DÄMONEN R
DÄMONE NJÄGER FRANK MACLAC MACLACH N
FRANK MACLACHLAN Jake Magnus
Königin der Ratten
Neuseeland, Februar ...
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DÄMONEN R
DÄMONE NJÄGER FRANK MACLAC MACLACH N
FRANK MACLACHLAN Jake Magnus
Königin der Ratten
Neuseeland, Februar 1999 ·Irgendwo dort unten“, flüsterte der Mann neben Ben, der ihm gerade mal bis zu den Schultern reichte. Ben hob sein Fernsichtgerät und schaltete um auf Infrarot. Die weite Ebene vor ihnen war durchzogen von Ansammlun gen halb verkrüppelter Bäume und schmaler, irgendwo in der Ferne im Boden versickernder Bäche. Ben musste eine Weile suchen, bis er die Stelle fand, die der Andere ge meint hatte. Die Bewegungen waren kaum erkennbar. Er zoomte weiter heran und da endlich konnte er schärfere Umrisse in der Nacht ausmachen. Sie waren zu dritt und schlurften in anscheinend ewig gleichem Trott um her. Eine entfernt Menschen ähnliche Form hatten sie angenommen, wie Ben feststellte, allerdings eine sehr entfernte ... Die Gliedmassen waren zwar einigermassen an der richtigen Stelle, doch alle waren sie verformt, als ob ein kleines Kind eine Lehmfigur gebastelt hätte. Einer der Gestalten fehlte gleich ein ganzer Arm. ·Wenn sie sich eine Weile nicht unter uns Menschen bewegen, scheinen sie zu vergessen wie man uns nachahmt“, antwortete Ben. Statt auf Bens Bemerkung einzugehen, erzählte der Mann weiter: ·Sie pat rouillieren dort, Nacht für Nacht. Erst dachten wir, sie suchen etwas. Wir lagen falsch ...“ ·Sie warten auf etwas“, stellte Ben fest. ·Richtig. Doch wir waren schneller.“
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Ben liess beinahe das Fernsichtgerät fallen; damit hatte er nun doch nicht gerechnet. ·Was habt ihr gefunden?“ “Gestern Morgen bei Tagesanbruch haben diese ... diese Dinger sich zu rück gezogen und meine Männer haben versucht zu finden, wonach die gesucht haben.“ Der Mann hielt inne und benutzte nun seinerseits wieder sein Gerät um festzustellen, ob die Gestaltlosen noch immer da waren, wo sie sein sollten. ·Auf jeden Fall hat jemand von ihnen auf einmal einen Blitz bemerkt, der angeblich hinter einer kleinen Anhöhe einschlug. Und das, obwohl keine Wolke am Himmel zu sehen war. Erst hielten sie ihn für ver rückt, doch als sie die Stelle überprüften, fanden sie, was diese Wesen ver mutlich suchten.“ ·Was war es?“ ·Kein es. Es handelte sich um einen scheusslich zugerichteten älteren Mann. Scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht. Er reagierte auf keinen Ver such, ihn anzusprechen und starrte bloss apathisch vor sich hin. Meine Männer haben ihn erst einmal mitgenommen. Wir haben ihn in ein Kran kenhaus ganz in der Nähe bringen lassen.“ Ben nickte. ·Gut, sehr gut sogar. So wie es aussieht, haben die Diener des Fürsten noch nicht bemerkt, was ihnen da entgangen ist. Aber früher oder später werden sie es, und deshalb dürfen wir keine Zeit verlieren.“ ·Sie werden also D’Arroyo davon unterrichten?“ ·Darauf können Sie sich verlassen“, sagte Ben entschlossen und wandte sich zum Gehen. ·Ich werde diesen Fall selbst in die Hand nehmen. Ich bedanke mich für Ihre Mitarbeit, wir werden die Bezahlung umgehend ver anlassen und vertrauen wie immer auf Ihre Diskretion.“ Und in Gedanken fügte er hinzu: Du Narr weißt überhaupt nicht, welchen Gefallen du mir da gerade getan hast ...
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Indiana, USA, 1996 Mit einem Knall zerbarst die morsche Holztüre. Einzelne Splitter flogen durch den Raum, ohne jedoch irgend einen Schaden anzurichten. Schritte waren zu hören, die näher kamen. Zahlreiche Schritte. Irgendwo in der Fer ne ertönte ein Ruf. ·FBI!“ Und wieder ... ·FBI! Ergeben Sie sich!“ Dann waren Schüsse zu hören. Erst einzelne, dann regelrechte Salven. Weitere Explosionen erklangen und nun hörte man wieder Schritte, die diesmal
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direkt auf die Öffnung in der Wand zukamen, an deren Stelle einmal die Holztüre den Eingang markiert hatte. Innerhalb von Sekunden stürmten fünf uniformierte Gestalten das kleine Kellerverlies. Einer von ihnen schrie noch einmal eine Warnung, sie würden das Feuer eröffnen. Doch das brauchten sie längst nicht mehr zu tun, und es gab auch niemanden mehr, der sich noch für irgendwelche Warnungen inte ressiert hätte. Den fünf Einsatzkräften bot sich in dem engen Raum ein Bild des Grauens. Das Kellerverlies war zu einem Grab geworden. Am Boden waren neben einem riesigen Pentagramm unzählige Zeichen und Kritzeleien angebracht. Es war auf den ersten Blick erkennbar, dass sie alle mit Blut gezeichnet waren. Dazu kam der klebrig-süsse Duft, der den ganzen Raum erfüllte. Das schrecklichste aber waren die Überbleibsel derer, die hier hatten sterben müssen. Fleischklumpen waren überall im Raum verteilt, für die Uniformierten war es ein Glück, dass im flackernden Licht der hier und da herumstehenden Kerzen meist nicht erkannt werden konn te, worum es sich dabei genau handelte. Das Fiepen und Kratzen von zahl losen Ratten war zu hören und immer wieder huschte eines der kleinen Biester durch das Zwielicht des Raumes. Einer der Uniformierten löste sich aus der Erstarrung. Wortlos deutete er auf eine kleine Nische in der gegenüberliegenden Wand. Sofort gingen die Fünf darauf zu. In der Nische befand sich eine weitere Öffnung, die in ei nen anderen Raum führte. Der vorderste der Uniformierten gab den ande ren Handzeichen, die mit einem Nicken quittiert wurden, dann stürmte er los. Der Raum, in den sie nun gelangten, war komplett abgedunkelt. Irgendwo in der Nähe der Decke befand sich zwar ein Fenster, dies war jedoch verrie gelt und mit Stofffetzen verhangen worden. Als die Lichtkegel von fünf Taschenlampen die Dunkelheit zerrissen, stockte den Einsatzkräften erneut der Atem. Mitten im Raum stand eine Frau, die sie anstarrte. Jeder der Fünf fühlte sich von ihrem Blick gefangen, als ihre eiskalten Augen sie musterten. Die Kleider der Frau waren zerschlissen, blutverschmiert, ebenso ihr Gesicht. Dennoch war ganz genau zu sehen, dass sie ihren Mund zu einem Lächeln verzogen hatte. Sie erhob lächelnd ihre Hand und winkte sie heran. ·Kommt zu mir!“, flüsterte sie. Blut tropfte von ihren Fingern. Alle spürten sie das Verlangen, ihrem Befehl zu folgen. Warum nicht ein fach die Waffen niederlegen und zu ihr gehen? Warum nicht? Langsam san ken die Lichtkegel nieder, eine Taschenlampe um die andere fiel zu Boden. Einige verlöschten sogleich, andere, die auf ein weiches Etwas fielen, rissen
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die Umrisse von dem aus dem Dunkeln, was von den Unglücklichen übrig geblieben war, die vor den Einsatzkräften hier gewesen waren. Wie auf ein unsichtbares Zeichen traten alle Uniformierten einen Schritt vor. Irgendwo vor ihnen in der Dunkelheit wartete die Verheissung, wartete die Frau, die sie alle glücklich machen würde. Der Griff um die Waffen lockerte sich ... Das Donnern einer Explosion erschütterte das Gebäude und zerriss den Bann um die Uniformierten. Sie konnten jetzt wieder die Schüsse hören, ganz in ihrer unmittelbaren Umgebung. Und sie erinnerten sich wieder an die Gefahr, in der sie alle schwebten. Ein Ruck ging durch die Einsatzkräfte. Sie rissen die Waffen hoch und feuerten instinktiv los. Draussen vor dem Kellerverlies hielten die Kämpfe für einen Moment in ne, als alle den grellen Schrei hörten, der durch Mark und Bein ging ...
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Der Mann, der Peters gegenüberstand, hatte sich ihm als Agent Claim vom FBI vorgestellt. Peters war er sofort unsympathisch gewesen. Das hatte nichts mit Claim persönlich zu tun, er hatte bloss heute Morgen schon zwei FBI-Agenten auf dem gesamten Gelände herumführen müssen, und lang sam ekelte es ihn an, dahin zurück zu gehen, wo das Unvorstellbare stattge funden hatte. ·Ihr Bundesagenten könnt euch wohl auch nicht absprechen, wann hier wer vorbeikommt“, knurrte Peters während er Claim deutete, ihm zu folgen. Er ging auf den Vordereingang des alten Herrenhauses zu. ·Kann sein, dass wir manchmal Verständigungsprobleme haben“, gab Claim in einem ebenso aggressiven Tonfall zurück. ·Hören Sie, Mister...“ ·Peters.“ ·Mr. Peters. Gut, sie mögen mit der Koordination der Aufräumarbeiten hier einen harten Tag hinter sich haben und die angenehmste Arbeit ist das hier sicher auch nicht. Dennoch bin ich darauf angewiesen, dass sie mich genauestens über alles informieren, was hier gefunden wurde.“ Peters nickte, nicht ohne erneut etwas in seinen Bart hineinzuknurren. Sie passierten einen schwarzen, unbeschrifteten Lieferwagen, in dem gerade ebenso schwarze Plastiksäcke verstaut wurden. Peters wollte besser nicht daran denken, was sich darin befand. ·Ihre Leute haben ganze Arbeit geleistet“, versuchte er stattdessen ein Ge spräch aufzunehmen, das ihn auf andere Gedanken bringen würde. ·Im
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oberen Stockwerk befindet sich praktisch kein Stein mehr auf dem anderen. Unmittelbare Einsturzgefahr ist zwar nicht vorhanden, aber dennoch muss das Gebäude im Anschluss an unsere Arbeit hier wohl abgerissen werden. Na ja, wohnen möchte hier vermutlich sowieso niemand mehr.“ Claim zuckte mit den Schultern ohne auf Peters Bemerkung einzugehen. Die Beiden traten durch eine frei gesprengte Öffnung in der Wand - dort, wo sich einmal ein Eingangsportal sowie eine Vorhalle befunden hatten - in das Haus hinein. Peters fuhr mit seinen Ausführungen fort. ·Hier hatten sich einige der Sektierer verschanzt.“ Er deutete auf einige rot-schwarze Flecken auf dem Boden und auf die Überreste dessen, was einmal so ge nanntes antikes Mobiliar gewesen war. ·Ebenso im oberen Stockwerk, das leider nicht mehr zugänglich ist.“ Claim sah sich kurz in der Eingangshalle um und folgte Peters dann durch eine weitere Tür, hinter der eine Treppe nach unten führte. ·Hier unten hat sich dann der Kultusraum, oder wie immer man das nennen möchte, befun den.“ Am Ende der Treppe klaffte erneut ein riesiges Loch an der Stelle, wo sich der Eingang zu den Kellerräumen befunden haben musste. Peters und Claim traten gleichzeitig in den nur spärlich ausgeleuchteten Raum. Claim atmete tief durch, als er sich in dem kleinen Verlies umsah. Am Boden standen überall Kerzen herum, sie waren ausgelöscht worden; der Raum wurden nunmehr durch zwei Scheinwerfer erhellt, die die Spuren sicherung hier platziert haben musste. Beinahe wünschte sich Claim, dass Dunkelheit das verborgen hätte, was sich hier befand. Neben zahlreichen magischen Symbolen auf dem Boden befanden sich auch Kritzeleien und fremdartige Zeichen überall an den Wänden. ·Mit Blut geschrieben“, bestä tigte Peters, bevor Claim fragen musste. ·Der Raum hier war bereits verlas sen. Es befanden sich lediglich noch einige Überreste der unglücklichen Opfer dieser Sekte hier. Wir haben sie bereits abtransportiert.“ Claim nickte und trat einige Schritte vor, in Richtung einer kleinen Nische am gegenüberliegenden Ende des Raumes. ·Dort hinten wurde sie gefun den?“ Peters nickte. ·Ja.“ Er ging voran und sie betraten den zweiten Raum. Claim glaubte, vom durchdringenden Blutgeruch ohnmächtig werden zu müssen. Peters, der vor ihm stand, war leichenblass geworden. ·Der ganze Boden hier war bedeckt mit ...“ Claim nickte. ·Das hat man mir bereits gesagt.“ Kurz drehte er sich einmal um sich selbst, um sich das Bild des Raumes einzuprägen, dann machte er kehrt und deutete Peters, ihm zu folgen. ·Ich glaube, ich habe alles gesehen was ich wollte.“
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Draussen verabschiedete sich Claim und ging zurück zu seinem Dienstwa gen, der direkt neben zwei grossen schwarzen Vans abgestellt war. Peters sah ihm nach und schüttelte den Kopf. Seltsame Typen, diese Bundesagen ten!
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New York, einen Tag später ·Agent Claim?“, wurde Jack aus seinen Gedanken gerissen. Er wandte sich um und bemerkte den Mann, der an ihn herangetreten war. ·Was gibt’s, Connor?” “Wir haben die Bestätigung erhalten, Sie dürfen jetzt zu ihr gehen.“ Er händigte Jack eine kleine, silbern schimmernde Karte aus. ·Die zweite Türe rechts.“ Jack bedankte sich und schritt den Gang entlang, wohin Connor ihn ge wiesen hatte. Er führte die Karte vor einen Sensor, über dem nun ein klei nes Lämpchen grün aufblinkte. Mit einem leisen Summen schob sich sogleich die Gittertür auf. Jack betrat einen kleinen, engen Raum, in dem sich lediglich ein Stuhl befand. Eine Längsseite des Raumes bestand aus Glas und gestattete den Blick in eine Zelle. Dort saß die Person am Boden, wegen der Jack hierher gekommen war. Die Frau starrte ins Nichts und reagierte auch nicht, als er vor die Glas scheibe trat. Wie man Jack erzählt hatte, ging das schon die ganze Zeit so, seitdem man sie hierher gebracht hatte. Als er sie betrachtete, stellte er fest, dass sie eigentlich recht hübsch war. Doch ihr hübsches Gesicht verlor seine zauberhafte Ausstrahlung, wenn man einmal in die Augen geblickt hatte. Wenn man durch die Augen tatsächlich in die Seele eines Menschen blicken konnte, dann musste man bei dieser Frau davon ausgehen, dass sie keine solche besaß. Die kalten, mordlustigen Augen bewegten sich erst in dem Moment, in dem Jack sich auf den Stuhl setzte. Von einem Moment zum anderen fixier te ihn die Frau mit ihrem Blick. Irgendetwas hypnotisches lag in diesem Blick, dem Jack sich nur schwer entziehen konnte. Irgendwo tief in ihm drin drängte eine Stimme danach, dieser Frau gefügig zu sein. Eine leise Stimme zwar, doch laut genug, dass er sie nicht einfach ignorieren konnte. Um sich abzulenken, versuchte er das Gespräch aufzunehmen. ·Können Sie mir ihren Namen sagen?“
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Ohne zu antworten hielt ihn die Frau mit ihrem Blick fest. Jack wich ihm aus und wiederholte seine Frage: ·Können Sie mir ihren Namen sagen?“ Diesmal folgte ein leises Fauchen als Antwort. Mit einem Satz erhob sich die Frau vom Boden und trat langsam auf die Glasscheibe zu. In ihren oh nehin zerfetzten Kleidern konnte man noch immer die Einschusslöcher erkennen, wo die Kugeln des UPO-Einsatzteams sie getroffen hatten. Es war nicht nur Jack unverständlich, wie sie das hatte überleben können. Die Wunden hatten sich von selbst geschlossen, hatte man ihm gesagt, lediglich kleine Narben waren zurückgeblieben. Da niemand dafür eine natürliche Erklärung finden konnte, hatte man Jack auf den Fall angesetzt. Er hatte die UPO bereits ein oder zwei Male bei solchen Fällen unterstützt und war wohl der beste Mann, den man in so kurzer Zeit hatte auftreiben können. Jack wurde aus seinen Gedanken gerissen, als die Frau direkt vor der Scheibe stand und ein leises Quietschen verriet, dass sie mit ihren Fingern über das Glas der Scheibe fuhr. Ich kenne dich! Plötzlich war da diese Stimme in seinem Kopf. Unwillkürlich erhob sich Jack und trat einen Schritt vor. Er stand ihr jetzt direkt gegenüber, nur getrennt durch das Glas. Die Augen ... Vielleicht konnte er ja dafür sorgen, dass man die Scheibe entfer nen ließ? Langsam fuhr er mit seinen Fingern dort am Glas entlang, wo ihr Gesicht sich auf der anderen Seite befand und presste seine Hand an der selben Stelle wie sie gegen das durchsichtige Hindernis. So wenig, das sie trennte ... Wenn er sie doch hätte berühren können ... nur für einen Augen blick ... Das Fauchen und Kreischen der Frau ließ ihn zusammenzucken. Sie be gann, gegen die Scheibe zu schlagen, ohne dass ihre Schläge etwas ausrich ten konnten. Jack hörte das hässliche Knacken von Knochen als sie wie eine Furie immer heftiger darauf einschlug. Heftig atmend trat er zwei Schritte zurück. Die Frau hatte all ihre Anmut verloren, wenn sie jemals eine solche besessen hatte - Jack war sich selbst darüber auf einmal nicht mehr sicher. Nie hatte ihm ein Wesen solche Angst eingejagt wie dieses Biest, das da jetzt wie im Kampfesrausch gegen die Glasscheibe schlug und rannte und sie zu durchbrechen versuchte. Jack stürzte herum und verließ den Raum so schnell er konnte. Erst, als die Gittertür ins Schoss zurücksank und das dumpfe Schlagen dahinter langsam verklang, kam er wieder zur Ruhe ...
