene diskutiert werden, sind die generellen Anforderungen an ein theoretisches Fundament fur die vorliegende Arbeit zu bestimmen. Die wichtigste Zielsetzung bei der Auswahl einer Theorie ist ihre Erkldrungskraft fur das untersuchte Phanomen. Die Erklamngskraft steht in Zusammenhang mit der Allgemeinheit, der Genauigkeit und der Tiefe einer Theorie.^^^ Die Allgemeinheit der Theorie fordert, dass sich Aussagesysteme auf einen moglichst groBen Bereich von Objekten anwenden lassen sollen und somit eine moglichst umfassende Analyse ermoglichen. Zweitens soil die Theorie moglichst prazise Informationen uber die Eigenschaften dieser Objekte liefem. Damit verbunden ist eine hohere Bestimmtheit der „Dann-Komponente" einer „Wenn-Dann Aussage", die den Erklarungsgehalt erhoht. Femer kann eine tiefere Theorie bspw. Mechanismen enthiillen, die den von einer oberflachlicheren Theorie analysierten Tatbestande zugrunde liegen. Dariiber hinaus wird die Vollstandigkeit einer Theorie in der Literatur als weiteres Kriterium der Giite von Theorien angefiihrt.^^^ Die Bewertung der Vollstandigkeit ist jedoch nicht unproblematisch. Eine Theorie kann immer nur einen Teil der Realitat beleuchten, von dem sie abstrahiert. Damit verbunden ist die Ausgrenzung jenes Teils der Realitat, der nicht von der Theorie abgebildet wird. Sollte es nicht gelingen, die Gesamtheit des Untersuchungsproblems mit einem theoretischen Scheinwerfer zu beleuchten, so ist die Komplementaritat der zur Erklarung verwendeten Theorien zu priifen. Dies gilt insbesondere fur die mehrfach ausgeleuchteten Bereiche, um widerspriichliche Aussagen auszuschliefien.
' Vgl. Albert (1987), S. 92; Schanz (1988), S. 32ff. ^Vgl. u.a.Schanz(1977),S. 31.
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Festlegung der theoretischen Basis
3.1.1 Ansatze zur theoretischen Fundierung derivativer Bindung Im Rahmen der Diskussion der Determinanten derivativer Bindung wurde die Transaktionskostentheorie als mogliche Erklarungsgrundlage identifiziert. Der Transaktionskostenansatz lasst sich der Neuen Institutionenokonomik zurechnen, deren Interesse der Analyse von Institutionen (z. B. Markte, Organisationen, Gesetze und soziale Normen) gilt.^°^ Ziel der neoinstitutionalistischen Analyse ist die Erklarung von Strukturen, Verhaltenswirkungen, der Effizienz und dem Wandel okonomischer Institutionen und damit verbundener Koordinationsprobleme. Eine einheitliche „Institutionenokonomische Theorie der Organisation" existiert bisher jedoch nicht. Vielmehr wird die institutionenokonomische Forschung durch drei Ansatze reprasentiert: die Theorie der Verfugungsrechte (Property-Rights-Theorie), die Prinzipal-Agenten-Theorie (Agency Theory) und die Transaktionskostentheorie, Die institutionenokonomischen Ansatze unterscheiden sich in der Spezifizierung der genannten Grundfragestellung und in der Betrachtungsebene.^^^ Nach einer kurzen Zusammenfassung ist die Relevanz der drei Theorien fur die vorliegende Fragestellung zu priifen. Der Property-Rights-Ansatz geht der Frage nach, welche Auswirkungen verschiedene Formen der Gestaltung und Verteilung von Verfiigungsrechten auf das Verhalten der Akteure und die Faktorallokation besitzen. Verfugungsrechte bestimmen, wie der Inhaber legitimerweise iiber Ressourcen verfugen kann. Daruber hinaus werden die Entstehung und Veranderung von Verfiigungsrechten okonomisch begriindet.^^^ Die Herausbildung, Zuordnung, Ubertragung und Durchsetzung von Verfiigungsrechten verursacht Transaktionskosten. Sind die Verfugungsrechte in einer Leistungsbeziehung nicht eindeutig zugeordnet, entstehen exteme Effekte, die zu Wohlfahrtsverlusten fiihren konnen. Die effizienteste Verteilung der Verfugungsrechte ergibt sich aus dem Trade-Off zwischen Transaktionskosten und Wohlfahrtsverlusten. Die Untersuchungseinheit sind Individuen, die ihren Nutzen innerhalb des Handlungsrahmens maximieren, wobei die inhaltliche Dimension der Nutzenfunktion nicht naher ausgefuhrt wird. Der Fokus der Betrachtung liegt nicht auf individuellen Handlungen bzw. Entscheidungen, sondem auf den Verfiigungsrechten, Die Property-Rights-Theorie untersucht die Effizienz eines Wirtschaftsystems hinsichtlich der verftigbaren Institutionen. Der Transaktionskostenansatz und die Prinzipal-Agenten-Theorie als weniger iibergreifende Ansatze dienen der Auswahl der zur Koordination einer Leistungsbeziehung unter Effizienzgesichtspunkten geeignetsten Institutionen,^ ^^
^^ Vgl. u. a. Coase (1984); Ebers/Gotsch (1993); Terberger (1994); Picot et al (1999). ^'^ Daruber hinaus kann die Informationsokonomik als Teildisziplin zur Institutionenokonomik gerechnet werden (vgl. Schade (2004), S. 336). ^" Vgl. Ebers/Gotsch (1993), S. 194. 2'^Vgl. Picot (1991), S. 154.
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Im Mittelpunkt der Prinzipal-Agenten-Theorie steht die „Kemfrage einer Lehre von den Innenbeziehungen einer Institution".^^^ Betrachtet wird eine Vertragsbeziehung von Auftraggeber zu Auftragnehmer, die durch Informationsasymmetrie und Unsicherheit gekennzeichnet ist. Der Agent befindet sich aufgrund der Informationsasymmetrie im Vorteil gegeniiber dem Prinzipal, dem weniger Informationen zur Verfugung stehen. Gleichzeitig betreffen die Entscheidungen des Agenten nicht nur sein eigenes Wohl sondem auch jenes des Prinzipals, dem Uberwachungs- und Kontrollkosten entstehen. Diese gehoren mit den Garantiekosten des Agenten und verbleibenden Wohlfahrtsverlusten zu den Agency Kosten. Informationen, die vor Vertragsschluss asymmetrisch verteilt sind, werden auch als Falle versteckter Information (Hidden Information) bezeichnet und konnen zu adversen Selektionen fiihren. Die asymmetrische Information, die nach Vertragsschluss eintritt, fiihrt zum Problem des moralischen Risikos (Moral Hazard). Dies bezeichnet das Risiko, dass sich der Agent nicht vertragskonform verhalt, entweder weil sein Verhalten nicht beobachtbar ist, oder weil der Prinzipal die Vertragserfullung nicht beurteilen kann.^^"* Wie in der Property-Rights-Theorie ist die Untersuchungseinheit der Agency-Theorie das Individuum. Dagegen wird im Unterschied zur Property-Rights-Theorie die Risikoneigung der Beteiligten berucksichtigt. In der Regel wird ein risikoneutraler Prinzipal und ein risikoaverser Agent unterstellt. Das individuelle Verhalten schlieBt opportunistisches Verhalten mit ein, wodurch die Ausbeutung eines Partners durch den anderen, das sogenannte Hold-Up Problem, moglich wird?^^ Femer richten die Beteiligten ihr Verhalten (zweck-)rational aus und erwarten eine rationale Handlungsorientierung des Partners, die ex ante antizipiert werden kann.^^^ Die Transaktionskostentheorie beschaftigt sich mit der Effizienz der Abwicklung von Transaktionen in unterschiedlichen institutionellen Arrangements. Die Property-Rights-Theorie und die Transaktionskostentheorie besitzen eine enge Verbindung, ^^^ In der Property-RightsTheorie besteht eine Transaktion aus der Ubertragung von Verfugungsrechten, In der Transaktionskostentheorie bildet die Transaktion, und nicht die jeweiligen Verfugungsrechte die elementare Untersuchungseinheit.^^^ Das institutionelle Arrangement, in dem sich der Austausch vollzieht, bestimmt einerseits die grundlegende rechtliche Vertragsform und zum anderen den Mechanismus, den die Transaktionspartner vereinbaren, um eventuellen ungeplanten Veranderungen zu begegnen, Neben den beiden extremen Koordinationsformen Markt und Hierarchic kann die Transaktionskostentheorie auch die Existenz hybrider Formen erklaren. '''Schneider (1987a), S. 26. ^'^ Vgl. u. a. Eisenhardt (1989); Laux (1990). ^'^ Vgl. u. a. Schade/Schott (1993b), S. 21; Kaas (1995c), S. 25ff. ^'^ Vgl. Ebers/Gotsch (1993), S. 205. ^'^ Dies gilt insbesondere fiir „New"-Property-Rights-Ansatze, die sich mit der Hold-Up Problematik und mit dem Schutz spezifischer Investitionen beschaftigen. Fiir einen Uberblick ensprechender Ansatze vgl. u. a. Ullrich (2004). ^^^ Vgl. Commons (1934), S. 4-8.
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Den hybriden Arrangements konnen die verschiedenen Formen der Geschaftsbeziehung zugerechnet werden.^^^ Die Transaktionskostentheorie betrachtet insbesondere Transaktionsprobleme nach Vertragsschluss, wahrend im Rahmen von Prinzipal-Agenten-Betrachtungen die Anreizgestaltung vor Vertragsabschluss im Mittelpunkt steht. Damit nimmt die Transaktionskostentheorie im Vergleich zur Prinzipal-Agenten-Theorie einen realistischeren Standpunkt gegeniiber der antizipativen Erfassbarkeit aller Umstande und der Einhaltung von Vertragen ein.^^^ Vorteilhaft erscheint eine transaktionskostentheoretische Analyse von ex post Transaktionsproblemen in Situationen, in denen die Problemursache mehr auf Spezifitat als auf Informationsasymmetrien zuriickzufuhren ist, Hier stellt die Transaktionskostentheorie gegenuber der Prinzipal-Agent-Theorie ein geeigneteres Instrumentarium zur Analyse der Wirkung spezifischer Investitionen zur Verftigung,^^^ Den MaBstab der Vorteilhaftigkeit bildet in der Transaktionskostentheorie die Summe aus Transaktionskosten und Produktionskosten.^^^ Im Mittelpunkt steht ein Kostenvergleich alternativer institutioneller Arrangements, die sich hinsichtlich verschiedener kostenrelevanter Charakteristika in Abhangigkeit von der Art der Transaktion unterscheiden.^^^ Die Effizienzbetrachtung der Transaktion ermoglicht lediglich eine Partialanalyse institutioneller Arrangements. Die einseitige Kostenorientierung kann jedoch iiberwunden werden, wenn Nutzenaspekte mit Hilfe des Opportunitatskostenprinzips in das Kalkiil einbezogen werden. ^^"^ Ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Koordinationsform und den qualitativen Merkmalen der Leistung kann auf diese Weise jedoch nicht erreicht werden.^^^ Die Argumentation zeigt die Uberlegenheit der Transaktionskostentheorie fur die Analyse der derivativen Bindungswirkung spezifischer Investitionen in einer Kunden-AnbieterBeziehung. Sie wird als Grundlage der Erklarung der Bindungsphanomene im Verlauf der Arbeit vertieft. Dariiber hinaus ist im folgenden Abschnitt zu zeigen, dass die PrinzipalAgenten-Theorie auf der Ebene des Individuums innerhalb der Organisation ein Beitrag zur Erklarung originarer Bindung leisten kann, der sich durch die Annahme rationaler Erwartungen von altemativen Ansatzen unterscheidet.
' Vgl. Plinke/Soilner (1999), S. 62. '^Vgl.Picot(1991), S. 155. ' Vgl.ebenda,S. 156. ^ Vgl. Ebers/Gotsch (1993), S. 217. ^ Vgl. Williamson (1985), S. 22, 41. * Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 183. ^Vgl. Sollner (1993), S. 191.
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3.1.2 Ansatze zur theoretischen Fundierung originarer Bindung Aufbauend auf der Diskussion retrospektiver Bindungseinflusse in Abschnitt 2.2 lassen sich verschiedene Erklarungsansatze identifizieren, welche die Sunk Cost-Phanomene i. w, S. betrachten. Neben der bereits diskutierten Theorie kognitiver Dissonanzen zeigte sich insbesondere die deskriptive Entscheidungstheorie als fruchtbarer Boden fur eine tiefergehende Analyse originarer Bindungswirkung. Dariiber hinaus entstanden in der Literatur alternative Erklarungsansatze, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten begriinden konnen. Neben dem bereits angesprochenen Ansatz auf Basis der Prinzipal-Agenten-Theorie sind hier insbesondere Erklarungen im Rahmen der Finanzierungsund Investitionstheorie hervorzuheben. Im Einzelnen lassen sich diesem Bereich die begrenzte Finanzierbarkeit und die erhohte Belastung durch Abschreibungen zuordnen, Begrenzte Finanzierbarkeit und erhohte Kapitalkosten Die Wechselentscheidung ist nicht nur eine Frage der Wirtschaftlichkeit sondem auch der Liquiditat, da sich neue Investitionsobjekte nicht beliebig finanzieren lassen. Je mehr Mittel (Passiva) in irreversiblen Investitionen (Aktiva) gebunden sind, desto geringer wird der Spielraum fur eine Finanzierung. Das Eigenkapital ist begrenzt und eine Finanzierung aus dem Cash Flow erfordert ausreichende uberschussige Mittel anderer Untemehmensbereiche und kann unter Unsicherheit nicht als unerschopflich angesehen werden. Zur Fremdfmanzierung muss Liquiditat am Markt vorhanden sein, was unter der Annahme eines beschrankten Kapitalmarktes selbst bei ausreichender Sicherheit nicht vorausgesetzt werden kann. In Modellen mit beschranktem Kapitalmarkt kann das Untemehmen nur eine bestimmte Anzahl unterschiedlicher Investitionsprojekte realisieren.^^^ Der Sicherheitenwert von Gutem nimmt mit zunehmender Spezifitat und damit mit steigenden Sunk Cost ab. Der Anspruch der Glaubiger auf spezifische Ressourcen gibt nur beschrankte Sicherheit, „[...] because the assets in question have limited redeployability. Not only does the cost of debt financing therefore increase, but the benefits of closer oversight also grow".^^'' Dies fiihrt zur Bevorzugung der Eigenfinanzierung von Ressourcen mit hoher Spezifitat. Unter Unsicherheit liegt der Sicherheitswert eines spezifischen Gutes auf der erwarteten Untergrenze des schwankenden Sekundarmarktpreises. Vollstandig spezifische Investitionen konnen nicht zur Sicherung einer Fremdfinanzierung dienen. Damit sinkt der relative Umfang der Fremdfinanzierung bei steigenden Kosten der Fremdfinanzierung,^^^ Nach erfolgten spezifischen Investitionen ist die Fremdfmanzierung einer Altemative mit hoheren Zinszahlungen verbunden als eine Investition, der keine spezifischen Investitionen vorausgegangen sind. Dies erhoht die Kosten der Altemative, Das die Kosten der Fremdfinanzierung ' Vgl. Schneider (1992), S. 629f. ^ Williamson (1988), S. 589. ' Vgl. Schaub (1997), S. 131 und 147.
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(der sogenannte FremdkapitalzinsfuB) mit zunehmenden versunkenen Kosten steigen, spiegelt sich auch darin wieder, dass Untemehmen der Investitionsguterindustrie generell einen geringeren Verschuldungsgrad aufweisen als Untemehmen der Gebrauchsgtiterindustrie,^^^ Bei symmetrischer Informationsverteilung iiben versunkene Kosten nur Einfluss auf die Untemehmensaktiva saisP^ Unter Annahme asymmetrisch verteilter Information konnen Delegationseffekte zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer auftreten. Irreversible Investitionen beeinflussen dann sowohl die Vermogens- als auch die Finanzierungsseite. Eine umfassende Analyse dieser Effekte fmdet sich bei Krahnen.^^^ Krahnen zeigt: „Untemehmen mit vollstandig reversiblen Aktiva [...] miissten vollstandig fremdfmanziert sein, und umgekehrt miissten Untemehmen mit vollstandig irreversiblen Aktiva ausschlieBlich eigenfmanziert sein". Allgemein gih, dass „[...] je groBer der Anteil versunkener Kosten ist, desto kleiner erscheint die Verschuldungskapazitat".^^^ Aus Finanziemngssicht erhohen versunkene Kosten, die noch nicht amortisiert sind, tendenziell die Finanziemngskosten der Altemative bei einem Wechsel, Oder lassen nur den Abbmch zu, wenn kein Kapital zur Folgefmanziemng zur Verfugung steht. Erhohte Belastung durch Abschreibungen Investitionen in abnutzbare Vermogensgegenstande vemrsachen Aufwand in der Periode, in der sie beschafft wurden sowie in spateren Perioden der Nutzung. Damit sinkt der ausgewiesene Gewinn in den Folgeperioden. Dies gilt insbesondere bei versunkenen Kosten i. S. von Fehlinvestitionen, wenn wegen des ,^bschreibungsbedarfs" von Fehlinvestitionen unter Umstanden andere Entscheidungen, bei denen Ausgaben sofort zu Aufwand fiihren (z. B. in der Forschung und Entwicklung), unterbleiben.^^^ Indirekt ist auch die Liquiditat des Untemehmens betroffen, da die Fremdkapitalkosten steigen und die Eigenkapitalaufnahme teurer wird. Gmnd ist die Signalwirkung von Untemehmensgewinnen als Indikator zukunftiger Entwicklungen die sich z. B, in Ratings niederschlagen. Versunkene Kosten i. S. von Fehlinvestitionen, d. h., denen keine erwarteten Einnahmen gegeniiberstehen, fiihren damit tendenziell zu erhohten Finanziemngskosten der Altemative und konnen sofort aufwandswirksame altemative Investitionen verhindem,^^"*
' Vgl. Shleifer/Vishny (1992). ^Vgl. Krahnen (1991), S.85f. ^^' Krahnen bezieht sich in seiner Analyse ausschliefilich auf ex ante Entscheidungen, bei denen die antizipierte Wirkung der Irreversibilitat betrachtet wird (vgl. ebenda). ^^^ Schaub (1997), S. 142 in bezug auf die Analyse Krahnens. ^^^ Vgl. Schneider (1992), S. 714. Es ist zu beachten, dass versunkene Kosten im Gegensatz zu fixen Kosten bei einperiodischer Betrachtung keinen Einfluss auf die Zahlungsfahigkeit besitzen. ^^^ Vgl. Schneider (1994), S. 352.
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Asymmetrische Information und Reputation Unter der Annahme asymmetrischer Informationsverteilung verftigt der Entscheidungstrager uber private Informationen iiber den Projektveriauf, woraus sich innerhalb der Untemehmung ein Prinzipal-Agenten-Problem ergeben kann. Kanodia, Bushman und Dickhaut zeigen auf dieser Basis eine formal-rationale Erklarung eines Sunk Cost-Phanomens.^^^ Die Autoren nehmen an, dass die private Information Auskunft iiber die Reputation (Talent Level) des Entscheidungstragers gibt. Im Falle eines Projektabbruches nach negativem Feedback werden Informationen offentlich, die seine Reputation schadigen und damit seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt senken, Im Falle privater Information ist es demnach fur den Entscheider rational, ein eskalierendes Projekt fortzufiihren, um seine Reputation aufrecht zu erhalten, Kritisch ist anzumerken, dass die Autoren unterstellen, dass der Reputationswert unidimensional auf der korrekten Antizipation der unsicheren Zukunft als Voraussetzung fur das Fallen guter Entscheidungen abhangt und der Projektabbruch generell als Indikator schlechter Managereigenschaften dient. Einen Reputationseffekt wird es in diesem Modell nur dann nicht geben, wenn das Talent des Managers stabil extrem hoch oder extrem niedrig ist.^^^ Berg, Dickhaut und Kanodia weisen anhand von Fallstudien nach, dass Entscheider eher zur Eskalation von Commitment neigen, wenn sie einen hohen Grad privater Information wahmehmen. Ahnlich auBert sich Schneider iiber das Prinzipal-Agenten-Problem.^^^ Der Agent vermeidet, dass iiber die Verschlechterung der Kennzahlen nachteiliges Wissen iiber ihn an die iiber seine Anstellung oder Vergiitung mitentscheidenden Prinzipale in Aufsichtsraten oder Gesellschafterversammlungen dringen kann. Das Problem der Hidden Action entsteht durch Agenturkosten, die einer vollstandigen Uberwachung des Entscheidungstragers durch den Prinzipal entgegenstehen. Um einer Bestrafung zu entgehen, wird der Agent Informationen bewusst zuriickhalten. Das Entscheidungskalkiil des Prinzipals beruht dann auf unvollstandigen Informationen, welche die fiir ihn optimale, normativ richtige Entscheidung verhindem. Versunkene Kosten konnen somit aus Sicht des Prinzipals nicht optimale Entscheidungen hervorrufen.^^^
''^ Vgl. Kanodia et al. (1989) sowie Berg et al. (1991). ^^^ Vgl. Schaub (1997), S. 187. ^^^ Vgl. Schneider (1992), S. 714; Schneider (1994), S. 351. ^^^ Harrison und Harrell haben den Zusammenhang zwischen privater Information und Anreizen in Form eines drohenden Reputationsverlustes einerseits und der Eskalation von Commitment andererseits experimentell getestet (vgl. Harrison/Harrell (1993)). Die Ergebnisse zeigen ein gemischtes Bild. Wahrend die Mehrzahl der Versuchspersonen (VPN) bei gering negativ erwartetem Ergebnis eskalatives Verhalten zeigte, wurde ein Projekt mit stark negativem Ergebnis von den meisten VPN abgebrochen. Die Autoren folgem daraus eine Abhangigkeit des Verhaltens von der erwarteten Ergebnishohe.
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Zusammenfassende Betrachtung Die begrenzte Finanzierbarkeit und die Folgen erhohter Kapitalkosten wirken tendenziell bindungsverstarkend. Generell betrifft dies auch Fehlinvestitionen, die nicht im Rahmen einer Geschaftbeziehung entstanden sind. Ihre bindende Wirkung ist in hohem MaBe von auBeren Einflussen abhangig, wie dem Kapitalmarkt, dem Verschuldungsgrad und sonstigen Sicherheiten im Untemehmen. Ebenso besitzen Einfliisse, die auBerhalb des Vorteilhaftigkeitskalkuls des Entscheiders liegen, eine hohe Bedeutung fur die verzogemde Wirkung von Abschreibungen. Bei einer isolierten Betrachtung einer spezifischen Investition sind diese GroBen exogen bestimmt. Fur die Gewinnwirkung von Abschreibungen sind dies u. a. die gewahlte Abschreibungsmethode gemaB den Vorschriften zur Rechnungslegung sowie die Gewinn- und Verlustsituation des Untemehmens. Sowohl Abschreibungen als auch die Finanzierung gewinnen an Bedeutung, wenn die betrachtete Investition eine dominierende RoUe im Untemehmen besitzt (bspw. der Erwerb von UMTS Lizenzen durch Telekommunikationsuntemehmen). Der Ansatz auf Basis asymmetrischer Information und der Reputationswirkung kann als erganzender Ansatz zur sozial-psychologischen Sichtweise des Sunk Cost-Phanomens betrachtet werden. Hinter der formalen Annahme eines Reputationswertes konnen die inhaltlichen Dimensionen Rechtfertigung gegeniiber Dritten oder das Streben nach Konsistenz des Entscheiders stehen. Als komplementarer organisationsbezogener Ansatz auf Basis der PrinzipalAgenten-Theorie entsteht ein zusatzlicher Erklarungsbeitrag. Im Kern beschreibt der Ansatz ein Controlling Problem, dass auf mangelhafter oder fehlender Anreizkompatibilitat und Informationsasymmetrien innerhalb der Organisation beruht. Durch entsprechende KontroUsysteme oder veranderte Anreize durch die Etablierung einer gewissen Fehlertoleranz bestehen Moglichkeiten zur Eindammung des Phanomens,"^^^ Fur Rechtfertigungsmotive bei personlicher Verantwortung des Entscheiders fiir die Initialtransaktion liefert die Eskalationsforschung widerspriichliche Ergebnisse.^"*^ Wahrend eine Reihe von Studien der Rechtfertigungsmotivation einen signifikanten Einfluss nachweisen (vgl. Abschnitt 2.2.2), zeigen Arkes und Blumer abweichende experimentelle Ergebnisse.^''^ Bei Existenz bedeutender versunkener Kosten zeigten die Versuchspersonen (VPN) eine signifikante Tendenz, unwirtschaftliche Projekte weiterzuverfolgen, auch wenn die Entscheider nicht personlich fiir die Initialentscheidung verantwortlich waren und daher keine Entscheidung zu rechtfertigen hatten. Femer priiften Staw und Ross mehrere psychologische Ansatze, die sich auf die Bindung an eine getatigte AUokation von Ressourcen beziehen, darunter auch
Vgl. Schaub (1997), S. 188f. Siehe auch die Managementempfehlimgen in Abschnitt 6.2.2. Wgi.Whyte(1986). ' Vgl. Arkes/Blumer (1985).
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der Selbstbestatigungsansatz, welcher nicht bestatigt wurde.^"*^ Die Untersuchung zeigte, dass die geringste Menge an Ressourcen von VPN eingesetzt wurde, die einen vorangegangenen Verlust erlitten hatten, fur den sie verantwortlich waren. Andererseits wurde von VPN, die negatives Feedback erhalten hatten, dessen Ursache in extemen Ereignissen lag, die groBte Menge an Ressourcen investiert.^"*^ Das Sunk Cost-Phanomen lasst sich auch in Situationen nachweisen, in welchen das Ergebnis der Handlungsweise ausschlieBlich vom Zufall abhangt. In solchen Fallen ist niemand fur das fehlende Spielgluck verantwortlich (auBer vielleicht eine hohere Instanz im Glauben des Spielers). Vorausgegangener Erfolg oder Verlust im Spiel ist eher dem Gliick zuzurechnen als den Fahigkeiten und der Kompetenz des Spielers.^"*^ Auf der Suche nach einer altemativen Erklarung weisen bereits Staw und Ross 1978 auf eine weitere Gruppe von Einfliissen hin: „[...] individuals may process information differently after a failure as opposed to a success, and that this differential processing may account for differences in commitment in policy decisions".^"*^ Dieser Anhaltspunkt ftir die Relevanz von Informationsverarbeitungsfehlem wurde jedoch von den Autoren nicht weiter verfolgt. Die Grundlage fur weitere Forschungsbemiihungen in diese Richtung legten Kahneman und Tversky 1979 mit der Prospect Theorie, einem Bezugsrahmen zur deskriptiven Analyse von Entscheidungen unter Risiko.^"^^ Er beschreibt individuelle Entscheidungsregeln unter Risiko und bildet das Risikoverhalten in Wert- und Wahrscheinlichkeitswahmehmung ab. Im Kern beruht die Anwendung der Prospect Theorie zur Beschreibung von Sunk Cost-Phanomenen auf Entscheidungen, die mit vorangegangenen Entscheidungen in Beziehung stehen und deren Erfolg Oder Verlust die gegenwartige Entscheidung beeinflusst. In den vergangenen 25 Jahren hat die Prospect Theorie eine breite Resonanz in der Literatur gefunden und wurde auf unterschiedlichste Entscheidungsphanomene aufierhalb der kognitiven Psychologic angewandt und empirisch bestatigt.^"^^ Dies kann als Indiz fur ihre Allgemeingiiltigkeit gewertet werden. Aufgrund ihres induktiven Ursprungs ist die Prospect Theorie in der Lage, einen groBen Teil tatsachlichen Verhaltens abzubilden. Die Untersuchungsebene der Prospect Theorie ist die kognitive Informationsverarbeitung eines Individuums. Damit ist sie weitgehend unabhangig von auBeren Faktoren auf sozialer
'Vgl. Staw/Ross(1978). Dariiber hinaus existieren Hinweise, dass Rechtfertigungsmotive in Gruppenentscheidungen eine geringere Rolle spielen als bei Individuaientscheidungen (vgl. u. a. Mynatt/Sherman (1975)). Gleichzeitig findet Whyte keinen Beweis dafiir, dass Gruppen weniger oft eskalatives Verhalten zeigen als Individuen (vgl. Whyte (1993)). ^^Vgl. Whyte (1986), S. 314. ^^^Staw/Ross(1978),S. 59. ^^ Vgl. Kahneman/Tversky (1979). ^"^^ Einen Uberblick ausgewahlter empirisch untersuchter Phanomene gibt Camerer (2000).
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bzw. organisationaler Ebene, wenngleich diese Faktoren einen moderierenden Einfluss besitzen konnen. Auf der Ebene der Kognition beschreibt die Prospect Theorie gmndlegende Phanomene und besitzt damit eine ausgepragte theoretische Tiefe im Vergleich zu den oben diskutierten Ansatzen. Ein weiterer Vorteil der Prospect Theorie, insbesondere gegeniiber altemativen psychologischen Ansatzen, ist ihr hoher Formalisierungsgrad. Das weitreichende formale Axiomensystem der Theorie bezieht sich auf die kognitive Reprasentation der Entscheidungssituation sowie auf die Transformationen der dadurch bestimmten altemativen Ergebnisse und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten. Dies ermoglicht eine quantitative Analyse der Entscheidungsphanomene. Zusammenfassend zeigt die Betrachtung moglicher Erklarungsansatze, dass keine der einzelnen theoretischen Scheinwerfer die notwendige Brennweite besitzt, um sowohl die derivative wie auch die originare Bindungswirkung spezifischer Investitionen in der notigen Tiefe und Scharfe auszuleuchten. Um dennoch ein vielumfassendes Bild zu bekommen, bietet sich der Einsatz zweier Scheinwerfer an, die nacheinander das Phanomen beleuchten. So entstehen zwei Bilder, die sich iiber das Kriterium der objektiven Entscheidungsrelevanz trennen lassen und unterschiedliche Bereiche fixieren. Der eine Scheinwerfer, die Transaktionskostentheorie, dient der Erklarung derivativer Bindung auf Transaktionsebene und fokussiert die Abhangigkeitssituation zwischen Anbieter und Kunde. Der zweite Scheinwerfer, die Prospect Theorie, soil zur Erklarung der originaren Bindung auf individueller Ebene beitragen, da hier die Wahmehmung retrospektiver Zahlungen, d. h. der spezifischen Investition an sich, den vielversprechendsten Anknupfungspunkt darstellt, AbschlieBend wird im letzten Abschnitt des Kapitels eine vergleichende Betrachtung insbesondere der Schnittstellen beider Bilder durchgefuhrt,
3.2 Transaktionskostentheorie als Erklarungsgrundlage derivativer Bindung Den Grundstein fiir die transaktionskostentheoretische Analyse der Formen der Organisation okonomischer Aktivitaten legte Ronald Coase mit seinem im Jahre 1937 veroffentlichten Aufsatz „The nature of the firm".^"*^ Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Frage: Warum gibt es Untemehmen, wenn gemaB neoklassischer Theorie Markte und Preise den Leistungsaustausch koordinieren konnen? Die Antwort ist darin zu sehen, dass die Benutzung der Koordinationsmechanismen Markt und Hierarchic mit gegenlaufigen Kostenwirkungen verbunden ist. Die Nutzung des Preismechanismus verursacht unter bestimmten Bedingungen hohere Transaktionskosten im Vergleich zur intemen Abwicklung in der Hierarchie.^"*^ Seit den siebziger ^ Coase (1937). ^ Vertiefend zum Coaseschen Ansatz vgl. Schumann (1987); Terberger (1994).
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Jahren hat die Transaktionskostentheorie zu einer Neubelebung der zeitweilig in Vergessenheit geratenen Idee von Coase geftihrt. Der hervorragende Vertreter dieser Forschungsrichtung ist Oliver Williamson, der lange Zeit die Weiterentwicklung des Ansatzes mitbestimmt hat. Die heutigen Anwendungsbereiche der Transaktionskostentheorie umfassen unter anderem Partnerschaften im privaten und geschaftlichen Bereich, Untemehmensfinanzierung, Unternehmensform, Wettbewerbspolitik und institutionellen Wandel.^^^ Durch das Instrumentarium zur Analyse von Transaktionsbeziehungen ergeben sich zudem zahlreiche Anwendungsfelder im Marketing, bspw. das Management von Distributionskanalen, Eintrittsstrategien in Auslandsmarkten und industrielle Beschaffungsstrategien.^^^ Generell anwendbar ist die Transaktionskostentheorie auf eine Vielzahl von Vertragsproblemen, wobei der Hauptgegenstand der Forschung durch Entscheidungen zwischen Eigen- und Fremderstellung, sowie dem Grad vertikaler Integration gebildet wird.^^^ Der Transaktionskostenansatz geht davon aus, dass Institutionen uber ex ante vertragliche Regelungen von Transaktionen hinaus einen wesentlichen Einfluss auf mogliche ex post auftretenden Abstimmungsprobleme ausuben. Williamson spricht daher von „Govemance Structures", den Koordinations- und Uberwachungssystemen wirtschaftlichen Handelns.^^^ Zur Analyse ihrer Entstehung und Bedeutung untersucht Williamson zunachst die Bestimmungsfaktoren des Transaktionsverhaltens und der damit verbundenen Transaktionsprobleme. Transaktionen betrachtet er als ein Vertragsproblem, um dann einen Vorteilhaftigkeitsvergleich der institutionellen Arrangements unter sich veranderten Bedingungen durchzufuhren. 3.2.1 Grundlagen und Pramissen der Transaktionskostentheorie Einfiihrend zur Anwendung der Theorie auf Abhangigkeiten durch Spezifitat in Transaktionsbeziehungen sollen die notwendigen Grundlagen kurz dargestellt werden. Die gmndlegende Untersuchungseinheit ist die Transaktion: „Eine Transaktion fmdet statt, wenn ein Gut oder eine Leistung iiber eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg tibertragen wird".^^"* Williamson bezieht sich mit dieser Definition starker auf den technischen und weniger auf den rechtlichen Aspekt einer Transaktion. Aus rechtlicher Sicht, in Anlehnung an
'''' Vgl. u. a. Martiensen (2000), S. 332. ^^' Vgl. u. a. Heide/John (1988); Anderson/Weitz (1992); Stump/Heide (1996). ^^^ Eine Ubersicht empirischer Anwendungen geben Rindfleisch/Heide (1997), S. 33-39 sowie Ebers/Gotsch (1993), S. 232f. ^^^ Vgl. Williamson (1990), S. 33. ^^ebenda, S. 1.
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die eng verwandte Property-Rights-Theorie, besteht eine Transaktion aus der Ubertragung von Verfugungsrechten, durch die der Tausch erst ermoglicht wird.^^^ Die Durchfuhrung einer Markttransaktion umfasst die Vertragsvorbereitung bis zur Aufiiahme der Vertragsverhandlungen (z. B. Marktforschungsaktivitaten), die Vertragsverhandlungen selbst bis zum Abschluss des Vertrages. Femer beinhaltet sie die Vertragsabwicklung und die Kontrolle der Vertragsbedingungen bis zum Erloschen des Schuldverhaltnisses. Alle diese Aktivitaten verursachen Kosten der Transaktion, die von Arrow als „Betriebskosten eines Wirtschaftssystems" beschrieben werden.^^^ Transaktionskosten fallen bei der Durchfuhrung von Transaktionen an oder bei der Einrichtung und dem Unterhalt jener Institutionen, die zum Zwecke der Durchfuhrung dieser Transaktionen geschaffen werden. Allerdings muss beriicksichtigt werden, dass Transaktionskosten auch im Falle einer letztendlich nicht zustande gekommenen Transaktion im Rahmen der Anbahnung anfallen.^^^ Analog zu den Phasen einer Transaktion konnen die Transaktionskosten nach Kostenarten gegliedert werden:^^^ •
Anbahnungskosten: Kosten der Informationssuche und -beschaffung iiber potentielle Transaktionspartner und deren Konditionen
•
Vereinbarungskosten: Kosten der Verhandlungen, der Vertragsformulierung und Vertragserstellung
•
KontroUkosten: Kosten der Uberwachung zur Sicherstellung von Terminen, Qualitat, Menge, Preis etc. und Absicherung der Einhaltung der Vereinbarungen
•
Anpassungskosten: Kosten von Nachverhandlungen, die entstehen, wenn die Vereinbarungen aufgrund veranderter Bedingungen nicht wie geplant erfiillt werden konnen und daher Anderungen durchgesetzt werden miissen, sowie Kosten der Losung von Konflikten iiber die Interpretation und Erfullung von Vereinbarungen
Die Transaktionskostentheorie vertritt die These, dass Institutionen sich entwickeln bzw. geschaffen werden, um Transaktionskosten zu senken, Williamson verzichtet auf die explizite Bestimmung der Transaktionskosten und zieht statt dessen bestimmte Merkmale von Transaktionen als Indikatoren der Transaktionskosten heran. Zu diesen Merkmalen gehoren Spezifitat, Unsicherheit und Haufigkeit. Je nachdem, welche Auspragung diese Merkmale besitzen, ist ein anderer Koordinationsmechanismus optimal
^^^Vgl.Picot(1991),S. 147. ^^^ Arrow (1969), S. 48. Williamson spricht hier von Reibungsverlusten (Frictions), vgl. Williamson (1985), S. 1. ^^^ Vgl. SoUner (1993), S. 143f. ^^^ Vgl. Picot (1981), S. 5; Picot (1982), S. 270. Eine empirische Untersuchung zur tatsachlichen Entscheidimgsrelevanz einzelner Transaktionskostenarten am Beispiel von Kooperationen in der Forschung und Entwicklung fmdet sich bei Gates (1989), S. 129f.
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Neben den bereits in Abschnitt 2.1.2 diskutierten Faktoren Spezifitat und Unsicherheit besitzt die Haufigkeit gleichartiger Transaktionen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eine eher geringe Bedeutung fur die Hohe der Transaktionskosten. Je haufiger eine Transaktion stattfindet, desto wichtiger werden die Transaktionskosten. Vertragliche Regelungen, die bei haufig durchgefiihrten Transaktionen efFizient sind, sind bei einmaligen bzw. selten Transaktionen moglicherweise nicht lohnend. Die Haufigkeit stellt keine eigenstandige BestimmungsgroBe dar, sondem verstarkt bestenfalls bereits vorliegende Tendenzen von Transaktionsproblemen zugunsten hierarchischer Koordinationsformen.^^^ Zum Problem und damit zum Versagen klassischer Markte fuhren die Transaktionsmerkmale erst in Kombination mit den Verhaltensannahmen des „Contractual Man".^^ Dieses Menschenbild besitzt im Vergleich mit dem „Homo Oeconomicus" realitatsnahe Annahmen menschlichen Verhaltens. Auch Coase fordert, dass die Institutionenokonomik von den Beschrankungen ausgehen muss, denen die Menschen in der Realitat ausgesetzt sind.^^^ Williamson konkretisiert diese Forderung in den Verhaltensannahmen beschrankter Rationalitat und Opportunismus.^^^ Sein Ziel ist es jedoch nicht, eine Verhaltensbegrundung der Akteure zu geben, sondem die Folgen der Verhaltensannahmen fur die Abwicklung der Transaktion aufzuzeigen. Die Annahme, dass die Akteure lediglich iiber eine beschrankte Rationalitat verfiigen, kommt urspriinglich aus der verhaltenswissenschaftlichen Forschung und basiert wesentlich auf den Erkenntnissen von Heribert Simon. ^^^ Danach beabsichtigen Individuen zwar, rational zu handeln, dies gelingt ihnen aber nur begrenzt: „The capacity of the human mind for formulating and solving complex problems is very small compared with the size of the problems whose solution is required for objectively rational behavior in the real world [.. .]".^^ Als Verhaltensbegrundung fuhrt Simon neurophysiologische Ursachen an, die eine begrenzte Informationsverarbeitungskapazitat und beschrankte Kommunikationsfahigkeiten zur Folge haben. Im Unterschied zur „Satisficing" Annahme Simons wird die Annahme der Nutzenmaximierung aus der Neoklassik von beschrankt rational handelnden Akteuren i. S. Williamsons jedoch beibehalten.
' ' ' Vgl. Williamson (1985), S. 60; Picot/Dietl (1990), S. 180. ^^ Vgl. Williamson (1985), S. 43. ^'^'Vgl. Coase (1984), S. 231. ^^^ Urspriinglich hat Williamson sechs Transaktionsmerkmale identifiziert, die zu Transaktionsproblemen fuhren konnen: spezifische Investitionen, Unsicherheit, beschrankte Rationalitat, Opportunismus, Transaktionsatmosphare und Informationsverkeilung (vgl. Williamson (1975)). Spater hat Williamson seinen Bezugsrahmen konkretisiert, wobei die beiden genannten Verhaltensannahmen generell vorliegen und damit fiir die Entscheidung uber die Koordinationsform nicht den Ausschlag geben (vgl. Williamson (1985)). Erst die Variation von Spezifitat (bei konstanter Unsicherheit) bestimmt die Wahl des effizientesten Mechanismus (vgl. Sollner (2000), S. 46). ^^^ Vgl. Simon (1957); Simon (1961). 2*^ Simon (1957), S. 198.
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Bei der zweiten Verhaltensannahme des Opportunismus kann sogar von einer Steigerung der Eigennutzorientierung gesprochen werden.^^^ Wahrend die einfache Nutzenmaximierung die Verfolgung des Eigeninteresses unter der Nebenbedingung der institutionellen Rahmenbedingungen beschreibt, verfolgt der opportunistische Mensch seinen eigenen Vorteil, wenn notig unter Zuhilfenahme von List und Tiicke (vgl. Abschnitt 2.1.2.2).^^^ Er nimmt die Schadigung des Transaktionspartners unter Missachtung sozialer Normen billigend in Kauf. Opportunismus als Verhaltensannahme wird als gegeben angenommen, d. h., sie bleibt auch dann bestehen, wenn die Eigennutzmaximierung aufgrund institutioneller Vorkehrungen nicht mit List und Tiicke verbunden ist.^^^ Entscheidend ist, dass bereits die Gefahr opportunistischen Verhahens ausreicht, um daraus resultierende Transaktionsprobleme hervorzurufen. 3.2.2 Transaktionsprobleme und Koordinationsform Wahrend einige Transaktionen bereits von vomherein spezifische Investitionen voraussetzen, existieren fur andere Transaktionen ex ante wettbewerbliche Bedingungen. Verftigt ein Kunde ex ante tiber eine Vielzahl potentieller Transaktionspartner in einer wettbewerblichen Bietersituation, wird der Transaktionspartner, mit dem er einen Vertrag tiber spezifische Investitionen abschliefit, ex post zu einem Quasi-Monopolisten. Aufgrund der eingeschrankten Verwendungsmoglichkeiten spezifischer Investitionen sieht sich der Kunde ex post einer „Small Numbers" Situation gegenuber, d. h., die Anzahl potentieller Anbieter geht zuriick.^^^ Daraus folgt ftir den Investor eine „Lock-In" bzw. „Hold-Up" Situation.^^^ Auch Transaktionen, die ex ante keinerlei spezifische Investitionen erfordem, konnen im Laufe der Zeit durch aus der Beziehung heraus gewachsene spezifische Fahigkeiten und Wissen zu ex post spezifischen Beziehungen ftihren. Dieser Ubergang der Marktform von einem wettbewerblichen zu einem monopolartigen Markt wird nach Williamson als Fundamentale Transformation bezeichnet.^^^ Trotz Wettbewerb entsteht ein bilaterales Monopol. Jedoch unterscheidet sich die Quasirente von einer Monopolrente, da „[...] an appropriable quasi-rent can occur with no market closures or restrictions placed on rival assets".^^^ Ein Gefahrdungspotential erwachst aus einer „Lock-In" Situation nach Williamson erst durch die Kombination von Verhaltens- und Umweltannahmen, welche die SchlieBung vollstandiger Vertrage verhindert, da nicht alle Eventualitaten vorhersehbar sind und selbst, wenn sie es waren, die Vertragsverhandlungskosten so hoch wiirden, dass aus okonomischen Gninden auf '^' Vgl. Sollner (2000), S. 47. ^^ Vgl. Williamson (1985), S. 47. ^^^ Zur Kritik an der Annahme des Opportunismus, vgl. u. a. Heide/John (1992); Sollner (1998). ^^^ Vgl. Williamson (1981b), S. 1548. ^*^^ Vgl. WilUamson (1985), S. 53; Alchian/Woodward (1987), S. 113ff. "^ Vgl. Williamson (1985), S. 61. " ' K l e i n e t a l . (1978), S. 299.
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Vollstandigkeit verzichtet werden miisste. Die Folge sind ex post Transaktionskosten der Durchsetzung und Revision von individuellen Vertragsvereinbarungen. Die Vertragspartner miissen demnach damit rechnen, dass es zu Transaktionsproblemen kommt, die eine Nachverhandlung erfordem, wenn das maximale Ergebnis des Austausches erreicht werden soil. Die Quasirente ist dann nicht mehr vollstandig absicherbar, d. h., sie unterliegt potentiell der Ausbeutungsgefahr durch den Transaktionspartner. Dieses sogenannte Safeguarding Problem ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenspiel der Transaktionsmerkmale Spezifitat und Opportunismus,^^^ Ein weiteres Transaktionsproblem erwachst aus exogenen Storungen, denen Transaktionen unterliegen.^^^ Analog zu der in Abschnitt 2.2,1 diskutierten exogenen Unsicherheit verhindert die Umweltunsicherheit, dass Umweltbedingungen bereits ex ante spezifiziert werden konnen. Einerseits sind Umweltzustande und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten objektiv nicht prognostizierbar (Williamson spricht hier von „Surprises") und andererseits verhindert die beschrankte Rationalitat, dass Zukunftslagen, die kalkulierbar waren, von den Akteuren erfasst werden konnen. ^^"^ Sind Vertrage ex ante aufgrund von Umweltunsicherheit und beschrankter Rationalitat nicht vollstandig spezifizierbar, so konnen Veranderungen in der Umwelt des Untemehmens zur Notwendigkeit von ex post Vertragsanpassungen fuhren. Dieses Adaptionsproblem verursacht Transaktionskosten der Anpassung von Vertragen an die neue Umwelt.^^^ Neben der Umweltunsicherheit fiihrt auch die Unsicherheit, bezogen auf das Verhalten des Transaktionspartners, zu Problemen, wenn die Vertragserfiillung nicht vollstandig beobachtbar und zurechenbar ist. Dies liegt insbesondere im Zusammenspiel von Verhaltensunsicherheit und beschrankter Rationalitat begriindet. Die Transaktionskostentheorie macht geltend, dass die ex post Bewertung der Leistungserfullung Kosten verursacht, die prohibitiv hoch sein konnen. Neben dem diskutierten Absicherungsproblem entsteht damit durch Opportunismus als einer Ursache von Verhaltensunsicherheit auch ein Bewertungsproblem, bzw. Performance Evaluation Problem.^^^ Die diskutierten Transaktionsprobleme folgen aus den Transaktionsmerkmalen und stellen die Quelle fur die Entstehung von Transaktionskosten dar. Die Auspragung der Transaktionskosten wird darliber hinaus gemaB der Zielsetzung der Transaktionskostentheorie durch die Governance Struktur bestimmt. Das Ziel der Arbeit Williamsons ist eine normative Aussage uber die Effizienz alternativer Governance Strukturen auf Basis eines komparativen statischen
' Vgl. Rindfleiscii/Heide (1997), S. 43. ' Vgl. Williamson (1985), S. 57. ^ Vgl. ebenda, S. 59; Sollner (2000), S. 49. ' Vgl. Rindfleisch/Heide (1997), S. 47. ^ Vgl. ebenda, S. 45f.
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Vergleichs.^^'^ So ist fur jede Auspragung der Transaktionsmerkmale eine unter Effizienzgesichtspunkten optimale Koordinationsform zu bestimmen. Abbildung 11 stellt die extremen Formen Markt und Hierarchic sowie beispielhaft cine hybride Organisationsform (Mischform) in Abhangigkeit der fur diese Arbeit bedeutenden EinflussgroBe Spezifitat dar.^^^
Transaktionskosten
A Markt / /
Hybrid^/
/
So
Transaction-Buying
^-<\
y^^^^f^^"^]
Si •1
!
y ^
^^
Faktorspezifitat •
•"
Relationship-Buying
Hierarchie
Eigenerstellung
Abbildung 11: Transaktionskosten der Koordinationsform en in Abhangigkeit der Spezifitat
Die okonomischen Organisationsformen Markt, Untemehmung und Mischformen weisen unterschiedliche strukturelle Eigenschaften auf, die dazu fuhren, dass sic unterschiedlich gut geeignet sind, weniger spezifische und hoch spezifische Transaktionen zu koordinieren.^^^ Im Falle wenig spezifischer Transaktionen (zwischen so und si) stellt die marktliche Koordination iiber den Preismechanismus die effizienteste Organisationsform dar, weil aus einem System veranderlicher Preise starke Anreizwirkungen ausgehen, die zu einer Kostenreduzierung fuhren. Die Transaktionsprobleme, die aus den Verhahens- und Umweltmerkmalen resuhieren, vermag der Markt jedoch nicht zu losen. Fur hochspezifische Transaktionen (groBer si) nehmen die Vorteile der Hierarchie (Eigenerstellung) mit steigender Spezifitat zu, weil die
' Vgl. Williamson (1985), S. 85f. ^ In Anlehnung an Williamson (1991), S. 284 sowie Luthard (2003), S. 92. ^ Vgl. u. a. Klein et al. (1978); Williamson (1991); Meyer (1995), S. 90.
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Anforderungen an eine wechselseitige Abstimmung der Aktivitaten hoch sind und untemehmensintem effizienter organisiert werden konnen. Andererseits nehmen die Biirokratiekosten mit zunehmender Integration der Aufgaben zu und die Anreizwirkung des Marktes geht verloren?^° Bei mittlerer Faktorspezifitat (zwischen si und S2) stellen hybride Formen die effizienteste Wahlmoglichkeit dar. Die Hybride konnen ein breites Spektrum an Formen annehmen: „[...] various forms of long-term contracting, reciprocal trading, regulation, franchising, and the like".^^^ Sie kombinieren die Anreizwirkungen des Marktes mit den Vorteilen administrativer Kontrollmoglichkeiten der Hierarchic. Neben den Transaktionskosten sind grundsatzlich die Produktionskosten in den Kostenvergleich einzubeziehen. Produktionskostenunterschiede zwischen den Koordinationsformen gehen insbesondere auf Skalen- und Spezialisierungsvorteile zuriick. Diese Vorteile sind abhangig von der Spezifitat: einerseits nehmen die GroBenvorteile mit sinkender Haufigkeit und steigender Spezifitat ab, da weniger Kunden einen Nutzen aus der Leistung ziehen, und andererseits senken spezifische Investitionen iiber die Realisierung von Spezialisierungsvorteilen die Produktionskosten.^^^ Generell hah Williamson fest, dass die Hierarchic nie alleine aus Produktionskostenvorteilsuberlegungen heraus gewahlt wird. Aus Produktionskostensicht ist die Hierarchic dem Markt gegentiber immer im Nachteil.^^^ Eine Entscheidung gegen den Markt als Koordinationsform muss demnach auf Transaktionskostenvorteilen basieren. Generell hat sich in der transaktionskostentheoretischen Literatur die Ansicht durchgesetzt, dass die Produktionskosten fur die Wahl der Koordinationsform nur eine geringe Bedeutung besitzen.^^ Dazu halt Williamson fest: „[.,,] all cost differences between internal and market procurement ultimately rest on transaction cost considerations".^^^ Im Rahmen der Diskussion des Untersuchungsgegenstandes wurde die Geschaftsbeziehung als Koordinationsform identifiziert. Sie kann nun in den Bezugsrahmen der Transaktionskostentheorie als hybride Struktur eingeordnet werden.^^^ Aus Kaufersicht ist aus Effizienzgesichtspunkten ein Relationship-Buying bei mittlerer Spezifitat optimal (vgl. Abbildung 11). Befindet sich der Kunde bereits in einer Geschaftsbeziehung, so stellt sich fiir ihn die Folgebzw. Wechselentscheidung primar als Entscheidung innerhalb einer Koordinationsform dar, in der die Entscheidung fiir den Fremdbezug bereits gefallen ist. Die transaktionskostentheoretische Analyse der Vorteilhaftigkeit eines Wechsels zu einem Out-Supplier bzw. des Ver^^^ Sowohl Biirokratiekosten bzw. Organisationskosten der Hierarchie als auch Transaktionskosten der Koordination iiber den Markt solien im Folgenden gieichermaBen als Transaktionskosten bezeichnet werden. ^^'Williamson (1991), S. 280. ^^^ Vgl. u. a. Ebers/Gotsch (1993), S. 222. 2^^ Vgl. Williamson (1985), S. 94. ^^ Vgl. u. a. WalkerAVeber (1984); Fischer (1993), S. 109-112. ^*^^Williamson(l985), S. 92. ^^^ Eine transaktionskostentheoretische Erklarung der Existenz von Geschaftsbeziehungen findet sich bei Plinke (1997b), S. lOf.
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barrens in der bestehenden Beziehung mit dem In-Supplier weicht von der zentralen Zielsetzung der Transaktionskostentheorie ab.^^^ Die Transaktionskostentheorie stellt jedoch einen wertvollen Rahmen zur Analyse der Abhangigkeitsbeziehungen nach erfolgter fundamentaler Transformation unter besonderer Beriicksichtigung der Spezifitat dar. Dabei ist Spezifitat keineswegs nur eine Bedingung ftir das Eingehen von Geschaftsbeziehungen, sondem auch das Ergebnis der Entscheidung fur eine Geschaftsbeziehung, was die Nachverhandlungssituation nachhaltig beeinflusst^^^ 3.2.3 Derivative Bindungswirkung spezifischer Investition aus Sicht der Transaktionskostentheorie Auf Basis des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens lassen sich die wesentlichen, im zweiten Kapitel identifizierten, prospektiven Determinanten zuordnen. Daruber hinaus sollen Aussagen uber Wirkungszusammenhange, ausgehend von den diskutierten Transaktionsmerkmalen, dargestellt werden. Im Fokus der Betrachtung stehen die Merkmale Spezifitat und Unsicherheit, die Kostenunterschiede zwischen den Altemativen bestimmen. Im Rahmen spezifitatsgetriebener Determinanten wurden die Konstrukte Quasirente und direkte Wechselkosten identifiziert. Ihre Bindungswirkung wird mafigeblich durch die Unsicherheit, bezogen auf exogene Einfliisse wie die technologische Entwicklung sowie die Unsicherheit, bezogen auf das Anbieterverhalten, beeinflusst. Die Kostenorientierung des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens schrankt die Erklarungsmoglichkeiten der Bindungseffekte ein, Auch wenn Nutzenbestandteile als Teil der Opportunitatskosten Eingang in die Analyse fmden konnen, bleiben inhaltliche Zusammenhange zwischen den Transaktionsmerkmalen und Nutzenkomponenten unberiicksichtigt. Dies betrifft insbesondere qualitative Leistungsmerkmale wie Differenzierungspotentiale und Netzeffekte, die Einfluss auf die Wettbewerbsfahigkeit des Kunden besitzen. Die Quasirente kann als ein Indikator flir die Ressourcenspezifitat interpretiert werden.^^^' ^^^ Sie beschreibt die spezifischen Ertrage einer Beziehung, deren Verteilung zwischen den Transaktionspartnern durch Preisverhandlungen im Spannungsfeld zwischen Preisobergrenze und Preisuntergrenze erfolgt (vgl. Abschnitt 2.1.2.2.2). Bezogen auf die Preisobergrenze bestimmt die Quasirente des Kunden den potentiell durch opportunistisches Verhalten des Anbieters ausbeutbaren Ertrag einer spezifischen Investition nach erfolgter fundamentaler Transformation. Um diesen Betrag abzusichem und damit das Safeguarding-Problem zu losen, sind
^^'^ Zur Interpretation der Wechselentscheidung als Entscheidung iiber alternative Koordinationsformen siehe Luthard (2003), S. 95ff. ^^^ Vgl. Plinke/Sollner (1999), S. 64. ^*^^ Vgl. SoUner (2000), S. 50. ^^^ Der Begriff der Quasirente wird von Williamson nur am Rande i. Z. m. Humankapitalspezifitat verwendet, vgl. Williamson (1985), S. 53, 248, 263.
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SicherungsmaBnahmen notwendig. Sollte dies ex ante nicht moglich sein, so ware die Antwort der Transaktionskostentheorie die vertikale Integration mit ihren umfassenderen Uberwachungsmechanismen.^^^ Sicherungsmechanismen lassen sich dariiber hinaus in hybriden Koordinationsformen, und damit auch in Geschaftsbeziehungen implementieren,^^^ Heide unterscheidet zwei Gruppen von hybriden Mechanismen: unilaterale und bilaterale hybride Sicherungsstrukturen.^^^ Unilaterale Mechanismen sichem die Quasirente durch ex ante vertragliche Regelungen mit dem Transaktionspartner ab. Dabei werden die langfristigen Vertrage so gestaltet, dass dem Transaktionspartner Austrittsbarrieren entstehen, die opportunistisches Verhalten ftir ihn unattraktiv erscheinen lassen. So konnen bspw. Exklusiwertrage mit hohen Vertragsstrafen die Investitionen eines Kunden absichem. Die bilateralen Mechanismen sollen ftir ein Untemehmen Sicherheit durch den Aufbau von engen Verbindungen mit dem Transaktionspartner schaffen. Dies kann durch gemeinsame Aktivitaten oder Informationsaustausch zur Uberwachung von Entscheidungsprozessen des Partners realisiert werden,^^"^ Daniber hinaus konnen glaubhafte Bindungen (Credible Commitments) zur Sicherung spezifischer Ertrage beitragen. Diese werden von Williamson als „Geiseln" in einer Transaktionsbeziehung beschrieben, die zur Sanktionierung bestimmter Verhaltensweisen eingesetzt werden konnen?^^ Als ^Geisel" oder „Pfand" dienen spezifische Investitionen des Transaktionspartners, wobei die Symmetric spezifischer Investitionen entscheidend ist. Williamson geht davon aus, dass, wenn cine Seite mehr zu verlieren hat als die Gegenseite, die Gefahr besteht, dass sich jener Partner, der keine oder geringere spezifische Investitionen vorgenommen hat, nach Vertragsabschluss in Nachverhandlungen die Quasirente desjenigen Partners aneignet, der in hoherem MaBe spezifisch investiert hat, Folgt man dieser Argumentation, so ist die Voraussetzung ftir die Beseitigung von Asymmetrien und damit die Sicherung der Quasirente des Kunden die Bereitschaft des Anbieters, seinerseits spezifisch zu investieren, Diese diirfte jedoch in vielen Fallen fehlen, wenn bspw, einer von vielen Kunden, der in cine spezifische Software investiert hat, den marktfuhrenden Anbieter an sich binden mochte,^^^
' Empirisch bestatigt wurde der Zusammenhang von Spezifitat und vertikaler Integration u. a. von Anderson (1985); Levy (1985). 2^2 Vgl. u. a. Williamson (1991). 2^^ Vgl. Heide (1994). ^^ Vgl. Rindfleisch/Heide (1997), S. 44. ^^^ Vgl. Williamson (1985), S. 163ff. ^^^ Vgl. Heide/John (1988), S. 24. Auf Basis der Ressource-Dependence-Theorie schlagen die Autoren zur Reduktion asymmetrischer Abhangigkeiten die Risikostreuung durch Multiplesourcing sowie die Reduktion der Bedeutung der Ressourcen vor. Die Autoren verlassen damit den effizienzorientierten Bezugsrahmen der Transaktionskostentheorie und beziehen Eflfektivitatskriterien in ihre Analyse der Abhangigkeitssituation mit ein. Siehe auch Pfeffer/Salancik (1978); Ganesan (1994); Buvik/Reve (2001).
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Stark asymmetrische Bindungen des Kunden, die nicht abgesichert werden konnen, mussen dazu fuhren, dass die Transaktion nicht zustande kommt, wenn eine vertikale Integration keine Option fur den Kunden ist.^^^ Erst das in Abschnitt 2.2.1 diskutierte Konstrukt des Vertrauens ist in der Lage, in diesem Fall ein Zustandekommen der Transaktion zu erklaren, Zunachst soil gepriift werden, ob Vertrauen in den transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmen ubertragen werden kann oder muss, um die Existenz von Transaktionen, die zu nicht vollstandig abgesicherten Quasirenten fuhren, erklaren zu konnen. ^^^ Williamson bezieht hierzu eine zunachst eindeutige Position: „[...] I maintain that trust is irrelevant to commercial exchange and that reference to trust in this connection promotes confusion".^^^ Diese Aussage wird durch Williamsons Begriffsauffassung von Vertrauen verstandlich. Er unterscheidet Risiko und Vertrauen anhand der sachlichen Kalkulierbarkeit (Competent Calculativeness) der Entscheidungssituation,^^^ Kalkulierbarkeit ist gegeben, wenn sich die betroffenen Parteien moglicher Ergebnisse und deren Wahrscheinlichkeiten bewusst sind und sie nur Transaktionen im Fall einer gegebenen Prognostizierbarkeit von Nettogewinnen durchfuhren. Ausgewahlt wird jener Transaktionspartner, bei dem die erwarteten Nettogewinne maximiert werden. Unter den gegebenen Annahmen unvollstandiger Vertrage und unvollstandiger Information ist dies mit der Annahme der Eigennutzmaximierung vereinbar.^^^ Der Transaktionspartner, der sich grundsatzlich in einer Ausbeutungsposition befmdet, wird sich nur opportunistisch verhalten, wenn er damit seinen erwarteten Eigennutz (unter Unsicherheit) maximiert. Die Verhaltensannahme des Opportunismus wird hierdurch nicht eingeschrankt. Den Vertrauensbegriff lehnt Williamson hierfur ab, bezieht sich jedoch unter Bezug auf das „Risiko" auf den Vertrauensbegriff als „Gambling Choice" von Coleman. Danach wird ein Entscheider vertrauen, „[...] if the ratio of the chance of gain to the chance of loss is greater than the ratio of the amount of the potential loss to the amount of the potential gain".^°^ Unter der Wahrscheinlichkeit/>, dass der Vertrauensempfanger vertrauenswurdig ist, dem Gewinn G und dem Verlust L kommt eine Transaktion zustande, wenn -r—>— bzw. pG + ( 1 - p ) L > 0 . 1-p G
(4)
Die Vertrauensentscheidung ist hier gleichzusetzen mit der Platzierung einer Wette auf die Realisierung der Quasirente und orientiert sich am Postulat der Nutzenmaximierung unter
'''Vgl.Ganesan(1994),S. 4. ^'^^ Eine Diskussion des Vertrauens innerhalb des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens findet sich u. a. bei Ouchi (1980); Hill (1990); Luthard (2003). 2^^ Williamson (1996), S. 260. ^^ Vgl. ebenda, S. 259. ^°' Vgl. ebenda. ^^^ Vgl. Coleman (1990), S. 99f.; Williamson (1996), S. 262,275.
