Innovationen an der Schnittstelle zwischen technischer Dienstleistung und Kunden 1
Angela Carell · Thomas Herrmann Uwe Kleinbeck (Herausgeber)
Innovationen an der Schnittstelle zwischen technischer Dienstleistung und Kunden 1 Konzeptionelle Grundlagen
Mit 23 Abbildungen und 13 Tabellen
Physica-Verlag Ein Unternehmen von Springer
Herausgeber Dr. Angela Carell Prof. Dr.-Ing. Thomas Herrmann Institut für Arbeitswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum Lehrstuhl für Informations- und Technikmanagement Universitätsstraße 150 44801 Bochum
[email protected] [email protected] Prof. Dr. Uwe Kleinbeck Universität Dortmund Organisationspsychologie Emil-Figge-Straße 50 44227 Dortmund
[email protected]
Veröffentlichung des Projektes NovaMille, gefördert vom BMBF unter den Kennziffern: 01 HY 0359, 01 HY 0360, 01 HY 0361, 01 HY 0362 und 01 HY 0363
ISBN 978-3-7908-1909-0 Physica-Verlag Heidelberg
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung: Ausbildung innovativer Organisationsstrukturen und -milieus an der Schnittstelle zwischen technischer Dienstleistung und Kunden: Ein Überblick über das Projekt NovaMille Angela Carell, Thomas Herrmann, Uwe Kleinbeck ................................................1
Teil I: Innovationen und innovative Unternehmenskulturen: Terminologie und Rahmenbedingungen Die Unternehmenskultur als Instrument zur Stimulierung von Innovationen im Spiegel der Förderpolitk Claudio Zettel 1. Der programmatische Hintergrund........................................................... 9 2. Zeit für Unternehmenskultur .................................................................. 10 3. Das Projekt NovaMille............................................................................15 Literatur.......................................................................................................17 Innovation und (Unternehmens-) Kulturen: Innovationsprozesse im Spannungsfeld von Dienstleister- und Kundenkultur Angela Carell, Matthias Euteneuer 1. Innovation – unbestimmt und allgegenwärtig .........................................19 2. Dimensionen des Innovationsbegriffs .....................................................21 3. Innovationsprozesse im sozio-kulturellen Feld .......................................23 4. Innovationskulturen im Projekt NovaMille: Eine exemplarische Feldanalyse ..............................................................................................28 5. Innovatives Innovationsmanagement ......................................................31 Literatur.......................................................................................................32 Von Market Driven zu Market Driving: Zum Stand der Forschung über markttreibendes Verhalten Markus Stolper 1. Einleitung und Zielsetzung......................................................................35 2. „Market Driving“ ....................................................................................38 3. Forschungsausblick .................................................................................47 Literatur.......................................................................................................48
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Gestaltung innovativer Unternehmenskulturen auf Grundlage des Rubikonmodells Ina Joraschkewitz, Thomas Berg, Tanja Bipp 1. Menschliches Handeln im Innovationsprozess ....................................... 51 2. Das Rubikonmodell................................................................................. 52 3. Unternehmenskulturen und innovatives Handeln.................................... 55 4. Unternehmenskulturen als Grundlage innovativen Handelns im Unternehmen...................................................................... 62 Literatur....................................................................................................... 64 Unternehmer spielen: Soziologische Anmerkungen zur Figur des Unternehmers bei Joseph Schumpeter Matthias Euteneuer, Arne Niederbacher 1. Einleitung: Die Jagd nach dem Unternehmer......................................... 2. Zur Figur des Unternehmers .................................................................. 3. Unternehmerisches Handeln .................................................................. 4. Unternehmer spielen .............................................................................. 5. Schlussbemerkung.................................................................................. Literatur......................................................................................................
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Teil II: Aktuelle Herausforderungen für die Gestaltung der Dienstleister-Kundenschnittstelle Boundary Spanner als Akteure in der Innovationspolitik von Unternehmen Debra Neumann, Hartmut H. Holzmüller 1. Ausgangsfragen...................................................................................... 2. Boundary-Spanner.................................................................................. 3. Boundary-Spanning für Innovation........................................................ 4. Frontline Employees als Boundary-Spanner für Innovation .................. 5. Maßnahmen zur effektiveren Nutzung von Boundary-Spannern als Ideenlieferanten ............................................... 6. Einbindung in das Innovationsmanagement........................................... Literatur......................................................................................................
85 86 89 91 94 98 99
Innovationsförderliche Klimata an der Anbieter-Kundenschnittstelle Debra Neumann, Ina Joraschkewitz, Michael Krause 1. Die Bedeutung von Klima für Innovation ............................................ 101 2. Dimensionen innovationsfördernder Klimata ....................................... 102 3. Innovationsfördernde Klimata an der AnbieterKundenschnittstelle .............................................................................. 110 4. Implikationen für die Unternehmenspraxis ........................................... 112 5. Innovationsklimata als Erfolgsfaktor für Innovation............................. 114 Literatur..................................................................................................... 115
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Management von Innovationsteams Katrin Marx, Martin Högl 1. Teamarbeit in Innovationsprojekten......................................................117 2. Mit kompetenten Teams zum innovativen Unternehmen......................118 3. Erfolgsfaktoren für das Management von Innovationsteams ................121 4. Innovationsteams fördern und entwickeln.............................................125 5. Fazit.......................................................................................................127 Literatur.....................................................................................................128
Teil III: Aspekte eines modernen Innovationsmanagement an der Dienstleister-Kundenschnittstelle Innovationsmanagement: Den Kunden neu entdecken Bernd Kriegesmann 1. Innovation und Kundenorientierung: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit ...................................................................................133 2. Innovation erfordert eigene Orientierung ..............................................134 3. Von der Vision zum machbaren Entwicklungssprung – Die Zukunft schrittweise erschließen ....................................................141 4. Entfaltung innovativer Kräfte – Experimente fördern und aus Erfahrungen lernen...................................................................146 Literatur.....................................................................................................148 Analyse und Gestaltung von Innovationsflüssen bei IT-Dienstleistungen Angela Carell, Carsten Ritterskamp 1. Die frühen Phasen der Dienstleistungsinnovation – Eine ,terra incognita’ .............................................................................149 2. Innovationsflüsse bei technischen Dienstleistungen .............................150 3. Fragestellung und methodisches Vorgehen...........................................152 4. Ergebnisse .............................................................................................153 5. Re-Invention der Innovationsflüsse.......................................................157 Literatur.....................................................................................................161 Standardisierung im Technischen Kundendienst als Basis für Innovationen Sascha Wischniewski, Klaus-Michael Mende, Jochen Deuse, Michael Paulus 1. Innovationspotenziale im technischen Kundendienst............................163 2. Der Technische Kundendienst und seine Besonderheiten.....................164 3. Prozessstandardisierung im Technischen Kundendienst .......................169 4. Standardisierung als Basis für Prozessinnovationen .............................173 5. Standardisierung als Chance im Technischen Kundendienst ................177 Literatur.....................................................................................................179
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Wissensbasiertes Innovationsmanagement – Assistenzsystem zur Erfahrungssicherung und Wissensgenerierung für InstandhaltungsDienstleistungsunternehmen Gerhard Bandow, Axel Kuhn, Fred Kuhnert, Hartmut May 1. Einleitung .............................................................................................. 181 2. Assistenz und Assistenzsystem - Begriffsklärung................................. 182 3. Wissensbasiertes Innovationsmanagement ........................................... 184 4. Wissensplattform Instandhaltung – Assistenzsystem zur Erfahrungssicherung und Wissensgenerierung ..................................... 186 5. Wissen erzeugt Wissen - Praxisbeispiel ................................................ 191 6. Fazit....................................................................................................... 194 Literatur..................................................................................................... 195
Teil IV: Unternehmensportraits adesso AG Matthias Dorka 1. Firmenprofil .......................................................................................... 199 2. Motive für die Beteiligung am Verbundprojekt NovaMille .................. 200 3. Erfahrungen und Ausblick .................................................................... 200 Degussa Wolfgang Werner 1. Firmenprofil .......................................................................................... 201 2. Ziele und Erfahrungen im Rahmen von NovaMille ............................. 202 Elmos Semiconductor AG Roland Krumm 1. Firmenprofil .......................................................................................... 205 2. Ziele im Rahmen von NovaMille.......................................................... 206 3. Erfahrungen und Ausblick .................................................................... 206 EMC Test NRW GmbH Dirk Bellenhaus 1. Firmenprofil .......................................................................................... 207 2. Ziele im Rahmen von NovaMille.......................................................... 208 3. Erfahrungen und Ausblick .................................................................... 208 GE Healthcare Technologies Michael Paulus 1. Firmenprofil .......................................................................................... 209 2. Erfahrungen und Ziele im Rahmen von NovaMille ............................. 210
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Partysan Media & Event Boris Eichler 1. Firmenprofil ..........................................................................................213 2. Motive für die Beteiligung am Verbundprojekt NovaMille ..................214 3. Erfahrungen und Ausblick.....................................................................215 ThyssenKrupp Xervon GmbH Fred Kuhnert, Hartmut May 1. Firmenprofil ..........................................................................................217 2. Motive für die Beteiligung am Verbundprojekt NovaMille ..................218 3. Erfahrungen und Ausblick.....................................................................219 Über die Autoren ...............................................................................................221
Einleitung: Ausbildung innovativer Organisationsstrukturen und -milieus an der Schnittstelle zwischen technischer Dienstleistung und Kunden: Ein Überblick über das Projekt NovaMille
Angela Carell, Thomas Herrmann und Uwe Kleinbeck
Angesichts der zunehmenden Internationalisierung und Globalisierung von Märkten und den damit einhergehenden Anforderungen an Firmen, sich in diesem komplexen und dynamischen Markt zu behaupten, wird der Innovationsfähigkeit von Unternehmen allgemein große Bedeutung beigemessen. Innovationen beziehen sich dabei jedoch nicht nur auf Produkte und Verfahren, sondern auch auf die Gestaltung innovativer Dienstleistungen, mit der sich die vorliegende Publikation befasst. Die anerkannte Bedeutung von Innovationen für den Unternehmenserfolg und die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland stehen jedoch im Widerspruch zu der hohen Misserfolgsquote bei Innovationen. Diese liegt Studien zufolge bei bis zu 80% (Herstatt & Verworn 2003, S. 5)1. Neben der notwendigen Steigerung der Erfolgsquote bei Innovationen ist es bei vielen Unternehmen zunächst angezeigt, überhaupt innovative Ideen zu entwickeln und im Unternehmen erfolgreich zu kommunizieren. Mit Blick auf Dienstleistungsinnovationen kommt dabei dem Kunden eine zentrale Bedeutung zu. Er ist einerseits eine wesentliche Informationsquelle und Ideengeber, von dem wichtige Impulse für die Entwicklung neuer Dienstleistungen ausgehen. Andererseits fungiert er als Ideenabnehmer, der die Innovationsangebote später nachfragen soll. Entsprechend bedeutsam ist es, die Erfolgsfaktoren für eine „innovationsförderliche“ Gestaltung dieser Schnittstelle zu identifizieren. Hier setzt das Projekt NovaMil1
Herstatt, C., Verworn, E. (2003): Bedeutung und Charakteristika der frühen Phasen des Innovationsprozesses. In: C. Herstatt, B. Verworn (Hrsg.), Management der frühen Innovationsphasen. Wiesbaden: Gabler, 3-15.
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le2 an, indem es Strategien und Maßnahmen entwickelt, die Unternehmen in die Lage versetzen sollen, Möglichkeiten der Innovation an der Schnittstelle zwischen Dienstleister und Kunden besser zu erfassen und umzusetzen. Für das Projekt wird ein interdisziplinärer Ansatz gewählt, der verschiedene Aspekte der Dienstleister-Kundenschnittstelle in Betracht zieht: x x x x x x
Gestaltung von Innovationsprozessen Anregung innovationsorientierter Arbeitsmotivation und Förderung von Produktivität Organisationsmuster für Kreativität und neue Lösungen Erfolgsmessung bei Innovation Wissensplattformen und Innovation im Bereich Instandhaltung Informelle Innovationsmuster
Ein weiteres Merkmal von NovaMille ist eine hohe Integration von Forschung und Entwicklung, die durch die enge Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen, die im Verbundprojekt mitarbeiten, gewährleistet wird. Dabei werden gemeinsam die Schritte Analyse, Konzeption, Umsetzung und Evaluation der implementierten Maßnahmen gegangen. Der vorliegende erste Berichtsband befasst sich mit analytischen und konzeptionellen Ergebnissen – er wird 2007 mit einem Bericht zu den Umsetzungsergebnissen fortgeführt. Vorteil des interdisziplinären Ansatzes ist es, dass das Phänomen der Innovationsförderung aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden kann. Voraussetzung dafür, dass diese unterschiedlichen Blickwinkel auch mit Hinblick auf einen praktischen Nutzen für Unternehmen zusammengeführt werden, ist die Entwicklung einer gemeinsamen Rahmung. Diese ist Gegenstand des ersten Teils dieses Buches. Dabei ist zu beachten, dass NovaMille keine isolierte Aktivität ist, sondern im Kontext möglicher Synergiebildung innerhalb des Programms „Innovative Arbeitsgestaltung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung steht3, wobei im Schwerpunkt „Innovative Unternehmenskulturen“ mehrere Verbünde organisiert sind (siehe hierzu den Beitrag von Claudio Zettel). Der erste Teil des Buches führt die vielfältigen Facetten des Themas Innovation zusammen: Innovationen können sich inkrementell in kleinen Schritten entwickeln oder sprunghaft sein, sie können vom Markt getrie2
NovaMille – Die Ausbildung innovativer Organisationskulturen und -milieus an der Schnittstelle zwischen technischer Dienstleistung und Kunden. 3 Förderkennzeichen des BMBF siehe Impressum
Einleitung: Ein Überblick über das Projekt NovaMille
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ben werden oder neue Impulse in den Markt einbringen, sie können sich sowohl auf Produkte als auch auf Prozesse beziehen, sie können durch innovationsorientierte Arbeitsmotivation der Beschäftigten gefördert werden und sie können vorrangig aus wirtschaftlichen Beweggründen erfolgen oder als Wert an sich verfolgt werden. Das Verständnis, was eine Innovation ist oder nicht, wird letztlich in den Unternehmen „ausgehandelt“, wobei diese Frage eher indirekt als direkt angesprochen wird. Diese eher analytisch gelagerte Feststellung hat auch praktische Konsequenzen: Firmen, die Innovationen auf einem bestimmten Niveau erreichen wollen, müssen auch dafür sorgen, dass die Mitarbeiter im Rahmen der Kommunikationsprozesse des Unternehmens ein entsprechendes Verständnis der Innovationsziele entwickeln. Der Fokus von NovaMille liegt auf der Schnittstelle zwischen Dienstleister und Kunden. Aus diesem Blickwinkel ergeben sich besondere Herausforderungen, die im 2.Teil des vorliegenden Bandes behandelt werden. Es lassen sich geeignete Konzepte identifizieren, die auf diese Herausforderungen eingehen: x Der Boundary Spanner repräsentiert eine besondere Rolle, die zur Brückenbildung zwischen Dienstleister und Kunden beiträgt x Innovationsteams können gebildet werden, um Innovationsimpulse aufzunehmen und ihre Umsetzung voranzutreiben x Faktoren und Dimensionen, die ein innovationsförderliches Klima kennzeichnen, können extrahiert werden. In einem ersten Schritt können sie dazu dienen, Wege zu einem verbesserten Innovationsklima aufzuzeigen. Geplant ist es, ausgehend von diesen Faktoren ein Messinstrument zu entwickeln, das speziell auf die Innovationsförderlichkeit an der Kundenschnittstelle angepasst ist. Im dritten Teil wird der Frage nachgegangen, was man zu einem erfolgreichen Management von Innovationen, die von der Kundenschnittstelle ausgehen, beitragen kann. Dabei ist es generell die Frage, inwieweit man die Realisierung von Innovationen systematisch organisieren kann und inwieweit man sich eher auf die Erzeugung eines geeigneten Unternehmensklimas verlassen muss, das Raum für Versuch und Irrtum sowie Lernprozesse lässt (siehe hierzu den Beitrag von Kriegesmann). Ansätze, die in ein Innovationsmanagement einfließen können, sind: x Die Analyse und Förderung von Innovationsflüssen, womit solche Formen des Informationsaustauschs gemeint sind, die Innovationen vorantreiben. Innovationsflüsse können mit der Kommunikation zwischen
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Angela Carell, Thomas Herrmann, Uwe Kleinbeck
Dienstleister und Kunden starten und sollten an diese und andere Kundenschnittstellen zurückfließen. x Prozessgestaltung und Standardisierung: Die Frage der Innovationsförderlichkeit kann systematisch in die Methoden der Prozessgestaltung und -optimierung aufgenommen werden. x Wissensplattformen, die helfen können, das notwendige Wissen für dienstleistungsgetriebene Innovationen zu sammeln, bereitzustellen und insbesondere so zusammenzuführen, dass Innovationsansätze erkennbar werden. Die Berichte dieses Bandes sind auf einem Workshop mit Wissenschaftlern und Praktikern vorgestellt worden und wurden in einem diskursiven Prozess einer Qualitätsverbesserung unterzogen. Unser besonderer Dank gilt den Teilnehmern des Workshops, die als Autoren dieses Bandes von außerhalb kommend das NovaMille-Team unterstützt haben. Namentlich haben folgende Autoren geholfen, die Arbeit in NovaMille abzurunden: Bernd Kriegesmann, Katrin Marx und Martin Högl, Markus Stolper, Claudio Zettel. Letzterer wirkte als Mitarbeiter des zuständigen DLRProjektträgers „Arbeitsgestaltung und Dienstleistungen“ mit, dem wir für seine Unterstützung bei der Etablierung des Verbundprojektes NovaMille danken. Eine besondere Danksagung möchten wir auch an die Wirtschaftsunternehmen richten, die das Projekt durch ihr Engagement unterstützen – sie sind im vierten Teil des vorliegenden Bandes in Kurzbeschreibungen dargestellt.
Kontakt und Koordination (in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Angewandte Organisationspsychologie der Universität Dortmund, Prof. Dr. phil. Uwe Kleinbeck): Lehrstuhl für Informations- und Technikmanagement (Prof. Dr.-Ing. Thomas Herrmann) Institut für Arbeitswissenschaft Ruhr-Universität-Bochum www.novamille.de
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Teil I: Innovationen und innovative Unternehmenskulturen: Terminologie und Rahmenbedingungen
Im ersten Teil dieses Buches beschäftigen wir uns mit grundlegenden Fragen und Aspekten von Innovationen und innovativen Unternehmenskulturen. Diese ranken sich um den Begriff der Innovation, um die Auswahl geeigneter Innovationsstrategien und welche Rolle die Unternehmensumwelt dabei spielt, um Fragen nach den Kriterien für innovative Unternehmenskulturen und schließlich darum, welcher Unternehmertypus Innovationen voranbringt. Damit bereiten wir die Basis für die folgenden Teile, in denen es spezifischer um Innovationen an der Kunden-Anbieterschnittstelle geht. So führte uns auch die Arbeit in unserem interdisziplinär zusammengesetzten Verbundprojekt immer wieder zu grundsätzlichen Fragen der Art, was denn genau unter einer Innovation zu verstehen sei, was eine Innovation von einfachen Produkt-, Dienstleistungs- oder Prozessverbesserungen unterscheidet und ob jede Neuerung als Innovation zu betrachten ist. Sucht man nach einer Antwort in gängigen Innovationsdefinitionen, so erscheinen die Fragen auf den ersten Blick relativ leicht beantwortet werden zu können. So werden Innovationen in der Literatur einheitlich als ‚neuartig’, ‚nützlich’ und ‚wertvoll’ beschrieben. Dass die Sache aber dennoch nicht so trivial ist, zeigen Carell und Euteneuer im ersten Beitrag dieses Buchteils. Sie entwickeln aus einer soziologisch-sozialwissenschaftlichen Perspektive ein Verständnis von Innovation, das Innovation als sozialen Aushandlungsprozess unterschiedlicher Akteursgruppen und Bezugssysteme im Umfeld eines Unternehmens begreift. Das Wissen um dieses innovationsrelevante sozio-kulturelle Feld eines Unternehmens ermöglicht es dem Unternehmen, so die Auffassung der Autoren, unterschiedliche marktorientierte Strategien einzusetzen, um erfolgreich innovativ handeln zu können. Sie schlussfolgern, dass ein innovatives Innovationsmanagement wesentlich davon getragen wird, inwieweit es einem Unternehmen gelingt, einen ‚innovative fit’ zwischen ihren Innovationsbemühungen und den
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Teil I: Innovationen und innovative Unternehmenskulturen
Anforderungen, die sich aus dem sozio-kulturellen Feld ergeben, herzustellen. Die Bedeutung der Unternehmensumwelt für ein erfolgreiches innovatives Handeln wird von Stolper aufgegriffen und weiter vorangetrieben. Er beleuchtet aus marketingwissenschaftlicher Perspektive zwei marktorientierte Strategien der Entwicklung und Umsetzung von Innovationen. In diesem Zusammenhang stellt er insbesondere die Möglichkeit der proaktiven Veränderung von Marktstrukturen in den Mittelpunkt. So können Unternehmen im Sinne einer Market Driving Strategie aktiv auf ihre Unternehmensumwelt, d.h. auf den Markt Einfluss nehmen und diesen zugunsten ihrer Innovationsbemühungen (um-)gestalten. Wie Unternehmen ihre Fähigkeiten zum Market Driving-Handeln entwickeln können, hängt dabei wesentlich vom Führungsstil und der Unternehmenskultur eines Unternehmens ab, die insbesondere durch Kreativität, Interdisziplinarität und Fehlertoleranz gekennzeichnet sein sollte. Die Freisetzung bzw. Förderung innovativer Handlungspotenziale ist auch Thema des Beitrages von Joraschkewitz, Berg und Bipp. Sie widmen sich aus (organisations-)psychologischer Perspektive der Frage, wie und unter welchen Umständen Menschen bzw. Mitarbeiter innovativ handeln. Ausgehend von einem allgemeinen Handlungsmodell der Arbeitsmotivation arbeiten sie heraus, welche spezifischen Merkmale verschiedener Unternehmenskulturen einen besonders hohen Einfluss auf das innovative Handeln von Mitarbeitern ausüben. Für ihre Analyse wählen sie exemplarisch neun Subkulturen aus, die in den Phasen des Handlungsmodells unterschiedlich viel Einfluss auf das innovative Handeln der Mitarbeiter nehmen. Eine innovative Unternehmenskultur wird nicht nur vom innovativunternehmerischen Handeln der Mitarbeiter geprägt, sondern in ihr ist auch ein spezieller Typus des Unternehmers zu finden. Entsprechend wenden sich Euteneuer und Niederbacher im letzten Beitrag dieses Teils aus soziologischer Perspektive der für den Innovationsprozess zentralen Figur des Unternehmers zu. Sie setzen dabei am Unternehmertypus Schumpeterscher Prägung an und unterfüttern dessen theoretische Überlegungen mit empirischem Material. So wird das bei Schumpeter angelegte Bild des ‚dynamischen Erneuerers’, des ‚treibenden Faktors’ und ‚Pioniers’ konkretisiert und im Hinblick auf die Gestaltung einer innovationsförderlichen Unternehmenskultur reflektiert. Der innovierende Unternehmer wird demnach von wertrationalem Handeln getrieben, hat Freude an der Schaffung von Neuartigkeiten und weiß diese durch seine eigene Begeisterung und Überzeugung durchzusetzen. Um wirtschaftlich erfolgreich zu sein, bedarf
Teil I: Innovationen und innovative Unternehmenskulturen
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es jedoch auch gleichsam einer zweckrationalen, bewirtschaftenden Haltung, die erfolgreich am Markt platzierte Innovationen auch wirtschaftlich auszuschöpfen weiß. In Bezug auf die Schaffung innovativer Unternehmenskulturen plädieren die Autoren dafür, in Unternehmen Freiräume für wertrationales Handeln zu schaffen, was auch heißt, die hier vermutlich dominierende zweckrationale, bewirtschaftende Haltung temporär und situativ zurückzustellen zu können, ohne sie völlig aus dem Blick zu verlieren.
Die Unternehmenskultur als Instrument zur Stimulierung von Innovationen im Spiegel der Förderpolitik
Claudio Zettel
1. Der programmatische Hintergrund Der Förderschwerpunkt „Entwicklungsfaktoren für den Auf- und Ausbau innovativer Unternehmenskulturen und -milieus“ wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Programms „Innovative Arbeitsgestaltung – Zukunft der Arbeit“ eingerichtet. 16 Projektverbünde wurden beginnend ab 2003 in die Förderung aufgenommen. Insgesamt stehen Fördermittel in Höhe von 15 Mio. € seitens des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für den Förderschwerpunkt zur Verfügung. Mit Beginn des Jahres 2006 löste das Nachfolge-Programm „Innovationsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt“1 das Programm „Innovative Arbeitsgestaltung – Zukunft der Arbeit“2 ab. Die Projektförderung zur Unternehmenskultur wird im Rahmen des neuen Programms fortgesetzt. Zentrales Ziel des neuen Programms ist es, Erkenntnislücken zu schließen, Veränderungsprozesse zu ermöglichen und politische Entscheidungen sachgerecht zu unterstützen. Innovationen müssen sich daran messen lassen, wie sie zu gesellschaftlichem Fortschritt und zu wirtschaftlichem Erfolg beitragen. Innovatorische Fähigkeiten in der Arbeitswelt schließen entsprechende betriebliche Bedingungen und Organisationsformen ein. Im Rahmen des Förderprogramms gilt daher der arbeitsorientierten Innovationsforschung und den organisatorischen Belangen von Unternehmen, hier insbesondere KMU, ein besonderes Interesse. Mit dem Programm wird angestrebt, Anwender aus der Praxis und Wissenschaft zusammen zu brin1 BMBF 2
2006 BMBF 2002
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Claudio Zettel
gen sowie ganzheitliche und nachhaltige Lösungen für die Unternehmensund Arbeitsorganisation zu entwickeln. Als Ergebnis aus der Förderung in den Projekten sollen Ideen und Lösungsansätze zur Verfügung gestellt werden, mit denen ein Balance zwischen Unternehmenserfolg, menschengerechter Gestaltung von Arbeit und Beschäftigungsentwicklung zukünftig ermöglicht wird.
Abb. 1. Innovationskonzepte gestalten
Das BMBF-Förderprogramm will insbesondere dazu beitragen, dass x Menschen ihr Können, ihre Kreativität und ihre Motivation in die Arbeitswelt einbringen und ihre Kompetenzen dort auch (weiter-) entwickeln, x Unternehmen die Voraussetzungen für erfolgreiche Kompetenzentwicklungen schaffen und damit zur Quelle neuer Ideen, erfolgreicher Produkte und neuer Beschäftigung werden, x Netzwerke und Zusammenarbeit gestaltet werden, die Marktchancen und Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen.3
2. Zeit für Unternehmenskultur In Zeiten des „Shareholder Value“ neigen viele Unternehmen dazu, kurzfristige Kostensenkungs- und börsennotierte Kurseffekte langfristigen Er3
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Die Unternehmenskultur als Instrument zur Stimulierung von Innovationen
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folgsfaktoren vorzuziehen. Mit dieser Strategie können sich zwar Kursgewinne für eine bestimmte Zeit steigern lassen, es lassen sich aber weder betrieblichen Innovationspotenziale aufbauen noch Beschäftigte langfristig an Unternehmen binden. Aus diesem Grund werden kurzfristige Shareholder-Value-Konzepte zunehmend kritisch gesehen. Konzepte, die langfristig wirksame Leistungs- und Innovationsfähigkeit in den Mittelpunkt rücken, treten an ihre Stelle. Sie setzen an unterschiedlichen Punkten an – der Organisationsentwicklung, Leitbildentwicklung oder der Unternehmenskultur. In den meisten Volkswirtschaften vollziehen sich diese widersprüchlichen Entwicklungen vor dem Hintergrund eines technischen, global ökonomischen, sozialen und nicht zuletzt demografischen Strukturwandels. Der Strukturwandel durchzieht dabei alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft und zeigt sich zum Beispiel in folgenden Trends: x verschärfter Wettbewerb, wachsendes Innovationstempo x Entstehen neuer Bereiche mit wachsender Bedeutung von Wissen als Humanressource x Fachkräftemangel in zukunftsträchtigen Bereichen bei hoher Arbeitslosigkeit x Wertewandel mit geänderten Lebensstilen, veränderten Erwerbsbiographien x zunehmende Individualisierung, Veränderung der Altersstruktur Steigender Wettbewerb bringt die Notwendigkeit für dynamische Innovationen mit sich. Die Sicherung der Marktposition von Unternehmen wird in Zeiten der Informationsgesellschaft mit der zunehmenden Bedeutung von „Wissen“ als Ressource durch gesunde, motivierte und produktive Mitarbeiter gestützt. Ein ausgereiftes betriebliches Konzept der Arbeitsorganisation stellt die Zufriedenheit und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter in den Mittelpunkt und wird somit eine wesentliche Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Wobbe attestierte Deutschland kürzlich, dass die hiesige Unternehmensstruktur ausgezeichnet sei von einer „menschenfreundlichen, produktiven und effektiven Arbeitsplatzgestaltung in organischen Kooperationsbezügen“4. Dies ist ein schönes Kompliment. Es ist ein „Pfund“ in der Arbeitwelt, das es zu erhalten lohnt. Dennoch reicht ein Kompliment allein nicht für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit aus und wären ansprechende organisatorische Konzepte ohne einen unmittelbaren betriebswirtschaftlichen 4
Wobbe, Werner (2006), S. 32
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Claudio Zettel
Nutzen zum Scheitern verurteilt. Es muss daher gleichermaßen hinterfragt werden, wie diese erhalten werden können und wo sie ihre größte Wirksamkeit entfalten. Dies lässt sich aus der Wirtschaftsstruktur in Deutschland am besten ableiten: die deutsche Wirtschaftsstruktur ist geprägt von hochkomplexen und -technologieintensiven Produkten. Die deutsche Wirtschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie Produkte, die häufig zeitkritisch und kundenspezifisch erstellt werden müssen, auch in hoher Qualität und zeitnah liefern kann. Genau dieses filigrane Zusammenspiel von komplexer Technologie und logistischer Abstimmung ist nur zu erreichen, wenn Arbeitsabläufe und Organisationsstrukturen aufeinander abgestimmt werden. Eine komplexe Logistik ist nur erfolgreich, wenn sie vom Menschen als zentralem Akteur ausgeht und ihn entsprechend einbindet - und trotzdem betriebswirtschaftlichen Kriterien standhalten kann. Die zentrale Aufgabe des Managements im Unternehmen wird in den kommenden Jahren darin bestehen, Strukturen und Prozesse zu verankern, die eine langfristige Motivierung, Lernbereitschaft und Bindung der Beschäftigten an ihr Unternehmen sichern. Leistungsfähigkeit, Kreativität und das Engagement der Arbeitskräfte werden zu wesentlichen Produktionsfaktoren und zu Voraussetzungen für mehr Innovation. Die zentrale Forderung bleibt: Die Basis für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg in Unternehmen und in der Volkswirtschaft legen qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Immer mehr Wissenschaftler und Unternehmensberater bestätigen, dass eine innovationsförderliche Unternehmenskultur, die z.B. eine angemessene Personalentwicklung, ein Human Ressource Management und eine Work-Life Balance gestaltet, für das Unternehmen zum ökonomischen Erfolgsfaktor wird. Die vorrangigen Ziele des Förderschwerpunktes zum Aufbau und der Weiterentwicklung von Unternehmenskulturen bestehen darin, Interventionspunkte für einen betrieblichen Kulturwandel zu erschließen und betriebliche Veränderungsprozesse anzustoßen. Die teilnehmenden Unternehmen verstehen sich als „Pioniere“ auf dem Feld der Entwicklung von innovativen Unternehmenskulturen. Die Aufgabe, der sie sich stellen, ist komplex und wurde bisher auch von Seiten der Wissenschaft nicht erschöpfend untersucht. Vor allem fehlt es an ausgefeilten Managementinstrumenten zum Aufbau und zur Weiterentwicklung von Unternehmenskulturen. Darüber hinaus sind die Wirkungen der Unternehmenskulturen im Unternehmensumfeld kaum untersucht. Weil aber Netzwerkbildung und virtuelle Kooperationen zunehmend an Bedeutung gewinnen, muss auch die Frage beantwortet werden, ob (und ggf. wie) sich die jeweilige Unternehmenskultur in Netzwerke und stabile Kooperationsbezüge einbringen und mit anderen zu innovativen Milieus weiterentwickeln lässt. In
Die Unternehmenskultur als Instrument zur Stimulierung von Innovationen
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allen geförderten Projekten besteht ein intensiver Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis. Bei der Entwicklung nachhaltiger Unternehmenskulturen werden insbesondere KMU unterstützt, die in Netzwerken miteinander verbunden sind. Das Zusammenspiel von transparenter Kommunikation, Wertschätzung und Beteiligungsmöglichkeiten (auf der Unternehmensseite) sowie Motivation und Einsatzbereitschaft (der Belegschaften) fördert betriebliche und persönliche Kompetenzen. Steigende Bedeutung wird auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zukommen. Eine so verstandene Unternehmenskultur setzt auf Nachhaltigkeit und nicht auf kurzfristige Leistungsspitzen. Die Integration sozialer Verantwortung in die Unternehmensziele und die Fähigkeit, nachhaltige Konzepte für das Zusammenspiel von Unternehmensleitung und (älter werdenden) Belegschaften zu etablieren, werden eine zentrale Rolle spielen, wie bereits eine Reihe von Beispielen zur sozialen Unternehmensverantwortung („corporate social responsibility“) zeigen. Die vom BMBF geförderten Projekte sind unterschiedlich hinsichtlich ihrer geographischen Ausrichtung (z.B. Regional (Ostwestfalen-Lippe), Neue Bundesländer, Globalisierung), der Zielgruppen (z.B. Ausländer im Betrieb, Branchenspezifisch) sowie der eingesetzten Instrumente (z.B. Leitbilder, (Vertrauensfehler-Lernkulturen, Organisationsentwicklungskonzepte). Um die Zusammenarbeit und den Austausch unter den Projekten zu stützen, wurden die Projekte in vier Fokusgruppen zusammengefasst, in denen sich die Vielfältigkeit des Förderschwerpunkts widerspiegelt5: 1. Unternehmenskultur in KMU und den Neuen Bundesländern (Verbünde/Projekte: ProKul, INNO-MÖBEL, IKOPA, Ostwind, Innobau) 2. Diversity / Unternehmensleitbilder (Verbünde/Projekte: PerLe, AGIL, DIVINKU) 3. Kulturentwicklung (Verbünde/Projekte: InnoWerk, NOVAMILLE, INKult, SUK) 4. Unternehmensethik (Verbünde/Projekte: TIM, MAVACO, INEUVO, KOMPINU)5
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BMBF 2005
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Abb. 2. Innovationszyklen der Technik, Arbeitsorganisation und Bildung auf der betrieblichen Ebene
Anhand einiger Projektbeispiele lassen sich die Forschungsbereiche und der entstehende Mehrwert für Unternehmen verdeutlichen: Diversität: Globalisierung und Migration hinterlassen ihre Spuren auch im sozialen Gefüge von Unternehmen und Belegschaften. Integrationsfähigkeit und der Umgang mit Vielfalt in Betrieben werden eine noch viel größere Rolle im Innovationsprozess spielen, als dies heute schon der Fall ist. Was liegt also näher, als sich die vorhandene Diversität im Unternehmen zunutze zu machen? Der Erfahrungsaustausch zwischen alt und jung, die Einbindung von interkulturellem Wissen, das Zusammenbringen von Komplementärwissen bei Praktikern und Wissenschaftlern sind nur einige der Möglichkeiten, mit denen bei Einbindung aller Beschäftigten eine gemeinsam gelebte Unternehmenskultur erreicht und positive Effekte erzielt werden können. Lernkulturen: Den immer schneller werdenden Innovationszyklen kommen Bildungszyklen (zum Beispiel die Zeit bis zur Einführung eines neuen Curriculum an Fachschulen) oder Arbeitszyklen (zum Beispiel die Zeit bis zur Einführung neuer Arbeitsabläufe im Betrieb) immer weniger nach. Dies bedingt eine Verlagerung und Zunahme von Verantwortlichkeiten, bei denen Unternehmen zunehmend auch zu Bildungsträgern werden. Hier sind flexible und reaktionsschnelle Personalentwicklungskonzepte erforderlich. Leitbilder: Globalisierung und flächendeckende Einführung von Informationstechnologien haben zu einer Virtualisierung ökonomischer Prozes-
Die Unternehmenskultur als Instrument zur Stimulierung von Innovationen
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se geführt. Durch die rasante Entwicklung der Kommunikationsmedien werden zusätzlich neue Unternehmens- und Kooperationsformen gefördert. Diese Entwicklung bringt neue Unternehmensformen hervor, die weg vom Großunternehmen und hin zu kleinen vernetzen Einheiten führen. Beispielsweise bieten sich durch die Gründung von virtuellen Unternehmen gerade für KMU neue Chancen der Zusammenarbeit, mit der sie größenbedingte Nachteile ausgleichen können und Wettbewerbsvorteile erzielen. Im Gegensatz zum Großunternehmen mit einer homogenen Betriebsstruktur haben virtuelle Unternehmensverbünde eher Projektcharakter bzw. sind zeitlich befristet. Die Identifikation mit „dem“ Unternehmen und der Aufbau einer gemeinsamen Unternehmenskultur werden zur Herausforderung. Hierbei kann zum Beispiel die Entwicklung gemeinsamer Leitbilder eine Hilfestellung leisten. Corporate Social Responsibility oder Corporate Citizenship: Unternehmen haben stets auch eine hohe soziale Verantwortung. Selten werden jedoch die eigenen Werte und Wertvorstellungen in Bezug auf die vom Unternehmen getragene soziale Verantwortung wie z.B. die Erhaltung und Förderung von Gesundheit und Qualifikation der Mitarbeiter identifiziert oder gar nach außen kommuniziert. Hier können nutzbare Potenziale erschlossen werden: Unternehmen erzielen einen langfristigen positiven Effekt, indem sie sich zu ihrer sozialen Verantwortung insbesondere der Beschäftigungssicherung bekennen und hierdurch ein positives Betriebsklima mit hoher Leistungsbereitschaft schaffen. Gleichzeitig werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei denen Kommunikation, Zusammenarbeit und das Verständnis füreinander gefördert werden, eine tragende Decke in der Außendarstellung bilden, bei der umweltförderliche Prozesse und Produkte betriebswirtschaftliche Gewinne einfahren können.
3. Das Projekt NovaMille Das Projekt NovaMille6 hat sich zum Ziel gesetzt, in und mit mehreren Unternehmen zukunftsfähige und übertragbare Konzepte für innovative Organisationskulturen pilotartig zu entwickeln und zu erproben. Das Konzept des Projektes setzt dabei an der Schnittstelle zwischen Dienstleister und Kunden an. Das Hauptaugenmerk gilt im Projekt dem Aufbau von Unternehmenskulturen, die eine innovationsförderliche Wirkung haben und 6 „Die
Ausbildung innovativer Organisationskulturen und -milieus an der Schnittstelle zwischen technischer Dienstleistungen und Kunden“, NovaMille, BMBF-Förderkennzeichen 01HY0363
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Claudio Zettel
gleichzeitig produktive Ergebnissen im sozialen wie im betriebswirtschaftlichen Sinn für das Unternehmen erbringen. Das Projekt NovaMille zeichnet sich durch seinen interdisziplinären Ansatz aus, bei dem sich mehrere wissenschaftliche Disziplinen für das Projekt zusammengetan haben, um gemeinsam mit Unternehmen in Wissenschaft-Anwender- „Tandems“ neue Unternehmens- und Organisationskulturen zu entwickeln und zu implementieren. Eine Herausforderung für alle Projekte des Förderschwerpunktes Unternehmenskultur besteht darin, über die Anwendung verschiedener Methoden hinaus die innovativen Momente von Unternehmenskulturen zu erarbeiten. Zusätzlich durchzieht den Förderschwerpunkt die zentrale Frage, „wie dynamisch ein Unternehmen sein muss, um ausreichend flexibel auf neue Anforderungen reagieren zu können und wie viel Stabilität notwendig ist, um ausreichend Sicherheit auszustrahlen und Beschäftigte und Kunden langfristig an sich zu binden“? 3.1 Europäische Netzwerke Zunehmende Bedeutung gewinnen Netzwerke, die auch über den nationalen Kontext hinausreichen. Neben der nationalen Forschungsförderung engagiert sich das BMBF bzw. der Projektträger im DLR in dem zwischenstaatlichen Programm ERA-NET mit Fördermitteln der Europäischen Kommission, um auf europäischer Ebene in den Bereichen arbeitsorientierter Innovationen (Projekt WORK-IN-NET) sowie Arbeitsschutz und -sicherheit (Projekt NEW OSH-ERA) einen höheren Austausch zu erzielen und zukünftig enger zu kooperieren.
Abb. 3. Work in Net
Die Unternehmenskultur als Instrument zur Stimulierung von Innovationen
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Literatur Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) (2002): „Innovative Arbeitsgestaltung – Zukunft der Arbeit“, Bonn/Berlin Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) (2005): „Aufbau innovationsförderlicher Unternehmenskulturen“, Bonn/Berlin Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) (2006): „Innovationsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt“, Bonn/Berlin Oehlke, Paul; Riegler, Claudius; Zettel, Claudio (2005): "Das europäische Netzwerk arbeitspolitischer Programme "WORK-IN-NET"", in: WSI-Mitteilungen 3/05 (ISSN 0342-300 X), S. 173-174 Wobbe, Werner (2006): „Arbeitsinnovationen im Europa der Zukunft“, in: „Arbeitsforschung als Innovationstreiber. Innovationsfähigkeit in Organisationen, Wirtschaft und Regionen“, Bonn/Dortmund , S. 32-36 Zettel, Claudio (Hrsg.) (2005): "WORK-IN-NET Labour and innovation: Work-oriented innovations – a key to better employment, cohesion and competitiveness in a knowledge-intensive society", Bonn
Innovation und (Unternehmens-) Kulturen: Innovationsprozesse im Spannungsfeld von Dienstleister- und Kundenkultur
Angela Carell und Matthias Euteneuer
1. Innovation – unbestimmt und allgegenwärtig Innovation – das scheint das Allheilmittel für wirtschaftliche aber auch ökologische und soziale Probleme im 21. Jahrhundert zu sein: „Keine Partei oder keine Unternehmung, die nicht zur Verbesserung und Neuerfindung von Produkten, Organisationen, Prozessen und Mitarbeitern aufruft“, so Gross (2003, S. 16). Diese allgemeine Fortschrittsorientierung führt dazu, dass „die Attribute ‚neu’ oder ‚modern’ Waren, Ideen, Menschen und Verhältnisse unwiderleglich als überlegen und erstrebenswert“ (Gronemeyer 2000, S. 6) auszeichnen. Wer kulturelle Anerkennung oder wirtschaftlichen Erfolg erreichen will, muss sich deshalb zunehmend der Forderung unterwerfen, Neues zu erschaffen, innovativ zu sein. Folglich wird ‚Innovation’ in aktuellen wissenschaftlichen und politischen Debatten vor dem Hintergrund einer immer wieder diagnostizierten ‚Innovationskrise’ (vgl. z. B. Rammert 1997, S. 398; Sauer 1999, S. 12f; Rehfeld 2005, S. 340) in Deutschland anhaltend beschworen. Innovation avanciert so zu einem zentralen gesellschaftlichen Imperativ. Dieser hohe Stellenwert des Begriffs steht jedoch in einem erstaunlichen Missverhältnis zu seiner inhaltlichen Bestimmtheit. In Politik, Gesellschaft und Wirtschaft werden, so Georg Krücken (2005), gewollt und ungewollt eine Vielzahl von Innovationsmythen erzeugt, die vor allem als symbolische Zurschaustellung, als Inszenierung von Wandlungsbereitschaft und Fortschrittlichkeit zu verstehen sind. Ist institutionelle Legitimität, sind attraktive Marken, Produkte und Dienstleistungen in Zeiten eines Innovationszwangs also besonders auf eine erfolgreiche Darstellung von Innovativität angewiesen?
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Angela Carell, Matthias Euteneuer
In Analogie zur ‚gefühlten Temperatur’ wäre es vor dem Hintergrund solcher Annahmen sinnvoll, sich von objektivistischen Vorstellungen von Innovativität zu verabschieden und das Maß der ‚gefühlten Innovativität’ in den Vordergrund zu stellen – eine marketingstrategisch durchaus gewinnbringende Perspektive. So ist bei kulturell aufgeladenen Konsumprodukten, also besonders in jenen Segmenten des B2C-Marktes, deren Produkte und Dienstleistungen Bausteine zur Verwirklichung eines ‚Lifestyles’ darstellen, gefühlte Innovativität tatsächlich zentral: Innovativität ist hier in erster Linie durch ‚Sexyness’1, durch Attraktivität und emotionale Begehrlichkeit gekennzeichnet. Im B2B-Bereich technischer Dienstleistungen dagegen stoßen solche Vorstellungen eher auf Ablehnung. Innovation ist hier durch objektivistisch-rational begründbare ‚Stärke’ gekennzeichnet, ermöglicht beispielsweise eine ökonomischere, effizientere Nutzung von Ressourcen. Aber auch in diesem Kontext lässt sich zeigen, dass technische Innovationen oder neue technische Dienstleistungen nicht allein deshalb erfolgreich sind, weil sie objektiv eine Lücke im Dienstleistungsangebot schließen. So stellt z. B. die Powerline Technik dem PCAnwender zwar einen Internetzugang über jede beliebige Steckdose zur Verfügung und macht diesen damit unabhängig vom Telefonanschluss. Allerdings konnte sich diese Technologie nicht gegenüber dem WLAN behaupten. Dies ist sicherlich nicht allein auf technische Schwierigkeiten zurückzuführen, sondern auch auf die geringe ‚Sexyness’ eines Stromkabels gegenüber einer Funkverbindung. Angesichts der Tatsache, dass Innovation in der gegenwärtigen Gesellschaft omnipräsent ist, zugleich jedoch hochgradig unterschiedlich bestimmt wird, zielt dieser Beitrag keinesfalls darauf, verschiedene disziplinäre Vorstellungen zu einem einheitlichen Innovationsbegriff zu verschmelzen. Vielmehr erscheint uns die Entwicklung eines Innovationsbegriffs notwendig, der in der Lage ist, unterschiedliche Perspektiven zu integrieren, wenn Praktikern und Wissenschaftlern nicht durch (begriffliche) Scheuklappen der Blick auf vielfältige unter dem Label ‚Innovation’ versammelte Phänomene verstellt werden soll. Ein solcher Innovationsbegriff kann unseres Erachtens nach entwickelt werden, indem Innovation als soziale Konstruktion (und somit als (unternehmens)-kulturell bestimmt) begriffen wird. Dieser Zugang zum Innovationsbegriff erweist sich insbesondere dann als gewinnbringend, wenn es um die Frage geht, wie das Innovationsmanagement an der Schnittstelle zwischen zwei oder mehreren Unternehmen gestaltet sein sollte, da hier 1
Das Begriffspaar Sexyness/ Stärke ist Ridderstråle/ Nordström (2005, S. 204ff) entliehen, die auf dieser Basis rationale und emotionale Innovation unterscheiden.
Innovation und (Unternehmens-) Kulturen
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unterschiedliche Unternehmenskulturen zusammentreffen und innovationswirksam werden.
2. Dimensionen des Innovationsbegriffs Ein Blick in die einschlägige Literatur scheint die Annahme von der Unbestimmtheit des Innovationsbegriffs zunächst ad absurdum zu führen. So besteht Einigkeit darüber, dass als Innovation all jene Neuerungen bezeichnet werden können, die sich als nützlich und fortschrittlich, als nachahmenswert erweisen. Tatsächlich haben schon Bollinger und Greif (1983) darauf hingewiesen, dass eine Innovation durch drei wesentliche Eigenschaften gekennzeichnet ist: Neuartigkeit, Wirkmächtigkeit und Nützlichkeit – und das ist zweifelsohne interdisziplinärer Konsens. Wirft man jedoch einen detaillierten Blick darauf, was dies nun im Einzelnen bedeutet, so schwindet diese vermeintliche Eindeutigkeit schnell: Denn wie im Folgenden deutlich werden wird, sind weder Neuartigkeit noch Wirkmächtigkeit und Nützlichkeit eindeutige Kriterien, mit deren Hilfe Innovation identifiziert und von Veränderung im Allgemeinen abgegrenzt werden kann. 2.1 Das Neue, das Alte und das Innovative Nach einer klassischen Kurzformel von Schumpeter (1947, S. 151) bezeichnet Innovation „the doing of new things or the doing of things that are already being done in a new way“. Doch was ist als ‚Neu’ zu kennzeichnen? Eine sehr enge Vorstellung von Neuigkeit spiegelt sich beispielsweise im Patentrecht wider, das einer unbewussten oder bewussten Nachahmung bereits bekannter Lösungen die Anerkennung als Neuerung verweigert (vgl. Gillwald 2000, S. 10). An solchen Vorstellungen radikaler Neuartigkeit bestehen jedoch zunehmend Zweifel. So kann man in Anlehnung an Gronemeyer (2000, S. 113ff) vermuten, dass Neuerungen meist mit Bleibendem verbunden sind, durch viele Wiederholungen abgesichert werden und oftmals aus der nicht immer ganz gleich verlaufenden Wiederholung von Dingen heraus wachsen. In einem ähnlichen Sinne stellt für Barnett (1953, S. 181) auch die Neukombination von bisher bekannten Elementen durchaus eine Innovation dar. Die ‚Aufweichung’ dessen, was unter Neuerung zu verstehen ist, zeigt sich auch in der Unterscheidung zwischen radikaler und inkrementeller Innovation (vgl. Braun-Thürmann 2005, S. 42ff). So wird davon ausgegan-
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gen, dass selten Innovationen auftreten, die auf einer radikalen Neuerung basieren und somit ein völlig neues Produkt oder eine absolut neuartige Dienstleistung begründen. Die an solche radikalen Neuerungen anknüpfenden inkrementellen Innovationen sorgen in der Folge für die Entstehung ganzer Industriezweige – bis eine neue, radikale Innovation deren Niedergang einläutet. Eine solche radikale Innovation war beispielsweise die Erfindung des Transistors auf Siliziumbasis. Durch die Verkleinerung der Transistoren und deren Verknüpfung untereinander wurde die Ausgangsbasis für das gelegt, was heute unter dem Begriff ‚Mikroprozessor’ verstanden wird und die Entwicklung der IT-Branche maßgeblich bestimmt hat. Gesamtwirtschaftliche Konjunkturzyklen lassen sich so recht gut erklären, aber ‚echte’ Innovationen, die eine durchschlagende volkswirtschaftliche Wirkung entfalten, sind bislang nur alle 50–60 Jahre aufgetreten (vgl. den sog. Kondratjew-Zyklus). Weitergehende Relativierungen des Neuartigkeitsanspruches ergeben sich, wenn Neuartigkeit nicht als objektiv bestimmbar, sondern vom subjektiven Standpunkt aus betrachtet wird. Neu kann dann immer nur heißen neu innerhalb eines gewissen Kontextes. Nach McGrath (1985, S. 74) ist Neuartigkeit so nur für ein gewisses soziales System zu bestimmen, für Rogers (2003, S. 12) gar nur aus einer individuellen Perspektive. Auch aus systemtheoretischer Perspektive ist Neuartigkeit keine substantielle Eigenschaft, sondern Ergebnis einer Zuschreibung durch einen Beobachter2. Erst durch die Hervorhebung einer irritierenden, unerwarteten Veränderung als Neuartigkeit, und somit die Markierung eines Bruches, wird Aufmerksamkeit auf diese spezifische Neuerung gerichtet, um im Folgenden beispielsweise ihre Wirkungen und ihre Erwünschtheit zu reflektieren (vgl. John 2005, S. 25ff). Innovationen unterscheiden sich so von anderen organisationalen Veränderungsprozessen dadurch, dass letztere zwar auch zu Irritationen des Systems führen können, aber zu keinem Zeitpunkt als absolut neuartig gelten, niemals als Bruch identifiziert werden, das System eher ‚schleichend’ verändern. 2.2 Die Folgen des Neuen: Gewinne und Verluste Damit ist auf die Bedeutung der beiden weiteren Kriterien hingewiesen, die Bollinger und Greif (1983) nennen. Innovationen sollen eine (deutliche) Wirkung entfalten. „Changes of a minor sort“, so Ellwein (1985, S. 133), kommen als Innovation kaum in Frage. 2
Nach der soziologischen Systemtheorie können Beobachter sowohl psychische Systeme (‚Individuen’) als auch soziale Systeme (z. B. Organisationen, Unternehmen) sein.
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Die Frage nach der Grenze zwischen alltäglichen Anpassungsprozessen und ‚echten’ Innovationen ist dennoch nicht schlüssig zu beantworten und wiederum perspektivenabhängig. Wie folgenreich oder weit verbreitet muss eine Neuerung sein, um als Bruch und damit als Innovation zu gelten? Das Auftreten von Folgewirkungen allein ist für die meisten Autoren nicht hinreichend. Nur selten werden sich als ‚harmful’ und ‚uneconomic’ erweisende Neuerungen als Innovation bezeichnet (so jedoch Rogers u. Kim 1985, S. 88). Zumeist wird explizit betont oder zumindest stillschweigend angenommen, dass Innovationen nützlich sind, „in Bezug auf allgemein akzeptierte Ziele [...] die Zielerreichung verbessern“ (Zapf 1989, S. 174). Auch hier wird jedoch das Problem unterschiedlicher Perspektiven virulent. Nicht umsonst sind Innovationen von Schumpeter als ‚schöpferische Zerstörung’ (vgl. Schumpeter 1772, S. 137f) beschrieben worden: Sie führen zu einer Umwertung von Werten. Was vorher als wertvoll, wichtig, ökonomisch erfolgsversprechend usf. galt, kann jetzt in einem anderen Licht erscheinen. Dergestalt werden durch Innovationen Ressourcen umverteilt (vgl. Gillwald 2000, S. 20f). Somit dürften in den meisten Innovationsprozessen auch Gruppen und Individuen identifizierbar sein, die sich als Verlierer der Entwicklungen begreifen – zum Beispiel weil ihre bisherigen Kompetenzen durch eine Neuerung wertlos werden oder ihre Einflusschancen vermindert werden. Gerade wenn sich Ziele nicht als allgemein akzeptiert sondern als umstritten erweisen, beinhalten Innovationen so Konfliktpotentiale. Was für den Einen nützlich ist kann zum Nachteil Anderer werden – und für Dritte wiederum völlig belanglos sein. In der Praxis äußern sich diese Konflikte oft verdeckt in Form von innerbetrieblichen Barrieren, die überwunden werden müssen, um einer innovativen Idee zum Durchbruch zu verhelfen.
3. Innovationsprozesse im sozio-kulturellen Feld Die Tatsache, dass allein anhand objektiver Eigenschaften kaum bestimmbar ist, was als Innovation gelten soll, legt u. E. ein Verständnis von Innovation nahe, wie es Braun-Thürmann (2005, S. 6f) formuliert: Innovationen sind für ihn jene materiellen oder symbolischen Artefakte, die als neuartig wahrgenommen und als Verbesserung gegenüber dem Bestehenden erlebt werden. Diese Perspektive, in der Innovation als Produkt sozialer Aushandlungsprozesse verstanden wird, erscheint geeignet, verschiedenar-
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tige Vorstellungen von Innovation zu integrieren, und so zu einem multiperspektivischen Blick zu gelangen. Auch wenn standpunktabhängig ist, was als Innovation gelten kann, heißt dies jedoch keinesfalls, dass schlichtweg alles als innovativ gelten kann. Prinzipiell kann zwar jeder Einzelne für sich bestimmen, was für ihn innovativ ist. Auf gesellschaftlicher Ebene kommt es jedoch darauf an, welche Kategorisierungen sich letztendlich durchsetzen. Es gilt also zu klären, wie und in welchen Konstellationen es überhaupt dazu kommt, dass eine Neuerung allgemeine Anerkennung als Innovation erlangt. 3.1 Die soziale Konstruktion von Innovation Die Entstehung von Innovationen als sozialer Wandlungsprozess ist handlungstheoretisch (vgl. Blutner 1999) sowie systemtheoretisch-evolutionistisch (vgl. John 2005) auf recht ähnliche Weise beschrieben worden. Jenseits aller durchaus nicht unerheblicher Unterschiede der Modelle und ihre gegensätzliche theoretische Herkunft ignorierend, lassen sich folgende Gemeinsamkeiten feststellen: Beide Modelle gehen von einem mehr oder minder stabilen Grundzustand (Routine) aus, in dem Handlungen und Prozesse ‚wie gewohnt’ verlaufen, die uns umgebenden Artefakte eine gewohnte Konstitution aufweisen, die Welt ‚fraglos gegeben’ erscheint und in dem die Operationen des Systems seine Struktur weitgehend unverändert reproduzieren. Aufgrund der Motivation von Akteuren, etwas anders zu machen oder aufgrund auferlegter Umstände, die ein Verlassen der Routinen erzwingen, kommt es nun zu einer Situation, in der die Dinge ‚fragwürdig geworden’ sind. Der Akteur variiert die Routine. Das System produziert Improvisationen. Erfahren diese Improvisationen nun Aufmerksamkeit, werden sie als neuartig wahrgenommen, werden aus ihnen üblicherweise jene Elemente in einem sozialen Aushandlungsprozess positiv selektiert, die als Verbesserung erlebt werden und jene Elemente verworfen, die nicht wünschenswert erscheinen. Durch diesen Selektionsprozess entstehen Innovationen. Im Prozess des Restabilisierens werden diese schließlich in neue Routinen überführt (was nicht selten zu neuen Improvisationen führt). Verworfene Änderungen können als Wissen in das organisationale Gedächtnis eines Unternehmens oder gar in das kulturelle Gedächtnis einer Gesellschaft eingehen und damit u. U. auch das jeweilige System verändern. Verbindet man beide Modelle, so ergibt sich folgendes Kreislaufmodell der sozialen Konstruktion von Innovation:
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Abb. 1. Innovation als sozialer Wandlungsprozess (Eigene Darstellung in Anlehnung an Blutner 1999, S. 55; John 2005)
Im Zentrum unserer Überlegungen steht dabei die Frage der Selektion. Denn wie an beiden Modellen deutlich wird, ist nicht die persönliche, singuläre Wahrnehmung für die Konstitution von Innovationen entscheidend. Als Innovation kann in einem gewissen sozialen Kontext vielmehr das gelten, dessen Neuartigkeit und Nützlichkeit allgemein anerkannt, oder zumindest als gesetzt hingenommen wird. Wie sich im Verbundprojekt NovaMille gezeigt hat, greift es dabei zu kurz, als 'sozialen Kontext', den eine Innovation zu überzeugen, hat nur die direkt beteiligten Unternehmen zu betrachten. Diese sind immer in ein branchenspezifisches kulturelles System eingebunden, das den Bezugsrahmen für die Bewertung von Innovationen bildet. Unterschiedliche Gruppierungen in und außerhalb von Unternehmen konstruieren unter Bezug auf das kulturelle System Innovation und verfügen dabei über mehr oder weniger ‚Deutungsmacht’: Manager typischerweise mehr als ‚einfache’ Angestellte, ‚leading edge user’ mehr als gewöhnliche Kunden, sprich: ‚Experten’ mehr als ‚Nicht-Experten’. 3.2 Das innovationsrelevante sozio-kulturelle Feld Zentral für das Verständnis von Innovation ist also das sozio-kulturelle Feld, in welches die beteiligten Organisationen eingebunden sind. Wir unterscheiden hier aus Sicht des Leistungsanbieters das primäre Bezugssystem, jenes sozio-kulturelle Feld, in welchem das Anbieterunternehmen verankert ist, und das sekundäre Bezugssystem, das sich aus den unmittelbaren Kunden/Kundenunternehmen sowie deren jeweiligen primären Bezugssystemen zusammensetzt. Primäre Bezugssysteme sind beispielsweise
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durch branchentypische Wissensbestände und Relevanzstrukturen3 gekennzeichnet, die von Unternehmen in Bezug auf wichtige Konkurrenzunternehmen, Kollegen sowie relevante Experten (z. B. Wissenschaftler, Fachjournalisten, Branchenexperten etc.) permanent aktualisiert werden.