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Als Jack sich eine halbe Stunde später im Büro seines Commanders melde te, saß ihm der Schrecken noch immer in den Gliedern. Er hörte mehr ne benbei zu, wie Ortega ihm erzählte, was sie auf der Farm der Sekte noch alles gefunden hatten. Erst als das Gespräch auf die Frau kam, wurde er aufmerksamer. ·Es ist, wie wir befürchtet haben“, meinte Ortega und fuchtelte mit einem Kugelschreiber herum. ·Unsere Agenten haben auf sie geschossen, aber bereits als wir sie hier in ihre Zelle gesperrt haben, waren ihre Wunden komplett verheilt. Es erweist sich also wieder mal als richtig, dass wir Sie hinzugezogen haben, Agent Claim.“ Jack rang sich ein müdes Lächeln ab. ·Ich habe in der Zwischenzeit selbst Bekanntschaft mit dieser ... Frau machen dürfen.“ Er bemerkte Ortegas fragenden Blick und fuhr fort: ·Sie scheint ihre Opfer erstaunlich schnell beeinflussen zu können, wie auch immer sie das macht. Mich eingeschlos sen.“ Ortega nickte und holte eine Akte hervor, die auf seinem Schreibtisch ge legen hatte. ·Ja, das passt in das Muster.“ Er blätterte in der Akte herum, notierte sich etwas und sah dann wieder zu Jack auf. ·Nun gut, Agent Claim, ich bedanke mich für Ihre Mitarbeit.“ ·Wie, bitte?“, entfuhr es Jack. ·Ich habe noch gar nichts weiter getan. Sie haben mich gerade erst zu dem Fall zugezogen ...“ ·Umso mehr wird es Sie doch freuen, dass wir Ihre Dienste nun nicht mehr benötigen. Alles weitere in diesem Fall werden Spezialabteilungen der UPO übernehmen.“ ·Was wird hier gespielt?“ Jack war aufgestanden und trat nun einen Schritt näher an Ortegas Schreibtisch heran, was diesen offenbar nervös zu machen begann. Er richtete hastig seine Brille gerade und sah Jack dann mit einem aufgesetzt strengen Blick an. ·Sie holen mich zu Ihren Ermittlungen hinzu“, polterte Jack unbeein druckt weiter, ·lassen mich hier ein wenig rumlaufen und entziehen mir den Fall dann wieder und setzen mich sozusagen vor die Tür? Was soll das, Or tega?“ ·Nicht in diesem Ton, Claim!“ Ortega atmete tief durch. ·Wir wissen jetzt alles, was wir brauchen.“ Und etwas leiser fügte er hinzu: ·Und für Sie sollte eigentlich das Gleiche gelten.“ Jack schüttelte den Kopf. ·So nicht, Ortega! Wenn Sie nicht sagen können, was das hier soll, dann müssen Sie eben in Zukunft auf meine Mitarbeit verzichten.“ Er wandte sich ab und stürmte aus dem kleinen Büroraum.
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Als das Knallen der Türe verhallt war, sah Ortega wieder auf. ·Ich hoffe, du hast begriffen, was ich dir sagen wollte“, flüsterte er leise.
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New York, zwei Jahre später Das Knarren des Stuhls riss sie aus ihrer Lethargie. Ihr Blick fiel auf den Gast, der sich ihr gegenüber hinter der Glasscheibe befand. Sein Gesicht konnte sie nicht erkennen, es wurde von der Kapuze eines langen Mantels bedeckt. So wie jedes der unzähligen Male, die er sie in diesen zwei Jahren, die sie schon hier eingepfercht war, besucht hatte. Der Kapuzenmantel wirkte im sterilen Licht der Zelle mehr als unpassend und wie jedes Mal zuvor fragte sie sich auch heute, wie er es immer schaffte, an den Wachen vorbeizukommen um sie zu besuchen. Er musste sehr über zeugend argumentieren, lachte sie innerlich auf. Oder er hatte hier gute Freunde ... Es war schon beinahe zu einem Ritual geworden, dass sie warten musste, bis er das Wort an sie richtete. Vorher kümmerte er sich überhaupt nicht um sie, und wenn sie selbst es wagte, ihn anzusprechen, verschwand er augen blicklich. Eigentlich hätte sie sich dieses Verhalten erst gar nicht bieten lassen, aber da war etwas, das sie an ihm faszinierte. Wie keine andere Person zuvor entzog er sich ihrer Beeinflussung vollkommen. Sie konnte nicht zu ihm durchdringen, konnte ihn nicht einmal ... fühlen. Das einzige, was sie be merkte, was seine Präsenz. Und die war kalt, so unglaublich kalt! Sie konnte sich noch gut an die Versprechungen erinnern, die er ihr ge macht hatte. Sie würde endlich wieder Blut trinken können. Tausendmal hatte er davon gesprochen, und sie hatte es in ihren Träumen wiederholt. Endlich wieder Blut, nach so langer Zeit ... ·Es ist nun alles vorbereitet.“ Die Stimme schien direkt aus dem Grab zu kommen, so düster und unheilvoll klang sie. Ein angenehmer Schauer lief ihr über den Rücken und ließ sie wie jedes Mal frösteln. ·Es geht jetzt nur noch darum, ob auch du bereit bist.“ Sie wusste nicht, ob sie selbst es war, die das wollte, doch sie sank auf die Knie. ·Ich bin es. Ich bin bereit zu allem, was du verlangst.“
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Eine Bewegung der Kapuze deutete sie als Nicken. ·Du hast in den letzten Jahren viel gelernt. Ich hoffe, du kannst dich noch erinnern.“ Nun war sie es, die hastig nickte. Sie würde alles tun, um endlich wieder Blut trinken zu können ... ·Dann sind wir jetzt soweit. Ich gab dir die Kraft, deinen Tod zu besiegen, und jetzt wirst du mir deine Schuld zurückzahlen.“ Noch während er die Worte sprach, schoss aus seiner Hand, die er nun erhoben hatte, ein grünli cher Strahl, der die Glasscheibe, die sie beide voneinander trennte, traf. Erst erschrak sie, begriff nicht, was vor sich ging, dann erst sah sie es: Er zerstör te die Wand, die sie von der Freiheit trennte. Er war hier, um sie zu befrei en. Sie würde die Aufgabe, die er ihr gestellt hatte, erfüllen. Dann würde sie endlich wieder mit ihren kleinen vierbeinigen Freunden vereint sein. Und sie würde wieder Blut trinken ...
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Als die große schwarze Limousine vorfuhr, war Malcolm Johnson gerade in einen Artikel der ·New York Times“ vertieft. Erst als er schon beinahe eingestiegen war bemerkte er, dass der Fahrer, der ihm die Türe geöffnet hatte, nicht derselbe wie sonst war. ·Was ist mit Jeff?“, fragte er mürrisch. ·Jeff ist krank“, kam die gleichgültige Antwort, ehe die Tür zugeschlagen wurde und der Fahrer vorne am Steuer Platz nahm. ·Ich bin Luc, seine Vertretung.“ Johnson musterte den Mann namens Luc kritisch und kam zum Schluss, dass er auch nicht viel hinterlistiger als Jeff aussah. ·Na gut, Luc, dann fah ren Sie mal. Aber beeilen Sie sich, ich möchte nicht zu spät kommen.“ Luc brummte so etwas wie eine Antwort und fuhr los. Entspannt lehnte sich Johnson zurück und studierte den Artikel über eine Schmugglerbande, die im Hafen von New York aufgeflogen war. Natürlich war der Zeitung wie immer nur die halbe Wahrheit bekannt. Dass es sich um einen Grosseinsatz der UPO gehandelt hatte wussten die nicht, stattdessen schrie ben sie die übliche FBI-Story. Johnson lachte auf und legte die Zeitung weg. Ein kurzer Blick durchs Fenster verriet ihm, dass sie an einer Ampel standen und nicht weiterfuhren. ·Es ist grün, warum fahren Sie nicht?“, fuhr er den Mann an, der am Steu er saß. Luc drehte sich um und Johnson erschrak wie noch nie in seinem Leben. Das Gesicht des Fahrers war auf einmal aschfahl geworden und die Haut
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hing in Fetzen von seinen Knochen herunter. ·Wir“, knurrte das, was auch immer dort vorne saß, ·werden nirgends mehr hinfahren.“ Es war kurz vor zehn Uhr, als eine gewaltige Detonation den gesamten Stadtteil Manhattan erschütterte. Die Ursache, ein explodiertes Auto, sorgte für ein Rätsel. Es schien unmöglich, selbst mit einer Autobombe, eine so gewaltige Explosion zu verursachen. Vom Wagen selbst war kaum etwas übrig geblieben, geschweige denn von den Insassen ...
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Eine Woche später Der riesige Konferenztisch stand inmitten des weitläufigen Saals. Zwei Wände des Raumes waren durch gigantische Panoramafenster ersetzt wor den, die zu beiden Seiten einen Ausblick auf die Stadt New York zeigten, das hektische Treiben Dutzende Stockwerke unterhalb dieses Saals. Die dritte Wand wurde von einer Weltkarte eingenommen, auf der verschiedene Punkte farbig markiert waren. Darüber befand sich ein in Gold gefasstes Logo, das drei große Buchstaben umfasste - UPO. Direkt gegenüber, in der holzgetäfelten vierten Wand, befand sich die Eingangstür, von den Ausma ßen her fast schon ein Tor. All das kümmerte die neun Männer und Frauen im Moment wenig, die sich in großen Polstersesseln um den Tisch herum platziert hatten. Einer der Sessel war leer, und genau darüber wurde gerade diskutiert. ·Solange wir nicht wissen, was genau mit Johnson geschehen ist, und wir ein Attentat nicht mit Sicherheit ausschließen können, sollten wir gar nichts tun!“, rief ein älterer Mann in schwarzem Anzug seinem Gegenüber zu. ·Und Sie wissen das genauso gut, wie ich es weiß.“ ·Gar nichts wissen Sie, O‘Hare!“, antwortete dieser genauso aggressiv. Er war ebenso in einen schwarzen Anzug gekleidet, doch während er bei O’Hare eine Art Seriosität vermittelte, verlieh er ihm ein düsteres, ein be drohliches Aussehen. Obwohl es zweifelsohne niemand bestätigt hätte, hatten alle anderen im Raum einen nicht unbeträchtlichen Respekt vor dem Mann. Stille kehrte ein, bis er fort fuhr: ·Wir haben hier den letzten Willen John sons. Und er überträgt seinen Sitz im Tribunal auf seine Tochter.“ Er deute te auf einige Blätter die vor ihm verstreut auf dem Tisch herumlagen.
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·Ich zweifle daran, dass dies Johnsons Wunsch gewesen ist. Niemand von uns hier“, O‘Hare wies in die Runde, ·hat jemals von einer Tochter John sons gehört. Sehr wohl hatte er aber einen Sohn, der ebenfalls für die UPO arbeitet! Warum hätte er den Sitz nicht ihm übertragen sollen? Warum?“ Der Mann im schwarzen Anzug zuckte mit den Schultern. ·Woher soll ich das denn wissen? Das ist auch nicht an uns zu entscheiden. Was zählt, ist Johnsons Wunsch, und daran können Sie meinetwegen zweifeln bis die Hölle zufriert. Johnson hat ihn niedergeschrieben, und wir haben ihn hier vor uns liegen.“ Erneut kehrte Stille im Raum ein. ·Hat jetzt sonst noch jemand etwas vorzubringen?“, fragte der Dunkle erneut. Als keine Antwort kam, erhob er sich. ·Na gut. Die Agenten konnten Johnsons Tochter bereits ausfindig machen. Ihre Identität wurde einwandfrei bestätigt. Sie befindet sich bereits hier und ist über alles informiert.“ Er gab einem der beiden Männer, die zu beiden Seiten der Tür standen, einen Wink, worauf dieser den Raum verließ und kurze Zeit darauf in Begleitung einer Frau zurück kehrte. ·Ich darf Ihnen Kathryn Johnson vorstellen“, sagte der Dunkle, ehe er sich wieder an seinen Platz setzte. Die Frau trat auf dieses Stichwort selbstbewusst an den Tisch. Ihr rötlich schimmerndes Haar fiel ihr bis zu den Schultern und hätte gut zu ihrem hübschen Gesicht gepasst. Doch das aufgesetzte Lächeln wirkte bedrohlich. Ohne ein weiteres Wort ging die Frau um den Tisch herum zum leeren Sessel und setzte sich. O’Hare warf seinem Gegenüber einen düsteren Blick zu. ·Ich weiß nicht, was hier gespielt wird, McDonald, aber hier geht so einiges nicht mit rechten Dingen zu!“ Mit einem Fluch erhob er sich und verließ den Raum. Für eine Weile saßen alle anderen angespannt an ihren Plätzen, dann er griff die Rothaarige das Wort: ·Wenn sonst niemand mehr etwas zu sagen hat oder ebenso spontan den Raum verlassen möchte ... Ich werde Sie nicht aufhalten“. Es trat eine kurze Pause ein, in der gespanntes Schweigen herrschte. Einige der Tribunalsmitglieder zuckten nervös zusammen, als die Frau fortfuhr. ·Dann können wir ja beginnen. Wir haben eine Menge zu tun ...“
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·Und Don, ich sage dir, etwas stimmt hier nicht!“, wetterte der alte Mann
weiter, während er in dem kleinen, engen Büro hin und her schritt. O’Hare
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bemerkte, wie er Ortega aus der Ruhe brachte und setzte sich schliesslich in einen Stuhl gegenüber des Commanders. ·Du weißt, dass du als Mitglied des Tribunals mir gegenüber eigentlich so was gar nicht erzählen dürftest?“, meinte Ortega trocken. ·Ja, Don, verdammt. Aber zu wem sonst soll ich gehen? Ist dir nicht auch aufgefallen, dass sich in letzter Zeit seltsame Vorkommnisse innerhalb unse rer Organisation mehren?“ ·Seltsame Vorkommnisse? Ich weiss nicht ...“ ·Oh doch, du weiss es sehr genau“, unterbrach ihn O’Hare. ·Was ist mit dem Angriff auf deine Agentin, wie hiess sie noch mal ...“ “Mrs. Cardigan.” “Genau. Was ist mit dem Angriff auf Mrs. Cardigan, letzte Woche erst? In ihrem Büro hier in dem Gebäude, das, könnte man meinen, das sicherste der Welt sein sollte, wurde sie angegriffen und entführt.“ O’Hare erhob sich erneut und begann im Büro umherzuwandern. ·Und was noch erstaunlicher ist: Als ich den Fall dem Tribunal vorgebracht habe, hat dieser McDonald gleich alle Diskussionen darüber abgeblockt. Und auch die anderen Com mander, abgesehen von dir vielleicht, scheint es nicht sonderlich zu interes sieren. Oder zumindest wagt niemand, etwas zu sagen. Du kannst mir viel erzählen, Don, aber was hier vorgeht, ist nicht normal.“ Ortega nickte. ·Wenn wir aber schon dabei sind, dann solltest du auch die Killerin nicht vergessen, die vor kurzem aus dem Hochsicherheitstrakt aus brechen konnte.“ O’Hare fuhr herum. ·Ja, verflucht!“ Er versuchte sich krampfhaft wieder in Erinnerung zu rufen, wie sie ausgesehen hatte. ·Ich habe diese Killerin einmal gesehen, vor beinahe zwei Jahren. Ich habe sie nicht mehr allzu ge nau in Erinnerung, aber ich könnte schwören, dass es sie ... nein, vergiss es. Das wäre zu unglaublich.“ ·Mich erstaunt hier nichts mehr“, knurrte Ortega. ·Aber wenn tatsächlich unsere Gegner versuchen würden, die UPO zu unterwandern ... was könn ten wir dagegen tun?“ O’Hare zuckte mit den Schultern. ·Wir werden es ja sehen.“