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Unsicherheit. ^^^ Entscheidend ist die subjektive Erwartungshaltung des Vertrauensgebers bezuglich des Verhaltens des Vertrauensempfangers. Der Vertrauensgeber wird nur riskante Vorleistungen erbringen, wenn der subjektiv erwartete Wert der Transaktion positiv ist. Williamson weist darauf hin, dass das Gefahrenpotential einer Transaktion nicht nur von den Transaktionsmerkmalen abhangt, sondem auch von der institutionellen Umwelt, in der sie stattfindet.^^ Institutionelle Umgebungen, die allgemeine, exogen bestimmte Sicherheitsmechanismen bereitstellen, reduzieren die Notwendigkeit von transaktionsspezifischer Sicherung. Sie umfassen u. a. soziale Kultur, Politik, Regelwerke, Netzwerke und Untemehmenskultur. Bin weiterer Grand fur den Vertrauensnehmer auf die Aneignung der Quasirente eines Vertrauensgebers zu verzichten, sind zukiinftige Gewinnerwartungen: „[,,.] the major sanction for opportunism is simply the loss of future business".^^^ Erst wenn der Gesamtwert aller erwarteter zukunftiger Transaktionen mit dem Vertrauensgeber geringer ist als der gegenwartig erwartete Nutzen aus einer Aneignung der Quasirente, ist der ungesicherte Teil der Quasirente fur den Vertrauensgeber verloren.^^^ Dariiber hinaus kann der Vertrauensnehmer durch sichtbares kooperatives Verhalten signalisieren, dass er seinen maximalen Eigennutz im Rahmen einer langfristigen Kooperation und nicht in einer kurzfristigen „Hit and Run" Strategic sieht. In diesem Sinne gibt kooperatives Verhalten Auskunft iiber das Eigennutzkalkiil des Vertrauensnehmers. Ein solches Verhalten wird den Vertrauensgeber dazu veranlassen, aufgrund seiner Erfahrungen seine Erwartungen an den Vertrauensnehmer anzupassen.^^^ In Transaktionen, in denen eine ausreichende vertragliche Absicherung innerhalb einer hybriden Governance Struktur nicht effizient moglich ist, kann Vertrauen dazu fiihren, dass eine hybride Koordinationsform gegeniiber der vertikalen Integration die effizientere Losung darsteUt. Moglich wird dies aufgrund reduzierter Transaktionskosten durch Vertrauen, wenn ein Verzicht auf explizite vertragliche Sicherungs- und KontrollmaBnahmen dazu fuhrt, dass sich der Transaktionspartner, trotz Fehlen solcher SchutzmaBnahmen, nicht die Quasirente aneignet. ^^ Vor diesem Hintergrund kann Schade und Schott zugestimmt werden, die das Lenin
Vgl. auch Ripperger (1998), S. 87f. Anzumerken ist, dass Coleman von rationalen Akteuren ausgeht, denen unter Risiko die Erwartungswerte bekannt sind. Bei Annahme beschrankter Rationalitat spricht Williamson von „projected [...] expected net gain". Der Transaktionspartner, der in Vorleistung geht, triffi seine Entscheidung im Hinblick auf Effizienz und Glaubwiirdigkeit (vgl. Coleman (1990), S. 99; Williamson (1996), S. 261f.). ^^ Vgl. Williamson (1996), S. 267, 275. ^^^ Rubin (1990), S. 31. Insbesondere auf Investitionsgiitermarkten wird hier davon ausgegangen, dass „[...] noncontingently selfless behaviour of a Good Samaritan kind is the exception", Williamson (1996), S. 270. ^°^ Diese Uberlegung wird insbesondere durch spieltheoretische Erkenntnisse gestiitzt (vgl. u. a. Ripperger (1998), S. 92 und dort angegebene Quellen). ^^^ Vgl. Plotner (1995), S. 14, 36; Ripperger (1998), S. 45.
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zugesprochene Zitat: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser", umwandeln in: „Kontrolle ist teuer, Vertrauen daher meistens besser".^^^ Unter der Annahme, dass die Vertrauenserwartung in Bezug auf den In-Supplier in der Tendenz uber dem Vertrauen liegt, das moglichen Out-Suppliem entgegengebracht wird, entsteht ein relativer Kostenvorteil des In-Suppliers aufgrund weniger kostenintensiver Sicherungsmechanismen. Griinde fiir die Vertrauensdifferenz sind insbesondere in kooperativem Verhalten und akkumulierten Informationen des Kunden iiber das Eigennutzkalkiil des In-Suppliers zu sehen. Zusatzlich entstehen Kosten bei der Beschaffung von Informationen iiber die Vertrauenswiirdigkeit der Out-Supplier, die den direkten Kosten des Wechsels zuzurechnen sind. Im Umkehrschluss ist davon auszugehen, dass unkooperatives Verhalten in Form von einer Aneignung der Quasirente dazu fiihrt, dass weitere Transaktionen nur in einer voUstandig abgesicherten Form durch Credible Commitments stattfmden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Vertrauen sowohl ex ante fiir das Zustandekommen der Transaktion wie auch ex post im Rahmen einer Wechsel- bzw. Fortfuhrungsentscheidung einen bedeutenden Einfluss besitzt. Der Einfluss bezieht sich insbesondere auf die Bindung an den Transaktionspartner, woraus sich die Bedeutung des Vertrauens fur die Analyse der Kundenbindung im Fortgang der Arbeit ergibt. Neben der Gefahr, die sich aus dem opportunistischen Verhalten des Transaktionspartners ergibt, werden Bindungen in Transaktionsbeziehungen durch ein Bewertungsproblem beztiglich der zu erbringenden Leistung (Performance Evaluation Problem) beeinflusst (Abschnitt 2.2.1). Dieses Problem bezieht sich auf Situationen, in denen die Vertragserfullung aufgrund der beschrankten Rationalitat der Akteure nicht vollstandig beobachtbar oder bewertbar ist. In Bezug auf die Bindung in einer bestehenden Geschaftsbeziehung sind insbesondere Kostenunterschiede zwischen In- und Out-Suppliem bei der Beobachtung und Bewertung der Vertragserfullung relevant. Die Kostenunterschiede werden sich danach richten, welche Erfahrungen der Kunde bereits mit der Leistung gemacht hat, d, h., wie neu die Leistung und der damit verbundene Kaufprozess fur ihn ist. In Anlehnung an den Kauftypenansatz von Robinson, Paris und Wind kann ein identischer Wiederkauf, ein modifizierter Wiederkauf und ein Neukauf unterschieden werden.^^^ Wahrend beim identischen Wiederkauf der Bedarf an Informationen tiber die Leistung gering ist, steigt er bei modifizierten Wiederkaufen an und kann beim Neukauf als hoch angesehen werden. Spezifische Investitionen implizieren, dass eine alternative Leistung, bspw. aufgrund einer altemativen Systemarchitektur, mit Modifikationen verbunden ist. Dies fuhrt ex ante zu Transaktionskosten der Informationssuche und ex post zu Bewertungsproblemen, da Standards bspw. zur Beurteilung des neuen Systems, an denen die Vertragserful' Schade/Schott (1993a), S. 494. ^ Vgl. Robinson et al. (1967), S. 23.
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lung gemessen werden kann, erst entwickelt werden miissen.^^^ Femer ist bei einem modifizierten Wiederkauf beim gegenwartigen Anbieter zu erwarten, dass relativ geringere Kosten fur die Leistungsbewertung aufzuwenden sind, da technische Weiterentwicklungen einer Pfadabhangigkeit unterliegen,^^^ Entwicklungen bspw. innerhalb einer untemehmensbezogenen Systemarchitektur weisen i. d, R. inkrementalen Charakter auf, was den Bedarf des Kunden an neuen Informationen und Standards reduziert, Unter einem Neukauf verstehen Robinson et al. Situationen, in denen fur das aktuelle Problem sowohl keine bisherige technologische Losung als auch kein bisheriger Anbieter existiert. Insofem kann hier nicht von Kundenbindung gesprochen werden. Das Performance Evaluation Problem zeigt eine doppelte Wirkung auf das Vorteilhaftigkeitskalkiil des Kunden, das im Mittelpunkt des Untersuchungsgegenstands der vorliegenden Arbeit steht: Erstens stellen Informationssuche und Kosten der Bewertung der Leistungen Transaktionskosten dar, die tendenziell eine bindende Wirkung zeigen.^^^ Zweitens fuhrt die verbliebene Unsicherheit, d. h., die Gefahr, dass die Leistung ex post den Anforderungen nicht vollstandig gerecht wird, zur Reduktion des Erwartungsnutzens der Leistung. Auch hier folgt aus der Diskussion eine Tendenz zugunsten des In-Suppliers.^^"* AbschlieBend sollen die Folgen des Adaptionsproblems auf die Bindung an den In-Supplier betrachtet werden. In Abschnitt 3,2.2 wurde das Adaptionsproblem darauf zuruckgefiihrt, dass Vertrage ex ante aufgrund von Umweltunsicherheit und beschrankter Rationalitat nicht vollstandig spezifizierbar sind. Durch exogene Veranderungen konnen ex post Anpassungen an veranderte Umweltbedingungen notwendig werden. ^^^ Diese fuhren zu Transaktionskosten der Anpassung, insbesondere Such- und Vereinbarungskosten. Findet eine Transaktion unter hoher Umweltunsicherheit statt, so kann die vertikale Integration die effizientere Losung im Vergleich mit langfristigen Vertragen sein. Analog zur vorangegangenen Diskussion konnen nur altemativenunterschiedliche Kostenbestandteile Bindungsrelevanz besitzen. Wahrend branchenbezogene und politische Turbulenzen i. d, R. altemativenidentisch sind, kann insbesondere die technologische Unsicherheit Unterschiede zwischen verschiedenen Anbietem begriinden.^^^ Wie in Abschnitt 2.2.1 bereits
' Vgl.Heide(1994),S. 77. ^ Vgl. u. a. Morchel (2001), S. 91ff. ' Vgl. Buvik/John (2000), S. 73. * Vgl. Jackson (1985), S. 54ff. ' Vgl. Williamson (1985), S. 79f. ^ Insbesondere, wenn die Nachfragerbranche hohem technologischen Wandel unterliegt, kann eine weitergehende Unterscheidung von technologischer Unsicherheit der Nachfragerbranche und der Anbieterbranche sinnvoU sein. Dies erlaubt die Abbildung von Einflussen technologischer Turbulenzen auf die Wettbewerbsfahigkeit des Kunden in der Nachfragerbranche. Ist der In-Supplier aufgrund von Pfadabhangigkeit nicht in der Lage, die hohen technologischen Anforderungen des Kunden zu erfuUen, konnen dem Kunden Effektivitatsnachteile entstehen, wenn er nicht den Anbieter wechselt (vgl. Luthard (2003), S. 125). Da fiir diese Kundeniiberlegungen das
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angesprochen, konnen technologische Veranderungen, die exogen bestimmt sind, bspw. durch Etablierung von Standards, zu einem Anbieter-Shake-Out und damit zum Verlust der Quasirente fiihren. Damit verbunden ist die Gefahr eines Lock-In des Kunden in einer auslaufenden Technologie. Dieses Argument begriindet eine Motivation, nicht vertikal zu integrieren oder Investitionen von geringer Spezifitat zu bevorzugen, um sich eine grofiere Unabhangigkeit zu bewahren.^^^ Nach Vertragsabschluss fuhrt hohe Umweltunsicherheit zu kostenintensiveren Such- und Bewertungsprozessen bezuglich altemativer Technologien und erhoht damit die direkten Kosten eines Wechsels, Die Erfahrungen mit der gegenwartigen Technologie dagegen sollten eine Einschatzung der damit verbundenen Unsicherheit erleichtem.^^^ Hieraus lasst sich eine bindende Wirkung der technologischen Unsicherheit begriinden.^^^ Relevant fur die Bindung des Kunden sind jedoch nur potentielle Anpassungskosten, die nicht bei alien Anbietem gleichermaBen zu erwarten sind. 3.2.4 Zusammenfassendes effizienzorientiertes Partialmodell derivativer Bind ungs wirku ng Die vorangegangene Analyse stellt eine ex post Betrachtung dar. Sie untersucht die Folgen der durch die Transaktionsmerkmale i. S. Williamsons hervorgerufenen Transaktionsprobleme fur die Bindung des Kunden nach fundamentaler Transformation, d, h. nach Abschluss der Vertragsverhandlungen. Innerhalb des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens bezieht sich die Wirkung der Transaktionsmerkmale auf die Transaktionskosten sowie auf die Produktionskosten. Wahrend die beiden Transaktionsmerkmale Spezifitat und Unsicherheit als Variable die derivative Bindung beeinflussen, liegen dem Modell Opportunismus und beschrankte Rationalitat als Verhaltensannahmen zurunde. Die entsprechenden Wirkungszusammenhange sind in Abbildung 12 schematisch dargestellt.
Effektivitatskriterium im Vordergrund steht, soil fiir die vorliegende kostenorientierte Betrachtung von einer expliziten Trennimg von technologischer Unsicherheit in Nachfrager- und Anbieterbranche abgesehen w^erden. ^'^ Vgl. Heide/John (1990); Stump/Heide (1996). In einer Metaanalyse zahlreicher Studien von Rindfleisch und Heide zeigt sich insgesamt nur eine gemischte empirische Bestatigung der transaktionskostentheoretischen Hypothese vertikaler Integration (vgl. Rindfleisch/Heide (1997), S. 44). ^'^ Auch nach umfassender Informationssuche wird aufgrund der objektiven Unvorhersehbarkeit der Zukunftslagen bei hoher techno logischer Unsicherheit eine erhohte Gefahr von Fehlinvestitionen verbleiben, die ein Verbleiben beim In-Supplier vorteilhafter erscheinen lasst. Hier st6l3t die Transaktionskostentheorie an ihre Grenzen, da diese Argumentation in hohem MaI3e von der Risikoeinstellung des Entscheiders abhangt und die Transaktionskostentheorie die vereinfachende Annahme risikoneutraler Entscheider trifft (vgl. Williamson (1985), S. 388ff.; Ewert/Wagenhofer (1995), S. 540ff.). ^'^ Vgl. Heide/Weiss (1995), S. 32; Plinke?S6liner (1997b), S. 347f.
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Derivative Bindungswirkung spezifischer Investitionen
Abbildung 12: Modell derivativer Bindung auf Basis des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens
Wahrend die Transaktionskosten bei Entscheidungen zwischen unterschiedlichen Koordinationsformen die Effizienz der Mechanismen in Abhangigkeit der Auspragungen der Transaktionsmerkmale bestimmen, spielen die Transaktionskosten fur die Bindung spezifischer Investitionen insbesondere in Form von zusatzlichen, direkten Wechselkosten im Falle eines Verlassens der gegenwartigen Beziehung eine RoUe. Die direkten Wechselkosten, die als Austrittsbarrieren wirken, stabilisieren die Geschaftsbeziehung. Im Mittelpunkt stehen hier die Kosten der Suche, Anbahnung und Vereinbarung einer neuen Kunden-Anbieter-Beziehung. Die Transaktionskosten der bestehenden Beziehung sind auf Sicherungs- und Kontrollkosten zuruckzufuhren, die durch Vertrauen reduziert werden konnen. Femer erhohen Probleme der Leistungsbeurteilung und Anpassungen an Umweltveranderungen die Kosten der bestehenden Beziehung, bspw. durch Kosten der Kommunikation, Verhandlung und Bewertungen. Unter der Annahme, dass diese Transaktionskosten spezifisch fur die Investitionsbeziehung mit dem In-Supplier anfallen, sind sie Bestandteil der spezifischen Kosten, die hier den Opportunitatskosten des Wechsels zugerechnet werden. Sie fallen nur an, wenn die Beziehung bestehen bleibt. Im Falle eines Wechsels ist der erwartete Nettonutzen der Beziehung mit dem In-Supplier verloren. Dieser steUt im Kalkul des Entscheiders eine Kostenkomponente dar, welche die Opportunitatskosten des Wechsels beschreibt und damit liber die Produktionskosten hinaus-
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geht.^^^ Die Opportunitatskosten des Wechsels sind unsichere prospektive Kosten. Ihre Hohe zum gegenwartigen Zeitpunkt hangt ab vom zuktinftigen Verhalten des Anbieters und von moglichen Veranderungen der Umwelt. Der bindungsrelevante Teil der Opportunitatskosten des Wechsels wird durch die Spezifitat auf die Quasirente beschrankt. Einerseits sinkt der Wert der Investition in nachstbester alternativer Verwendungsmoglichkeit mit zunehmendem Spezifitatsgrad, andererseits begrenzt die Spezifitat die zuktinftigen erwarteten Kosten der Geschaftsbeziehung auf jenen Teil, der nicht wiedereinsetzbar ist (vgl. Abschnitt 2.1.2.2). Die Quasirente des Kunden unter Unsicherheit ergibt sich auf Basis von Gleichung (3) aus den unsicheren Opportunitatskosten des Wechsels abziiglich des sicheren Altemativerloses: QR{p,s) = p{N-K(s))-A(s).
(5)
Unter Beriicksichtigung der direkten Wechselkosten ergibt sich fur die Bindungswirkung, d. h. fur den entscheidungsorientierten Wert der spezifischen Investition V IN: QR{p,s) + K,,(p,s) (6)
ik.-^,,.Xi+'r
Der Wert der spezifischen Investition im Falle eines Anbieterwechsels zum gegenwartigen Zeitpunkt als MaB der derivativen Bindungswirkung gibt die Preisobergrenze des Kunden im Wechselkalkul wieder. Ein potenzieller neuer Anbieter miisste mindestens V IN erwarten lassen, um den gebundenen Kunden fur sich zu gewinnen. Aus den vorangegangenen Uberlegungen wird deutlich, dass die Bindungswirkung spezifischer Investition aus dem Vorteilhaftigkeitskalkul des Kunden resultiert. Bindend wirken die unsicheren prospektiven Opportunitatskosten sowie die sicheren zusatzlichen Kosten im Falle eines Wechsels zum gegenwartigen Zeitpunkt. Die retrospektiven Kosten der spezifischen Investition sind dagegen fiir beide Konstrukte irrelevant: Beziiglich der originaren Bindung weist das Modell eine Erkldrungslucke auf
3.3 Kumulative Prospect Theorie als Erklarungsgrundlage originarer Bindung Im folgenden Abschnitt werden die zentralen Merkmale der Prospect Theorie sowie einige aufbauende Konzepte vorgestellt. Sie dienen als Grundlage fur die Formulierung von Hypothesen zur originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen, Einleitend soil eine Einordnung der Prospect Theorie in die Entscheidungsforschung vorgenommen werden.
^^° An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass die effizienzorientierte Sicht der Bindung keine inhaltlichen Folgerungen fiir Effektivitatswirkungen erlaubt (vgl. Abschnitt 3.2.3).
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3.3.1 Neoklassische Nutzentheorie und neuere Praferenztheorien Die okonomischen Wurzeln der Entscheidungsforschung sind in einem utilitaristischen Menschenbild verankert. Der Mensch als frei entscheidendes vemiinftiges Wesen strebt nach seinem individuellen Vorteil. Fur den homo oeconomicus ist die Entscheidungssituation objektiv gegeben, in der er immer die beste aller moglichen Altemativen realisiert. Er trifft seine Entscheidungen rational unter Sicherheit. In dieser abstrakten Abbildung der Realitat ist eine Entscheidungstheorie nicht notwendig, da immer eine exakt reproduzierbare zielmaximale Entscheidung getroffen wird. Demgegentiber stehen Entscheidungssituationen unter Unsicherheit, in denen nicht mit Bestimmtheit absehbar ist, welche Folgen die eine oder die andere Handlungsakemative haben wird. Auch konnen Zielkonflikte auftreten, wenn die Ergebnisse unterschiedlicher Handlungen sich in mehr als einer Dimension unterscheiden. Eine hohe Komplexitdt von Entscheidungssituationen erschwert zudem Entscheidungen mit einer groBen Anzahl von Handlungsaltemativen, Zielen und EinflussgroBen.^^^ Diese Merkmale realer Entscheidungssituationen erfordem formalisierte Regeln und Verfahren zur Strukturierung und Verarbeitung von Informationen. Hierin besteht die Aufgabe der prdskriptiven Entscheidungstheorie?^^ Sie kann als „[...] formalization of common sense for decision problems which are too complex for informal use of common sense" angesehen werden.^^^ Ziel ist es, dem Entscheidungstrager aufzuzeigen, wie in einer konkreten Entscheidungssituation aus der Menge der moglichen Altemativen diejenige zu ermitteln ist, die in Bezug auf das Ziel bzw. die Ziele des Entscheidungstragers am vorteilhaftesten ist. Werte der Konsequenzen subjektiv
objektiv objektiv
Erwartungswert (E)
subjektiv
subjektiver Erwartungswert subjektiver Erwartungsnutzen (SEV) (SEU)
Erwartungsnutzen (EU)
Wahrscheinlichkeiten
Tabelle 6: Ubersicht der Entscheidungstheorien
Die bei praskriptiver Anwendung dominierenden Entscheidungsmodelle unter Risiko basieren auf den Axiomen der klassischen mathematischen Wahrscheinlichkeitstheorie. Dabei wurden die Ergebnisse von Entscheidungen und die Wahrscheinlichkeiten ihres Eintretens urspriing-
' Vgl. Eisenfuhr/Weber (1999), S. 2f. ^ In der Literatur wird auch von normativer Entscheidungstheorie gesprochen. ' EisenfuhrAVeber (1999), S. 3 zitiert nach Keeney (1982).
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lich als objektive GroBen interpretiert. In der okonomischen Theorie dominieren heute jedoch die subjektiven Erwartungsnutzenmodelle, die beide Parameter subjektiv betrachten. Die aus den unterschiedlichen Interpretationen resultierenden vier Theorietypen sind in Tabelle 6 dargestellt,^^"* Sie basieren alle auf dem wahrscheinlichkeitstheoretischen Konzept des Erwartungswertes als Regel zur Berechnung des Wertes einer Option und unterstellen Rationalitat. Die Erwartungsnutzentheorie (auch Risikonutzentheorie) stellt hohe Anforderungen an die Konsistenz der Urteile von Entscheidem, die der beschrankten Kapazitat des kognitiven Systems entgegenstehen. Dies fiihrt zu Abweichungen des tatsachlichen Entscheidungsverhaltens von jenem Verhalten, das auf der Grundlage rationalen Verhaltens ableitbar ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, neben der praskriptiven Theorie eine deskriptive Entscheidungstheorie hinzuzuziehen, welche die tatsachlichen intuitiven Entscheidungen in konkreten Situationen erklaren kann.^^^ In der deskriptiven Theorie steht folglich nicht die Rationalitat als Norm sondem das tatsachliche Problemlosungsverhalten im Vordergrund. Die deskriptive Entscheidungstheorie hat ihren Ursprung in der psychologischen Entscheidungsforschung. Sie liefert Theorien und Modelle des realen Verhaltens in Entscheidungssituationen und uberpriift diese an empirisch gewonnenen Beobachtungen. Neben zufalligen Abweichungen lassen sich dabei systematische Abweichungen vom Rationalitatskalkul identifizieren, die fur eine realitatsnahe Beschreibung von Entscheidungsverhalten eine Loslosung vom normativen Bezugssystem sinnvoll erscheinen lassen: „[...] the deviations of actual behavior from the normative model are too widespread to be ignored, too systematic to be dismissed as random error, and too fundamental to be accommodated by relaxing the normative System."^^^ Axiome
Paradoxa
Bedeutung
Substitution (Unabhangigkeit)
Eine Praferenz zwisciien zwei Lotterien andert sich nicht, wenn beide Lotterien mit derselben Lotterie verknupft werden, bzw. wenn eine Lotterie durch eine gleichwertige ersetzt wird.
Allais-Paradoxon (Allais 1953) Ellsberg-Paradoxon (Elisberg1961) Certainty Effekt (Kahneman/Tversky 1979)
Deskriptive Invarianz
Die Praferenzen sind unabhangig von der Formulierung des Entscheidungsproblems.
Framing Effekte (Tversky/Kahneman 1986)
Dominanz
Wenn eine Option in einem Zustand besser ist als eine Alternative und in alien weiteren Zustanden mindestens so gut wie die Alternative, ist diese Option zu wahlen.
Contrasting risk attitudes (Tversky/Kahneman 1986) Subadditive Entscheidungsgewichte (Tversky/Kahneman 1986)
Tabelle 7: Ausgewahlte Axiome der Erwartungsnutzentheorie und Paradoxa
^ VgL Jungermann et aL (1998), S. 199. ' In der Literatur wird auch von deskriptiver Praferenztheorie (Behavioral Decision Theory) gesprochen. ^ Tversky/Kahneman (1986), S. 252.
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Die Abbildung tatsachlichen Entscheidungsverhaltens wird erst durch eine Reduzierung der axiomatischen Anfordemngen an die Praferenzen der Entscheider moglich. Wie die Erwartungsnutzentheorie verlangen auch deskriptiven Entscheidungsmodelle i. d, R. eine vollstandige, transitive und stetige Praferenzordnung.^^^ Andere Anfordemngen an die Praferenzen der Entscheider, bspw. das Unabhangigkeitsaxiom der Erwartungsnutzentheorie, werden dagegen nur in einer abgeschwachten Form vorausgesetzt.^^^ Diese Anpassungen an das tatsachliche Entscheidungsverhalten ermoglicht die Erklarung zahlreicher empirisch belegter Paradoxa, die nicht mit den Axiomen der Erwartungsnutzentheorie vereinbar sind.^^^ Tabelle 7 gibt einen Uberblick iiber zentrale Axiome der Erwartungsnutzentheorie und ausgewahlte systematische Abweichungen. In der Literatur besteht verstarkt seit Anfang der 80er Jahre eine Kontroverse, ob und in welchem Umfang die Erkenntnisse der deskriptiven Entscheidungstheorie in der okonomischen Theorie Eingang finden soUen und damit, welche Bedeutung dem beobachteten nicht rationalen Verhalten der Entscheider zukommt. Die Verfechter der klassischen Nutzentheorie fuhren u. a. an, dass sich die systematischen Abweichungen auf okonomisch insignifikante Entscheidungsprobleme beziehen und daher fiir reale okonomische Fragestellungen irrelevant sind.^^° Es wird angenommen, dass es sich um temporare Phanomene handeh, da eine Korrektur des Marktes zu rationalem Entscheiden fuhren muss, um im Wettbewerb bestehen zu konnen. Es wird femer angefuhrt, dass Verletzungen der Rationalitatsannahme durch Lemen behoben werden. Dazu mijssen allerdings die Voraussetzungen fur das Lemen gegeben sein, was insbesondere bei Neukaufentscheidungen sehen der Fall ist,^^^ Ein Reihe weiterer Kritikpunkte, wie die Ubertragung von in experimentellen Ergebnissen auf die Realitat und den Einfluss monetarer Anreize, sollen zu einem spateren Zeitpunkt der Arbeit im Rahmen der Validitatsdiskussion aufgegriffen werden. Unumstritten ist die Bedeutung deskriptiver Entscheidungsmodelle zur Erklarung der zahlreichen Paradoxa des Entscheidungsverhaltens. Demgegeniiber stellen die praskriptiven Modelle eine Hilfe zum rationalen Handeln dar und erheben primar keinen deskriptiven Anspruch,^^^ Da beide Theoriezweige unterschiedliche Intentionen verfolgen, stehen sie nicht in einer konkurrierenden Beziehung zueinander. Ziel der Entscheidungsforschung kann es demnach nicht sein, eine beste Theorie fur beide Erklarungsziele zu fmden, Vielmehr muss es darum gehen, „[...] in einer Aufgabenanalyse die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Entscheidungsprobleme und -situationen [zu] bestimmen und [zu] prufen, welche Theorie(n) fur welche Zu den axiomatischen Anforderungen an die Praferenzen der Erwartungsnutzentheorie vgl. Hammond (1998). ^ Vgl. u. a. EisenfuhrAVeber (1999), S. 380. ' Eine Ubersicht iiber eine Vielzahl von dokumentierten Paradoxa findet sich ebenda, S. 366-372. ^ Vgl. grundlegend dazu Simon (1979); Arrow (1986); Smith (1989); Smith (1991). ' Vgl. Tversky/Kahneman (1986), S. 273f. ^ Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 317; Eisenfuhr/Weber (1999), S. 396.
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Klasse an Problemen und Situationen am erfolgreichsten das Entscheidungsverhalten erklaren und vorhersagen kann".^^^ Die Antwort auf die Frage der Relevanz deskriptiver Modelle ist demnach in der Zielstellung der Untersuchung zu finden. Beispielsweise ist bei einer Investitionsentscheidung auf Finanzmarkten eine rationale Handlungsempfehlung auf Basis monetarer Einflussgrofien notwendig. Andererseits muss bei einer Marketing Mix-Entscheidung das tatsachliche Kaufverhalten im Vordergrund stehen, Eine Anwendung der Prospect Theorie als deskriptive Entscheidungstheorie zur Beschreibung des Sunk Cost-Phanomens erscheint daher sinnvoll. 3.3.2 Grundlagen und Pramissen der Prospect Theorie Die 1979 von Kahneman und Tversky entwickelte Prospect Theorie ist eine der bedeutsamsten Entwicklungen der deskriptiven Entscheidungstheorie.^^'* Erweitert wurde das Fundament der Prospect Theorie spater um die Idee rangplatzabhangiger Altemativenwahmehmung zur Cumulative Prospect Theory (CPT).^^^ Wahrend die Prospect Theorie in der psychologischen Entscheidungsforschung viel Beachtung gefiinden hat, ist sie in der betriebswirtschaftlichen Literatur bisher nur vereinzelt aufgenommen worden. Grundsatzlich sind okonomische Anwendungen der Prospect Theorie iiberall dort zu priifen, wo eine moglichst realistische Beschreibung tatsachlichen Entscheidungsverhaltens erwunscht ist. Neben Anwendungen im Behavioral Finance liegt der Einsatz der Prospect Theorie zur Analyse des Kauferverhaltens auf Konsumguter- und Industriegutermarkten nahe. Die Vorztige der Prospect Theorie durch die axiomatisch begriindete und damit theoretisch validierte Beriicksichtigung von Wahmehmungsphanomenen und Kontextabhangigkeiten bei Entscheidungen, ermoglichen eine Beschreibung tatsachlichen Entscheidungsverhaltens. Hier ist die Prospect Theorie der Erwartungsnutzentheorie iiberlegen.^^^ Im Bereich der Analyse des Kauferverhaltens sind verschiedene Studien insbesondere zur Preispolitik^^^, zur Kundenzufriedenheit^^^, zur Kommunikationspolitik^^^ sowie zur individuellen Praferenzenbildung^"*^
' Jungermann et al. (1998), S. 336. * Vgl. Kahneman/Tversky (1979). ' Vgl. Tversky/Kahneman (1992); Wakker/Tversky (1993). ^ Vgl. Currim/Sarin (1989), S. 39. ' Vgl. u. a. Lichtenstein/Bearden (1989); Rajendran/Tellis (1994); Purohit (1995); Herrmann/Bauer (1996). * Vgl. u. a. Herrmann et al. (1998); Mittal et al. (1998). ' Vgl. u. a. Block/Keller (1995); Smith (1996); Nitzsch von (1998). ^ Vgl. u. a. Thaler (1985); Bateman et al. (1997); Herrmann et al. (1998); Gierl et al. (2001). ' Einen Uberblick Qber Anwendungen im Marketing gibt Schade (2001).
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Gemafi der Prospect Theorie erfolgt der Entscheidungsprozess zwischen zwei (unsicheren) Optionen in zwei Phasen. Der eigentlichen Auswahl vorangestellt ist die Editierungsphase, in der Individuen Entscheidungssituationen strukturieren. Ziel ist es dabei „[...] to organize and reformulate the options so as to simplify subsequent evaluation and choice",^'*^ In einer zweiten Phase werden die editierten Optionen subjektiv durch den Entscheider bewertet. Am Ende dieses Evaluationsprozesses steht die Auswahl der praferierten Option. 3.3.2.1 Merkmale der Editierungsphase In der Editierungsphase verschafft sich der Entscheidungstrager ein Bild von relevanten Handlungsaltemativen, deren Werten und Eintrittswahrscheinlichkeiten und moglichen Ergebnissen, Dabei erfolgt eine Simplifizierung zur Komplexitatsreduktion des Entscheidungsproblems. Tabelle 8 gibt einen Uberblick ausgewahlter Editierungsregeln.^"*^ Beeinflusst wird die Anwendung der Editierungsregeln durch die Prasentation von Entscheidungen sowie Normen, Gewohnheiten und Erwartungshaltungen der Entscheider.^"*^ Editierungsregel
Bedeutung
Kombination
Addition von unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten identischer Ergebnisse
Segregation
Trennen eines Prospects in ein sicheres (minimales) Ergebnis, dass in alien moglichen Konsequenzen enthalten ist, und in ein unsicheres Ergebnis
Elimination (Cancellation)
Elimination gleicher Optionen verschiedener Lotterien, die unabhangig von der Entscheidung die gleiche Praferenz hervorrufen
Vereinfachung
Auf- und Abrundung: (101, 0,49) wird vermutlich als (100, 0,5) verarbeitet
Dominanz
Aussortieren von Altemativen, die von anderen dominiert werden. Standen beispielsweise die Lotterien (100, 0,5; 50, 0,5), (120, 0,5; 50, 0,5) und (70, 0,5; 80, 0,5) zur Auswaiil, so wijrde die erste von der zweiten dominiert und deshalb im folgenden Ablauf nicht weiter berucksichtigt.
Tabelle 8: Ubersicht ausgewahlter Editierungsregeln
In der Erwartungsnutzentheorie bestimmt die Anderung des absoluten Vermogens durch die Entscheidung den Nutzen einer Akemative. Die Prospect Theorie geht dagegen davon aus, dass die Trager der Werte Gewinne und Verluste sind, nicht fmale Vermogenszustande. Durch Kodierung werden die Ergebnisauspragungen nicht als absolute sondem als relative GroBen betrachtet. Jedes Individuum hat einen Referenzpunkt, oberhalb dessen relative Gewinne und unterhalb dessen relative Verluste wahrgenommen werden. Die Lage des Referenzpunktes und die Kodierung der Ergebnisse als Gewinne bzw. Verluste kann durch die
'*' Kahneman/Tversky (1979), S. 274. ^^^ Vgl. ebenda, S. 274f.; Tversky/Kahneman (1986), S. 252ff.; EisenfuhrAVeber (1999), S. 377f. ^"^ Die Editierungsregeln werden in den Arbeiten von Kahneman und Tversky nicht formal beschrieben, so dass in konkreten Ausgangssituationen unterschiedliche Editierungsergebnisse hergeleitet werden konnen.
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Formulierung der Prospects und durch die Erwartungen des Entscheidungstragers beeinflusst werden. In der zweite Phase des Entscheidungsprozesses werden die editierten Lotterien (Prospects) bewertet und die Alternative mit dem hochsten Wert ausgewahlt. Der Gesamtwert eines Prospects wird dabei durch eine Wertkomponente und eine Risikokomponente ausgedriickt: dem subjektiven Wert des Ergebnisses und dem subjektiven Entscheidungsgewicht. 3.3.2.2 Merkmale der Wertfunktion Die Wertkomponente wird in der Wertfunktion (Value Function) abgebildet, die jedem moglichen Ergebnis x einen subjektiven Wert v(x) zuordnet. Da die Ergebnisse als relative GroBen defmiert sind, gibt v(x) den Wert der Abweichung von einem Referenzpunkt als Gewinn oder Verlust wieder. Im Gegensatz zur (monetaren) Nutzenfunktion der Erwartungsnutzentheorie, die einen durchgangig konkaven Verlauf (w' '(x) < 0) aufweist, ist die Wertfunktion der Prospect Theorie im Gewinnbereich konkav und fur Verluste konvex (vgl. Abbildung 13a). Der Kurvenverlauf zeigt abnehmende Sensitivitdt fur Gewinne und Verluste. Mit zunehmender Entfemung vom Referenzpunkt nimmt die Wertschatzung einer bestimmten Auspragungsdifferenz ab. Ein weiteres Merkmal der Wertfunktion ist die Asymmetric zwischen der Wahmehmung von Gewinnen und Verlusten. Die Entscheidungstrager sind verlustavers. Verluste werden starker gewertet als gleich hohe Gewinne. Die Funktion verlauft daher im Verlustbereich steiler als im Gewinnbereich.^"*^ AL
Wert
A
% Verlust
/
^ Gewinn
w
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
P Abbildung 13a und b: Wertfunktion und Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion der Prospect Theorie
' Vgl. Tversky/Kahneman (1986), S. 259.
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Die Wertfunktion fur sich beschreibt Entscheidungen bei Sicherheit. Bei Unsicherheit gehen zusatzlich die Eintrittswahrscheinlichkeiten iiber eine Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion (Risk Weighting Function) in die Bewertung ein. 3.3.2.3 Merkmale der Gewichtungsfunktion Die Gewichtungsfunktion K(p), wie in Abbildung 13b dargestellt, ist eine monotone kognitive Transformation der Eintrittswahrscheinlichkeit p?"^^ Sie misst den Einfluss der Eintrittswahrscheinlichkeit auf den Gesamtwert eines Prospects. Dabei driicken die Wahrscheinlichkeitsgewichte die Risikowahmehmung des Entscheidungstragers aus. Die Gewichte sind groBer als p fur kleine Wahrscheinlichkeiten und kleiner als p fiir groBe Wahrscheinhchkeiten. Aufbauend auf experimentellen Ergebnissen und mit dem Ziel der Erklarung ausgewahlter Paradoxa werden verschiedene Annahmen iiber den Verlauf der Gewichtungsfunktion getroffen. Die postulierten Eigenschaften von K(p) lassen sich wie folgt zusammenfassen: "* •
Die Funktion ist monoton steigend in p.
•
An den Endpunkten ist die Gewichtungsfunktion ungenau, Sie besitzt Sprungstellen in den Endpunkten 0 und 1. Einerseits werden sehr kleine Wahrscheinlichkeiten eliminiert oder iiberbewertet, andererseits werden sehr groBe Wahrscheinlichkeiten als sicher gewertet oder abgelehnt. In den Endpunkten gilt: K(1)=1 und K(0)=0.
•
Es wird davon ausgegangen, dass kleine Wahrscheinlichkeiten generell ubergewichtet werden: K(P) > p.
•
Ftir kleine Wahrscheinlichkeiten p ist K(P) subadditiv. Es gilt: 7i:(rp) > r K(p), mit 0 < r< 7, bzw, K(p) + K(p) > K(p + p).
•
Gewichtete Wahrscheinlichkeit und Gegenwahrscheinlichkeit sind in der Summe kleiner als 1. Fur alle 0
•
Fiir ein bestehendes Verhaltnis von Entscheidungsgewichten hoher Wahrscheinlichkeiten strebt ein korrespondierendes Verhaltnis kleinerer Wahrscheinlichkeiten starker gegen eins, K(P) ist subproportional:
^ Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 283. ^ Vgl. ebenda, S. 280ff.; Tversky/Kahneman (1992), S. 303. ^ Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 282.
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7r{pq)_^7r{pqr)_
7c{p) ' n{pr)
niito
Der Gesamtwert eines Prospects ergibt sich aus der Summe der mittels Wertfunktion bewerteten und anhand der Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion gewichteten Altemativen, Fur den Wert eines (regularen) Prospects V mit den beiden unsicheren Ergebnissen x und y sowie den entsprechenden Eintrittswahrscheinlichkeiten p und q folgt daraus:^"*^ F(x, p\ y, q) = 7i{p)v(x) + 7r{q)v{y).
(7)
Sind beide Ergebnisse positiv (x, y > 0) oder negativ {x, y < 0) und addieren sich die Wahrscheinlichkeiten zu eins {p + q = 1), liegt ein streng positiver bzw, streng negativer Prospect vor. Nach Segregation ist der Wert eines solchen Prospects: K(x, p\ y, q) = v(y) + 7r(q)[v{x) - v(y)], 3.3.2.4 Kumulative Erweiterung der Prospect Theorie Das Konzept der Wahrscheinlichkeitsgewichtung wurde in der kumulativen Prospect Theorie weiterentwickelt. An Stelle der ergebnisunabhangigen Transformation von Einzelwahrscheinlichkeiten wird in der CPT die gesamte kumulative Verteilungsfunktion der Wahrscheinlichkeiten ergebnisabhangig transformiert.^^^ 1.0 +
W
0.8
X
/ /
w
0.6 /
w(p)
^
" ' - ' • " • "
0.4
.-••>^•^'^x y^
0.2
If /
0.0 0.0
1
1
1
0.2
0.4
0.6
1
0.8
1.0
p
Abbildung 14: Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktionen der kumulativen Prospect Theorie
^^^ Vgl. ebenda, S. 276. ^^'^ Zur rangplatzabhangigen Nutzentheorie siehe Quiggin (1982); Quiggin (1993). Zur formalen Grundlage dieser Ansatze vgl. Choquet (1955).
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Die Gewichtung der Wahrscheinlichkeiten positive! und negativer Ergebnisse erfolgt dabei mit verschiedenen Gewichtungsfunktionen (vgl. Abbildung 14).^^^ Konnte die Prospect Theorie urspriinglich nur zwei bzw. drei Konsequenzen abbilden, so ist es mit der Erweiterung moglich, beliebig viele riskante wie auch ungewisse Ergebnisse zu betrachten.^^^ Durch das rangabhangige additive Modell existiert fur die Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion eine axiomatische Grundlage, die im Gegensatz zur urspriinglichen Prospect Theorie dem Prinzip der stochastischen Dominanz geniigt. Fiir den Wert V(f) eines Prospects/(x„ pi) ergibt sich:
V{f) = v{f")+V{f^)mit ^ ( / 0 = S < v ( x , ) und v{f-)= Y^TTTvix,) i=-m
1=0
fur die Optionen x/ (i = -m, ..., 0, ..., n) aufsteigend geordnet nach ihrem Wert. Das Prospect hat m negative und n positive Ergebnisse. Die Wahrscheinlichkeitsgewichte K^(f) = (K O, •••, K^n) und jf~(f) = (K~.rn, •••, ^~o) crgcbcn sich aus der rangabhangigen Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion w^ bzw. w ~ als ^! =^^\
^Pj
\~^^\
i=-m J
^Pj
' 0
bzw.
yj=~m J
Dabei ist ;rl = w^{pj bzw. 7r2„ = w{p_^). Das „Marginalgewicht" TT^J der positiven Option / ist die Differenz zwischen der gewichteten Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis mindestens Xi betragt und jener, dass das Ergebnis besser als xt ist. /r", ergibt sich aus der Differenz zwischen der gewichteten Wahrscheinhchkeit eines negativen Ergebnisses von hochstens x, und jener Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis schlechter als x, ist. Die Gewichtungsfunktion w kann demnach als Ausdruck des relativen Gewichts interpretiert werden, mit dem eine dem Entscheider bekannte Eintrittswahrscheinlichkeit in den Bewertungsprozess einbezogen wird. Es ist ersichtlich, dass die Starke der Transformation der Wahrscheinlichkeit eines Ergebnisses von dem Rangplatz des Ergebnisses sowie dessen Eintrittswahrscheinlichkeit abhangt.^^'
' Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 313. • Vgl. auch zu den folgenden mathematischen Ausfiihrungen ebenda, S. 300ff. ' Ein anschauliches Beispiel fiir die Wirkungsweise der Kumulation findet sich bei Schade (1999), S. 58ff.
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Die Gewichtung von Wahrscheinlichkeiten in der CPT stimmt mit jenen der urspninglichen Prospect Theorie fur Entscheidungen mit zwei moglichen Ergebnissen uberein,^^"* Dieser Spezialfall bildet die Ausgangsposition fur folgende empirische Analysen der vorliegenden Arbeit. Unter der Annahme von q = 1 - p ergibt sich ein regularer Prospect nach CPT vereinfacht zu: V{x, p; y, q) = w{p)v{x) + (l - w{p))v{y)
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mit w = w^, wenn x, y>0 und w = w', wenn x,y<0. In der CPT wird die Risikoeinstellung, d, h. Risikoaversion oder Risikofreudigkeit, gemeinsam durch die Wert- und Gewichtungsfunktion determiniert.^^^ Die Gewichtungsfunktion fiir positive Ergebnisse w^ zeigt fur kleine Wahrscheinlichkeiten einen risikofreudigen Verlauf und fur mittlere und hohe Wahrscheinlichkeiten Risikoaversion, Fiir negative Ergebnisse hat w' bei kleinen Wahrscheinlichkeiten einen risikoaversen und bei mittleren und hohen Wahrscheinlichkeiten einen risikofreudigen Verlauf. Die Entscheider sind relativ insensitiv gegeniiber Wahrscheinlichkeitsveranderungen im mittleren Bereich. In Tabelle 9 ist die sich ergebende Struktur der Risikoeinstellung, das sogenannte „Fourfold Pattern" nach Tversky und Kahneman, dargestellt.^^^ Eintrittswahrscheinlichkeit
Gewinn
Verlust
klein (p < ca. 0,3)
Risikofreudig
Risikoavers
grofi (p > ca. 0,3)
Risikoavers
Risikofreudig
Tabelle 9: „Fourfold Pattern" der Risikoeinstellung in der Cumulative Prospect Theory
Unterstiitzt wird das Muster der Risikoeinstellung durch die Wertfunktion. So erklart bspw. die Verlustaversion die extreme Abneigung, gemischte Lotterien zu akzeptieren.^^^ Um begriffliche Klarheit fiir diese Arbeit zu schaffen, soil im Folgenden das Zusammenspiel von Wert- und Gewichtungsfunktion als Abbild des Risikoverhaltens bezeichnet werden, wobei die ausschliefilich durch die Gewichtungsfunktion beschriebene Risikowahmehmung als Risikoeinstellung gelten soil. Im folgenden Abschnitt werden zwei Konzepte vorgestellt, die auf dem theoretischen Bezugsrahmen der Prospect Theorie aufbauen. Durch die Modellierung der Entscheidungsstruktur
^^ Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 302. Unter der urspriinglichen Annahme einer gemeinsamen Gewichtungsfunktion fiir Gewinne und Verluste (hier w = w^) gilt dies femer fur alle gemischten Prospects mit drei Ergebnissen. ^^^Vgl.ebenda,S. 302,316. ^^^ Vgl. ebenda, S. 308. ^^Wgl.ebenda,S. 316.
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uber die oben diskutierten Editiemngsregeln hinaus erlauben beide Konzepte die Benicksichtigung vorangegangener Verluste, d. h. der CC bei der Entscheidungsfindung, und konnen so zur Erklarung von Sunk Cost-Phanomenen beitragen, 3.3.3 Kognitive Entscheidungsstrukturen zur Modellierung des Sunk CostEffektes Die Voraussetzung fur einen Einfluss versunkener Kosten auf Folgeentscheidungen ist deren Berucksichtigung in der Entscheidungsstruktur (Decision Frame) des Entscheiders. Tversky und Kahneman beziehen die Entscheidungsstruktur auf „[,.,] the decision maker's conception of the acts, outcomes, and contingencies associated with a particular choice"/^^ Dies umfasst insbesondere die Auswahl der beriicksichtigten Kosten (Verluste) und Ertrage (Gewinne) sowie die Bestimmung des/der Referenzpunkte(s), zu denen sie in Relation stehen. Das Ergebnis eines solchen Framingprozesses ist ein kognitives Abbild der Entscheidungssituation (im Folgenden kurz kognitive Entscheidungsstruktur). Thaler geht davon aus, dass in der kognitiven Entscheidungsstruktur nur Gewinne bzw, Verluste beriicksichtigt werden, die sich innerhalb desselben mentalen Kontos befmden.^^^ Als mentale Kontenfuhrung, bzw. Mental Accounting bezeichnet er den Prozess der kognitiven Kategorisierung von Altemativen sowie die Art und Weise, in der sie mental zusammengefasst bzw. getrennt werden. Entscheidungen werden nur innerhalb des entsprechenden mentalen Kontos optimiert und mogliche Wechselwirkungen mit Positionen anderer Konten werden ignoriert. Tversky und Kahneman stellen zur mentalen Kontenfuhrung fest: „[...] the outcomes of an act affect the balance in an account that was previously set up by a related act. [...] More generally, a sunk cost effect arises when a decision is referred to an existing account in which the current balance is negative".^^^ Wenn ein vorangegangener Verlust und eine Folgeentscheidung dem selben mentalen Konto zugeordnet werden, stellt sich die Frage, auf welche Weise der „negative Kontostand" die Entscheidungsfindung einer Folgeentscheidung beeinflusst. In der Literatur lassen sich zwei konkurrierende kognitive Entscheidungsstrukturen zur Erklarung des Sunk Cost-Effektes identifizieren, die im Folgenden naher zu betrachten sind: Erstens werden vorangegangene Verluste und mogliche Ergebnisse der Folgeentscheidung innerhalb des Kontos i. S. einer Vollrechnung explizit integriert bzw. aggregiert. Zweitens beeinflussen vorangegangene Verluste die Bewertung moglicher Folgeergebnisse nur implizit. Durch einen (zusatzlichen) Referenzpunkt im Verlustbereich wird die Wahmehmung moglicher Gewinne und Verluste verzerrt, ohne dass die vorangegangenen Verluste eine explizite Kostenkomponente im Kalkul des Entscheiders begriinden. Dies entspricht einer verzerrten Teilrechnung, ^ Tversky/Kahneman (1981), S. 453. ^ Vgl. Thaler (1980); Thaler (1985). ^ Tversky/Kahneman (1981), S. 457.
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3.3.3.1 Sunk Cost-Effekt durch explizite Integration Das Konzept der mentalen Kontenfuhmng von Thaler beruht auf der Wertfunktion der Prospect Theorie,^^^ Thaler fiihrt an, dass sich die getrennte bzw. segregierte versus integrierte Bewertung durch ein „Schmerzreduktionsprinzip" vorhersagen lasst. Es wird gezeigt, dass Menschen dazu tendieren, Gewinne getrennt, Verluste jedoch gemeinsam wahrzunehmen, Beide Verhaltensweisen fiihren zu einem groBeren Wohlbefinden des Entscheiders (aus diesem Grunde bezeichnet Thaler dieses Prinzip als Hedonic Editing). Aufgrund der abnehmenden Sensitivitat in der Wertwahmehmung tendieren Individuen dazu, Verluste zu integrieren, da die integrierte Wahmehmung zweier Verluste als weniger schmerzhaft wahrgenommen wird als die Wahmehmung zweier segregierter Verluste (dies wird auch als Kreditkarteneffekt bezeichnet). Fiir zwei Verluste Li und L2 gilt: vXLi + L2) < V(Li) + v-(L2). Im Falle von Gewinnen und Verlusten hangt die Entscheidungsstruktur von der relativen GroBe der Gewinne und Verluste ab. Die Integration wird bevorzugt, wenn sich ein Nettogewinn ergibt („cancel losses against larger gains"), wahrend bei einem Nettoverlust die Segregation bevorzugt wird (Prinzip des „Silver Lining": der Silberstreifen am Horizont).^^^ Werden Verluste explizit integriert, so lasst sich anhand der Wertfunktion eine bindende Wirkung zeigen. Es sei angenommen, dass ein Entscheider indifferent ist, eine Transaktion durchzufuhren. Die wahrgenommenen Gewinne G entsprechen dann den wahrgenommenen Verlusten I : v^(G) = -v-(L) Ein Entscheider, der fiir die gleiche Transaktion bereits Mittel i. H. v. Lo investiert hat, die versunken sind, wird im Falle von Integration eine Praferenz zur Durchfiihrung der Folgetransaktion besitzen, da die Folgetransaktion den Schmerz des vorangegangenen Verlustes reduziert (Abbildung 15 veranschaulicht den Zusammenhang): v^(G) + v-(Lo+L)>v-(Lo).''^
^^'Vgl. Thaler (1985). ' ' ' Vgl. ebenda, S. 202. ^^^ Vgl. Thaler (1980), S. 278. Ahnlich auch Arkes/Blumer (1985), S. 131. Die Autoren differenzieren in ihrer Argumentation jedoch nicht eindeutig zwischen expliziter Integration und Referenzpunktverschiebung.
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Wert
Verlust
Gewinn
Abbildung 15: Segregierte versus integrierte Wahrnehmung
Die Editierungsregeln auf Basis des Schmerzreduktionsprinzips wurden spater durch Thaler und Johnson gemaB neuer empirischer Ergebnisse modifiziert. Die Autoren fiihren drei Kritikpunkte an: Hedonic Editing verlangt aktives Framen der Entscheidung durch den Entscheider, was die Bereitschaft des Entscheiders zu hoher kognitiver Anstrengung voraussetzt. Zweitens wird die Unabhangigkeit der Kodierung einer Entscheidung vom Prasentationsformat vorausgesetzt, d. h,, Prasentations-Effekte bleiben unberucksichtigt. Femer ist Hedonic Editing ein Maximierungsprozess, den die Autoren infrage stellen.^^ Das modifizierte Konzept (Quasi-hedonic Editing) beriicksichtigt im Kern zwei neue Verhaltensweisen:^^^ •
Vorangegangene Gewinne konnen die Bereitschaft, Risiken einzugehen, erhohen, „[...] until the winnings are completely depleted, losses are coded as reductions in a gain, as if losing some of 'their' money doesn't hurt as much as losing one's own cash." ^^ Dieser Effekt des „playing with the house-money" wird als House-MoneyEffekt bezeichnet, ist jedoch flir die vorliegende Arbeit von geringer Relevanz, da von vorausgegangenen Gewinnen ausgegangen wird.
•
Grundsatzlich verringem vorangegangene Verluste die Risikobereitschaft, wenn weitere Verluste drohen. Die Risikobereitschaft kann jedoch zunehmen, wenn die Mog-
^^ Vgl. Thaler/Johnson (1990), S. 647f. ^^^ Vgl. ebenda, S. 650ff. ^^ ebenda, S. 657.
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lichkeit besteht, die Verluste mit gleich hohen oder hoheren Gewinnen auszugleichen (Break-Even-Effekt). Die Integration von Gewinnen nach realisierten Verlusten kann nach Thaler und Johnson auf das Streben der Entscheider nach Eliminierung und damit nach Reduktion der Problem-Komplexitat zuriickgefuhrt werden/^^ Unbeantwortet bleibt die Frage, welche Faktoren das individuelle Framing der Entscheidung beeinflussen, d. h., welche Faktoren zur Integration von Verlusten ftihren. Die Autoren geben lediglich Anhaltspunkte.^^^ So sollte dem Entscheider die Aquivalenz der Ergebnisse im Hinblick auf einen Break-Even transparent sein, auch die Kompatibilitat in der Natur der Ergebnisse (z. B, monetare versus immaterielle Ergebnisse) muss gegeben sein. MaBgeblich ist jedoch die Frage, ob ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen zwei Entscheidungen wahrgenommen wird, der die Zugehorigkeit der Entscheidungen zu unterschiedlichen mentalen Konten begriinden kann. Neben der abnehmenden Sensitivitat im Verlustbereich der Wertfunktion tragt der CertaintyEffekt zur Erklarung des Sunk Cost-Effektes bei.^^^ Danach besitzen sichere Ergebnisse einen deutlich hoheren Wert (einen entsprechend geringeren Wert bei Verlusten) als fast sichere Ergebnisse. Bei einer Entscheidung gegen die Fortfuhrung einer Investition werden die versunkenen Kosten in der Wahmehmung des Entscheiders von einem unsicheren zu einem sicheren Verlust. Die Uberbewertung eines sicheren Verlustes wirkt damit bindungserhohend.^^^ Ist ein Gewinn aus der Folgeinvestition nur mit geringer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, wird der Effekt durch die Ubergewichtung des Eintritts eines Gewinns mit geringer Wahrscheinlichkeit noch verstarkt. In der Wahrnehmung des Entscheiders werden demnach die negativen Folgen einer Abbruchsentscheidung ebenso ubergewichtet wie die positiven Erwartungen an einen moglichen Gewinn. Die Effekte werden durch die Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktionbestimmt.^'^^ 3.3.3.2 Sunk Cost-Effekt durch Startwertverschiebung Die explizite Integration versunkener Kosten in die kognitive Entscheidungsstruktur entspricht einer Vollrechnung mit der Bewertung des Nettoergebnisses. Die okonomisch „richtige" Entscheidungsstruktur einer Teilrechnung entspricht der Segregation, wobei die versunkenen Kosten als akemativenidentische Kosten aus dem Entscheidungskalkiil eliminiert werden.
' Vgl. ebenda, S. 658. ^ ebenda, S. 659. ^ Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 265f. " Vgl. Arkes/Blumer (1985), S. 132. ^^' Ein ahnlicher Ansatz findet sich bei Kahneman und Tversky, die den Sunk Cost-Effekt gemeinsam uber abnehmende Sensitivitat, Substitution und Subsicherheit herleiten (vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 287).
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Die Startwertverschiebung stellt eine Moglichkeit dar, auch bei normativ richtiger Konfiguration der Kostenkomponenten den Einfluss versunkener Kosten abzubilden, die auf diese Weise implizit beriicksichtigt werden. Die versunkenen Kosten begriinden einen (zusatzlichen) Referenzpunkt im Verlustbereich, der die Wahmehmung moglicher Gewinne und Verluste verzerrt, ohne dass die vorangegangenen Verluste eine explizite Kostenkomponente im Kalkul des Entscheiders begrunden. Somit entspricht die Startwertverschiebung einer verzerrten Teilrechnung. Schade, Steul und Schroder ftihren den Startwert neben dem Status Quo des Entscheiders zur Messung des Einflusses vorangegangener Ergebnisse ein.^^^ Wahrend der Startwert als Referenzpunkt zur Bewertung der Folgeentscheidung dient, wird der Status Quo als Anspruchsniveau (Aspiration Level) der Folgeentscheidung interpretiert,^^^ Die Autoren gehen davon aus, dass der Entscheider nach einer Verlusterfahrung seinen urspriinglichen Referenzpunkt vorriibergehend beibehalt, der sich ex ante im Ursprung seiner Wertfunktion befmdet. In Abbildung 16a ist die Startwertverschiebung nach vorangegangenen Verlusten Lo bei Gewinnerwartung und in Abbildung 16b bei Verlusterwartung veranschaulicht. Ex post verschiebt der Refrenzpunkt i, H. der versunkenen Kosten in den Verlustbereich und bildet den Startpunkt zur Altemativenbewertung (Punkt B). Voraussetzung dafur ist, dass kein , Ausgleich" des mentalen Kontos (und damit Segregation) erfolgt. Erst in Punkt A ware ein Break-Even und damit das Anspruchsniveau (ex ante Status Quo) erreicht. Wert
Gewinn
Abbildung 16a und b: Bindungswirkung durch Startwertverschiebung fiir Gewinne und Verluste
' ' ' Vgl. Schade et al. (2002). ^^^ Auf die Reievanz von Anspruchsniveaus bei der Ergebnisbeurteiiung wurde in der Literatur bereits mehrfach hingewiesen, vgl. u. a. Lewin et al. (1944); Payne et al. (1980); Payne et al. (1981); March/Shapira (1992).
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Wiederum sei angenommen, ein Entscheider sei indifferent, eine Investition durchzufuhren. Fiir diese ex ante Entscheidungssituation gilt: v*(G) = -v-(L).
Vor die gleiche Entscheidung gestellt, wird der Entscheider nach einer Verlusterfahrung (und damit einer Startwertverschiebung) eine eindeutige Praferenz zur Durchfuhrung der Investition besitzen. Aus Abbildung 16 ist ersichtlich, dass aufgrund der Verlustaversion nach vorausgegangenen Verlusten LQ mogliche Gewinne G (Verluste L) einer Folgeentscheidung in Punkt B hoher (niedriger) wahrgenommen werden als ohne Verlusterfahrung, d. h. relativ zu Punkt A. Fiir Gewinne zeigt Abbildung 16a, dass VLO(G) > v^(G); analog gilt fur Verluste nach Abbildung 16b vio(L) < -v(L). Damit gilt fiir die ex post Entscheidungssituation: V L O ( G ) > -VLO ( L ) .
Formal lasst sich VLO fur die Folgeergebnisse x berechnen aus: VLO(X) = v(x + U ) - v(Lo).
Allgemeiner formuliert ergibt sich fiir den wahrgenommenen Gesamtwert eines Prospects V^^ nach Startwertformel mit den / Ergebnissen (xt, pi) nach einem Verlust xo\ Vxo''"=Zw(PiHxi-Xo)-v(xo)]."^
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Im Gegensatz zum Hedonic Editing zeigt die Startwertformel sowohl fur Gewinne als auch Verluste Integration.^^^ Femer ftihren Schade et al. zusatzlich zur Integration eine Korrektur ein (-vfxo]), um die Wahmehmung des inkrementalen Ergebnisses zu isolieren. Voraussetzung fiir die Startwertverschiebung ist, dass Initial- und Folgetransaktion dem selben mentalen Konto zugeordnet werden. Schade et al. gehen davon aus, dass beide Entscheidungen Teil desselben Aufgabenbereiches sein miissen, wobei die Zeitspanne zwischen beiden Entscheidungen relevant ist: „The shorter a time span between initial and subsequent payments, the more likely the situation will be seen as a continued task [...]".^^^ Femer bleibt in affektreichen Situationen und bei substanziellen vorangegangenen Ergebnissen das Anspruchsniveau langer erhalten, Mit der vorangegangenen Diskussion kognitiver Entscheidungsstrukturen wurden die Voraussetzungen zur Formulierung der dritten Forschungsfrage geschaffen:
^ In Anlehnung an Schade et al. (2002), S. 8. Im Gegensatz zu den Ausfiihrungen Thalers gehen Schade et al. explizit von einer dynamischen Entscheidungssituation aus (vgi. Thaler (1980)). Da keine gesicherten Aussagen uber die Wahrscheinlichkeitsgewichtung in dynamischen Kontexten in der Literatur vorliegen, schlieBen die Autoren die Wahrscheinlichkeitsgewichtung aus der Analyse aus (vgl. Schade et al. (2002), S. 7). ^^''Schade et al. (2002), S. 11.