Abb. 2. Innovationsrelevantes Feld
Eine Veränderung lässt sich vor diesem Hintergrund nur dann als Innovation durchsetzen, wenn die jeweils relevanten Bezugssysteme von Neuartigkeit, Wirkmächtigkeit und Nützlichkeit zu überzeugen sind. 3.3 Innovationsstrategien Wissen über die sekundären Bezugssysteme kann sich ein Unternehmen in unterschiedlicher Weise zu Nutze machen, um innovative Dienstleistungen zu entwickeln oder zu vermarkten. Im Kontext der Wirtschaftswissenschaften sind zwei unterschiedliche Strategieansätze beschrieben worden, die an unsere Überlegungen anschlussfähig sind. So können Unternehmen zum einen neue Produkte, Prozesse und Dienstleistungen entlang spezifischer, ihnen und dem Kunden bekannter sowie aktuell beachteter Problemlagen entwickeln (market drivenStrategie, vgl. Jaworski, Kohli & Sahay 2000). Die Etikettierung der entwickelten Neuerung als wertvoll und nützlich – und damit als Innovation – 3 Gemeint
ist damit das Wissen darum, wie man mit gerade wichtig erscheinenden ‚Dingen’ umgehen sollte. Z. B. aktuell besonders beachtete Problemlagen (Relevanzen) sowie aktuell favorisierte Problemlösungsmuster (Lösungs-Wissen).
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gelingt dann um so eher, je besser die Leistung des anbietenden Unternehmens an aktuelle Kundenbedürfnisse angepasst ist. Das Anbieterunternehmen nutzt in diesem Fall sein Wissen über die sekundären Bezugssysteme, um kulturell möglichst angepasste Produkte für in diesem Bezugssystem gerade relevant erscheinende ‚Dinge’ zu entwickeln. Lösungsmuster werden mit branchentypischen Problemlagen kombiniert, so dass letztere besser als zuvor bewältigt werden können. Nachteilig an einer solchen Market Driven-Strategie ist jedoch, dass das Anbieterunternehmen vor allem reaktiv auf Kundenanforderungen reagiert. Damit wird die in der Managementliteratur geforderte Kunden- bzw. Marktorientierung bedient, allerdings werden dadurch nach Christensen und Bower (1996) vor allem inkrementelle Innovationen befördert. Die Innovationsfähigkeit des Unternehmens, d.h. die Offenheit für radikal neue Ideen, die Hurly und Hult (1998, S. 45) als ‚innovativeness’ eines Unternehmens bezeichnen, kann durch eine zu starke Fokussierung auf bestehende Markt- bzw. Kundenbedürfnisse gestört werden. Unternehmen, die allein auf eine solche Innovationsstrategie setzen, können dadurch schnell in Bezug auf Innovation ins Abseits geraten. Dagegen gehen Unternehmen, die im Sinne einer Market DrivingStrategie (vgl. dazu ausführlicher den Beitrag von Stolper) versuchen, den Markt durch neue Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen proaktiv zu gestalten, ein vermehrtes Risiko ein, überhaupt keinen Abnehmer für ihre Innovation zu finden. So erweisen sich nach Kenntnissen von Schaller, Rackensperger und Reichwald (2003, S. 56) in Abhängigkeit von der Branche 30-50% aller neu eingeführten Dienstleistungen als Flop. Entsprechend müssen Firmen mit einer Market Driving-Strategie ungleich mehr Ressourcen in die Vermarktung ihrer Innovation investieren, als bei der erstgenannten Strategievariante. Ob solche Ideen aber dann tatsächlich Kunden finden, bleibt dennoch ein Risiko. In unserem Modell erklärt sich dies dadurch, dass neuartige, bislang im sekundären Bezugssystem kaum oder gar nicht relevant erscheinende ‚Dinge’ fokussiert werden und/oder ein bislang nicht favorisierter Umgang mit diesen ‚Dingen’ nahegelegt wird. Je nachdem, als wie konservativ und veränderungsresistent sich das sekundäre Bezugssystem erweist, bedarf es erheblicher Überzeugungsprozesse um solche Neuerungen zu etablieren.4 Vorteil einer solchen Strategie ist jedoch, dass ein Unternehmen zum ‚Marktgestalter’ wird, wenn diese 4
Hinzu kommen auch die Kosten, die zwangsläufig beim Verlassen eines bislang üblichen Technologiepfads entstehen und die Unsicherheit der zu erwartenden Gewinne. So setzten sich auch deutlich überlegene neue Technologien manchmal nicht gegen etablierte durch, wie Rogers (2003, 8ff) am Beispiel der arbeitsökonomisch der üblichen Buchstabenanordnung auf einer PC-Tastatur deutlich überlegenen Dvorak-Anordnung zeigt.
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Überzeugungsarbeit gelingt und sich damit gegenüber potenziellen Konkurrenten oftmals entscheidende Wettbewerbsvorteile erarbeitet. Eine Mischform zwischen Market Driven und Market Driving stellen so genannte proaktive market driven-Strategien dar (vgl. Narver, Slater & Douglas 2004). Hier wird zwar auch an Kundenbedürfnissen angesetzt, diese sind jedoch nur latent vorhanden und müssen zunächst aufgespürt werden. Auch bei dieser Strategie werden neuartige, bislang im sekundären Bezugssystem kaum oder gar nicht relevant erscheinende ‚Dinge’ fokussiert und/oder ein bislang nicht favorisierter Umgang mit diesen ‚Dingen’ nahe gelegt. Gleichzeitig sind die neuen Vorstellungen jedoch hochgradig anschlussfähig an gängige Vorstellungen im sekundären Bezugssystem. Welche der genannten Strategievarianten ein Unternehmen wählt bzw. ob es sich für einen Strategie-Mix entscheidet, hängt zum einen von der Unternehmenskultur und seiner Innovationsbereitschaft ab. Zum anderen wird sowohl die Kultur als auch die Strategiepräferenz auch vom innovationsrelevanten sozio-kulturellen Feld beeinflusst, in dem ein Unternehmen agiert.
4. Innovationskulturen im Projekt NovaMille: Eine exemplarische Feldanalyse5 Versucht man vor diesem Hintergrund spezifische Innovationskulturen zu analysieren, so ist dies durch eine Beschreibung der typischen Innovationsstrategien möglich, welche ein Unternehmen in Orientierung an seinem primären und sekundären Bezugssystem verfolgt. Eine solche Feldanalyse in Verbindung mit der Beschreibung, wie das Passungsverhältnis zwischen den Bezugssystemen und der vom Unternehmen gewählten Innovationsstrategie, der innovative fit, hergestellt wird, erscheint uns charakteristisch für eine Innovationskultur. Gleichzeitig gibt eine solche Analyse Hinweise auf etwaige Ansatzpunkte, wenn ein Unternehmen seine Innovationsstrategie neu ausrichten möchte.
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Diese Feldanalyse basiert auf leitfadengestützen Interviews, Dokumentenanalysen und teilnehmender Beobachtung.
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4.1 Leitfragen Die exemplarische Feldanalyse orientiert sich an folgenden Leitfragen: x Wie sind das primäre und das sekundäre Bezugssystem zu beschreiben (Sozio-kulturelles Feld)? x Welche Relevanz haben die Bezugssysteme für die Selbst- bzw. Fremdkategorisierung als innovatives oder nicht innovatives Unternehmen (Feldrelevanz)? x Wie umfassend ist die Kenntnis der sekundären Felder, wie 'fremd' sind diese für den Anbieter (Feldkompetenz)? x Wie innovationsfreudig und innovationsoffen sind die sekundären Bezugssysteme der Firma (Innovationsaktivität)? x Was gilt als innovativ (Innovationsmaßstab)? x Wie heterogen oder homogen sind die Ansprüche, die sich aus dem sekundären und primären Bezugssystem für die Firma ergeben (Feldkonstellation)? 4.2 IT-Dienstleister: Inkrementeller Innovator mit proaktiver Orientierung Bei dem untersuchten IT-Dienstleister handelt es sich um ein Unternehmen, das anspruchsvolle Dienstleistungsprojekte und Consultingtätigkeiten im IT-Bereich durchführt. Das Unternehmen wurde 1997 gegründet und ist an vier Standorten innerhalb Deutschlands vertreten. Heute arbeiten ca. 180 Mitarbeiter (ohne Tochtergesellschaften) mit den Kernkompetenzen Software-Architektur, Software-Entwicklung, e-Business-Development/ Consulting und Projektmanagement in Projekten mit Branchenschwerpunkten im Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbereich. Bezugssysteme: Das primäre Bezugssystem ist insbesondere durch die Anbindung des IT-Dienstleisters an die Informatik und den IuK-Bereich gekennzeichnet. Hier liegt die genuine Feldkompetenz des IT-Dienstleisters. Der IT-Dienstleister bewegt sich in seinem sekundären Bezugssystem ‚Kunde’ in einem sehr heterogenen Feld: So werden unterschiedliche Kundengruppen angesprochen, die einerseits starkes Interesse an vor allem sicheren und zuverlässigen Problemlösungen haben (Finanzdienstleistung), andererseits aber auch solche, die sich neuen und innovativen Lösungen gegenüber eher aufgeschlossen erweisen (Lotto- und Glücksspiel). Relevanz: Beide Bezugssysteme haben für den IT-Dienstleister unterschiedliche Relevanz bzgl. der Selbst- und Fremdkategorisierung als innovatives Unternehmen: Das sekundäre Bezugssystem sichert das unmittel-
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bare Fortbestehen des Unternehmens. Hier ist es für den IT-Dienstleister vor allem entscheidend, sich insbesondere in der Auftragsanbahnung als innovatives Unternehmen zu präsentieren. In der Auftragsbearbeitung erwarten viele Kunden dagegen eher erprobte Lösungen und sind häufig nur für inkrementelle Innovationen offen. Die Fremdkategorisierung als ‚innovatives Unternehmen’ wird so maßgeblich über das primäre Bezugssystem aufgebaut. Die Selbstkategorisierung ‚innovativ’ hängt darüber hinaus davon ab, in welchem Maße es dem Unternehmen gelingt, aktuelle Trends der Informatik nicht nur aufzugreifen, sondern auch in Kundenprojekten einzusetzen. Dieses Dilemma, zwar innovativ zu sein, dies beim Kunden jedoch selten voll einbringen zu können, wird von Mitarbeitern mit der Aussage, die Firma sei zwar ‚innovativ aber nicht innovationsfähig’ umschrieben. Feldkompetenz: Sekundäre Feldkompetenz erarbeitet sich der ITDienstleister in den jeweiligen Kundenprojekten im Sinne eines immer umfassenden Wissens um das sekundäre Bezugssystem. Die Erschließung neuer Kundengruppen erweist sich dagegen als äußerst aufwendig und risikoreich, weil anfangs oft zu wenig Feldkompetenz vorhanden ist. Innovationsaktivität: Das primäre Bezugssystem des IT-Dienstleisters ist äußerst dynamisch: Neue technische Lösungen und Dienstleistungen werden in immer kürzeren Zyklen entwickelt. Das sekundäre Bezugssystem zeichnet sich dagegen insbesondere im Hinblick auf die Finanz- und Versicherungsbranche eher durch ein konservatives Verhalten aus, das sichere und erprobte Lösungen innovativen aber auch u. U. risikoreicheren Varianten vorzieht. Innovationsmaßstab: Das sekundäre Bezugssystem des IT-Dienstleisters zeichnet sich eher dadurch aus, dass es weniger auf ‚gefühlte Innovativität’ und ‚Sexyness’ ausgerichtet ist, sondern Innovativität eher objektivrational an begründbaren und nachprüfbaren Kriterien festmacht. Dies gilt sicherlich auch zum Teil für das primäre Bezugssystem, wobei die Attraktivität innovativer technischer Lösungen sicherlich auch durch ein gewisses Maß an ‚Sex-Appeal’ mit bestimmt wird. Konstellation: Damit befindet sich der IT-Dienstleister in einem Dilemma zwischen dem Anspruch ‚innovativ sein zu müssen bzw. zu wollen’ (primäres Bezugssystem) und der unternehmerischen Wirklichkeit, dies in Kundenprojekten u. U. nicht realisieren zu können (sekundäres Bezugssystem). Das innovationsrelevante sozio-kulturelle Feld ist somit durch eine große Heterogenität zwischen primären und sekundären Bezugssystem gekennzeichnet. Gleichzeitig ist das sekundäre Bezugssystem selbst heterogen aufgestellt: Der IT-Dienstleister besitzt eine große Feldkompetenz in
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den Branchen, in denen er bereits mehrere Kundenprojekte durchgeführt hat, während ihm diese in anderen möglichen Kundenbranchen (noch nicht) verfügbar ist. Konsequenzen für den ‚innovative fit’: Der IT-Dienstleister ist angesichts dieser Feldanalyse darauf angewiesen, im Sinne einer Market Driven-Strategie eng an den Kundenbedürfnissen zu bleiben und die Entwicklung inkrementeller Innovationen zu fokussieren. Durch seine spezifische Arbeitsweise gelingt es dem IT-Dienstleister aber mit zunehmender Feldkompetenz sehr gut, eine eher proaktive Marktorientierung zu realisieren, auch latente Kundenwünsche aufzuspüren, und diesbezüglich ITDienstleistungen anzubieten. Nimmt seine Kenntnis des sekundären Feldes in Bezug auf einige Kundengruppen weiter zu, so wird es auch möglich, Market Driving-Innovationen zu entwickeln.
5. Innovatives Innovationsmanagement Innovation wurde im vorliegenden Beitrag als sozialer Aushandlungsprozess zwischen unterschiedlichen, am Innovationsprozess beteiligten Akteursgruppen beschrieben. Herausgearbeitet wurde, dass für die von einem Unternehmen gewählte Innovationsstrategie und deren Erfolg das innovationsrelevante sozio-kulturelle Feld eines Unternehmens von zentraler Bedeutung ist. So muss die vom Unternehmen gewählte Innovationsstrategie den Feldbedingungen angepasst sein: Es muss einen ‚innovative fit’ geben, damit Innovationsaktivitäten erfolgreich sind. Entsprechend ist für die Strategiebestimmung eine Feldanalyse unserer Auffassung nach unabdingbar. Denn wenn Kunde und Anbieter nicht in einem vergleichbaren Feld agieren, müssen kulturelle Grenzen überwunden und verschiedene Unternehmenslogiken miteinander verbunden werden. Für unseren ITDienstleister ist es also zur wirtschaftlich erfolgreichen Verwirklichung seiner innovativen Ideen notwendig, ‚interkulturell kompetent’ zu agieren. D. h. er muss seine innovativen Dienstleistungen derart gestalten, dass sie an die Kultur des sekundären Bezugssystems (Kunden) anschlussfähig sind. Ob die Analyse anhand der von uns verwendeten Leitfragen geschieht, oder ob es – je nach Unternehmenskontext – sinnvoll ist, die Feldanalyse um weitere Parameter zu ergänzen, kann an dieser Stelle nicht abschließend beurteilt werden. Die Feldanalyse kann aber auch dazu genutzt werden, Ansatzpunkte für die Änderung der Innovationsstrategie eines Unternehmens zu finden. So kann hinterfragt werden, welche Möglichkeiten das innovationsrelevante
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Angela Carell, Matthias Euteneuer
sozio-kulturelle Feld bietet, die bisher nicht genutzt wurden. Darüber hinaus kann das Unternehmen aktiv auf das Feld einwirken: x Es können innerhalb des Unternehmens Nischen geschaffen werden, um den eigenen kulturellen Zwängen zu entgehen (Garagenfirmen). x Es können ‚leading edge’-Kunden aus anderen Feldern gewonnen und (punktuelle) 'Innovationspartnerschaften' eingegangen werden (vgl. zum Thema ‚lead user’ auch den Beitrag von Carell und Ritterskamp in diesem Band). x Schließlich kann das Unternehmen auch prägend auf das Feld bzw. die Kunden einwirken. Diese Variante dürfte jedoch die schwierigste sein und erfordert eine intime Kenntnis des sekundären Feldes. Insgesamt wird erkennbar, dass ein offener, sozio-kulturell geprägter Innovationsbegriff nicht Beliebigkeit befördert, sondern Grundlage einer detaillierten Analyse der Innovationsstrategie eines Unternehmens sein kann. Vorteil einer derartigen Perspektive ist es, dass der Blick auf das, was für relevante Akteure innerhalb eines Geschäftsfeldes als innovativ gilt, nicht durch voreilige Festlegungen verstellt wird. Denn auf der Basis eines sozio-kulturellen Verständnisses von Innovation wird deutlich, dass die erfolgreiche Entwicklung von Innovationen an der Schnittstelle zwischen Unternehmen wesentlich auf kulturelles Verstehen angewiesen ist.
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Innovation und (Unternehmens-) Kulturen
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Von Market Driven zu Market Driving: Zum Stand der Forschung über markttreibendes Verhalten
Markus Stolper
1. Einleitung und Zielsetzung Politik, Wissenschaft und Manager verpassen kaum eine Gelegenheit, die Bedeutung der Innovationsfähigkeit zu betonen. Der Tatsache, dass letztlich viele Innovationen am Markt scheitern, begegnen Unternehmen mit einer verstärkt marktorientierten Ausrichtung der Innovationsbestrebungen. Marktorientierung kann verstanden werden als eine Anpassung des Unternehmens an sich verändernde Kundenbedürfnisse, Umwelt- und Marktbedingungen (Kohli et al. 1993; Slater u. Narver 1998; Jaworski et al. 2000). Dieser Ansatz wird auch als „Market Driven“ bezeichnet. Es werden folglich Produkte und Leistungen am Markt platziert, die vorhandene Kundenbedürfnisse treffen und/oder als eine Reaktion auf die Aktivitäten des Wettbewerbs verstanden werden können. Als Konsequenz sind diese Innovationen in der Regel von inkrementaler Natur, weisen also einen geringen Neuheitsgrad auf. Als Gegenpol zu dieser reaktiven Interpretation von Marktorientierung beschäftigt sich ein relativ junger Forschungszweig mit dem Konzept des „Market Driving“. Bei einer „Market Driving“ Orientierung werden Strategien und Aktivitäten realisiert, die auf eine proaktive Veränderung der Kundenbedürfnisse bzw. des Kundenverhaltens und/oder der Marktstruktur abzielen (Jaworski et al. 2000; Kumar 2004; Carrillat et al. 2004). Ziel ist es, die Spielregeln des Marktes zum eigenen Vorteil zu verändern. Primäres Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind radikale Innovationen auf Produkt, Prozess-, Marketing- oder Geschäftsystemebene. Oft genannte Beispiele für „Market Driving“ Unternehmen sind u.a. Ikea, Tetra Pak, Starbucks, Apple, Puma, Amazon oder SAP. Sie teilen die Gemeinsamkeit, mittels radikaler Innovationen die Branche zum eigenen Vorteil nachteilig verändert zu haben. Trotz des unterschiedlichen Charakters ist
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Markus Stolper
„Market Driven“ oder „Market Driving“ keine „Entweder/Oder“ Entscheidung. Wie Praxisbeispiele zeigen, können beide Ansätze in Unternehmen durchaus parallel verfolgt werden. Jaworski et al. sprechen bei beiden Formen von komplementären Ansätzen der Marktorientierung (Jaworski et al. 2000; Kumar 2004). Ziel dieses Beitrags ist es, einen Überblick über die Forschungsbemühungen in der „Market Driven“ versus „Market Driving“ Forschung zu erstellen. Dazu werden die konzeptionellen Wurzeln des „Market Driven“ und des „Market Driving“ und die bisherigen Forschungsarbeiten zu diesem Themenkomplex näher beschrieben und kritisch reflektiert. Ein Forschungsausblick rundet den Beitrag ab. 1.1 Marktorientierung Wenige Konzepte der Marketingwissenschaft besitzen eine so lange Tradition wie die Marktorientierung. Die Wurzeln reichen zurück bis in die 50er Jahre und haben das heutige Marketingverständnis maßgeblich geprägt (Drucker 1954; Levitt 1960; McNamara 1972; Drucker, 1954; Kohli u. Jaworski 1990). So betonte Drucker z.B. schon 1954 die Notwendigkeit, die Unternehmensaktivitäten aus der Kundenperspektive zu betrachten (Drucker 1954). Ausgelöst durch einen Artikel von Shapiro (1988) in der Harvard Business Review, widmeten sich Wissenschaftler Anfang der 90er Jahre dann verstärkt dem Themenkomplex Marktorientierung (Shapiro 1988). Seitdem sind eine Reihe von Konzeptualisierungen und Operationalisierungen veröffentlicht worden, die sich z. T. deutlich voneinander unterscheiden. Als Wegbereiter gelten die Arbeiten von Kohli/Jaworski und Narver/Slater, die beide 1990 im Journal of Marketing veröffentlicht worden sind. Ausgehend von der Feststellung, dass es bisher keinen konzeptionellen Rahmen für die Implementierung des Marketinggedankens in Unternehmen gibt, präsentieren Kohli und Jaworski einen verhaltensorientierten Ansatz, wonach Marktorientierung insgesamt drei Dimensionen umfasst: (1) die Generierung marktrelevanten Wissens, insbesondere über Kunden und Konkurrenten, (2) die unternehmensinterne Verbreitung dieser gewonnenen Marktinformationen und (3) die Reaktionsfähigkeit des gesamten Unternehmens auf die zur Verfügung stehenden Informationen (Kohli u. Jaworski 1990). Ein marktorientiertes Unternehmen wird bezeichnet als „...one whose actions are consistent with the marketing concept.“ (Kohli u. Jaworski 1990). Im Gegensatz dazu sehen Narver und Slater Marktorientierung aus einer kulturellen Perspektive: „...market orientation is the or-
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ganizational culture that most effectively and efficiently creates the necessary behaviors for the creation of superior value for buyers.”(Narver u. Slater 1990). Die Konstruktmessung erfolgt allerdings über die verhaltensbezogenen Dimensionen (1) Kundenorientierung, (2) Wettbewerbsorientierung und (3) interfunktionale Koordination (Narver u. Slater 1990). Bis heute werden diese und weitere Konzeptualisierungen der Marktorientierung kontrovers in der Literatur diskutiert (vgl. Slater u. Narver 1998; Matsuno et al. 2005). 1.2 „Market Driven“ In der Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass die existierenden Marktorientierungsansätze die Präferenzen des Kunden fokussieren und daher als „Market Driven“ bezeichnet werden können (Jaworksi u. Kohli 1996; Jaworski et al. 2000). Marktorientierung steht für das Gewinnen und innerbetriebliche Teilen von Informationen über Marktteilnehmer, auf die mit entsprechenden Handlungen reagiert wird (Jaworski et al. 2000; Johnston et al. 2003; Hills 2003). Die Kundenbedürfnisse und die Marktstruktur werden dabei als feste Variable gesehen, an die es sich möglichst gut anzupassen gilt. Die Nähe der Termini Marktorientierung und „Market Driven“ schlägt sich auch in der Literatur nieder, in der „Market Driven“ häufig synonym mit Marktorientierung verwendet wird (Ruekert 1992; Day 1994; Vorhies u. Harker 2000). Day bemerkt, dass „…authors do not make careful distinctions among customer oriented, market oriented, and market driven; they lean toward market driven to describe the orientation of a firm that stays close to it’s customers and ahead of it’s competitors” (Day 1994). Umfassende Beiträge über die Merkmale und Fähigkeiten einer „Market Driven“ Organisation findet man bei Day (Day 1994; Day 1998; Day 1999a; Day 1999b; Day 2000a; Day 2000b). Zentrale Voraussetzung ist danach die Fähigkeit, Marktchancen, die sich aus verändernden Kundenbedürfnissen ergeben, zu erkennen und darauf zu regieren (Day 1999b). Formal definiert Day “Market Driven” als „superior ability to understand, attract, and keep valuable customers“ (Day 1998; Day 2000a). Jaworski, Kohli und Sahay kritisieren die Definition von Day dahingehend, dass nur der Kunde betrachtet wird. Sie bieten daher eine um andere Stakeholder erweiterte Definition von „Market Driven“: „learning, understanding, and responding to stakeholder perceptions and behaviors within a given market stucture” (Jaworski et al. 2000). Kennzeichnend für beide Definitionen ist die reaktive Grundhaltung. Die Handlungen des Unternehmens richten sich nach Veränderungen in der Umwelt, die z.B.
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durch veränderte Kundenbedürfnisse, Wettbewerb oder technologischen Fortschritt ausgelöst werden (Johnston et al. 2003). Nachdem der Forschungsstand zur Marktorientierung knapp abgebildet wurde, erfolgt nun die genauere Vorstellung des „Market Driving“ Ansatzes, indem die Wurzeln des Konstrukts und die wichtigsten Konzeptualisierungen vorgestellt werden.
2. „Market Driving“ 2.1 Wurzeln Die Wurzeln des „Market Driving“ sind bisher noch nicht ausführlich beschrieben worden. Folgt man aber der Argumentation in der Literatur, so dürften die Wurzeln des „Market Driving“ (neben der bereits skizzierten Marktorientierungsforschung) im Themengebiet „strategisches Management von Umweltbeziehungen“ liegen (Jaworski et al. 2000). Auch Beiträge in Managementzeitschriften wie der Harvard Business Review können aufgrund ihrer thematischen Nähe als konzeptionelle Basis für „Market Driving“ aufgefasst werden (Jaworksi u. Kohli 1996; Hills 2003). Zu den relevanten Arbeiten im erstgenannten Bereich gehört der Beitrag von Zeithaml und Zeithaml aus dem Jahr 1996. Die Autoren stellen fest, dass die Unternehmensumwelt aus Sicht der Marketingwissenschaft meistens als nicht veränderbare, statische Größe angesehen wird. Marketingstrategien seien daher vielfach ein Bündel von „adaptive responses“ (Zeithaml u. Zeithaml 1984). Im Gegensatz dazu sind aber auch Strategien erfolgsversprechend, die auf eine proaktive Veränderung der Unternehmensumwelt zum eigenen Vorteil abzielen. Um diese These zu stützen, identifizieren Zeithaml und Zeithaml anhand von Praxisbeispielen insgesamt sechzehn Strategieoptionen, die Verhaltensänderungen bei verschiedenen Anspruchsgruppen auslösen können (Zeithaml u. Zeithaml 1984). Clark, Varadarajan und Pride (1994) verfolgen bei der Entwicklung eines konzeptionellen Rahmens für das Konstrukt „environmental management“ einer ähnlichen Auffassung: „...marketing strategies can be used to control, manage or change the context within the organization operates (Clark et al. 1994)“. In die gleiche Richtung geht auch das Konzept der „strategic supremacy“ von D’Aveni (1999): „...firms with strategic supremacy determine the rules by using different patterns of discontinuities“ (D'Aveni 1999). Merely adaptive firms focus on learning the new rules
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that are appropriate for an environment that others created” (D'Aveni 1999). D’Aveni bemerkt, dass das Potential zur Veränderung von Umweltbedingungen nicht nur von den eigenen Fähigkeiten und Strategien abhängt, sondern auch in hohem Maße von der in einer Branche vorherrschenden Marktturbulenz beeinflusst wird (D'Aveni 1999). Hamel und Prahalad betonen die Wichtigkeit, abseits von bewährten Strategiepfaden neue Märkte zu schaffen. Dazu muss ein Unternehmen (a) intensiv nach radikalen Innovationen suchen, (b) bewährte Preis-QualitätsAnnahmen hinterfragen und (c) die Vorstellungskraft der Kunden übertreffen (Hamel u. Prahalad 1991). Aufbauend auf diesem Beitrag präsentiert Hamel (1996) in der Harvard Business Review neun Wege zur Revolutionierung einer Branche (Hamel 1996). Diese zu langfristigen Wettbewerbsvorteilen führenden Strategieoptionen lassen sich in drei Gruppen unterteilen: „(1) reconceiving a product or service, (2) redefining market space und (3) redrawing industry boundaries“ (Hamel 1996). Betrachtet man die beschriebenen Ansätze in der Gesamtheit, so zeigt sich, dass viele Facetten des „Market Driving“ bereits genannt werden (z.B. radikale Innovation, Veränderung der Spielregeln des Marktes). Jaworski und Kohli weisen darauf hin, dass das Konzept des „Market Driving“ die bestehenden Arbeiten aus dem strategischen Umweltmanagement nicht in Frage stellt, sondern vielmehr auf diesen aufbaut und in einem breiter gefassten konzeptuellen Rahmen vereint (Jaworski et al. 2000). 2.2 Existierende Konzeptualisierungen von „Market Driving“ Die erste explizite Nennung von „Market Driving“ findet man bei Kumar (1997). Er bezieht sich in seinem Beitrag auf den Wandel in der Handelslandschaft: von kleinen Tante Emma Läden zu großen, international agierenden Handelsketten mit extrem hoher Marktmacht wie z.B. Hennes und Mauritz, Wal Mart oder Carrefour (Kumar 1997). Diese starke Wettbewerbsposition führt Kumar darauf zurück, dass die großen Handelsketten zum einen die Verhaltensweisen der Kunden und zum anderen auch die Spielregeln im Umgang mit Lieferanten und Herstellern zum eigenen Vorteil verändert haben: „...they have shaped consumer behavior, transformed the market place and redifined the rules of engagement with competitors and suppliers“ (Kumar 1997). Aktionsbeispiele sind der Aufbau eigener Handelsmarken, das Agieren in fremden Geschäftsfeldern (z.B. Produktion von Textilien durch Wal Mart) oder auch die allgemeine Macht, Produkte aus dem Sortiment zu nehmen. Die „Market Driving“ Aktivität der großen
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Handelsketten führt Kumar nicht zuletzt auf deren Innovationskraft zurück. Kumar nimmt keine detaillierte Konzeptualisierung von „Market Driving“ vor. Vielmehr liefert er mit der Entwicklung in der Handelslandschaft ein Fallbeispiel für „Market Driving“. Trotz fehlender konzeptueller Ausarbeitung wird bereits der Kern von „Market Driving“ deutlich: das aktive Ändern bestehender Verhaltensweisen, der Spielregeln des Marktes und der Marktstruktur. Seit dieser ersten Beschreibung des „Market Driving“ Phänomens sind eine Reihe von Arbeiten auf konzeptioneller Ebene erschienen. Empirische Ergebnisse gibt es angesichts eines fehlenden Messinstrumentariums für „Market Driving“ noch nicht. Einen Überblick über die verschiedenen Definitionen von „Market Driving“ gibt Tabelle 1. Tabelle 1. Existierende Definitionen von „Market Driving“ Autor
Definition von „Market Driving“
Konzeptualisierung
« shaping consumer behavior, transforming the market place and redifining the rules of engagement with Nein competitors and suppliers » “changing the composition and/or roles of players in a Jaworski et al. market and/or the behavior(s) of players in the mar- Ja (2000) ket” “gain a more sustainable competitive advantage by Kumar et al. (2000) delivering a leap in customer value through a unique Ja business system” “the degree to which a firm engages in activities deHills (2003) Ja signed to change the structure and/or behavior of market entities” « die Gewinnung tiefgreifender Einsichten und die Identifikation latenter Bedürfnisse, um so tiefsitzende Jenner (2004) Nein Wünsche nach wirklichen innovativen Problemlösungen zu befriedigen » Kumar (1997)
Folgend werden jene grundlegende Konzeptualisierungen erläutert, welche die Forschung zum Themenkomplex „Market Driving“ am stärksten geprägt haben. Dies sind der Marktstruktur-/Marktverhaltensansatz von Jaworski, Kohli und Sahay (2000) und der innovationsorientierte Ansatz von Kumar, Scheer und Kotler (2000). 2.2.1 Marktstruktur/Marktverhaltensansatz
Ausgangspunkt der Argumentation von Jaworski, Kohli und Sahay ist die Beobachtung, dass Marktorientierung in der Forschung nur reaktiv im Sinne von „Market Driven“ interpretiert wird (Jaworski et al. 2000). Sie schlagen vor, die Auffassung von Marktorientierung mit dem Ansatz des „Market Drivings“ um eine proaktive Komponente zu erweitern. Der kon-
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zeptionelle Rahmen für „Market Driving“ wird anhand von zwei Dimensionen aufgespannt: Marktstruktur und Marktverhalten (vgl. Abb. 1. Konzeptioneller Rahmen für Marketing Driving nach Jaworski, Kohli und Sahay (Jaworski et al. 2000)
g in riv tD ke ar M
aktiv beeinflussen
als gegeben hinnehmen
en riv tD ke ar M
Marktstruktur
als gegeben hinnehmen
aktiv beeinflussen
Marktverhalten Abb. 1. Konzeptioneller Rahmen für Marketing Driving nach Jaworski, Kohli und Sahay (Jaworski et al. 2000)
Eine „Market Driven“ Orientierung liegt vor, wenn ein Unternehmen sowohl die Marktstruktur als auch das Verhalten der Marktteilnehmer als gegeben hinnimmt. Eine „Market Driving“ Ausrichtung wird verfolgt, wenn ein Unternehmen die Marktstruktur und/oder das Verhalten der Marktteilnehmer aktiv beeinflusst. Jaworski et al. weisen darauf hin, dass „Market Driving“ keine dichotome Variable (Ja/Nein) ist, sondern vielmehr durch eine Funktion aus zwei Multiplikatoren abgebildet werden kann: Erstens die Anzahl bewirkter Änderungen in einem Markt (Marktstruktur oder Marktverhalten) und zweitens das Ausmaß dieser Änderungen. Folglich existiert „Market Driving“ in unterschiedlichen Wirkungsstärken. Auch ist zu beachten, dass sich „Market Driven“ und „Market Driving“ nicht gegenseitig ausschließen. Jaworski et al. sprechen von „komplementären Ansätzen der Marktorientierung“ (Jaworski et al. 2000). Demnach können beide Ansätze parallel verfolgt werden, z.B. wenn eine alte Technologie weiter eingesetzt und optimiert wird, parallel aber bereits an einer Lösung für die Zukunft gearbeitet wird. Abell spricht in diesem Zusammenhang von einer „dual strategy“, die sich aus der Notwendigkeit ergibt, zum einen die bestehenden Marktpotenziale auszuschöpfen und zum anderen auch an der Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft zu arbeiten (Abell 1993).
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2.2.2 „Market Driving“ Aktivitäten
Unter Marktstruktur verstehen Jaworski et al. die Akteure und deren Rollen entlang der Wertkette (Porter 1985). In der Musikindustrie sind dies beispielsweise Plattenfirmen, Künstler, Großhändler, Einzelhändler, Radiostationen, Konzertveranstalter etc. Bei einer „Market Driven“ Ausrichtung wird diese Struktur als unveränderliche Rahmenbedingung angesehen. „Market Driving“ zielt hingegen darauf ab, die Marktstruktur zu verändern. In der Musikindustrie könnte eine Veränderung der Marktstruktur z.B. dadurch erreicht werden, dass eine große Plattenfirma eine beliebte Radiostation kauft oder dass Plattenfirmen völlig neuartige Vertriebspartner schaffen (z.B. Kauf von Musik für den mobilen MP3-Player ipod von Apple bei der Kaffeehauskette Starbucks). Insgesamt zeigen Jaworski et al. drei mögliche Strategien auf, die Marktstruktur, also die Komposition und die Rollen der verschiedenen Marktteilnehmer, zu verändern: 1. Abbau: Hierunter wird die Elimination von anderen Marktteilnehmern verstanden. Diese Elimination kann sich auf Spieler entlang des Absatzkanals (z.B. der Verzicht von Dell auf den stationären Handel) oder auf den Wettbewerb beziehen (z.B. Übernahme der Musiktauschbörse Napster durch Bertelsmann Media). 2. Aufbau: Diese Strategie bezieht sich auf das Hinzufügen von neuen Spielern in die Wertkette einer Branche, so dass die eigene Wettbewerbsposition gestärkt wird. Ein gutes Beispiel ist der Vertrieb von Musik über das Internet. Neue Spieler werden Teil der Wertkette (Webradios, Musik-Internetseiten, Serverhersteller, Hersteller von Rohlingen usw.), wohingegen andere Teilnehmer nicht mehr benötigt werden (stationärer Handel, Label-Druckereien usw.). 3. Funktionelle Modifikation: Diese Strategie verfolgt das Ziel, die Funktionen der Marktteilnehmer zu verändern. Eine derartige Funktionsveränderung kann durch großangelegte Vorwärts- oder Rückwärtsintegration erreicht werden. Marktverhalten bezieht sich auf das Verhalten aller Marktteilnehmer entlang der Wertkette. Dies schließt nicht nur das Verhalten der Kunden, sondern auch die Aktivitäten des Wettbewerbers, Lieferanten und Distributoren mit ein. Das Marktverhalten als gegeben hinnehmen heißt, das momentane Verhalten der Marktteilnehmer wird akzeptiert und dient als Entscheidungsgrundlage für Unternehmensaktivitäten. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn Unternehmen sich vom Wettbewerb durch Angebotsmerkmale differenzieren möchte, die dem Kunden bekanntermaßen besonders wichtig sind. Im Gegensatz dazu wird bei „Market Driving“ Strategien das Ziel verfolgt, proaktiv die Art und Weise zu ändern, wie sich Markteilnehmer
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verhalten. Bei den Strategien, mit denen diese Verhaltensänderung erreicht werden kann, unterscheiden Jaworski et al. zwischen (a) einer indirekten Änderung des Marktverhaltens und (b) einer direkten Änderung des Marktverhaltens. Strategien zur indirekten Beeinflussung des Marktverhaltens beziehen sich auf den Auf- und Abbau von Kunden- und Wettbewerbszwängen: 1. Kundenzwänge aufbauen: Mit dieser Strategie wird das Ziel verfolgt, das Kaufverhalten der Kunden durch den Aufbau von reellen oder imaginären Zwängen zu beeinflussen. Ein Beispiel für den erfolgreichen Aufbau von Kundenzwängen ist die vorgeschriebene Einkaufsroute bei IKEA. 2. Kundenzwänge abbauen: Der Abbau von Zwängen stellt eine weitere Möglichkeit dar, das Kundenverhalten aktiv zu beeinflussen. Hier spielt nach Jaworski et al. vor allem das Internet eine wichtige Rolle. Kunden können online Preise vergleichen (z.B. guenstiger.de), Dienstleistungen bündeln (z.B. expedia.de) oder eigene Preisvorstellungen durchsetzen (z.B. Priceline.com). 3. Wettbewerbszwänge aufbauen: Ähnlich wie beim Kundenverhalten, können auch Wettbewerbszwänge aufgebaut werden. Diese Möglichkeit besteht aber in erster Linie für Unternehmen mit starker Marktposition. Beispiel ist die aggressive Preis- und Distributionspolitik des führenden Diamantenhändlers DeBeers. 4. Wettbewerbszwänge abbauen: Der Abbau von Wettbewerbszwängen ist hingegen vor allem für Unternehmen interessant, die sich in der Position des Herausforderers befinden. Unternehmen können sich z.B. durch ein aktives Lobbying darum bemühen, dass Regulierungen oder Auflagen gelockert oder abgeschafft werden. Neben der indirekten Veränderung des Marktverhaltens besteht auch die Möglichkeit der direkten Marktverhaltensänderung. Kern dieser Strategien ist es, die Wahrnehmung des eigenen Angebots bei anderen Marktteilnehmern (speziell Kunden und Wettbewerb) zu beeinflussen. Im Detail führen Jaworski et al. folgende Strategien auf: 1. Neue Kundenpräferenzen schaffen: Neue Kundenpräferenzen können vor allem durch völlig neuartige Leistungsangebote (radikale Innovationen) geschaffen werden. So hat zum Beispiel die Eröffnung des Disneylandparks 1950 die Präferenzen der Kunden hinsichtlich eines Freizeitparks revolutioniert. 2. Umkehr existierender Kundenpräferenzen: Hierunter verstehen Jaworski et al. eine Strategie, die auf die Beeinflussung der existierenden Präferenzen abzielt. Die Beurteilung des Angebotes oder bestimmter Ange-
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botsmerkmale soll umgekehrt werden: von einer negativen hin zu einer positiven Beurteilung. Zahlreiche Beispiele hierfür finden sich im Modebereich (z.B. ausgewaschene Jeans oder Hüfthosen). 3. Neue Wettbewerbspräferenzen schaffen: Diese Strategie basiert auf dem Gedanken, dass marktführende Unternehmen durch bestimmte Handlungen (z.B. Eintritt in einen neuen Markt, Entwicklung eines neuen Produkts, Aufgabe einer alten Technologie) auch das Verhalten der am Markt schwächer gestellten Wettbewerber beeinflusst. 4. Umkehr existierender Wettbewerbspräferenzen: Die Entscheidungen marktführender Unternehmen können auch dazu beitragen, dass Wettbewerber ihre Strategien überdenken und zumindest teilweise umkehren. Als Beispiel nennen Jaworski et al. die Strategie von Procter & Gamble künftig auf Sonderangebote zu verzichten und stattdessen ständig zu konstant niedrigen Preisen anzubieten. Diese Strategie könnte Wettbewerber dazu veranlassen, ihre Sonderangebotspolitik zu modifizieren. Insgesamt liefern Jaworski et al. einen umfassenden Einblick in die „Market Driving“ Thematik, die Grundlage vieler weiterer Arbeiten zum „Market Driving“ ist. Auffällig ist, dass die verschiedenen „Market Driving“ Strategien immer aus zwei Perspektiven, nämlich einer Kunden- und einer Wettbewerbsperspektive, betrachtet werden. Hierdurch möchten Jaworski et al. offensichtlich der Tatsache Rechnung tragen, dass bei „Market Driving“ nicht nur der Kunde, sondern auch andere Marktteilnehmer einbezogen werden. 2.2.3 Innovationsbasierter Ansatz
Der innovationsbasierte Ansatz von Kumar, Scheer und Kotler wurde 2000 im European Management Journal veröffentlicht. Im Gegensatz zu der Arbeit von Jaworski et al. richtet sich der Beitrag stärker an Manager aus der Praxis und verzichtet daher auf eine literaturbezogene Fundierung (Kumar et al. 2000). Eine erweiterte Version des Artikels veröffentlichte Kumar 2004 in dem Buch „Marketing as Strategy“ (Kumar 2004). Kumar et al. fokussieren in ihrer Arbeit die unternehmensinternen Voraussetzungen und Prozesse für „Market Driving“. Im Mittelpunkt steht die Diskussion, welche Fähigkeiten „Market Driving“ Unternehmen besitzen und mit welchen Aktivitäten „Market Driving“ realisiert werden kann. Anhand einer Fallstudienanalyse von 25 „Market Driving“ Unternehmen wie Amazon, Body Shop, SAP, Tetra Pak, Starbucks, Swatch und Dell leiten die Autoren ab, dass „Market Driving“ „is based in radical innovation on two dimensions- a discontinous leap in the value proposition and the imple-
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Unstetige Stetige Vorsprünge Verbesserung (Continous Improvement) (discontinous leap)
Wertangebot (value proposition)
mentation of a unique business system“ (Kumar et al. 2000). Diese Definition von „Market Driving“ als strategische Innovation verdeutlicht Abb. 2:
Wert Innovation (value innovation)
Market Driving
Inkrementale Innovation
Struktur Innovation
(incremental innovation)
(architectural innovation)
Existierend (existing plus)
Einzigartig (Unique)
Geschäftssystem (Business system) Abb. 2. Arten strategischer Innovation nach (Kumar et al. 2000)
Unter Wertangebot (value proposition) wird die „combination of benefits, acquisition costs/efforts, and price offered to customers“ (Kumar et al. 2000) verstanden. Beispielsweise bietet IKEA seinen Kunden hochwertiges skandinavisches Design, sofortige Verfügbarkeit der Ware, eine freundliche Einkaufsatmosphäre und ein breites Sortiment. Vom Kunden wird im Gegenzug Selbstmontage und Selbsttransport der Ware verlangt. Damit liefert IKEA ein Wertangebot, dass die Kundenerwartungen übertrifft und dem traditionellen, serviceorientierten Möbelhandel überlegen ist. Geschäftssystem (business system) steht für die „configuration of the various activities required to create, produce, and deliver the value proposition to the customer” (Kumar et al. 2000). IKEA verfügt z.B. über ein einzigartiges Geschäftsmodell im Hinblick auf Design, Logistik sowie Marketing und Service. Im Gegensatz zum Wertangebot ist das Geschäftssystem von „Market Driving“ Unternehmen häufig nicht nach außen hin sichtbar. Dies ist nach Kumar et al. auch der Grund, warum viele Unternehmen, die das Angebot von „Market Driving“ Firmen kopieren möchten, scheitern. Denn während das Angebot relativ einfach kopiert werden kann, ist die Anpassung des Geschäftssystems mit erheblich mehr Aufwand verbunden. Ferner zeigen Kumar et al. anhand einer detaillierten Analyse von 25 „Market Driving“ Unternehmen, dass viele dieser Unternehmen eine Reihe gemeinsamer Eigenschaften besitzen. Dazu zählen:
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1. Visionen anstatt Marktforschung folgen: „Market Driving“ Unternehmen orientieren sich stärker an den eigenen Visionen als an Erkenntnissen aus der Marktforschung. Konsumenten sind häufig gar nicht in der Lage, latente Wünsche zu beschreiben oder revolutionäre Produkte, Dienstleistungen und Technologien zu beurteilen. 2. Wertschöpfung durch neue Preispunkte: „Market Driving“ Unternehmen setzen häufig neue Preisstandards innerhalb einer Branche. Diese Preispunkte können unterhalb der Konkurrenz (z.B. Low-Cost-Carrier, Swatch), aber auch deutlich über dem Wettbewerb (z.B. Starbucks, Apple) liegen. 3. Umsatzwachstum durch Kundenerziehung: Die Verkaufsaufgabe von „Market Driving“ Unternehmen ist nicht der eigentliche Verkauf, sondern das Erziehen des Kunden zu neuen Verhaltensweisen. Dazu müssen die Kunden über die Existenz und die Vorteilhaftigkeit des neuen Angebots informiert werden. 4. Innovatives Channel Management: „Market Driving“ geht häufig mit der Nutzung innovativer Vertriebskanäle und Channel Management Praktiken einher. Beispiele: Online-Musikkauf bei Starbucks, Verkauf von Flugtickets ausschließlich über das Internet, Absatz von ausgewählten Puma Schuhen in hochwertigen Design-Schuhläden. 5. Markenaufladung durch „Buzz-Networks“: Aufgrund des innovativen Wertbeitrags haben „Market Driving“ Unternehmen oftmals enthusiastische Kunden, die ihre Begeisterung intensiv an Dritte weitertragen. Meinungsführer und Early Adopter schaffen in vielen Fällen einen regelrechten Hype um ein Produkt (z.B. MP3-Player ipod von Apple). 6. Übertreffen von Kundenerwartungen: „Market Driving“ Unternehmen übertreffen die existierenden Erwartungen der Kunden, die sich z B. aus früheren Angeboten oder Konkurrenzprodukten manifestieren. Beispiele sind Sicherheitsfunktionen im Auto wie ESP oder ABS sowie die hohe Servicequalität in den Disneyland Parks. Der innovationsbasierte Ansatz von Kumar et al. liefert neben einer zweidimensionalen Konzeptualisierung des Konstrukts erste Einsichten in die Merkmale von „Market Driving“ Unternehmen. Damit werden erste Möglichkeiten hinsichtlich der notwendigen Fähigkeiten für markttreibendes Verhalten. Aufbauend auf diesen identifizierten Merkmalen von „Market Driving“ Firmen leiten Kumar et al. in einem nächsten Schritt Handlungsempfehlungen ab, wie bestehende und überwiegend marktgesteuerte Unternehmen ihre Fähigkeiten zum „Market Driving“ entwickeln können. Große Bedeutung spielt in diesem Zusammenhang der Führungsstil sowie die Unternehmenskultur. Diese sollte durch Freiräume für Kreativität, Interdiszipli-
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narität und Fehlertoleranz gekennzeichnet sein. Weitere Faktoren sind eine Personalpolitik, die Wert auf kreative Mitarbeiter legt, sowie der Mut, auch erfolgreiche Geschäftsbereiche ständig zu hinterfragen. Weiter betonen Kumar et al. den Prozesscharakter des „Market Driving“: erfolgreiche „Market Driving“ Unternehmen werden früher oder später auch vom Markt gesteuert, z.B. wenn die Phase des radikalen Innovationsvorsprungs aufgrund von Nachahmungsaktivitäten des Wettbewerbs vorüber ist.
3. Forschungsausblick Das Thema „Market Driving“ steht erst seit wenigen Jahren im Mittelpunkt der Forschung. Folglich gibt es zahlreiche Bereiche, in denen weitere Forschungsarbeiten tiefere Einsichten in die Thematik liefern können: 1. Inhaltliche Validität: „Market Driving“ Unternehmen aus verschiedenen Branchen sollten genauer untersucht werden, um ein tieferes Verständnis über die Fähigkeiten dieser Unternehmen und die intern ablaufenden Prozesse zu erhalten. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, inwieweit existierende „Market Driving“ Ansätze die Realität in den Unternehmen abbilden. Wie Harris und Cai zeigen, verspricht in diesem Zusammenhang die Methode der explorativen Fallstudienanalyse gute Ergebnisse (Harris u. Cai 2003). 2. Skalenentwicklung: Sowohl Jaworski et al. als auch Kumar et al. weisen auf die Notwendigkeit eines Messinstruments für „Market Driving“ hin, um empirische Forschung in diesem Themengebiet durchzuführen (Kumar et al. 2000; Jaworski et al. 2000). Eine erste Skalenentwicklung im Branchenumfeld High-Tech Industrie gibt es in einer unveröffentlichten Dissertation von Hills (2004). Diese Skala sollte, eventuell in abgewandelter Form, auch in anderen Branchen auf ihre Eignung überprüft werden. Daneben sind auch völlig neue Skalenentwicklungen auf Basis konzeptioneller Arbeiten anzustreben. 3. Fähigkeiten: Die Identifikation der Antezedenzbedingungen von „Market Driving“ ist sowohl für die Forschung als auch für die Praxis von Interesse. Im Mittelpunkt steht die Frage, welche Fähigkeiten bzw. Unternehmenswerte für eine erfolgreiche Implementierung von „Market Driving“ notwendig sind. Erste Erkenntnisse hinsichtlich der Antezedenzbedingungen von „Market Driving“ findet man in den konzeptionellen Arbeiten von Kumar et al. und Carrillat et al. (Kumar et al. 2000; Carrillat et al. 2004). 4. Verhältnis Market Driven/Market Driving: Eine Betrachtung populärer „Market Driving“ Unternehmen legt den Schluss nahe, dass viele Un-
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Markus Stolper
ternehmen „Market Driven“ und „Market Driving“ Strategien parallel verfolgen (Jaworski et al. 2000). Völlige Unklarheit herrscht hingen hinsichtlich der Beziehung von „Market Driven“ zu „Market Driving“. Es könnte sein, dass die Verfolgung eines „Market Driven“ Ansatzes eher blockierend auf die „Market Driving“ Fähigkeiten wirkt. Andererseits ist nicht auszuschließen, dass gerade Unternehmen, die sich in hohem Maße vom Markt steuern lassen, in bestimmten Fällen höhere „Market Driving“ Fähigkeiten besitzen. 5. Erfolgsauswirkungen: Eine zentrale Forschungsfrage ist, ob und unter welchen Umständen sich „Market Driving“ positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt (Hills 2003). Dazu ist auch zu untersuchen, ob die Beziehung zwischen „Market Driving“ und Erfolg von bestimmten Faktoren wie z.B. Markt-, Technologieturbulenz oder Wettbewerbsintensität moderiert wird.
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Von Market Driven zu Market Driving
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Gestaltung innovativer Unternehmenskulturen auf Grundlage des Rubikonmodells
Ina Joraschkewitz, Thomas Berg und Tanja Bipp
1. Menschliches Handeln im Innovationsprozess Wie wichtig Innovation in Zeiten globalisierender Märkte und konjunktureller Schwächen ist, ist bereits in den vorherigen Beiträgen deutlich geworden (zum Begriff der Innovation vgl. v. a. Carell u. Euteneuer in diesem Band). Materielle Innovationen sind durch die kurzen Zyklen für technische Entwicklungen oftmals schnell überholt, sodass Wettbewerbsvorteile durch sie eher kurzfristig sind. Deshalb treten für Unternehmen Merkmale wie Flexibilität und ständiges, innovatives Denken und Handeln der Mitarbeiter in den Vordergrund, um dauerhaft eine Spitzenposition im Wettbewerb halten zu können. Im Innovationsprozess stehen in Bezug auf das menschliche Handeln das Setzen außergewöhnlicher Ziele, das Planen neuer Handlungsweisen, die Ausführung von Handlungen mit hohem Risiko und der angemessene Umgang mit Erfolg und Misserfolg im Mittelpunkt. Diese Konzepte werden im Rahmen eines Handlungsmodells der Arbeitsmotivation, dem Rubikonmodell, das in Abschnitt 2 erläutert wird, beschrieben und empirisch untersucht. Wenn die gezielte Förderung von innovativem Handeln angestrebt wird, sollten verschiedenste Einflussfaktoren mitbetrachtet werden. Denn innovatives Handeln kann als kreativer, komplexer Problemlöseprozess gesehen werden (Bollinger u. Greif 1983), auf den viele andere Faktoren Einfluss nehmen. Laut Hacker (2005) sind dies gesellschaftliche Rahmenbedingungen, personale Voraussetzungen, Arbeitsinhalte sowie Unternehmensorganisation und -kultur. Während Unternehmen die momentanen, gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht beeinflussen können, bieten die anderen drei Faktoren durchaus Ansätze für Handlungsmöglichkeiten.
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Änderungen in den Bereichen der Persönlichkeit und der Arbeitsinhalte sind zumeist jedoch nur schwer und in geringem Ausmaß zu realisieren, da sie bereits durch andere Faktoren, wie die Erfahrungen des einzelnen Mitarbeiters und die Vorgaben durch die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens weitgehend determiniert sind. Die Änderung der personalen Voraussetzungen im Bereich der Persönlichkeit scheint zwar nur schwerlich möglich, die Motivation der Mitarbeiter ist jedoch durchaus veränderbar und gehört ebenfalls in diesen Cluster der Einflüsse. Auch die Veränderung der Unternehmenskultur ist kein einfaches und kostengünstiges Unterfangen. Dennoch bietet sie im Gegensatz zu anderen möglichen Ansatzpunkten einige Vorteile: Änderungen nehmen zwar zunächst Zeit in Anspruch, sind dann aber fest im Unternehmen verankert, da die Veränderungen, die sich in der Unternehmenskultur niederschlagen, menschliches Verhalten betreffen. Außerdem können die Veränderungen im Umfeld wiederum Veränderungen in der Motivation und im Verhalten von Personen nach sich ziehen. In diesem Beitrag soll deshalb der Einfluss von Unternehmenskulturen auf das innovationsförderliche Handeln der Mitarbeiter, der durch das Rubikonmodell abgebildet wird, auf Grundlage von motivationspsychologischen Überlegungen näher untersucht werden. Dabei wird herausgearbeitet, welche Organisationskulturen einen besonders hohen Einfluss auf das innovative Handeln ausüben. Zunächst befassen wir uns mit dem Rubikonmodell als Strukturierungshilfe für innovatives Handeln. Dann folgt ein kurzer Abschnitt zu Unternehmenskultur und schließlich wird die Kernfrage nach dem Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und innovativem Handeln behandelt.
2. Das Rubikonmodell Zur genaueren Analyse von (innovativen) Handlungsprozessen in Unternehmen können psychologische Handlungsmodelle als Strukturierungshilfe eingesetzt werden. So können Ansatzpunkte zur Förderung von innovativem Handeln in verschiedenen Phasen systematisch aufgedeckt werden. Eines der bekanntesten psychologischen Handlungsmodelle ist das Rubikonmodell von Heckhausen (Nerdinger 1995; Rheinberg 2004; Heckhausen u. Heckhausen 2006), das sich mit der Bildung von Zielen, ihrer Umsetzung in Handlungen und der anschließenden Erfolgsbewertung be-
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schäftigt. Es kann dann als Strukturierungshilfe dienen, wenn in einer Situation die Entscheidung für eine von mehreren Handlungsmöglichkeiten getroffen werden muss. Im Verlauf des Handlungsprozesses eines Individuums, der in vier Handlungsphasen unterteilt wird, müssen phasenspezifische, aufeinander aufbauende (Teil-) Aufgaben erfüllt werden, damit die Handlung erfolgreich zum Abschluss gebracht werden kann (Nerdinger 1995). Zielbildung
Handlungsinitiierung
Planen
Wählen
Zielrealisierung
Handeln
Zieldeaktivierung
Bewerten
Rubikon Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Abb. 1. Rubikonmodell (nach Rheinberg 2004)
In der ersten Phase wählt ein Individuum aus einer Vielzahl von Wünschen diejenigen aus, die es realisieren möchte. Dabei gilt es, durch das systematische Abwägen der Realisierbarkeit und der Attraktivität der einzelnen Alternativen, die Beste herauszusuchen. Ist eine Entscheidung gefallen und somit ein Ziel gesetzt, wird der „Rubikon“ überschritten und die nächste Phase kann beginnen (Heckhausen u. Heckhausen 2006). Der Ausdruck „den Rubikon überschreiten“ wird dabei in Anlehnung an ein historisches Ereignis verwendet. Der Rubikon war ein Grenzfluss, durch dessen Überschreiten Gaius Iulius Caesar (mit der Bemerkung Alea iacta est – 'der Würfel ist geworfen') 49 v. Chr. den römischen Bürgerkrieg begann. Denn die bewaffnete Überquerung des Flusses stellte eine direkte Kriegserklärung an Rom dar. Anders gesagt stellte dies den „point of no return“ dar. Die unterschiedlichen Handlungsalternativen können bei der Neuentwicklung eines Produkts oder einer Dienstleistung z. B. die verschiedenen Kundenwünsche sein. Wenn diese nicht vereinbar sind, muss abgewogen werden, ob lieber der Wunsch des Kunden A oder der des Kunden B erfüllt werden soll.
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Die zweite Phase, die sog. Planungsphase, ist vor allem durch das konkrete Planen der Umsetzung des ausgewählten Zieles geprägt. Es werden konkrete Vorsätze zur Umsetzung gebildet. Der Fokus der Informationssammlung ist nun selektiv auf das ausgewählte Ziel fixiert (Rheinberg 2004). In dieser Phase müssen Probleme antizipiert werden, die während der Handlung auftreten könnten. Bei Neuentwicklungen gibt es für solche Probleme oftmals noch keine vorhandenen Lösungsmöglichkeiten. Dann sollte z. B. durch eine Sonderteamsitzung Raum für innovative Lösungsvorschläge durch die Mitarbeiter geschaffen werden. In der Handlungsphase geht es um die tatsächliche Umsetzung des Ziels. Aus psychologischer Perspektive ist in dieser Phase die Abschirmung der Handlung gegen äußere Einflüsse bis zur Handlungsrealisierung entscheidend. Ziel ist der Erhalt der Anstrengung und die Sicherung der Ausdauer beim Handeln, auch wenn man auf Hindernisse stößt (Nerdinger 1995). Sollten sich bei einem neuen Produkt althergebrachte Materialien beispielsweise als unzureichend erweisen, so muss sichergestellt werden, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um nach neuartigen Materialien zu suchen, die ein zufrieden stellendes Ergebnis ermöglichen, bevor die Produktidee verworfen wird. Nach dem Ende der Handlung tritt die Person in die letzte Phase, die Phase der Bewertung ein. Hier wird nach der Deaktivierung des Ziels beurteilt, ob das Ziel erfolgreich erreicht wurde oder nicht und welche Ursachen dem zugrunde liegen könnten. Außerdem wirken sich die Bewertungen dieser Phase auf die nächsten Handlungszyklen aus, indem sie beispielsweise mitbestimmen, ob ein ähnliches Ziel noch einmal angestrebt wird. Die Bewertungen sind also sowohl mit dem Blick in die Vergangenheit als auch in die Zukunft verbunden (Heckhausen u. Heckhausen 2006). Misserfolge und Erfolge bei einer Neuentwicklung sollten systematisch analysiert und bewertet werden, damit Erfolge z. B. für die Serienproduktion erhalten bleiben und Fehler nicht erneut auftreten. Das Rubikonmodell, hier für Individuen beschrieben, ist ebenfalls für Gruppen und evtl. sogar auf Organisationen anwendbar. Zuerst einmal bestehen Gruppen und Organisationen aus einzelnen Individuen, deren Handlungen zusammen das Gesamtergebnis der Gruppe oder Organisation bestimmen. Gerade in der ersten und letzten Phase des Rubikonmodells können aber auch Handlungen in Gruppen abgebildet werden, denn alle Teammitglieder müssen zusammen ein gemeinsames Ziel auswählen und dessen Erreichen am Ende einheitlich bewerten. Insgesamt erscheint das Rubikonmodell geeignet um (innovatives) Handeln in Unternehmen zu fördern. Der Prozesscharakter des Modells hilft,
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die Komplexität von Innovationsprozessen aufzubrechen, diese zu strukturieren und detailliert zu analysieren. Anschließend können Verbesserungspotentiale identifiziert und zielgerichtet genutzt werden und sich vom Individuum auf die Gruppen- und Organisationsebene ausbreiten. Unternehmenskulturen wirken als Umgebungsaspekte von außen auf alle Phasen des Handlungsmodells ein und bestimmen so innovatives Handeln mit. Auf den Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und innovativem Handeln wird im weiteren Verlauf des Kapitels näher eingegangen. Zunächst wird jedoch kurz erläutert, was hier unter Unternehmenskultur verstanden wird.