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Einige Wochen später O’Hare war es mehr als seltsam zumute, als er an diesem Morgen den Tri bunalssaal betrat. Man hatte eiligst eine Konferenz einberufen, etwas, was sonst nur geschah, wenn wirklich alle Stricke rissen. Er erkannte schnell, dass alle schon da waren. Selbst McDonald sass in seiner üblichen arroganten und gleichgültigen Art in seinem Sessel. McDo nald ... der Name liess O’Hare mittlerweile frösteln. Commander Ortega, der in seiner Funktion als Leiter der UPO-Filiale in New York so etwas wie sein Vertrauter war, hatte ihm davon erzählt, dass seine Agenten vor kur zem, einige Zeit bevor sie dann die UPO verlassen hatten, auf den Höllen fürsten selbst getroffen waren. Er hatte sich ebenfalls den Namen McDo nald gegeben. O’Hare brauchte nicht viel Phantasie aufzuwenden, um die sen McDonald hier mit dem Höllenfürsten zu vergleichen. Die Charakter züge mussten die selben sein. Vielleicht lag das auch einfach nur am Namen ... Der Gedanke an eine bekannte Imbisskette lag da ebenfalls nicht fern und mit der Hölle hatten die bestimmt auch einen Pakt geschlossen! Hastig setzte O’Hare sich in seinen Sessel und wartete ab, was geschah. Es war die Neue, Kathryn Johnson, die das Wort übernahm. Einmal mehr fragte O’Hare sich, was hier vor sich ging. Johnson war erst seit einigen Wochen im Tribunal, verhielt sich aber so, als ob sie hier die Chefin war. Besonders seltsam war, dass niemand von den anderen das bemerkte - aus ser McDonald, dem es gar zu gefallen schien. ·Ich habe Sie alle hier zusammengerufen“, begann die Frau mit kalter und emotionsloser Stimme, ·um Sie darauf aufmerksam zu machen, dass von nun an ich hier das Sagen habe. Sie werden ab sofort meinen Befehlen ge horchen und tun, was immer ich von Ihnen verlange.“ Ein Raunen ging durch die Menge, aber es war O’Hare der sich als einziger erhob. ·Was fällt Ihnen ein?“ Er lachte auf, aber das Lachen klang unecht. Zornig blickte er die anderen Tribunalsmitglieder an, einen nach dem ande ren. Jeder einzelne hielt seinem Blick stand. Wie willenlose Puppen starrten sie zurück. ·Was ...“ Weiter kam O’Hare nicht. In Sekundenschnelle war auch die Frau aufge standen und ganz langsam trat sie an O’Hare heran. ·Wie bedauerlich, dass es mir nicht möglich war, Sie ebenfalls ... hm, von mir zu überzeugen, O’Hare.“ Sie lachte auf. ·Man kann eben nicht alles haben.“ O’Hare schrie auf, als er spürte, wie Krallenhände sich tief in sein Fleisch bohrten. Der Schmerz wurde unmenschlich, er glaubte, innerlich zu verbrennen. Schliesslich verlor O’Hare die Besinnung. Er erlebte nicht mehr
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mit, wie die Frau sich an seinem Körper zu schaffen machte und sein Blut trank. Nachdem sie ihr grausiges Werk vollendet hatte, befahl sie einem der Wächter bei der Tür, den Körper wegzuräumen. Schliesslich setzte sie sich wieder an den Tisch. Keiner der anderen hatte sich gerührt, nur McDonald grinste ihr zu. Sie lachte erneut auf und winkte den anderen Wächter heran. ·Hören Sie mir gut zu, was ich Ihnen jetzt befehle. Sie müssen anschlies send zu jedem einzelnen Commander gehen und die Befehle weiterleiten. Das Tribunal hat beschlossen, dass von nun an hier einiges ganz anders laufen wird ...“
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Als der schwarze Van neben ihr vorfuhr, hatte Agent Clavell das Haus schon beinahe erreicht. Dass die Unterstützungstruppen rechtzeitig ge kommen waren, war mehr als beruhigend. Über Funk hörte sie mit, was ein anderer Agent von seinem Beobachtungsposten aus erkennen konnte. Sie hasste diese Spezialeinsätze der UPO. Seit einige Agenten den Dienst quittiert hatten, wurde immer öfters auch sie mit solchen Aufträgen betraut, die meist mit Dingen zu tun hatten, die über das hinausgingen, was übli cherweise als ·normal“ bezeichnet wurde. Diesmal sollten sie einen Unterschlupf von Vampiren ausräuchern. Clavell hatte selbst noch nie mit solchen Wesen zu tun gehabt, und es fiel ihr schwer zu akzeptieren, dass es sie gab. Die UPO muss ganz schön verzwei felt sein, dass sie mittlerweile wirklich jeden Agenten auf solche Missionen schickt, dachte sie sarkastisch. Kurz blickte sie zum Van zurück, der ein Stück weit hinter ihr geparkt hat te. Wenn sie in Schwierigkeiten geriet, würden von dort weitere Agenten eingreifen können. Besser, man schickte zuerst nur einen Agenten vor. Wenn man sich betreffend der Vampire geirrt hatte, war der Erklärungsbe darf später nicht so groß. Sie hatte sich in der letzten Zeit immer häufiger gefragt, wie die UPO sol che Sachen eigentlich vor der Öffentlichkeit verbarg und wie sie überhaupt vorging. ·Wir können ja schlecht mit ein paar Wagen am Ort der Dämo nenaktivität vorfahren, ein Hare Rama chanten und danach den Anwohnern und Reportern erklären, wir wollten damit Geldwäscher aus Fernost aus ihrem Versteck locken. Besonders dann nicht, wenn nebenbei der ganze Straßenzug in grünem Feuer pulverisiert wurde“, hatte sie ihren Comman
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der angefahren. ·Natürlich geht das“, hatte er ruhig geantwortet. ·Und sonst erzählt man einfach irgend ein Ammenmärchen von Terroristen. Die Menschen glauben, was wir ihnen erzählen.“ Offenbar war dem tatsächlich so. Die Sache mit dem grünen Feuer hatten sie diesen Monat schon zwei Mal gehabt. Clavell wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie vor der schäbigen Hütte ankam, die den Unterschlupf der Vampire darstellen sollte. Laut Einsatzplan sollte sie sich einfach unauffällig umsehen. Typisch UPO. Der einfachste Plan ist gerade gut genug! Kurz blickte sie die verlotterte Hausfassade hoch. Die Hütte fiel nicht sonderlich auf in diesem Stadtteil. Die ganze Strasse hier war herunterge kommen und sah aus wie das Paradebeispiel eines Ghettos. Ein Haus, bei dem der Verputz nicht von der Wand geblättert wäre, hätte hier vergleichs weise kontrastreich gewirkt. Ohne weiter zu warten trat sie schliesslich auf die Tür zu und öffnete sie. Mit einem Knarren schwang sie auf und gab den Blick frei auf herumliegendes Gerümpel. Direkt gegenüber hatte sich ein mal eine Treppe befunden, doch sie war bereits dermassen vermodert, dass sie in der Mitte durchgebrochen war. Weiter hinten waren Zugänge zu wei teren Räumen zu erkennen, doch erst musste Clavell sich im Halbdunkel durch das herumliegende Gerümpel kämpfen. Ein Blick zum Fenster verriet ihr, dass es vor Dreck nur so starrte und das der eigentliche Grund war, weshalb es hier drinnen so düster war. Kurzent schlossen zog sie ihre Schusswaffe und schlug damit die Scheibe ein. Mit einem Klirren fielen die Reste der Fensterscheibe zu Boden. Erst als das Geräusch in der Hütte verhallt war hörte Clavell, dass ihre kleine Aktion auch jemand anderem aufgefallen war. Von den anderen Räumen weiter hinten waren nun Geräusche zu hören. Ein Schlurfen ... Fest entschlossen entsicherte sie ihre Schusswaffe und zielte in die Rich tung, aus der das Geräusch zu hören war. Es dauerte einige Augenblicke, dann tauchte eine Gestalt im Türrahmen auf. Clavell erstarrte in ihrer Position und wartete ab, was geschah. Die Gestalt verharrte regungslos im Türrahmen, dann trat sie einen Schritt vor, und im Zwielicht konnte Clavell erkennen, dass die ausgemergelte Gestalt nur spär lich von Kleidungsfetzen bedeckt wurde. Was ihr aber besonders ins Auge stach, waren die beiden langen Eckzähne, die aus dem Mund hervor traten. Ein Fauchen verriet ihr, dass das Gegenüber an ihrer Ruhestörung wohl keine besondere Freude hatte. Aber die Agentin wartete weiter ab. Dann, mit einem erneuten Fauchen, stiess der Vampir sich von der Wand ab und kam mit einer Geschwindigkeit auf Clavell zugestürzt, die sie ihm dem Aussehen nach gar nicht zugetraut hätte.
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Clavell zögerte keinen Augenblick und feuerte. Noch in der Bewegung wurde der Vampir erfasst und zurückgeworfen. Während er zu Boden stürz te zerfiel er bereits zu Staub. Doch der Schuss war nicht ungehört verhallt. Auf einmal war ein viel stimmiges Fauchen und Knurren aus dem hinteren Teil der Hütte zu ver nehmen, und Clavell wollte gerade die Verstärkung alarmieren, als ihr Commander sich über Funk meldete. ·Alle Agenten sofort zurückziehen. Wir haben neue Befehle erhalten und sollen zurück ins Hauptquartier.“ ·Agent Clavell hier“, meldete sie sich. ·Wir können uns nicht zurückzie hen. Hier befinden sich noch mehr Vampire.“ ·Negativ, Agent. Wir müssen abziehen. Sofort!“ Für einen Moment war sich Clavell nicht ganz sicher, was sie nun tun soll te, dann schritt sie vorsichtig rückwärts zum Ausgang. Beinahe gleichgültig griff sie in ihre Tasche, holte einen flachen, runden Gegenstand heraus, dessen Display zu leuchten begann, sobald sie auf einige der darauf ange brachten Knöpfe drückte. Ein leises Piepen ertönte und die Agentin warf den Gegenstand in die Richtung der hinteren Räume. Mit einem letzten Blick erkannte sie noch, wie mehrere Gestalten von dort hinten nach vorne gewankt kamen, dann drehte sie sich um, rannte aus der Hütte heraus zu dem schwarzen Van und stieg ein. Der schwarze Wagen setzte sich gerade in Bewegung, als die kleine Holz hütte in einem riesigen Feuerball detonierte.
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·Was zum Teufel sollte das?“, fuhr Commander Parton Agent Clavell an, als sie sich in seinem Büro befand. ·Sie können doch nicht einfach dieses ganze verfluchte Haus sprengen nur weil sich angeblich noch zwei oder drei Vampire darin befinden?“ ·Seit wann ist so was denn eigentlich ein Problem?“, gab die Agentin in genauso scharfem Ton zurück. ·Unsere berühmte verblödete UPOMarketing-Abteilung wird sich schon ein passendes Lügenmärchen dazu einfallen lassen. Wir befanden uns mitten in einem Einsatz und wurden einfach abgezogen. Warum? Ich bin es wohl nicht, die sich hier zu rechtfer tigen hat. Von einer solch dummen Aktion habe ich in all den Jahren, die ich nun schon hier bin, noch nie gehört.“ Insgeheim schalt sie sich bereits während sie es sagte eine Idiotin, weil sie sich ihrem Commander gegenüber dermassen im Ton vergriff.
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Im Raum befand sich nicht nur Parton, der wie immer ruhig in seinem Sessel sass und ihren Redeschwall scheinbar gleichgültig über sich hatte ergehen lassen, sondern auch ein anderer Commander, der sich ihr als Orte ga vorgestellt hatte. Parton ging bereits auf sein Pensionsalter zu und war nun seit vielen Jahren Clavells Commander. Doch in dieser ganzen Zeit hatte sie ihn niemals so resigniert gesehen. ·Wir konnten nichts machen“, erklärte er. ·Die Befehle sind direkt vom Tribunal gekommen. Alle UPO-Einsätze auf der ganzen Welt wurden heute Morgen um 10 Uhr abgebrochen. Ohne Ausnahme.“ ·Mit welcher Begründung?“ Es war Ortega, der antwortete. ·Eine Begründung gibt es nicht. Man hat uns gesagt, man werde uns allen neue Aufträge erteilen. Aber es sollte auch dem letzten hier auffallen, dass da etwas ganz und gar nicht stimmt.“ ·Commander Ortega und ich haben uns deshalb hier zusammengesetzt um das weitere Vorgehen zu planen“, fuhr Parton fort. ·Ortega wird sich nun zum Tribunal begeben.“ ·Etwas, das strengstens verboten ist“, ergänzte Ortega. Clavell musterte ihn irritiert. Sie hatte den Mann schon öfter hier in den Büros gesehen. Meist wirkte er nervös und aufgebracht, aber nun war er die Ruhe selbst. ·Und Sie, Agent Clavell, und ich“, meinte Parton nun wieder, ·werden erst mal abwarten.“ Er beugte sich vor und sah Clavell eindringlich an. ·Es könnte sein, dass ich mehr von ihnen verlangen muss, als jemals zuvor. Ich möchte mir ganz sicher sein, dass Sie auf meiner Seite sind - was auch ge schieht.“ Clavell zuckte mit den Schultern. ·Ich bin etwas irritiert, da ich nicht weiss, worum es hier überhaupt geht. Aber nach all den Jahren dürften Sie mir nun langsam vertrauen.“ Parton lächelte. ·Das ist gut zu wissen. Dann sollten wir unser Vorhaben jetzt in die Tat umsetzen ...“
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Als die Fahrstuhltür sich im obersten Stockwerk öffnete, trat Ortega sofort ein kräftig gebauter Mann mit strengem Blick entgegen. ·Sie dürften nicht hier sein“, knurrte er. Er verstummte, als er die Pistole erkannte, die Ortega in seiner Hand hielt. ·Und Sie wären besser auch nicht hier“, meinte er und deutete auf den Gang vor ihnen. ·Gehen Sie voran!“
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Gemeinsam schritten sie den Gang entlang auf das grosse Tor zu, das zum Saal des Tribunals führte. Diejenigen, die wirklich hinter der UPO standen, Ortega würde sie nun zum ersten Mal in seinem Leben sehen. Die Frage war bloss, ob er danach noch viel davon haben würde. Was er hier tat, galt als Hochverrat an der UPO! Der Mann vor ihm stiess nicht ohne ein erneutes Knurren das Tor auf. Or tegas Blick erfasste den prunkvollen Saal mit den Panoramafenstern, der Weltkarte ... und den riesigen Tisch in der Mitte. Vermutlich war auch er einst aus edelstem Material gefertigt worden, doch nun war das nicht mehr erkennbar. Er war über und über mit Blut bedeckt. Der ganze Raum erweckte den Eindruck, als ob man sich mitten in einem Kriegsgebiet befunden hätte. Überall waren Leichen oder zumindest Teile von solchen zu erkennen, die einzige lebende Person befand sich hinter dem Tisch in einem Sessel und starrte die Neuankömmlinge aus kalten Augen an. ·Und wer wagt es, mich zu stören?“, war eine schrille Stimme zu hören. ·Das ist Commander Ortega“, gab eine zweite, dunkle Stimme Antwort. Sie kam von rechts und erst jetzt, als er sich umdrehte, konnte Ortega er kennen, dass sich da noch eine zweite Person befand. Es handelte sich um einen Mann, der in einen schwarzen Anzug gekleidet war. Von ihm ging förmlich ein Hauch des Bösen aus. Er gab dem Mann vor Ortega ein Zeichen, den Raum zu verlassen, was dieser, trotz der Waffe die ihn noch immer bedrohte, befolgte. Ortega liess ihn gehen und unternahm auch nichts, als er das Tor hinter sich schloss. O’Hare hatte also Recht gehabt! Die UPO war bereits unterwandert wor den. Alles, was Parton und er in die Wege geleitet hatten, war vergebens. ·Wer seid ihr?“, keuchte Ortega. Der Mann im schwarzen Anzug lachte auf. ·Man hat mir gesagt, deine früheren Agenten hätten mich schon mal besucht, dieser MacLachlan ...“ Er trat einen Schritt vor und stand Ortega nun genau gegenüber. ·Ich habe mir selbst den Namen McDonald gegeben. Und als amtierender Fürst der Fins ternis habe ich natürlich auch einen Sitz im Tribunal der UPO.“ Das hässli che Lachen gefiel Ortega ganz und gar nicht. Der Mann ging einige Schritte weiter, an das Panoramafenster zu Ortegas linken. ·Eigentlich hat es mir ziemliche Mühe bereitet, hierher zu kommen. Aber ihr wurdet mir und mei ner Gefolgschaft langsam lästig. Da blieb mir nicht viel anderes übrig als eine so genannte ... unfreundliche Übernahme!“ Er lachte über seinen Witz, den er wohl besonders gelungen fand. Ortega selbst wagte es nicht mehr, sich zu bewegen. Zweifelsfrei stand er hier mit dem Rücken zur Wand und die Chance, dass er diesen Raum jemals lebendig verlassen würde, ging vermutlich gegen Null.
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Es war die Frau, die sich erhob und Ortegas Aufmerksamkeit nun auf sich selbst lenkte. ·Ich werde mich nun für McDonald ein wenig um die Angele genheiten der UPO kümmern“, sprach sie Ortega mit ihrer kalten Stimme an. ·Statt seine Feinde werdet ihr nun seine treuen Diener - und ihr werdet es nicht einmal wissen!“ Einige Schritte vor Ortega blieb sie stehen. ·Wobei du ohnehin gar nichts mehr für die UPO unternehmen wirst.“ Ein hässliches Fauchen warnte Ortega, als die Frau an ihn herantrat, doch er schoss nicht mehr. Er hatte als Commander der UPO den Kampf gegen die Finsternis führen wollen. Doch er hatte verloren!