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Kann die referenzpunktabhangige Modellierung der kognitiven Entscheidungsstruktur unter Berucksichtigung von Referenzpunkten und der Moglichkeit eines Break-Even der Investition zur Erklarung der originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen beitragen? Die diskutierten zwei Entscheidungsstrukturen, explizite Integration und implizite Integration durch Startwertverschiebung, sind in der Lage, die originare Bindung spezifischer Investitionen abzubilden und iiber die Art des kognitiven Informationsverarbeitungsfehlers einen Erklarungsbeitrag zu leisten. Damit erscheinen die konkurrierenden Ansatze als Basis zur Ableitung von Hypothesen zur Erklarung originarer Bindungswirkung geeignet,
3.4 Kritische Betrachtung des Theorienpluralismus In den vorangegangenen Abschnitten wurden die Transaktionskostentheorie als Bezugsrahmen zur Analyse der derivativen Bindung sowie die Prospect Theorie als Fundament der Analyse originarer Bindung ausgewahlt und vorgestellt. Ob die Verwendung zweier nicht verwandter Theorien zur Erklarung eines Phanomens zulassig und sinnvoll ist, ist in erster Linie eine wissenschaftstheoretische Fragestellung. In Abschnitt 3.1 wurden Kriterien zur Auswahl der theoretischen Basis diskutiert, welche die Erklarungskraft einer Theorie bestimmen. Die vorgestellten Theorie-Dimensionen Allgemeinheit, Genauigkeit und Tiefe dienen der Beurteilung einer Theorie. Eine Aussage uber das Verhaltnis zu bzw. die Uberlegenheit der Theorie gegeniiber anderen Theorien kann auf dieser Ebene nicht getroffen werden. Insbesondere ist die Ubemahme einzelner Konstrukte aus anderen theoretischen Kontexten zur Erhohung der Erklarungskraft einer Theorie in hohem MaBe problematisch.^^^ Generell ist ein pluralistischer Ansatz zur Erklarung eines Phanomens nur sinnvoll, wenn damit eine verbesserte Prognose- und Erklarungsleistung erreicht werden kann.^^^ Zu priifen ist jedoch, in welchem Verhaltnis die Theorien zueinander stehen: bspw. Aquivalenz, Ableitbarkeit, Vereinbarkeit oder Widerspruch.^^^ In Anlehnung an Seipel lassen sich daraus drei Basis-Theorierelationen ableiten:^^^ Ahnlichkeit und die Konkurrenztypen A und B. Bei Ahnlichkeit geht eine Theorie in einer anderen Theorie auf, die allgemeinere Konzepte und Begriffe bereitstellt.^^^ Ein Konkurrenztyp A liegt vor, wenn die Theorien in einem logischen Widerspruch zueinander stehen, und der Konkur-
'Vgl. Seipel (1999), S. 39. ^ Vgl. Wagner/Berger (1985). ' Vgl. Popper (2002), S. 7. Popper bezieht sich hier allgemein auf Satze innerhalb eines Theoriegebaudes. ^ Vgl. Seipel (1999), S. 38f. und dort angegebene Quellen. ^ Vgl. ebenda, S. 37. Seipel spricht hier auch von „Theoretical Reduction".
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renztyp B beschreibt Relationen, bei denen zwischen den Theorien kein logischer Widerspruch besteht und in den Theorien unterschiedliche erklarende Variable fiir das gleiche Explanandum herangezogen werden. Die Ahnlichkeit zweier verwandter Theorien i. S. Seipels ermoghcht eine Integration auf deduktiver Ebene. Bei der deduktiven Integration ist entscheidend, dass das zu bestimmende Verhaltnis tiber logisch-semantische Analysen moglich und ein empirischer Vergleich dann nicht mehr notwendig ist, Fiir die vorliegende Arbeit besitzt sie eine geringe Relevanz. Der Konkurrenztyp A beschreibt eine konfliktare Beziehung, welche der Bedingungen der Widerspruchsfreiheit nicht gentigt, Eine gemeinsame Betrachtung ist daher nicht sinnvoll, vielmehr bietet sich eine vergleichende Untersuchung an. Stehen die Theorien in einem Konkurrenztyp B zueinander, kann es fruchtbar sein, beide Theorien nebeneinander zu betrachten („side-by-side") oder sie zu integrieren („end-to-end"). Bei „end-to-end" oder sequentieller Integration werden beide Theorien derart miteinander verbunden, dass die unabhangigen Variable einer Theorie zu abhangigen bzw. moderierenden Variable in einem Integrationsmodell werden. Dies setzt eine Kausalordnung der Variable voraus, die sich kausalanalytisch priifen lasst.^^^ Stehen die Theorien „side-by-side" nebeneinander, so wird akzeptiert, dass sie unterschiedliche Verhaltensbereiche erklaren konnen und sich in manchen Fallen iiberlappen. Diese Relation kann als Komplementaritdt bezeichnet werden und steUt keine theoretische Integration dar.^^^ 3.4.1 Komplementaritat von Transaktionskostentheorie und Prospect Theorie In diesem Abschnitt soil geklart werden, in welchem Verhaltnis die Transaktionskostentheorie und die Prospect Theorie zueinander stehen, um im Anschluss die Widerspruchsfreiheit der Annahmen und Aussagen beider Theorien zu priifen. Grundsatzlich beziehen sich beide Theorien auf unterschiedliche Betrachtungsebenen. Wahrend die Transaktionskostentheorie die Transaktion bzw. die Koordinationsform, in der sie ausgefuhrt wird, betrachtet, steht in der Prospect Theorie das Entscheidungsverhalten des Individuums im Mittelpunkt. Greift man das Bild der Wolke wieder auf, die von zwei Scheinwerfem ausgeleuchtet wird, so leuchten die Scheinwerfer unterschiedlich tief in die Wolke hinein. Die tieferen Schichten, welche die individuelle Informationsverarbeitung als Vorraussetzung zur Erklarung originarer Bindung beinhalten, konnen nur von Ansatzen der deskriptiven Entscheidungstheorie erfasst werden, auch wenn die Transaktionskostentheorie, dem Prinzip des methodologischen Individualismus folgend, ihre Aussagen aus den tieferen Schichten heraus begriindet. Ein Fall von „end-to-end" Integration liegt damit nicht vor. Andererseits ist das Bild der oberen Wolkenschichten aus Sicht der Prospect Theorie unscharf,
- Vgl. ebenda, S. 38. 'Vgl.Nauck(1988),S. 18.
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betrachtet man bspw. die Geschaftsbeziehung und ein daraus resultierendes Safeguaring Problem. Die Bindungswirkung spezifischer Investitionen als Phanomen wird in seinen verschiedenen Schichten deutlicher sichtbar, wenn sie von beiden Scheinwerfem beleuchtet wird. Dabei stehen Transaktionskostentheorie und Prospect Theorie in der vorliegenden Arbeit nicht in Konkurrenz, da sie unterschiedliche Teilbereiche des Phanomens beleuchten. Die unterschiedlichen Explananda derivative Bindung und originare Bindung lassen sich iiber das Kriterium des Zeitbezuges bzw. der normativen Entscheidungsrelevanz voneinander trennen, sind aber keinesfalls voneinander unabhangig, wie die Diskussion kognitiver Entscheidungsstrukturen in Abschnitt 33.3 gezeigt hat. Zu priifen ist daher die Komplementaritat beider theoretischer Bezugsrahmen mit dem Ziel, ein breiteres und tieferes Bild des Bindungsphanomens zu erhalten, Dabei steht eine erhohte Erklarungsleistung und nicht die Vollstandigkeit der Abbildung im Vordergrund. Auf die grundsatzliche Moglichkeit der Verbindung transaktionskostentheoretischer Argumentationen mit anderen Erklarungsgrundlagen weist bereits Williamson hin: „[...] transaction cost arguments are often best used in conjunction with, rather than to the exclusion of, other ways of examining the same phenomena. "^^ 3.4.2 Widerspruchsfreiheit der Annahmen und Aussagen Nebeneinander diirfen die Ergebnisse beider Analysen nur stehen, wenn sie in den zentralen Annahmen und Aussagen widerspruchsfrei sind. Zunachst sollen die Annahmen von Transaktionskostentheorie und Prospect Theorie auf Widerspruchsfreiheit untersucht werden. Im Kern zeigen beide Theorien Gemeinsamkeiten in der Annahme beschrankter Rationalitat und der Unsicherheit. Unterschiede zeigen sich dagegen insbesondere in der zugrunde gelegten Risikoeinstellung der Akteure. In beiden theoretischen Bezugsrahmen spieh die beschrankte Rationalitat i. S. Simons eine zentrale Rolle. In Abschnitt 3.2.1 wurde sie bereits als Verhaltensannahme der Transaktionskostentheorie diskutiert. Auch im Rahmen der Prospect Theorie stellen Tversky und Kahneman fest, dass Ergebnisse und Analysen „[...] are consistent with the conception of bounded rationality originally presented by Herbert Simon [...]. Indeed prospect theory is an attempt to articulate some of the principles of perception and judgment that limit the rational choice".^^^ Zu diesen Prinzipien zahlt auch die mentale Kontenfuhrung, Thaler bezieht sich explizit auf die beschrankte Rationalitat und sieht in ihr den Grund fiir Abweichungen vom normativen Entscheidungsmodell.^^^
^Williamson(1985), S. XII. ' Tversky/Kahneman (1986), S. 272f. ^Vgl. Thaler (1980), S. 40.
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Die Unsicherheitsannahme erscheint in beiden Ansatzen zunachst als unterschiedlich festgelegt. Traditionell wird Unsicherheit als Oberbegriff fur die beiden Falle Risiko und Ungewissheit verwendet.^^^ Bei Entscheidungen unter Risiko sowie unter Ungewissheit sind die Ergebnisse der Entscheidungsaltemativen bekannt.^^^ Im Gegensatz zu Entscheidungen unter Risiko sind bei Ungewissheit die mit den Ereignissen verknlipften Eintrittswahrscheinlichkeiten aufgrund unvollkommener Information tiber die kunftigen Zustande der Umwelt nur teilweise oder ungenau bekannt, Diese engere Sichtweise der Ungewissheit deckt sich mit dem Begriff der Ambiguitat. Nach Ellsberg ist sie die „[...] quality depending on the amount, type, reliability, and 'unanimity' of information, giving rise to one's degree of 'confidence' in an estimate of relative likelihoods".^^^' ^^^ Mit anderen Worten: die Ungewissheit iiber die Wahrscheinlichkeit, hervorgerufen durch unvollstandige Information.^^^ Wahrend die Transaktionskostentheorie von Unsicherheit i. S, v. Ungewissheit ausgeht (vgl. Abschnitt 3.2.1),^^^ ist die Prospect Theorie urspriinglich fur Entscheidungen unter Risiko konstruiert, Im Rahmen der Erweiterung zur kumulativen Wahrscheinlichkeitsgewichtung wurden zusatzlich Entscheidungen unter Ungewissheit mit einbezogen,^^^ wobei unter Ungewissheit Entscheidungsgewichte an Glaubwtirdigkeitsaussagen zukiinftiger Ereignisse gekoppelt werden,^^"* Insofem kann von einem praziseren Unsicherheitsbegriff der Prospect Theorie gesprochen werden, der das Unsicherheitsverstandnis im transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmen nicht ausschlieBt,
' ' ' V g l . Knight (1921). ^^^ Diese Annahme ist elementare Voraussetzung zur Bildung von Glaubwurdigkeiten (likelihoods) und damit der Methodik dieser Arbeit. ^'^^Ellsberg(1961), S. 657. ^"^^ Gezeigt wurde die Ambiguitat u. a. im EUsberg-Paradoxon. Hier besitzen Individuen eine Praferenz fur eine Ume mit einem bekannten Verhaltnis (Gleichverteilung) von unterschiedlich farbigen Kugeln gegenuber einer Ume mit unbekannter Farbverteilung, wenn bei Ziehung einer bestimmten Farbe ein Gewinn lockt (obwohl im zweiten Falle ebenfalls Gleichverteilung anzunehmen ware). Eine Diskussion des Experimentes fmdet sich bei CamererAVeber(1992). ^^' Vgl. Frisch/Baron (1988), weiterfuhrend siehe auch Schade (1999), S. 48-55. ^'^ Eine prazise Festlegung des Unsicherheitsbegriffes findet sich bei Williamson nicht. Er bezieht sich auf „Disturbances" mit Wahrscheinlichkeitsverteilungen, die ex ante nicht bekannt sind, sowie auf die Verwandtheit der Verhaltensunsicherheit mit Knight's „Uncertainty" Begriff (vgl. WilUamson (1989), S. 143; Williamson (1991), S. 29If). ^^^ Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 299f ^^ Um bei unbekannten Eintrittswahrscheinlichkeiten Aussagen iiber die Gewichtung ungewisser Ereignisse treffen zu konnen, wurde von Tversky und Fox ein zweistufiges Modell eingefiihrt, dass spater von Wu und Gonzales erweitert wurde (vgl. Tversky/Fox (1995), S. 279; Wu/Gonzalez (1999)). In der ersten Stufe werden Ereignisse mit subjektiven Glaubwtirdigkeitsaussagen (Likelihoods) verbunden. Um diese zu beriicksichtigen, greift das zweistufige Modell auf die Support Theorie zuruck (vgl. Tversky/Koehler (1994)). Nach der Support Theorie sind Glaubwiirdigkeitsaussagen nicht mit Ereignissen verbunden sondem mit Beschreibungen von Ereignissen. D. h., zwei Beschreibungen desselben Ereignisses konnen unterschiedliche Glaubwurdigkeitsaussagen zugeordnet werden. In der zweiten Stufe werden subjektive Glaubwurdigkeitsaussagen (Probability Judgements) durch Gewichtung in Entscheidungsgewichte transformiert (vgl. Fox/Tversky (1998), S. 880; Kilka/Weber (2001), S. 1713).
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Dariiber hinaus liegt beiden Anwendungen in der vorliegenden Arbeit zur Analyse der Bindungswirkung die vereinfachende Annahme von Entscheidungen unter Risiko zugrunde (vgl. Abschnitt 3.2.3). Auf diese Weise soUen im Folgenden quantitative Aussagen zur Bindungswahmehmung ermoglicht werden. Wahrend die oben diskutierten Verhaltensannahmen der Transaktionskostentheorie eine breite Aufmerksamkeit in der Literatur gefunden haben, ist die Annahme der Risikoneutralitat meist unkritisch ubemommen worden.^^^ Williamson rechtfertigt die Unterstellung von Risikoneutralitat mit drei Argumenten. Einerseits sind die Untersuchungsobjekte Untemehmen und nicht Individuen. Die Risikoneutralitat sei hier eine gute Annaherung, da: „Not only do most firms diversify in some degree, but owners of firms can usually diversify their financial holdings easily".^^^ Zweitens werden Abweichungen von der Risikoneutralitat durch Bestrafung reduziert. Drittens, und von Williamson hervorgehoben, ist diese Vereinfachung notwendig, um Kemelemente institutioneller Merkmale akkurater analysieren zu konnen. Williamson verweist 1985 in diesem Zusammenhang auf das fiiihe Entwicklungsstadium der Transaktionskostentheorie.^^'^ Festzuhalten bleibt, dass die Annahme risikoneutraler Akteure im Wesentlichen aus Vereinfachungsgriinden erfolgt. Es handeh sich nicht um einen theoriebegrundeten Ausschluss.^^^ Problematisch ist die Annahme insbesondere bei der Erklarung unterschiedlicher Grade vertikaler Integration in Untemehmen, die ahnliche Transaktionen mit ahnlichen Transaktionsmerkmalen durchfuhren.^^^ Ebers und Gotsch stellen zudem fest, dass bei vertikaler Integration fur den akquirierenden Transaktionspartner in der Regel besondere Risiken und zusatzliche Fixkostenbelastungen bestehen, denen die meisten Entscheidungstrager nicht neutral gegeniiberstehen werden. Die Autoren halten daher erganzende Ausftihrungen zu den Implikationen unterschiedlicher Auspragungen der Risikoneigung der Transaktionspartner fur erforderlich.^"" Durch die Annahme beschrankter Rationalitat gehen beide Theoriegebaude von begrenzten kognitiven Fahigkeiten der Akteure aus. Vor diesem Hintergrund erscheint die Sichtweise der ^^^ Vgl. Williamson (1985), S. 388. ^^^ ebenda, S. 389. Dieses Argument wird an der angegebenen Stelie nicht weiter prazisiert. ^^'Vgl.ebenda,S. 390. ^^^ Dieses Argument rechtfertigt Goldman mit den Opportunitatskosten der Modellbildung: „If risk aversion is to be included, then we have to simplify the world in other ways to build tractable models [...]" (Goldberg (1990), S. 216). Eine Annaherung an „reale" Verhaltensannahmen halt Goldman fiir wenig hilfreich bei der Analyse institutioneller Fragestellungen. Der Autor vemachlassigt jedoch, dass der Risikoeinstellung auch bei deduktiver Herangehensweise mit dem Ziel, normative Aussagen zu generieren, eine Schliisselrolle zukommen kann. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Verhaltensprogramm eines Untemehmens (dessen Risikoeinstellung auBer Frage steht) auf das reale Verhalten von Akteuren auszurichten ist. Genau hierin liegt eine Kemaufgabe der Modellbildung des Marketing. ^^^ Vgl. Chiles/McMackin (1996), S. 74. ^^ Vgl. Ebers/Gotsch (1993), S. 236.
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Prospect Theorie konsequenter zu sein, da hier auch die Fahigkeit zur Verarbeitung riskanter Entscheidungssituationen als eingeschrankt vorausgesetzt wird. Aus transaktionskostentheoretischer Perspektive sind zwar Informationen beschrankt verarbeitbar, das Risiko wird jedoch unbeschrankt bzw. untransformiert verarbeitet. Durch diese Inkonsequenz werden die Wahmehmungseffekte, die zur Erklarung originarer Bindung notwendig sind, in der Transaktionskostentheorie prinzipiell ausklammert. Dies veranlasst Whyte unter Bezugnahme auf die Analogic von Spczifitat und vcrsunkenen Kosten, darauf hinzuweisen, dass: „[...] decisions about organizational structures and contracting practices that are usually attributed to transaction cost economization instead may be primarily the result of the sunk cost effect. Reliance on asset specificity [...] confounds transaction cost with sunk cost considerations and implicitly assumes sunk cost effects to be negligible"."*^^ Die vorangegangenen Uberlegungen legen es nahe, den Einfluss der Risikoeinstellung der Akteure auf die zentralen Aussagen der Transaktionskostentheorie zu priifen. Die Arbeit von Chiles und McMackin zeigt, dass ein solcher Ansatz fruchtbar ist."*^^ Die Autoren belegen, dass die Risikoeinstellung Einfluss auf die Wahl der Governance Struktur besitzt. Relativ zu risikoneutralen Akteuren fuhrt die Annahme von Risikofreudigkeit zu Verschiebungen zugunsten des Marktes und bei risikoaversen Akteuren zugunsten der Hierarchic.'^^^ Diese ersten Ergebnisse weisen den Weg zu einer Integration von entscheidungstheoretischen und transaktionskostentheoretischen Uberlegungen, um die Transaktionskostentheorie zu einer leistungsfahigeren Theorie der untemehmerischen Entscheidungsfmdung zu machen. Einen solchen Beitrag kann und soil diese Arbeit im Rahmen ihrer Zielsetzung nicht leisten. Fiir die hier angestrebte Betrachtung beider Theorien „side-by-side" war die Widerspruchsfreiheit der Annahmen und daraus generierter Aussagen zu diskutieren. Die Transaktionskostentheorie ist in der Lage, Aussagen tiber die derivative Bindungswirkung spezifischer Investitionen zu generieren und schlieBt den Einfluss originarer Bindungswirkungen implizit aus. Daneben steht das Erklarungspotential der Prospect Theorie, das Aussagen iiber die originare Bindungswirkung spezifischer Investitionen ermoglicht. Vor dem Hintergrund beider Erklarungsansatze kann das behandelte Phanomen auf neuartige Weise beleuchtet werden. Aus der vorangegangenen Annahmenpnifung geht hervor, dass die Beriicksichtigung der Risikoeinstellung das wesentliche Differenzierungsmerkmal darstellt. Da die Transaktionskostentheorie explizit auf die Einbeziehung von Risikoeinfltissen verzichtet, miissten diese bei einer „end-to-end" Integration als moderierende GroBen der Beziehung zwischen Unsicher-
' Whyte (1994), S. 290. - Vgl. Chiles/McMackin (1996). Vgl. ebenda, S. 82. Eine Diskussion der Risikoneutraiitatsannahme in Bezug auf das Prognoseproblem zukunftig benotigter Kapazitaten bei Eigenerstellung findet sich bei Kehrer/Schade (1995), S. 475.
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Festlegung der theoretischen Basis
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heit und wahrgenommener Quasirente bzw. wahrgenommenen direkten Wechselkosten in das Partialmodell einbezogen werden. Zusatzlich waren Einfliisse kognitiver Entscheidungsstrukturen, insbesondere von Referenzpunkteffekten, auf die Folgen der Transaktionsprobleme fur die Transaktionsbeziehung zu priifen, um den Einfluss der Risikoeinstellung auf die derivative Bindung abzubilden.
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4 Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung In den vorangegangenen Kapiteln sind mit der Festlegung des Untersuchungsgegenstandes und der theoretischen Basis die Voraussetzungen fur ein problembezogenes Gesamtmodell derivativer und originarer Bindungswirkung spezifischer Investitionen geschaffen worden. Innerhalb des Modells lasst sich die empirische Forschungsfrage nach der Existenz und den Determinanten der originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen einordnen. Ziel dieses Kapitels ist die Generierung von Hypothesen uber die Wirkungszusammenhange zwischen der originaren Bindungswirkung und ihren Determinanten, die im theoretischen Bezugsrahmen der deskriptiven Entscheidungstheorie zu fundieren sind. Im Mittelpunkt steht das Konstrukt der CC mit seinen Einflussgrofien Spezifitat, Amortisation und den versunkenen Kosten. Dariiber hinaus sollen moderierende Einflusse beriicksichtigt werden, welche die Bindungswirkung der CC beeinflussen, Dazu zahlen das negative Feedback iiber das Verhalten des Anbieters und ein damit verbundener Vertrauensverlust sowie die Moglichkeit eines Break-Even der spezifischen Investition.
4.1 Einordnung der empirischen Fragestellung in das Gesamtmodell Das Phanomen der Kundenbindung durch spezifische Investitionen wurde im Verlauf der Arbeit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet, Eine klare Struktur der Bindungswirkung kann tiber ihren Zeitbezug hergestellt werden. Der Kern der vergangenheitsbezogen Bindung ist das Konstrukt der CC (vgl. Tabelle 5). Daneben stehen das Konstrukt der Quasirente (vgl. Abschnitt 2.1.2.2) sowie die direkten Wechselkosten unter besonderer Berticksichtigung von Transaktionskosten (vgl. Abbildung 12), die einen Zukunftsbezug aufweisen. Aus den jeweils identifizierten Determinanten lasst sich zusammenfassend ein problembezogenes Gesamtmodell der Bindungswirkung spezifischer Investitionen ableiten, das in Abbildung 17 schematisch dargestellt ist. Zur Abgrenzung der relevanten Merkmale einer spezifischen Investition und ihrer Wahmehmung durch den bzw. die Entscheider soil zwischen der objektiven Investitionsebene und der subjektiven Wahmehmungsebene unterschieden werden. Die EinflussgroBen auf der Investitionsebene konnen als Inputs fur die Informationsverarbeitungsprozesse des Entscheiders interpretiert werden. Eine Transformation dieser GroBen erfolgt auf der Wahmehmungsebene, wobei die originare sowie die derivative Bindungswirkung zusammen die wahrgenommene Bindungswirkung spezifischer Investitionen bestimmen. Ausgangspunkt des Modells sind die grundlegenden exogenen Variablen Unsicherheit und Spezifitat, die auf die Kosten- und ErlosgroBen wirken. Die entscheidungsorientierten prospektiven KostengroBen sind durch die direkten Wechselkosten und die Opportunitatskosten des Wechsels gegeben. Wahrend die Opportunitatskosten des Wechsels den Wert der Investi-
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Hypothesenbildung zur originaren Bindimgswirkung
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tion in den In-Supplier zum gegenwartigen Zeitpunkt wiedergeben, sind die durch den Wechsel bedingten zusatzlichen Transaktionskosten durch die direkten Wechselkosten benicksichtigt. Der durch die Spezifitat bestimmte Altemativerlos wirkt sowohl auf die Quasirente wie auch auf die CC bindungssenkend. Neben den prospektiven Kosten stehen die retrospektiven Komponenten versunkene Kosten und Amortisation, die auf objektiver Ebene keine Entscheidungsrelevanz besitzen. INVESTITIONSSEBENE (objektiv)
Unsicherheit
Direkte Wechselkosten
Spezifitat
Opportunitatskosten des Wechsels
Quasirente
Altemativerlos
Amortisation
Sunk Cost
Committed Cost
Abbildung 17: Problembezogenes Gesamtmodell der Bindungswirkung spezifischer Investitionen
Auf der Wahmehmungsebene sind durch die Annahme beschrankter Rationalitat die in den Abschnitten 3.3.2 und 3.3.3 diskutierten kognitiven Transformationen zu benicksichtigen. Die dort erlauterten Transformationen auf Basis der Wertfunktion und der WahrscheinUchkeitsgewichtungsfunktion sowie die Editierung der kognitiven Entscheidungsstruktur beziehen sich sowohl auf die prospektiven wie auch auf die retrospektiven Kosten- und Erloskomponenten. Durch den Framingprozess, insbesondere die Referenzpunktsetzung, werden pro- und
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
retrospektive Komponenten miteinander verkniipft. Im Ergebnis ergibt sich die wahrgenommene Bindungswirkung der spezifischen Investition, welche die Wertschatzung der Investitionsbeziehung mit dem In-Supplier aus Kundensicht wiedergibt. Ein Angebot eines OutSuppliers musste diesen Wert als Ertrag erwarten lassen, damit der Entscheider indifferent zwischen einem Verbleib beim In-Supplier und einem Anbieterwechsel ist. Die derivative Bindung auf Basis prospektiver GroBen hat in der Literatur unterschiedlicher betriebswirtschaftlicher Disziplinen bereits weitgehende Beachtung gefunden. Auf eine Vielzahl von Untersuchungen auf verhaltenswissenschaftlicher wie auch transaktionskostentheoretischer Basis wurde im Verlauf dieser Arbeit bereits hingewiesen (vgl. insbesondere die Abschnitte 2.2.1 und 3.2.3). Einige dieser Analysen beriicksichtigen explizit oder implizit den Einfluss retrospektiver GroBen, ohne jedoch einen Erklarungsbeitrag fur die gemessene Bedeutung normativ irrelevanter Kosten zu liefem."*^ Ein Grund fur die gemischte Betrachtung derivativer und originarer Wirkungen ist darin zu sehen, dass die meisten Untersuchungen in Form von Feldbefragungen durchgefuhrt wurden, die eine Isolation der originaren Bindung als Voraussetzung einer getrennten Betrachtung in hohem MaBe erschweren. Eine Moglichkeit, diese Problematik zu uberwinden, sind experimentelle Untersuchungen, die eine Kontrolle prospektiver GroBen erlauben. Neben den in Abschnitt 3.3.3 angesprochenen Untersuchungen sind seit Mitte der 80er Jahre eine Reihe experimenteller Studien auf Basis der deskriptiven Entscheidungstheorie entstanden, die den Einfluss vorangegangener Kosten und Erlose untersucht haben.'*^^ Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht die Frage, ob und wie retrospektive Kosten- und Erloskomponenten auf die Entscheidungsfmdung wirken und welche Einfliisse den Zusammenhang moderieren (hervorgehobene Pfeile in Abbildung 17). In den verschiedenen Untersuchungen konnte sich bisher kein einheitlicher Forschungsansatz durchsetzen. So wird in der Literatur regelmaBig auf den weiteren Forschungsbedarf hingewiesen. In der vorliegenden Arbeit werden die bisherigen Forschungsbemiihungen in zwei grundlegenden Punkten erganzt. Zum einen wurde die Zusammensetzung der Komponenten vorangegangener Gewinne bzw. Verluste bisher kaum beachtet.'*^^ Durch die Manipulation der
''^Vgl. u. a. Anderson (1985); Heide/John (1988); Klein (1989); Heide/John (1990); Ganesan (1994); Weiber/Beinlich (1994); Luthard (2003). Meist verschwimmen die Grenzen prospektiver und retrospektiver Grofien in der Operationalisierung spezifischer Investitionen. So werden die Probanden nach investierten Mitteln wie Geld, Zeit und Anstrengung, und nicht nach der Quasirente gefragt, die oft den Herleitungen der Hypothesen implizit zugrunde gelegt wird. Fiir Untersuchungen, in denen die Wirkung spezifischer Investitionen an sich ermittelt werden soil, ist anzumerken, dass es sich dort um die Investitionssumme zum Investitionszeitpunkt in der Vergangenheit handelt. Der Amortisationsgrad der Investitionen im Zeitablauf wird bei diesem Vorgehen vemachlassigt (vgl. Adler (2003), S. 110). ^^ Vgl. u. a. Laughhunn/Payne (1984); Thaler/Johnson (1990); HoUenbeck et al. (1994); SuUivan/Kida (1995); Weber/Zuchel (2001); Schade et al. (2002); Slattery/Ganser (2002). "^^ Ausnahmen bilden Untersuchungen, die das Verhaltnis vorangegangener Ausgaben relativ zum Projektvolumen betrachten (vgl. Garland (1990); Garland/Newport (1991)) oder die Opportunitatskosten der Entscheidung
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
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Determinanten des Konstruktes der CC soil hier ein Beitrag geleistet werden. Zum anderen wird die Bindungswirkung der CC in der vorliegenden Arbeit im Kontext einer spezifischen Kunden-Anbieter-Beziehung analysiert. Dies ist insbesondere fur mogliche Konsequenzen fur das Marketing von groBer Bedeutung,
4.2 Committed Cost als Einflussfaktor aus Sicht der Prospect Theorie Die Voraussetzung fiir eine weitergehende Analyse des Einflusses der CC auf die Bindungswirkung ist, dass eine solche existiert. Erst danach kann gepriift werden, ob die originare Bindungswirkung spezifischer Investitionen auf die drei Faktoren der CC zuruckgefuhrt werden kann (vgl. Abbildung 17). In einem dritten Schritt soil die Frage nach der hinter einer beobachteten Bindungswirkung stehenden kognitiven Entscheidungsstruktur und damit nach dem Erklarungsbeitrag kognitiver Prozesse auf Basis des Bezugsrahmens der Prospect Theorie gestellt werden. 4.2.1 Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten Die Hypothese der Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten hat in einer Vielzahl von Entscheidungskontexten und auf Basis zahlreicher Erklarungsgrundlagen eine Bestatigung erfahren (vgl. Abschnitte 2.2.3 und 3,1.2 sowie zusammenfassend Tabelle 10). Erklarungsgrundlage
Autoren
Unvollkommener Kapitalmarkt
Krahnen (1991), Schneider (1992), ShIeiferA/ishny (1992)
Asymmetrische Informationsverteilung
(1991), Harrison/Harrell (1993)
Rechtfertigungsmotive i. w. S.
Staw (1976), Fox/Staw (1979), Teger (1979), Davis/Bobko
Kanodia/Bushman/Dickhaut (1989), Berg/Dickhaut/Kanodia
(1986), Brockneretal. (1992) 1 nformationsverarbeitungsmangel (kognitive Entscheidungsstrukturen i. w. S.)
Thaler (1980), Laughhunn/Payne(1984), Arkes/Blumer (1985), Northcraft/Neale (1986), Whyte (1986), De Bondt/Makhija (1988), Wehrung (1989), Kogut (1990), Garland/Newport (1991), Hollenbecketal. (1994), Weber/Zuchel (2001), Schade et al. (2002), Slattery/Ganster (2002)
Tabelle 10: Gruppierung von Erklarungsansatzen und ausgewahlte Untersuchungen
Aufgrund der Analogic zwischen versunkenen Kosten und spezifischen Investitionen konnen die dort gefundenen Ergebnisse in vielen Fallen auf den Kontext spezifischer Investitionen tibertragen werden. Dies gilt insbesondere fiir Studien, deren Erklarungsgrundlage auf Informationsverarbeitungsmangeln aufbaut und damit in der beschrankten kognitiven Verarbeitung berucksichtigen (vgl. Becker et al. (1974); Hoskin (1983); Northcraft/Neale (1986); Phillips et al. (1991); Payne etal. (1996)).
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
versunkener Kosten bzw. spezifischer Investitionen an sich begnindet liegt: „[..,] the influence of sunk cost on the perceived utilities of persistence and withdrawal is to some extent a function of the way individuals organize and process information in their decision-making behavior"Z^'' Diese Sichtweise deckt sich mit der Annahme beschrankter Rationalitat i, S. Simons, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegt (vgl. Abschnitt 3,4.2). Die Entscheidungssituationen in den iiberwiegend experimentellen Studien zur Informationsverarbeitung stellen sich meist als kontextarme Lotterien dar. Vereinzeh fmden sich Entscheidungen iiber intraorganisationale Projekte sowie einige wenige Arbeiten, die Konsumentscheidungen in dynamischen Kontexten beinhalten. Da keine der ausgewahlten Studien explizit die Existenz einer Geschaftbeziehung beriicksichtigt, soil Hypothese 1 als Voraussetzung weiterer Uberlegungen die Existenz des Sunk Cost-Effektes im Kontext von KundenAnbieter-Beziehungen sicherstellen. Hypothese 1
Die prospektiven Kosten- und Nutzenelemente der Quasirente konnen die Bindungswirkung spezifischer Investitionen nicht vollstandig erklaren. Aufgrund der Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten existiert neben der derivativen Bindung durch die Quasirente eine originare Bindungswirkung durch die spezifische Investition an sich. Die Isolierung der originaren Bindung erfordert eine Reihe von Restriktionen bzgl. der prospektiven Komponenten, Diese miissen in ihrer Wirkung durch Konstanz oder Ausschluss neutralisiert werden. Damit verbunden ist die Restriktion des Einflusses der Spezifitat auf die Wirkung des Altemativerloses, d, h. ein Produktivitatsvorteil i. S. der Irreversibilitatspramie wird ebenso ausgeschlossen wie die Moglichkeit von Preisverhandlungen mit dem Anbieter. 4.2.2 Zur Bindungswirkung der Committed Cost In Abschnitt 2.2.3.2 wurde das Konstrukt der CC aus den Uberlegungen zur Entscheidungsrelevanz versunkener Kosten in Anlehnung an das Begriffsverstandnis von Plinke entwickelt. Ausgangspunkt sind die versunkenen Kosten i. S. des Rechnungswesens als Summe historischer Ausgaben zuztiglich der irreversibel vordisponierten kiinftigen Ausgaben. Dariiber hinaus wird einerseits die Spezifitat iiber den Wert in nachstbester altemativer Verwendungsmoglichkeit und andererseits die Amortisation iiber die Summe historischer Einnahmen beriicksichtigt. "^^^ Dabei sind die historischen Einnahmen Teil der ex ante Quasirente des Entscheiders."^^^
^ Garland/Newport (1991), S. 57. •^^^ Mit der Amortisationsdauer weist bereits Sollner auf die Bedeutung der Einnahmenseite fiir die Bindung in Geschaftsbeziehungen bin (vgl. Sollner (1993), S. 110). Der direkte Zusammenhang bleibt jedoch unklar, da dort nicht eindeutig zwischen der Bindung durch Investitionen als Input der Geschaftsbeziehung (versunkene Kosten)
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
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Die Voraussetzung fiir die bindende Wirkung der CC ist die Zuordnung der drei Komponenten zum selben mentalen Konto des Entscheiders. Die Investition wird dann auf der Ausgabenseite und die Amortisation auf der Einnahmenseite verbucht. Wenn ein Nachfrager den erwarteten Nutzen in einer Austauschbeziehung nicht erhalt oder die Beziehung vorzeitig endet, ist er gezwungen, das mentale Konto zu schliefien, ohne die versunkenen Investitionsausgaben durch entsprechende Einnahmen ausgleichen zu konnen."*^^ In diesem Fall werden die Kosten vom Nachfrager als sicherer Verlust empfunden."*^^ Insofem ist es plausibel, von einem Break-Even, d. h. einem Ausgleich des mentalen Kontos als subjektives Anspruchsniveau, auszugehen, Im Verlauf dieses Kapitels wird dieser Einfluss der Moglichkeit eines Break-Even auf die Hohe des Einflusses der CC vertieft. Dynamische Betrachtung
Versunkene Kosten
Altemativerlos
t.i
to
ti
tz
U
U
Zeit
Abbildung 18: Schematische Darstellung der Amortisation spezifischer Investitionen
Der Zusammenhang zwischen CC und der originaren Bindungswirkung kann als Prazisierung der in der Literatur dokumentierten Abhangigkeit der Bindung von der Hohe der versunkenen Kosten interpretiert werden."* ^^ Durch die Faktoren Amortisation und Spezifitat ergibt sich ein im Zeitablauf verandemdes Konstrukt, das die originare Bindungswirkung spezifischer Invesund der Bindung durch „Nutzenpotentiale", die aus dieser Investition erwachsen (Quasirente), unterschieden wird (vgl. Soliner (1993), S. 120). ""^ Vgl. Adler (2003), S. 1 lOf. "^^^ Von der Amortisation zu unterscheiden ist die Zeitabhangigkeit der Bindungswirkung versunkener Kosten. In realen dynamischen Kontexten lasst sich ein uber die Zeit abnehmender Bindungseffekt zeigen. Nachgewiesen wurde dieser jedoch bisher nur fur Konsumentscheidungen (Theaterabonnements und Ciubmitgliedschaften) bei geringer Hohe versunkener Kosten (vgl. Arkes/Blumer (1985); Gourville/Soman (1998)). ^" Vgl. Adler (2003), S. 109. "^'^ Vgl. u. a. Laughhunn/Payne (1984); Arkes/Blumer (1985); Weber/Zuchel (2001). Erganzend dazu zeigen Garland und Newport, dass versunkene Kosten relativ zu einem Gesamtbudget als zusatzlicher Referenzpunkt bspw. ein Projektbudget beurteilt werden (vgl. Garland/Newport (1991)).
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titionen zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmt. Fiir die Bindungswirkung kommt es demnach auf die wahrgenommene Deckungslticke an, d. h. auf die versunkenen Kosten, denen keine historischen oder gegenwartig altemativen Einnahmen gegenuberstehen. Abbildung 18 verdeutlicht die Zusammenhange."*^^ Auf der linken Seite sind die versunkenen Kosten abgetragen, denen mogliche Altemativerlose in nachstbester Verwendungsmoglichkeit gegenuberstehen. Zieht man diese Erlose von den versunkenen Kosten ab, so ergeben sich die spezifischen Kosten, die im Laufe der Investition zu amortisieren sind. Durch (hier lineare) Einnahmenzufliisse in den Folgeperioden amortisiert sich die betrachtete Investition (rechte Darstellung). Damit sinkt die wahrgenommene Deckungslticke tiber die Perioden, bis der BreakEven der Investition erreicht ist. Aus dieser Betrachtung heraus ergeben sich fur die Bindungswirkung der CC folgende Zusammenhange, die in Hypothese 2 zusammengefasst sind: Je hoher die Investitionsausgaben (versunkene Kosten i. S. d. Rechnungswesens) und je spezifischer die Investition, desto vorteilhafter wird die Fortsetzung der Austauschbeziehung mit dem In-Supplier. Bindungsreduzierend wirkt dagegen die Amortisation spezifischer Investitionen: Je hoher der Amortisationsgrad der spezifischen Investition, desto geringer die CC und damit die Bindungswirkung.^'^ Hypothese 2
Die originare Bindungswirkung retrospektiver Kosten- und Nutzenelemente spezifischer Investitionen basiert auf dem Konstrukt der Committed Cost. a: Mit zunehmendem Spezifitatsgrad steigen die Committed Cost und damit die originare Bindungswirkung. b: Mit zunehmendem Amortisationsgrad sinken die Committed Cost und damit die originare Bindungswirkung. c: Das durch den Amortisationsgrad und den Spezifitatsgrad bestimmte Konstrukt der Committed Cost zeigt einen positiven Zusammenhang mit der originaren Bindungswirkung. 4.2.3 Kognitive Entscheidungsstrukturen Nach der Diskussion der Bindungswirkung der CC in einer Entscheidungssituation soil im Folgenden die kognitive Struktur einer Entscheidungssituation betrachtet werden. Uber die in
•* In Anlehnung an Adler, der an dieser Stelle die Quasirente in die IJberlegiingen einbezieht. Adler weist darauf hin, dass weitere Funlctionsverlaufe denkbar sind. Er unterscheidet dabei zwei grundsatzliche Falle: die Akkumulation spezifischer Investitionen im Verlauf der Beziehung, wobei die Committed Cost uber die Zeit zunehmen, und den Fail der Degeneration, bei dem der Kosten erhohende Effekt der zusatziichen spezifischen Investitionen durch denNutzenzuwachs iiberkompensiert wird (vgi. Adler (2003), S. 111). "^^^ Vgl. Garland/Newport (1991), S. 57.
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Abschnitt 3.3.3 vorgestellten kognitiven Entscheidungsstrukturen in Kombination mit den Eigenschaften der Wert- und Wahrscheinlichkeitstransformation innerhalb des Bezugsrahmens der Prospect Theorie kann ein Erklarungsbeitrag fur die „irrationale" originare Bindung erbracht werden. Ziele der Ermittlung kognitiver Entscheidungsstrukturen sind die Prognose von Entscheidungsverhalten sowie die Gewinnung von Anhaltspunkten ftir das aktive Framing der Entscheidungssituation des Kunden durch den Anbieter. In Abschnitt 3.3,3 wurden zwei konkurrierende kognitive Entscheidungsstrukturen zur Erklarung der originaren Bindungswirkung identifiziert: die explizite sowie die implizite Integration. Die explizite Integration vorangegangener Verluste und moglicher Ergebnisse der Folgeentscheidung wurde aus den Arbeiten Thalers abgeleitet, der von Integration ausgeht, wenn die gemeinsame Wahmehmung geringeres Leid hervorruft als eine getrennte Wahmehmung der Auszahlungen."*^^ Basis der Uberlegungen ist das Schmerzreduktionsprinzip (vgl, Abschnitt 3.3.3.1). Da alle Zahlungen additiv verkniipft werden, handeh es sich um eine Vollrechnung. Die implizite Integration vorangegangener Verluste wird iiber einen zusatzlichen Referenzpunkt im Verlustbereich abgebildet, ohne dass die vorangegangenen Verluste eine explizite Kostenkomponente im Kalkiil des Entscheiders begrtinden. Ausgangspunkt sind die Uberlegungen Schades, dass das Vermogensniveau (und damit der Status Quo) mit der Tatigung der Investition vorriibergehend nicht angepasst wird."^^^ Dadurch nimmt der Entscheider ex post eine Verlustsituation wahr, von welcher aus die Folgezahlungen beurteilt werden (vgl. Abschnitt 3.3.3.2). Dariiber hinaus kann die Segregation als Vergleichsmafistab i. S, einer normativ korrekt konfigurierten Teilrechnung dienen. Retrospektive und prospektive Zahlungen werden getrennt wahrgenommen. Tabelle 11 fasst die Entscheidungsstrukturen zusammen, die im Folgenden im Hinblick auf die Hypothesenbildung vertieft werden. Entscheidungsstruktur
Konfiguration
Bindungswirkung
Formate Darstellung
Segregation
Korrekte Teilrechnung
Keine (Elimination)
v(x)
Explizite Integration
Vollrechnung
Hohe Unterbewertung
v(Lo + X)
Implizite Integration
Verzerrte Teilrechnung
Uberbewertung
v(Lo+x)-v(Lo)
Tabelle 11: Ubersicht ausgewahlter kognitiver Entscheidungsstrukturen
Die urspriinglich von Kahneman und Tversky diskutierte „incomplete adaption to recent losses" entspricht einer expliziten Integration und sagt risikofreudiges Entscheidungsverhalten
' Vgl. Thaler (1980); Thaler (1985). ^Vgl. Schadeetal. (2002).
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nach Verlusten voraus.'*^^'*^^ Dies konnte in dynamischen Kontexten bisher in der entscheidungstheoretischen Literatur nicht empirisch bestatigt werden."*^^ Die uberschaubare Anzahl dynamischer entscheidungstheoretischer Studien zeigt eine Tendenz ftir risikoaverses Entscheidungsverhalten nach vorausgegangenen Verlusten und bestatigt damit das Prinzip des Quasi Hedonic Editing (vgl. Abschnitt 3.3.3)."*^^ Demnach zeigen Entscheider nur risikofreudiges Verhalten, wenn die Moglichkeit eines Break-Even besteht."*^^ In keiner der dynamischen Studien, die Risikoaversion nach Verlusten nachweisen, findet sich eine formalisierte Darstellung einer entsprechenden Entscheidungsstruktur auf Basis der Prospect Theorie. Dies erschwert eine entsprechende Beriicksichtigung in der vorliegenden Arbeit, Dariiber hinaus sind die Kontexte der entsprechenden Studien nur bedingt auf spezifische Investitionen iibertragbar. Bspw. verwenden Thaler und Johnson kontextarme Lotterien, zwischen denen die VPN auswahlen. Slattery et al. messen die selbstgewahlten ZielgroBen von VPN nach einer Verlusterfahrung (die Herabsetzung der Zielvorgaben fiir die Genauigkeit einer Price/Earnings Ratio Schatzung wird dabei als Risikoaversion interpretiert). Sollten diese Ergebnisse auf den vorliegenden Kontext iibertragbar sein, so wtirden sie Hypothese 2 widersprechen. Unterstiitzung hat die These risikofreudigen Entscheidungsverhaltens nach Integration durch empirische Studien im Forschungsfeld des Behavioral Finance erfahren.'*^^ Eine bedeutende Anomalie, welche die Preisbildung auf Kapitalmarkten systematisch beeinflusst, ist der Dispositionseffekt, der starke Parallelen zum Sunk Cost-Effekt aufweist, Der Begriff geht zuriick auf Shefrin und Statman, die zeigen, dass „[..] investors tend to sell winners too early and ride losers too long"."*^^ Demnach befmden sich Investoren, die Geld mit Wertpapieren verloren haben (diese jedoch noch besitzen), in einer Situation, in der die Gefahr einer Eskalation von Commitment besteht."^^"* Diese Gefahr begriindet sich auf zwei unterschiedliche Phanome' Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 286f. •**' * Risikofreudiges Entscheidimgsverhalten ist nicht gieichzusetzen mit einer positiven Bindungswirkung bzw. einer Uberbewertung der spezifischen Investition in den In-Suppiier. Die Bindungswirkung ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Wert- und Gewichtungstransformation sowie den Referenzpunkten, die den Aiternativen zugrunde liegen. ^^^ Eine Ausnahme biiden Schade et al., wo zumindest eine Tendenz risikofreudigen Verhaltens nach Verlusten festgestellt wurde (vgl. Schade et al. (2002), S. 27). ^^^Vgl. Laughhunn/Payne (1984), S. 177; Thaler/Johnson (1990), S. 656f; HoUenbeck et al. (1994), S. 597; Slattery/Ganser (2002), S. 103. ^^' Vgl. Thaler/Johnson (1990), S. 657. Spatestens seit Mitte der 80er Jahre wird der systematische Einfluss kognitiver Verzerrungen auf Kapitalmarkte kontrovers diskutiert. Die daraus entstandene Forschungsrichtung, Behavioral Finance, stellt das Modell rationaler effizienter Kapitalmarkte als Grundlage wissenschaftlicher Forschung und damit grofie Telle der klassischen Kapitalmarkttheorie infrage. Heute kann die Diskussion nicht mehr als kontrovers bezeichnet werden. In der Tat kann Behavioral Finance als „[...] simply a moderate, agnostic approach to studying financial markets" gesehen werden (Thaler (1999), S. 12). ^^^ Shefrin/Statman (1985), S. 778. ^^^ Vgl. Weber/Zuchel (2001), S. 13.
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ne:"*^^ Zum einen verkaufen Anleger weniger Anteile bei fallenden als bei steigenden Preisen. Dies zeigt erhohte Risikofreude bei sinkenden sowie erhohte Risikoaversion bei steigenden Kursen. Zweitens verkaufen Investoren auch weniger Anteile bei Kursen im Verlustbereich als bei Preisen uber dem Kau^reis. Hier zeigt sich risikofreudiges Verhalten nach Verlusten. Weber und Zuchel bestatigen diese Effekte in einer Untersuchung, die gleichzeitig die scheinbar widerspnichlichen Ergebnisse von Thaler und Johnson repliziert,''^^ Das unterschiedliche Verhalten der VPN nach Verlusten fuhren die Autoren auf abweichende Prasentationsformate zuriick. Unterschiedliche Prasentationsformate ahnlicher Entscheidungssituation konnen zur Bildung unterschiedlicher Referenzpunkte fuhren und damit zu unterschiedlichem Risikoverhalten. Weber und Zuchel differenzieren Portfolio- und Lotterieformate:'*^^ Durch die Initialentscheidung im Rahmen von Portfolioentscheidungen wird eine Handlungsweise in Gang gesetzt. Die Folgeentscheidungen sind voneinander abhangige Entscheidungen einer Entscheidungskette in einem dynamischen Kontext, d. h., das Ergebnis der Entscheidung in / ist die Ausstattung fiir die Folgeentscheidung in / + 7 (Carry-Over-Effekt). Femer besteht ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Einzelentscheidungen, Im Gegensatz dazu sind Lotterieentscheidungen durch voneinander (ergebnis-)unabhangige Einzelentscheidungen gekennzeichnet (Betting Game). Eine Auszahlung der Ergebnisse fmdet nach jeder Lotterie statt, so dass kein Portfolio von einer Periode zur nachsten iibertragen wird. Die Investitionsentscheidungen innerhalb einer Geschaftsbeziehung, zwischen denen eine innere Verbindung besteht, weisen den Charakter von Portfolioentscheidungen auf. Im Unterschied zu realen spezifischen Investitionen ist der Wertverlust bei Investitionen in Wertpapiere jedoch nicht auf die Ressourcenspezifitat zuruckzufuhren. Damit ist der Wert der Investition nicht vom (opportunistischen) Verhalten eines Transaktionspartners abhangig, sondern ist exogen durch die Bewertung des Bezugsobjektes des Anteilsscheines gegeben. Da dieser Unterschied nicht Teil der Merkmale eines Portfolioformates ist, soil davon ausgegangen werden, dass der Dispositionseffekt einer Portfolioentscheidung und damit risikofreudiges Verhalten nach vorangegangenen Verlusten auf den Kontext spezifischer Investitionen iibertragbar ist. Weber und Camerer gehen von expliziter Integration von Verlusten und Folgeergebnissen aus.'*^^ Dies impliziert risikofreudiges Verhalten, da ein zusatzlicher Verlust geringer und ein moglicher Gewinn nach Verlusten hoher bewertet wird als ohne vorangegangene Verluste. Alle Altemativen, d. h. Haken, Verkaufen und Zukaufen des Wertpapiers, sind in diesem Fall ' Vgl. O'Dean (1998); Weber/Camerer (1998). ^ Vgl. Weber/Zuchel (2001). ^ Vgl. ebenda, S. 26f. ^ Vgl. Weber/Camerer (1998), S. 170f.
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
mit Verlusten Lo „belastet". Wtirde man jedoch eine Alternative zur Wahl stellen, welche nicht mit Verlusten vorbelastet ist, bspw. den Kauf einer Immobilie (mit dem Ergebnis y), wiirde die explizite Integration zu einer starken Unterbewertung der Alternative „Wertpapier" fuhren. Vereinfacht dargestellt ftihrt die explizite Integration fur die Entscheidung Halten <-* Verkaufen des Wertpapiers (mit dem Ergebnis x) im ersten Falle zu: v(Lo + xj <-^ v(Lo) und im zweiten Fall zu v(Ln + xj -^ v(y). Eine realistischere Betrachtung einer solchen Entscheidungssituation bietet die Isolation des inkrementalen Ergebnisses bei impliziter Integration (Startwertverschiebung)."*^^ Bei Beurteilung des Wertpapiers relativ zum Startwert Lo ergibt sich fur die Entscheidung Halten des Wertpapiers oder Investition in eine Immobilie: v(Lo +x)- v(Lo) = vin(x) ^ v(y). Bemerkenswert ist, dass eine solche Teilrechnung eine okonomisch korrekte Konfiguration beriicksichtigt und damit bei einseitiger Verlustbelastung realistischere Annahmen trifft. Darum soil diese kognitive Entscheidungsstruktur der dritten Hypothese zugrunde gelegt werden. Hypothese 3
Die kognitive Entscheidungsstruktur kann durch die Verschiebung des Startwertes im Kalkiil des Entscheiders abgebildet werden. Die Startwertverschiebung in Hohe der Committed Cost erklart die originare Bindungswirkung der spezifischen Investition.
4.3 Moderierende Einflusse Die vorangegangenen Uberlegungen beziehen sich auf den Zusammenhang zwischen CC und der Bindungswirkung. In der Literatur fmden sich dariiber hinaus Hinweise auf Faktoren, die diesen Zusammenhang moderieren, d. h., die Starke und Richtung des Zusammenhanges beeinflussen. Ein moderierender Faktor mit starkem Bezug zum Konstrukt der CC wurde mit der Chance auf einen Break-Even bereits angesprochen. Dariiber hinaus soil mit dem Einfluss negativen Feedbacks uber die Investition mit dem In-Supplier eine Moglichkeit geschaffen werden, i. S. einer erweiterten Komplementaritat der Bezugsrahmen derivativer und originarer Bindung spezifischer Investitionen das Vertrauen auch als moderierende EinflussgroBe originarer Bindung zu integrieren (vgl. Abschnitt 3.4.1).
' Vgl. Schade et al. (2002).
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4.3.1 Einfluss negativen Feedbacks In Abschnitt 3.2.2 wurde das Vertrauen in das Verhalten des Anbieters als Determinante der derivativen Bindung an den In-Supplier identifiziert. Operationalisiert wurde Vertrauen i. S. Colemans als „Gambling Choice" und damit als Indikator der wahrgenommenen Opportunismusgefahr bzw. der verbleibenden Verhaltensunsicherheit. Streng genommen wtirde das Vertrauen in dieser Definition der Wahrscheinlichkeitsgewichtung unterliegen/^^ Wahrend das Vertrauen als direkter Einflussfaktor auf die derivative Bindung wirkt, ist in den bisherigen Uberlegungen ein Einfluss auf die originare Bindungswirkung nicht betrachtet worden. Bin Einfluss des Vertrauens auf die CC ist auszuschliefien, da es sich um vergangene und damit sichere Kosten- und Erlose handelt. Die Berucksichtigung negativen Feedbacks iiber das Anbieterverhalten ermoglicht es jedoch, das Vertrauen als moderierende GroBe originarer Bindung einzubeziehen. In diesem Fall wird eine Vertrauensreduktion als negatives Feedback modelliert, das die Bindungswirkung der CC negativ beeinflusst. Erhalt der Kunde ex post Informationen iiber opportunistisches Anbieterverhalten, so wird er seine „enttauschten" Erwartungen anpassen, da eine Zielerreichung, d. h. die Realisierung der Quasirente und damit auch ein Ausgleich des mentalen Kontos, weniger wahrscheinlich wird. Das Anspruchsniveau passt sich den Erfahrungen an."*^^ Die Folge einer solchen Anpassung der Ansprtiche des Kunden ist die Neubewertung der retrospektiven Kosten: Kommt es zu einer Herabsetzung des Anspruchsniveaus, so sinkt die Bindungswirkung, da der Abstand zwischen gegenwartiger Position im Verlustbereich und dem Anspruchsniveau geringer wird. Hypothese 4
Das Vertrauen in den In-Supplier beeinflusst die derivative sowie die originare Bindungswirkung spezifischer Investitionen. a:
Bei Vertrauensreduktion durch negatives Feedback sinkt die originare Bindungswirkung der spezifischen Investition.
b: Mit zunehmenden Committed Cost erhoht sich der bindungssenkende Einfluss der Vertrauensreduktion durch negatives Feedback. Einen solchen Zusammenhang weisen Slattery et al. in einem dynamischen Kontext nach.'*^^ VPN, die negatives Feedback erhalten hatten, zeigten starker risikoaverses Verhalten, ausgedriickt durch die Herabsetzung ihrer Leistungsanspruche, Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den Erkenntnissen der Theorie organisationalen Lemens durch inkrementale Adaption Eine solche Betrachtung setzt voraus, dass die Vertrauensbereitschaft des Kunden als besondere Ausformung der Risikoeinstellimg gesehen werden kann (vgl. Schade/Schott (1993a), S. 496f.). '*^' Zu einem solchen Verstandnis des Anspruchsniveaus vgl, u. a. Lewin et al. (1944); Kuhl (1978); March/Shapira (1992). ^^^ Vgl. Slattery/Ganser (2002), S. 99, 102.
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
(Trail and Error-Leaming).'^^^ In diesem Forschungsfeld konnte bewiesen werden, dass Entscheider aus negativen Erfahrungen lemen und in Konsequenz Anpassungen an ihren Anspriichen und in ihren Aktivitaten vomehmen. „In response to negative feedback, decision makers lower their aspirations, and reduce, discontinue, or change current activities".'*^'* Ubertragen auf den vorliegenden Kontext fiihrt das Feedback iiber das opportunistische Gefahrenpotential durch einen Lemprozess zu einer Anpassung des Anspruchsniveaus (vgl. Hypothese 4a). Dieses bildet den neuen Status quo im Ursprung der Wertfiinktion bei verringertem Gesamtvermogen. Die fehlende Anpassung des ex ante Status Quo an das aktuelle (ex post) Vermogen, das zum Sunk Cost-Effekt ftihrt, wird damit teilweise korrigiert. Lant und Hurley bestatigen in einer dynamischen Untersuchung den in Hypothese 4a postulierten Zusammenhang als Haupteffekt,''^^ Daneben weisen die Autoren nach, dass bei hohen Anspruchsniveaus, deren ErfuUung nahe scheint, ein risikofreudigeres Verhalten nach negativem Feedback zu beobachten ist. Dies weist Parallelen zum Break-Even-Effekt auf, der im folgenden Abschnitt zu diskutieren ist, Zu einem ahnlichen Ergebnis kommen Studien der Eskalationsforschung. Dort ist negatives Feedback eine Voraussetzung fur die Eskalation von Commitment (vgl. Abschnitt 2.2.2).^*^^ Dabei ist das Commitment nach negativem Feedback umso hoher, je naher die Fertigstellung eines Projektes bevorsteht."*^^ Die angefuhrten Forschungsergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Wirkung eines negativen Feedbacks von der Hohe der CC abhangt, bzw. dass ein Interaktionseffekt zwischen CC und Vertrauensreduktion existiert. Voraussetzung dafur ist, dass die Hohe der CC als Indikator der Nahe der Erreichung des Anspruchsniveaus, d. h. der Distanz zwischen Anspruchsniveau und gegenwartiger Verlustposition, interpretiert wird."*^^' "^^^ Unter dieser Annahme fuhrt die gleiche Anpassung des Anspruchsniveaus (i. S. einer „mentalen Abschreibung" durch negatives Feedback) bei abnehmender Sensitivitat im Verlustbereich bei hohen CC zu einem relativ groBeren „Wertverlust" als bei geringen CC. Gilt dieser Zusammenhang zwischen der Entfemung vom Anspruchsniveau und der Wirkung von negativem Feedback, so ergibt sich aus deduktiver Sicht ein Interaktionseffekt (Hypothese 4b). Nach negativem Feedback sinkt die Bindungswirkung in Situationen mit hohen CC Zur inkrementalen Anpassung des Anspruchsniveaus durch negatives Feedback siehe Lant (1992), S. 625ff. und dort angegebene Quellen. "^^^ Lant/Hurley (1999), S. 423. ^^^ Vgl. ebenda, S. 432. ^^^ Vgl. u. a. Brockner et al. (1986), S. 122; Brockner (1992), S. 40. ^^Wgl. Staw (1997), S. 197. ^^^ Vgl. Lant/Hurley (1999), S. 425. "^^^ Eine weitere Voraussetzung ist die Konstanz des Anspruchsniveaus bei Veranderungen der Committed Cost (bspw. durch Amortisation).
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
113
(hohe Entfemung vom Anspruchsniveau) starker als in Situationen mit niedrigen CC (geringe Entfemung vom Anspruchsniveau), da sich die Distanz zum Anspruchsniveau verringert. Analog gilt: Je naher die Zielerreichung, desto hoher die Bindung nach negativem Feedback, da eine geringere Anpassung des Anspruchsniveaus erfolgt. 4.3.2 Einfluss des Break-Even-Effektes Im Verlauf der Arbeit wurde mit der Chance auf einen Break-Even der spezifischen Investition ein weiterer moderierender Einfluss auf die Bindungswirkung der CC bereits angesprochen. GemaB Hypothese 3 bestimmen die CC den Startwert der Bewertung der prospektiven Kosten und Erlose. Die derivative Bindung ist somit abhdngig von retrospektiven Grofien, Eine besondere Bedeutung erhalt der Break-Even-Effekt dadurch, dass er die Konsequenzen dieser Verbindung zwischen originarer und derivativer Bindung beeinflusst. Die Chance auf einen Break-Even ist gleichzusetzen mit der Chance auf eine vollstandige Amortisation. Im Break-Even-Punkt ist das Anspruchsniveau bei CC von Null erreicht. Damit unterliegt die Bewertung prospektiver GroBen nicht mehr dem Einfluss der CC, Fraglich ist jedoch, ob nicht schon die Chance, das Anspruchsniveau im Break-Even zu erreichen, einen Einfluss auf das Entscheidungsverhalten besitzt. Einen solchen Zusammenhang weisen Thaler und Johnson nach: „[...] when prior losses are present, gambles which offer the prospect of changing the sign of the status of the current account [solche, die einen Break-Even ermoglichen] will be treated differently from those which do not".'*'*^ Die Autoren messen einen deutlichen Anstieg risikofreudigen Verhaltens bei Lotterien, die einen Break-Even ermoglichen, im Vergleich zu Lotterien ohne Chance auf einen Break-Even. Dieses Ergebnis wird darauf zuruckgefuhrt, dass solche Entscheidungen dem Entscheider ermoglichen, Teile der Ergebnisse zu eliminieren oder zu ignorieren.'*'*^ Voraussetzung dafur ist die explizite Integration der CC, da diese bei impliziter Integration nicht als eigenstandige Kostenkomponente der Entscheidungsstruktur benicksichtigt werden und somit auch nicht eliminiert werden konnen. Im Gegensatz zu den Ergebnissen von Thaler und Johnson konnte der Break-Even-Effekt von Sullivan und Kida nicht bestatigt werden."*"*^ In ihrer Untersuchung zeigten Manager unabhangig von einer Chance auf Break-Even nach Verlusten durchgehend eine erhohte Risikoaversion. Die Autoren verwendeten, wie auch Thaler und Johnson, ein Lotterieformat, das jedoch deutlicher zwischen vorangegangener Handlungsweise und gegenwartiger Entscheidung dif-
^ Thaler/Johnson (1990), S. 658. Die Elimination von Teilergebnissen fiihrt zur Reduktion der Entscheidungskomplexitat und damit zu einer vereinfachten Informationsverarbeitung (vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 274f.). ^2 Vgl. Sullivan/Kida (1995).