3. Unternehmenskulturen und innovatives Handeln Der allgemeine Kulturbegriff wird durch das Konzept der Unternehmenskultur auf Unternehmen übertragen. Es besagt, dass jedes Unternehmen durch spezifische Kulturen geprägt ist, die sich im Verhalten der Mitarbeiter niederschlagen. Eine Unternehmenskultur setzt sich zusammen aus sog. Grundprämissen, die als Orientierungsmuster dienen, sowie aus Normen, Werten und Standards, die sich im Unternehmen im Laufe der Zeit herausbilden. Diese äußern sich in symbolischen Repräsentationen wie z. B. den Umgangsformen, der Kleidung oder dem Verhalten (Steinmann u. Schreyögg 2000). Das Verhalten wiederum steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rubikonmodell. Handlungen finden nie im luftleeren Raum statt, sodass das Verhalten des Einzelnen wiederum das Verhalten von anderen mitbestimmt. Denn Handlungen in bestimmten Situationen entstehen aus dem Zusammenspiel zwischen Person und Umgebung. Dabei kann die Umgebung sowohl räumlich als auch sozial verstanden werden, und umfasst auch die Unternehmenskultur. Das Verhalten vieler Mitarbeiter zusammen bestimmt nun aber die Normen und Werte eines Unternehmens und somit wieder seine Unternehmenskultur. Handeln, Verhalten und die etablierte Unternehmenskultur beeinflussen sich also gegenseitig. In seinem Modell der Center of Excellence Kulturen definieren Frey und seine Mitarbeiter (Frey u. Schulz-Hardt 2000; Frey et al. 2005) eine Reihe von Unternehmenskulturen, die die Voraussetzung für innovatives Handeln bilden (vgl. Kauffeld et al. 2004; Mojzisch et al. 2003). Im Allgemeinen sollten innovative Unternehmenskulturen so ausgeprägt sein, dass sie Freiräume für Kreativität schaffen, damit innovative Ideen entstehen können. Offenheit für Neues sollte in den Firmenleitsätzen integriert sein, um
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die Umsetzung innovativen Handelns wahrscheinlicher zu machen (Steinmann u. Schreyögg 2000). Aus der Vielzahl der verschiedenen Ausprägungen von Unternehmenskulturen wurden zur näheren Betrachtung diejenigen ausgewählt, die in den meisten Handlungsphasen des Rubikonmodells Einfluss auf innovatives Handeln nehmen. Die Auswahl basierte auf dem o. g. Modell der Center of Excellence Kulturen nach Frey. Da Veränderungen nur effizient umgesetzt werden können, wenn sie in ein Gesamtsystem, wie das Rubikonmodell, eingebettet werden (Bruhn 2000), sollen mithilfe der folgenden Subkulturen Ansatzpunkte zu Verbesserungen des Innovationsprozesses in jeder Phase des Rubikonmodells gefunden werden: x x x x x x x
Mitarbeiterorientierungs- / Führungskultur, Kommunikationskultur, Team- und Synergiekultur, Wertschöpfungskultur, Problemlösekultur, konstruktive Fehlerkultur sowie Lern- und Zukunftskultur.
Diese Kulturen und ihr Zusammenhang mit innovativem Handeln sowie mit dem Rubikonmodell werden im folgenden Abschnitt detaillierter beschrieben. 3.1 Mitarbeiterorientierungs- bzw. Führungskultur Führungskräfte haben einen großen Einfluss darauf, ob Mitarbeiter innovativ handeln. Zum einen sind sie mitverantwortlich für die Gestaltung und Veränderung von Unternehmenskulturen, zum anderen beeinflussen Führungskräfte die Einstellung der Mitarbeiter gegenüber Innovationen und damit auch ihre Motivation an solchen mitzuwirken. In Bezug auf das Rubikonmodell bedeutet dies, dass die Führungskultur in jeder der vier Phasen eine wichtige Rolle spielt. In der ersten Phase (Wählen) sollten den Mitarbeitern Ziele gesetzt werden, die innovatives Handeln anregen. Letztlich sollte ein herausforderndes Ziel in einem gemeinsamen Dialog zwischen Mitarbeiter und Führungskraft vereinbart werden. Gleichzeitig sollte die Führungskraft den Mitarbeitern ausreichend Handlungsspielraum einräumen, also bei der Umsetzung der Ziele möglichst wenige Vorschriften machen. Frey und Schulz-Hardt (2000) definieren in einem Rahmenmodell weitere Prinzipien der Führung. Von Bedeutung erscheint unter anderem das Prinzip der
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Sinn und Visionsvermittlung, welches deutlich macht, dass Mitarbeiter in der Lage sein müssen, ihre Arbeit in ein sinnvolles Ganzes einzuordnen. Nur wenn Mitarbeiter ihre Arbeit als sinnvoll erachten, sind sie auch bereit sich Gedanken über Verbesserungen zu machen. In der Planungsphase des Rubikonmodells ist es wichtig, Ziele zu spezifizieren. Diese konkreten Ziele sollten von der Führungskraft hoch, aber erreichbar gewählt werden, da sich spezifische und herausfordernde Zielvereinbarungen leistungssteigernd auswirken (Locke u. Latham 2002). Das Prinzip der optimalen Stimulierung durch Zielvereinbarungen nach Frey und Schulz-Hardt (2000) beinhaltet solch ein Führungsverhalten. Die Handlungsphase des Rubikonmodells verlangt zum einen Ratschläge und Hinweise der Führungskraft zum richtigen Handeln, um eine Richtschnur vorzugeben. Zum anderen ist regelmäßiges Feedback wichtig, da Fehler im Handeln nur so rechtzeitig korrigiert werden können. Bei Frey und Schulz-Hardt (2000) findet sich dies im Stichwort „Moderne Führungskraft“ wieder. Sie zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie Partner, Mentor und Trainer in einem ist, fordert und fördert, sowie offen für Kritik und Verbesserungen ist. Schließlich sollte die Führungskraft in der Bewertungsphase das Ergebnis des innovativen Handlungsprozesses gemeinsam mit dem Mitarbeiter analysieren, um einen Lernprozess anzustoßen und weiteres Verbesserungspotential zu realisieren. 3.2 Kommunikationskultur Auch der Einfluss der Kommunikationskultur auf innovatives Handeln ist als bedeutend anzusehen. Weinert (2004) definiert drei Grundfunktionen der Kommunikation in Organisationen: x Kommunikation ist erforderlich, damit Prozesse koordiniert werden können. x Sie dient dazu Anweisungen zu geben, d. h. Verhalten zu lenken und somit Macht auszuüben, und Informationen an Mitarbeiter weiter zu leiten. x Sie ermöglicht die Interaktion zwischen Kunde und Organisation. Erfolgreiches, innovatives Handeln hängt in allen Phasen des Rubikonmodells von funktionierender Kommunikation ab.
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In der Wahlphase des Rubikonmodells werden mithilfe der Kommunikation erste Ideen zu einem vagen Ziel ausgetauscht, um in der Interaktion mit Vorgesetzten und Kollegen ein spezifisches Ziel zu definieren. In der Planungsphase steht das Sammeln von Informationen zur konkreten Zielumsetzung im Vordergrund. Selbst wenn beispielsweise ein bestimmtes Vorgehen für eine Abteilung innovativ ist, so ist es möglich, dass andere Abteilungen des Unternehmens oder kooperierende Unternehmen bereits Erfahrungen mit diesem Vorgehen gesammelt haben. Durch eine offene Kommunikation können dann sowohl Probleme als auch Lösungsmöglichkeiten im Vorhinein diskutiert werden. In der Handlungsphase dominiert die Kommunikation zwischen den Teammitgliedern, bzw. den Abteilungen einer Organisation. Besonders bei plötzlich auftretenden, unerwarteten Problemen sollte in einem Unternehmen offen kommuniziert und keine wichtigen Informationen aus taktischen oder persönlichen Gründen zurückgehalten werden. So können viele Mitarbeiter konstruktiv an einer Lösung mitarbeiten und andere Abteilungen profitieren später von diesen Erfahrungen. In der Bewertungsphase gilt es, Lob und Kritik gleichermaßen offen auszutauschen. Insbesondere, wenn ein innovativer Handlungsprozess abgeschlossen werden soll, werden erste Bewertungen der eigenen Handlung möglich und Vergleichsmaßstäbe für späteres Handeln können durch Kommunikation auch für andere gesetzt werden. Hier wird der Grundstein für erfolgreiches Lernen gelegt und die Qualität von zukünftigen Handlungen entscheidend beeinflusst. 3.3 Team- und Synergiekultur Dick und West (2005, S. 3) definieren Teams wie folgt: „Mitglieder eines Teams haben geteilte Ziele für deren Erreichung sie gemeinsam verantwortlich sind. Sie sind wechselseitig abhängig von der Leistung der anderen Teammitglieder. Sie beeinflussen ihre Ergebnisse durch Interaktion miteinander.“ Teammitglieder sollten sich gegenseitig ergänzen. Für eine gelungene Zusammenarbeit ist dabei nicht nur die fachliche, sondern auch die menschliche Passung wichtig (Frey u. Schulz-Hardt 2000). Damit Synergien entstehen können, sollte den Gruppenmitgliedern klar sein, dass ihr eigener Nutzen mit dem der Gruppe eng verbunden ist. Erfolge und Misserfolge sollten sowohl der Gruppe als auch dem Individuum zugeschrieben werden (Frey u. Schulz-Hardt 2000).
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Nach Anderson und West (1994) sind für das Teamklima, das Innovationen mit begünstigt, die vier Faktoren Vision, partizipative Sicherheit, Aufgabenorientierung und Unterstützung wichtig (vgl. Neumann et al. in diesem Band). Alle vier Dimensionen des Teamklimas nach West sind belegbar mit erhöhter Innovativität des Teams verbunden (Gebert, 2004). Auch die Teamkultur nimmt über alle Phasen des Rubikonmodells Einfluss auf innovationsförderliches Handeln. In der ersten Phase (Wählen) sollten alle Teammitglieder gemeinsam entscheiden, welche Handlungsalternative für das Team als Ganzes am besten erscheint. Die gemeinsamen Visionen des Unternehmens und des Teams stellen für diese Auswahl die Grundlage dar. Auch die antizipierte Unterstützung für Innovationen spielt bei der Auswahl der Ziele eine Rolle. In der Planungs- und in der Handlungsphase ist die Berücksichtigung der Stärken und Schwächen der einzelnen Mitglieder für das bestmögliche Handlungsergebnis von besonderer Bedeutung. Mit einer StärkenSchwächen-Analyse kann die Frage beantwortet werden, wer wo eingesetzt werden sollte, damit seine Fähigkeiten dem Team besonders nützen. Um Stärken und vor allem Schwächen offen ansprechen zu können, ist die partizipative Sicherheit ein wichtiger Aspekt. In beiden Phasen sollte auch die Aufgabenorientierung nicht aus den Augen verloren werden. Hohe Leistungsstandards sollten während der gesamten Handlung präsent bleiben und Konflikte konstruktiv ausdiskutiert werden, um auch neuen Lösungsmöglichkeiten eine Chance einzuräumen. In der letzten Phase (Bewerten) sollte die Rückmeldung an ein Team sowohl die Einzel- als auch die Gesamtleistung berücksichtigen, damit sich auch in Zukunft jedes Teammitglied engagiert, um ein optimales Gesamtergebnis zu erzielen. 3.4 Wertschöpfungskultur Innovatives Handeln bezieht sich nicht ausschließlich auf die Entwicklung von neuen Produkten, sondern es beinhaltet auch die Optimierung von Prozessen und Abläufen im Unternehmen. Damit Mitarbeiter ihren Teil dazu beitragen können, sollte allen klar sein, welchen Beitrag sie zum Gesamtprozess leisten. Eine funktionierende Wertschöpfungskultur gewährleistet ein Höchstmaß an Transparenz in den Kernprozessen der Organisation. Prozesse, die der Wertschöpfung dienen, sollten regelmäßig auf Ganzheitlichkeit der
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Aufgaben, auf Strukturiertheit und Transparenz, aber auch auf Blindprozesse, unnötige Produktlagerzeiten und Doppelarbeit untersucht werden. Ein in der Praxis erprobtes Werkzeug, welches eben diese Informationen liefert, ist die Prozesskettenanalyse nach Kuhn (1995). Bei der Prozesskettenanalyse werden komplexe Prozesse transparent und übersichtlich dargestellt, analysiert und anschließend optimiert. Die Visualisierung der Prozessabläufe sollte weiterhin durch ein leistungsfähiges Mess- und Rückmeldesystem, wie es beim Partizipativen Produktivitätsmanagement (Kleinbeck et al. 2001) erzeugt wird, unterstützt werden. Nur wer jederzeit seine Aufgaben, die Abhängigkeiten im System und seine aktuelle Leistung kennt, kann seine Handlungen immer wieder neu auf seine Ziele ausrichten. Die Wertschöpfungskultur spielt in Bezug auf das Rubikonmodell insbesondere in der Planungs- und der Handlungsphase eine wichtige Rolle. Transparenz in den Unternehmensprozessen führt zu optimalen Planungsbedingungen, da mögliche Schwachstellen erkannt und ausgeschaltet werden können, was wiederum die Möglichkeiten der Wertschöpfung erhöht. Auch in der Handlungsphase ist es wichtig, immer zu wissen, welche Konsequenzen das eigene Handeln hat und wie man etwas verändern kann. 3.5 Problemlösekultur Probleme sollen von den Mitarbeitern nicht nur erkannt werden, es sollen auch Lösungsvorschläge für diese Probleme eingebracht werden (Frey u. Schulz-Hardt 2000). Konzentriert man sich darauf, das Problem zu beseitigen, anstatt darauf, wie viele Probleme beim letzten Projekt aufgetreten sind oder welche Folgeprobleme noch in diesem Projekt lauern könnten, so ist die Wahrscheinlichkeit dafür, das Problem zu lösen sehr viel größer. In der kognitiven Motivationsforschung wird diese unterschiedliche Herangehensweise mit Handlungs- beziehungsweise Lageorientierung beschrieben. Während Handlungsorientierte ihre Aufmerksamkeit auf die zu lösende Aufgabe lenken, sind Lageorientierte vielmehr in Gedanken über vergangene, gegenwärtige und künftige Befindlichkeiten verstrickt und können sich somit nicht mehr auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren (Kuhl 2006). Die Problemlösekultur spielt die größte Rolle in der Planungsphase des Rubikonmodells. Bei komplexen Problemen, die während der Planung erkannt werden, ist eine schnelle, konstruktive Lösung oft gleichbedeutend mit einer neuartigen und innovativen Lösungsstrategie, sodass diese Kultur
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als eminent wichtig für innovatives Handeln angesehen werden kann. Die aktive Auseinandersetzung mit möglichen Lösungsmöglichkeiten für Probleme, die in der Handlungsphase auftreten könnten, ist für innovative Prozesse besonders wichtig, da hier keine Verhaltensmuster vorliegen, die ein spontanes Reagieren auf Probleme bei deren plötzlichem Auftreten ermöglicht. 3.6 Konstruktive Fehlerkultur Fehler sollten als Chance gesehen werden, etwas zu lernen. Um aber aus Fehlern lernen zu können, müssen diese offen eingestanden werden. Der aktive und konstruktive Umgang mit Fehlern sollte die Basis für eine moderne Fehlerkultur bilden (Frey et al. 2005). Wichtig für eine erfolgreiche Fehlerkultur ist das konstruktive Lernen aus den begangenen Fehlern. Nur wenn der Umgang miteinander von Offenheit und Vertrauen geprägt ist, kann das Potential, dass in jedem Fehler steckt, freigelegt werden (Hochreither 2004). In deutschen Betrieben steht oftmals die Fehlervermeidung im Vordergrund, so dass Fehler als unerwünscht angesehen und verschwiegen werden. Eine Sichtweise wie sie z. B. in Japan vertreten wird, Fehler als Möglichkeit zu Verbesserungen und innovativen Lösungen zu sehen, wäre eine angemessenere Fehlerkultur (Hochreither 2004). Die Fehlerkultur ist durch ihren starken Bezug zu Attribuierungen und Ursachenanalyse für Fehler vor allem in der Bewertungsphase des Rubikonmodells von Bedeutung. Konstruktiv mit Fehlern umzugehen ist entscheidend dafür, die gleichen Fehler nicht noch einmal zu begehen oder sogar Potential für Neuerungen aus ihnen zu schöpfen. Gerade in neuartigen Prozessen ist diese Kultur von Bedeutung, da das Potential für Fehler und somit auch das Potential für Verbesserungen besonders hoch ist. 3.7 Lern- und Zukunftskultur Lebenslanges Lernen und somit die Bereitschaft zur ständigen Verbesserung sollte für alle Organisationsmitglieder eine Selbstverständlichkeit sein. Dabei findet Lernen vor allem statt, indem man sowohl Fehler und Mängel als auch gute Lösungen und Stärken aktiv wahrnimmt und analysiert (Frey u. Schulz-Hardt 2000). Unternehmen, die lernorientiert handeln, zeichnen sich dadurch aus, dass sie am und über den Kunden unternehmensweit für ihre Zukunft ler-
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nen und ihr Wissen über den Kunden in Strategien und Maßnahmen umsetzen (Hinterhuber u. Matzler 2000). Auch von anderen Partnern wie Mitarbeitern und Lieferanten kann man lernen und Ideen adaptieren. Aber nur durch transformatives, d. h. umformendes Lernen, das Althergebrachtes in Frage stellt, kann unser Handeln so geändert werden, dass sich die Veränderungen künftig in Unternehmen als Innovationen niederschlagen (Mezirow 1990). Lernen und Zukunftsorientierung spielen im gesamten zweiten Teil des Handlungsprozesses (Handlungs- und Bewertungsphase) eine Rolle. Während der Handlung selbst kann von Experten gelernt werden, wie die Handlung optimal zu gestalten ist. Dies gilt sowohl für die Verbesserung bereits bekannter Verhaltensweisen als auch für das neue Erlernen von Fertigkeiten, die künftig gebraucht werden. In der Bewertungsphase sollten Erfolge und Misserfolge so analysiert werden, dass man für die nächste Handlung daraus profitiert, d. h. Erfolge sollten möglichst repliziert und Fehler vermieden werden.
4. Unternehmenskulturen als Grundlage innovativen Handelns im Unternehmen Wie bereits in Abschnitt 3 beschrieben, wirken die unterschiedlichen Unternehmenskulturen zunächst auf die Handlung des Einzelnen ein und bestimmen so sein Verhalten mit. Da der Druck einer bestimmten Unternehmenskultur zu folgen umso größer wird desto kleiner die Gruppe ist, wird sich das Handeln zunächst in einzelnen Teams und Abteilungen verändern. Das Unternehmen besteht aber wiederum aus diesen Teams, sodass letztlich die Veränderung in das gesamte Unternehmen getragen wird. Unternehmenskulturen stellen eine wichtige Einflussgröße auf das innovative Handeln in den verschiedenen Phasen des Rubikonmodells dar. Insbesondere Führungs-, Kommunikations- und Teamkultur bieten Ansatzpunkte, um die Motivation für innovatives Handeln zu verbessern, da diese in allen Phasen des Rubikonmodells von Bedeutung sind. Die Führungskultur ist in diesem Zusammenhang über das gesamte Rubikonmodell hinweg wichtig, da Führungskräfte für die Veränderung von Unternehmenskulturen mitverantwortlich sind und diese, sozusagen als Modell, in ihrer Abteilung etablieren können.
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Erfolgreiches, innovatives Handeln hängt in allen Phasen des Rubikonmodells aber auch von der gelungenen Interaktion mit gleichberechtigten Kollegen ab. Sie hilft z. B. in den ersten beiden Phasen spezifische Ziele zu formulieren, die zwar eine Herausforderung darstellen, aber erreichbar erscheinen. Die vier Faktoren Vision, partizipative Sicherheit, Aufgabenorientierung und Unterstützung, die nach Anderson und West (1994) das Teamklima mitbestimmen, sollten z. B. in regelmäßigen Teamsitzungen immer wieder angesprochen werden. Gemeinsame Visionen helfen, eine geeignete Handlungsalternative auszuwählen. Partizipative Sicherheit hilft offen über Stärken und Schwächen jedes Teammitglieds zu sprechen, so dass auch bei neuen Aufgaben alle an der richtigen Stelle eingesetzt werden können. Feedback zu Einzel- und Gruppenleistung hilft, Standards für neue Produkte zu entwickeln. Kulturen wie Wertschöpfungskultur, Problemlösekultur, konstruktive Fehlerkultur sowie Lern- und Zukunftskulturkultur wirken nur in bestimmten Phasen des Rubikonmodells. Deshalb sollte bei Problemen mit dem innovativen Handeln der Mitarbeiter immer zuerst der Handlungsprozess kritisch analysiert werden, etwa mit der Prozesskettenanalyse nach Kuhn (1995). Wenn deutlich geworden ist, in welcher Phase des Rubikonmodells die Probleme liegen, kann gezielt die passende Kultur als Ansatzpunkt für Veränderungen genutzt werden. Können Schwachstellen in einzelnen Phasen des Rubikonmodells aufgedeckt werden, zeigt die Tabelle 1, welche Unternehmenskultur einen besonders wirkungsvollen Hebel liefert. Tabelle 1. Übersicht über den gewichteten Zusammenhang zwischen Unternehmenskulturen und Rubikonmodell. Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4 Abwägen Planen Handeln Bewertung Mitarbeiterorientierungs- bzw. Führungskul- xxx xx xx xxx tur Kommunikationskultur x xx xx x Team- und Synergiekultur x xx xxx x Wertschöpfungskultur xx xxx x Problemlösekultur xxx x Konstruktive Fehlerkultur x xx Lern- und Zukunftskultur xxx xx x = Kultur hat mäßigen Einfluss in dieser Phase; xx = Kultur hat starken Einfluss in dieser Phase; xxx = Kultur hat sehr starken Einfluss in dieser Phase
Für eine detaillierte Analyse wurde für das NovaMille-Projekt ein modularer Fragebogen entwickelt, der es ermöglicht, einige oder alle der hier beschriebenen Unternehmenskulturen in einem Unternehmen je nach Be-
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Ina Joraschkewitz, Thomas Berg, Tanja Bipp
darf zu erfassen. Eine solche Analyse ermöglicht ein gezieltes Vorgehen bei der Förderung innovativen, menschlichen Handelns. Indem Veränderungen exakt an der richtigen Stelle initiiert werden können, können zeitliche und materielle Ressourcen trotz sichtbarer Erfolge eingespart werden.
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Gestaltung innovativer Unternehmenskulturen auf Grundlage des Rubikonmodells
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Unternehmer spielen: Soziologische Anmerkungen zur Figur des Unternehmers bei Joseph Schumpeter
Matthias Euteneuer und Arne Niederbacher
1. Einleitung: Die Jagd nach dem Unternehmer Spätestens seit Joseph Schumpeter den Unternehmer1 als 'Motor' der wirtschaftlichen Entwicklung identifiziert hat, wird dieser im wissenschaftlichen Diskurs idealtypisch als Agent für Innovationen herangezogen (vgl. Redlich 1964, Rammert 1999). Gleichwohl ist dem Unternehmer in der öffentlichen Wahrnehmung eine wechselhafte Geschichte beschieden gewesen: Galten Unternehmer in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nur noch als "Relikte einer aussterbenden Art" (Prisching 1994, S. 183), so wurden sie in der Nach-Ölkrise-Zeit als "Spezialisten für Unsicherheit" (ebd.) und "Risikobewältiger" (Hitzler 1989, S. 8) wiederentdeckt. Spielräume für Unternehmer – sei es durch Steuersenkungen oder Deregulierungen – wurden fortan erweitert, was auch zur Folge hatte, dass Ende der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts so genannte JungUnternehmer auf den Plan traten, die insbesondere den 'Neuen Markt' bevölkerten und ebenso schnell wieder verschwanden, da sie (selbst) die Symbole des Erfolgs mit den Gründen dafür verwechselten. Den Unternehmer-Image-Rückschlag zu Beginn des 21. Jahrhunderts auf das JungUnternehmertum abzuwälzen, greift jedoch zu kurz, denn zu finden "sind Unternehmer tatsächlich selten, auch unter jenen, die vorgeben solche zu sein" (Prisching 1994, S. 185). Dies mag auf den Umstand zurückzuführen sein, dass Unsicherheit darüber herrscht, "worin Unternehmertätigkeit eigentlich besteht" (KOM 2005, S. 6). In der sozialwissenschaftlichen Literatur finden sich zwar vielfältige Beschreibungen dessen, was ein Unternehmer ist und worin unternehmerisches Handeln besteht. Peter Kilby (1971, S. 1) weist jedoch darauf hin, dass die Suche nach dem Unterneh1 Mit
dem Begriff 'Unternehmer' sind gleichsam auch Unternehmerinnen gemeint.
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Matthias Euteneuer, Arne Niederbacher
mer mit der Jagd nach einem sagenumwobenen Wesen – dem Heffalump – zu vergleichen ist: "The search for the course of dynamic entrepreneurial performance has much in common with hunting the Heffalump. The Heffalump is a large and rather important animal. He has been hunted by many individuals using various ingenious trapping devices, but no one so far has succeeded in capturing him. All who claim to have caught sight of him report that he is enormous, but they disagree on his particularities. Not having explored his current habitat with sufficient care, some hunters have used as bait their own favourite dishes and have then tried to persuade people that what they caught was a Heffalump. However, very few are convinced, and so the search goes on."
Nichtsdestotrotz wird allerorten proklamiert, dass das Land mehr Unternehmer brauche. So beispielsweise im Lissabon-Programm, mit welchem (EU-weit) versucht wird, eine "zeitgemäße KMU-Politik für Wachstum und Beschäftigung" (KOM 2005, S. 3) zu verfolgen. Die gesellschaftspolitische Zielsetzung des Lissabon-Programms besteht darin, "das Ansehen von Unternehmern in der Gesellschaft zu heben, stärker für die Laufbahn als Unternehmer zu sensibilisieren und unternehmerische Mentalität einschließlich sozialverantwortlicher Unternehmensführung zu fördern" (ebd., S. 6). Selbst die "Erziehung zu unternehmerischer Initiative" (ebd.) wird in Erwägung gezogen und im wissenschaftlichen Kontext bereits seit einigen Jahren diskutiert (vgl. etwa Pankoke 2003). Im Teilprojekt 'Identifizierung informeller Innovationsmuster' des Verbundprojekts NovaMille hat sich im Rahmen der ethnographischen Untersuchung bei der Firma 'Partysan Media & Event'2 herausgestellt, dass die Unternehmenskultur der Firma nicht nur hochgradig vom unternehmerischen Denken aller Mitarbeiter geprägt ist, sondern dass hier gleichsam auch eine 'modernisierte' Form des Unternehmers zu finden ist, die in weiten Teilen Bezüge zu der von Schumpeter beschriebene Figur des Unternehmers aufweist. Die theoretischen Ausführungen Schumpeters empirisch konkretisierend und dergestalt eine spezifische Form innovativer Unternehmenskultur beschreibend, wird im Folgenden zunächst die 'Figur des Unternehmers' und das 'unternehmerische Handeln' dargestellt, um anschließend – im Rekurs auf vorläufige Erkenntnisse aus den laufenden Forschungsarbeiten3 – zu klären, was 'Unternehmer spielen' bedeutet.
2 Siehe
dazu die Rubrik 'Firmenbeschreibungen' in diesem Band. Ergebnisse basieren auf der Auswertung von Daten, die durch teilnehmende Beobachtung in der Berliner Firmenzentrale der Partysan Media & Event, beobachtende Teilnahme an Events sowie leitfadengestützte und narrative Interviews mit den Unternehmensgründern und Mitarbeitern der Firma erhoben wurden.
3 Die
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2. Zur Figur des Unternehmers Hinweise wie jene, dass es sich beim Unternehmer um eine Person handelt, welche die mit der höchsten formalen Autorität ausgestattete Position in einem Wirtschaftsunternehmen inne hat oder jene, die auf unterschiedliche Typen wie Eigentums-Unternehmer und Angestellten-Unternehmer (Manager) abheben, sind zwar hilfreich bei der Bemühung um Abgrenzung – wie auch der jährlich erscheinende 'Global Entrepreneurship Monitor' (vgl. Sternberg u. Lückgen 2005), welcher anhand von Faktoren wie z.B. Alter, Geschlecht oder Bildung ein Profil des Unternehmers zu erstellen sucht. Wenn es jedoch um Konkretisierung und theoretische Grundlegung der Figur des Unternehmers geht, dann ist in der Regel nicht mehr vom Unternehmer oder vom Manager sondern vom Unternehmertum oder vom Management als ein Führungskonzept die Rede (vgl. Szyperski 2001, S. 281). Die Figur des Unternehmers wird selten explizit definiert und nur wenige der in der Forschungspraxis auf den Unternehmer bezogenen Hypothesen stehen auf solider theoretischer Grundlage oder sind durch Fallstudien empirisch abgesichert (vgl. Casson 2001, S. 524). Schumpeter – mitunter "als akademischer Spiritus Rector des Unternehmertums" (Bögenhold 2003, S. 3) gefeiert – entwickelte seine Überlegungen zum Unternehmer zwar nicht systematisch anhand empirischer Studien, gleichwohl sind seine Annahmen theoretisch eingebettet und insbesondere im Kontext einer 'Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung' zu verstehen (vgl. Schumpeter 1964). Der Unternehmer – wie ihn Schumpeter konzipiert hat – ist der allerorten gesuchte 'Hoffnungsträger' am Firmament der 'ökonomischen Welt', dem man im Grunde genommen aber gar nicht begegnen möchte, da er an bestehenden Ordnungen rüttelt und Gewissheiten auf den Kopf stellt. Schumpeter stilisiert den Unternehmer auf der Handlungsebene nachgerade als 'Übermensch', dessen Faszination (und breite Rezeption) aus der Abgrenzung zum 'Wirt schlechtweg' resultiert (vgl. dazu Kap. 3.). Der Unternehmer schumpeterscher Prägung ist ein dynamischer Neuerer, ein treibender Faktor im gesamten gesellschaftlichen Leben, ein Pionier, der Prozesse schöpferischer Zerstörung in Gang setzt und so "die kapitalistische Maschine in Bewegung" (ebd., S. 137) bringt. Er lässt sich weder allein auf die Rolle des Erfinders festlegen, zumal er Erfindungen anderer nutzt, noch ausschließlich als Finanzier verstehen, da er auf Geldgeber angewiesen ist. "Eigentum ist etwas, das der Unternehmer anstrebt, nicht notwendigerweise etwas, das er besitzt. Und das, was er besitzt, wird ihm zum Mittel für neue Unternehmungen. Der Unternehmer braucht –
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vereinfacht gesagt – keinen Betrieb sondern die Chance zur Betriebsamkeit" (Hitzler 1989, S. 8). Er schafft Innovationen, indem er neue Kombinationen von Produktionsmitteln oder Produkten kreiert und in einem bestimmten Marktsegment durchsetzt. (vgl. auch den Beitrag von Carell und Euteneuer in diesem Band). Dabei muss er beständig Grundsatzentscheidungen treffen, um knappe Ressourcen zur Verwirklichung neuer Ideen einzusetzen (vgl. Casson 2001, S. 527). Unternehmer-Sein ist bei Schumpeter kein Dauerzustand4 sondern eine an definitorische Merkmale gebundene Tätigkeit: Jemand ist grundsätzlich nur dann Unternehmer, sofern "er eine 'neue Kombination durchsetzt' – weshalb er den Charakter verliert, wenn er die geschaffene Unternehmung dann kreislaufmäßig weiter betreibt" (ebd., S. 116). In Abgrenzung zur dynamischen Figur des Unternehmers konzeptualisierte Schumpeter die Figur des "Wirtes schlechtweg" (ebd., S. 132), welche bei ihm synonym für statische Wirtschaft steht. Schumpeter hat erkannt, dass – mit der auf Befriedigung vorhandener Bedürfnisse reduzierten wirtschaftlichen Ratio des 'Wirtes schlechtweg' – Phänomene wie Wachstum, Kredit oder Zins5 nicht erklärbar sind. Der Unternehmer ist bei Schumpeter eine theoretische Notwendigkeit und dergestalt als Idealtypus zu verstehen, dessen Funktion es ist, wirtschaftlichen Wandel auf spezifische Handlungsweisen einzelner zurückführen zu können. Schumpeter sitzt jedoch einem Zirkelschluss auf: Der Unternehmer – den er als Ausgangspunkt von Veränderungen verstanden wissen will – wird erst durch den Abschluss seiner Tätigkeit definiert.6 Erst nachdem sich der Unternehmer am Markt durchgesetzt hat, wird er als Ausgangspunkt dieser Veränderung erkannt. Durch den Prozess der schöpferischen Zerstörung werden jedoch Wirtschaftsstrukturen und Marktdaten beständig verändert bzw. neu geschaffen. Der Unternehmer verändert somit andauernd das Bewertungskriterium seiner eigenen Existenz. Um dennoch der dem Unternehmer zugeschriebenen Dynamik und seiner Funktion im Wirtschaftssystem gewahr zu werden, hob Schumpeter auf spezifische Verhaltenswei4 Unternehmer
ist, wer unternehmerisch handelt – d. h.: Weder handeln Personen die sich als Unternehmer bezeichnen grundsätzlich unternehmerisch, noch ist unternehmerisches Handeln auf Personen beschränkt, die als Unternehmer bezeichnet werden. 5 Der Zinssatz wird wesentlich von der Nachfrage nach Kapital und diese wiederum vom Umfang profitabler Investitionsmöglichkeiten bestimmt. Die Höhe des Zinssatzes ist daher ein Indikator für das Ausmaß wirtschaftlichen Fortschritts. 6 In Bezug auf den Begriff 'Innovation' verweist Schumpeter zwar darauf, dass creative response "can always be understood ex post; but it can practically never be understood ex ante; that is to say, it cannot be predicted by applying the ordinary rules of interference from the pre-existing facts" (1947, S. 150). Die damit einhergehenden Probleme, Innovationen bzw. Unternehmer zu identifizieren, vernachlässigt er jedoch.
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sen und Motive des Unternehmers im Gegensatz zu jenen des 'Wirtes schlechtweg' ab.
3. Unternehmerisches Handeln Wer zu ergründen sucht, wodurch sich unternehmerisches Handeln auszeichnet, wird – so Manfred Prisching (1994, S. 165ff.) – selbst beim Studium der ökonomischen Wissenschaften nicht fündig, denn diese haben "den Unternehmer zwar rhetorisch zum Angelpunkt ihres Denkens erhoben, ihn aber in Wirklichkeit aus ihren Modellen eliminiert" (ebd., S. 165). Anders verhält es sich bei der Durchsicht von Unternehmerbiographien. Bereits Max Webers Untersuchung über den Zusammenhang von protestantischer Ethik und kapitalistischer Handlungslogik beruht u. a. auf der Analyse der Autobiographie von Benjamin Franklin (vgl. Weber 1991). Für Achim Brosziewski (vgl. 1997) stellen Unternehmerbiographien eine wichtige Quelle zur Analyse unternehmerischen Handelns dar. Schließlich verweisen diese – hochgradig verdichteten und oftmals einen legitimatorischen Charakter aufweisenden Erzählungen – durch ihre Form der 'Geschäfts- und Lebensbilanz' auf ein zentrales Element unternehmerischen Handelns. Unternehmerisches Handeln, so die Schumpeter ergänzende und an Fritz Redlich (vgl. 1964) anknüpfende Analyse, ist insbesondere durch die Gestaltung geschäftlicher Risiken geprägt (Brosziewski 1997, S. 165ff.).7 Im Unterschied zur prinzipiellen Zukunfts-Unsicherheit, d. h. zur Gefährdung aller Absichten durch unvorhersehbar eintretende Ereignisse, zeigt sich in der 'bilanzierenden' Reflexion von Unternehmern die Besonderheit des Denkens in Risiken: Eintretende Erfolge oder Misserfolge werden eigenen Handlungen und Entscheidungen zugerechnet (ebd., S. 64).8 Da zumeist der gesamte Lebenslauf durch Risiken sowie durch eingetretene Erfolge und Misserfolge geprägt wird, verschmelzen unternehmerische Bilanz und Lebensbilanz retrospektiv (vgl. ebd., S. 110). Prospektives, risikogestaltendes (und somit unternehmerisches) Handeln muss also stets – so der Umkehrschluss – "in umfassendere Lebens- und Alltagspraxisentwürfe" eingebettet sein (Brosziewski 1994, S. 216). 7 Wenngleich
Unternehmer selten alleinige Träger des geschäftlichen Risikos sind. Redlich plädiert vor diesem Hintergrund dafür, den Unternehmer insbesondere als Gestalter von Risiken zu begreifen. (vgl. Brosziewski 1994, S. 199f.). 8 Erfolg und Misserfolg sind Kategorien, in denen Risken retrospektiv reflektiert werden. Erfolg und Misserfolg werden von Unternehmern in der Regel nicht auf 'Umstände' zurückgeführt. Umstände werden zumeist nur als 'Gelegenheiten', die der Unternehmer zu nutzen wusste, thematisch relevant (vgl. Brosziewski 1997, S. 109).
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Die darin erkennbare Überschneidung von Arbeit und Leben ist aufschlussreich für die Beantwortung der Frage, warum sich der Unternehmer im besonderen Maß der Gestaltung von Risken aussetzt. Laut Schumpeter folgt die zentrale Figur des Kapitalismus in Gestalt des Unternehmers essentiell nicht-kapitalistischen Motiven und Verhaltensweisen, die – so unsere Interpretation im Anschluss an Brosziewski – hochgradig biographisch motiviert erscheinen. Das Verhalten des Unternehmers ist "überhaupt irrational oder von einem andersgearteten Rationalismus" (Schumpeter 1964, S. 134). Es sind andere Handlungen, die der Unternehmer vollzieht, und seine Motivation ist "eine der wirtschaftlichen ratio und ihrem Gesetz fremde" (ebd., S. 138). Die 'anderen Handlungen' des Unternehmers gehen über das Organisieren eines Produktionsablaufs nach Effizienzkriterien (verstanden als Handlungsweise des 'Wirtes schlechtweg') weit hinaus und sind nicht (unmittelbar) ökonomisch rational. Die Irrationalität des Unternehmers ist Schumpeter zufolge jedoch auch nicht als Gegensatz zur wirtschaftlichen Rationalität – im Sinne von ökonomischer Verschwendung und unproduktivem Genuss (vgl. ebd., S. 137) – zu verstehen. Produzieren bzw. produktiv sein heißt, die im jeweiligen Bereich "vorhandenen Dinge und Kräfte kombinieren >...@. Anderes oder anders produzieren heißt diese Dinge und Kräfte anders kombinieren" (ebd., S. 100). Das Auffinden neuer Kombinationen von Produktionsmitteln und Produkten sowie die Durchsetzung dieser neuen Kombinationen – als zentrale Merkmale der anderen Handlungen des Unternehmers – ist also mitunter ökonomisch irrational, jedoch keineswegs unproduktiv. Im Verhältnis zum 'Wirt schlechtweg', den Schumpeter mit Motiven und Verhaltensweisen wie Passivität, Routine, Gehorsam, Rationalität, Egoismus oder Nutzenmaximierung ausstattet (vgl. ebd., S. 132ff.), hat der Unternehmer einen "Überschuß an Kraft über das Erfordernis des Alltags" (ebd., S. 126) hinaus, die ihm seine geistige Freiheit in Form einer "andersgearteten Willensaufwendung" ermöglicht, um für die "Konzeption und Ausarbeitung der neuen Kombination zu ringen und sich dahin zu bringen, in ihr eine reale Möglichkeit und nicht bloß Traum oder Spielerei zu sehen" (ebd.). Die Wirkung des Unternehmers auf andere charakterisiert Schumpeter mit Autorität, Gewicht und Gehorsamfinden (vgl. ebd., S. 129). Unternehmerisches Handeln ist dergestalt nicht mehr 'nur' als Arbeit sondern als umfassendes Motiv zu begreifen, das sich im Traum und Willen ausdrückt "ein privates Reich zu gründen >...@. Ein Reich, das Raum gewährt und Machtgefühl" (ebd., S. 138). Der Unternehmer besticht außerdem durch Siegeswillen: "Kämpfenwollen einerseits, Erfolghabenwollen des Erfolgs als solchen wegen andererseits" (ebd.). Ein weiteres Motiv ist schließlich die "Freude am Gestalten >...@, um des Änderns und Wagens
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und gerade der Schwierigkeiten willen", die schließlich in die "Freude am Werk, an der Neuschöpfung als solcher" (ebd., S. 138f.) mündet. Das unternehmerische Handeln in der Konzeptualisierung Schumpeters beinhaltet Komponenten einer Erotik des Erfolgs sowie des sportlichen Wettkampfs (vgl. Bögenhold 2003, S. 15) und ist eingebettet in umfassendere Lebens- und Alltagspraxisentwürfe. Dies werden wir abschließend – unter Hinzuziehung anderer bzw. weiterer Erfolgskriterien und Spielregeln – am Beispiel der Firma 'Partysan Media & Event' zeigen.
4. Unternehmer spielen Eine soziologische Analyse zum Topos 'Unternehmer spielen' wäre überflüssig, wenn man Unternehmer als ausgelernte Mathematiker begreift, die allfällige Produktionsentscheidungen mit den Mitteln der Differentialrechnung zu lösen imstande sind oder wenn man die Lehre des Unternehmerischen auf ein Repertoire gruppendynamischer Verfahrensweisen bzw. den Einsatz von Managementinstrumentarien beschränkt (vgl. Prisching 1994, S. 173f.). Der Unternehmer im hier verstandenen Sinne zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass er (immer wieder) die Balance zwischen der Rechenhaftigkeit des Geschäftsmanns und der Dynamik des Genies findet: Er "kalkuliert also zwar und versucht, seine Möglichkeiten und seine Risiken zu berechnen, aber er handelt gerade nicht, als wäre das soziale Leben ein geschlossenes System, in dem alles seine exakt feststellbaren Ursachen und seine unzweifelbaren Wirkungen hat. Der Unternehmer handelt typischerweise sozusagen in offene Horizonte hinein" (Hitzler 1989, S. 10). 4.1 Geschichte und Tätigkeitsbereiche Die Firma 'Partysan Media & Event' wurde 1994 in München gegründet und produzierte zunächst auf lokaler Ebene Techno-Events für 'Liebhaber elektronischer Tanzmusik' (Szenegänger). Die Unternehmensgründer (kurz: Partysanen9) erkannten frühzeitig das 'Problem', aufgrund der großen Zahl (jeweils mit so genannten Flyern) beworbener Veranstaltungen, die Übersicht bei der Planung nächtlicher Aktivitäten zu behalten. Sie begannen daraufhin aus Leidenschaft (und schon bald mit großem Erfolg) einen Veranstaltungs-Pocket-Guide für Szenegänger zu produzieren – den 9 Die
Partysanen sind aufgrund ihrer Affinität zu elektronischer Tanzmusik und 'Angestellten'-Erfahrungen im Bereich der Produktion von Events seit Anfang der 1990er Jahre fest in der Techno-Szene verwurzelt.
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Partysan. Zudem wurde das Produktportfolio um ein zur damaligen Zeit (ebenso) neuartiges Produkt – den Reise-Event – ergänzt. Wurden diese Reise-Events zunächst ausschließlich zum 'Privatvergnügen' der Unternehmensgründer und ihrer Freunde veranstaltet, so entwickelten sie sich (auch) aufgrund der zunehmenden Konkurrenz im Bereich lokaler TechnoEvents bald zu einem Alleinstellungsmerkmal der Firma. Sowohl das Magazin als auch die Reise-Events erwiesen sich zudem als idealer Träger von Werbebotschaften, so dass die Firma bald auch als Partner für szenespezifisches Marketing fungierte (zur Bedeutung der Medien und deren Berichterstattung über Partysan-Events siehe FN 11). Mit der Aussage "Unseren Gästen erfüllen wir Träume, den Medien bieten wir Gelegenheit, diese Träume zu transportieren, die Sponsoren sind darin integriert" bringen die Partysanen ihre Produkt-Kombinations-Logik auf den Punkt, mit der sie erfolgreich am Markt agieren.10 4.2 Wertrationalität als Kern unternehmerischen Handelns Der Erfolg der Partysanen beruht auf der Durchsetzung neuer ProduktKombinationen am Markt: Die Bündelung von Flyern in einem PocketGuide samt Veranstaltungskalender und Szene-Hintergrund-Informationen, die Verschmelzung von Techno-Event und Reise zu einem ReiseEvent und schließlich die Kombination von Reise-Event und EventMarketing. Dies gelingt insbesondere dann, wenn man – wie es bereits Schumpeter vermutet hat – aus einem 'Überschuss an Kraft über die Erfordernisse des Alltags hinaus' eigene, zunächst nicht ökonomisch motivierte Ideen tatsächlich verfolgt und in ihnen 'nicht nur Traum oder Spielerei' sieht. Dergestalt entstanden erfolgreiche Produkte der Partysanen aus einem zunächst unverbindlichen 'Herumspinnen' ("was man Tolles machen könnte") und "wenn es nicht allzu spinnert oder abwegig war, dann haben wir es in der Regel auch gemacht", so einer der Protagonisten der Firma 'Partysan Media & Event' im Interview. Der Überschuss an Kraft, mit dem der Unternehmer um die Durchsetzung neuer Kombinationen ringt, lässt sich am Beispiel der Partysanen auf eine spezifische, nicht-ökonomische Motivstruktur zurückführen. Es ist der spielerische Umgang mit Werthaltungen und eine Produkt-Kombinations10 Neben
der Unternehmenszentrale in Berlin (seit 2004) gibt es derzeit elf KoordinationsBüros (u. a. in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Belgien, Tschechien und Thailand). Heute steht den Liebhabern elektronischer Tanzmusik ein nahezu flächendeckendes Netz regionaler Partysan-Ausgaben (Gesamtauflage monatlich 345.000) sowie ein vielfältiges Angebot an Reise-Events zur Verfügung.
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Logik, die darauf abhebt, dass es sich bei den Mitarbeitern und Freunden der Partysanen um die idealen Kunden handelt, denen andere Kunden folgen werden. Die Partysanen unterscheiden dabei zwei Arten von Kunden, die sie mit ihren Produkten ansprechen möchten: zum einen die von ihnen so bezeichneten Sympartysanten, mit welchen sie im engeren Sinne das Interesse an elektronischer Tanzmusik und im weiteren Sinne eine gewisse Form des Lebensstils teilen, zum anderen Normal-Kunden, die keine spezifische Projektionsfläche ihrer Interessen und Neigungen sind. Bei allen in der Planung befindlichen Produkten bzw. Projekten – und alle in Planung befindlichen Projekte zielen zunächst auf die Kundengruppe Sympartysanten – geht es den Partysanen in erster Linie um die Verwirklichung der Lebensidee 'Selber-Spaß-haben' und im Weiteren um die Integration der Lebensidee 'Selber-Spaß-haben' in das Erwerbsziel 'Anderen-ihren-Spaß-ermöglichen'.11 Diese – als spielerisch etikettierbare – Werthaltung (vgl. Pfadenhauer 2000, S. 96) geht selbstverständlich auch einher mit unternehmerischem Kalkül. Das heißt jedoch zu Beginn eines Projekts lediglich, dass angestrebt wird, keine Verluste zu machen. Damit ist auf einen Punkt verwiesen, den bereits Schumpeter (1964, S. 215f.) erkannt hat, nämlich dass im Fall der "Produktion eines ganz neuen Gutes" dieses zunächst "den Konsumenten aufgedrängt, vielleicht gar geschenkt werden" muss. Nun verschenken die Partysanen ihre (neuen) Produkte nicht, aber sie bieten sie zu günstigen Konditionen an und stellen 11 Da
'Anderen-ihren-Spaß-ermöglichen' Produktionskosten nach sich zieht, die nicht allein über Eintrittspreise bzw. Reisekosten erwirtschaftet werden können (und eine Verteuerung des Angebots nicht zur Disposition steht, da dies für viele Sympartysanten die Teilnahme am Event verunmöglichen würde), kommen 'Partner' ins Spiel für die Angebote generiert werden, damit diese sich lukrativ am Erwerbsziel beteiligen können. Detailabläufe und Feinabstimmungen ausblendend bedeutet dies vor dem Event, Vertragsverhandlungen für die Ausrichtung eines Events zu führen. Derartige Verträge sehen u. a. die Beteiligung von Tourismusverbänden an Werbekosten für den Event vor. Um die Verhandlungen mit Tourismusverbänden erfolgreich gestalten zu können, ist insbesondere die Kooperation mit Medien wichtig, welche gleichsam auch für die Verhandlungen mit Sponsoren von zentraler Bedeutung sind. Über die Generierung von Media-Wert (Print-Auflagen und Einschaltquoten berichterstattender Medien) wird einerseits der Anreiz für Sponsoren und den Veranstaltungsort selbst maximiert und andererseits eine inner-szenische Kommunikation evoziert um Begehrlichkeiten zu wecken, am Event teilzunehmen. Für die Partysanen bedeutet dies vorab Einnahmen, um den Event einerseits als gesamtästhetisches Erlebnis - samt der dafür erforderlichen Technik und dem Line-up (DJ's) - zu konzipieren und anderseits die Preise für die Teilnahme am Event niedrig zu halten. Für Tourismusverbände bedeutet dies (bisher anderweitig nie erreichte) Eigenwerbung. Für Sponsoren bedeutet dies Imagetransfer und -gewinn, da ihre 'Zielgruppen' bzw. ihre Kunden die 'End-Kunden' der Partysanen sind, d. h. sie kaufen den Zugang zur Zielgruppe vor Ort und zum weiteren Umfeld dieser Zielgruppe qua medialer Berichterstattung vor, während und nach dem Event.
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Gewinnerwartungen zunächst hinten an. Sobald sich ein Produkt am Markt durchgesetzt hat, folgt jedoch eine Phase der Wertschätzung auf Seiten der Kunden, die dem Unternehmer Gewinn beschert, mit welchem er neue Projekte realisiert. "Der Unternehmer spart nicht, um sich die Mittel, die er braucht, zu verschaffen, er häuft auch keine Güter auf, ehe er an seine Produktion geht" (ebd., S. 216). Erforderliche Mittel sind im Fall der Partysanen – neben Kontakten zu Infrastrukturpartnern wie Reiseveranstaltern, Tourismusverbänden, Sponsoren oder Medien – insbesondere Kenntnisse bzw. Informationen aus ihrer Kundengruppe. Aufgrund der eigenen 'Verwurzelung' in der Techno-Szene12 sind neue Produkt-Kombinationen der Partysanen in der Regel erfolgreich.13 Was oben bereits in Bezug auf den besten Kunden gesagt wurde (nicht die Partysanen folgen den Kunden, sondern sie sind selbst ihre besten Kunden, die die anderen Kunden sozusagen 'mitnehmen'), schließt selbstverständlich nicht die beständige Reflexion dessen aus, welche (weiteren) Produkt-Kombinationen am Markt denkbar und realisierbar sind. Die Sympartysanten werden dabei ausgesprochen ernst genommen, was sich auch in der Verwertungskette von Events widerspiegelt: Obwohl Events wie RaveOnSnow oder Thaibreak14 mehrmals jährlich durchgeführt bzw. mit höheren Teilnehmerzahlen durchgeführt werden könnten und hohe Gewinnmargen zu erwarten sind, wird von den Partysanen grundsätzlich, d. h. sobald sich ein Event am Markt etabliert und auf einem vertretbaren Teilnehmerniveau eingependelt hat, auf eine Verknappung des Angebots zum 'Schutz' der Sympartysanten (vor 'Normal-Kunden') gesetzt. Auch hier zeigt sich eine spezifische Werthaltung, die sich der 'Wirt schlechtweg' schumpeterischer Prägung in der Regel nicht zu eigen macht. Diese Werthaltung erweist sich jedoch wiederum als unabdingbar für dauerhaft erfolgreiches Wirtschaften. Denn nahezu 'beiläufig' wird dergestalt das szenisch-stilistische Image gepflegt sowie der Anreiz bei den Sympartysanten hoch gehalten, im nächsten Jahr wieder bzw. erstmals bei einem bzw. diesem Partysan-Event dabei sein zu können.15 12 Das
'Aufwachsen' in der Szene wie auch die dort getätigten Arbeiten (bestenfalls von der 'Pike auf', d. h. vom Barkeeper bis zum Event-Organisator) sind als hoch relevant einzustufen für die Fähigkeit, neue Kombinationen von Produkten (aus der Szene für die Szene) durchzusetzen (vgl. Pfadenhauer 1998). 13 Nochmals: Das Kriterium für Erfolg ist nicht vordergründig Gewinn, denn es geht in dieser Projektphase und bei diesen Kunden nicht um Abschöpfung sondern um Ermöglichung, d. h. 'Anderen-ihren-Spaß-ermöglichen'. 14 Siehe dazu www.raveonsnow.de bzw. www.thaibreak.de 15 Die Reproduktion von szenisch-stilistischem Image ist von zentraler Bedeutung bei der Umsetzung von Produktideen und führt bei Sympartysanten nachgerade dazu, dass man (zumindest einmal) bei einem Partysan-Event dabei gewesen sein muss. Unseren Er-
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4.3 Zweckrationalität als Kern bewirtschaftenden Handelns Gleichwohl wird diese zunächst überwiegend wertrationale Haltung im Weiteren ergänzt durch eine zweckrationale Haltung im Sinne einer anonymen16 Nachverwertung von Events (und somit des 'Testfelds' Sympartysanten). Das heißt, dass auch die Partysanen das Interesse verfolgen, ein am Markt eingeführtes Produkt zu bewirtschaften. Die durch Zweckrationalität geprägte anonyme Nachverwertungsphase ermöglicht es den Partysanen, Gewinne zu erwirtschaften (um weiterhin wertrational handeln zu können) und zielt auf die bereits erwähnten 'Normal-Kunden'. Ein Beispiel für eine derartige Produkt-Nachverwertung ist die Nutzung eines etablierten Reise-Events in Kooperation mit einer internetbasierten SingleAgentur. Dabei sind Anpassungen an die Vorstellungen von 'NormalKunden' erforderlich, weswegen sich die Partysanen weitgehend auf die Rahmenorganisation des Events (Aktivierung bestehender Kontakte) beschränken, damit der eigene Spaß – und damit wiederum auch das Erwerbsziel – nicht an der dadurch entstehenden Mehr-Arbeit bzw. AndersArbeit scheitert.17 4.4 Zwischenbilanz: Unternehmer aber auch Wirt Die Partysanen verknüpfen unternehmerisches Handeln mit bewirtschaftendem Handeln. Das unternehmerische Handeln zeigt sich darin, dass sie (vor allem zu Beginn eines Projekts) die Realisierung festgesetzter Werte kenntnissen zufolge wird der Reiz 'dabei sein zu wollen' nicht dadurch evoziert, dass die Partysanen einen 'perfekten Event' anbieten, bei dem alle Details sinnvoll aufeinander abgestimmt sind (z.B. Line-up, Locations etc.). Dies sind zwar Bedingungen die von Kundenseite erwartet werden und deren Einlösung dazu führt, dass Kunden zufrieden sind. Die genannten Punkte führen jedoch in der Regel nicht zur Aufladung von Produkten. Es sind vielmehr die in der Szene kursierenden Geschichten, welche sich um Partysan-Produkte ranken, die die Teilnahme derart reizvoll erscheinen lassen. Es sind Geschichten, die in der Szene immer wieder von neuem erzählt werden und die während eines Events möglicherweise als störend empfunden wurden, die sich im nachhinein aber als Geschichten mit Erzählwert herausstellen und dazu führen, unbedingt einmal (wieder) dabei sein zu wollen. Die Partysanen bieten die Bühne für derartige Geschichten, denn – wie es einer der Protagonisten der Firma ausdrückt – "ein Event, bei dem alles nach Programm abläuft und der perfekt organisiert ist, da bleibt wenig hängen". Improvisiertes Handeln aus der Situation heraus wird dergestalt zum Garant für Erfolg und ist im Verständnis der Partysanen jeder Vorlage bei weitem Überlegen. 16 Anonym deshalb, um innerhalb der Techno-Szene weiterhin ernst genommen zu werden und dementsprechend nicht die Vertrauensbasis zu verletzen. 17 Dergestalt könnte die Firma 'Partysan Media & Event' als Innovations-Fabrik beschrieben werden, die auf eine gut ausgebaute Nachverwertungsindustrie setzt, die die nötigen Ressourcen liefert.
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verfolgen – ohne dabei (allzu große) Rücksicht auf Kosten und Nebenfolgen zu nehmen. Im Projektverlauf kommt dann der Kosten-NutzenKalkulation (Bewirtschaftung) eine zunehmend größere Bedeutung zu. Besteht das Interesse der Partysanen beim ersten Projekt-Durchlauf darin, keine nennenswerten Verluste zu machen, so zielt ihr Handeln im Weiteren darauf, Gewinne zu erwirtschaften. In Bezug auf die Sympartysanten schlägt die Logik des 'Wirtes schlechtweg' jedoch nicht vollständig durch18, denn zum Objekt der Bewirtschaftung werden etablierte Projekte erst dann, wenn sie in Kooperation mit szenefremden Partnern für 'Normal-Kunden' veranstaltet werden. Eine ähnliche Logik findet sich, wenn auch mit einer eher von Gleichzeitigkeit geprägten temporalen Struktur, im zweiten Arbeitsfeld der Partysanen, dem Media-Bereich, wieder. Das firmeneigene Magazin – der Partysan – 'lebt' von der wertrationalen Haltung lokaler Produzenten, die über ein Franchise-System an die Firmenzentrale gebunden sind. Das Heft selbst wirft in der Regel nur geringe Gewinne ab, dient jedoch als Transportmedium (Werbemedium) für diverse andere Aktivitäten der HeftMacher (wie auch der Firma 'Partysan Media & Event') und kann als etabliertes Szene-Medium insbesondere gezielt bei der Sponsoren-Akquise (für Sympartysanten-Projekte) bzw. zur Selbstdarstellung in der anonymen Nachverwertung mit Kooperationspartner (Normal-Kunden-Projekte) eingesetzt werden. Diese Funktion wird jedoch nur dann erfüllt, wenn das Heft bei den Liebhabern elektronischer Tanzmusik Anerkennung findet, was wiederum wertrationales Handeln voraussetzt. 4.5 Weitere Motive unternehmerischen Handelns 'Selber-Spaß-haben' und 'Anderen-ihren-Spaß-ermöglichen' sind die zentralen Triebkräfte des unternehmerischen Handelns der Partysanen. Daneben lassen sich aber noch weitere Motive ausmachen, die insbesondere aus der Verwurzelung der Partysanen in der Techno-Szene resultieren. So erhalten sie aus der Szene, für die sie ihre Events produzieren, ein hohes Maß an Anerkennung und Aufmerksamkeit. Die Partysanen wissen jedoch auch, ihre Szene-Kontakte im Sinne von 'Sozialkapital' für ihre Events zu nutzen, was einmal mehr auf die Doppelstruktur von wert- und 18 Erforderlich
wäre eine weitere Spezifizierung hinsichtlich der Kundengruppen, die an dieser Stelle jedoch nicht erfolgen kann. Die Partysanen bieten nämlich auch Event'Mischformen' an, die für 'Normale'-Szenegänger und den Szenekern sowie deren Freunde (Sympartysanten) konzipiert sind (vgl. dazu Hitzler et al. 2005, S. 27) und Elemente der Bewirtschaftung erkennen lassen.
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zweckrationalem Handeln verweist: Einerseits ist soziale Anerkennung in der Szene für die Partysanen eine den finanziellen Gewinn ergänzende Form der 'Entlohnung'19, andererseits sind Aufmerksamkeit und Kontakte wiederum geschäftlich relevant und werden im Sinne einer Ökonomie der Aufmerksamkeit (vgl. Franck 2004) strategisch genutzt. Aufmerksamkeit ist im Marktsegment der Firma 'Partysan Media & Event' ein knappes Gut, das in der Regel von anderen (insbesondere von DJ's) verdient wird. Diese Anderen lassen sich jedoch aufgrund des guten Rufs und des Bekanntheitsgrads der Partysanen mit ihren Produkten kombinieren.20 Dergestalt gelingt es den Partysanen Aufmerksamkeit auf ihre Produkte zu lenken, indem sie Attraktoren von Aufmerksamkeit mit ihren Produkten verbinden. Ein weiteres Motiv, unternehmerisch tätig zu sein, ist für die Partysanen das Vergnügen an dem, was sie selbst als Regisseurdasein bezeichnen: Kaum etwas fasziniert sie mehr und bereitet ihnen mehr Freude, als an der Inszenierung eines Events zu arbeiten. Der dramaturgische Ablauf sowie der Einsatz der verfügbaren Kulissen und Akteure unterliegen dabei einem beständigen Optimierungsprozess, der auf die Evozierung möglichst intensiver Erlebnisse beim Kunden abzielt. Nach Jonas Ridderstråle und Kjell Nordström (2005, S. 207) lässt sich dieser Prozess auch als Erzeugung 'emotionaler Innovationen' charakterisieren, d. h. "eine Stimmung zu schaffen, die Kunden anzieht und fesselt". 'Die Freude am Werk, an der Neuschöpfung als solcher', und das heißt hier die Freude an emotionalen Innovationen, schürt das Bedürfnis, immerfort neue Produkte zu lancieren, neue 'Aufführungen' zu inszenieren und damit – nicht zuletzt – einen ausgewählten Kundenstamm anzusprechen: Schließlich hängt der Erfolg einer Inszenierung auch von der 'Qualität' der Kunden als 'Darsteller' ab.21 Bestenfalls gelingt den Partysanen temporär tatsächlich das, was als Beschrei19 Teile
der Techno-Szene sind für die Partysanen zudem weniger als Kunden denn als familienähnliches Umfeld im Sinne einer posttraditionalen Gemeinschaft relevant (vgl. Hitzler 1998). Arbeit und Freizeit überschneiden sich vielfältig und somit ist die Entscheidung für eine unternehmerische Tätigkeit in der Techno-Szene in weiten Teilen auch eine Entscheidung für eine spezifische Form des Lebensstils. 20 Der 'DJ zum Anfassen' ist Teil des Reise-Event-Konzepts und dieser wirkt zudem nach Abschluss einer Reise (sofern er selber Spaß am Event hatte, und von Erlebnissen mit Erzählwert zu berichten weiß) aufgrund der ihm von der Szene zugeschriebenen Autorität als Sprachrohr und Werbemedium für die Partysanen. 21 Es geht den Partysanen nämlich keinesfalls darum, es allen 'recht' zu machen: Sie selbst sind es, die das Event-Drehbuch schreiben und über das Deutungsmonopol verfügen, wie ein Event ablaufen sollte. Damit dem so ist und damit dem so bleibt, müssen Requisiten und Darsteller sorgfältig ausgewählt und aufeinander abgestimmt werden. Und wer letztlich nicht mitspielen will oder kann, ist laut Partysanen "einfach der falsche Kunde".