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Agent Clavell sass noch immer im Büro von Commander Parton, als die Sekretärin mit hastigen Schritten den Raum betrat und sich räusperte. ·Ent schuldigen Sie die Störung, Commander.“ Parton sah auf und blickte in das leichenblasse Gesicht seiner Mitarbeiterin, die ihm wortlos ein Blatt über reichte. ·Das ist gerade vom Tribunal gekommen.“ Sie wandte sich ab und verliess ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren das Büro. Als Clavell sah, wie auch Parton erblasste, als er das Blatt überflog, machte sich endgültig ein ungutes Gefühl in ihr breit. ·Was ist?“, fragte sie. Es klang wie ein Flüstern. ·Eine Mitteilung des Tribunals. Gegen acht Uhr heute Abend sind Unbe kannte in die Bürogebäude der UPO in New York eingedrungen und haben eine unfassbare Tat vollbracht. Sie haben Commander Ortega in seinem Büro hingerichtet und konnten anschliessend fliehen. Ermittlungen zur Aufklärung des Verbrechens werden aufgenommen. Es ist nicht ausge schlossen, dass es sich bei den Tätern ebenfalls um Mitarbeiter der UPO handelt. Order zur weiteren Vorgehensweise folgen.“ Parton blickte auf und sah Clavell scharf an. Die blasse Gesichtsfarbe war Zornesröte gewichen. ·Wer immer für diese Vorkommnisse in der UPO verantwortlich ist - sie haben Ortega umgebracht und hängen es jetzt praktischerweise jemand anderem an. Es wird nicht lange dauern, bis sie die Spur von Ortega zu uns verfolgt haben. Dann sind wir diejenigen, die als Sündenbock herhalten müssen.“ Clavell rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. ·Was machen wir jetzt?“ Parton legte seine Lesebrille auf den Schreibtisch und rieb sich die Augen. ·Sie haben mir gesagt, dass ich mich auf sie verlassen könnte.“
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Clavell nickte.
·Nun ist es soweit. Wir müssen das fortführen, was Ortega begonnen hat.“
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Die abgedunkelten Fenster ließen nur vereinzelte, dünne Sonnenstrahlen in den Raum dringen, der ansonsten in ein diffuses Halbdunkel gehüllt war. Für den Mann, der sich darin aufhielt, reichte das spärliche Licht. Er war nicht auf solche Dinge angewiesen. Leise trat er an die grosse Ablagefläche heran, auf der sich verschiedene Gegenstände befanden, alle aufgefunden in den Überresten eines ausge brannten Büros. Auch als Captain des NYPD hätte er eigentlich keinen freien Zutritt zu diesem Raum gehabt. Da spielte es so oder so keine Rolle, dass er eigentlich auch kein Captain war ... In aller Ruhe überblickte er die Fundgegenstände und konnte zuerst nicht ausmachen, was er gesucht hatte. Erst als er beinahe schon aufgeben wollte, spürte er auf einmal das Gesuchte. Der Mann schob die Überreste einiger Bücher und Akten beiseite, bis das Schwert zum Vorschein kam. Vorsichtig nahm er es auf und balancierte es in seinen Händen. Die Waffe war sorgfältig gearbeitet worden, von einem wahren Meister seines Fachs. Heute wurde eine solche Qualität nirgends mehr erreicht. Der Mann spürte die Macht der Waffe, die magische Kraft, die in ihr verborgen war. Er wusste um diese Kraft des Schwertes - und um seine Geschichte. Diese Waffe hatte früher jemand ganz anderem gehört. Destero. Dieser alte Narr von einem Vampir, der Sara Dyke und ihrer lächerlichen Armee aus Toten folgte! Hätte Destero diese Waffe richtig eingesetzt, hätte er selbst die Macht über die Armee der Untoten übernehmen können. Er hätte Sara Dyke damit ebenso besiegen können wie ... wie den Höllenfürsten! Der Fürst der Fins ternis, McDonald selbst, hätte hiermit vom Thron gefegt werden können. Aber Destero hatte nie aus eigenem Antrieb den Schritt zu wahrer Größe gewagt. Wahre Größe - war es nicht das, wonach jeder suchte? Hier war die Chan ce dazu. Es ging ganz einfach nur darum, dass man wusste, wie die Waffe verwendet werden konnte. Und Malcovic glaubte zu wissen, was zu tun war ...
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Waldorf Astoria, New York Frank MacLachlan saß auf der gemütlichen Couch in seinem Zimmer. Ihm gegenüber hatte sich Jack Claim niedergelassen, Seite an Seite mit Jane Car digan, die endlich wieder unter ihnen weilte. Am anderen Ende des Raumes versank Donna Richmond schier in einem Lesesessel, der vor einem Kamin stand. Das knisternde Feuer hüllte den Raum in wohlige Wärme. Dieses Hotelzimmer gehörte wahrlich nicht zu den billigsten, die man in New York finden konnte, und das Hotel selbst erst recht nicht. Zum Glück übernahm es Julian Summers, für die Zimmer aufzukommen. Ob es sich dabei um einen reinen Akt der Freundlichkeit oder eine seltsame Art der Bestechung handelte, das wussten die Dämonenjäger bislang nicht zu sagen. Frank vermutete, dass Julian bei der Bezahlung der Zimmer ohnehin seine magischen Tricks anwandte. Beim Gedanken an magische Kreditkarten musste er unwillkürlich grinsen. Das Lachen von Jane Cardigan riss ihn aus seinen Gedanken. Er schaute zu seinen Freunden herüber und war für einen Moment einfach nur glück lich, dass sie da waren. Sie feierten zu viert die Rückkehr von Jane Cardigan, die sich seit dem Kampf mit einer dämonischen Kreatur in einer Oper in Paris in todesähnlichem Zustand befunden hatte. Jack erzählte gerade, was sich in der Zwischenzeit alles zugetragen hatte, und wie sie für den Hexenmeister Julian Summers drei Aufgaben hatten erfüllen müssen, bis er sich endlich dazu bereit erklärt hatte, Jane Cardigan zu heilen. Im gleichen Moment, in dem Jack seine Erzählung beendete und Frank vorschlagen wollte, beim Zimmerservice neuen Champagner zu ordern was ihm trotz der bereits auf einem Tischchen stehenden fünf leeren Fal schen als gute Idee erschien -, bewies Julian Summers einmal mehr perfektes Timing und betrat den Raum. Durch die Tür, wie jeder andere auch, be merkte Frank, und das musste man Julian vermutlich hoch anrechnen. Der Hexenmeister kam auf die vier zu und begrüßte sie, lächelte besonders Jane an, die über das Wiedersehen allerdings weniger erfreut schien. Wenigs tens war es ihr nicht allzu offensichtlich anzumerken. ·Was gibt’s neues, Julian?“, fragte Frank, um die plötzlich herrschende Stil le im Raum zu brechen. Er musste sich beherrschen, um nicht nach seiner Waffe zu sehen, die auf einem Tisch auf der anderen Seite des Raumes lag.
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Vermutlich ging es seinen Freunden genauso. Bei Julian Summers wusste man nie, ob er in friedlicher Absicht aufkreuzte, oder einen gleich töten wollte. Der Hexenmeister, der konstant zwischen Gut und Böse - wenn man in diesem Zusammenhang von Konstanz sprechen konnte - schwank te, war im Prinzip eine unkalkulierbare Gefahr. ·Nicht viel“, antwortete Summers. ·Aber ich denke, wir sollten mal über gewisse Dinge sprechen, die in der Vergangenheit geschehen sind.“ ·Worüber genau?“, fragte nun Jack, der interessiert und gar nicht so miss trauisch klang, wie Frank es von ihm erwartet hätte. ”Ich wollte eigentlich nur einige Sachen klarstellen, damit ihr nicht noch eine Ewigkeit herumrätselt. Ihr beiden, Frank und Jane, erinnert euch sicher noch an euren ersten gemeinsamen Fall, oder?“ Frank und Jane nickten. ·Damals, als ihr im Wald von den Zombies Sara Dykes verfolgt wurdet, standet ihr auf einmal an einer Klippe, unter euch ein Abgrund. Die Zom bies haben sich daraufhin auf euch gestürzt und euch mit in die Tiefe geris sen. Eigentlich hättet ihr diesen Sturz nicht überleben dürfen.“ ·Und trotzdem haben wir ihn überlebt“, sagte Frank langsam. ·Wir waren nicht verletzt, einzig unsere Kleider waren ziemlich in Mitleidenschaft gezo gen! Hattest du etwas damit zu tun?“ Nun war es Julian, der nickte. ·Ich sollte damals im Auftrag McDonalds die Pläne Sara Dykes durchkreuzen - die beiden sind nicht gerade die besten Freunde -, und war deshalb vor Ort. Euer Glück, dass ich in genau diesem Augenblick für einige Minuten die ... äh, Seite wechselte. Ich half euch, heil te eure Wunden, die tödlich gewesen wären. Vielleicht erinnert ihr euch noch an das kleine Mädchen. Das war ich.“ Julian lachte, als er die erstaunten Gesichter Franks und Janes bemerkte. ·Aber das ist noch nicht alles. Ich habe euch noch ein weiteres Mal gehol fen. Als die Gestaltlosen diese Bank in New York überfielen, um für McDonald irgend ein wertvolles Schriftstück oder Artefakt zu finden, rettete ich Jane das Leben.“ Jane wirkte diesmal gar nicht so erstaunt, sondern nickte. ·Ja, daran erinne re ich mich noch sehr genau.“ ·Und dir, Frank, öffnete ich ein Tor in die Seelenburg des Höllenfürsten und sorgte damit dafür, dass du euren größten Feind persönlich kennen lernen durftest.“ Julian hielt inne. ·Ihr werdet jetzt sicher fragen, warum ich euch das sage. Tja, ich wollte euch damit nur beweisen, dass ihr mir vertrau en könnt - vorausgesetzt die Umstände sind günstig.“ Jeder wusste, was Julian damit meinte. Lächelnd erhob der Hexenmeister sich wieder und machte sich auf, das Hotelzimmer zu verlassen. ·Gute Nacht.“
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Während alle vier den Gruß erwiderten, schloss sich bereits die Tür hinter dem Magier. Die Anspannung wich wieder von Frank, nun, da die potentiel le Gefahrenquelle Julian sie wieder verlassen hatte. ·Zweimal hat er uns schon geholfen und sich dabei nicht einmal zu erken nen gegeben!“ Janes Stimme klang nun beinahe bewundernd, als sie das Gespräch wieder aufnahm. ·Fragt sich nur“, antwortete Jack düster, ·wie oft er bereits versucht hat, uns umzubringen.“
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Die Vier diskutierten schließlich noch eine Weile darüber, was sie als Nächstes unternehmen würden. Ihr neues Hauptquartier war abgebrannt, sie hatten noch nicht einmal die Zeit gefunden, sich dort umzusehen, und ewig konnten sie auch nicht in diesem Hotel versauern. Jack hatte zwar anklingen lassen, dass es da vielleicht eine andere Möglichkeit geben würde, aber konkret war er nicht geworden. In Anbetracht der Umstände, dass diejenigen die sie in ihren neuen Büro räumen überfallen hatten noch immer irgendwo da draußen warten konn ten, schien es das Beste, vorläufig nichts zu unternehmen und abzuwarten. Vielleicht wusste Julian das nächste Mal, wenn er sie besuchte, Rat. Gegen Mitternacht begaben sich dann alle in ihre Zimmer. Frank las noch eine Weile in einem Buch über Dämonologie, das Jack ihm aus seiner Pri vatbibliothek, die sich zum Glück größtenteils noch nicht in der Lagerhalle befunden hatte, geliehen hatte. Das Thema Poltergeister interessierte Frank jedoch nicht sonderlich, so dass er das Buch schon bald zur Seite legte, zu seinem Bett hinüberging und sich hinlegte. Eine Weile lag er da, im dunklen Zimmer, und lauschte den Geräuschen der sechs Stockwerke unter ihm vorbeifahrenden Autos. Beinahe hätte er wieder damit begonnen, sich mit den vergangenen Ereignissen zu beschäfti gen und über die diversen Möglichkeiten zu spekulieren, nur schwer konnte er sich selbst auf andere Gedanken bringen. Schon zu der Zeit, als er noch bei der UPO gewesen war, hatten ihn seine Fälle selten nach Dienstschluss losgelassen, erst recht, als er dann mit Dingen konfrontiert worden war, die abseits jeder zuvor gekannten Realität lagen. Oft fragte er sich, ob er der einzige war, der sich mit dem Gedanken beschäftigte, ob es überhaupt einen Sinn hatte, was er und sein Team hier machten. Zu viert gegen eine unauf haltsame, übermächtige Streitmacht des Bösen anzutreten - auf lange Sicht
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konnte das nicht zum Erfolg führen. Früher oder später würde ein Gegner kommen, der zu stark war. Auch wenn sie sich auf Mitstreiter wie Julian Summers verlassen konnten nicht immer würde ihnen jemand aus der Zwickmühle helfen können und im letzten Moment eingreifen, um ein Desaster zu verhindern. Er und Jane hätten bei ihrem ersten gemeinsamen Einsatz ebenso umkommen können wie bei jedem darauf folgenden. Beim Kampf in der Oper war dann die Hilfe endgültig zu spät gekommen. Wenn Julian nicht doch noch ... Frank zuckte zusammen. Er wusste nicht, was es war, das ihn aufhorchen ließ, aber auf einmal hatte er das seltsame Gefühl, dass er nicht mehr alleine in seinem Zimmer war ...
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Diana Clavell saß auf ihrem Bett. Nein, nicht mein Bett, korrigierte sie sich in Gedanken. Ein fremdes Bett, das im wohl schäbigsten Motel der ganzen Stadt steht. Wenn sie daran dachte, was in letzter Zeit geschehen war, kam es ihr wie ein schlechter Witz vor. Von einem Tag zum anderen hatte sich alles verän dert. Sie hatte immer darauf hingearbeitet, ein einigermaßen sicheres Leben zu führen. In ihrem Job hatte sie das wenigstens halbwegs gekonnt, da sie selten in Front-Einsätzen gewesen war. Aber was in den letzten zwei Wo chen geschehen war, hatte ihren Träumen unwiederbringlich ein Ende ge setzt. Diana lachte bitter auf, als sie die Waffe in ihrer Hand betrachtete. Die Waffe und ihren Ausweis. ·FBI“ stand dort in großen Lettern geschrieben, darunter war ein schon etwas älteres Bild Dianas zu sehen. FBI ... Ihr ganzes Leben war ein großer Witz. Damals, als sie das Angebot erhalten hatte bei der UPO zu arbeiten, hatte sie es freudig angenommen. Sie wusste, dass sie sowieso keine andere Wahl gehabt hätte, aber dennoch. Die UPO hatte ihr in all den Jahren ein gewisses Gefühl von Sicherheit vermittelt. Die große internationale Organisation, die gegen das Verbrechen kämpfte. Sie waren FBI und Interpol übergeordnet, konnten dort eingreifen, wo niemand sonst es konnte. Wenn jemand eine ausweglose Situation über haupt noch unter Kontrolle bringen konnte, dann war es die UPO! Woher hätte Diana auch all das wissen sollen, was sie heute wusste.