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Hypothesenbildimg zur originaren Bindungswirkung
ferenziert (hier unterschiedliche Investitionsprojekte). Damit erscheint es wenig wahrscheinlich, dass die Manager einem Carry-Over-Effekt unterlagen. Die Ausftihrungen zeigen eine gemischte empirische Evidenz fur den Break-Even-Effekt, die insbesondere aufgrund der eingeschrankten Vergleichbarkeit der Studien nicht eindeutig interpretierbar ist. Daher sollen auf deduktivem Wege weitere Anhaltspunkte fur den Einfluss einer Break-Even-Chance identifiziert werden, Grundlage dafiir ist die implizite Integration gemaB Hypothese 3. In Abbildung 19 sind zwei Entscheidungen dargestellt: auf der linken Seite ohne Chance auf Break-Even und auf der rechten Seite mit Break-Even-Chance. Jeweils wird ein Gewinn abgebildet, einerseits aus einer Verlustposition nach Startwertverschiebung vsw(x) und andererseits aus dem Status Quo ohne vorangegangene Verluste v(x). Wahrend der Gewinn xi in Abbildung 19a nicht fur eine vollstandige Amortisation ausreicht (x] < cc), liegt Abbildung 19b ein Gewinn X2 zugrunde, der zu einem Break-Even (x2 = cc) ftihrt. Fur beide Situationen zeigt sich der Sunk Cost-Effekt: ysw(xi) > v(xi) ohne Break-Even Chance sowie ysw(x2) > v(x2) mit Break-Even Chance.
Abbildung 19a und b: Bewertung bei impliziter Integration ohne und mit Chance auf einen Break-Even
Aufgrund von Verlustaversion zeigt sich, dass die Uberbewertung von xi (ohne Break-EvenChance) deutlich geringer ausfallt, als bei der Wahmehmung des Gewinnes X2, der zur vollstandigen Amortisation der CC fiihrt. Durch den Break-Even-Effekt ergibt sich: V s w ( X l ) - v ( X i ) < Vsw(X2) - V(X2).
Damit gih fur Hypothese 5a: Durch die Chance auf einen Break-Even erhoht sich die Bindungswirkung der CC.
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
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Hypothese 5
Die Bindungswirkung der Committed Cost wird durch die Chance zum Break-Even der spezifischen Investition beeinflusst. a:
Die Existenz einer Chance zum Break-Even sowie ein sicherer Break-Even der spezifischen Investition in den In-Supplier erhoht die originare Bindungswirkung spezifischer Investitionen.
b:
Existiert keine Chance fur das Erreichen des Break-Even, so besteht ein Zusammenhang in entgegengesetzter Richtung zwischen den Committed Cost und der originaren Bindungswirkung.
Dariiber hinaus kann die Chance auf einen Break-Even und die Erwartung eines sicheren Break-Even unterschieden werden. Grundsatzlich ist immer dann die Bedingung einer BreakEven-Chance gegeben, wenn ein Break-Even mit Sicherheit erwartet werden kann. Abweichungen zwischen beiden Bedingungen konnen sich demnach nur fiir den Fall ergeben, dass in zwei Entscheidungen einmal ein Break-Even unsicher und einmal ein Break-Even sicher ist. Diese Differenzierung vmrde in der Literatur bisher nicht aufgegriffen und besitzt daher in der vorliegenden Untersuchung einen explorativen Charakter. In Abbildung 20 sind zwei Entscheidungssituationen dargestellt: Auf der linken Seite besteht keine Chance auf einen Break-Even (xj < cc), wahrend auf der rechten Seite eine Chance auf einen Break-Even besteht fo > cc)!^^^ Fiir beide Falle sind je zwei unterschiedliche Startwerte abgebildet: SWi fur geringe CC und SW2 fur hohe CC.
y Vsw2(Xl)
Abbildung 20a und b: Break-Even-Chance bei Veranderung der Committed Cost
^^ Fiir eine vereinfachte Darsteliung wurde auf die Abbildung der Gewinnwahrnehmung relativ zum Status Quo verzichtet. Da sie innerhalb der Falle konstant bleibt, kann sie vemachlassigt werden.
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Fur den in Abbildung 20a dargestellten Fall, ohne die Chance auf einen Break-Even, nimmt die Bindungswirkung vsw(xi) von X] von SWi zu SW2 ab: vswiixi) > vsv^iixi). D. h., mit steigenden CC sinkt die Bindungswirkung. In Abbildung 20b, mit der Chance auf einen Break-Even, nimmt die Bindungswirkung vswfej von X2 von SWi zu SW2 zu: vswifej < Vsw2fej. D. h., mit steigenden CC steigt die Bindungswirkung. Tabelle 12 fasst die Ergebnisse zusammen. Committed Cost
Ohne Break-Even-Chance (x<|cc|)
Mit Break-Even-Chance
Zunehmend
Abnehmende Bindungswirkung
Zunehmende Bindungswirkung
Abnehmend
Zunehmende Bindungswirkung
Abnehmende Bindungswirkung
(X > |CC|)
Tabelle 12: Bindungsveranderung in Abhangigkeit einer Break-Even-Chance
Einschrankend zu Hypothese 2c soil Hypothese 5b die Beeinflussung des Zusammenhangs zwischen den CC und der Bindungswirkung durch die Break-Even-Chance beriicksichtigen: Ohne die Chance auf einen Break-Even bei erwarteten Gewinnen sinkt die Bindungswirkung mit steigenden CC. D. h., es besteht ein Zusammenhang in entgegengesetzter Richtung zwischen den Committed Cost und der originaren Bindungswirkung, wenn das Anspruchsniveau nicht erfiillt werden kann.
4.4 Hypothesensystem der Determinanten originarer Bindungswirkung Auf Basis der Prospect Theorie und komplementarer Uberlegungen wie der mentalen Kontenfuhrung sowie unter Einbeziehung der Ergebnisse empirischer Entscheidungsforschung wurde das in Abbildung 21 dargestellte Hypothesensystem entwickeh.
Spezifitat
H2b Committed Cost
Amortisation
Originare Bindungswirkung
H2a
Abbildung 21: Determinanten originarer Bindung und moderierende Einfliisse auf kognitiver Ebene
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Hypothesenbildung zur originaren Bindungswirkung
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Das Hypothesensystem stellt ein Teilmodell der Bindungswirkung spezifischer Investitionen dar, dessen EinflussgroBen durch die Verkniipfung tiber Referenzpunkte die Wahmehmung prospektiver, normativ entscheidungsrelevanter GroBen beeinflussen. Im Mittelpunkt steht der Zusammenhang zwischen CC und der originaren Bindungswirkung. Beeinflusst wird dieser Zusammenhang durch zwei moderierende Faktoren: die Reduktion des Vertrauens in den In-Supplier (negatives Feedback) sowie die Chance auf einen BreakEven. MaBgeblich bestimmt wird der Zusammenhang durch die kognitive Entscheidungsstruktur der Folge- bzw. Wechselentscheidung, die durch eine Startwertverschiebung abgebildet werden kann. Die aufgezeigten Zusammenhange sollen im folgenden Kapitel anhand experimenteller Ergebnisse uberpriift werden.
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5 Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen Die experimentelle Untersuchung widmet sich der Analyse des Einflusses der CC auf die Kundenbindung. Das Explanandum (originare) Bindungswirkung soil durch das Explanans CC unter der Nebenbedingung konstanter Quasirenten und der Beriicksichtigung moderierender Einfliisse erklart werden."*"^
5.1 Aufbau der Analyse Die Erlauterung und Auswertung des Experimentes ist in funf Bereiche gegliedert, Nach einer Einftihrung des Experimentaldesigns und der Konstrukte werden die gemessenen Daten, die der Priifung der Hypothesen zugrunde liegen, transformiert. Anschliefiend werden die Grenzen der Untersuchung beleuchtet. Abschnitt 5.2 gibt einen Uberblick iiber das Untersuchungsdesign. Zunachst werden die zu untersuchenden Konstrukte operationalisiert und die Methodik zu deren Messung eingefiihrt. AnschlieBend wird die Fallstudie als Untersuchungsgrundlage und die darin formulierten Entscheidungssituationen vorgestellt. Gegenstand des letzten Abschnitts 5.2 sind die Struktur und die Bereinigung der Stichprobe. Die Bestimmung der Wert- und Gewichtungsfunktion erfolgt in Abschnitt 0. Schwerpunkte sind die Formalisierungen der Wert- und Gewichtungsfunktion sowie die Diskussion der Parameter und Eigenschaften der ermittelten Funktionen. Damit sind die Voraussetzungen zur Priifung der Hypothesen in Abschnitt 5.4 geschaffen. Der Abschnitt 5.4.1 dient einer ersten Prtifiing der Manipulation durch die Fallstudie. Anhand der untransformierten Daten wird gepriift, ob grundsatzlich ein Treatmenteffekt vorliegt. AnschlieBend wird in Abschnitt 5.4.2 der Einfluss der CC auf die Bindungswirkung der spezifischen Investition anhand der transformierten Daten in Abhangigkeit des Amortisationsgrades sowie des Spezifitatsgrades untersucht. Erganzt wird die Auswertung in Abschnitt 5.4.3 um die Analyse der Wirkung einer Reduktion des Vertrauens auf die Bindung der VPN sowie die Diskussion von Interaktionseffekten zwischen den Einfliissen von Vertrauen und CC. Die Analyse kognitiver Entscheidungsstrukturen ist Inhalt der beiden folgenden Abschnitte 5.4.4 und 5.4.5. Im ersten Abschnitt ist zu prufen, ob die referenzpunktabhangige Modellierung der Investitionswahmehmung zur Erklarung der Abweichung von okonomisch relevanten und wahrgenommenen Kosten beitragen kann. Ein weiterer Aspekt des Framing wird anschlie-
Die Nebenbedingung konstanter Quasirenten bezieht sich auf die gesamte Geschaftsbeziehung. Wahrend die Quasirente auf Kundenseite durch die Entscheidungssituation gegeben ist (diese wird im Treatment nicht manipuhert) wird eine mogliche Anbieterrente in die Fallstudie bei gegebenen Preisen nicht diskutiert. Damit soil den VPN die Fokussierung auf die Preisobergrenze ermoglicht werden, ohne dass strategisches Verhandlungsverhalten erforderlich wird.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
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Bend anhand der Frage untersucht, ob die Chance auf einen Break-Even der Investition in den In-Supplier das Entscheidungsverhalten beeinflussen kann. Im Anschluss an die Hypothesenprufung sind in Abschnitt 5.5 notwendige Restriktionen der Analyse zu diskutieren. Gegliedert ist die Diskussion in Fragen der intemen sowie in Fragen der extemen Validitat. 5.2
Erhebungsdesign
5.2.1 Aufbau des Experimentes Grundlage des experimentellen Designs ist eine Fallstudie, die auf einem realen Fall in der Farben- und Lackebranche basiert. Die Fallstudie stellt die VPN vor Investitionsentscheidungen. Es erfolgten zwei Messungen wahrend des Experimentes: einmal vor und einmal nach der spezifischen Investition. Ermittelt wurden jeweils Bewertungen von Investitionen, gemessen anhand einer zu spezifizierenden Alternative. Diese ist durch die VPN so anzupassen, dass sie gleichwertig mit der zu bewertenden Investition ist (Indifferenzaussage). Die Manipulation zwischen den beiden Messungen besteht in der Entstehung von CC. Diese unterscheiden sich in sechs Gruppen, denen die VPN zufallig und zu annahemd gleichen Teilen zugeordnet wurden (Random Cross-Sectional Design). Eine der Gruppen dient als Kontrollgruppe, wenngleich auch diese Gruppe eine Manipulation durch den zweiten Teil der Fallstudie erfahrt. Diese ist jedoch so angelegt, dass sie, bezogen auf die Zielvariable, gemaB der Hypothesen neutral wirkt. Allen Gruppen sind durch das Treatment die gleichen Sunk Cost gegeben. Die Hohe der Sunk Cost i. H. V. € 80.000 wurde dem Kontext entsprechend ausgewahlt. Die Gruppenunterschiede beziehen sich auf die zwei Faktoren Spezifitat und Amortisation des Konstruktes CC mit zwei bzw. drei Faktorstufen. Hieraus ergeben sich funf Stufen der CC, da die Gruppen 1 und 6 gemaB der Hypothese zur gleichen Manipulation fuhren (vgl. Tabelle 13). Gruppe
Sunk Cost
Spezifitat
Spezifische Kosten
1 100%
2 3
€ 80.000
€ 80.000
4 5
50%
€ 40.000
6
Amortisation
Retrospei^tive Einnahmen
Committed Cost
50%
€40.000
€40.000
25%
€ 20.000
€ 60.000
0%
€0
€ 80.000
50%
€40.000
€0
25%
€ 20.000
€ 20.000
0%
€0
€ 40.000
Tabelle 13: Between-Subject-Design der sechs Gruppen
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
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Innerhalb der Gruppen erfahren alle VPN die gleiche Manipulation. Abgefragt warden acht Bewertungen von Investitionen vor der Manipulation (Teil A) und nach der Manipulation (Teil B), d, h., eine Messung erfolgt vor dem Treatment und eine Messung danach. Die Investitionsentscheidungen sind in Teil A und Teil B identisch (fur alle Gruppen). Zwischen Teil A und Teil B verandem sich lediglich die CC. Eine Vorher-Nachher-Priifung ist notwendig, um das individuelle Risikoverhalten ex ante mit dem Risikoverhalten ex post vergleichen zu konnen."*"*^ Ziel ist die Ermittlung der Veranderung der Investitionsbewertungen durch die Existenz von CC. Die ex ante Erhebung in Teil A ermoglicht die Bestimmung der individuellen Wertfunktionen als Basis zur Bewertung der gemessenen Veranderungen, wodurch die individuelle Investitionswahmehmung der VPN berucksichtigt werden kann. D. h., zwei Individuen, welche die gleiche beobachtete Reaktion auf die Manipulation zeigen, konnen unterschiedliche subjektive Bewertungsveranderungen aufweisen. Ex ante Erhebung
Manipulation
R
O1.A
Xi
Ol,B.
O l . B , II
R
02,A
X2
02,B,
O2, B, II
R
O3.A
X3
O3.B,
O3, B, II
R
O4.A
X4
04,8,
O4, B, II
R
O5.A
X5
05,B,
05,B,1I
R
06,A
Xe
06,B,
Oe. B, II
Zufallsauswahl
Ex post Erhebung Szenario 1
Szenario it
Abbildung 22: Random Cross-Sectional Design mit zwei Szenarien ex post
In Abbildung 22 ist das experimentelle Design schematisch dargestellt.'*'*^ Die VPN wurden den Manipulationen (Xi ... X^) zufallig zugeordnet (R). In den sechs Gruppen wurde eine Erhebung vor der Manipulation durchgefuhrt (OI,A ... 06, A), der jeweils eine Erhebung nach der Manipulation (OI,B ... 06,B) gegenuber steht.
Damit verbunden ist die Moglichkeit, Gruppenzuordnimgen individuellen Bindimgsverhaltens vorzunehmen und entsprechende Veranderungen durch das Treatment festzustellen (bspw. eine ex ante Uberbewertung der Investition gefolgt von einer Unterbewertung ex post). Andererseits besteht die Gefahr, dass ein Verankerungseffekt auftritt: Die Antwort in Teil A beeinflusst die Antwort in Teil B. Dieser Effekt ist im Folgenden vom Einfluss retrospektiver Kosten abzugrenzen, vgl. Abschnitt 5.5.2. "^ Zur Notation sowie zu den Vorteilen eines Before-After-Designs vgl. Green et al. (1988), S. 216ff.
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Jewells die Halfte der acht Entscheidungen war unter Slcherheit und unter Unslcherhelt zu fallen. Die Unslcherhelt bezleht slch ausschlleBlich auf das erwartete Anbleterverhalten und gibt den Elnfluss des Vertrauens In den Transaktlonspartner wleder (vgl. Abschnltt 3,2.3). Unter Slcherheit besteht vollstandlges Vertrauen und bei Unslcherhelt elngeschranktes Vertrauen In den Transaktlonspartner. Abgeblldet wlrd die Wahrschelnllchkeltswahmehmung durch die Wahrschelnllchkeltsgewlchtungsfunktlon, welche die unterschledllche Wahmehmung elner Investltlon bel Slcherheit und Unslcherhelt beschrelbt. Unabhanglg davon beelnflusst das Vertrauen In Tell B die Bindungswirkung der CC, wenn belde Einfliisse prasent slnd. Der Elnfluss des Vertrauens auf den CC-Effekt wlrd durch elnen Verglelch der Bindungswirkung In Szenarlo I (OI,B, i .• Oe, B, i) mi^ der Bindungswirkung In Szenarlo II (Oi, e, ii... Oe, B, II) ermlttelt (vgl. Abblldung 22). In Szenarlo I besteht Slcherheit In Bezug auf das Verhalten des In-Suppliers, wahrend In Szenarlo II nach opportunlstlschem Verhalten des In-Suppllers nur noch von gerlngem Vertrauen ausgegangen werden soil.
TeilA
TeilB Committed Cost Einfluss
P1 \ >
P'
Szenarlo 1
6x' ^
N1 x . N 2 ^ N'
^\
P2
^ N' < \
N1 N2 einfluss 66x
Szenarlo II P"
'' > P" P2-"^
S> N"
6x"
< ^ ^ N" < ^-
P2 N1
J
N2
Abbildung 23: Ubersicht des Untersuchungsdesigns
Zur Messung unterschledlicher Elnfltisse der CC auf die Indlviduelle Bewertung bei Gewlnnund Verlusterwartungen beinhaltet jedes Szenarlo zwei Entscheidungen bel erwarteten Gewinnen (PI und P2) sowle zwei Entscheidungen bel Verlusten (Nl und N2). Abbildung 23 gibt hlerzu elnen Uberblick. Die Messung der Investltionsbewertungen P' bzw. P" und A^' bzw. A^" sowle die Operatlonallslerung des CC-Elnflusses Sx slnd Gegenstand der folgenden Abschnltte.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
5.2.1.1 Messmethode Ziel der Befragung ist die Ermittlung monetarer GroBen, welche die Wertschatzung der Investition aus Kundensicht wiedergeben. Aus Sicht des In-Suppliers entspricht die gesuchte GroBe der Preisobergrenze, welche die obere Grenze des Verhandlungsspielraumes wiedergibt (vgl. Abschnitt 2.1.2.2.2), Bei diesem Preis ist der Kunde indifferent zwischen dem Verbleib in der Beziehung und einem Wechsel zum nachstbesten Out-Supplier. Zur Messung der Preisobergrenze wird von den VPN der Indifferenzpreis abgefragt, wobei ein mogliches Out-Supplier Angebot so anzupassen ist, dass In- und Out-Supplier Angebot als gleichwertig wahrgenom-
In der Literatur findet sich eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden eindimensionaler Nutzenmessung.'*'*^ Wahrend bei Praferenzvergleichsmethoden ordinale Praferenzen zwischen zwei Altemativen abgefragt werden, verlangen die auf Wert- und Wahrscheinlichkeitsaquivalenten basierenden Methoden die Bestimmung einer Alternative, so dass sie in der Beurteilung der VPN gleichwertig mit einer zweiten gegebenen Alternative sind. Zur Ermittlung des Indifferenzpreises erfordert die Praferenzvergleichsmethode eine Vielzahl verschachtelter Lotterievergleiche, die indirekt auf das Cash-Aquivalent schlieBen lassen. Durch Halbierung der Losungsintervalle wird das Aquivalent immer weiter eingegrenzt. Weniger aufwandig, jedoch anfalliger fiir StorgroBen, ist die direkte Abfrage der Wertschatzung durch Sicherheitsaquivalente bzw. Anpassung einzelner Auszahlungen oder Wahrscheinlichkeiten. Ein entsprechender Pretest der vorliegenden Untersuchung mit direkter Abfrage von Sicherheitsaquivalenten, fuhrte bei den VPN zu bewusst rationalem Verhalten."*"*^ Mehrere VPN fiihlten sich nach eigenen Angaben wie in einer Priifungssituation, in der Rechenaufgaben zu bewaltigen sind. In einer zweiten Runde wurden zusatzlich die Erwartungswerte der jeweils zu beurteilenden Lotterie angegeben. Damit verringerte sich die Anzahl exakt rationaler Entscheider (obwohl oder gerade weil die Berechnung des Erwartungswertes nun wegfiel). Ein GroBteil der VPN zeigte jedoch weiterhin demonstrativ rationales Verhalten, vermutlich weil die Kosten des Denkens bei einfacher Ubemahme des Erwartungswertes als Sicherheitsaquivalent minimiert werden. Altemativ wurden Wahrscheinlichkeitsaquivalente erfasst, um einer realitatsnaheren Abbildung der Unsicherheit auf der Out-Supplier Seite Rechnung zu tragen."*^^ Eine solche EntDie Preisobergrenze ist hier gieichbedeutend mit der „Wiiiingness to Accept" des Out-Supplier Angebots. "^^ Einen Uberblick gibt Farquhar (1984), S. 1294, der sich insbesondere auf die Erwartungsnutzentheorie bezieht. '^^ Die Pretests wurden in mehreren Einzelbefragungen mit der Moglichkeit von Riickfragen, sowie als Gruppenbefragung (N=31) von Studenten im Hauptstudium im Dezember 2003 durchgefuhrt. "^^^ Einen Uberblick iiber die in der Literatur diskutierten Vor- und Nachteile der Verwendung von Wahrscheinlichkeitsaquivalenten findet sich bei Farquhar (1984), S. 1290.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
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scheidungssituation wurde von den vorab befragten VPN im Sinne der Aufgabenstellung als Investitionsentscheidung in einer Geschaftsbeziehung interpretiert. Insbesondere der Einfluss der Vertrauenswurdigkeit wurde deutlich starker wahrgenommen. Andererseits erhohte die Erhebung von Wahrscheinlichkeitsaquivalenten die Komplexitat der Entscheidungssituation. Damit stiegen die Kosten des Denkens enorm und der durchschnittliche Zeitbedarf erhohte sich von unter 15 auf iiber 22 Minuten. Um dem zu begegnen, wurde die Einweisungszeit in die Fallstudie und Methodik vor dem Experiment deutlich erhoht."*^^ Femer sollten extrinsische Anreize das Kosten-Nutzen Kalkiil der VPN verbessem. Mit diesen Anpassungen erfolgte die Erfassung der Investitionsbewertungen iiber Wahrscheinlichkeitsaquivalente. X3
Szenario i: X2
Szenario II: X2
X3
Abbildung 24: Entscheidungsbaume fiir Szenario I und II
Abbildung 24 zeigt die mit Hilfe von Entscheidungsbaumen dargestellten Entscheidungsschemata fur Szenario I und 11. Die Gewinne bzw. Verluste X2 und xi mit der Wahrscheinlichkeit p bzw. p - 1 beschreiben die In-Supplier Investition. Die Out-Supplier Seite wird durch die Auszahlungen xs und xi wiedergegeben, mit q als gesuchtem Wahrscheinlichkeitsdquivalent, Fiir beide Szenarien gilt gemafi CPT: V(x2, p, xi, 1 - p) = V(x3, q, xi, 1 - q). In Verbindung mit Gleichung (8) ergibt sich
(10)
v(x2) = w(q) v(x3) + (1 - w(q)) v(xi) fur Szenario I und w(p) v(x2) + (1 - w(p)) v(xi) = w(q) v(x3) + (1 - w(q)) v(xi) fur Szenario II. Die Werte ftir die Auszahlungen x;, xi und xj sowie die Wahrscheinlichkeit p der acht Entscheidungen sind in Tabelle 14 dargesteUt,
^^^ Insbesondere wurde in der Einweisung das als Vertrauenswiirdigkeit interpretierte Wahrscheinlichkeitsaquivalent vertieft, um abweichende Interpretationen auszuschliefien.
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|Nr.
X2^
P
Xi'
1-p
a
X3^
q*
X1^
1-q*
a
E'
Szenario 1: Vollstandiges Vertrauen IP1
€60
100%
0
€80
60% € 3 0
40%
24,5 €60
IP2
€20
100%
0
€30
50% € 1 0
50%
10
-€80
60% -€30
40%
24,5 -€60
-€30
50% -€10
50%
10
-€20
€80
IN1
-€60
100%
0
IN2
-€20
100%
0
1
€20
Szenario II: Niedriges Vertrauen ,IIP1
€120
50%
€ 40
50%
40
€140
40% € 4 0
60%
49
IIP2
€40
50%
€0
50%
20
€50
40% € 0
60%
24.5 € 2 0
-€50
40% € 0
60%
24,5 -€20
-€70
40% -€20
60%
24,5
IIN1
-€40
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€0
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IIN2
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50%
20
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1
^ in tausend € Tabelle 14: Design innerhalb der Gruppen
Voraussetzung bei der Auswahl der Werte war, dass fiir alle Entscheidungen im Gewinnbereich xi < X2 < x^ und im Verlustbereich xi> X2> xj gilt, so dass Gleichung (10) innerhalb des theoretischen Bezugsrahmens losbar ist. Der Vereinfachung dient, dass xi auf beiden Seiten identisch ist. Weiterhin sind in Szenario I und fur zwei Lotterien in Szenario II die Werte fur den Gewinn- und Verlustbereich symmetrisch. Je nach Gruppenzuordnung eroffnet die Auswahl von Investitionen eine Chance auf einen Break-Even in Teil B des Experimentes. Femer wurde bei der Auswahl der Werte auf runde Betrage geachtet, die sich von den VPN leicht verarbeiten lassen. Die angegebenen q* Werte fuhren zu gleichen Erwartungswerten auf beiden Seiten. Ohne Berticksichtigung von Wahrscheinlichkeitstransformationen fuhren hohere ^ als ^ * zur Ubergewichtung und niedrigere q zur Untergewichtung der Investition. 5.2.1.2 Operationalisierung der Committed Cost Die aus Wahrscheinlichkeitsaquivalenten ermittelten Bewertungen geben subjektive Werte wieder, die noch in eine monetare Wertdimension iiberfiihrt werden mtissen, soil die monetare Bindung an die Investition und damit der Spielraum des In-Suppliers gemessen werden (vgl. Gleichung (10)). Dieser Spielraum gibt das iiber die Quasirente hinausgehende Potential Sx fiir opportunistisches Verhaken fur den Fall der Nutzengleichheit von In- und Out-Supplier wieder. GemaB Hypothese 2 wird Sx durch die CC und damit vom Spezifitatsgrad sowie dem Amortisationsgrad der Investition bestimmt. Fur den Fall negativer &c wird der Out-Supplier bei Nutzengleichheit iiberbewertet und hat seinerseits Potential i. H. v. dx zur Neukundengewinnung. Zentral fur die Ermittlung der BindungsgroBe Sx ist die Annahme, dass sich Wert- und Gewichtungsfunktion durch die Manipulation nicht verandert haben {a, p,y bleiben konstant). Grundlage dafiir ist die Annahme der CPT, dass der Entscheider relative Vermogensanderungen unabhangig von seinem Gesamtvermogen in sein Kalkiil einbezieht, Der Einfluss der ex
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Experimentelle Untersuchimg der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
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ante Verminderung seines Vermogens durch die Kaufentscheidung auf die ^relative" Wertflinktion ist damit ausgeschlossen/^^ Durch die Unabhangigkeit von Bewertung und Gewichtung, die der Prospect Theorie zugrunde liegt, kann auch der Einfluss von Vermogensanderungen auf die Wahrscheinlichkeitsgewichtung ausgeschlossen werden. Da dem Autor keine empirischen Erkenntnisse iiber situative Veranderungen der Wertfunktion durch Abhangigkeiten des Entscheiders oder den dynamischen Kontext bekannt sind, soil dieser mogliche Einfluss ebenfalls ausgeklammert werden. Ausgenommen davon ist eine mogliche Anderung des Entscheidungsrahmens, bspw. durch eine Abweichung von ex ante Referenzpunkt und Status quo. Eine entsprechende Priifung des Framing folgt in Abschnitt 5.4.4. Grundsatzlich lasst sich die Bindungswirkung aus zwei Sichtweisen darstellen: aus jener des In-Suppliers und aus Sicht des Out-Suppliers. Steigt die Bewertung des In-Suppliers durch die Existenz von CC, kann der In-Supplier die Gewinnerwartung des Kunden i. H. d. Bewertungszuwachses senken, ohne seinen relativen (ex ante) Vorteil zu mindem. Andererseits muss der Out-Supplier die Gewinnerwartung ex post erhohen, um den Vorteil des InSuppliers durch die spezifische Investition auszugleichen. Zunachst sei die Situation des In-Suppliers dargestellt. Unter der Voraussetzung einer Startwertverschiebung nach Verlusten in Hohe der CC gemaB Hypothese 3, wird der Kunde den erwarteten Gewinn vom ex post Startwert SW aus bewerten. Wie in Abbildung 25 dargestellt, wird der Gewinn des In-Suppliers j / ^ (gestrichelte Linie) durch den Kunden mit F^ bewertet. Dabei befmdet sich ein Teil des Gewinnes i. H. v. cc im negativen Bereich und der verbleibende Teil im positiven Bereich (x^^- cc), V^ entspricht der Gewinnwahmehmung vor der spezifischen Investition (in Teil A des Experimentes), d. h., x^^ wird relativ zum Status quo bewertet. Zur Veranschaulichung der Wertdifferenzen ist V^ in Abbildung 25 neben V^ im Verlustbereich abgetragen. Da alle Entscheidungen in der vorliegenden Analyse vor und nach dem Treatment identische Auszahlungen beinhalten, gih:
Die deutlich erkennbare Differenz der Kundenbewertungen {V^ - V^) gibt die wahrgenommene Bindungswirkung der CC in der Wertdimension wieder. In der Konsequenz flihrt eine scheinbare Verlustsituation zu einer Ubergewichtung des In-Supplier Gewinnes. Der entsprechende monetare Vorteil des In-Suppliers lasst sich auf der Gewinnachse als Gewinndifferenz Sx^^ abtragen. Zieht man Sx^^ von der Auszahlung x^^ ab, so erhak man den Betrag, bei welchem die ex ante Bewertung V^ gleich der ex post Bewertung V^ ware, Wiirde '^^^ Kahneman und Tversky stellen diese Bedingung zu einem fruhen Zeitpunkt in Frage (Kahneman/Tversky (1979), S. 287). Die Autoren weisen darauf bin, dass ein Entscheider, der eine Entscheidungssituation im Hinblick auf sein Gesamtvermogen formuliert, einen Referenzpunkt im Ursprung der Vermogensskala besitzt. In diesem Fall ist es wahrscheinlich, dass die Wertfunktion durchgangig konkav ist. In folgenden Arbeiten der Autoren wird diese Diskussion nicht mehr aufgegriffen.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkimg spezifischer Investitionen
der In-Supplier in der ex post Situation x^^- S/^ als Gewinn erwarten lassen, so bestilnde kein ex post Vorteil fur den In-Supplier (V^ = V^).
Wert
f h^ CO
i
1
Verlust
^
Gewinn
swy
Abbildung 25: Bindungswirkung aus Sicht des In-Suppliers
Fiir eine Auszahlung x^^ (In-Supplier Gewinn) gilt fur die ex ante Bewertung V^ und die ex post Bewertung F^: v^ = v(x^) und nach Gleichung (9): v^ = v(x^-cc) + v(cc)/'' Setzt man v^ = v^, so lasst sich dyl^ berechnen aus A x ^ ) = v^(x^-5x^-cc) + v(cc), d. h., die Bewertung von x^ vor der Investition ist gleich der Bewertung von x^^ - dyP^ nach der Investition unter Benicksichtigung des Startwertes cc. Die Bewertungssituation fur den Out-Supplier hat sich durch die spezifische Investition in den In-Supplier nicht verandert. Der Status quo bleibt als Referenzpunkt erhalten. Durch den CCEffekt hat sich der Wert des In-Suppliers von F^ zu F^ erhoht. Relativ zur ex ante Situation mtisste sich der erwartete Gewinn des Kunden mit dem CXit-Supplier erhohen, um weiterhin als gleichwertig wahrgenommen zu werden, Abbildung 26 stellt die entsprechende Gewinndifferenz dx^^^ schematisch dar.
' Vgl. Schade et al. (2002), S. 8.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
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A
Wert
5x°"T i
-^ -J
A
Verlust
/
'-
x°'^'^
.
1
r
1
Gewinn
Abbildung 26: Bindungswirkung aus Sicht des Out-Suppliers
Die monetare Differenz Sx^^^ beschreibt den komparativen In-Supplier Wertzuwachs durch das Treatment gegeniiber dem Out-Supplier. Der Vorteil bei dieser Ermittlung der Bindungswirkung liegt in der Unabhangigkeit vom Framing der In-Supplier Seite durch den Kunden. Unabhangig von Hypothese 3 konnen Aussagen iiber Hohe und Richtung der Bindungswirkung gemacht werden. Wie aus Abbildung 26 ersichtlich, gilt ftir eine Auszahlung x^^^ (Out-Supplier Gewinn) mit der Vertrauenswahrscheinlichkeit q fiir die ex ante und die ex post Bewertung: / = vf^,x^^Ound / = v(q', ;c^^0 = v(q\ x^^^ - ^x^^^;. D. h., ein ex post mit dem In-Supplier gleichwertiger Out-Supplier mtisste einen um hoheren Gewinn erwarten lassen als ein gleichwertiger Out-Supplier in der ex ante Situation. Zur Ermittlung der Gewinndifferenz werden ex ante und ex post Bewertung gleichgesetzt:
Dies entspricht W(^^>(x3+^x)+(l-w(g^)>(x,
+^x)=w(^^>(x3)+(l-w(^0>(^l)•
(ll)
Mit diesen Uberlegungen sind die Grundlagen fur die Messung der Bindungswirkung spezifischer Investitionen gelegt. 5.2,2 Aufbau des Fragebogens Die Erhebung der Daten wurde in acht Teilerhebungen nach gleichem Muster durchgefuhrt. Beginnend mit einer verbalen Einftihrung von ca. 10 Minuten wurden die VPN in den Kon-
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
text der Fallstudie versetzt und mit Hilfe zweier Beispielentscheidungen in die Methodik eingefuhrt.''^'' Anschliefiend hatten die VPN ca. 20 Minuten Zeit zum Ausfullen des Fragebogens, wobei jederzeit die Moglichkeit zu Verstandnisfragen bestand. Unmittelbar nach Abgabe der Bogen wurden drei bis fiinf Gutscheine fiir einen Kinobesuch unter den Teilnehmem veriest. 5.2.2.1 Formulierung der Fallstudie Basis der verwendeten Fallstudie ist das reale Fallbeispiel Benjamin Moore & Co aus den Vereinigten Staaten, das von Petre formuliert und spater von Dichtl und von Plinke aufgegriffen und modifiziert wurde."*^^ Zur Anpassung an die Fragestellung wurde die Fallstudie in eine Beschaffungssystementscheidung vor dem Kauf und eine Wechselentscheidung nach dem Kauf geteilt. Der Fragebogen beginnt mit dem ersten Teil der Fallstudie,"*^^ Sie sind Geschaftsfuhrer eines kleinen aber feinen Farben- und Lackgeschaftes in Kreuzberg, Im Farbengeschaft kommt es vor allem auf Qualitat (Farbtreue, Farbhaltbarkeit) und auf den Preis an. Einer Ihrer drei langjahrigen Lieferanten, mit dem Sie in den vergangen Jahren gute Geschafte gemacht haben, fiihrt eine Prozessinnovation im Vertrieb durch, die folgendes Angebot beinhaltet: Die Kunden konnen ein neues Computersvstem erwerben, das unter anderem mit • speziellen Zusatzgeraten (Messgerate wie Farbspektrometer, Ein- und Ausgabegerate), • spezieller Software (Farb-Analyse- und Datenbanksoftware fiir verwendete Farbmischungen friiherer Auftrage), • und schlieBlich einer Kommunikationsschnittstelle mit dem Zentralrechner des Lackherstellers fur automatisierte Bestellvorgange ausgeriistet ist. Bei Bestellungen tiber das Computersystem wird der Bestellaufwand fiir Sie drastisch reduziert. Damit entstehen Ihnen geringere Kosten als Ihren Konkurrenten. Femer verbessem Sie Ihre Leistung gegeniiber Ihren Konkurrenten, da Sie wesentlich genauer als bisher Ihre Farben bestimmen konnen (z.B. bei Nachbestellungen von Kunden). Aus diesen Griinden erwarten Sie hohere Gewinne mit dem neuen Computersvstem. Da Sie jedoch keine Erfahrungen mit dem neuen System besitzen, sind Sie unsicher, ob Sie dem Lieferanten vertrauen konnen. Er konnte ja die Preise erhohen oder schlechtere Qualitat liefem, sobald Sie in sein Computersystem investiert haben. AnschlieBend sind acht Kaufentscheidungen bei unterschiedlichen Vorgaben zu treffen. Auf den Hinweis, dass diese Angaben nicht mehr verandert werden diirfen, folgte der zweite Teil
Zur realitatsnahen Darstellung der Fallstudie wurde die Einfiihrung an einen existierenden Farbladen in Berlin Kreuzberg angelehnt. Neben Fotografien und Informationen uber das Sortiment wurde ein Szenario entwickelt, nach dem die Studierenden nach Abschluss des Studiums bereits drei Jahre als Geschaftsfuhrer tatig sind und nun uber ein neues Beschaffungssystem zu entscheiden hatten. ^^^ Vgl. Petre (1985), S. 45; Dichtl (1987), S. 184; Plinke (1997b), S. 46. ^^^ Der vollstandige Fragebogen ist in Anhang 1 abgedruckt.
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der Fallstudie. Im zweiten Teil wurden mit dem ersten Abschnitt identischen Entscheidungen, diesmal als Wechselentscheidungen formuliert, abgefragt. Nach griindlichen Uberlegungen gehen Sie auf das Angebot Ihres Lieferanten ein und erwerben das neue Computersystem ftir 80,000 Euro. Aufgrund guter Qualitat und giinstigen Preisen bestellen Sie Farben und Lacke ausschliefilich iiber das neue Computersystem, auf das Ihre Farbpaletten und Bestellprozesse vollstandig abgestimmt sind. Sie sind dadurch an den Lieferanten gebunden. Wenige Wochen spater, noch bevor Sie etwas des Kau^reises von € 80.000 zuriickverdienen konnten, erfahren Sie, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben. Color.net ist nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten, sondem soil einen neuen, fur alle Lieferanten offenen Standard etablieren. Daraufhin uberlegen Sie. ob sich ein Wechsel zu color.net fur Sie lohnt. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherigen Lieferanten bezogene Computersystem aufgrund der hoch speziellen Einsetzbarkeit nur noch die Halfte am Markt wert ist. da nur wenige Farben- und Lackgeschafte mit dem Computersystem arbeiten (Sie bekommen die Halfte des Kaufpreises, also € 40.000 der € 80.000 auf dem Gebrauchtmarkt fur das Computersystem, sollten Sie vom bisherigen Lieferanten zu color.net wechseln). Die Formulierung des zweiten Teils variiert zwischen den Gruppen beztiglich Spezifitatsgrad und Amortisationsgrad der getatigten Investition (hier das Beispiel der Gruppe 6)."*^^ Im letzten Teil des Fragebogens wurden sieben qualitative Merkmale erhoben. Die ersten vier qualitativen Fragen dienen der Uberpriifung der Manipulation der VPN, wahrend die folgenden drei Fragen Ruckschltisse auf die kognitive Entscheidungsstruktur der VPN ermoglichen sollen. Verwendet wurden Ratingskalen mit sieben Auspragungen. Gegenstand der ersten vier Fragen ist die Bedeutung von Amortisationsgrad, Spezifitatsgrad, Sunk Cost und Vertrauen im vorangegangenen Entscheidungsprozess. Welche RoUe haben die folgenden Merkmale bei Ihren Entscheidungen gespielt? - dass noch nichts des in das Computersystem investierten Geldes zuriickverdient wurde - der geringere Marktwert des Computersystems bei VerauBerung bzw. Wechsel - die nicht unwesentlichen Investitionen in das Computersystem und die Abstimmung der Bestellprozesse - die Veranderung des Vertrauens in den bisherigen Lieferanten von Szenario I zu II Die Uberpriifung der Manipulation durch die direkte Abfrage von den VPN ist nicht unproblematisch. Zum Einen wird unterstellt, dass die VPN eine solche Einschatzung vomehmen konnen, d. h. iiber das notwendige Wissen verfugen. Zum Anderen besteht die Gefahr, dass die VPN nicht mit ihrer wahren Praferenz antworten, sondem gemaB der sozialen Erwiinschtheit das bestatigen woUen, was ihrer Meinung nach von ihnen verlangt wird. Durch den direk-
' Die Formulierungen aller sechs Fallgruppen finden sich in Anhang 2.
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ten Bezug zu den gegebenen Entscheidungssituationen, ohne dass die entsprechenden EinflussgroBen hervorgehoben werden, sollen mogliche Verzerrungen minimiert werden. Fiir den zweiten Abschnitt war das Zutreffen der folgenden Aussagen (von „trifft eher zu" bis „trifft eher nicht zu") anzugeben. - Ein Wechsel zu color.net hatte einen Verlust der in das Computersystem investierten Mittel bedeutet. - Die ausschlieBliche Bindung an nur einen Lieferanten, auch wenn dieser einen hoheren Gewinn verspricht, hat meine Wertschatzung des bisherigen Lieferanten gemindert. - Bei den Entscheidungen in Teil B befand ich mich gegeniiber Teil A in einer Verlustsituation. Die VPN zeigt damit an, ob sie einen noch nicht realisierten Verlust, eine Abhangigkeitssituation und/oder eine bereits eingetretene Verlustsituation wahmimmt. AbschlieBend wurde nach demographischen Merkmalen gefragt sowie die Moglichkeit zu Anmerkungen gegeben. Die VPN wurden darauf aufgefordert, hier mogliche Verstandnisprobleme zu vermerken. 5.2.2.2 Formulierung der Entscheidungssituation Alle Entscheidungen des Fragebogens sind nach dem gleichen Schema durch Entscheidungsbaume dargestellt (vgl. Abbildung 27). Die linke Seite gibt jeweils den Wert der zu beurteilenden Investition wieder und die rechte Seite dient der Bewertung durch Wahrscheinlichkeitsaquivalente. Formuliert ist die Bewertung in Teil A als Investition in ein Computersystem zur automatisierten Bestellung und in Teil B als Wechselentscheidung zu einem altemativen Bestellsystem.
Vollstes Vertrauen (100%)
Erwarteter Gewinn/Verlust
Welche Chance, dass Preise und Qualitat Iconstant bleiben, muss der [...] bieten, damit beide Alternativen fiir Sie gleichwertig sind?
Oder Erwarteter Gewinn bei bestatigtem Vertrauen 50% Chance, dass Preise und Qualitat konstant bleiben
Erwarteter Gewinn bei bestatigtem Vertrauen
50% Gefahr, dass Preise steigen oder Qualitat sinkt
Erwarteter Gewinn bei enttauschtem Vertrauen
Gefahr, dass Preise steigen oder Qualitat sinkt (Rest zu 100% hier z.B.: 100% - 75% = 25%)
Abbildung 27: Entscheidungsschemata fiir Szenario I und II
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Unterschieden werden die beiden Szenarien vollstes Vertrauen und geringes Vertrauen in den In-Supplier. Um die Komplexitat der Entscheidungssituation moglichst niedrig zu halten, wurde auf eine dritte Vertrauensstufe verzichtet, die im Pretest zu Verstandnisproblemen fiihrte, Eine Opportunismusgefahr von fiinfzig-funfzig in den bisherigen Lieferanten soil die Nachvollziehbarkeit durch die VPN erleichtem. Das durch die VPN zu bestimmende Wahrscheinlichkeitsaquivalent gibt das notwendige Vertrauen in die Alternative wieder. Die Alternative ist grundsatzlich mit Unsicherheit verbunden, da keine Erfahrungen mit dem Anbieter der Alternative vorhanden sind bzw. iiber das Verhalten des bestehenden Anbieters bei Abhangigkeit nichts bekannt ist. Den VPN wurde das Vertrauen als Variable intensiv veranschaulicht. Als Einfltisse wurden beispielhaft Preisgarantien, Qualitatssicherungsmafinahmen, festzulegende Standards und Credible Commitments erlautert, die eine Gestaltung der jeweiligen Alternative erlauben. Zur Verdeutlichung wurden femer Beispielentscheidungen durchgespielt. Vollstes Vertrauen - gute Gewinnaussichten € 80.000 € 60.000
ist gleichwertig mit (Rest zu 100%)
€ 30.000
Geringes Vertrauen - sehr gute Gewinnaussichten € 140.000
€ 120.000 ist gleichwertig mit 50%
€ 40.000
(Rest zu 100%)
€ 40.000
Abbildung 28: Beispiel fiir Entscheidungen im Gewinnbereich in Szenario I und II
Abbildung 28 zeigt beispielhaft die erste positive Entscheidung des ersten (IPl) und zweiten (IIPl) Szenarios. Unter Sicherheit (von Preis und Qualitat in derzeitiger Bestellpraxis) sind beide Akemativen fur ^ = 0,60 objektiv gleichwertig. Hohere Werte von q implizieren eine Ubergewichtung des In-Suppliers, wahrend Werte von q < 0,60 eine Untergewichtung wiedergeben. In Szenario II ist fur dieses Beispiel objektive Gleichwertigkeit bei q = 0,40 gegeben. Ein zusatzlicher Ankerpunkt beip = ^ = 0,50 verdeutlicht die Ubergewichtung der Alternative bei gleichem Vertrauen und dient als Entscheidungshilfe. Das neue System muss einen deutlich hoheren Gewinn erwarten lassen als das derzeitige System bei gleichem Vertrauen. Eine wichtige Voraussetzung zur Vergleichbarkeit der beiden Investitionsaltemativen ist, dass es sich bei alien Auszahlungen um Nettozahlungen (Gewinne und Verluste) handelt. Dies
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betrifft insbesondere zwei Kostenkomponenten. Zum einen wird der Kau^reis fur das Beschaffungssystem des Out-Suppliers in der Fallstudie nicht explizit formuliert. Er ist in den NettogroBen enthalten. Damit soil eine mogliche Verzerrung der Ergebnisse durch Wahmehmungsunterschiede zwischen Initialkosten zum Zeitpunkt des Wechsels und zukunftigen variablen Folgekosten und Erlosen ausgeklammert werden. In-Supplier und Out-Supplier Investition beziehen sich auf den gleichen gegebenen Planungshorizont. Mogliche intertemporal Effekte, wie beispielsweise die kognitive Diskontierung der Auszahlungen sind somit fiir beide Seiten gleichermaBen zu erwarten und beeintrachtigen nicht die Vergleichbarkeit."*^^ Die zweite KostengroBe, die in den erwarteten Gewinnen bzw. Verlusten bereits enthalten ist, ist der Resterlos des bestehenden In-Supplier Systems. Er wird durch den Spezifitatsgrad bestimmt und variiert zwischen den Gruppen. Einerseits beeinflusst der Restwert der Investition die Hohe der CC, andererseits ist er Teil der Quasirente. Als Bestandteil der Quasirente stellt der Restwert eine Erloskomponente fur den Fall einer Wechselentscheidung dar und ist direkt entscheidungsrelevant. Da sich das Untersuchungsziel mit der Bedeutung des Resterloses fiir die Bindungswirkung der CC befasst, kann der Resterlos als Bestandteil der NettogroBe OutSupplier Gewinn bzw. Verlust formuliert werden. Dies reduziert die Komplexitat der Entscheidung. Die VPN kann sich auf einen einfachen Vergleich der In-Supplier Seite mit der Out-Supplier Seite konzentrieren."*^^ 5.2.3 Struktur und Bereinigung der Stichprobe Im Februar 2004 wurden acht Teilerhebungen mit durchschnittlich 40 Teilnehmem durchgefUhrt. Insgesamt wurden 314 Studenten der Betriebswirtschaftslehre befragt."*^^ In die Analyse eingegangen sind 290 auswertbare und konsistente Datensatze. Davon 110 aus dem Grundstudium und 180 aus dem Hauptstudium der Vertiefungen Marketing und Controlling. Abbildung 29 zeigt die Verteilung nach Fachsemestem (6% k. A.). Die weiblichen Teilnehmer sind mit 50,5% leicht in der Uberzahl bei 49,5% mannlichen Teilnehmem (9 VPN k. A.). Die VPN sind tiber die Fallgruppen annahemd gleichverteilt mit durchschnittlich 48,8 Studenten pro Gruppe. Die Gruppenstarke schwankt zwischen 15% und 17% der Stichprobe.
^ Vgl. Koopmans (1960); Thaler (1981). Die Erlauterung der GewinngroBen war Bestandteil der verbalen Einfiihrung des Experiments. In den durchgefiihrten Beispielrechnungen wurde den VPN die Bedeutung der angegebenen Gewinne bzw. Verluste veranschaulicht. "^^ Befragt wurden im Einzelnen: 42 Marketingstudenten im Hauptstudium an der Freien Universitat Berlin, 26 Marketingstudenten im Hauptstudium sowie Seminarteilnehmer an der Ruhr-Universitat Bochum, 16 Marketingstudenten im Hauptstudium an der Universitat Duisburg-Essen sowie 47 ControUingstudenten im Hauptstudium, 58 (16 + 42) Marketingstudenten im Hauptstudium und 125 (54 + 71) Marketingstudenten im Grundstudium der Humboldt Universitat zu Berlin.
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17%
49% Abbildung 29: Stichprobe nach Fachsemester in Prozent
Die Bereinigung der Stichprobe wurde nach vier Kriterien durchgefiihrt, die von insgesamt 24 Datensatzen nicht erfiillt wurden. Das wichtigste Kriterium sind Anmerkungen der VPN im dafur vorgesehenen Bereich des Fragebogens, welche eindeutig mangelndes Verstandnis ausdriicken. Femer wurden unvollstandig ausgefiillte Fragebogen aussortiert, in denen nicht mindestens ein komplettes Szenario in Teil A und in Teil B angegeben wurde. Andemfalls ist keine sinnvolle Messung der Manipulation moghch. Ein weiteres Kriterium bilden extreme Abweichungen der Bindungswirkungen SK innerhalb des gleichen Szenarios und innerhalb der negativen Entscheidungen (ein Break-Even-Effekt kann fur diese Entscheidungen ausgeschlossen werden). Schliefilich wurden VPN aussortiert, deren BestimmtheitsmaB bei Schatzung der Wertfunktion unter 0,65 lag.
5.3 Bestimmung der Wert- und Gewichtungsfunktionen Zur Messung der subjektiven Bewertungsunterschiede sind die Wertfunktion und die Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion zu bestimmen. Zunachst stellt sich jeweils die Frage nach dem zugrunde liegenden Funktionstyp. 5.3.1 Formalisierung der Wertfunktion Aus empirischen Ergebnissen im Rahmen der Prospect Theorie schlossen Kahneman und Tversky, dass eine zweiseitige Potenzfunktion (Power Function) mit unterschiedlichen Exponenten fiir Gewinne und Verluste eine gute Approximation der Wertfunktion darstellt."*^^ Sie geniigt den Axiomen der PT,"*^^ die von Currim und Sarin empirisch betatigt wurden, wobei dort eine normierte Exponentialfunktion verwendet wurde."^^^ Smidts schloss aus seinen Daten
"""^ Vgl. Kahneman/Tversky (1979); Tversky/Kahneman (1992). ^^^ Vgl. Wakker/Zank (2002). Eine umfassende Gegeniiberstellung beider Funktionsfamilien findet sich bei Zank (2001), Abschnitt 2. Zank zeigt, dass sowohl streng monotone Exponentialfunktionen wie auch positive Potenzfunktionen unter Annahme positiver Entscheidungsgewichte mit der CPT vereinbar sind. Dann gilt fiir Praferenzbeziehimgen: Monotonie, Kontinuitat, schwache Ordnung und Unabhangigkeit. ^^^ Vgl. Currim/Sarin (1989).
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tiber den Verkauf der Kartoffelemte von Landwirten, dass die exponentielle Nutzenfunktion der Potenzfunktion tiberlegen ist,"*^ Dagegen fanden Beetsma und Schotman bei der Analyse von Daten einer TV Quizshow keinen nennenswerten Unterschied in der Gute beider Funkti-
Experimente
Currim und Sarin (1989)
Modelle
w(p)
v(x)
l-e~' PT
a + bp + cp^
\og{a + be'''^') Tversky und Kahneman (1992)
Camerer und Ho (1994)
I x" wenn x > 0
P'
CPT ->^(-xY
CRT"
wenn x <0
[p'+{l-py/' P'
x"
[p'+{i-py/' *^
Wu und Gonzalez (1996)
p'
PT CPT
1
^" a + bp
exp(-(-lnp)'')' P' Abdellaoui (2000)
• A wurde nicht berichtet
CPT
Jx" wenn
x>0
1 - / l ( - xY
wenn x <0
[p'+il-p}/'
1
[*'+(i-py]
1
** ferner wurden PT und DAT (Disappointment-Aversion-Theory) getestet
Tabelle 15: Ubersicht ausgewahlter Funktionstypen fur Wert- und Gewichtungsfunktion
In der Literatur werden seit Ende der 80er Jahre eine Reihe weiterer Funktionstypen diskutiert, die teilweise auf diese beiden Funktionsfamilien zurlickzufuhren sind, oder im CPT-
Wgl. Smidts(l997). ' Vgl. Beetsma/Schotman (1998) zitiert nach Zank (2001), S. 67.
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Modell bisher keine weitergehende Beachtung fanden."*^^ Einen Uberblick verschiedener empirisch gepriifter Funktionen gibt Tabelle 15. Um identische Wertebereiche von beobachteten und errechneten Daten zu gewahrleisten, ist eine Normierung der Exponentialfunktion erforderlich. Die damit lokal definierte Nutzenfiinktion ergibt sich in Anlehnung an Currim und Sarin (1984, 1989) zu:"*^^ 1_e v+/xw
v(x) =
[/*maxj
1-e-°
fur 0<x<XrT,
(12)
V (X)=
1-e-i
mit v(0) = 0 und den Grenzen v^fx^ca) = Xmax und v(Xmm) = ^m/«. Die Funktion ist im positiven Bereich fiXr a> 0konkav und fixr a< 0konvex. Analog zeigt sich im negativen Bereich ftir J3 > 0 ein konvexer sowie ^r J3< 0 ein konkaver Verlauf."*^^ Die Potenzfunktion ist aufgrund iibereinstimmender Wertebereiche als (zweigeteilte) globale Nutzenfunktion in Anlehnung an Tversky und Kahneman (1992) definiert zu:"*^^
I
v^(x) = x° fur x>0 (13) V (x) =-A(-x)'^ fiir x<0
mit a, p, X> 0, Ftir a> 1 zeigt die Funktion einen konvexen und fur a < 1 einen konkaven Verlauf, jeweils absolut abnehmend. Analog gilt ftir y^ > 7 ein konkaver und fur /? < 7 ein konvexer Verlauf. X beschreibt die Steilheit der Funktion im Verlustbereich. Fiir A> ] werden Verluste gegeniiber absolut gleich hohen Gewinnen iiberbewertet. Da beide Funktionstypen den Annahmen des CPT-Modells geniigen, wurde ftir die folgende Untersuchung anhand der Giite der Schatzungen sowie der Konvergenzeigenschaften der exponentielle Funktionstyp zugrunde gelegt. Insbesondere im Verlustbereich reagierte der verwendete Konvergenzalgorithmus bei der Schatzung von Powerfunktionen stark auf individuelle Inkonsistenzen innerhalb der acht Entscheidungen. Fast ein Drittel der y^ Parameter liegen hier in Extrembereichen auBerhalb des Intervalls [0,5; 2]. Ein weiteres Argument gegen die Potenzfiinktion ist, dass fur mehrere Schatzungen keine Konvergenz im positiven Parameterbereich erreicht werden konnte. Insgesamt liegt die durchschnittliche Giite der geschatzten ^^ Vgl. u. a. Farquhar/Nakamura (1987); Saha (1993). ^^'^ Vgl. Currim/Sarin (1984), S. 556; Currim/Sarin (1989), S. 27; Nitzsch von (1998), S. 630. "^^^ Currim und Sarin beriicksichtigen keinen expliziten Parameter fiir die Steilheit der Funktion. Ein dort durchgefiihrter Test bestatigt jedoch die Ubergewichtung von Verlusten relativ zu Gewinnen (vgl. Currim/Sarin (1984), S. 30). Im vorliegenden Experiment werden keine gemischten Lotterien abgefragt. Damit entfallt ein Parameter der Verlustaversion in Gleichung (12). ^^^ Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 309.
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Exponentialfunktionen aufgrund der Konvergenzproblematik leicht iiber der Giite der geschatzten Potenzfunktionen, wobei die Giite der Exponentialfunktionen iiber die VPN deutlich breiter streut. 5.3.2 Formalisierung der Gewichtungsfunktion Analog zur Wertfunktion wurden in der Literatur unterschiedliche Funktionen zur Abbildung der Wahrscheinlichkeitsgewichtung empirisch iiberpriift (vgl. Tabelle 15). Die meisten Ergebnisse der experimentellen Studien bestatigen eine invers S-formige Gewichtungsfunktion, die konkav fiir geringe Wahrscheinlichkeiten und konvex ftir mittlere und hohe Wahrscheinlichkeiten ist. Trotz individueller Unterschiede und unsystematischer Verzerrungen bestatigen die zitierten empirischen Ergebnisse das Vierfach-Muster von Tversky und Kahneman (1992). Die Funktion, die in der Literatur die weiteste Verbreitung gefunden hat, geht auf Tversky und Kahneman zuriick. Sie entspricht den axiomatischen Anforderungen der CPT und ist mathematisch wenig anspruchsvoll, da sie auf nur einem Parameter y beruht, der allerdings nicht direkt inhaltlich interpretierbar ist. Gewinnbereich (y*)
Verlustberelch (y)
Tversky und Kahneman (1992)
0,61
0,69
Camererund Ho (1994)
0,56
Wu und Gonzalez (1996)
0,71
-
Abdellaoui (2000)
0,60
0,70
Experimentelle Untersuchung
Tabelle 16: Empirische Parameterwerte fiir y
Tabelle 16 gibt in der Literatur dokumentierte y Werte des Median Entscheiders fiir Gleichung (14) wieder. Verdeutlicht wird der Einfluss unterschiedlicher Auspragungen von y in Abbildung 30. Aufgrund ihrer Eigenschaften und ihrer guten Dokumentation wird die Formalisierung nach Tversky und Kahneman 1992 der folgenden Untersuchung zugrunde gelegt. Damit ergibt sich: w(p) =
[pV+(l-p)V]X
(14)
fiir 7 > 7 > 0,27. Fiir Werte kleiner 0,27 ist die Funktion nicht mehr monoton steigend (geringe Wahrscheinlichkeiten werden paradoxer Weise abnehmend gewichtet). Bei y = 1 fmdet keine Transformation statt und es ergibt sich w(p) = p.
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5 •-
0,8
y^Aw"
:^ 0,4c "
JZ
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0,0 0,2
0,4
0,6
Wahrscheinlichkeit p
'^
f-
1
0,2
0,4
—1
f
0,6
'
0,8
Wahrscheinlichkeit p
Abbildung 30: Gewichtungsfunktionen fiir unterschiedliche Auspragungen von y
In keiner der oben genannten Untersuchungen wurden Wert- und Gewichtungsflinktion simultan bestimmt.'^^^ Wahrend Tversky und Kahneman die Wertfunktion per Annahme konstant halten und sich auf qualitative Aspekte der Gewichtungsfunktion fokussieren,"*^^ arbeiten andere Studien mit ausgewahlten Sequenzen von Auszahlungen zur Ermittlung der Wertfunktion, die in einem zweiten Schritt jeweils (bei konstanten Auszahlungen) mit Sequenzen von Wahrscheinlichkeiten zur Ermittlung der Gewichtungsfunktion dienen. Bei dieser zweistufigen Vorgehensweise sind ex ante Annahmen tiber die Formalisierung der Funktionen nicht notwendig, was eine parameterfreie Priifung der Eigenschaften von Wert- und Wahrscheinlichkeitstransformationen ermoglicht.'*^^ Das zweistufige Vorgehen erfordert die Erhebung einer hohen Anzahl von Paarvergleichen. Beispielsweise verwenden Tversky und Kahneman 54 Lotterien"*^^ und Wu und Gonzalez erheben 25 positive Lotterien.'*^'* Bei iterativer Ermittlung von Aquivalenten durch Praferenzabfrage einer Anzahl verschachtelter Lotterien steigt der Umfang an Lotterien noch einmal
'^ Auch fur diese Arbeit konnte das mit der simultanen Bestimmung der Parameter verbundene mathematische Optimierimgsproblem aufgrund von Softwarebeschrankungen nicht gelost werden. ^''^ Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 309. ^^^ Vgl. u.a. Abdellaoui (2000). ^'^^ Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 307. ^^^ Vgl. Wu/Gonzalez (1996), S. 1681.
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138
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkiing spezifischer Investitionen
deutlich an. So erhebt Adellaoui 960 Praferenzen, wobei jeweils 6 Praferenzabfragen zur Ermittlung eines Aquivalentes dienen."*^^ In der vorliegenden Untersuchung wtirde das zweistufige Verfahren alleine fur die ex ante Befragung (Teil A) eine solch hohe Anzahl von Lotterien erfordem. Der im Vergleich zu den genannten Untersuchungen komplexe Kontext der verwendeten Fallstudie hatte bei einer zweistufigen Ermittlung die zeitlichen Restriktionen des durchgefuhrten Experimentes weit uberfordert. Femer ist die Bereitschaft der VPN fiir das Treffen einer hohen Anzahl von Entscheidungen fraglich, wenn es sich nicht mehr um einfachste Lotterievergleiche handelt. Um trotz der Einschrankungen individuelle Wertfunktionen zu bestimmen, wird hier auf bestehende empirische Erkenntnisse iiber die Gewichtungsfunktion zuruckgegriffen, die in Form von Szenarien in die Analyse eingehen. Durch den Riickgriff auf bestehende Parametrisierungen der Gewichtungsfunktion soil eine vereinfachte Ermittlung der Wertfunktion ermoglicht werden. Dazu werden zwei Szenarien formuliert, die unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsgewichtungen ausdriicken, Auf Basis der jeweils zugrunde gelegten Gewichtungsfunktion wird eine Wertfunktion bestimmt, Alle Ergebnisse der folgenden Analysen werden fur zwei Szenarien ermittelt. •
Eine mittlere Gewichtung mit y^ von 0,61 fur Gewinne und y" von 0,69 fiir Verluste auf Basis der Erkenntnisse von Tversky und Kahneman, Die Ergebnisse von Abdellaoui weichen mit 0,60 zu 0,70 nur geringfugig davon ab."*^^
•
Eine extreme Wahmehmungsverzerrung von Wahrscheinlichkeiten wird durch das zweite Szenario nach Camerer und Ho abgebildet mit y^ von 0,56.''^^
Da fur den zweiten Fall kein Parameter fiir Verluste vorliegt, wird der in der Literatur dokumentierte Wert fur y' von 0,69 fiir beide Falle angenommen. Damit unterscheiden sich die Szenarien nur im Gewinnbereich. Zwei Merkmale der Gewichtungsfunktion unterstiitzen ein solches Vorgehen. Zum einen beschreibt die Gewichtungsfunktion eine monotone Transformation der gegebenen Wahrscheinlichkeiten, so dass die Struktur der Ergebnisse iiber die Szenarien im wesentlichen erhalten bleibt. Wie zu zeigen sein wird, andem sich die Ergebnisse nur monoton und in geringem Umfang sowie einzelne Signifikanzen der Ergebnisse. Zweitens beschreibt der Verlauf der Gewichtungsfunktion die Ubergewichtung geringer Wahrscheinlichkeiten und die Untergewichtung mittlerer und hoher Wahrscheinlichkeiten, Liegt eine Eintrittswahrscheinlichkeit, die mit einer der Auszahlungen der Entscheidung verbunden ist, im Bereich der Ubergewichtung, dann wird die Gegenwahrscheinlichkeit unter' Vgl. Abdellaoui (2000), S. 1504. ^ Vgl. Tversky/Kahneman ( ^ Vgl. Camerer/Ho (1994).