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bung der unternehmerischen Tätigkeit zunächst etwas pathetisch klang, nämlich 'ein privates Reich zu gründen'. Auch hier ist eine Verknüpfung von wert- und zweckrationalem Handeln erkennbar, denn sofern es gelingt, Erlebnisse von dauerhaftem Wert22 zu schaffen, ist der Erfolg eines Produkts in der Regel gesichert.
5. Schlussbemerkung Der Markt, auf dem sich die Firma 'Partysan Media & Event' bewegt, ist gekennzeichnet durch eine hohe Durchlaufgeschwindigkeit von Trends und der Angewiesenheit auf Kooperationspartner aus den Bereichen Sponsoring, Medien und Tourismus. Dergestalt ist es für das Unternehmen ausgesprochen wichtig, beständig das Gleichgewicht zwischen szenischstilistischem Image einerseits und geschäftlich-organisatorischer Zuverlässigkeit andererseits zu halten. Darauf weist auch der Titel unseres Aufsatzes – 'Unternehmer spielen' – hin: Einerseits ist etwas hochgradig Spielerisches in der Art und Weise zu erkennen, wie die Partysanen Werthaltungen mit Erwerbszielen verknüpfen und mit welcher Leichtigkeit (auch) riskante Projekte angegangen werden. Andererseits ist dies jedoch wertlos, sofern es nicht gelingt, Sponsoren, Tourismusverbände und Medienpartner von der Seriosität und ökonomischen Rentabilität ihrer Produkte zu überzeugen. Diesbezüglich muss der Unternehmer nicht nur (wertrational) spielen, sondern vor allem (im Sinne einer zweckrationalen Inszenierung) den Unternehmer überzeugend spielen können. Der Unternehmer entpuppt sich im Sinne dieser Betrachtung als leidenschaftlicher Spieler, der nicht nur ausgezeichnet Unternehmer spielt, sondern der aufgrund seiner Kenntnisse (nicht nur der ökonomischen Spielregeln) und (mitunter) launischer Ideen (scheinbar) unbekümmert auftritt und dabei den Eindruck vermittelt, sich seiner Unternehmungen zur Gänze sicher zu sein. Er spielt oder besser: er 'zockt' mit seinen Ideen. Die in seinem Verhalten zum Ausdruck kommende Überzeugtheit ist Programm. Ein Programm, das nicht ausschließt mehrere Spiele im Voraus zu bedenken und über mehrere Spielzüge hinweg die Perspektiven und Möglichkeiten der Mitspieler im Blick zu behalten. So man sich in Sicherheit wägt und also meint, sein Verhalten zu verstehen, schafft es der Unternehmer, sich durch unerwartete, aus Perspektive der 'Wirte schlechtweg' chaotische Strategien und Handlungen
22Das
heißt wiederum vor allem: Erlebnisse mit – u. a., aber eben nur u. a., 'kapitalisierbarem' – Erzählwert (vgl. FN 15).
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neue Freiräume23 und Aktionsfelder zu erobern. Wenn auch das Sozialprestige (gemessen am erwirtschafteten Gewinn) für sein Selbstbewusstsein und sein Selbstverständnis als Unternehmer nicht unwichtig ist, so beweist er auch in diesem Punkt spielerische Qualitäten, indem er sich nicht um kurzfristige Gewinnaussichten schert. Es ist die Begierde und die Suche nach neuen Möglichkeiten und unbekannten Kombinationen, der Spaß bei der Umsetzung, der Genuss am Produkt des Schaffens in eigener Regie und nicht zuletzt die Freude an der Aufmerksamkeit, die einem von Seiten der Kunden und Konkurrenten zuteil wird, die den Unternehmer auszeichnet und gleichsam zu immer neuen Unternehmungen antreibt.
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Bedeutung von Freiräumen siehe auch den Beitrag von Joraschkewitz et al. in diesem Band.
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Teil II: Aktuelle Herausforderungen für die Gestaltung der Dienstleister-Kundenschnittstelle
Insbesondere an der Schnittstelle zwischen Dienstleistungs- und Kundenunternehmen entsteht ein Spannungsfeld, das Innovationsanforderungen und Innovationschancen hervorbringt. Dienstleistungsunternehmen stehen vor der Herausforderung, dieses Innovationspotenzial abzuschöpfen und daraus Innovationen zu entwickeln. Doch wie können an der Grenze zwischen zwei potenziell sehr unterschiedlichen, aber voneinander abhängigen Unternehmen solche Innovationsimpulse aktiv aufgespürt werden? Was zeichnet ein innovationsfreundliches Unternehmensklima an der Schnittstelle aus und wie können Innovationsteams aktiv geführt werden, um die an der Schnittstelle entstandenen Ideen im Unternehmen zu realisieren? Diesen und weiteren Fragen widmen wir uns im 2. Teil des Bandes. Ein Mittel zur Aufspürung von Innovationsimpulsen an der Unternehmensschnittstelle stellen sogenannte Boundary Spanner dar. Es sind Grenzgänger zwischen zwei oder mehreren Unternehmenswelten, die genau an dieser Schnittstelle arbeiten und damit mehr als andere Mitarbeiter in der Lage sind, die sich ergebenden innovativen Ideen und Impulse aufzuspüren und in das Dienstleistungsunternehmen rückzukoppeln. Der gleichnamige Beitrag von Neumann und Holzmüller beschäftigt sich mit der Personengruppe der Boundary Spanner und fragt, wie Unternehmen stärker von Boundary Spannern mit Kundenkontakt als Ideenlieferanten profitieren und diese effektiv in ihr Innovationsmanagement einbinden können. Das Arbeitsumfeld an der Dienstleister-Kundenschnittstelle hat entscheidenden Einfluss auf die Möglichkeit, Innovationspotenziale aufzuspüren. Doch welche Faktoren bedingen ein innovationsförderliches Klima an der Dienstleister-Kundenschnittstelle und wie lässt sich dieses effektiv erfassen? Diesen und weiteren Fragen gehen Neumann, Joraschkewitz und Krause in ihrem Beitrag nach. Sie analysieren vier Instrumente zur Messung von Innovationsklimata in der unternehmerischen Praxis und verglei-
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Teil II: Aktuelle Herausforderungen
chen die abgeleiteten Klimadimensionen mit den Ergebnissen einer eigenen empirischen Erhebung zu Klimaaspekten an der Schnittstelle zwischen zwei Unternehmen. Anhand dieser Daten leiten sie Empfehlungen zur Erhebung eines innovationsfreundlichen Schnittstellenklimas ab. Die Realisierung von Innovationsideen erfolgt in den meisten Unternehmen in Form von Projekten und eigens dafür zusammengestellten Innovationsteams. Eine gut funktionierende Teamarbeit stellt deshalb eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Innovationsarbeit im Unternehmen dar. Marx und Högl arbeiten in ihrem Beitrag deshalb die Erfolgsfaktoren für das Management solcher Innovationsteams heraus. Es geht um die Frage, welche Kompetenzen sowohl das Innovationsteam als auch die einzelnen Teammitglieder mitbringen müssen, um erfolgreich zusammenarbeiten zu können. Gleichzeitig wird aber auch auf die Rahmenbedingungen eingegangen, die erforderlich sind, um erfolgreiche Innovationsteams hervorzubringen. Der Beitrag bleibt jedoch nicht bei der Beschreibung von Erfolgsfaktoren stehen, sondern liefert insbesondere für den Bereich des Personalmanagements Ansatzpunkte für eine aktive Gestaltung dieser Rahmenbedingungen.
Boundary-Spanner als Akteure in der Innovationspolitik von Unternehmen
Debra Neumann und Hartmut H. Holzmüller
1. Ausgangsfragen In Forschung und Praxis wird die zentrale Rolle von Frontline Employees für die Leistungsfähigkeit von Organisationen immer wieder betont (Rucci et al. 1998; Singh 2000; Walter u. Gemünden 2000). Vor allem bei der Erstellung von Dienstleistungen stellen sie entscheidende Leistungsträger dar (Singh 2000). Das Augenmerk der Forschung liegt dabei in erster Linie auf Aspekten der Kundenbeziehung (Rucci et al. 1998; Sirdeshmukh et al. 2002), der Dienstleistungsqualität (de Jong et al. 2004) sowie der Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit der Frontline Employees (Singh et al. 1996). Neben Dienstleistungs- und Vertriebsaufgaben tragen Frontline Employees auch zur Innovationsfähigkeit von Unternehmen bei. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Rolle von Frontline Employees als Informationsquellen für Neuproduktentwicklungsteams untersucht worden (Martin u. Horne 1995; Lievens u. Moenaert 2000; Selden u. MacMillan 2006). Jedoch liegen kaum Erkenntnisse darüber vor, ob Frontline Employees auch als Innovatoren agieren und Innovationsanstöße aus der Anbieter-Kundenschnittstelle in Unternehmen hinein tragen. Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen daher die Fragen, ob und wie Frontline Employees zur Innovation in Business-to-Business Unternehmen beitragen, indem sie innovative Anregungen aus Kundenkontakten aufgreifen und deren Umsetzung innerhalb des Unternehmens unterstützen. Diesen Fragen soll mit Hilfe des Boundary-Spanning-Konzepts, das sich mit Austauschprozessen an den internen und externen Schnittstellen von Unternehmen befasst (Aldrich u. Herker 1977), nachgegangen werden. Diesem Ziel folgend wird in einem ersten Schritt der BoundarySpanner-Begriff abgegrenzt und auf unterschiedliche Arten des Boundary-
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Debra Neumann, Hartmut H. Holzmüller
Spannings eingegangen. Anschließend wird dargelegt, wie BoundarySpanner die Innovationsfähigkeit von Unternehmen fördern können. In einem nächsten Schritt werden die Ergebnisse einer qualitativen Studie dargestellt, die untersucht ob und wie Frontline Employees, die als BoundarySpanner an der Anbieter-Kundenschnittstelle agieren, im Rahmen von Kundenkontakten Innovationsanstöße gewinnen. Im fünften Abschnitt werden dann Maßnahmen zur effektiveren Nutzung von Frontline Employees als Ideenlieferanten und Boundary-Spannern für Innovation diskutiert.
2. Boundary-Spanner Als Boundary-Spanner werden Personen bezeichnet, die an den Schnittstellen von Unternehmen agieren und dort für das Unternehmen wichtige Aufgaben übernehmen (Aldrich u. Herker 1977). Sie „überbrücken“ die Schnittstellen, oder Grenzen (Boundaries), von Unternehmen und ermöglichen so einen Informationsfluss durch diese Schnittstelle (Leifer u. Delbecq 1978). Dabei kann es sich sowohl um äußere Schnittstellen, etwa die Schnittstelle zwischen Unternehmen (Walter 1998) oder zwischen dem Unternehmen und seiner externen Umwelt allgemein (Reid u. de Brentani 2004), handeln, aber auch um interne Grenzen, etwa zwischen Abteilungen (Tushman u. Scanlan 1981) oder unterschiedlichen Gruppen (Ancona u. Caldwell 1992). Für die Fragestellung dieses Beitrags ist in erster Linie das Boundary-Spanning an der Schnittstelle zwischen zwei Unternehmen interessant (siehe Abbildung 1). Interaktionen und Informationsaustausch an der Schnittstelle zwischen Unternehmen
Boundary-Spanner Unternehmen A
Unternehmen B
Abb. 1. Boundary-Spanning zwischen zwei Unternehmen (in Anlehnung an Jones und George 2003)
Boundary-Spanner als Akteure in der Innovationspolitik von Unternehmen
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In der Literatur finden sich unterschiedliche Klassifizierungen von Boundary-Spanning-Rollen (vgl. Tushman u. Scanlan 1981; Ancona u. Caldwell 1992; Yan u. Louis 1999). Besonders hilfreich für das bessere Verständnis der Innovationsfunktion von Frontline Employees erscheint die Unterscheidung nach informationellen und repräsentativen BoundarySpanning Rollen (Tushman u. Scanlan 1981). Informationelles BoundarySpanning bezieht sich auf den Transfer von Information und Wissen über inter- und intraorganisationale Grenzen, repräsentatives Boundar-Spanning dagegen bezieht sich in erster Linie auf Interaktionen und die Repräsentation des Unternehmens gegenüber externen Parteien (Aldrich u. Herker 1977). 2.1 Informationelle Boundary-Spanner Informationelle Boundary-Spanner ermöglichen es Unternehmen, externe Information über die Schnittstellen zur Unternehmensumwelt zu gewinnen. (Leifer u. Delbecq 1978). Dabei ist informationelles BoundarySpanning ein zweistufiger Prozess: Information wird in einem ersten Schritt von außerhalb des Unternehmens gesammelt und dann in einem zweiten Schritt innerhalb des Unternehmens weitergeleitet und verbreitet (vgl. Abbildung 2). Somit ergeben sich zwei Vorbedingungen für erfolgreiches Boundary-Spanning: Zugang zu (a) unternehmensexternen Netzwerken, um dort neue Information aufnehmen zu können, und (b) Zugang zu unternehmensinternen Netzwerken, um die gesammelte Information innerhalb des Unternehmens weitergeben zu können (Tushman u. Scanlan 1981). 2. Schritt: Weitergabe von Information
1. Schritt: Sammeln von Information
Unternehmensgrenze
Zugang zu externem Netzwerk
Informationeller Boundary-Spanner
Abb. 2. Informationelles Boundary-Spanning
Zugang zu internem Netzwerk
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Debra Neumann, Hartmut H. Holzmüller
Durch ihre periphere Position an der Schnittstelle von Unternehmen sind Boundary-Spanner mit einer großen Informationsflut konfrontiert. Aufgrund von begrenzter Informationsverarbeitungskapazität nehmen sie nur einen Teil der verfügbaren Information wahr. Mögliche Auswahlkriterien sind dabei (Leifer u. Delbecq 1978): x x x x x
wahrgenommene Bedürfnisse des Unternehmens bzw. der Vorgesetzten, eigene Bedürfnisse, bisherige Erfahrungen, die Erwartung zum weiteren Umgang mit gesammelter Information und Hinweise darauf, ob eine Information von Bedeutung ist oder nicht.
Nur ein Teil der gewonnenen Information wird innerhalb des Unternehmens weitergegeben (Leifer u. Delbecq 1978; Adams 1980). Sie übernehmen so zwei wichtige Funktionen für das Unternehmen: sie fördern den Informationsfluss über die Schnittstellen des Unternehmens, agieren dort aber gleichzeitig als Informationsfilter, da sie nur Information aufnehmen und weiterleiten, die sie für das Unternehmen für relevant halten (Aldrich u. Herker 1977; Adams 1980). Informationelle Boundary-Spanning-Rollen entstehen häufig auf informelle, emergente Weise (Tushman u. Scanlan 1981). Durch den Aufbau von informellen Netzwerken erschließen Boundary-Spanner neue Informationsquellen für ihr Unternehmen. Der Aufbau dieser Netzwerke bedeutet für den Boundary-Spanner eine Investition an Zeit und anderen Ressourcen, die in der Regel vom Unternehmen nicht eingeplant oder berücksichtigt werden. Diese Investitionen müssen also neben dem normalen Tagesgeschäft getätigt werden. Die fehlende Unterstützung auf Unternehmensseite ist darauf zurückzuführen, dass Unternehmen meist nicht bewusst ist, dass bestimmte Mitarbeiter informelle Netzwerke aufbauen und als informationelle BoundarySpanner eine wichtige Rolle für das Unternehmen spielen. Dies kann dazu führen, dass die Boundary-Spanner weniger Zeit und Anstrengung in ihr informelles Netzwerk investieren und so auch weniger Information und Anregungen erhalten (Cross u. Prusak 2002). Typische Beispiele für informationelle Boundary-Spanning Rollen in der Literatur sind Mitglieder von Neuprodukt- bzw. -dienstleistungsentwicklungsteams und IT Spezialisten (Tushman u. Scanlan 1981; Pawlowski u. Robey 2004).
Boundary-Spanner als Akteure in der Innovationspolitik von Unternehmen
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2.2 Repräsentative Boundary-Spanner Im Gegensatz zu informationellem Boundary-Spanning ist repräsentatives Boundary-Spanning ein einstufiger Prozess. Zu den Aufgaben der meist stark formalisierten Rolle des repräsentativen Boundary-Spanners gehören in erster Linie die Beschaffung und der Vertrieb von Ressourcen sowie die Pflege von Beziehungen mit externen Akteuren (Aldrich u. Herker 1977). Repräsentative Boundary-Spanner, zu denen auch Frontline Employees gehören, sind daher meist gut in externe Netzwerke integriert und interagieren mit einer Vielzahl externer Akteure. Dagegen fehlt ihnen in der Regel die Einbindung in interne Netzwerke (Tushman u. Scanlan 1981), da sie diese nicht zur Erfüllung ihrer Aufgaben brauchen (vgl. Abbildung 3). Repräsentative Boundary-Spanner werden bei ihren Aufgaben häufig mit unterschiedlichen und zum Teil widersprüchlichen Forderungen und Interessen konfrontiert, was zu erheblichem Rollenstress und sinkender Leistungsfähigkeit führen kann (Singh et al. 1996; Bettencourt u. Brown 2003). Typische Beispiele für repräsentative Boundary-Spanner sind Frontline Employees, wie etwa Vertriebs- und Kundendienstmitarbeiter (Leifer u. Delbecq 1978). Repräsentation des Unternehmens nach außen Unternehmensgrenze
Zugang zu externem Netzwerk
Repräsentativer Boundary-Spanner
Kaum Integration in interne Netzwerke
Abb. 3. Repräsentatives Boundary-Spanning
3. Boundary-Spanning für Innovation Informationelle Boundary-Spanner fördern die Innovationsfähigkeit von Unternehmen, indem sie Information und Anregungen von außen in ihr Unternehmen tragen (Tushman 1977; Johnson u. Hui-Jung 2000). Reid und de Brentani (2004) beschreiben diesen Prozess anhand von drei
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Debra Neumann, Hartmut H. Holzmüller
Schnittstellen: der „Boundary-Schnittstelle“, der „Gatekeeping-Schnittstelle“ und der „Projekt-Schnittstelle“. 1. Schritt des informationellen Boundary-Spannings
2. Schritt des informationellen Boundary-Spannings
BoundarySchnittstelle
Information aus der Umwelt
GatekeepingSchnittstelle
Boundary Spanner
Probleme und Innovationschancen werden identifiziert
Gatekeeper
ProjektSchnittstelle
Entscheidungsträger (Unternehmensebene)
Entscheidungsträger (Projektebene)
Kleine Gruppen
Fuzzy Front End
Abb. 4. Informationsfluss und Entscheidungsprozesse im Fuzzy Front End (Reid u. de Brentani 2004)
Die „Boundary-Schnittstelle“ bildet dabei die Grenze zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt. Sie stellt ein kritisches Element der Innovationsfähigkeit von Unternehmen dar. Über sie kann das Unternehmen externe Information und Anregungen sammeln, die vor allem für die ersten Phasen des Innovationsprozesses eine entscheidende Ressource darstellen (Tushman 1977). Boundary-Spanner spielen in diesem Prozess eine zentrale Rolle. Sie sind gewissermaßen die Intuition des Unternehmens (Reid und de Brentani, 2004) und können durch die Identifikation von potenziell innovationsrelevanter Information mögliche Innovationsanstöße und -chancen erkennen. Die zweite Schnittstelle, die „Gatekeeping-Schnittstelle“, liegt zwischen dem Gatekeeper und dem Unternehmen. Hier bewerten Gatekeeper die an der „Boundary-Schnittstelle“ gesammelter Information hinsichtlich ihrer Relevanz für das Unternehmen (Allen 1977) und entscheiden, ob und wie sie diese Information mit anderen Mitgliedern des Unternehmens teilen (Reid u. de Brentani 2004). Durch das Interpretieren und Teilen von gesammelter Information geht diese hier von der individuellen Ebene des Boundary-Spanners/Gatekeepers auf die organisationale Ebene über (Crossan 1999; Reid u. de Brentani 2004).
Boundary-Spanner als Akteure in der Innovationspolitik von Unternehmen
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In dem Modell von Reid und de Brentani (2004) ist der Prozess des informationellen Boundary-Spannings in zwei Rollen aufgeteilt worden. Der Boundary-Spanner interagiert und kommuniziert mit der Umwelt und sammelt so Information (1. Schritt des informationellen BoundarySpannings), die dann von dem Gatekeeper bewertet und gefiltert innerhalb des Unternehmens weitergeleitet werden (2. Schritt des informationellen Boundary-Spannings, Tushman u. Scanlan 1981). Für die Zwecke dieses Beitrags wird davon ausgegangen, dass es sich bei Boundary-Spanner und Gatekeeper um dieselbe Person handelt, die unterschiedliche Aufgaben der informationellen Boundary-Spanning-Rolle übernimmt. Die ersten beiden Schnittstellen, die „Boundary-Schnittstelle“ und die „Gatekeeping-Schnittstelle“, können dem Fuzzy Front End von Innovationsprozessen zugerechnet werden, also dem Prozess der Ideengenerierung (Khurana u. Rosenthal 1998). An der dritten Schnittstelle, der „ProjektSchnittstelle“ finden dann eine Ideenbewertung und ein Ideenscreening statt, nach der Innovationsanstöße entweder verworfen oder zu konkreten Innovationsprojekten weiterentwickelt werden (Reid u. de Brentani 2004). Reid und de Brentani (2004) beziehen diesen Prozess der frühen Innovationsphasen in erster Linie auf diskontinuierliche Innovation. In ihrer Argumentation entstehen Anstöße für inkrementelle Innovationen vor allem innerhalb des Unternehmens durch systematische Ideengenerierung, wie z.B. durch Kreativitätstechniken. Boundary-Spanner werden dann als Informationslieferanten genutzt, um die intern entstandenen Ideen weiterzuentwickeln (Urban u. Hauser 1996). Andere Studien dagegen zeigen, dass externe Information und Anregungen auch Anstöße zu inkrementellen Innovationen liefern können (Rothwell u. Dogdson 1991; Martin u. Horne 1995). Im Rahmen dieses Beitrags wird daher davon ausgegangen, dass das Modell von Reid und de Brentani (2004) auch auf inkrementelle Innovationen übertragbar ist.
4. Frontline Employees als Boundary-Spanner für Innovation Um ein besseres Verständnis dafür zu gewinnen, ob und wie Frontline Employees im Rahmen von Kundenkontakten an der Anbieter-Kundenschnittstelle innovative Ideen gewinnen, wurde im Rahmen des NovaMille Projekts u.a. eine qualitative Studie durchgeführt. Dabei wurden 21 Frontline Employees aus elf Unternehmen sowie neun Mitarbeiter von Kunden
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von zwei dieser Unternehmen befragt, so dass insgesamt 30 halbstandardisierte, leitfadengestützte Interviews geführt wurden. Die Interviewpartner wurden unter anderem danach gefragt, inwieweit sie durch ihr Unternehmen ermuntert werden, im Kundenkontakt nach neuen Ideen zu suchen und wie sie mit Innovationsanstößen, die sie an der Anbieter-Kundenschnittstelle gewonnen haben, weiter verfahren. Weiterhin sollten sie Situationen beschreiben, in denen innovative Ideen und Anregungen in Kundenkontaktsituationen entstanden sind, und Maßnahmen nennen, mit denen die Entstehung von Innovationsanstößen an der Anbieter-Kundenschnittstelle gefördert werden kann. Die 30 Interviews wurden transkribiert und mit Hilfe der Textanalysesoftware QSR NVivo (Gibbs 2002) sowie einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse ausgewertet. 4.1 Das Gewinnen von Innovationsanstößen Die befragten Frontline Employees agieren an der Anbieter-Kundenschnittstelle in erster Linie als repräsentative Boundary-Spanner, die das Unternehmen gegenüber den Kunden vertreten. Als solche sind sie in externe Unternehmensnetzwerke eingebunden. Im Rahmen der durchgeführten Studie wurde deutlich, dass sie dieses Netzwerk auch nutzen, um innovative Anregungen und Ideen zu sammeln und somit den ersten Schritt des informationellen Boundary-Spannings zu vollziehen. In den Interviews wurden über 100 Situationen beschrieben, in denen Frontline Employees an der Schnittstelle zum Kunden Innovationsanstöße gewinnen konnten. Zu den beschriebenen Innovationen, die aus solchen Anstößen entstanden sind, zählen Produkt-, Dienstleistungs- und Prozessinnovationen. Bei dem Großteil der beschriebenen Innovationen handelte es sich um kleinere, inkrementelle Innovationen, von denen viele wirtschaftlich sehr erfolgreich waren: Ein Unternehmen hat unter anderem Baustellen mit Baumaterialen versorgt. Für bestimmte Konstruktionen war es notwendig, Bauelemente biegen zu können. Der bisherige Prozess dazu war sehr aufwendig. Aufgrund von einer Idee, die ein Kunde mit einem Frontline Employee besprochen hat, modifizierte das Unternehmen diese Elemente und konnte sie so zu einem sehr erfolgreichen Produkt weiterentwickeln (Interview 6). In einem Fall wurde aber auch die Entwicklung einer neuen Dienstleistung beschrieben: Ein Unternehmen wurde in unterschiedlichen Planungs- und Beratungsgesprächen immer wieder mit denselben Fragen seitens der Kunden
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konfrontiert. Auf dem Markt gab es zu diesem Zeitpunkt keinen Dienstleister, der die benötigte Information gesammelt und in übersichtlicher Form angeboten hat. Das Unternehmen hat daraufhin ein solches Angebot entwickelt und es erfolgreich auf dem Markt platzieren können (Interview 4). Die interviewten Frontline Employees betonten die Bedeutung des Aufbaus starker Netzwerke und intensiver und vertrauensvoller Kontakte zur Gewinnung von innovativen Ideen und Anregungen. Dabei hatten die Frontline Employees in der Regel nicht aus diesem Grund in ihr externes Netzwerk investiert, sondern um ihren Aufgaben als repräsentativen Boundary-Spannern nachzukommen. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass es ein erhebliches Verbesserungspotenzial in der effektiven Nutzung der „Boundary-Schnittstelle“ (Reid u. de Brentani 2004), also bei der Gewinnung von Innovationsanstößen durch die Frontline Employees an der Anbieter-Kundenschnittstelle, besteht. Keiner der interviewten Frontline Employees sah die Suche nach neuen Ideen und Anregungen als Teil seiner Aufgaben. Da auch die Unternehmen das Suchen nach neuen Ideen kaum als Aufgabe der Frontline Employees definierten, gab es in der Regel weder eine ausdrückliche Ermutigung noch Unterstützung seitens des Unternehmens. Selten wurden Ressourcen oder Zeit für die Akquirierung von Innovationsanstößen bereitgestellt. Die Bereitschaft, Motivation und Fähigkeit von Frontline Employees, an der Schnittstelle nach innovativen Ideen zu suchen, wird insgesamt kaum gefördert. 4.2 Die Weitergabe von Innovationsanstößen Damit Unternehmen von den gesammelten Innovationsanstößen aus der Anbieter-Kundenschnittstelle profitieren können, müssen diese externen Impulse über die „Gatekeeping-Schnittstelle“ (Reid u. de Brentani 2004) in das Unternehmen gebracht und dort weiterentwickelt werden. Die empirische Untersuchung legt nahe, dass dieser zweite Schritt des informationellen Boundary-Spannings häufig sehr inneffektiv gehandhabt wird. Im Rahmen der Interviews wurde deutlich, dass die befragten Frontline Employees kaum in interne Netzwerke eingebunden sind. Die Interviewpartner berichteten, dass sie sich oft unsicher seien, wie sie mit Innovationsanstößen aus den Schnittstellen weiter verfahren sollten und wer der richtige Ansprechpartner hierfür sei. Es wurde von einem Mangel an Interesse und Unterstützung seitens des Unternehmens für die Ideen von Frontline Employees berichtet. Häufig wurde über fehlendes oder unbe-
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friedigendes Feedback, geringe oder keine Anreize und fehlende Möglichkeiten zur Weitergabe von Ideen und Anregungen geklagt. Dies legt nahe, dass viele Innovationsanstöße, die an der Anbieter-Kundenschnittstelle gesammelt werden, von Unternehmen nicht genutzt werden. Die empirische Untersuchung hat gezeigt, dass Frontline Employees an der Anbieter-Kundenschnittstelle Innovationsanstöße aufgreifen und in das Unternehmen tragen. Sie können als Boundary-Spanner mit Kundenkontakt die Innovationsfähigkeit von Unternehmen nicht nur dadurch steigern, dass sie als Informationslieferanten für Entwicklungsprojekte agieren (Lievens u. Moenaert 2000; Selden u. MacMillan 2006), sondern auch neue, innovative Ideen und Anregungen beisteuern. Allerdings werden Frontline Employees von den Unternehmen fast ausschließlich in ihrer Funktion als repräsentative Boundary-Spanner wahrgenommen. Die innovationsfördernde Funktion der Frontline Employees als informationelle Boundary-Spanner mit Kundenkontakt und als Ideenlieferanten dagegen wird von Unternehmen eher verkannt und daher auch nicht unterstützt.
5. Maßnahmen zur effektiveren Nutzung von BoundarySpannern als Ideenlieferanten Die gezielte Nutzung von Personal im Kundenkontakt als Ideenlieferanten im Rahmen von investiven Dienstleistungen, also immateriellen Marktangeboten, die an Unternehmen und sonstige Organisationen vermarktet werden, setzt voraus, dass in der Anbieterorganisation Klarheit über die möglichen Arten von Ideen und deren Verwertung geschaffen wird. Abbildung 1 zeigt die einfachste Form einer entsprechenden Typologie auf. Art der Ideengenerierung
Innovationsfeld Angebotsinnovation
Prozessinnovation
Kundenanregung (eher repräsentatives Boundary-Spanning)
Beiläufige Ideensammlung (informationelles Boundary-Spanning)
Abb. 5. Typen von Produktideen
Innovationen können einerseits auf unterschiedliche Zielbereiche abstellen, also zum einen darauf gerichtet sein, dass neue oder verbesserte An-
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gebote für die entsprechenden Märkte des Unternehmens gemacht werden. Die Ideen, die Boundary-Spanner mit Kundenkontakt in das Unternehmen einbringen, können somit genutzt werden um Produkt- und/oder Serviceangebote zu entwickeln oder weiter zu entwickeln. Zum anderen ist es zweckmäßig, nach der Art, wie Ideen generiert werden, zu differenzieren. Boundary-Spanner können in Kundenkontaktsituationen als Teil ihrer repräsentativen Boundary-Spanning-Aktivitäten mit Anregungen, Wünschen und Ideen konfrontiert werden, die sie aufgreifen und in der Folge in geeigneter Form in das entsendende Unternehmen rückmelden. Es ist aber auch denkbar und erscheint überaus relevant, dass BoundarySpanner den Kundenkontakt nutzen um in beiläufiger Art auf Ideen zu stoßen. So kann Servicepersonal die Präsenz in Betriebsstätten eines Kundenunternehmens dazu nutzen, dort eingesetzte Methoden und Techniken der Betriebsführung oder Leistungserstellung kennen zu lernen und diese als innovative Anregungen in das eigene Unternehmen rückzumelden. Hierbei handelt es sich um informationelle Boundary-Spanning-Aktivitäten, bei denen Innovationschancen und Marktpotenziale im Unternehmensumfeld identifiziert und in das Unternehmen getragen werden (Aldrich u. Herker 1977). Eine Differenzierung nach unterschiedlichen Arten von Produktideen erscheint hilfreich für die Entwicklung entsprechender Innovationsmanagementkonzepte zu sein, weil sich daraus Zielinhalte für betriebswirtschaftliche Maßnahmen ableiten lassen. Unternehmen, die auf Märkten mit stark volatilen Produkt- und Leistungsangeboten tätig sind, wird es ein primäres Anliegen sein, verstärkt Ideen zu generieren und zu fördern, die auf Marktinnovation setzen. In Märkten wo beispielsweise die technologische Entwicklung nicht so stark im Vordergrund steht, also Märkte die einen höheren Sättigungsgrad aufweisen, wird der Schwerpunkt möglicherweise stärker auf der Verbesserung der unternehmensinternen Strukturen und Abläufe liegen. In einem ersten Schritt der Entwicklung eines Nutzungskonzeptes von Boundary-Spannern als Ideenlieferanten ist es bedeutsam zu klären, ob alle Formen von innovativen Ideen genutzt werden sollten oder eine Einschränkung auf spezifische Typen von Ideen erfolgen soll. Aus Vereinfachungsgründen für die weitere Diskussion geeigneter Maßnahmen gehen wir in der Folge von einer undifferenzierten Herangehensweise aus. Nach der Festlegung einer generellen Zielrichtung ist ein nächster sinnvoller Schritt die Entwicklung einer entsprechenden Grundhaltung der Mitarbeiter in den betroffenen Unternehmensbereichen. Zweckmäßiger Weise sollten solche programmatischen Entwicklungen von der Unter-
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Debra Neumann, Hartmut H. Holzmüller
nehmensführung angestoßen werden und im Dialog mit den betroffenen Bereichen die operationalen Taktiken entwickelt werden (Pullig 2002). So ist denkbar, dass mit Hilfe von Workshops und geeigneter Moderation, Ideen und Konzepte einer besseren Nutzung der Schnittstelle zu Kunden im Rahmen der Leistungserbringung herausgearbeitet und in der Vorstellungswelt der Boundary-Spanner verankert werden. Die Etablierung solcher Vorstellungen sollte unmittelbar von entsprechenden organisatorischen Maßnahmen begleitet werden. Wobei aus der Sichtweise des Innovationsmanagements im konkreten Fall zumindest drei Bereiche einer entsprechenden Gestaltung bedürfen, nämlich die Kundenkontaktsituation, die Informationsweitergabe ins entsendende Unternehmen und die Verwertungsprozesse der gelieferten Ideen. Hinsichtlich der Kundenkontaktsituation ist zu gewährleisten, dass Freiräume in zeitlicher und tätigkeitsorientierter Hinsicht geschaffen werden, die es den Boundary-Spannern ermöglichen in den zielführenden Austausch mit Kontaktpersonen aus dem Kundenunternehmen zu treten bzw. einzelne Ausschnitte der Kundenorganisation kennen zu lernen. Die betriebswirtschaftliche Problematik in diesem Kontext liegt in einer balancierten Herangehensweise, die einerseits die Serviceproduktivität nicht außer acht lässt und andererseits die nötigen Freiräume für die Ideenakquise im Kundenkontakt lässt. Dieser Bereich betrifft die „Boundary-Schnittstelle“ (Reid u. de Brentani 2004) in Unternehmen. Bezüglich der Weitergabe von in der Kundenschnittstelle kreierten oder aufgegriffenen Ideen an das entsendende Unternehmen sind Kommunikationsstrukturen zu entwickeln, die gewährleisten, dass ein effizientes, für den Boundary-Spanner unaufwendiges Reporting an geeignete Unternehmensbereiche, die sich mit der Ideenverfolgung und -weiterentwicklung beschäftigen, ermöglicht wird. In diesem Zusammenhang ist vor allem auch die Art und Qualität der Rückmeldung an den Ideenlieferanten bedeutsam für die nachhaltige Effizienz des Ideenakquisitionsprozesses. Typische technische Lösungen, die hier zum Einsatz kommen können sind u. a. elektronische Außendienstkommunikationssysteme, Intranetplattformen oder virtuelle Arbeitsräume (Buehrer et al. 2005). Dieser Bereich entspricht der „Gatekeeping-Schnittstelle“ aus dem Modell von Reid und de Brentani (2004). Von wesentlicher Bedeutung für die Gesamtkonzeption wird der Prozess der Ideenverwertung sein, der in sich effizient und effektiv gestaltet werden sollte und zudem gewährleisten muss, dass der Ideenlieferant über eingeleitete Verwertungsmaßnahmen auf dem Laufenden gehalten und in einzelne Prozessschritte einbezogen wird (Hauschildt 2004). Zielführend
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erscheint ein systematisches Ideen-Screening durch ein Komitee, das mit Experten aus den relevanten Unternehmensbereichen und der Geschäftführung besetzt ist (Cooper et al. 2004). Die Ergebnisse eines entsprechenden Bewertungsprozesses sollten unmittelbar an den Boundary-Spanner rückgemeldet werden. Bei einer positiven Bewertung, welche die Weiterverfolgung der Innovation nahe legt, könnte ein interner Projektpromotor benannt werden, der in loser Koppelung mit dem Ideenlieferanten, die unternehmensinterne Verwertung der Idee vorantreibt. Der Bereich der Ideenverwertung ist vergleichbar mit der „Projekt-Schnittstelle“ (Reid u. de Brentani 2004). Komplexe organisatorische Lösungen der skizzierten Art bedürfen, um nachhaltig zu funktionieren, einer geeigneten Schulung der BoundarySpanner sowie der Projektpromotoren. Da typischerweise Personen betroffen sind, die auf umfangreiche einschlägige Erfahrung im Kundenkontakt und der Verfolgung von innovativen Ideen verweisen können, scheint eine zieladäquate Professionalisierung der betroffenen Akteure stark selbstgesteuert möglich zu sein. Das heißt, das beispielsweise über Arbeitssitzungen, die einer klar konzeptualisierten Umsetzungsweise folgen, die entsprechenden Einstellungsänderungen und motivationalen Grundlagen für das betroffene Personal quasi in Eigenregie geschaffen werden können. In vielen Fällen dieser Art des organisationalen Lernens hat sich zudem der Einsatz von Fallgeschichten bewährt (Taylor et al. 2002; Patriotta 2003). Die kurzweilige Dokumentation erfolgreicher und besonders geglückter Innovationen, die ihren Ursprung in Kundenkontaktsituationen haben, kann dazu beitragen, dass erwartete Verhaltensänderungen rascher internalisiert werden. Solche Falldokumentationen können auch zur Mythenbildung innerhalb von Organisationen beitragen und damit erwartete Verhaltenschemata noch besser im Bewusstsein von Mitarbeitern verankern (Buckler u. Zien 1996). Flankierend zu dem bisher angesprochenen Maßnahmenbündel gilt es, ein entsprechendes Anreizsystem für die Ideenlieferanten und die Promotoren zu entwickeln (Schneider et al. 1994). Ein erster effizienter Schritt zur Erhöhung der Motivation der Zielpersonen ist die Integration der Ideenakquisition und -verwertung in den jeweiligen Stellenbeschreibungen. Monetäre Vergütungsschemata sollten im Dialog mit den Betroffenen entwickelt werden und gewährleisten, dass ein nachhaltiges Innovationsklima installiert wird1. Zusätzlich zu monetären Anreizen sollten entsprechende unternehmensinterne Kommunikationsinstrumente entwickelt werden, die Ideenlieferanten und Projektpromotoren eine geeignete Öffent1
Vgl. auch Beitrag von Neumann, Joraschkewitz und Krause
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lichkeit bieten und so über Statusbildung bzw. mediale Motivation zu einer verstärkten Verankerung von durch Boundary-Spannern initiierten Innovation beitragen. Die vorgestellten Maßnahmenbündel sind sicherlich nur in einem schrittweisen Modus über einen längeren Zeitraum hinweg zu entwickeln und bedürfen damit einer ganz starken Unterstützung der Leitungsgremien von Unternehmen (Pullig 2002). Vermutlich sind ausgewogene Herangehensweisen, die Top-Down- und Bottom-Up-Prozesse gut balancieren, für die Installation entsprechender Konzepte besonders zielführend.
6. Einbindung in das Innovationsmanagement Boundary-Spanner mit Kundenkontakt sind eine wichtige Ressource für die Innovationsfähigkeit und -leistung von Unternehmen, die bisher nur unzureichend genutzt wird. Durch die effektive Einbindung dieser Boundary-Spanner in das Innovationsmanagement können Unternehmen die Entwicklung von Angebots- und Prozessinnovationen forcieren und sich so Wettbewerbsvorteile schaffen. Im Rahmen der qualitativen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass Frontline Employees als Boundary-Spanner mit Kundenkontakt innovative Ideen ins Unternehmen tragen. Dabei kann es sich zum einen um Anregungen oder Verbesserungsvorschlägen handeln, die durch die BoundarySpanner in das Unternehmen getragen werden (wie etwa bei der Modifizierung des Bauelements, Interview 6). Zum anderen ist es möglich, dass die Boundary-Spanner im Rahmen von Kundenkontakten in beiläufiger Weise auf neue Ideen stoßen (wie beispielsweise im Fall der neu entwickelten Dienstleistung, Interview 4). Gleichzeitig wurde deutlich, dass es noch ein großes Verbesserungspotenzial bei der Gewinnung von Innovationsanstößen und stärker noch bei der Weitergabe dieser Anstöße gibt. Bei der Gestaltung des Innovationsmanagements zur effektiveren Nutzung von Boundary-Spannern als Ideenlieferanten bieten sich drei Bereiche an: das Aufgreifen von Information und Ideen in der Kundenkontaktsituation („Boundary-Schnittstelle“), die Informationsweitergabe ins Unternehmen („Gatekeeping-Schnittstelle“) und die Verwertung der gelieferten Ideen („Projekt-Schnittstelle“). Die in diesem Beitrag angeführten Überlegungen und die Ergebnisse der qualitativen Studie stellen einen Ausgangspunkt für weitere Forschung in diesem Bereich dar. Des Weiteren soll das Bewusstsein von Unternehmen
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für das Innovationspotenzial, das in dem effektiven Management von Boundary-Spannern im Kundenkontakt liegt, gestärkt werden. Ein wichtiger nächster Schritt in diesem Zusammenhang ist, genauer zu untersuchen, wie die „Boundary-“, „Gatekeeper- und „Projekt-Schnittstellen“ innovationsfördernd gestaltet werden können. Anhand dieser Erkenntnisse können dann Managementtools entwickelt werden, die Unternehmen bei der Integration von Boundary-Spannern mit Kundenkontakt in das Innovationsmanagement unterstützen.
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Innovationsförderliche Klimata an der AnbieterKundenschnittstelle
Debra Neumann, Ina Joraschkewitz und Michael Krause
1. Die Bedeutung von Klima für Innovation Was unterscheidet innovative Unternehmen, die kontinuierlich und erfolgreich Innovationen entwickeln, umsetzen und erfolgreich auf den Markt bringen von anderen, weniger innovativen Unternehmen? Ein entscheidendes Merkmal innovativer Unternehmen sind innovationsfördernde Organisationsklimata. Unternehmen, denen es gelingt, solche Klimata zu etablieren, sind besser als andere in der Lage, Anstöße zu Innovationen zu erkennen und zu nutzen, haben mehr und innovativere Ideen und entwickeln diese häufiger zu marktfähigen Produkten (Ekvall 1996; Cooper et al. 2004). Das Klima eines Unternehmens ist nicht mit der Unternehmenskultur gleichzusetzen, auch wenn es sich um verwandte Konzepte handelt (Deshpandé u. Webster 1989). Der Klimabegriff bezeichnet die von den Mitarbeitern geteilte Wahrnehmung der Prozesse, Praktiken und Werte in einem Unternehmen (Reichers u. Schneider 1990). Das Klima bezieht sich auf das „was passiert“, auf die Wahrnehmung der Mitarbeiter, welches Verhalten vom Unternehmen unterstützt, belohnt und erwartet wird und lässt sich auch als die wahrgenommene Atmosphäre innerhalb eines Unternehmens bezeichnen (Schneider et al. 1994). Die Unternehmenskultur dagegen beschreibt die Menge gemeinsamer, grundlegender Annahmen, Normen und Werte innerhalb eines Unternehmens (Schein 1995; vgl. Joraschkewitz, Berg, Bipp in diesem Band). Die Kultur bezieht sich stärker darauf, „warum etwas passiert“ (Deshpandé und Webster 1989). Dabei können in einzelnen Unternehmensbereichen auch Subkulturen und bereichsspezifische Klimata entstehen (Weinert 2004). Das Klima in einem Unternehmen bzw. einem Unternehmensbereich hat einen starken Einfluss auf das Verhalten und die Wahrnehmung der Mitar-
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beiter (Glick 1985; Weinert 2004). Ein positives Klima für Innovation verstärkt innovationsförderndes Verhalten und hebt die Bedeutung von innovationsrelevanten Informationen und Anregungen in der Wahrnehmung von Mitarbeitern hervor (Schneider et al. 1994). So kann die Fähigkeit von Unternehmen, erfolgreich zu innovieren, durch das Innovationsklima erheblich gestärkt werden (Cooper et al. 2004). Unternehmen können durch die aktive Gestaltung eines Klimas für Innovation, ihre Fähigkeit, erfolgreich zu innovieren, stark verbessern (Schneider et al. 1994). Im ersten Teil dieses Beitrags soll daher herausgearbeitet werden, wodurch sich ein innovationsförderndes Klima auszeichnet. Dazu werden vier Messinstrumente vorgestellt, die unterschiedliche Facetten eines Innovationsklimas abgreifen, und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen diesen aufgezeigt. In bisherigen Studien ist das Innovationsklima nur innerhalb eines Unternehmens gemessen worden. Es bleibt also zunächst unklar, inwiefern sich ein Innovationsklima an der Schnittstelle zum Kunden, also zwischen Unternehmen, positiv auf die Entstehung von Innovationsanstößen an dieser Schnittstelle auswirkt. Im zweiten Teil dieses Artikels sollen daher die Ergebnisse einer qualitativen Studie vorgestellt werden, die diesen Sachverhalt in Business-to-Business-Märkten näher untersucht hat. Anhand der Ergebnisse dieser Befragungen und der Analyse von Messinstrumenten zur Erfassung von Innovationsklimata werden dann Implikationen für die Praxis abgeleitet.
2. Dimensionen innovationsfördernder Klimata Um eine Übersicht aus der in der Literatur genannten Dimensionen von innovationsfördernden Klimata zu gewinnen, werden im Folgenden Instrumente zur Messung von Innovationsklimata vorgestellt. Dabei wird auch auf Instrumente zur Messung von kreativitätsfördernden Klimata eingegangen, da beide Konstrukte eng miteinander verbunden sind und Kreativität als eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung von Innovation gesehen werden kann (Amabile 1996; Mathisen u. Einarsen 2004). Durch einen Vergleich dieser Instrumente sollen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet und so die Dimensionen von innovationsfördernden Klimata näher beschrieben werden.
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2.1 Instrumente zur Messung innovationsförderlicher Klimata Um die Qualität der vorgestellten Instrumente zu gewährleisten, wurden Instrumente ausgewählt, die bereits in Forschung und Praxis eingesetzt und in einem anerkannten Journal veröffentlicht wurden. Zudem wurden zu allen Instrumenten psychometrische Daten veröffentlicht, die auf eine hinreichende Objektivität, Reliabilität1 und Validität2 schließen lassen. Diese Voraussetzungen erfüllen die folgenden Instrumente: x x x x x
Creative Climate Questionnaire, CCQ (Ekvall 1996) Situational Outlook Questionnaire, SOQ (Isaksen et al. 1999) KEYS – Assessing the Climate for Creativity (Amabile et al. 1996) Teamklima Inventar, TKI (Anderson u. West 1998) Fragebogen zur Messung des Innovationsklimas, INNO (Kauffeld et al. 2004)
Beim SOQ handelt es sich um eine validierte, englischsprachige Weiterentwicklung des CCQ, die bis auf einige kleinere Abweichungen identisch sind (Isaksen et al. 1999), daher wird hier nur auf den SOQ eingegangen. 2.1.1 Situational Outlook Questionnaire – SOQ
Der SOQ wurde als Maß für das Klima für Kreativität und Innovation entwickelt. Er untersucht insgesamt neun Klimadimensionen, die über 48 Items abgefragt werden. Acht dieser Klimadimensionen werden als fördernd für die Entstehung von kreativen und innovativen Ideen angesehen und nur eine als innovationshemmend (siehe Tabelle 1). Tabelle 1. Klimadimensionen des SOQ3 Klimadimensionen Fördernde Dimensionen Herausforderung und Engagement (7 Items) Freiheit (5 Items)
1 Reliabilität,
Beschreibung der Dimension mit Beispielitem Der Grad an Engagement und Commitment sowie die Motivation, die Mitarbeiter gegenüber ihren Aufgaben und Zielen empfinden. The work atmosphere here is filled with energy. Der Grad der Autonomie und Initiative, den Individuen in ihrem Verhalten zeigen; Entscheidungsspielraum der Mitarbeiter. People here make choices about their own work.
auch Zuverlässigkeit genannt, gibt als Gütekriterium eines Tests an, wie stark die Messwerte durch Störeinflüsse und Fehler belastet sind. 2 Die Validität oder Gültigkeit ist ein Gütekriterium, das angibt, in welchem Maße durch einen Test inhaltlich tatsächlich das gemessen wird, was gemessen werden soll. 3 in Anlehnung an Isaksen et al. 1999
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Tabelle 1. (Fortsetzung) Klimadimensionen Fördernde Dimensionen Zeit für Ideen ( 6 Items) Verspieltheit und Humor (6 Items) Unterstützung von Ideen (5 Items)
Diskussionen (6 Items) Risikofreudigkeit (4 Items)
Beschreibung der Dimension mit Beispielitem Mitarbeiter verfügen über ausreichend Zeit zur Ausarbeitung von Ideen. Time is available to explore new ideas. Spontaneität, ungezwungene Atmosphäre - es wird gemeinsam gelacht. People here exhibit a sense of humour. Neue Ideen und Vorschläge sind willkommen und werden aufgeschlossen diskutiert. People usually feel welcome here when presenting new ideas. Unterschiedliche Meinungen, Ideen, Erfahrungen und Wissen werden ausgetauscht und gemeinsam besprochen. A wide variety of viewpoints are expressed here. Keine Vermeidung von Unsicherheit und mehrdeutigen Situationen. People here often venture into unknown territory.
Hemmende Dimension Konflikte (6 Items)
Spannungen zwischen Individuen und Gruppen. There are power and territory struggles here.
In Studien wurde gezeigt, dass der SOQ ein valides Messinstrument ist, das Rückschlüsse auf den Grad der Innovativität von Unternehmen erlaubt (Isaksen et al. 2000; Isaksen u. Lauer 2002). Die Reliabilität der Skalen ist insgesamt gut. Bei sieben der neun Skalen lagen die Werte für Cronbach’s Alpha4 in Studien bei über Į = 0,8 bei „Vertrauen und Offenheit“ und „Risikobereitschaft“ bei Į = 0,64 und Į = 0,62. 2.1.2 KEYS: Assessing the Climate for Creativity - KEYS
KEYS ist ein englischsprachiges Messinstrument, das entwickelt wurde, um das Klima als Basis für Kreativität in Organisationen zu messen (Amabile et al. 1996). Das Klima für Kreativität beeinflusst vor allem die erste Phase des Innovationsprozesses, die Ideenfindung, da es „the production of novel and useful ideas“ fördert (Amabile et al. 1996, S. 1155). Insgesamt besteht KEYS aus zehn Skalen mit 86 Items, von denen zwei als Kriteriumsvariablen die Kreativität (6 Items) und die Produktivität (6 Items) der Organisation messen und die anderen acht das Organisationsklima erfas4
Cronbach’s Alpha ist ein gebräuchliches Maß zur Beurteilung der Reliabilität eines Konstrukts, das den Grad der internen Konsistenz von Testitems bestimmt. Der Wert für Cronbach’s Alpha kann zwischen 0 und 1 liegen, wobei möglichst ein Wert von 0,7 oder darüber erzielt werden sollte (Brosius 2002).
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sen. Sechs dieser Klimadimensionen gelten als kreativitätsförderlich, zwei weitere als -hemmend (siehe Tabelle 2). Tabelle 2. Klimadimensionen des KEYS5 Klimadimensionen Fördernde Dimensionen Ermutigung auf Unternehmensebene (15 Items)
Ermutigung durch Vorgesetzte (11 Items) Ermutigung durch die Arbeitsgruppe (8 Items) Autonomie (4 Items)
Ausreichende Ressourcen (6 Items) Herausfordernde Arbeit (5 Items) Hemmende Dimensionen Organisationale Hemmnisse (12 Items) Druck durch Arbeitspensum (5 Items)
Beschreibung der Dimension mit Beispielitem Ermunterung zu Risikobereitschaft und Ideenentwicklung; faire Bewertung von Ideen, hoher Stellenwert von Innovation auf allen Unternehmensebenen; Erkennen und Belohnen von Kreativität; Wissens- und Ideenaustausch. People are encouraged to solve problems creatively in this organization. Klare Ziele; Unterstützung der Arbeit und der Ideen von Teams und Einzelnen sowie eine offene und interaktive Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern. My supervisor serves as a good work model. Heterogene Teams; Offenheit gegenüber Ideen; konstruktive Kritik von Ideen und Commitment gegenüber dem Projekt. There is free and open communication within my work group. Mitarbeiter können selbst entscheiden, welche Aufgaben Sie wie lösen. I have the freedom to decide how I am going to carry out my projects. Mitarbeiter können auf geeignete Ressourcen zurückgreifen. Generally, I get the resources I need for my work. Herausfordernde Aufgaben, die motivierend wirken. I feel challenged by the work I am currently doing. Interne Konflikte und rigide, formale Managementstrukturen. There are many political problems in this organization. Sehr hoher Zeitdruck; unrealistische Produktivitätserwartungen; Ablenkungen von kreativer Arbeit. I have too much to do in too little time.
In Studien konnte gezeigt werden, dass kreative und innovative Unternehmen bessere Werte in den einzelnen KEYS-Dimensionen erzielen (Amabile et al. 1996; Amabile u. Conti 1999). Die Klimadimensionen von KEYS erlauben also tatsächlich Rückschlüsse auf die Kreativität und Innovationsfähigkeit eines Unternehmens (Mathisen u. Einarsen 2004). Die KEYS-Skalen haben sich als reliabel erwiesen, der Wert für Cronbach’s Alpha liegt zwischen Į = 0,66 und Į = 0,91 (Amabile et al. 1996).
5
in Anlehnung an Amabile et al 1996
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2.1.3 Fragebogen zum Innovationsklima – INNO
Der INNO ist ein deutschsprachiger Fragebogen zur Erfassung des Innovationsklimas in Organisationen in deutscher Sprache. Er wurde 2004 von Simone Kauffeld und ihren Mitarbeitern veröffentlicht und anschließend überarbeitet. Entwickelt wurde der INNO auf der Grundlage einer facettenspezifischen Klimakonzeption, d.h. Klima wird hinsichtlich seines Inhalts, wie etwa Team oder Innovation, und im Hinblick auf seine Konsequenzen unterschieden. Welche Faktoren förderlich für Innovationen sein könnten, schließt Kauffeld vor allem aus dem Center of Excellence Ansatz (Frey u. SchulzHardt 2000, vgl. auch den Beitrag von Joraschkewitz, Berg und Bipp in diesem Band): Kulturen der kontinuierlichen Reflexion, der Implementation, der Professionalität und der Führung. Der Fragebogen besteht aus 21 bzw. 25 Items (ursprüngliche bzw. überarbeitete Version). Mit Hilfe einer Faktorenanalyse konnten die vier erwarteten Klimadimensionen gefunden werden. Tabelle 3. Klimadimensionen des INNO6 Klimadimensionen Aktivierende Führung (6 Items)
Center of Excellence Kulturen Führungskultur
Konsequente Implementation (7 Items)
Implementationskultur
Kontinuierliche Reflexion (5 Items)
Problemlöse-, Reflexions-, Kreativitätskultur
Professionelle Dokumentation (7 Items)
Teil der Professionalitätskultur
Beschreibung der Dimension mit Beispielitem Drückt aus, wie der Vorgesetzte mit Verbesserungen im Allgemeinen umgeht. Unser Vorgesetzter fordert uns auf, Verbesserungsvorschläge zu machen. Umsetzung der entstandenen Ideen mit klaren Strukturen, Prozessen und Bewertungsschemata. Wir haben viele Ideen, aber wir setzen sie nicht um. Kritische Prüfung von und ständige Suche nach Verbesserungspotenzialen. Es ist wichtig, dass jeder Mitarbeiter Verbesserungsvorschläge macht. Professionelle Dokumentation von Fehlern, Reklamationen und Verbesserungsvorschlägen. Wir erfassen Reklamationen systematisch.
Die Reliabilität des INNO ist in der Studie von Kauffeld und anderen (2004) mit einem Cronbachs alpha zwischen Į = 0,75 und 0,81 für drei der Skalen als gut zu bewerten. Nur für die Skala „Professionelle Dokumentation“ ist der Wert im ursprünglichen Fragebogen mit Į = 0,45 bzw. 0,65 6 in
Anlehnung an Kauffeld et al. 2004
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mittelmäßig. Daher wurde die Skala um fünf Items erweitert. Für die erweiterte Skala liegt ein erster Reliabilitätswert von Į = 0,87 aus Untersuchungen im Rahmen des NovaMille Projekts vor. Kriteriumsvalidität und diskriminante Validität können als gegeben angenommen werden. Alle Gütekriterien sprechen also dafür, dass der INNO erfolgreich in der Praxis eingesetzt werden kann. 2.1.4 Teamklima Inventar – TKI
Das Teamklima Inventar (TKI, Brodbeck u. Maier 2001) ist ein Fragebogen zur Messung der Arbeitsatmosphäre und erfasst das Klima für Innovation auf der Teamebene. Das TKI ist die deutsche, validierte Übersetzung des Team Climate Inventory von Anderson u. West (1998). Als Basis dient hierbei das von West (1990) konzipierte Vier-Faktoren-Modell, mit dessen Hilfe die Innovativität und das Ausmaß der Förderung konstruktiver und produktiver Zusammenarbeit innerhalb eines Unternehmens gemessen werden können. Die vier Klimadimensionen werden in Tabelle 4 kurz dargestellt. Eine weitere Skala (6 Items) misst Tendenzen der sozialen Erwünschtheit. Der gesamte Fragebogen umfasst somit 44 Items. Die Reliabilität der Hauptdimensionen variiert zwischen Į = 0,81 und Į = 0,89 und ist somit als gut einzustufen (Anderson u. West 1998). In mehreren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass ein positiver Zusammenhang zwischen den Klimadimensionen des TKI und der Innovativität und Leistung von Teams besteht (Brodbeck u. Maier 2001). Tabelle 4. Klimadimensionen des TKI7 Klimadimensionen
Subdimensionen
Vision (11 Items)
Klarheit; Wertschätzung; Einigkeit; Erreichbarkeit Hohe Standards; Reflexion; Synergie
Aufgabenorientierung (7 Items)
7
in Anlehnung an Brodbeck u. Maier 2001
Beschreibung der Dimension mit Beispielitem Die Ausrichtung aller Aktivitäten auf gemeinsame Ziele. Wie genau sind sie sich im Klaren über die Ziele Ihres Teams? Das Streben eines jeden Einzelnen nach einer hohen Leistung. Ist es den Teammitgliedern ein echtes Anliegen, dass das Team den höchstmöglichen Leistungsstandard erreicht?
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Tabelle 4. (Fortsetzung) Klimadimensionen Partizipative Sicherheit (12 Items) Unterstützung für Innovationen (8 Items)
Subdimensionen
Beschreibung der Dimension mit Beispielitem Informationsverarbei- Ein kooperatives Verhalten der Teammittung; Sicherheit; Ein- glieder untereinander. fluss; Teammitglieder fühlen sich gegenseitig akzeptiert und verstanden. Kontaktpflege Normen der BereitGegenseitige Unterstützung bei der Entwickschaft; lung und Realisierung von Innovationen. Normen der Das Team ist Veränderungen gegenüber aufUmsetzung geschlossen und empfänglich.