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Die Agentin stand auf, steckte die Pistole in das Holster zurück. Dann schnappte sie sich ihre Jacke, die sie einfach über einen Stuhl geworfen hatte und ging zur Tür. Nachdem sie sie abgeschlossen hatte, verließ sie das Haus – das Dreckloch, wie sie es in Gedanken nannte – und ging langsam die nächtliche Strasse hinunter. Nur vereinzelt fuhren hier noch Autos, in der Ferne war das gedämpfte Heulen von Polizeisirenen und undefinierbarer Lärm zu hören. Da sie den Gestalten, die um diese Uhrzeit die Strasse säumten, lieber nicht begegnen wollte, begab sie sich in ein schmaleres Seitengässchen und folgte zielstrebig ihrem Weg durch das Labyrinth aus Gassen und Sträßchen, in dem man sich nur zu leicht hätte verirren können. Dass sie sich hier in New Yorks schlimmstem Verbrecherviertel aufhielt, störte sie nicht im Ge ringsten. So was spielte jetzt ohnehin keine Rolle mehr. Ein Leben in Si cherheit - es war nur eine Illusion gewesen ... Diana betrat gerade eine dunkle Gasse, die nur spärlich vom Licht der letz ten Straßenlampe hinter ihr erleuchtet wurde, als sich eine Gestalt vor ihr aus dem Schatten löste. Abrupt blieb sie stehen. Schnell fasste sie nach der Pistole, zog sie - und ließ sie gleich wieder sin ken. ·Diana! Ich bin so froh, dich zu sehen!“ Die Stimme des älteren Mannes beruhigte Diana wieder, aber ihre Hände zitterten immer noch leicht. ·Du hast mich erschreckt“, flüsterte sie. Das Gesicht des Mannes, der in einen langen grauen Mantel gekleidet war, kam nun ans Licht. Er war um die Sechzig, aber er war fit genug, es auch noch mit einem Zwanzigjährigen aufzunehmen. Aber an diesem Abend erschien Commander Parton um Jahre gealtert. Sorgenfalten zeichneten sich auf seiner Stirn ab und unter seinen Augen lagen Ringe. ·Schau mich nicht so entsetzt an, ich konnte eben nicht so viel schlafen, wie es jemand in meinem Alter tun sollte.“ Partons Lachen klang beinahe verbittert. Seit beinahe einem Jahrzehnt war Commander Parton jetzt Dianas Vorge setzter innerhalb der UPO gewesen, aber sie hatte ihn noch nie in einem solchen Zustand erlebt. Wahrscheinlich fühlte er sich genau so schlecht wie sie. Und vermutlich war auch er sich nicht sicher, ob es richtig war, was sie taten. Partons Lachen verstummte. ·Wir haben nicht viel Zeit, Diana. Die letzten Tage sorgfältigen Planens sollten nicht dadurch zerstört werden, dass wir jetzt hier nur untätig herumsitzen. Wir haben sie gefunden, Diana. Wir ha ben sie endlich gefunden!“
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Diana konnte ein erleichtertes Seufzen nicht verhindern. Sie hatte beinahe nicht mehr daran geglaubt. ·Diana, der nächste Schritt hängt jetzt von dir ab, da man mir schon zu dicht auf den Fersen ist“, drängte Parton nun. ·Du darfst jetzt nicht aufge ben.“ Sie nickte schnell und er fuhr fort. ·Sie sind im Waldorf Astoria. Am besten suchst du sie noch heute Nacht dort auf. Sorg dafür, dass sie dir zuhören - aber nur sie! Wir dürfen jetzt niemand anderem mehr vertrauen. Entweder wir ziehen das jetzt durch, oder der Tod ist uns allen gewiss. Und wahrscheinlich nicht nur uns!“ Parton lächelte jetzt wieder. ·Ich habe immer gern mit dir zusammengearbeitet, Diana. Was auch immer geschieht, pass auf dich auf!“ Sie lächelte ihm zu - es war ein bitteres Lächeln -, dann wandte sie sich ab und lief durch das Gewirr von Gässchen zurück. Parton blickte ihr nach, bis sie hinter einer Ecke verschwand. Dann verschwand er wieder im Schatten und wartete. Es dauerte einige Minuten, dann waren Schritte zu hören. Am Rand des Lichtkegels der Straßenlampe konnte er erkennen, wie sich mehrere dunkle Gestalten vor dem Zugang zu dem schmalen Gässchen versammelt hatten. Er musste sich nicht umdrehen um zu wissen, dass er am anderen Ende der Strasse ebenfalls erwartet wurde. Ruhig atmend verharrte Parton im Dunkeln. Er hatte jetzt keine Angst mehr. Er hatte gewusst, wie die Strafe für Verrat ausfallen würde. Die UPO hatte ihre eigenen Gesetze und seit einiger Zeit hatten diese Gesetze nichts mehr mit Recht oder Humanität zu tun.
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Mit einem Ruck wachte Jack Claim auf. Er lauschte, konnte jedoch nicht hören, was ihn aufgeweckt hatte. Vorsichtig hielt er den Atem an und sah sich im Zimmer um. Seine Augen hatten sich noch nicht genug an die Dunkelheit gewöhnt, als dass er viel von seiner Umgebung hätte erkennen können. Doch, da! Vor ihm war eine Bewegung zu sehen. Wenn er nicht gewusst hätte, dass ein Geräusch ihn geweckt hatte - er wusste es einfach -, er hätte sich nichts weiter dabei gedacht. Leise zählte er bis drei, sprang auf und packte die Pistole, die auf seinem Nachttisch lag. Mit der anderen Hand schaltete er die kleine Lampe ein, die dort stand.
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Das Licht blendete Jack zuerst, dann sah er, wer das Geräusch verursacht hatte. Der Gestaltlose, der sich ihm hier in seiner Urform - ohne Gesicht - prä sentierte, war im ersten Moment ebenso überrascht wie Jack. Doch es dau erte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann war der Gestaltlose heran und versuchte, Jack die Waffe aus der Hand zu schlagen. Geschickt wich Jack dem Schlag der Klauenhände aus und schoss aus nächster Nähe auf die dämonische Gestalt vor ihm. Von der Wucht des Einschlags wurde der Gestaltlose mehrere Schritte zurückgetrieben. Beinahe entsetzt starrte er Jack an - und fiel dann zu Boden. Jack wusste, dass die Kreatur noch nicht tot, sondern nur vorübergehend außer Gefecht gesetzt war. Frank und Jane hatten schon mit diesen Wesen zu tun gehabt und Jack von ihren Erfahrungen im Kampf gegen sie berich tet. Angeblich dauerte es eine Weile, dann wurden die Kreaturen wieder aktiv. Eine Weile ... das musste reichen! Jack sprang über den regungslos am Boden liegenden Gestaltlosen hinweg und rannte zur Tür. Im Nu war er bei Janes Zimmer, trat die Tür ein, schal tete das Licht ein und erkannte sogleich, dass sich hier keine dieser Kreatu ren befand. Eine wütende und schimpfende Jane Cardigan folgte ihm auf den Gang hinaus. Donna öffnete ebenfalls bereits die Tür ihres Zimmers. Sie war durch den Schuss, den Jack abgefeuert hatte, aufgeweckt worden. Rasch erklärte Jack den beiden, was vorgefallen war und eilte gleichzeitig zu Franks Zimmer. Doch unmittelbar bevor er die Tür öffnen konnte, wurde sie bereits nach innen aufgerissen. Frank stand dort und ging sogleich in Angriffsstellung, Zorks Dolch in seiner rechten Hand haltend. Als er Jack erkannte, wirkte er sichtlich erleichtert. ·Wurdest du auch angegriffen?“, fragte er keuchend. ·Ja. Ein Gestaltloser.“ ·Ich hatte mit gleich zweien von denen zu kämpfen. Zum Glück lag Zorks Dolch bereit.“ Jack ging nicht darauf ein, sondern deutete nur auf seine Waffe. ·Ich hatte nur diese Pistole zur Hand, als ich angegriffen wurde. Den Schuss hast du wahrscheinlich gehört. In wenigen Minuten wird vermutlich die Polizei hier sein, und ich möchte denen nicht unangenehme Fragen beantworten müs sen.“ Frank nickte. ·Dann beeilt euch. Vermutlich gibt es hier so was wie Feuer treppen. Die sollten wir jetzt schleunigst benutzen, um von hier wegzu kommen.“
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Aus dem Tagebuch des Obersten Hüters der Macht Freitag, 12. März 1879 Wir sind heute in der kleinen slowakischen Stadt Brusno angekommen. Die restlichen Hüter haben sich bereits vor Wochen auf den Weg zurück in die Burg gemacht. Sie haben ihre Schlachten gut geschlagen, doch auf uns wartet jetzt noch eine weitere ... Mit mir gereist ist ein Adlat meines Ordens. Seit jeher wird er von den An gehörigen der Hüter nur Amarouk genannt - der Wolf. Ein Name, den er nicht zu unrecht trägt. Ich vermag das Erbe der Claims auch in ihm zu er kennen, vielleicht mehr als es mir lieb ist. Die langen Wochen der Reise zu Pferde sind überaus anstrengend gewe sen, doch eine andere Wahl ist uns nicht geblieben. Zu auffällig wäre eine Pferdekutsche gewesen, wenn wir vorerst unerkannt in Brusno ankommen wollen. Der Feind darf nicht zu früh von unserer Ankunft erfahren! Die Kunde von den Todesfällen der letzten Wochen ist bis weit über die Grenzen hinaus getragen worden. Eine Besessene, so sagt man, die in den Wäldern von Brusno lebt, sucht die Stadt heim und hat schon ein halbes Dutzend Opfer auf dem Gewissen. Männer, Frauen und Kinder ... das Biest scheint keinen Unterschied zu machen! Und immer ist dieser Mörderin unbemerkt die Flucht gelungen. Man munkelt von Zauberei und Hexen werk. Es ist das, was mich so sehr in Erstaunen versetzt. Seit mehr als zwei Jah ren habe ich mich nun nach Nachrichten umgehört, die mich auf die Spur dieser Frau führen sollten. Ich weiß, dass es da noch etwas zu erledigen gibt; ein Kreis, der geschlossen werden muss. Doch dass dieses Wesen bereits mit der Finsternis einen Pakt geschlossen hat, dahingehend scheint mein inneres Auge gefehlt zu haben, oder ich habe etwas falsch gedeutet. Ich hatte geglaubt zu wissen, dass sie erst später diese Form annehmen würde. Aber was auch immer der Grund für diesen Irrtum war, es spielte keine Rolle. Tatsache ist, dass dieses Biest auf seine gerechte Strafe wartet. Und der geweihte Eichenpfahl liegt schon bereit ...
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Diana Clavell sah entsetzt über den großen, vom Regen genässten Platz vor dem Hochhaus. Das mit roter Leuchtschrift dargestellte Logo des Wal dorf Astoria spiegelte sich in den Pfützen vor dem Gebäude. Mehrere Poli zeiwagen standen dort vor dem breiten Eingang, Polizisten waren zu Dut zenden zu sehen. Und vermutlich befanden sich weitere von ihnen bereits im Gebäude. Clavell ging zu einem Polizeiwagen, der etwas abseits der anderen stand. Ein junger Polizist, sie schätze ihn auf Mitte Zwanzig, lehnte sich an den Wagen und gab gerade eine Meldung per Funk durch. Sie ging näher. ·Entschuldigen Sie bitte“, begann sie. ”Ich bin SpecialAgent Clavell vom FBI. Dürfte ich erfahren, was hier vorgeht?” Sie präsen tierte ihm ihren von der UPO so vorzüglich gefälschten Ausweis. Der Mann lächelte. ·Aber sicher, Agent Clavell. Mehrere Gäste dieses Ho tels berichten, hier sei geschossen worden. Man fand zwar keine Toten oder Verletzten, aber die Beschreibungen der vermuteten Täter treffen, soweit wir das jetzt schon sagen können, auf einige vermisste Personen zu, die seit einem Grossbrand in einem Bürokomplex in Manhattan vor einigen Wo chen gesucht werden.“ Diana nickte nur knapp und wandte sich dann ab. Sie ignorierte die Frage, was sie als FBI-Agentin hierher führe und ging auf den Eingang des Hotels zu. MacLachlan und die anderen Personen, die anscheinend zu ihm gehörten, waren also aus diesem Hotel entkommen. Sie hätte schreien können! Da hatten sie zum ersten Mal seit einer Woche eine Spur gefunden, und jetzt war nicht nur MacLachlan weg, nein, jetzt wussten scheinbar auch ihre Gegner, wo er sich befunden hatte. Schon beinahe resignierend beschloss sie, zumindest einmal die nähere Umgebung des Hotels abzusuchen. Drinnen konnte sie sowieso nicht allzu viel ausrichten. Abseits der Strasse und des großen Platzes war die Beleuchtung nur unzu reichend, also musste sie sich umso aufmerksamer umsehen, während sie durch die Dunkelheit ging. Die Hoffnung, MacLachlan und seine Leute hier noch irgendwo anzutreffen, war klein, aber vielleicht hatte sie wenigstens dieses eine Mal ein wenig Glück. Diana betrat gerade einen kleinen Hinterhof, als sie Geräusche hörte. Stimmen! Sie verstummten, als sie näher auf die Quelle ihres Ursprungs zutrat. Schnell huschte sie aus dem Lichtkreis einer Straßenlampe, damit die Verursacher des Geräusches sie ebenfalls nicht mehr erkennen konnten.
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Langsam schlich sie sich näher an einen mannshohen Müllcontainer heran, wo sie die Stimmen gehört hatte. ·MacLachlan?“, flüsterte sie in die Dunkelheit. Eine kleine Hoffnung... Ein leiser Aufschrei war zu hören, dann ein Schaben, wie wenn eine Waffe gezogen und durchgeladen wurde. Clavell fluchte und fuhr hastig fort: ·Mein Name ist Diana Clavell. Ich bin auf Ihrer Seite, Mr. MacLachlan!“ Sie flüsterte, doch das Flüstern hörte sich in ihren Ohren mehr wie ein verzweifelter Schrei an. ·Was wollen Sie?“, war nun die Stimme eines Mannes aus der Dunkelheit zu hören. ·Ihnen helfen. Ich kann Ihnen helfen, hier wegzukommen. Die Polizei ist bereits hier und es würde mich nicht erstaunen, wenn die UPO auch nicht weit wäre.“ Eine Weile war nichts außer einem leisen Flüstern zu hören. Dann meldete sich die Stimme aus dem Dunkeln wieder. ·Also gut, Diana Clavell. Helfen Sie uns!“
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Aus dem Tagebuch des Obersten Hüters der Macht Samstag, 13. März 1879 Vielleicht habe ich mich doch nicht geirrt. Der Dorfschulze hat uns zu den letzten beiden Leichen geführt, die noch in den Gewölben der Kirche auf gebahrt lagen. Es ist ein scheußlicher Anblick gewesen. Die Körper sind regelrecht zerfetzt worden, als ob die Menschen einem Tier zum Opfer gefallen wären. Ein Tier ... so abwegig ist der Gedanke auch gar nicht. Ich weiß nicht, was diese Frau sonst sein könnte. Zumindest weisen die Körper keinerlei Anzeichen dafür auf, dass die To desursache auf übernatürlichem Wege herbeigeführt worden ist, und das ist schon mal mehr als ich erhofft hatte. Im Gespräch mit dem Dorfschulzen haben wir herausfinden können, dass die Mörderin im Dorf bekannt gewesen ist. Die Tochter eines Eremiten, der weit draußen in den Wäldern gelebt hat. Jahrelang hatte man nichts mehr von der Familie gehört, bis eines Tages eine junge Frau beim Holzsuchen auf die Überreste dessen gestoßen war, was einst der Eremit gewesen sein musste. Nur ein ausgeweideter Körper war von ihm übrig geblieben. Erst hatte man vermutet, er und seine Tochter seien Opfer eines Raubtieres ge
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worden, doch dann tauchte sie wieder in der Stadt auf und das Töten be gann ... Den Namen der Frau hat mir niemand in Brusno sagen können. Manche meinen, sie hätte überhaupt nie einen solchen besessen.
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Sie waren der Frau, die so unvermittelt aufgetaucht war und ihnen ver sprochen hatte zu helfen, durch scheinbar tausend Strassen gefolgt. Frank hatte keine Ahnung, wo sie hier waren. Er hoffte, dass zumindest Jack die Orientierung behalten hatte, er schien sich in Queens zumindest ein wenig besser auszukennen. Ein Blick auf seine Freunde verriet ihm, dass es ihnen ähnlich ging wie ihm selbst. Er war misstrauisch wie nie zuvor. Erst hatten sie in der Dunkelheit gewartet um festzustellen, ob sich nicht noch mehr Gestaltlose auf ihre Fährte gesetzt hatten. Doch stattdessen war diese Diana Clavell aufgetaucht, und sie wusste nicht nur, wer sie waren, und dass sie vor der Polizei flüchte ten. Sie erwähnte auch die UPO ... Alles in allem kein Grund, dieser Frau auch nur ein kleines Bisschen zu vertrauen. Nach einem Irrlauf durch das Gewirr von Gassen waren sie schließlich zu einem kleinen Motel gekommen, das aussah als wolle es um jeden Preis das Schäbigste der Welt sein. Vermutlich gingen hier ausschließlich zwielichtige Gestalten ein und aus. Wie wir, dachte Frank. Nun saßen sie Diana Clavell in einem engen Zimmer gegenüber, das mit einem Tisch, drei Stühlen, einem Bett und einem kleinen Bücherregal, in dem sich sogar ein Fernseher befand, erstaunlich großzügig möbliert war. Diana hatte sich wie Frank und Donna einen Stuhl geschnappt und sich gesetzt, Jack und Jane saßen auf dem Bett. ·Warum haben Sie uns geholfen?“, fragte Frank, der die Frau kritisch beo bachtete. Diana hatte sich so hingesetzt, dass sie alle direkt ansehen konn ten, sie schien zu vermuten, dass sie nicht auf uneingeschränktes Vertrauen zählen konnte. ·Weil ich Sie schon seit langem gesucht habe, Mr. MacLachlan. Sie und ihr Team. Wir haben unser Leben riskiert, um Sie aufzuspüren.“ ·Wir ...?“ ·Mein Vorgesetzter, Commander Parton, und ich. Und einige andere, die Ihnen zum Teil auch persönlich bekannt sein dürften.“ ·Sie arbeiten für die UPO.“ Es war eine Feststellung, keine Frage. Frank kannte Clavell nicht, aber das war nicht verwunderlich. Die UPO musste
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hunderte Mitarbeiter alleine in New York beschäftigen. Und als Agent der UPO kannte man, wen man zu kennen hatte, niemanden sonst. ·Ja. Genauer gesagt arbeitete ich für die UPO. Ich ... wir haben dort ge kündigt - oder sind zum Teil auch einfach so gegangen. Sie waren gewisser maßen unser Vorbild.“ ·Warum? Im Gegensatz zu Ihnen wurde ich bedroht. Nicht unbedingt von der UPO, aber ...“ ·Das ist nicht mehr die UPO, Mr. MacLachlan, schon lange nicht mehr. Wir sind ausgestiegen, sobald sich die seltsamen Vorkommnisse häuften. Als die Morde begannen.“ ·Die Morde?“ ·Ja. Es hat vor einigen Monaten begonnen. Zuerst wurde ein Mitglied des Tribunals ermordet. Als Ersatz wurde seine angebliche Tochter ins Tribunal aufgenommen. Wie Perkins mir sagte, vermutete Ihr früherer Commander Ortega, dass es sich dabei um eine Dämonin handelt. Etwa zu dieser Zeit haben Sie die UPO verlassen. Kurz darauf schien laut Ortegas Informatio nen diese Frau das gesamte Tribunal unter ihre Kontrolle gebracht zu ha ben. Alle UPO-Einsätze weltweit wurden auf einmal abgebrochen, stattdes sen folgten völlig seltsame und sinnlose Order. Ortega beschloss das Tribu nal aufzusuchen.“ ·Das Tribunal?“, meldete sich Jane zu Wort. ·Die eigentlichen Chefs der UPO?“ Frank nickte. ·Angeblich befinden sich die Räume des Tribunals ebenfalls in New York in den Stockwerken über der hiesigen UPO-Filiale. Allerdings ist es jedem UPO-Mitarbeiter verboten, dorthin zu gehen. Vermutlich schätzen diejenigen, die hinter dieser Organisation stehen, ihre Anonymi tät.“ ·Genau. Ortega also suchte das Tribunal auf, doch der Commander kehrte nie zurück. Stattdessen wurde gemeldet, er sei umgebracht worden. Er und kurz darauf andere Commander und Agenten. Perkins und ich haben ver sucht, dahinter zu kommen, was vor sich ging und wurden so selbst zu Ziel scheiben. Gemeinsam mit anderen haben wir die UPO verlassen und wur den von diesen daraufhin als die Mörder dargestellt.“ ·Ortega ist also tot“, flüsterte Jane. Clavell nickte. ·Er war der erste, der umgebracht wurde. Aber bei weitem nicht der einzige. Die meisten Morde wurden vertuscht, einige davon lastete man uns an - und so weiter. Man hat Beweise gefälscht, die uns als die Mör der Ortegas dastehen lassen.“ ·Woher wissen Sie das alles?“, fragte nun Jack.