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
139
gewichtet. Bei den vorliegenden Lotterien mit zwei Auszahlungen auf In- und OutSupplierseite reduziert sich damit der Einfluss der Gewichtung, wenn eine der Auszahlungen mit einer geringen Wahrscheinlichkeit verkntipft ist. Abbildung 30 (rechte Darstellung) verdeutlicht diesen Effekt. Eine Auszahlung mit geringer Wahrscheinlichkeit wird mit Sw' iibergewichtet, wahrend die zweite Auszahlung mit 3w'' untergewichtet wird. Dieser Effekt zeigt sich analog bei Annahme einer konstanten Gewichtung y und der moglichen Abweichung von der wahren Gewichtung y*, Auch hier zeigt sich eine Verminderung des Fehlers durch individuelle Unterschiede. Das wesentlichste Argument fur ein vereinfachtes Vorgehen bei der Wahrscheinlichkeitsgewichtung ist der geringe Einfluss moglicher individueller Gewichtungsunterschiede auf die gemessenen Bewertungsdifferenzen aufgrund der Manipulation. Die Bewertungsdifferenzen werden durch zweimalige Messung einer identischen Entscheidung bestimmt. Erst in der Differenz der beiden angegebenen Wahrscheinlichkeitsaquivalente wirkt sich eine mogliche individuelle Gewichtung auf das Ergebnis aus. Die gemessene Verzerrung in Teil A wirkt sich folglich nur in jener Hohe auf die Messung des CC-Effektes aus, wie sie von der in Teil B gemessenen Verzerrung abweicht. Wahrend die Annahmen iiber die Gewichtungsfunktion eine Abschatzung des Fehlers auf aggregierter Ebene ermoglichen, fiihrt der Verlust individueller Unterschiede der VPN zu unsystematischen Verzerrungen, da die empirischen individuellen y-Werte in den zitierten Untersuchungen deutlich um den Median streuen. Durch eine geziehe Auswahl einfacher Entscheidungen in Teil A des Experimentes soil dieser Einfluss minimiert werden. Ein Einfluss der individuellen Gewichtungsunterschiede auf die Parametrisierung der Wertfunktion lasst sich jedoch nicht vermeiden. Aus diesem Grund soil der Fokus der Diskussion experimenteller Ergebnisse auf aggregierter Ebene liegen. Ein weiteres Problem bei der Ubertragbarkeit bestehender Parametrisierungen liegt im dynamischen Kontext der Untersuchung, der durch die Fallstudie simuliert wird. Je nach Fallgruppe liegt die Folgeentscheidung ex post unterschiedlich lange nach der Initialentscheidung. Da iiber die intertemporalen Eigenschaften von Entscheidungsgewichten bislang keine gesicherten Forschungsergebnisse vorliegen, muss die Wirkung hier als unklar angenommen werden.^^^ 5.3.3 Parameter und Eigenschaften der Wertfunktionen Grundlage der Schatzung der Funktionsparameter sind alle acht Entscheidungen von Teil A des Experimentes. Mittels nichtlinearer Regression wurden die Funktionen gemafi der indivi-
Zum gleichen Ergebnis kommen Schade et al. (2002), S. 7.
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Experimentelle Untersuchimg der wahrgenommenen Bindungswirkimg spezifischer Investitionen
140
duellen Wahrscheinlichkeitsaquivalente gefittet. Zur Berechnung wurden die Exponentialfunktionen (12) in Gleichung (10) eingesetzt und nach dem Wahrscheinlichkeitsaquivalent w(q) aufgelost:^^^
^-"X./'^Xw|_g"/-w ^_^"/-w I ^(^) w(q) = — _ g
nax
Im Gewinnbereich ergibt a > 0 eine konkave Funktion (ex ante Uberbewertung In-Supplier) und a < 0 eine konvexe Funktion (ex ante Unterbewertung In-Supplier)/^^ Im Verlustbereich bestimmt p < 0 einen konkaven (ex ante Unterbewertung In-Supplier) und p > 0 einen konvexen (ex ante Uberbewertung In-Supplier) Verlauf. Tabelle 17 zeigt die Ergebnisse der Parameterschatzung fiir mittlere und starke Gewichtung im Gewinnbereich sowie fur den Verlustbereich. Gewinnbereich a (N = 290)
Verlustbereich p (N = 287)
0,56
0,69
(>0)61,7
81,7
(<0)41,5
(<0) 38,3
18,3
(>0)58,5
Mittelwert
0,27
1,16
0,47
Y Konkav in % Konvex in %
0,61
Median
0,61
1,50
0,42
Standardabweichung
1,92
1,74
2,55
R^
0,964
0,964
0,9231
Tabelle 17: Parameter der geschatzten Wertfunktionen
Im Gewinnbereich sind 61,7 (81,7)% der Funktionen konkav (a > 0) und 38,3 (18,3)% konvex. Durch die Analyse der Wahrscheinlichkeitsaquivalente wird dieses Bild bestatigt. Durchschnittlich 63% der VPN zeigen bei den vier positiven Entscheidungen Uberbewertung, gegenuber 12%) der VPN, die, gemessen am Erwartungswert, Unterbewertung zeigen."*^^
Die Berechnung der Parameter der Wertfimktion erfolgte mit der Funktion NonlinearRegress der Software Mathematica 5.0. ^^^ Die Berechnung von q bzw. p folgt aus Gleichung (14). Die entsprechende Umformung der Powerfunktion, die dem Vergleich mit der Exponentialfunktion zurgunde liegt, findet sich in Anhang 3. ^^^ Vgl. Currim/Sarin (1989), S. 30. ^^^ Die empirischen Vergleichswerte sind keineswegs eindeutig, was u. a. auf unterschiedliche Erfassungsmethoden und Parametrisierungen der Funktionen zuruckzufiihren ist. So messen Currim und Sarin zu 97% konkave Funktionen im Gewinnbereich, bei Thaler und Johnson sind es dagegen durchschnittlich 61% konvexe Potenzfunktionen, bei Abdellaoui sind es rund 53% und Smidts misst in seiner Befragung nur 41% konkave Entscheider im Gewinnbereich. Vgl. ebenda; Thaler/Johnson (1990), S. 654; Smidts (1997), S. 365; Abdellaoui (2000), S. 1506.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
141
Ftir den Verlustbereich zeigt sich ein inverses Muster: 58,5% konvex (fi < 1) und 41,5% konkav. Entsprechend zeigen die Wahrscheinlichkeitsaquivalente der Verlustentscheidungen durchschnittlich zu 62% Ubergewichtung und 15% Untergewichtung, gemessen am Erwartungswert. Gleichzeitig einen konkaven Verlauf im Gewinnbereich und einen konvexen Verlauf der Wertfunktion im Verlustbereich zeigen 99 von 287 VPN, Dies sind 34,5% der VPN, die den von Kahneman und Tversky formulierten Annahmen iiber den Funktionsverlauf entsprechen."*^^ Vergleichbare Zahlen fmdet Abdellaoui, der in 13 von 40 Fallen (32,5% !) die Annahme bestatigen kann,"*^' ^^^ Als MaB ftir die Giite der Funktion wurde das BestimmtheitsmaB verwendet."*^^ Mit Werten von durchschnittlich 0,964 bzw. 0,923 kann von einer guten Erklarung der Streuung ausgegangen werden. Sechs individuelle GtitemaBe im Verlustbereich mit R^ < 0,65 wurden ausgeschlossen. Die Fit MaBe fiir die Powerfunktion lagen mit durchschnittlich 0,958 leicht unter denen der verwendeten Exponentialfunktion. Die Ermittlung der Wertfunktionen dient der individuellen „Eichung" der Messung des Einflusses retrospektiver Kosten. Sie gilt vor und nach der Manipulation gleichermaBen. Geringe unterschiede in den Parameterwerten, bspw. durch Messfehler, haben aus diesem Grund nur einen geringen Einfluss auf die Abweichungsmessung, die ausschlieBlich relative Bewertungsveranderungen aufzeigt. Einfluss auf dx haben nur Wahmehmungsveranderungen zwischen Teil A und Teil B. Dies gilt analog ftir den Einfluss der beobachteten Abweichungen von der Annahme eines konkaven (konvexen) Kurvenverlaufes im Gewinn- (Verlust)bereich.
Vgl. Kahneman/Tversky (1979). ^ Vgl. Abdellaoui (2000), S. 1506. ^ Die Reflektionsannahme wurde nicht explizit getestet. Fine genereile Aussage ware aufgrund hoher individueller Unterschiede wenig sinnvoll. Zum gleichen Schluss kommen Hershey und Schoemaker nach der Analyse verschiedener experimentell ermittelter Nutzenfunktionen (vgl. Hershey/Schoemaker (1980), S. 397). ^^^ Das BestimmtheitsmaB vergleicht die Summe der quadrierten Abweichungen des Funktionswertes vom tatsachlichen Wert mit der Gesamtabweichung des tatsachlichen Wertes vom Mittelwert, d. h., es gibt das Verhaltnis nicht erklarter Streuung zur Gesamtstreuung wieder. Vgl. Bates/Watts (1988), S. 29, 90ff. sowie Anwendungsempfehlungen zur verwendeten Routine in Mathematica 5.0, analog fiir lineare Regression Backhaus et al. (2003), S. 67f.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
142
5.4 Hypothesenpriifung Nachdem die zu priifenden Konstrukte operationalisiert und die individuellen Wertfunktionen bestimmt sind, werden im Folgenden die auf Erkenntnissen der deskriptiven Entscheidungstheorie aufbauenden Hypothesen gepriift. Zunachst wird die Bindungswirkung der CC und der Vertrauensreduktion zwischen den Gruppen getestet (Abschnitte 5.4.1, 5.4.2 und 5.4.3). Darauf aufbauend ist anschliefiend die Wirkung von Framingeinfliissen in den Abschnitten 5.4.4 und 5.4.5 zu prufen. 5.4.1 Wirkung spezifischer Investitionen Bevor die Hohe der Bindungswirkung der CC sowie deren Bestandteile gepriift werden, soil generell festgestellt werden, ob sich ein Treatmenteffekt durch die Existenz von Sunk Cost gemaB Hypothese 1 zeigen lasst. Hypothese 1
Die prospektiven Kosten- und Nutzenelemente der Quasirente konnen die Bindungswirkung spezifischer Investitionen nicht vollstandig erklaren. Aufgrund der Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten existiert neben der derivativen Bindung durch die Quasirente eine originare Bindungswirkung durch die spezifische Investition an sich. Ein erstes Indiz fur die Entscheidungsrelevanz retrospektiver Kosten ergibt sich aus der Frage im qualitativen Teil des Fragebogens, die sich mit der Rolle der nicht unwesentlichen Investitionen in das Computersystem und die Abstimmung der Bestellprozesse bei der Entscheidungsfindung beschaftigt. Die Ratingskala [0, ..., 6] ist durch die Extrema ,Jceine Rolle" und „bedeutende Rolle" begrenzt. Nur 3% der VPN schrieben den versunkenen Investitionen und Abstimmungsprozessen keine Bedeutung zu. 30% gaben mit Werten von 5 oder 6 einen bedeutenden Einfluss an. Der Median von 4 lasst erkennen, dass andere Entscheidungsmerkmale fur die meisten VPN neben dem originaren Einfluss eine hohe Bedeutung besitzen. Paar
Gewinn 1
Entscheidung AIP1
N
224
BIP1 Gewinn 2
AIP2
243
BIP2 Verlust 1
AIN1
243
BIN1 Verlust 2
AIN2 BIN2
242
Mittelwert Std. Abw.
Schiefe
0,530
0,089
0,823
0,554
0,110
0,615
0,487
0,086
1,371
0,508
0,116
1,527
0,508
0,119
0,537
0,538
0,148
1,047
0,505
0,156
0,699
0,535
0,180
0,510
Fehler Schiefe 0,163
Kurtosis 3,014
Fehler Kurtosis 0,324
1,635 0,156
4,904
0,311
4,069 0,156
1,679
0,311
2,050 0,156
1,600
0,312
0,995
Tabelle 18: Beschreibung der transformierten Wahrscheinlichkeitsaquivalente (fiir y = 0,61)
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
143
Fur den Nachweis der Manipulation werden die subjektiven Wahrscheinlichkeitsaquivalente (jene, die von den VPN angegeben wurden) einer Entscheidung in Teil A mit den Aquivalenten der gleichen Entscheidung in Teil B verglichen,"*^^ Tabelle 18 gibt einen Uberblick der vier Entscheidungen des ersten Szenarios. Abweichende StichprobengroBen A^ ergeben sich durch den Ausschluss der Gruppe 4, die nach Hypothese 2c keinen Treatmenteffekt zeigen darf. Femer macht sich die hohe Anzahl an fehlenden Werten fur AIP1 bemerkbar."*^^ Die Mittelwerte zeigen fur alle Entscheidungen in Teil B hohere Werte als in Teil A. Zur Pnifung, ob die Mittelwertunterschiede durch den Treatmenteffekt auch in der Grundgesamtheit zu erwarten sind, wird ein t-Test fur gepaarte Stichproben durchgefuhrt."*^^' "^^^ Getestet wird die NuUhypothese, dass kein Unterschied zwischen den Wahrscheinlichkeitsaquivalenten ex ante und ex post besteht. Verbundene Differenzen
Mittelwert
Std.Abweichung
Std. Fehler Mittelwert
95% Konfidenz Intervall der Differenz untere
obere
t
df
Sig. (2seitig)
Gewinn 1
AIP1 -BIP1
-,0232
,1072
,0071
-,0373
-,0090
-3,232
223
,001
Gewinn 2
AIP2 - BIP2
-,0201
,1145
,0073
-,0346
-,0056
-2,735
242
,007
Verlust 1
AIN1 -BIN1
-,0296
,1540
,0098
-,0491
-,0101
-2,995
242
,003
Verlust 2
AIN2-BIN2
-,0298
,1682
,0108
-.0511
-,0085
-2,754
241
.006
Tabelle 19: Verbundene Stichproben t-Test fur Treatmenteffekt (fiir y = 0,61)
Der t-Test zeigt, dass sich die Wahrscheinlichkeitsaquivalente vor der Manipulation fur p < 0,05 signifikant von jenen nach der Manipulation unterscheiden (vgl. Tabelle 19). Die Mittelwerte und auch die oberen Grenzen der Konfidenzintervalle sind negativ. Damit sind die ex ante Aquivalente signifikant geringer als die ex post Aquivalente. Der Treatmenteffekt in der Grundgesamtheit, gemessen an den Mittelwerten der Aquivalente vor und nach dem Treatment, liegt mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% durchschnittlich zwischen 3,6 und 0,7 (Wahrscheinlichkeits-)Prozent im Gewinnbereich sowie zwischen 5,0 und 0,05 im Verlustbereich. Je nach Auszahlungshohe entspricht diese Differenz mehreren tausend Euro Gewinn
Auch eine Analyse auf Basis der untransformierten Wahrscheinlichkeitsaquivalente ware hier moglich. Da die transformierten Aquivalente Basis der folgenden Analysen sein werden, erscheint es sinnvoll, bereits in der vorliegenden Analyse transformierte Aquivalente zu betrachten. "^^^ Die Entscheidung AIPl befindet sich als einzige auf der ersten Seite des Fragebogens und wurde trotz Hinweis in der Einfiihrung des Experimentes von einigen VPN als Entscheidungsbeispiel interpretiert und nicht bewertet. ^^"^ Vgl. Churchill/Iacobucci (2002), S. 689f. •^^^ Ein gepaarter Test erscheint sinnvoll, da die Korrelationen der Aquivalente eines Paares bei p < 0,001 zwischen 0,4 und 0,5 liegen und damit auf einen mittelstarken Zusammenhang hindeuten.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
144
bzw. Verlust. Die Analyseergebnisse fur die mit y = 0,56 transformierten Aquivalente sind vergleichbar und ahnlich signifikant (vgl. Anhang 4). Die parametrischen Verfahren, wie der t-Test und seine Verallgemeinerung, die Varianzanalyse, basieren auf den Parametem Mittelwert und Varianz. Diese Parameter sind jedoch nur dann bedeutungsvoll, wenn die Werte in der Gmndgesamtheit symmetrisch bzw. normalverteilt sind. Generell ist der t-Test relativ robust gegen Verletzungen der Normalverteilungsannahme, insbesondere wenn die StichprobengroBe groB genug ist, um aufgrund des zentralen Grenzwertsatzes von normalverteilten Mittelwerten auszugehen."*^^ Welche StichprobengroBe ausreichend ist, hangt vom AusmaB der Asymmetrie der Verteilung ab."*^^ Die Kennzahlen Schiefe und Wolbung der Verteilung soUen dariiber Aufschluss geben, Sind die Daten mit der Normalverteilungsannahme vertraglich, darf sowohl die Schiefe als auch die Kurtosis nicht signifikant von Null abweichen. Die Werte beider GroBen in Tabelle 18 in Relation zu ihrem Standardfehler zeigen deutlich eine solche Abweichung."*^^ Insbesondere deuten hohe Kurtosiswerte auf eine spitze Verteilungen hin. In Abbildung 31 bestatigt sich dieses Bild."*^"* Histogram
S
Normal Q-Q Plot
20 J ,
riY|;tYrl,Mti.,t,n.,i
'"f
* 'i
1 •
w-'
,2
Observed Value AIP2
,4
Observed Value AIP2
Abbildung 31: Histogramm und Normalverteilungsdiagramm fiir AIP2
' Vgl. Churchill/Iacobucci (2002), S. 649. ^ Vgl. ebenda, S. 679. * Fiir nicht zu kleine Stichprobenumfange vertretbare Naherungen fiir 95%-Konfidenzmtervalle fiir die Schiefe und Kurtosis erhalt man, indem man um den jeweiligen Schatzwert ein Intervall mit dem entsprechenden zweifachen Standardfehler bildet. Liegt der Quotient von Wert und Standardfehler aufierhalb des Intervalls [-2, 2], besteht mit p ^ 0,05 eine signifikante Abweichung von Null. Ahnlich auBem sich auch Hair et al. (1995), S. 66. "^^ Zusatzlich wurde ein Kolmogoroff-Smimov-Anpassungstest durchgefiihrt, der die Abweichungen der empirischen Verteilung in der Grundgesamtheit von einer angepassten Normalverteilung beurteilt. Die PrufgroBe orientiert sich dabei am groBten Abstand zwischen hypothetischer und empirischer Verteilung (vgl. Hartung (1993), S. 183ff.). Die Nullhypothese, die besagt, dass beide Verteilungen iibereinstimmen, musste fur alle Entscheidungen verworfen werden.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
145
Die empirischen Werte werden in Abbildung 31 nach ihrer Haufigkeit und tiber den theoretischen (normalverteilten) Werten abgetragen. Beispielhaft wurde die Entscheidung AIP2 mit der schlechtesten Anpassung an die Normalverteilung ausgewahlt. Die hohe Wolbung zeigt sich in einer schwachen S-Form im Normalverteilungsdiagramm, Femer zeigt sich ftir AIP2 eine spitze, leicht schiefe Verteilungsform der Haufigkeiten. Im Falle asymmetrischer Daten schlagt Keppler die Wahl eines strengeren Signifikanzniveaus von 0,01 zur Korrektur moglicher Beeintrachtigungen vor."*^^ Die Ergebnisse des t-Tests gentigen dieser Forderung. Um zusatzliche Klarheit zu erreichen, ob Hypothese 1 bei Verlusten und Gewinnen abzulehnen ist, soil abschlieBend ein verteilungsunabhangiger Test durchgefuhrt werden. Gegeniiber dem parametrischen t-Test verschwendet ein nicht-parametrisches Verfahren Informationen aus den Daten. So ist die Effizienz des Wilcoxon Tests geringer im Vergleich zum t-Test bei Vorliegen einer Normalverteilung und eines kardinalen Messniveaus."*^^ Andererseits verlangt der Wilcoxon-Test nur die symmetrische Verteilung der Daten in der Grundgesamtheit und ist daher unempfindlicher fur Kurtosis."*^^ Wenn die Annahme einer Normalverteilung nicht gerechtfertigt erscheint, ist er dem t-Test vorzuziehen."*^^ N Mittlerer Rang
Rangsumme
Negative Range^
68
94,66
6437
Positive Range
120
94,41
11329
Bindungen
80
Negative Range''
76
95,41
7251
Positive Range
110
92,18
10140
Bindungen
103
Negative Range""
86
83,51
7182
Positive Range
104
105,41
10963
Bindungen
99
Gewinne 1 (BIP1-AIP1)
Gewinne 2 (BIP2-AIP2)
Verluste 1 (BIN1 -AIN1)
Negative Range"^
83
109,57
Positive Range
131
106,19
Bindungen
74
Verluste 2 (BIN2-AIN2)
90941 13911
^ BIP1 < AIP1; " BIP2 < A I P 2 ; ' BIN1 < AIN1; "^ BIN2 < AIN2;
Tabelle 20: Rangstatistik des Treatmenteffektes
^Vgl. Keppel(1991),S. 97. ^ Vgl. Buning/Trenkler (1994), S. 3. ^ Vgl. Noether (1990), S. 184. ^ Vgl. Buning/Trenkler (1994), S. 135.
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146
Experimentelle Untersuchiing der wahrgenommenen Bindungswirkimg spezifischer Investitionen
Der Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest testet allgemein die Nullhypothese, dass beide Variable die gleiche Verteilung besitzen."*^^ Hier basiert die Test-Statistik auf den Rangen der absoluten Differenzen zwischen dem ex ante und dem ex post Aquivalent (vgl, Tabelle 20). Gewinn 1 (BIP1 -AIP1)
1
Gewinn 2 (BIP2-AIP2)
Verlust 1 (BIN1 -AIN1)
Verlust 2 (BIN2-AIN2)
z^
-3,276
-1,965
-2,491
-2,656
Asymptotische Signifikanz (2-seitig)
,001
,049
,013
,008
^ Basiert auf negativen RSngen Tabelle 21: Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest
Die GroBe der Differenzen innerhalb der Paare wird gewichtet: Paare, die hohe Differenzen zeigen, werden starker gewichtet als Paare mit geringen Differenzen, Einen Uberblick der Test-Statistik gibt Tabelle 21. Sie basiert auf den negativen Rangen, also ex post hoheren Aquivalenten. Fiir alle Entscheidungen im Gewinn- und Verlustbereich ist die Nullhypothese bei p < 0,05 zu verwerfen. Damit soil Hypothese 1 angenommen werden. 5.4.2 Priifung des Konstruktes der Committed Cost Nach der Betrachtung absoluter Unterschiede in den Wahrscheinlichkeitsaquivalenten durch das Treatment ist im Folgenden zu prufen, ob das Konstrukt der CC und dessen Einflussfaktoren Amortisation und Spezifitat gemafi Hypothese 2 ursachlich fur die beobachtete Bindungswirkung ist. Hypothese 2
Die originare Bindungswirkung retrospektiver Kosten- und Nutzenelemente spezifischer Investitionen basiert auf dem Konstrukt der Committed Cost. a: Mit zunehmendem Spezifitatsgrad steigen die Committed Cost und damit die originare Bindungswirkung. b: Mit zunehmendem Amortisationsgrad sinken die Committed Cost und damit die originare Bindungswirkung. c: Das durch den Amortisationsgrad und den Spezifitatsgrad bestimmte Konstrukt der Committed Cost zeigt einen positiven Zusammenhang mit der originaren Bindungswirkung. Zur Messung der komparativen Bindungswirkung des In-Suppliers mtissen die subjektiven Bewertungen anhand der individuellen Wertfunktionen der VPN in eine monetare Wertdimension iiberfuhrt werden (vgl. Abschnitt 5.3.1). Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, um ^ Vgl. Hartung (1993), S. 243f.
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147
welchen Betrag der Out-Supplier seine Gewinnerwartung ex post erhohen miisste, um aus Sicht des Kunden weiterhin als gleichwertig wahrgenommen zu werden. Nach Gleichung (11) lasst sich die Bindungswirkung als monetare Wertdifferenz SK ausdriicken. Fiir die komparative Bindungswirkung ergibt sich auf Basis der Wahrscheinlichkeitsaquivalente in Teil A q^ und in Teil B q^ nach Gleichung (11) in Verbindung mit Gleichung (12):^^^ w q^ v{x^ + <5JC)+ \ - W q^
v{x^ -^ Sx)=
w q^ VJC3)+ \ - W q^
v{x^)
mit Gleichung (12) eingesetzt (mit w = w(q)y. {x,+Sx)\
1 - e '""^
1 - e ''™
+ (i1 - w" 1 - e
+ (l-w^1l-/'^'
und aufgelost nach Sx ergibt sich
(15) 5X:
Tabelle 22 gibt einen Uberblick der auf Basis von Gleichung (15) ermittelten Abweichungsparameter Sx in den funf Fallgruppen im Gewinn- und Verlustbereich. CC (in t€)
Gewinne 6xp
Mittelwert
N
Std. Abw.
Median
Schiefe
Kurtosis
0
44
-216,28
1469,77
,00
-,53
1,92
20
45
600,17
2827,41
344,60
1,57
4,23
40
87
702,43
2695,24
517,21
-,13
1,02
60
45
826,06
3235,06
598,72
-,03
1,02
80
47
982,68
4329,29
1204,06
,45
1,80
0
46
-297,09
2874,07
,00
-,36
1,07
20
47
95,64
4390,06
,00
1,23
7,61
(N = 268)
Verluste 5XN
(N = 285)
40
97
933,33
4387,16
113,06
2,00
7,71
60
46
867,09
4015,80
790,88
,65
1,30
80
49
1557,65
4574,19
1041,68
,78
3,94
Tabelle 22: Deskriptive Kennzahlen fiir 8x (y = 0,61)
^ Vgl. Abdellaoui (2000), S. 1500.
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148
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
Positive Abweichungen im Gewinnbereich und Verlustbereich weisen auf einen Sunk CostEffekt hin, d. h. auf eine Ubergewichtung der getatigten spezifischen Investition. Mit Ausnahme der Gruppe mit CCeo {cc = € 60.000) im Verlustbereich steigen die Mittelwerte der Abweichungen mit der Hohe der CC, Deutlich ausgepragter als im Gewinnbereich steigen die Mittelwerte fur Verluste. Die entsprechenden Mediane bestatigen das Bild. Sie wachsen monoton mit den CC. Mit Ausnahme von der Gruppe CC20 im Verlustbereich ist dieser Zusammenhang streng monoton. Ftir beide Bereiche steigt die subjektive Bindungswirkung mit der Hohe der CC in der Stichprobe. Die hohen Standardabweichungen von Sx in Tabelle 22 lassen ein breites Spektrum an individuellen Unterschieden in Richtung und Hohe der Bindungswirkungen erwarten.^^^ Neben den VPN, die eine positive Bindungswirkung zeigen, also dem Sunk Cost-Effekt unterliegen (gebundene VPN), existiert eine Gruppe von VPN, die ex post eine geringere Bindung zeigt und damit eine Unterbewertung des In-Suppliers ausdruckt (ungebundene VPN). Gewinne (N = 223)
Anteil VPN
Verluste (N = 238)
Gebunden
Ungebunden
Rational
Gebunden
Ungebunden
Rational
58,3%
27,4%
14,3%
52,5%
34,5%
13,0%
Tabelle 23: Verteilung der Bindungsrichtung in der Stichprobe
Diesen Sunk Cost-Effekt in entgegengesetzter Richtung zeigen im Gewinnbereich 27,4% und im Verlustbereich 34,5% der VPN (vgl. Tabelle 23). Diese VPN werden im Verlauf der Untersuchung genauer betrachtet, da hier abweichende Motivationen der VPN zu erwarten sind. ^^^ Eine dritte Gruppe bilden die „rationalen" Entscheider. ^^^ Sie bewerten die Investitionen exakt mit ihrem Erwartungswert und zeigen keine Bindungswirkung (Sx = 0). Gewinne Gebunden
Ungebunden
Gebunden
66,9%
38,7%
Ungebunden
29,1%
58,2%
Verluste
Tabelle 24: Veranderung der Bindungsrichtung zwischen Gewinnen und Verlusten (N = 192)
Um stabilere Werte fiir 5x zu erhalten, werden jeweils zwei Entscheidungen im Gewinn- bzw. Verlustbereich zusammengefasst (vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 307). ^°^ Mogliche Ursachen fiir dieses Phanomen werden in Abschnitt 6.1 diskutiert. ^^^ Die Bezeichnung „Rational" bezieht sich nur auf das Framing der VPN, unabhangig von den zugrunde iiegenden Wert- und Gewichtungsfunktionen.
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
149
Veranderungen des Bindungsverhaltens zwischen Gewiimen und Verlusten deuten darauf hin, dass das Bindungsverhalten nicht als Konstante der Personlichkeit zu betrachten ist, sondem von situativen Faktoren beeinflusst wird. Tabelle 24 zeigt, dass zwei Drittel der VPN, die bei Gewinnerwartung eine positive Bindung zeigen, sich auch bei Verlusterwartung an den InSupplier gebunden fiihlen. VPN mit negativer Bindungswirkung im Gewinnbereich zeigen diese zu knapp 60% auch bei Verlusten. Bei den VPN mit unterschiedlicher Bindungsrichtung ist nicht von disjunkten Gruppen auszugehen, die intern homogen und extern heterogen in Bezug auf das Explanandum sind. Ein solcher Beweis ware nur zu ftihren, wenn ein Explanans, das den VPN zugeordnet werden kann, die notwendige Trennscharfe aufweist. Eine solche Trenngrofie bzw. Kombination von TrenngroBen ist innerhalb des Experimentaldesigns nicht ermittelbar.^^ Levene-Test
Kolmogorov-Smirnov-Test^ CC (in t€)
Statistik
df
Signifikanz
0
.172
44
,002
Gewinne
20
,156
44
,009
5xp
40
,145
86
,000 ,003
Verluste 8XN
60
,171
43
80
,112
47
,178
0
,238
44
,000
20
,152
44
,012
40
,172
86
,000
60
,131
43
,063
80
,106
47
,200
Statistik
Signifikanz
df
5,439
259
,000
1,090
259
,362
^ Signifikanzkorrektur nach Lilliefors Tabelle 25: Tests auf Normalverteilung und Varianzhomogenitat fur 8x (y = 0,61)
Einen Anhaltspunkt fiir die mogliche Existenz von Gruppen unterschiedlicher Bindungsreaktionen geben die Haufigkeitsverteilungen der 3x in den einzelnen CC-Gruppen. Die Verteilungen der Abweichung Sx zeigen fur fast alle Gruppen massive Verletzungen der Normalverteilungsannahme. Kennzeichnend fiir alle Werte ist die starke Gipfelbildung (hohe Kurtosis), die zu systematischen Abweichungen von einer Normalverteilung fuhrt. Die Werte fur die Schiefe und Kurtosis der Verteilungen sind fur SKN deutlicher ausgepragt als bei Sxp. Bestatigt wird dieser Eindruck durch den Test der Verteilung nach Kolmogorov-Smimov mit der Nullhypothese, dass die beobachtete Verteilungen und die Normalverteilung iibereinstimmen. Der
Entsprechende Diskriminanzanalysen uber die im letzten Abschnitt des Experimentes erhobenen qualitativen Merkmale ergaben keine Hinweise auf die erklarenden GroBen. Selbst die Diskriminanzfunktionen auf Basis der drei erhobenen Framingvariable vermogen nur annahemd die Halfte der VPN den drei Gruppen korrekt zuzuordnen. Eine referenzpunktbezogene Interpretation der Gruppen liegt damit nicht nahe.
sUppLex
150
Experimentelle Untersuchiing der wahrgenommenen Bindimgswirkimg spezifischer Investitionen
Kolmogorov-Smimov-Test zeigt in Tabelle 25, dass nur fur die CCgo Gruppe beip > 0,05 von Ubereinstimmung mit der Noraialverteilungsannahme auszugehen ist,^^^ Wie in Abbildung 32 schematisch dargestellt, zeigt sich in den empirischen Daten eine dreigipflige Verteilung.^^^ Sie ist schwach ausgepragt und aufgrund der fur eine solche Betrachtung zu geringen Gruppenstarke nicht nachweisbar. Abbildung 32 zeigt, dass nicht erwartet werden kann, dass die entsprechende Differenzierung von drei moglichen Gruppen mit den beobachteten drei Wirkungsrichtungen ubereinstimmt.
Abbildung 32: Schematische Darstellung der Verteilung von drei Bindungsgruppen
Die Standardabweichungen in Tabelle 22 zeigen eine zunehmende Streuung mit Zunahme der CC im Gewinnbereich. Im Verlustbereich ist keine systematische Streuungsveranderung erkennbar, Einen entsprechenden Test der Homogenitat der Varianzen auf Basis der Levene Statistik zeigt Tabelle 25.^°^ Der Levene-Test verzichtet auf die Normalverteilungsannahme und setzt lediglich eine stetige Verteilung der Grundgesamtheit voraus.^^^ Die entsprechende Statistik zeigt nur fur den Verlustbereich Varianzhomogenitat, fiir den Gewinnbereich ist dies mit/? < 0,05 abzulehnen.^^^ Die Entwicklung der Varianzen iiber die CC allein lassen keine Riickschliisse auf mogliche Gruppierungen zu. Die Varianz wtirde sich sowohl bei zwei Gruppen, die entgegengesetzte Entwicklungen zeigen, wie auch bei einer Gruppe, die breiter streut, erhohen. Erst die zunehmende Gesamtstreuung bei konstanten Varianzen innerhalb der Gruppen konnte einen Hinweis auf deren okonomische Relevanz geben. Tabelle 26 zeigt die Standardabweichungen fur die VPN, unterteilt nach der Bindungsrichtung. Wahrend im Gewinnbereich die Streuung aller Gruppen zunimmt, ist fur den Verlustbereich kein monotoner ^°^ Zusatzlich wurde der fiir Stichproben < 50 VPN empfohlene Shapiro-Wilk-Test durchgefiihrt (vgl. Shapiro et al. (1968)). Die Ergebnisse des Shapiro-Wilk-Tests zeigen ein ahnliches Bild. ^^ Die entsprechenden Haufigkeitsverteilungen von Sx finden sich in Anhang 5. ^""^ Vgl. Levene (1960). ^^^ Erlauterungen zu Test und Prufgrofie finden sich bei Hartung (1993), S. 617. ^^ Eine Korrektur durch Power-Transformation erscheint nach Spread versus Level Plot nicht sinnvoU.
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
151
Trend erkennbar, Ein Hinweis auf Gruppen von VPN gemaB der beobachteten Bindungsrichtung kann daraus nicht gewonnen werden, zumal im Falle der Existenz von drei Gruppen von Uberlappungen der Verteilungen auszugehen ist (vgl. Abbildung 32). Aus den vorangegangenen Uberlegungen folgt, dass eine Pnifung der Hypothesen auf der Ebene der Gruppen unterschiedlicher Bindungsrichtung nicht zulassig ist, da es sich nicht um exogen bestimmte Gruppen handelt. Auf den Ausweis entsprechender Signifikanzen wird daher im Folgenden verzichtet. Eine Betrachtung der VPN, differenziert nach der Bindungsrichtung, kann somit nicht bindungseffekterklarend erfolgen. Vielmehr handelt es sich um eine strukturbeschreibende Analyse auf Rangbasis, die Anhaltspunkte iiber die Verteilung der Bindungsrichtung und die Veranderung der Bindungsrichtung bei Veranderung der CC in der Stichprobe gibt. Die strukturelle Betrachtung liefert femer Hinweise auf mogliche Ansatzpunkte fur zukiinftige Forschungsbemiihungen.
CC (in t€)
0 Gewinne Sxp
29,6 1316,5
Std. Abw. 908,1
N (in %)
Mittelwert
38,6 -1566,5
Std. Abw.
N (in%)
1140,3
31,8
977,5
8,9
2597,5
33,3 -2079,2 (-513)
58,6 2355,0(1039)
1786,7
25,3 -2681,6 (-1450)
1786,2
16,1
53,3 3033,7(1717)
2187,5
24,4 -3239,7 (-2008)
2116,8
22,2
61,7 3397,1 (2081)
3253,3
29,8 -3737,9 (-2506)
2495,0
8,5
57,8 2196,8(880)
40 60 80
39,1 2068,8
1871,7
32,6 -3393,6
2178,3
28,3
20
46,8 3003,0 (934)
3928,9
38,3 -3420,6 (-27)
3008,0
14,9
40
50,5 3637,3 (2447)
4393,9
35,1 -2579,2(814)
1993,1
14,4
60
54,4 3591,4(2402)
2307,1
34,8 -3118,7(275)
3209,0
10,9
80
59,2 4120,2(2930)
3738,0
30,6 -2877,4(516)
2871,8
10,2
0
(N = 285)
Mittelwert
20
(N = 268)
Verluste
N (in%)
Rational
Ungebunden
Gebunden
Tabelle 26: Bindungswirkung dx fiir gebundene und ungebunden Gruppe (y = 0,61)
In Tabelle 26 sind die Lagemafie der Bindungswirkungen getrennt ftir gebundene und ungebundene VPN ausgewiesen. Unabhangig davon, ob sich die Veranderung der Mittelwerte (Differenzen zu CCo in Klammem) aus einer breiter streuenden Stichprobe oder entgegengesetzter Entwicklungen zweier Gruppen ergibt, zeigen sich deutlich hohere durchschnittliche Bindungen in Gruppen mit hoheren CC. Im Gewinnbereich zeigt sich eine zunehmende Unterbewertung. Hier wird der Out-Supplier in der Tendenz mit zunehmenden CC relativ attraktiver. Aufgrund der gegebenen asymmetrischen Verteilungen der Bindungswirkung in der Stichprobe ist in Tabelle 26 zusatzlich die Anzahl der VPN nach ihrer Bindungsrichtung in Prozent
sUppLex
152
Experimentelle Untersuchimg der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
aufgefiihrt. Die Verteilung gebundener und ungebundener VPN in der Stichprobe bestatigen das Bild zunehmender Bindung bei zunehmenden CC. In der CCo Gruppe liegt gemaB Hypothese 2c kein Treatmenteffekt vor. Die VPN verteilen sich zu annahemd gleichen Teilen auf die Gruppen. Mit zunehmenden CC steigt die Anzahl der gebundenen VPN in den Gruppen. Gleichzeitig verringert sich der Anteil ungebundener VPN pro Gruppe. In der CCgo Gruppe mit den hochsten CC ist der Anteil gebundener VPN annahemd doppelt so hoch wie der Anteil ungebundener VPN. Fiir die Bindungswirkungen bei starker Wahrscheinlichkeitsgewichtung (y = 0,56) zeigt sich ein ahnliches Bild, wobei die Tendenzen deutlicher ausgepragt sind als bei mittlerer Gewichtung (vgl. Anhang 6). Es ist anzunehmen, dass ein Teil der zunehmenden Streuung (sowie des allgemein hohen Varianzniveaus) auf die Komplexitat der Entscheidungssituation bzw. die anspruchsvolle Abfrage von Wahrscheinlichkeitsaquivalenten zunickzufiihren ist. Geht man hier von einer Uberforderung einiger VPN aus, so konnten hohere CC die wahrgenommene „Schwierigkeit" der Entscheidung erhohen und so zur CC-abhangigen Streuungserhohung beitragen.^^^ Diese Einschrankungen lassen jedoch keinen Zweifel an einem dominierenden CC-Effekt, der nicht zuletzt durch die Zunahme gebundener VPN sowie die monotone Bindungserhohung auf Basis der Mediane in der gesamten Stichprobe deutlich wird. Ein Test der Abweichungsunterschiede Sx auf Basis der F-Statistik erscheint aufgrund der Verletzung der Normalverteilungsannahme innerhalb der Gruppen wie auch der Heterogenitat der Varianzen zwischen den Gruppen problematisch. Zur Priifung des Einflusses von Spezifitat, Amortisation und damit der CC wird daher im Folgenden auf Modelle zuriickgegriffen, die geringere Anforderungen an die Verteilung stellen. 5.4.2.1 Die Bindungswirkung von Committed Cost Zur Priifung, ob und wie die Erhohung von CC die originare Bindungswirkung erhoht, wird zunachst mit Hilfe des Jonckheere-Terpstra-Test (J-Test) untersucht, ob ein solcher Zusammenhang auch auBerhalb der Stichprobe zu erwarten ist. Die Betrachtung von Korrelationen soil anschlieBend Aufschluss iiber einen moglichen Zusammenhang und dessen Hohe geben. Die folgende graphische Betrachtung der Mittelwerte soil die Ergebnisse der Analyse veranschaulichen. Zur Priifung von Hypothese 2c ist im Folgenden zu untersuchen, ob eine Zunahme der Bindungswirkungen der einzelnen VPN der gesamten Stichprobe mit zunehmenden CC zu erwarten ist. Zur weiteren Analyse der Struktur der Bindungswirkungen wird punktuell untersucht,
Mogliche Ergebnisverzerrungen, die durch die Messmethodik hervorgerufen werden, werden am Ende des Kapitels genauer betrachtet (vgl. Abschnitt 5.5.2).
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
153
ob sich gebundene und ungebundene Individuen bei Erhohung der CC unterschiedlich verhalten. Der J-Test priift die Nullhypothese, dass die Verteilung der betrachteten Variable sich in den einzelnen Stichproben nicht unterscheidet.^^^ Insbesondere wird altemativ getestet, ob die Hohe der betrachteten Variable innerhalb der Stichprobe mit dem Rang innerhalb der ordinal geordneten, unabhangigen Stichproben zunimmt. Ftir ordinale Gruppierungsvariable ist der JTest leistungsstarker als der Kruskal-Wallis H oder der Median-Test.^^^ Im Unterschied zum zweiseitigen Kruskal-Wallis H ist die zugehorige J-Statistik eine einseitige Verallgemeinerung der U-Teststatistik von Mann-Whitney.^^"^ Das Vorzeichen der Testwerte zeigt die Richtung des Zusammenhangs. J-T Statistik
Bereich
Anzahl Stufen inCC
N
Gewinne (8xip)
5
268
Verluste (8X|N)
5
285
Beobachtet
Std.
Asymp. Sig. (2-seitig)
711,21
2,572
,010
778,77
2,613
.009
Mittelwert
Std. Abw.
15844,5
14015,0
17778,5
15743,5
Tabelle 27: Jonckheere-Terpstra-Test fiir die gesamte Stichprobe (y = 0,61)
Fiir die Stichprobe zeigen die Test-Werte eine ftirp < 0,05 signifikant steigende Bindungswirkung mit Zunahme der CC und bestatigen damit das Bild der oben beobachten Zusammenhange (vgl. Tabelle 27). Aufgrund der Monotonie der Wahrscheinlichkeitstransformation gelten die diskutierten Ergebnisse auch bei starkerer Wahrscheinlichkeitsgewichtung (vgl. Anhang 7). Nach der Priifung auf ordinale Zusammenhange gibt die Korrelationsanalyse Aufschluss tiber die Starke eines moglichen Zusammenhangs zwischen CC und der Bindungswirkung. Tabelle 28 zeigt den Grad des Zusammenhangs anhand der Rang-Korrelationen nach Spearman.^ ^^ Alle Koeffizienten weisen auf die erwartete Wirkungsrichtung hin. In der gesamten Stichprobe steigt die Bindung mit dem Grad der Spezifitat und sinkt mit dem Grad der Amortisation. Die CC zeigen im Gewinn- und Verlustbereich eine schwache bis mittlere Korrelation mit der gemessenen Bindungswirkung. In der Starke des Zusammenhangs unterscheiden sich Spezifi-
^" Damit wird unterstellt, dass sich die struktureiien Untergruppen durch ein Explanans trennen lassen. Ein soicher Nachweis kann in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht erbracht werden. Daher muss der explorative Charakter der vertiefenden Analyse, d. h. das Ziel der Aufdeckung moglicher Strukturen in den Daten, betont werden. ^^^ Vgl. Terpstra (1952); Hollander/Wolfe (1973); Pirie (1983). ^'^ Vgl. Hollander/Wolfe (1973), S. 122. ^'^ Vgl. Buning/Trenkler (1994), S. 194. ^^^Vgl.ebenda,S.232ff.
sUppLex
154
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
tat und Amortisation nur geringfugig. Ein Einfluss der Spezifitat ist in der Grundgesamtheit im Gewinnbereich mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit \onp = 0,75 nicht zu erwarten. G e s a m t e Stichprobe Gewinn (Sxp)
1 Spezifitat
Amortisation
Committed Cost
Verlust (SXN)
Gebundene VPN Gewinn (8xp)
Verlust (8XN)
Ungebundene VPN Verlust
Gewinn (5xp)
(6XN)
N^
268
285
143
143
79
Korr. Koeff.
,109
,092
,186
,162
-,248
.0541
Sig, (2-seitig)
,075
,120
,026
,054
,028
,5941
Korr. Koeff.
-.116
-,131
-,181
-,183
,385
-,138|
Sig. (2-seitig)
,057
,028
,030
,029
,000
,174|
Korr. Koeff.
,154
,155
,273
,245
-,411
,132|
Sig. (2-seitig)
,012
,009
,001
,003
,000
,194|
98
^ Listenweiser Fallausschluss Tabelle 28: Korrelationen (Spearman's Rho) von cc und 8x (y = 0,56)
Unter der Annahme trennbarer Untergruppen zeigen sich dariiber hinaus signifikante Zusammenhange fur gebundene und ungebundene VPN. Bine Ausnahme bilden die ungebundenen VPN bei Verlusterwartung. Interessant sind die im Verhaltnis hohen Koeffizienten im Gewinnbereich der ungebundenen VPN. Die mit steigenden cc zunehmende Tendenz, die Beziehung unattraktiver zu beurteilen, wird hier wesentlich starker durch die manipulierten Faktoren bestimmt. Die schwachen bis mittelstarken Zusammenhange in Verbindung mit den beobachteten hohen individuellen Unterschieden deuten auf bedeutende intrapersonale Faktoren des Bindungsverhahens hin, die im Experiment keine Beriicksichtigung gefunden haben. Mit der Chance auf einen Break-Even der Investition wird ein zusatzliches Merkmal im Anschluss auf seine Bindungswirkung hin untersucht (vgl. Abschnitt 5.4.5). In Abbildung 33 sind die Gruppenmittelwerte von 5x uber den CC (in t €) fur die gesamte Stichprobe sowie differenziert fur die ungebundenen und gebundenen VPN abgetragen.^^^ Abbildung 33a zeigt die Bindungswirkung fur die gesamte Stichprobe im Gewinnbereich und Verlustbereich. Mit Ausnahme der Gruppe CC20 liegt die Bindungswirkung bei erwarteten Verlusten leicht tiber jener bei Gewinnerwartungen. Unterstellt man einen linearen Zusammenhang, so zeigt sich ein komparativer In-Supplier Vorteil i. H. v. ca. 2 - 2,5% der CC. Gemessen an den Mittelwerten bewirken ca. € 40 bis € 50 CC € 1 erhohte Opferbereitschaft eines Kunden und damit € 1 Spielraum fur den In-Supplier.
Zur Verdeutlichung der Wertveranderungen sind die Mittelwerte relativ zur Kontrollgruppe CCQ abgetragen.
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
155
a) Bindungswirkung der Committed Cost (8x) fur die gesamte Stichprobe 2500
40 Committed Ctosts in t€
b) Bindungswirkung der Committed Cost {8x) fur die g e b u n d e n e n V P N 2500 1 w 2000 O)
I
1500
o) 1000
Committed Costs in t€ c) Bindungswirkung d e r Committed Cost (5x) fur die ungebundenen V P N 2500 1500 -I
500 -I -500 c
-1500 -2500 i 20
40
80
60
Committed Costs in t€ - • — G e w i n n b e r e i c h ---a---Verlustbereich
Abbildung 33: Durchschnittliche Bindungswirkung der Committed Cost in Szenario I (y = 0,61)
Die Gruppe gebundener VPN in Abbildung 33b zeigt erwartungsgemafi einen leicht starkeren Zusammenhang von CC und Bindungswirkung als die gesamte Stichprobe. Zwischen Gewinn- und Verlustbereich sind nur geringe Unterschiede erkennbar. Grundlegend anders ist
sUppLex
156
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
das Bild der ungebundenen VPN in Abbildung 33c. Im Gewinnbereich zeigt sich ein negativer Zusammenhang zwischen Bindung und CC. Der Hohe nach entspricht dieser annahemd lineare Zusammenhang jenem der gebundenen Individuen in entgegengesetzter Richtung. Die Mittelwerte der Bindungswirkungen im Verlustbereich zeigen eine schwach positive Entwicklung, jedoch keinen eindeutigen Trend. Eine mogliche Erklarung sind die konkurrierenden bindungserhohenden und bindungssenkenden Einfltisse. Trotz hoher individueller Unterschiede lasst sich ein signifikanter, systematischer und positiver Zusammenhang zwischen dem Konstrukt CC und der Bindungswirkung spezifischer Investitionen gemaB Hypothese 2c nachweisen. 5.4.2.2 Die Bindungswirkung von Spezifitat Nach den Kauf- bzw. Wechselentscheidungen wurden die VPN gefragt, welche Rolle der geringe Marktwert des Computersystems bei Veraufierung bzw. Wechsel in der Entscheidungsfmdung gespielt hat. 6% der VPN ignorierten den Sekundarmarktpreis als Indikator der Spezifitat. Dem gegeniiber gaben 20% eine bedeutende Rolle des Marktwertes an. Ein Median von 3 zeigt iiber alle Gruppen eine mittlere Bedeutung des Kriteriums,^^^ Zur Prtifung, ob und in welcher Richtung die Daten einen Einfluss der Spezifitat erwarten lassen, soil auf die vorangegangene Analyse der Korrelationen zuriickgegriffen werden. Erganzend soil der Mann-Whitney-U-Test durchgefiihrt werden, der eine vom Amortisationsgrad unabhangige Signifikanzpriifung der einzelnen Gruppenunterschiede erlaubt. Abgeschlossen wird die Analyse durch eine grafische Betrachtung. Der U-Test von Mann und Whitney pnift aquivalent zum Wilcoxon-Rangsummentest Lagealtemativen unabhangiger Stichproben.^^^ Die Nullhypothese besagt, dass beide Stichproben derselben Grundgesamtheit entstammen. Bei einem U-Test werden die Werte der beiden Gruppen zunachst zu einer Gruppe zusammengefasst und in aufsteigender Folge geordnet. AnschlieBend wird fur beide Gruppen getrennt die Summe der Rangwerte berechnet. Entstammen beide Stichproben gemaB der Nullhypothese einer Grundgesamtheit, so sollten die durchschnittlichen Range beider Gruppen annahemd die gleiche Grofie haben. Zur Beriicksichtigung der Verteilung der Werte in den Gruppen gibt Mann-Whitney-U an, wie haufig Werte der einen Gruppe den Werten der anderen Gruppe in der kombinierten Stichprobe folgen. Zur Trennung der Effekte von Spezifitat und Amortisation wird der Amortisationsgrad bei der Analyse der Spezifitat konstant gehalten. Damit ergibt sich je eine Analyse der Spezifitatswirkung fiir jede der drei Amortisationsstufen im Gewinn- und im Verlustbereich. Abwei-
Da die prospektiven Gewinne bzw. Verluste im Fragebogen vorgegeben sind, beziehen sich diese Angaben auf die retrospektiven Kosten. ^'*^ Vgl. Buning/Trenkier (1994), S. 131.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
157
chende Ergebnisse der drei Analysen eines Bereiches sind auf Messfehler und Interaktionseffekte beider EinflussgroBen zuruckzufuhren. Amortisation 0 Gewinne (8xp)
25
50
0 Verluste (8XN)
25
50
Spezifitat
N^^^
Mittelwert
IVIedian
iVIittl. Range
Rangsumme
50
42
782,17
494,08
44,29
1860,0
100
47
982,68
1204,06
45,64
2145,0
50
45
600,17
344,60
43,62
1963,0
100
45
826,06
598,72
47,38
2132,0
50
44
-216,28
0,00
38,55
1696,0
100
45
628,02
599,64
51,31
2309,0
50
46
1489,48
596,56
46,10
2120,5
100
49
1557,65
1041,68
49,79
2439,5
50
47
95,64
0,00
43,44
2041,5
100
46
867,09
790,88
50,64
2329,5
50
46
-297,09
0,00
46,54
2141,0
100
51
431,70
312,68
51,22
2612,0
Asymp. MannWhit.-U Sign. (2-s.) 957
0,805
928
0,494
706
0,019
1040
0,514
914
0,198
1060
0,412
Tabelle 29: MWU-Test der Spezifitat fur die gesamte Stichprobe (y = 0,61)
Fur alle sechs Vergleichspaare weisen die Mittelwerte sowie die Mediane auf deutlich geringere Bindungen bei 50% Spezifitat im Vergleich zu 100% Spezifitat hin (vgl. Tabelle 29), d. h., der Spezifitatsgrad erhoht unabhangig von der Amortisation die Bindung. Die Rangsummenunterschiede zwischen den beiden Spezifitatsstufen bestatigen das Bild. Signifikanz fur p < 0,05 weist die MWU-Statistik nur fur ein Vergleichspaar im Gewinnbereich aus. Dies deckt sich mit den Ergebnissen der Korrelationsanalyse, die den Gesamtzusammenhang bei Gewinnerwartung fiir;? <0,10 erwarten lasst (vgl. Tabelle 28). Interaktionseffekte von Spezifitat und Amortisation konnten Anhaltspunkte ftir die Erklarung der unterschiedlichen Ergebnisse der sechs Tests geben. Zur Identifikation moglicher Interaktionen soil eine grafische Analyse vorgenommen werden.^^^ Abbildung 34a veranschaulicht die Entwicklung der Mittelwerte der gesamten Stichprobe. Eine Betrachtung der Kurven im Gewinnbereich (linke Darstellung) und im Verlustbereich (rechte Darstellung) zeigt ftir die beiden Extrema 0% Amortisation und 50% Amortisation einen leichten Interaktionseffekt. Die Kurve fur 50% Amortisation zeigt eine hohere Steigung, die auf eine zunehmende bindungserhohende Wirkung der Spezifitat bei hohem Amortisationsgrad hindeutet, was die Signifikanz der Gruppe mit 50% Amortisation erklart. Daruber hinaus lasst sich erkennen, dass Weder J-Test noch MWU-Test sind anfallig fur Unterschiede in den StichprobengroBen, solange sich die beobachteten Verteilimgen der Gruppen nur in der Lage unterscheiden. Vgl. Hollander/Wolfe (1973), S. 70. ^^^ Fiir einen entsprechenden Test auf Basis einer Varianzanalyse stand mit der verwendeten Standardsoftware keine geeignete Verteilungstransformation zur Verfiigung, die den Anspriichen des Verfahrens an die Verteilung der Daten geniigt. Daher wurde auf eine grafische Prufung zuriickgegriffen.
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
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die drei Amortisationsstufen in beiden Darstellungen fiir 50% Spezifitat dichter beieinander liegen als bei 100% Spezifitat, D. h,, mit zunehmender Spezifitat sinkt der Einfluss der Amortisation geringfugig. a) Bindungswirkung der Spezifitat f u r die g e s a m t e Stichprobe Verlustberelch
Gewinnbereich 2000 w .c 1500 O) c if 1000
5 1000
V) ^
WK)
I 500
u
I °
H' ? m
2000 ZUUU -]•S 1500 i
-500
100
Spezifltatsgrad in %
Spezifitatsgrad in %
b) Bindungswirkung der Spezifitat fiir g e b u n d e n e V P N Gewinnbereich
Verlustbereich 5000 ^ •-
•
i
4000 H
O)
5
3000 1^
w 2000 i c i^ 0
Spezifitatsgrad in %
Spezifitatsgrad in %
c) Bindungswirkung d e r Spezifitat fiir ungebundene V P N Verlustbereich
Gewinnbereicii 0 c o) -1000 3
% -2000 M
i CO
-3000 -4000 Spezifitatsgrad in %
Spezifitatsgrad in % 0% Amortisation
Q
2 5 % Amortisation
A
5 0 % Amortisation
Abbildung 34: Durchschnittliche Bindungswirkung der Spezifitat (y = 0,61)
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
159
Eine weitere mogliche Ursache fiir das gemischte Bild der MWU-Statistik sind die gegenlaufigen Entwicklungen in der Stichprobe. Zur naheren Betrachtung der Stichprobenstruktur sind in Abbildung 34b und c die Mittelwerte der gebundenen sowie der ungebundenen VPN separat dargestellt. Fiir ungebundene VPN zeigt Abbildung 34c eine Umkehr der Wirkungsrichtung, gemessen an den Mittelwerten, die im Gewinnbereich deutlicher ausgepragt ist als fur Verluste. Dagegen zeigt sich eine positive Bindungswirkung der Spezifitat ftir die gebundenen VPN in Abbildung 34b. Die drei Kurven liegen hier annahemd parallel und geben damit keine Anhaltspunkte fur Interaktionen. Die entsprechenden Lageparameter finden sich in Tabelle 30 bzw. Tabelle 31. Amortisation 0
Gewinne ( xp)
25
50
0
Verluste ( x^)
25
50
Spezifitat
N
Mittelwert
Median
Mittl. Range
50
24
2515,67
2659,52
25,63
100
29
3397,12
2027,89
28,14
50
26
2196,75
1303,55
21,42
100
24
3033,70
2382,61
29,92
50
24
1316,50
1246,37
15,92
100
27
2212,21
2074,22
22,70
50
25
4399,27
2252,48
25,921
100
29
4120,20
2841,18
28,861
50
22
3002,96
2035,65
20,271
100
25
3591,42
3238,88
27,281
50
18
2068,78
1189,80
18,81
100
24
2843,54
2010,54
23,52
Tabelle 30: Elnfluss der Spezifitatsanderung fiir die gebundene Gruppe ( = 0,61)
Die durchschnittlichen Range fiir gebundene VPN in alien Amortisationsstufen sind fur 100% Spezifitat hoher als bei 50% Spezifitat (vgl. Tabelle 30). Die Betrachtung ungebundener VPN in Tabelle 31 zeigt ftir alle drei Analysen geringere Durchschnittsrange im Gewinnbereich. Weniger klar ist die Beziehung zwischen Spezifitat und Bindungswirkung fiir die Gruppe ungebundener VPN im Verlustbereich. Insbesondere fiir 0% Amortisation passt die mit der Spezifitat abnehmende Bindung nicht zur beobachteten Tendenz zunehmender Bindung fiir ungebundene VPN.
sUppLex
160
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
Amortisation 0
Gewinne ( xp)
25
50
0
Verluste ( XN)
25
50
Spezifitat
N
Mittelwert -3058,34
Median
Mittl. Range 12,33
50
9
100
14
-3737,88
-2441,20
11,78
50
15
-2007,20
-2101,92
15,46
100
11
-3239,66
-2591,16
10,82
50
17
-1566,52
-1232,04
17,18
-2485,73
100
13
-2420,69
-1492,97
13,31
50
16
-2591,61
-1587,78
16,56
100
15
-2877,39
-1921,05
15,40
16,671
50
18
-3420,56
-2138,35
100
16
-3118,70
-1539,22
18,44|
50
15
-3393,63
-2725,98
15,6o|
100
18
-2568,24
-2672,94
18,17|
Tabelle 31: Einfluss der Spezifitatsanderung fur die ungebundene Gruppe ( = 0,61)
Insgesamt zeigt die Stmkturbetrachtung, dass VPN, die den In-Supplier unterbewerten, eine gegenlaufige Spezifitatswirkung zeigen, Fiir die gesamte Stichprobe zeigt Abbildung 34a, dass die bindungssteigemde Wirkung der Spezifitat dominiert. Damit lassen die Ergebnisse auf einen positiven Zusammenhang zwischen Spezifitatsgrad und originarer Bindungswirkung schliefien. Hypothese 2a kann bestatigt werden. Eingeschrankt werden die Ergebnisse durch einen entgegengesetzten Trend der Bindungsentwicklung ungebundener VPN. 5.4.2.3 Die Bindungswirkung der Amortisation Im qualitativen Teil des Fragebogens wurde gefragt: „Welche Rolle hat der Grad der Amortisation (wie viel des Geldes bereits zuriickverdient wurde) bei Ihren Entscheidungen gespielt?" Nur 7% wiesen der Amortisation auf diese Frage keine Rolle zu und handelten damit okonomisch, Ein knappes Drittel der VPN gab eine bedeutende Rolle (Wert 5 oder 6) im Entscheidungsprozess an. Der Median der Bedeutung der Amortisation liegt mit 4 uber dem Median der Bedeutung der Spezifitat von 3. Analog zur Analyse der Bindungswirkung der Spezifitat wird der Einfluss der Amortisation getrennt in den zwei Spezifitatsstufen fiir Gewinne und Verluste untersucht, Zur Priifung, ob mit zunehmendem Amortisationsgrad die originare Bindungswirkung unabhangig vom Spezifitatsgrad sinkt, wurde ein Jonckheere-Terpstra-Test durchgefuhrt (vgl. Tabelle 32). Fiir beide Bereiche und Spezifitatsstufen zeigt sich eine monotone Abnahme der durchschnittlichen Bindungswirkung mit steigender Amortisation. Die entsprechenden Kurven sind in Abbildung 35a veranschaulicht. Der Verlauf der Kurven im Gewinnbereich (linke Darstellung) sowie im Verlustbereich (rechte Darstellung) weisen auf einen schwach ausgeprSgten Interaktionseffekt hin. Je hoher die CC, desto hoher ist der bindungssenkende Einfluss der Amortisation.
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
Spezifitat
Amortisation 0
42
782,17
494,08
75,00
50
25
45
600,17
344,60
68,20
50
44
-216,28
0
55,16
0
47
982,68
1204,06
70,55
25
45
826,06
598,72
69,13
50
45
628,02
599,64
67,24
Gewinne (Sxp)
100
50 Verluste (8XN)
100
N
Mittelwert
0
46
1489,48
596,56
76,93
25
47
95,64
0
68,77
50
46
-297,09
0
64,33
0
49
1557,65
1041,68
79,57
25
46
867,09
790,88
75,42
0
65,93
50i 51
431,70|
Stand. J-TAsymp. Statistik Sign. (2-s.)