2.2 Gemeinsamkeiten der Instrumente Die vorgestellten Instrumente wurden anhand unterschiedlicher Konzeptualisierungen von innovationsfördernden Klimata entwickelt. Sie unterscheiden sich in der Zahl der einzelnen Klimadimensionen (zwischen vier und zehn), der Zahl der verwendeten Items (zwischen 25 und 86) und darin, ob auch hemmende Klimadimensionen abgefragt werden. Weiterhin liegt der Schwerpunkt bei einigen Instrumenten stärker in der Entstehung von innovativen Ideen (z. B. KEYS) und bei anderen in der Implementation von Innovationsanstößen (z.B. INNO). Trotz dieser Unterschiede haben die vorgestellten Instrumente viel gemeinsam. Die Gemeinsamkeiten lassen die Zuordnung der Klimadimensionen dieser Instrumente, basierend auf den Inhalten der Items und der Beschreibung der einzelnen Dimensionen, zu sechs Bereichen zu: Unterstützung für Innovation, Herausforderung, Engagement und Einbindung, Wissens- und Ideenaustausch, Handlungs- und Entscheidungsfreiraum sowie Offenheit und Konflikte. Die Zuordnung der Klimadimensionen zu den einzelnen Bereichen wird in Tabelle 5 dargestellt.
TKI (Brodbeck 2000)
INNO (Kauffeld et al. 2004)
Unterstützung
Unterstützung für Innovation; Partizipative Sicherheit (Sicherheit)
Ermutigung; Ausreichende Ressourcen; Negativ: Druck durch Arbeitspensum
Unterstützung von Ideen; Zeit für Ideen
Aktivierende Führung
Herausforderung, Engagement und Einbindung
Herausforderung und Engagement
Herausfordernde Arbeit; z.T. Ermutigung auf Unternehmensebene
Aufgabenorientierung; Vision
z.T. kontinuierliche Reflexion
Wissens- und Ideenaustausch
Diskussionen; Vertrauen und Offenheit; Verspieltheit und Humor; Unterstützung von Ideen
Ermutigung; Negativ: Druck durch Arbeitspensum
Aufgabenorientierung; Partizipative Sicherheit
Kontinuierliche Reflektion; Professionelle Dokumentation; Aktivierende Führung;
Handlungs- und Entscheidungsspielraum
Freiheit und Zeit für Ideen
Autonomie; Negativ: Organisationale Hemmnisse
Partizipative Sicherheit (Einfluss bei Entscheidungen)
Offenheit
Risikofreudigkeit
Ermutigung
Partizipative Sicherheit (Sicherheit)
Konflikte (hemmend)
Konflikte
Organisationale Hemmnisse
Konsequente Implementation
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KEYS (Amabile et al. 1996)
Innovationsförderliche Klimata an der Anbieter-Kundenschnittstelle
SOQ (Ekvall 1996)
Tabelle 5. Gemeinsamkeiten der Messinstrumente
Klimadimension
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3. Innovationsfördernde Klimata an der Anbieter-Kundenschnittstelle Bisher wurde das Innovationsklima vor allem in einzelnen Unternehmen oder Arbeitsbereichen gemessen (Mathisen u. Einarsen 2004). An der Anbieter-Kundenschnittstelle interagieren aber Mitarbeiter aus unterschiedlichen Unternehmen und Arbeitsbereichen miteinander. Daher wurde im Rahmen des NovaMille Projekts eine qualitative Erhebung durchgeführt, bei der 30 halbstandardisierte, leitfadengestütze Interviews geführt wurden. Interviewpartner waren 21 Frontline Employees, also Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt, von elf Unternehmen sowie neun Mitarbeiter von Kunden von zwei dieser Unternehmen. Die Interviewpartner wurden gebeten, Situationen, in denen sie im Rahmen von Kundenkontakten Innovationsanstöße gewonnen hatten, näher zu beschreiben. Zusätzlich sollten sie beurteilen, welche Aspekte und Faktoren ihrer Einschätzung nach fördernd oder hemmend auf die Entstehung von innovativen Ideen in der Anbieter-Kundenschnittstelle wirken. Des Weiteren wurden sie nach Maßnahmen gefragt, mit denen Unternehmen stärker vom Innovationspotenzial an der Schnittstelle profitieren könnten. Die 30 Interviews wurden transkribiert und mit Hilfe der Textanalysesoftware QSR NVivo sowie einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass auch an der Anbieter-Kundenschnittstelle ein Innovationsklima entsteht und die Entstehung von innovativen Ideen und Anstößen fördert. Dabei werden die Merkmale und Besonderheiten, mit denen die befragten Frontline Employees Situationen charakterisiert haben, in denen sie Innovationsanstöße gewonnen haben bzw. die sie als fördernd für die Entstehung solcher Anstöße beschrieben haben, als Eigenschaften des Klimas an der Schnittstelle aufgefasst. Sie können als situative Charakteristika verstanden werden, die durch die wahrgenommenen Praktiken, Prozesse und Werte kontinuierlich von den Akteuren an der Schnittstelle entwickelt werden. Auch das durch das Unternehmen erwartete, unterstützte und belohnte Verhalten prägt das Klima an der Schnittstelle (Reichers u. Schneider 1990; Schneider et al. 1994). Die durch die Erhebung identifizierten Klimadimensionen lassen sich den oben beschriebenen sechs Bereichen zuordnen. Dabei zeigt sich, dass das Klima an der Anbieter-Kundenschnittstelle an zwei Stellen einen Einfluss auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen an dieser Schnittstelle hat. Einige der Aussagen der befragten Frontline Employees beziehen sich in erster Linie auf die Interaktion zwischen Frontline Employees und Mit-
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arbeitern des Kunden und zielen vor allem auf die Entwicklung bzw. das Sammeln von Innovationsanstößen ab. Sie beziehen sich auf die Außenseite der Anbieter-Kundenschnittstelle. Andere Aussagen dagegen zielen stärker auf die Interaktion zwischen den Frontline Employees und anderen Mitarbeitern innerhalb des Unternehmens ab und betreffen vor allem die Weitergabe von innovativen Anregungen und Ideen. Sie beziehen sich auf die Innenseite der Schnittstelle. Unterstützung für Innovation an der Außenseite der Schnittstelle, also in der Interaktion zwischen Frontline Employees und Kunden, wurde in den Interviews in Form von positivem Feedback von den Frontline Employees über Kundenvorschläge und -ideen und durch die positive Aufnahme von Kundenanregungen beschrieben. Wichtig sei auch, dass Kunden über die weitere Entwicklung ihrer Anregungen auf dem Laufenden gehalten werden und sie darin bestärkt werden, weiter Ideen, Vorschläge und Probleme an die Frontline Employees weiterzugeben. An der Innenseite der Schnittstelle wurde die hohe Bedeutung von Feedback bezüglich der weitergegebenen Ideen und Vorschlägen betont. Den Frontline Employees sei es wichtig, zu wissen, was mit ihren Anregungen passiert. Die wahrgenommene Unterstützung des Unternehmens habe einen sehr hohen Einfluss auf die Bereitschaft und Motivation der Frontline Employees, im Kundenkontakt nach neuen Ideen und Anregungen zu suchen und diese dann an das Unternehmen weiterzugeben. Allerdings wurde an dieser Stelle von den Interviewpartnern häufig fehlende Unterstützung seitens des Unternehmens beklagt. Die Befragten sprachen von fehlendem oder unbefriedigendem Feedback, mangelndem Interesse, geringen oder fehlenden Anreizen sowie Problemen bei der Weiterleitung von Information und Ideen innerhalb des Unternehmens. Der Bereich Herausforderung, Engagement und Einbindung wurde im Rahmen der Erhebung ebenfalls als innovationsfördernd identifiziert. An der Außenseite der Schnittstelle sei es innovationsfördernd, wenn zwischen Frontline Employee und Kunde das Gefühl entsteht, dass beide „gemeinsam an einem Problem oder einer Aufgabe arbeiten“ (Interview 1) und „gemeinsam etwas vorantreiben wollen“ (Interview 7). Sowohl auf der Außen- als auch auf der Innenseite wurde ein moderater Kosten- oder Zeitdruck als innovationsfördernd beschrieben, da dann verstärkt nach neuen Lösungen gesucht werde. Ein zu starker Kosten- oder Zeitdruck dagegen hemme Innovation, da neuen Ideen und Anregungen kaum Aufmerksamkeit gewidmet werden könne und der Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Frontline Employees stark eingeschränkt werde.
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Andere Situationsmerkmale, die im Rahmen der Befragung als innovationsfördernd identifiziert wurden, beziehen sich auf die Bereiche Wissensund Ideenaustausch sowie Offenheit. Bezogen auf die Außenseite der Anbieter-Kundenschnittstelle nannten die Interviewpartner dabei vor allem offene Gespräche und intensives Nachfragen als fördernd für die Entstehung von Innovationsanstößen. Weiter wurde die positive Wirkung einer vertrauensvollen Atmosphäre hervorgehoben, da dies offenere Gespräche und das Ansprechen von Schwächen und Problemen ermögliche: „Je vertrauensvoller die Atmosphäre ist, desto mehr Informationen erhält man“ (Interview 10). Auch werden in einer solchen Atmosphäre eher weitergehende Themen angesprochen, die nicht unmittelbar mit der eigentlichen Transaktion der Kundenkontaktsituation zusammenhängen und dadurch wertvolle Informationen und Ideen gewonnen. Im Hinblick auf die Innenseite der Anbieter-Kundenschnittstelle wurde die Bedeutung dieser Klimadimensionen ebenfalls hervorgehoben. Es sei wichtig, dass eine Atmosphäre vorherrscht, in der die Frontline Employees sich auch untereinander austauschen und in der durch formelle und informelle Gespräche Informationen zwischen Frontline Employees und anderen Mitarbeitern ausgetauscht werden. Als hemmend wurden vor allem Situationsfaktoren genannt, die dem Bereich Konflikte zuzuordnen sind. Dazu gehören vor allem eine angespannte Atmosphäre und eine stark konfrontative Haltung zwischen Kunde und Frontline Employee: „Wenn man eine gespannte Atmosphäre hat, dann ist es sehr schwer, auf Ideen für Neuerungen zu kommen. Denn wenn es Stress bei einem Kundenkontakt gibt, dann versucht man hauptsächlich, die ganze Atmosphäre wieder auf ein erträgliches Niveau zu bringen“ (Interview 1). Eine solche Atmosphäre wirke sich vor allem negativ auf die Menge und Qualität der ausgetauschten Informationen aus und damit auf die Chance, in diesen Informationen neue Ideen und Anregungen zu entdecken. Im weiteren Verlauf des NovaMille Projektes sollen die durch die qualitative Erhebung gewonnenen Ergebnisse durch eine Erhebung mit einigen der hier vorgestellten Skalen erhärtet werden.
4. Implikationen für die Unternehmenspraxis Ziel der Förderung des Innovationsklimas an der Anbieter-Kundenschnittstelle ist, die Fähigkeit von Unternehmen, aus dieser Schnittstelle innovative Ideen und Anstöße zu gewinnen, zu unterstützen und so die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Das Klima an der Schnittstelle können Unternehmen gestalten, indem sie die
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Wahrnehmung der Frontline Employees über die im Unternehmen herrschenden Prozesse, Praktiken und Werte beeinflussen. Bei der Gestaltung dieses Innovationsklimas sollten Unternehmen beide Aspekte der Schnittstelle betrachten: die innere Seite der Schnittstelle zwischen Frontline Employees und anderen Mitarbeitern des Unternehmens und die äußere Seite der Schnittstelle zwischen Frontline Employees und Kundenmitarbeitern. Anhand der Erkenntnisse aus den Interviews, vor allem auch der Vorschläge der befragten Frontline Employees, und aus der Forschung zu Innovationsklimata lassen sich einige erste Handlungsempfehlungen zur Förderung des Innovationsklimas an der Anbieter-Kundenschnittstelle ableiten. Diese werden exemplarisch für zwei der genannten Klimadimensionen dargestellt. x Unterstützung für Innovation: Unternehmen sollten Frontline Employees dazu ermutigen, in der Anbieter-Kundenschnittstelle bewusst und aktiv auf Anregungen und Ideen für Innovation zu achten. Dies kann etwa durch ein offen kommuniziertes Interesse des Unternehmens an Vorschlägen von Frontline Employees oder durch materielle und immaterielle Anreize geschehen. Das Innovationsklima an der Innenseite der Schnittstelle könnte dadurch gefördert werden, dass das Unternehmen auf Anregungen seitens der Frontline Employees positiv reagiert und sie über die weitere Entwicklung ihre Vorschläge informiert. Bei Ablehnung eines Vorschlags sollte dem betreffenden Frontline Employee genau dargelegt werden, warum dieser Vorschlag vom Unternehmen abgelehnt wird. Um das Innovationsklima an der Außenseite der Schnittstelle zu stärken, sollte das Unternehmen Frontline Employees dazu motivieren, ein unterstützendes Innovationsklima zwischen Frontline Employee und Kunde zu fördern, indem sie Kunden dazu ermutigen, Anregungen zu geben, positiv auf Ideen reagieren und dem Kunden nicht das Gefühl vermitteln, Vorschläge seien unwillkommen oder würden nicht weiterentwickelt. x Wissens- und Ideenaustausch: Diese Dimension des Innovationsklimas kann dadurch gestärkt werden, dass informelle Gespräche nicht als ineffektive Nutzung von Arbeitszeit gewertet werden, sondern der Austausch von Wissen und Ideen der Mitarbeiter untereinander positiv bewertet wird und diese positive Werthaltung des Unternehmens offen an die Mitarbeiter kommuniziert wird. Zudem kann das Unternehmen Frontline Employees nach ihren Eindrücken, Vorschlägen und Ideen fragen, etwa im Rahmen von Mitarbeiterschulungen oder bei regelmä-
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ßigen Treffen, und so ebenfalls das Innovationsklima positiv beeinflussen. Die Klimadimension Wissens- und Ideenaustausch zwischen Frontline Employees und Kunden an der Außenseite der Schnittstelle kann das Unternehmen fördern, indem die Mitarbeiter darin bestärkt werden, offen in Kundengespräche zu gehen und aktiv nach Anregungen seitens des Kunden zu fragen. Den Mitarbeitern sollte Raum gewährt werden, im Rahmen der Kundenkontakte und in Kundengesprächen auf Aspekte einzugehen, die nicht unmittelbar mit der eigentlichen Aufgabe, etwa dem Vertrieb, zusammenhängen. Unterstützend bieten sich regelmäßige Kundentreffen, Kundenbeiräte sowie After-Sales Gespräche mit den Kunden an.
5. Innovationsklimata als Erfolgsfaktor für Innovation Insgesamt trägt das Innovationsklima dazu bei, dass Anregungen und Anstöße für Innovation von Frontline Employees besser erkannt und von Unternehmen stärker genutzt werden können. Die Gestaltung des Innovationsklimas an der Anbieter-Kundenschnittstelle bietet Unternehmen daher einen interessanten Ansatzpunkt zur Steigerung ihrer Innovationsfähigkeit. Ziel des Beitrags war es, zunächst anhand bestehender, unterschiedlicher Konzeptualisierungen und Messinstrumente von innovationsfördernden Klimata allgemein innovationsfördernde Klimaeigenschaften zu identifizieren. Zu diesem Zweck wurden die Klimadimensionen von vier Messinstrumenten nach inhaltlichen Kriterien sechs Bereichen innovationsfördernder Klimata zugeordnet. Mit Hilfe einer qualitativen empirischen Untersuchung konnte dann gezeigt werden, dass diese Klimabereiche auch an der Anbieter-Kundenschnittstelle wirksam sind. Dabei fördern sie die effektive Nutzung des Innovationspotenzials dieser Schnittstelle zum einen an der Außenseite dieser Schnittstelle, zwischen Frontline Employees und Kunden, und zum anderen an der inneren Seite dieser Schnittstelle, zwischen Frontline Employees und anderen Mitarbeitern des Unternehmens. Durch die Messung des Innovationsklimas können Unternehmen potenzielle Schwachstellen und Innovationshemmnisse identifizieren und anhand der Ergebnisse zielgerichtet Maßnahmen zur Stärkung des Innovationsklimas ableiten. Aber auch ohne den Einsatz solcher Messinstrumente können Unternehmen die hier identifizierten Klimabereiche als groben Orientierungsrahmen für die Gestaltung des Innovationsklimas an der Anbieter-Kundenschnittstelle nutzen.
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Die qualitative Erhebung hat erste Hinweise auf mögliche Maßnahmen zur Förderung des Innovationsklimas an der Außen- und Innenseite der Schnittstelle erbracht. Beispiele für Gestaltungsmöglichkeiten wurden in diesem Beitrag anhand von zwei Klimabereichen verdeutlich. Diese und weitere Maßnahmen sollen nun in der betrieblichen Realität geprüft und weiterentwickelt werden, um Unternehmen effiziente und wirkungsvolle Mittel zur Förderung des Innovationsklimas und damit zur Unterstützung ihrer Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit an die Hand geben zu können.
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Debra Neumann, Ina Joraschkewitz, Michael Krause
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Management von Innovationsteams
Katrin Marx und Martin Högl
1. Teamarbeit in Innovationsprojekten Dass die Fähigkeit von Unternehmen, Innovationen hervorzubringen und erfolgreich am Markt zu platzieren, heutzutage von wesentlicher Bedeutung ist, muss hier nicht weiter erläutert werden. Unternehmen können sich jedoch nicht darauf verlassen, dass Innovationen mehr oder weniger zufällig durch besonders kreative und motivierte Mitarbeiter entstehen, sondern benötigen ein auf Innovation fokussiertes Management und eine Unternehmenskultur und -struktur, die sich diesen Erfordernissen anpasst. Innovation wird daher zumeist in Form von Projekten realisiert (Hauschild 1997), welche wiederum von dafür eigens zusammengestellten Teams bearbeitet werden. Denn innovative Aufgaben bedingen aufgrund ihrer extremen Komplexität und Unsicherheit die direkte Zusammenarbeit von mit unterschiedlichen Expertisen ausgestatteten Individuen. Dabei hat es sich als besonders günstig herausgestellt, diese Mitarbeiter in einem Team zusammenzufassen, damit sie in direkter Zusammenarbeit gemeinsam an der Problemlösung arbeiten können. Vor allem bereichsübergreifende Teamarbeit als direkteste Form der Zusammenarbeit verschiedener Organisationsbereiche eignet sich, den hohen Anforderungen innovativer Aufgaben zu begegnen. Bei Innovationsteams handelt es sich somit um organisationale Kleingruppen, wie z.B. Organisationsentwicklungs- oder Produktentwicklungsteams, welche im Rahmen von Projekten Planungs- und Entwicklungsaufgaben wahrnehmen (Gemünden u. Högl 1998). Daneben wird Teamarbeit auch eingesetzt, um Prozesse und Verhaltensweisen im Unternehmen auf Kundenbedürfnisse auszurichten. Kundenservice-Teams stellen sogenannte self-managing Teams dar, die in gemeinsamer Verantwortung Routineaufgaben bewältigen. Es handelt sich dabei um formale, kontinuierliche Arbeitsteams mit weitgehend gleichbleibender Mitgliedschaft (Mankin et al. 1996). Neben diesen permanenten Kundenserviceteams zur Betreuung eines bestimmten Kundenstammes
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Katrin Marx, Martin Högl
können jedoch auch kundenbezogene Projektteams zur Bearbeitung zeitlich abgegrenzter Projekte mit einem Kunden sowie Neuproduktentwicklungsteams aufgeführt werden, welche ebenfalls eingesetzt werden, um ein Unternehmen verstärkt auf die Kundenbedürfnisse auszurichten (Gaitanides u. Stock 2005). Kundenserviceteams arbeiten damit zwar an der Schnittstelle zum Kunden, beschäftigen sich in der Regel aber nicht mit innovativen Aufgaben und können damit nicht als Innovationsteams gelten. Neuproduktentwicklungsteams müssen jedoch, um letztendlich erfolgreich zu sein, den Kunden in ihre Ideenfindungs- und Entscheidungsprozesse einbinden (Sethi 2000). Dabei kommt es neben der Kooperation mit wichtigen Wissensträgern vor allem auf die Qualität der Teamarbeit an (Högl u. Gemünden 2001). Gut funktionierende Teamarbeit ist eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Innovation, wie bereits in der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung umfassend belegt werden konnte (z.B. Gupta u. Wilemon 1996; Cooper u. Kleinschmidt 1995). Das erfolgreiche Management dieser Innovationsteams ist somit für die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens von großer Bedeutung. Dieser Beitrag zeigt auf dem bisherigen Stand der Forschung wesentliche Erfolgsfaktoren für das Management von Innovationsteams auf. Die Bedeutung der Kompetenz, als Fähigkeit selbstgesteuert komplexe und unsichere Aufgabestellungen bewältigen zu können, wird dabei herausgestellt sowie erfolgsrelevante Zusammenarbeitsprozesse und Rahmenbedingungen vorgestellt. Schließlich sollen einige bedeutsame Gestaltungsempfehlungen für das Management von Innovationsteams, insbesondere Personalentwicklungsmaßnahmen, aufgezeigt werden.
2. Mit kompetenten Teams zum innovativen Unternehmen Die Innovationsforschung hat einen reichen Fundus an Untersuchungen zu Erfolgsfaktoren von Innovationsprozessen (z.B. Neuproduktentwicklung) und Innovationssystemen (z.B. innovative Unternehmen) bereitgestellt. Dabei finden sich Hinweise für die Bedeutung innovationskompetenter Mitarbeitern und Unternehmen. Vor allem bei der Analyse von Misserfolgsfaktoren werden personale Engpässe als Ursache identifiziert. Innovationen sind letztendlich immer das Ergebnis menschlicher Leistungen. Ungeachtet dessen fehlt jedoch ein Verständnis von Innovationsprozessen aus Kompetenzsicht (North et al. 2005).
Management von Innovationsteams
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2.1 Was ist Kompetenz? In der Diskussion um die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Organisationsmitglieder in Innovationsprozesse einbringen, werden Begriffe wie Kompetenz, Fähigkeit, Wissen oder Qualifikation herangezogen, ohne dass bislang eine einheitliche Terminologie existiert (Staudt et al. 2002). Im Rahmen dieses Beitrags beschreibt das Kompetenzkonstrukt ganz allgemein die Voraussetzung von Einzelnen, Teams, oder Organisationen Prozesse selbstorganisiert zu bewältigen (Erpenbeck u. Sauer 2000). Kompetenz ist jedoch letztendlich immer maßgeblich an Individuen gebunden und wird nur in Bezug auf eine konkrete Tätigkeit, Anforderung, Aufgabe oder Problemstellung ersichtlich. Sie bildet das gesamte Handlungspotential ab und wird niemals in ihrer vollständigen Breite, sondern nur in der jeweils konkreten Situation ausschnittsweise abgefordert (Bernien 1997). Das Kompetenzkonstrukt wird hier im Kontext der Innovationsfähigkeit den anderen gegenüber als überlegen betrachtet, da Kompetenz als kognitive und motivationale Disposition in Bezug auf Ziele, Anforderungen und Aufgaben in einem ausgewählten Handlungskontext einen konkreten Leistungs- und Ergebnisbezug aufweist. „Eine zentrale Voraussetzung für die Entwicklung des Selbstorganisationshandelns als Basis für die Erzielung veränderungsorientierter Handlungen ist das Ersetzen des Expertentums durch ein System von Kompetenzen“ (North et al. 2005). Leider konzentriert sich die Erforschung von Kompetenzen bislang vorwiegend auf das Individuum, ohne jedoch bis heute zu einem weitgehend einheitlichen Kompetenzverständnis gelangt zu sein. So werden Fähigkeiten, Wissen, Fertigkeiten, Erfahrungen, Werte, Einstellungen, Motivation, Persönlichkeitseigenschaften und/oder Handlungskomponenten als Bestandteile von Kompetenz in den analytischen Ansätzen der Pädagogik, Psychologie, Soziologie und Betriebswirtschaftslehre jeweils verschieden zugeordnet und gewichtet (Staudt et al. 2002). Dass sich Kompetenz jedoch aus unterschiedlichen Elementen zusammensetzt ist unumstritten, so dass immer auch von Kompetenzen im Plural gesprochen werden kann. Des Weiteren hat sich ein Kategorisierungsschema der (beruflichen Handlungs-) Kompetenz nach Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz bzw. Personaler Kompetenz weitgehend durchgesetzt (Sonntag u. Schaper 1992), das auch zur Beschreibung von Teamkompetenzen angewendet werden kann.
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Katrin Marx, Martin Högl
2.2 Teamkompetenz Das ursprünglich auf einzelne Individuen bezogene Kompetenzkonstrukt lässt sich auf die Teamebene übertragen. Teamkompetenz zeigt sich in den Handlungen der Teammitglieder, wobei jede Handlung immer auch durch das handelnde Individuum geprägt ist. „Kompetenzen von Gruppen werden erschlossen aus Handlungen, die einzelne Personen nicht hervorbringen können, weil sie an die unmittelbare Interaktion gebunden sind, die Handlungen also ausschließlich im Gruppenkontext auftauchen können.“ (Baitsch 1996, S. 106). Die Kompetenz von Teams ist damit nicht die Summe aller individuellen Kompetenzen, sondern es geht vielmehr um die interaktionsgebundene Handlungsfähigkeit des Teams insgesamt. Diese Gruppenkompetenz zeigt sich nach Baitsch in der Qualität der Kommunikations-, Problemlösungs- und Entscheidungsprozesse (Baitsch 1997) und stellt zunächst eine Ressource des Teams dar. 2.3 Das innovationskompetente Unternehmen Innovationskompetenz von Teams und Mitarbeitern gilt es auf der Unternehmensebene zu integrieren, zu koordinieren und zur Modifikation und Entwicklung organisationaler Fähigkeiten zu nutzen. „Creating capabilities is not simply a matter of assembling a team of resources: capabilities involve complex patterns of coordination between people and people and other resources“ (Grant 1991, S. 122). Ein Unternehmen kann in dem Maße als innovationskompetent bezeichnet werden, in dem es neue Produkte entwickelt und erfolgreich am Markt absetzt. Dafür sind auch Kenntnisse über Anwendungsfelder und Kundengruppen entscheidend (Erpenbeck u. Sauer 2000). Mit einem systematischen Innovationsmarketing muss sichergestellt werden, dass die Entwicklung innovativer Produkte und Leistungen auf hohe Kundenakzeptanz stößt. Für das Management von Innovationsteams entstehen nun folgenden Fragen: 1. Welche Kompetenzen benötigen Innovationsteams, insbesondere Produktentwicklungsteams? 2. Wie können diese im Rahmen eines innovationsorientierten Personalmanagements erfasst und entwickelt werden?
Management von Innovationsteams
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3. Und welche Rahmenbedingungen benötigt das Team, um seine Innovationskompetenz voll ausschöpfen zu können? Im folgenden Abschnitt wird der aktuelle Forschungsstand zu Erfolgsfaktoren der Teamarbeit vorgestellt, um dann in Abschnitt 4 genauer auf diese Fragen einzugehen.
3. Erfolgsfaktoren für das Management von Innovationsteams Zahlreiche empirische Studien zur Teamarbeit konzentrierten sich auf erfolgsrelevante Rahmenbedingungen und Faktoren der Zusammenarbeit (z.B. Campion et al. 1996; Högl u. Gemünden 1999; Wageman 2001; Armbruster 2005). Zunächst werden jedoch die Chancen und Risiken der Teamarbeit vorgestellt. 3.1 Chancen und Risiken der Teamarbeit Mit Teamarbeit wird versucht, dem durch die Art der Aufgabe begründeten Kooperationsbedarf zu begegnen. Demnach sind die Mitglieder des Teams für die Aufgabenbearbeitung (Zielerreichung) aufeinander angewiesen; es bestehen wechselseitige Abhängigkeiten. Gruppen, bei denen dies nicht der Fall ist, wie z.B. Abteilungen in denen Mitarbeiter vorwiegend unabhängig arbeiten, stellen also noch keine Teams dar. „Calling a group of people a team does not necessarily make them one” (Mankin et al. 1996, S. 23). Die Vorteile der Teamarbeit liegen im Wesentlichen in der Kombination individueller Kompetenzen, womit komplexe und dynamische Aufgaben besser bewältigt werden können. Bei der Übertragung von Routineaufgaben (z.B. Kundenservice) auf Teams können allenfalls die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht und Hierarchiestufen gespart werden, effizienter und effektiver als Einzelpersonen agieren diese Teams jedoch nicht, wie Studien belegen konnten (z.B. Witte 2001). Denn Teamarbeit ist grundsätzlich immer auch mit Prozessverlusten verbunden (z.B. durch erhöhtes Konfliktpotential, Koordinationsverluste, Motivationsverluste, Kreativitätsverluste). Die Chancen und Risiken der Teamarbeit werden in der nachfolgenden Tabelle stichpunktartig aufgeführt.
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Tabelle 1. Chancen und Risiken der Teamarbeit (nach Scholl 2005, S. 38) Chancen
Risiken
- Benötigtes Wissen kann durch Kombination unterschiedlicher Kompetenzen erreicht werden
- Gruppe kann mehr Wert auf Harmonie als auf kritische Auseinandersetzung legen; dies kann auch zu Kreativitätsverlusten führen
- Komplexe und dynamische Aufgaben können besser gelöst werden - Gemeinsame Entscheidungen werden besser akzeptiert - Bei schwierigen Aufgaben kann soziale Unterstützung gegeben werden - Arbeitszufriedenheit kann erhöht und Stress reduziert werden
- Gruppe kann sich gegen externe Informationen und Einflüsse abschotten - Soziale Anforderungen an die Gruppenmitglieder können zu hoch sein - Zu viel Zeit und Energie kann für die Koordination der Arbeit benötigt werden - Destruktive Konflikte können innerhalb der Gruppe und mit anderen organisationalen Einheiten entstehen
Bei Teamarbeit besteht generell die Gefahr, dass die Gruppe ihre Ressourcen nur suboptimal ausschöpft. Der Erfolg der Teamarbeit hängt wesentlich davon ab, inwieweit es der Gruppe gelingt, durch Kommunikation und Interaktion die Prozesssteuerung zu optimieren. Die Qualität der Zusammenarbeit bedingt dabei entscheidend den Erfolg eines Innovationsteams (Högl u. Gemünden 1999). Die hierfür bedeutsamen Erfolgsfaktoren werden im folgenden Abschnitt zusammengefasst vorgestellt. 3.2 Erfolgsfaktoren der Zusammenarbeit Untersucht wurden im Zusammenhang mit dem Erfolg von Innovationsteams (hinsichtlich Effektivität und Effizienz) zum einen Faktoren der Zusammenarbeit (Prozesse) und zum anderen erfolgsrelevante Rahmenbedingungen (Input-Faktoren). Auf eine detaillierte Auflistung aller relevanten Untersuchungen muss im Rahmen dieses Beitrags verzichtet werden. Es sollen aber im Folgenden die wesentlichen Erfolgsfaktoren zusammengefasst dargestellt und die erforderliche Innovationskompetenz von Teams skizziert werden. Die nachfolgende Tabelle zeigt zusammengefasst wesentliche Erfolgsfaktoren guter Zusammenarbeit.
Management von Innovationsteams
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Tabelle 2. Erfolgsfaktoren der Zusammenarbeit von Innovationsteams Erfolgsfaktoren der Zusammenarbeit von Innovationsteams Faktor (en)
Beschreibung
Kommunikationsintensität und -häufigkeit
x Intensive und kontroverse Diskussion sowie Informationsaustausch
Ideengenerierung und Implementierung
x Ideenentwicklung und –umsetzung unter Berücksichtigung verschiedener Ideenquellen (Kunde, Vertrieb, Forschung etc.)
Problem- und Risikobewusstsein
x Komplexe Probleme erkennen, strukturieren und aufarbeiten sowie Entscheidungen unter Unsicherheit treffen x Hilfsbereitschaft x Bereitschaft zur Zusammenarbeit
Kooperation
x Gemeinsames Verantwortungsgefühl für das Team und die Aufgabe x Integration aller Meinungen und ausgewogene Mitgliederbeiträge x Kooperation mit externen Wissensträgern
Lernbereitschaft
x Kritisches Hinterfragen der eigenen Leistungsfähigkeit und ständiges Lernen x Gegenseitiges Vertrauen x Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit
Teamkultur
x Zusammenhalt im Team x Hohes Engagement x Fehlertoleranz und Treffen von riskanten Entscheidungen
Für die erfolgreiche Zusammenarbeit benötigen Teams spezifische Kompetenzen, die bislang noch nicht als solche analysiert wurden und daher aus dem Kontext der oben aufgeführten Zusammenarbeitsprozesse erschlossen werden müssen. Wie aus Tabelle 2 ersichtlich, handelt es sich dabei vorwiegend um eine Sozial- und Selbstkompetenz. So beinhaltet die Innovationskompetenz eines Teams z.B. die Fähigkeit und Bereitschaft miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren (Sozialkompetenz) sowie z.B. die Fähigkeit, Ideen zu entwickeln und mit hohem Selbstvertrauen Entscheidungen zu treffen (Selbstkompetenz).
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Katrin Marx, Martin Högl
3.3 Rahmenbedingungen Die Kompetenzen eines Innovationsteams stellen lediglich eine Ressource dar, die nur mit dem Vorhandensein innovationsförderlicher und zusammenarbeitsförderlicher Rahmenbedingungen zur Anwendung kommen können. Diese Rahmenbedingungen werden zusammengefasst in Tabelle 3 vorgestellt. Tabelle 3. Rahmenbedingungen der erfolgreichen Zusammenarbeit von Innovationsteams Rahmenbedingungen der erfolgreichen Zusammenarbeit von Innovationsteams Faktor(en)
Beschreibung Teammitglieder besitzen unterschiedliche Expertise sowie ausreichende Sozial- und Methodenkompetenz auf einem homogenen Wissensniveau
Teambesetzung präferieren Teamarbeit und selbstständiges Arbeiten besitzen ein hohes Maß an Leistungsmotivation und Selbstdisziplin
Zielsetzung & Aufgabengestaltung
Teamziel ist kollektiv verpflichtend, klar, zeitlich überschaubar, inhaltlich realistisch sowie über die Zeit weitgehend konstant Aufgabe ist ganzheitlich, herausfordernd und besitzt einen hohen Stellenwert im Unternehmen Team kann seine Aufgabe eigenverantwortlich bearbeiten und verfügt über Entscheidungsfreiheit
Teamführung
regelmäßiges, konkretes und konstruktives Feedback Teammitglieder beteiligen sich aktiv an Entscheidungen Förderung innovativen Verhaltens (z.B. gewisses Maß an Fehlertoleranz) Unterstützung des Teams durch ausreichende Ausstattung (auch Zeitbudget) sowie durch Training und Entwicklung
Organisation Dezentralisierte Unternehmensstruktur mit einem hohen Grad an Autonomie und Teamarbeit Offenen Informationspolitik und Kultur des Vertrauens (Commitment von Mitarbeiter und Unternehmen zueinander)
Management von Innovationsteams
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Das Innovationsteam benötigt neben den Fähigkeiten zur Zusammenarbeit vor allem auch eine umfassende aber auch heterogene Fach- und Methodenkompetenz, um die komplexe und herausfordernde Aufgabenstellung bewältigen zu können, wie im Rahmen der Teambesetzung bereits als erfolgsrelevant analysiert werden konnte (Högl u. Gemünden 1999; Armbruster 2005). Team- und Unternehmensführung beeinflussen die Arbeit von Innovationsteams in dem Maße wie Entscheidungsspielräume, Feedback und Ressourcen bereitgestellt werden sowie die Unternehmensstruktur und -kultur auf die Förderung innovativen Verhaltens ausgerichtet ist. 3.4 Gestaltung der Kundenschnittstelle An dieser Stelle sei auf die Bedeutung einer bewussten Gestaltung der Schnittstelle zum Kunden seitens des Unternehmens als auch des Teams gesondert hingewiesen. Vor allem Produktentwicklungsteams benötigen im Rahmen ihrer Fachkompetenz auch umfassendes Markt- und Kundenwissen, um das neue Produkt letztendlich am Markt erfolgreich platzieren zu können. Für den Erfolg eines Produktentwicklungsteams kann es somit entscheidend sein, inwiefern es gelingt, Mitarbeiter aus Marketing, Service und Vertrieb, externe Forschungsinstitute, Lieferanten, oder Kunden direkt als Informationsquellen zu nutzen (Erpenbeck 2000). Daher werden zunehmend auch Mitarbeiter von Kundenunternehmen in das Team integriert (Helfert u. Gemünden 2001). Diese interorganisationalen Teams an der Anbieter-Kundenschnittstelle konnten bereits in der empirischen Forschung als besonders erfolgreich identifiziert werden (Gaitanides u. Stock 2005).
4. Innovationsteams fördern und entwickeln Die oben aufgeführten Rahmenbedingungen erfolgreicher Zusammenarbeit von Innovationsteams zeigen bereits die wesentlichen Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten zur Förderung auf. Vor allem kann das Personalmanagement die Innovationsfähigkeit fördern, durch z.B.
x x x x
Gewinnung kreativer Mitarbeiter, Förderung von Kompetenz durch geeignete Aus- und Weiterbildung, Förderung durch Mentoren oder wichtige Ansprechpartner, Anreizsysteme und Würdigung von Innovationen,
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x Schaffung von Selbstentfaltungsspielräumen und -maßnahmen, x soziale Eingliederung sowie Schaffung einer Corporate Identity (Minder 2001; Gerpott 1999; Bonn 2002). Insgesamt gilt es für eine hohe Innovationskompetenz von Mitarbeitern, Teams und des Gesamtunternehmens zu sorgen. So sind bei der Auswahl von Teammitgliedern neben ausreichenden Fach- und Methodenkompetenzen vor allem auch soziale Kompetenzen zu berücksichtigen. Doch auch eine optimale Auswahl der Teammitglieder allein garantiert noch keine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit. Auf die Gefahr von Prozessverlusten wurde bereits in Abschnitt 3.1 hingewiesen. Der Personalentwicklung muss somit zur Unterstützung der Zusammenarbeitsprozesse im Team eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Im Folgenden sollen Trainings- und Entwicklungsmöglichkeiten zur Förderung der Zusammenarbeit und der Innovationskompetenz von Teams neben weiteren wichtigen Gestaltungsmöglichkeiten der Rahmenbedingungen von Teams aufgezeigt werden. 4.1 Personalentwicklung Zur Herausbildung gemeinsamer Normen und Werte sowie eines produktiven Kooperationsklimas benötigt das Team zunächst ausreichend Zeit, aber auch Unterstützung, z.B. in Form von Training und Coaching. So können nach Scholl (2005) vor allem Trainingsmaßnahmen, wie x Kommunikationstrainings, um Diskussionen kritisch aber auch freundlich führen zu können; x Gruppendiskussionstrainings, um vorschnelle Einigung der Harmonie wegen zu vermeiden; x Konflikttrainings, zur Bewältigung von Interessensunterschieden; sowie x Teamentwicklungsmaßnahmen, zum gegenseitigen Kennenlernen, zur Schaffung von Akzeptanz und Optimierung der Kommunikation die Zusammenarbeit von Innovationsteams verbessern. Daneben kann Personalentwicklung dazu dienen, Kompetenzdefizite im Fach- und Methodenbereich (z.B. durch Projektmanagement- und Moderationstrainings, oder Unterstützung durch Experten) abzubauen und somit für ein hohes aber auch homogenes Kompetenzniveau im Team sorgen. Dabei sollten die Trainingsmaßnahmen insgesamt proaktiv gestaltet sein und für jedes Teammitglied als auch für das Team als solches als permanente Lern- und Entwicklungsmöglichkeit angeboten werden.
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Neben einzelnen Trainingsmaßnahmen kann das Team auch durch einen Coach und/oder durch einen Moderator unterstützt werden. „Members will undoubtedly need explicit coaching on skills they need to work well in a team “ (Isaksen u. Lauer 2002, S. 78). Gute Moderation kann das Team vor allem in der Klärung seiner Ziele und Interessen unterstützen und damit die Kooperationsbereitschaft erhöhen (Scholl 2005). 4.2 Gestaltung der Rahmenbedingungen Eine auf Innovation fokussierte Organisationsentwicklung richtet sich unter anderem auf die Gestaltung einer dezentralisierten, von geringer Arbeitsteilung gekennzeichneten Organisationsstruktur sowie einer offenen, (in Maßen) fehlertoleranten und risikobereiten Unternehmenskultur. Auf die Erfassung und Gestaltung von innovationsförderlichen Unternehmenskulturen soll hier nicht weiter eingegangen werden: dazu kann auf die Beiträge von Joraschkewitz, Berg und Bipp sowie von Neuman, Joraschkewitz und Krause in diesem Band verwiesen werden. Zur Gestaltung der Rahmenbedingungen können die in Abschnitt 3.2.2 beschriebenen Erfolgsfaktoren herangezogen werden. So kann die Zusammenarbeit von Innovationsteams zusammengefasst insbesondere gefördert werden durch: x Herstellung eines kooperativen Klimas durch gemeinsame Zielsetzung und gemeinsame Entlohnung, x eine ganzheitliche und motivierende Aufgabenstellung, x Konzentration auf soziale Kompetenz und Präferenz für Teamarbeit bei der Teambesetzung, x Gewähren von Entscheidungs- und Handlungsautonomie, x zur Verfügung stellen von genügend Zeit und Ressourcen, x Anbieten von Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten durch Personalund Organisationsentwicklung, x Unterstützung im Teamentwicklungsprozess durch Moderation und Coaching sowie x Erteilen von regelmäßigem und konstruktivem Feedback.
5. Fazit Teamarbeit ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Zustandekommen von Innovationen wie neue Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse.
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Teamarbeit ermöglicht durch die Kombination unterschiedlichen Expertenwissens die Bewältigung komplexer und innovativer Aufgabenstellungen. Jedoch entsteht ein erhöhter Kommunikations- und Kooperationsaufwand, der vom Team bewältigt werden muss. Die Qualität der Zusammenarbeit ist neben zahlreichen Rahmenbedingungen für den Erfolg von Innovationsteams von wesentlicher Bedeutung. Dabei benötigt ein Produktentwicklungsteam neben einer hohen Fach- und Methodenkompetenz mit umfangreichen Markt- und Kundenwissen vor allem auch eine hohe Sozial- und Selbstkompetenz, worauf bereits bei der Auswahl der Teammitglieder geachtet werden muss. Eine innovationsorientierte Unternehmensführung unterstützt Innovationsteams bei der Bewältigung ihrer komplexen und unsicheren Aufgaben durch geeignetes Personal- und Innovationsmanagement. Dabei kommt vor allem einer unterstützenden Personalentwicklung im Sinne der Kompetenzentwicklung eine besondere Bedeutung zu. Die spezifischen Teamkompetenzen gilt es zu definieren und mit geeigneten Entwicklungs- und Förderungsinstrumenten zu unterstützen. Ein Modell der Teamkompetenz existiert dafür jedoch noch nicht. Des Weiteren konnte der Erfolg von Personalentwicklungsmaßnahmen im Bezug auf die Innovationskompetenz von Teams sowie den Erfolg von Innovationsteams bislang noch nicht empirisch nachgewiesen werden. Das Forschungsprojekt „Training for Innovation“ am Lehrstuhl für Führung und Personalmanagement (Prof. Högl) der WHU – Otto Beisheim School of Management verfolgt das Ziel, den Nutzen von Trainings- und Entwicklungsmaßnahmen im Hinblick auf die Innovationsfähigkeit von Produktentwicklungsteams zu überprüfen. Es soll aufgezeigt werden, welche Methoden und Ansätze sich insbesondere eignen, die Innovationskompetenz von Teams zu stärken. Dazu soll ein Modell der Innovationskompetenz von Teams entwickelt und empirisch geprüft werden.
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Teil III: Aspekte eines modernen Innovationsmanagements an der DienstleisterKundenschnittstelle
Der letzte Teil des Bandes ist konkreten Ansätzen und Konzepten eines modernen Innovationsmanagements an der Dienstleister-Kundenschnittstelle gewidmet. Dabei geht es im Beitrag von Kriegesmann zunächst darum, allgemeine Anforderungen an ein modernes Innovationsmanagement herauszuarbeiten. Dieses erfordert nach Auffassung des Autors zunächst eine potenzialorientierte Aufdeckung von Innovationsmöglichkeiten. Dadurch kann sich das innovierende Unternehmen ausgehend von seinen Kompetenzen und Kapazitäten neue Anwendungsmärkte erschließen. Ein innovierendes Unternehmen muss aber auch in der Lage sein, detaillierte Innenkenntnisse der Kundenprobleme von morgen zu gewinnen und zukunftsweisende Lösungsansätze zu eruieren. Darüber hinaus ist die Aufdeckung eigener Innovationsbarrieren eine zentrale Aufgabe im Rahmen eines modernen Innovationsmanagements. Kriegesmann stellt aber auch fest, dass Innovationen häufig nicht das Ergebnis der Durchführung zentral entwickelter Pläne sind, sondern aus Versuch und Irrtümern sowie aus Lernprozessen dezentraler Innovationskräfte hervorgehen, die häufig zunächst ‚im Untergrund arbeiten’ und erst sichtbar werden, wenn sie vom Erfolg ihrer Idee überzeugt sind. Entsprechend muss ein modernes Innovationsmanagement Handlungsfreiräume aber auch Handlungsanreize für Innovatoren schaffen. Die drei folgenden Beiträge dieses Teils stellen konkrete Umsetzungskonzepte für ein erfolgreiches Innovationsmanagement an der Dienstleister-Kundenschnittstelle vor. So analysieren Carell und Ritterskamp bei einem erfolgreichen IT-Dienstleister die Innovationsflüsse von der ersten Innovationsidee bis zu ihrer Realisierung. Unter einem Innovationsfluss verstehen die Autoren dabei die zur Umsetzung einer Innovation aufeinander folgenden Handlungen und die damit verbundenen Informationsflüsse. Wie von Kriegesmann gefordert, stellen Carell und Ritterskamp auch Faktoren dar, die den Innovationsfluss im untersuchten Unternehmen be-
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Teil III: Aspekte eines modernen Innovationsmanagements
fördern bzw. behindern. Darauf aufbauend entwickeln sie ein Konzept zur ‚Re-Invention’ von Innovationsflüssen, dass auf einer integrierten Gestaltung von organisatorischen und informationstechnischen Aspekten gründet. Wischniewski, Mende, Deuse und Paulus befassen sich mit dem Innovationsmanagement im Technischen Kundendienst im hochsensiblen Critical Care-Bereich. Anders als von Kriegesmann und anderen gefordert, setzten sie dabei nur bedingt auf die Schaffung von Freiräumen zur kreativen Ideengenerierung. Im Vordergrund steht die Prozessstandardisierungen bei der Erbringung technischer Dienstleistungen. So schafft Standardisierung nach Auffassung der Autoren höhere Prozesstransparenz und -effizienz und ermöglicht die systematische Weitergabe sowie Verwendung von Kundendienstwissen, um dieses gezielt für Innovationen zu nutzen. Dadurch entsteht die Basis für permanente Verbesserungen und die Entwicklung inkrementeller Innovationen der Dienstleistungsprozesse. Bandow, Kuhn, Kuhnert und May beschreiben im letzten Beitrag dieses Teils Struktur und Management einer Wissensplattform für einen Instandhaltungsdienstleister und ausgewählte Kunden. Diese soll den Nutzer vor allem passiv durch die Bereitstellung von Wissen unterstützen. Gleichzeitig soll sie die Kommunikation unter den am Instandhaltungsprozess Beteiligten nachhaltig unterstützen. Innovationsförderlich wirkt diese Wissensplattform nach Auffassung der Autoren, weil durch die Neukombination des bereitgestellten Wissens und die Anwendung von Wissen eines Bereichs auf andere Bereiche und Instandhaltungsprobleme neues Wissen und damit innovative Lösungen erzeugt werden. Anhand zweier Praxisbeispiele wird die Funktionsweise der Wissensplattform verdeutlicht.
Innovationsmanagement: Den Kunden neu entdecken
Bernd Kriegesmann
1. Innovation und Kundenorientierung: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit Innovationen sind in den letzten Jahren zum Hoffnungsträger für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit avanciert. Mit dem Empfinden eines erhöhten Innovationsdrucks und dem Erkennen, dass Innovationen nicht aus auf Routinen getrimmten Organisationen sprudeln, werden die Bemühungen intensiviert, über ein professionalisiertes Innovationsmanagement neue Produkte und Dienstleistungen zu erschließen. Programmatisch gibt man sich dabei in der Regel sehr kundenorientiert. Der Kunde wird zum Mittelpunkt der Innovationsaktivitäten erklärt. Die Erfolgsquoten der reinen Programmatik bleiben aber hinter den Erwartungen zurück. Flopraten um die 90 Prozent (Kriegesmann et al. 2005) signalisieren, dass es offensichtlich nur unzureichend gelingt, die Entwicklungsprobleme der Kunden zu erkennen und überzeugende Lösungen zu entwickeln. Dabei beginnen die Probleme schon im Begrifflichen. Unklar bleibt häufig, wer überhaupt als Kunde angesehen wird; der Marktpartner, x der die Leistung unmittelbar kauft und mithin direkter Vertragspartner ist oder auch die Kunden dieses Kunden in der gesamten Wertschöpfungskette? x mit seinen Problemen von heute oder mit seinen Problemen von morgen, die er vielleicht selbst noch nicht kennt? x dem man heute seine Leistungen anbietet oder auch die möglichen Kunden, die man mit seinen Potenzialen in völlig neuen Anwendungsfeldern adressieren könnte? Das Spektrum „Kunde“ als Orientierungspunkt für Innovationen ist breit. Für den Hersteller von hochtemperaturbeständigen Beschichtungen
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Bernd Kriegesmann
für Turbinen im Kraftwerksbau heißt das, sich nicht nur mit dem Turbinenhersteller als Kunden auseinanderzusetzen, sondern unter anderem auch mit dem Anlagenbauer und Kraftwerksbetreiber, mit der Kraftwerkstechnologie von morgen, mit den Auswirkungen steigender Wirkungsgrade auf die Temperaturen in der Turbine etc. Daraus kann dann schnell auch die Idee entstehen, nicht nur den Turbinenhersteller in seiner Wertschöpfungskette als Kunden anzusehen, sondern zusätzlich andere Märkte, in denen vergleichbare Anwendungsbedingungen vorliegen. Allzu oft weicht aber diese Auseinandersetzung mit den verschiedenen Kundenebenen dem Glauben an verlockende Marktstudien. Die eigene Orientierung und potenzialorientierte Suche nach neuen Wertschöpfungspositionen wird durch Außensteuerung ersetzt. Der Glaube an Trends und vermeintliche Zukunftsmärkte verführt zur bloßen Imitation und sorgt im Ergebnis dafür, dass alle Wettbewerber nach einiger Zeit wieder gleich aussehen und sich auf den gleichen überbesetzten Märkten gegenüberstehen. Gigantische Verluste nach der Investition in von Marktauguren prognostizierte Wachstumsmärkte – auf die aber auch der Wettbewerb gesetzt hat – belegen das eindrucksvoll. Die Orientierung von Unternehmensentwicklungsprozessen an Trends und Moden bietet kaum Ansatzpunkte für echte kundenorientierte Lösungen und eine Differenzierung im Wettbewerb, sondern führt auf Felder höchster Wettbewerbsintensität. Ohne die Orientierungsfrage auf der Kundenseite geklärt zu haben, endet das phantasielose Trend-Hopping – im Extremfall ohne eigene Kompetenzbasis in diesen neuen Feldern – oftmals in neuen Sackgassen und lässt echte Innovationschancen einer richtig verstandenen Kundenorientierung ungenutzt.
2. Innovation erfordert eigene Orientierung Kundenorientierte Innovation setzt eigene Positionierung voraus, das heißt, zur echten Profilierung im Innovationswettbewerb müssen sich die Fachund Führungskräfte selbst orientieren und – jenseits ausgetretener Pfade – Entwicklungsmöglichkeiten aufdecken, die mit den aktuell verfügbaren bzw. entwickelbaren Kompetenzen und Kapazitäten des Unternehmens erschlossen werden können. Erst eine solche Orientierung verspricht Wettbewerbsvorteile. In „wohlgeregelten“ Organisationen unterbleiben derartige Entwicklungsprozesse mit eigener Positionierung häufig. Ausbrüche aus gewohnten Bahnen sind ehrlich analysiert allzu oft Organisationsversehen, das heißt, die Kontrollmechanismen versagten. Die Erfolge kamen zustande,
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weil sich in einer kritischen Phase einzelne Mitarbeiter „vorschriftswidrig“ verhalten haben und gegen den Mainstream agierten, sich also eigene Orientierung verschafften. Das war – und in diesem Punkt gleichen sich die Entwicklungspfade von bestehenden und neu gegründeten Unternehmen – nur möglich, weil sich zum rechten Zeitpunkt kompetente Personen außerhalb der eingefahrenen Bahnen engagierten und nicht fragten, was machen die anderen, sondern den Mut hatten, selbst etwas zu unternehmen, was noch kein anderer unternimmt. Wie kann man solche Ausbrüche aus gewohnten Bahnen reproduzieren oder sogar professionell ansteuern? Mit klassischen Verfahren der Unternehmensplanung und modischen Beraterrezepturen geht das nur sehr schwer. Ihr Einsatz liefert kaum Ansatzpunkte für eine Differenzierung im Wettbewerb. Will man sich nicht weiter nur auf Kernkompetenzen von heute zurückziehen und sich auch nicht in Diversifikationsabenteuern, die man nicht beherrscht, aufreiben, muss man bestehende Wertschöpfungsketten auf zukunftsträchtige Entwicklungspotenziale abklopfen. Zwei Suchrichtungen strukturieren diesen kreativ-schöpferischen Prozess (Kerka 2002): 1. Wo kann man aus den bestehenden Kompetenzen und Kapazitäten des Unternehmens noch mehr machen? Das ist die erste Suchrichtung bei der Aufdeckung zukunftsträchtiger Innovationsfelder. Sie führt zu neuen Anwendungsmöglichkeiten für bestehende Kernkompetenzen und brachliegende Potenziale des Unternehmens, im außergewöhnlichen Fall sogar zu einer potenzialorientierten Wanderung in die Märkte von morgen quer über klassische Branchengrenzen hinweg (Business Migration). 2. Dazu kommt eine zweite Suchrichtung. Mittel- und langfristig reicht es nicht aus, aktuell verfügbare Kompetenzen auszuschöpfen. Selbst Kompetenzen, die zur Zeit noch Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz sichern, drohen durch Imitation oder Substitution sowie durch Änderungen der Kundenprobleme und Nachfragestrukturen entwertet oder relativiert zu werden. Deshalb muss eine zweite Frage angegangen werden: Welche Problemlösungsbedarfe des Kunden werden bisher nicht oder nur unzureichend befriedigt, und was sind die Kundenwünsche von morgen und übermorgen? Die Klärung dieser Frage erfordert eine echte Innenkenntnis der Entwicklungsabsichten und -möglichkeiten des Kunden, eröffnet dann aber auch die Chance, mit innovativen (System-) Leistungen überzeugend auf die Problemlagen des Kunden einzugehen.
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Bernd Kriegesmann
Kunden/Märkte/Anwendungsbereiche
aktuell neu
Produkte/Dienstleistungen/ Potenziale
aktuell Rückzug auf Kernkompetenzen
Bedarfsbasierte Diversifikation/ Innovative Systemleistungen
neu
Potenzialbasierte Diversifikation/ Business Migration
Wahllose Diversifikation
Abb. 1. Innovation erfordert eigene Orientierung: Strategische Suchrichtungen jenseits des Rückzugs auf Kernkompetenzen und der Mode der wahllosen Diversifikation
2.1 Potenzialbasierte Aufdeckung von Innovationsmöglichkeiten – Die Kunden und Märkte von morgen entdecken Während sich viele Unternehmen auf der Suche nach neuen Wertschöpfungspositionen von viel versprechenden Marktstudien auf neue Felder locken lassen, gehen progressive Unternehmen andere Wege, indem sie sich fragen, wo sie aus ihren Kompetenzen und Kapazitäten mehr machen können. Intelligente Innovatoren suchen nach lukrativen Feldern, sind dabei auch bereit, die Grenzen der angestammten Branche zu überschreiten, orientieren sich hierbei jedoch an ihren Potenzialen und machen für den Aufbruch zu Neuem zur Bedingung, dass die Kompetenzen und Kapazitäten für die Erschließung und Bearbeitung neuer Felder im Unternehmen verfügbar sind. Sie fragen also nicht, was andere erfolgreich unternehmen, sondern danach, was man mit den aktuellen Kernkompetenzen und brachliegenden Potenzialen noch unternehmen kann. Bislang sind potenzialorientierte Wanderungsbewegungen in neue Märkte jenseits der angestammten Branche aber die Ausnahme. Statt offensiv bisher noch nicht bearbeitete Märkte und Anwendungsfelder mit den bestehenden Unternehmenskompetenzen zu erschließen, operieren viele Unternehmen derzeit noch aus der Defensive. Potenzialorientierung wird häufig mit dem Rückzug auf Kernkompetenzen gleichgesetzt und
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zielt damit allein darauf ab, noch erfolgreiche Restgeschäfte zu sichern. Für personale oder organisatorische Potenziale und Kapazitäten wird der kreative Prozess der Aufdeckung innovativer Anwendungsmöglichkeiten bislang kaum aktiv vollzogen. Wenn überhaupt wird die Frage nach neuen Einsatzbereichen nur für bestehende Produkte und darin eingesetzte Technologien gestellt. Viele Unternehmen sind sich ihrer Kompetenzen und Entwicklungspotenziale dabei gar nicht bewusst und übersehen so die Chancen der Migration in die Anwendungsfelder und Märkte von morgen. x Da optimieren beispielsweise Großteile der Hersteller von „Gummierungen“ für Druckwalzen über Jahrzehnte ihr Kerngeschäft, ohne zu hinterfragen, ob ihre Technologien nicht zusätzlich in ganz anderen Anwendungsbereichen wirtschaftlich verwertet werden können, und müssen dann mit ansehen, wie ein innovativer Branchenkonkurrent mit dem Wissen und den Erfahrungen aus dem traditionellen Geschäft Marktanteile für Handläufe von Rolltreppen erobert. x Da kaprizieren sich traditionelle Druckbetriebe auf klassische Printprodukte und müssen in der Folge feststellen, wie entwicklungsdynamische Unternehmen aus ihrer Branche, aber auch branchenfremde Softwarehäuser und Copyshops mit ihren jeweiligen Kompetenzen in das Multimedia-Zeitalter aufbrechen. x Da werden schließlich zukunftsträchtige Innovationsprojekte abgebrochen, weil die Potenziale und Anwendungsbereiche neu entwickelter Produkte nur bruchstückhaft wahrgenommen und die Vermarktungsmöglichkeiten aufgrund eines zu engen Blickwinkels unterschätzt werden. So wäre beinahe auch der Einstieg von Intel in die Produktion und Vermarktung des „Produktes 4004“, dem ersten Mikroprozessor, um ein Haar an der negativen Beurteilung der Vermarktungschancen durch das Intel-Marketing gescheitert, weil man den Mikroprozessor sehr eng als Computer charakterisiert und dort der Untergruppe Minicomputer zugeordnet hatte. Die Beispiele sind prototypisch für weite Bereiche der Wirtschaft. Viele Unternehmen denken derzeit noch zu stark in herkömmlichen Produktkategorien und tradierten Fach- und Branchengrenzen. Ohne sich des Problemlösungscharakters und der Anwendungspotenziale ihrer Produkte und der darin eingesetzten Technologien im Klaren zu sein, ohne zu hinterfragen, was man aus den technischen, personellen und organisatorischen Potenzialen in anderen Anwendungsbereichen mit völlig neuen Kunden noch machen kann, orientiert man sich vornehmlich an bestehenden Marktstrukturen, historischen Rollenverteilungen und gewachsenen Funktionsauftei-
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lungen in der Wertschöpfungskette. Im Ergebnis werden die aktuellen Kernkompetenzen nicht ausgeschöpft, warten brachliegende Potenziale weiter auf ihre Entdeckung, bleiben in Summe Chancen der kreativen Neupositionierung in Wertschöpfungsketten ungenutzt. Wer mehr aus seinen Kompetenzen machen will, darf sich nicht von außen steuern lassen und allein auf Innovationsimpulse aus seinem Umfeld reagieren, der muss vielmehr beim Aufbruch zu Neuem seine eigenen Kompetenzen in den Vordergrund rücken und aktiv nach neuen Anwendungsfeldern und Verwertungsmöglichkeiten suchen. Erhebliche Chancen der kreativen Neupositionierung in Wertschöpfungsketten lassen sich erschließen, wenn auf der Basis bestehender Potenziale – egal ob Markenname oder Produkttechnologie, ob Vertriebsnetz oder Personalkompetenz – systematisch hinterfragt wird, x welche Funktionen bzw. Problemlösungsbedarfe mit diesen Potenzialen noch erfüllt und x welche konkreten Anwendungsfelder und Kundengruppen damit noch erschlossen werden können. Ein modernes Innovationsmanagement beginnt mit dieser Analyse entwicklungsfähiger Potenziale im personellen, technischen und organisatorischen Bereich. Die Frage nach potenziellen Anwendungsfunktionen für derzeitige Kernkompetenzen und aktuell noch ungenutzte Unternehmensressourcen hebelt tradierte Begrenzungen aus und eröffnet Entwicklungschancen, die vor dem Hintergrund der eigenen Umsetzungsmöglichkeiten, aber auch der Entwicklungsabsichten und -möglichkeiten des potenziellen Kunden realistisch beurteilt werden müssen. Innovationsaktive Unternehmen nutzen diese Methode der Potenzialanalyse sehr erfolgreich als Werkzeug zur kreativ-schöpferischen Aufdeckung der Anwendungsfelder und Märkte von morgen. Der entscheidende Vorteil dieser Methode liegt darin, dass das Denken in Anwendungsfunktionen zwischen zwei getrennten Welten – zwischen der Potenzialsphäre (Technologie) und der Bedarfsphäre (Kunde) – vermittelt. Die Frage nach den Funktionen, die ein technisches Problemlösungspotenzial prinzipiell in unterschiedlichen Anwendungen erfüllen kann, überwindet die einseitige Ausrichtung auf eine Hauptanwenderbranche und wird so zum entscheidenden Impuls, aus gewohnten Bahnen auszubrechen und innovative Anwendungsfelder für bestehende oder neu entwickelte Problemlösungspotenziale zu entdecken. Aufgrund des Potenzials dieser Methodik, die auf alle technischen, personellen und organisatorischen Kompetenzen und Kapazitäten von Unter-
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nehmen angewendet werden kann und wohl auch als Reaktion auf eine häufig falsch verstandene Kunden- bzw. Marktorientierung wird in jüngster Zeit in Wissenschaft und Beratung immer häufiger gefordert, mehr aus den im Unternehmen vorhandenen Ressourcen und Kernkompetenzen zu machen und konsequent neue Anwendungsfelder und Märkte mit diesen Potenzialen zu erschließen (Prahalad u. Hamel 1990). 2.2 Bedarfsbasierte Aufdeckung von Innovationsmöglichkeiten – Die Kundenprobleme und Lösungsmöglichkeiten von morgen entdecken Zur Ausschöpfung der aktuellen Potenziale muss für die Weiterentwicklung im Strukturwandel aber noch etwas anderes hinzukommen, das in der Richtung nach vorne zeigt. Eine zusätzliche Orientierung für die zukunftsorientierte Kompetenzentwicklung ist erforderlich, um aus den Begrenzungen der – eventuell noch erfolgreichen – Kernkompetenzen auszubrechen. Damit wird die Aufdeckung der Kundenprobleme und Lösungsmöglichkeiten von morgen zum zentralen Element des Innovationsmanagements. Doch was heißt Kundenorientierung derzeit vielfach noch in der Unternehmenspraxis? Sie wird in der Regel mit der Ausrichtung an den gegenwärtigen Bedürfnissen des Kunden gleichgesetzt (vgl. hierzu auch den Beitrag von Stolper in diesem Band). Marginale Verbesserungen bestehender Produkt- und Dienstleistungsprogramme und Rationalisierungen in kleiner werdenden Marktnischen sind dann die Folge. Als höchste Form der Kunden- oder Marktorientierung gelten aufwendige CustomerRelation-Management-Programme und „ausgefeilte“ Marketinginstrumente. Durch Marktforschung glaubt man, nicht nur die aktuellen Kundenwünsche, sondern auch die zukünftigen Problemlösungsbedarfe und Lösungsmöglichkeiten von morgen, die der Kunde selbst nicht kennt, „abfragen“ zu können. Doch das Bild von der Nachfrage, die über eine derartige, naivempirische Marktforschung abgebildet werden kann, ist falsch. Wenn aktuelle oder potenzielle Kunden zum Teil noch nicht einmal in der Lage bzw. bereit sind, ihre aktuellen Problemlösungsbedarfe – in schriftlichen Befragungen – zu spezifizieren und zu dokumentieren, wie kann man dann erwarten, dass sie etwa konkrete Aussagen darüber treffen, welche Technologien (die sie noch nicht kennen) zukünftig zur Lösung ihrer Probleme (die sie noch nicht haben) in Frage kommen könnten? Die Ergebnisse dieser Kundenbefragungen sind nicht selten von ähnlicher Aussagekraft wie „wissenschaftlich-fundierte“ Prognosen, wo mit aufwendiger Methodik „Blinde Blinde“ nach dem Weg in die Zukunft befragen.