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·Oh, das wissen sozusagen alle in der UPO, aber beinahe niemand wagt es, etwas dagegen zu unternehmen. Am Tatort, neben Ortegas verstümmelter Leiche, wurde angeblich ein kompletter Satz Fingerabdrücke von Comman der Parton gefunden. Ortega wurde laut gefälschter Unterlagen in seinem Büro ermordet - aber er war an diesem Tag nicht der einzige Tote. Der Mann, der in der Videoüberwachungs-Zentrale arbeitete, wurde ebenso verstümmelt aufgefunden, wieder mit Partons und sogar meinen Fingerab drücken. Das Video vom Vorraum von Ortegas Büro fehlte natürlich. Es dürfte einem Blinden auffallen, was hier gespielt wird: Niemand, und be sonders kein UPO-Agent, wäre so dumm und würde das Video entwenden und dafür Fingerabdrücke zurücklassen. Jeder in der UPO weiß das, aber keiner sagt etwas.“ ·Da hat sich scheinbar etwas geändert, seit wir weg sind“, bemerkte Frank trocken, was ihm einen strafenden Blick Janes einbrachte. ·Einen seltsamen Arbeitgeber habt ihr da ja gehabt“, meinte Jack nur. Zweifelnd sah Frank ihn an. ·Ich dachte, du hättest auch mal für die UPO gearbeitet?“ Jack zuckte nur mit den Schultern und wechselte das Thema. ·Was können wir tun?“, fragte er stattdessen. ·Und warum sollten wir Ihnen glauben?“ Clavell seufzte. ·Hier.“ Sie griff in ihre Jacke, die sie an den Stuhl gehängt hatte, und holte einen Briefumschlag hervor. ·Commander Ortega hat uns den überreicht.“ ·Warum ...“, begann Frank, als sie den Umschlag Jack überreichte. ·Der Umschlag ist mit meinem Namen beschriftet“, stellte Jack fest und öffnete ihn, als er die fragenden Blicke seiner Freunde bemerkte. Er holte ein von Hand beschriebenes Blatt hervor und überflog es. ·Was steht drauf?“, fragte Frank ungeduldig, doch Jack schüttelte nur den Kopf. ·Ich denke, wir können Agent Clavell vertrauen“, sagte er ohne auf Franks Frage einzugehen. ·Also, was können wir tun?“ ·Herausfinden, was in der UPO vor sich geht“, antwortete Clavell. ·Ich könnte mir keinen einfacheren Weg vorstellen, als den, den Ortega gegan gen ist. Wir gehen in das UPO-Hauptquartier, suchen das Tribunal auf.“ ·Ortega ist nie von dort zurückgekehrt“, warf Jane zweifelnd ein. ·Ja.“ Clavell begann zu lächeln. ·Aber wir sind vorbereitet.“
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Aus dem Tagebuch des Obersten Hüters der Macht Sonntag, 14. März 1879 In der letzten Nacht haben wir die Spur der Bestie aufnehmen können. Zwar ist ihr die Flucht gelungen, nachdem wir sie überrascht hatten, wie sie den Sohn des Dorfschulzen anfiel, doch Amarouk hat sie bis in die nahe gelegenen Wälder der Hohen Tatra verfolgt. Er hat ihren Unterschlupf, eine unselige Höhle an einem Berghang unweit von Brusno, ausfindig machen können. Mit dem ersten Tageslicht sind wir aufgebrochen. In der Gegend der Höhle sind uns Ratten aufgefallen, die dort in unge wöhnlich großer Anzahl ihr Unwesen getrieben haben. Wie erwartet, hatte die Frau sich nach der Jagd der vergangenen Nacht zum Schlafen gelegt. Ihr Körper ruhte auf einer Art steinernem Altar inmitten der Höhle. Auch hier hat es von Ratten gewimmelt, ich erkläre mir dies durch die allseits bekannte Anziehungskraft des Bösen auf die schwarzen Nager. Ich weiß nicht, ob es einen anderen Weg gegeben hätte, aber es ist auch gar nicht an uns, dies zu entscheiden. Wir sind nur hier, um zu erfüllen, was längst vorbestimmt ist. So setzte Amarouk den geweihten Pfahl an und trieb ihn mit kräftigen Schlägen in das verfluchte Herz der Bestie. Ein schriller Schrei drang aus ihrem Munde, dann zuckte ihr Körper ein letztes Mal und sie war tot. Als wir kein Lebenszeichen mehr entdecken konnten, gaben wir uns mit diesem Erfolg zufrieden, zumal sich schon bald die Ratten um den Leichnam scharten. Sollten sie ihre widerwärtigen Gelüs te befriedigen und unsere Arbeit zu Ende bringen. Denn obwohl ich weiß, dass diese Bestie von uns besiegt werden konnte, ist mir gleichsam bewusst, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen worden ist. Wir sind nur die, die den Anfang des Weges be schritten haben, zu Ende gehen muss ihn jemand anders. Und ich weiß, dass dies geschehen wird.
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Frank hatte keine Ahnung, wo Clavell auf einmal einen der für die UPO typischen schwarzen Vans aufgetrieben hatte, auf jeden Fall waren sie um gehend losgefahren. Unterwegs hatten sie zwei weitere Männer aufgesam melt, offenbar ebenfalls Agenten, die mit Clavell und Parton geflohen wa ren.
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Einer von ihnen, ein älterer Mann mit schwarzen Haaren und bedrohlich wirkendem Blick, war es, der nun das Wort übernahm. ·Wir haben noch immer Kontakt zu einem Commander, der bei der UPO verblieben ist. Er wird uns in das Gebäude schleusen. Wir sorgen dafür, dass Sie es bis zum Saal des Tribunals im obersten Stockwerk des Towers schaffen. Ab diesem Zeitpunkt werden dann Sie aktiv, da das ja zu Ihrem Spezialgebiet zu gehö ren scheint.“ ·Wir rechnen also fest mit einem Dämon?“, fragte Frank. ·Ja“, bestätigte sein Gegenüber. ·Ich will gar nicht darüber nachdenken, ob und wie so etwas möglich sein kann, und es steht mir auch gar nicht zu, das zu beurteilen. Aber gehen Sie davon aus, dass es sich um das handelt, was Sie ‡Dämon‘ nennen würden.“ Damit war das Gespräch für den Mann beendet und die Dämonenjäger ließen es für den Rest der Fahrt dabei bewenden. Es war Clavell, die die Stille brach. ·Wir sind da“, flüsterte sie aus dem Führerhaus. Frank sah nach draußen und konnte das hohe Gebäude der UPO-Zentrale erkennen, das sich irgendwie bedrohlich gegen den Himmel erhob. Mittlerweile musste Mitternacht längst vorbei sein. Der Fahrer, der andere der beiden Männer, der Diana am Steuer abgelöst hatte, verlangsamte nun merklich und bog in eine kaum erkennbare Einfahrt unterhalb des Towers ein. Ein grosses Tor öffnete sich und eine dort pos tierte uniformierte Frau winkte den Van durch. Der Fahrer beschleunigte wieder und folgte dem Weg in eine unterirdische Halle, in der mehrere wei tere schwarze Lieferwagen abgestellt waren. ·Wie ein schlechter Witz“, flüsterte Jack kaum hörbar. Frank hörte nicht hin und bemerkte stattdessen mit einem Blick aus dem abgedunkelten Fenster, wie jemand an den Van herantrat und zum Fahrer ging. ·Ich bin Commander Miller“, war eine dunkle Stimme zu hören. ·Wir haben Sie bereits erwartet.“
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Wanaka, Neuseeland Ben stand am Ufer des Sees und starrte auf die spiegelglatte Fläche des Wassers. Kein Mond war in dieser Nacht zu sehen, der sich darin spiegelte. Als ob dieser nicht mit ansehen wollte, was geschehen war - und in den
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nächsten Stunden noch geschehen würde. Nur die Lichter der letzten Häu ser rissen Löcher in die Dunkelheit. Irgendwo vor ihm, vielleicht eine halbe Meile entfernt, erhob sich der Schatten der letzten Ausläufer des Gebirges, die sich bis weit in den See hinein erstreckten, gegen den Himmel. Eine bei Tageslicht beeindruckende Landschaft, die Ben nun nur noch bedrohlich vorkam. Wer konnte schon wissen, was gerade jetzt da draussen in der Nacht lauerte. Nicht ausge schlossen, dass die ersten Vorboten schon hier waren und nur noch darauf warteten, sich das Opfer zu holen, das ihnen entgangen war. Die Gewissheit stieg in Ben auf, dass er ihnen nichts entgegen zu setzen hätte, wenn das Erbe sich nicht von selbst aktivierte. Er konnte nur hoffen, dass sie das nicht wussten. Wenn sie ihn jetzt holten, dann war alles verlo ren. Und dieser verdammte Hexer tauchte noch immer nicht auf. Nervös rückte Ben seine Baseballmütze zurecht und stiess einen leisen Fluch aus. Ein Geräusch in seiner unmittelbaren Nähe weckte seine Aufmerksamkeit. Ein Geräusch, als ob ein Gegenstand die Wasseroberfläche durchbrochen hätte. Ben wandte sich nach links, wo er dessen Ursprung vermutete, und lauschte angestrengt. Nichts war zu hören. Er schalt sich einen Narren, sich hier von allem und jedem gleich ins Bockshorn jagen zu lassen und drehte sich wieder weg - da ertönte das Plät schern erneut. Lauter diesmal, in unmittelbarer Nähe. Ein Stampfen war zu hören, jemand - oder etwas - kam vom Wasser her direkt in seine Richtung. Ben schluckte und griff nach der Pistole in seiner Jackentasche. Vorsichtig lud er durch und ging dabei einige Schritte zurück, den Blick nicht von der Stelle abgewandt, von der die Schritte ertönten, die nun zügig näher kamen. Noch immer war die Dunkelheit undurchdringlich. Er wagte es nicht, einen Warnschuss abzufeuern und so seine Position preiszugeben. Was, wenn nur zufällig jemand diesen Weg entlang kam? Daran, dass es der Hexer war, glaubte Ben nicht. Der bevorzugte wesentlich überraschendere Auftritte ... Die Schritte hielten nun inne. Ein schnaufendes Geräusch war zu hören, dann ein leises Knurren und für einen Augenblick glaubte Ben, riesenhafte rote Augen direkt vor sich aufblitzen zu sehen, die ihn fixierten. Kälte umklammerte sein Herz. Nun gab es keinen Zweifel mehr. Der He xer kam zu spät, und diesmal würde er einen hohen Preis dafür zu bezahlen haben. Mit dem Mut der Verzweiflung legte Ben an und schoss auf gut Glück in die Dunkelheit. Einmal, zweimal ... Zwei dumpfe Geräusche verrieten ihm, dass er getroffen hatte. Der Geg ner befand sich vermutlich nicht einmal drei Schritte von ihm entfernt. Ein hässliches Knurren durchschnitt die Stille und zeigte Ben, dass es nichts
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gebracht hatte. Entmutigt liess er die Waffe sinken. Was konnte er damit schon gegen ein Wesen ausrichten, das älter sein mochte als der Boden, auf dem er stand? Du kannst Uns nicht verletzen, Narr! Als ob eine Faust seinen Kopf umklam mert hätte, spürte er auf einmal Schmerzen; sein Schädel drohte jeden Mo ment zu explodieren. Fühle Unsere Kraft! Spüre Unsere Macht! Er schrie auf, doch sein Schrei erstarb, als er auf einmal keine Luft mehr kriegte. Irgendwo am Rande seiner Wahrnehmung glaubte er, eine Stimme zu hören die ihm etwas zuflüsterte, während die Schmerzen ihn zu Boden sinken liessen. Sein Blickfeld verschwamm, und dann bemerkte er nur noch, wie jemand etwas - vor ihn trat. Und alles, was er noch fühlte, war das Feuer, das ihn verbrannte ...
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Die Dämonenjäger folgten Commander Miller, den beiden später hinzuge kommenen Agenten und Clavell durch einige unterirdische Gänge. Ein besorgter Blick von Donna liess Frank befürchten, dass es vielleicht keine so gute Idee gewesen war, sie auch mitzunehmen. Aber sie in diesem Motel zurückzulassen wäre auch nicht unbedingt die sicherste Lösung gewesen. ·Wir werden Aufzug C benutzen“, begann Miller zu erklären. ·Wir werden eine Störung der Sicherheitskameras verursachen, und zwar in genau ...“, er blickte auf seine Uhr, ·in fünf Minuten. Damit kommen wir bis in den fünf zigsten Stock, ab dort müssen wir in einen anderen Aufzug wechseln, und das ist der Moment, wo es kritisch wird. Die Kameras der anderen Aufzüge werden direkt von der Security des Tribunals kontrolliert, in die wir keinen unserer Leute einschleusen konnten. Ein Ablenkungsmanöver ist ebenfalls nicht möglich, die Zeit war einfach zu knapp. Sobald wir also oben sind, wird der Ärger losgehen.“ Miller stoppte seine Ausführungen, da sie an ihrem Ziel angekommen waren. Während die Aufzugstür sich mit einem Klingeln öffnete, fügte er kurz an: ·Mit dem zweiten Aufzug fahren wir direkt vor den Saal des Tribunals. Wir werden die Wachen aufhalten, den Rest müssen Sie erledigen. Das UPO-Gebäude ist nun gewissermassen Kriegsgebiet, erwarten Sie keine Gnade, wenn wir auf Gegner treffen.“ Da mit schien er alles gesagt zu haben, denn ohne ein weiteres Wort betrat er den Aufzug und hiess sie, es ihm gleichzutun. Als sich die Tür wieder schloss, stieg ein ungutes Gefühl in Frank auf. Sie waren acht Personen und befanden sich im Hauptquartier der vermutlich
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mächtigsten polizeiähnlichen Organisation der Welt. Solche Aktionen wie die ihre führten selbst bei sorgfältiger Planung selten zum Erfolg. Wenn man spontan bei der UPO einbrach, musste es eigentlich zwangsweise in einem Desaster enden. Ein Blick auf die Anzeige an der Wand verriet ihm, dass sie soeben den zwanzigsten Stock passiert hatten. Unwillkürlich fasste er nach Zorks Dolch, der ihm das Gefühl einer gewissen Sicherheit zurückgab. Bislang war keine Erwärmung der Waffe zu spüren, ansonsten ein untrügliches Zeichen für eine drohende dämonische Gefahr. Dreissig. Was, wenn alles eine Falle war? Jack hatte ihnen nicht gesagt, was Ortega geschrieben hatte. Vielleicht hatte er sich täuschen lassen. Ihre Gegner ar beiteten mit Mitteln, die sie selbst nur erahnen konnten. Vielleicht war Or tega gezwungen worden, etwas zu schreiben, das die Dämonenjäger hierher locken sollte. Nein, verwarf Frank den Gedanken. Dann hätten sie uns schon längst umgebracht. Auch nicht beruhigender. Vierzig. UPO-Agenten, die für die Gegenseite arbeiteten. Ein Commander, der den UPO-Agenten half, selbst aber noch bei der UPO war. Spione und Gegen spione. Sie waren gewissermassen Jäger und Gejagte zugleich. Was war, wenn jemand von ihnen nur vorgab, gegen die UPO zu arbeiten und sie direkt in eine Falle führte? Fünfundvierzig. Frank konzentrierte sich auf die Leuchtanzeige an der Wand, um sich von den Gedanken abzulenken, die ihn ohnehin nur noch nervöser machten. Die Stille im Aufzug war bedrückend. Ein erneutes Klingeln verriet ihnen, dass sie im fünfzigsten Stock ange kommen waren. Die Fahrstuhltür schob sich langsam auseinander und die Tatsache, dass niemand mit angelegter Waffe auf die Ankömmlinge wartete, gab Frank Anlass zu gelinder Freude. Miller schritt wieder voran und verliess den Aufzug als erster. Frank folgte ihm auf dem Fuss und sah sich um. Sie befanden sich in einer kleinen Halle, die nur vom Licht des Fahrstuhls beleuchtet wurde. Verschiedene Durch gänge führten in unterschiedlichste Büros. Gleich gegenüber war ein zweiter Fahrstuhl, auf den Miller nun direkt zusteuerte. Er war erst zwei Schritte weit gegangen, als irgendwo in der Nähe laute Rufe zu hören waren. Miller fluchte und begann zu rennen. Die kleine Truppe war kaum bei dem anderen Aufzug angekommen, als näher kom mende Schritte ertönten. Verzweifelt warteten sie darauf, dass die Aufzugs tür sich endlich öffnete.