Mittlerer Rang
Median
161
-2,424
0,015
-0,418
0,676
-1,503
0,133
-1,607
0,108
Tabelle 32: Jonckheere-Terpstra-Test der Amortisationswirkung fiir die gesamte Stichprobe (y = 0,61)
Ubereinstimmend mit den Korrelationskoeffizienten nach Spearman in Tabelle 28 zeigt die differenzierte Rangstatistik in Tabelle 32 abnehmende Bindungswirkungen bei steigendem Amortisationsgrad, Signifikant fiXrp < 0,05 ist nur eines der vier Vergleichstripel. Analog zur Spezifitatsanalyse soil die Struktur der Amortisationswirkungen in der Stichprobe Aufschluss iiber mogliche Effekte geben, die der beobachteten Bindungswirkung in der gesamten Stichprobe entgegenwirken. Spezifitat
50 Gewinne {6xp) 100
50 Verluste (5XN) 100
Amortisation
N
IVIittelwert
iVIedian
Mittlerer Rang 38,04
0
24
2515,67
2659,52
25
26
2196,75
1303,56
30,04
50
13
1316,50
1246,37
24,77
0
29
3397,12
2027,89
42,66
25
24
3033,70
2382,61
44,38
50
27
2212,21
2074,22
34,74
0
25
4399,27
2252,47
36,96
25
22
3002,96
2035,65
33,00
50
18
2068,78
1189,80
27,50
0
29
4120,20
2841,18
42,72
25
25
3591,42
3238,89
42,46
50
24
2843,54
2010,54
32,52
Tabelle 33: Einfluss der Amortisationsveranderun fiir die ebundenen VPN
sUppLex
Experimentelle Untersuchimg der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
162
a) Bindungswirkung der Amortisation fur die gesamte Stichprobe Verlustbereich
Gewinnbereich 1600 1200 G
800 1
'"''
n
400 0 -400 0
25
50
Amortisatbnsgrad in %
Amortisationsgrad in %
b) Bindungswirkung der Amortisation fijrgebundene VPN Gewinnbereich
Verlustbereich
5000 •^ 4000
I
3000
I 2000 c I 1000 b 0
25 Amortisationsgrad in %
Amortisationsgrad in %
c) Bindungswirkung der Amortisation fur ungebundene VPN im Gewinn- und Verlustbereich Verlustbereich
Gewinnbereich
Amortisatbnsgrad in "5
Anrortisationsgrad in %
50% Spezifitat 100% Spezifitat
Abbildung 35: Durchschnittliche Bindungswirkung der Amortisation (y = 0,61)
Die Darstellung der durchschnittlichen Bindungswirkungen fiir gebundene VPN und ungebundene VPN zeigen Abbildung 35b und Abbildung 35c. Insbesondere im Gewinnbereich sind gegenlaufige Trends klar zu erkennen, die im Folgenden detaillierter betrachtet werden. Die Analyse der VPN mit positiver Bindung ist in Tabelle 33 zusammengefasst. Die abnehmenden durchschnittlichen Range zeigen einen inversen Zusammenhang zwischen Amortisationsgrad und Bindungswirkung im Gewinn- und Verlustbereich.
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
163
Abnehmende Bindungswirkung zeigt auch die Betrachtung der Gruppenmittelwerte in Abbildung 35b. Abgesehen von der im vorangegangenen Abschnitt diskutierten Anomalie bei 0% Amortisation im Verlustbereich gibt die grafische Darstellung keine Hinweise auf Interaktionseffekte. Die Rangkorrelationen (ohne Beriicksichtigung der Spezifitat) bestatigen das Bild und weisen auf eine geringe Starke des Zusammenhangs bei hoher Signifikanz hin (vgl. Tabelle 28). Spezifitat
50 Gewinne (5xp) 100
50 Verluste (8XN) 100
Amortisation
N
Mittelwert
Median
IVIittlerer Rang
0
9
-3058,34
-2485,73
12,22
25
15
-2007,20
-2101,92
20,00
50
17
-1566,52
-1232,04
26,53
0
14
-3737,88
-2441,20
16,71
25
11
-3239,66
-2591,16
18,001
50
13
-2420,69
-1492,97
23,771
0
16
-2591,61
-1587,78
28,441
25
18
-3420,56
-2138,35
24,671
50
15
-3393,63
-2725,98
21,731
0
15
-2877,39
-1921,05
26,201
25
16
-3118,70
-1539,22
25,811
50
18
-2568,24
-2672,94
23,281
Tabelle 34: Einfluss der Amortisationsveranderung fiir die ungebundenen VPN
Die Betrachtung der ungebundenen VPN in Tabelle 34 zeigt den durch die Rangkorrelationen ausgedrlickten positiven Zusammenhang zwischen Amortisationsgrad und Bindungswirkung im Gewinnbereich (vgl. auch Tabelle 28). Dieser bestatigt sich in den steigenden Kurven in Abbildung 35c bei Gewinnerwartung. Ahnlich der Analyse der Spezifitat lasst sich fur die ungebundenen VPN im Verlustbereich kein eindeutiger Trend erkennen. Die durchschnittlichen Range deuten auf einen bindungssenkenden Einfluss der Amortisation hin. Die Mittelwerte zeigen jedoch keinen monotonen Zusammenhang (vgl. Abbildung 35c). Ein Vergleich der Mediane zeigt dagegen eine durchgehend abnehmende Bindung, was auf Verzerrungen durch einzelne Extremwerte hindeutet. Bei differenzierter Betrachtung erscheint eine eindeutige Aussage der Wirkungsrichtung und Hohe im Verlustbereich nicht moglich. Insgesamt scheint ein grundlegender Zusammenhang gemafi Hypothese 2b gegeben, der gemafi der Strukturbetrachtung verstarkt fur gebundene VPN zu beobachten ist. Die differenzierte Analyse deutet auf einen inversen Zusammenhang im Verlustbereich und Einschrankungen der Giiltigkeit im Gewinnbereich fiir die ungebundene Gruppe hin. AbschlieBend sind in Abbildung 36 die Bindungswirkungen von Spezifitat und Amortisation zusammengefasst. Der Boxplot zeigt die 2x3 Faktorstufen fiir den Gewinn- und Verlustbereich.
sUppLex
164
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
m
Spezifitatsgrad Amortisationsgrad
I0%
1 1 25 %
•
50 %
Abbildung 36: Boxplot der Bindungswirkungen nach Spezifltat und Amortisation (y = 0,61)
In beiden Bereichen ist die ordinale Wirkung der Faktoren erkennbar. Sowohl die Mediane wie auch die 25% bzw. 75% Perzentile weisen auf sinkende Bindung mit steigender Amortisation (innerhalb der Cluster) und steigender Bindung mit Zunahme der Spezifitat hin. Letzteres ist fur den Verlustbereich deutlich starker ausgepragt als fur Gewinne, Die auBeren Abstandsmarkierungen weisen den jeweils hochsten bzw. niedrigsten Wert aus, der noch nicht als AusreiBer gilt.^^^ Die hohe individuelle Streuung, die das Bild der Analyse verzerrt, ist deutlich zu erkennen, 5.4.3 Prufung der Vertrauenswirkung Nach der Analyse der CC bei vollstandigem Vertrauen und damit Sicherheit auf der InSupplier Seite soil in diesem Abschnitt gepriift werden, welchen Einfluss eine Reduktion des Vertrauens auf die Bindungswirkung der CC hat. Auf die Frage, welche Rolle die Veranderung des Vertrauens in den bisherigen Anbieter von vollstandigem Vertrauen (Szenario I) zu geringem Vertrauen (Szenario II) bei der Entscheidungsfmdung gespielt hat, antworteten 48% der VPN mit einer hohen Bedeutung (Werte von 5 und 6), 4% mit keiner bzw. einer sehr geringen Bedeutung (Werte von 0 und 1) und die verbleibenden 48% mit einer mittleren Bedeutung. Damit besitzt das Vertrauen die bedeutendste Rolle unter den in der Manipulationspriifung abgefragten Einflussfaktoren,
In dieser Darstellung gilt ein Wert als AusreiBer, der mehr als das 1,5 fache der Boxlange (interperzentiler Abstand) nach oben bzw. unten von den entsprechenden Perzentilen abweicht.
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindimgswirkung spezifischer Investitionen
165
GemaB Hypothese 4 soil im Folgenden der Einfluss von Vertrauen auf die Bindungswirkung der CC untersucht werden. Insbesondere ist zu priifen, ob die Bindungswirkung bei zunehmender Opportunismusgefahr sinkt, bzw. ob sich die Bindungswirkung mit der Vertrauenswahrscheinlichkeit erhoht. Hypothese 4
Das Vertrauen in den In-Supplier beeinflusst die derivative sowie die originSre Bindungswirkung spezifischer Investitionen. a:
Bei Vertrauensreduktion durch negatives Feedback sinkt die originare Bindungswirkung der spezifischen Investition.
b: Mit zunehmenden Committed Cost erhoht sich der bindungssenkende Einfluss der Vertrauensreduktion durch negatives Feedback. Die Vertrauensreduktion wurde gemaB der Fallstudie ausgelost „durch mehrfache Preiserhohungen und schwankende Farbqualitat beim bisherigen Anbieter, wobei Vertragsbestimmungen geschickt umgangen werden [..,]".^^^ Voraussetzung zur Priifung, ob dieses opportunistische Anbieterverhalten zu Veranderungen des CC-Effektes ftihrt, ist die Analyse der Bindungswirkung bei eingeschranktem Vertrauen in Szenario 11 analog zur Untersuchung der Bindungswirkung bei vollstandigem Vertrauen im vorangegangenen Abschnitt. In einem nachsten Schritt ist dann die Veranderung der Bindungswirkung zwischen beiden Szenarien zu untersuchen. Im abschlieBenden Abschnitt werden Interaktionseffekte zwischen Vertrauen und CC untersucht. 5.4.3.1 Bindungswirkung der Committed Cost bei geringem Vertrauen Nach opportunistischem Anbieterverhalten zeigt sich ein gemischtes Bild der Bewertungsabweichungen durch CC. Tabelle 35 gibt einen Uberblick iiber die LagemaBe und Verteilungskennzahlen der Abweichungen in Szenario II (5x°) bei Gewinn- und Verlusterwartung. In beiden Bereichen zeigen die Mittelwerte positive Bindungen ftir keine und geringe CC. Bei hohen CC zeigt sich eine negative Bindungswirkung (mit Ausnahme von CCgo). In Abbildung 37a sind beide Kurven der Mittelwerte dargestellt. Der abnehmende Verlauf der Kurven ist im Verlustbereich deutlicher ausgepragt als im Gewinnbereich. Die Mediane, insbesondere im Gewinnbereich, besitzen nur wenig Aussagekraft, da die hohe Kurtosis eine spitze Verteilung um die „rationale" Bindung von 0 ausweist. Insgesamt zeigt sich ein schwacher, nicht monotoner Trend abnehmender Bindungswirkung,
Vgl. die Fallstudie im Fragebogen in Anhang 1.
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
166
CC (in t€)
Gewinne 8xp"
N
Mittelwert
Std. Abw.
Schiefe
Median
Kurtosis
0
46
118,1
4568.8
0,0
1,37
7,01
20
46
331,2
3877,5
0,0
1,00
3,77,
40
96
-256,5
6406,1
0,0
-1,24
4,46J
60
48
-640,8
7170,9
0,0
-0,33
2,821
(N = 285)
Verluste 5XN
80
49
123,0
6299,6
391,8
-0,01
1,40
0
45
341,1
4676,1
0,0
2,71
12,121
20
46
64,3
4652,9
0,0
1,40
2,95l
40
95
-1233,1
5967,5
-291,3
-1,13
6,981
60
48
-1715,8
7573,0
-954,1
-0,73
1,17|
80
49
-585,7
6486,4
0,0
-1,46
6,80l
(N = 283)
Tabelle 35: Deskriptive Kennzahlen fiir 8x" in der gesamten Stichprobe (y = 0,61)
Die Struktur der Bindungswirkungen weist eine im Vergleich zum Szenario I hohere Anzahl von VPN mit geringer Bindung aus, die sich im Gewinnbereich annahemd symmetrisch verteilen (vgl. Tabelle 36). Gewinne (N = 239)
Anteil VPN
Verluste (N = 238)
Gebunden
Ungebunden
Rational
Gebunden
Ungebunden
Rational
43%
42%
15%
33%
49%
18%
Tabelle 36: Verteilungsstruktur der Bindungsrichtung in der Stichprobe (Szenario II)
Im Verlustbereich tiberwiegt die Anzahl der ungebundenen VPN. Die LagemaBe in Tabelle 37 zeigen dementsprechend negative Werte fur die ungebundenen VPN. Deutlich zeigt sich hier der Trend abnehmender Bindungswirkung mit Zunahme der CC, der in Abbildung 37c grafisch dargestelh ist. Fiir die gebundenen VPN zeigt sich keine einheitliche Bindungsrichtung. Wahrend bei Verlusterwartung eine schwache Tendenz zunehmender Bindung identifizierbar ist, scheint fur Gewinne keine Aussage moglich (vgl. Abbildung 37b). Vermutet werden kann hier die Wirkung entgegengesetzter Einfliisse: einerseits der bei vollstandigem Vertrauen beobachtete positive Bindungseffekt der CC und andererseits der gegenlaufige dominierende Trend der Gesamtabweichungen bei eingeschranktem Vertrauen.
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
167
a) Bindungswirkung der Committed Cost (5x") fiir die gesamte Stichprobe
500 •-
^
0 c
^ ,^____
•--^
-500 -
« -1000 -.
*'*'-
'T
''**•.
•o -1500 ^
1 ^..-^--'^ '•''*'
1
-2000 -9^nn -
20
40
60
80
60
80
Committed Costs in t€
b) Bindungswirkung der Committed Cost (6x") fur gebundene VPN 1000
-1500 -i 20
40 Comnitted Costs In t€
c) Bindungswirkung der Committed Cost (6x") fur ungebundene VPN 1000
40 Corrmitted Costs in t€
- • — Gewinnbereich - - -a- • - Verlustbereich
Abbildung 37: Durchschnittliche Bindungswirkung der Committed Cost fiir Szenario II (y = 0,61)
sUppLex
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
168
N(in%)
Gewinne 5xp" (N = 232)
Verluste SXN"
(N = 226)
0
26,1
Mittelwert
Rational
Ungebunden
Gebunden
CC (int€)
Std. Abw.
N (in %)
4691,2
5559,6
37,0
Mittelwert
Std. Abw.
N(in%)
-2991,9
3388,5
37,0
20
45,7
3347,1
3193,6
41,3
-2897.6
2145,3
13,0
40
39,6
4909.6
3565,0
45,8
-4799,9
5916.1
14,6
60
39,6
4814,7
5365,2
41,7
-6111,9
6202,0
18.8
80
51,0
4439,7
4335,1
34,7
-6174,4
4427,8
14,3|
0
31,1
4608,6
5971.7
37,8
-2892.5
2002,2
31,11
20
37,0
4254,7
4720,8
41,3
-3651,3
1776,3
21,71
40
28,4
4592,6
4230,8
51,6
-4921,4
5144,4
20,01
60
35,4
4827,9
4470,3
54,2
-6324,3
6575,3
10,4[
80
34,7
4950,0 j
3854,9
46,9
-4906,4
6136,1
18,4|
Tabelle 37: Bindungswirkung 8x" fiir gebundene und ungebundene VPN (y = 0,61)
Insgesamt zeigt sich eine Reduktion der Bindung bei steigenden CC, die mafigeblich durch die dominierenden ungebundenen VPN bestimmt wird. Fiir die gebundene Gruppe kann auf Basis der Abweichungen keine eindeutige Aussage getroffen werden. 5.4.3.2 Bindungsveranderung durch Vertrauensreduktion Zur Priifung des Vertrauenseinflusses auf die Bindungswirkung soil zunachst untersucht werden, ob ein signifikanter Unterschied der Bindungswirkung zwischen beiden Szenarien besteht. Abbildung 38 verdeutlicht die beobachteten Unterschiede. Gezeigt werden die durchschnittlichen Bewertungsabweichungen durch die Existenz retrospektivere Kosten im Gewinn- und Verlustbereich, Die jeweils dunkleren Balken zeigen die durchschnittliche Bindung bei vollstandigem Vertrauen {dx^), die helleren Balken zeigen die Bindung nach opportunistischem Verhalten des In-Suppliers in Szenario II {Sx^^). Fiir die gesamte Stichprobe zeigt sich eine deutliche Bindungsreduktion von Szenario I zu Szenario II fur Gewinne und Verluste. Durch die differenzierte Analyse gebundener und ungebundener VPN ist ersichtlich, dass es sich dabei um einen Nettoeffekt handelt. Sowohl fur die ungebundenen wie auch fur die gebundenen VPN sind die absoluten Bindungen in Szenario II deutlich geringer als in Szenario L Das durchschnittliche Bindungsverhalten nahert sich damit dem „rationalen" Entscheider an.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
Gesamte Stichprobe
Gebundene VPN
169
Ungebundene VPN
4000
-4000 • Gewinne Szenaho I S Verluste Szenario I
M Gewinne Szenario II n Verluste Szenario II
Abbildung 38: Veranderung der Bindungswirkung durch Vertrauensreduktion
Zur Pnifung, ob die beobachteten Veranderungen auch fur die Grundgesamtheit gelten konnen, wurde ein Wilcoxon-Rangsummen-Test fiir verbundene Gruppen durchgefuhrt (vgl. Tabelle 38). N
Gewinne (6xp" - 5xp')
Verluste (5XN - 6x^g)
^ 5xp" < 5xp'; "
MIttlerer Rang
Rangsumme
Gesamt (N = 263)
Negative Range ^' ^
123
125,23
15403
Positive Range
119
117,65
14000
Gebunden (N =140)
Negative Range
90
72,58
Positive Range
50
66,76
Ungebunden (N = 77)
Negative Range
23
37,26
Positive Range
54
39,74
Gesamt (N = 281)
Negative Range "^'^
154
136,02
20947
Positive Range
105
121,17
12723
Gebunden (N =142)
Negative Range
111
73,52
Positive Range
30
61,67
Ungebunden (N = 95)
Negative Range
27
40,15
Positive Range
67
50,46
6XN"
<
Z
Asymp. Sig. (2-seitig)
-,644'
,520
-3,408"
,001
5XN';
' Basierend auf positiven Rangen; ^ 21 Ties; ^ 22 Ties;
Tabelle 38: Test des Vertrauenseinflusses nach Wilcoxon (y = 0,61)
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170
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
Fur die differenzierte Betrachtung gebundener und ungebundener VPN zeigt sich in den mittleren Rangen ein Unterschied zwischen den Szenarien, Bei gebundenen VPN dominiert die Anzahl der VPN mit geringerer Bindung in Szenario 11. Fiir die ungebundenen VPN gilt ein inverser Zusammenhang. Hier iiberwiegt die Anzahl der VPN mit hoherer Bindung bei geringem Vertrauen. Die gegenlaufige Entwicklung der strukturellen Teilgruppen fiihrt in der gesamten Stichprobe im Gewinnbereich zu einem nicht signifikanten Ergebnis. Bei genauerer Betrachtung der Veranderungen der Gruppenzugehorigkeit der VPN von Szenario I zu Szenario II in Tabelle 39 wird dies offensichtlich. Uber 21% der im Gewinnbereich bei vollstandigem Vertrauen gebundenen VPN sind nach opportunistischem Verhalten ungebunden, d. h,, die In-Supplier Investition wird unterbewertet. Bei erwarteten Verlusten liegt die entsprechende Anzahl mit 26% noch hoher. Von der in Szenario I ungebundenen Gruppe zeigen 11,0%) bzw. 11,4% der VPN in Szenario II positives Bindungsverhalten und damit eine gegenlaufige und schwacher ausgepragte Veranderung. Femer zeigt Tabelle 39 eine Zunahme exakt rationaler Entscheidungen im Gewinn- und Verlustbereich. Vollstandiges Vertrauen (Szenario 1) Gewinne (N = 263)
Gebunden Geringes Vertrauen Ungebunden (Szenario II) Rational
Verluste(N = 281)
Gebunden
Ungebunden
Rational
Gebunden
Ungebunden
Rational
2^^3
11,0
5,7
17,B
11,4
2,8
21,3
i%t
3,8
26,0
njQ
5,7
5,7
4,9
a.o
6,8
6,4
7>1
i
Tabelle 39: Veranderung der strukturellen Gruppenzugehorigkeit in Frozent
Die Reduktion der Bewertungen von Szenario I zu Szenario II deckt sich mit dem von Kahneman und Tversky identifizierten Sicherheitseffekt.^^^ Als Sicherheitseffekt wird das Phanomen bezeichnet, dass Entscheider den Unterschied von zwei Wahrscheinlichkeiten starker gewichten, wenn es sich um einen Ubergang von fast sicher auf sicher handelt. So wird der mit Sicherheit erwartete Gewinn beim In-Supplier in Szenario I mit dem unsicheren OutSupplier Gewinn verglichen. In Szenario II sind dagegen beide Anbieter unsicher. Die VPN verletzen hier intuitiv das Unabhangigkeitsaxiom der Erwartungsnutzentheorie. Fiir die gesamte Stichprobe zeigt sich eine Tendenz sinkender originarer Bindungswirkung der spezifischen Investition bei abnehmendem Vertrauen, d. h, bei steigender Opportunismusgefahr, Sie ist das Ergebnis konkurrierender Effekte, wobei die Bindungsabnahme der Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 265f. Dieses Phanomen wurde von AUais bereits 1953 dokumentiert, vgl. Allais (1953). Die Stabilitat des Effektes wiesen Cohen und Jaffray nach, vgl. Cohen/Jaffray (1988).
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Experimentelle Untersuchimg der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
171
gebundenen YPN dominiert. Signifikant ist der Gesamteffekt im Verlustbereich durch die deutliche Bindungsreduktion einer hohen Anzahl von VPN. Dies gilt auch fiir den Fall einer Wahrscheinlichkeitsgewichtung von y = 0,56, die nur geringfiigige Abweichungen in der Hohe bewirkt, Mit der Einschrankung der unter vollstandigem Vertrauen ungebundenen VPN kann Hypothese 4a insgesamt nicht verworfen werden, 5.4.3.3 Interaktion von Vertrauen und Committed Cost Zur Priifung von Hypothese 4b sind in diesem Abschnitt die Veranderungen der beobachteten Bindungsunterschiede zwischen den Szenarien mit der Hohe der CC zu untersuchen. Die Bindungsunterschiede einer VPN zwischen Szenario I und Szenario II ddxp im Gewinnbereich und ddx}^ im Verlustbereich ergeben sich aus: ddxp - dxp - Sxp bzw. SSx^ = 3x^ - Sx,^ . Positive Werte von 3Sx zeigen eine Bindungserhohung von Szenario I zu Szenario II und negative Werte eine reduzierte Bindung. Die LagemaBe der individuellen Bindungsveranderungen in der gesamten Stichprobe und einen entsprechenden Jonckheere-Terpstra-Test zeigt Tabelle 40. CC (int€)
Gewinne (S5xp)
Verluste (56XN)
N
Mittelwert Std. Abw.
Median
Mittlerer Rang
0 43
370,23
4938,66
,00
136,70
20
42
-161,23
3708,06
-46,07
135,93
40
83
-514,63
5559,78
,00
130,44
60
42
-1597,61
7609,33
,00
128,57
80
47
-728,74
6561,23
,00
130,04
0 43
722,58
5059,30
,00
168,04 152,33
20
42
-72,16
5102,85
-621,91
40
83
-1791,43
6636,36
-1429,79
133,84
60
42
-2042,97
8556,54
-715,72
133,04
80
47
-2042,09
7801,38
-1933,40
126,88
Std. J-T Statist! k
Asymp. Sig. (2-seitig) |
-,619
,536
-2,680
,007
Tabelle 40: Vertrauenseinfluss 66\ fiir die gesamte Stichprobe mit J-Test (y = 0,61)
Bei Gewinnerwartung zeigt der J-Test keinen signifikanten Interaktionseffekt. Hier zeigen die mittleren Range eine sehr schwache Abnahme mit steigenden CC. Femer zeigen die Mediane von (annahemd) Null, dass die Bewertungsanderung des Median Entscheiders aufgrund des opportunistischen Verhaltens nicht von den CC beeinflusst wird. Die Darstellung der Mittelwerte in Abbildung 39a (nicht gestrichelte Kurve) verdeutlichen das Ergebnis. Im Verlustbereich ist die Abnahme des bindungsreduzierenden Einflusses des Vertrauens mit Zunahme der CC deutlicher ausgepragt und fur p < 0,05 auch aufierhalb der Stichprobe zu erwarten. Mit
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
172
Ausnahme einzelner Gruppen zeigen beide Lagemafie in Tabelle 40 die abnehmende Tendenz. Die Mittelwerte sind in Abbildung 39b (nicht gestrichelte Kurve) dargestellt.
a) Bindungswirkungsdifferenz der Committed Cost zwischen Szenario I und II im Gewinnbereich 4000
40 Committed Costs b) Bindungswirkungsdifferenz der Committed Cost zwischen Szenario I und II im Verlustbereich 4000 c
2000 "
'
*
•
"
"
'
-8000 20
40
60
80
Committed Costs -•—Gesamte Stichprobe -HD--Gebundene VPN - - - A - - - Ungebundene VPN
Abbildung 39: Durchschnittliche Bindungswirkungsveranderung zwischen den Szenarien (y = 0,61)
Eine genauere Betrachtung der Ergebnisse ermoglicht die Analyse der Lagemafie der strukturellen Untergruppen. Die entsprechenden durchschnittlichen Bindungsveranderungen sind in Abbildung 39 grafisch dargestellt, Im Einklang mit den Ergebnissen des vorangegangenen Abschnitts zeigen die Mittelwerte der ungebundenen VPN positive Abweichungen zwischen den Szenarien und die Mittelwerte der gebundenen VPN negative Abweichungen, Abbildung 39a verdeutlicht, dass im Gewinnbereich auch in den strukturellen Untergruppen kein Trend zur Veranderungen erkennbar ist. Dagegen zeigen die Mittelwerte bei Verlusterwartung eine zunehmende Bindungsreduktion durch Vertrauensverringerung mit steigenden CC fur beide
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
173
Untergmppen. Aus Abbildung 39b ist ersichtlich, dass diese Entwicklung fiir die gebundenen VPN deutlicher ausgepragt ist als fur ungebundene VPN. Fiir den Fall der Gewichtung von Wahrscheinlichkeiten mit y = 0,56 ergeben sich absolut leicht geringere Mittelwerte, die Struktur der Ergebnisse bleibt jedoch unverandert. GemaB Hypothese 4b erhoht sich der bindungssenkende Einfluss der Vertrauensreduktion mit zunehmenden CC, Dies kann nur bei Verlusterwartung signifikant bestatigt werden, Im Gewinnbereich lassen sich keine Interaktionseffekte zwischen Vertrauenswirkung und Bindungswirkung der CC nachweisen. 5.4.4 Framing der Verlustsituation Der vorangegangene Teil der Untersuchung konzentriert sich auf die Messung des Einflusses von CC und Vertrauen auf die Bewertung des In-Suppliers. In diesem Abschnitt soil nun gepriift werden, welche kognitiven Entscheidungsstrukturen zu den beobachteten Wahmehmungsverzerrungen fuhren. GemaB Hypothese 3 steht die Startwertverschiebung im Mittelpunkt der Betrachtung. Weitere mogliche in Abschnitte 3.3.3 diskutierte Entscheidungsstrukturen sollen als Vergleichsmafistab dienen. Insbesondere ist zu priifen, ob ein Entscheidungsrahmen unter Benicksichtigung einer Startwertverschiebung in Hohe der CC die beobachteten kognitiven Abweichungen besser erklaren kann als die Altemativen: Segregation und Integration. Hypothese 3
Die kognitive Entscheidungsstruktur kann durch die Verschiebung des Startwertes im Kalkiil des Entscheiders abgebildet werden. Die Startwertverschiebung in Hohe der Committed Cost erklart die originare Bindungswirkung der spezifischen Investition. Im qualitativen Teil des Fragebogens wurden die VPN gefragt, ob eine Wechselentscheidung in Teil B ein Verlust der investierten Mittel bedeutet hatte, und ob sie sich in Teil B generell in einer Verlustsituation befanden. Uber die Halfte der VPN (54%) bezeichneten einen Verlust beim Wechsel als eher zutreffend [Werte 4 bis 6]. Dies deutet nicht auf die getrennte Wahmehmung von pro- und retrospektiven Zahlungen hin. Die Aussage tiber das Vorliegen einer Verlustsituation hielt die Halfte (50%) fur eher zutreffend [Werte 4 bis 6], Hier zeigt sich femer eine deutliche Zunahme der Zustimmung von der CCo Gruppe zu den Gruppen mit hoheren CC. Die durchschnittliche Zustimmung stieg von 2,7 auf 3,5 [Skala 1 bis 6]. Auf Basis der individuellen Bewertungen in Teil A des Experimentes lassen sich fur die drei Entscheidungsstrukturen jeweils die theoretischen Bewertungen der VPN in Teil B ermitteln. Diese theoriebasierten Werte sollen in einem zweiten Schritt mit den beobachteten Bewertungen in Teil B verglichen werden, MaBstab zur Beurteilung der Gtite eines Frames sind die Abweichungsquadrate zwischen theoretischen und tatsachlichen Bewertungen.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkimg spezifischer Investitionen
174
Bei Segregation passt sich der Status quo auf das neue Vermogen der VPN vollstandig an. Die CC werden aus dem Entscheidungsrahmen eliminiert, da sie ein Bestandteil aller moglichen Altemativen darstellen. Somit entspricht die erwartete Bewertung in Teil B exakt jener in Teil A. Die CC haben keinen Einfluss auf die Bewertung {Sx = 0). Dieser Frame widerspricht den Hypothesen 1 und 2. Damit kann die Segregation als Editierungsformat ftir die weitere Betrachtung ausgeschlossen werden. Bleibt der Referenzpunkt im urspriinglichen Status quo bestehen, dann werden alle Vermogensveranderungen in der Entscheidung beriicksichtigt. Damit sind bei expliziter Integration die CC mit der jeweiligen Auszahlung gemeinsam zu bewerten. Zu Priifen ist: VA^^ = VB, mit : 2 ] w(;7.)v(x.
-cc).
(16)
Bleibt der Status quo als Referenzpunkt in Teil B des Experimentes erhalten, bei gleichzeitiger Verschiebung des Startwertes der Bewertung i. H. d, CC in den Verlustbereich, dann beeinflussen die CC die Bewertung der Entscheidung, werden jedoch nicht explizit beriicksichtigt. Zu priifen ist: VA^^ = VB in Anlehnung an Gleichung (9): (17)
'- Z ^(^i X^(^/ + c^) - ^('^'^)] •
Zur Beurteilung der Giite der Frames wurden die individuellen Abweichungsquadrate zwischen theoretischem Wert bei Startwertverschiebung sowie bei Integration und dem beobachteten Wert berechnet. Startwert Szenario 1
II
Gesamt
Integration
Gebun- UngeGebun- UngeGesamt den bunden bunden den
Bereich
N
Gewinne
240
96,2
96,9
Verluste
239
95,0
Gewinne
236
99,2
Verluste
238
89,9
R^fijr Startwert
93,5
3,8
3,1
6,5
,180
100
89,2
5,0
0
10,8
,178
100
98,0
0,8
0
2,0
,090
92,3
88,0
10,1
7,7
12,0
,114
Tabelle 41: Gutekriterien der kognitiven Entscheidungsstrukturen (y = 0,61)
Tabelle 41 gibt die Anzahl iiberlegener Schatzungen des jeweiligen Frames in Prozent wieder. Beispielsweise liefert die Startwertformel bei 96,2% der VPN bei erwarteten Gewinnen unter Sicherheit eine bessere Schatzung als die Berechnung gemaB Integration. Die Startwertformel
Entsprechend des Vorzeichens der zu bewertenden Summe ist bei positiven Werten die Wertfunktion im Gewinnbereich und bei negativen Werten die Funktion fur den Verlustbereich zu wahlen. ^^^ Vgi. Schade et al. (2002), S. 9.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
175
zeigt fur Gewinne und Verluste in beiden Szenarien den besseren Fit. Eine Betrachtung der strukturellen Untergruppen der bei vollstandigem Vertrauen gebundenen bzw. ungebundenen VPN weist fiir die gebundenen VPN auf eine noch einmal hohere Gtite relativ zur Integration hin. Fiir die Interpretation der Ergebnisse bleibt festzuhalten, dass Integration als Editierungsformat von geringer Relevanz ist. Somit kann nicht von einer Integration der Zahlungen im Sinne einer Vollrechnung der Investition ausgegangen werden, Zusatzlich wurde das BestimmtheitsmaB zur Beurteilung der Eignung der Startwertformel zur Abbildung der beobachteten Bewertungen berechnet. Die Werte des BestimmtheitsmaBes zeigen einen geringen Anteil erklarter Varianz an der Gesamtvarianz der beobachteten Bewertungen. Mit einem Varianzanteil von 9% bis 18% ist die Modellgiite zur Abbildung der Realitat generell nicht zufriedenstellend. Fur Ergebnisse experimenteller Untersuchungen, insbesondere zur Messung psychologischer Konstrukte, sind GiitemaBe im vorliegenden Wertebereich jedoch nicht ungewohnlich und werden in der entsprechenden Literatur akzeptiert.^^^ Dies gilt im speziellen, wenn nicht die Vollstandigkeit des Modells sondem der Nachweis eines Effektes, hier die Startwertverschiebung, im Vordergrund steht, Fiir den Fall einer Wahrscheinlichkeitsgewichtung mit y = 0,56 liegt der Anteil erklarter Varianz leicht niedriger zwischen 6% und 17%. Femer steigt die relative Giite der Integration leicht an, Insgesamt sind die Schatzungen auf Basis der Startwertformel den Schatzungen auf Basis der Integration uberlegen und der Effekt der Startwertverschiebung ist deutlich nachweisbar. Aufgrund des geringen Erklarungsgehaltes der Varianz der beobachteten Werte kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Startwertverschiebung in Hohe der CC die Wahrnehmungsverzerrung durch die originare Wahmehmung der spezifischen Investition i. S. von Hypothese 3 vollstandig abbilden kann. 5.4.5 Einfluss der Chance auf einen Break-Even In Abschnitt 5.4.2.3 wurde untersucht, welchen Einfluss der bereits erreichte Amortisationsgrad auf die Bindungswirkung der CC hat. Es zeigte sich, dass mit zunehmendem Amortisationsgrad die Bindungswirkung der spezifischen Investition sinkt. Bei vollstandiger Amortisation und somit CC von Null, verschwindet die Bindungswirkung. Fraglich ist nun, ob bereits die erwartete (Chance auf) voUstandige Amortisation, d. h. die Moglichkeit eines Break-Even der Investition, das Entscheidungsverhaken der VPN beeinflusst. GemaB Hypothese 5 erhoht sowohl die Chance auf das Erreichen des Break-Even, wie auch ein sicheres zukiinftiges Erreichen des Break-Even die Bindungswirkung. Beide Falle werden
' Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 96 sowie allgemein Cook/Campbell (1979), S. 44-50.
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176
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
im Folgenden innerhalb der Gruppen ftir die einzelnen VPN untersucht. Betrachtet wird Jewells eine Entscheidung einer VPN, die eine vollstandige Amortisation ermoglicht und eine weitere Entscheidung, die keinen Break-Even zulasst. Weichen die Bindungswirkungen in beiden Entscheidungen signifikant voneinander ab, so kann auf einen Break-Even-Effekt geschlossen werden. Hypothese 5
Die Bindungswirkung der Committed Cost wird durch die Chance zum Break-Even der spezifischen Investition beeinflusst. a:
Die Existenz einer Chance zum Break-Even sowie ein sicherer Break-Even der spezifischen Investition in den In-Supplier erhoht die originare Bindungswirkung spezifischer Investitionen.
b:
Existiert keine Chance ftir das Erreichen des Break-Even, so besteht ein Zusammenhang in entgegengesetzter Richtung zwischen den Committed Cost und der originaren Bindungswirkung.
Da ein Break-Even nur bei Gewinnerwartung moglich ist, wird der Verlustbereich in diesem Abschnitt ausgeklammert. Somit stehen fur die Analyse zwei Entscheidungen in Szenario I (bVi und bV2) und zwei Entscheidungen in Szenario II (b°pi und b"p2) zur Verftigung, Die Auswahl der Auszahlungen in den Entscheidungen im Gewinnbereich erlauben die Priifung des Break-Even-Einflusses in fiinf unterschiedlichen Konstellationen (vgl. Tabelle 14): A. Break-Even-Chance nur beim Out-Supplier B. Break-Even-Chance bei In- und Out-Supplier C. Sicherer Break-Even nur beim Out-Supplier D. Sicherer Break-Even nur beim In-Supplier E. Sicherer Break-Even bei In- und Out-Supplier In Abhangigkeit von der Gruppenzugehorigkeit ist eine vollstandige Amortisation ftir bestimmte Entscheidungen nur fiir VPN moglich, deren CC kleiner oder gleich der hochsten Auszahlung (Break-Even-Chance) bzw. deren CC kleiner oder gleich der niedrigsten Auszahlung (Sicherer Break-Even) sind, Beispielsweise hat eine VPN mit CC i. H, v. € 40.000 die Aussicht auf einen Break-Even in BVI (€ 60.000 sicher beim In-Supplier), jedoch nicht in BV2 (€ 20.000 beim In-Supplier). Ein Break-Even-Effekt zeigt sich bei einer Abweichung der Bindungswirkung zwischen beiden Entscheidungen (hier 6x^2 - 5xVi einer VPN). Tabelle 42 zeigt, in weichen Gruppen und ftir welche Falle eine Prufling des Break-Even-Effektes im vorliegenden Design moglich ist. Grundsatzlich ist immer die Bedingung einer Break-Even-Chance geben, wenn ein BreakEven sicher erwartet werden kann. Femer ist zu beachten, dass der Einfluss einer Break-Even-
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177
Chance nicht priifbar ist, wenn beide zu vergleichenden Entscheidungen die Bedingung einer Break-Even-Chance erfullen. CC(int€)
Szenario 1
Szenario II
0 20
C
E
40
B, D
E
60
B, D
80
A
B B
I 1
Tabelle 42: Untersuchungsplan fur den Break-Even-Effekt
Die Einfltisse einer Break-Even-Chance und eines sicheren Break-Even sind in Tabelle 43 zusammengefasst. Die Giiltigkeit der Ergebnisse wurde mit dem Wilcoxon-Test fur verbundene Stichproben gepriift. Die angegebenen Differenzen der Mittelwerte beziehen sich auf die Abweichung der Mittelwerte der Bindungswirkung einer Entscheidung mit Break-EvenMoglichkeit von den Mittelwerten einer Entscheidung ohne Break-Even-Moglichkeit. Negative Werte der Differenz zeigen eine erhohte Bindung bei Existenz der Moglichkeit eines Break-Even. Analog deuten positive Werte auf niedrigere Bindungen hin. Gesamte Gruppe Szenario
CC (in t€)
Fall
Asymp. Sig.(2-s.)
Mittelwert Differenz
Gebundene VPN
Ungebundene VPN
Mittelwert Differenz
Mittelwert Differenz
20
C
,573
234,5
-2760,7
3066,1
40
B, D
,030
-844,4
-2573,2
2625,7
60
B, D
,010
-1623,0
-3834,0
1725,8
80
A
,108
-951,7
-3547,7
4153,8
II
20
E
,347
-652,6
-2107,3
749,2
II
40
E
,917
241,6
-4018,4
3997,6
II
60
B
,635
601,4
-5386,5
6560,6
II
80
B
,035
-1581,7
-5144,8
3006,9
Tabelle 43: Priifung des Break-Even-Einflusses nach Wilcoxon (y = 0,61)
Die Chance auf Break-Even fiihrt in der gesamten CC Gruppe nur ftir Fall B (eine BreakEven-Chance auf beiden Seiten) fiirp < 0,05 zu signifikanten Bindungserhohungen (eine Ausnahme bildet CCeo^^). Betrachtet man die strukturellen Untergruppen fiir Fall B, so zeigt sich eine Bindungserhohung nur bei VPN, die bereits an den Anbieter gebunden sind. Eine teilweise deutliche Bindungsreduktion zeigen die ungebundenen VPN.^^^ Die Vorzeichen der
Bin scheinbar abweichendes Ergebnis zeigt Heath in einer Untersuchung zur „Deeskalation" bei Investitionsentscheidungen (vgl. Heath (1995), S. 42). Der Autor iegt jedoch im Unterschied zu den obigen Ergebnissen die Investitions-Abbrecherquote als MaB der „Deeskalation" zugrunde. Eine Anpassung der Alternative als Aus-
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178
Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung speziflscher Investitionen
Mittelwertdifferenzen zeigen, dass die Chance auf Break-Even die jeweiligen Bindungsrichtungen der Untergruppen verstarkt. Ein mit Sicherheit erwarteter Break-Even wirkt sich in der gesamten CC Gruppe nur in Fall D signifikant bindungserhohend aus, d. h,, wenn die vollstandige Amortisation nur durch die InSupplier Investition sicher ist (und beim Out-Supplier nur die Chance auf einen Break-Even existiert).^^^ Da Fall D den Fall B beinhaltet, kann fur die beiden Gruppen, in denen beide Bedingungen vorliegen, keine Aussage iiber die Ursache der Bindungserhohung getroffen werden. Die Ergebnisse der beiden Gruppen in Szenario II, in denen B, jedoch nicht D gegeben ist, legen jedoch nahe, dass insbesondere bei gebundenen VPN bereits die Chance auf einen Break-Even zur Bindungserhohung ausreicht. Die Sicherheit vollstandiger Amortisation scheint hierfur nicht notwendig, sie erhoht jedoch die Wertschatzung der Investition.^^^ Insgesamt zeigt sich, dass die Existenz einer Chance zum Break-Even der spezifischen Investition in den In-Supplier die originare Bindungswirkung spezifischer Investitionen erhoht. Einschrankend ist anzumerken, dass die Gruppe ungebundener VPN durch eine Chance auf vollstandige Amortisation reduzierte Bindungen zeigt. Die Bedingung, dass ein sicherer Break-Even zu erwarten ist, welche die Bedingung einer Chance auf Break-Even beinhaltet, zeigt eine fur beide Vergleichspaare signifikant hohere Bindungswirkung. Die Hypothese 5a kann bestatigt werden. GemaB Hypothese 5b hat die Erwartung eines Break-Even Auswirkungen auf den Zusammenhang zwischen der Bindungswirkung und den CC. Wird ein Break-Even erwartet, so erhoht sich die Bindungswirkung mit der Hohe der CC (vgl. Abschnitt 5,4.2.1). Ist kein BreakEven zu erwarten, ergibt sich aufgrund der Ubergewichtung von Gewinnen relativ zu einem Startwert im Verlustbereich, ein negativer Zusammenhang. Zur Priifung der Bindungsveranderung bei zunehmenden CC und bei Abwesenheit einer Break-Even-Chance werden nur Entscheidungen im Gewinnbereich betrachtet, deren mogliche Ergebnisse alle unter den CC
druck der Bewertimg der Investition ist bei Heath nicht moglich. Der prozentuale Riickgang von Investitionsabbrechem bei einer Chance auf einen Break-Even lasst keinen Schluss iiber die Starke des individuellen „Ungebundenseins" zu. ^^^ Zu ahnhchen Ergebnissen kommen Zeeienberg und van Dijk, die eine Praferenz fiir sichere Lotterien gegenuber gleichwertigen unsicheren Lotterien nach vorausgegangenen Veriusten dokumentieren, wenn die sichere Lotterie einen Break-Even sichert (vgl. ZeelenbergA'^an Dijk (1997)). Sie fuhren den Anstieg „risikoaverser" Entscheider auf die Kodierung der Auszahlungen relativ zu einem gestiegenen Anspruchsniveau i. H. d. Sunk Cost zuruck (vgl. die Ausfiihrungen zur Startwertverschiebung im vorangegangenen Abschnitt). Relativ zum Anspruchsniveau ist die sichere Lotterie zufriedenstellend, wahrend die unsichere Lotterie eine zufriedenstellende und eine nicht zufiiedenstellende Auszahlung enthalt. Aufgrund der Ubergewichtung von nicht zufiiedenstellenden Auszahlungen (Veriusten) wird die sichere Alternative der unsicheren Lotterie vorgezogen. March und Shapira sehen die Ursache ebenso in der sicheren Zielerreichung: "Managers look for alternatives that can be managed to meet targets, rather than assess or accept risks [...]" (March/Shapira (1992), S. 1414). ^^^ Zum gleichen Ergebnis kommen Thaler und Johnson. Nach vorangegangenen Veriusten (Problem 7) entscheiden sich zwei Drittel der VPN fiir einen sicheren Break-Even anstatt eines unsicheren hoheren Gewinnes. Vgl. Thaler/Johnson (1990), S. 658.
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Experimentelle Untersuchung der wahrgenommenen Bindungswirkung spezifischer Investitionen
der jeweiligen CC Gruppe liegen/ 44 zusammengefasst.
Die entsprechenden Bindungswirkungen sind in Tabelle
Szenario II
Szenario 1
1 CC 1 (int€) 40
Anzahl VPN / Gesamte Mittelwert Stichprobe N Mittelwert
60
N Mittelwert
179
Gebunde- Ungebun- Gesamte neVPN dene VPN Stichprobe
Ungebundene VPN
GebundeneVPN
98
36
27
286,8
2005,2
-1175,3
48
19
11
49
17
19|
156,1
1996,2
-1927,2
-112,7
3958,0
-3831,91
49
24
15
49
14
22!
Mittelwert
526,6
1250,6
-2256,2
-667,8
4315,5
-4233,71
Asymp. S gn. (2-seitig)
,570
80
N
,516
Tabelle 44: Bindungswirkung der Committed Cost ohne Chance auf Break-Even
Die Mittelwerte der Bindungswirkungen in der gesamten Stichprobe zeigen fiir Szenario II einen negativen ordinalen Zusammenhang. In Szenario I gilt dies nur fur die CC40 und CCeo Gruppe. Die strukturelle Betrachtung zeigt, dass der ordinale Zusammenhang fur die gebundenen und ungebundenen VPN in Szenario I erkennbar ist. Femer ist ersichtlich, dass die Anzahl der ungebundenen VPN in Szenario II mit der Hohe der CC zunimmt, Der Anteil ungebundener VPN erhoht sich von 39% in der CCeo Gruppe auf 45% in der CCgo Gruppe. Die Priifung der statistischen Signifikanz fur die drei unabhangigen Gruppen in Szenario I wurde auf Basis der J-Statistik bestimmt. In Szenario II erfolgte die Ermittlung mit dem MWU-Test fiir zwei unabhangige Stichproben. Die Signifikanzwerte zeigen, dass die beobachteten Zusammenhange nicht auBerhalb der Stichprobe zu erwarten sind. Hypothese 5b muss abgelehnt werden.
5.5 Grenzen der experimenteUen Untersuchung Die vorangegangene empirische Hypothesenpriifung wurde in Form eines Laborexperimentes durchgefuhrt. Nur auf diese Weise sind die zahlreichen EinflussgroBen im komplexen Kontext einer industriellen Investitionsentscheidung weitgehend zu kontrollieren. Die Bindungswirkung spezifischer Investitionen beruht in realen Investitionsentscheidungen auf schwer quantifizierbaren GroBen, wie dem Produktivitatsvorteil durch Spezifitat, den prospektiven Life-Cycle-Kosten und -Nutzen, Netzwerkeffekten oder moglichen Prinzipal-Agent-
^^^ Dies betrifft die Entscheidungen P2 in Szenario I und Szenario II. Fiir P2" besteht eine maximale Gewinnchance von € 50.000. Dies bietet der CC40 Gruppe eine Break-Even-Chance, weshalb dieser Fall aus der Analyse ausgeschlossen wurde.
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Beziehungen im Buying-Center. Die Erfassung dieser GroBen stellen den Forscher vor ein Operationalisieningsproblem von enormer Komplexitat, zumal unterschiedlichste Investitionskontexte vergleichbar gemacht werden miissten. Aus den Einfltissen entstehen unterschiedliche Formen der Bindung, welche die Bindungswirkung der CC iiberlagem. Neben technischen Bindungsursachen, wie der Kompatibilitat mit weiteren Systemen, sind insbesondere weitere psychologische Bindungen an den Anbieter, bspw. die Zufriedenheit mit dem Anbieter, zu nennen,^^^ Bei der Analyse realer Investitionssituationen miisste es gelingen, die Bindungswirkung der CC zu isolieren. Auf der Wahrnehmungsebene stehen dem insbesondere die zahlreichen ungeklarten Interdependenzen bei der wahrgenommenen Bindung der einzelnen EinflussgroBen entgegen. Aus diesen Griinden erscheint die isolierte Analyse des CC-Effektes nur in der kontrollierbaren Umgebung einer experimentellen Untersuchung sinnvoll.^^^ Damit verbunden sind jedoch Einschrankungen der Validitat, die in der Natur des Experimentes liegen. Wahrend das Laborexperiment generell als hoher intern valide gilt, besitzt die Feld-Befragung allgemein eine hohere exteme Validitat.^^^ Ein Experiment ist intern valide, wenn der beobachtete Effekt (hier die Bewertungsveranderung) ausschlieBlich auf die experimentelle Manipulation (hier Spezifitat, Amortisation und Vertrauen) zuruckzuftihren ist und nicht durch auBere Faktoren (bspw. Netzeffekte, Machtkalkiile etc.) beeinflusst wird. Im Gegenzug muss auch die Abwesenheit eines Zusammenhanges von manipulierten und abhangigen GroBen Ursache einer nicht vorhandenen kausalen Beziehung sein. Die exteme Validitat bezieht sich auf die Ubertragbarkeit der beobachteten kausalen Zusammenhange auf andere Populationen von Personen, Sachverhalten und Zeitpunkten.^^"* Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln wesentliche Aspekte intemer Validitat bereits diskutiert wurden, soil sich die Analyse der Grenzen der experimentellen Untersuchung auf
^^' Vgl. u. a. Weiber/Beinlich (1994). ^^^ Zu Vorteilen und Anwendung von Experimenten in der empirischen Wirtschaftsforschung vgl. Schade (2005). ^^^ Vgl. Churchill/Iacobucci (2002), S. 176, 178. ^^'^ Vgl. Cook/Campbell (1979), S. 37ff. Die Autoren fuhren erganzend zwei weitere Validitatskriterien an. Als Teil der extemen Validitat wird von Cook und Campbell die Construct Validity diskutiert. Sie bezieht sich auf die „[...] approximate validity with which we can make generalizations about higher-order constructs from research operations" (Cook/Campbell (1979), S. 38). Die Diskussion, wie die Operationalisierung des Konstruktes der CC die retrospektive Bindungswirkung abbildet, ist Inhalt des Abschnittes 5.2.1.2. Zusatzliche Priifungen der Konstruktvaliditat auf das Vorhandensein systematischer Fehler sind im Anschluss zu diskutieren. Weiterfuhrend zur Konstruktvaliditat siehe Peter (1981); Hildebrandt (1984). Als weiteres Kriterium fuhren Cook und Campbell die Statistical Conclusion Validity an. Sie driickt aus, welches AusmaB und welche statistische Signifikanz die beobachteten Zusammenhange in den Daten aufweisen. Diese Fragen sind Gegenstand der Hypothesenprufung des vorangegangenen Kapitels. Die vier Validitatskriterien sind aus praktischen tfberlegungen entstanden und keinesfalls uberschneidungsfrei. Sie dienen als Grundlage einer kritischen Prufung experimenteller Ergebnisse.
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zwei fiir die Untersuchung bedeutende Bereiche der extemen Validitat konzentrieren: die Generalisierbarkeit der Resultate sowie mogliche Einfliisse systematischer Verzerrungen der Ergebnisse. Einen Uberblick der ausgewahlten Kriterien gibt Tabelle 45. 1
Generalisierbarkeit -
Weitere Einflusse
Realitatsnaher Kontext
-
Messmethode (Response Mode Bias)
Personenreprasentativitat
-
Verankerungseffekte Monetare Anreize und Anreizkompatibilitat
Multipersonale Entscheidungsfmdung (Buying-Center) Tabelle 45: Problematische Bereiche externer Validitat
5.5.1 Generalisierbarkeit der Ergebnisse Fiir die Generalisierbarkeit experimenteller Ergebnisse wird die Realitatsnahe der Sachverhalte, Aufgabenstellungen und Manipulationen gefordert. In dem AusmaB, in dem sie die reale Welt abbilden, ist von einer Erhohung der extemen Validitat der Untersuchung auszugehen. So vertreten Berkowitz und Donnerstein die Auffassung, dass „[...] the really important truths are to be found in the real world rather than in laboratory simulations".^^^ Dem gegentiber steht die oben angefuhrte Forderung nach der Ubertragbarkeit der kausalen Zusammenhange. Demnach kann die exteme Validitat nur durch „unrealistische" Bestandteile des experimentellen Designs beeintrachtigt werden, die mit den manipulierten Variablen interagieren.^^^ Vor diesem Hintergrund wurde dem Experiment eine Fallstudie zugrunde gelegt, die den Kauf eines Beschaffungssystems beschreibt. Im Fokus der Fallstudie stehen die retrospektiven Determinanten der Investitionsentscheidungen, die auf einem realen Fall basieren. Zugunsten einer reduzierten Komplexitat wurde nur auf die realitatsnahe Darstellung von bindungsrelevanten prospektiven Determinanten verzichtet, die mit den im Hypothesensystem angefuhrten kausalen Zusammenhangen nicht interagieren, Damit sollen die Gefahren fur die exteme Validitat der Ergebnisse reduziert werden, ganz beseitigt werden konnen diese in der naturgemafi begrenzt realitatsnahen Situation einer Fallstudie jedoch nicht. Ein weiterer Aspekt extemer Validitat betrifft die Reprasentativitat der Stichprobe, Aus Poppers wissenschaftstheoretischem Prinzip der Falsifikation folgem Calder et al./^^ dass empirische Pnifungen von Theorien eine Auswahl von VPN erfordem, die konservative Tests ermoglichen, um die Widerlegung der Theorie zu verwerfen.^^^ Dies erfordert die maximale Homogenitat der Stichprobe. Homogene Stichproben reduzieren die Gefahr, kausale Bezie-
^ Berkowitz/Doimerstein (1982) zitiert nach Lynch (1982), S. 231. Wgl. Lynch (1982), S. 232. ^Vgl. Popper (1959). ^ Vgl. Calder et al. (1981), S. 199f.
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hungen zu bestatigen, die nicht existieren. Bei heterogenen Stichproben ist mit hoherer Fehlervarianz zu rechnen, wenn sich die Heterogenitat auf Eigenschaften der VPN bezieht, die Einfluss auf die Antworten der VPN besitzen. Damit steigt die Gefahr eines Typ II Fehlers und sinkt die interne Validitat.^^^ Einzuschranken ist jedoch, dass unterschiedliche Subpopulationen sich nicht in unbeobachteten Merkmalen auBerhalb des theoretischen Rahmens unterscheiden durfen, die Einfluss auf den gemessenen Effekt des Treatments besitzen. Diese Forderung impliziert die Berucksichtigung aller mogHcher relevanter Variablen, was aus praktischen und logischen Griinden unmoghch erscheint. Demnach ist die vollstandige exteme Validitat nicht zu erreichen. Vielmehr schlagen Calder et al. vor, offensichtliche Einflusse einzubeziehen und die GroBen, deren Einfluss nicht nahehegend ist, konstant zu halten. "* Aus diesen Griinden soil die Reprasentativitat im Folgenden anhand moglicher Unterschiede von der Stichprobe und der Zielpopulation beurteilt werden, die Relevanz fur den Treatmenteffekt besitzen. Die Stichprobe besteht aus einer relativ homogenen Gruppe von Studenten der Betriebswirtschaft, die durchschnittlich rund sechs Semester studiert haben (vgl. Abschnitt 5.2.3). Die Zielpopulation richtet sich nach dem jeweiligen Untersuchungsziel: Fiir diese Arbeit werden u. a. Implikationen fur das Marketing-Management angestrebt. Liegen einseitige spezifische Investitionen auf Kundenseite vor, so lasst sich die Zielpopulation auf Manager und Untemehmer fokussieren, welche Beschaffungsentscheidungen treffen oder darin involviert sind. In Anlehnung an Levesque und Schade sollen drei Bereiche unterschieden werden, in denen sich die Entscheidungsfmdung von Studenten und Managem unterscheidet: Informationssuche, Informationsverarbeitung und Anfalligkeit fur Wahmehmungsverzerrungen.^'*^ Mogliche Unterschiede der Studenten und Experten bei der Informationssuche konnten zu abweichenden Entscheidungen fiihren. Jacoby et al. weisen nach, dass schon kurze TrainingsmaBnahmen zur Informationssuche signifikant bessere Investitionsentscheidungen hervorrufen konnen.^"*^ Unterschiede in der Effektivitat der Informationssuche sind im vorliegenden Experiment jedoch von geringer Relevanz, da alle verfugbaren Informationen in der Einfuhrung des Experimentes sowie in der Fallstudie gegeben sind. Dies lasst keinen Raum fur Informationssuchstrategien. Zweitens konnten sich Experten und Studenten in der Art der Informationsverarbeitung unterscheiden. Dies betrifft die Fahigkeit zu optimieren und zur klugen Anwendung von Heuristiken. Studenten, die formal trainiert sind, konnten bessere Optimierer sein, jedoch weniger
^ Vgl. ebenda, S. 200. ^ Vgl. Calder et al. (1982), S. 24If. ' Vgl. Levesque/Schade (2004). • Vgl. Jacoby etal. (2001).
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klug in der Anwendung von Heuristiken.^"*^ Die mangelnde Kenntnis der Regeln, insbesondere der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik (und nicht Erfahrung und Expertise im Entscheidungsgegenstand), konnten bei Marketing-Managem mit geringer Bildung zu ausgepragteren Treatmenteffekten fuhren.^"^ Abschliefiend sind Unterschiede in der Anfalligkeit fur Wahmehmungsverzerrungen bei Studenten und Managem zu betrachten. Thematisiert werden im Folgenden Differenzen im Risikoverhalten nach vorangegangenen Auszahlungen und in der Moglichkeit zu Lemen. In einer Studie von Sullivan und Kida wurde das Risikoverhalten von 72 Finanzmanagem verschiedener Branchen bei vorausgegangenen Gewinnen und Verlusten untersucht.^"*^ Dreimal so viele Manager waren nach vorausgegangenen Gewinnen eher bereit, Risiken einzugehen, als nach vorausgegangenen Verlusten. Die Mehrheit der Manager verhielt sich jedoch in beiden Situationen risikoavers. In einer Studie ahnlichen Aufbaus mit MBA Studenten von Thaler und Johnson zeigte die Mehrheit der Studenten nach Gewinnen und, wenn eine riskante Alternative vorangegangene Verluste ausglich, ein risikofreudiges Verhalten.^"*^ Sullivan und Kida ftihren diesen Widerspruch auf eine Tendenz zur Risikovermeidung bei Managem zuruck und stellen die Reprasentativitat von Studenten ftir Managemententscheidungen infrage. Ein dieser Erklarung widersprechendes Ergebnis zeigt die Studie von Wehrung,^"*^ Die Untersuchung zum Risikoverhalten von 113 leitenden Managem in der Olbranche stellte mehrheitlich risikofreudiges Verhalten sowohl im Gewinn- als auch im Verlustbereich fest. Diese Divergenz lasst eine Abhangigkeit des Risikoverhaltens von der Personengmppe (Selection Bias) auch innerhalb der professionellen Entscheider vermuten.^"*^ Zu untersuchen ware, ob bspw. ein leitender Bankmanager in der Tendenz auf vorangegangene Auszahlungen risikoavers und ein 01-Manager risikofreudig reagiert, oder ob mogliche Unterschiede branchenunabhangig in der betrieblichen Funktion verankert sind. Dariiber hinaus ist zu zeigen, dass die Gesamtheit der Manager durch bemfliche Einfltisse ein anderes Entscheidungsverhalten zeigt als die Gesamtheit der (betriebswirtschaftlichen) Studenten, die sie einmal waren. Eine solche Argumentation setzt unterschiedliche Erfahmngen und spezielles Wissen durch Lemen im jeweiligen beruflichen Werdegang voraus. Tversky und Kahneman stellen die generelle Korrektur des Entscheidungsverhaltens durch Lemeffekte infrage, „[...] any claim that a particular error will be eliminated by experience must be supported by demonstrating that ' Vgl. Bamett/Koslowski (2002). Wgl. Fischer (1989), S. 496. ' Vgl. SuUivan/Kida (1995), S. 82. ' Vgl. Thaler/Johnson (1990). ' Vgl. Wehrimg (1989), S. 135. MacCrimmon und Wehrung finden unterschiedliches Verhalten in Abhangigkeit von der Fuhrungsebene. Sie weisen hohere Risikofreude bei hochrangigen Fuhrungskraften als bei Fiihrungskraften im mittleren Management nach. Femer ist die Risikobereitschaft der befragten Manager bei geschaftlichen Entscheidungen starker ausgepragt als bei privaten Entscheidungen. Vgl. MacCrimmonAVehrung (1986).
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the conditions for effective learning are satisfied".^''^ Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass irrationale (rationale) Entscheider wissen, dass sie schlechter (besser) entscheiden als die anderen Marktteilnehmer. Lemen erfordert umgehendes Feedback iiber die Beziehung von situativen Faktoren und dem angemessenen Verhalten. Fur fehlendes Feedback lassen sich verschiedene Ursachen identifizieren:^^^ Ergebnisse von Entscheidungen sind oft erst zeitlich versetzt erkennbar und konnen nur schwer einzelnen Entscheidungen (Elementarereignissen) zugeordnet werden, Femer mindert die Veranderlichkeit der Umweltbedingungen die Verlasslichkeit von Feedbackinformationen (insbesondere bei Ergebnissen niedriger Wahrscheinlichkeit), Hinzu kommt, dass meist keine Informationen uber Ergebnisse verfugbar sind, die bei einer altemativen Entscheidungsoption eingetroffen waren. Der wohl wichtigste Grund fiir den begrenzten Einfluss von Lemeffekten auf die Rationalitat der Entscheider ist der hohe Anteil an Einmalentscheidungen, insbesondere bei Neukaufentscheidungen auf Markten. Hier sind die Moglichkeiten des Lemens durch Erfahrung und Feedback eingeschrankt.^^^ Dies gilt auch fur die vorliegende Untersuchung. Eine Ausnahme bildet das Szenario II, dessen Ergebnisse deutliche Lemeffekte zeigen. Daruber hinaus kann das Vorhandensein von Expertise die experimentellen Ergebnisse auch verfalschen. Die Erfahrung kann dazu fiihren, dass sich professionelle Entscheider nicht in die vorgegebene experimentelle Situation hineinversetzen konnen. Nach den Erfahrungen wahrend einer experimentellen Auktion stellt Bums fest: „If the object of the experiment is [...] to measure reactions to the experimental conditions and objectives, it is unproductive to choose as subjects those whose prior experience is contrary to the current design requirements, for they will have difficulty in adjusting to a new frame of reference with consequent suboptimal behavior [.. .]".^^^ Dieses Argument spricht fur den Einsatz von Studenten in der vorliegenden Untersuchung. Generell kann die Reprasentativitat von studentischen VPN wohl nur durch Einbeziehung der tatsachlichen Zielpopulation beurteilt werden. AbschlieBend ist die Generalisierbarkeit individueller Entscheidungen auf multipersonale Entscheidungen zu diskutieren. Werden Kaufentscheidungen in Gruppen, insbesondere im Buying-Center, getroffen, kommt es zu Interaktionen zwischen den Gruppenmitgliedem, welche die Wahmehmung der Entscheidungssituation durch die Mitglieder beeinflussen konnen. So weisen Rao und Steckel einen „Group Shift" der Praferenzen in Gruppenentscheidungen nach.^^^ Durch den Gruppeneinfluss sind ex post Gruppenbewertungen in Richtung der durchschnittlichen individuellen ex ante Nutzenwahmehmungen extremer. Mehrheitliche Tendenzen der Ablehnung bzw. Zustimmung zu Kauf- oder Wechselentscheidungen werden durch ""' Vgl. Tversky/Kahneman (1986). '^° Vgl. ebenda, S. 274. '^' Vgl. Einhom/Hogarth (1978). '^^ Bums (1985), S. 152 zitiert nach Friedman/Sunder (1994), S. 41. '^^ Vgl. Rao/Steckel (1991), S. 115.