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Die Risiken dieser falsch verstandenen Kundenorientierung liegen darin, dass viele Unternehmen die Gefahren des Eindringens branchenfremder Newcomer in die derzeit noch sehr erfolgreich bearbeiteten Märkte unterschätzen. Die aktuellen Problemlagen und Entwicklungsabsichten des Kunden kennen sie oftmals nur in Ausschnitten. Welche innovativen Lösungsmöglichkeiten eine Bedrohung ihrer Kernkompetenzen darstellen könnten, wird dann zumeist erst erkannt, wenn neue Anbieter mit technisch und/oder wirtschaftlich überlegenen Produkten auf die Problemlösungsbedarfe des Kunden eingehen und Wertschöpfungsanteile in scheinbar gesicherten Märkten erobern. Gerade etablierte Technologieunternehmen definieren sich vielfach über spezifische technologische Kernkompetenzen und verstehen sich in der Folge dann als Anbieter von Produkten, die auf diesen Kernkompetenzen basieren. Ohne die Funktion bzw. den Problemlösungscharakter der von ihnen angebotenen Produkte und damit das Wesen des Bedarfs ihrer Kunden genauer zu betrachten, unterliegen solche Unternehmen dann häufig dem Trugschluss, es gebe auch künftig keine echten Alternativen zu ihren Produkten. Das ist auch einer der entscheidenden Gründe dafür, dass Großteile klassischer Anbieter aus der Kamera-, Uhren- und Druckindustrie die Mikroelektronik zu spät als funktional-äquivalentes Problemlösungspotenzial zu ihren eigenen mechanischen Technologien wahrgenommen haben und von branchenfremden Newcomern aus den Märkten verdrängt oder in Nischenpositionen zurückgedrängt wurden. Die Innovationsaktivitäten erstreckten sich vielfach allein auf Verbesserungen der aktuellen Produkt- und Verfahrenstechnologien. Der hinter der jeweiligen Nachfrage stehende Problemlösungsbedarf wurde als Bedarf an der jeweils angebotenen, spezifischen technischen Problemlösung (fehl-)interpretiert. Die Kunden wurden zur gezielten Marktbearbeitung zwar sogar in unterschiedliche Kundengruppen bzw. Marktsegmente unterteilt. Dass die Problemlösungsbedarfe durch ganz andere Technologien in überlegener Weise befriedigt werden könnten, geriet dabei jedoch aus dem Blickfeld. Die Hoffnung, dass solche (Substitutions-)Prozesse aufgehalten und Kunden dauerhaft an das eigene Unternehmen gebunden werden könnten, indem man bestehende Leistungen arrondiert oder Sachleistungen um zusätzliche Dienstleistungsanteile ergänzt, wurde in der Vergangenheit immer wieder enttäuscht. Phantasielose Leistungsbündel und Schlagworte wie „Alles aus einer Hand“ reichen weder zur Erhöhung der Kundenbindung noch zur kunden- bzw. bedarfsorientierten Neupositionierung in Wertschöpfungsketten aus. Die Ergänzung bestehender Kernleistungen um „verkaufsfördernde“ Dienstleistungen oder die rein angebotsorientierte Leistungsbündelung zu so genannten „Cross-Selling-Strategien“ schafft
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aus Kundensicht kaum überzeugendes Problemlösungspotenzial. Die weit hinter den Erwartungen zurückbleibende Diffusion von „Komplettangeboten“ in Feldern wie Multi Utility oder Facility Management belegen das eindrucksvoll. Wer potenzielle Gefahren für seine aktuellen Geschäftsfelder frühzeitig erkennen und offensiv mit innovativen Leistungen auf sich ändernde Probleme und Wünsche des Kunden eingehen und so die Märkte von morgen „machen“ will, muss sich intensiver mit den Gegebenheiten sowie den Entwicklungsabsichten und -möglichkeiten des Kunden auseinandersetzen. Dazu sind die aktuellen Kundenprobleme in enger Zusammenarbeit mit Know-how-Trägern des Kunden aufzudecken und zukünftige Entwicklungen des Kunden sowie damit in Zusammenhang stehende Problemveränderungen vorauszudenken. Erst diese kreative Aufdeckung der Kundenprobleme von morgen und übermorgen schafft die Voraussetzung, die zukünftige Passfähigkeit bestehender Problemlösungen zu überprüfen, innovative Lösungsansätze zu entdecken und Neuentwicklungen an sich verändernden Problemlagen des Kunden zu orientieren. Echte Systemleistungen im Sinne einer intelligenten Integration von Leistungsbeiträgen entstehen nur aus dieser „Innenkenntnis“ der Problemlagen des Kunden. Erhebliche Chancen der kreativen Neupositionierung in Wertschöpfungsketten lassen sich erschließen, x wenn sich Unternehmen diese Innenkenntnis über die Kundenprobleme von morgen verschaffen, x um dann zu hinterfragen, wie diese Kundenprobleme in Zukunft gelöst werden können und welche Kompetenzen zur Bearbeitung dieser neuen Felder erforderlich sind. Ein modernes Innovationsmanagement umfasst neben der potenzialorientierten Erschließung neuer Anwendungsfelder und Märkte diese kundenbzw. bedarfsbasierte Aufdeckung von Innovationsmöglichkeiten. Die Frage nach den Kundenproblemen und Lösungsmöglichkeiten von morgen deckt Lücken im derzeitigen Kompetenzprofil auf und wird damit zu einem zentralen Orientierungspunkt für die zukunftsorientierte Kompetenzentwicklung (Kriegesmann u. Kerka 2001).
3. Von der Vision zum machbaren Entwicklungssprung – Die Zukunft schrittweise erschließen Wenn Unternehmen innovieren wollen, liegen den häufig großen Zukunftsentwürfe mit hohen Erwartungen zugrunde. Der Verlauf vieler Inno-
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vationsideen skizziert jedoch ein ernüchterndes Bild. Nur ca. 10 Prozent aller Neuproduktideen erreichen nach vorliegenden Innovationsstudien das Stadium der Markteinführung und von den neu am Markt lancierten Produkten und Dienstleistungen sind es häufig wiederum nur 50-70 Prozent, die die in sie gesetzten Erwartungen zumindest in Teilen erfüllen. Gleichzeitig bleiben echte „big ideas“ sehr frühzeitig in rigiden Kontrollschleifen hängen oder werden erst Jahre später von anderen aufgegriffen. Der Großteil aller Innovationsideen stellt sich als unerreichbare Vision heraus und endet – nach zum Teil aufwändiger Forschung und Entwicklung – als Flop. Der hohe Anteil gescheiterter Innovationsvorhaben macht deutlich: In aller Regel wird sowohl die Leistungs- und Überzeugungsfähigkeit von Neuerungen als auch die Innovationsfähigkeit und -bereitschaft der an Veränderungsprozessen direkt oder indirekt Beteiligten überschätzt und werden Widerstände gegen Neuerungen in technokratischer Euphorie übersehen. Unter Missachtung dieser Widerstände verkürzt man Innovationsmanagement oft auf den Entwurf neuer unternehmerischer Zielsetzungen und Visionen und verkennt dabei die Probleme der Um- und Durchsetzung von Innovationen. Es besteht dann die Gefahr, dass der Innovationsaktivismus eher innovationsverhindernd als innovationsfördernd wirkt. Knappe Ressourcen und Kapazitäten werden in Diversifikationsabenteuern verschwendet, sie stehen für wirklich zukunftsträchtige Innovationsvorhaben nicht mehr zur Verfügung und blockieren so die Entwicklung. Will man den Mitteleinsatz für Innovationen auf einige Projekte bündeln und dabei zu Aussagen über die Aussichten des Innovationserfolges kommen, reicht es daher nicht aus, sich auf die Produkt- oder Dienstleistungsidee allein zu fokussieren, sondern man muss sich x mit der Umsetzbarkeit im eigenen Unternehmen und x der Nachfragewirksamkeit beim Kunden auseinandersetzen. Spiegelt man den Verlauf von Innovationsideen an diesen Kriterien, wird deutlich, dass nur 10 Prozent als überzeugende Geschäftsideen zu klassifizieren sind bzw. dass bei etwa 90 Prozent der Ideen mindestens eine der beiden Bedingungen nicht erfüllt ist: x Ein breites Segment „vorprogrammierter Flops“ kann weder im eigenen Unternehmen realisiert werden, noch am Markt überzeugen. x Ein weitaus schmalerer Bereich bleibt trotz überzeugender Marktargumente eine „unerreichbare Vision“, die von der Produkt- oder Fertigungstechnologie, der Vertriebsorganisation, der Finanzverfügbarkeit etc. nicht beherrschbar ist.
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x Ein großer Anteil an „Innovationsideen ohne Markt“ ist zwar im Unternehmen umsetzbar, stößt beim Kunden aber auf keine Akzeptanz.
Nachfragewirksamkeit
+ Unerreichbare Visionen
Überzeugende Geschäftsideen
Vorprogrammierte Flops
Innovationen ohne Markt
-
Umsetzbarkeit
+
Abb. 2. Die Nachfragewirksamkeit und die Umsetzbarkeit entscheiden über den Erfolg von Innovationen
Wer die Erfolgsaussichten von Innovationsideen im Vorfeld realistischer abschätzen und damit die größten Fehler und Innovationsflops vermeiden will, muss sich vor diesem Hintergrund intensiver mit den Problemen auseinandersetzen, die den Erfolg seiner Innovation be- bzw. sogar verhindern könnten. Der Weg von der Idee zur Innovation gleicht angesichts der hohen Komplexität vielfach einem Hindernislauf, und wenn man ernsthaft an der Erschließung neuer Wertschöpfungspositionen interessiert ist, wird man sich mit der gleichen Kreativität, mit der man Zukunftsvisionen entwirft, auch den möglichen Widerständen zu widmen haben. Da die Überwindung dieser Barrieren Voraussetzung einer erfolgreichen Innovation ist, liefern sie die wesentlichen Entscheidungskriterien für die (Vor-)Selektion von Innovationsideen. Die Beschäftigung mit Innovationsbarrieren wird so zum Pflichtenheft des Innovationsmanagements. In der Innovationsforschung wurden derartige Innovationsbarrieren in den letzten Jahren immer wieder untersucht. Dabei zeigte sich, dass personell, technisch und organisatorisch bedingte Innovationswiderstände bei
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der Umsetzung von Ideen in Innovationen oftmals übersehen werden und nicht berücksichtigte oder unterschätzte, extern bedingte Innovationswiderstände dafür verantwortlich sind, dass die Nachfragewirksamkeit von Innovationen vielfach weit hinter den Erwartungen zurückbleibt (Staude et al. 1996; Kriegesmann et al. 2005). x Personell bedingte Innovationswiderstände: Im Regelfall besteht in Unternehmen nur vordergründig Einigkeit über die Notwendigkeit von Innovationen. Da Innovationen für ihr Umsystem immer eine Veränderung des Status quo implizieren, führen Akzeptanzprobleme oft zu erheblichen Friktionen. Die betroffenen Mitarbeiter sind nicht willens, die Optionen von Innovationen zu nutzen, und verschließen sich der Entwicklung zur Absicherung der eigenen Position. Doch nicht nur mangelnde Bereitschaft, sondern auch überholte oder unzureichende Fähigkeiten begrenzen Entwicklungen. Oft werden Veränderungen vorangetrieben, die heute noch nicht vorhandene Kompetenzen voraussetzen, und gleichzeitig werden Personalentwicklungsmaßnahmen an der Technik oder den Geschäftsfeldern von gestern ausgerichtet. Der vorbeugenden beziehungsweise flankierenden Personalentwicklung für Innovationen kommt daher eine Schlüsselrolle zu. Nur wenn es gelingt, das mit der jeweiligen Innovation befasste Personal sowohl auf der ausführenden als auch auf der Führungsebene rechtzeitig auf entsprechende Neuerungen vorzubereiten, ergibt es einen ökonomischen Sinn, sich überhaupt mit Innovation zu befassen. x Technisch bedingte Innovationswiderstände: Oftmals scheitert die Umsetzung von Innovationen neben mangelnden Mitarbeiterkompetenzen an fehlenden oder inkompatiblen Fertigungstechnologien. Die vielfach geforderte, unter Begriffen wie Simultaneous Engineering populär gewordene parallele Entwicklung von Produkt- und Prozesstechnologien stellt im betrieblichen Alltag noch lange keine Selbstverständlichkeit dar. Die verspätete Auseinandersetzung mit Produktionsproblemen führt unter Zeitdruck dann oftmals zu suboptimalen Lösungen. Entscheidend ist deshalb, sich frühzeitig mit der erforderlichen Produktionstechnik auseinanderzusetzen. Im Vordergrund steht dabei die Kompatibilität der Technologien. Mit der horizontalen Kompatibilität ist abzuklären, inwieweit sich die jeweilige Fertigungs- bzw. Verfahrenstechnologie für die Integration in das vorhandene Personal-, Technik- und Organisationssystem eignet. Und mit der vertikalen Kompatibilität ist abzusichern, dass nicht durch übereilte Entschlüsse einseitige Abhängigkeiten auftreten, die den weiteren Entwicklungsprozess behindern. x Organisatorisch bedingte Innovationswiderstände: Organisatorisch bedingte Innovationswiderstände ergeben sich aus der Betroffenheit des
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gesamten innovierenden Systems bei Änderungen. Oftmals wird Innovation auf FuE-Aktivitäten begrenzt, ohne zu reflektieren, dass sich Innovation auf das Zusammenwirken unterschiedlicher Akteure und Abteilungen erstreckt. Sowohl die Entwicklung und Produktion als auch die Vermarktung einer Innovation erfordern in hohem Maße eine Neuordnung von Prozessen, Strukturen und Regelungen des jeweiligen innovierenden Systems. Der Betrieb wird nicht einfach ergänzt oder umarrangiert, der Übergang etwa auf eine neue Produkttechnologie verlangt vielmehr einen „Neubau“ des Unternehmens. So erfordert beispielsweise der Wechsel von Mechanik auf Elektronik nicht nur neue Fertigungstechnologien bzw. Änderungen im Maschinenpark und neue Mitarbeiterkompetenzen, sondern auch einen Wandel des Workflows und oft auch eine Reorganisation der unterstützenden Prozesse. x Extern bedingte Innovationswiderstände: Jeder Betrieb ist gezwungen, seine Marktverhältnisse mit der jeweiligen Innovation neu zu ordnen. Auf der Input-Seite entstehen erhebliche Veränderungen im Bereich der Material- und Halbzeugbeschaffung, aber auch veränderte Lieferantenbeziehungen und Änderungen des dazugehörigen Service- und Wartungssystems. Auf der Output-Seite muss der Anbieter in den jeweiligen Anwendungsfeldern verstehen, welche Probleme und Anwendungsbedingungen beim Kunden vorliegen und mit welchen alternativen Entwicklungen die Konkurrenz darauf reagiert. Oftmals scheitern Innovationen, weil die Integrationsfähigkeit der eigenen Angebote in die personellen, organisatorischen und technischen Konfigurationen des Kunden nicht ausreichend bedacht wird. Da die Entwicklung neuer Produkte vielfach eine Domäne von Entwicklungs- und Konstrukteursfachleuten ist und häufig bis zur Markteinführung auch bleibt, wird der gesamte Prozess der Produktentwicklung wesentlich durch die technische Machbarkeit bestimmt und oft erst zu spät auf die Marktgegebenheiten ausgerichtet. Eine überstürzte Markteinführung ohne ausreichende Vorbereitung des Kunden auf die Innovation führt dann zu folgenschweren Flops, weil die Innovation die Bedürfnisse des Kunden nicht trifft bzw. von der Kompetenz überfordert, weil zur Anwendung komplementär erforderliche Systeme fehlen bzw. entsprechende Entwicklungsprozesse vernachlässigt wurden. Die beschriebenen Barrieren behindern die innerbetriebliche Umsetzung und marktliche Diffusion von Neuerungen. Sie stellen die Problembereiche dar, mit denen sich jedes innovierende Unternehmen zu beschäftigen hat. Da ihre Überwindung den Erfolg einer Innovation bestimmt, stellen diese Barrieren eine Art Regulativ für die Aufgaben des Innovationsmanagements dar. Die Ursachenanalyse legt entsprechende Defizite offen und lie-
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fert daher die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen, um Misserfolge zu vermeiden, das heißt auch, Innovationen ggf. kompetent zu unterlassen, wenn eine Überwindung dieser Barrieren nicht möglich oder ökonomisch nicht sinnvoll ist. Dieses Vorgehen schafft keine Sicherheit, die kann es in entwicklungsoffenen Prozessen nicht gegeben. Unternehmen, die sich jedoch intensiver mit der Frage beschäftigen, was ihre Innovation behindern könnte, schaffen die Voraussetzung, mit geeigneten flankierenden Maßnahmen auf im Prozessverlauf variierende Problemlagen einzugehen. Progressive Unternehmen beschränken sich dabei nicht darauf, potenzielle Innovationswiderstände im Vorfeld vorzusimulieren, sondern nutzen zu ihrer eigenen Orientierung frühzeitig den direkten Erfahrungsaustausch vor Ort und testen ihre neuen Ideen und Konzepte in Pilotprojekten zusammen mit potenziellen Kunden, um ein Gespür für noch zu lösende Probleme und zu überwindende Widerstände zu bekommen. Der ganze Innovationsprozess hat so weit mehr experimentellen denn analytischen Charakter. Die Unternehmen „fräsen“ sich mit ersten Versionen ihres Produktes in Märkte hinein, die noch keiner kennt, lernen aus den Erfahrungen, modifizieren ihr Produktkonzept und versuchen es erneut (Lynn et al. 1997). Dabei stoßen sie auf weitere Probleme, die nichts mehr mit dem Produkt zu tun haben, sondern in Logistik, Weiterverarbeitung oder Vermarktung begründet liegen und zusätzliche Ansatzpunkte für Innovationen liefern. Statt Trends, Moden oder vermeintlichen Vorbildern hinterherzulaufen, erfinden sie Zukunftsmärkte, indem sie einen Lern- bzw. Kompetenzentwicklungsprozess zusammen mit ihren Kunden organisieren. Das Ergebnis ist dann nicht der „Run“ der Lemminge auf moderne, aber überbesetzte und vom eigenen Kompetenzprofil gar nicht beherrschbare Felder, sondern das schrittweise Erschließen der bearbeitbaren Zukunft.
4. Entfaltung innovativer Kräfte – Experimente fördern und aus Erfahrungen lernen Die Schaffung eigener Orientierung, das Aufspüren sowie Überwinden von Innovationsbarrieren und die Übersetzung der Handlungsentwürfe zu Innovationsideen und Umsetzungsvarianten in reale Handlungsoperationen ist nicht technokratisch trennbar, sondern in einem Lernprozess zu organisieren (Staudt u. Kriegesmann 2002). Innovationsideen werden in Handlungsentwürfen konkretisiert, an Umsetzungsmöglichkeiten im Unternehmen und am Markt gespiegelt, mit Realexperimenten verzahnt, gegebenenfalls modifiziert, wieder getestet bis hin zur breiten Markteinführung.
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Erfahrungen zeigen, dass viele Unternehmen die Chancen dieses Orientierens, dieses schrittweisen Testens neuer Geschäftsfelder auslassen. Ihr Innovationsmanagement ist noch sehr stark von Konzepten der klassischen Strategielehre geprägt. Durch systematische Analyse der Wettbewerber und Kunden, der Vorhersage künftiger naturwissenschaftlich-technischer Entwicklungen und Verknüpfung all dieser Analyse- und Prognoseergebnisse zu Handlungsentwürfen für die Zukunft glaubt man, das Innovationsphänomen planend bewältigen zu können. Wirkliche Ausbrüche aus gewohnten Bahnen verlaufen nach anderen Mustern (Mintzberg u. Westley 2001). Innovationen sind häufig nicht das Ergebnis der Durchführung zentral entwickelter Pläne, sondern entstehen vielmehr aus Versuchen und Irrtümern sowie aus Lernprozessen dezentraler Innovationskräfte, die häufig im Untergrund arbeiten und erst an die Oberfläche kommen, wenn sie vom Erfolg überzeugt sind. Es sind immer Einzelne bzw. kleine Gruppen, die auch gegen den Mainstream Ideen entwickeln und gegen Widerstände umsetzen. Innovationsprojekte entfalten nur Dynamik, wenn sie an Personen mit (Eigen-)Interesse am Projekterfolg gebunden sind. Diese „Partisanengruppen“ brauchen Rahmenbedingungen unter denen sie ihre Potenziale zur Entfaltung bringen können: x Zunächst sind Handlungsfreiräume zu sichern, indem innovative Kräfte von Routinearbeiten entlastet, aus den verkrusteten alten Netzwerken entkoppelt, Ressourcen ohne die kontraproduktiven Kontrollschleifen der eingefahrenen Regulierungssysteme bereitgestellt und Projektschritte durch die Unternehmensleitung abgesichert werden. x Handlungsfreiräume allein stellen aber nicht sicher, dass etwas passiert. Ohne daran gekoppelte Erwartungen geraten sie schnell zu „Spielwiesen“. Neben die gewährten Freiräume müssen daher noch Handlungsanreize durch die Art der Aufgabenstellung selbst, durch mit dem Projekt verbundene Karrierechancen oder durch die Aussicht auf herausfordernde Folgeprojekte treten. So aufgestellt meiden die „Partisanen“ runde Tische, an denen der Konsens für Veränderungen gesucht wird, Entscheidungen für echte Innovationen aber nicht zustande kommen. Diese Trupps überwinden Hindernisse und gehen Risiken ein, die in Gremien gar nicht diskutierbar sind. Auf sich selbst gestellt, haben sie den „Unternehmergeist“, der in gut kontrollierten Organisationen nicht mehr aufkommen kann. Die Ermutigung und Befähigung, selbstständig zu handeln und ohne zentrale Planvorgaben neue Wege mit Kunden zu beschreiten, ist in Altorganisationen oft der einzig mögliche Weg, das Potenzial dezentraler Innovationskräfte jenseits von Trends und Moden zu entfalten.
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Literatur Kerka, F. (2002): Strukturierung von Innovationsaufgaben – Ein Beitrag zur Beschreibung und Erklärung betrieblicher Veränderungsprozesse, Bochum 2002. Kriegesmann, B.; Kerka, F. (2001): Kompetenzentwicklung – Neue Aufgaben für die Gestaltung und Umsetzung von Innovationsprozessen, in: Bellmann, L.; Minssen, H.; Wagner, P. (Hrsg.): Personalwirtschaft und Organisationskonzepte moderner Betriebe, Nürnberg 2001, S. 133-162. Kriegesmann, B.; Kerka, F; Kley, T. (2005): Innovationswiderstand und Gegenstrategien innovativer Kräfte – Empirische Analysen zum „Fuzzy Front End“ des Innovationsprozesses, in: Berichte aus der angewandten Innovationsforschung No. 218, Bochum 2005. Kriegesmann, B.; Kerka, F.; Happich, J.; Schwering, M. G. (2005): „Big Ideas“ erkennen und Flops vermeiden – 3-stufige Bewertung von Innovationsideen, in: Berichte aus der angewandten Innovationsforschung No. 219, Bochum 2005. Lynn, G. S.; Morone, J. G.; Paulson, A. S. (1997): Wie echte Produktinnovationen entstehen, in: Harvard Business Manager, Heft 2/1997, S. 9-19. Mintzberg, H.; Westley, F. (2001): Entscheiden läuft oft anders als Sie denken, in: Harvard Business Manager, Heft 6/2001, S. 9-14. Prahalad, C. K.; Hamel, G. (1990): The Core Competence of the Corporation, in: Harvard Business Review, 3/1990, p. 79-90. Staudt, E. (1984): Die Führungsrolle der Personalplanung im technischen Wandel, in: Zeitschrift Führung und Organisation, Heft 7/1984, S. 395-399. Staudt, E. (1985): Innovation und Unternehmensführung – Zur Situation des Innovationsmanagements: Innovationen werden verwaltet, in: Zeitschrift Führung und Organisation, Heft 2/1985, S. 75-79. Staudt, E.; Kerka, F.; Krause, M. (1996): Innovationsmanagement, in: Franz, O. (Hrsg.): RKW-Handbuch Führungstechnik und Organisation, II/1996, Kennzahl 2603, S. 1-29. Staudt, E.; Kriegesmann, B. (1994): Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren von Produktinnovationen, in: Corsten, H. (Hrsg.): Handbuch Produktionsmanagement: Strategie – Führung – Technologie – Schnittstellen, Wiesbaden 1994, S. 131-150. Staudt, E.; Kriegesmann, B. (2002): Innovationsmanagement – neue Wege bei der Umsetzung, in: Knauth, P.; Wollert, A. (Hrsg.): Human Resource Management, 35. Ergänzungslieferung, Neuwied 2002, Gruppe 8, Beitrag 8.30, S. 1-24.
Analyse und Gestaltung von Innovationsflüssen bei IT-Dienstleistungen
Angela Carell und Carsten Ritterskamp
1. Die frühen Phasen der Dienstleistungsinnovation – Eine ‚terra incognita’ Das Augenmerk der Innovationsforschung richtet sich bei Dienstleistungsinnovationen zunehmend auf die bislang in der Forschung wenig beachteten frühen Phasen des Innovationsprozesses, die mit Bezug auf Produktinnovationen auch als fuzzy front end bezeichnet werden (Khurana & Rosenthal 1998). Im Mittelpunkt des Interesses stehen in diesen frühen Phasen vor allem die ‚Innovationsflüsse’ von der Ideengenerierung und -erfassung bis zur Ideenbewertung und -auswahl (vgl. Abb. 1). Dabei verstehen wir unter einem ‚Innovationsfluss’ die zur Umsetzung einer Innovation aufeinander folgenden Handlungen (von der Idee bis zur Umsetzung) und den diese Handlungen begleitenden Informationsfluss inklusive Rückmeldungs- und Wissensschleifen. Anders als bei technischen Produkten unterhalten jedoch nur 8% aller Dienstleistungsunternehmen eine fest in die Organisationsstruktur verankerte FuE-Abteilung (Hipp et al. 2003, S. 341). Der überwiegende Teil muss dagegen für die Serviceproduktentwicklung auf andere Prozesse und Organisationsformen zurückgreifen. Der Generierung von Dienstleistungsideen, ihrer Weiterleitung und ihrer Auswahl kommt in diesem Zusammenhang deshalb zentrale Bedeutung zu. Die Schnittstelle zum Kunden spielt dabei eine besondere Rolle. Der Kunde ist einerseits eine wesentliche Informationsquelle und ein Ideengeber, von dem wichtige Impulse für die Entwicklung von Dienstleistungen ausgehen. Andererseits fungiert er als Ideenabnehmer, der die Innovationsangebote nachfragen soll.
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Abb. 1. Einfaches Modell des Innovationsflusses bei Dienstleistungsinnovationen
Bisher liegen nur wenige Erkenntnisse darüber vor, wie Dienstleistungsinnovationen und damit zusammenhängenden Innovationsflüsse insbesondere im B2B-Bereich vonstatten gehen. Dieses Defizit führen Hipp, Herstatt und Husmann (2003) vor allen auf den Umstand zurück, dass sich die bislang vorliegenden Analysen meisten noch zu sehr an bestehenden Konzepten klassischer Produktinnovationen orientieren und damit den Besonderheiten der Dienstleistungsinnovation nicht gerecht werden. Diese Kritik aufgreifend, wurden in der vorliegenden Fallstudie die Innovationsflüsse bei einem erfolgreichen IT-Dienstleister nachgezeichnet, sowie hemmende und fördernde Einflussfaktoren auf diesen Prozess identifiziert. Dafür wird im zweiten Abschnitt des Beitrages zunächst ein kurzer Überblick über den Forschungsstand zur Dienstleistungsinnovation gegeben. Im dritten Abschnitt werden die Fragestellung und das methodische Vorgehen erläutert, bevor im vierten Abschnitt auf zentrale Ergebnisse der Fallstudie eingegangen wird. Im fünften Abschnitt werden schließlich auf konzeptioneller Ebene Ansatzpunkte zur Verbesserung des Dienstleistungsinnovationsprozesses beim untersuchten IT-Dienstleister herausgearbeitet.
2. Innovationsflüsse bei technischen Dienstleistungen Anders als bei technischen Innovationen entstehen Dienstleistungsinnovationen meist in enger Auseinandersetzung mit Kundenwünschen und -bedürfnissen. Der Innovationsprozess im Dienstleistungsbereich ist deshalb insbesondere als ein Wissensgenerierungsprozess (Hipp 2000, Shire et al. 2003) bzw. als ein eigenständiger Such- und Lernprozess (Sundbo 1998) zu verstehen. In Anlehnung an den Wissensgenerierungsprozess von Nonaka und Takeuchi (1992) stellt eine Dienstleistungsinnovation nach Hipp (2000) das Resultat eines Externalisierungsprozesses dar, indem implizites Wissen über mehrere Schritte in explizites organisationales Wissen
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umgewandelt wird. Die neue Dienstleistung steht in externalisierter Form als Output am Ende dieses Wissensgenerierungsprozesses zur Verfügung. Der Wissensgenerierungsprozess ist dabei insbesondere in frühen Innovationsphasen eng an die Kundenunternehmen gekoppelt – sei es durch spezifische Kundenprobleme, die diese explizit äußern, sei es durch latent vorhandene Kundenbedürfnisse, die erst durch einen intensiven Kundenkontakt identifiziert werden können. Entsprechend werden Beschäftigte, die an der Schnittstelle zwischen Dienstleister- und Kundenorganisation arbeiten, die sog. frontline employees, zu Trägern kontextbezogenen Wissens und damit zu einer entscheidenden Ressource für Innovationsprozesse (Shire et al., 2003). Dabei sind insbesondere diejenigen Unternehmen auch langfristig erfolgreich und innovativ, denen es gelingt, Kunden strategisch in ihren Innovationsprozess einzubeziehen. Dabei kommt es nach Förster und Kreuz (2005) jedoch nicht so sehr darauf an, wie die Kunden eingebunden werden, sondern welche Kunden eingebunden werden. Sogenannten „Lead Usern“ kommt in diesem Zusammenhang große Bedeutung zu, denn sie zeichnen sich gegeben über anderen Kundengruppe durch eine hohe Innovationsbereitschaft aus (vgl. dazu im Detail Förster & Kreuz, 2005). Aufgrund der engen Kopplung an den Kunden kann der Prozess der Dienstleistungsinnovation nach Hipp, Herstatt & Husmann (2003) nicht auf FuE-Abteilungen begrenzt sein, wie dies bspw. häufig bei technischen Innovationen der Fall ist, sondern ist über verschiedene Funktionseinheiten im Unternehmen verteilt. Der Innovationsfluss in einem solchen „Innovationsnetzwerk“ (Hipp, Herstatt u. Husmann, 2003, S. 341) bringt dabei nach Auffassung der genannten Autoren nicht nur einen hohen Grad an Selbstorganisation und Unvorhersagbarkeit mit sich, sondern erfordert auch ein hohes Maß an Kommunikation, Information und Kooperation. Denn die Erzeugung neuen, innovationsrelevanten Wissens fußt in der Regel auf einem komplexen sozialen Prozess, in dem unterschiedliche Wissensträger kooperativ zusammenarbeiten. IuK-Technologien spielen in diesem Prozess daher eine zentrale Rolle. So betonen Hipp, Herstatt und Husmann (2003), dass sich Dienstleister, die in der Lage sind, neueste technische Entwicklungen für die eigenen Prozesse nutzbar zu machen, Differenzierungsvorteile im Wettbewerb schaffen. Dies könnte umso mehr für vernetzt arbeitende Organisationen gelten, deren Mitarbeiter längerfristig im Kundenunternehmen arbeiten und dadurch weitgehend losgelöst von direkten Kommunikationsprozessen im Dienstleistungsunternehmen agieren müssen.
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3. Fragestellung und methodisches Vorgehen Vor diesem Hintergrund war die zentrale Zielsetzung des NovaMilleTeilprojektes ‚Innovationsflüsse’, das von dem IT-Dienstleister gemeinsam mit dem Lehrstuhl Informations- und Technikmanagement der RuhrUniversität Bochum durchgeführt wurde, zu explorieren: x wie sich die ‚Innovationsflüsse’ im fuzzy front end von der Kundenschnittelle bis ins Unternehmen gestalten und x welche Faktoren sich in diesen Phasen als förderlich bzw. hinderlich auf den Innovationsfluss auswirken. Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse sollen Potenziale für die Gestaltung von Innovationsflüssen identifiziert und darauf bezogene Verbesserungsvorschläge entwickelt werden. Zur Beantwortung der o.g. Fragestellung wurde eine detaillierte Fallstudie bei einem erfolgreichen IT-Dienstleister durchgeführt. Die Fallstudie ist eingebettet in einen umfangreicheren Action Research-Ansatz (Foster 1972, Greenwood & Levin 1998), der ebenfalls die Umsetzung und Evaluation von Maßnahmen zum Gegenstand hat. Die Studie ruht auf drei Säulen: Leitfadengestützte Intensivinterviews: Insgesamt wurden 14 leitfadengestützte Intensivinterviews mit drei unterschiedlichen Beschäftigungsgruppen des IT-Dienstleisters (7 Entwickler, 5 Berater, 2 Business Developer’) durchgeführt werden. Die Interviewpartner wurden vom IT-Dienstleister ausgewählt und vorgeschlagen. Bei der Auswahl wurden die folgenden Kriterien zu Grunde gelegt: Beschäftigtengruppe (Entwickler, Berater, CDM), Standortzugehörigkeit (es sollten möglichst alle Standorte repräsentiert sein) und Beschäftigungsdauer. Die Interviews wurden elektronisch aufgezeichnet und transkribiert. Unternehmensinterne Workshops: Die Untersuchungsergebnisse wurden auf zwei verschiedenen unternehmensinternen Workshops diskutiert. Auf einem ‚Entscheiderworkshop’ wurden die bisherigen Projektergebnisse kritisch reflektiert und Ansatzpunkte für Verbesserungen erörtert. Auf einem ‚Modellierungsworkshop’ wurden die in den Interviews erfassten Innovationsflüsse modelliert und ebenfalls Ansatzpunkte für Verbesserungen erarbeitet. Die teilnehmende Beobachtung: Im Rahmen der teilnehmenden Beobachtung nahm das Wissenschaftlerteam an verschiedenen informellen und
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formellen Sitzungen teil, führte Arbeitsplatzbeobachtungen durch und beobachtete ein Kundenakquisegespräch. Komplettiert wurde das methodische Design durch eine Analyse der innovationsrelevanten IT-Infrastruktur. Die Interviews, Workshopaufzeichnungen und die Protokolle der teilnehmenden Beobachtung wurden in Anlehnung an Schmidt (2003) ausgewertet.
4. Ergebnisse 4.1 Ideengenerierung und -kommunikation Der IT-Dienstleister arbeitet eng mit seinen Kundenpartnern zusammen. In der Regel werden die Mitarbeiter für die Dauer des Projektes langfristig (z.T. mehrere Jahre) in das Kundenunternehmen entsendet (vgl. Abb. 2). Durch die enge Zusammenarbeit erhalten die Mitarbeiter weitreichende Einblicke in die Kundenprozesse und in das zu bearbeitete Themengebiet. Dieses an der Kundenschnittstelle generierte Fach-, Kunden- und Branchenwissen wird wiederum genutzt, um markt- und kundenorientiert neue Dienstleistungen zu entwickeln und dem jeweiligen Kunden anzubieten. Die innovativen Dienstleistungsideen können dabei im Sinne einer reaktiven market driven-Strategie (Jaworski, Kohli u. Sahay, 2000) an konkreten Kundenbedürfnissen ansetzen oder proaktiv im Sinne von Narver, Slater und Douglas (2004) latente und unbewusste Kundenwünsche aufspüren. Der dahinter liegende Innovationsfluss von der Ideengenerierung über die Kommunikation der Idee an den Kunden bis zur Realisierung dieser Idee ist relativ gut ausdifferenziert (vgl. Abb. 2):
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Abb. 2. Innovationsflüsse an der Kundenschnittstelle
Der größte Teil der entwickelten neuen Dienstleistungsideen wird regelmäßig in so genannten Projekttreffen kommuniziert, diskutiert, bewertet und ausgewählt. Rückflüsse der Ideen in das Unternehmen werden über spezifische Rollen sichergestellt. So ist in jedes größere Projekt unmittelbar ein Mitglied des Vorstandes, der Maître, involviert. Aber auch der Projektleiter leistet den formellen Transfer von Informationen und Wissen in das Unternehmen zurück. Ideen, die sich in den Projektbesprechungen als tragfähig erweisen, werden schließen ausgewählt und an den Kunden kommuniziert. Dieser entscheidet dann, ob die ihm angebotene neue Dienstleistung realisiert wird oder nicht. Durch diese enge Vor-Ort-Arbeit und das dadurch entstehende Vertrauen zwischen IT-Dienstleister und Kundenunternehmen gelingt es dem untersuchten IT-Dienstleister sehr erfolgreich, insbesondere inkrementelle Dienstleistungsinnovationen voranzutreiben und umzusetzen. Über diese stark auf spezifische Kunden und Kundenprojekte hin orientierte Ideengenerierung verfolgt der IT-Dienstleister darüber hinaus die Strategie, sich neue Märkte aktiv mit innovativen Dienstleistungsideen zu erschließen bzw. Ideen, die in einem Kundensegment erfolgreich waren, auf andere Kunden/Branchen zu übertragen. Sobald entwickelte Dienstleistungsideen jedoch nicht an ein konkretes Projekt geknüpft sind, wird der Innovationsfluss sehr vage: Die einzelnen Mitarbeiter kommunizieren ihre Ideen i.d.R. über ihre informellen, unternehmensinternen Kontakte. Diese informellen Netzwerke werden von den Beratern intensiver genutzt als von den Entwicklern, die eher ‚in Linie’ kommunizieren (unterschiedliche Kommunikationskulturen im Unternehmen). Diese Vagheit und Unbestimmtheit ist auch der Grund dafür, dass insgesamt unklar ist, wie viele Ideen letztlich überhaupt beim Vorstand ankommen.
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4.2 Ideenerfassung Die Untersuchungsergebnisse machen deutlich, dass die Kommunikationskultur des IT-Dienstleisters durch einen Mangel an Persistenz gekennzeichnet ist. Bedingt durch die räumliche Aufgliederung des ITDienstleisters in unterschiedliche Unternehmensstandorte (5 innerhalb von Deutschland) und die quer dazu liegende Kundenprojektstruktur (Mitarbeiter verschiedener Standorte arbeiten in einem Kundenprojekt) haben insgesamt zur Ausprägung einer ‚Telefonkultur’ beigetragen. Können Gespräche nicht face-to-face durchgeführt werden, erfolgt die Kommunikation über Mobiltelefone. Eine eher nachrangige Bedeutung bei der Ideenkommunikation und -erfassung kommt der Kommunikation über E-Mail oder gar die Nutzung kooperationsunterstützender technischer Werkzeuge zu. Diese existieren zwar in Form eines Intranets oder eines Wiki-Servers, werden aber für die hier beschriebenen Zwecke kaum genutzt. Diese Praxis hat zur Folge, dass virulente Ideen nicht systematisch dokumentiert werden. Werden Ideen verworfen, bevor Sie zur Weiterverfolgung ausgewählt werden, hinterlassen sie auch keine Spuren im IT-gestützten‚ organisationalen Gedächtnis’ des IT-Dienstleisters. Aber auch Ideen, die ausgearbeitet wurden, jedoch aus den unterschiedlichsten Gründen letztendlich doch nicht realisiert werden konnten, geraten schnell in Vergessenheit. 4.3 Ideenbewertung und Auswahl Die Auswahl und Bewertung kommunizierter innovativer Dienstleistungsideen erfolgt entweder im Vorstand, oder aber auf einer der unteren Hierarchieebenen (Bereichsleiterebene, Competence Center-Ebene). Da der untersuchte IT-Dienstleister insgesamt über eine flache Linienorganisation und eine informelle Kommunikationskultur verfügt, gehen sowohl die Mitarbeiter als auch der Vorstand davon aus, dass die meisten Ideen bis dorthin gelangen. Eine empirisch gesicherte Grundlage für diese Annahme gibt es jedoch nicht. Die Kriterien, die zur Bewertung von Ideen herangezogen werden, sind den Mitarbeitern in der Regel nicht transparent. Häufig unterbleibt eine aktive Rückmeldung seitens des Vorstandes an den ‚Ideengeber’ über den Stand der Ideenbewertung und das Resultat (bzw. darüber, welche Argumente zu welchem Resultat geführt haben.
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4.4 Vor- und Nachteile der aktuellen Innovationsflüsse Die Möglichkeit, Ideen auf sehr verschiedenen Wegen innerhalb des Unternehmens zu kommunizieren, wird in den Intensivinterviews von den Mitarbeitern als positiv bewertet. x Jeder Mitarbeiter kann den Weg zur Kommunikation seiner Idee wählen, der ihm am besten liegt und/oder ihm am erfolgversprechendsten erscheint. x Die Kommunikationswege sind kurz und flexibel, so dass Ideen schnell transportiert werden können. x Es muss nicht in Linie kommuniziert werden; das Management ist jederzeit ansprechbar. Als nachteilig an dieser informellen Innovationskultur wird jedoch beschrieben, dass auf Mitarbeiterseite eine mangelnde Transparenz darüber besteht, welche Ideen im Unternehmen gerade ‚virulent’ sind, so dass Personen, die potenziell etwas zur Umsetzung beitragen könnten, sich nicht beteiligen können. x Die Mitarbeiter sehen eine Gefahr darin, dass Ideen einfach versanden und erst gar nicht bis zum Management durchdringen. x Es besteht bei den Mitarbeitern kaum Transparenz darüber, was mit den von ihnen eingebrachten Ideen weiter geschieht bzw. geschehen ist (werden sie weiterverfolgt oder wurden sie abgelehnt? Warum wurden sie ggf. abgelehnt?). x Es bedarf eines internen Marketings, um eigene Ideen umsetzen zu können. Hierzu gehört auch, dass Ideen dann am ehesten aufgegriffen werden, wenn sie einen Fürsprecher im Vorstand haben bzw. wenn der entsprechende Mitarbeiter direkten persönlichen Kontakt zum Vorstand bzw. zu den Entscheidern hat. x Ideen, die verworfen wurden, werden i.d.R. nicht gespeichert, so dass es zu ‚Re-Invention’ von Ideen kommt. Die geschilderte Vielfalt der möglichen Innovationsflüsse und die damit verbundenen Nachteile bestätigten sich im Modellierungsworkshop. So gelang es dort bspw. nicht, einen (bzw. mehrere) eindeutige(n) Ist-Prozess zu Innovationsflüssen zu modellieren. Die Mitarbeiter betonten vielmehr immer wieder die Variabilität der Innovationsflüsse. Vorgebrachte Verbesserungsvorschläge gingen dabei immer in Richtung eines eher standardisierten bzw. formeller gestalteten Innovationsflusses. So waren sich die Workshopbeteiligten relativ einig, dass durch die informelle Art der I-
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deenkommunikation bei der derzeitigen Größe des IT-Dienstleisters die Gefahr besteht, dass zu viele Ideen verloren gehen. Informelle und flexible Innovationsflüsse sind insbesondere für Mitarbeiter geeignet, die über ein gutes Netzwerk verfügen und ein hohes Verantwortungsbewusstsein für das Unternehmen haben. Für Mitarbeiter, die neu sind, auf ein weniger gut funktionierendes informelles Netzwerk zurückgreifen können und/oder über ein (noch) geringes Verantwortungsgefühl verfügen, ist eine zu große Flexibilität bzw. Varianz in der Innovationskommunikation dagegen eher weniger geeignet. Insgesamt führt eine mangelnde Prozesstransparenz zu einer Abnahme der Bereitschaft, Innovationsarbeit zu leisten. Darüber hinaus werden wichtige Chancen für ein organisationales Lernen vergeben, dass nach Hurley und Hult (1998, S. 44) eine Voraussetzung für „innovativeness“ (prinzipielle Offenheit für neue Ideen als ein Aspekt der Unternehmenskultur) und die „capacity to innovate“ (Fähigkeit eines Unternehmens, neue Ideen, Prozesse oder Produkte aufzugreifen und auch erfolgreich umzusetzen) darstellt.
5. Re-Invention der Innovationsflüsse Die Ergebnisse der Fallstudie zeichnen das Bild eines Unternehmens im Umbruch. Innovationsflüsse, die in großem Maße auf kurzen Entscheidungswegen in informellen Netzwerken basieren, mögen für ein sich am Markt etablierendes Startup von vitaler Bedeutung sein – für ein arriviertes mittelständisches Unternehmen beinhalten sie das Risiko, eine Dichotomie der Innovationsarbeit zu befördern: wenn die Qualität des persönlichen Netzwerkes zum (mit-)bestimmenden Kriterium für die Realisierung einer Idee wird, so profitieren davon vor allem langjährige Mitarbeiter mit etablierten Netzwerken. Das Potenzial neuer Mitarbeiter ist in einer solchen Situation nur schwer zu erschließen. Eine Optimierung der Innovationsflüsse ist im hier betrachteten Fall sowohl auf organisatorischer wie auch auf Ebene der zur Unterstützung der Innovations- und Wissensarbeit eingesetzten technischen Infrastruktur möglich.
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5.1 Modellierung von Innovationsflüssen Eine Modellierung gelungener Innovationsflüsse kann gleichermaßen als eigenständige Interventionsmöglichkeit zur Optimierung der Innovationsarbeit in einer Organisation sowie als Voraussetzung solcher Interventionen betrachtet werden. Als Interventionsmöglichkeit dient sie dazu, Prozesstransparenz herzustellen und damit im Unternehmen die Befähigung und Bereitschaft zur Innovationsarbeit aufrechtzuerhalten. Der Modellierungsprozess kann dazu beitragen, unterschiedliche Sichten auf Innovationsflüsse zu konsolidieren und Erfolgsfaktoren der Innovationsarbeit zu identifizieren: Die resultierenden Modelle machen bisher informelle Aspekte der Innovationskultur explizit und erleichtern auf diese Weise deren Kommunikation innerhalb der Organisation, sie sind sowohl Resultat als auch Mittel organisationalen Lernens. Unbedingt zu berücksichtigen ist, dass Innovationsflüsse teils vage Prozessschritte beinhalten und somit nicht vollständig formal spezifizierbar sind: die zur Modellierung eingesetzte Notation sollte aus diesem Grund die Möglichkeit bieten, unsichere bzw. unvollständige Aspekte eines Modells explizit kenntlich zu machen. Als Voraussetzung innovationsorientierter Interventionen schafft die Modellbildung die Grundlage für eine Re-Invention von Innovationsflüssen: deren Optimierung muss selbstverständlich auf einem detaillierten Abbild des Ist-Zustandes basieren, das organisatorische und informationstechnische Aspekte der Innovationsarbeit berücksichtigt und zueinander in Beziehung setzt. Die Umgestaltung der Innovationsflüsse verfolgt hier zwei Ziele: erstens soll die Übertragbarkeit von Strategien erfolgreicher Innovationsarbeit von einer Kundenschnittstelle auf eine andere bzw. zwischen verschiedenen Projekten ermöglicht werden; zweitens soll das Re-Design der Innovationsflüsse deren Anwendbarkeit unter geänderten unternehmerischen Rahmenbedingungen sicherstellen. In den folgenden Abschnitten dieses Beitrags werden verschiedene Gestaltungsoptionen vorgestellt, die zur Erreichung dieser Ziele beitragen können und deren praktische Ausgestaltung vor dem Hintergrund einer Modellierung bestehender Innovationsflüsse erfolgt. 5.2 Management by canoeing around Der Begriff des ‚Management by canoeing around’ geht auf eine Strategie zurück, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts von George Simpson erfolgreich zur Leitung des Überseegeschäfts der Hundson Bay Company angewandt wurde: Von zentraler Bedeutung ist das Bestreben, durch häufige
Analyse und Gestaltung von Innovationsflüssen bei IT-Dienstleistungen
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Präsenz in einer Vielzahl von Dependancen sowohl kontextbezogenes Wissen aufzubauen als auch globale Wertvorstellungen des Unternehmens zu festigen (vgl. O´Leary et al., 2002,S. 45-46). Für heutige Dienstleistungsunternehmen, deren Mitarbeiter zu einem Großteil räumlich getrennt in voneinander unabhängig operierenden Kundenprojekten beschäftigt sind, kann eine Strategie des ‚canoeing around’ in Bezug auf Innovationsarbeit ähnliche Vorteile bieten: x Für Innovationsprozesse relevante Informationen aus den einzelnen Projekten erreichen das Management frühzeitig, die Chancen zur Identifikation und Nutzung von Synergiepotenzialen steigen. Das für Innovationsprozesse relevante Networking zwischen aus unterschiedlichen Projekten stammender Mitarbeiter, die mit zusammengehörigen Themen projektübergreifender Bedeutung befasst sind, kann durch das Management aktiv gefördert werden. x Eine aktiver Umgang des Managements mit dem Thema Innovation im Zuge einer Strategie des ‚canoeing around’ schafft Transparenz in Bezug auf die Bedeutung der in Kundenprojekten stattfindenden Innovationsarbeit für das Unternehmen. Das Thema Innovation kann auf diese Weise effektiv als wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur aufgebaut werden. Die in der Fallstudie beschriebene Rolle eines Maître (vgl. Kap. 1.4) stellt einen ausbaufähigen Ansatz eines ‚Management by canoeing around’ dar. Absicht einer Intensivierung dieser Strategie ist es nicht zuletzt, die Mediation von Innovationsprozessen als Aufgabe des Managements dauerhaft zu etablieren, um – wie weiter oben ausgeführt – Innovationsideen von einer Kundenschnittstelle auf eine andere zu übertragen. 5.3 Identifikation von Lead Usern Die Ergebnisse der Fallstudie zeigen, dass Kunden1 zwar durchaus als wichtiger Impulsgeber der Innovationsarbeit gesehen werden, die für eine erfolgversprechende kooperative Innovationsarbeit notwendige Auswahl besonders geeigneter Kunden aber unterbleibt. Um zu einer größeren Wirksamkeit der Innovationsarbeit zu gelangen, ist eine Fokussierung auf – anhand eindeutiger Kriterien zu identifizierender – Lead User erforderlich (vgl. Förster & Kreuz 2005). Dies meint nicht, dass Kundenaufträge abgelehnt werden müssten, sofern der Auftraggeber nicht den Kriterien für 1
Zur Bedeutung des Kunden für den Innovationsprozess siehe auch die Beiträge von Dorka und Kriegesmann in diesem Band.
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Angela Carell, Carsten Ritterskamp
eine erfolgversprechende gemeinsame Innovationsarbeit entspricht: Vielmehr soll die kundenbezogene Innovationsarbeit bei klar identifizierten Lead Usern konsequent intensiviert werden, wohingegen entsprechende Aktivitäten bei weniger geeigneten Kunden zurückgefahren werden können. Im Zuge einer Optimierung von Innovationsflüssen ist auf die Integration eines zur Identifikation von Lead Usern geeigneten Verfahrens zu achten, um die Effektivität der Innovationsarbeit sicherzustellen. 5.4 Aufbau einer Kooperationsplattform zur Innovationsarbeit Wie in der Fallstudie deutlich wurde, wird die zur Unterstützung der Innovationsarbeit vorhandene technische Infrastruktur nur wenig genutzt. Eine mögliche Ursache dafür könnte in einer nur geringen Integration dieser Systeme in den alltäglichen Arbeitsablauf liegen: Die Nutzung eines Systems unterbleibt, sofern sie für den Mitarbeiter eine schwer mit seinen Kernaufgaben zu vereinbarende Zusatzbelastung darstellt. Die mangelnde Nutzung kollaborativer IuK-Systeme zur Unterstützung der Innovationsarbeit ist unter diesem Gesichtspunkt also nicht auf einen auf Ideen bezogenen Protektionismus der Mitarbeiter zurückzuführen, sondern scheitert schlicht und ergreifend an der notwendigen Mehrarbeit, die subjektiv in einer ungünstigen Relation zum persönlichen Nutzen steht. Eine Optimierung der zur Unterstützung kooperativer Innovationsarbeit eingesetzten IuK-Systeme kann hier Abhilfe schaffen. Zielsetzung ist es, Reibungsverluste, die sich durch den Wechsel zwischen projektbezogenen Kernaktivitäten und Innovationsarbeit ergeben, zu minimieren. In Kombination mit dem Wunsch nach einem einheitlichen Innovationsprozess ist eine vereinheitlichte Plattform zum Ideenaustausch wünschenswert. Vereinheitlichung meint hier nicht etwa den Zwang zur Nutzung eines einzelnen Kommunikations- bzw. Kooperationswerkzeuges, vielmehr steht die Herstellung von Interoperabilität zwischen verschiedenen, jetzt schon zur individuellen Wissensarbeit eingesetzten Applikationen im Mittelpunkt des Interesses. Ziel ist es, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, um von einem persönlichen Informationsmanagement zu einem gruppenbezogenen Informationsmanagement zu gelangen (siehe auch Erickson, 2006). Indem die zur gemeinschaftlichen Wissensarbeit notwendigen Aufwendungen möglichst gering gehalten werden und im Idealfall die zum persönlichen Informationsmanagement notwendigen nicht übersteigen, soll zu einer besseren IuK-Unterstützung kooperativer Innovationsarbeit beigetragen werden.
Analyse und Gestaltung von Innovationsflüssen bei IT-Dienstleistungen
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Standardisierung im Technischen Kundendienst als Basis für Innovationen
Sascha Wischniewski, Klaus-Michael Mende, Jochen Deuse und Michael Paulus
1. Innovationspotenziale im Technischen Kundendienst Dem Technischen Kundendienst (TKD) als eine Form der industriellen Dienstleistung kommt eine zunehmend wettbewerbsentscheidende Rolle zu. Eine zuverlässige und effektive Dienstleistungserbringung in der Produktnutzungsphase, d. h. vor allem die Sicherstellung einer hohen Anlagenverfügbarkeit, ist ein wichtiges Differenzierungsmerkmal gegenüber Wettbewerbern. Dieses wird verstärkt, wenn die Dienstleistungsprozesse eine hohe Effizienz und Prozessstabilität aufweisen und im Ergebnis zu einer hohen Kundenzufriedenheit beitragen und dadurch zu einer Wiederoder Zusatzbeauftragung führen. Des Weiteren ist die zunehmende Bedeutung des Technischen Kundendienstes dadurch zu erklären, dass es durch den zunehmenden Wettbewerb häufig nur durch Leistungen in der Nachkaufphase möglich wird, Gewinne zu erzielen, da die Produkte teilweise nur zu Deckungsbeiträgen verkauft werden (Möser 2005, S. 24). Die Sicherstellung einer hohen Prozessstabilität während der Dienstleistungserbringung ist aufgrund von Problemen, wie einer uneinheitlichen Vorgehensweise bei der Dienstleistungserbringung im Servicefall, einer nicht standardisierten Dokumentation der Servicefälle und einem unregelmäßigen und teilweise nicht durchgängigen oder fehlenden Informationsaustausch unter den Service-Mitarbeitern, häufig nicht gewährleistet. Potenzielle Innovationen werden einerseits somit nicht erkannt, da die fehlende Transparenz und Nachvollziehbarkeit den Innovationsprozess behindern und andererseits aufgrund unvollständiger Information als vermeintliche Innovation deklariert werden (vgl. den Beitrag von Carell u. Euteneuer in diesem Band). Eine Lösungsmöglichkeit zur Gewährleistung einheitlicher Vorgehensweisen ist der momentan stark diskutierte Ansatz der Standardisierung, der insbesondere im Rahmen Ganzheitlicher Produktionssysteme (GPS) im
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Sascha Wischniewski, Klaus-Michael Mende, Jochen Deuse, Michael Paulus
Fokus steht (Deuse et al. 2006, S. 57 ff.). Ziel ist die Standardisierung der Vorgehensweise im Servicefall durch Selbstaufschreibung der Mitarbeiter. Der Ursprung der Selbstaufschreibung der eigenen Tätigkeiten ist im Toyota Produktionssystem (TPS) zu finden. Durch eine Adaption auf den TKD können einheitliche Vorgehensweisen, standardisierte Dokumentationen und ein gezielter Wissenstransfer zwischen den Mitarbeitern in der dezentralen Arbeitsorganisation des TKD ermöglicht werden. Von dieser stabilen Ausgangssituation werden Prozessverbesserungen bzw. Innovationen begünstigt. Ebenso wird auf diese Weise das implizite Wissen der Mitarbeiter explizit abgebildet und ist somit langfristig auch für andere verfügbar. Mit Hilfe dieses Ansatzes des Wissensmanagements wird es möglich, nachhaltig Prozesstransparenz und -stabilität bei der Dienstleistungserbringung zu erreichen. Die dokumentierten Arbeitsabläufe sind für alle Mitarbeiter der Serviceorganisation zur Verfügung zu stellen, so dass alle Beteiligten diese nutzen und verbessern können. Dadurch bietet diese Prozessstandardisierung die Basis für eine permanente Verbesserung der bestehenden Dienstleistungsprozesse, und es wird möglich, dem Kunden innovative Leistungsangebote anzubieten. Diese Form inkrementeller Innovationen der Dienstleistungsprozesse bezieht sich deshalb überwiegend auf die Verbesserung des bestehenden Dienstleistungsangebots (z. B. schnellere Ausführung der Instandsetzung oder bessere Auskunft über die zu erwartende Dauer der Dienstleistungserbringung gegenüber dem Kunden durch zuverlässige Erfahrungsdaten).