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·Die wissen, dass wir hier sind“, knurrte Miller und bemühte sich nicht einmal mehr, leise zu sein. ·Wir ändern unseren Plan. Ihr beide“, er deutete auf die beiden Agenten, die auf dem Weg ins UPO-Gebäude zu dem kleinen Team gestossen waren, ·haltet sie auf und verschafft uns dadurch etwas Zeit.“ Den Geräuschen nach zu urteilen waren die, die nach ihnen suchten, schon beinahe da, als endlich das erlösende Klingeln ertönte. Hastig stürz ten die Dämonenjäger, Clavell und Miller in den Fahrstuhl, während beinahe gleichzeitig die beiden anderen Agenten ihre Pistolen zogen und sich vor dem Aufzug postierten. Frank wollte noch einwenden, dass es nicht richtig sei, wenn sie die zwei Männer hier einem ungewissen Schicksal überliessen, doch bevor er etwas sagen konnte schlossen sich bereits die Türen. Kurz darauf ertönten die ersten Schüsse ...
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Wanaka Ben schlug die Augen auf - und schloss sie mit einem Schmerzensschrei gleich wieder. Sie brannten, als ob Säure hineingeschüttet worden wäre. Er spürte, wie er gepackt und auf die Beine gezogen wurde. Feuer ... Das letzte, woran er sich noch erinnern konnte, war das Feuer. Und das dämonische Wesen, das ihn hatte töten wollen. Dass er hier nun wieder auf seinen eigenen Beinen stand, ließ ihn vermuten, dass es nicht ganz so wie von diesem geplant gekommen war. Den Schmerzen zum Trotz öffnete er nun seine Augen um zu sehen, wel chem Umstand er dies zu verdanken hatte. Erst erkannte er nur ein ver schwommenes Etwas in der Nacht, aus dem sich schließlich nach wieder holtem Blinzeln ein Gesicht herauskristallisierte. Ein blonder, relativ junger Mann, gekleidet in eine modische Lederjacke. Der Hexer war also im aller letzten Moment doch noch aufgetaucht! ·Du pflegst, überaus spontan und nicht selten in letzter Sekunde aufzutau chen“, brummte Ben missmutig. ·Verzeih mir“, antwortete Julian Summers mit einer Stimme, die für seine Verhältnisse wohl schon fast als warmherzig betrachtet werden musste. ·Ich bin wirklich froh darüber, nicht zu spät gekommen zu sein, du wärst ein schwerer Verlust gewesen.“
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·Deine Worte ehren mich, Julian. Wenn ich aber auch davon ausgehen muss, dass dir weit weniger die Sympathie für meine Person zu Grunde liegt, als es den Anschein hat.” Julian ging nicht auf die Bemerkung ein und deutete Ben, ihm zu folgen. Dieser, obwohl noch etwas wackelig auf den Beinen, tat wie ihm geheißen. ·Du hattest Glück“, erklärte Julian wie beiläufig, während sie in Richtung der kleinen Holzhütte gingen, die in einiger Entfernung oberhalb der Klip pen lag. ·Diese verfluchten Schattenbewohner lassen nie ein Opfer ent kommen oder gönnen ihm einen schnellen Tod. Wer ihnen einmal gegen über gestanden hat, endet als leere Hülle ohne Geist, nur noch mit den pri mitivsten Instinkten behaftet. Bestenfalls.“ Der Weg stieg nun an und wurde zu einem schmalen Trampelpfad, der zur Anhöhe hinauf führte. Es über raschte Ben nicht wirklich, dass der Hexer den Weg in der Dunkelheit der maßen sicher fand. ·Ich denke, der Tod eines der ihren wird den Fressern und ihrem Meister eine Lehre sein, sie werden so schnell nicht wieder hier auftauchen. Zumindest in dieser Nacht dürften wir also sicher sein.“ ·Länger als diese Nacht wird er vielleicht auch nicht mehr durchhalten, er scheint mir sehr geschwächt zu sein. Ich hatte gehofft, du würdest früher kommen, da ich bereits fürchtete, der Gegner hätte Wind davon bekom men, dass wir ihn gefunden haben.” ·Ich wurde leider noch aufgehalten. Nicht nur hier, auch anderswo wird in diesem Moment ein Spiel gespielt, dessen Ausgang weiter reichende Folgen haben könnte, als selbst ich es mir ausmalen kann. Ich fürchte, nicht alles in dieser Nacht wird sich zum Guten wenden.“
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Es kam ihnen so vor, als wären sie eine Ewigkeit in diesen Fahrstuhl ge standen, bis er endlich sein Ziel erreichte. Der Saal des UPO-Tribunals war nun nicht mehr weit entfernt. Commander Miller spähte misstrauisch aus dem Fahrstuhl und gab schliesslich Entwarnung. ·Seltsam. Niemand, der hier auf uns wartet. Wir hatten damit gerechnet, dass ...“ Er verstummte und schüttelte den Kopf. Clavell zuckte mit den Schultern. ·Vielleicht war das unten bereits ihr Empfangskomitee.“ ·Oder sie haben es nicht nötig, diesen Saal zu bewachen“, meinte Miller trocken.
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Vor ihnen lag ein langer Gang, dessen Ende ein grosses Tor markierte. Dahinter befand sich der Tribunalssaal, erklärte Miller ihnen. Ihn schien nun nichts mehr aufhalten zu können. ·Wenn dem so ist, dann werden wir mal schauen, was uns hier erwartet.“ Während sie den Gang entlang gingen, zogen Miller und Clavell ihre Pistolen. Frank holte Zorks Dolch hervor und spürte, dass die Waffe sich erwärmt hatte. Er machte seine Freunde darauf aufmerksam. ·Also doch ein Dämon“, meinte Jack nur und packte seine Pistole fester. Kurz bevor sie am grossen Tor angekommen waren, schwang dieses be reits auf. Als ob sie erwartet wurden. Sie traten einen Schritt in den Saal herein, der von einem dunklen Licht erhellt wurde, dessen Quelle nirgends zu erkennen war. Grosse Fenster hätten das Panorama New Yorks zeigen sollen - stattdessen waren sie rot vor Blut. Und was dahinter erkennbar war, war vieles, aber ganz bestimmt nicht die Skyline der Millionenstadt. Vielmehr waren dunkle, hohe Türme zu erkennen, die allesamt zu pulsieren schienen. In den Türmen waren keine Lichter festzustellen - man hätte sie in der Nacht eigentlich auch nicht sehen dürfen, aber Frank schien es, als ob er sie durch die Nacht hindurch sähe. Vielmehr noch als das, schockierte ihn das Bild, das sich in dem Raum selbst bot. Stücke von dem, was scheinbar einmal ein Konferenztisch gewe sen war, lagen weit herum verstreut - bedeckt von Teilen von etwas, was vermutlich einmal gelebt hatte ... Bewegungen auf dem Boden und leise Geräusche liessen auf Dutzende Ratten schliessen, die sich an den Kadavern vergingen. An der Wand gegenüber befand sich so etwas wie eine Weltkarte, nur waren die darauf gezeigten Kontinente irgendwie verdreht und ... falsch. Frank war der erste, der sich von der Szenerie losriss und die Gestalt be merkte, die irgendwo am Rand beim Panoramafenster stand und die Land schaft draußen betrachtete. Sie schien in oder mit diesem dunklen Licht zu leben. Meist war die Frau deutlich zu erkennen, aber einen Lidschlag später nur eine schemenhafte Gestalt. Einen weiteren Augenblick später war alles wieder wie zuvor. Die Frau drehte sich um und betrachtete die Eindringlin ge. Auf den ersten Blick wäre Frank nicht einmal etwas besonders außerge wöhnliches an ihr aufgefallen, aber als er, beinahe ohne es selbst zu wollen, einen Schritt vortrat erkannte er, dass sie nur einige Fetzen als Kleidung trug, und ... ihr Blick! Er strahlte eine Kälte aus, die Frank noch niemals zuvor gesehen hatte. Kälte ... und trotzdem so anziehend. Bevor er es ver hindern konnte, war Frank einen weiteren Schritt vorgetreten. Hätte er Au gen für etwas anderes als die Frau gehabt, wäre ihm aufgefallen, dass seine Begleiter es ihm gleichtaten.
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Die Hand, mit der er Zorks Dolch erhoben hatte, sank langsam nieder. Der Dolch rutschte ihm aus der Hand und fiel zu Boden. Frank bemerkte es nicht einmal.
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Von einem Augenblick zum anderen kehrten die Erinnerungen zurück. Die kalten, mordlustigen Augen ... Jack erkannte sie wieder. Er hatte sie schon einmal gesehen, und er hatte sie nie vergessen können. Die Bilder waren wieder so präsent, als ob die Ereignisse nur wenige Tage zurückliegen würden. Mit einem Satz erhob sich die Frau vom Boden und trat langsam auf die Glasscheibe zu. Zwischen ihren ohnehin zerfetzten Kleidern konnte man noch immer die Einschusslöcher erkennen. Die Frau trat vom Glas des Panoramafensters weg. Jack sah, wie seine Be gleiter sich ihr langsam näherten, auch sie hatten sie also gesehen. Die Au gen. Ein leises Quietschen verriet, dass sie mit ihren Fingern über das Glas der Scheibe fuhr. Unwillkürlich trat Jack einen Schritt vor. Keine Glasscheibe trennte sie nun, sie standen sich nun noch viel näher gegenüber. Jack trat einen weiteren Schritt vor, wollte als erster bei ihr sein. Ganz langsam kam auch sie ihm entgegen. Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber hatte sie ihn wiedererkannt? Ich kenne dich! Er stand ihr jetzt direkt gegenüber, nur getrennt durch das Glas. Langsam fuhr er mit seinen Fingern dort am Glas entlang, wo ihr Gesicht sich auf der anderen Seite befand. Kurz irritierte ihn ein seltsames Geräusch. Ein Blick zur Seite verriet ihm, dass die anderen ihre Waffen hatten fallen lassen. Er lächelte ... Sie wollten ihr gefügig sein. Aber er war früher da gewesen. Weitere Schritte brachte ihn näher an sie heran, eine Armlänge trennte sie jetzt noch. Wenn er sie doch hätte berühren können ... nur für einen Au genblick ... In der rechten Hand hielt er noch immer die Waffe umklammert, also hob er die linke Hand zu ihrem Gesicht. Ihre Augen hielten ihn gefangen, wollten ihn nicht wieder gehen lassen. Er hatte es gewusst. Sie hatte ihn erkannt und jetzt würden sie beenden, was sie damals nicht hatte zu Ende führen können. Er hätte es nie für möglich gehalten, aber nun war er am Ziel all seiner Träume. Er würde ihr dienen und es würde ihm eine Freude sein, wenn sie
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ihre Zähne in sein Fleisch senken würde, um sein Blut zu trinken. Er gehör te nur noch ihr! Sanft fuhr er mit seiner Hand über ihr Gesicht. Nur noch ihr ... Das Fauchen und Kreischen der Frau ließ ihn zusammenzucken. Sie be gann, gegen die Scheibe zu schlagen, ohne dass ihre Schläge etwas ausrich ten konnten. Jack hörte das hässliche Knacken von Knochen, als sie wie eine Furie immer heftiger darauf einschlug. Heftig atmend trat er zwei Schritte zurück. Jack zuckte zusammen. Die Augen ... die Erfüllung seiner Träume. Nein! Er wich zurück, Schritt um Schritt. Sie begann zu fauchen. ·Du kannst mir nicht entkommen.“ Die Stimme war so kalt wie es ihre Augen waren. Kalt. Tot. Und trotzdem ... Die Frau hatte all ihre Anmut verloren, wenn sie jemals solche besessen hatte - Jack war sich selbst darüber auf einmal nicht mehr sicher. Er trat einen weiteren Schritt zurück und jetzt schien sie zu bemerken, dass er ih rem Einfluss entrann. Sie trat vor, ein, zwei Schritte. Sie stand ihm gegen über. Ihre Hand berührte sein Gesicht, er spürte, wie Blut an seiner Wange hinunterlief. Nein! Nie hatte ihm ein Wesen solche Angst eingejagt wie dieses Biest, das da jetzt wie im Kampfesrausch gegen die Glasscheibe schlug und rannte und sie zu durchbrechen versuchte. Jack schoss.
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Wanaka Ben schob die verwitterte Holztür der kleinen Hütte auf. Ein Schloss be saß sie nicht, das war hier auch gar nicht nötig. Mit zwei Schritten war er im Haus und fasste nach der Gaslampe, die er sogleich entzündete. Das Licht riss verstaubte, grösstenteils schon längst verfallene Möbel aus der Dunkelheit. Es war deutlich zu erkennen, dass diese alte Hütte schon lange nicht mehr bewohnt war. Für Ben war es ein Glücksfall gewesen, nir gendwo sonst hätte er in dieser Gegend ungestört den Auftrag des Hexers ausführen können. Er reichte die Lampe an Julian weiter und begab sich zum Kamin, um ein Feuer zu entzünden. ·Versuch, keinen unnötigen Lärm zu machen“, riet er
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dem Hexer während er einige Holzstücke zwischen alte Zeitungsseiten sta pelte und diese entzündete. ·Wo ist er?“, fragte dieser nun mit deutlich leiserer Stimme als zuvor. ·Ich habe ihn in den hinteren Raum gebracht. Seit zwei Tagen sitzt er in einer Ecke, zittert und murmelt etwas vor sich hin, was ich nicht verstehen kann. Jeder Versuch, sich mit ihm zu unterhalten ist gescheitert. Vermutlich realisiert er überhaupt nicht, wo und wer er ist.“ Julian nickte. ·Wie habt ihr ihn gefunden?“ ·Eine Kontaktperson Damiens hat mit seinen Leuten in unserem Auftrag einen Ebene unweit von hier observiert, in der in den letzten Tagen immer wieder Gestaltlose im Auftrag des Fürsten scheinbar etwas gesucht haben. Zum Glück waren wir schneller und sie fanden einen Mann, der scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht war. Nicht ansprechbar und offenbar unter einem massiven Schock stehend. Ich habe die Burg umgehend verlassen, um mich persönlich darum zu kümmern. Er war in ein Hospital ganz in der Nähe gebracht worden und ich habe ihn dann wiederum gemäss deinem Befehl hierher gebracht. Ich vermute fast, die Gestaltlosen waren auch hin ter ihm her.“ ·Weiss Damien von dem Mann?“ Ben schüttelte den Kopf. ·Er weiss natürlich auch nicht, dass ich die Bot schaft seines Spitzels nicht an ihn weitergeleitet habe. Sollte er jemals irgend einen Verdacht schöpfen, ich fürchte er würde mich in die Nebelwand hin abstossen.“ ·Er wird nichts davon bemerken, so lange du genügend Vorsicht walten lässt“, entgegnete Julian. Mittlerweile brannte das Feuer im Kamin und verbreitete allmählich zu mindest einen Hauch von Wärme im Raum. Ben wusste nicht, ob Julian überhaupt so etwas wie Kälte empfand. Wenn er es tat, dann liess er es sich zumindest nicht anmerken. Ben ging nun voran in den hinteren Raum, der Hexenmeister folgte ihm, liess jedoch einem Ratschlag seines Gehilfen folgend die kleine Lampe zu rück. Auch dieses Zimmer war nur äusserst spärlich eingerichtet. Gerade mal ein kleines, viel zu kurzes Bett stand darin, und es erweckte nicht den Eindruck, als ob man noch darin hätte liegen können ohne es vollends zum Einsturz zu bringen. Ein leises Wimmern war aus einer Ecke des Zimmers zu hören. Julian trat näher und erkannte ein zusammen gesunkenes Häufchen Mensch, das mit dem Rücken zur Wand da sass und ins Leere starrte.