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die Gruppe verstarkt, Es findet eine Praferenzanpassung i, S. einer Polarisierung statt. Verstarkt wird dieser Effekt bei Entscheidungen unter Zeitdruck durch den ^Groupthink".^^"* Die Individuen entwickeln unter Zeitdruck einen dysfunktionalen Zwang zur Einigkeit, der kritische Meinungen von innen und auBen unterdriickt und zur Selbstzensur in der Gruppe fiihrt.^^^ Die Bereitschaft des Einzelnen zur Anpassung der Praferenzen wird um so groBer sein, je niedriger der kau^roblembezogene Informationsstand ist und je weniger Erfahrungen in der Vergangenheit gesammelt wurden.^^^ Im Fall eines Machtkampfes ist die Gruppenentscheidung mit der Identifikation der einflussstarksten Person und ihrer Praferenzen determiniert, ohne dass sich die individuellen Praferenzen der iibrigen Gruppenmitglieder andem.^^^ Fur den Fall einer diktatorischen Entscheidung ist ein Gruppeneinfluss auszuschlieBen. Buying-Center Einfliisse schranken die AUgemeingtiltigkeit der vorliegenden Ergebnisse ein. Der CC-Effekt und damit der Nachweis systematischer Wahmehmungsverzerrungen bleibt davon jedoch unberiihrt. 5.5.2 Weitere Einflussfaktoren Neben den manipulierten Einflussfaktoren und den bewusst konstant gehaltenen Einflussfaktoren der Bindungswirkung sind in diesem Abschnitt drei weitere validitatsrelevante Einfliisse zu diskutieren: der Einfluss der Erhebungsmethode, mogliche Ankerpunkteffekte sowie die Gestaltung der extrinsischen Anreize. Eine mogliche Gefahr fur die Validitat der Ergebnisse ist die Abhangigkeit der subjektiven Bewertungen von der Art der Erhebung (Response Mode Bias). In Abschnitt 5.2.1.1 wurde die Wahl der Erhebungsmethode zugunsten der Erhebung von Wahrscheinlichkeitsaquivalenten aufgrund der Pretest Ergebnisse und des Entscheidungskontextes getroffen. Zunachst war zu entscheiden, ob die Bewertungen direkt uber eine zahlenmaBige Abfrage von Werten oder indirekt tiber Paarvergleiche, d. h. eine Auswahlentscheidung, abgefragt werden. Aufgrund der hohen Anzahl von Paarvergleichen, die bei Verwendung der Praferenzvergleichsmethode erforderlich gewesen ware, um eine ausreichend exakte Bewertung zu extrahieren, wurde dieses Verfahren ausgeschlossen. AnschlieBend wurde im Rahmen des Prestests gepriift, ob Sicherheitsaquivalente oder Wahrscheinlichkeitsaquivalente zu besseren Ergebnissen fUhren. Insbesondere bei der Vorgabe von Erwartungswerten (der In-Supplier Investition) fLihrte die Abfrage von Sicherheitsaquivalenten zu einer hohen Anzahl „rationaler" Antworten. Hier wurde der Erwartungswert tibemommen, bzw. ausgerechnet. Die Erhe-
^ Vgl. Moorhead et al. (1991). ^^^ Vgl. Buschken (1994), S. 46. Erst dieser Mechanismus erlaubt es, von der Risikoeinstellung des BuyingCenters zu sprechen, die der vorangegangenen Analyse implizit zugrunde liegt (vgl, Schade/Schott (1993a), S. 496). ^^'' Vgl. Buschken (1994), S. 28. ^^^ Vgl. Davis (1973), S. 100.
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bung von Wahrscheinlichkeitsaquivalenten fiihrte dagegen zu einer realistischeren Wahmehmung der Entscheidungssituation und zu einer Reduktion „mathematischer" Antworten, Aus theoretischer Sicht spricht femer fur diese Methode, dass Abhangigkeiten der Antworten einer Entscheidung von den Antworten vorangegangener Entscheidungen vermieden werden. Reduziert werden damit Gefahren durch die Verkettung von Entscheidungen, Pfadabhangigkeiten sowie Risikoverzerrungen.^^^ Mit der Erhebung von Wahrscheinlichkeitsaquivalenten geht jedoch auch eine Erhohung der Entscheidungskomplexitat einher. Es besteht die Gefahr, dass sich die VPN einer komplizierten mathematischen Gleichung gegeniiber sehen, die es zu losen gilt. Um der Uberforderung der VPN zu begegnen, wurden umfangreiche TrainingsmaBnahmen vor der Befragung durchgefiihrt, Es ist davon auszugehen, dass damit mogliche Einfltisse der Erhebungsmethode auf die Bewertungen reduziert, jedoch nicht vollstandig beseitigt werden, Vergleichende Untersuchungen der Erhebungsmethoden mit Sicherheits- und Wahrscheinlichkeitsaquivalenten weisen darauf hin, dass die Festlegung auf die Erhebung von Wahrscheinlichkeitsaquivalenten zu einem systematischen Nettoanstieg risikoaverser Entscheidungen fuhren konnte.^^^ Hershey und Schoemaker fmden eine Untergruppe von VPN, die „[...] reframe PE [Probability Equivalence] mode questions as if they were mixed lotteries, leading to a shift in risk attitude. [...] If so, the lottery is psychologically translated upward (for losses) or downward (for gains) by [its] sure amount, which serves as the new reference point".^^^ In ihrer Untersuchung verwenden die Autoren Lotterievergleiche (Choice Mode), in denen der sichere Betrag explizit ausformuliert wurde. Bspw. wurde zwischen $100 sicher und einer 50/50 Chance auf einen Gewinn von $200 oder Null gewahlt. Anschliefiend wurde das Sicherheitsaquivalent groBer oder kleiner $ 100 abgefragt. Bei der vergleichenden Abfrage der PE Methode wurde nach der Auswahlentscheidung nach dem Wahrscheinlichkeitsaquivalent groBer oder kleiner 50(/50) gefragt. Durch die explizite Vorgabe des sicheren Betrages wurde von den Autoren ein Referenzpunkt vorgegeben, was in dieser Form in der vorliegenden Studie nur fiir Szenario I gegeben ist. Die Ergebnisse von Hershey und Schoemaker zeigen, dass zumindest im Verlustbereich die Anzahl risikoaverser Entscheider signifikant zunimmt. Einschrankend ist anzumerken, dass nur Entscheider, die im Sinne der Formulierung der Prospect Theorie konkave Funktionen fur Gewinne und konvexe Funktionen fur Verluste aufwiesen, eine solche Verschiebung zeigten.^^^ Fiir die vorliegende Untersuchung folgt daraus, dass fur zwei Entscheidungen (Verlustbereich Szenario I) von erhoht aversem PJsikoverhalten bei ca. einem Drittel der VPN im Vergleich
' Vgl. Farquhar (1984), S. 1290. ^ Vgl. Payne et ai. (1980); Hershey et al. (1982); Hershey/Schoemaker (1985). ^Hershey/Schoemaker(1985), S. 1224. ' Der Anteil dieser Entscheider an der gesamten Stichprobe wurde dort nicht dokumentiert.
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zu einer entsprechenden CE Erhebung auszugehen ist.^^^ Da dieser Effekt fur Teil A und Teil B des Experimentes gleichermaBen zu erwarten ist, ist nur mit einer Beeinflussung der gemessenen Bindungswirkung der CC zu rechnen, wenn der methodenabhangige Referenzpunkteffekt mit einem moglichen Referenzpunkteffekt, ausgelost durch CC, nicht additiv interagiert. Anhaltspunkte fur eine solche Annahme liegen in der zitierten Literatur nicht vor. Neben methodischen Einfliissen ist zu priifen, inwiefem Verankerungseffekte (Anchoring), die aus dem experimentellen Ablauf resultieren, die Ergebnisse beeintrachtigen. Nach Tversky und Kahneman basiert dieses Phanomen darauf, dass „[...] people make estimates by starting from an initial value that is adjusted to yield the final answer. [.,.] Since adjustment from the starting point is typically insufficient, the final estimates remain too close to the probabilities of the elementary events [...]".^^^ Fiir die vorliegende Erhebung ergeben sich daraus zwei Gefahren: die Beeinflussung der Antworten in Teil B durch die Antworten in Teil A sowie die Beeinflussung durch Beispielentscheidungen. Im ersten Fall werden die ex ante Entscheidungen in Teil A als Ankerpunkt wahrgenommen und beeinflussen die Folgeentscheidungen in Teil B in Richtung ex ante Entscheidung. Ein solcher Effekt wiirde dem CC-Effekt entgegenwirken und Bewertungsveranderungen von Teil A zu Teil B reduzieren, Dementsprechend waren die gemessenen Veranderungen Sx tendenziell geringer als der wahre CC-Effekt. Dies spricht fur zu konservative Ergebnisse, die eher unterschatzt sind. Der Ankerpunkteffekt kann daniber hinaus zu einer Uberschatzung des Anteils „rationaler" Entscheider fuhren, die sich an ihrem Anker, nicht jedoch am Treatment orientieren. Eine Erklarung fiir die Zunahme „rationaler" Entscheider von Szenario I zu Szenario II folgt daraus jedoch nicht, da in beiden Szenarien der gleiche Ankerpunkteffekt wirken miisste. Der zweite Fall ergibt sich einerseits aus den im Fragebogen verwendeten „75%" als Beispielwert und andererseits aus den Beispielrechnungen, die Teil der Erlauterungen vor dem Experiment waren. Wie in Abbildung 40 schematisch dargesteUt, verhindert ein moglicher Ankerpunkt die vollstandige Anpassung an den „wahren" Wert, der durch das Treatment hervorgerufen wird. Eine Verankerung durch die Angabe von „75%" in beiden Teilen der Fallstudie gilt jedoch fiir Teil A und Teil B gleichermaBen, so dass zwar die jeweiligen Bewertungen x^ und x^ beeintrachtigt waren, die Veranderung Sx beider GroBen bleibt jedoch unverandert. Analog ware ein moglicher Einfluss der Beispielrechnungen vor dem Experiment wirkungsneutral, wenn er auf beide Teile des Experimentes gleichermaBen wirkt.
-VgLAbschnitt 5.3.3. ' Tversky/Kahneman (1974), S. 1128f., siehe auch Slovic/Lichtenstein (1971), S. 712f.
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Anzahl VPN
Abbildung 40: Ankerpunkteffekt durch die Beispielsentscheidung
AbschlieBend soil die Bedeutung der Hohe, Struktur und Wirkung monetdrer Anreize fiir die Validitat der experimentellen Ergebnisse gepriift werden. Aus okonomischer und psychologischer Sicht lassen sich zwei kontrare theoretische Standpunkte formulieren.^^ Aus okonomischer Sicht arbeiten VPN nicht ohne Gegenleistung und arbeiten angestrengter, ausdauemder und effektiver, wenn sie fur mehr Leistung mit mehr Geld belohnt werden. Dem gegentiber steht die sozialwissenschaftliche, insbesondere psychologische Sicht, wonach die intrinsische Motivation ublicherweise ausreicht, um konstante Anstrengung auch in Abwesenheit finanzieller Anreize hervorzurufen. Hohere Anreize ftihren dabei nicht zwingend zu qualitativ besseren Ergebnissen. Eine Analyse von Kachelmeier und Shehata zeigt, dass rationales Handeln keine Frage des Anreizes darstellt.^^^ Bestatigt wird dies von Camerer und Hogarth. Sie stellen fest: „[...] there is no replicated study in which a theory of rational choice was rejected at low stakes in favor of a well specified behavioral alternative, and accepted at high stakes".^^^ Das Auftreten von Paradoxa zum Rationalitatspostulat kann demnach als unabhangig von der Hohe fmanzieller Anreize betrachtet werden.^^^ Zu priifen ist jedoch, in wiefem die Qualitat der beobachteten Abweichungen durch extrinsische Anreize beeinflusst wird.
' Vgl. Camerer (1989), S. 7. ^^^ Dieser Effekt ist abhangig von der Eintrittswahrscheinlichkeit der anreizrelevanten Auszahlungen. Kachelmeier und Shehata fanden massive Risikofreudigkeit fiir kleine Wahrscheinlichkeiten bei chinesischen Studenten, die nach der Sicherheitsaquivalent-Methode um Einsatze spielten, die ein Vielfaches ihres Monatseinkommens ausmachten (vgl. Kachelmeier/Shehata (1991)). ^^ Camerer/Hogarth (1999). ^^' Vgl. Tversky/Kahneman (1992), S. 315f. sowie Camerer (1989), der femer keine signifikanten Auswirkungen auf die Reliabilitat der Ergebnisse und die Antwortzeiten der VPN feststellte.
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In einer Meta-Analyse experimenteller Studien verglichen Camerer und Hogarth 74 Studien mit keinen, niedrigen und hohen monetaren Anreizen.^^^ Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Wirkung monetarer Anreize abhangt von der Art der experimentellen Aufgabe, welche die VPN zu losen haben.^^^ Bei Aufgaben, bei denen Anstrengung durch Anreize beeinflussbar ist und hohere Anstrengung zu besseren Ergebnissen fuhrt, ist ein positiver Effekt finanzieller Anreize zu beobachten. Dies zeigt sich u. a. bei Bewertungs- oder RecallAufgaben sowie dem Matching von Wahrscheinlichkeiten, wo finanzielle Anreize erganzenden Arbeitseinsatz generieren, wenn die intrinsische Motivation nachlasst. Die Anreizwirkung steigt hier erheblich von keinen zu geringen monetaren Anreizen. Zwischen hohen und geringen Anreizen ist in der Meta-Analyse kein oder ein geringer Anstieg zu beobachten, Es besteht demnach kein monotoner Zusammenhang zwischen der Hohe der Anreize und dem Verhalten der Individuen.^^^ Kein oder ein geringer Einfluss ist festzustellen, wenn die intrinsische Motivation ausreicht, die Aufgabe zu losen oder zusatzliche Anstrengung bei schweren Aufgaben keine Verbesserung bringt. Dies gilt fur viele typische Fragestellungen empirischer Wirtschaftsforschung, wie das Verhalten auf experimentellen Markten und Verhandlungen in Spielen, Durch extrinsische Anreize ist jedoch in vielen Fallen ein Riickgang der Varianzen sowie der Anzahl der Fliichtigkeitsfehler in den Antworten zu verzeichnen.^^^ Anreize konnen unter bestimmten Voraussetzungen auch Ergebnisverschlechterungen mit sich bringen. So konnen VPN iiber Heuristiken „hinauslemen", auf Feedback iiberreagieren oder durch hohe finanzielle Anreize eine zu hohe Aktivierung (ahnlich einer Klausursituation eines Studenten) aufweisen.^^^ Fur die vorliegende Untersuchung wurden Kinogutscheine als Ersatz fiir eine monetare Entlohnung verlost. Damit ist die oben zitierte Forderung nach zumindest geringen extrinsischen Anreizen erfullt. Die Hohe der Belohnung war nicht gekoppelt an die Bewertungen der VPN, d. h., die hypothetischen Entscheidungen hatten keine (fmanziellen) Konsequenzen, In der Terminologie der experimentellen Wirtschaftsforschung ist die vorliegende Erhebung nicht
^ Vgl. Camerer/Hogarth (1999). ^^^ Zu einem anderen Ergebnis kommen Jenkins et al., die bei der Untersuchung von 39 Studien keinen Einfluss des Aufgabentyps feststellten. Es wurde dabei jedoch nur zwischen intrinsischen und extrinsischen Aufgaben unterschieden (vgl. Jenkins et al. (1998), S. 784). ^^" Auf einen bedeutenden Zusammenhang zwischen der beruflichen Erfahrung und monetaren Anreizen weist Schade im Kontext untemehmerischer Entscheidungen hin. So wird ein Untemehmer, der normalerweise mit Entscheidungskonsequenzen im Miliionenbereich zu tun hat, geringe Anreize bspw. von € 30 nicht emst genug nehmen, um anreizkompatibel zu agieren (vgl. Schade (2005)). ^•^' Vgl. Camerer/Hogarth (1999). ^•^^ Vgl. ebenda, S. 8.
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anreizkompatibeL^^^ Drei Aspekte waren fur die Entscheidung gegen eine anreizkompatible Befragung relevant. Die anreizkompatible Durchfuhrung von Experimenten kann als mehr oder weniger wichtig erachtet werden.^^"* Wichtig ist die Anreizkompatibilitat von Experimenten bspw. fur strategische Interaktionen. Wie in der vorangegangenen Diskussion dargestellt, sollen in der vorliegenden Fallstudie (konstante) extrinsische Anreize das Einarbeiten in die komplexe Methode der Wahrscheinlichkeitsaquivalente motivieren. Ist die VPN einmal damit vertraut, verbleiben einfache Bewertungsaufgaben, deren Anreizkompatibilitat nach Meinung des Experimentators wenig Einfluss auf die Ergebnisse gehabt hatte. Zweitens wurde der Einfluss retrospektiver GroBen (Sunk Cost-Effekt) schon vielfach in Experimenten so wie in der Realitat nachgewiesen. Die in Abschnitt 2.2.2 diskutierten Studien weisen die Entscheidungsrelevanz versunkener Kosten in vielen Kontexten nach. Dariiber hinaus ist anzumerken, dass personliche Anreize von Managem in der Realitat meist nur indirekt an die entsprechenden Ergebnisse von Investitionsprojekten gekoppelt sind. Bei leistungsgerechter Entlohnung steht dort die Zielerreichung im Vordergrund, nicht direkt das fmanzielle Projektergebnis. Ein dritter Punkt, der gegen eine anreizkompatible Losung spricht, ist die schwierige Implementierung negativer Auszahlungen in Experimenten. Nur eine geringe Anzahl der VPN ware bereit, die Gefahr realer Verluste in Kauf zu nehmen. Anzunehmen ist, dass diese VPN sich durch eine erhohte Risikobereitschaft auszeichnen, was die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung verzerrt hatte (Selection Bias).
' Vgl. u. a. Smith/Walker (1993); Schade/Burmeister (2005). ^ Vgl. Schade (2005).
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6 Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen Die Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse der Arbeit orientiert sich an den im ersten Abschnitt vorgestellten Forschungsfragen. Aufbauend auf den Ergebnissen werden abschliefiend Implikationen fur das Marketing-Management, insbesondere das Geschaftsbeziehungsmanagement, sowie fur die Marketingwissenschaft diskutiert.
6.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Bindungswirkung retrospektiver Kosten und Erlose als Teil der Bindungswirkung spezifischer Investitionen. Ihre tatsachliche Relevanz auf subjektiver Ebene steht der normativen Irrelevanz auf objektiver Ebene gegentiber. Hier setzt die Zielsetzung der Arbeit an, aus der drei Forschungsfragen abgleitet wurden: 1. Kann und muss die transaktionskostentheoretisch fundierte Erklarung der derivativen Bindungswirkung spezifischer Investitionen um eine originare Bindungswirkung erganzt werden? 2. Welchen Einfluss hat das Konstrukt der CC (Spezifitatsgrad und Amortisationsgrad der Investition) auf die originSre Bindungswirkung spezifischer Investitionen? 3. Kann die referenzpunktabhangige ModeUierung der kognitiven Entscheidungsstruktur unter Beriicksichtigung von Referenzpunkten und der Moglichkeit eines Break-Even der Investition zur Erklarung der originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen beitragen? Wahrend die erste Forschungsfrage primar auf theoretischer Ebene zu diskutieren war, basieren die Antworten der Fragen zwei und drei auf einer empirischen Prufung der jeweils hinter den Forschungsfragen stehenden Hypothesen. Dementsprechend bezieht sich die folgende Diskussion der ersten Forschungsfrage auf die Ausfiihrungen in Kapitel 3 in Verbindung mit einer Prufung der Existenzfrage originarer Bindungswirkung durch Hypothese 1. Die anschlieBenden Ausfiihrungen zu den Forschungsfragen zwei und drei fassen die Ergebnisse der Kapitel 4 und 5 zusammen. Forschungsfrage 1: Die erste Forschungsfrage betrifft das Zusammenspiel der transaktionskostentheoretischen Analyse der derivativen Bindungswirkung mit der Analyse originarer Bindung auf Basis der Prospect Theorie und aufbauender Konzepte der deskriptiven Entscheidungstheorie. Zur Klarung der Frage, ob beide Analysen nebeneinander stehen durfen, war die Komplementaritat der theoretischen Bezugsrahmen zu priifen. Die Frage, ob eine gemeinsame Betrachtung i, S. d. Zielsetzung der Arbeit durchgefiihrt werden muss, um das Phanomen der Kundenbindung
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durch spezifische Investitionen abzubilden, war empirisch anhand der vorliegenden experimentellen Daten zu klaren. Tabelle 46 fasst die Ergebnisse zur Forschungsfrage 1 zusammen. Ergebnisse der Prufung Kann [Komplementaritat]
Transaktionskostentheorie und Prospect Theorie durfen „side-by-side" zur Erklarung der Bindungswirkung herangezogen werden.
Muss[H1]
Der nachgewiesene signifikante Einfluss retrospektiver Groflen auf die beobachtete Bindungswirkung erfordert deren Einbeziehung zur Erhohung der Erklarungsleistung.
Tabelle 46: Uberblick der Ergebnisse zur Forschungsfrage 1
Die Frage nach der Komplementaritat beider theoretischer Bezugsrahmen ist Gegenstand des Abschnitts 3.4,1 der Arbeit. Dort wurden die Annahmen beider Theoriegebaude einander auf Basis wissenschaftstheoretischer Uberlegungen gegenubergestellt. Der Vergleich zeigt die zentrale RoUe der beschrankten Rationalitat i. S. Simons in beiden Theorien. Ihre Umsetzung erscheint jedoch in der Prospect Theorie konsequenter, da dort auch die Verarbeitung des Risikos der beschrankten Informationsverarbeitung unterliegt. Dem gegeniiber unterstellt die Transaktionskostentheorie risikoneutrale Entscheider bzw. Untemehmen, Dabei handelt es sich um eine vereinfachende Annahme Williamsons mit dem Verweis auf das (damals) friihe Entwicklungsstadium der Theorie. Weitere Forschungen zeigen, dass sich die Aussagen der Theorie zur optimalen Koordinationsform bei veranderter Risikoeinstellung nicht andem.^'^^ Ein entsprechender Nachweis fur die Anwendung der Transaktionskostentheorie auf die Transaktionsprobleme innerhalb der Geschaftsbeziehung im Sinne einer Integration der Risikotransformation in den transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmen liegt auBerhalb der Zielsetzung der Arbeit. An dieser Stelle kann nur auf weitere Forschungsbemtihungen verwiesen werden. Die referenzpunktbezogene Verkntipfung beider Theorien zeigt, dass die Bindungswirkung prospektiver Kosten nicht unabhangig von retrospektiven GroBen ist. Somit ist im Hinblick auf die gesamte Bindungswirkung grundsatzlich eine gemeinsame Betrachtung sinnvoll. Anhaltspunkte fur logische Widerspriichlichkeit der Aussagen beider Ansatze konnten in diesem Zusammenhang nicht festgestellt werden. Vielmehr werden unterschiedliche Teilbereiche des Explanandums durch unterschiedliche erklarende Variable bestimmt. Das Kriterium des Zeitbezuges bzw. der normativen Irrelevanz bietet dabei eine ausreichende Trennscharfe. Eine Ausnahme in Bezug auf die Trennbarkeit bildet das Vertrauen (bzw. die wahrgenommene Opportunismusgefahr): einerseits als Determinante derivativer Bindung und andererseits, durch Einbeziehung von negativem Feedback, als moderierende GroBe der Bindungswirkung Vgl Chiles/McMackin (1996), S. 12. Die Untersuchung zeigte, dass sich lediglich eine Verschiebung der Optima innerhalb des Bezugsrahmens ergibt.
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der CC. Das Vertrauen in den Anbieter als Ausdmck des wahrgenommenen Risikos erscheint in dieser Hinsicht als moglicher Ankniipftingspunkt fur eine integrierende entscheidungsorientierte Analyse der Transaktion. Die Notwendigkeit einer gemeinsamen Betrachtung lasst sich anhand der in Abschnitt 3.1 eingeftihrten Kriterien Genauigkeit und Tiefe verdeutlichen, die damit von der Ebene der Theorie auf die Ebene der Analyse iibertragen werden. Die Frage, worauf eine gemessene Bindung spezifischer Investitionen zuriickzufuhren ist, kann ohne die explizite Trennung der Wirkung von CC und Quasirente nicht beantwortet werden. Das Gebot der Genauigkeit fordert eine differenzierte Betrachtung der relevanten Kosten- und Erloskomponenten und ihrer Bindungswirkung. Damit verbunden ist die Erhohung der Tiefe der Analyse, da die Wahrnehmung auf individueller Ebene in den Fokus der Betrachtung riickt. Ohne eine Prazisierung beschrankt rationalen Verhaltens auf der Wahmehmungsebene, wie sie die Prospect Theorie in Verbindung mit dem Konzept mentaler Kontenfiihrung durch ihr Axiomensystem vornimmt, ist die Entscheidungsrelevanz versunkener Kosten (unter Ausschluss exogener Motivationen) nicht zu erklaren. Insgesamt tragt die hohere Genauigkeit und Tiefe der Analyse zu einer verbesserten Prognose- und Erklarungsleistung bei. Durch Hypothese 1 (Abschnitt 5.4.1) wurde bestatigt, dass das Ziel der Erklarung der Bindungswirkung nur durch Einbeziehung der originaren Bindungswirkung erreicht werden kann. Die Abweichungsanalyse zeigt fur alle vier Entscheidungsbiindel signifikante Mittelwertunterschiede (durchschnittlich zwei bis drei Wahrscheinlichkeitsprozentpunkte) bei konstanten Auszahlungen. Damit konnte der Einfluss retrospektiver GroBen bestatigt werden. Forschungsfrage 2: Fur die Beantwortung der zweiten Forschungsfrage sollen die Ergebnisse zur Bindungswirkung der CC gemeinsam mit dem Einfluss der Vertrauensreduktion durch negatives Feedback diskutiert werden, da zwischen beiden eine enge Verkniipfung in der experimentellen Untersuchung besteht. Einen zusammenfassenden Uberblick iiber die postulierten und bestatigten Wirkungszusammenhange der Einflussfaktoren auf die Bindungswirkung gibt Tabelle 47 (schrage Pfeile zeigen nicht monotone Zusammenhange und gerade Pfeile monotone Zusammenhange). Die CC und das Vertrauen (bzw. die wahrgenommene Opportunismusgefahr) konnten als zentrale Konstrukte der originaren Bindungswirkung identifiziert werden. Die bindungserhohende Wirkung der CC ergibt sich neben den zugrunde liegenden Sunk Cost aus ihren Komponenten: dem bindungssenkenden Einfluss der Amortisation und der Bindungserhohung mit steigender Spezifitat. Ftir beide Determinanten zeigen die Ergebnisse des zwei-faktoriellen Designs dominierende Effekte der Rangstatistik wie auch der LagemaBe. Unter Konstanthaltung moglicher Interaktionseffekte wurden fur Gewinne und Verluste jeweils drei bzw. zwei Vergleichspaare (-triple) getestet. Fur das zugrunde gelegte Signifikanzniveau von 5% zeigten
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dabei nicht alle einzelnen Tests die erwartete Validitat. Als wesentlicher Grund fur die eingeschrankte Signifikanz lassen sich die hohen individuellen Unterschiede identifizieren,^^^ Bindungswirkung Einflussfaktoren
Erwarteter Gesamteffekt
Beobachteter Gesamteffekt
Spezifitat [H2a]
t
Amortisation [H2b]
^
Committed Cost [H2c]
t
t**
Vertrauen [H3a]
t
t*
Committed Cost und Vertrauen [H3b]
^
^*
t
**
1
teilweise signifikant fur p ^ 0,05; signifikant fiir p <, 0,05; Tabelle 47: Uberblick iiber die Ergebnisse der Hypothesenpriifung zur Bindungswirkung (Forschungsfrage 2)
Schon die Parametrisierung der Wert- und Gewichtungsfiinktionen zeigte ein breites Spektrum unterschiedlichen Risikoverhaltens. Als vorrangig deskriptive Entscheidungstheorie ist die CPT in der Lage, einen wesentlich groBeren Anteil des individuellen Risikoverhaltens abzubilden, als dies die klassische praskriptive Theorie vermag,^^^ Bspw. erlaubt das CPTModell die Beriicksichtigung von Referenzpunkten, die Abbildung von Verletzungen des Substitutionsaxioms oder systematischer Probleme der Entscheider mit der Bestimmung subjektiver Wahrscheinlichkeiten. Das CPT-Modell hat jedoch seine Grenzen. Die Ausfiihrungen in Abschnitt 5.3.3 haben gezeigt, dass die Reflektionsannahme der Wertfunktion in einer Vielzahl empirischer Untersuchungen in ihrer strengen Form nur fur eine Minderheit von Individuen giiltig ist. Abdellaoui zeigt, dass bei einem Verzicht auf die parametrische Bestimmung der Gewichtungsfunktion keineswegs immer von theoriekonsistenten Gewichtungsfiinktionen ausgegangen werden kann,^^^ Femer beobachtet Abdellaoui hohe individuelle Unterschiede und halt fest: „Individual differences can hardly be explained by ,noise'".^^^
Ein weiteres Kriterium, das die Validitat der Ergebnisse beeintrachtigt, ist der mogiiche negative Zusammenhang zwischen CC und Bindungswirkung, wenn keine Break-Even-Chance besteht. Ein solcher Zusammenhang wurde mit Hypothese 5b abgelehnt. Die Frage, ob dennoch eine referenzpunktbezogene Beeintrachtigung der Ergebnisse von Hypothese 2c zu beriicksichtigen ist, wird in der Diskussion der Forschungsfrage 3 aufgegriffen. "^ Vgl. EisenfuhrAVeber (1999), S. 373. ^'^^ Vgl. Abdellaoui (2000), S. 1508f., insbesondere Tabelle 6. Zu einem extremen Ergebnis der volligen Ablehnung der Subsicherheit und Subproportionalitat kommt Li nach einem Laborexperiment mit chinesischen und australischen Studenten im Grundstudium (vgl. Li (1995)). ^^^ Abdellaoui (2000), S. 1511 sowie Abbildung 4. Zu einem ahnlichen Ergebnis kommen Gonzalez und Wu nach interpersonalen Vergleichen, vgl. Gonzalez/Wu (1999).
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Fiir die vorliegenden Untersuchungsergebnisse kann der Einfluss des „Noise" nur eingegrenzt werden. In Abschnitt 5.3.2 wurden dazu drei Eigenschaften diskutiert. Erstens bleibt bei monotoner Wahrscheinlichkeitstransformation die Grundstruktur der Ergebnisse erhalten. Zweitens heben sich die Uber- und Untergewichtung von angegebener Wahrscheinlichkeit und Gegenwahrscheinlichkeit fur hohe und niedrige Wahrscheinlichkeiten teilweise auf, Drittens flieBen nur Gewichtungsunterschiede zwischen den Wahrscheinlichkeiten in Teil A und Teil B in die Ermittlung der Bewertungsdifferenzen ein. Um auf aggregierter Ebene weitere Informationen zur Abschatzung dieses Fehlers zu erhalten, wurden unterschiedliche Niveaus der Wahrscheinlichkeitsgewichtung betrachtet: eine mittlere Gewichtung mit y = 0,61 und eine starke Gewichtung mit y = 0,56. ErwartungsgemaB zeigen die Rangstatistiken zwischen beiden Gewichtungen nur geringe Unterschiede, bspw. sind die rangbasierten J-Teststatistiken der Bindungswirkung annahemd vom Gewichtungsniveau unabhangig (vgl. Anhang 7). Unterschiede zeigen sich insbesondere bei den LagemaBen. So erhohen sich die Mittelwerte der Bindungswirkung fur y = 0,56 im Vergleich zu y = 0,61 durch einen AusreiBer nicht monoton mit den CC (vgl. Anhang 6). Femer impliziert die starkere Gewichtung von Wahrscheinlichkeiten eine leicht hohere Streuung der Ergebnisse. Dies zeigt sich u. a. in einem geringftigig schlechteren Fit der Startwertformel fur y = 0,56. Insgesamt sind die Ergebnisse auf aggregierter Ebene relativ stabil und zeigen insbesondere fur ordinale Zusammenhange einen sehr geringen Einfluss des Gewichtungsniveaus. Wahrend individuelle Unterschiede des Risikoverhaltens, bezogen auf die Wert- und Gewichtungsfunktion, fiir die vorliegenden Untersuchungsergebnisse eine weniger zentrale Rolle spielen, kommt dem individuell unterschiedlichen Bindungsverhalten eine hohe Bedeutung zu. Unter der Voraussetzung, dass sich die Wert- und Wahrscheinlichkeitswahmehmung durch das Treatment nicht verandert (vgl. Abschnitt 5.2.1.2), sind mogliche Erklarungen unterschiedlichen Bindungsverhaltens in der individuellen kognitiven Entscheidungsstruktur zu suchen und damit in Zusammenhang mit Forschungsfrage 3 zu diskutieren. Analog zur Spezifitat besitzt das Vertrauen als Indikator wahrgenommener Opportunismusgefahr gemafi des Gesamtmodells eine zweifache Wirkung als Determinante der derivativen sowie der originaren Bindungswirkung. Die Ergebnisse der Hypothesenpriifung zeigen, dass bei abnehmendem Vertrauen, d. h. steigender Opportunismusgefahr, die originare Bindungswirkung der spezifischen Investition sinkt, Der Riickgang der Anzahl positiv gebundener Entscheider lasst auf die Anpassung des individuellen Anspruchsniveaus als Ergebnis eines Lemprozesses schlieBen (vgl. Abschnitt 4.3.1). Mit dieser Argumentation konnen jedoch zwei Teilergebnisse nicht erklart werden: die auf annahemd 20% gestiegene Anzahl exakt rationaler Entscheider sowie die Tendenz der Bindungserhohung der unter Sicherheit ungebundenen VPN. Der beidseitige Riickgang des CC-Effektes in der gesamten Stichprobe, der sich auch in den LagemaBen wiederspiegelt, kann als Selbst-Disziplinierung nach negativem Feedback inter-
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pretiert werden. Das negative Feedback besteht im opportunistischen Verhalten des InSuppliers bzw, der mehrfachen Preiserhohung und schwankenden Qualitat bei geschickter Umgehung von Vertragsbestimmungen/^^ Fiir die „rationaleren" Bewertungen nach opportunistischem Verhalten lassen sich zwei Erklarungen anfuhren: eine hohere wahrgenommene Diagnostizitat der Entscheidung sowie Lemen nach negativem Feedback. In einer Untersuchung von Mahajan zum Entscheidungsverhahen von Marketing Managem zeigt sich nach negativem Feedback beziiglich einer bereits getroffenen Entscheidung eine hohere Genauigkeit der Entscheidungen und eine geringere Selbstuberschatzung ihrer Fahigkeiten und Kenntnisse (Overconfidence).^^^ Als Ursache identifiziert Mahajan eine veranderte Informationsverarbeitung nach negativem Feedback: „Negative feedback leads individuals to perceive information as being less diagnostic, so they take longer in reaching the diagnosticity threshold".^^^ Vor die gleiche Aufgabe gestellt, sinkt nach negativem Feedback die wahrgenommene Diagnostizitat der Entscheidung, d. h., der notwendige kognitive Aufwand, eine Erklarung zu fmden, wird durch die VPN ex post hoher eingeschatzt. Ftir die Entscheidungsfmdung gilt: „[,..] the most accessible cognition sufficient to determine a response is used [...]".^^^ Sinkt die Diagnostizitat, so wird die am leichtesten zugangliche Kognition zur Generierung einer „ausreichenden" Antwort ex post eine schwerer zugangliche Information sein.^^ Die subjektive Schwelle, bei welcher der Grad der Zielerreichung als ausreichend wahrgenommen wird (Diagnosticity Threshold), wird im Vergleich zur ex ante Situation erst nach hoheren kognitiven Anstrengungen erreicht. Die Aktivierung schwerer zuganglicher zusatzlicher Informationen erhoht die Fehlerfreiheit der Antwort durch umfangreichere mentale Suche und detailliertere Evaluierungen und kann somit zur Erklarung „rationalerer" Bewertungen nach negativem Feedback beitragen. Diese Begrundung ist konsistent mit Argumenten der Theorie Sozialen Lemens, wonach Individuen ihre Leistungen selbst evaluieren und gegebenenfalls ihre Leistungsbereitschaft erhohen.^^^ Die VPN vergleichen ihre vorausgegangene Leistung ex post mit intemen Leistungsstandards und reagieren auf diesen Vergleich. Negative Abweichungen zwischen dem, was sie tun und dem, was sie zu erreichen versuchen, schaffen Unzufriedenheit, die als Motivation verstarkter Anstrengungen dient. Die zusatzli-
' Vgl. Fragebogen in Anhang 1. '^^ Vgl. Lichtenstein et al. (1982). '^'^ Mahajan (1992), S. 331. '^^ Feldman/Lynch (1988), S. 429. '^ Weiterfiihrend zur Accessibility-Diagnosticity Theorie siehe ebenda. ^'^ Vgl. Bandura (1986).
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chen kognitiven Anstrengungen fuhren zu hoherer Korrektheit sowie detaillierterer und sorgfaltigerer Evaluation.^^^ Nachdem eine bindungssenkende Wirkung der Vertrauensreduktion bestatigt wurde, war in Abschnitt 5.4.3.3 gemaB Hypothese 4b zu untersuchen, wie sich die Vertrauenswirkung bei Variation der Hohe der CC verandert. Lasst die In-Supplier Investition Gewinne erwarten, so zeigt sich kein signifikanter aggregierter Effekt. Im Veriustbereich dagegen interagieren Vertrauen und CC. Die Wirkung der Vertrauensreduktion durch opportunistisches Verhalten ist bei hohen CC starker ausgepragt als bei geringen CC, Eine mogliche Anpassung des Anspruchsniveaus aufgrund negativen Feedbacks ware damit abhangig von der Hohe der wahrgenommenen Ist-Soll Abweichung. Der ausbleibende Effekt im Gewinnbereich lasst darauf schlieBen, dass bei einer erwarteten Verringerung der Ist-Soil-Abweichung kein Zusammenhang zwischen einer Break-Even-Chance und der Bedeutung negativen Feedbacks besteht. Vertrauensstufe
Auszahlungsart
Bindungswirkung
Gewinne
t
Verluste
t
Bindungsstruktur
(3 O 'S O
Vollstes Vertrauen Szenario 1 (6x')
Gewinne
-
Verluste
^*
Gewinne
-
Geringes Vertrauen Szenario II (6x")
Interaktionseffekt (56x) Verluste teilweise signifikant fur p ^ 0,05;
4^
1 1 Rational n
Gebunden
H
Ungebunden
signifikant fiir p ^ 0,05;
Tabelle 48: Uberblick der Bindungswirkung der Committed Cost in Abhangigkeit des Vertrauens
Tabelle 48 gibt einen Uberblick der einzelnen Vertrauenseinfltisse, Vertikale (schrage) Pfeile zeigen (nicht) monotone Zu- bzw. Abnahmen der Bindungswirkung an.
' Vgl. Mahajan (1992), S. 331 und dort angegebene Quellen.
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Forschungsfrage 3: Bindungswirkung Einflussfaktoren
Erwarteter Gesamteffekt
Startwertverschiebung [H4]
Die Bindungswirkungen lassen sich durch Startwertverschiebung abbilden.
Beobachteter Gesamteffekt Die Starwertverschiebung ist der Integration iiberlegen, besitzt jedoch einen geringen Erklamngsgehalt.
Sicherer Break-Even [H5a]
t t
t"
Connmitted Cost ohne Chance auf Break-Even [H5b]
^
^
Break-Even-Chance [H5a]
^
teilweise signifikant fur p s 0,05; signifikant fur p ^ 0,05; Tabelle 49: Uberblick iiber die Ergebnisse der Hypothesenpriifung zur kognitiven Entscheidungsstruktur (Forschungsfrage 3)
Die Betrachtung kognitiver Entscheidungsstrukturen hat gezeigt, dass die Editierung auf Basis von zwei Referenzpunkten, d. h. einem Startwert i. H. der CC und einem Anspruchsniveau i. H. des ex ante Vermogens, das Entscheidungsverhalten der VPN besser abbilden kann als die Integration von Auszahlung und CC. Das Startwert-Kalkiil entspricht einer Teilrechnung vor dem Hintergrund einer Verlustsituation. Nur fur einen geringen Anteil der VPN kann von einer Integration pro- und retrospektiver Zahlungen i. S. einer Vollrechnung ausgegangen werden. Individuelle Startwerte Die Analyse der Gtite der Abbildung ergab ein wenig befriedigendes Bild. Die Startwertverschiebung i. H, der CC kann nur einen geringen Varianzanteil der beobachteten Bindungswirkungen erklaren. Femer ist die Gtite unter Sicherheit in Szenario I deutlich besser als in Szenario 11. Hinweise, wie der Erklamngsgehalt des Modells erhoht werden kann, lassen sich aus der Struktur der beobachteten Bindungswirkungen ableiten. So kann durch die Berucksichtigung individueller Startwerte sowohl das Phanomen ungebundener VPN wie auch der absolute Riickgang der Bindungswirkung bei Vertrauensverlust abgebildet werden. Ein moglicher Grund fur den eingeschrankten Erklamngsgehalt fixer Startwerte liegt in der Annahme einer gmndsatzlich bindungsverstarkenden Wirkung vorausgegangener Verluste. Bei Verlustaversion kann die Startwertverschiebung die negativen Bindungen der ungebundenen VPN nicht erklaren, da die Steigung der Wertfiinktion fiir einen gleichen Betrag im Verlustbereich immer iiber jener des Gewinnbereiches liegt. Eine Verschiebung des Startwertes in den Verlustbereich ftihrt damit zwangslaufig zu einer Uberbewertung, deren Hohe durch die vorausgegangenen Verluste und den Verlauf der Wertfunktion bestimmt ist.
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Wert ungebunden
V^
zw
SQ
Verlust
Gewinn
gebunden SW Abbildung 41: Bindungswirkung bei individuellen Start- bzw. Zielwerten
Erst die Benicksichtigung individueller Startwerte kann unterschiedlich hohe CC-Effekte (5x) bei konstanten CC und gleicher Wertfiinktion erklaren. Die individuelle Bindungswirkung folgt dann aus individuellen Startwerten, die in Abbildung 41 zwischen den Punkten SW und SQ auf der Wertfunktion liegen, Damit lasst sich die individuelle originare Bindungswirkung als Konvexkombination der CC (zwischen cc und SQ) ausdrucken.^^^ Individuelle Zielwerte Startwerte, die im Verlustbereich liegen, konnen nur die Bewertungen gebundener Akteure abbilden. Fur den Fall ungebundener Akteure ergeben sich bei entsprechender Anwendung der Startwertformel gemaB Gleichung (9) Startwerte im Gewinnbereich, die eine Unterbewertung der In-Supplier Investition ausdriicken. Bin solcher Referenzpunkt im Gewinnbereich kann als positives Anspruchsniveau interpretiert werden, das uber dem ex ante Vermogen (SQ) liegt. Eine Ursache fur ein positives Anspruchsniveau bei ungebundenen Entscheidem kann in einen Gewinnanspruch an die spezifische Investition gesehen werden, da eine unspezifische Alternative keine CC verursacht hatte. Das Risiko spezifischer Investitionen wird nur inkauf genommen, wenn eine entsprechend hohere Rendite der spezifischen Alternative zu erwarten ist. Damit begnindet der erwartete spezifische Kosten- und Produktivitatsvorteil ein Anspruchsniveau im Gewinnbereich. Relativ zu diesem im Vergleich zum unspezifischen Out-Supplier hoheren Anspruchsniveau muss der In-Supplier hohere Gewinne bzw. geringere Verluste erwarten lassen, um als gleichwertig Die theoretischen Startwert-Bewertungen auf Basis der fixen CC iagen nur fiir 0-2% der VPN (je nach Entscheidung) unter den beobachteten ex post Bewertungen (unter Ausschluss von Entscheidungen ohne BreakEven Chance). Die Annahme eines Startwertes zwischen 0 und cc erscheint damit gerechtfertigt.
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wahrgenommen zu werden.^^^ Solange dieses Anspruchsniveau nicht erfiillt ist, besitzt der Entscheider eine hohere Wechselbereitschaft, ausgedriickt durch eine Unterbewertung des InSuppliers. Ein solches Anspruchsniveau oberhalb des Status Quo soil im Folgenden als Zielwert (ZW) bezeichnet werden. Die Bedeutung des Zielwertes bzw. „Target Level for Performance" als einem von mehreren Referenzpunkten wurde bereits in zahlreichen Untersuchungen herausgestellt.^^^ Sullivan und Kida fanden bei Managem risikoaverses Verhalten nach Erreichen des Zielwertes. Vor Zielerreichung zeigten die Manager ein uneinheitliches Risikoverhalten u. a. in Abhangigkeit vom Status Quo.^^^ In Verbindung mit vorangegangenen Verlusten zeigen Zeelenberg und Dijk, dass ein durch versunkene Kosten gestiegenes Anspruchsniveau zu risikoaversem Entscheidungsverhalten fiihren kann. Kern ihrer experimentellen Untersuchung ist die Frage nach der Entlohnung eines Tages barter Arbeit (Zeit und Anstrengung). Die VPN haben die Wahl zwischen einer mittleren sicheren Entlohnung (50) und einer riskanten Entlohnung von (100) Oder (0). Die Autoren argumentieren, dass „[...] sunk costs would increase their aspiration level; mainly because people will dislike the feeling that they have worked for nothing."^^^ Die VPN sind daher bereit, eine zufriedenstellende Alternative zu wahlen, auch wenn eine hohere riskante Entlohnung erreicht werden konnte, Dahinter vermuten die Autoren die Angst, die mogliche Entscheidung fur eine riskante Entlohnung spater bedauem zu miissen. Ubertragen auf den gegenwartigen Kontext konnte die Angst darin liegen, eine Wechselentscheidung nicht getroffen zu haben. Die durch die VPN zu spezifizierende alternative Investition in den Out-Supplier erscheint den VPN weniger risikoreich, da das Out-SupplierInvestment beeinflussbar und nicht mit dem Aufbau von CC verbunden ist. Bezogen auf die vorliegenden Analyseergebnisse ungebundener VPN kann die Modellierung individueller Zielwerte einen wertvollen Erklarungsbeitrag leisten. Zum einen steigt der Grad der Zielerreichung mit steigender Amortisation, was die Distanz zwischen dem Status Quo und dem Zielwert verringert. In den Ergebnissen zeigt sich dies in einer abnehmenden Unterbewertung des In-Suppliers mit steigender Amortisation. Mit anderen Worten: Die Gewirm-
Die Unterbewertung des In-Suppliers relativ zu einem unspezifischen Out-Supplier mit niedrigerem Anspruchsniveau ist deutlich starker ausgepragt, wenn der Out-Supplier eine Chance auf einen „Break-Even" der bestehenden Investition ermoglicht (vgl. Abschnitt 5.4.5). Dagegen wirkt sich ein sicherer Break-Even durch den In-Supplier fiir ungebundene VPN mit hohen CC nicht signifikant aus. Dies deutet auf ein hoheres Anspruchsniveau auf In-Supplier Seite hin. ^^^ Vgl. u. a. Fishbum (1977); March/Shapira (1987); Sullivan/Kida (1995). Neben dem „Target Level for Performance" wird dort ein „Survival Point" diskutiert. Wahrend der Zielwert ijber Erfolg und Misserfolg entscheidet, gibt der „Survival Point" die Uberlebensgrenze wieder. Ist das Uberleben gefahrdet, so verandert sich das Risikoverhalten bzw. die Praferenz (vgl. March/Shapira (1987), S. 1413). Die vorliegenden Ergebnisse lassen eine solche Interpretation jedoch nicht zu, da die Bindungsaversion bei erwarteten Gewinnen (auch bei einer Break-Even Chance) in ahnlichem Umfang existiert wie bei erwarteten Verlusten. Im Falle einer Uberlebensgrenze miisste die Unterbewertung des In-Suppliers bei Verlusterwartung deutlich ansteigen. ^'^ Vgl. Sullivan/Kida (1995), S. 79f ^^' Zeelenberg/Van Dijk (1997), S. 682. Der Anteil risikoaverser VPN an der Stichprobe wurde nicht angegeben.
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ei-wartung wurde teilweise erfiillt. Zum anderen steigt mit dem Spezifitatsgrad die erwartete Spezifitatspramie und damit der Anspruch an den Gewinn, Dementsprechend zeigen die Ergebnisse bei hoher Spezifitat eine hohere Unterbewertung des In-Suppliers als bei niedriger Spezifitat. Da eine hohe Spezifitat mit geringeren Resterlosen verbunden ist, resultiert daraus ein hoherer Gewinnanspruch. Beide Entwicklungen stehen im Einklang mit der beobachteten Zunahme der Unterbewertung bei steigenden CC fur die Gruppe ungebundener VPN. Diese Zusammenhange gelten jedoch nur bei Gewinnerwartung. Bei Verlusterwartung zeigen Amortisation und Spezifitat fur ungebundene VPN keinen systematischen Einfluss auf die Bindungswirkung. Die Bindung ist hier mit relativer Konstanz stark negativ, Ftir diesen Fall erscheint die Argumentation uber einen Gewinnanspruch an die In-Supplier Investition nicht plausibel. Vielmehr liegt die Interpretation der Investition als „Fass ohne Boden" nahe. Analog zum Survival Point ist das stark averse Verhalten der VPN auf die dringende Vermeidung weiterer Verluste zuriickzufiihren.^^^ Formalisierung individueller Start- undZielwerte Auf Basis der vorangegangenen Uberlegungen lasst sich ein zweiseitiger CC-Effekt formalisieren, Grundsatzlich kann aus Gleichung (9) ein individueller Startwert berechnet werden. Dafiir ist lediglich die Indizierung des Startwertes erforderlich, der nun nicht mehr als Konstante sondem als Variable dient. Fiir den Entscheidery und die Auszahlungen Xi ergibt sich der individuelle Startwert swj aus dem ex post (Teil B) wahrgenommenen Wert der spezifischen Investition in den In-Supplier v^'^: V'^'^-Zw(p0[v(xi
(18)
Dieser formalen Darstellung fehlt der direkte Bezug zu dem Konstrukt der CC und damit der Bezug zur theoretischen Fundierung sowie dem oben diskutierten Wertebereich. Aus diesem Grund erscheint die oben angesprochene Formulierung der individuellen Startwerte als Konvexkombination sinnvoll. Fiir die Konvexkombination gilt: sWj = k,- * cc mit dem CCKoeffizienten kj [-1, .., 0,.., 1]. Eingesetzt in Gleichung (18) ergibt sich ein individueller CC-Koeffizient aus der spezifischen Investition V"^'^: V'^-^ =Zw(pi)[v(xi +kj .cc)-v(kj -cc)] .
(19)
y
Der Koeffizient kj bestimmt die Bindungswirkung der CC in Richtung und Hohe. Fur gebundene VPN ergibt sich k > 0 (V^-^ = V^^' ^ \ fur ungebundene VPN k < 0 {\^^'^ = V^' ^^)
' Vgl. Fufinote 589.
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und fur VPN, die keinen CC-Effekt aufweisen, k = 0{V^-^ = V^' ^). Wie in Abbildung 41 veranschaulicht, gilt fur einen Gewinn x,: V^'^^ >v^^'^> y^^'^w 59i Negatives Feedback bei individuellen Start- und Zielwerten Mit der Beriicksichtigung individueller Start- und Zielwerte ist das beschriebene Modell in der Lage, die „rationaleren" Bewertungen der spezifischen Investition nach opportunistischem Verhalten zu beriicksichtigen. Der beidseitige Riickgang des CC-Effektes in der gesamten Stichprobe kann als Referenzpunktverschiebung in Richtung des Status Quo durch negatives Feedback abgebildet werden. Dies betrifft sowohl den Startwert der gebundenen VPN, wie auch den Zielwert der ungebundenen VPN. Fur die gebundenen VPN steigt der individuelle Startwert von Szenario I zu Szenario II, so dass // < kf^. In der Terminologie von Thaler entsprache dies einer vollstandigen bzw. anteiligen auBerordentlichen mentalen Abschreibung der In-Supplier Investition. Durch hohere kognitive Anstrengung wird die Verzerrung durch die CC vollstandig bzw. teilweise erkannt und korrigiert. Dies lasst sich analog ftir die ungebundenen VPN durch geringere Zielwerte darstellen. Die ungebundenen VPN lernen aufgrund der negativen Opportunismuserfahrung und korrigieren ihre Ziele, wobei ebenfalls gilt: k^ < k", Als Folge des sinkenden Zielwertes sinkt die Unterbewertung der In-Supplier Investition. In Abbildung 41 sind die entsprechenden Bewegungen durch gestrichelte Linien verdeutlicht. Break-Even bei individuellen Start- und Zielwerten Mit dem Break-Even der spezifischen Investition wurde abschlieBend, gemaB Hypothese 5 a, ein weiterer Einflussfaktor auf die Bindungswirkung untersucht. Getestet wurden funf Falle, in denen jeweils eine Break-Even-Chance bzw. ein sicherer Break-Even beim In- bzw. OutSupplier vorlag. Eine Bindungserhohung fur alle Entscheidungsvergleiche wurde nur bei Erwartung eines sicheren Break-Even beim In-Supplier festgestellt. Ein unsicherer Break-Even beim In-Supplier zeigte fur drei der vier Vergleiche signifikante Zunahmen der Bindung. Die Bindungserhohung, gemessen an den Differenzen der Mittelwerte der Bewertungen mit und ohne Moglichkeit eines Break-Even, ergab eine Abhangigkeit der Bindungsveranderung von der Bindungsrichtung und den CC. Ftir gebundene VPN zeigte sich eine Bindungserhohung und fur ungebundene VPN eine Bindungsreduktion durch die Break-Even-Erwartung. Diese Bindungsveranderung ist gemafi Hypothese 5b in Verbindung mit Hypothese 2c abhanFiir erwartete Verluste wurde bei ungebundenen VPN kein Zusammenhang zwischen CC und der Bindungswirkung festgestellt (vgl. Abschnitt 5.4.2.1). Auch die Modellierung der Zielwerte fur diesen Bereich innerhalb des Argumentationsrahmens erscheint problematisch. Die notwendige Bedingung V^^'^^ > V^^- -^ > }^^'^^ kaxm. nur gelten, wenn die erwarteten Verluste ex ante zumindest teilweise im Gewinnbereich wahrgenommen werden. Dies setzt voraus, dass schon ex ante ein Zielwert uber dem Status Quo bestand, bspw. durch einen positiven Wert der nicht computergestiitzten Bestellpraxis vor der spezifischen Investition. Dafiir lassen sich in den Daten jedoch keine Anhaltspunkte finden. Das Framing der ungebundenen VPN bei Verlusterwartung muss demnach als unklar angenommen werden.
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gig von der Hohe der CC. Ubersteigt ein erwarteter Gewinn relativ zum Startwert den Status Quo, so steigt die Bindungswirkung mit den CC, 1st dagegen kein Break-Even moglich, so wird der gesamte Gewinn als Verlustreduktion wahrgenommen. Aufgrund der zunehmenden Steigung der Wertfunktion im Verlustbereich steigt die Uberbewertung mit der Annaherung an den Status Quo (bspw. durch geringere CC). Aus Gleichung (19) wird ersichtlich, dass der CC-Koeffizient k, das Vorliegen einer BreakEven-Situation beeinflusst. Bei entsprechend kleinen Koeffizienten besteht fur alle vorliegenden Entscheidungen eine Break-Even-Chance. Entscheidend ist demnach nicht, ob objektiv ein Break-Even vorliegt, sondem ob eine Break-Even-Situation wahrgenommen wird. Im Falle ungebundener VPN wurde die zunehmende Unterbewertung mit steigenden CC mit und ohne die Chance auf einen (objektiven) Break-Even festgesteUt, Aus Abbildung 41 wird deutlich, dass Gewinne, die relativ zu ZW beurteilt werden, unabhangig von einem BreakEven mit abnehmenden Grenzwerten beurteilt werden. Relativ zum ex ante SQ, welcher der Out-Supplier Bewertung zugrunde liegt, sinkt fur diese Entscheider die Gewinnbewertung und damit die Bindungswirkung, Dieser Zusammenhang wird folglich nicht durch einen erwarteten Break-Even beeinflusst. Determinanten individueller Start- und Zielwerte Gemafi der Systematik individueller Start- und Zielwerte nimmt der ungebundene Entscheider im Vergleich zum gebundenen Entscheider nicht die zu beseitigende Verlustsituation durch die CC sondem ein unerreichtes positives Ziel wahr, von dem aus die Investition beurteilt wird. Wahrend der gebundene Entscheider einen nicht amortisierten Verlust wahmimmt, sieht der ungebundene Entscheider einen nicht erreichten Gewinn. Fraglich bleibt jedoch, wodurch die unterschiedlichen Anspruchsniveaus in Richtung und Hohe hervorgerufen werden. In den vorliegenden Daten fmden sich keine Anhaltspunkte fur einen Faktor mit ausreichender Trennscharfe zwischen gebundenen und ungebundenen VPN (vgl. Abschnitt 5.4.2). Femer ist davon auszugehen, dass die Gruppenzugehorigkeit keine Personlichkeitskonstante ist, sondem situativ bestimmt wird. Darauf deuten wechselnde Gruppenzugehorigkeiten von Szenario I zu Szenario II hin (vgl. Abschnitt 5.4.3,2), Zu diesem Ergebnis kommen auch Sullivan und Kida, welche die Bedeutung der Referenzpunkte Survival Point und Zielniveau untersuchen. Die Autoren weisen die Existenz beider Referenzniveaus nach, stellen jedoch fest, dass die Aufmerksamkeit in einer bestimmten Entscheidungssituation jeweils nur einem Referenzpunkt gilt, wobei die Aufmerksamkeit zwischen den Punkten in Abhangigkeit von situativen Faktoren wechselt,^^"*
* Vgl. SuUivan/Kida (1995), S. 77.
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Die Start- bzw. Zielwerte unterscheiden sich zwischen den Gruppen in Abhangigkeit der CC. Daniber hinaus bestimmt kj die individuelle Hohe der Referenzpunktverschiebung, die aus den erweiterten Startwertiiberlegungen folgt. Dies wirft die Frage nach den Determinanten des CC-Koeffizienten und damit nach Indikatoren der Lage individueller Anspruchsniveaus auf. Lewin halt dazu fest, dass Anspruchsniveaus „[...] depend on many aspects of the life space of the individual at that time, particularly on the way he sees his past experience and on the scales of reference which are characteristic for his culture and his personality". ^^^ Der Autor diskutiert in diesem Zusammenhang eine Reihe von Faktoren, die individuelle Anspruchsniveaus beeinflussen. In Tabelle 50 sind aufbauend auf diesen Faktoren mogliche Einfltisse mit Bezug auf die vorliegende Analyse aufgefuhrt.^^^ 1
Allgemeine Faktoren
Mogliche vorliegende Einflusse
Referenz Skalen Committed Cost, Vertrauen, Break-Even Chance Experimentelle Zielvorgaben und Position der Zielerreichung Situative Faktoren Wahrgenommene Zielerreichung
Individuelle Gewinn- und Verlustwahrnehmung sowie Festlegung des Status Quo
Schwierigkeitsgrad derAufgabe Definition von Erfolg und Misserfolg
Subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit der In-Supplier Investition, Verlustaversion, Fehlertoleranz
Soziookonomischer Hintergrund Wissen, Bezugsgruppen
Wissen iiber Investitions- und Risikorechnung, Personliches Einkommen, Bindungsstile
Gewohnter Standard Historie von Erfolgen und iVIisserfolgen
Gewinn- und Verlusterfahrungen in der Vergangenheit (vordem Experiment), Verlauf der Wertfunktion
Realitatsbezug Fragestellung und Untersuchungsgegenstand
Fehlende externe Validitat
Stimulation der VPN Aufbau des Experimentes, Aktivierung der VPN Einflusse der experimentellen Situation auf die VPN Tabelle 50: Ausgewahlte Einflusse auf das Anspruchsniveau
Welche Faktoren in welchem AusmaB die Bildung von Referenzpunkten und deren Berticksichtigung im Entscheidungsprozess bestimmen, muss Aufgabe weiterer Forschungsbemiihungen sein. Aufgrund der in dieser Arbeit beobachteten hohen individuellen Unterschiede kommt dabei den sozialen und psychologischen Einflusses eine besondere Bedeutung zu.
6.2 Implikationen fiir Marketing-Management und Marketingwissenschaft Im Laufe der Arbeit wurde in verschiedenen Problembereichen auf Implikationen fur die Marketingwissenschaft und auf die Notwendigkeit weiterer Forschungsbemuhungen hingewiesen. Diese sollen im folgenden Abschnitt aufgegriffen und vertieft werden. Dartiber hin'Lewinetal. (1944), S. 367. ^ Vgl. ebenda, S. 337-345; Helson (1964), S. 400.