2. Der Technische Kundendienst und seine Besonderheiten In der Literatur ist der Inhalt und Leistungsumfang des TKD nicht eindeutig definiert. Deshalb werden die Leistungen des TKD als industrielle Dienstleistungen für die weitere Durchführung dargestellt. Dies wird ergänzt durch eine Identifikation der wesentlichen Merkmale der Dienstleistungserbringung, sodass für die anschließende Fallstudie die Grundlagen gelegt werden. Abschließend werden die Besonderheiten und bestehende Problemstellungen im TKD im Kontext der durchgeführten Ist-Aufnahme bei einem medizintechnischen Dienstleistungsunternehmen im Rahmen des Forschungsprojektes NovaMille vorgestellt.
Standardisierung im Technischen Kundendienst als Basis für Innovationen
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2.1 Der TKD als industrielle produktbezogene Dienstleistung Industrielle Dienstleistungen lassen sich anhand einiger Merkmale von der Sachgüterproduktion abgrenzen. Ein wesentliches Merkmal von Dienstleistungen ist deren Immaterialität, d. h. die Funktionen Produktion und Absatz – anders als bei der Sachgüterproduktion – fallen zeitlich und räumlich zusammen. Weiteres Kennzeichen ist die Einbindung des externen Faktors Kunde, da dieser wesentlich zur erfolgreichen Erbringung einer Dienstleistung beiträgt und sich daher eine ausgeprägte Kundenorientierung unmittelbar auf das Ergebnis der Dienstleistung und die Kundenzufriedenheit auswirkt. Industrielle Dienstleistungen lassen sich in interne, primäre und sekundäre Dienstleistungen unterscheiden. Interne Dienstleistungen werden innerhalb eines Unternehmens erbracht und sind nicht Teil des Marktangebotes (Hermsen 2000, S. 12). Primärdienstleistungen stellen ein eigenständiges Marktangebot mit einem Grundnutzen für den Kunden dar (Schütze 2000, S. 22). Sekundärdienstleistungen stehen in direkter Verbindung mit einer Sachleistung und sind daher produktbezogene Dienstleistungen, deren Vermarktung mit dem selbst hergestellten Sachgut oder mit dem Produkt eines Fremdanbieters erfolgt (Schütze 2000, S. 21). Grundsätzlich ist das Spektrum der angebotenen Dienstleistungen des TKD als breit gefächert und sehr heterogen zu charakterisieren (Kowalewski u. Reckenfelderbäumer 1998, S. 26). Dennoch sind Kernbereiche zu identifizieren, zu denen insbesondere Instandsetzung, Inbetriebnahme, Wartung und Inspektion von Maschinen und Anlagen gehören (vgl. Schütze 2000, S. 51). Diese Leistungen werden – mit Ausnahme der Installation – in DIN 31051 „Grundlagen der Instandhaltung“ unter dem Begriff Instandhaltung aufgezählt. Innovationen, wie sie in der Unternehmenszusammenarbeit näher untersucht werden, sind somit an der Schnittstelle zum Kunden während des Leistungserstellungsprozesses zu erwarten. 2.2 Merkmale des Technischen Kundendienstes Der TKD ist in Anlehnung an Hermes (1999, S. 20 ff.) anhand der Dimensionen Leistung, Zeit, Ort und Interaktion zu charakterisieren. Die Dimensionen mit ihren Merkmalen sowie den Ausprägungen lassen sich übersichtlich in einem morphologischen Kasten darstellen (vgl. Tabelle 1). Im Rahmen der Leistungserbringung lassen sich die Merkmale Hauptleistungsträger, Zielrichtung der Leistung, Leistungsart, Absatzstrategie für
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die und Charakter der Dienstleistung sowie Art der servicepolitischen Differenzierung unterscheiden, sodass diese auch auf das untersuchte Dienstleistungsunternehmen zu übertragen sind. Die Ist-Analyse zeigte die folgenden Ausprägungen. Im TKD ist der Hauptleistungsträger der Service-Mitarbeiter und die Leistungserbringung erfolgt produktgerichtet und objektbezogen. Die Leistungsart ist aufgrund der Kernleistung des TKD, der Instandhaltung, verrichtungsorientiert. Im Rahmen der Absatzstrategie ist der TKD häufig Bestandteil eines Leistungsbündels (produktbezogen) und ist als Sekundärdienstleistung zu identifizieren. Da der Dienstleister eigene Produkte herstellt und betreut liegt eine Sekundärleistung vor. Die Leistungserbringung erfolgt aber auch an Fremdprodukten. Bezogen auf den Ort der Leistungserbringung lassen sich für den TKD folgende Prämissen festhalten: Die Mobilität des Kunden ist in der Regel aufgrund der Größe der Produkte begrenzt. Die resultierende Ortsgebundenheit erfordert häufig eine Mobilität des Dienstleisters, jedoch werden Kleinprodukte häufig eingeschickt und in einer zentralen Instandhaltungswerkstatt instand gesetzt. Die Interaktion bezieht sich auf die Kontaktart des Kunden mit dem Unternehmen und auf die Anzahl der externen Faktoren. Die Kontaktart ist sowohl mittelbar (Kontakt mit dem Call Center) also auch unmittelbar (Service-Mitarbeiter vor Ort). Im TKD erfolgt immer nur ein Kontakt zu einem Kunden innerhalb einer Anfrage und die Leistung ist deshalb als Individualleistung zu verstehen.
Standardisierung im Technischen Kundendienst als Basis für Innovationen
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Tabelle 1. Typologie des TKD in Anlehnung an Hermes (1999, S. 22) Merkmale Leistung
Ort
Merkmalsausprägung Hauptleistungsträger Haupteinsatzfaktor
Person
Objekt
Zielrichtung der Dienstleistung
personengerichtet personenbezogen
produktgerichtet produktbezogen
Leistungsart
Sachleistung
Absatzstrategie des Anbieters
Bestandteil des Leistungsbündels
eigenständige Hauptleistung
Charakter der Dienstleistung
Sekundärleistung
Primärdienstleistung
Art der Differenzierung
eigene Produkte
Fremdprodukte
Mobilität des Kunden
mobil
immobil
Mobilität des Herstellers
mobil
immobil
Leistungsort
Kundenunternehmen
Unternehmen des Dienstleister
mittelbar
unmittelbar
Interaktion Kontaktart Anzahl der externen Faktoren
Verrichtungsleistung
Bereitstellungsleistung
Individualdienstleistung Kollektivdienstleistung
2.3 Besonderheiten und Problemstellungen im Technischen Kundendienst Die Besonderheiten der Dienstleistungsprozesse des TKD, im Vergleich zu denen der Produktion, liegen u. a. in der dezentralen Struktur der Dienstleistungsorganisation im Außendienst. Diese dezentrale Struktur ist aus mehreren Gründen erforderlich. Dazu zählt die Nähe zum Kunden, um die Reaktionszeiten, die Fahrtzeiten und -kosten zu minimieren. Zusätzlich wird der Aufbau von persönlichen Kontakten gefördert, der insbesondere für die Dienstleistungserbringung von essentieller Bedeutung ist, da der Kunde während der Dienstleistungserbringung wesentlich beteiligt ist
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Sascha Wischniewski, Klaus-Michael Mende, Jochen Deuse, Michael Paulus
(Meldung der Störung, Interaktion vor Ort). Die Möglichkeit der Arbeitsteilung wird durch die dezentrale Struktur nahezu ausgeschlossen. Daraus ergibt sich eine hohe Eigenverantwortung der Service-Mitarbeiter und eine vollständige Bearbeitung des Auftrages beim Kunden. Der Service-Mitarbeiter ist darüber hinaus Informationsträger von Kundenwünschen und -anforderungen sowie Wissensträger der Arbeitsabläufe im Servicefall. Des Weiteren repräsentiert er die Serviceorganisation bzw. das Unternehmen beim Kunden vor Ort. Wie die Untersuchung zeigte, existiert in der Praxis nur ein geringes Verständnis, den Service-Mitarbeiter als wesentliche Informationsträger und Informationsquelle zu nutzen. Dadurch lassen sich auch die bestehenden Defizite in der Dokumentationsunterstützung von Servicefällen erklären. Bislang existieren keine Ansätze, die es Mitarbeitern ermöglichen, ihr Wissen in der Nachbereitung eines Servicefalles einheitlich (standardisiert) zu dokumentieren. Das Wissen steht demnach nur bedingt als Handlungsanleitung für ähnliche Servicefälle zur Verfügung. Dies wird durch folgendes Praxisbeispiel aus der Analysephase in Tabelle 2 verdeutlicht. Tabelle 2. Uneinheitliche Dokumentation von Fehler und Lösung im Servicefall Fehlerbeschreibung
Lösungsdokumentation
Karten lassen sich nicht einlesen!
vermutlich Kartenleser defekt – Kabel und Kartenleser ausgetauscht
Speicherkarte lässt sich nicht einlesen!
neue Karte an Kunden geschickt
Speicherkarten lassen sich nicht einlesen (findet keine Karte)!?
Neustart des PCs
Auf Basis dieser Informationen ist eine Handlungsanleitung für einen Service-Mitarbeiter, der mit dem gleichen oder ähnlichen Fehler konfrontiert wird, nur bedingt möglich. Einerseits ist die Suche nach dem Fehler nur mit Einschränkung erfolgreich, da alle Beschreibungen voneinander abweichen, andererseits können mehrere Lösungsalternativen vorgeschlagen werden. Dieses Beispiel zeigt, dass durch die unstrukturierte Nachbereitung der Servicefälle ein großes Informationsdefizit entsteht. Dieses kann durch eine einheitliche Beschreibung der Vorgehensweisen weitgehend verhindert werden.
Standardisierung im Technischen Kundendienst als Basis für Innovationen
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3. Prozessstandardisierung im Technischen Kundendienst Als Lösungsansatz für das skizzierte Problemfeld bietet sich das Konzept der Standardisierung an. Obwohl zunächst der Eindruck entstehen könnte, dass Standardisierung für eine Innovation hinderlich ist, wird bei genauerer Betrachtung deutlich, dass Standards eine gute Ausgangssituation für Innovationen bieten. Besonders in dezentralen Strukturen wird dadurch ein homogener Wissensstand sichergestellt, welcher die Grundlage für weitere Verbesserungen darstellt. Der Begriff Standardisierung ist in der Literatur – ähnlich dem Begriff Technischer Kundendienst – unterschiedlich belegt. Daher erfolgt zunächst eine Begriffbestimmung, an die sich die Vorstellung der Standardisierung am Beispiel des Automobilherstellers Toyota anschließt, der dieses Prinzip konsequent in der Produktion anwendet und als Vorreiter für die Standardisierung durch Selbstaufschreibung der Mitarbeiter gilt. Anschließend werden die Voraussetzungen für eine Übertragung auf den TKD anhand der bereits aufgezeigten Besonderheiten vorgestellt. 3.1 Begriffsbestimmung Standardisierung Das Ziel von Standardisierung ist die Vereinheitlichung von Produkten oder Prozessen in einem Unternehmen oder einer Branche auf nationaler oder internationaler Ebene (DIN 2002, S. 199). Das Ziel eines Standards ist die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses und einer anhaltende Vereinfachung. Standards unterstützen „den Erhalt und das Management von Wissen und Erkenntnissen durch einheitliche und im Geltungsbereich anerkannte Definitionen“ (Luczak u. Heinz 2002, S. 39). Für eine erfolgreiche Umsetzung und Anwendung der Standardisierung existieren folgende Erfolgsfaktoren (vgl. Luczak u. Heinz 2002, S. 39 ff): x Die Mitarbeiter müssen in der Anwendung einen effektiven Nutzen für ihre Tätigkeit sehen. x Die Standards müssen akzeptiert, verstanden und korrekt umgesetzt werden. x Die Standards müssen eindeutig und einheitlich beschrieben und abgebildet werden.
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Sascha Wischniewski, Klaus-Michael Mende, Jochen Deuse, Michael Paulus
x Die Standards müssen schnell, jedoch nach festgelegten Vorgehensweisen anzupassen sein (flexible Standards) und die Änderungen müssen allen Mitarbeitern unmittelbar vermittelt werden. x Verantwortlichkeiten für Standards müssen eindeutig festgelegt sein. x Abweichungen von Standards müssen schnell und einfach ersichtlich sein.
3.2 Standardisierung im Toyota Produktionssystem Das Konzept der Standardisierung der Arbeitsprozesse wird effektiv in der Automobilindustrie umgesetzt und rückt insbesondere im Rahmen Ganzheitlicher Produktionssysteme als Lösungsansatz in den Fokus (Deuse et al. 2006, S. 57 ff.). In diesem Zusammenhang bezeichnet der Begriff Produktionssystem ein arbeitsorganisatorisches Rahmenkonzept für die Leistungserstellung. Schwerpunkt der Standardisierung bildet hier u. a. die Standardisierung von Montagearbeitsprozessen. Diese Standardisierung wird z. T. durch eine Selbstaufschreibung der Mitarbeiter und Dokumentation in so genannten Standardoperationen erreicht, deren Ursprung im Toyota Produktionssystem (TPS) zu finden ist. Diese Standardoperationen bestehen aus den drei Komponenten (vgl. Shingo 1993, S. 119): x Die Arbeitsfolge beschreibt die Inhalte und die Sequenz der aufeinander aufbauenden Arbeitsschritte, die für die Aufgabenerfüllung erforderlich sind. x Die Taktzeit beschreibt die höchstens zur Verfügung stehende Zeit, um ein Produkt herzustellen bzw. eine Leistung zu erbringen. Sie ist von der geplanten Produktionsmenge abhängig und resultiert aus der verfügbaren Arbeitszeit und der Anzahl der zu produzierenden Einheiten. x Der Standardbestand ist der geringste erforderliche Vorrat an Material, um den Arbeitsprozess aufrechtzuerhalten. In der Regel entspricht dieser Bestand dem Mindestbestand. Toyota erkannte die Mitarbeiter schon frühzeitig als Wissensträger im Unternehmen und erzielt durch eine Beschreibung der Arbeitsabläufe am eigenen Arbeitsplatz Prozessverbesserungen. Diese können durch eine kürzere Durchlaufzeit, eine höhere Qualität oder einen geringeren Material- oder Platzbedarf nachgewiesen werden. Dabei werden im Toyota Produktionssystem die in Abb. 1. dargestellten Prämissen für die Ermittlung und den Einsatz dieser Standardoperationen zugrunde gelegt.
Standardisierung im Technischen Kundendienst als Basis für Innovationen
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Qu ali
• wiederholbare manuelle Prozesse
it be Ar
tät
Arbeit
Betriebsmittel • zuverlässig mit einer nur geringen Anzahl von Störungen
Betriebsmittel
Qualität • einheitlich
Abb. 1. Bedingungen für den Einsatz von Standardoperationen nach Toyota
3.3 Voraussetzungen für eine Adaption im Technischen Kundendienst Es existieren bereits Übertragungen und Anwendungen des Prinzips der Standardisierung auf den Dienstleistungssektor. So erfolgt beispielsweise eine Standardisierung der Leistungsangebote durch eine Modularisierung in einzelne Bausteine, deren Kombination eine möglichst kundenindividuelle und gleichzeitig effiziente Leistungserbringung ermöglicht (Luzak u. Liestmann 2004, S. 306). Ebenso wird mit dem Ansatz des Service Engineering eine möglichst strukturierte und systematische Vorgehensweise zur Entwicklung neuer Dienstleistungsangebote angestrebt (Luczak u. Heinz 2003, S. 451). Die Standardisierung von Arbeitsprozessen in industriellen Dienstleistungen wirkt jedoch zunächst gegensätzlich zu der vom Kunden erwarteten Individualität der Leistung. Allerdings trifft dies nur bedingt auf den TKD zu, da die Hauptleistungen Installation und Instandhaltung in der Regel durch wiederkehrende Arbeitsabläufe und Tätigkeiten charakterisiert sind (z. B. Fehlerbehebung baugleicher Geräte bei verschiedenen Kunden). Ziel der Standardisierung ist hier, Arbeitsprozesse der Installation und der Instandsetzung, die als Best Practice identifiziert werden können, als Standards zu etablieren. Die Qualität und Effizienz der Prozesse soll durch eine
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einheitliche Vorgehensweise verbessert werden, damit Freiräume entstehen können, um die Entwicklung von Innovationen zu begünstigen. Kriterien des Standardisierungsprozesses können folgende Vorgaben für den TKD sein: Träger der Standardisierung ist die Serviceleitung oder das Servicemanagement; die Standards gelten für die Abteilung des TKD und insbesondere für den Außendienst. Die durch die Mitarbeiter definierten Standardvorgehensweisen sollten als Richtlinie innerhalb der Dienstleistungsorganisation gelten, da andernfalls wiederum uneinheitliche und häufig ineffiziente Arbeitsfolgen durchgeführt werden. Die Inhalte der Standards sollten analog zu den Standardoperationen von Toyota Standards für die Vorgehensweisen bei der Dienstleistungserbringung (z. B. bei der Reparatur einer technischen Anlage) sein. Im Vergleich zur Produktion von Sachgütern bestehen besonders in Bezug auf die kritischen Erfolgsfaktoren Gemeinsamkeiten, aber aufgrund der Besonderheiten des TKD (vgl. Kapitel 2.3) auch wesentliche Unterschiede, die bei einer Adaption zu berücksichtigen sind. Zu den Gemeinsamkeiten zählen das prinzipielle Verständnis aller Beteiligten über die Bedeutung und den Nutzen von Standards, sowie deren Akzeptanz als eine wesentliche Voraussetzung sowohl in der Produktion als auch im TKD. Ein wesentlicher Unterschied besteht in der einheitlichen Definition und Beschreibung von Standards, da diese durch die Service-Mitarbeiter – als wesentliche Informationsträger – analog zu Toyota formuliert werden müssen und nicht durch eine übergeordnete Abteilung wie beispielsweise das Industrial Engineering in einem Produktionsunternehmen. Dieser Unterschied wird noch durch die dezentrale Mitarbeiterstruktur verstärkt, da kein unmittelbarer Informationsaustausch der einheitlichen Vorgehensweisen erfolgen kann. Dies wirkt sich zudem nachteilig auf die Entwicklung eines einheitlichen Begriffsverständnisses aus. Eine erfolgreiche Übertragung der Methode Standardoperationen von Toyota kann hier wirksam unterstützen. Ein geeignetes Instrumentarium ist hierfür zu entwickeln, das Service-Mitarbeiter als Assistenzsystem begleitet und eine strukturierte und effiziente Prozessaufnahme während der Dienstleistungserbringung ermöglicht. Diese einheitlichen Prozessdaten sowie die Dokumentation der Servicefälle sind zentral zu verwalten und allen Service-Mitarbeitern aufbereitet als Best Practice bereitzustellen. Eine sukzessive Verbesserung von bisherigen Lösungen kann durch neue Lösungsvarianten nach Überprüfung fortlaufend in das System eingepflegt werden. Der formale Aufbau, in dem die Standards durch die Mitarbeiter erstellt werden, stimmt im Wesentlichen mit den Standardoperationen gemäß
Standardisierung im Technischen Kundendienst als Basis für Innovationen
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Toyota überein. Zunächst wird die Arbeitsfolge bestimmt und im Anschluss der erforderliche Ersatzteilbedarf (Standardbestand), zu verwendende Werkzeuge und die benötigte Zeit (Ist-Zeit) durch die Mitarbeiter dokumentiert. Damit gelingt es, eine Standardisierung von Arbeitsprozessen analog den Standardoperationen von Toyota im TKD zu erreichen sowie effiziente und reproduzierbare Prozessabläufe zu ermöglichen. Dazu ist das Wissen der Service-Mitarbeiter im Außendienst gezielt zu erfassen und für zukünftige Serviceeinsätze als Handlungsanleitung zur Verfügung zu stellen, um es bei weiteren Serviceeinsätzen abzurufen.
4. Standardisierung als Basis für Prozessinnovationen Zusätzlich zur einheitlichen Erfassung des Wissens der Service-Mitarbeiter im TKD bietet die Standardisierung die Möglichkeit, übereinstimmend mit Toyota, die dokumentierten Vorgehensweisen permanent weiterzuentwickeln und dem Kunden somit innovative, da verbesserte, Dienstleistungen anzubieten. Zunächst ist zu klären, wie der Begriff der Innovation zu definieren ist, da dieser aktuell in unterschiedlicher Form diskutiert und je nach Sichtweise unterschiedlich interpretiert wird, um anschließend die Potenziale für Innovationen durch eine Standardisierung im Technischen Kundendienst aufzuzeigen. 4.1 Begriffbestimmung Innovation Die Aussagen zum Begriff der Innovation reichen von traditionell sehr technischen Überlegungen bis hin zu organisatorischen sowie prozessorientierten Ansätzen, in denen für den jeweiligen Anwenderfall wesentliche Merkmale der Innovation betont werden. Daher lassen sich Innovationen grundsätzlich anhand verschiedener Dimensionen unterscheiden (Hauschildt 2005, S. 26 ff). So ist z. B. eine Gliederung des Innovationsbegriffs anhand der Bereiche Technik (innovative Produkte oder Prozesse), Organisation (innovative Strukturen oder Systeme) und Geschäftsbeziehungen (neue Branchenstruktur) möglich. Ebenso kann eine Unterteilung anhand der funktionalen Bereiche eines Unternehmens vorgenommen werden (Logistik-, Finanz-, Personalinnovationen u. a.). Im Rahmen des Teilprojektes „Organisationsmuster für Kreativität und neue Lösungen“ des Verbundprojektes NovaMille erfolgt die in der Literatur häufig verwendete Unterscheidung des Begriffs in die Dimensionen Produktinnovationen und Prozessinnovationen.
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Unabhängig, ob eine Produkt- oder eine Prozessinnovation vorliegt, ist weiterhin von Bedeutung, diese eindeutig zu charakterisieren. Das Spektrum von Innovationen reicht von kleinen Verbesserungen bis zu revolutionären Neuheiten (Stern u. Jaberg 2005, S. 96). Es werden drei Innovationstypen unterschieden (Disselkamp 2005, S. 19): x Inkrementelle Innovationen stellen Verbesserungen an bestehende Produkten oder Prozessen eines Unternehmens dar, die eindeutigen Kundennutzen erzeugen. Wesentliches Merkmal ist die sukzessive und schnelle Implementierbarkeit. x Strategische Innovationen benötigen einen hohen Entwicklungsaufwand und größere Investitionen und wirken auf Bedürfnisse, die dem Kunden selbst noch nicht bewusst sind. x Durchbruch-Innovationen ermöglichen die Befriedigung von Kundenanforderungen auf eine bislang nicht bekannte Weise. Vahs u. Burmester (2005, S. 46) unterscheiden in diesem Zusammenhang ein Innovationsverständnis alter und neuer Art (vgl. Tabelle 3). Tabelle 3. Alte und neue Innovationsansätze (Vahs u. Burmester 2005, S. 46) Innovationsverständnis Merkmal „alter Art“
„neuer Art“
Effekt
kurzfristig und dramatisch
langfristig und andauernd, aber dramatisch
Tempo
große Schritte
kleine und große Schritte
Protagonisten
wenige Auserwählte (z. B. Geschäftsleitung, Stabsstellen)
jeder Firmenangestellte, funktionsübergreifende Organisation
Vorgehensweise
individuelle Ideen und Anstrengungen, „Ellenbogenverfahren“
Teamgeist, Gruppenarbeit und systematisches Vorgehen
Devise
Abbruch und Neuaufbau
Erhaltung, Verbesserung und Neuaufbau
Art der Mitarbeiter
Spezialisten
Generalisten
Informationsaustausch
geheim und intern
öffentlich und gemeinsam
Standardisierung im Technischen Kundendienst als Basis für Innovationen Feedback
eingeschränkt
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umfassend und intensiv
Es wird deutlich, dass eine Erweiterung des Innovationsverständnisses stattgefunden hat, so dass mittlerweile auch kleine Verbesserungen in Anlehnung an das Kaizen-Konzept Toyotas als Innovationen verstanden werden und alle Mitarbeiter eines Unternehmens zu dem Innovationsprozess beitragen (vgl. auch Stern u. Jaberg 2005, S. 70). Weitere Merkmalsausprägung ist die langfristige Auslegung der Innovationseffekte sowie das systematische Vorgehen. 4.2 Innovationspotenziale der Standardisierung im Technischen Kundendienst Wie bereits dargestellt gibt es verschiedene Typen von Innovationen für Produkte und Prozesse. Ebenso hat sich ein erweitertes Verständnis für die Entwicklung von Innovationen durchgesetzt. Das Entstehen von Innovationen auf Grundlage der Standardisierung für den TKD erscheint insofern ein viel versprechender Ansatz, da stets ein definierter Ausgangspunkt genutzt wird, um in kleinen Prozessschritten Verbesserungen zu erreichen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der bereits erreichte Standard auf einem hohen Niveau gehalten wird und die nächsten Innovationsschritte leichter zu erreichen sind und nachvollziehbar bleiben. Ein wesentliches Ziel sollte daher sein, die Service-Mitarbeiter in diesen Entwicklungsprozess zur Standardisierung der Arbeitsprozesse einzubinden, um auf diese Weise eine innovationsförderliche Organisationsstruktur zu etablieren. So bildet die Standardisierung der Prozessabläufe eine Basis für inkrementelle Innovationen in den dezentralen Strukturen des Technischen Kundendienstes. Durch eine einheitliche Beschreibung und damit verbundene Transparenz können neue Probleme auf der bisherigen Datenbasis gelöst werden. Erst ein gemeinsames Verständnis und das gleiche Ausgangswissen ermöglichen den beteiligten Mitarbeitern die Weiterentwicklung der Produkte und Prozesse (vgl. den Beitrag von Joraschkewitz et al. In diesem Band). Innovationen erfordern darüber hinaus eine offene Kommunikation aller Beteiligten, die sich im freiwilligen Weitergeben von Wissen seitens der Mitarbeiter äußert (Stern u. Jaberg 2005, S. 68). Dieser Prozess wird unterstützt durch eine informationstechnische Plattform, die es allen Mitarbeiter ermöglicht, auf die vorhandenen Standards und Prozessabläufe zuzugreifen und diese für eine Lösung zu verwenden. Zusätzlich ermöglicht eine zentrale Kommunikationsplattform die kontinuierliche Prozessverbesserung im Technischen Kundendienst sowie die Un-
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terstützung und Erfüllung der Funktionen des Wissensmanagements – einer wichtigen Komponente für die Entwicklung von Innovationen (Stern u. Jaberg 2005, S. 62): x Die Generierung von Wissen erfolgt durch die Service-Mitarbeiter, z. T. aufbauend auf den bereits dokumentierten Handlungsanweisungen für die Vorgehensweise bei einem spezifischen Fehler. x Die Speicherung des Wissens wird durch eine einheitliche Beschreibung deutlich vereinfacht. Zusätzlich erfolgt durch Standardisierung in Form der Selbstaufschreibung der Service-Mitarbeiter eine Umwandlung des individuellen (impliziten) Wissens in organisatorisches (explizites) Wissen. x Die Verteilung des Wissens unter den Service-Mitarbeitern wird ebenfalls ermöglicht und gefördert. x Die Nutzung des Wissens wird durch Standardisierung und die daraus resultierende Einheitlichkeit vereinfacht. Eine weitere Voraussetzung für ein innovatives Unternehmen ist eine lernende Organisation (Stern u. Jaberg 2005, S. 79). Ein wesentliches Merkmal dieser Organisation ist die Fähigkeit der permanenten Erneuerung, welche ebenfalls durch die Prozessstandardisierung im TKD gewährleistet wird, wenn diese für innovative Weiterentwicklungen genutzt wird. Die Potenziale der Standardisierung im TKD lassen sich darüber hinaus in eine Kunden- und Unternehmenssicht unterscheiden. Für die Kundenperspektive lassen sich folgende Innovationspotenziale identifizieren: x Es erfolgt eine schnellere Leistungserbringung durch den Service-Mitarbeiter, d. h. eine schnellere Wiederherstellung der Anlagenverfügbarkeit, da der Mitarbeiter gezielt Informationen aus ähnlichen Servicefällen heranziehen und als Handlungsanleitungen nutzen kann. x Die Ersterledigungsquote steigt, da sich der Service-Mitarbeiter im Vorfeld über die Lösung zu dem Servicefall informieren kann und dementsprechend vorbereitet zum Serviceeinsatz aufbricht (richtiges Werkzeug und richtige Ersatzteile). x Die Transparenz des Leistungserbringungsprozesses wird erhöht, da der Service-Mitarbeiter die beste Vorgehensweise für die Instandhaltung der Anlage nutzt und keine individuelle Vorgehensweise entwickelt. Gleichfalls ergeben sich für Dienstleister durch die Prozessstandardisierung ebenfalls Prozessinnovationen:
Standardisierung im Technischen Kundendienst als Basis für Innovationen
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x Die Mitarbeiter werden in die Lage versetzt, ihr Wissen als Best Practice-Standards zu dokumentieren. x Durch die einheitliche Vorgehensweise werden nur erforderliche Ersatzteile verbaut und nur erforderliche Arbeitsschritte durchgeführt (insbesondere von Bedeutung bei Leistungen im Rahmen der Garantiephase und bei Kunden, bei denen die Instandsetzung u. U. ein Unternehmensrisiko darstellt). x Da der Lösungsweg bekannt ist, kann eine bessere Terminierung des Einsatzes erfolgen und somit ist eine bessere Planungsbasis vorhanden. x Es ist leichter, verbindliche Preiskalkulationen durchzuführen, da der Arbeitsumfang bekannt ist. x Sind die Prozesse einmal standardisiert, dokumentiert und aufbereitet, so können sie ggf. dem Kunden als Zusatzprodukt verkauft werden, sofern dieser eigenständige Instandhaltungen durchführen will. x Werden auch die Fehler standardisiert erfasst, so ist eine gezielte Auswertung möglich, die wertvolle Hinweise für die Produktentwicklung geben kann (z. B. die konstruktive Veränderung einer Dichtung, die häufig verschleißt). Es lässt sich zusammenfassend sagen, dass im Technischen Kundendienst die Standardisierung der Arbeitsprozesse durch Selbstaufschreibung der Mitarbeiter ähnlich den Standardoperationen Toyotas ein hohes Innovationspotenzial zur Verbesserung des Dienstleistungsangebotes sowohl aus Kunden- als auch aus Unternehmenssicht schaffen kann.
5. Standardisierung als Chance im Technischen Kundendienst Der Technische Kundendienst als produktbezogene industrielle Dienstleistung gewinnt zunehmend an Bedeutung für den Unternehmenserfolg in der Investitionsgüterindustrie aufgrund eines verstärkten Verdrängungswettbewerbs. Obwohl die hohe Bedeutung der Dienstleistung durch eine Vielzahl von Unternehmen als Alleinstellungsmerkmal bestätigt wird, existieren bislang keine Lösungsansätze, die eine hohe Prozessstabilität und Prozesseffizienz nachhaltig sicherstellen können. Geeignete Lösungsansätze müssen die Besonderheiten und Problemstellungen des TKD berücksichtigen. Diese resultieren aus der dezentralen Struktur der Dienstleistungsorganisation, der geringen Arbeitsteilung sowie einer besonders hohen Eigenverantwortung der Service-Mitarbeiter.
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Darüber hinaus wird das Potenzial der Service-Mitarbeiter als Informationsträger von Kundenwünschen und -anforderungen sowie als Wissensträger der Instandhaltungsprozesse nur unzureichend genutzt. Der Arbeitsablauf im Servicefall wird – wenn überhaupt – unstrukturiert erfasst und aufbereitet, so dass er als Handlungsanweisung für ähnliche Servicefälle nur bedingt nutzbar ist. Im Ergebnis werden daher viele Servicefälle als neu eingestuft und jeder Service-Mitarbeiter führt die Instandsetzungsmaßnahmen mit seinem individuellen Kenntnisstand durch. In der Produktion werden im Vergleich dazu die Mitarbeiter durch die Vorgabe einer standardisierten Vorgehensweise bei der Arbeitsausführung unterstützt. Ziel ist für die Herstellung von Produkten nur die richtigen Arbeitsschritte durchzuführen und nicht wertschöpfende Zeitanteile zu minimieren. Auf den TKD übertragen, kann durch eine Standardisierung die Lösungssuche verringert bzw. vermieden werden und die Leistungserbringung durch die Vorgabe von Standards effizienter und in gleich bleibend hoher Qualität erfolgen. Diese Standards sind entsprechend für alle Service-Mitarbeiter zentral bereitzustellen, sodass eine effiziente Wissensverteilung in der dezentralen Struktur möglich ist. Entsprechende Freiräume die hieraus entstehen, bieten Potenzial für weitere Innovationen, die auf den vereinbarten Standards beruhen und eine gute Ausgangsbasis für weitere Innovationen bieten. Der Vorteil liegt zudem darin, dass aufgrund fehlender Transparenz häufig nicht erforderlich Arbeitsschritte durchgeführt werden. Aufgrund der erforderlichen Flexibilität im TKD sind die definierten Standards in Zusammenarbeit mit den Service-Mitarbeitern in regelmäßigen Abständen zu prüfen und ständig zu erweitern, so dass auf dieser Basis eine Weiterentwicklung bestehender Leistungsangebote möglich ist. Dadurch entstehen inkrementelle Innovationen der bestehenden Dienstleistungsprozesse. Für Kunden und Unternehmen ergibt sich dadurch ein höherer Nutzen zusätzlich zur Steigerung der Effizienz und der Prozessstabilität. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Adaption der Standardisierung von Arbeitsprozessen für den Technischen Kundendienst einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der Dienstleistungsprozesse leisten kann und die Basis für inkrementelle Innovationen der Dienstleistungsprozesse darstellt. Ein Beitrag zur Standardisierung der Dienstleistungsprozesse ist somit als eine wesentliche Komponente einer innovationsför-
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derlichen Organisationsstruktur für die technische Dienstleistungserbringung anzusehen.
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Wissensbasiertes Innovationsmanagement – Assistenzsystem zur Erfahrungssicherung und Wissensgenerierung für InstandhaltungsDienstleistungsunternehmen
Gerhard Bandow, Axel Kuhn, Fred Kuhnert und Hartmut May
1. Einleitung Die sich ständig verändernden Wettbewerbsbedingungen erfordern von den Marktteilnehmern immer höhere Flexibilität, zunehmende Kundenorientierung und noch stärkere Konzentration auf die Kernkompetenzen. Die fortschreitende Spezialisierung führt zu immer neuen Firmenabspaltungen und Zusammenschlüssen im nationalen und internationalen Maßstab. Dabei kommt es insbesondere an den großen, historisch gewachsenen Industriestandorten zu häufigen Eigentümerwechseln. Eine wichtige Voraussetzung für das effiziente Funktionieren dieser Standorte sind ein funktionsfähiger Maschinen- und Anlagenpark sowie eine intakte Infrastruktur, welche die Ver- und Entsorgung der angesiedelten Unternehmen effektiv sicherstellt. Die resultierenden Aufgaben der Instandhaltung und des infrastrukturellen Facility Managements werden heute in zunehmendem Maße von spezialisierten Dienstleistungsunternehmen übernommen. Die Komplexität und Vielfalt der Aufgaben und Prozesse der Instandhaltung und des Facility Managements verlangen von den Mitarbeitern dieser Dienstleistungsunternehmen ein hohes Maß an Spezialwissen und Erfahrungen, um zuverlässig, schnell und nachvollziehbar die bedarfsgerechte Verfügbarkeit der Maschinen und Anlagen sowie der Infrastruktur sicherzustellen. Hat ein Mitarbeiter dieses Wissen nicht in vollem Umfang, so muss er zumindest auf die zugehörigen Informationen zugreifen können, um sich das fehlende Wissen anzueignen.
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Die Dynamik der Standorte bleibt dadurch nicht ohne Folgen für diese Dienstleistungsunternehmen und ihre Mitarbeiter, sie müssen sich den immer wieder verändernden und neuen Rahmenbedingungen flexibel stellen und durch ein angepasstes Leistungsportfolio von Wettbewerbern abgrenzen. Vor diesem Hintergrund sind Innovationen für viele Dienstleistungsunternehmen entscheidende Voraussetzungen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Innovation beruht bekanntermaßen auf Wissen und kreativen Mitarbeitern. Daher ist es notwendig, dieses Wissen in geeigneter Weise bereitzustellen, so dass es bei der Planung, Steuerung, Durchführung und Auswertung der Dienstleistungsaufgaben der Instandhaltung und des Facility Managements angewendet werden kann. Die resultierende Frage lautet: Wie können die relevanten Informationen bereitgestellt werden? Hierzu wird im NovaMille-Projekt eine Wissensplattform entwickelt. Zur Entwicklung dieser Wissensplattform, die das erforderliche Wissen bereitstellt und dessen Anwendung eine konkrete Aufgabe unterstützen soll, wurde der Ansatz eines Assistenzsystems gewählt.
2. Assistenz und Assistenzsystem – Begriffsklärung Bevor die Wissensplattform näher beschrieben wird, ist vorerst zu klären, was in diesem Beitrag unter Assistenz und Assistenzsystem zu verstehen ist. Die Unterstützung einer Person bei der Bearbeitung ihrer Aufgaben ist ein Konzept, das in vielen Bereichen eingesetzt wird, insbesondere für Tätigkeitsfelder, bei denen Fehler nicht ausreichend vermieden oder korrigiert werden können, aber weit reichende Folgen haben (Beetz 2006). Zu nennen sind Assistenzlösungen in der Medizin- oder Automobiltechnik wie z. B. assistierende Expertensysteme in der Medizin, die eine Auswahl möglicher Diagnosen für ein bekanntes Symptombild liefern, und Fahrerassistenten, die das Schleudern in der Kurve verhindern. Übereinstimmend mit dem allgemeinen Sprachgebrauch kann Assistenz entsprechend der ursprünglichen Bedeutung des Wortes (lat. assistere = beistehen) allgemein gültig definiert werden als „die Unterstützung einer Person bei der Erfüllung einer Aufgabe durch geeignete Mittel“ (Beetz 2006).
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Einen weiterführenden Ansatz liefern (Wandke u. WetzensteinOllenschläger 2003): „Assistenz ist eine Brücke, die eine Verbindung herstellt zwischen den Wünschen, Zielen, dem Wissen und den Fähigkeiten der Benutzer auf der einen Seite und den Funktionen eines interaktiven Systems auf der anderen Seite.“ Dieser Ansatz bezieht Assistenz auf den Umgang mit interaktiven Systemen. Assistenz beschränkt sich bei diesem Ansatz auf den Zugang zu den Funktionen eines Systems, nicht auf eine Aufgabenteilung zwischen System und Mensch. Der Benutzer kann dabei auf verschiedene Art unterstützt werden (Nitschke et al. 2001). Assistenz erfolgt entweder aktiv oder passiv, das heißt die Initiative der Assistenz geht vom System oder dem Benutzer aus. Assistenz kann darüber hinaus unterschiedliche Automatisierungsgrade annehmen. Sie kann beispielsweise rein informativ sein, Handlungsalternativen vorschlagen oder diese voll automatisch ausführen. Ein Assistenzsystem stellt in der Regel unterschiedliche Zugangswege zur Verfügung, diese bestimmen die Art und Weise der Ein- und Ausgaben. Nicht zuletzt kann ein Assistenzsystem adaptiv oder adaptierbar sein, d. h. dass sich entweder das System dem Benutzer anpasst oder der Benutzer das System seinen Bedürfnissen anpasst. Instandhalter haben in der Regel keinen festen Arbeitsplatz. Sie führen Wartung und Inspektion sowie Instandsetzung verschiedenster Teile von unterschiedlichen Maschinen und Anlagen an unterschiedlichen Orten (direkt vor Ort an der Maschine bzw. Anlage oder in Werkstätten) durch und sind dabei nahezu ständig in Bewegung. Klassisch erfolgt die Unterstützung des Instandhalters bei seiner Tätigkeit durch einen kompetenten Kollegen oder einen Spezialisten des Anlagenherstellers bzw. eines Dienstleisters. Dabei ist die Beratung durch den Experten auf die zu unterstützende Situation bezogen. Er ist außerdem in der Lage, die Tiefe und Breite des zu vermittelnden Wissens an das Vorwissen des Instandhalters anzupassen. Allerdings ist diese Unterstützung in ihrer zeitlichen Verfügbarkeit begrenzt und sehr kostenintensiv, sowohl wenn es sich um Unterstützung direkt vor Ort durch einen Experten handelt, der dann selbst seinen Aufgaben nicht nachgehen kann, als auch bei Angeboten der Hersteller und Dienstleister, die nicht selten hohe Telefongebühren für eine Beratung verlangen. Weiterhin können die Experten nur das Wissen an den Instandhalter weitergeben, über das sie selbst verfügen. Auf diese Weise kann es möglich sein, dass lücken- oder fehlerhaftes Wissen an den Unterstützungssuchenden weitergegeben und damit verbreitet
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wird. Dennoch ist diese Form der Assistenz in der Instandhaltung optimal und dient als Vorbild für das im NovaMille-Projekt zu entwickelnde Assistenzsystem, da sie neben der Unterstützung der vielfältigen Aufgaben der Instandhalter auch die nahtlose Integration in die Geschäftsprozesse eines Instandhaltungs-Dienstleistungsunternehmens ermöglicht. Im Verbundprojekt NovaMille wurde daher entschieden, die Benutzer passiv und rein informativ zu unterstützen und sowohl die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern als auch zwischen den Mitarbeitern und Kunden zu fördern. Die jeweilige Information soll – falls vorhanden – unterschiedliche Handlungsalternativen umfassen. Der Zugang zum Assistenzsystem erfolgt über verschiedene Zugangspfade, wobei in einer ersten Version der Zugang über die Aufgaben bzw. das Leistungsspektrum der ThyssenKrupp Xervon GmbH und Schlagworte aus diesem Themenumfeld erfolgt. Für eine spätere Erweiterung ist auch der Zugang über die Prozesse vorgesehen, um so eine direkte Anbindung an das noch vollständig zu beschreibende Prozessmodell von XERVON zu realisieren. Des Weiteren wurde festgelegt, dass anstelle von Assistenz und Assistenzsystem der Begriff Wissensplattform benutzt wird. Die Gründe hierfür liegen darin, dass der Begriff Assistenzsystem im allgemeinen Sprachgebrauch oft noch mit Expertensystem und künstlicher Intelligenz in Verbindung gebracht wird. Dies ist jedoch ein Anspruch, den die Wissensplattform explizit nicht verfolgt. Sie soll nur das explizite Wissen der Experten zur Verfügung stellen und die Kommunikation mit den Experten initiieren.
3. Wissensbasiertes Innovationsmanagement Bekanntlich sind kollaborative Formen des Umgangs mit Wissen (Erzeugung, Nutzung, Teilung) besonders innovationsfördernd. Die Zusammenarbeit darf sich hierbei nicht nur am normalen Tagesgeschäft orientieren, sie muss darüber hinausgehend ein Innovationsnetzwerk etablieren. Dieses ist durch Erweiterung des inneren Netzwerkes um Experten bei den Anlageherstellern, Forschungseinrichtungen, Vereinen und Verbänden zu erweitern, um den maximalen Nutzen durch Bündelung und Vernetzung des Wissens zu erzielen und daraus Innovationen abzuleiten. Für die Kooperationsbeziehungen ist eine innovationsförderliche Organisation zu entwickeln, welche die Bereitschaft, Fähigkeit und Möglichkeit zur Innovation stärkt und steigert. Diese Organisation ist hinsichtlich Visi-
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onen, Zielen, Strukturen, Prozessen, Kultur und individuellen Mitarbeiterbedürfnissen innovationsförderlich auszugestalten. Ein Innovationsnetzwerk ermöglicht es, für die sich verändernden Prozesse und technischen Betriebsmittel adäquate Lösungen schneller und effizienter zu finden und einen ganzheitlichen, disziplinübergreifenden Instandhaltungsprozess zu realisieren. Die Schnittstellen zwischen den eigenen Mitarbeitern, den Lieferanten und Kunden, die Innovation fördern, werden optimiert, so dass eine Umgebung für ein wissensbasiertes Innovationsmanagement geschaffen wird. Hierzu werden zum einen definierte Ansprechpartner bei ThyssenKrupp Xervon festgelegt bzw. bestehende Kontakte genutzt und die jeweiligen Mitarbeiter auf die „innovationsfördernde Bedeutung und Nutzung“ dieser Schnittstellen hingewiesen. Alle Ideen werden gesammelt und durch die Kompetenzcenterleiter in regelmäßigen Treffen analysiert und bewertet und entsprechend weiterverfolgt. Keine Idee soll verloren gehen, daher werden die Ideen archiviert, um zu späteren Zeitpunkten prüfen zu können, ob sich die Bedingungen geändert haben und die „Zeit für die Idee nun reif ist“. Zum anderen erhalten ausgewählte Kunden und Lieferanten Zugang zum Assistenzsystem und können dort neue Ideen und neues Wissen direkt einbringen. Exkurs: Die Kompetenzcenterleiter sind des Weiteren dafür verantwortlich, die Eingaben in das System nach definierten Qualitätskriterien zu beurteilen. Hierzu enthält das Assistenzsystem die Freigabefunktion, d. h. die Daten werden eingegeben, von dem jeweiligen Kompetenzcenterleiter geprüft und danach für den freien Zugang freigegeben bzw. nach Überarbeitung wieder in den Freigabeprozess eingestellt. Ziel dieses Vorgehens ist es, nur qualitätsgesicherte Informationen im Assistenzsystem zur Verfügung zu stellen. Um den Mitarbeiter die Hemmschwelle bezüglich der Eingabe in das System zu nehmen, besteht die Möglichkeit, die Daten auf Papier oder mündlich an die Sekretariate zu geben, die dann die Eingabe vornehmen, mit den Autoren abstimmen und dann an die Kompetenzcenterleiter zur Freigabe weiterleiten. Der Aufbau eines Innovationsnetzwerkes kann nur schrittweise erfolgen. Zuerst ist eine Analyse der Anforderungen an die Wissensversorgung und Erfahrungssicherung bei wissensintensiven Instandhaltungsarbeiten unerlässlich. Die Analyse orientiert sich dabei an den Kundenprozessen und den eingesetzten Betriebmitteln. Es werden das notwendige Wissen und die zugehörigen Wissensträger ermittelt. Wissensträger sind zum einen materieller Art, wie z.B. Dokumente oder Datenbanken, und zum anderen Menschen, die wichtigste Ressource einer Instandhaltungsdienstleis-
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tung. Neben eigenen Mitarbeitern als Wissensträger sind insbesondere Wissensträger des Kunden zu identifizieren. Das Ergebnis der Analyse repräsentiert die erforderliche Wissensbasis des Dienstleistungsunternehmens. Die Kombination des Wissens und die Nutzung der Erfahrungen aller Wissensträger sind geeignet, neues Wissen zu generieren. Neues Wissen führt zur Innovation von Prozessen und Betriebsmitteln. Es ist jedoch zwischen der Prozess- und Produktsicht des Wissensmanagements zu unterscheiden. Während die Prozesssicht die informationstechnische Unterstützung der Kommunikation und Kooperation zwischen Menschen (hier: Instandhalter, Kunden und Experten) in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, fokussiert die Produktsicht auf Wissen als informationstechnisches Objekt, welches personenunabhängig gespeichert und damit bewahrt werden kann. Im Verbundprojekt NovaMille wird im Teilprojekt Unterstützung des innovationsrelevanten Wissensaustausches an der Schnittstelle Kunde und Dienstleistungsunternehmen zur Umsetzung beider Sichtweisen des Wissensmanagement ein Assistenzsystem als „Speicher“ für Daten und standardisierbare Informationen sowie zur Gestaltung und Unterstützung der notwendigen Informationsflüsse sowie zur Unterstützung und Initiierung der Kommunikation zwischen den beteiligten Menschen prototypisch realisiert und eingeführt. Das Assistenzsystem soll dabei nicht nur die Kommunikation zwischen den eigenen Mitarbeitern, sondern insbesondere mit den Kunden fördern.
4. Wissensplattform Instandhaltung – Assistenzsystem zur Erfahrungssicherung und Wissensgenerierung Die Wissensplattform soll den Instandhalter, sein Wahrnehmungsvermögen, seine Erfahrungen, seine Interpretationsfähigkeit, seine Intuition und Kreativität nicht ersetzen, sondern ihm möglichst sinnvoll assistieren. Der Fokus liegt auf der Nutzerorientierung, nicht einer Technikorientierung. Ziel der Wissensplattform ist es, die vorhandenen Wissensressourcen in gesteuerter Weise möglichst optimal zum Einsatz zu bringen und weiterzuentwickeln sowie Ansatzpunkte für Innovation aufzuzeigen. Entsprechend sind alle Aktivitäten auf die übergeordneten Ziele der ThyssenKrupp Xervon GmbH und ihren Kunden und auf die Anwendung von Wissen im Unternehmen und beim Kunden auszurichten.
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Folgerichtig liegt der Wissensplattform ein ganzheitlicher Ansatz zugrunde, der alle Aspekte der handelnden Menschen berücksichtigen muss, um diese in ihren Tätigkeiten optimal zu unterstützen und letztlich die Produktivität und Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Die Wissensplattform zur Erfahrungssicherung und Wissensgenerierung für Instandhaltungsdienstleister steht demzufolge für ein Management der effizienteren Nutzung der notwendigen Wissensbasis bei der Planung, Durchführung, Steuerung und Überwachung von Instandhaltungsdienstleistungen. Sie umfasst die Akquisition, Aufbereitung, zeit- und ortsgerechte Bereitstellung und Nutzung und die Weiterentwicklung von instandhaltungsspezifischen Daten und multimedial angereicherten Informationen aus internen und externen Wissensquellen, regt Kooperationen an und unterstützt die Kommunikation in der Organisation und über die Organisationsgrenzen hinweg. Die Schnittstelle zum Kunden hat dabei für die Instandhaltungsdienstleister die größte Bedeutung. Die Wissensplattform stellt neben standardisierbarem, explizitem Wissen in Form materieller Wissensträger vor allem Wissen über Wissen (Metawissen) zur Verfügung. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Wissensprofile (Wissenslandkarten) der Wissensträger (Personen). Sie kann dementsprechend außer der Unterstützung der Kommunikation und Informationsflüsse im eigenen Unternehmen auch die zugehörigen Austauschprozesse mit den Kunden verbessern. Prinzipiell eröffnet die Wissensplattform dabei drei Wege, um Kundenwissen zu berücksichtigen: 1. Das explizite Kundenwissen wird durch eigene Mitarbeiter, die an der Schnittstelle zum Kunden agieren, indirekt in die Wissensbasis integriert. 2. Wird analog explizites Wissen durch fremde Mitarbeiter, die mit Kunden direkt kommunizieren, z.B. andere Dienstleister, Vereine, Verbände etc, indirekt erfasst. 3. ermöglicht es die direkte Einbindung des Kunden in das Assistenzsystem, nicht nur explizites, sondern auch implizites Wissen zu integrieren. Die Wissensplattform Instandhaltung ist als ein internetbasiertes unternehmensinternes Assistenzsystem konzipiert. Sie beschreibt die globalen Zusammenhänge der organisationalen Wissensbasis. Die Wissensplattform soll Daten und Informationen aus unterschiedlichen Quellen speichern und ständig ergänzt und aktualisiert werden. Sie ist
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browserbasiert und kann über ein Extranet allen Wissensträgern im eigenen Unternehmen und bei den Kunden zugänglich gemacht werden. Die Wissensplattform unterstützt den schnellen Zugriff auf die richtigen Wissensträger, die Ablage standardisierbarer Informationen, die Wissenserweiterung und Wissenserzeugung (Innovation) durch Kombination des Wissens der Wissensträger. Die Wissensplattform soll das individuelle und kollektive Wissen im lernenden Unternehmen XERVON verstärken, indem sie den Nutzern zur Bewältigung ihrer wissensintensiven Aufgaben mehr und bessere Informationen zur Verfügung stellt. Die Nutzer können diese Informationen situationsangepasst mit ihrem eigenen Wissen verknüpfen und in ihre Entscheidungen einfließen lassen (Attribut „Entscheidungsunterstützung“ durch zur Verfügungsstellung aller wichtigen Informationen). Hierzu werden „Einzelprobleme bzw. -aufgabenstellungen“ als so genannte „Fälle“ beschrieben. Ein „Fall“ enthält alle Informationen und Lösungsmöglichkeiten für das jeweilige Problem bzw. den Aufgabenkomplex. Fallvergleiche werden möglich, diese können zur Innovation anregen. Über die Metadaten eines Falles (Autor, Ansprechpartner u. ä.) können neue Lösungsansätze diskutiert werden. Neue Lösungsansätze können dann übernommen werden und führen so zur Verbreitung innovativer Lösungen. Die Struktur der Wissensplattform orientiert sich an anderen Anwendungen der ThyssenKrupp Xervon GmbH. Die Inhalte ergeben sich aus den Prozessen, mit denen die einzelnen Mitarbeiter täglich befasst sind. Der Benutzer erhält die Möglichkeit, Checklisten und Leitfäden zu befolgen (Attribut „Begrenzung von Folgefehlern / -schäden“ durch Plausibilitätsprüfung), ohne diese auswendig lernen zu müssen. Dies wird durch einen so genannten „intelligenten“ Dialog mit dem Assistenzsystem unterstützt. „Intelligent“ wird der Dialog dadurch, dass zum Beispiel die Abarbeitung einer Checkliste durch Berücksichtigung der bereits eingegebenen Antworten optimiert durchlaufen werden kann, indem entsprechende „Sprünge“ zu den antwortabhängigen Folgefragen erfolgen. Gerade bei nicht alltäglichen Aufgaben, die für die Instandhalter nicht zur Routine zählen, kann das Assistenzsystem unterstützen und auf Lösungen hinweisen (Attribut „Vermeidung von Fehlern“). Die folgende Abbildung verdeutlicht die Struktur und die Inhalte (nur Oberpunkte). Die Baumstruktur und die Benennung der Verzweigungen lassen sich zu späteren Zeitpunkten an veränderte Anforderungen anpassen. Die Navigation erfolgt entsprechend der gewählten Struktur. Außerdem wurden die folgenden Zusatzfunktionen realisiert:
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x Suche über alle veröffentlichten Inhalte; Suchergebnisse geordnet nach der Relevanz des Treffers, x Sitemap zum Überblick über den gesamten Strukturbaum und zur Navigation, x Kommentare für alle Inhaltsobjekte, um Anmerkungen und weiterführende Daten zu einem Objekt abzulegen, x Active Directory Anbindung an die bestehende Benutzerverwaltung, x Personalisierung (Attribut „individuelle Anpassung an den Benutzer“), z. B. individuelle Startseiten pro Benutzer mit wichtigen und häufig genutzten Inhalten, x Berechtigungskonzept zur Freigabe bestimmter Inhalte für bestimmte Benutzerkreise.
Abb. 1. Management der Wissensbasis im Dienstleistungsprozess Condition Monitoring
Lagerwirtschaft
Stillstände Instandhaltung Schweißtechnik MSR (Mess-, Steuer-, Regelungstechnik)
Assistenzsystem
Elektrotechnik
Betriebsführung
Abb. 2. Struktur des Assistenzsystems
Einkauf
Zentrale (Organisation, Verträge, Verzeichnisse, Öffentlichkeitsarbeit, etc.)
HSEQ (Health, Safety, Environment, Qaulity)
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Das primäre Interesse von ThyssenKrupp Xervon liegt in der Optimierung der Geschäftsprozesse mit dem Ziel der Erhöhung der Wertschöpfung und Kundenzufriedenheit. Des Weiteren sind typische Wissensarbeiter wie die Instandhalter nicht bereit bzw. aufgrund ihres ausgefüllten Aufgabenspektrums oft zeitlich nicht in der Lage, zusätzliche Arbeitsabläufe für die Einführung und Pflege der Wissensplattform zu leisten Daher muss eine akzeptable Implementierung der Wissensplattform als „minimal intrusives“ System realisiert werden, d. h. dass die operativen Instandhalter nur in geringem Umfang aktiv an der Einführung und Pflege des System beteiligt werden sollten. Es muss sich harmonisch in die Prozesse einfügen und dem Instandhalter Hilfestellung geben. Hieraus resultieren verschiedene Anforderungen an die Präsentation der Daten und Informationen. Die wichtigsten Anforderungen sind (Hinkelmann u. Weiss 1997): x Aufwand minimieren Die Akquisition und Formalisierung von Wissen ist in der Regel sehr aufwändig und damit kostspielig. Die notwendige Akzeptanz bei den Nutzern erfordert geringen Aufwand für die Nutzung und Pflege. x Wiederverwendung von Dokumenten Vorhandene Dokumente sind möglichst vielen Nutzern bereitzustellen, eine nachträgliche Formalisierung sollte nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden. x Qualifikation der Nutzer Das Assistenzsystem soll vielen Nutzern zur Verfügung gestellt werden. Eine Überforderung aufgrund vielfältiger und komplexer Präsentationsformalismen ist daher zu vermeiden. x Relevanz Für die Effektivität des Systems ist entscheidend, dass der jeweilige Nutzer zum richtigen Zeitpunkt die für ihn relevante Information erhält, ohne mit irrelevanten Informationen überflutet zu werden oder aus einer Vielzahl von Informationen selbständig selektieren zu müssen. Eine Information ist dabei dann relevant, wenn der jeweilige Nutzer seine Aufgabe mit dieser Information besser bearbeiten kann, als ohne diese Information. Relevanz ist damit in Bezug auf die Nutzung der Information definiert. Dies unterstreicht nochmals, dass die Wissensplattform in die Arbeitsabläufe integriert werden muss. Aus Sicht des Instandhalters, des Kunden und des Dienstleistungsunternehmens ergeben sich Nutzeffekte sowohl bei der Einstellung als auch bei der Nutzbarmachung von Daten und Informationen. Zu nennen sind insbesondere:
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x Die Wissensplattform spart Zeit für die Informationssuche und -speicherung, x ermöglicht die konsistente Nutzung der Daten und Informationen durch verschiedene Mitarbeiter, x stellt sicher, dass Erkenntnisse von Kollegen und Kunden anderer Standorte bekannt sind und verwertet werden können, x relevante Informationen bei Entscheidungen berücksichtigt werden, x Richtlinien eingehalten werden, x Wissen auch bei Abwesenheit von Mitarbeitern zur Verfügung steht, x durch Fluktuation kaum / kein Wissen verloren geht. x Die Einbeziehung des situativen Kontextes stellt dabei eine gezielte Informationsbereitstellung sicher. Daraus resultieren eine höhere Akzeptanz beim Nutzer und damit eine bessere Verwertung für den jeweiligen Dienstleistungsprozess.
5. Wissen erzeugt Wissen – Praxisbeispiel In den Prozessen von Raffinerien kommen sehr häufig Kolbenverdichter zum Einsatz. Als Problem stellt sich dabei die Früherkennung von Schäden dar. Die Hauptursache liegt darin begründet, dass zur rechtzeitigen Erkennung von sich ankündigenden Schadensentwicklungen das Wissen und die Erfahrungen verschiedener Unternehmen benötigt werden. So besitzt der Hersteller des Kolbenverdichters Wissen über die Funktionsweise und verfügt über Auslegungsberechnungen und Testläufe aus Herstellung und Inbetriebnahme. Der Betreiber der Raffinerie kennt hingegen das spezifische Beanspruchungsprofil inklusive der zugehörigen Parameter sowie den Prozess, in dem der Kolbenverdichter eingesetzt ist. Ein Dienstleister mit Erfahrungswissen aus Raffinerien steuert in der Regel das Wissen über die für eine Früherkennung notwendige Analysetechnik und Auswertemethodik bei. Erst im Zusammenspiel aller drei Partner kann für einen Kolbenverdichter in einer Raffinerie das so genannte Condition Monitoring eingeführt werden, welches die frühzeitige Erkennung von Schäden ermöglicht und so unplanmäßige Ausfälle des Verdichters vermeiden hilft. Beim Einsatz des Condition Monitorings in Raffinerien werden die Kolbenverdichter klassischer Weise mit kostspieligen Online-Systemen überwacht. Diese Online-Systeme messen während einer Kurbelwellenumdrehung verschiedene Zeitscheiben aus. In diesen Zeitscheiben werden bestimmte mechanische Vorgänge in Abhängigkeit des Kurbelwellenwin-
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kels, wie z.B. das Öffnen oder Schließen der Ventile, Hubbewegung des Kolbens usw. akustisch gemessen. Vor allem bei kleinen Kolbenverdichtern wird aus wirtschaftlichen Erwägungen kein Online-System eingesetzt. Bestimmte Bauteile können stattdessen mit einem Offline-System überwacht werden. Dazu wird wie beim Online-System für den Kurbelwellenwinkel eine Zeitmarke in Form eines Triggers genutzt. Dadurch kann zu bestimmten Kurbelwellenwinkeln das Körperschallereignis im Zusammenhang mit den betriebenen Bauteilen ausgewertet werden. Diese Versuche laufen zurzeit in einem Test an fünf Verdichtern in einer Raffinerie in Salzbergen. Die folgende Abbildung zeigt die Körperschallereignisse in Abhängigkeit der Kurbelwellenwinkels für eine ganze Umdrehung. Erwartungsgemäß verändert sich der Körperschall je nach Stellung der Kurbelwelle und des entsprechenden mechanischen Ereignisses im Kolbenverdichter. Ziel der Überwachung ist dabei, die schwingungstechnische Erkennung von Veränderungen der mechanischen Ereignisse, wenn z. B. die Ventile nicht mehr optimal arbeiten.