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Der Hexer blickte Ben fragen an, doch er zuckte nur mit den Schultern und lehnte sich an die Wand, während Julian auf den Mann zu ging. Auch als der Hexer unmittelbar vor dem Mann stand, war nicht die geringste Re aktion zu bemerken. Der Blick des Mannes drang durch Julian hindurch, als ob er nicht da gewesen wäre. Vorsichtig versuchte er, ihn an der Schulter zu berühren und zuckte zu rück, als dieser aufschrie. Von einem Augenblick zum anderen schien der Mann hellwach zu sein und musterte Julian mit seinen tief in den Höhlen liegenden Augen, als ob er sich das erste Mal überhaupt bewusst war, wo und wer er war. Ben war unwillkürlich einen Schritt vorgetreten und fragte sich, wie der alte Hexer das nun wieder zu Stande gebracht hatte. Ein Blick auf Julian verriet ihm, dass dieser es wohl ebenso wenig wusste. Ein Ruck ging durch die Gestalt am Boden, und erst auf den zweiten Blick erkannte Ben, was geschehen war: Der Mann kniete nun vor Julian. ·Ich habe gewusst, dass wir noch nicht verloren sind“, flüsterte er mit zittriger Stimme. ·Ihr seid zu mir zurückgekehrt.“
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Als ob jemand auf einmal das Licht eingeschaltet hätte, waren die seltsa men Empfindungen die Frank gespürt hatte, von einem Augenblick zu an deren verschwunden. Vom Einschlag der Kugel war die Frau zurückgeworfen worden und statt in das hübsche, verlockende Gesicht eines Engels starrte Frank auf einmal in die Fratze des Teufels. Ein wütendes Fauchen verriet, dass Jack sie zwar getroffen hatte, ihr dies allerdings nicht besonders viel anhaben konnte. Jacks Pistole war zu Boden gefallen. Warum, konnte Frank nicht sehen. Sie lag genau zwischen ihm und der Dämonin. Unerreichbar ... Unbemerkt von den Dämonenjägern waren sie mittlerweile von scheinbar Hunderten von kleinen Vierbeinern umzingelt worden, die lediglich auf einen unsichtbaren Befehl zum Angriff zu warten schienen. War es möglich, so etwas wie Mordlust bei Tieren zu erkennen? Wenn ja, dann war das für Frank hier eindeutig der Fall. Ein Blitzen lenkte Franks Aufmerksamkeit auf seinen Dolch. Mit einem Schritt war er bei ihm. Er wollte gar nicht wissen, worauf dieser gefallen war; scharfe Umrisse, die von diesem seltsamen Licht aus dem Dunkel ge rissen wurden, ließen ihn frösteln. Frank schluckte und ergriff die Waffe.
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Beinahe gleichzeitig stürzte auch die Dämonin auf Jack zu. Dieser riss geis tesgegenwärtig die Überreste dessen, was einmal ein Stuhl gewesen sein mochte hoch, und schlug damit nach der Dämonin. Ein hässliches Knacken verriet, dass Jack gut getroffen hatte, doch die Dämonin wurde auch davon lediglich umgeworfen und war ansonsten nicht sonderlich beeindruckt. Augenblicke später war sie wieder auf den Beinen und machte sich bereit für einen neuen Angriff, als gleichzeitig mehrere Schüsse aufhallten und ihr Ziel nicht verfehlten. Erneut wurde die Dämonin zurückgeschleudert und schrie gellend auf. Frank bemerkte den Commander, Clavell und Jane neben sich, die ebenfalls aus dem Bann der Dämonin erwacht waren. Er gab den dreien ein Zeichen, nicht mehr zu feuern und trat vor. Die Dämonin wich vor ihm zurück und gleichzeitig taten es auch die Ratten. Als ob sie alle erkannten, dass von dem Dolch eine Gefahr für sie ausging. Frank lächelte. ·Für Ortega“, flüsterte er und stiess zu. Der zornige Blick der Dämonin wich purem Entsetzen. Ein Schrei ertönte, der durch Mark und Bein ging und aus Tausenden von Kehlen zu erhallen schien, als der Dolch sie berührte. Ein heller Lichtblitz raubte Frank für einen Moment die Sicht, und als er wieder etwas erkennen konnte, lag die Frau regungslos am Boden. Er zog den Dolch aus der Wunde und betrach tete erstaunt die Waffe und die Dämonin. Mehr nebenbei nahm er wahr, wie die kleinen Rattenbiester die Flucht ergriffen, nun, da ihre Herrin tot war. ·Was jetzt?“, meinte er mit einer Stimme, die ihm mehr als zittrig vorkam. ·Keine tollen Effekte? Kein Zerfall zu Asche?“ ·Nein”, flüsterte Jack hinter ihm. ·Sie war nie eine richtige Dämonin. Alles was sie war, war eine blutrünstige Killerin die zum Werkzeug des Bösen wurde.“ Frank blickte auf und musterte Jack kritisch. ·Ich glaube”“ meinte er dann, ·dass du uns noch eine Menge zu erzählen hast.“
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Wanaka ·Zurückgekehrt? Ihr müsst mich verwechseln ...“, begann Julian und für Ben schien es, als ob zum ersten Mal auch der Hexer mit seinem Latein am Ende war. Die Stimme des Mannes gewann schnell an Selbstsicherheit. ·Nein, ich erkenne Euch ganz deutlich. Obwohl Ihr nur noch ein Schatten Eurer selbst
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seid, so ward Ihr doch derjenige, der Seite an Seite mit uns das doch nicht Aufhaltbare aufzuhalten versucht hat. Ich hätte es bereits wissen müssen, als ich Eure Gegenwart bemerkte“, wandte er sich nun an Ben. ·Die Claims sind also dem Tod in den Ewigen Mauern entronnen. Sagt mir - was ist geschehen? Warum lebe ich noch? Das letzte, woran ich mich erinnern kann, ist dieses große Tor, das sich öffnete. Die Dunkelheit, die daraus her vordrang ...“ Woher weiß er meinen Namen?, fragte sich Ben, doch Julian war es, der antwortete: ·Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht. Ich habe Euch nie zuvor gesehen.“ ·Wie kann es sein, dass Ihr Euch nicht mehr erinnert?“ Julian starrte den Mann ratlos an, und dieser fuhr fort: ·Doch, ich sehe es. Ihr seid nur ein Teil dessen, was Ihr einst wart, und Ihr seid vom Wächter berührt worden. Das Undenkbare ist also geschehen und doch lebt Ihr. Wie immer Ihr es vollbracht habt - sie konnten also noch gestoppt werden.“ ·Er redet wirres Zeug“, flüsterte Julian Ben zu. ·Wirr? Seid Ihr Euch dessen so sicher?“, keuchte der Mann. ·Erinnert Euch ... Oder könnt Ihr es nicht?“ ·Es hat keinen Sinn“, sagte Julian und wollte sich gerade abwenden, als ein Schrei ihn zusammen zucken ließ. Der Mann war hochgeschnellt und wankte hin und her. An seiner Stirn platzte eine Wunde auf, ein Schwall von Blut lief an seiner Wange hinunter. Unvermittelt ballte er die Hände zu Fäusten als wolle er gegen einen un sichtbaren Feind kämpfen. ·Ich habe es gewusst“, schrie er. ·Ihr holt mich zurück, ich kann es spüren. Ich werde also noch gebraucht.“ Ein greller Blitz blendete Ben für einen Augenblick und als er wieder hin sah, stand er mit dem Hexer ganz alleine im Raum. ·Was war das?“, keuchte er. Erneut zuckte Julian mit den Schultern. ·Wie immer er hierher kam, ich nehme an, er wurde genau dadurch wieder dorthin zurück gebracht, von wo er gekommen ist.“ ·Was könne wir jetzt tun?“ ·Nichts, fürchte ich“, antwortete ein ziemlich ratloser Hexenmeister. ·Ich habe keine Ahnung, wer dieser Mann war oder wovon er gesprochen hat. Ich schlage vor, du kehrst auf die Burg zurück und sagst zu niemandem ein Wort über diese Angelegenheit. Ich werde deine Hilfe vermutlich schon bald wieder benötigen.“ Ben nickte und wandte sich zum gehen, hielt aber dann noch einmal inne. ·Er hat meinen Namen gewusst ...“
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·Ich weiß“, flüsterte Julian. ·Und das ist es, was mir am meisten zu denken gibt.“
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New York, eine Woche später Frank lag mehr in dem bequemen Polstersessel, als dass er darin sass. Jane und Donna waren in einem anderen Zimmer der Suite und unterhielten sich über Themen, die vermutlich absolut gar nichts mit den zurückliegenden Ereignissen zu tun hatten. Erstaunt stellte Frank fest, dass die beiden Frauen offenbar besser abschalten und mal nicht an dämonische Bedrohungen denken konnten, als er selbst. Jack kam mit einem neuen Gin Tonic von der Bar zurück und setzte sich wieder neben Diana Clavell, die auf dem bequemen Ledersofa gegenüber Frank Platz genommen hatte. ·Für dieses Mal sieht es also nach einem Happyend aus“, meinte Frank lächelnd und trank einen Schluck Whisky. Clavell nickte. ·Tatsächlich, Frank. Mittlerweile gehen die Dinge in der UPO wieder ihren gewohnten Gang. Es scheint fast, als ob alle krampfhaft versuchen würden, so schnell wie möglich wieder zur Normalität zurück zu kehren. Es ist seltsam. Niemand ist sich sicher, wer jetzt auf der richtigen Seite gestanden hat und wer wen verraten hat. Aber alle wissen, dass die UPO der Finsternis unterlegen war. Vermutlich geht das jetzt noch eine ganze Weile so, aber danach wird es - vielleicht - wieder wie zuvor.“ ·Was ist mit dem Tribunal?“, warf Jack ein. ·Dessen frühere Mitglieder sind ja alle der Dämonin zum Opfer gefallen.“ ·Ach, ich denke, dass Miller das ganz gut im Griff hat. Er ist bereits daran, eine Art Schattenkabinett zusammen zu trommeln, das die UPO fortan leiten soll. Diesmal soll es nicht wieder so einfach sein, sie zu unterwandern. Dafür wird er vermutlich gleich selbst sorgen.“ ·Der Höllenfürst selbst hat im Tribunal gesessen“, lachte Frank auf. Julian hatte ihnen - ohne, dass sie ihn danach gefragt hätten - erzählt, dass McDo nald sich in das Tribunal hatte einschleusen können. ·Eine unglaubliche Geschichte.“ ·Unglaublich, in der Tat. Wie dem auch sei, es gibt also keine Chance, euch alle wieder dazu bewegen zu können, bei uns mitzuarbeiten?”
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Frank blickte zu Jack und musste grinsen, als er sah, wie entschieden dieser den Kopf schüttelte. ·Keine Chance.“ ·Wir führen unseren eigenen Kampf“, bestätigte Frank. ·Aber vielleicht werden wir froh sein, ab und zu die UPO in unserem Rücken zu wissen. Eine Zusammenarbeit ist ja nicht ausgeschlossen, sollte sie sich einmal er geben.“ Clavell nickte. ·Nein, das ist sie auf keinen Fall.“ Sie erhob sich und verab schiedete sich. Sie war schon beinahe bei der Tür, als sie sich noch einmal umdrehte und anfügte: ·Und falls ihr eure Meinung ändert - ruft an und verlangt Commander Clavell!“ Frank winkte ab und als die Türe ins Schloss fiel fuhr er fort: ·Du hast die se Frau also schon gekannt?“ ·Vor zwei Jahren“, antwortete Jack zögerlich, ·ich habe damals mit der UPO zusammengearbeitet. Die Frau war das Oberhaupt einer Sekte, sie wurde von ihren blutrünstigen Anhängern wie eine Göttin verehrt. Der ganze Fall war mehr als seltsam. Wir konnten sie gefangen nehmen, kurz darauf hat mich Ortega von den Ermittlungen abgezogen. Jetzt im Nachhi nein vermute ich fast, er hatte schon damals geahnt, dass da etwas faul an der Sache war.“ Jack zuckte mit den Schultern und wechselte das Thema. ·Es bleibt die Frage, wer die Gestaltlosen zu uns geschickt hat. So was könnte jederzeit wieder geschehen. Nicht immer ist dann Clavell zur Stelle, die uns dank der Autorität der UPO von der Fahndungsliste streichen und die Unterlagen verschwinden lassen kann.“ ·Die Gestaltlosen haben wir ja damals bei McDonald angetroffen. Aber warum sollte er so plump versuchen, uns umzubringen?“ ·Du vermutest also jemand anderen dahinter?“ Frank zuckte mit den Schultern. ·Wäre möglich. Jemand, der uns testen wollte. Oder ein neues magisches Spielzeug, um Gestaltlose zu kontrollie ren.“ Jack lachte auf. ·Na gut, aber das ist jetzt schon ziemlich weit hergeholt.“ Für einen Moment herrschte wieder Stille im Raum. ·Werden wir jemals gewinnen können?“, sagte Frank schliesslich mehr zu sich selbst. ·Wer weiss das schon, Frank?“ Lächelnd erhob sich Jack, um erneut zur Bar zu gehen. ·Wir können es zumindest versuchen!“
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Epilog Brusno, März 1879 Sie fühlte, wie das Leben aus ihrem Körper rann. Nicht mehr lange, und sie würde tot sein. Noch immer stak der Eichenpfahl in ihrer Brust und entzog ihr Stück für Stück das Leben. Ihr Geist wurde müde, doch da war mit einem Male etwas anderes. Eine niedere, nur mit ihren Instinkten behaf tete Kreatur; und nicht nur eine, sondern viele, unzählige. Sie drang vor zu diesem Etwas, spürte, wie ihr Geist sich auf diese Wesen verteilte. Sie wurden Teil ihres Bewusstseins, und ihre Lebenskraft verhin derte ihren Tod. Sie war nun nicht mehr nur eine - sie war viele! Sie war nun die Königin der Ratten. New York, Februar 1999 Es war nicht die Kälte in der Kühlkammer, die Diana Clavell an diesem Morgen frösteln ließ. Es war der Anblick dessen, was vor ihr lag. Sie hatten die Leiche der Frau hier in einem speziellen Sicherheitstrakt auf gebahrt, um auch ganz sicher zu sein, dass sie niemals wieder auferstehen würde um erneut Schrecken zu verbreiten. Nein, diese Frau hier war tatsächlich tot. Ein Blick in die Augen verriet es, die noch immer weit aufgerissen waren. Die Kälte war darin immer noch vorhanden, aber das war auch alles. Clavell atmete beruhigt auf. Sie hatte ganz sicher sein wollen. Die seltsame und übernatürliche Anziehungskraft dieser Frau war mit ihrem Tod durch Zorks Dolch verschwunden. Vor ihr brauchte sie sich niemals wieder zu fürchten. Clavell wandte sich ab und schritt davon, verließ die Kühlkammer und den Sicherheitsbereich. Nie mehr brauchte sie sich vor diesen Augen zu fürchten. Aber da war noch die Stimme. Die Stimme der Frau, sie war noch immer irgendwo in ihr. Sie konnte sie rufen hören. Erst hatte sie gedacht, sie bilde sich das nur ein, und hatte des halb auch MacLachlan nichts davon gesagt, aber nun war sie beinahe sicher, dass die Stimme tatsächlich da war, und jetzt war es zu spät. Sie wurde geru fen. Die Stimme ... Es war nur ein Flüstern. Aber würde es so bleiben? Sie spürte bereits das aufkeimende Verlangen, der Stimme gefügig zu sein, ihr zu dienen. Aber noch war es nur ein Flüstern ...
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Irgendwo anders Ben ließ die Schwärze des Tores hinter sich und schauderte. Er hasste die se Art der Fortbewegung, aber es war nun einmal die einzige Möglichkeit auf die Burg zu gelangen. Oder zumindest die einzige Möglichkeit, wenn man bevorzugte, an einem Stück anzukommen. Längst beeindruckte ihn der gewaltige Saal nicht mehr, den er nun durch schritt. Jahrhunderte alte Bilder zierten die Wände, Ritterrüstungen und Wandteppiche, die wertvoller sein mussten als alles, was Ben jemals in sei nem Leben besessen hatte, waren an ihrem seit Jahrzehnten gleichen Platz angebracht. Eine Treppe, deren Stufen mit einem roten Teppich ausgelegt waren, führte weiter nach oben zu den anderen Räumen. Müde, aber zufrie den ging er darauf zu. ·Ben?“ Für einen Moment stand sein Herz still und erschrocken wandte er sich der Stimme zu. Die hoch gewachsene Gestalt von Damien D’Arroyo löste sich aus dem Schatten einer Säule am Fuße der Treppe. Das faltige Gesicht war regungslos, und doch glaubte Ben nicht, dass D’Arroyo grundlos hier war. Er deutete ein Nicken an und wollte seinen Weg fortsetzen, doch D‘Arroyo schien nicht willens zu sein, ihn gehen zu lassen. ·Wo bist du gewesen? Du warst zwei Tage weg.“ Der alte Mann trat einige Schritte vor und stellte sich damit Ben in den Weg. Ben atmete tief durch. Jetzt bloß nichts anmerken lassen! ·Ich war noch mals in Neuseeland. Die Nachforschungen Eures Vertrauten haben nichts weiter ergeben. Die Diener des Fürsten sind verschwunden und kehrten auch bei Nacht nicht wieder zurück. Ich wollte mich selbst überzeugen, dass dem so ist.“ ·Also haben die Gestaltlosen gefunden was sie suchten?“ ·Wir wissen es nicht. Wir konnten leider nichts weiter herausfinden.“ D’Arroyo nickte. ·Nun gut. Das soll uns eine Lehre für ein anderes Mal sein, dem Feind besser auf der Spur zu bleiben.“ Er trat beiseite und deutete Ben, nun zu gehen. Dieser schritt langsam die Stufen hinauf und betrat ei nen Korridor, der ihn zu seinem Gemach führen würde. D’Arroyos Blick folgte ihm bis ans Ende der Treppe. ·Was verbirgst du vor mir, Ben Claim?“, flüsterte er leise. ·Was verbirgst du vor mir?“
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