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aus ergeben sich aus den Ergebnissen der Arbeit Konsequenzen fur das MarketingManagement in Geschaftsbeziehungen, die abschlieBend aufgezeigt werden sollen. 6.2.1 Weitere Forschung und Folgerungen fur die Marketingwissenschaft Seit den 80er Jahren wird die Geschaftsbeziehung zwischen Anbieter und Kunde intensiver in der Marketingwissenschaft diskutiert. Das Relationship-Marketing hat sich seit dem zu einem etablierten Gebiet der Marketingdisziplin entwickelt, Rese, Sollner und Utzig identifizieren zwei Forschungscluster bei einer Standortbestimmung im Jahre 2003.^^^ Zum einen identifizieren sie eine eher verhaltenswissenschaftlich gesteuerte Beziehungsforschung mit einem hohen Anteil empirischer Forschung,^^^ zum anderen eine mehrheitlich auf Basis neuerer okonomischer Mikrotheorie aufbauende Beziehungsforschung, bei der die Geschaftsbeziehung als Koordinationsmechanismus oder i. S. einer Prinzipal-Agenten-Beziehung verstanden wird.^^^ Grundsatzlich ist die Beziehungsforschung auf eine realitatsnahe Abbildung des Kauferverhahens angewiesen. Worauf sonst konnte das Relationship-Selling eines Anbieters aufbauen, wenn nicht auf dem tatsachlichen Verhalten der Kunden? Verhaltenswissenschaftliche Ansatze bieten meist eine hohere Realitatsnahe und ein hoheres problembezogenes Erklarungsvermogen, insbesondere, wenn sie auf induktiven Modellen beruhen. Demgegenuber steht der geringere Abstraktionsgrad und der damit verbundene Verlust an Allgemeingiiltigkeit. Eine hohe Allgemeingiiltigkeit „erkauft" sich die Institutionenokonomik durch eine Reihe von Annahmen uber das zugrunde liegende Menschenbild und Einschrankungen der Umwelt, Dadurch entstehen Defizite im Erklarungsvermogen realer Phanomene, insbesondere auf individueller Ebene. Dazu stellt Kaas fest: „Die Institutionenokonomik wird nur dann eine Zukunft [im Marketing, Anm. d. Verf.] haben, wenn sie sich in der Konfrontation mit der Realitat bewahrt".^^^ In Zusammenhang mit der Analyse von Bindungen innerhalb einer Geschaftsbeziehung weisen Plinke und Sollner darauf hin, dass der transaktionskostentheoretische Bezugsrahmen fur eine solche Analyse zu restriktiv ist und erweitem den Bezugsrahmen.^^^ Somit stellt sich die Frage, ob die vollstandige oder teilweise Aufhebung der Annahmen den Stand der Institutionenokonomik bei der Konfrontation mit der Realitat verbessert, ohne ihre hohe Allgemeingiiltigkeit einzubiiBen. Insofem ergibt sich ein Trade-off zwischen Realitatsnahe und Allgemein-
^^' Vgl. Rese et al. (2003), S. 2. ^^^ Vgl. u. a. Dwyer et al. (1987); Reichheld/Sasser (1990); Han et al. (1993); Diller (1996). ^^^ Vgl. u. a. Plinke (1989); Kaas (1992a); Kaas (1995c); Plinke (1997b). ""^ Kaas (1995a), S. 12. ^°' Vgl. Plinke/Sollner (1999), S. 65. Die Autoren erweitem den Bezugsrahmen insbesondere um Effektivitatsaspekte.
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gultigkeit, der nur fur den jeweiligen Untersuchungszweck beantwortet werden kann: „Complete 'realism' is clearly unattainable, and the question whether a theory is 'realistic' enough can be settled only by seeing whether it yields predictions that are good enough for the purpose in hand or that are better than predictions from alternative theories."^^^ Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass der transaktionskostentheoretische Bezugsrahmen durch den Fokus auf die Transaktion und die damit verbundenen Transaktionsprobleme einen wertvollen Beitrag zur Erklarung des Lock-In des Kunden leisten kann. Die Analyse hat dariiber hinaus gezeigt, dass die Annahme der Risikoneutralitat und die fehlende Berticksichtigung von Referenzpunkten zum Ausschluss von originarer Bindungswirkung spezifischer Investitionen fuhrt. In Konsequenz ergeben sich systematische Fehler bei der Einschatzung der Stabilitat von Geschaftsbeziehungen - auch auf aggregierter Ebene. Wahrend die Annahme risikoneutraler Entscheider fur die Analyse institutioneller Koordinationsstrukturen zur Komplexitatsreduktion vertretbar erscheint, kann sie bei der Analyse des Verhaltens der Akteure in Geschaftsbeziehungen nicht aufrecht erhalten werden. Die Falsifikation der Risikoneutralitatsannahme sollte jedoch nicht zur Ablehnung der Transaktionskostentheorie als Fundament der Analyse von Geschaftsbeziehungen fiihren, ohne sie durch eine bessere Theorie mit hoherem Erklarungsgehalt zu ersetzen: „Theory selection is based on opportunity cost, not absolute falsificationist standards".^^^ Lakatos bringt es auf den Punkt: „[...] there is no refutation without a better theory".^^ Folgt man der Sichtweise Lakatos, so stehen zwei Wege offen: die Erweiterung des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens (i. S, einer VergroBerung des Forschungsclusters) und die Entwicklung eines „besseren" theoretischen Bezugsrahmens (mit Elementen beider Forschungscluster). Eine Erweiterung des transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmens i. S. d. oben beschriebenen Defizite nehmen Chiles und McMackin vor.^°^ Die Autoren kritisieren insbesondere die fehlende Anwendbarkeit der Theorie fur die Wahl des Koordinationsmechanismus als Management-Entscheidungsproblem. Sie geben die Annahme der Risikoneutralitat auf und integrieren Vertrauen in ihr Modell, wobei sie auf ein subjektives Kostenverstandnis zuriickgreifen (vgl. Abschnitt 3.4.2). Die Anwendung der Transaktionskostentheorie als Entscheidungstheorie i. S, d. Autoren stoBt jedoch an anderer Stelle an die Grenzen des urspriinglichen Bezugsrahmens. Neben Einschrankungen durch die reine Effizienzbetrachtung fiihrt der komparativstatische Charakter der Analyse zur Vemachlassigung dynamischer Aspekte, insbesondere bei
^Friedman (1979), S. 41. ^ Smith (1989), S. 163. *Lakatos(1978), S. 5. ' Vgl. Chiles/McMackin (1996).
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der Entwicklung von Vertrauen zwischen den Akteuren.^^ Im Unterschied zur vorliegenden Arbeit stellen Chiles und McMackin die Entscheidung iiber eine Governance Struktur in den Mittelpunkt. Der Prozess der Entscheidungsfindung wird von Chiles und McMackin nicht beleuchtet, wodurch Anspruchsniveaus bzw. Referenzpunkte und letztendlich retrospektive Entscheidungseinfltisse unberiicksichtigt bleiben. Aussichtsreicher erscheint die Entwicklung eines „besseren" theoretischen Bezugsrahmens. Dass dieser Weg gangbar ist, zeigt die Transaction-Choice-Theorie von Adler, die als institutionenokonomisch orientierte Kaufverhaltenstheorie konzipiert wurde, Ziel war die Entwicklung eines Theorieansatzes, „[...] der das Entscheidungsverhalten des Nachfragers sowohl hinsichtlich der Wahl des Anbieters bzw, der Leistung als auch hinsichtlich der Form der Abwicklung [Koordinationsform] im Zeitablauf zu erklaren vermag".^^^ Wenngleich der Transaction-Choice-Ansatz starke Parallelen zum Transaktionskostenansatz aufweist, werden veranderte bzw. differenziertere Annahmen verwendet. Dem Bezugsrahmen liegen sechs tragende Elemente zugrunde: •
Analyseeinheit ist nicht die Transaktion, sondem die Kauf- bzw. Wechselentscheidung
•
Neben den Kostenaspekten des Austausches werden Nutzenaspekte der Leistung selbst betrachtet
•
Ein durch die beschrankten Informationsverarbeitungsfahigkeiten bedingter zweistufiger Entscheidungsprozess (Consideration und Choice)
•
Die Subjektivitat der Einflussgrofien
•
Die Orientierung an Anspruchsniveaus
•
Eine dynamische Perspektive unter Berucksichtigung der Veranderung von Wissen und Erfahrung
Eines der zentralen Ergebnisse, das empirisch bestatigt werden konnte, ist der Einfluss vergangener Transaktionen auf die Wahl des Anbieters und damit die Integration retrospektiver Komponenten bei Wechselentscheidungen.^^^ Auf theoretischer Ebene wurde dies durch die Konkretisierung der Annahme beschrankter Rationalitat i. S. eines vereinfachten Problemlosungsprozesses bei Wechselentscheidungen erreicht. Ansatze deskriptiver Entscheidungstheorie, insbesondere auf Basis der Prospect Theorie, wurden dabei explizit beriicksichtigt.^^^
^ Vgl. ebenda, S. 95. ^ Adler (2003), S. 54. ^ Vgl. ebenda, S. 191. 'Vgl. ebenda, S. 64, 107ff.
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Analog zum Konstrukt der CC in der vorliegenden Arbeit wurden die retrospektiven Einfliisse iiber die subjektive Amortisation spezifischer Investitionen operationalisiert, diese wurde jedoch nicht in ihren Komponenten betrachtet.^^^ Auf die im vorliegenden Ansatz aufgenommene Zerlegung der retrospektiven GroBen sowie den Prozess der mentalen Amortisation weist Adler in bezug auf zuktinftige Forschungsbemuhungen hin,^^^ Daniber hinaus unterscheiden sich die Uberlegungen Adlers von der vorliegenden Analyse in der Abbildung retrospektiver GroBen im Entscheidungsmodell. Ahnlich der vorliegenden Arbeit bezieht sich Adler auf Thalers Konzept des Mental Accounting. Eine Modellierung des Entscheidungsprozesses wird dariiber hinaus nicht vorgenommen. Insbesondere werden unterschiedliche Referenzpunkte zur Beriicksichtigung retrospektiver Einfliisse i, S. einer Startwertverschiebung nicht modelliert.^^^ AbschlieBend bleibt festzuhalten, dass die referenzpunktabhangige Modellierung der kognitiven Entscheidungsstruktur mit einem soliden, institutionenokonomisch fundierten Bezugsrahmen in Einklang gebracht werden kann. Vielversprechend ist dies nicht im Sinne einer Erweiterung (und Zweckentfremdung) bestehender institutionenokonomischer Ansatze, sondem als Theorieentwicklung. Das Fundament zur Erklarung der originaren Bindungswirkung bildet die Prospect Theorie in Verbindung mit erganzenden Ansatzen deskriptiver Entscheidungstheorie. Das axiomatische System der Prospect Theorie beschreibt ein realitatsnahes Bild des Entscheiders. Dabei fullt der mathematische Bezugsrahmen die Annahme beschrankter Rationalitat mit Inhalten, deren mathematische Exaktheit jedoch nicht als Indikator fiir ihre Allgemeingtiltigkeit interpretiert werden sollte. So halten Kahneman und Tversky fest: ^Theories of choice are at best approximate and incomplete. One reason for this pessimistic assessment is that choice is a constructive and contingent process. When faced with a complex problem, people employ a variety of heuristic procedures in order to simplify the representation and the evaluation of prospects. These procedures include computational shortcuts and editing operations [,..]. The heuristics of choice do not readily lend themselves to formal analysis because their application depends on the formulation of the problem, the method of elicitation, and the context of choice".^^^
^'^ Adler identifiziert sechs subjektive Einflussfaktoren auf die Auswahi von Anbietem und Koordinationsformen: Nettonutzendifferenz, Differenz der laufenden Transaktionskosten, Amortisation spezifischer Investitionen, direkte Wechselkosten, endogene Unsicherheitsdifferenz und exogene Unsicherheit. Bemerkenswert ist die reiativ hohe Ubereinstimmung mit den in Abbildung 17 dargestellten Faktoren. Im Unterschied zur vorliegenden Arbeit bezieht sich Adler primar auf Massenmarkte fiir Endkunden. *'" Vgl. Adler (2003), S. 200. Diese tJberlegungen wurden erst nach der Konzeption dieser Arbeit veroffentlicht. Insofem kaim dies als Bestatigung der Relevanz des Untersuchungszieles dieser Arbeit fiir die Marketingwissenschaft gesehen werden. ^'^ Vgl. ebenda, S. 109. ^'^ Tversky/Kahneman (1992), S. 317.
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Der approximative Charakter des dieser Arbeit zugrunde liegenden entscheidungstheoretischen Bezugsrahmens zeigt sich an der Orientierung am Median-Entscheider. Die Ausfuhrungen in den Abschnitten 3.3 und 6.1 zeigen, dass die postulierten Eigenschaften der Wertund Gewichtungstransformation, ebenso wie die Formatierung der Entscheidungssituation, nur auf aggregierter Ebene bestatigt werden konnen. Zur Systematisierung und Erklarung individueller Unterschiede sind weitere Forschungsbemiihungen wunschenswert. Das in Abschnitt 6,1 diskutierte Modell individueller Start- und Zielwerte kann einen Grofiteil der beobachteten Bindungsphanomene abbilden. Ungeklart bleibt jedoch die Frage nach der Erklarung individueller Unterschiede, d. h. dem Explanans des CC-Koeffizienten. Diese Frage greift die Diskussion der inhaltlichen Fundierung positiv und negativ gebundener VPN in Abschnitt 5.4.2 wieder auf. Ohne erklarende inhaltliche Variable bietet das vorliegende Modell nur die Moglichkeit einer deskriptiven Strukturanalyse fiir das zur Diskussion stehende Explanandum. Das Modell bietet post-factum Erklarungen, die keine Voraussagen auf individueller Ebene erlauben.^^"* Als solches leistet es einen Beitrag zum Verstandnis der originaren Bindungswirkung spezifischer Investitionen und bietet eine Grundlage fur weitere Forschungsbemiihungen. Aufgabe zukiinftiger Forschung i. S. der Theorienbildung ist die Identifikation von Ursache-Wirkungszusammenhangen, die eine inhakliche Erklarung der Bindungsphanomene und damit konkrete Ansatzpunkte zum aktiven Framing der Entscheidung durch den Anbieter leisten. Die vorliegenden qualitativen Indikatoren erlauben keine eindeutigen Ruckschlusse auf die beobachtete Bindungswirkung (vgl. Abschnitt 5.4.2). Notwendig im Sinne der obigen Zielsetzung ist die Identifikation weiterer Einfltisse, insbesondere personenbezogener und situativer Determinanten des Risikoverhaltens und die Entwicklung entsprechender Skalen.^^^ Spezifische Investitionen implizieren einen dynamischen Entscheidungskontext, da Initialinvestition und Folgeeinnahmen und -ausgaben zeitlich auseinander fallen (vgl. Abschnitt 4.2.2). Neben der in dieser Arbeit untersuchten Amortisation der Investition durch Einnahmen ist die Zeitabhangigkeit der originaren Bindungswirkung als Einfluss in dynamischen Kontexten in der Literatur dokumentiert.^^^ Unklar ist, wie eine solche „Entwertung" retrospektiver Kosten durch Startwertverschiebungen oder Anpassungen des Anspruchsniveaus abgebildet werden kann. Zuktinftige Forschung nach den Determinanten „mentaler Abschreibung" und ihrer kognitiven Reprasentation in der Entscheidungsstruktur erscheint vielversprechend. ^Vgl.Bunge(1967), S.45. ^'^ Neben den in Abschnitt 5.5 diskutierten personenbezogenen Einfliissen auf die Entscheidungsfindimg, wie die Erfahrung oder die Moglichkeit zu Lemen bei wiederholten Entscheidungen, erscheinen neuere Arbeiten zu individueilem Bindungsverhalten auf Basis der Attachment Theory aussichtsreich, vgl. Paulssen (2004). Bei den situativen Faktoren steht die Frage im Vordergrund, wie Referenzpunkte gebildet werden und wie stabil diese uber die Investitionsdauer sind. So stellen March und Shapira fest, dass die individueile Aufmerksamkeit zwischen den Bezugspunkten in Abhangigkeit von der wahrgenommenen Wichtigkeit wechseln kann, vgl. March/Shapira(1992). ^"' Vgl. u. a. Arkes/Blumer (1985); Gourville/Soman (1998).
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6.2.2 Konsequenzen fiir das Relationship-Management Aus den Analysen in der vorliegenden Arbeit lassen sich aus Managementperspektive vielfaltige Implikationen fiir die Marketingpraxis ableiten. Uberall dort, wo spezifische Investitionen vom Kunden in einer Kunden-Anbieter-Beziehungen getatigt werden, lassen sich die nachgewiesenen Zusammenhange prinzipiell in Handlungsempfehlungen umsetzen. Spezifische Investitionen sind insbesondere im industriellen Bereich die Basis langfristiger Geschaftsbeziehungen, Dies fuhrt dazu, dass Kaufentscheidungen haufig zugleich eine Entscheidung iiber einen Anbieterwechsel sind, den der In-Supplier zu verhindem und der OutSupplier herbeizufuhren bemiiht ist. In-Supplier werden versuchen, ihre Kunden durch entsprechende MaBnahmen des Relationship-Selling moglichst stark an sich zu binden. Hinzu kommt, dass mit der Neukundenakquisition i, d. R. erheblich hohere Kosten als mit der Bindung der Bestandskunden verbunden ist.^^^ Out-Supplier streben hingegen an, diese Bindung zu reduzieren und durch attraktive Angebote den Nachfrager zu einem Anbieterwechsel zu bewegen. Die Zielsetzungen von In- und Out-Supplier stehen sich damit diametral entgegen. Im Fokus der folgenden Ausfuhrungen steht das Verhaltensprogramm des In-Suppliers, das sich am erwarteten Kundenverhalten orientiert. Ziel ist die Optimierung der originaren Bindungswirkung. Entsprechende MaBnahmen des Anbieters mtissen jedoch immer im Einklang mit MaBnahmen zur Optimierung derivativer Bindung erfolgen.^^^ Damit sind die gesamten wahrgenommenen Wechselkosten des Kunden ZielgroBe des Relationship-Marketing. Analog ergeben sich die MaBnahmen des Out-Suppliers in vielen Fallen aus der dem In-Supplier entgegengesetzten Zielsetzung, Im Anschluss an die Darstellung von Konsequenzen fur den In-Supplier soUen in diesem Abschnitt MaBnahmen zur Reduktion der originaren Bindung innerhalb der Kundenorganisation diskutiert werden. Die wohl wesentlichste Erkenntnis der Untersuchung ist die Entscheidungsrelevanz der mit einer spezifischen Investition verbundenen retrospektiven Kosten und Erlose. Der dominierende Effekt zeigt eine zunehmende Bindung mit der Hohe der CC. Fiir den Anbieter lasst sich daraus die Zielsetzung ableiten, den Ausgleich des mentalen Kontos des Kunden so lange wie moglich hinauszuzogem.
^'^ In Geschaftsbeziehungen ist der Gewinn pro Kunde fiir den In-Supplier in vielen Fallen erst nach einer gewissen Aniaufphase attraktiv, da Setup- und Akquisitionsinvestments erst amortisiert werden mussen (vgl. Reichheld/Sasser (1990)). Dabei ist es notwendig, die BindungsmaBnahmen auf jene Kunden zu fokussieren, die eine ausreichende Rendite der Investition in die Bindung des Kunden (Customer Life Time Value) erwarten lassen (vgl. u. a. Dwyer (1989); Plinke (1997a)). ^^^ Eine vertiefende Darstellung von MaBnahmen zur Schaffung und Steuerung von Wechselkosten aus Management-Perspektive fmdet sich bei Buschken (2004). Buschken bezieht sich jedoch ausschliesslich auf die derivative Bindung, die Bindungswirkung der Committed Cost bleibt unberiicksichtigt.
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Zunachst folgt daraus die moglichst langfristige zeitliche Verteilung der Kosten des Kunden und der Einnahmen, bis ein Break-Even der Investition erreicht ist. Eingeschrankt wird dies jedoch bei geringfiigigen Investitionen durch eine mogliche Abnahme der Bindung tiber die Zeit. Zweitens sollte die Initialinvestition moglichst hoch und spezifisch sein, um eine maximale Bindungswirkung zu erzielen. Diese Erkenntnis steht scheinbar im Widerspruch zur Optimierung der derivativen Bindung. Danach miisste der Anbieter dutch eine Mischkalkulation die Initialkosten senken, um sich im Wettbewerb durchzusetzen. Ex post, nach fundamentaler Transformation, kann der Anbieter bei entsprechend hoher Quasirente auf Kundenseite gefahrlos seine „Subvention" amortisieren. Dies kann bspw. durch hohe Wartungs-, Ersatzteiloder Schulungskosten geschehen, Sollten diese Kosten des Kunden im After Sales-Bereich spezifischer Natur sein, so lost sich der scheinbare Widerspruch auf, da die Verlustseite des mentalen Kontos des Kunden emeut belastet wird. Der Kunde wird zu immer neuen spezifischen Ausgaben veranlasst, bevor er seinen Break-Even erreichen kann. Nach erfolgter Amortisation reduziert sich jedoch die Bindungswirkung auf die Hohe der verbliebenen Quasirente. Einem ahnlichen Prinzip folgend ist drittens zu empfehlen, vor der Amortisation der bestehenden spezifischen Investition diese durch eine neue spezifische Investition abzulosen. So dient bspw. ein langfristiger Vertrag iiber automatische Software-Upgrades nicht nur dem Erhalt einer positiven Quasirente, sondem erhoht regelmaBig die CC und damit die Vorteilhaftigkeit der In-Supplier Investition. Erganzend sei darauf hingewiesen, dass sich im Rahmen langfristiger Vertrage zusatzlich die Erhohung direkter Wechselkosten anbietet, bspw. durch Austrittsgebtihren oder Vertragsstrafen. Diese Empfehlungen sind an die beschriebene Bindungswirkung gekntipft. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen jedoch erhebliche individuelle Unterschiede in der Bindungswirkung. In Ubereinstimmung mit den Ausfuhrungen von Heide und John ist zu erwarten, „[...] that customers may vary in the degree to which they desire such links [spezifische Investitionen, Anm. d. Verf.] or respond favorably to such 'relationship marketing' efforts".^^^ Die experimentellen Ergebnisse spiegeln diese Streuung wieder. Uberraschend ist der mit ca. einem Drittel hohe Anteil ungebundener Kunden ohne Opportunismusgefahr und bis zu 50% bei bestehender Opportunismusgefahr. Ein solcher „Bumerang Effekt" kann zu Reaktionen des Kunden fuhren, die nicht im Interesse des Anbieters sind:^^° •
Antizipation der einseitigen Abhangigkeit und bewusste Entscheidung gegen den Kauf
•
Suchen oder Aufbauen altemativer Bezugsquellen zur Reduzierung der Abhangigkeit
' Heide/John (1988), S. 34. Ahnlich auch Blois (1996), S. 171. * Vgi. Piinke/Sollner (1999), S. 74f.
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•
Aufbau einer „Gegenmacht" durch Zusammenschluss mit anderen Kunden zur Verbesserung der Verhandlungsposition
•
Starkung der eigenen Position in der Wertschopfungskette, um aus der Perspektive des Anbieters an Bedeutung zu gewinnen
•
Um einer Ausbeutung seiner Verhandlungsmacht entgegenzuwirken, kann der Kunde durch opportunistisches Verhalten seinerseits sein Kosten-Nutzen-Verhaltnis verbessem
Durch diese Reaktionen des Kunden lauft der Anbieter Gefahr, seine Ausbeutungsposition zu verlieren bzw. selbst in eine Abhangigkeitssituation zu geraten. Um dem entgegenzuwirken, bzw. um bei Antizipation der Abhangigkeit tiberhaupt eine Transaktion zu ermoglichen, muss der Anbieter die wahrgenommene Abhangigkeit und damit das wahrgenommene Gefahrenpotential fiir den Kunden reduzieren. In Abschnitt 3,2.3 wurde der Aufbau von Vertrauen als MaBnahme zur Reduktion des Safeguarding Problems diskutiert. Das Vertrauen in den In-Supplier reduziert die wahrgenommene Gefahrdung der Quasirente des Kunden. Es wirkt nicht nur auf die Stabilitat der KundenAnbieter-Beziehung, sondem auch auf die Wettbewerbsposition des Anbieters.^^^ Um negative Auswirkungen auf die Beziehung zu weiteren Kunden zu vermeiden, wird sich der Anbieter die Quasirente eines Kunden nur sehr begrenzt aneignen konnen. Der mit einer Aneignung der Quasirente verbundene Vertrauensverlust wirkt nicht nur auf die derivative Bindung, sondem fuhrt zusatzhch zu einem Rtickgang originarer Bindung, da negatives Feedback iiber das Anbieterverhalten zu einer Anpassung des Anspruchsniveaus des Kunden fiihren kann. Die experimentellen Ergebnisse zeigen, dass ca. ein Viertel der bei vollem Vertrauen gebundenen Kunden nach einer Vertrauensreduktion eine negative originare Bindung zeigen und damit Wechselbereitschaft ausdrticken. Fiir den Anbieter bestatigen die Ergebnisse die zentrale Rolle des Aufbaus und der Erhaltung von Vertrauen in KundenAnbieter-Beziehungen.^^^ Neben den MaBnahmen zur Reduzierung der Abhangigkeit auf Beziehungsebene sollte der Kunde MaBnahmen zur Reduktion der originaren Bindung innerhalb der Kundenorganisation durchfiihren. Tabelle 51 gibt einen Uberblick ausgewahher MaBnahmen, wobei Managementund Controllingaufgaben unterschieden werden. Die Vermeidung der originaren Bindung an Investitionen als Managementaufgabe bezieht sich auf die Reduktion des Rechtfertigungsbedarfs des verantwortlichen Managers. Die (Selbst-)Rechtfertigung wurde in der vorliegenden Untersuchung nicht modelliert und im "" Vgl. Pl6tner(1995),S. 52. ^^^ Fiir eine strukturierte Ubersicht entsprechender MaBnahmen vgl. u. a. Kaas (1990); Plotner (1995); Ripperger (1998).
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experimentellen Design durch die Manipulation vorgegeben. Um ein vollstandigeres Bild der Mafinahmen zu erhalten, soil dennoch auf zwei Aspekte eingegangen werden. Managementaufgabe
Controllingaufgabe
Organisationale Fehlertoleranz
Klare Ziele und Kostenlimitierung
Trennung von Evaluation und Genehmigung
Entscheidungsorientiertes Reporting Klare Evaluationsprozesse
Tabelle 51: Ausgewahlte Mafinahmen zur Vermeidung originarer Bindung
Untersuchungen aus dem Bereich der Eskalationsforschung zeigen, dass die Reduktion der Bedrohung fur den Entscheider, die sich aus den negativen Konsequenzen einer Entscheidung ergibt, eine sinnvoUe Deeskalationsstrategie darstellt (vgl, Abschnitt 2,2.2). Organisationen, die keine strengen Strafen fur Fehlschlage vorsehen, konnen somit Deeskalation unterstutzen.^^^ Ein Mittel hierftir ist die Schaffung organisationaler Fehlertoleranz, um den Mitarbeitem Anreize zu geben, auch Fehlentscheidungen offenzulegen.^^"^ Eine weitere Managementmafinahme ist die organisationale Trennung von Evaluation der Geschaftsbeziehung und der Kostenverantwortung. So wird das Buying-Center einer extemen Kontrolle unterzogen, die durch regelmafiiges Feedback fruhzeitig auf Fehlentwicklungen reagieren kann. Femer kann durch die Trennung vermieden werden, dass die in Abschnitt 5.5.1 diskutierten Gruppenphanomene „Groupthink" und „Groupshift" auftreten. Die Controllingaufgabe zur Reduktion der Bindung an die CC besteht in der Elimination von Fehlentscheidungen durch die Kontrolle des Beschaffungsprozesses. Sie bezieht sich auf den CC-Effekt und die Korrektur der damit verbundenen Informationsverarbeitungsfehler. Eine KontrollmaBnahme ist die ex ante Bestimmung klarer Ziele und damit verbundener Kostenlimitierungen. Werden Limits iiberschritten, so wird die Beziehung mit dem In-Supplier tiberpruft und gegebenenfalls eingestellt. Eine solche Herangehensweise ist jedoch mit erheblichen Umsetzungsproblemen verbunden. So wamen Main und Lousteau in ihrer Empfehlungen an das Management: „Don't set the limit too high because managers may feel committed to spending until they reach the limit".^^^ Bei knappen Zielbemessungen hingegen besteht die Gefahr, dass jene Ziele immer wieder angepasst werden. Um dem zu begegnen, schlagen Brockner, Shaw und Rubin vor, die Ziele (untemehmens-)offentlich bekannt zu machen.^^^
' Vgl. Simonson/Staw (1992). ^ Vgl. Keil/Robey (1999), S. 68. ' Main/Lousteau (1999), S. 60. ' Vgl. Brockner et al. (1979).
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Zusammenfassende Beurteilung und Implikationen
Ahnlich argumentiert auch Heath, der von „mentalen Budgets" der Entscheider ausgeht, die als Referenzniveau bei Uberschreitung den Investitionsabbruch auslosen.^^^ Auch mit einer gut gestalteten Budgetierung wird es notwendig sein, ein entscheidungsorientiertes Reporting zu implementieren, das die Manager dazu bewegt, sich auf die marginalen Aspekte jeder weiteren Investitionsentscheidung zu fokussieren. Um dies zu gewahrleisten, ist die Bereitstellung relevanter Kosten und relevanter Erlose notwendig, die Grundlage einer entscheidungsorientierten Deckungsbeitragsrechnung sind.^^^ Auf diese Weise kann der inkrementale Nutzen der Folgeentscheidung durch den Entscheider leichter isohert werden. Ein differenziertes Reporting hilft, die retrospektiven Kosten zu isolieren und damit den Manager zu unterstUtzen, die retrospektiven von den prospektiven Kosten zu trennen. Der Report sollte eine Verbindung zwischen den ManagementmaBnahmen und den daraus folgenden Ergebnissen herstellen. Die Bereitstellung von Ergebnissen, die nicht in einem Kausalzusammenhang mit den Managemententscheidungen stehen, konnte dazu fuhren, dass ein solcher unterstellt wird,^^^ Daruber hinaus soUten Opportunitatskosten zumindest ansatzweise bereitgestellt werden. Dazu ist ein regelmafiiges Screening der Out-Supplier erforderlich, Auch wenn die Bereitstellung von Opportunitatskosten mit erheblicher Unsicherheit behaftet ist, so tragt sie doch zur Reduzierung von Wahmehmungsverzerrungen bei.^^^ Eine weitere Aufgabe des Controlling besteht in der Implementierung klarer regelmafiiger Evaluationsprozesse, Insbesondere fiir komplexe Problemlosungen ist dazu die Dekomposition der Kosten- und Nutzenbestandteile erforderlich. Durch die Disaggregation des Deckungsbeitrages kann dabei die Kontrolle bis auf die Ebene der Einzeltransaktion erfolgen. Ein weiterer Aspekt der Evaluation ist die Forderung, dabei den Entscheidungsprozess in den Vordergrund zu stellen. So zeigen Simonson und Staw, dass die Qualitat von Entscheidungen zunimmt, wenn der Entscheidungsprozess und nicht das Entscheidungsergebnis als MaBstab fur Belohnung oder Bestrafung dient.^^^ Auf diese Weise wird der psychologische Druck auf den Entscheider vermindert und die Bindung an die Investition reduziert. Die Verzerrungen der Wahmehmung werden durch die oben diskutierten MaBnahmen reduziert, jedoch nicht beseitigt. Die „irrationale" bindende Wirkung der CC kann eingedammt aber (vorerst) nicht eliminiert werden. Simon beschreibt 1979 die nach seiner Einschatzung enge Beziehung zwischen normativer und deskriptiver Entscheidungstheorie:^^^ Je weiter Computerprogramme und Rechenkapazi^Vgl. Heath (1995). ^ Vgl. Plinke/Rese (2002), S. 194f. 'Vgl. Gosh (1995), S. 53. ^ Vgl. u. a. Becker et al. (1974); Northcrafl/Neale (1986); Phillips et al. (1991). ^ Vgl. Simonson/Staw (1992). ^Vgl. Simon (1979), S. 499.
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Zusammenfassende Beurteilimg und Implikationen
215
tat entwickelt werden und Verbreitung finden, je mehr werden sich die Empfehlungen normativer Entscheidungstheorie andem. Allerdings wird sich genauso die tatsachliche, beobachtete Praxis der Entscheidungsfindung in den Untemehmen andem, je weiter die neuen Ergebnisse normativer Forschung diffundieren.
sUppLex
Anhang Anhang 1 : Fragebogen der experimentellen Untersuchung
218
Anhang 2 : Formulierung des Between Subject Designs im Fragebogen in Teil B
222
Anhang 3 : Umformung der Powerfunktion
224
Anhang 4 : Analyse der Wahrscheinlichkeitsaquivalente fur y = 0,56
225
Anhang 5 : Haufigkeitsverteilungen von 5x fur y = 0,61 (Szenario I)
226
Anhang 6 : Priifung der Bindungswirkung 5x fury = 0,56
227
Anhang 7 : J-Test der Bindungswirkung 5x und Rangstatistiken
228
sUppLex
Anhang
218
Anhang 1: Fragebogen der experimentellen Untersuchung HUMBOLDT-UNIVERSITAT ZU
BERLIN
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTLICHEFAKULTAT INSTITUT FUR INDUSTRIELLES MARKETING-MANAGEMENT
Experiment zu Vertrauen und Kundenbindung Helfen Sie mit! Trotz schrumpfender Budgets und mehr Arbeit fur weniger Geld - wir forschen weiteii!! ^
Schlupfen Sie in die Rolle des Geschaftsfuhrers und handein Sie so, wie Sie es in einer realen Entscheidungssituation auch tun wurden. Fur die folgende Fallstudie gibt es keine falschen und l<eine riclitigen Antworten.
^ Dies ist keine Recfienaufaabel
llire Einstellung zu Vertrauen und Kundenbindung
ist gefragt.
Teil A: Vor dem Kauf Sie sind Geschaftsfuhrer eines kleinen aber feinen Farben- und Lackgeschaftes in Kreuzberg. Im Farbengeschaft kommt es vor allem auf Qualitat (Farbtreue, Farbhaltbarkeit) und auf den Preis an. Einer Ihrer drei langjahrigen Lieferanten, mit dem Sie in den vergangen Jahren gute Geschafte gemacht haben, fuhrt eine Prozessinnovation im Vertrieb durch, die folgendes Angebot beinhaltet: Die Kunden konnen ein neues Computersvstem erwerben, das unter anderem mit • speziellen Zusatzaeraten (Messgerate wie Farbspektrometer, Ein- und Ausgabegerate), • spezieller Software (Farb-Analyse- und Datenbanksoftware fur verwendete Farbmischungen frtjherer Auftrage), • und schlieBlich einer Kommunikationsschnittsteile mit dem Zentralrechner des Lackherstellers fiir automatisierte Bestellvorgange ausgeriistet ist. Bei Bestellungen ut>er das Computersystem wird der Bestellaufwand fur Sie drastisch reduziert. Damit entstehen Ihnen aerinaere Kosten als Ihren Konkurrenten. Femer verbessem Sie Ihre Leistuna gegenut)er Ihren Konkurrenten, da Sie wesentlich genauer als bisher Ihre Farben bestimmen konnen (z.B. bei Nachbestellungen von Kunden). Aus diesen Griinden erwarten Sie hohere Gewinne mit dem neuen Computersvstem. Da Sie jedoch keine Erfahrungen mit dem neuen System besitzen, sind Sie unsicher, ob Sie dem Lieferanten vertrauen konnen. Er konnte ja die Preise erhohen oder schlechtere Qualitat liefem, sobald Sie in sein Computersystem investiert haben. '^ Bitte geben Sie fur die folgenden 8 Falle an, wann Sie unentscfiieden sind zwiscfien Kauf und Niclit-Kauf des neuen Computersystems. Gehen Sie in den ersten 4 Fallen von vollstem Vertrauen und in den folgenden 4 Fallen von geringem Vertrauen in llire bisherigen Lieferanten aus. Legen Sie dabei folgendes Sctiema zugrunde: Bisherige Bestellweise: Ohne neues Computersystem Vollstes Vertrauen (100%)
50% Chance, dass Preise und Qualitat konstant bleiben 50% Gefahr, dass Preise steigen oder Qualitat sinkt
Erwarteter Gewinn/Verlust
Enwarteter Gewinn bei bestatiatem Vertrauen
Erwarteter Gewinn bei enttauschtem Vertrauen
EnA/artete GewinneA/erluste ohne Computersvstem (bisheriae Bestellweise)
Mit neuem Computersystem Welche Chance, dass Preise und Qualitat konstant bleiben, muss der Lieferant mit dem neuen Computersystem bieten, damit beide Alternativen fur Sie gleichwertig sind? EnA/arteter Gewinn bei bestatiatem Vertrauen
m^
Gefahr, dass Preise steigen oder Qualitat sinkt (Rest zu 100% hier:100%-75%=25%)
Erwarteter Gewinn bei enttauschtem Vertrauen
Erwartete GewinneA/erluste bei Bestelluna mit dem neuen Computersvstem
Vollstes Vertrauen - gute Gewinnaussichten 100%
€ 60.000
€ 80.000 ist gleictiwertig mit (Restzu 100%)
€ 30.000
sUppLex
Anhang
219
Erwartete GewinneA/erluste ohne ComDutersvstem rbisheriae Bestellweise)
£nA/grt^te Q^yvinp^A/etluste |3gi g^^t^llMPq mit dem neuen ComDutersvstem
Vollstes Vertrauen - durchschnittliche Gewlnnausslchten 100%
€ 20.000
€ 30.000
ist gieichwertig mit
Vollstes Vertrauen - schlechte Gewlnnausslchten 100%
€ -20.000
ist gieichwertig mit
Vollstes Vertrauen - sehr schlechte Gewlnnausslchten 100%
€ -60.000
ist gieichwertig mit (Rest zu 100%)
€ -80.000
Gerlnges Vertrauen - sehr gute Gewlnnausslchten 50%^^^.^
€ 140.000
€ 120.000 ist gieichwertig mit
50%^"~""'"""^--- € 4 0 . 0 0 0 Gerlnges Vertrauen - durchschnittliche Gewlnnausslchten 50% ^^„^^
€ 40.000 ist gieichwertig mit
50%^""""^---^ £ 0 Gerlnges Vertrauen - schlechte Gewlnnausslchten 50% ^^^„^^
€0
5 0 % ^ —
€^0.000
ist gieichwertig mit
Gerlnges Vertrauen - sehr schlechte Gewlnnausslchten 50% ^^,^^
€ -20.000 ist gieichwertig mit
50% '^Prufen
(Rest zu 100%,
€ -60.000
€ -70.000
Sle nun nochmals ihre bisherlgen Antworten im Tell A. Danach andem Sle diese bitte nicht mehr. Tell B: Nach dem Kauf
Nach grundlichen Uberlegungen gehen Sie auf das Angebot Ihres Lieferanten ein und erwerben das neue Computersystem fur 80.000 Euro. Aufgrund guter Qualitat und gunstigen Preisen bestellen Sie Farben und Lacke ausschlieBlich uber das neue Computersystem, auf das Ihre Farbpaletten und Bestellprozesse vollstandig abgestimmt sind. Sie sind dadurch an den Lieferanten gebunden. 18 Monate spater hat sich die Investition bereits zur Halfte amortisiert (Sie haben die Halfte des Kaufpreises, also € 40.000 der € 80.000 zuruckverdient). Sie erfahren, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben, das nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten ist, sondern einen neuen, fur alle Lieferanten offenen Standard etablieren soil. Daraufhin uberleqen Sie, ob sich eip Wechsel ^u co/or./ief fur Sje lohn^. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherlgen Lieferanten bezogene Computersystem nur fur diesen Lieferanten einsetzbar ist, nicht jedoch fur color.net. Das ComDutersvstem hat keinen Wert auRerhalb seiner derzeitiaen Verwenduno.
sUppLex
Anhang
220
c= Bitte geben Sie fur die beiden folgenden Szenarien an, wann Sie unentschieden ^nd zwischen beibehalten des derzeitigen Lieferanten, an den Sie sich gebunden haben, und einem Ueferantenwechsel zu color.net. Szenario I: Vollstandiges Vertraut Beim bisherigen Lieferanten haben Sie vollstes Vertrauen durch konstante Qualitat und labile Preise in der Verqanaenheit. Bei color.net dagegen besteht die Gefahr steigender Preise oder schwankender Qualitat. (^ Geben Sie fur die folgenden 4 IVIm-kterwartungenJeweils an, wann Sie unentschieden sind Twischen dem Verbleib beim derzeitigen Ueferanten und einem Wectisel zu coior.net (Welches Risilfo sind sie beim Ueferantenwechsel bereit zu tragen?). Es giit wieder obiges Schema: Erwartungen bei derzeitigem Lieferanten Vollstes Vertrauen (100%)
Erwarteter Gewinn/Verlust
und (in Szenario II) 50% Chance dass Preise und Qualitat konstant bleiben
^ ^ ^.^^
Erwarteter Gewinn bei bestatiqtem Vertrauen
Erwartungen bei coior.net Welche Chance, dass Preise und Qualitat konstant bleiben, muss color.net bieten, damit beide Alternativen fiir Sie gleichwertig sind? _ ^ ^ /^ u Enwarteter Gewinn bei ^ . ^ I j ^ ^ ^ bestatiqtem Vertrauen ^
<:^
< 50% Gefahr, dass
v^ Preise steigen oder ^ v ^ ^ ^ ^ Enwarteter Gewinn bei Qualitat sinkt enttauschtem Vertrauen
Gefahr, dass ^^v.^^^ Preise steigen o d e r ^ ^ ^ ^ Quahtat sinkt ^ (Kestzu1U0% hier:100%-75% = 25%)
Erwartete GewinneA/ertuste beim derzeitigen Lieferanten
Erwarteter Gewinn bei enttauschtem Vertrauen
Erwartete GewinneA/erluste beim neuen Ljefgrant^n polQr.net
Vollstes Vertrauen - gute Gewinnaussichten € 80.000 100%
€ 60.000
ist gleicliwertig mit € 30.000
Vollstes Vertrauen - durchschnittliche Gewinnaussichten €30.000 100% •€20.000
ist gleichwertig mit
Vollstes Vertrauen - schlechte Gewinnaussichten 100% € -20.000
ist gleichwertig mit
Vollstes Vertrauen - sehr schlechte Gewinnaussichten 100% € -60.000
ist gleichwertig mit (Rest zu 100%)
€ -80.000
Szenario II: Gerlnges Vertrauen Durch mehrfache Preiserhohungen und schwankende Farbqualitat beim bisherigen Lieferanten, wobei Vertragsbestimmungen geschickt umgangen werden, mussten Sie Ihre Gewinnenwartung deutlich reduzieren. Da Ihr Vertrauen in den bisherigen Lieferanten stark erschuttert wurde. konnen die Preise nicht mehr als sicher anqenommen werden. Die Chance, dass der derzeitige Lieferant die Preise noch weiter erhoht, schatzen Sie 1 zu 2 (50%), konstante Preise dementsprechend mit 50%. Beachten Sie weiterhin die noch nicht vollstandige Amortisation des derzeitigen Systems und auch, dass das Computersystem nur fiir den derzeitigen Lieferanten einsetzbar ist, nicht jedoch fur color.net.
sUppLex
Anhang
221
~ Geben Sie fur die folgenden 5 Markterwartungen wiederum an, wann Sie unentsc/i/eden sind zwischen dem VerUeib beim derzeitigen Lieferanten und einem Wechsel zu color.net. Erwartete Gewinne/Verluste beim derzeitiaen Lieferanten
Erwartete GewinneA/erluste beim neuen Lieferanten color.net
Geringes Vertrauen - sehr gute Gewinnaussichten 50%
€ 120.000
50%
€ 40.000
%
€ 140.000
ist gleichwertig mit (Rest zu 100%)
€ 40.000
Geringes Vertrauen -- durchschnittlictie Gewinnaussichten 50%
'A
€ 40.000
€ 50.000
ist gleichwertig mit (Rest zu 100%)
50%
€0 Geringes Vertrauen -- schlechte Gewinnaussichten 50%
°A
€0
€0 €0
ist gleichwertig mit 50% € -40.000 Geringes Vertrauen -- sehr schlechte Gewinnaussichten 50%
(Rest zu 100%)
%
€ -20.000
€ -50.000 € -20.000
ist gleichwertig mit 50%
(Rest zu 100%)
€ -60.000
€ -70.000
Geringes Vertrauen -• Existenzbedrohende Gewinnaussichten 50%
€ -80.000
50%
€-120.000
%
€ -20.000
ist gleichwertig mit
^
(Rest zu 100%)
€-120.000
Prufen Sie nun nochmals Ihre bisherigen Antworten im Teil B. Danach andern Sie diese bitte nicht mehr Sie haben es fast geschafft! AbschlieRend noch einige Fragen zur Entscheidungsfindung. bedeutende Rolle
keine f
Welche Rolle haben die folgenden Merkmale be! Ihren Entscheidungen gespielt? • Grad der Amortisation (wie viel des investierten Geldes berelts zuruckverdient wurde) • Per Marktwert von Null des Computersystems bei VerauG>erung bzw. Wechsel • Die nicht unwesentlichen Investitionen in das Computersystem und die Abstimmung der Bestellprozesse • Die Veranderung des Vertrauens in den bisherigen Lieferanten von Szenario I zu II trifft eher zu
trifft eher nicht zu
Ein Wechsel zu co/or.nefhatte einen Verlust der in das Computersystem investierten Mittel bedeutet, die noch nicht amortisiert sind. Die ausschlieRliche Bindung an nur einen Lieferanten, auch wenn dieser einen hoheren Gewinn verspricht, hat meine Wertschatzung des bisherigen Lieferanten gemindert. Bei den Entscheidungen in Teil B befand ich mich gegenuber Teil A in einer Verlustsituation. Geschlecht:
_ (m/w)
Fachsem ester:
Letzte fijnf Ziffem der Telefonnummer:
Hier ist Raum fur Anmerkungen:
Vielen Dank fiir die Mitarbeit!
sUppLex
222
Anhang
Anhang 2: Formulierung des Between Subject Designs im Fragebogen in Teil B Formuliemng fur Gmppe 1 (Amortisation 50%, Spezifitat 100%, Committed Cost €40.000): 18 Monate spater hat sich die Investition bereits zur Halfte amortisiert (Sie haben die Halfte des Kaufpreises, also € 40.000 der€ 80.000 zuruckverdient). Sie erfahren, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben, das nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten ist, sondem einen neuen, fiir alle Lieferanten offenen Standard etablieren soil. Daraufhin uberlegen Sie. ob sich ein Wechsel zu color.net ftir Sie lohnt. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherigen Lieferanten bezogene Computersystem nur fiir diesen Lieferanten einsetzbar ist, nicht jedoch fur color.net. Das Computersystem hat keinen Wert auPerhalb seiner derzeitigen Verwendung.
Formulierung fiir Gruppe 2 (Amortisation 25%, Spezifitat 100%, Committed Cost €60.000): 12 Monate spater hat sich die Investition bereits zu einem Viertel amortisiert (Sie haben ein Viertel des Kaufpreises, also € 20.000 der € 80.000 zuruckverdient). Sie erfahren, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben, das nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten ist, sondem einen neuen, fiir alle Lieferanten offenen Standard etablieren soil. Daraufhin iiberlegen Sie. ob sich ein Wechsel zu color.net fur Sie lohnt. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherigen Lieferanten bezogene Computersystem nur fur diesen Lieferanten einsetzbar ist, nicht jedoch fiir color.net. Das Computersystem hat keinen Wert aufierhalb seiner derzeitigen Verwendung.
Formulierung fur Gruppe 3 (Amortisation 0%, Spezifitat 100%, Committed Cost €80.000): Wenige Wochen spater, noch bevor Sie etwas des Kaufpreises von € 80.000 zuriickverdienen konnten, erfahren Sie, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben. Color.net ist nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten, sondem soil einen neuen, fiir alle Lieferanten offenen Standard etablieren. Daraufhin uberlegen Sie. ob sich ein Wechsel zu color.net fur Sie lohnt. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherigen Lieferanten bezogene Computersystem nur fiir diesen Lieferanten einsetzbar ist, nicht jedoch fiir color.net. Das Computersystem hat keinen Wert aufierhalb seiner derzeitigen Verwendung.
Formulierung fur Gruppe 4 (Amortisation 50%, Spezifitat 50%, Committed Cost €0): 18 Monate spater hat sich die Investition bereits zur Halfte amortisiert (Sie haben die Halfte des Kaufpreises, also € 40.000 der € 80.000 zuruckverdient). Sie erfahren, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben, das nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten ist, sondem einen neuen, fiir alle Lieferanten offenen Standard etablieren soil. Daraufhin iiberlegen Sie. ob sich ein Wechsel zu color.net fiir Sie lohnt. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherigen Lieferanten bezogene Computersystem aufgrund der hoch speziellen Einsetzbarkeit nur noch die Halfte am Markt wert ist. da nur wenige Farben- und Lackgeschafte mit dem Computersystem arbeiten (Sie bekommen die Halfte des Kaufpreises, also € 40.000 der € 80.000 auf dem Gebrauchtmarkt fiir das Computersystem, sollten Sie vom bisherigen Lieferanten zu color.net wechseln).
sUppLex
Anhang
223
Formulierung fur Gruppe 5 (Amortisation 25%, Spezifitat 50%, Committed Cost €20.000): 12 Monate spater hat sich die Investition bereits zu einem Viertel amortisiert (Sie haben ein Viertel des Kaufpreises, also € 20.000 der € 80.000 zuruckverdient). Sie erfahren, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben, das nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten ist, sondem einen neuen, fiir alle Lieferanten offenen Standard etabheren soil. Daraufhin iiberlegen Sie. ob sich ein Wechsel zu color.net fQr Sie lohnt. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherigen Lieferanten bezogene Computersystem aufgrund der hoch speziellen Einsetzbarkeit nur noch die Haifte am Markt wert ist. da nur wenige Farben- und Lackgeschafte mit dem Computersystem arbeiten (Sie bekommen die Haifte des Kaufjpreises, also € 40.000 der € 80.000 auf dem Gebrauchtmarkt fiir das Computersystem, sollten Sie vom bisherigen Lieferanten zu color.net wechsehi).
Formulierung ftir Gruppe 6 (Amortisation 0%, Spezifitat 50%, Committed Cost €40.000): Wenige Wochen spater, noch bevor Sie etwas des Kaufpreises von € 80.000 zuruckverdienen konnten, erfahren Sie, dass mehrere Wettbewerber das vergleichbare Computersystem color.net entwickelt haben. Color.net ist nicht auf einen bestimmten Lieferanten zugeschnitten, sondem soil einen neuen, fiir alle Lieferanten offenen Standard etablieren. Daraufhin iiberlegen Sie. ob sich ein Wechsel zu color.net fiir Sie lohnt. Nach Erkundigungen bei verschiedenen Branchenexperten stellt sich heraus, dass das vom bisherigen Lieferanten bezogene Computersystem aufgrund der hoch speziellen Einsetzbarkeit nur noch die Haifte am Markt wert ist. da nur wenige Farben- und Lackgeschafte mit dem Computersystem arbeiten (Sie bekommen die Haifte des Kaufpreises, also € 40.000 der € 80.000 auf dem Gebrauchtmarkt fiir das Computersystem, sollten Sie vom bisherigen Lieferanten zu color.net wechsehi).
sUppLex
224
Anhang
Anhang 3: Umformung der Powerfunktion Die Powerfiinktion als Formalisierung der Wertfunktion nach Tversky und Kahneman (1992) ist definiert zu:
I
jc" wenn x>0 - A{- XY wenn x <0
Im Gewinnbereich zeigt die Funktion fur a > / einen konvexen Verlauf (Unterbewertung des In-Suppliers) und fur a < 7 einen konkaven Verlauf (Uberbewertung des In-Suppliers). Fur den Verlustbereich bildet J3> 1 eine konkave und fiXr J3< 1 eine konvexe Funktion ab. Da keine gemischten Lotterien abgefragt wurden, kurzt sich X in Gleichung (10). Aufgelost nach w(q) ergibt sich:
-<^)="^l''""5 bzw. M<.)^"^^"''-^
sUppLex
Anhang
225
Anhang 4: Analyse der Wahrscheinlichkeitsaquivalente fur y = 0,56 Kennzahlen der Wahrscheinlichkeitsaquivalente fiir 7 = 0,56: EntscheiMittelwert dung Paar1
Paar2
Standardabweichung
N
Standardfehler des Mittelwertes
AIP1_56
,492
224
,0836
,0056
BIP1_56
,514
224
,1043
,0070
AIP2_56
,453
243
,0795
,0051
BIP2_56
,473
243
,1115
,0072
T-Test fiir verbundene Stichproben fur 7 = 0,56: Verbundene Differenzen
Mittelwert
Std. Abweichung
Std. Fehler Mittelwert
95% Konfidenz Intervall der Differenz untere
obere
t
df
Sig. (2seitig)
Gewinn 1
AIP1 -BIP1
-,0223
,1016
,0068
-,0357
-,0089
-3,281
223
.001
Gewinn 2
AIP2 - BIP2
-,0199
,1114
,0071
-,0340
-,0058
-2,784
242
,006
Rangstatistik fur y = 0,56: Differenz
BIP1 -AIP1
BIP2-AIP2
Richtung
N
Mittlerer Rang
Rangsumme
Negative Range^
68
93,68
6370,00
Positive Range
120
94,97
11396,00
Bindungen
80
Gesamt
268
Negative Range''
76
94,73
7199,50
Positive Range
110
92,65
10191,50
Bindungen
103
Gesamt
289
'BIP2 56
Teststatistik des Wilcoxon-Tests der Wahrscheinlichkeitsaquivalente fur y = 0,56: BIP1 -AIP1
BIP2-AIP2
Z^
-3,37
-2,04
Asymptotisciie Signifikanz (2-seitig)
,001
.042
^ Basiert auf negativen Rangen.
sUppLex
226
Anhang
Anhang 5: Haufigkeitsverteilungen von 8x fur y = 0,61 (Szenario I) Haufigkeitsverteilungen von 6xp^ und 5XN^ der CC-Gruppen im Gewinn- und Verlustbereich:
Verlustbereich
Gewinnbereich furcc = 0
fur cc = 0
20-
1412-
15-
108-
«C 1 0 6-
—
X 4-
5-
0-
~1
LpnJr-'
r
-6.000 -4.000 -2.000
0
_ 1]=HJ 2.000 4.000 6.000
2-
Mean = -216,21 Std. Dev. = 1469,77419 N = 44
0-
^^
1
^ f
4.000
Mean = -404,1483 Std. Dev. = 2847,5674 8.000 N = 44
Verlustbereich
Gewinnbereich
fur cc = 40.000
fijr cc = 40.000 30-
1I.I ,1,I . I,
25-
1 1
25-
200)
1050-
r-1
1
15-
IS 10-
w
r-1
5-
-6.000 -4.000 -2.000
0
n^
7TJ-
2.000 4.000 6.000
0N= 8
i
^ r ^
Mean = 820,9814 Std. Dev. = 4007,01304 8.000 N = 86
fur cc = 80.000
12-
12-
10-
10-
1-
r-
=(0
=
4-
0-
4.000
Verlustbereich
fur cc = 80.000
2-
J^
dx
Gewinnbereich
=
_
Ld
-6.000 -4.000 -2.000
4-
2-
0
dx
Mean = 982,6i Std. Dev. = 4329,29336 2.000 4.000 6.000 N = 47
^
'-T-'
0-
LiT
-8.000
-4.000
I
4.000
Mean = 1658,5029 Std. Dev. = 4644,16217
8.000 N = 47
dx
sUppLex
Anhang
227
Anhang 6: Priifung der Bindungswirkung 8x fur y = 0,56 Deskriptive Kennzahlen von 5x fur y = 0,56 (N = 268): CC (in t€)
Gewinne 6xp (N = 268)
Std. Abw.
Mitteiwert
N
Median
Schiefe
Std. Fehler Schiefe
Std. Fehler Kurtosis
Kurtosis
0
44
-196,0
0,0
1346,5
-0,567
0,357
2,601
0,702
20
45
680,7
314,7
3060,8
2,464
0,354
9,120
0,6951
40
87
652,0
454,6
2411,8
-0,104
0,258
0,823
0,5111
60
45
813,6
526,5
3243,7
0,444
0,354
2,953
0,6951
80
47
901,6
1013,3
4024,6
0,553
0,347
1,759
0,6811
LagemaBe von 5x nach Bindungsrichtung ftir y = 0,56 (N = 268): CC (in t€)
Gewinne 8xp
N (in %)
iVIittelwert
Rational
Ungebunden
Gebunden N (in %)
Std. Abw.
Std. Abw.
Mitteiwert
N (in %) 31,8%
0
29,5%
1175,2
877,85
38,6%
-1405,9
1085,32
20
57,8%
2211,1
3132,33
33,3%
-1859,4
946,69
8,9%
40
57,5%
2173,9
1609,19
26,4%
-2259,6
1604,10
16,1%
60
53,3%
2900,7
2508,14
24,4%
-3000,3
2170,03
22,2%
80
61,7%
3136,0
3089,05
29,8%
-3469,4
2190,21
8,5% 1
Tests auf Normalverteilung und Homogenitat der Varianzen fur 7 = 0,56: Levene-Test
Kol mogoro v-S mi rnov^ CC (in t€)
Gewinne 6xp
Verluste 8XN
Statistik
df
Signifikanz
0
,171
44
,002
20
,191
44
,000
40
,138
86
,000
60
,174
43
,002
80
,119
47
,094
0
,238
44
,000
20
,152
44
,012
40
.172
86
,000
60
,131
43
,063
80
,106
47
,200
Statistik
Signifikanz
df
5,144
259
,001
1,090
259
.362
a Signifikanzkorrektur nach Lilliefors
sUppLex
Anhang
228
Anhang 7: J-Test der Bindungswirkung 6x und Rangstatistiken Rangstatistik fixry = 0,61: Gesamte Stichprobe Committed Cost
Gewinne 8xp
Verluste 5XN
N
Gebundene VPN
Mittlerer Committed Rang Cost
N
Ungebundene VPN
Mittlerer Committed Rang Cost
N
iVIittlerer Rang
0
44
104,34
0
13
45,85
0
17
55,00
20
45
130,34
20
26
59,40
20
15
44,07
40
87
141,95
40
51
72,70
40
22
37,82
60
45
142,56
60
24
85.29
60
11
31,18
80
47
145,21
80
29
82,79
80
14
27,791
0
46
123,51
0
18
52,39
0
15
41,071
20
47
132.31
20
22
63,82
20
18
47,061
40
97
142,60
40
49
70,20
40
34
51.381
60
46
153,99
60
25
83,60
60
16
52,561
80
49
162,03
80
29
83,41
80
15
53,331
Rangstatistik fury = 0,56: Gesamte Stichprobe Committed Cost
Gewinne 6xp
Verluste 5XN
N
Gebundene VPN
Mittlerer Committed Rang Cost
N
Ungebundene VPN
Mittlerer Committed Cost Rang
N
Mittlerer Rang
0
44
104,68
0
13
45,31
0
17
54,71
20
45
130,63
20
26
58,56
20
15
44,40
40
87
141,64
40
50
73,17
40
23
39,78
60
45
142,82
60
24
83,88
60
11
32,27
80
47
144,94
80
29
81,72
80
14
26,71
0
46
123,51
0
18
52,39
0
15
41.07
20
47
132,31
20
22
63,82
20
18
47,06
40
97
142,60
40
49
70,20
40
34
51,38
60
46
153,99
60
25
83,60
60
16
52.56
80
49
162.03
80
29
83,41
80
15
53,33
sUppLex
Anhang
229
]-TestfixTy = 0,56: Gesamte Stichprobe Gewinne
Verluste
(6xip)
(SX|N)
Anzahl Stufen in Committed Cost
5
N
268
Beobachtet
15836.50
17778,501
Mittelwert
14015,00
15743,501
Std. Abw.
711,21
778,771
Std.
2,561
2,6131
Asymp. Sig. (2-seitig)
,010
,0091
J-TStatistik
5 2851
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Sachverzeichnis Amortisation, 31, 38, 47, 50, 105f, 119, 160, 163, 175,211 Anreize, 58, 66, 79, 123, 185, 188ff Anspruchsniveau, 91f, 105, 11 Iff, 200
Gewichtungsfunktion, 83, 85, 124, 136f, 138 Wertfunktion, 82-86, 88, 90, 124, 133, 137f, 141, 198
Break-Even, 21, 44, 90f, 105f, 108, 113ff, 175f, 178,202
Quasirente, 18, 20-27, 30, 47, 64, 68f, 72, 74, 76, 21 If
Buying-Center, 184
Rationalitat, 63, 65, 72, 78f, 83, 95, 97, 122, 148,184,188, 192, 207f
Certainty Effect, 90, 170 Committed Cost, 49f, 104ff, 146, 152, 171
Rechtfertigungsmotiv, 39, 40, 42, 58, 212
Dispositionseffekt, 108f
Referenzpunkt, 81f, 87, 91, 107, 109, 112, 125, 131, 174, 186f,203
Entscheidungstheorie, 38,40, 43f, 55, 7780,94, 102, 191,194,206f
Relevante Kosten, 21, 45
Eskalation von Commitment, 37ff, 42f Deeskalation, 213 Geschaftsbeziehung, 1 If, 29, 69, 75, 205, 210 Kundenbindung, 9, 12ff, 15, 19, 73
Reprasentativitat, 181-184 Selbstuberschatzung, 43, 196 Spezifitat, 17, 18, 23ff, 47, 50, 55, 63, 66, 98, 119, 156-160, 163 Startwertverschiebung, 91f, 110, 114f, 125, 173ff, 198, 201
derivative Bindung, 37, 52, 113
Survival Point, 201,203
originare Bindung, 37, 54, 55, 60, 107, 191, 195,206
Systembindung, 31 ff
Kundenzufriedenheit, 13f, 32
Systemgeschaft, 28, 31, 34
Lemeffekte, 183
Transaktionskostentheorie, 53f, 6If, 65, 67, 94f, 98, 192, 206
Lemen, 112,202
Unsicherheit, 30, 34f, 65, 74, 96, 121
Lotterieentscheidung, 109 Mental Accounting, 84, 87f, 90f, 107, 208 Negatives Feedback, 11 If, 165, 193, 202 Opportunismus, 35, 63ff, 70ff, 171, 196 Opportunitatskosten, 21, 29f, 68, 75f Portfolioentscheidung, 109 Preis, 19,25f,60,66 Preisobergrenze, 19, 26, 68, 76, 122 Preisuntergrenze, 19, 25, 68 Prospect Theorie, 59, 76, 80f, 84, 88, 94f, 191f,208 Editierung, 40, 44, 81, 87-90, 107f, 110, 113, 125, 174,195,198,208
Risiko, 109, 183 Verankerungseffekt, 187 Versunkene Kosten, 21, 45f, 57, 87, 98, 104 Sunk Cost-Effekt, 43f, 87, 90, 108, 112, 114,148,190 Vertrauen, 32, 34ff, 70f, 75, 111, 131, 164f, 168, 170f, 193, 195,212 Wahrscheinlichkeitsaquivalente, 130, 139, 140f, 143, 185 Wechselkosten, 14, 16f, 29ff, 36, 47, 69, 76,211 Zielwerte, 200, 202ff, 209
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