Messpunkt 1
Abb. 3. Messpunkte an einem Kolbenverdichter
Messpunkt 2
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Frequenzanalysen der Beschleunigung am Messpunkt1 – Kolbenlaufbahn zu verschiedenen Kurbelwellenwinkeln 300, 240,180,120,60 Grad und OT
Abb. 4. Messung an einem Kolbenverdichter
ThyssenKrupp Xervon wendet diesen Ansatz zum ersten Mal in einer Raffinerie an. Durch die Tests, die erfolgreich laufen, wird neues Wissen aufgebaut. Das Zusammenfügen mit Wissensbausteinen anderer Anwendungen des Condition Monitorings ermöglicht es, Bewertungsmaßstäbe für den konkreten Einzelfall abzuleiten. Während die Auswertung des Einzelfalles wieder einen neuen Wissensbaustein darstellt, der auch bei weiteren Kunden genutzt werden kann. Ein weiteres Beispiel soll diese Ausführungen unterstreichen: In einem Kaltwalzwerk werden mit zwei Beschleunigungssensoren die Lager an der Umlenkrolle der Walzen online per Ferndiagnose überwacht. An der Umlenkrolle Auslaufseite ist sehr früh die Entwicklung eines Schadens sichtbar (Trend). Die Frequenzinformation (Frequenzspektrum) gibt Hinweise auf eine Schädigung, die einmal pro Umdrehung auftritt. Daraufhin wurde das Anfahrgetriebe an der Umlenkrolle überprüft und ein defekt am Zahnrad des Getriebes entdeckt. Mit Hilfe dieses Wissens kann künftig mit demselben Sensor zusätzlich das Getriebe auf Zahnradschäden überprüft werden. Entsprechende Grenzwerte konnten, ohne Erweiterung der Hardware vornehmen zu müssen, in dem Online-System zusätzlich implementiert werden. Mit diesem neuen Wissen wurde der Umfang der überwachten Bauteile erweitert und das Leistungsangebot für den Kunden mit minimalem Aufwand wesentlich verbessert.
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Trend
Frequenzspektrum
Abb. 5. Überwachung einer Kaltwalzstraße mit Hilfe der Ferndiagnose
6. Fazit Der Anteil wissensintensiver Prozesse in der Instandhaltung wird in Zukunft deutlich ansteigen. Das wirtschaftliche Potenzial einer besseren Verfügbarkeit von Instandhaltungswissen inklusive der daraus ableitbaren Innovationen ist immens (Hinkelmann u. Weiss 1997). Dies wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass hoch qualifizierte Instandhalter zwischen 20% und 40% ihrer Arbeitszeit mit der Suche nach Informationen verbringen und wie viele Fehler entstehen, wenn früher gemachte Erfahrungen nicht berücksichtigt werden. Für eine Wissensplattform Instandhaltung, die gezielt Daten und Informationen bereitstellt, Problemlösungsund Entscheidungsprozesse unterstützt und Integrität des Wissens sicherstellt, ist die Integration in die Geschäftsprozesse und informationstechnische Infrastruktur mit Schnittstellen zu den Kunden unabdingbar. Die Wissensplattform baut auf dem Fachwissen der Instandhalter und Kunden auf und unterstützt diese durch das Bereistellen des situativ eingeordneten, spezifischen Erfahrungswissens, das bei der normalen Ausbildung nicht vermittelt wird. Die Investition in die Wissensplattform ist damit eine Investition in die Mitarbeiter und in die Zukunft. Der Fokus sollte dabei auf der Praktikabilität liegen und die Dokumentations- und Suchprozesse optimal unterstützen sowie Kommunikation und Innovation fördern.
Wissensbasiertes Innovationsmanagement
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Literatur Beetz, S. (2006): Beitrag zur Methode der Arbeitsplatz-integrierten Assistenz am Beispiel der Formmesstechnik. Dissertation, Universität Erlangen-Nürnberg. Hinkelmann, K. & Weiss, W. (1997): Wissensmanagement: Pflege und Nutzung des intellektuellen Kapitals eines Unternehmens. In: Dengel, A. & Schröter, W. Hrsg. (1997): Flexibilisierung der Arbeitskultur. Talheimer Verlag, S. 163-186. Nitschke, J.; van Ballegoy, M.; Enge, M. & Wandke, H. (2001): Möglichkeiten der Erforschung von Anforderungen der Benutzer an die Technik der Zukunft. Bad Honnef: Konferenz Mensch & Computer 2001. Internetadresse: http://www.teco.edu/mc2001/, Stand: 28.04.2006. Wandke, H. & Wetzenstein-Ollenschläger, E. (2003): Assistenzsysteme: Woher und Wohin? Stuttgart: German Chapter der Usability Professionals Association e.V.
Teil IV: Unternehmensportraits
NovaMille ist ein Verbundprojekt aus Wissenschaft und Wirtschaft, dessen Erfolg maßgeblich von der Mitwirkung der beteiligten Unternehmen bestimmt wird. Doch was veranlasst Unternehmen, sich auf eine solche Forschungskooperation einzulassen, drei Jahre Arbeit, Zeit und Geld in ein Vorhaben mit doch ungewissem Ausgang zu investieren? In diesem letzten Teil des Buches portraitieren sich die am Projekt beteiligten Firmen und stellen ihre Motivation dar, warum ihre Mitwirkung trotz eines oftmals allzu überbordenden Tagesgeschäfts sinnvoll ist. Es stellen sich Unternehmen vor, die, wiewohl bereits sehr erfolgreich am Markt operierend, sich bewusst dafür entschieden haben, ihr Innovationspotenzial im Rahmen dieses Projektes reflektieren und ggf. verbessern zu wollen. In alphabetischer Reihenfolge sind dies: adesso AG, Degussa, ELMOS Semiconductor AG, EMC Test NRW GmbH, GE Healthcare Technologies, Partysan Media & Event sowie ThyssenKrupp Xervon GmbH.
adesso AG1
Matthias Dorka
1. Firmenprofil adesso verbindet als Beratungshaus und IT-Dienstleister hohe Branchenkenntnis und wirtschaftliches Know-how mit Technologie-Kompetenz. Das Leistungsspektrum umfasst strategische und technologische Beratung, Softwareentwicklung und -implementierung. Im Mittelpunkt steht dabei der Einsatz innovativer Informationstechnologien, mit dem Ziel, die Effizienz von Geschäftsprozessen bei den Kunden zu verbessern und einen optimalen Ablauf im Unternehmen zu gewährleisten. adesso verfügt über vielfältige Erfahrung in der Definition und Umsetzung von e-Business-Strategien bis hin zur Entwicklung und Integration hochkomplexer, unternehmenskritischer Anwendungen. Die Branchenschwerpunkte von adesso liegen unter anderem in den Bereichen Versicherungen, Finanzdienstleistungen, Lotterie, Gesundheitswesen und Government. Entscheidend für den Erfolg von adesso ist die hohe fachliche aber auch kommunikative und soziale Kompetenz der Teams. Absolute Termin- und Budgettreue sind wesentliche Elemente der Unternehmensphilosophie. Die adesso AG wurde 1997 in Dortmund gegründet und beschäftigt derzeit ca. 200 Mitarbeiter (Stand Mai 2006) bei einem Umsatz von rund 17 Mio. Euro (ohne Tochtergesellschaften). Weitere Standorte sind Berlin, München, Köln und Frankfurt. Zu den Kunden gehören namhafte Unternehmen wie zum Beispiel die Allianz, WestLotto oder die Zürich Gruppe.
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www.adesso.de
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Matthias Dorka
2. Motive für die Beteiligung am Verbundprojekt NovaMille adesso agiert als Beratungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen in einem besonders dynamischen Wirtschaftszweig. Die zunehmend schnellere und tief greifende Digitalisierung vieler Lebens- und Arbeitsbereiche in den letzten Jahren sowie die kürzer werdenden Lebenszyklen von Technologien und darauf basierenden Softwareprodukten erfordern ein Höchstmaß an Flexibilität und Innovationsfähigkeit von Unternehmen, die in diesem Markt erfolgreich sein wollen. Obwohl adesso seit seiner Gründung durchgängig eine sehr positive Entwicklung und Etablierung als IT-Dienstleister vorweisen kann, stellt sich die Herausforderung des Erhalts der Innovations- und damit der Wettbewerbsfähigkeit mehr denn je. Gerade das rasante Wachstum von einem IT-Startup zu einer organisatorisch und geografisch verteilten Unternehmensgruppe führte zu einem immer noch anhaltenden Wandel der internen Struktur, Kommunikation und Kultur, dessen Risiken für adesso und seine Mitarbeiter es zu minimieren galt. Aus diesem Grund war adesso gerne bereit, sich am Verbundprojekt NovaMille aktiv zu beteiligen. Insbesondere der interdisziplinäre Ansatz, bei dem die Analyse des Innovationsverhaltens, seiner Einflussfaktoren und Verbesserungsmöglichkeiten aus verschiedenen Blickwinkeln erfolgt, wurde als Erfolg versprechend eingestuft.
3. Erfahrungen und Ausblick Zur Halbzeit des Projekts sind die bisherigen Erwartungen voll erfüllt worden. Eine umfangreiche Ist-Analyse der bei adesso vorhandenen Innovationsprozesse durch den universitären Tandempartner hat nicht nur das Selbstbild des Unternehmens um eine aufschlussreiche Sicht von außen erweitert, es konnten auch wesentliche hemmende und förderliche Einflussfaktoren auf den Ablauf von der Ideengenerierung bis zur Umsetzung identifiziert und klassifiziert werden, die an anderer Stelle in diesem Buch beschrieben werden. Auf Basis dieser Ergebnisse konnten bereits erste Maßnahmen entwickelt und teilweise umgesetzt werden, die das Potenzial haben, die Innovationsfähigkeit von adesso nachhaltig zu verbessern. Aus diesem Grund wird der weiteren Realisierung und späteren Evaluierung der Optimierungsstrategie erwartungsvoll entgegengeblickt.
Degussa
Wolfgang Werner
1. Firmenprofil Degussa ist ein multinationales Unternehmen mit konsequenter Ausrichtung auf die renditestarke Spezialchemie. Degussa steht für Innovationskraft, Zuverlässigkeit, Erstklassigkeit und intelligente Vernetzung. All dies wird in dem Anspruch „creating essentials“ zusammengefasst: Mit den Produkten und Systemlösungen schafft Degussa Wertvolles und Unverzichtbares für den Erfolg der Kunden. Degussa zeichnet sich aus durch Schnelligkeit, Flexibilität und flache Hierarchien. Die operativen Aktivitäten sind in 17 Geschäftsbereiche gebündelt, die den vier Berichtssegmenten Technology Specialties, Construction Chemicals, Consumer Solutions und Specialty Materials zugeordnet sind. Diese Berichtssegmente bilden die starken Kompetenz-Plattformen der Degussa ab und bündeln jeweils Aktivitäten mit vergleichbaren Geschäftsmodellen und strategischen Erfolgsfaktoren. Die Bedeutung der Geschäftsbereiche kommt in der Führungsphilosophie von Degussa so dezentral wie möglich, so zentral wie nötig zum Ausdruck. Dementsprechend agieren die Geschäftsbereiche als Unternehmer im Unternehmen und berichten direkt an den Konzernvorstand. Unterstützt werden sie von unternehmerisch geführten Servicebereichen. Diese bieten ihre Dienstleistungen – beispielsweise aus dem Personalbereich oder der Infrastruktur an Standorten – im Wettbewerb zu externen Unternehmen an. Das Corporate Center in Düsseldorf nimmt die strategischen Steuerungsfunktionen wahr. Im Geschäftsjahr 2005 erwirtschaftete Degussa mit rund 45.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 11,8 Mrd. Euro, davon fast drei Viertel außerhalb Deutschlands. Degussa produziert, wo die Kunden sind. Hierzu betreibt Degussa in mehr als 50 Ländern 63 größere Standorte; in fast allen anderen Ländern haben wir Vertriebsniederlassungen. Nachhaltiges Wirtschaften ist integraler Bestandteil der Degussa Geschäftsprozesse. So en-
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Wolfgang Werner
gagiert sich Degussa besonders auf dem Gebiet der Wissenschaftsförderung. Unsere Bildungs-, Kultur- und Wissenschaftsprojekte sind in der Degussa Stiftung gebündelt. Besonderen Stellenwert räumt Degussa einer transparenten Berichterstattung ein. Über die ökonomische, soziale und ökologische Entwicklung informiert Degussa umfassend im Geschäftsbericht sowie im Corporate Citizenship Report. Bei renommierten Nachhaltigkeitsindizes wird Degussa stets sehr gut bewertet. Dies erfüllt alle Mitarbeiter mit Stolz, für die Zukunft bleibt es Ansporn und Verpflichtung.
2. Ziele und Erfolge im Rahmen von NovaMille Eine intensive Forschung, sowie zahlreiche Innovationen sind die Basisstrategie der Degussa zur Erreichung von dauerhaftem und profitablem Wachstum. Von der Mitarbeit im Verbundprojekt NovaMille verspricht sich die Degussa die Aufdeckung und Realisierung von bisher unentdeckten Innovationspotenzialen an der Schnittstellte zwischen den Geschäftseinheiten und den Serviceeinheiten. Weiterhin soll die Frage geklärt werden, inwieweit Organisationskulturen, wie z.B. Teamkultur, Führungskultur oder eine ausgeprägte Lernkultur den Innovationsprozess unterstützen können. Zur Aufdeckung der Innovationspotenziale ist in einem ausgewählten Degussa Werk zunächst eine Analyse der bestehenden Strukturen erfolgt. Dabei ist ein Degussa spezifisches Diagnoseinstrument entstanden, welches gezielt diejenigen Unternehmenskulturen identifiziert, die förderlich für innovatives Handeln der Mitarbeiter sind. Gleichzeitig sind bei dieser Analyse aber auch schon Schwachstellen in der bisherigen Struktur aufgedeckt worden. Als Analyseinstrument zur Bewertung des eigentlichen Instandhaltungsprozesses, vom Problem bis zur Reparatur, wurde das so genannte Prozesskettenmanagement eingesetzt. Dieses bietet die Möglichkeit den Serviceprozess detailliert zu beschreiben und Schwachstellen zu identifizieren. Im Anschluss an die Analysephase soll die Realisierung der Innovationspotenziale durch aktive Beteiligung der Mitarbeiter erfolgen. Zur Unterstützung des Veränderungsprozesses sollen eine Innovationsgruppe initiiert und neue Kennzahlen entwickelt werden. Kennzahlensysteme haben die Funktion, die identifizierten Innovationspotenziale zielgerichtet auszuschöpfen. Sie beruhen auf psychologischen Theorien, die die Motivation und die Beteiligung der Mitarbeiter signifikant steigern. Ebenso wird das
Degussa
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unternehmerische Denken der Mitarbeiter gezielt verbessert. Neben kontinuierlichen Impulsen für die Serviceeinheiten soll durch die Kennzahlensysteme aber auch die Produktivität insgesamt verbessert werden. Im Rahmen des NovaMille Projektes werden außerdem erste Vorstellungen entwickelt, welche Organisationskulturen den Innovationsprozess am stärksten fördern. Anhand eines motivationspsychologischen Modells, dem Rubikon Modell, wird untersucht, in welchen Stadien des Handlungsprozesses welche Unternehmenskultur am einflussreichsten ist. Die Ergebnisse des Projekts sollen die Grundlage für Veränderungsprozesse im gesamten Degussa Konzern bilden. Unter dem Stichwort "Site Excellence" will Degussa bis 2008 die Wettbewerbsfähigkeit durch Erstklassigkeit in der Produktion sichern. Dabei soll die Leistungsfähigkeit der Werke verbessert werden. Die Ergebnisse des NovaMille Projekts, insbesondere die interdisziplinäre Ausrichtung, sollen dazu einen Beitrag leisten.
ELMOS Semiconductor AG1
Roland Krumm
1. Firmenprofil Die ELMOS Gruppe entwickelt und produziert kundenspezifische Halbleiterchips. Diese applikationsspezifischen Chips werden zum Großteil in der Automobilbranche (90%), aber auch in Konsum- und Haushaltsprodukten eingesetzt, wie beispielsweise in Personenwaagen oder Waschmaschinen. Diese so genannten ASICs (Application Specific Integrated Circuits, dt. Kundenspezifischen Integrierten Schaltungen) werden in enger Zusammenarbeit mit den Kunden direkt auf die spezifischen Bedürfnisse abgestimmt. Hauptkunden für die ASICs sind Automobilzulieferer wie Autoliv, Behr, Bosch, Helbako, Hella, Kostal, Lear, Saia, Siemens-VDO, Valeo und andere. Diese integrieren die Chips in ihre Systeme. Dort übernehmen die ASICs Mess-, Regel- und Steuerungsfunktionen in den Bereichen Sicherheit (z.B. Airbags), Komfort (z.B. Einparkhilfe oder Klimaanlage) und Motormanagement (z.B. Lichtmaschinenregler). ELMOS-Chips befinden sich in nahezu allen Modellen der namhaften Hersteller – von BMW über DaimlerChrysler bis zu VW, Toyota oder Porsche und vielen weiteren. ELMOS profitiert dabei von dem rasanten Zuwachs von elektronischen Sicherheits- und Umweltsystemen in den Fahrzeugen. Die Tochtergesellschaften Silicon Microstructures Inc. (USA) sowie ELMOS Advanced Packaging (NL) unterstützen mit ihren Kompetenzen in den Bereichen Sensorik bzw. Assembly & Packaging die MikrosystemStrategie. So kann ELMOS dem Kunden ein integriertes Mikrosystem bestehend aus Sensor und Auswerteelektronik in einem speziellen Gehäuse aus einer Hand anbieten. 1
www.elmos.de
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Roland Krumm
ELMOS wurde 1984 gegründet und beschäftigt derzeit weltweit mehr als 1.000 Mitarbeiter. 1999 ging die ELMOS Semiconductor AG an die Börse.
2. Ziele im Rahmen von NovaMille ELMOS verfolgt im Projekt NovaMille das Ziel, durch die Berücksichtigung von innovationsfördernden Faktoren bzw. durch die Vermeidung von innovationshemmenden Aspekten der Unternehmenskultur eine effizientere Vorgehensweise an der Schnittstelle zum Kunden zu verwirklichen. Die Informationen, die an dieser Schnittstelle durch die Interaktionen zwischen Mitarbeitern und Kunden ausgetauscht werden, sollen in stärkerem Maße als bisher zur Identifikation von Ideen und Chancen zu Innovationen genutzt werden. Neben der Entwicklung von Innovationsanregungen und -ideen an der Kundenschnittstelle sollen auch Informationen über Neuerungen und Innovationen auf Kundenseite aufgegriffen werden, um so neue Marktpotenziale frühzeitig zu erkennen. Auf diese Weise soll eine schnellere Reaktion auf Innovationen und Trends ermöglicht werden, was im Marktumfeld von ELMOS von essentieller Bedeutung ist.
3. Erfahrungen und Ausblick Die Erfahrung mit dem Projekt NovaMille und unserem Tandempartner, dem Lehrstuhl für Marketing der Universität Dortmund, ist durchweg positiv zu beurteilen. Die ersten empirischen Studien zeigten uns, dass ein Innovationspotenzial an der Anbieter-Kundenschnittstelle vorhanden ist, dieses aber von unserem Unternehmen nicht optimal genutzt wird. Zudem wurde eine Vielzahl von innovationsfördernden aber auch -hemmenden Faktoren für diesen Bereich offen gelegt. Mit Hilfe dieser Ergebnisse und in enger Zusammenarbeit mit unserem Tandempartner sollen nun Maßnahmen eingeleitet werden, die es uns ermöglichen, das Potenzial in der Anbieter-Kundenschnittstelle besser nutzen zu können, um letztendlich die Innovationsfähigkeit des Unternehmens zu steigern.
EMC Test NRW GmbH1
Dirk Bellenhaus
1. Firmenprofil Die EMC Test NRW GmbH betreibt das Kompetenzzentrum für Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) in Dortmund. Als herstellerunabhängiges Unternehmen steht es den Kunden seit September 1995 in einem mehrschichtigen Betrieb zur Verfügung. Mit der vorhandenen technischen Ausstattung und dem Know-how der Mitarbeiter gehört EMC Test zu den leistungsfähigsten EMV-Dienstleistern Europas. Das Dienstleistungsspektrum umfasst alle Produktphasen von der Produktidee, der ersten Beratung über die aktive Hilfe bei der Optimierung bis hin zur Produktzulassung. EMC Test bietet komplette EMV-Dienstleistungen an, EMC Testing, EMC Consulting, EMC Engineering, EMC Concepts und EMC Certification. Für alle Dienstleistungen steht ein hoch motiviertes Team aus Ingenieuren und Technikern zur Verfügung. Durch die enge Zusammenarbeit mit mehreren fachspezifischen Lehrstühlen der Universität Dortmund, der Universität Duisburg und der Fachhochschule Bochum können erweiterte Dienstleistungen, auch in wissenschaftlichen Fragestellungen, angeboten werden. Die EMC Test NRW GmbH besitzt umfangreiches Equipment zur Durchführung unterschiedlichster Prüfungen nach der EMV-Richtlinie (2004/108/EG), nach der Fahrzeug EMV-Richtlinie (2005/83/EG) und nach einer Vielzahl von Richtlinien, Normen und Spezifikationen mehrerer Hersteller. Die Dienstleistungen sind im Speziellen auf die nachfolgenden Branchen ausgerichtet: Fahrzeuge und Fahrzeugkomponenten, Industrie und Anlagen, Bahnfahrzeuge und Bahnkomponenten. 1
www.emc-test.de
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Dirk Bellenhaus
Als EMV-Dienstleister leistet EMC Test einen entscheidenden Beitrag zur Gewährleistung der Sicherheit der überprüften Komponenten, komplexen Prüfobjekte oder ganzer Systeme. Zur Sicherstellung der Qualität der Dienstleistungen wird das Qualitätsmanagement von EMC Test in regelmäßigen Abständen durch nationale und internationale Behörden auditiert.
2. Ziele im Rahmen von NovaMille EMC Test NRW zielt auf die Gestaltung, den Einsatz und die Erfolgsmessung von Stimulationsprogrammen, welche die Innovationsprozesse an der Schnittstelle zwischen Kunden- und Dienstleistungsorganisation in der Automobilzuliefer-Industrie fördern. Um dieses Ziel zu erreichen, werden innovationsrelevante fördernde und hemmende Faktoren identifiziert und hieraus Maßnahmen zur effizienteren Nutzung des Potenzials an der Kundenschnittstelle abgeleitet und implementiert. Neben der Sensibilisierung von Frontline Employes für innovationsrelevante Informationen, soll auch die Entwicklung einer Wissensdatenbank begleitet und unterstützt werden. Auf diese Weise soll eine schnellere Reaktion auf Innovationen und Trends ermöglicht werden.
3. Erfahrungen und Ausblick Die Erwartungen an das Projekt NovaMille und an unseren Kooperationspartner, dem Lehrstuhl für Marketing der Universität Dortmund sind bisher zu unserer Zufriedenheit erfüllt worden. Eine Zwischenbilanz zum Projekt NovaMille wurde uns vor einigen Wochen präsentiert. Die Ergebnisse waren für das Unternehmen sehr interessant, sie zeigen jedoch, dass es wichtig ist, einen kompetenten Partner zu haben, der als unabhängiger Dritter das Unternehmen beleuchtet. Im Rahmen der ersten Untersuchungen wurden qualitative Interviews geführt, die gezeigt haben, dass Innovationspotenzial vorhanden ist, dieses Potenzial aber nicht optimal genutzt wird. Mit den von unserem Tandempartner erarbeiteten Informationen hoffen wir, im weiteren Verlauf des Projektes Maßnahmen zu ergreifen, die uns in die Lage versetzen, auf der einen Seite selbst Innovationen als weitere Geschäftsfelder umzusetzen und auf der anderen Seite noch intensiver und direkter mit dem Kunden zusammen zu arbeiten.
GE Healthcare Technologies 1
Michael Paulus
1. Firmenprofil GE Healthcare liefert medizintechnische Lösungen, die einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung des neuen Zeitalters für die Patientenversorgung leisten. Mit Hilfe des umfassenden Know-hows von GE Healthcare in den Bereichen medizinische Bildgebung und Informationstechnologien, medizinische Diagnostik, Patientenmonitoring, Krankheitsforschung, Arzneimittelforschung und biopharmazeutische Fertigungstechnologien sollen Krankheiten früher erkannt und individualisierte Arzneimitteltherapien entwickelt werden. GE Healthcare bietet ein breites Angebotsportfolio, um die Produktivität im Gesundheitswesen zu steigern und ermöglicht eine verbesserte Diagnose, Behandlung und Überwachung von Patienten, die an Krebs, neurologischen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. GE Healthcare ist ein Geschäftsbereich der General Electric Company mit einem Umsatz von 15 Mrd. US$ und Hauptgeschäftssitz in Großbritannien. Weltweit beschäftigt GE Healthcare über 43.000 Mitarbeiter, die Healthcare-Anbieter und ihre Patienten in über 100 Ländern weltweit bedienen. GE Healthcare Technologies wiederum ist ein Geschäftsbereich von GE Healthcare mit einem Umsatz von 12 Mrd. US$ und bietet eine breite Angebotspalette in den Bereichen medizinische Bildgebung, Informationstechnologien, Patientenmonitoring und medizinische Dienstleistungen. Von Ultraschall über MR bis hin zu chirurgischer Navigation bietet GE marktführende Technologien, mit denen Kliniker den menschlichen Körper besser als je zuvor sichtbar machen können. Über Patientenmonitoringsysteme und medizinische Informationstechnologien werden medizinische Bilder und Daten unternehmensweit integriert und genutzt, um die 1
www.gehealthcare.com
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Michael Paulus
Produktivität und Qualität der medizinischen Versorgung zu optimieren. Mit Hilfe unseres Dienstleistungsangebots in den Bereichen Technologie, Schulung, Prozessoptimierung und Finanzen sind Healthcare-Provider in der Lage, ihre medizinischen und geschäftlichen Ziele zu erreichen. Das Unternehmen betreibt Exzellenzzentren in den Bereichen Technologie, Service und Fertigung in Nord-, Mittel- und Südamerika, Europa und Asien.
2. Erfahrungen und Ziele im Rahmen von NovaMille Von der Mitarbeit in dem Verbundprojekt NovaMille wird erwartet, weitere Potenziale für medizintechnischen Dienstleistungen im Bereich der lebenserhaltenden Systeme auszuschöpfen und Impulse für Dienstleistungsinnovationen zu erhalten. Von wesentlicher Bedeutung ist hierbei der Service-Mitarbeiter, der in unmittelbarem Kontakt mit dem Kunden steht und die Dienstleistung erbringt. Durch seine Interaktion mit dem Kunden kann er Innovationspotenziale für die Dienstleistung identifizieren. Die Kommunikationswege zwischen Kunden und Mitarbeiter und die Mitarbeitermotivation sind deshalb entscheidende Aspekte für den langfristigen Erfolg der Dienstleitung. Es wurden bislang die bereits vorhandenen Organisationsformen und die Servicestrukturen untersucht und darauf aufbauend Konzepte entwickelt, die dabei unterstützen, auch zukünftig den hohen Anforderungen der Dienstleistungserbringung im Bereich der Medizintechnik gerecht zu werden. Gerade an der Schnittstelle zwischen Kunde und Unternehmen wurde weiteres Potenzial erkannt, das zukünftig genutzt werden soll. In Dienstleistungsunternehmen liegen im Gegensatz zu Fertigungsbetrieben dezentrale Strukturen vor, die den Einsatz bekannter Steuerungsinstrumente nur bedingt zulassen. Service-Mitarbeiter agieren in der Regel sehr autark und sind für ihre Aufträge allein verantwortlich. Der Aufbau eines geeigneten Kennzahlensystems, das einerseits als Führungsinstrument eingesetzt werden kann und andererseits zur Leistungsverbesserung beiträgt, ist in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse und wird derzeit pilotiert. Zusätzlich nehmen die Anforderungen an die medizintechnischen Dienstleistungen und somit auch an die Qualifikation der ServiceMitarbeiter durch eine steigende Komplexität der Geräte stetig zu. Die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Mitarbeitern, um deren
GE Healthcare Technologies
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Wissen in Form von Best-Practice zu ermitteln und gezielt zu verteilen, ist ein weiteres Ziel im Rahmen des Forschungsprojektes. Hierzu wurde eine Knowledge Base konzipiert, deren Implementierung kurzfristig angestrebt wird. Diese Knowledge Base soll gewährleisten, dass die Dienstleistungserbringung durch eine hohe Qualität, Transparenz und die permanente Weiterentwicklung der Instandhaltungsprozesse durch die Service-Mitarbeiter charakterisiert ist.
Partysan Media & Event1
Boris Eichler
1. Firmenprofil Seit dem Durchbruch elektronischer Musik zu Beginn der 1990er Jahre stellt die Techno-Szene eine wichtige Säule der Jugendkultur dar. Die Firma Partysan Media & Event – gegründet 1994 in München – begleitet und gestaltet diese Szene seit ihren Anfängen mit innovativen Dienstleistungen rund um das Nachtleben der Community. Dabei beschränkt sich die Zielgruppe längst nicht nur auf Jugendliche im klassischen Sinne: Juvenilität als Lebensstil ist gefragt. Neue Generationen kommen hinzu und Szenegänger scheiden immer später aus. Die Firma Partysan Media & Event ist mit einer breiten Produktpalette in der Szene verankert: 1.1 Das Partysan Magazin – In der Hosentasche der Zielgruppe Das Partysan-Magazin war 1994 der erste im Pocket-Format erscheinende monatliche Guide für das Nachtleben der Szene. Er ist inzwischen das auflagenstärkste, frei verteilte Dancemagazin in Europa und erscheint monatlich in sechs Regionalausgaben innerhalb Deutschlands sowie in Belgien, der Schweiz, Ungarn, Tschechien, Bangkok und Sydney mit einer Gesamtauflage von 345.000 Stück. Durch unabhängige Redaktionen sind die regionalen Ausgaben auf die Vorlieben der jeweiligen lokalen Subszenen zugeschnitten und somit eng am Leser. Themen von überregionalem Interesse werden in allen Ausgaben einheitlich von der Zentrale in der Trendhauptstadt Berlin gefeatured. Der Partysan genießt hohes Ansehen in der Szene – Werbeschaltungen erscheinen so in einem glaubwürdigen Umfeld und erreichen die Zielgruppe auch tatsächlich.
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www.partysan.info
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Boris Eichler
1.2 Die Partysan Community – Der Spielplatz der Sympartysanten Die Community stellt das Herz des Onlineauftritts www.partysan.de dar. Über 40.000 registrierte Nutzer mit eigenen Nickpages nutzen die vielfältigen Möglichkeiten, die Instant Messages, Votings, Chaträume und Bildergalerien bieten. Der Inhalt der Magazine, angereichert um zusätzlichen Webcontent, ist hier verfügbar. Angebotene Newsletter erreichen ebenfalls ca. 40.000 Adressen. 1.3 Partysan Events – Livestyle Live Innovativ, stylish, begehrenswert und kompetent umgesetzt – so ist der Anspruch an die firmeneigenen Events. Mit der Verbindung von Tourismus und Party ist es der Firma gelungen, einen völlig neuen Markt zu schaffen. Partysan-Events gehören zu den Key-Events der Szene, werden von den Medien gerne begleitet und bieten deshalb für Sponsoren enorme Print-, Radio- und TV-Reichweiten.
2. Motive für die Beteiligung am Verbundprojekt NovaMille Partysan Media & Event agiert auf einem Markt, der durch hohe Durchlaufgeschwindigkeiten von Trends und die Angewiesenheit auf Kooperationspartner aus den Bereichen Sponsoring, Medien und Tourismus gekennzeichnet ist. Dergestalt ist es für das Unternehmen ausgesprochen wichtig, beständig das Gleichgewicht zwischen szenisch-stilistischem Image einerseits und geschäftlich-organisatorischer Zuverlässigkeit andererseits zu halten. Das Interesse der Partysan Media & Event besteht im Rahmen des Verbundprojekts darin, bislang nicht (systematisch) erfasste, informelle Innovationsmuster zu reflektieren, um weitere Innovationspotentiale zu erschließen und Innovationshemmnisse frühzeitig zu erkennen. Gleichzeitig
Partysan
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will Partysan Media & Event im Sinne eines Know-how Transfers Impulse der am Projekt beteiligten 'traditionellen' Praxispartner nutzen, um die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu wahren und langfristig zu steigern.
3. Erfahrungen und Ausblick Durch die Rekonstruktion der Unternehmensgeschichte und durch die Beschreibung informeller Innovationsmuster wurden neue Betätigungsfelder für das Unternehmen aufgezeigt, die derzeit im Rahmen der Entwicklung und Durchführung von 'Pilot'-Events verfolgt werden (einerseits hinsichtlich der Neugenerierung von Szene-Events und andererseits hinsichtlich der Nachverwertung von Szene-Events in Kooperation mit szenefremden Partnern; vgl. dazu den Beitrag von Euteneuer u. Niederbacher in diesem Band). Demgemäß sind die Erwartungen in Bezug auf den weiteren Projektverlauf ausgesprochen positiv, insbesondere was die systematische Beschreibung der Aktivitäten im Arbeitsbereich Media anbelangt.
ThyssenKrupp Xervon GmbH1
Fred Kuhnert und Hartmut May
1. Firmenprofil Die ThyssenKrupp Xervon GmbH mit Hauptsitz in Gelsenkirchen ist mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 durch Verschmelzung aus der international tätigen PeinigerRöRo-Gruppe und ThyssenKrupp Plant Services hervorgegangen. Damit hat sich eines der größten internationalen Dienstleistungsunternehmen für die Prozessindustrie formiert. ThyssenKrupp Xervon steht für zukunftsorientierte, kompetente Dienstleistungen in der Chemie / Petrochemie, Energiewirtschaft und anderen ausgewählten Bereichen der Prozessindustrie. Dabei reicht das Leistungsspektrum von den Basisdienstleistungen Gerüstbau, Isolierung, Oberflächentechnik und Rohrleitungsbau über die Montage, Wartung, Inspektion und Reparatur von Rotating Equipment, EMSR Equipment (Elektro-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik), Armaturen und Apparaten sowie deren flexible Bündelung zu so genannten Dienstleistungsmodulen bis hin zur Übernahme kompletter Standortdienstleistungen. Diese umfassen neben der Budgetierung, der Instandhaltungsplanung und -ausführung und der Erbringung von Infrastrukturdienstleistungen auch den Betrieb von Nebenanlagen, wie z. B. Stickstoff- und Dampfverteilung sowie Kläranlagen. ThyssenKrupp Xervon verfügt über eine mehr als 30jährige Erfahrung in der Instandhaltung von petrochemischen Anlagen sowie bei der Durchführung von Shutdowns in der Prozessindustrie. Wegen der gewerkeübergreifenden Komplexität der Dienstleistungen setzt ThyssenKrupp Xervon auf eine intensive Weiterqualifizierung der Mitarbeiter und bietet das so genannte „ManTiS“ Programm an, das Mit1
www.thyssenkruppxervon.de
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Fred Kuhnert, Hartmut May
arbeiter weltweit im Management von Dienstleistungsmodulen qualifiziert. Damit gewinnt die bisherige Weiterbildung zum Mehrgewerke-Bauleiter und Mehrgewerke-Manager für die Basisdienstleistungen Gerüstbau, Isolierung und Oberflächentechnik eine weitere Dimension. Das zur ThyssenKrupp Services AG, Düsseldorf, gehörende Unternehmen ist in Deutschland flächendeckend vertreten und verfügt international über Standorte in der Schweiz, Österreich, Benelux, Spanien, Skandinavien, im Mittleren Osten und Asien. ThyssenKrupp Xervon führt – entsprechend dem lokalen Geschäftscharakter – das Geschäft über Regionen und innerhalb der Regionen über Standorte. Komplexe Projekte werden konzentriert, regionen- oder länderübergreifend nach weltweit einheitlichen Qualitätskriterien bearbeitet. ThyssenKrupp Xervon hat weltweit 9400 Mitarbeiter und steht für einen Umsatz von 900 Millionen Euro (inklusive der Tochtergesellschaft ThyssenKrupp Xervon Energy GmbH und Safway, USA).
2. Motive für die Beteiligung am Verbundprojekt NovaMille Als Standortdienstleister mit einem kompletten Leistungsspektrum ist ThyssenKrupp Xervon an zahlreichen Standorten für eine Vielzahl unterschiedlicher Kunden tätig. Im Rahmen der jeweiligen Service-LevelAgreements (Dienstgütevereinbarungen) kann der Kunde dabei unter unterschiedlichen Service-Leveln wählen. Um hier erfolgreich zu arbeiten, ist es für ThyssenKrupp Xervon von entscheidender Bedeutung, dass das Wissen aller Beteiligten auf allen Ebenen und in allen Bereichen übergreifend verfügbar ist und gebündelt zum Einsatz kommt. Das Verbundprojekt NovaMille gibt ThyssenKrupp Xervon die Möglichkeit, gemeinsam mit Partnern aus der Wissenschaft eine Wissensplattform Instandhaltung zur Wissensgenerierung und Erfahrungssicherung aufzubauen. Ziel ist es, auch in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Kunden eine Know-how Plattform zu schaffen, von der alle in gleichem Maße profitieren. Es erfolgt ein sich ständig aufbauender und erweiternder Wissenstransfer, um nicht nur die eigenen Kompetenzcenter zu stärken, sondern vor allem die Kunden davon profitieren zu lassen.
ThyssenKrupp Xervon GmbH
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3. Erfahrungen und Ausblick Die Arbeit im Verbundprojekt NovaMille hat ThyssenKrupp Xervon geholfen, die relevanten Wissensbausteine im Unternehmen zu identifizieren. Darüber hinaus bietet sie die Möglichkeit, jederzeit Erweiterungen als Ergebnis des internen Innovationsprozesses zu berücksichtigen. Als nächstes steht ThyssenKrupp Xervon vor der Aufgabe, die eigenen Mitarbeiter zu motivieren, das vorhandene Wissen zugänglich und somit für alle nutzbar zu machen. Wir freuen uns auf diese Herauforderung und sehen den neuen Erfahrungen mit Spannung entgegen.
Über die Autoren
Gerhard Bandow Dr.-Ing. Gerhard Bandow ist Mitarbeiter im Bereich Unternehmenslogistik am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund. Nach dem Studium der Elektrotechnik an der Universität Dortmund arbeitete er als Software-Ingenieur bei der Krupp Atlas Elektronik GmbH in Bremen und der Gesellschaft für Prozessautomatisierung mbH in Dortmund. Nach dem Wechsel an das Fraunhofer IML bearbeitete und leitete er Forschungs- und Industrieprojekte aus den Bereichen Materialflusssteuerung, Lagerverwaltung und -steuerung, Softwarequalitätsmanagement und -wartung, Prozessmanagement und -optimierung. Heute liegen die thematischen Schwerpunkte auf der Planung, Gestaltung und Optimierung der Instandhaltung produzierender Unternehmen. Seit 1997 gehört er dem erweiterten Vorstand des Forums Vision Instandhaltung e.V. an; seit 1999 ist er Lehrbeauftragter für die Vorlesung „Instandhaltung von Maschinenanlagen" der Fakultät Maschinenbau an der Universität Dortmund. Im Jahr 2000 Promotion zum Dr.-Ing. im Fachbereich Maschinenbau der Universität Dortmund. http://www.lfo.uni-dortmund.de Dirk Bellenhaus Dipl.-Kfm. Dirk Bellenhaus ist seit 1997 Mitarbeiter der EMC Test NRW GmbH und leitet seit 2001 den Bereich Marketing. Nach einer Ausbildung zum Steuerfachgehilfen hat er 2001 das Studium an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät in Dortmund absolviert. Die Studienschwerpunkte waren Marketing, Unternehmensrechnung & Controlling und Steuerlehre. Im Rahmen seiner Tätigkeiten bei der EMC Test NRW GmbH, einem unabhängigen Dienstleister für die Überprüfung der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) von Produkten, betreut Herr Bellenhaus sowohl das operative als auch das strategische Marketing. Die Aufgabenschwerpunkte für den strategischen Bereich liegen in der Unterstützung der Geschäftsführung beim Aufbau und bei der Pflege des Partnernetzwerkes, wie auch der strategischen Weiterentwicklung der Geschäftsfelder des Unterneh-
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Über die Autoren
mens. Hierzu zählt auch die Betreuung von Forschungsprojekten der EMC Test NRW GmbH mit Universitäten, Fachhochschulen und Gymnasien. http://www.emc-test.de Tanja Bipp Dipl.-Psych. Tanja Bipp ist seit ihrem Abschluss des Studiums an der Universität Mannheim / University of Waterloo (Kanada) seit März 2002 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Angewandte Organisationspsychologie der Universität Dortmund beschäftigt. Ihre Arbeitsschwerpunkte bilden neben der Arbeitsmotivation und Gruppenarbeit, die Erforschung der Auswirkungen der computervermittelten Kommunikation sowie des Einflusses von Persönlichkeitsmerkmalen auf die Arbeitsleistung. Angela Carell Dr. phil. Angela Carell forscht und lehrt gegenwärtig am Lehrstuhl für Informations- und Technikmanagement am Institut für Arbeitswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Nach einem Studium der Sondererziehung und Rehabilitation, Deutsch und Mathematik an der Universität Dortmund war sie von 1994 bis 1997 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gerontologie, von 1997 bis 2004 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Dortmund. Sie war Mitglied im Promotionskolleg „Wissensmanagement und Selbstorganisation“ des Hochschuldidaktischen Zentrums der Universität Dortmund und der Hans Böckler Stiftung und promovierte im August 2005 in der Pädagogik. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich CSCL (Computer Supported Collaborative Learning), selbstgesteuertes Lernen von Gruppen und sozio-technische Gestaltung von Lernumgebungen. http://www.imtm-iaw.rub.de Jochen Deuse Prof. Dr.-Ing. Jochen Deuse ist seit April 2005 Inhaber des Lehrstuhls für Arbeits- und Produktionssysteme an der Universität Dortmund. 1994 schloss er das Studium des Maschinenbaus in Dortmund und Limerick, Irland, mit dem Vertiefungsschwerpunkt Technische Betriebsführung ab. Im Anschluss arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Produktionssystematik am Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre (WZL) der RWTH Aachen. 1998 promovierte er zum Thema „Fertigungsfamilienbildung mit feature-basierten Produktmodelldaten“. Anschließend trat er in die Bosch Gruppe ein, wo er zunächst am Standort Reutlingen für die Arbeitsplanung im Fertigungswerk für elektronische Steuergeräte zuständig war, später dann als Vorstandsassistent im Geschäftsbereich Automobilelektronik mit Zuständigkeit für Fertigung und
Über die Autoren
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Qualität arbeitete. Ab 2002 war er bei Robert Bosch Australia am Standort Melbourne tätig, wo er bis zu seinem Wechsel an die Universität Dortmund für die Fertigung von Leistungsdioden verantwortlich war. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen im Themengebiet Industrial Engineering. http://www.aps.mb.uni-dortmund.de Matthias Dorka Dipl.-Inform. Matthias Dorka studierte Informatik mit Nebenfach Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing an der Universität Dortmund. Er arbeitet als Consultant beim Dortmunder Software- und Beratungsunternehmen adesso AG und betreut dort auch Aufgaben der Unternehmens- und Geschäftsentwicklung. Dazu zählen Forschungsprojekte in Kooperation mit universitären Einrichtungen verschiedener Fachbereiche, die sich bisher vor allem mit den Themenschwerpunkten Wissen, Kreativität und Innovation befasst haben. Neben dem Bezug zum ITDienstleistungsgeschäft legt adesso dabei besonderen Wert auf den eigenen Einsatz moderner technischer Systeme. www.adesso.de Boris Eichler Rechtsanwalt Boris Eichler ist seit 2004 Director Media der Firma Partysan Media & Event. Sein Aufgabenbereich umfasst die Koordination und Vermarktung des Partysan-Netzwerks. Zuvor war er über 15 Jahre als Hörfunkjournalist tätig, zuletzt als stellvertretender Chefredakteur bei BLR/ RadioDienst in München. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Würzburg veröffentlichte er mehrere Beiträge zu rundfunkrechtlichen Fragestellungen und ist in der Fortbildung für Journalisten als Dozent aktiv. http://www.partysan.info Matthias Euteneuer Dipl.-Päd. Matthias Euteneuer ist seit Mai 2005 Mitarbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie der Universität Dortmund. Das Studium der Erziehungswissenschaften schloss er 2005 mit einer Arbeit zur Rezeption Ulrich Becks in der Theorie Sozialer Arbeit ab. Vor dem Hintergrund aktueller Veränderungstendenzen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt sowie damit einhergehenden sozialstrukturellen Wandlungsprozessen steht gegenwärtig die Herausbildung neuartiger Arbeits- und Lebensmuster im Zentrum seines Erkenntnisinteresses. http://www.hitzler-soziologie.de/mitarbeiter.html
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Über die Autoren
Thomas Herrmann Prof. Dr.-Ing. Thomas A. Herrmann ist seit April 2004 Inhaber des Lehrstuhls Informations- und Technikmanagement am Institut für Arbeitswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Er erwarb seinen Magister in Kommunikationsforschung 1983 in Bonn, promovierte 1986 in der Informatik (Software-Engineering) in Berlin und war bis 2004 Professor für Informatik & Gesellschaft an der Universität Dortmund. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind: Theorie sozio-technischer Systeme und ihre Anwendung in den Bereichen Prozessinnovation, Computer Supported Collaborative Learning und Wissensmanagement. http://www.imtm-iaw.rub.de Martin Högl Prof. Dr. Martin Högl ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Führung und Personalmanagement der WHU – Otto Beisheim School of Management. Er promovierte an der Universität Karlsruhe (TH) und habilitierte an der Technischen Universität Berlin. Vor seiner Berufung an die WHU lehrte Prof. Högl an der Universität Bocconi, Italien, und an der Washington State University, USA. Prof. Högl publizierte Artikel in führenden wissenschaftlichen Zeitschriften (Academy of Management Journal, Organization Science, Decision Sciences, Journal of Management, Human Resource Management, Research Policy, Zeitschrift für Betriebswirtschaft, und andere) auf den Gebieten Organisation & Personal sowie Innovations- & Technologiemanagement. www.whu.edu/leadership Hartmut H. Holzmüller Prof. Dr. Hartmut H. Holzmüller ist seit 1998 Inhaber des Lehrstuhls für Marketing an der Universität Dortmund. Sein Studium der Betriebswirtschaftslehre schloss Professor Holzmüller an der Wirtschaftsuniversität Wien 1978 ab und promovierte dort am Institut für Absatzwirtschaft. Nach seiner Promotion studierte er Psychologie an der Universität Wien und beendete 1994 seine Habilitation. Prof. Holzmüller war als Assistent, Assistenzprofessor und später Universitätsprofessor am Institut für Absatzwirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien tätig und besuchte als Visiting Scholar das Baruch College der City University of New York. Zudem war er Gastprofessor an der Darla Moore School of Management der University of South Carolina, an der Universität Hohenheim in Stuttgart, an der School of Business and Economics der Boise State University in Idaho, am IECS Strasbourg der Université Robert Schuman und der Université Nancy 2 in Nancy. Seine aktuellen Forschungsschwer-
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punkte sind die psychometrische Marketingforschung, Interkulturelles Marketing, Konsumentenverhaltensforschung und Marketing und Technik. www.marketing-unido.de Ina Joraschkewitz Nachdem Dipl.-Psych. Ina Joraschkewitz ihr Studium im Jahr 2004 an der Ruhr-Universität Bochum mit den Schwerpunkten Arbeits- und Organisationspsychologie sowie Eignungsdiagnostik abgeschlossen hatte, blieb sie erst einmal an der RUB. Seit März 2005 arbeitet sie am Lehrstuhl für angewandte Organisationspsychologie an der Universität Dortmund. Ihre Interessen liegen vor allem in den Bereichen Methodenlehre, Motivationspsychologie und ABO. Uwe Kleinbeck Prof. Dr. Uwe Kleinbeck, Jahrgang 1942, ist Professor für Organisationspsychologie an der Universität Dortmund. Sein Studium der Psychologie absolvierte er in Münster und Bochum. 1974 Promotion an der RuhrUniversität Bochum, 1984 Habilitation. Forschungsschwerpunkte sind Arbeitsmotivation, Bedingungen und Wirkungen von Zielsetzungen. http://www.kleinbeck.org Michael Krause Dipl.-Kfm. Michael Krause ist seit März 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing an der Universität Dortmund. Er ist gelernter Bankkaufmann und studierte dananch Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Dortmund. Er schloß sein Studium im Frühjahr 2005 mit einer qualitativen Arbeit über das Interne Marketing bei einem Öffentlichen Dienstleister ab. Sein Forschungsschwerpunkt liegt bei der Kundenintegration in den Innovationsprozess und dem damit verbundenen Kontrahierungsprozess. www.marketing-unido.de Bernd Kriegesmann Dipl.-oec., Dr. rer. oec., Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum, von 1989 bis 1990 Mitarbeiter am Institut für angewandte Innovationsforschung (IAI) Bochum e.V., von 1991 bis 1993 Fachreferent beim Bundesministerium für Forschung und Technologie (Innovationsförderung), von 1993 bis Februar 2000 Geschäftsführer des IAI, seit März 2000 Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Gelsenkirchen (Fachbereich Versorgungs- und Entsorgungstechnik), seit Juli 2002 Vorstandsvorsitzender des IAI. Mitglied in verschiedenen Arbeitskreisen und Beiräten (z.B. Mittelstandsbeirat des Lan-
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Über die Autoren
des NRW, Jury zum AIF-Programm ZuTech). Seine Arbeitsschwerpunkte sind Innovationsmanagement sowie Personal- und Organisationsentwicklung. www.iai-bochum.de Roland Krumm Dr. Roland Krumm studierte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Chemie und promovierte dort 2001 am Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie II mit Themen aus Nanotechnologie und Elektrochemie. Der Wechsel ins Berufsleben erfolgte im Mai 2001 zu ELMOS mit der Betreuung von öffentlich geförderten Forschungsprojekten. Seit 2002 leitet Dr. Krumm diese Abteilung. Daneben war er drei Jahre zuständig für Public Relations und Marketing und wechselte 2005 in den neu gegründeten Geschäftsbereich „ELMOS Microsystems“. Dort leitet er internationale Entwicklungsprojekte für Applikationen im Automobil. http://www.elmos.de Axel Kuhn Prof. Dr.-Ing. Axel Kuhn ist Institutsleiter und Leiter des Bereiches „Unternehmenslogistik“ am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund; Leiter des Lehrstuhls für Fabrikorganisation, Fakultät Maschinenbau, Universität Dortmund; Leiter der Forschungsstelle der Bundesvereinigung für Logistik (BVL); Leiter des Instituts für Logistik (IfL) mit Schwerpunkt Technik, Kommunikations- und Informationstechnik; Sprecher des Sonderforschungsbereiches 559 „Modellierung großer Netz in der Logistik“. Seine Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte sind Innovative Planung von Fabrik- und Logistiksystemen, Fertigungsprozessen und Logistikprozessketten unter Einbeziehung modernster Technik und IT-unterstützter Planungsmethoden, Instandhaltung, Produktionsnahe Dienstleitungen, Industrial Facility Management und Servicemanagement, Computersimulationen und Systeme zur Entscheidungsunterstützung in der Betriebssteuerung, Realisierung von Software und Systemen (Software Engineering für die Logistik). 2004 wurde ihm die Ehrenprofessur der Universität Peking verliehen. http://www.lfo.uni-dortmund.de Fred Kuhnert Dipl.-Ing. Fred Kuhnert war nach dem Studium der Akustik und Elektroakustik als Projektingenieur beim Institut für lärmarme Konstruktion beschäftigt. Wesentliche Kenntnisse im Bereich der Maschinenüberwachung gewann er als Geschäftsleiter bei der Schwingungs-Messung-System GmbH mit der Entwicklung und Projektierung von Körperschall-
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Zustandsüberwachungssystemen. Seit 1996 ist er als Leiter im Bereich des Condition Monitoring der MAN Konzerntochter Ferrostaal und nach dem Firmenübergang innerhalb des ThyssenKrupp-Konzerns beim Instandhaltungsdienstleister ThyssenKrupp Xervon GmbH tätig. Im Umfeld des konzerneigenen Unternehmens ist er für die Einführung und Umsetzung des Condition Monitoring in Verbindung mit neuen Instandhaltungskonzepten verantwortlich. http://www.thyssenkruppxervon.de Katrin Marx Als Betriebspädagogin M.A. beschäftigt sich Katrin Marx mit der Personalentwicklung in Unternehmen. Ihr Studium schloss sie im Mai 2005 an der RWTH Aachen ab und begann ihre Promotion in Betriebswirtschaftslehre an der WHU-Otto Beisheim School of Management in KoblenzVallendar. Dort erforscht sie den Nutzen aktueller Maßnahmen der Personalentwicklung im Hinblick auf die Innovationskompetenz von Unternehmen, insbesondere von Produkt-Entwicklungsteams. Dabei ist sie ebenfalls in der Personalentwicklung eines innovativen mittelständischen IngenieurDienstleisters tätig. www.whu.edu/leadership Hartmut May Dr.-Ing. Hartmut May war nach seinem Studium des Bauingenieurwesens an der Hochschule für Bauwesen in Leipzig Forschungsstudent am Lehrbereich Theorie der Bauprozesse. Er promovierte 1975 ebenfalls an der Hochschule für Bauwesen in Leipzig. Seit 1974 war in der Direktion Technik der Leuna-Werke in verschiedenen Aufgaben der Instandhaltung und der Anlagenplanung tätig. 1993 übernahm er die Verantwortung für das Projektmanagement in der Engineering-Abteilung der WIG (Westdeutsche Industrieinstandhaltungsgesellschaft), einem Unternehmen der ThyssenKrupp Services AG. Seit 2004 ist er verantwortlich für die Projektentwicklung der ThyssenKrupp Xervon GmbH und beschäftigt sich insbesondere mit Outsourcing-Projekten in der Chemie und Petrochemie. http://www.thyssenkruppxervon.de Klaus-Michael Mende Dipl.-Ing. Klaus-Michael Mende absolvierte 1990 zunächst eine Ausbildung zum Modellschlosser, an die sich bis 1992 eine berufliche Tätigkeit anschloss. Das anschließende Studium der Produktionstechnik an der Märkischen Fachhochschule Iserlohn schloss er 1996 ab und arbeitete bis September 2001 in der Industrie. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit lagen in der Arbeits- und Zeitwirtschaft. Seit Oktober 2001 ist er wissenschaftlicher
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Über die Autoren
Mitarbeiter an der Universität Dortmund am Lehrstuhl für Arbeits- und Produktionssysteme (APS) in der Nachfolge des Lehrstuhls für Fertigungsvorbereitung (LFV). Während dieser Zeit studierte er Maschinenbau mit dem Vertiefungsschwerpunkt „Technische Betriebsführung“ an der Universität Dortmund und schloss das Studium 2004 ab. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Anwendung von Methoden des Industrial Engineering in Produktion, Logistik und Technischem Kundendienst. http://www.aps.mb.uni-dortmund.de Debra Neumann Dipl.-Kff. Debra Neumann ist seit Oktober 2005 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Marketing der Universität Dortmund. Sie schloss ihr Studium im Herbst 2005 mit einer qualitativen Arbeit über die Entstehung von Innovationsanstößen im Kundenkontakt ab. Internationale Erfahrungen konnte Frau Neumann bei einem Auslandssemester an der Dublin City University, Irland, und als Teilnehmerin an dem renommierten Global Village Programm des Iacocca Institutes an der Lehigh University in Bethlehem, Pennsylvania, sammeln. Neben der qualitativen empirischen Forschung beschäftigt sich Frau Neumann zurzeit vor allem mit kundenorientierter Innovationsforschung. www.marketing-unido.de Arne Niederbacher Dr. Arne Niederbacher forscht und lehrt seit Juli 2000 am Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie der Universität Dortmund. Nach dem Studium der Soziologie und Ethnologie an den Universitäten Wuppertal und Wien promovierte er im Juni 2003 an der Universität Dortmund mit einer Arbeit über die 'Faszination Waffe'. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Prozess-, Industrie-, Organisations- und Jugendsoziologie sowie den Methoden der empirischen Sozialforschung. http://www.hitzler-soziologie.de/mitarbeiter.html Michael Paulus Dipl.-Wirtsch.-Ing Michael Paulus ist Prokurist und Serviceleiter bei GE Healthcare in Freiburg. Nach dem Wirtschaftsingenieurstudium arbeitete er als Gruppen- und Projektleiter bei der Firma Bertelsmann in Deutschland und den USA und war verantwortlich für Aufbau und Betreuung verschiedener Dienstleistungsprogramme, insbesondere für Lufthansa und Hewlett-Packard. Nach dem Wechsel zum General Electric Konzern war er verantwortlich für das Servicegeschäft im Geschäftsbereich Transportation und seit 2002 ist er für das Servicegeschäft für GE Healthcare in Freiburg verantwortlich.
Über die Autoren
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http://www.gehealthcare.com Carsten Ritterskamp Dipl.-Inform. Carsten Ritterskamp ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Informations- und Technikmanagement am Institut für Arbeitswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Nach dem Studium der Informatik mit Nebenfach Psychologie an der Universität Dortmund war er von 2003 bis 2004 am Fachbereich Informatik und am Medienzentrum der Universität Dortmund als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Die informations- und kommunikationstechnische Unterstützung kooperativer Arbeit (CSCW – Computer-Supported Cooperative Work) sowie Fragestellungen des (individuellen) Wissensmanagements bilden die Schwerpunkte seines gegenwärtigen Forschungsinteresses. http://www.imtm-iaw.rub.de Markus Stolper Dipl.-Kfm. Markus Stolper ist Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Dortmund. Er ist gelernter Industriekaufmann und studierte danach Betriebswirtschaftslehre in Dortmund. Als Gastdozent war Herr Stolper u.a. an der Europäische Humanistische Universität, Minsk tätig. Seit Januar 2006 ist Herr Stolper zudem Geschäftsführer des Centrums für Unternehmensentwicklung e.V. an der Universität Dortmund. In der Forschung liegen die Arbeitsschwerpunkte auf der Analyse des markttreibenden Verhaltens von Unternehmen (Market Driving) und der Konsumentenverhaltensforschung. www.marketing-unido.de Wolfgang Werner Studium der Chemie in Saarbrücken und Zürich. 1976 Promotion in den Bereichen Qualitätsmanagement, Veränderungsmanagement sowie im internen Management Beratend war er in unterschiedlichen Unternehmen tätig. Heute arbeitet er bei der Degussa AG in Düsseldorf, wo er den Fachbereich Veränderungsmanagement und HR-Marketing leitet. Sascha Wischniewski Dipl.-Ing. Sascha Wischniewski studierte Maschinenbau mit dem Vertiefungsschwerpunkt „Technische Betriebsführung“ an der Universität Dortmund. Schwerpunkte seines Studiums waren Zeitwirtschaft, Ganzheitliche Produktionssysteme und die Gestaltung von Arbeitssystemen. Seit Oktober 2004 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Dortmund am Lehrstuhl für Arbeits- und Produktionssysteme (APS) in der Nachfolge des
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Über die Autoren
Lehrstuhls für Fertigungsvorbereitung (LFV). Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Anwendung von Methoden des Industrial Engineering in Produktion, Logistik und Technischem Kundendienst. http://www.aps.mb.uni-dortmund.de Claudio Zettel Dr. rer. nat. Claudio Zettel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Projektträger im DLR, Projektträger des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Nach dem Studium der Geographie promovierte er zum Thema des informellen Sektors in Lateinamerika. Als Gastdozent war er u.a. an Universitäten in Brasilien und Chile tätig. Beim Projektträger koordiniert er im Programm „Arbeitsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt den Bereich Innovative Unternehmenskultur“. Zusätzlich ist er verantwortlich für den Aufbau eines Netzwerkes zur Arbeitsorganisation in Europa, in welchem Forschungsförderer und Ministerien auf europäischer Ebene zusammenarbeiten.